Pleometrotische Koloniegründunvon meridionalis (BONDROIT,1920) bei Lasiusparalienus SEIFERT,1992, mit Bemerkungen übemorphologische und ethologische Anpassungen an die sozialparasitische Koloniegründun (: Formicidae)

Bernhard Seifert & Alfred Buschinger

Abstract Pleometrotic colony foundation of Lasius meridionalis (BONDROIT,1920) by Lasius paralienus SEIFERT, 1992, with comments On morphological and behavioural adaptions to socio-parasitic colony foundation (Hymenoptera: Formicidae). - Pleometrotic colony foundation in a temporary social parasite of the subgenus Chthonolasius is described for the first time. Eight dealate, freshly mated gynes of Lasius (Chthonolasius) meridionalis were observed in a nest of the host species Lasius paralienus at the Stilfser Joch in S Tirol 1 N Italy in August 1998. The observation represents the first direct evidence for L. paralienus to serve as host for L. meridionalis in addition to the main host L. psammophilus. Chorological data as well as structure and extension of some L. meridionalis colonies found in Central Europe suggest oligogynous-polydomous colonies for some of the sites. It is hypothesized that pleometrosis might increase the colony foundation success of L. meridionalis and could represent the initial step for the development of oligogyny instead of terminating the pleometrosis by lethal fighting of the queens. The deviating cephalic and mandibular morphology of all known Chthonolasius gynes, compared to the independently founding gynes of the subgenera Lusius s.str. and Cautolasius, is considered as synapomorphy that considerably increases the potency for lethal biting and disintegrating the host queen. A further adaption to socially iarasitic colony foundation is the enlarged Dufour gland that is suspected as a main source for propaganda pheromones emitted to influence host workers.

Key words: socially parasitic , pleometrotic coloiy foundation, oligogynous colonies, morphologic and ethologic adaptions.

Einleitung grŸndun durch mehrere Jungweibchen; Ailopleometro- Freilandbeobachtungen übedie temporiir sozialparasiti- se: entsprechendes durch Jungweibchen verschiedener Arten], Sehr erschwerend fŸ die Interpretation ältere sehe KoloniegrŸndun von Ameisen des Subgenus Chthonolasius beziehen sich wegen der verborgenen Publikationen ist die häufi zweifelhafte, aktuell nicht subterranen Lebensweise überwiegenauf den kurzen mehr nachprüfbarArtdetermination sowohl von Parasit Zeitraum zwischen der Landung nach dem Schwarmflug als auch Wirt. So schlieJ3en Phänologiund Verhaltens- bis zum Eindringen in die Wirtskolonie. Allgemein wird weise der von GOSSWALD(1938) beobachteten Jung- berichtet, dass die Jungköniginne mancher Arten vor weibchen nahezu aus, dass es sich, wie behauptet, um dem Nesteingang eines Wirtsvolkes eine Wirtsarbeiterin L. mixtus gehandelt haben kann. Hier kommen wie bei ergreifen und teilweise zerbeissen (GOSSWALD1938, CMWLEY (1909) mindestens zwei Parasiten-Arten in HOLLDOBLER1953). Auch übedie Geschehnisse im In- Frage. Bei den aufschlussreichen Beobachtungen von neren des Wirtsnestes nach dem Eindringen des Parasi- HOLLDOBLER(1953) dürftes sich zumindest bei Ver- tenweibchens ist nur wenig bekannt. CRAWLEY(1909) such 1 tatsächlicum L. umbratus gehandelt haben, doch und HOLLDOBLER(1953) beobachteten im Kunstnest, ist keineswegs sicher, ob alle neun Kunstnest-Versuche dass Chthonolasins-Weibchen die Wirtskönigi