Kultur „Es ist dochSPIEGEL-GESPRÄCH nur ein Film“

Kino-Star Til Schweiger über sein schwieriges Verhältnis zu Kritikern, seine Lehrzeit in Hollywood und sein neues Werk „Zweiohrküken“

nicht mehr vor Kinostart umsonst, ihr müsst euch eine Karte kaufen, den Film mit Publikum schauen – für viele Kritiker ein Graus –, und dann könnt ihr immer noch den Verriss schreiben. SPIEGEL: Sie sind Deutschlands größter Kino-Star, der einzige, der mit selbstpro- duzierten, selbstgeschriebenen Filmen, bei denen er auch noch Regie führt, Millionen Menschen ins Kino zieht. Schlechte Kriti- ken müssten Ihnen egal sein. Schweiger: Es ist ja nicht so, dass ich die ganze Nacht deswegen heule. Aber wenn man einen Film macht, in dem viel eigenes Geld steckt und die Arbeit von 15 Mona- ten, dann ist so ein Film wie ein Kind. Und ich stelle mein Kind nicht mehr freiwillig hin und sehe zu, wie es verprügelt wird. SPIEGEL: Dürfen Kritiker nicht ihre Mei- nung äußern? Schweiger: Natürlich dürfen sie. SPIEGEL: Aber warum benehmen Sie sich so bockig? Schweiger: Ich bocke nicht und führe auch keinen Kreuzzug gegen Kritiker. Ich bin ehrlich, sage meine Meinung und schütze mein Werk. Ich muss jetzt nicht so tun, als wäre ich der Superentspannte und hätte nichts Besseres zu tun, als alle Kritiker zu umarmen. SPIEGEL: Möglicherweise hätte uns Ihr neu- er Film ja gefallen. „Keinohrhasen“ ist im SPIEGEL zwar nicht gut weggekommen, aber vielleicht ist er besser, als wir gedacht haben. Schweiger: Vielleicht besser … ? SPIEGEL: Worum geht es eigentlich in „Zweiohrküken“? Schweiger: Presseheft nicht bekommen?

ACTION PRESS ACTION SPIEGEL: Wir haben gehört, dass es unter Entertainer Schweiger: „Ich bin mein Leben lang unterschätzt worden“ anderem um eine Tüte menschlicher Ex- kremente geht. Stellt sich da nicht die Fra- SPIEGEL: Herr Schweiger, warum wollten klassischen Feuilleton eigentlich nie eine ge: Wie platt darf ein Gag sein? Sie uns Ihren neuen Film „Zweiohrküken“ Chance. Das hat sich immer schön geteilt: Schweiger: Ich kenne nur den Unterschied nicht zeigen? im Feuilleton Verrisse, in den anderen Ma- zwischen Gags, die lustig sind, und wel- Schweiger: Weil ich mit ziemlicher Sicher- gazinen eher positiv. Fifty-fifty. chen, die nicht lustig sind. Ich kann zum heit das Ergebnis vorhersehen kann. SPIEGEL: Aber 50 Prozent Zustimmung sind Beispiel in Bully Herbigs „Schuh des Ma- „Keinohrhasen“ ist von einem Ihrer Kol- doch gar nicht übel. nitu“ über viele Gags wahnsinnig lachen, legen an dieser Stelle richtig schön fertig- Schweiger: Stimmt, aber 80 oder 90 Pro- und einige finde ich weniger komisch. Was gemacht worden. Warum sollte ich das zent sind besser. Ich kann im Feuilleton platt ist, ist subjektiv. Gegenfrage: Sind Sie nochmals riskieren? keinen Blumentopf gewinnen, das ist scha- von der Humorpolizei? SPIEGEL: Woher wissen Sie, was wir ge- de, aber ich muss das akzeptieren. Ich ma- SPIEGEL: Wir stellen nur Fragen, wir tun schrieben hätten? che Unterhaltung, und die hat es dort nichts Böses. Was ist das denn jetzt