Regie & Buch Kamera Außen Arnold Fanck, („Freiburger Schule“) , Assistenten Albert Benitz, Kurt Neubert Kamera im Atelier Helmar Lerski, Hans Schneeberger Bauten Leopold Blonder Plastiken Karl Böhm Schnitt Arnold Fanck Produktion Ufa Kulturabteilung Originalmusik 1926 Musik 2014 Richard Siedhoff

Darsteller Tänzerin Diotima Der Freund Vigo Hannes Schneider Bergführer Friedrich Schneider Colli

Uraufführung: Ursprüngliche Länge: 17. Dezember 1926 3.100 Meter (ca. 113 Minuten bei 24 fps) Im Ufa Palast am Zoo, Länge der 2001 restaurierte Fassung: 2.668 Meter (ca. 97 Minuten bei 24 fps)

Filmkopie (35mm): Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden

Inhalt (Siegfried Kracauer, Frankfurter Zeitung vom 4. März 1927) Das Mädchen muss immer tanzen, als Kind schon am Meer mit den Wogen, später im Hochgebirge, wo sie sich das Reine und Schöne und Gott weiß was ersehnt. Dort trifft sie ihn, den Herrlichsten von allen, der den ganzen Tag auf den Bergen herumrennt, weil sie so hoch sind und so keusch und Gott weiß was. Ein pathologischer Fall, die Hochtouristen sollten sich solche Karikaturen verbitten. Das rhythmisch-gymnastische Mädchen fragt ihn, was er dort oben suche. „Mich selbst!“ Auch die übrigen Bildtexte tönen von innen. Den Narren treibt es mit einem Freund, auf den eifersüchtig zu sein der Autor ihm ver- schreibt, eine Nordwand hinan, in deren Mitte er irrsinnig wird und von Eisdomen träumt. Und Pippa tanzt derweil unten und das alte Mütterchen weint. Dass die zwei auf ihrer Nordwand am Ende erfrieren, ist die gerechte Rache der Berge für ihre Schändung.

R e c h e r c h e , T e x t & G e s t a l t u n g : R i c h a r d S i e d h o f f