pro- mit Weibchen dieser Art durchgefŸhr wurden. Glückli blemlos tötete bzw. dass bei Allopleometrosen mit ei- cherweise ist die Artdetermination der Wirte und der Pa- nem oder mehreren Wirtsweibchen geschlüpftWi- rasiten-Weibchen durch neuere Untersuchungen weitge- beiterinnen die Parasitenkönigi bevorzugten und die hend geklär(SEIFERT 1988, 1990, 1991, 1992, 1996), Wirtskönigin(nen tötete [Zur Begriffsbestimmung: währen die der Parasiten-Arbeiterinnen immer noch grok Probleme bereiten kann. Pleometrose = ohne Arbeiterinnen begonnene Kolonie- Direktnachweise der von den verschiedenen Chthonola- L. meridionalis bei L. paralienus interpretiert. sius-Arten benutzten Wirtsarten wurden fast immer durch die Beobachtung gemischter Arbeiterinnenpopulationen Hinweise auf eine Oligogynie-Polydornie bei erbracht, wobei fehlende Begleitinformationen sowie die Lasius meridionalis. extrem erschwerte Bestimmung der Chthonolasius- im Sinne der Definition von HOLLDOBLER& WILSON Arbeiterinnen und die immer noch schwierige der Lasins- (1990) bezeichnet Oligogynie das Vorhandensein mehre- Arbeiterinnen die Interpretation nicht nur der ältereAn- rer reproduktiv aktiver Weibchen in einer Arneisenkolo- gaben sehr problematisch macht. Verlässlic determi- nie, wobei sich aber jedes dieser Weibchen zur Vermei- nierte Nachweise von Parasit-Wirts-Systemen sind daher dung reproduktiver Konflikte in weit entfernten Kolonie- immer noch sehr spärlichF& Lasius meridional& kann bereichen (andere Nestkeme, Ableger, andere Nistbaume aus Verbreitungsdaten (SEIFERTunveröff. mit hoher Si- etc.) separiert. Bei Polygynie könne dagegen mehrere cherheit auf L. psammophilus als Hauptwirt geschlossen reproduktive Weibchen im selben Nesthügeassoziiert werden. Das gelegentliche Vorkommen von L. meridio- sein. Innerhalb der Gattung Lasius scheint nach bisheri- nalis in Gebieten, wo Lpsmophilus fehlt @B. gen Erkenntnissen Monogynie der Regelfall zu sein. Eine Kalkgebiete Thüringens)belegt eine zumindest regionale echte Polygynie ist in der Holarktis bisher nur fŸ Lasius Nutzung zusätzliche Wirtsarten. Es wird hier der neglectus und L. sakagamii nachgewiesen und somit als Erstnachweis der KoloniegrŸndun von Lasius meridio- Ausnahme zu betrachten (YAMAUCHIet al. 1981, van nah bei L. paralienvs publiziert. Der Fund ist insbeson- LOON et al. 1990). Oligogyne Kolonien sind im Freiland dere deshalb von besonderem Interesse, weil er eine weit schwerer nachweisbar als polygyne und es entsteht pleometrotische KoloniegrŸndun durch einen Sozialpa- die Frage, ob sie bei Lasius nicht häufigevorkommen als rasiten anzeigt. Schon die Kunstnestbeobachtungen von bisher angenommen. FüLasiusJavus wird Oligogynie STÄRCK (1937) deuteten an, dass Pleometrosen bei nach vorheriger Pleometrose beschrieben (PONTIN 1960). L. meridionalis zumindest im Anfangsstadium friedlich Pleometrosen, die nach eigenen Beobachtungen auch bei verlaufen. Lasius niger und L. emarginatus vorkommen können erscheinen somit als der wahrscheinlichste Ausgangs- Freilandbeobachtungen und Praparati- punkt füoligogyne Kolonien, obwohl sämtlich von onsergebnisse SOMMER & HOLLDOBLER(1995) beobachteten Pleome- A. Buschinger beobachtete am 22.08.1998 nahe der Pass- trosen bei Lasivs niger in Monogynie endeten. straßzum Stilfser Joch (Italien, Südtirolein Nest von Auch aus der hier berichteten Pleometrose von Lasius Lasius paralienus mit mehreren flügelloseWeibchen meridionalis ergibt sich