Masarykova univerzita v Brně Filozofická fakulta

Diplomová práce

Brno 2009 Bc. Lenka Zátopková

Masarykova univerzita v Brně Filozofická fakulta Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Magisterská diplomová práce

Komparative Phraseologismen in der deutschen und tschechischen Sprache: Publizistik und Belletristik- am Beispiel des Werkes von Erich Kästner: Emil und die Detektive (+seine Übersetzung) und der Wochenzeitungen Respekt und Stern

Zpracovala: Vedoucí práce: Bc.Lenka Zátopková PhDr. Jiřina Malá, CSc.

Brno 2009

- 1 -

Prohlašuji, ţe jsem pracovala samostatně a ţe má práce je původní. Pouţila jsem pouze ty materiály, zdroje a podklady, které jsou uvedené v seznamu pouţité literatury na konci této práce.

Ich erkläre, dass ich selbständig gearbeitet habe und dass meine Arbeit originell ist. Ich habe nur solche Materialien, Quellen und Unterlagen benutzt, die am Ende dieser Arbeit im Literatur- und Quellenverzeichnis angeführt sind.

- 2 -

An dieser Stelle möchte ich gerne Frau PhDr. Jiřina Malá, CSc. für Ihre wertvollen Ratschläge und Hinweise, mit denen sie mir bei der Ausarbeitung meiner Diplomarbeit behilflich war, meinen herzlichen Dank aussprechen.

- 3 - Inhaltverzeichnis

Einführung………………………………………………………………………………6 1. Phraseologie als linguistische Disziplin……………………………………………....7 1. 1 Zur Geschichte der Phraseologieforschung…………………………………….7 1.2 Die Phraseologieforschung in der deutschen Germanistik……………………..7 2. Phraseologismus……………………………………………………………………...9 2.1. Phraseologische Merkmale………………………………………………...... 10 2.1.1 Polylexikalität………………………………………………………………..10 2.1.2 Festigkeit………………………………………………………………….….11 2.1.3 Idiomatizität……………………………………………………………….....11 2.1.4 Lexikalisierung…………………………………………………………...... 12 2.1.5 Reproduzierbarkeit…………………………………………………………..12 2. 2 Phraseologismen und Eigennamen………………………………………...... 12 2. 3 Phraseologismen und Termini…….…………………………………………..13 3. Klassifikation der Phraseologismen…….. ………………………………….14 3.1 Klassifikation der Phraseologismen nach Fleischer…………………..………14 3.1.1 Die Peripherie des phraseologischen Bestandes….…………………………14 3.1.1.2 Nominationsstereotype……………….………………………….…..…....15 3.1.1.3 Kommunikative Formeln……………….…………………………………15 3.1.1.4 Funktionsverbgefüge…………………………………………...…………15 3.1.1.5 Sprichwörter……………………………………………………...…….....16 3.1.1.6 Sagwörter…………………………………………………………..……..16 3.1.1.7 Geflügelte Worte………………………………………………………….17 3.2 Morphologisch- syntaktische Klassifikation……………………………….…17 3.3. Klassifikation der Phraseologismen nach Burger………………………..…..19 4. Paradigmatische Beziehungen der Phraseologismen………………… …….…21 4.1 Phraseologische Reihen...………………………………………………….….21 4.2 Phraseologische Synonyme………………………….…………………….….21 4.3 Phraseologische Antonyme…………………………………………………..21 4.4 Phraseologische Sachgruppen………………………………………………...22 5. Komponentstruktur der Phraseologismen…………………………………………...24 5.1 Expressive Konkurrenzformen………………………………………...……..24 6. Phraseologismen und Text…………………………………………..……………....25

- 4 - 6.1. Spezifische Möglichkeiten der Textkonstruktion………………..………...25 6.2. Pragmatische Funktionen der Phraseologismen……………………………26 6.3. Phraseologismen im künstlerischen Text……………….………………….28 6.4. Phraseologie in Kinderbüchern……………………………………………..29 7. Variation und Modifikation………………………………………………………...30 8. Stilistische Aspekte der Phraseologie…………………………..……………….32 8.1. Stilistische Merkmale der Phraseologismen……………………………...... 32 8.1.1. Konnotation………………...... …………..……………………………...32 8.1.2. Bildlichkeit und Bildhaftigkeit……..…………………………………….35 8.1.3. Expressivität………………………………………………...……..……..36 9.Komparative Phraseologismen- Vergleiche……………………………………..38 9.1. Okkasionelle Vergleiche…………………………………………………....42 9.2. Komponenten des Vegleichs………………………………………………..44 9.2.1. Formale Struktur……….………………………………………………....44 9.2.2. Semantische Struktur…………………………………………………..…45 9.2.3. Klassifikation nach dem Gebrauch………………………………….……46 10. Publizistik und Belletristik…………………………………………………………47 10.1. Respekt……………………………………………………………………48 10.2. Stern………………………………………………………………..…..…49 10.3. Belletristik………………………………………………..……………….49 10.3.1. Kinder- und Jugendliteratur……………………………………….……49 10.3.2. Erich Kästner……………………………..…………………………….51 10.3.3. Emil und die Detektive…………………………………………..……..54 11. Vergleiche in Publizistik und Belletristik…………………………………………..55 11.1. Vergleiche in Publizistik- Zeitschriften Respekt und Stern....……………56 11.2. Vegleiche in Belletristik-im Kinderbuch Emil und die Detektive…...…...72 12. Zusammenfassung………………………………………………………………….80 Literaturverzeichnis…………………………………………………………………82 Beilagen……………………………………………………………………..………84

- 5 -

Einführung

Die Phraseologie gehört zu unserem alltäglichen Leben. Fast jeder von uns benutzt sehr oft verschiedene Redewendungen, Vergleiche und Sprichwörter. Die Phraseologie ist eine relativ junge Disziplin, mit der sich heutzutage viele Sprachwissenschaftler beschäftigen. In meiner Arbeit befasse ich mich mit den am häufigsten benutzten Phraseologismen- mit den Vergleichen. Die Arbeit wird in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich der Theorie, in der die Terminologie der Phraseologie bearbeitet wird, mehr beschäftige ich mich mit der Problematik der komparativen Phraseologismen. In dem ersten Kapitel möchte ich kurz die Phraseologie als linguistische Disziplin vorstellen. Dann folgt die kurze Geschichte dieser Disziplin. In den nächsten Kapiteln beschäftige ich mich mit der Gliederung der Phraseme und ihres Gebrauchs im Text. Ich arbeite meistens mit den Werken von Wolfgang Fleischer und Harald Burger. Das letzte Kapitel beschreibt die Funktion der komparativen Phraseme-Vergleiche. Es gibt viele Einteilungen, so möchte ich auf diese Problematik eingehen. In meiner Arbeit werde ich diese Vergleiche in bestimmte Gruppen nach dem Gebrauch einteilen. Der zweite Teil gehört der Praxis. In diesem Teil widme ich mich den Vergleichen, die in den Wochenmagazinen und im Kinderbuch Emil und die Detektive erscheinen. Ich arbeite mit dem tschechischen Wochenmagazin Respekt und mit dem deutschen Wochenmagazin Stern, in denen ich mich für die Vergleiche in der Rubrik Kultur interessiere, und mit dem Roman Emil und die Detektive, mit dem Original und seiner tschechischen Übersetzung. Ich beschäftige mich mit der Häufigkeit und mit den Typen der Vergleiche. Die Vergleiche teile ich nach bestimmten Kriterien in die Gruppen und stelle die Häufigkeit und Typen der Vergleiche in der deutschen Belletristik und Publizistik fest und vergleiche sie mit der tschechischen Publizistik und Belletristik, konkret in der Kinderliteratur. Das Ziel meiner Arbeit ist zu zeigen, welche Typen und Menge der Vergleiche sich in der tschechischen und deutschen Publizistik und Belletristik befinden. Es ist meiner Meinung

- 6 - nach sehr interessant zu sehen, welche Vergleiche wir am meisten benutzen, weil Vergleiche uns die bestimmten Situationen besser zu begreifen helfen.

1. Phraseologie als linguistische Disziplin Die Phraseologie bildet eine wissenschaftliche Teildisziplin des Sprachsystems, die sich mit Phraseologismen (Phrasemen) und Idiomen befasst. Die wörtliche Bedeutung des Begriffs „Phraseologie“ heiβt „die Lehre von sprachlichen Wendungen“. Der Begriff „Phraseologie“ besteht aus zwei griechischen Wörtern, und zwar phrasis - „Wendung, Ausdruck“ und logos - „Begriff, Lehre“. Phraseologie ist heute in zwei Bedeutungsvarianten geläufig: 1) sprachwissenschaftliche Teildisziplin, die sich mit der Erforschung der Phraseologismen beschäftigt 2) Bestand (Inventar) von Phraseologismen in einer bestimmten Einzelsprache.

Phraseologie ist eine junge Teildisziplin. Als Teildisziplin wurde die Phraseologie zum ersten Mal in die Linguistik vom dem französischen Linguisten Charles Bally am Anfang des 20. Jahrhunderts erwähnt.

1.1. Geschichte der Phraseologieforschung Die Phraseologie ist als sprachwissenschaftliche Teildisziplin relativ jung. Eine groβe Rolle in ihrer Entwicklung spielt die sowjetische Sprachwissenschaft in der Fortsetzung russischer Traditionen des 19. Jahrhunderts. Russische Linguisten haben seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. begonnen, den besonderen Status des Phraseologismus innerhalb der Wortverbindungen zu bestimmen, und schufen damit Voraussetzungen für eine Theorie der Phraseologie. Mit den Arbeiten von V. V. Vinogradov (1946, 1947) hat sich die Phraseologie in der sowjetischen Sprachwissenschaft als selbständige Teildisziplin etabliert. Zu den berühmtesten Linguisten, die sich der Phraseologie gewidmet haben, gehören I. I. Černyševa, A. I. Molotkov, S. I. Ožegov, A. V. Kunin u.a.

1.2. Die Phraseologieforschung in der deutschsprachigen Germanistik Die erste selbständige Gesamtdarstellung der deutschen Phraseologie legte I. I. Černyševa (Frazeologija sovremennogo nemeckogo jazyka, 1970) vor. Seit Beginn der siebziger Jahre ist die Forschung auch in der deutschsprachigen germanistischen Phraseologie intensiver. Die ersten ausführlicheren Untersuchungen widmen sich vor allem

- 7 - der Gegenstands- Bestimmung und der Klassifikation der Phraseologismen (U. Fix, A. Rothkegel, H. Burger u. a.). Mit der Rolle von Phraseologismen im Text befasst sich z. B. W. Koller. Wissenschaftsgeschichtliche Übersichten zur Entwicklung der Phraseologieforschung bieten D. Heller, K. Daniels und vor allem K. D. Pilz (1978) an. Diese und auch andere Linguisten haben mit ihren Arbeiten zur Entwicklung der germanistischen Phraseologieforschung beigetragen. (vgl. Fleischer 1982, 95)

- 8 -

2. Phraseologismus Die Phraseologie befasst sich mit festen Wörterbindungen, für deren Bezeichnung aber sehr verschiedene Ausdrücke verwendet werden. Da die Phraseologie eine relativ junge Disziplin des Sprachsystems ist, wird auch die terminologische Vielfalt von vielen Autoren beklagt. „Phraseologie ist die allgemeine Bezeichnung für alle Abweichungen von den „Integrationsregeln“ bedeutungstragenden Einheiten zu einer komplexeren Einheit. Als Phraseologismus gilt dann eine strukturierte Einheit, deren Bau den Integrationsregeln der jeweiligen Ebene nicht entspricht.“ (Tranickaja, Janko 1981, 20) International verbreitet sind heute folgende Ausdrücke: griechisch-lateinisches Wort phrasis („rednerischer Ausdruck“) oder griechisches Wort idiōma („Eigentümlichkeit, Besonderheit“). Zum ersten Ausdruck gehören Bildungen wie Phraseologie, Phraseologismus, zum zweiten Idiom, Idiomatik, Idiomatismus. (vgl. Fleischer 1982, 3)

Ausdrücke, die aus mehr als einem Wort bestehen und die nicht für dieses eine Mal zusammengestellt sind, sind Phraseologismen. Es handelt sich nämlich um Kombinationen von Wörtern, die uns genau in dieser Kombination – eventuell mit Varianten – bekannt sind, ähnlich wie wir die deutschen Wörter kennen. Die lexikalischen Bestandteile nennen wir Komponenten. In sprachwissenschaftlichen Arbeiten und Lehrbüchern können wir folgende Ausdrücke lesen: feste oder phraseologische Wortverbindung, feste Wortgruppe, phraseologische Einheit oder Wendung, Redewendung, Redensart, Phrasem oder Idiom. Alle diese Bezeichnungen können in gewissem Grad Synonyme für den Terminus „Phraseologismus“ bedeuten. Es ist nicht einfach und vielleicht auch unmöglich, einen Phraseologismus eindeutig zu definieren.

Wortverbindungen, die den Kernbereich bilden, nennt man Phraseolexeme. Phraseolexeme sind kommunikativ- grammatisch (nach Tempus, Person, Modus die Verben, nach Kasus die

- 9 - substantivischen Phraseolexeme) mehr oder weniger variabel (innerhalb der erörterten Beschränkungen, aber doch ohne stabile Satzstruktur wie die festgeprägten Sätze). Diese Wortverbindungen haben entweder keine „feste“, invariable Beziehung, oder es sind „festgeprägte prädikative Konstruktionen“, dann aber mit lexikalisch- semantischer Variabilität obligatorischer Elemente der Satzstruktur, wodurch sie sich von den festgeprägten Sätzen unterscheiden: die Augen gehen auf-jmdm. Der Dativ der Person ist ein obligatorisches Element der synktatischen Struktur des Phraseolexems, kann aber durch ganz unterschiedliche Personenbezeichnungen ausgefüllt werden: Meinem Vater/ dem Lehrer/Peter/ dem die ganze Nacht Grübelnden gingen die Augen auf. (vgl. Fleischer 1982, 4)

„Es gibt Phraseologismen, die nur innerhalb des jeweiligen Situationstyps eine Bedeutung haben. Es handelt sich meist um sehr stark strukturierte Situationen, und die feste Phrase hat eine genau bestimmbare Position und Funktion innerhalb des Handlungsablaufs. Die Handlung selber kann dabei primär nonverbal ablaufen oder auch als vorwiegend sprachliche Handlung gekennzeichnet sein.“ (Burger 1982, 117) „Solche Phraseologismen, die nur mit pragmatischen Kategorien beschrieben werden können, werden als „pragmatische Idiome“ bezeichnet.“ (Burger 1982, 58)

2.1. Phraseologische Merkmale Es gibt unterschiedliche Meinungen und verschiedene Definitionen, aber trotzdem kann man einige Kriterien nennen, worüber die meisten Linguisten bei der Abgrenzung des Phraseologismus von anderen sprachlichen Einheiten übereinkommen. Es handelt sich um folgende Kriterien, die auch als so genannte phraseologische Merkmale bezeichnet werden: Idiomatizität, Bildhaftigkeit, semantisch-syntaktische Stabilität, Expressivität und Emotionalität, Festigkeit und Reproduzierbarkeit. (vgl. Fleischer 1982, 30)

Es gibt auch Kriterien, die zur Abgrenzung phraseologischer Einheiten von freien Wortverbindungen am häufigsten verwendet werden. Zu diesen Kriterien, die zum Zweck der Abgrenzung gegenüber freien Wortverbindungen dienen, gehören Polylexikalität, relative Stabilität, Idiomatizität, Lexikalität und Reproduzierbarkeit .

- 10 - 2.1.1. Polylexikalität (Mehrgliedrigkeit) – der Phraseologismus besteht aus mehr als einem Wort. Die Anzahl der Einzellexeme ist dabei nicht festgelegt. Es existieren sowohl zweigliedrige, als auch mehrgliedrige Phraseologismen, die obere Grenze der Wortmenge wird nicht definiert. Die maximale Ausdehnung eines Phraseologismus wird meistens nicht lexikalisch, sondern syntaktisch bestimmt, deshalb gilt als obere Grenze phraseologischer Wortverbindungen der Satz.

2.1.2. Festigkeit (Stabilität) – ist eine wichtige Eigenschaft der Phraseologismen, durch diese Eigenschaft unterscheiden sich die Phraseologismen von Wortverbindungen. Festigkeitsgrad und Grad der Idiomatizität sind sehr eng verbunden. Vollidiomatisierte Phraseologismen haben auch den höchsten Grad an Stabilität. Die Stabilität eines Phraseologismus ist grundsätzlich relativ. Es gibt durchaus Varianten, die ermöglichen, ein Glied der Wortverbindung zu ersetzen, ohne dass sich die Bedeutung des jeweiligen Phraseologismus ändert. So können Variationen oder Modifikationen von Phraseologismen entstehen. Die phraseologische Stabilität ist durch die Erscheinung der unikalen Komponenten und syntaktischen Anomalien zu beweisen. Unikale Komponenten sind phraseologisch gebundene Wörter, deren Formativ außerhalb des Phraseologismus nicht (mehr) vorkommt.

2.1.3. Idiomatizität- beide ersten Eigenschaften sind nötig, damit wir von Phraseologie im engeren Sinne sprechen können. Das bedeutet, dass die Komponenten eine durch die syntaktischen und semantischen Regularitäten der Verknüpfung nicht voll erklärbare Einheit bilden. Die Bedeutung eines Phraseologismus ergibt sich also nicht aus der Summe der Bedeutungen einzelner Komponenten, sondern ist an die gesamte Wortverbindung gebunden. Die Teilklasse von Phraseologismen, die auch dieses Kriterium erfüllen, bildet den Bereich der Idiome. Phraseologisierung ist ein historischer Prozess, durch den eine freie Wortverbindung entsteht. Idiomatisierung ist der Prozess, dank dem aus der Wortverbindung ein Idiom entsteht. (vgl. Fleischer 1982, 31) Es wird zwischen vollidiomatischen, teilidiomatischen und nichtidiomatischen Wortverbindungen unterscheidet.

- 11 - a) vollidiomatisch: In vollidiomatisierten/unmotivierten Phraseologismen sind alle Komponenten semantisch transformiert, d.h. alle Wörter haben ihre wendungsexterne Bedeutung aufgegeben, um eine neue idiomatisierte phraseologische Bedeutung zu konstituieren: die Engel singen hören - starke Schmerzen empfinden etwas auf Eis legen- für eine spätere Erledigung zurückstellen ein Schlag ins Wasser – ein Misserfolg das fünfte Rad am Wagen- überflüssige Person Freund Hein-Tod

b) teilidiomatisch: das Bett hüten- krank zu Bett legen Blut und Wasser schwitzen- sehr schwitzen gucken wie ein Auto- verblüfft dreinschauen c) nichtidiomatisch- nichtidiomatische Phraseologismen sind Ausdrücke, die durch keine (oder nur minimale) semantische Differenzen zwischen phraseologischer und wörtlicher Bedeutung charakterisiert sind. sich die Zähne putzen (vgl. Fleischer 1982, 30)

2.1.4. Lexikalisierung- Aufnahme einer phraseologischen Einheit und Speicherung im mentalen Lexikon oder in den Wörterbüchern. 2.1.5. Reproduzierbarkeit- Wiederabrufen, es handelt sich um eine „zusätzliche Eigenschaft“, die Wortbildungskonstruktionen werden reproduziert. Sie werden in der Sprache nicht bei jeder Äußerung neu gebildet ( vgl. Fleischer 1982, 30)

2.2. Phraseologismen und Eigennamen Eigennamen (Onyma) können wir nicht nur in der Struktur von Einzelwörtern (Simplizia) wie Karl, Leipzig, Elbe oder Wortbildungskonstruktionen wie Ostsee finden, sondern als einheitliche Benennung (Nomination) auch mit Wortgruppenstruktur:

- 12 - Berliner Strasse, Nördliches Eismeer, Schwarzes Meer, Strasse von Gibraltar In diesen Fällen sprechen wir von Eigennamen als Wortgruppen, Mehrwortnamen oder onymischen Wortgruppen. Sie unterscheiden sich von nichtonymischen Benennungen dadurch, dass sie Einzelobjekte identifizierend benennen. Die onymischen Wortgruppen unterscheiden sich von den Phraseologismen durch ihre onymische Funktion, die strukturübergreifenden Charakter hat. Diese Unterscheidung von onymischen und nichtonymischen Benennungen mit Wortgruppen- Charakter hängt im Deutschen mit ortographischen Konsequenzen zusammen. Die onymischen Wortgruppen verlangen Großschreibung mindestens des ersten Wortes. Bei der Differenzierung der onymischen von den nichtonymischen (phraseologischen) Wortgruppen benutzt man verschiedene Konsequenzen: Kalter Bach (Flussnahme)x kalter Krieg (nichtonymischer Phraseologismus) alter Orient x alter Hase (eine erfahrene Person)- (nichtonymischer Phraseologismus) (vgl. Fleischer 1982, 70)

2.3. Phraseologismen und Termini Termini werden zunächst unabhängig von der Struktur als Einzelwort (Kraft, Arbeit in der Physik), Wortbildungskonstruktionen (Produktionsverhältnisse) oder Wortgruppe (erste gesellschaftliche Arbeitsteilung) durch ihre gemeinsame Funktion vereinigt. Auch die terminologisierten Wortgruppen unterscheiden sich von den nichtterminologischen (phraseologischen wie auch freien) Wortgruppen- ohne orthographische Konsequenzen: terminologisch: spezifisches Gewicht, spitzer Winkel nichtterminologisch frei: erweiterte Fragestellung, spitzer Bleistift nichtterminologisch phraseologisch: langer Atem- groβe Ausdauer, schwere Geburt- schweres Stück Arbeit

- 13 -

3. Klassifikation der Phraseologismen „Fragen der Klassifikation stellen sich anders beim Einzelwort als bei der Wortbildungskonstruktion. Es fehlt den Phraseologismen ein eigenes System von Strukturtypen und Bildungselementen (Affixen), wie es die Wortbildung kennt, und da es sich um Wortgruppen oder Sätze handelt, sind die für Wörter anwendbaren Klassifikationskriterien nicht voll auf die Phraseologismen übertragbar.“ (Fleischer 1982,116). Es gibt viele Kriterien, nach denen die Linguisten die Phraseologismen teilen, deshalb gibt es keine einheitliche Klassifikation. So entstanden z. B. semantische, morphologische, syntaktische, stilistische, rhetorische, sprachhistorische, pragmatische oder kontrastive Klassifikationen der Phraseologismen. Im Bereich der germanistisch orientierten Phraseologie haben sich die Ansätze von Fleischer und Burger durchgesetzt.