für ein Schweiger: Weil ich schon lange genug in schon immer schwer gehabt. Ich kann auch Witz mit der Tüte? diesem Geschäft arbeite und über eine ge- niemanden zwingen, meine Filme zu mö- Schweiger: Der Junge, den Matthias wisse Erfahrung verfüge. Alle meine Filme, gen, aber ich habe das Recht zu sagen: Schweighöfer spielt, hat diese Frau ken- die ich selber produziert habe, hatten im Ätschibätsch, ich zeig euch meinen Film nengelernt, er findet sie toll und schläft bei

168 der spiegel 49/2009 ihr. Als er aufwacht, ist sie nicht mehr da. SPIEGEL: Viele Freunde hatten Ihnen abge- SPIEGEL: Ist Zuschauererfolg ein Qualitäts- Er geht aufs Klo, macht sein Geschäft, raten, in so einem Klamauk mitzuspielen. kriterium? beim Abziehen merkt er, kein Wasser im Schweiger: Ja, die haben gesagt: Wenn du Schweiger: Nein! „Fluch der Karibik 3“ ist Spülkasten. Er denkt, so kann ich die Woh- diesen Film machst, bist du erledigt. Ich grottenschlecht, und der hatte enormen nung nicht verlassen. Und versucht auf habe gesagt: Ihr seid wohl total bescheuert! Erfolg. Aber ich finde zum Beispiel auch aberwitzige Weise, das da rauszukriegen. Das ist ein Film von … Es „Jerichow“ von Christian Petzold stink- SPIEGEL: Angeblich auch mit einem Staub- gab zu der Zeit keinen nennenswerten langweilig, obwohl der mit guten Kritiken sauger. deutschen Kinofilm. Ich kam aus der „Lin- überhäuft wurde. Und er wird auch nicht Schweiger: Ja, so verzweifelt ist er. Irgend- denstraße“ und saß nun plötzlich mit besser, weil ihn noch nicht mal 100000 Zu- wann schafft er es, eine Tüte drüber- Eichinger in einem Manta. Ich war begeis- schauer gesehen haben. Viele Filmemacher zustülpen. Diese vergisst er aber in der tert. Die Kritik war entsetzt. in Deutschland glauben: Mein Film ist ein- Wohnung, und es kommt zu einer wahn- SPIEGEL: Beim Publikum hatte er Erfolg. fach zu gut für das breite Publikum. sinnig komischen Bergungs- SPIEGEL: Glauben Sie, die aktion. Schweighöfer sagt zu freuen sich, wenn keiner Schweiger: „Da oben liegt kommt? meine Kacke auf’m Nacht- Schweiger: Die stellen sich tisch.“ Schweiger ganz cool: auf jeden Fall nicht grund- „Komm, die holen wir uns sätzlich in Frage, wenn sie jetzt zurück.“ Klingt jetzt kaum Zuschauer finden. Ich erst mal ein bisschen platt, finde, das sollten sie. Nicht zugegeben, sorgt aber im als Mensch, aber als Ge- Kino für fünfminütige Lach- schichtenerzähler. anfälle beim Publikum. SPIEGEL: Warum haben Sie es SPIEGEL: Es gab ja schon bei immer vermeiden wollen, „Keinohrhasen“ Aufregung zum Vorsprechen zu gehen? um den angeblich zotigen Schweiger: Weil das für mich Humor des Films und auch eine Prüfungssituation ist. um eine Sexszene, obwohl Bei meiner mündlichen Abi- er freigegeben war für Zu- „Zweiohrküken“, mit Prüfung im Leistungskurs schauer ab sechs Jahren. Das Geschichte zum Beispiel hat- war wahrscheinlich auch die Til Schweiger te ich einen totalen Blackout deutsche Humorpolizei? ist der zugkräftigste deutsche Filmstar und auch als Produzent und Regisseur und wusste nicht mehr, wo