die Frage, ob daraus eine oligyne von L. meridionalis. Die Fundstelle liegt in ca. 1800 m Kolonie entstehen kann. Die Verteilung von im Freiland Höh an einem E bis SE exponierten Hang. Es handelt gefundenen L. meridionalis-Nestern deutet tatsächlicin sich um eine dicht bewachsene, artenreiche, feuchte Wie- diese Richtung. Nach Nestdichteuntersuchungen auf 134 se mit eingesprengten Gebüschgruppeund einzelnen Untersuchungsflachen unterschiedlicher Habitatbeschaf- Anhaufungen von Hangschutt und Lesesteinen. In einem fenheit in Sachsen, Sachsen-Anhalt, ThüringenBranden- solchen, mit Ruh idaeus und Vaccinium myrtillus be- burg und Mecklenburg (SEIFERT1986 und SEIFERTun- wachsenen Steinhaufen wurde unter einer Felsplatte ein publ.) betrug die mittlere kumulative Dichte aller Arten Nest von L. paralienus mit geflogelten Weibchen und des Subgenus Chthonolos/us nur 0,3 1 Nester 1 100 m2 Männche dieser Art gefunden. Zusätzlic liefen darin und die der potentiellen Wiendes Subgenus Lasi- etwa acht deutlich kleinere, entflugelte Weibchen umher, us s.str. 2 1,9 Nester 1 100 m2. Chthonolasius wurde dabei die rasch in der Tiefe verschwanden, so dass nur noch nur auf 11 % der Untersuchungsflachen in insgesamt 21 drei erbeutet werden konnten, von denen eines am Abend Nestern gefunden. Lasius meridionalis war auf keiner des Sammeltages präparierwurde. dieser Siedlungsdichte-Flachen vorhanden. Die Priiparation ergab, dass es sich um ein anscheinend Diese Zahlen machen deutlich, dass auch weit verbreitete kurz zuvor begattetes Jungweibchen handelte. Die Ova- Chthonolasius-Arten in Mitteleuropa immer nur punktu- riolen waren noch kurz, wie bei geflŸgelte Tieren, und ell und nie in grokn Dichten gefunden werden. Sicher als enthielten keine Oocyten mit Dottereinlagerung. Die Lasius meridionalis determinierte Nester wurden von Spermatheca erschien 8-formig, fast zweigeteilt, und war B. Seifert nur an 4 Orten gefunden. Bei Rothenburg 1 dicht mit Spermien gelullt. Weiterhin wurde eine auffal- Sachsen und Waren 1 Mecklenburg handelte es sich um je lend gro§e zweilappige Dufour-Drüsfestgestellt. Der ein Einzelnest. Auffalligerweise wurden aber 1987 bei Fund wird als pleometrotische KoloniegrŸndun durch Gartz in Brandenburg und 1992 auf der Insel Ölan wenigstens 8 Weibchen des temporäre Parasiten scheinbare Nestassoziationen gefunden. Auf einer Läng von jeweils 7-8 m wurden an beiden Orten unter große effektives Zerschneiden evoluierten Mandibel von Arten Steinen im Abstand von jeweils 2-3 m mehrere volkrei- des Subgenus Coptoformica (DIETRICH1998). Sie ist ehe Nester (oder Zweignester einer Kolonie, was sich massiv gebaut, die basalen Zähndes Kaurandes weichen heute nicht mehr entscheiden lässtgefunden. Angesichts nach lateral von der Linearitädes übrigeKaurandes ab - des normalerweise punktuellen Vorkommens von Chtb quasi einen Bogen bildend und in die Basiskante der nolosius-Nestern, erscheint es nicht sehr wahrscheinlich, Mandibel hineinlaufend. Die seitlich versetzten basalen dass solche scheinbaren Nestansammlungen separate Zähnentfalten wegen ihres verkürzteAbstandes vom Kolonien aus unterschiedlichen Gründungerepräsentie Drehpunkt des Mandibelgelenkes eine höher Kraft und ren. Auch die Deutung, dass begattete Jungweibchen ei- könnte möglicherweiswie eine Sägbeim Abtrennen nes initial gegründeteEinzelnestes zunächsdie unrnit- von Gliedmaßeeingesetzt werden, wenn diese zwischen telbar benachbarten