3.1. Klassifikation der Phraseologismen nach Fleischer Wie gesagt wurde, ist der Gegenstand der Phraseologieforschung sehr breit und heterogen. Die Forscher bemühen sich um eine Differenzierung dieses Bereiches. Es gibt zahlreiche Klassifikationsvorschläge, denen unterschiedliche Kriterien zugrunde gelegt werden. Ich stütze mich dabei auf W. Fleischers „Zentrum-Peripherie-Modell“, seine Ausdifferenzierung der Phraseologismen. Bei der Klassifikation der Phraseologismen unterscheidet Fleischer zwischen der Peripherie und dem Zentrum. Ins Zentrum rückt er die Wortverbindungen mit wenigstens einem Autosemantikon, die die Hauptmerkmale Idiomatizität, (relative) Stabilität und Lexikalisierung (Reproduzierbarkeit) aufweisen und die mindestens ein Autosemantikon einbilden. Solche Einheiten bezeichnet Fleischer als Phraseolexeme. Falls ein oder zwei der Hauptmerkmale fehlen, so rückt die betreffende Wortverbindung aus dem Zentrum in Richtung zur Peripherie hin. (vgl. Fleischer 1982, 111)

3.1.1. Die Peripherie des phraseologischen Bestandes Zu den Erscheinungen, die sich an der Peripherie des phraseologischen Bestandes befinden, zählt Fleischer Nominationsstereotype, kommunikative Formeln und

- 14 - Phraseoschablonen. In dieser Sphäre werden Sprichwörter und sprichwortähnliche Phänomene wie geflügelte Worte und Sagwort dazugezählt.

3.1.1.2. Nominationsstereotype Bei den Nominationsstereotypen handelt es sich um nichtidiomatische Wortverbindungen. Sie weisen eine hohe Stabilität auf. Sie sind sehr schwierig von den freien Wortverbindungen abzugrenzen und werden vor allem in der Presse und Publizistik verwendet. z.B. öffentliche Meinung, rechts und links

3.1.1.3. Kommunikative Formeln Kommunikative Formeln sind auch als Routineformeln oder Satzidiome bekannt. Es geht um Formeln, die wir in bestimmten Situationen benutzen. Wir können verschiedene Hauptklassen von Routineformeln unterscheiden, wie z.B. Höflichkeitsformeln (Gruß- und Tischformeln), Kommentarformeln (Formeln des Erstaunens, der Zustimmung u a.) oder Schelt- und Fluchformeln, usw. z. B: Ach, du grüne Neune! – als Ausdruck der Überraschung oder Erschreckens z.B.: aufrichtiges Beileid- als Ausdruck der Kondolenz Es gibt 3 große Gruppen: 1. vollidiomatisch (z. B. koste es, was es wolle) 2. teilidiomatisch (z. B. abwarten und Tee trinken) 3. nichtidiomatisch (z. B. die linke Hand kommt vom Herzen)

3.1.1.4 . Funktionsverbgefüge Die Funktionsverbgefüge sind Konstruktionen, die aus zwei Bestandteilen bestehen: aus einem weitgehend bedeutungsentleerten Funktionsverb als Träger der grammatischen Kategorien und einem meist deverbalen oder deadjektivischen Nomen, das Nomen trägt die Hauptbedeutung der Wortverbindung. z.B.: Abschied nehmen (sich verabschieden von jmdm.) eine Frage stellen (fragen)

- 15 -

3.1.1.5. Sprichwörter Sprichwörter drücken Erfahrungen der Menschen aus. Erfahrungen werden verallgemeinert. Sie stellen eigene, oft lehrhafte Kurztexte dar. „Sprichwörter sind neben den phraseologischen Ganzheiten die am besten erforschte Klasse von Phraseologismen.“ (Burger 1982, 134) z.B: Abends wird der Faule fleißig. Lügen haben kurze Beine. Auβer einigen parömiologischen Arbeiten gibt es keine Forschungen zur Frage, wie sich hinsichtlich des Phraseologie- Gebrauchs heutzutage das Verhältnis von Stadt und Land gestaltet. Die Funktionen, die man traditionell dem Sprichwort zugeschrieben hat, sind charakteristisch für einen durchaus konservativen Umgang mit der Sprache. „Bei den Eltern zeigen sich schon stärker idiolektale Differenzen, und erst recht bei den Kindern. In der Generation der Kinder wird nun der Einfluss der Stadt und der anderen genannten antitraditionalistischen Faktoren spürbar. Die junge Generation verwendet seltener Sprichwörter, und offenbar auch nicht mehr diejenigen, die von den Eltern überliefert wurden.“ (Burger 1982, 135)

3.1.1.6. Sagwörter Sagwörter werden auch als Wellerismen bekannt. Das Grundmodell des Sagwortes besteht aus drei Teilen: einem Ausspruch (Sprichwort, Zitat), der Angabe des Sprechers, der den Ausspruch äußert (meist angeschlossen mit „sagte“) und einer Handlung des Sprechers, die eine expressive Beziehung zu dem Ausspruch herstellt. z.B. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß: sagte der Ochse als er gebraten wurde.

- 16 - 3.1.1.7. Geflügelte Worte Es sind Ausdrücke aus literarischen Quellen oder historischen Dokumenten (= Zitate), die eine verallgemeinerte Bedeutung haben. z.B: in vino veritas (Im Wein (liegt/ist) die Wahrheit.) (Alkäos)

3. 2. Morphologisch- syntaktische Klassifikation Die in Frage kommenden Phraseologismen können nach ihrem Verhältnis zu den in Wortklassen geordneten Wörtern gruppiert werden. (vgl. Černyševa 1970, 217). Es ist eine Gruppierung nach gewissen „phraseologischen Wortarten“ (vgl. Häusermann 1977, 56). Die Einordnung der Phraseologismen nach der morphologisch- syntaktischen Klassifikation muss nicht identisch sein mit der Wortart der Komponenten, die als Basiselemente auftreten. Doch spielt die Wortklassenzugehörigkeit der Komponenten eine gewisse Rolle, die abhängig von der syntaktischen Struktur des Phraseologismus ist. Unter Berücksichtigung der Wortart der Komponenten, der möglichen Satzgliedrolle und des morphologischen Paradigmas unterscheiden wir die folgenden Klassen von Phraseologismen:

1) substantivische (nominale)- Phraseolexeme weisen eine substantivische Basiskomponente auf und man kann hier verschiedene Strukturtypen unterscheiden. z.B.: tierischer Ernst (pflichtbewusste, aber humorlose Gesinnung) /adj.Attr. + Sub. z.B.: das Rad der Geschichte (geschichtliche Entwicklung) /Sub. + sub. Attr. im Gen.

2) adjektivische- die adjektivischen Phraseolexeme bilden die kleinste Gruppe der vier Klassifikationstypen. z.B.: frisch gebacken - in einem Amt/einer Lebenssituation neu z. B.: rot wie ein Krebs- ganz rot sein 3) verbale- die verbalen Phraseolexeme stellen die umfangreichste Untergruppe dar. Die Vielfalt der syntaktischen Strukturen ergibt sich aus den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der obligatorischen verbalen Komponente mit unterschiedlich strukturierten Substantiv-, Adjektiv-/Adverbialgruppen und mit der zweiten verbalen Komponente. „Verbale Phraseoloigismen bezeichnen all jene Phraseologismen, die ein idiomatisches, mit dem Phraseologismus untrennbar verbundenes Verb aufweisen.“ (Christiane M. Pabst 2003, 37)

- 17 - Folgende Übersicht ist nach dem Wortklassencharakter der zu der verbalen Komponente tretenden zweiten Basiskomponente und ihrer syntaktischer Struktur geordnet. (vgl. Fleischer 1982, 159– 163).

1) substantivische Basiskomponente z.B. die Karten aufdecken- seine Absichten zu erkennen geben z.B. Nägel mit Köpfen machen- eine Sache ordentlich machen

2) adjektivisch –adverbiale Basiskomponente z.B. sich kaputt lachen- übermäβig lachen z.B. jmdm. schwer im Magen liegen- jmdn. bedrücken

3) zweite verbale Basiskomponente z.B. Bäume ausreissen können- sehr kräftig sein z.B. nicht aus seiner Haut können- seine Eigenart nicht verleugnen können

Im Zusammenhang mit verbalen Phraseolexemen soll auch auf die komparativen Phraseologismen hingewiesen werden, da ein großer Teil von ihnen an ein bestimmtes Verb gebunden ist: z.B. wie am Spieβ schreien- sehr laut schreien. 4) adverbiale- die adverbialen Phraseolexeme sind im Gegensatz zu den adjektivischen Phraseolexemen reicher entwickelt. Auch sie weisen verschiedene syntaktische Strukturen auf. z.B.: von Ort zu Ort (ständig den Ort wechselnd) / Präp. + Sub. +Präp. + Sub.

- 18 - 3.3. Klassifikation der Phraseologismen nach BURGER

Auch der bekannte Phraseologieforscher Harald Burger beschäftigt sich mit der Klassifikation der Phraseologismen. Bei der Gliederung des Gesamtsbereich verwendet er das Kriterium der Zeichenfunktion. Er unterscheidet zwei Hauptgruppen.

1. Basisklassifikation Für eine Teilung des Gesamtbereichs der Phraseologie verwendet Harald Burger das Kriterium der Zeichenfunktion, die die Phraseologismen in der Kommunikation haben. a) Referentielle Phraseologismen- sie beziehen sich auf Objekte, Vorgänge oder Sachverhalte der Wirklichkeit. - nominative (satzgliedwertige):  Idiome (z. B. wie ein begossener Pudel)  Teilidiome (z. B. dumm wie Bohnenstroh)  Kollokationen (z. B. flink wie ein Wiesel)

- propositionale  feste Phrasen (z. B. Das schlägt dem Fass den Boden aus.)  topische Formeln - Sprichwörter (z. B. Morgenstund hat Gold im Mund)  Gemeinplätze (z. B. Was man hat, das hat man.)

b) Strukturelle Phraseologismen- sie haben nur eine Funktion innerhalb der Sprache, nämlich die Funktion, (grammatische) Relationen herzustellen. - präpositionale (z. B. in Bezug auf) - konjunktionale (z. B. sowohl – als auch) - adjektivische (z. B. gang und gäbe) - nominale (z. B. die Schwarze Kunst) - verbale (z. B. aus einer Mücke einen Elefanten machen) - adverbiale (z. B. auf jeden Fall) c) Kommunikative Phraseologismen (Routineformel)- sie haben bestimmte Aufgaben bei der Herstellung, Definition, dem Vollzug und der Beendigung kommunikativer Handlungen. - situationsgebundene (z. B. Guten Morgen)

- 19 - - situationsunabhängige (z. B. ich meine)

2. Spezielle Klassen Die sogenannten speziellen Klassen werden von der Basisklassifikation entweder nicht erfasst oder können gleichzeitig in verschiedenen Klassen auftreten.

 Modellbildungen (z. B. von Stadt zu Stadt)  Zwillingsformeln (z. B. klipp und klar)  komparative Phraseologismen (z. B. frieren wie ein Schneider)  Kinegramme (z. B. die Achseln zucken)  geflügelte Worte (z. B. Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage)  Autorphraseologismen (z. B. auf den Steinen sitzen)  onymische Phraseologismen (z. B. Der Ferne Osten)  phraseologische Termini (z. B. in Konkurs gehen, rechtliches Gehör)  Klischees (z. B. Schritt in die richtige Richtung) (vgl. Burger 2007, 36-49)

- 20 - 4. Paradigmatische Beziehungen der Phraseolexeme Paradigmatische Beziehungen sind Beziehungen der lexikalischen Einheiten innerhalb des Wortschatzes. Phraseolexeme weisen zueinander ähnliche Relationen wie die Einzellexeme im System auf. Dazu gehören phraseologische Synonyme, Antonyme, Sachgruppen und phraseologische Reihen (vgl. Fleischer 1982, 173).

4.1. Phraseologische Reihen Phraseologische Reihen bilden Phraseolexeme mit gemeinsamer Basiskomponente. Aufgrund der Polylexikalität kann ein Phraseolexem entsprechend der Anzahl der Basiskomponenten verschiedenen phraseologischen Reihen zugeordnet werden.

4.2. Phraseologische Synonyme Unter den phraseologischen Synonymen verstehen wir Phraseolexeme, die in den wesentlichen Bedeutungsmerkmalen übereinstimmen, sie können sich auch in den sekundären Bedeutungsmerkmalen in der stilistischen Markierung, in der synktatischen Konstruktionsweise (z.B. Valenz) durchaus unterscheiden. z.B.: Dummheit → ein Brett vor dem Kopf haben, dumm sein wie Bohnenstroh, nicht bis drei zählen können, usw.

4.3. Phraseologische Antonyme Phraseologische Antonyme weisen unterschiedliche syntaktische Strukturen auf. Sie können z.B. durch den Austausch nur einer Komponente unter Beibehaltung des übrigen Bestandes zustandekommen (aufs falsche Pferd setzen - die Entwicklung falsch einschätzen – aufs richtige Pferd setzen- die Entwicklung richtig einschätzen). Antonymisch gegenüberstehen können sich aber auch Phraseolexeme mit völlig unterschiedlichem Komponentenbestand (mit den Wölfen heulen - sich der Mehrheit anschließen, eigene Wege gehen -selbständig, unabhängig handeln).

- 21 -

4.4. Phraseologische Sachgruppen (Kernwortfelder) Die Phraseolexeme kann man auf Grund der Semantik einer ihrer Komponente in phraseologische Sachgruppen einordnen. Als phraseologische Sachgruppe wird ein abgrenzbarer Bereich verstanden, in den die Phraseolexeme eingeordnet werden, deren Basiskomponenten einen gemeinsamen onomasiologischen Bezug aufweisen (vgl. Fleischer 1997, 173). Die umfangreichste und produktivste Gruppe bilden Somatismen, d.h. Phraseolexeme, die einen menschlichen Körperteil als obligatorische Komponente haben: etwas über das Knie brechen- etwas mit den Schwierigkeiten machen. Häufig sind auch Zoomorphismem, d.h. Phraseolexeme, deren Kernkomponente in ihrer wendungsexternen Bedeutung dem lexikalisch-semantischen Feld der Tiere angehört- jmdn. einen Floh ins Ohr setzen – (jmdn. irgendwie zum Nachdenken zwingen).

Weitere phraseologische Sachgruppen bilden z.B.: Phraseologismen mit Farbbezeichnungen: - der rote Faden - der leitende Gedanke, das Grundmotiv Phraseologismen mit Zahlen: - auf allen vieren - auf Händen und Füßen (vgl. Fleischer 1997, 174)

- 22 - 5. Komponentstruktur der Phraseologismen Die Komponenten eines Phraseologismus haben weiterhin wesentliche Merkmale des Wortes. Die festen Komponenten eines Phraseologismus können Autosemantika (Substantive, Adjektive, Adverbien, Numeralia, Verben), auch als „Basiselemente“ bezeichnet, oder es können Synsemantika sein, auch als „Verknüpfungselemente“ bezeichnet werden (Pronomen, Präposition, Artikel, Konjuktion, vgl. Rothkegel 1973, 19). Es können auch mehrere sein, doch Phraseologismen mit mehr als drei Basiselementen sind relativ selten (sofern nicht Konstruktionen mit expliziter Satzstruktur). Vgl. – mit zunehmender Zahl von Basiselementen- die folgenden Reihen: auf Anhieb- sofort, beim ersten Versuch einen heben- Alkohol trinken in sich gehen- bereuen

Unter den substantivischen Phraseologismen überwiegen bei weitem die aus zwei Basiselementen. Einen noch höheren Komplexitätsgrad erreichen- auβer Vergleichen- vor allem noch Konstruktionen mit fester Negation oder mit Pronomina wie alle u. ä.: ein Gesicht machen wie drei Tage Regenwetter- missmutig/ unzufrieden dreinschauen nicht alle Tasse im Schrank haben- nicht recht bei Verstand sein von Tuten und Blasen keine Ahnung haben- nicht das mindeste verstehen

Die Phraseologismen sind als Wortgruppen nichtprädikativen Charakters lexikalisiert, sie werden auch als „nominative Phraseologismen“ unterschieden. Es können substantivische, adjektivische, adverbiale und verbale Gruppen sein und sie übernehmen entsprechende Satzgliedfunktionen. Bei den verbalen Gruppen unterscheiden wir Strukturen mit phraseologisierter synktatischer „Leerstelle“, die lexikalisch variabel ist, von Strukturen ohne solche obligatorische „Leerstelle“: Er öffnete seinem Vater/ dem Lehrer/ allen Freunden die Augen- (jmdm. die Augen öffnen= jmdm. den wahren Sachverhalt zeigen). Im Fall, dass das Subjekt des Satzes, in dem der Phraseologismus eingebaut wird, eine feste Komponente dieses Phraseologismus ist, dann handelt es sich um „festgeprägte prädikative Konstruktionen“. Die synktatisch dominiriende Basiskomponente der phraseologischen Wortgruppenstruktur bezeichnet man als Kernwort: bei verbalen Phraseologismen das Verb (die Augen in die Hand nehmen -ganz genau hinsehen, bei substantivischen Phraseologismen

- 23 - das Substantiv, das durch Attribute näher bestimmt ist (ein offenes Geheimnis). Wenn die synktatisch dominierenden Komponente kein Basiselement ist, sondern ein synsemantisches Wort (vor allem Präposition), dann ist es nicht angebracht, sie als Kernwort zu fassen (mit verschränkten Armen, durch die Bank). (vgl. Fleischer 1982, 83)

5.1. Expressive Konkurrenzformen Eine Hauptfunktion der Phraseolexeme liegt- wie bereits mehrfach angedeutet- in der Expressivitätssteigerung. Die Quellen dieser Expressivität, ihre motivierenden Faktoren, sind vor allem die folgenden: 1) bildlicher Charakter (metaphorische oder metonymische Umdeutung), vgl. den Spieβ umdrehen, der schnelle Hirsch. Doch nicht alle bildlichen Phraseologismen sind in gleicher Weise expressiv, da sich die Expressivität „verschleiβt“. 2) lautlich- rhythmische Eigenschaften der Wortverbindungen (vor allem Wortpaare mit Stab- und Endreim: null und nichtig, toll und voll 3) Wortpaare mit semantischem Doppelungseffekt (Doppelung von Synonymen, Antonymen, Wörtern mit semantisch komplementärem Charakter: hegen und pflegen 4) Isolierungserscheinungen einzelner Komponenten 5) Sonstige Verwendungsbeschränkungen des Phraseologismus: sich blicken lassen- auftauchen, in Erscheinung trennen

Das Expressivitätspotential der Phraseologismen wird also aus verschiedenen Quellen gespeist. Daraus folgen auch Unterschiede in der semantischen Struktur und dem Charakter der sekundären Nomination. Die Expressivität der Phraseolexeme hat eine in hohem Maβe personenbezogene Verwendung zur Folge, besonders gilt dies für die verbalen Phraseolexeme. In hohem Maβe werden Bezeichnungen für menschliche Körperteile und Kleidungsstücke als Basiskomponente in Phraseolexemen verwendet. ( vgl. Fleischer 1982, 165)

- 24 -

6. Phraseologismen und Text Im Zusammenhang mit der Entfaltung der Textlinguistik und der Untersuchung kommunikativ- pragmatischer Aspekte der Sprache wird heute auch die detailliertere Erforschung der Funktion der Phraseologismen in der gesellschaftlichen Kommunikation, werden ihre spezifischen Möglichkeiten, zum Aufbau der Textstruktur beizutragen, als Schwerpunkt der Phraseologieforschung betrachtet. (vgl. Černyševa 1977, 41). Die „textbildenden Potenzen“ der Phraseologismen unterscheiden sich von denjenigen der Einzelwörter. Sie sind angelegt im besonderen Charakter der Phraseologismen als sprachlicher Einheiten und schaffen für die Textgestaltung eigene Möglichkeiten. Zu den wichtigsten Eigenschaften der Phraseologismen, die ihre textbildenden Potenzen bestimmen, gehören die folgenden: 1. syntaktische Struktur als Wortgruppe und daraus sich ergebende potentielle Teilbarkeit, syntaktisch- strukturelle Variabilität 2. semantische Teilbarkeit mit Variationen bis zur semantischen Autonomisierung von Komponenten, zur Derivation neuer Einheiten, 3. „diffuser Charakter“ der Bedeutung eines wesentlichen Teiles der Phraseolexeme 4. reich entwickelte Synonymik innerhalb der Phraseolexeme 5. stark entwickelte Expressivität durch Bildlichkeit und Konnotationen, Möglichkeiten der Expressivitätssteigerung (vgl. Fleischer 1982, 216).