Schweiger: Ich habe die Pro- erfolgreich. Der 45-Jährige begann als Schauspieler in der TV-Serie „Linden- oben und unten ist. teste zuerst gar nicht ernst straße“. Nach Hauptrollen in Kino-Hits wie „Manta, Manta“ (1991) und „Der SPIEGEL: Schauspieler ist genommen. Dann ging es bis bewegte Mann“ (1994) produzierte er das hochgelobte Road-Movie dann aber kein naheliegen- in die Politik, und die Frei- „Knockin’ on Heaven’s Door“ (1997), in dem er auch mitspielte. Bis 2004 der Beruf. willige Selbstkontrolle hat lebte er einige Jahre mit seiner Familie in den USA und trat in US-Filmen wie Schweiger: Es ist was ande- den Film nachträglich hoch- „Tomb Raider 2“ auf. Zuletzt überstrahlten romantische Hits wie „Barfuß“ res, wenn du zum Filmset gestuft, was so gut wie nie (2005) und „Keinohrhasen“ (2007) Schweiger-Flops wie „One Way“ (2007). kommst, denn dort hast du ja passiert. Auch „Zweiohr- schon den Job, der Regisseur küken“ ist ab zwölf. Jüngere vertraut dir, hat dich ja schon Kinder dürfen nur in Beglei- ausgewählt. Ich bin in Ame- tung ihrer Eltern rein. So rika zu vielen Castings nicht kann man sicher sein, dass hingegangen. Nicht, weil ich sie jetzt nicht traumatisiert gedacht habe, ich hab’s nicht werden, weil sie einen uneri- nötig, sondern um mich nicht gierten Penis sehen oder eine in diese Prüfungssituation zu nackte Frauenbrust. bringen und einen schlechten SPIEGEL: Herr Schweiger, Eindruck zu hinterlassen. kann es sein, dass Sie so SPIEGEL: Und das wurde dort empfindlich sind, weil Sie akzeptiert? „Manta, Manta“, mit Tina Ruland „Knockin’ …“, mit Jan Josef Liefers sich notorisch unterschätzt L.); (U. / DPA PICTURE-ALLIANCE BROS. (O.); WARNER R.) DEFD (U. Schweiger: Steven Spielberg fühlen? wollte mich für „Der Soldat Schweiger: Unterschätzt worden bin ich Schweiger: Stimmt. James Ryan“ haben, ohne mich vorher zu mein Leben lang, schon in der Schule. Und SPIEGEL: Ist Eichinger eine Art Übervater testen. Er hatte mich in „Knockin’ on Hea- ich kann nur jedem empfehlen, sich gründ- für Sie? ven’s Door“ gesehen, das reichte ihm. lich unterschätzen zu lassen, das ist ein Schweiger: Vielleicht. Seit fast 30 Jahren SPIEGEL: Aber Sie haben die Rolle dann Riesenvorteil. Dann kann man nämlich im- ist er der entscheidende Kinomann in nicht gespielt. mer wieder überraschen mit Dingen, die Deutschland, mit dessen Energie und Ver- Schweiger: Nein, ich wollte keinen dump- einem nie jemand zugetraut hat. ve sich niemand messen kann. Das, was fen Klischee-Nazi spielen. Aber ich dach- SPIEGEL: Rührt Ihre Empfindlichkeit schon er geschafft hat, bekommt von uns in die- te mir: Okay, wenn du selbst für Spielberg aus Ihrer Anfangszeit als Schauspieler her, sem Leben keiner mehr hin. nicht vorspielen musst, läuft das hier wohl als Sie 1991 in „Manta, Manta“ Ihre erste SPIEGEL: Empfinden Sie beide sich als die immer ohne Casting. War ein Irrtum. Kino-Hauptrolle spielten? großen Unverstandenen des deutschen SPIEGEL: Sie selbst lassen als Regisseur Ihre Schweiger: Mich hat’s gleich voll erwischt. Films? Schauspieler doch prinzipiell vorsprechen? Ich wurde so schwer verprügelt, dass ich Schweiger: Bernd bekommt jedenfalls nicht Schweiger: Ja, bei mir dauert das Casting völlig baff war. Ich dachte mir: „Hey, Leu- den Respekt, den er verdient. Ohne ihn wochenlang. Man muss sicher sein, dass te, warum geht ihr denn so auf mich los? Es sähe das deutsche Kino völlig anders aus. die Chemie zwischen den Schauspielern ist doch nur ein Film!