Spielfilm - Bergfilm - Kunstfilm „Dieser von Dr. Arnold Fanck in dessen Erlösung trotz großer Vorlagen allein auf die „Liebe“ (war es Murnaus Homosexu- anderthalb Jahren geschaffene Film ist eine gigantische Komposition aus Körperkultur- alität geschuldet?). Arnold Fancks „Der heilige Berg“, ebenfalls produziert unter dem Phantasien, Sonnentrottelei und kosmischem Geschwöge. Selbst der abgehärtete Routini- Stigma des die Ufa ruinierenden Parufamet-Abkommens, zielt auf die „Treue“ ab. Doch er, den die alltäglichen Gefühlsfaseleien nicht mehr berühren, findet sich hier aus seinem Fanck trifft, entgegen Lang und Murnau, den Nerv der Zeit. Treue bis in den Tod, „Obwohl Gleichgewicht gebracht.“ (Siegfried Kracauer, FZ vom 4. März 1927) dieser Heroismus zu ausgefallen war, um als Vorbild für die Leute im Tal zu gelten, wur- Fanck kann als einer der frühesten Autorenfilmer Deutschlands gezählt werden, dessen zelte er doch in einer der Nazis verwandten Mentalität. Unreife und Bergbegeisterung improvisiert-inszenatorischer Einfallsreichtum, gewagt neue Bildästhetik und dokumen- fielen in eins.“ (Kracauer, „From Caligari to Hitler“) Das darf uns heute als bedenklich tarisch-dynamische Montagefähigkeit, ihn bald zur Ufa lockten. 1929 arbeitete er gar mit erscheinen; ebenso bedenklich, wie die mit „Der heilige Berg“ beginnende Filmkarriere dem großen Georg Wilhelm Pabst zusammen an dem Film „Die weiße Hölle vom Piz von Leni Riefenstahl, von der erfolgreichen Tänzerin zur Lieblingsdarstellerin Fancks, Palü“, in dem sich der nächtliche Pechfackelzug vom „Heiligen Berg“ (1925/26), diesmal dann zur selbstständigen Regisseurin und schließlich zur propagandistischen Kino- im Gletschereis-Labyrinth, wiederholte. Fanck sprengte die Konvention der Filmindust- Hofberichterstatterin Goebbels (Fritz Lang entging einem gleichen Angebot 1933 mit rie, filmte bei Gegenlicht, aus ungewöhnlichen Perspektiven und schnallte die Kamera sofortiger Emigration). Wie dem auch sei, erkennt man heute in vielen Bildern Fancks den gar auf Skier um den Kinozuschauer mit auf die Piste zu nehmen. Fanck „führte Regie mit deutlichen Vorreiter streng-pompöser nationalsozialistischer (Propaganda-)Ästhetik: Gletschern, Stürmen und Lawinen“, darin war er seinerzeit konkurrenzlos. In der symbol- Der nächtliche Fackelzug, der kahlglatte Eis-Altar mit Feuerschale, die Riefenstahl mit haften Einflechtung von Naturbildern in anderen Szenen zeigt sich die Verwandtschaft zu Lämmern im Arm, als sportliche Frau im Kampf gegen Naturgewalten, sowie in der Zeit- Regisseuren wie Friedrich Wilhelm Murnau oder Filmen wie „Sylvester“ (1923) von Lupu lupen-Körperkult-Ästhetik ihres fast nackt anmutenden Tanzens. Ebenso wie Langs „Die Pick. „Die Naturaufnahmen (…) sind zum Teil wundervoll. Das Meer leuchtet wie noch Nibelungen“ (1923/24) wurden Fancks Filme von den Nazis ästhetisch geplündert und kaum je auf der Leinwand. Ein Skirennen in allen seinen Phasen ist mit unerhörter Vehe- jene, einer melodramatischen Bergweltromantik entsprungenen Gefühlswelt aus Liebe, menz gefilmt (…) Auch das Wallen der Wolkenschübe ist mustergültig verzeichnet. - In Sehnsucht, Freundschaft und Treue, in nationalistische Tendenz umgedeutet. Die einstige einigen Photographien ist leider der Ungeist der Handlung gefahren. Sie sind Kunstdru- heroische Mystifizierung der Fanck’schen Bergwelt wurde zum mystifizierten Heroismus cke auf Glanzpapier, und zu den dargestellten Naturobjekten hat der Operateur vorher: einer konstruierten Deutschtümelei nach 1933. Riefenstahl hat sich an Fanck, ihrem ‚Bitte recht freundlich‘ gesagt.“ (Kracauer, FZ vom 4. März 1927) Gefilmt wurde an Origi- Lehrmeister, eifrig bedient und ihr ganzes Können später auf Anweisungen Goebbels mit nalschauplätzen in den Alpen. Die Darsteller waren meist Amateur-Schauspieler, jedoch „Triumph des Willens“ (1935) und „Olympia“ (1936) bewiesen. Dass sie 1932 mit Béla Profi-Bergsteiger. Auch die Kameramänner mussten extrem belastbar und sportlich sein. Balázs den märchenhaften Bergfilm „Das blaue Licht“ schrieb und inszenierte, steht heute Eigentlicher Hauptdarsteller in Fancks Filmen ist schließlich aber immer wieder die Na- leider im Schatten der faschistischen Handlangerin Riefenstahl. tur mit ihrer ungebändigte Gewalt und mystischen Schönheit; Thema das schicksalhafte Erliegen des in die Natur vordringenden Menschen.

Musik Edmund Meisel, einer der wegweisendsten Neu- erer der Filmmusik, schrieb 1926 für den „Heiligen Berg“ in Absprache mit Fanck eine minutiös ausgearbeitete Originalkomposition für großes Orchester, die er in seiner leit- Die missbrauchte Tendenz Es scheint in der Mode des deut- motivischen Konstruktion als „Film-Musikdrama“ bezeichnete und mit Erfolg aufführte. schen Films der jungen Goldenen 20er Jahre zu stehen, eine geniale und hoch künstleri- Bedauerlicherweise gilt die Orchesterfassung als verschollen. Die erhaltene Klavierdi- sche Bildsprache um Inhalte von ausgelassener Naivität zu spinnen. Die Moral von „Met- rektion ist weder musikalisch repräsentativ, noch rechtlich greifbar. ropolis“ (Fritz Lang, 1925/26), von der später den Nationalsozialisten zugehörigen Thea Der Stummfilmmusiker Richard Siedhoff komponierte daher für den imposanten von Harbou, lautet schlicht und ergreifend „Mittler zwischen Hirn und Hand muss das Bergfilm eine eigene Musik mit zahlreichen neuen Leitmotiven, die in einer konzipierten Herz sein“. Es geht banaler: Murnau reduzierte seinen bildgewaltigen „Faust“ (1926) und Improvisation miteinander verwoben werden. Ein Duett zwischen Film und Klavier. _____