6.1. Spezifische Möglichkeiten der Textkonstruktion Es gibt folgende typische Möglichkeiten expressivitätssteigernder Textkonstruktion: 1. Die „wörtliche“, nichtphraseologische Bedeutung wird aktualisiert. W. Koller spricht von einem „Literalisierungsspiel“ 2. Wiederaufnahme einer Komponente des Phraseologismus ausserhalb der phraseologischen Konstruktion (synonymisch, antonymisch, Wiederholung, semantische Ergänzung)

- 25 - 3. Verknüpfung semantisch inkompatibler Elemente, insbesondere Ersatz der geforderten Personenbezeichnung als Ergänzungsbestimmung zu einem Phraseologismus durch eine Sachbezeichnung (metonymisch) 4. Häufung von Phraseologismen (vgl. Fleischer 1982, 220)

6.2. Pragmatische Funktionen der Phraseologismen Pragmatische Funktionen bedeuten hier die speziellen Wirkungsmöglichkeiten der Phraseologismen zur Unterstützung der Intentionen des Senders. Es hängt von den verschiedenen Faktoren ab, in wieweit diese Möglichkeiten tatsächlich realisiert werden. Die potentiellen Effekte, um die es hier geht, können nicht nur durch Verwendung von Phraseologismen, sondern auch auf andere Weise erreicht werden. Es gibt hier auch Unterschiede zwischen den verschieden Kommunikationsbereichen, funktionalen Stiltypen usw. Für die für den Erfolg einer sprachlichen Handling mitbestimmenden „psychischen Zustände“ der Kommunikationspartner werden sie in nicht geringem Masse durch Phraseologismen sowohl indiziert als auch induziert. Darin liegt eine wesentliche Komponente der pragmatischen Potenz von Phraseologismen, ein wesentlicher Faktor ihrer „Existenzberechtigung“. 1. Die Wahl der entsprechenden phraseologischen Konstruktion kann die soziale Zusammengehörigkeit betonen, einen engeren Kontakt herstellen, eine Atmosphäre der Vertrautheit schaffen. Z. B.: Nun halt mal die Luft an!- Bitte beruhigen Sie sich! 2. Phraseologismen können die emotional betonte Einstellung des Senders zu dem mitgeteilten Sachverhalt indizieren und emotionale Wertungen (positive, negative) auf den Empfänger indirekt übertragen: zweite Lohntüte- den Werktätigen aus den gesellschaftlichen Fonds zufliessende Mittel. 3. Die ironisch getönte Distanzierung oder negative emotionale Wertung greift nicht selten auf Konstruktion zurück, die als „veraltet, veraltend“ markiert sind. Damit wird deutlich, dass sie eben mit dieser Markierung zum Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache gehören. Auch die verschieden

- 26 - Variationen haben vielfach den Effekt distanzierender, kritischer Ironie: „Ich will nicht mit Kanonen auf Gräfin Mariza und die lustige Witwe schiessen…“ 4. Phraseologismen mit dem Bezug auf Situationendes Alltag werden mit der Absicht euphemistischer Wirkung dann eingesetzt, wenn es darum geht, ein bestimmtes abweichendes Verhalten als nicht besonders gravierend darzustellen. Z.B.: sterben: das Zeitliche segnen, Abschied nehmen, daran glauben müssen, den Löffel abgeben… 5. Der Gebrauch von Phraseologismen kann die Wirkung einer Argumentation durch Anschaunlichkeit und Einprägsamkeit, durch emotionale Akzentuierung einer Einsicht unterstützen. Im Unterschied zur „rein denotativen „ Ausdrucksweise kann der konnotierte, bildliche Phraseologismus die Wertung bestimmter Merkmale der bezeichneten Erscheinung verdeutlichen und damit auch Denkanstösse vermitteln. Z. B.: „In der Verwaltung, der Kirche und den Schulen des 17. und 18. Jahrhunderts in Brandenburg- Preussen waren Tausende tätig, die in der Oderstadt einerseits zu ideologischen Stützen des herrschenden Feudalsystems erzogen worden waren, andererseits aber zugleich am Kelch des fortschrittlichen bürgerlichen Denkens genippt hatten und so zu Rädchen im Getriebe bürgerlicher Reformen und Reformansätze wurden. 6. Die Klischeehaftigkeit der Phraseologismen und die außerordentliche Weite in den Möglichkeiten der Anwendung der Bilder als Benennung komplexer Situationen oder Verhaltensweisen führen dazu, dass sie in bequemer Weise auf die verschiedensten Sachverhalte beziehbar sind. Das rationalisiert die Ausdrucksweise in der anspruchslosen Kommunikation des Alltags und darf keineswegs nur negativ beurteilt werden. Z. B.: „Mir wurde spontan klar, was Klassik ist, nämlich alles andere als verstaubt oder gewaltig, das, was Goethe will, geht noch heute unter die Haut.“ (vgl. Fleischer 1982, 223)

- 27 -

6.3. Phraseologismen im künstlerischen Text In den künstlerischen Texten benutzt man alle Möglichkeiten der verschiedenen Gruppen von Phraseologismen für die künstlerische Wirkung, und sie sind auch nur unter dem übergeordneten Gesichtspunkt der ästhetisch- künstlerischen Struktur des Werkes zu beurteilen. 1. Wie andere sprachliche Mittel werden Phraseologismen in der Figurensprache als „Sprachporträt“ zur Personencharakterisierung eingesetzt. Kommunikative Formeln und andere Phraseologismen unterstützen die Nachgestaltung gesprochener Alltagskommunikation. Sie ist in der Regel allerdings künstlerisch verdichtet. 2. Die Variationsmöglichkeiten der Phraseologismen sind in besonderer Weise geeignet, das überkommene „Schema der Benennung“, das „widerspruchslos“ zu übernehmen der Schriftsteller sich sträubt, mit dem Ziele künstlerischer Wirkung umzugestalten. 3. Ein Phraseologismus und das variierende Spiel mit ihm kann als „Hauptmittel der Vertextung“ die künstlerische Gestaltung ganzer Textpassagen bestimmen. 4. Durch das Spiel mit wörtlicher und phraseologischer Bedeutung und kontrastierendes In- Frage- Stellen entsteht der besondere Effekt der folgenden Textpassage. 5. Ein Beispiel für die Integration eines „umgangssprachlich“ markierten Phraseologismus in einen keineswegs diesen Charakter tragenden Text. (vgl. Fleischer 1982, 228-232)

- 28 -

6.4. Phraseologie in Kinderbüchern Kinderbücher zeigen einen besonders bewussten und sorgfältigen Umgang mit Phraseologie. Das erklärt sich daraus, dass Kinderbuchautoren sich darüber Gedanken machen, welche Art von Sprache „kindgerecht“ ist und welche nicht. Die Phraseologie spielt dabei eine kritische Rolle, und die Auffassungen über die Kindgerechtheit phraseologischen Sprachgebrauchs gehen dabei weit auseinander. Die einen Autoren meiden sie geradezu, andere verwenden sie besonders intensiv oder besonders auffällig. Drei Aspekte scheinen mir charakteristisch für diesen Typ von Literatur (wobei ich mich auf Texte für das Vorschulalter und den Schulbeginn beschränke), sofern es sich um Schriftsteller mit hohem Sprachbewusstsein handelt: 1. Die Autoren verwenden Phraseologismen nicht einfach so, wie wenn sie bereits zum selbstverständlichen Sprachbesitz der Kinder gehören würden, sondern sie bemühen sich um Einführung, Einbettung, Erläuterung 2. Sie muten den Kindern durchaus auch schwierigere Verfahren zu, sofern sie sich in den kindlichen Vorstellungsraum einpassen lassen. 3. Sie stellen die Tatsache in Rechnung, dass die Eltern die Aktivität „Kinderbuch- Lesen“ entscheidend mitgestalten, dass die Texte für dieses Alter also immer auch an Erwachsene gerichtet sind. (vgl. Burger 2007, 175)

- 29 -

7. Variation und Modifikation Die Polylexikalität phraseologischer Konstruktionen mit expliziter syntaktischer Struktur und – mehr oder weniger – aktualisierbarer Eigensemantik der Komponenten ist eine wesentliche Voraussetzung ihrer speziellen Möglichkeiten bei der Textstrukturierung. Sie sind eng mit der potentiellen Variabilität verbunden. Die Festigkeit und Variabilität sind komplementäre Kategorien innerhalb der Phraseologie, ihr jeweiliges Verhältnis ist für die einzelnen Phraseologismentypen und für jeden einzelnen Phraseologismus neu zu bestimmen. (vgl. Burger 1982, 66) Nach Burger et al. (1982, 67 ff.) wird heute gewöhnlich unterschieden zwischen usuellen, lexikographisch allerdings nicht immer konsequent kodifizierten Varianten (Variation) und okkasionellen, textgebundenen Modifikationen (Modifikation). Die modifizierende textliche Verwendung von Phraseologismen ist nicht an die usuelle Variabilität gebunden, wenngleich diese die Modifikationsfähigkeit fördert. Sie ist bei verbalen Phraseolexemen (selbst mit unikaler Komponente: ins Hintertreffen geraten/ kommen, kein rechtes/ richtiges Sitzfleisch haben) ausgeprägter als bei substantivischen und adverbialen. Die Modifikation wird durch Eingriffe in die nur relativ „stabile“ interne Struktur des Phraseologismus bewirkt, vorwiegend Substitution und Expansion, Reduktion und Kontamination. Die Verfahren sind an reichem Beispielmaterial v. a. in Belletristik, Presse und Werbung gut belegt und auch in den Effekten beschrieben (vgl. Burger et al. 1982, 68 ff.). „Von der Modifikation unterscheidet man die Ambiguierung. Die Ambiguierung bedeutet, dass mit der phraseologischen Gesamtbedeutung gleichzeitig eine konstruktionsexterne Bedeutung einzelner Komponenten oder auch eine nichtphraseologische Bedeutung der ganzen Konstruktion aktualisiert wird. Dazu kommt es nicht so sehr durch Veränderungen innerhalb des Phraseologismus als vielmehr durch entsprechende Gestaltung der wendungsexternen Textstruktur. Als „Grenzfall von Modifikation“ bezeichnet man die „metasprachliche Kommentierung“ von Phraseologismen.“ (Burger et al. 1982, 89) –es handelt sich um ein Verfahren, das „Phraseologische“ des Phraseologismus bewusst zu machen.

- 30 -

Wolfgang Fleischer (1994, 209) unterscheidet die Variation in dreierlei Hinsicht: 1. Die erste Möglichkeit besteht in der morphologischen und teilweise auch syntaktischen Veränderung einzelner Komponenten. Die Varianten verändern weder die Bedeutung noch die stilistische Markiertheit der Konstruktion. Sie sind immer auf einzelne, ganz bestimmte Phraseologismen beschränkt und keineswegs auf andere übertragbar. Für Variationen der oben angeführten Art wird der Ausdruck phraseologische (Struktur-) Variante verwendet. Beispiele: etwas ist gehupft / gehüpft wie gesprungen (Lautstruktur) seine Hand / Hände im Spiel haben (Numerus) kein Haar / Härchen krümmen (Diminutiv) sich etwas an den (fünf) Fingern abzählen (fakultativer Charakter der zum Komponentenbestand des Phraseologismus gehörenden Expandierungselemente)

2. Die zweite Möglichkeit besteht in einem Austausch einzelner lexikalischen Komponenten des Phraseologismus. Auf diese Weise entstehen in der Regel entweder phraseologische Synonyme (auf den Arm / die Schippe nehmen), so dass es sich auch um eine Art der phraseologischen Derivation handelt (böhmische/ arabische/ spanische Dörfer), oder es entstehen phraseologische Antonyme (mit dem/ gegen den Strom schwimmen). In diesen Fällen sind mit der Veränderung meist Differenzierungen in der Bedeutung, der Konnotation oder in anderer Hinsicht verbunden. Deshalb ist hier besser von variierten Phraseologismen oder phraseologischen Variationen zu sprechen. Der Austausch einer lexikalischen Komponente kann okkasionell, textgebunden bleiben und erhöht dann infolge des Kontrastes zwischen dem als Bezugspunkt dienenden usuellen Strukturschema und der unerwarteten okkasionellen Variation noch die Expressivität.

3. Die letzte Möglichkeit besteht nach Fleischer in der Erweiterung oder Reduktion des Komponentenbestandes. Wenn die Reduktion zur Verselbständigung einer Komponentengruppe führt, dann handelt es sich um phraseologische Derivation, wenn aber eine einzelne Komponente als Wort autonomisiert wird, dann geht es unter Umständen um dephraseologische Derivation. Im Unterschied zu den unter 1) behandelten phraseologischen (Struktur-)Varianten ist auch hier von variierten Phraseologismen zu sprechen. Beispiel: es geht mit jemandem [rapide] abwärts (vgl. Fleischer 1982, 70-73)

- 31 -

8. Stilistische Aspekte der Phraseologie

Mit den stilistischen Aspekten der Idiome befasst sich die Phraseostilistik. Bei der stilistischen Beurteilung der Idiome werden ihre unterschiedlichen Konnotationen reflektiert. Die Konnotierung der Phraseme ergibt sich daraus, dass sie an gewisse Stilschichten gebunden und mit verschiedenen stilistischen Markierungen (Stilfärbungen) verbunden sind, wodurch besondere Affektivität, Emotionalität und Expressivität hervorgerufen werden. (vgl. Fleischer 1997, 198).

8.1. Stilistische Merkmale der Phraseologismen

Zu den weiteren Eigenschaften der Phraseologismen gehören die Konnotation, Bildlichkeit und Bildhaftigkeit und Expresivität. Man kann sie nicht als grundlegende Merkmale für die Bestimmung der Phraseologizität einer Wortverbindung betrachten, aber sie sind wichtig für weitere Untersuchungen.

8.1.1. Konnotation

Unter dem Begriff Konnotation werden zusätzliche Elemente der „an ein Zeichen gebundenen Bewusstseinhalte“ verstanden, die nicht Merkmale des bezeichneten Gegenstandes widerspiegeln, sondern entweder die emotional betonte Einstellung des Zeichenbenutzers zum benannten Gegenstand als „indirekte“ Information mitliefern oder die „Einordnung des betreffenden Zeichens in ein Normensystem der sozialen Verwendungsweise sprachlicher Mittel kennzeichnen. (vgl. Vieweger 1977, 101) Sinnliche Vorstellungen und Emotionen spielen bei all dem eine große Rolle und gehen mit der Konnotation einher. Sie können das Ausgedrückte lebendig, interessant, anschaulich und einprägsam machen, woraus besonders persuasive Texte ihren Vorteil ziehen können. Konnotation kann betreffen: a) die emotionale Ebene des Phrasemgebrauchs (Stilfärbungen) b) die kommunikative Ebene des Phrasemgebrauchs c) die Funktions- und Sozialbereiche d) die zeitliche und räumliche Zuordnung

- 32 - ad a) Zu den emotionalen Konnotationen gehören: positiv: „jmdn. auf Händen tragen“ - „jmdn., dem man zugetan ist, sehr verwöhnen, alles für ihn tun“ „auf den grünen Zweig kommen“ - „einen Erfolg haben; es zu etwas bringen“ scherzhaft: „am Busen der Natur ausruhen“ - „in der Natur, im Freien“

ironisch: „da blieb kein Auge trocken“ - „alle weinen vor Rührung“ verhüllend (euphemistisch): „über den Jordan gehen“ - „sterben; sein Leben bei etw. verlieren“

abwertend, negativ: „jmdm. aus etw. einen Strick drehen“ - „jmds. Äußerung oder Handlung so auslegen, dass sie ihm schadet“

ad b) Es gibt folgende Stilebenen: gehoben: „den bitteren Kelch bis zur Neige leeren müssen“ - „alles Erdenkliche an Not und Leiden erdulden (müssen)“ „von seiner Arbeit Hände leben“ - „sich seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit verdienen“ offiziel: „etw. ad acta legen“ - „eine (lästige) Sache, Angelegenheit als erledigt betrachten; über etw. nicht mehr sprechen, verhandeln“ umgangssprachlich: „Wind von etw. bekommen“ - „von etw., was eigentlich unbemerkt bleiben, nicht bekannt werden sollte, auf irgendeine Weise doch Kenntnis erhalten“

salopp: „einen in der Krone haben“ - „betrunken sein“ vulgär, derb: „jmdm. die Fresse pollieren“ - „jmdm. heftig ins Gesicht schlagen“

Die einzelnen Komponenten, die zu einer Stilebene gehören, können einen Phraseologismus bilden, der in eine andere Stilebene eingereiht wird: 4. Komponenten sind ohne Konnotation, normalsprachlich, der Phraseologismus ist dagegen salopp: „den Löffel abgeben“ – „sterben“

- 33 - 2. Eine Komponente ist salopp, der ganze Phraseologismus ist auch salopp: „ein ungewaschenes Maul haben“ - „ein schändliches Mundwerk“ 3. Komponenten sind ohne Konnotation, normalsprachlich, der Phraseologismus ist gehoben: „die Stirn zu etwas haben“ – „die Frechtheit haben“ ad c) Man kann unter folgenden Bereichen unterscheiden: Gerichtswesen: „von Tisch und Bett getrennt sein“ - „nicht mehr in ehrlicher Gemeinschaft leben“ Administration: „zu jmds., einer Lasten gehen“ - „von jmdm., von etw. verschuldet, verursacht worden sein; von jmdm. zu verantworten sein“ „höheren Ortes entschieden werden“ - „bei einer höheren (Dienst)stelle“ Militär: „die fünfte Kolonne“ - „politische Gruppe, die im Krieg oder Ä. mit dem Gegner des eigenen Landes zusammenarbeitet“

Medizin: „eiserne Lunge“ - „Gerät zur künstlichen Beatmung bei Atemlähmung, das durch Druckeinwirkung die Lunge in Tätigkeit hält“ „ans Bett gefesselt sein“ - „wegen schwerer Krankheit oder Ä. das Bett nicht verlassen können“ Sport: „die gelbe Karte“ - „Karte in gelber Farbe, die vom Schiedsrichter nach einem Foul als optisches Zeichen für die Verwarnung eines Spielers in die Höhe gehalten wird“ „ein Eigentor schießen“ - „etw. tun, womit man sich selbst schadet“ In bestimmten sozialen Gruppen werden auch bestimmte Phraseologismen benutzt: Bildung: „wie ein Damokles Schwert über jmdm. schweben / hängen“ - „deutlich erkennbare, vorhandene Gefahr, von der jmd. jeden Augenblick die Vernichtung oder Ä. gewärtigen muss“

Familie: „ein Bäuerchen machen“ - „(von Säuglingen) aufstoßen“ Jugend: „Null Bock haben“ - „keine Lust haben“

ad d) Die Zeitgebundenheit: Die Phraseologismen, die schon veraltet sind, werden als Archaismen bezeichnet, z.B.:

- 34 - „die Becher schwingen“ - „fröhlich zechen“ „von der Wiege bis zur Bahre“ - „das ganze Leben hindurch“ Die Regionalität Für verschiedene Gebiete und Länder sind bestimmte phraseologische Ausdrücke charakteristisch und nur dort werden sie benutzt, z.B.: berlinisch: „etw. aus Daffke tun“ - „etw. aus Trotz tun; nur zum Spaß“ ostmitteldeutsch: „auf der Plauze liegen“ - „krank sein“ (vgl. Fleischer, 1997, S. 206)

8.1.2. Bildlichkeit und Bildhaftigkeit Bildhaftigkeit und der Bildlichkeit sind weitere Schwerpunkte der Phraseostilistik, die auch mit der Konnotation eng verbunden sind. Die Idiome treten meistens als sprachliche Bilder auf (rhetorische Tropen und Stilfiguren) und können verschiedene Konnotierungen aufweisen. Auf Grund der ihnen zugrunde liegenden semantischen Übertragungsprozesse stellen die Idiome sprachliche Bilder dar. In der Stilistik wird zwischen Tropen (Vergleich, Metapher, Metonymie, Hyperbel, Synekdoche usw.) und syntaktischen Figuren (Oxymoron, Antithese usw.) unterschieden. In der (Phraseo)Stilistik unterscheidet man zwischen Bildhaftigkeit und Bildlichkeit. Als bildhaft bezeichnet man anschauliche, sinnfällige Wendungen, die konkrete viseulle, taktile, olfaktorische oder auditive Vorstellungen hervorrufen. Bildlich sind die Idiome dann, wenn ihnen die metaphorischen, metonymischen u a. Prozesse zugrunde liegen. Bei einigen Idiomen treten beide Merkmale hervor, z.B. „Öl ins Feuer gießen“ (einen Streit noch verschärfen) ist auf Grund des visuell-konkreten Vorganges bildhaft/anschaulich und auf Grund der metaphorischen Übertragung bildlich. (vgl. Malá 2003, 3)

- 35 - Bildlichkeit im Text Die Formen sprachlicher Bildlichkeit gehören zu den wichtigsten Stilmitteln und stellen somit eine häufig genutzte stilistische Methode dar. Mit Hilfe von sprachlichen Bildern kann sich der Autor plastisch und anschaulich ausdrücken und dem Leser somit erleichtern, sich bestimmte Sachen vorzustellen und ihn gegebenfalls auch emotional anzusprechen. Sprachliche Bilder können in verschiedenen Texten unterschiedliche stilistische Funktionen besitzen. „Während sie in Sachtexten lediglich der Verdeutlichung von Sachverhalten dienen und hier nur in begrenztem Maße eingesetzt werden sollen, um die sachliche Information nicht zu verdrängen, spielen sie in literarischen Texten, wo sie zum Aufbau fiktiver Wirklichkeiten beitragen, eine große Rolle.“(Slowinski 1999, 125) Als sprachliche Bilder werden sowohl Einzelwörter, als auch Wendungen, Sätze und größere Einheiten betrachtet. Vergleiche gehören zu den einfachsten und möglicherweise ältesten Formen sprachlicher Verdeutlichung in Bildern. Sie erscheinen in der großen Menge in literarischen Texten.