“ Und nicht nur das deutsche. stimmt. Bei mir ist es aber auch nett, da

der spiegel 49/2009 169 Kultur stimmt die Atmosphäre, da haben wir Spaß. Das sind richtige Proben, mit Schau- spielern. In Hollywood dagegen sitzt du vor einer gelangweilten, übergewichtigen Casterin, die lustlos ihren Text runterspult, und bist die Nummer 93 von links. Das ist reiner Horror. SPIEGEL: Warum sind Sie überhaupt in die USA gegangen? Sie waren doch in Deutschland ein großer Star. Schweiger: Genau das war das Problem. Ich lebte damals in Köln und konnte nicht mehr aus dem Haus, ohne sofort erkannt und angesprochen zu werden. Meine Frau hat damals gesagt: „Das musst du lernen, das gehört zum Leben eines Stars dazu. Schau dir mal Boris Becker an, der geht auch ganz locker damit um.“ Doch ich konnte das nicht. SPIEGEL: War es schön in Hollywood? Schweiger: Das ist eine merkwürdige Welt dort. Dieses ganzes Gesabbel hat mich re- lativ schnell genervt, „awesome“, „fantas- tic“, „unbelievable“. Ständig wurde ich für Filme gelobt, in denen ich gar nicht mitge- spielt hatte. Ich bin mal auf einer Party am Pool von einem Executive eines Studios angesprochen worden: „In diesem KZ-Auf- stand-Film waren Sie einfach umwerfend.“ Du Penner, hab ich da nur gedacht und bin weitergegangen. SPIEGEL: Waren Sie zufrieden mit den Rol- len, die Sie bekommen haben? Schweiger: Nicht mit allen. „Driven“, in dem ich neben Sylvester Stallone einen deutschen Formel-I-Fahrer spiele, hat mir unheimlich viel Spaß gemacht. Aber „King

Arthur“ und „Tomb Raider 2“ waren IMAGE PEOPLE / AGENCY KASSNER JESSICA schon fast traumatische Erfahrungen. Kinoheld Schweiger, Freundin Melanie Scholz SPIEGEL: Warum? „Die Leute wollen mich als Macho sehen“ Schweiger: Du bist sechs Monate für die Dreharbeiten geblockt und kannst nicht Schweiger: Mir sind keine Träume ver- mal die Stadt verlassen, um deine Familie wehrt geblieben, weil ich sie nie geträumt zu sehen, und weißt nie, wann du drehst. habe. Als ich vor zehn Jahren gefragt wur- Vielleicht morgen, vielleicht aber auch erst de, mit welchem Regisseur ich gerne mal in einer Woche. Du sitzt rum und wartest. arbeiten würde, habe ich geantwortet: mit Schrecklich. Und dann habe ich „Tomb den Coen-Brüdern, mit Ridley Scott oder Raider 2“ eines Tages im Flugzeug gesehen . Dass das jetzt so ge- und habe mir gesagt: Für diesen Scheiß kommen ist, ist natürlich schon toll, zumal hast du das auf dich genommen? ich auch nicht vorsprechen musste. SPIEGEL: Als Sie 2004 nach Deutschland SPIEGEL: Wie fanden Sie es, in Cannes über zurückkehrten hieß es, Sie seien in Hol- den roten