Wirtsnester parasitiert hättenist an- Clypeusvorderrand und basaler Mandibelkante einge- gesichts des sich im hohen Luftraum vollziehenden Be- klemmt werden. Die aus der Morphologie abgeleiteten gattungsfluges und der wahrscheinlich nach dem Gieß Fähigkeitewerden durch Verhaltensbeobachtungen be- kannenprinzip ablaufenden Landung sehr unwahrschein- stätigtBei I1 Fuorn / Graubündekonnte B. Seifert 1998 lich. Da die räumlich Ausdehnung und summarische beobachten, wie ein von Formica selysi-Arbeiterinnen Volkstärk dieser Nestansammlungen schlecht zu unse- angegriffenes, auf Wirtsnestsuche befindliches L. meridi- ren Vorstellungen von einer monogynen Lasius-Kolonie onalis-Weibchen eher große-F. selysi in beindruckender passt, erscheint eine oligogyn-polydome Kolonie pleo- Weise die Kopfkapsel durchbohrte, bevor es der Über metrotischer Herkunft fŸ ein solches Verteilungsbild als macht erlag. Das sehr effektive Zubeissen von Chthono- die plausibelste ErklärungDas Vorliegen einer echten 1oHus-Weibchen ist zudem aus Beobachtungen von Ko- Polygynie kann nicht ausgeschlossen werden, erscheint loniegründungein Kunstnestern bekannt, bei denen die aber aus bisherigen Erkenntnissen übeBegattungsver- Parasitenweibchen die größerWirtsköniginne pro- halten und Nestverteilung von Chthonolosius wenig blemlos tötete und zerstückelte (CRAWLEY1909, wahrscheinlich. HOLLDOBLER1953).

Morphologische und ethologische Anpassun- gen der Chthonolasius-Weibchen an die pa- rasitische Koloniegründung Die externe Kopfmorphologie eines bei Ber- gen /Niederlande gesammelten Weibchens von Lasins (Chthonolosius) umbratus mit der eines bei Lömi schau / Sachsen gesammelten Weibchens von L. (Cauto- 1asius)Javu.s wird in Abb. l verglichen. Irn Vergleich zu den selbständi gründendeWeibchen von Lasius s.str. und CaLdolosius zeigen sämtlich Chihonolosius- Weibchen einschließlic des kleinen L. bicomis- Weibchens einen auffallig verbreiterten Kopf, indem sich Mandibeladduktoren mit einer stark vergößertQuer- schnittsflächbefmden. Eine Verlängerun der Mandi- beladdultoren wird zudem durch die bei einigen Arten deutlich vorgewölbte Hinterhauptsecken ermöglich Abb. l: Vergleich von externer Kopfmorphologie und ["Bezeichnenderweisewurden Weibchen von Lasius um- Mandibelbezahnung eines Weibchens von Lasius bratus und L. meridionalis schon wiederholt als Zormica (Chthonolasius) umbratus (links) und Lasius (Cautolasi- emecta-WeibchenG6mit der Bitte um Nachbestimmung us) j7avus (rechts). Zur Anpassung an eine gleiche me- diane Kopfläng ist der Kopf des L.j7avus-Weibchen an B. Seifert eingeschickt!]. Damit wird die absolute relativ etwas grö§dargestellt. Zu beachten sind der Kraftentfaltung und der Kontraktionsweg bei der Mandi- verbreiterte Kopf, die vorgewölbte Hinterhauptsecken, belarbeit deutlich vergrößerZudem ermöglichder bei der vergrößerAbstand der Mandibelgelenke und die Chthonolasius erhöhtAbstand der Mandibelgelenke ei- zusätzlichebasalen Mandibelzähndes Chthonolasius- ne höher Griffweite und damit einen wirksameren Ein- Weibchens. satz des Apikalzahnes beim Penetrationsbiss in großvo Die bei allen Chthonolosius-Weibchen beobachtbare lumige KörperteileAuch die Mandibelform der Chtho- Abwandlung der Mandibel- und Kopfmorphologie kann nolaius-Weibchen weicht von der selbständi gründen als Autapomorphie eines ,3Ur-Chthonolasiusccin Anpas- der Lasius-Arten ab und zeigt Ähnlichkeite zu der auf sung an die sozialparasitische