8.1.3. Expressivität

Eine weitere Eigenschaft vieler Phraseologismen, auf der ihre kommunikative Potenz beruht, ist ihre Expressivität, der eine hohe Einprägsamkeit, Anschaulichkeit und Ausdruckskraft zugeschrieben wird. Sie zeigt sich in der Intensivierung und Steigerung des ausgedrückten Aussagegehalts. So können Phraseologismen dank ihres bildlichen Charakters oft mehr aussagen als ihre abstrakten lexematischen Entsprechungen. Vor allem verbale Phraseologismen sind aufgrund ihrer Struktur besonders geeignet für die Steigerung von Anschaulichkeit und Expressivität.

Mit der Expressivität hängt die Konnotation eng zusammen. Man kann also sagen, dass bei der Expressivität eines Ausdruckes eine umgangssprachliche oder saloppe Konnotation vorliegt. So findet man in den Nachschlagwerken Hinweise zur Anwendbarkeit von Phraseologismen (gehoben, umgangssprachlich, vulgär usw.). Die stilistische Markierung hängt auch mit der Konnotation und der emotionalen Bewertung des Phraseologismus zusammen. Expressiv können Phraseologismen auch dann wirken, wenn mit ihrem Gebrauch die durch die Textsorte vorgegebene Stilebene bewußt durchgebrochen wird. Die expressiven Ausdrücke werden sehr oft von Rednern, Werbeleuten oder auch Schriftstellern benutzt, die

- 36 - mit ihren Worten eine besondere Wirkung beim Zuhörer oder Leser hervorrufen wollen. (vgl. Fleischer 1982: 182f., Burger 2003: 78ff.)

9. Komparative Phraseologismen – Vergleiche Die so genannten festgeprägten prädikativen Konstruktionen, die komparativen Phraseologismen und die phraseologischen Wortpaare bedeuten besondere Strukturtypen von Phraseologismen, wobei alle genannten Typen eine besondere Phraseologisierungsaffinität aufweisen. Die komparativen Phraseologismen werden zunächst durch eine besondere semantische Beziehung konstituiert. Sie werden als Vergleich an ein freies Element des Satzes fest angeschlossen. Insofern liegt ihnen ein strukturell-semantisches Modell zugrunde; unterschiedliche lexikalische Ausfüllung der Struktur ist stets als Vergleichsbeziehung aufzufassen. „Im Mikrosystem der komparativen Phraseologie findet in modellierter Form eine Grundoperation des Verstandes Ausdruck: der Vergleich. Die Operation des Vergleichs liegt jeder Vergleichskonstruktion, insbesondere aber den festgewordenen phraseologischen Vergleichskonstruktionen zu Grunde.“ (Glazyrin 1972, 50) „Vergleiche können mehr oder weniger idiomatisch sein, insofern das tertium comparationis mehr oder weniger durchschaubar ist. Bei saufen wie ein Loch oder schweigen wie das Grab ist der Vergleich voll einsichtig, während in frieren wie ein Zauberer oder frieren wie ein Schneekönig das tertium comparationis nicht erkennbar ist.“ (H. Burger 1982, 35) Burger (2007) nennt die Terminologien, die ihm sinnvoll erscheinen am Beispiel: jmd. ist flink wie ein Wiesel: Jmd.(primum)+flink(tertium comparationis)+ Wiesel(secundum) Hinzu kommen das Vergleichssignal (meist wie) und ein Element, das die Gleichsetzung von primum und secundum leistet (im Deutschen meist die Kopula sein). (vgl.Burger 2007, 46) Durch die Untersuchung von komparativen Phraseologismen lässt sich in besonders deutlicher Weise die Kulturspezifik von Phraseologie demonstrieren. I. I. Černyševa bezeichnet die komparativen Phraseologismen (wie auch die Wortpaare) als „phraseologische Einheiten mit expliziten strukturellen Merkmalen“. Die syntaktische Rolle im Satz ist in der Regel die einer Adverbialbestimmung oder eines Attributs.

- 37 - „Die Phraseolexeme mit Vergleichspartikel sind aufgrund derselben, die in jedem Fall das Auslösersignal für das Signalwort gibt, für den Rezipienten ohne große Schwierigkeiten zu dekodieren. Aufgrund der markanten Vergleichspartikel kann sowohl die Dekodierung als auch die Deschiffrierung leichter erfolgen. Die Dekodierung wird bei verbalen Phraseolexemen mit Vergleichspartikel nämlich durch die Vergleichspartikel „wie“ selbst eingeleitet.“ (Ch. M. Pabst 2003, 92) Nach W. Fleischer (1982, 108) lassen sich mehrere syntaktische Grundstrukturen unterscheiden, von denen in seiner Arbeit die wichtigsten angeführt werde. - Anschluss des Vergleichs an ein Verb oder Adjektiv/Adverb durch wie + Substantiv (einfach oder erweitert): einschlagen wie eine Bombe schreien wie am Spieß aussehen wie eine gebadete Maus gesund wie ein Fisch im Wasser

- Anschluss des Vergleichs an ein Verb oder Adjektiv/Adverb durch wie + Partizip (auch erweitert): aussehen wie geleckt schreien wie gestochen sich fühlen wie gerädert kommen wie gerufen aussehen wie geschniegelt und gebügelt sich fühlen wie vor den Kopf geschlagen antworten wie aus der Pistole geschossen aufspringen wie von der Tarantel gestochen u. a.

- Anschluss an ein Verb oder Adjektiv/Adverb durch wie + Satz: jemand ist so frech, wie er lang ist jemand redet, wie er es versteht jemand redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist usw.

- Anschluss an ein Substantiv durch wie (sehr selten): ein Kerl wie ein Baum, ein Mensch wie du und ich

- 38 -

-Anschluss vorwiegend an Verb oder Adjektiv/Adverb durch andere Strukturen als wie: so still, dass man eine Stecknadel zu Boden/ zu Erde fallen hören könnte lügen, dass sich die Balken biegen jemand tut, als hätte er die Weisheit mit Löffeln gefressen jemand macht ein Gesicht, als hätten ihm die Hühner die Butter vom Brote gefressen, es ist, um auf die Bäume zu klettern

Die Bindung des festen Vergleichs an das Bezugswort ist von unterschiedlicher Stabilität. Neben Konstruktionen mit nahezu einmaliger Verbindung (schreien wie gestochen) stehen solche mit der Entwicklung ganzer Serien von Vergeichsbildungen zu einem Ausgangsbegriff oder- allerdings seltener- mit Bezugnahme der gleichen Vergleichskonstruktion auf verschiedene Ausgangsbegriffe.

Danach wird zum Beispiel auf das Adjektiv falsch bezogen der Vergleich mit Katze, Schlange, Hund, Fuchs, Rabe, Spinne, Kröte, Kaninchen, Hamster u.a., ferner auf Judas, Hexe, Teufel u. a., schlieβlich auf Gift, Nacht, Sünde, Geld u.a. das Adjektiv blau „betrunken“ wird kombiniert mit Vergleichen wie: Frostbeule, Haubitze, Veilchen, ein Ritter u.a. (Vgl. Küpper 1963. I,104f.) Die immer neuen Vergleiche, die der Volksmund findet, haben in den genannten Fällen die Funktion expressiver Verstärkung des Ausgangsbegriffes, die für die komparativen Phraseologismen insgesamt charakteristisch ist. „Für die kontrastive Linguistik und Ethnologie sind die phraseologischen Vergleiche aufschlussreich, weil sie Übereinstimmungen und Divergenzen in den Symbolfeldern der Kulturen erkennen lassen. (Z. B. welche auf den Menschen übertragbaren Eigenschaften werden den Tieren zugeschrieben? Vgl. dt. dumm wie ein Esel, stark wie ein Bär…)“ (Burger 1982, 36) Phraseologismen haben aber mehr Funktionen. Sie können in anderen Serien den Ausgangsbegriff durchaus in verschiedenster Weise semantisch differenzieren: Dastehen wie versteinert - wie ein begossener Pudel - wie eine Eins Aussehen wie Milch und Blut - wie drei tage Regenwetter

- 39 - - wie eine gebadete Maus

Ob bloße expressive Verstärkung oder zusätzliche semantische Nuancierung, hängt von der semantischen Qualität des Ausgangswortes/-begriffes ab. Um expressive Verstärkung handelt es sich vorwiegend bei adjektivischem Bezugswort, bei verbalem sind beide Funktionen möglich. Wörter für Begriffe, die eng mit Emotionen verbunden sind, eignen sich besonders gut zur Verwendung in expressiv- verstärkenden Vergleichskonstruktionen. Es kommt dann- gerade umgekehrt wie in den unter genannten Fällen- zu unterschiedlichen Bezugsbegriffen für ein und dasselbe Vergleichswort: schön wie die Sünde faul wie die Sünde falsch wie die Sünde treu wie ein Hund frieren wie ein Hund leben wie ein Hund

Die sich dabei entwickelnden konnotativen Reihen folgen nicht selten assoziativen Analogien, und es muss keine begrifflich- semantisch nachvollziehbare Motivation in der Kombination zwischen Ausgangsbegriff und Vergleich gegeben sein, vgl. z. B. frech wie Oskar, müde wie ein Hund. Komparative Phraseologismen können auch aus anderen Typs- gewissermaßen tertiär, wenn Phraseologismen an sich bereits Sekundärbildungen darstellen- gebildet werden. Anders gesagt: Phraseologismen können in die Vergleichsstruktur umgebildet werden. Nicht immer kann man entscheiden, ob vielleicht nicht auch der komparative Phraseologismus die Ausgangsstruktur darstellt, aus der der nichtkomparative abgeleitet wurde: jemand kann kein Wässerchen trüben die Weisheit mit Löffeln gefressen haben das Pulver nicht erfunden haben (vgl. Fleischer 1994, 132) Komparative Phraseologismen können in der Funktion einer indirekten Verneinung gebraucht werden: Er schwimmt wie eine bleierne Ente. - er schwimmt nicht Er versteht soviel davon, wie der Hahn vom Eierlegen. - er versteht nichts davon (vgl. Burger 1982, 37)

- 40 -

9.1. Okkasionelle Vergleiche

Okkasionelle Vergleiche und okkasionelle Phraseologismen allgemein sind originelle, individuelle oder textgebundene, expressive und kreative Wortverbindungen, die für den Leser interessanter, attraktiver und amüsanter als die gewöhnlichen, gut bekannten Vergleiche sind. Sie erscheinen sehr oft in der Presse, in der Werbung und auch in der Belletristik. Okkasionelle Vergleiche kommen in Romanen sehr häufig vor und bilden den größten Teil aller komparativen Phraseologismen. Okkasionalismen werden oft mit Neologismen verwechselt. „Bei den Neologismen handelt es sich um noch nicht geläufige (also gelegentliche, okkasionelle Neubildungen (auch Neuprägunen) aus vorhandenen Wortelementen oder Neubedeutungen bisheriger Wörter) oder um bisher nicht geläufige Metapherbildungen.“(vgl. Fleischer 1982, 70) Er stellt eine sprachliche Neubildung dar, die in einem bestimmten Zeitraum in einer Sprachgemeinschaft aufkommt und sich verbreitet und dann in den allgemeinen Wortschatz übergeht und schließlich im Wörterbuch oder Lexikon gespeichert wird. Im Unterschied dazu gibt es die Okkasionalismen, auch Gelegenheitsbildungen, Augenblicksbildungen oder auch Ad-hoc-Bildungen, die erstmalig oder nur einmalig in einem Text verwendet werden. Bei solchen Wortbildungen weißt man nicht, ob sie sich durchsetzen und sich in Richtung Lexikalisierung weiterentwickeln, oder ob sie auf die Verwendung in einem bestimmten Text oder Kontext beschränkt bleiben. Okkasionalismen werden also, obwohl sie natürlich im Moment ihrer Entstehung und Verwendung Neuwörter sind, nicht als Neologismen betrachtet. Dazu fehlt ihnen die lexikographische Erfassung und Speicherung in Wörterbüchern. Der Ausdruck „okkasionelle Phraseologismen“ lässt sich wenigstens in dreierlei Weise anwenden: 1) Einerseits werden darunter individuelle oder textgebundene Variationen vorhandener Phraseologismen verstanden. Die Variation erfolgt im Rahmen einer strukturell- semantischen Invariante (vertreten im Lexikon durch einen Phraseologismus oder auch mehrere gleichgeartete), vgl. die Variation von böhmische Dörfer – „unverständliche Dinge“ zu ägyptische, spanische Dörfer u. ä.

- 41 - 2) Andererseits können okkasionelle Phraseologismen auch so entstehen, dass ein charakteristisches phraseologisierbares Strukturmodell (Wortpaare, angeschlossene Vergleichskonstruktionen) individuell mit ungewöhnlichem lexikalischem Material „gefüllt“ wird. Man vgl. die von W. Schade zusammengetragenen „komparativen Konstruktionen“ - „brachliegen wie ein Wittwenbett“ - „riechen wie eine tote Maus unterm Vertiko“ - „zusammenfallen wie ein schlecht gegangener Backpulverteig“. In allen drei Beispielen ist die Funktion der Konstruktionen die der bildlichen oder bildhaft- anschaulichen Expressivität. 3) Der Begriff „Autorphraseologismus“ ist auch sehr wichtig. Dieses Phänomen ist besonders für literarische Texte von Bedeutung. Autorphraseologismen müssen weder Variationen vorhandener Phraseologismen darstellen, noch durch eine charakteristische Struktur (wie oben unter 2)) gekennzeichnet sein. Sie entwickeln sich entweder mit der Entfaltung des Werkes zum Phraseologismus, oder werden gleich zu Beginn als Phraseologismus „eingeführt“. Auf jeden Fall muss der Autor den Leser zur Rezeption der Konstruktion als Phraseologismus „hinführen“, da er nicht im allgemeinen Wortschatz „vorhanden“ ist. In gewisser Weise handelt es sich um einen Parallelfall zur Bildung ungewöhnlicher Komposita oder Derivate, deren Verständnis ebenfalls durch die Textstruktur zu sichern ist. (vgl. Feischer 1982, 71)

- 42 - 9.2. Komponenten des Vergleichs

9.2.1. Formale Struktur „Der Vergleich besteht aus zwei Komponenten, die fest sein müssen, um von einem komparativen Phraseologismus sprechen zu können.“ (Glazyrin 1972, 63) Die beiden Glieder eines einfachen, nicht erweiterten Vergleichs, d.h. seine Komponenten – oder auch Konstituenten – auf der linken und auf der rechten Seite von dem formalen Zeichen (comparator), werden durch die vier autosemantischen Wortarten realisiert – durch Substantive, Adjektive, Verben oder Adverbien. Man kann sie als „Basiselemente“ bezeichnen. In der Praxis ist aber ihr Vorkommen ungleichmäßig. Auf der linken Seite des Vergleichs treffen wir geläufig nur auf das Verb oder das Adjektiv: trinken wie ein Loch einschlagen wie eine Bombe dastehen wie ein begossener Pudel aussehen wie eine gebadete Maus leicht wie eine Feder gesund wie ein Fisch im Wasser dumm wie Bohnenstroh

Das Substantiv oder besonders das Adverb stehen hier nur selten: ein Mensch wie du und ich Zustände wie im alten Rom schnell wie der Blitz Auf der rechten Seite der vergleichenden Struktur, d.h. hinter wie, als, als ob u. a. (comparator), stehen die gleichen vier autosemantischen Wortarten wie auf der linken Seite. Sie unterscheiden sich aber von den linken Komponenten durch ihre Distribution. Die rechte Seite des Vergleichs ist in den meisten Fällen auf dem Substantiv oder auf dem substantivierten Adjektiv aufgebaut: - treu wie ein Hund (sein) - falsch wie ein Kaninchen (sein) - stark wie ein Bär(sein) Adjektive erscheinen nur wenig; verbum finitum wird hier überhaupt am wenigsten benutzt.

- 43 -

9.2.2. Semantische Struktur Die allgemeine Struktur in semantischer Hinsicht sieht so aus: (cd) – r – (tc) – c – ct. Cd bedeutet ”comparandum” (der Referent). Der Referent wird erst durch den Kontext ergänzt und vervollständigt. Er ist ein aktualisierter Nominalausdruck, auf den sich der ganze eigene Vergleich als das spezifizierende und referierende Prädikat bezieht. R ist die Abkürzung für ”relator” (das Relationselement). Gewöhnlich wird dieses Relationselement verbal ausgedrückt und ist die eigene erste gefestigte – oder stabilisierte – Komponente der linken Seite. Tc bedeutet ”tertium comparationis”. Es ist ein gemeinsames Merkmal, ein Zug, eine Qualität oder auch ein Aspekt, der nur manchmal explizit festgelegt und lexikalisch ausgedrückt wird. Er bezieht sich sowohl auf ”comparandum” als auch auf ”comparator”, auf dessen Grund zwischen den beiden eine eigene Ähnlichkeitsbeziehung entsteht. C nennt man ”comparator” und bedeutet das formale Merkmal oder Zeichen des Vergleichs, das allgemein die Beziehung zwischen ”comparandum” und ”comparatum” ausdrückt (üblich wie, als, als ob). Ct heisst ”comparatum”; es ist das generalisierte Modell, semantisch immer nur eine Komponente der rechten Seite des Ausdrucks und der eigene Kern des Vergleichs, der zur Verdeutlichung, Aktualisierung von ”comparandum” dient. Folgende Beispiele identifizieren besser die einzelnen Komponenten: der Nachbar (cd) sieht aus (r) als (c) wäre er dem Tod von der Schüppe/ Schippe gesprungen (ct) der alte Mann (cd) ist (r) dick (tc) wie (c) ein Fass (ct) die Sache (cd) ist (r) klar (tc) wie (c) der Tag (ct). (vgl. Burger 1982, 40)

- 44 - 9.2.3. Klassifikation nach dem Gebrauch Nach diesem Kriterium kann man die Vergleiche in folgende Typen einteilen: Wie-Vergleiche mit Tieren – diese bilden die Mehrheit aller komparativen Phraseologismen. In diesem Typ werden meistens die Adjektive, die die bestimmten Eigenschaften, oder die Verben, die die bestimmten Tätigkeiten und Zustände beschreiben, benutzt. Diese Vergleiche werden sowohl positiv als auch negativ konnotiert („schlau wie ein Fuchs“, „schmeicheln wie eine Katze“). Wie-Vergleiche mit Natur und Naturerscheinungen – in diese Gruppe gehören auch z.B. Blumen, Bäume, Steine, Naturphänomene oder auch physikalische Phänomene. Vergleiche dieser Klasse können auch bestimmte Eigenschaften und Tätigkeiten der vergleichenden Elemente ausdrücken („schwarz wie die Nacht sein“, „kalt wie ein Marmor“). Wie-Vergleiche mit Gegenständen – auch hier handelt es sich meistens um verschiedene Eigenschaften und Tätigkeiten, die eine Beziehung zu den Gegenständen ausdrücken. Sehr oft geht es um Sachen, die wir im alltäglichen Leben verwenden („schweigen wie ein Grab“, „gerade stehen wie eine Kerze“). Wie-Vergleiche mit Menschen – in diese Gruppe rechne ich unter anderem auch Berufe, Märchengestalten, Adelige, Bezeichnungen für Verrückte usw. („leben wie eine Nonne“, „sich wie neugeboren fühlen“). Wie-Vergleiche mit Körperteilen – zu dieser Gruppe kann man auch menschliche Organe (wie Lunge, Herz usw.), aber auch Haare und auch Krankheiten, die mit den menschlichen Organen zusammenhängen, rechnen. Es gibt aber nur wenige Beispiele zu Vergleichen dieses Typs („jmdm. wie aus dem Gesicht geschnitten sein“). Sondergruppe der Wie-Vergleiche – diese Gruppe bilden Vergleiche, die z.B. aus zwei oder mehreren Eigenschaften oder Tätigkeiten bestehen. Es handelt sich um Verbindungen von Adjektiven, Adverbien mit dem Partizip („wie ausgewechselt sein“, „dastehen wie versteinert“ usw.).