Teppich zu laufen? lywood gescheitert? Schweiger: Als ich mit Daniel Brühl in der Schweiger: Lustig. Ich hatte doch nie ein Limousine saß, war er ganz nervös. klares Ziel, als ich nach Hollywood ging. „Mensch“, hab ich zu ihm gesagt, „wir Im Gegenteil, ich hatte vorher sogar über- können doch ganz gelassen sein. Das ist legt, mit meiner Karriere als Schauspieler die Show von Angelina, Brad und Quentin. abzuschließen und mich auf das Regie- Wir sind hier die Statisten.“ führen und Produzieren zu konzentrieren. SPIEGEL: War es je Ihr Ziel, mal mit einem Es gab keinen Fünfjahresplan, an dessen Film in Cannes zu sein? Ende die Nummer eins in Hollywood Schweiger: Nein, meine eigenen Filme sind nicht mehr Tom Cruise heißt, sondern Til einfach keine Festivalfilme. Schweiger. Ich bin in erster Linie aus SPIEGEL: Warum nicht? privaten Gründen nach Los Angeles ge- Schweiger: Weil ich nicht Lars von Trier bin. zogen. SPIEGEL: Aber Sie haben doch auch einen SPIEGEL: Nun durften Sie in Quentin Ta- künstlerischen Ehrgeiz. rantinos Film „Inglourious Basterds“ mit- Schweiger: Den verwirkliche ich auch. spielen. Ging da ein Traum in Erfüllung, „Keinohrhasen“ und „Barfuß“ sind für der Ihnen in Hollywood verwehrt blieb? mich sehr künstlerische Filme. Aber ich

170 der spiegel 49/2009 mache doch nicht Filme, damit sie auf Zuschauer man erreicht hat, desto mehr einem Festival laufen. Klar habe ich mich Geld war es am Ende. Heute bekommt gefreut, dass „Phantomschmerz“ auf dem man auch Fördermittel, nur weil ein Film Festival von Toronto lief. Aber ich hätte irgendwo in Annecy oder in Gera auf ei- mich mehr gefreut, wenn ihn in Deutsch- nem Kinderfestival gezeigt wird. Das Geld land mehr Zuschauer gesehen hätten. fehlt dann den Filmen, die vorher für ihren SPIEGEL: Es waren nur knapp 100000. Hät- Erfolg belohnt wurden. ten Sie in dem Film, in dem Sie einen Ein- SPIEGEL: Aber warum brauchen Sie denn beinigen darstellen, nicht mitgespielt, wenn öffentliches Geld, um eine Fortsetzung von Sie gewusst hätten, dass er so schlecht an- „Keinohrhasen“ zu drehen? Sie dürften kommt? doch einen zweistelligen Millionenbetrag Schweiger: Doch, denn ich mochte das verdient haben. Drehbuch sehr. Beim Lesen musste ich Schweiger: Ganz so viel war es leider nicht. zweimal weinen. Da wusste ich, dass das Hätte ich gerne genommen. für mich funktioniert. Aber die Leute wol- SPIEGEL: Wie auch immer. Sie drehen mit len Til Schweiger offenbar nicht sehen, wie öffentlichen Fördergeldern, finanziert also er ein Bein verliert. Die wollen ihn sehen von Steuerzahlern, obwohl Sie es eigent- als Macho, der bekehrt wird. lich auch selbst finanzieren könnten. Wie SPIEGEL: Sie können doch nicht Ihr Leben erklären Sie das Otto Normalverbraucher? lang den Macho spielen, der bekehrt wird? Schweiger: Das muss ich Otto Normalver- Schweiger: Nein, deshalb mache ich ja im- braucher gar nicht erklären. Der freut sich mer wieder Filme wie „Phantomschmerz“. einfach, dass er den Film sehen kann. Dem SPIEGEL: Ist es frustrierend, vom Publikum ist es egal, wie