Koloniegründungedeutet werden. Das Toten der Wirtskonigin wird durch diese EMERY,1893 und Polyeprufescens LATREILLE,1798 Anpassung zweifellos stark erleichtert. gezeigt worden (ALLES & al. 1986, TOPOFF & al. 1988, MON & al. 2000). Das von verschiedenen Autoren (z.B. CRAWLEY1909, STÄRCK 1937, GOSSWALD1938, HOLLDOBLER1953) Es erscheint logisch, dass die Fremdabwehr der populati- berichtete ZerstŸckel einer Wirtsarbeiterin durch die onsschwachen Labornester (meist wurde mit 50-150 Ar- Chthonolasius-Konigin vor Eindringen in das Wirtsnest beiterinnen gearbeitet) durch die chemische Strategie ei- ist als Verhaltens-Atavismus gedeutet worden nes einzelnen Parasitenweibchens leichter zu überwinde (GOSSWALD1938, HOLLDOBLER1953), doch kann hier ist, als bei um den Faktor 100-200 volkreicheren Frei- durchaus ein funktionaler Zusammenhang vorliegen. landnestern. Der KoloniegrŸndungserfol sollte hier si- Nach eigenen Feststellungen (SEIFERTunveroff.) kommt gnifikant steigen, wenn mehrere Parasitenweibchen diese Verhaltensweise zumindest bei Mus umbratus, gleichzeitig eindringen und eine wesentlich stärkerche- L. distinguendus und L. citrinus sowie nach STMCKE mische Beeinflussung der Wirtsarbeiterinnen bewirken. (1937) auch bei L. meridionalis vor. Das Verhalten der Eine solche Strategie kann sich fŸ ein einzelnes Weib- Weibchen der 10 Ÿbrige westpalih-ktischen Chthonola- chen auch dann auszahlen, wenn die Pleometrose in einer sius-Arien - balcanicus, bicomis, jensi, mixtus, longiceps, durch Tötungskampder Königinne erzeugten Mono- nitidigmter, rabaudi, subdarum, tibialis und viehmeyeri - gynie endet, sofern die Mortalitätsabsenkunbeim Ein- ist noch nie beobachtet worden. Das TötenHerumtragen dringen in die Wirtskolonie stärkeist als der spätedurch und Zerstückeleiner Arbeiterin der Wirtskolonie ge- Königinnenkämperzeugte MorialitätsanstiegEine sol- schieht immer in der Nähder Nestausgiinge unter inten- che Strategie wird sich umsomehr lohnen, wenn sich die sivem Betasten der Leiche bei gleichzeitigem intensiven Koniginnen späteauf friedliche Weise in einer oligogy- Sich-Putzen (autogrooming) der JungköniginEine Duft- nen Kolonie separieren. Somit könnt die hier berichtete stofibemahme ist dabei durchaus wahrscheinlich und pleometrotische KoloniegrŸndun bei Lasius meridiona- konnte die Aggressivitäder Wirtsarbeiterinnen nach dem lis kein Einzelfall sondern eine Ÿblich Strategie sein. Eindringen in das Nest zumindest dämpfenDiese duftli- ehe Camouflage ist aber offensichtlich nicht ausreichend. Abschlieflende Wertung Nach den oben zitierten, bei Raumtemperatur durchge- Die verborgene, subterrane Lebensweise und relative im WenBeobachtungen Kunstnest war die Aggressi- Seltenheit der Chthonolosius-Arten, die Schwierigkeiten vitävon als ,^asius niger" determinierten Wirtsarbeiter- der Simulation naturäkdiche Bedingungen in Kunst- innen immer noch beträchtlic und manchmal t6dlich. nestern und nicht zuletzt die Determinationsprobleme HOLLDOBLER(1953) berichtet, dass nach anfänglichef- fŸhrte dazu, dass sich die Myrmekologen in den letzten tigen Attacken und dabei völli passivem Verhalten des 40 Jahren vor allem jenen Ameisengruppen zuwandten, Parasitenweibchens die Aufmerksamkeit der Arbeiterin- mit denen okomomischer und reproduzierbarer gearbeitet nen schon sehr bald auf dessen Gasterspitze gerichtet war, werden kann. Wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, die Aggressivitiit spürbaabnahm