- 45 - 10. Publizistik und Belletristik

In meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit der Problematik der komparativen Phraseologismen und versuche die Vergleiche in der Publizistik und in der Belletristik in der tschechischen und in der deutschen Sprache zu vergleichen. Als Beispiele der Publizistik wählte ich mir das tschechische Wochenmagazin Respekt und das deutsche Wochenmagazin Stern aus, in denen ich meine Aufmerksamkeit auf die Rubrik Kultur richte. Zuerst stelle ich kurz den Begriff die Publizistik und Kultur vor, dann ich charakterisiere kurz die einzelnen Wochenmagazine. Dann beschäftige ich mich mit der Belletristik, zuerst auch mit der Erklärung des Begriffs, dann mehr mit der Kinderliteratur, weil ich mir aus der Belletristik das Werk der Kinderliteratur Emil und die Detektive auswählte. Ich stelle den Autor des Buches Erich Kästner sowie auch den kurzen Inhalt des Romans vor. Der Begriff Publizistik stammt aus dem Lateinischen und bedeutet das Publikationswesen im Bereich der Massenkommunikation sowie die dazugehörenden Medien. (vgl. www. wikipedia.de). Der Begriff Kultur hat viele verschiedene mögliche Erklärungen, aber in meiner Arbeit beschäftige ich mich mit der Kultur als einer Rubrik in der Wochenzeitung. Die Rubrik Kultur behandelt Themen aus Literatur, Filme, TV, Musik, Ausstellungen, Bücher, Fotographie und andere. (vgl. www. wikipedia.de)

- 46 - 10.1. Respekt

Respekt ist eine Wochenzeitung, die in der Tschechischen Republik erscheint, die die Schwerpunkte in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur hat. Respekt ist ein liberales Blatt. 2005 wurde Respekt vom Tschechischen Verlegerverband (tschechisch: Unie vydavatelů) zur Wochenzeitung des Jahres gewählt. Die Titelseite von Respekt ist bekannt für die künstlerisch anspruchsvolle Gestaltung.

Respekt wurde sehr bald nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei durch Dissidenten als eine der ersten unabhängigen Zeitungen gegründet und hieß zunächst Informační servis Občanského Fóra (Deutsch: Informationsservice des Bürgerforums). Seit 1990 trägt die Zeitung ihren derzeitigen Namen. Einige Verantwortliche und Mitarbeiter von Respekt machten später politische Karriere, wie zum Beispiel der langjährige tschechische Innenminister Jan Ruml. Im Juni 2006 wurde Zdeněk Bakala neuer Investor und setzte als neuen Direktor Miloš Čermák ein. Redaktionsmitglieder waren mit dieser Entscheidung unzufrieden, bald aber kam es zu einer Einigung, neuer Chefredakteur wurde Martin M. Šimečka, bisheriger Chefredakteur der slowakischen Tageszeitung SME.

- 47 - 10.2. Stern

Der Stern ist ein aktuelles Wochenmagazin, das jeden Donnerstag erscheint. Die Gründung war im Jahre 1948 von Henri Nannen. Die Chefredakteure sind Andreas Petzold und Thomas Osterkorn. Im Stern kann man politische und gesellschaftliche Themen, Nutzwertjournalismus und klassische Reportagen, aufwändige Fotostrecken und Fotos von Stars finden. Traditionell legt das Magazin mehr Wert auf Fotografie als die Nachrichtenmagazine.

Im Stern kann man derzeit die Ressorts Politik & Wirtschaft, Deutschland aktuell, Ausland, Kultur & Unterhaltung, Lebensart & Reise, Style, Wissenschaft & Medizin sowie Auto, Sport & Computer finden. Gemeinsam mit dem Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr zeichnet der Stern jedes Jahr Bestleistungen im deutschsprachigen Printjournalimus mit dem Henri-Nannen-Preis aus. Der „Henri“ wird seit 2005 liehen. Das Magazin wird vom Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr, einem Unternehmen der Bertelsmann Media Group, herausgegeben.

10.3. Belletristik

Die Belletristik umfasst noch heute weitgehend das Spektrum, das die belles lettres im frühen 18. Jahrhundert umfassten: Memoiren, populärwissenschaftliche Bücher, Romane – kurz das gesamte Feld, aus dem die Nationalliteraturen entstanden, eingebettet in den aktuellen internationalen Massenmarkt. (vgl. wikipedia.de)

10.3.1. Kinder- und Jugendliteratur Aus der Belletristik wählte ich mir für meine Diplomarbeit das Werk aus der Kinderliteratur Emil und die Detektive von dem Schriftsteller Erich Kästner aus, weil man in der Kinderliteratur viele komparative Phraseologismen finden kann. Die Autoren benutzen sie, um den Kindern einige Situationen oder Sachen näher vorstellen zu helfen.

- 48 - Zuerst möchte ich den Begriff Kinder- und Jugendliteratur ein bisschen näher spezifizieren. Kinder- und Jugendliteratur bezeichnet literarische Werke, die für Kinder und Jugendliche als Leser geschrieben oder überarbeitet werden. Sie sollen zum einen durch altersgerechte Aufbereitung die Wahrnehmung von Umgebung, Gesellschaft und Welt fördern, zum anderen auch der Unterhaltung dienen. Die erste Kinder- und Jugendliteratur bestand in „erwachsenen“ Stoffen, die im Hinblick auf eine jüngere Leserschaft bearbeitet waren. So sind aus der Antike entsprechende Fassungen von Homers „Ilias“ bekannt. Im Mittelalter dienten die Fabeln von Äsop als Kinder- und Jugendliteratur, besonders im schulischen Bereich (der damals auf Klosterschulen beschränkt war). Es ist davon auszugehen, dass Kinder dort auch mit Werken wie die Bibel in Berührung kamen.

Mit dem Buchdruck waren auch immer mehr Menschen in der Lage zu lesen. Im 16. Jahrhundert erschienen zahlreiche „Volksbücher“. Nach Einigen Historikern nach ist das erste Bilderbuch für Kinder das Werk vom Tschechen Johann Amos Comenius- es war das Werk zum Lateinunterricht Orbis Sensualium Pictus. Seit dem 18. Jahrhundert erschienen jugendgerechte Umarbeitungen erzählender Werke, wie Defoes „Robinson Crusoe“, Coopers „Lederstrumpf“-Erzählungen, Swifts „Gullivers Reisen“, Melvilles „Moby Dick“ u. a. Die übliche Gestaltungsform in der Kinder- und Jugendliteratur ist die Erzählung. Insbesonders für Kinder unter zwölf Jahren werden in der Hauptsache Titel verfasst, die aus einer Perspektive die Erlebnisse und Erfahrungen einer Identifikationsfigur oder -gruppe zumeist in einem überschaubaren Zeitabschnitt in chronologischer Abfolge abbilden – dass diese Form durchaus anspruchs- wie gehaltvolle Werke zeitigen kann, beweist u. a. Jutta Richter mit ihren preisgekrönten Erzählungen für Kinder Der Tag, als ich lernte die Spinnen zu zähmen oder auch Der Hund mit dem gelben Herzen. Demgegenüber stehen Buchtitel mit funktionaler Ausrichtung wie die sogenannten Erstlesebücher, deren Geschichten sehr knapp gehalten und in kurzen Sätzen erzählt werden, um das Lesen zu erleichtern. Es gilt: Je jünger die angesprochene Zielgruppe ist, desto mehr Bilder illustrieren ein Kinderbuch. Auch die Seitenzahlen für die jeweiligen Altersgruppen unterliegen mittlerweile einer gewissen Gesetzmäßigkeit. So weisen Bilderbücher für Kinder bis sechs Jahren in der Regel zwischen 24 und 48 großformatige Seiten auf, in denen naturgemäß die Illustrationen mehr Raum einnehmen als der Text. Illustrierte Bücher für Kinder zwischen sechs und neun Jahren

- 49 - variieren zwischen 64 und 96 Seiten, um dann für die Kinder von elf Jahren auf ca. 180 Seiten und mittlerweile auch darüber hinaus anzuwachsen. (vgl.www.wikipedia.de)

10.3.2. Erich Kästner

In Deutschland gab es im 20. Jahrhundert viele Autoren, die sich in ihren Werken mit der Kinderliteratur beschäftigten. Zu diesen Autoren gehörte auch Erich Kästner, dessen Roman Emil und die Detektive ich mir für meine Diplomarbeit auswählte.

Emil Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren. Er war ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor und Kabarettist, der breiten Kreisen der deutschen Bevölkerung vor allem wegen seiner humorvollen, scharfsinnigen Kinderbücher und seiner humoristischen bis zeitkritischen Gedichte bekannt ist. Erich Kästner verbrachte seine Kindheit in Dresden. Seine Kindheit beschrieb Kästner in dem 1957 erschienenen autobiographischen Buch Als ich ein kleiner Junge war. In der Nähe, am Albertplatz, befindet sich im Erdgeschoss der damaligen Villa seines Onkels Franz Augustin heute das Erich-Kästner-Museum. Kästner besuchte seit 1913 das Freiherr von Fletchersche Lehrerseminar in der Marienallee in Dresden-Neustadt, brach die Ausbildung zum Volksschullehrer jedoch drei Jahre später kurz vor Ausbildungsende ab. Viele Details aus dieser Schulzeit finden sich in dem Buch Das fliegende Klassenzimmer wieder. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges absolvierte er das Abitur mit Auszeichnung und erhielt dafür das Goldene Stipendium der Stadt Dresden. Im Herbst 1919 begann Kästner in Leipzig das Studium der Geschichte, Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft. Während des Studiums arbeitete er als Journalist und Theaterkritiker für das Feuilleton der Neuen Leipziger Zeitung. Im selben Jahr zog er nach Berlin, hier schrieb er unter dem Pseudonym „Berthold Bürger“ weiter als freier Kulturkorrespondent für die Neue Leipziger Zeitung. Kästner veröffentlichte später noch unter vielen anderen Pseudonymen, etwa „Melchior Kurtz“, „Peter Flint“ oder „Robert Neuner“.

- 50 - Kästners produktivste Zeit sind Berliner Jahre von 1927 bis zum Ende der Weimarer Republik 1933. In wenigen Jahren stieg er zu einer der wichtigsten intellektuellen Figuren Berlins auf. Er publizierte seine Gedichte, Glossen, Reportagen und Rezensionen in verschiedenen Periodika Berlins. Regelmäßig schrieb er als freier Mitarbeiter für verschiedene Tageszeitungen, wie das Berliner Tageblatt und die Vossische Zeitung sowie für die Zeitschrift Die Weltbühne. 1928 veröffentlichte Kästner sein erstes Buch Herz auf Taille, eine Sammlung von Gedichten aus der Leipziger Zeit. Bis 1933 folgten drei weitere Gedichtbände. Im Oktober 1929 veröffentlichte er sein erstes und bis heute berühmtes Kinderbuch mit dem Titel: Emil und die Detektive. Die Detektivgeschichte entstand auf Anregung von Edith Jacobsohn, der Witwe des “Weltbühne”- Verlegers Siegfried Jacobsohn. Das Buch wurde allein in Deutschland über zwei Millionen Mal verkauft und bis heute in 59 Sprachen übersetzt. Für die Kinderliteratur der damaligen Zeit mit ihren aseptischen Märchenwelten war äußerst ungewöhnlich, dass der Roman in der Gegenwart der Großstadt Berlin spielte. Mit Pünktchen und Anton (1931) und Das fliegende Klassenzimmer (1933) schrieb Kästner in den folgenden Jahren zwei weitere gegenwartsbezogene Kinderbücher. Einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Bücher hatte Walter Trier, der die Bücher illustrierte.

Gerhard Lamprechts Verfilmung von Emil und die Detektive wurde 1931 ein großer Erfolg. Kästner war jedoch mit dem Drehbuch unzufrieden. Das Titelbild von Emil und die Detektive wurde auf einer deutschen Briefmarke im Jahre 1999 benutzt. Als Kästners einziger Roman von literarischer Bedeutung gilt das 1931 veröffentlichte Werk Fabian – Die Geschichte eines Moralisten. Dieser Roman spielt im Berlin der frühen dreiziger Jahre. Nach der NS-Machtergreifung am 30. Januar 1933 emigrierte er im Gegensatz zu fast allen seinen regimekritischen Kollegen nicht. Unmittelbar danach fuhr er für kurze Zeit nach Meran und in die Schweiz, wo er auch bereits emigrierte Kollegen traf; dann jedoch kehrte er nach Berlin zurück. Seine Werke wurden bei der Bücherverbrennung als „wider den deutschen Geist“ verbrannt. Kästner unterzeichnete den Dringenden Appell des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes und dies war gleichbedeutend mit einem Publikationsverbot für das Deutsche Reich.

- 51 - In der Schweiz konnte Kästner harmlose Unterhaltungsromane wie Drei Männer im Schnee (1934) veröffentlichen. Mit einer Ausnahmegenehmigung lieferte Kästner 1942 unter dem Pseudonym „Berthold Bürger“ das Drehbuch zu Münchhausen, dem prestigeträchtigen Jubiläumsfilm der Ufa. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zog Kästner nach München, hier gab er bis 1948 das Feuilleton der Neuen Zeitung heraus und die Kinder- und Jugendzeitschrift Pinguin heraus. Gleichzeitig widmete sich Kästner in München verstärkt dem literarischen Kabarett. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Nummern, Lieder, Hörspiele, Reden und Aufsätze, die sich mit dem Nationalsozialismus, dem Krieg und der Realität im zerstörten Deutschland auseinandersetzten, u. a. das Marschlied 1945, das Deutsche Ringelspiel und das Kinderbuch Die Konferenz der Tiere. Dennoch war Kästner sehr erfolgreich. Seine Kinderbücher verkauften sich gut und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und verfilmt, Kästner wurde vielfach geehrt. Seine beiden letzten Kinderbücher (Der kleine Mann und Der kleine Mann und die kleine Miss) verfasste er für Thomas, seinen einzigen Sohn. Nach seinem Tod am 29. Juli 1974 im Klinikum Neuperlach wurde er auf dem Bogenhausener Friedhof in München-Bogenhausen beigesetzt. (vgl. www.wikipedia.de)

- 52 - 10.3.3. Emil und die Detektive (1931) Dieses Werk gehört zu der Kinderliteratur. Dieser Roman ist auch im Ausland bekannt, er wurde in viele Sprachen übersetzt. Das Buch hat eine Hauptfigur mit dem Namen Emil. Emil Tischbein lebt zusammen mit seiner verwitweten Mutter in einer Kleinstadt. Emil ist ein ganz braver Junge und versucht seiner Mutter wenig Kummer zu machen, da die finanzielle Lage der beiden nicht gerade gut ist. Trotzdem macht auch Emil als "echter" Junge mal ein paar Streiche.

Emil wird in den Ferien zu seiner Großmutter nach Berlin geschickt. Da sich die Mutter von ihr 140 Reichsmarken geliehen hatte, soll Emil das Geld gleich mitnehmen. Auf der Zugfahrt nach Berlin trifft Emil Herrn Grundeis. Dieser bemerkt, dass Emil viel Geld bei sich hat. Er betäubt Emil durch Bonbons, die ein Schlafmittel enthalten, und stiehlt das Geld. Erst am Berliner Bahnhof Zoo kommt Emil wieder zu sich und stellt fest, dass er kein Geld bei sich hat. Er sieht gerade noch, wie Herr Grundeis auf dem Bahnsteig verschwindet. Sofort beginnt Emil ihn zu verfolgen, was in einer fremden Stadt natürlich sehr schwierig ist. Zum Glück trifft Emil Gustav mit der Hupe. Gustav erklärt sich schnell bereit, Emil zu helfen. Und da er der Anführer einer Kinderbande ist, sind schnell viele Helfer zusammergetrommelt, die Herrn Grundeis überwachen. Währenddessen warten Emils Kusine Pony Hütchen und die Großmama am Bahnhof Friedrichstraße auf die Ankunft Emils. Sie werden von der Kinderbande informiert. Die Oma macht sich natürlich schreckliche Sorgen. Aber da Pony Hütchen die Jungs begleitet, beruhigt sie sich etwas. Am Ende verfolgt eine ganze Gruppe von Kindern den Dieb, so dass dieser schließlich aufgeben muss.

Emil und die Detektive ist auch ein Schwarz-Weiß-Film vom Regisseur Gerhard Lamprecht, der im Jahr 1931 in Deutschland gedreht wurde. Dieser Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Erich Kästner.

- 53 - 11. Vergleiche in Publizistik und in Belletristik In meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit Vergleichen. Ich interessiere mich für Vergleiche, die sich in der Publizistik befinden- in der tschechischen Zeitschrift Respekt und in der deutschen Zeitschrift Stern. Ich beschäftige mich mit der Häufung und mit den Typen der Vergleiche, die in der Rubrik Kultur benutzt werden. Es handelt sich um die Artikel aus Literatur, Film, TV, Musik, Ausstellungen, Bereich der Fotographie, Essays- am meisten um Rezensionen. Ich teile Vergleiche in die Kategorien nach dem Gebrauch, diese Gruppen nenne ich: Vergleiche mit Menschen, mit Gegenständen, mit Naturerscheinungen, mit Tieren, mit Abstrakta und Vergleichsätze, die im Satzgefüge die Funktion einer Adverbialbestimmung des Vergleichs ausüben und die Handlung des Hauptsatzes mit der des Nebensatzes vergleichen. Ich befasse mich mit mehreren Ausdrücken dieser Zeitschriften. Die Zeitschrift Respekt habe ich in der gedruckten Form zur Verfügung, mit der Zeitschrift Stern arbeite ich in ihrer elektronischen Form. (www. stern.de) Es handelt sich nicht nur um die Publizistik, ich analysiere auch das Werk von Erich Kästner- das Kinderbuch: Emil und die Detektive- das Original und und seine tschechische Übersetzung. Diese Vergleiche teile ich auch nach dem Gebrauch, immer das deutsche und das tschechische Äquivalent, hier handelt es sich um die Kategorie: Vergleiche mit Menschen, mit Gegenständen und die Vergleichsätze. Ich interessiere mich für die Typen und Häufigkeit der Vergleiche in den Werken in der Publizistik (Zeitschriften) und in der Belletristik (Kinderliteratur).

- 54 - 11.1. Vergleiche in Publizistik- Zeitschriften Respekt und Stern

Vergleiche mit Menschen

Respekt

 Někdy se musí tvářit jako milionářka. (Respekt 47/2008,68)

 Být krásná jako princezna, to je ţenská touha. (Respekt 47/2008, 69)

 Vypadají v pětašedesáti na čtyřicet jako kouzelné babičky a dědečkové

pečující o vnoučata. (Respekt 47/2008,58)

 Vyptávali jsme se jako nějací dětinští tvrdohlavci. (Respekt 2/2009,71)

 Na molo napochodují modelky, které vypadají trochu jako slovanské Johanky

z Arku. (Respekt 5/2009, 66)

 Denisa si natáhne tenisky a dţíny a vypadá teď podobně jako ostatní děvčata v

zákulisí, vesměs nenápadné, trochu nepřátelské středoškolačky. (Respekt

5/2009, 68)

 Vypadá jako každý z nás. (Respekt 5/2009, 68)

 Vypadá jako nadsamec rodu, rozložitý strom a vládce. (Respekt 8/2009, 57)

 Padne tu mimo jiné jeden z nejpěknějších obrazů na desce: „ Přestaň uţ pomáhat

Pánubohu přes ulici, jako by byl nějaká stařena!“ (Respekt 8/2009, 55)

 Nevěřícně hledíme do hluboké propasti, která se před námi rozevřela jako tvář

samotného Belzebuba. (Respekt 9/2009,73)

 Ideologie tu na hrazdě prováděla výmyky jako zdatný sovětský gymnasta.

(Respekt 10/2009, 72)

 Sám Powers jako autor je však stejně chladný a nanicovatý jako jeho postavy,

které buduje banálním jazykem a z povrchních znaků. (Respekt 10/2009,50)

- 55 -  Nemůţete si hrát celou noc se sračkami a ráno vypadat jako panna z internátní

školy. (Respekt 11/2009,56)

 On se tvářil jako tvrďák. (Respekt 11/2009,56)

 Můţu se divit, že mě pak bolí hlava jako čert? (Respekt 12/2009,73)

 Navíc se ke hře oblékal jako filmová hvězda. (Respekt 12/2009,72)

Stern

 Seine Stimme klingt dabei wie ein asthmatischer Roboter. (29.10.2008)

 Er sieht aus wie ein alter Mann mit Rückenschmerzen. (29.10.2008)

 Männer wie wir. (170)

 Vermutlich sitzt er wie ein Bond- Schurke in seinem Berliner Büro. (176)

 Schließlich bezeichnete sich niemand Geringeres als Präsident John F.