ich den finanziere. Dem ist in einem so engen Rollenspektrum festge- egal, ob ich in der deutschen Filmakademie halten zu werden? bin oder nicht. Dem ist es egal, ob meine Schweiger: Nein. Ich bekomme häufig Rol- Filme verrissen werden. Der hat kein Pro- len angeboten, bei denen mir die Autoren blem mit Til Schweiger. Aber wenn ich es oder Regisseure sagen: „Til, da kannst du doch erklären müsste, würde ich sagen: endlich mal zeigen, dass du auch was an- Gut, ich habe mit „Keinohrhasen“ Geld deres kannst.“ Dann erwidere ich nur: verdient. Das ist aber nicht der Normalfall. „Das muss ich nicht.“ Ich mag diese Hal- Es ist sehr schwer in Deutschland, mit tung nicht. Es gibt Leute, die von vorn- einem Film als Produzent Geld zu verdie- herein wissen, dass sie mit ihren Filmen nen. Deswegen gibt es ja eine Filmförde- keinen Erfolg beim Publikum haben wer- rung. Im Übrigen reden wir hier von rück- den. Die kratzen sich ihr Geld aus Förder- zahlbaren Darlehen, die ich im Erfolgsfall töpfen zusammen. auch tatsächlich zurückzahle. SPIEGEL: Finden Sie das verwerflich? SPIEGEL: Im Frühjahr sind Sie mit der RTL- Schweiger: Verwerflich nicht. Aber nicht Castingshow „Mission Hollywood“ ange- ganz astrein. Für Filme, die aufgrund ihres treten, in der junge Frauen durch Strippen Drehbuchs und ihrer Machart überhaupt und Stöhnen ihr schauspielerisches Talent keine Chance beim Publikum haben, gibt unter Beweis stellen sollten. Warum ma- es ja die Kulturförderung. Ich finde Wirt- chen Sie so etwas? Wegen des Geldes? schaftsförderung sollte dazu dienen, die Schweiger: Unter anderem. Aber ich hatte Wirtschaft anzukurbeln. auch viel Spaß und hätte gern weiterge- SPIEGEL: Wieso muss in Deutschland Er- macht, es ging im Übrigen auch nicht nur folg an der Kinokasse noch mal zusätzlich um Stöhnen und Strippen. Wir haben auch durch Steuergelder belohnt werden? an Szenen gearbeitet mit richtigen Dia- Schweiger: Das lässt Ihnen keine Ruhe, logen. gell? Lange Zeit war es doch so: Für die SPIEGEL: Ein bisschen schmierig war es Zuschauer, die man erreicht hat, bekam schon, wie Sie mit über man aus dem Topf der Filmförderungsan- den weiblichen Orgasmus fachsimpelten. stalt Geld für den nächsten Film. Je mehr Schweiger: Schmierig? Wir fanden’s lustig. SPIEGEL: Sie wirkten, als fühlten Sie sich * Mit den Redakteuren Lars-Olav Beier und Wolfgang unwohl. Höbel in . Schweiger: Am Anfang schon, ich hatte so was ja noch nie vorher gemacht, da hab ich mir einen abgebrochen, um irgendwelche Informationstexte aufzusagen. SPIEGEL: Wünschen Sie sich ein dickeres Fell? Schweiger: Manchmal. SPIEGEL: Welche ist Ihre liebste unter den vielen Til-Schweiger-Beschimpfungen? Schweiger: Einer hat mal geschrieben: Der hat nur drei Gesichtsausdrücke. Da hab ich gesagt: Das sind immer noch zwei mehr

HANS-CHRISTIAN PLAMBECK HANS-CHRISTIAN als Steve McQueen. Schweiger beim SPIEGEL-Gespräch* SPIEGEL: Herr Schweiger, wir danken Ih- „Sind Sie von der Humorpolizei?“ nen für dieses Gespräch.

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