und ein intensives Be- sind die Kenntnisse uber Details der Biologie der teinpo- lecken und Betasten einsetzte. Das Weibchen war schon räparasitischen Lasius-Arten aussergewohnlich dürfti 100 Minuten nach dem Eindringen vollständiakzeptiert und stammen zum grof3ten Teil aus anekdotischen Gele- und wurde reichlich gefiltert. In diesem Zusammenhang genheitsbeobachtungen. So beruhen Hypothesen Ÿbe das ist der vorliegende Befund einer stark vergr~krten Wirtsartenspektrum der Subgenera Chthonolasius, Aus- DufourdrŸs von Bedeutung. Die Beobachtungen von trolasius und Dendrolosius überwiegen auf Wahr- HQLLDOBLER(1953) machen es sehr wahrscheinlich, scheinlichkeiteaussagen, die aus der Chorologie und Zu- dass am Gasterende eine Art von Propaganda-Pheromon sammensetzung der Begleitfauna abgeleitet wurden, und abgegeben wird, als dessen Produktionsort die stark ver- nur in seltenen Fallen auf unanfechtbaren Direktnachwei- großertDufourdrŸs in Frage kommt. Auch die deutlich sen. Das macht deutlich, dass jede einzelne, abgesicherte hohere Attraktivitädes Parasitenweibchens gegenŸbe Direktbeobachtung wertvoll ist (siehe auch BUSCHINGER der Wirtskonigin (HÖLLDOBLE 1953) wird mit hoher & SEIFERT1997) und eingehende Untersuchungen drin- Wahrscheinlichkeit Ÿbe chemische Faktoren bewirkt, gend erforderlich sind. wobei wiederum an eine Mitwirkung von DufourdrŸsen sekret zu denken ist. Die Bedeutung der DufourdrŸs als Dass Pleornetrosen bei Chthonolmius bisher noch nicht Produktionsort von fŸ das Eindringen von Parasiten- beobachtet wurden, ist wegen der schweren Beobacht- weibchen in eine Wirtskolonie erleichternden Be- barkeit wenig erstaunlich. Bei den im Juli 1August nach schwichtigungs- bzw. Propagandapheromonen ist fŸ Do- dem Hochzeitsflug herrschenden Bodentemperaturen sit- ronomynnex kutteri (BUSCHINGER1965), Harpagoxenus zen Chthonolasivs-Königh~nenur selten oberflächenna sublaevis (NYLANDER 1849), Polyergus breviceps im Wirtsnest. Unsere einzige weitere Beobachtung einer akzeptieren Chthonolasius-Jungkönigi war die einer La- PONTIN, A. J. 1960: Field experiments on colony sivs jensi-Gründeri bei L. alienm unter einer große foundation by Lasius niger and Lasius flavus. - Steinplatte nach Regenwetter und WiedererwämunAn- Insectes Sociaux 7: 227-230. fang September. Lasius meridionalis kommt zudem meist SEIFERT,B. 1986: Vergleichende Untersuchungen zur auf sandigkiesigen Böde vor, wo man keine große Habitatwahl von Ameisen irn mittleren und südliche Steine wälze kann und Nestinhalte durch aufwendige Teil der DDR. - Abhandlungen und Berichte des Grabarbeiten ermitteln muss. Naturkundemuseums Görlit59: 1- 124. SEIFERT,B. 1988: A revision of the European species of Literatur the subgenus Chthonolasius. - Entomologische Abhandlungen des Staatlichen Museums fur ALLIES, A. B., BOURKE,A. F. G. & FRANKSN. R. 1986: Tierkunde Dresden 5 1: 143-1 80. Propaganda substances in the cuckoo ant Leptothorax kutteri and the slave-maker Harpagoxenus sublae- SEIFERT,B. 1990: Supplementation to the revision of the European species of the ant subgenus Chthonolasius vis. - Journal of Chemical Ecology 12: 1285-1293. Ruzsky, 1913. - Doriana VI-N.271: 1-13. 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Anschrift der Verfasser: Dr. Bernhard Seifert, Staatliches Museum fŸ Naturkunde GöriitzPSF 300154, D-02806 Görlit Prof. Dr. Alfred Buschinger, TU Darmstadt, Institut fur Zoologie, Schnittspahnstr. 3, D-64287 Darmstadt