Kennedy als "größten James-Bond-Fan der freien Welt". (8.2.2009)

 Dunne lacht warm und weich, verdreht die Augen, um dann wie ein Junge zu

grinsen. (11.12.2008)

 Und der Oberschurke, gespielt von Andy "Gollum" Serkis, wirkt als Mussolini-

Abklatsch eher albern als furchterregend. (11.12.2008)

 Johannes "Jopie" Heesters, mit mittlerweile 105 Jahren der älteste aktive

Schauspieler der Welt, stand als Kaiser Franz Joseph im Singspiel "Im weißen

Rössl" in Hamburg auf der Bühne. (8.2.2009)

 Weil er anfangs als Weichei verspottet wurde. (174)

 Wenn die ihren Kindern sagen, sie sollten gefälligst für die Schule lernen, hepten

sie als Spiesser. (176)

- 56 -  Ich bin auch mal als Kolumbus verkleidet auf einer Farbenmesse in Köln

rumgelaufen, mein Werbespruch: "Christopher Kolumbus entdeckte Amerika,

Remmers entdeckt für Sie neue Arbeitsfelder. (20.2.2009)

 Die Arme wie ein Bewegungslegastheniker mäandrierend von sich gespreizt

röhrt er tief "Oh Darling" von den Beatles. Ein Erlebnis, das an einen

Flugzeugabsturz erinnert.(26.2.2009)

- 57 - Vergleiche mit Gegenständen

Respekt

 Dostanou se do nejvzdálenějších koutů a tam budou hnisat jako rozškrabaný strup

na nehojící se ráně. (Respekt 47/2008,63)

 Ţivot je čím dál uspěchanější, není čas na záhadno či příjemnou hrůzu, takţe

detektivka se zdá jako kapesní dům hrůzy pouţitelný kdykoliv. (Respekt 47/2008,

46)

 Klávesy Filipa Topola pravidelně ustupují ruchu pulzující Prahy: drnčení tramvají,

klokotání vlaků, dokonce i tikot semaforu na zelenou se hlavnímu hrdinovi i divákům

zakusují jako střepy do kůže. (Respekt 2/2009, 51)

 Spot začíná tím, ţe od katalogu létají jiskřičky jako od kouzelné hůlky v Disneyho

pohádkách. (Respekt 2/2009,60)

 Vypadalo to jako past. (Respekt 2/2009,64)

 Vypadalo to jako zurčící fontána uprostřed saharských dun. (Respekt 2/2009,52)

 Kdysi na nás rodina leţela jako těžké břemeno. (Respekt 5/2009,71)

 Pásmo gazy, anglicky se nazává Gaza Strip, coţ Čechovi můţe v makarónském

překladu zaznít jako pruh bílé bavlněné tkaniny. (Respekt 8/2009,71)

 A právě v ţáru těchto událostí a na vlně této revoluce se jako meteor objevil

Fulgencio Batista. (Respekt 8/2009,69)

 Beyonce prezentuje dívky a ţeny jako ozdoby, ale jako hybné momenty, které

dokáţou celou věc kormidlovat samy. (Respekt 8/2009,61)

 Skalnatý břeh je pod místem, kde budeme spát, rozryt neustálým doráţením mořských

vln. Vypadá jako obrovská kamenná kniha, kterou si obři z dávných mýtů otevřeli

na rozhranní vody a země. (Respekt 8/2009, 73)

- 58 -  Albert vypráví o ateliéru své tety, navštívil ho poprvé jako devítiletý chlapec.

„Odloţená plátna, opřená jedno o druhé, mi připadala jako knihy zkreslené ve snu

člověka, který jen přibliţně ví, co knihy jsou a představuje si je obrovské a vţdy jen

s jednou tuhou stránkou. (Respekt 10/2009, 56)

 Zde jeho úvahy počínají u snímku ušlapaných a zaprášených nohou mexického

vesničana v rozpadlých sandálech, právě tento detail jej strhne, začne si s ním v mysli

hrát jako s Rubikovou kostkou. (Respekt 9/2009, 56)

 Malba ho vede prostorem jako slepecká hůl. (Respekt 9/2009, 63)

 O samotném malování mluví nerad. Sem tam utrousí, ţe mu kreslení dělalo dobře od

dětství, neboť duch přitom tančí a při dokonalém uvolnění, kdyţ se dotýká malířským

nástrojem jenom na místech, kde je mu to nejpříjemnější, ho malba vede prostorem

jako slepce jeho hůl. (Respekt 9/2009, 63)

 Vypadáš jako živá bomba. (Respekt 10/2009, 61)

 Vypadalo to jako šestáková detektivka. (Respekt 10/2009, 61)

 Uţ je pomalu čas odloţit čepici. Zvlášť kdyţ se pod ní skrývají dlouhé zlaté vlasy.

Vlasy lesklé jako démanty. (Respekt 11/2009,69)

 Vlasy byly hladké jako srst kralevicova pinče.(Respekt 11/2009,69)

 Hosté se usazují podél přehlídkového mola a vypadají trochu jako reklama na

luxusní módu z magazínu Vogue. (Respekt 11/2009, 66)

 Psal opulentně (jeho věta je jako švédský stůl), s mandarínskou vzdělaností a

filigránskými detaily. (Respekt 12/2009, 54)

 Typickým hrdinou je stárnoucí osamělý muţ, který zjišťuje, ţe veškeré profesní

úspěchy, sláva a vzdělání jsou jako vánoční prskavka ve srovnání s Molotovovým

koktejlem lásky. (Respekt 12/2009, 54)

- 59 -  Pod prudce otevřenou oblohou ţivoří tráva a bezmocně se proplétají trasy, v průchodu

mezi domy náhle zesílí hluk neviditelné dálnice a tam dál, mezi řetězem autodílen,

vydrancovaným nádraţním překladištěm, zimním sluncem a okrajem zahrádkářské

kolonie, se jako blyštivý ledovec sune kolona aut. (Respekt 12/2009, 55)

 Později jedna prohne udici- jedna za všechny, pravá reprezentantka pohrdajícího

podvodního světa: maličká, bezbarvá, strnulá jako netřpytivá třpytka. (Respekt

12/2009, 55)

 Stává se konjukturalistou, ke kterému se hloupí snobové slétají jako k čerstvé mrvě.

(Respekt 12/2009, 57)

 Na obrazovce počítače působí spíš jako bleší cirkus. (Respekt 12/2009, 59)

 Bulvár na stolku chňapnu a hltám s nepochopitelnou lačností, ačkoli vím předem, ţe

mi potom bude zle jako po dortu s příliš tučným krémem. (Respekt 12/2009, 73)

 Výhodou ovšem je, ţe mě čtečka ani v takovém případě nenechá na holičkách a jako

z rukávu generuje názvy léků proti bolesti. (Respekt 12/2009, 73)

 Její text je jako těžký a omamný parfém pro dlouhou letní noc. (Respekt 13/2009,

55)

 Neočekávaná replika mnou projela jako jehla tělem motýla. (13/2009, 55)

 A z těch lepších se ne všechny dostaly ke čtenářům, některé se rozkradly, jiné se

hromadily v knihovnách různých kateder či ústavů jako výstavní trofeje, kterých se

nesmí nikdo dotýkat. (Respekt 13/2009, 59)

 Zášť, kterou nepropouští, se v něm usazuje jako špína ve filtrční vložce. ( Respekt

13/2009, 73)

- 60 - Stern

 Sie sieht nur wie Schokolade aus. (172)

 In einer Szene zeigt der Film ein Dorf in der Steinwüste, in dem die Bewohner um

einen nur tropfenden Wassehahn herumstehen wie um eine versiegende Ader. (175)

 Man kann auch cineastisch irritiert sein, wenn Regisseur Marc Foerster für Millionen

Dollar Actionszenen inszeniert, die im Kino zwar als Splittergranaten explodieren.

(175)

 Doch klöppelt der TV-Historiker eine Tradition zusammen wie ein gesticktes

Deckchen auf dem Ruhekissen. (29.10.2008)

 Das glänzende, lilafarbene Herz etwa, das von der Decke baumelt und aussieht wie

aufgeblasener Christbaumschmuck, wiegt 1590 Kilo und wurde vor wenigen

Monaten für 23,6 Millionen Dollar versteigert. (12.11.2008)

 Porträit sieht wie Grußkarte, die er an Freunde, Kollegen und Bekannte verschicken

wollte. ( 12.11.2008)

 Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher" ist fast so berühmt wie das

Zungenbild. (12.11.2008)

 Ingo Rechenberg heißt der Mann, und die Spinne hat noch keinen Namen, ist aber sehr

hell, groß wie ein Handteller und wohnt in der Sahara. (10.12.2008)

 Ihr Bauch ist kugelrund wie ein Basketball, M.I.A. ist hochschwanger; an diesem

Sonntag soll ihr Baby zur Welt kommen. (8.2.2009)

 Und geheimnisvoll wie eine Sphinx auf ihrem goldgerahmten Bett. (8.2.2009)

 Dagegen wirken die Kostenkürzungen bei den Oscar-Partys wie die berühmten

Peanuts. (20.2.2009)

- 61 -  Die gelernte katholische Theologin Bettina Schausten gilt im ZDF-Denken zwar als

"schwarz", kommt aber doch stets so brav und neutral daher wie ein wandelndes

Polit-Barometer. (26.2.2009)

 Das TV-Duell zwischen Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier soll der

Höhepunkt des Medienwahlkampfs 2009 werden. Aber Merkel gegen Steinmeier - das

ist wie Schlaftablette gegen Valium. Denn sowohl die Kanzlerin als auch ihr

Herausforderer von der SPD haben der Politik die Leidenschaft ausgetrieben.

(26.2.2009)

Vergleichssätze

Respekt

 Její přítelkyně je bezkrevná, jako by neexistovala sama za sebe a realizovala se aţ

sluţbou někomu druhému. (Respekt 47/2008, 53)

 Román působí, jako by ho napsal robot. (respekt 47/2008, 50)

 Například vztah mezi doktorem Weberem a jeho ţenou je jako by vypadl z komerční

literatury pro ţeny. (Respekt 47/2008, 50)

 Někdy se zdá, jako by to byl další zázrak naší technologické a mediální doby.

(respekt 47/2008, 51)

 Celá deska je však ţánrově tak uzavřená a málo vyzývavá, jako kdyby dnes někdo

psal charlestony nebo menuety. (Respekt 2/2009, 51)

 Začala číst Temnou lásku a má pocit, jako by to napsala sama. (Respekt 2/2009, 61)

- 62 -  Vyvolával zdání, jako kdyby ho už postavili takhle zničený a opuštěný. (Respekt

2/2009, 70)

 Mluvil o tom tak přirozeně, jako kdyby šlo o místo na benzince. (Respekt 2/2009, 70)

 Město skončilo, jako když utne. (Respekt 2/2009, 70)

 Mirnaja vypadala, jako kdyby po ní přešly fronty. (Respekt 2/2009, 71)

 …říká ruský návrhář s citem, jako by recitoval Evţena Oněgina. (Respekt 5/2009,

67)

 Spatřila jsem obrovskou mořskou rybu, která vypadala, jako by připlula z jiného

světa. (Respekt 5/2009, 59)

 Vţdyť zahraniční překladatelé a nakladatelství, spolehliví ukazatelé výjimečného díla,

dělají, jakoby ani neexistovaly. (Respekt 5/2009, 47)

 Jako by stál u kohoutů s kapalinami, umí Fennesz rafinovaně pouštět do akce spodní

hukot. (Respekt 5/2009, 53)

 Jako by však právě oni kladli otázky anebo rozkládali vize, jimţ bychom měli

naslouchat.(Respekt 5/2009, 55)

 Tvůrci jako by se nemohli rozhodnout, jestli chtějí vyprávět kostýmní kriminální

melodrama, soudní thriller, vyvraţďovací horor nebo feministicky laděnou alegorii o

mocenské nadvládě muţů nad ţenami. (Respekt 5/2009, 57)

 Není vyloučeno, ţe uţ 1. ledna 2010 budu muset svá dnešní slova popřít- předpověď

je ošemetná hra proroka-,ale opravdu dnes na obzoru nevidím ţádného skutečného

soupeře kapitalismu, tak jak byl on sám soupeřem sovětského komunismu v roce

1989.(Respekt 9/2009, 70)

 Jako kdyby se rodina na jeden večer dala do sluţeb individua. (Respekt 9/2009, 71)

 Z dnešního pohledu to vypadá, jako kdyby touto praxí musela projít. (Respekt

9/2009, 63)

- 63 -  Bono, vlivný a zároveň drţený v permanentím šachu vlastní obrovskou popularitou,

jako by si tento paradoxní pocit přenesl na celý svět. (Respekt 9/2009, 55)

 Ale babička pocházela z východního Slovenska a rozvíjela jeho imaginaci všelijak.

„Vyprávěla třeba, ţe válku přeţila na stromě. Jako by válka byla medvěd, před

kterým se dá utéct na smrk. (Respekt 9/2009, 63)

 Ale stalo se něco jiného: přišlo období ospalé politické apatie, jako kdyby se svědomí

v Rusku změnilo na okrajový jev, vlastní jen hrstce ochránců lidských práv.

(Respekt 10/2009, 71)

 Pokoj Jakuba Hoška je plný krámů, jako by tu každá věc měla své místo, kam ji

Hoěek poloţil s vědomím, ţe právě tady se bude vyjímat nejlépe. (Respekt 10/2009,

60)

 Vypadala jako by se probouzela. (Respekt 10/2009, 66)

 Dálnice působí volněji, jako by v ulicích bylo méně aut. (Respekt 10/2009, 66)

 Vaněček tu vskutku sedí, jako by se nechumelilo, a spokojeně balí cigaretu. (Respekt

11/2009, 63)

 Amerika jako by se probouzela z tvrdého a depresivního flámu. (Respekt 11/2009,

66)

 Odcházejí bez parády, s mírně vystrašeným výrazem a celkově menší, asi jako když

se namočí pudl. (Respekt 11/2009, 69)

 I voda jako by rezla. (Respekt 12/2009, 55)

 Ačkoliv se povaţuje za Afroameričana a podobá se novému prezidentovi jako by

mu z oka vypadl, vyrůstal v Bretani. (Respekt 12/2009, 61)

 Bachmannová prohlásila, ţe poezie má být „břitká poznáním, hořká touhou“. Jako by

to zároveň byla bezdětná charakteristika jí samotné. (Respekt 13/2009, 54)

- 64 -  Orchestr tu sází tichem oddělované bloky zvuku, jako by shůry padaly osudové

rány. (Respekt 13/2009, 57)

Stern

 Als die Autodidakti 1981 ihr Debüt in Paris zdivte, war es, als platze eine

Stinkbombe mitten in die Protzmode der Achtziger hinein. (166)

 Er komme sich vor, als würde er drei Filme zugleich drehen. (173)

 In den Pausen sinkt er tief in seinen Regiestuhl, als verkröche er sich am liebsten vor

all den Vernatwortlichkeiten. (173)

 Und weil es um Geschichte, ergo Bildung, geht, sind die Mainzer selbstverständlich

auch des Selbstlobes voll - so als würden sie nicht lediglich ihren Auftrag erfüllen,

sondern Heroisches stemmen. ( 10.12.2008)

 Als seien diese Zeitzeugen werden die Statements bedeutender Historiker

eingewoben. (11.12.2008)

 Guido Knopp schaut zurück auf die Geschichte, als sei sie ein Gemälde in

Zentralperspektive. (10.12.2008)

 Aber das Verstörendste ist der melancholische Zug um den Mund. So eine Art Trauer,

ganz versteckt, fast als wüsste er selbst nichts davon. (29.1.2009)

 Bei Georg wird jeden Tag aufgetischt, als sei es der letzte.(29.1.2009)

 Ulla, entpuppte sich als dermaßen übellaunig, dass sich dem Gastgeber, der doch auf

der Suche nach einer "fröhlichen" und "lebenslustigen" Frau ist, der Magen umdrehte.

- 65 -  In dem Zelt herrschten gefühlte 1000 Grad, ich musste trinken, trinken, trinken und

mir arme russische Schlangenmenschen ansehen sowie den grauenhaften

Oberkellner, wie er mit einem Einrad auf mich zufuhr. (29.1.2009)

 Sankt Martin zog jedenfalls ein eindrucksvolles Schwert und tat so, als bestünde sein

Umhang nicht aus zwei gleich großen Teilen, die er bloß auseinanderziehen musste

 Und der Oberschurke, gespielt von Andy "Gollum" Serkis, wirkt als Mussolini-

Abklatsch eher albern als furchterregend. (29.1.2009)

 "Hilfe zur Selbsthilfe" heißt der heimliche Lehrplan, als ginge es um eine

Spendenaktion für Afrika. (23.2.2009)

 Quietschfarben sucht man vergeblich - bis Heidi Klum erscheint, die aussieht, als

habe sie sich ein Stück vom roten Teppich abgeschnitten und umgewickelt:

irgendwie seltsam. (20.2.2009)

 Manche sehen aus, als wären sie einem Gemälde von Gustav Klimt oder von

Sandro Botticelli entsprungen - so altmeisterlich perfekt und glatt. (20.2.2009)

 Wenn man ihm begegnet, dann fällt zunächst auf, dass er die Worte ein wenig

verschluckt, als würde er ständig auf einem Kaugummi herumkauen. (23.2.2009)

- 66 -

Vergleiche mit Naturerscheinungen

Respekt

 Dvě divoké verze se šíří jako lesní požár. (Respekt 47/2008, 63)

 Policejní zákrok na fotbalovém zápase v Dunajské Stredě přišel pro extremisty na

slovensko- maďarské strane jako mana z nebe. (Respekt 47/2008, 63)

 Seizmická masa zvuku, jeţ s hibernační vláčností tvaruje nové album Blafl Sea, se

může zdát spíš jako zima po věčném létu. (Respekt 47/2008, 53)

 Na Kunderovo dílo po okupaci ruskou armádou v srpnu 1968 je proto moţné nahlíţet

jako na výraz nostalgie po Západu. (Respekt 47/2008, 63)

 Velký operní hlas s jedinečnou barvou, rozsahem a sametovými záhyby interpretace

dnes působí jako zázrak. (Respekt 8/2009, 55)

 Mluví houpavě jako když potok skáče přes kameny, nahoru, dolů. (Respekt 9/2009,

73)

 „Vy uţ jste odsud musel vidět strašnou spoustu věcí,“ vracím ho zpátky do jeho věţe.

Rozváţně pokyvuje hlavou a nepospíchá s odpovědí. „I dvě ztroskotání,“ říká

nakonec, hlas mu zurčí jako pramínek vody padající do tmavé lesní tůně. (Respekt

10/2009, 73)

Stern

 Wenn Bauer Augustin dann mit einer seiner Angebeten auf grandioses

Alpenpanorama schaut und Sätze sagt wie "Liebe ist wie ein warmer

- 67 - Sommerregen" - da geht einem doch gleich das Herz auf. (10.12.2008)

Vergleiche mit Tieren

Respekt

 Elegance indických tanečních čísel se tluče s roztomilým neumětelstvím herců, a kdyţ

k tomu přičteme Balgovo houslové sólo nebo Samkovo předčítání z nejnovějších

zpráv, výsledkem je v nejlepší víře uplácaný dort jako od pejska a kočičky. (Respekt

2/2009, 59)

 A kaţdý soudný člověk by jim přál jejich Sijón- bezpečnou citadelu, z níţ uţ nikdy

jako ovce nebudou vedeni na smrt v celonárodním celopalu. (Respekt 8/2009, 71)

 Vlčí dítě a mladá umělkyně, která se stala navzdory společenským omezením

úspěšnou malířkou. „Cítila snad Lavinie Fontanová také, ţe ji vnímají jako cvičeného

psa, ţe ji blahosklonně spárovali s oblečenou šelmičkou?“ptá se nemilosrdně Alberto

Manuel.(Respekt 9/2009, 56)

 Čím se liší člověk od zvířete? Jí jako zvíře, rozmnožuje se jako zvíře, umírá jako

zvíře. (Respekt 11/2009, 73)

Stern

 Doch wie eine echte Katze fiel Kitt immer wieder auf die Füße. (10.12.2008)

 Der Dax im Sinkflug und Broker, die wie begossene Pudel dastehen. (11.12.2008)

- 68 -

Vergleiche mit Abstrakta

Respekt

 V ruštině to znělo jako čistá poezie. (Respekt 47/2008, 70)

 Zpomalil a upozornil nás, abychom nedělali nic, co by mohlo vypadat jako

provokace. (Respekt 47/2008, 70)

 Vypadalo to jako příběh lásky… (Respekt 5/2009, 48)

 Vznášejí se nad ním jako jakýsi autorův povzdech. (Respekt 5/2009, 50)

 Působilo to jako mystérium obětování chleba bohyni. (Respekt 5/2009, 52)

 Vypadá to jako příznak vytrvalostní muzikantské exhibice i jako spojitý prostor,

v němţ je nám souzeno existovat. (Respekt 8/2009, 53)

 Je to jako absurdní metafora o generovém rozvrstvení moci ve společnosti.

(Respekt 8/2009, 57)

 Nejsou to ani tak specifické okolnosti jejich zemí jako spíše současný energetický

systém. (Respekt 8/2008, 64)

 Na rozdíl od obrazů uţ nepůsobí zlověstně, ale spíš jako nevinná dekorace, jíţ by si

byt rád ozdobil nejeden vyznavač emo stylu. (Respekt 9/2009, 60)

 Gaza a okolí je tedˇ něco jak lidské peklo. (Respekt 9/2009, 71)

 Protoţe skutečný mír se ztrácí v nedohlednu stejně jako vidina Sijónu. (Respekt

9/2009, 71)

 Těch osm let bylo jako zlý sen. (Respekt 11/2009, 66)

 Jsi krásná jako sen.(Respekt 11/2009,56)

- 69 -  Vezměme si přitom příklad jiného muţe, kterému byl zakázán vstup do Velké

Británie, kde měl v plánu promítat svůj krátký film nazvaný Fitna, který líčí islám

jako teroristickou víru. (Repekt 12/2009, 71)

Stern

 Ein Leben ohne jeden Zweifel wäre berauschend wie ein stehender

Applaus.(11.12.2008)

 Wir klingen einfach, wie wir klingen, wenn jeder sein Instrument spielt – und fertig.

Die Probe war wie ein großes Ausrufezeichen, und danach war klar: Wenn wir das

jetzt nicht versuchen, sind wir total dämlich. (11.12.2008)

- 70 - 11.2. Vergleiche in Belletristik- im Kinderbuch Emil und die Detektive/

Emil a detektivové

Vergleiche mit Gegenständen

 Ihre Frisur war aufgelöst und hing wie drei Pfund Wolle nach unten. (7)

 Rozpuštěné vlasy jí visely z hlavy jako kilo vlny. (29)

 Also, die Pferdebahn luft auf Schienen, wie eine richtige Strassenbahn und hat auch

ähnliche Wagen, aber es eben doch nur ein Droschkengaul vorgespannt. (14)

 Koňská dráha je především taková bláznivina: jezdí po kolejích jako skutečná a

pravá pouliční dráha, i vozy má podobné, ale táhne ji droţkářský kůň. (35)

 Und wenn es jemand besonders eklog hat und er will in ein anderes Stadtviertel, so

packt man ihn auf dem Postamt in eine Kiste und schiesst sie wie einen

Rohrpostbrief zu dem Postamt…(21)

 Kdyţ někdo moc pospíchá a chce se dostat do některé jiné městské čtvrti, zabalí ho na

poštovním úřadě rychle do bedny, bednu šoupnou do potrubí a potrubní poštou ji

vystřelí jako dopis do poštovního úřadu příslušné čtvrti… (40)

 Und es war sehr hübsch anzusehen, wie sich alles vorüberdrehte, fast wie auf einer

Grammophonplatte. (23)

 A byla to pěkná podívaná, jak se to všechno točilo, skoro jako na hrající

gramofonové desce. (42)

- 71 -  Plötzlich war es Emil, als führe der Zug immer im Kreise herum, wie die kleinen

Eisenbahnen es tun, mit denen die Kinder im Zimmer spielen. (26)

 Emilovi najednou připadalo, ţe vlak jezdí pořád dokolečka jako ty vláčky, s kterými

si děti hrávají v pokoji. (44)

 Und sprangen die neun Pferde aus den Schienen und auf Emil zu, und die Wagen

hüpften wie Gummibälle. (28)

 Za nimi jako míčky poskakují vagóny. (46)

 Sein Herz klopfte wie ein Dampfhammer. (32)

 Srdce mu bušilo jako kladivo. (50)

 Wenn er geahnt hätte, wie es sich über ihm wie ein Sack zusammenzog, dann hätte er

sich mindestens ein Flugzeug bestellt. (50)

 Kdyby byl ovšem jen tušil, jaké spiknutí se kolem něho stahuje jako past, byl by si

objednal přinejmenším aeroplán. (66)

 Der kennt doch das Hotel wie seine Westentasche. (68)

 Zná jistě celý hotel jako své boty. (82)

 „Wir wollen wie im Reichstag abstimmen.“ (73)

 „Hlasujme jako ve sněmovně!“ (86)

 Mensch, ganz wie im Theater. (75)

- 72 -  Člověče, hotová komedie. (87)

 Das sieht ja aus wir ein Schulausflug! (81)

 Vypadá to tam jako prázdninová osada! (93)

 Gott, ich bin gespannt. Wie ein Regenschirm. (84)

 Boţe, jsem napjatá jako luk! (95)

 Wie ein grosser Schulausflug! (90)

 Jako veliký školní výlet! (100)

 Fast gross wie das Polizeipräsidium. (97)

 Skoro tak veliká jako policejní ředitelství na Alexandrově náměstí. (108)

 „Sieht er genau so aus, wie auf dem Bild?“ (105)

 Vypadá ve skutečnosti tak jako na obrázku?“ (117)

 Pony Hütchen hielt die Hände wie eine Trompette vor den Mund. (108)

 Pony nastavila ruce před ústa a napodobovala trubku. (120)

- 73 - Vergleiche mit Menschen

 Und sei zu den anderen Leuten nicht so frech wie zu deiner Mutter! (16)

 Hlavně nebuď k cizím lidem tak drzý jako ke mně! (37)

 Die Mitreisenden sahen auch nicht gerade wie Diebe und Mörder aus. (20)

 Spolucestující nevypadali jako lupiči nebo vrahové. (39)

 Genau wie der Herr im steifen Hut… (32)

 Jako ten pán s tvrďáskem.(50)

 Schwerer als Ziklers Arthur bist du auch nicht, und der setít sich oft darauf, wenn

ich fahre. (46)

 Nejsi těžší než Artur Ziklerů a toho pokaţdé svezu. (61)

 Wie ein Detektiv. (48)

 Počínej si jako detektiv, který má blechy! (62)

 Ihr benehmt euch ja wahhaftig wie….wie die Kinder!“ (59)

 Jak se to chováte? Opravdu jako…jako děti!“ (71)

 Sie sass wie eine Schönheitskönigin auf dem Stuhl. (67)

 Pony trůnila na ţidličce jako královna krásy. (81)

 „Schlau wie ein Berliner!“ (68)

- 74 -  Jsi mazaný jako Berlíňan!“ (82)

 Pony Hütchen schwang sich dann auf ihr kleines ganz neues Rad, murmelte wie ihre

eigene Grossmutter. (82)

 Vyšvihla se na poniklované kolo, zamumlala několikrát za sebou jako babička. (94)

 Gustav machte sich breit wie ein Boxkämpfer und ging vor Emil her. (82)

 Gustav se zhluboka nadechl a kráčel před Emilem jako boxer- zápasník, který

z přemíry síly ani utíkat nemůţe. (94)

- 75 -

Vergleichsätze

 Der sass auf einem Brett, schwang die Peitsche und hielt Zügel, als seien Pferde vor

den Zug gespannt. (27)

 Ten sedí na kozlíku, mává bičem a drţí opratě, jako by do vlaku byli zapřaţeni koně.

(44)

 „Lass den Unsinn!“ rief Jeschke und schlug mit der Peitsche wie verrückt auf die

Pferde ein. (28)

 „Přestaň s tím nesmyslem, prosím tě!“ okřikuje ho Jeschke a švihá bičem do koní jako

posedlý. (46)

 Und der Zug fuhr die Leiter hinauf, als ob es Schienen wären. (29)

 A vlak duní a praská po příčkách ţebříku, jako by to byly koleje. (47)

 Er schaut schon die ganze Zeit wie verrückt hinter mir her! (30)

 Celý čas mě honí jako ďas! (48)

 Und alles das wegen eines Kerls, der den Kindern Schokolade schenkte und tat, als ob

er schliefe. (34)

 A to všecko kvůli chlapovi, který rozdává dětem čokoládu a dělá, že spí. (51)

 Doch der sah nicht so aus, als würde er dann antworten: Aber gern, mein gutes Kind.

(37)

 Ale chlap nevypadal na to, že by jednoduše řekl: Milerád, tady jsou. (54)

- 76 -

 Der Mann war nun am Bahnhofsportal angelangt, blieb stehen, blickte sich um und

musterte die Leute, die Winter ihm her drängten, als suche er jemand. (37)

 Muţ došel zatím k východu, zastavil se, ohlédl se a prohlíţel si lidi kráčející za ním,

jako by někoho hledal. (54)

 Warum musste er sich hinter dem Zeitungskiosk verbergen, als würde er selber der

Dieb und nicht der andere?(49)

 Jaký to má smysl, ţe se schovávám tady za tou boudou, jako bych byl sám zloděj, a

ne ten druhý? (62)

 „Gefuttert hat er, als hätte er seit drei Tagen nichts gegessen.“ (62)

 „Cpal se, jako by tři dny nejedl.“ (75)

 „Der ist klüger, als er aussieht.“ (64)

 „Vůbec není takový nešika, jak vypadá.“ (77)

 Aber trotzdem tranken sie aus der Tasse ohne Henkel Milchkaffee und aßen Semmeln,

als hätten sie vier Wochen nichts gekriegt. (81)

 Pili tedy z hrnečku bez ouška bílou kávu a cpali se houskami s máslem, jako by byli

měsíce nejedli. (92)

 „Mensch, der hat ein Gesicht, als wolle er dauernd niesen.“ (82)

 Tváří se, jako by se mu chtělo pořád kýchat!“ (94)

- 77 -  Und die Grossmutter und Tante Martha betrachteten ihn, als wäre er ein sehr teures

Bild von Tizian. (100)

 Emil si musel sednout a babička s tetou Martou se na něho dívaly jako na

drahocenný Tizianův obraz. (111)

 Pony Hütchen stieg auf einen Stuhl, taktierte, als wäre eine Kapelle im Zimmer.

(103)

 Pony vylezla na stoličku, dávala rukou takt, jako by v pokoji byla neviditelná

kapela. (114)

- 78 -

12. Zusammenfassung In meiner Diplomarbeit beschäftige ich mich mit Vergleichen. Ich vergleiche komparative Phraseologismen in der Publizistik am Beispiel von der tschechischen Zeitschrift Respekt und der deutschen Zeitschrift der Stern und in der Belletristik am Beispiel des Kinderbuches von Erich Kästner: Emil und die Detektive- des deutschen Originals und der tschechischen Übersetzung. Die komparativen Phraseologismen habe ich nach dem Gebrauch in mehrere Gruppen eingeteilt: mit Menschen, Gegenständen, Naturerscheinungen, Abstrakta, Tieren und Vergleichsätze. Es gibt hier viele interessante Vergleiche, meiner Meinung nach ist es sehr gut zu wissen, welche Vergleiche wir jeden Tag benutzen. Die erste Gruppe besteht aus den Vergleichen mit Menschen- das heisst mit Benennungen der Menschen oder mit den Namen, oder ihren Berufen. In der anderen Gruppe- Vergleiche mit Gegenständen- geht es oft um Sachen, die wir im alltäglichen Leben verwenden. Die nächste Gruppe sind Vergleiche mit Natuterscheinungen. In diese Gruppe gehören auch z.B. Blumen, Bäume, Steine, Naturphänomene oder auch physikalische Phänomene. Vergleiche dieser Klasse können auch bestimmte Eigenschaften und Tätigkeiten der vergleichenden Elemente ausdrücken. Vergleichsätze, die im Satzgefüge die Funktion einer Adverbialbestimmung des Vergleichs ausüben und die Handlung des Hauptsatzes mit der des Nebensatzes vergleichen. Eine weitere Gruppe bilden die Vergleiche mit Abstrakta. Abstrakta sind Substantive, die etwas Nichtgegenständiges bezeichnen. Und die letzte Gruppe und zugleich auch die kleinste Gruppe sind Vergleiche mit Tieren. Im Kinderbuch befinden sich nur drei von diesen Typen: Vergleiche mit Menschen, Vergleiche mit Gegenständen und Vergleichsätze. In der Arbeit wird immer der deutsche Vergleich und dann seine tschechsiche Übersetzung erörtert. Es ist auch interessant zu sehen, dass nicht alle deutschen komparativen Phraseologismen als komparative ins Tschechische übersetzt werden und auch umgekehrt. Jede Sprache hat ihre spezifischen Vergleiche, aber manche sind sehr ähnlich mit den tschechischen.

In der Publizistik- in der Zeitschrift Respekt sowie in der Zeitschrift Stern wird die Gruppe der Vergleichsätze am häufigsten vertreten. Die kleinste Gruppe bilden Vergleiche mit Tieren.

- 79 - In der Belletristik- im Kinderbuch Emil und die Detektive, werden alle drei Gruppen in der gleichen Menge vertreten. Ich habe insgesamt mit 149 Vergleichen aus der Publizistik gearbeitet, die Mehrheit der Vergleiche befindet sich in Respekt. In der Belletristik, im Kinderbuch Emil und die Detektive, gab es 76 Vergleiche. Fast alle Vergleiche vom Original wurden auch als Vergleiche ins Tschechisch übersetzt. Im Kinderbuch befinden sich mehr verschiedene Vergleiche als in den Zeitschriften. In einigen Heften der untersuchten Zeitschriften, in der Rubrik Kultur, habe ich nur wenige Vergleiche gefunden, deshalb musste ich mit mehreren Heften arbeiten. Vergleiche helfen uns manche Situationen besser zu begreifen, wir müssen auch die Phantasie mehr benutzen und damit können wir auch unseren Wortschatz erweitern.

- 80 -

Literaturverzeichnis Primärliteratur: Kästner, Erich: Emil und die Detektive.Zürich: Autrium Verlag. 1969

Kästner, Erich: Emil a detektivové. Zürich: Autrium Verlag. 1979 ( přeloţila Jitka Fučíková)

Respekt. XX. ročník. Respekt Publishing a. s. 2008, 2009.

Sekundärliteratur: Burger, Harald: Phraseologie, Eine Einführung am Beispiel des Deutschen, 2. überarbeitete Auflage, hrsg. von Werner Besch und Hartmut Steinecke, Erich Schmidt Verlag GmgH & Co., Berlin 2003.

Burger, Harald; Buhofer, Annelies; Sialm, Ambros: Handbuch der Phraseologie. Berlin, New York: Walter de Gruyter. 1982.

Černyševa, I.I.: Frazeologija sovremennogo nemeckogo jazyka. Moskva. 1970.

Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache, 1. Auflage 1982, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1982.

Fleischer, Wolfgang: Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. 2. Auflage. Tübingen: Max Niemeyer Verlag. 1997.

Glazyrin, R. A.: Sopostavitelnyj analiz komparativnych frazeologičeskich edinic v sovremennych germanskich jazykach. 1972.

Janko- Tranickaja, N. A.: Zur Phraseologizität sprachlicher Einheiten verschiedener Sprachebenen. 1981 (1969).

Pabst, Christiane M.: Untersuchungen zur Systemabhängigkeit der Phraseologie im österreichischen Deutsch. Edition Prasens. 2003.

- 81 -

Sowinski, Bernhard.: Stilistik: Stiltheorien und Stilanalysen. 2. Auflage. Metzler, Stuttgart 1999.

Internetquellen: http://www.stern.de/unterhaltung/ http://www.wikipedia.de/ http://www.phil.muni.cz/stylistika/studie/publizistischen.htm

- 82 -

13. Beilagen Artikel aus den Zeitschriften Respekt und Stern

Jeff Koons in Berlin

Bombast vom Genie der Oberfläche Kitschig oder genial? Wohl kein Künstler ist so umstritten wie Jeff Koons. Für die einen sind seine Skulpturen "auf Hochglanz polierte Langeweile", für die anderen einfach nur Kult. Am besten guckt man sich die glitzernden Herzen, Pudel und Ostereier selber an: in der Berliner Nationalgalerie. Wenn man nicht so genau hinschaut, dann sieht Jeff Koons aus wie immer. Wie der strahlende Sonnyboy, der Anfang der Neunziger Jahre von New York aus die Galerien und Museen stürmte und mit seiner Geliebten, dem Pornostar Cicciolina ("Schmuckelchen"), den Kunstmarkt aufmischte. Frech, provokant, dynamisch und immer so nett, dass niemand ihm böse sein konnte. Selbst wenn er schwer pornografische Fotos von sich und seiner Liebsten zur Schau stellte oder eine überlebensgroßen Holzskulptur präsentierte, die sie beide beim Liebessakt zeigte und von Oberammergauer Herrgottsschnitzern gefertigt worden war. Der Broker und die Pornokönigin – eine Sensation. Aber heute, in Berlin, ist alles anders. Im dunklen Anzug mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte steht Jeff Koons da, und nichts ist strahlend an ihm. Gut, er ist jetzt nicht mehr 35, sondern 53. Klar, dass sich da ein paar Falten zwischen Nase und Mund gemogelt haben. Aber das ist es nicht. Eher schon irritiert diese seltsame, pinguinartige Körperhaltung, wenn er sich seinem Gegenüber zuwendet. Wie ein alter Mann mit Rückenschmerzen. Die Lesebrille macht auch nicht grade jünger, die er jetzt hervorholt und auf die Nase setzt. Aber das Verstörendste ist der melancholische Zug um den Mund. So eine Art Trauer, ganz versteckt, fast als wüsste er selbst nichts davon.

Jeff Koons ist nach Berlin gekommen, um seine Ausstellung "Celebration" in der Neuen Nationalgalerie am Potsdamer Platz zu eröffnen. Es gab schon vorher ziemlich viel Unkerei. Nur "auf Hochglanz polierte Langeweile" werde da zu sehen sein, "Netzhauttäuschung" und rein spekulative "Dax-Kunst". Man kann das so sehen. Man kann sich auch Peter Klaus Schuster anschließen, dem demnächst scheidenden Generaldirektor der Berliner Museen. Er

- 83 - hat sich diese Ausstellung zum Abschied geschenkt, weil er Koons für ein "Genie der Oberfläche" hält und dessen "überirdische Perfektion" bewundert. Tja, was ist es nun? Kitsch oder Kunst? Geniale Erfindung oder berechnende Scharlatanerie? Ganz objektiv gesehen stehen da elf quietschbunte Riesenskulpturen aus glänzend poliertem Stahl. Tonnen schwer, Millionen wert. Das glänzende, lilafarbene Herz etwa, das von der Decke baumelt und aussieht wie aufgeblasener Christbaumschmuck, wiegt 1590 Kilo und wurde vor wenigen Monaten für 23,6 Millionen Dollar versteigert. Deshalb sind hier alle Skulpturen schwer bewacht. Wehe, man streckt auch nur die Hand aus: Berühren verboten!

Ein knallgrünes Osterei mit lila Schleife ist da. Ein gelber Diamant. Ein roter Pudel. Ein orangefarbener Elefant. Alle meterhoch und auf Hochglanz poliert. Schön? Ja, das schon. Zu schön, zu schillernd und viel zu perfekt. Und doch: Die Dinger sehen verdammt gut aus in den heiligen Hallen der Neuen Nationalgalerie. Als hätte Architekt Mies van der Rohe sein Museum genau für diesen amerikanischen Wahnsinn gebaut. (Ausstellung, Stern, 29.10.2008)

Ein Bild und seine Geschichte Zungenspiele zum Geburtstag Albert Einstein will am 14. März 1951 nur in Ruhe seinen Geburtstag feiern. Doch die Jornalisten lassen dem Physiker keine Ruhe. Schließlich schneidet er dem Fotografen Arthur Sasse jene Grimasse, die bis heute als das Einstein-Porträt schlechthin gilt. Unter wirrem, schlohweißem Haar liegt eine Denkerstirn in tiefen Falten. Buschige Augenbrauen rahmen große, spitzbübisch blitzende Augen. Albert Einstein schiebt seine Zunge durch die grinsenden Lippen unter dem stattlichen Schnauzbart, streckt sie weit heraus. Über dem Kopf des berühmten Physikers ist das Verdeck eines Autos zu erkennen. Einstein sitzt auf der Rückbank der Limousine des ehemaligen Chefs am Institute of Advanced Studies in Princeton. Die Feier mit Lunch an der Universität hat er gerade hinter sich. Der Pressehype geht gerade erst los. Nicht etwa Fotograf Arthur Sasse sorgt dafür, das Motiv zum Markenzeichen Einsteins zu machen - zu einer auf Postern und T-Shirts, Grußkarten, Tassen und Puzzles millionenfach reproduzierten Pop-Kultur-Ikone späterer Generationen.Das erledigt kein Geringerer als Albert Einstein selbst. Dem gefällt das Bild nämlich ausgezeichnet. Der eigenwillige

- 84 - Wissenschaftler lässt sich Abzüge kommen, schneidet sein Portrait aus der ursprünglich querformatigen Aufnahme heraus und lässt diesen Auschnitt vervielfältigen, um ihn als Grußkarte an Freunde, Kollegen und Bekannte zu verschicken. Seiner Sekretärin und Geliebten Johanna Fantova erklärt er: "Die ausgestreckte Zunge gibt meine politischen Anschauungen wieder."

Das Universum und die Dummheit Einstein feiert seinen 72. Geburtstag in der McCarthy-Ära, der Zeit der antikommunistischen Hexenjagd, angetrieben von Senator John McCarthy. Vor allem Politiker, Intellektuelle und Künstler werden Opfer der sogenannten "Red Scare" (roten Panik) - werden bespitzelt, beschuldigt und in Schauprozessen angeklagt, "unamerikanisch" zu sein. Einstein findet die politische Massenpanik in den Auftaktwirren des Kalten Krieges vor allem eines: dumm.

"Die Herrschaft der Dummen ist unüberwindlich, weil es so viele sind und ihre Stimmen genauso zählen wie unsere", so sein Standpunkt. Sein Ausspruch "Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher" ist fast so berühmt wie das Zungenbild. Dieser, in seinen Augen nicht enden wollenden Dummheit, setzt der ursprünglich aus Deutschland stammende Freigeist pure Genialität entgegen - und eben seine Zunge. (Fotographie, Stern, 12.11.2008)

G+J photo award Knipsen für die Karriere Mit ihren Fotos zum Thema "Büro" belegte Verena Brandt 2008 den ersten Platz in der Kategorie "inszeniert" Neue Talente gesucht: Der "G+J photo award" geht in die zweite Runde. Nach dem Erfolg des im Frühjahr 2008 erstmals verliehenen Fotopreises geht der Verlag Gruner + Jahr erneut auf die Suche nach talentierten Nachwuchsfotografen. Diesmal können sich auch Videoreporter beteiligen. Geduld, Geduld und nochmals Geduld. Das sind die drei goldenen Worte für alle, die es in der schillernden Welt der Fotografie zu etwas bringen wollen. Die richtigen Kontakte zu haben, ist auch in diesem Job von größter Bedeutung. Doch über diese verfügt nicht jeder, und so

- 85 - bekommen viele talentierte junge Fotografen nie die Chance, ihre Arbeiten zu präsentieren oder gar zu veröffentlichen.

Dabei werden gute Fotos immer gebraucht. Gerade im Bereich des Internets sind Bilder nicht mehr wegzudenken - und Fotostrecken haben eine hohe Relevanz. Bei der zweiten Auflage des "G+J photo awards" werden nun auch die immer wichtiger werdenden Bewegtbilder berücksichtigt. Aus diesem Grund hat stern.de zusammen mit stern.de Digital TV zwei Kategorien ausgeschrieben. Beim letzten Mal hat Nicole Strasser in der von stern.de ausgeschriebenen Kategorie "Audiovisuell" mit einem podcast zum Thema "Deutschland" den ersten Platz belegen. Im Bereich Fotografie lautet das von stern.de ausgeschriebene Thema "Wenn es dunkel wird...". Stern.de Digital TV freut sich auf Reportagen, die unter dem Titel "Deutschland hat die Wahl" kleine oder große gesellschaftliche Probleme Deutschlands einfangen. Im Mittelpunkt sollen dabei die wahren Sorgen und Nöte der Menschen stehen. Auch der Frage, wo und ob die Politik helfen kann, sollte nachgegangen werden. Rahmenbedingungen: Höchstens acht Minuten darf die Reportage lang sein, und sie muss im Format 4:3 gedreht sein. Jetzt bleibt nur noch zu klären, was es Lukratives zu gewinnen gibt. In jeder der zwölf Kategorien wird ein Gewinner gekürt. Die zwölf Glücklichen erhalten dann die Möglichkeit, eine professionelle Auftragsproduktion durchzuführen - mit angemessener Honorierung. (Fotographie, Stern, 10.12.2008)

"Finanzkrise" ist Wort des Jahres 2008 Gesellschaft für deutsche Sprache Der Dax im Sinkflug und Broker, die wie begossene Pudel dastehen: Dieses Bild ist ein treffendes Symbol für die Finanzkrise, die gerade zum Wort des Jahres gewählt wurde Die Turbulenzen an den Kapitalmärkten haben auch die Sprache des zurückliegenden Jahres geprägt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache wählte folgerichtig "Finanzkrise" zum Wort des Jahres. Auch das zweitplatzierte Wort stammt aus dem Vokabular der wirtschaftlichen Verwerfungen. "Finanzkrise" ist das Wort des Jahres 2008. Der Begriff habe die öffentliche Diskussion in diesem Jahr besonders bestimmt, teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden

- 86 - mit. Das Wort kennzeichne die dramatische Entwicklung im Banken-, Immobilien- und Finanzsektor. "Finanzkrise" ist nicht der einzige Begriff rund um die Turbulenzen auf den Kapitalmärkten, die es in die Rangliste der zehn wichtigsten Wörter des Jahres schafften. Auf Platz 2 landete das Wort "verzockt", das sich oft kritisch auf das Verhalten von Bankmanagern bezieht, die hochriskante und spekulative Geldgeschäfte abschlossen. Der "Rettungsschirm", der staatliche Finanzhilfen für die Bankenbranche beschreibt, schaffte es auf Rang 8. Das Wort des Jahres wird von einer Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache ausgewählt. Dem Gremium gehören der Hauptvorstand und die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Gesellschaft an. "Es geht nicht um Worthäufigkeiten, sondern um eine sprachliche Chronik des zu Ende gehenden Jahres", teilte die Jury mit. Auch sei mit der Auswahl keine Wertung oder Empfehlung verbunden. Zugrunde lag eine Sammlung von knapp 4000 Wörtern und Wendungen, wobei auch Zuschriften berücksichtigt wurden. Auch Obama prägte die deutsche Sprache Auf Rang 10 schaffte es sogar ein englischer Begriff in die Liste. "Yes, we can" (heißt auf Deutsch soviel wie "Ja, wir können es schaffen") war einer der Wahlkampfslogans des neuen US-Präsidenten Barack Obama. Er wurde auch in Deutschland oft aufgegriffen und variiert, wie die Jury feststellte. Hochaktuell zeigte sich die Gesellschaft mit "Datenklau" auf Platz 4. Immer wieder wurden dieses Jahr Fälle bekannt, bei denen Millionen Datensätze von Kunden in falsche Hände gerieten. Erst am Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, mit dem der Datenklau erschwert werden soll. "Hessische Verhältnisse" schaffte es auf Rang 5. Der Begriff bezieht sich auf die Turbulenzen in dem Bundesland nach der Landtagswahl im Januar 2008, die Hessen für ein Jahr politisch lähmten. (Bücher, Stern, 11.12.2008)

Eartha Kitt ist tot

Starb im Alter von 81 Jahren: Sängerin und Schauspielerin Sie war "Catwoman" und laut Hollywood-Star Orson Welles "die aufregendste Frau der Welt". Ihr Hit "" ist jedes Jahr fester Bestandteil der Weihnachts-Charts im Radio. Jetzt ist die Sängerin, Schauspielerin und Tänzerin Eartha Kitt gestorben. Sie erlag im Alter von 81 Jahren einem Krebsleiden.

- 87 - Wenn Eartha Kitt auf der Bühne stand, zog sie alle Register: Mit ihrer fesselnden Körpersprache und einer Stimme, die sie vom sanften Schnurren bis zum giftigen Fauchen modulieren konnte, war sie das "Sex Kitten" (Sex-Kätzchen) Amerikas. Jetzt ist sie tot: Die afroamerikanische Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin erlag in New York einem Krebsleiden. Als schwarze Muse der weißen Bohème in den vierziger und fünziger Jahren hatte sie in "Catwoman" Kultstatus gewonnen. Ihre Krallen zeigte sie bei einem Abendessen im Weißen Haus, als sie heftige Kritik am Vietnam-Krieg übte. Der Kommentar versetzte ihrer Karriere einen schmerzlichen Knick. Doch wie eine echte Katze fiel Kitt immer wieder auf die Füße. Vom Stiefvater verstoßen Ihr Vater, ein armer Baumwollpflücker aus den amerikanischen Südstaaten, gab ihr den bodenständigen Namen: Eartha - die Erdgeborene. Nach seinem frühen Tod heiratete ihre Mutter, eine Cherokee-Indianerin, wieder. Doch der neue Ehemann fand seine Stieftochter angeblich zu hellhäutig. So musste sie als Neunjährige das Haus verlassen und wuchs bei einer Tante in Harlem auf. Für Hollywoodstar Orson Welles war Kitt "die aufregendste Frau der Welt". Er entdeckte sie und holte sie 1951 für seine "Faust"-Version auf die Bühne. Mit dem Stück war Kitt auch in Deutschland zu sehen. Bis heute zieht sie das europäische Publikum dem in ihrem Vaterland vor. "Die Europäer haben Kultur, die Amerikaner nicht", erklärte sie in der ihr eigenen unverblümten Weise. Nach ihrer Rückkehr an den Broadway feierte Kitt in den 50er Jahren große Erfolge mit den Musicals "Monotonous" und "Shinbone Alley". Neben ihrer Rolle als Catwoman in der TV- Serie "Batman" spielte sie in Spielfilmen wie "Accused" und "Anna Lucasta" mit. Grammy- Nominierungen bekam sie für Alben wie "Love for Sale". Zu ihren größten Hits gehören "Je cherche un homme", "C'est Si Bon", "Let's Do It" und "My Heart Belongs to Daddy". Als Gegnerin des Vietnamkriegs wurde sie vom CIA beschattet Nach ihrer herben Kritik am Vietnamkrieg bei einem Gala-Dinner im Weißen Haus 1968 wurde Kitt vom Geheimdienst CIA beschattet und von den amerikanischen Medien boykottiert. Erst zehn Jahre später kam durch eine Einladung von Präsident Jimmy Carter die Rehabilitation - und eine große Rolle in dem Broadway-Musical "Timbuktu". Mit dem Titel "Where Is My Man?" belegte sie 1983 Spitzenplätze in den Hitparaden und leitete ihr internationales Comeback ein. (Musik, Stern, 26.12.2008)

- 88 -

Mein Leben als Mensch (Teil 88) Gut gerollt, Spinne Es gibt große Neuigkeiten aus der Fauna zu vermelden. Ein Wissenschaftler von der TU Berlin hat nämlich eine neue Spinne entdeckt. Ingo Rechenberg heißt der Mann, und die Spinne hat noch keinen Namen, ist aber sehr hell, groß wie ein Handteller und wohnt in der Sahara. In der Zeitung stand, dass der Herr Rechenberg die Spinne dabei beobachtete, wie sie Anlauf nahm, ihre langen Beine zu einem Rad formte und davonrollte. Er hat sie gefangen, um sie zu untersuchen, aber leider wurde sie wenig später von einem Skorpion ermordet. Nachts ist der Forscher dann noch einmal in der Wüste losgezogen, mit Taschenlampe und Eimer. Und diesmal fand Herr Rechenberg sogar zwei dieser wunderlichen Spinnen. Eine hat er in Alkohol eingelegt, die andere wohnt nun bei ihm in Berlin und rollt durch die Wohnung, um ihm die Zeitung zu bringen. An der Geschichte fasziniert mich zweierlei. Zum einen, dass niemand von dieser Rollspinne Notiz genommen hat, bis der Herr Rechenberg zufällig vorbeikam. Womöglich seit Jahrtausenden rollte das Spinnentier, um Aufmerksamkeit bettelnd, durch den Sand. Und nun, endlich, kam Herr Rechenberg aus Berlin vorbei. Natürlich aus Berlin, möchte man ausrufen. Egal, wo man auf der Welt den Blick hebt, um in die Ferne zu sehen, trifft man auf Berliner. So gesehen ist es beinahe ein Wunder, dass die Rollspinne nicht schon vorher entdeckt wurde, denn Herr Rechenberg ist ganz sicher nicht der erste Berliner, der mit Taschenlampe und Eimerchen durch die Wüste schnürt. Faszinierend an der ganzen Begebenheit ist zum Zweiten übrigens genau dies: das unerhört Sympathisch-Altmodische an dem Vorgang. Ich mag es, wenn Wissenschaftler nicht ständig bloß im Labor oder am Rechner sitzen, sondern wirklich irgendwo hinfahren und Abenteuer in der Wüste erleben. Herr Rechenberg von der TU Berlin ist eine Art deutscher Indiana Jones. Jawohl. Es herrscht übrigens nicht unbedingt Einigkeit darüber, dass die rollende Spinne eine völlige Neuentdeckung ist, denn sie sieht, wie die "Süddeutsche Zeitung" stirnrunzelnd festhielt, der Cebrennus villosus "verdächtig ähnlich", allerdings rollt diese nicht. Jedenfalls bisher.

Die Geschichte des Applausrekordes

- 89 - Wie schön wäre es, wenn im neuen Jahr endlich alle Zweifel beseitigt werden könnten. Ein Leben ohne jeden Zweifel wäre berauschend wie ein stehender Applaus. Apropos stehender Applaus: Auch hier gibt es einen Zweifelsfall. So las ich erst kürzlich über Luciano Pavarotti, dass jener den längsten anhaltenden Applaus aller Zeiten erhalten habe, und zwar wo? Ha! Natürlich in Berlin, allerdings nicht in der Technischen Universität fürs Rollen, sondern in der Deutschen Oper fürs Singen. Am 24. Februar 1988 soll Pavarotti dort 67 Minuten ununterbrochen für seine Darbietung des Nemorino in Donizettis "Liebestrank" beklatscht worden sein. Das ist sehr lang und wird ihn gefreut haben. Kaum hatte ich dies gelesen, stolperte ich über eine Werbeanzeige für den neuen 7er von BMW. Und dort heißt es schäumend: "Placido Domingo hat als einziger Opernsänger 80 Minuten anhaltenden Applaus erhalten." Was das nun mit dem neuen 7er zu tun hat, vermag ich nicht zu ergründen, aber wenn das stimmt, muss die Geschichte des Applausrekordes neu geschrieben werden. Die Quellenlage ist nicht eindeutig, allerdings stammen die meisten Berichte über den Placido-Applaus aus Österreich, wo sich dessen Ovation 1991 zugetragen haben soll. Und wir alle wissen: In Österreich gehen die Uhren anders. Jedenfalls liegt die Frage nahe, was wohl passieren würde, wenn Domingo und Pavarotti gleichzeitig in Berlin und Wien das Gleiche sängen: Wo würde wohl länger geklatscht? (Essay, Stern, 1/2009)

Die Leiden des alten Brad Pitt Jeden Tag jünger, fitter und begehrenswerter werden - ein Traum! Ausgerechnet Brad Pitt, der ohnehin schon hübscher ist als die meisten Menschen, darf in seinem neuen Film das erleben. "Der seltsame Fall des Benjamin Button" könnte ihm seinen ersten Oscar einbringen - hat er ihn verdient? Das Leben würde unendlich viel glücklicher verlaufen, wenn wir mit 80 geboren würden und uns langsam auf 18 zu bewegten", hat Mark Twain mal behauptet. Nun ja, "Der seltsame Fall des Benjamin Button" spielt die Idee durch, und zwar bis zum bitteren Ende. Und plötzlich hat man das Gefühl, dass es gar nicht so super ist mit dem Jüngerwerden. FotostreckenIconDer hässliche Vogel Jugend Benjamin Button lebt sein Leben rückwärts. Bei der Geburt sieht er so alt und verschrumpelt aus, dass sein erschreckter Vater ihn für eine Missgeburt hält und auf den Stufen eines

- 90 - Altersheimes aussetzt. Dort findet ihn Tizzy, die gute Seele des Hauses. Inmitten der Alten wächst Benjamin auf - ein verknitterter Greis mit dem Geist eines Kindes. Natürlich verliebt Benjamin sich in das einzige junge Mädchen weit und breit: Daisy, die Enkelin einer der Damen aus dem Altersheim. Natürlich spüren Daisy und Benjamin eine Seeelenverwandtschaft. Und natürlich gerät Benjamin in Verdacht, ein Lustgreis zu sein, weil er sich an die Siebenjährige ranmacht. Dabei ist er doch selbst erst sieben und muss erst leben und lieben lernen. Also begibt er sich auf Wanderschaft, macht Bekanntschaft mit Alkohol, Sex, Krieg und sonstigen Widrigkeiten des Lebens. Daisy (Cate Blanchett) bleibt seine große Liebe. Daran kann auch die wunderbare Tilda Swinton nichts ändern, die Benjamin in einer viel zu kurzen Sequenz als geheimnisvoll-schöne Diplomatenfrau in die Geheimnisse des raffinierten Flirts einweihen darf. Trotz Liebe und Herzschmerz bleibt mit Daisy alles schwierig. Weil Benjamin immer jünger und sie immer älter wird, finden sie nur für kurze Zeit zusammen. Mal ist er zu alt für das kleine Mädchen mit den hübschen roten Haaren. Dann wieder zu jung für die reife Dame Daisy. Trotzdem begleiten sie einander durchs Leben, er entwickelt sich zurück zum Twen und zum Teen, bis er am Ende als Baby in ihren Armen stirbt. (Film, Stern, 29.1.2009)

Fall Fritzl als Theaterstück Kunst oder Krawall - noch bevor Josef Fritzl vor Gericht steht, bringt der Wiener Theatermacher und Provokateur Hubsi Kramar eine Satire über den Inzest-Fall auf die Bühne. Am 23. Februar soll "Pension Fritzl" in Wien Premiere feiern. Durch die Alpenrepublik geht ein Aufschrei der Entrüstung. Österreicher kennen wir zumeist als besonnenes, kaum aus der Ruhe zu bringendes Völkchen. Momentan jedoch treibt ein Mann mit dem harmlosen Namen Hubert "Hubsi" Kramar einigen unserer Nachbarn die Zornesröte ins Gesicht. Der Schauspieler und leidenschaftliche Aktionist will einen Fall auf die Bühne bringen, den die Österreicher lieber ganz unter den Teppich kehren würden: die Taten des Josef Fritzl. Der 74-Jährige sperrte seine Tochter 24 Jahre im niederösterreichischen Amstetten in einen Keller, vergewaltigte sie dort immer wieder und zeugte dabei sieben Kinder. Demnächst muss sich Fritzl für seine Verbrechen vor Gericht verantworten. Obwohl das Theaterstück noch gar nicht geschrieben ist, hat die bloße Ankündigung bereits für Furore gesorgt

- 91 - Erfolg in "Schindlers Liste", Aufsehen durch Provokation Die Frage lautet: Ist das nun kalkulierte Provokation oder Kunst eines Querkopfes? Kramar eckte angeblich schon in frühester Kindheit an. Er soll den Kindergarten in seiner Heimatstadt Scheibbs genau drei Tage besucht haben, bevor er ging. Später änderte sich an seiner Verachtung von autoritären Systemen nicht viel. Nach dem Besuch des Reinhardt-Seminars in Wien sowie der Film- und Musikhochschule und seinem Abschluss-Diplom in Harvard für kulturelles Management begann er seine Karriere als Schauspieler am Burgtheater. Auch auf den Bühnen renommierter Theater in Deutschland hielt er es nur einen Augenblick aus. Immer wieder verweigerte sich Hubsi Kramar dem etablierten Kunstbetrieb. Der linksliberale Künstler fühlte sich in seiner freien Meinungsäußerung viel zu oft behindert. Als Adolf Hitler auf den Opernball Im Jahre 2000 gelingt ihm wohl der spektakulärste Auftritt: Im Zuge einer Protestaktion gegen die konservative Regierung wollte Kramar als Adolf Hitler kostümiert den Opernball besuchen. Dabei wurde er schließlich von der Polizei festgenommen. Seit drei Jahren leitet der Schauspieler das "3raum Anatomietheater" im dritten Wiener Gemeindebezirk. Neben Aufführungen laufen hier auch Performances, Konzerte, Filme, Feste und Literaturvorstellungen. Und im Februar nun "Pension Fritzl". Wie immer bei politisch brisanten Themen lässt das gesellschaftliche Echo nicht lange auf sich warten. Ganz vorne an der Empörungsfront kämpft, wie so häufig, der rechtsorientierte Landtagsabgeordnete und Kultursprecher der FPÖ-Wien, Gerald Ebinger. Es handele sich um einen "unglaublichen Skandal, der nach harten Konsequenzen ruft", schimpft Ebinger. "Kramar", so der Abgeordnete, "möchte durch sein unappetitliches Schauspiel nicht nur die Amstettnerinnen und Amstettner verunsichern und verärgern, sondern hat offenbar auch vor, dem österreichischen Volk einen unbeschreiblich großen Schaden im Ausland zuzufügen", erklärt er in einer Pressemitteilung. Als notwendige Konsequenz verlangt Ebinger sogar die Schließung des Theaters. Ins gleiche Horn bläst der Rechtspopulist Michael Tscharnutter, der die sofortige Einstellung der Subventionen seines Theater von jährlich angeblich 150.000 Euro fordert. (Ausstellung, Stern, 28.1.2009)

Mein Leben als Mensch (Teil 93) Antonio und das Navi Von Jan Weiler

- 92 -

Antonio Marcipane, der italieneische Schwiegervater, kommt über Weihnachten zu Besuch. Dabei verliegt er sich in die Stimme des Navigationsgerätes. Nach diversen Ausflügen reagiert seine Frau eifersüchtig, doch dann hat sie eine Idee.

Antonio Marcipane war zu Besuch. Mein Schwiegervater. Meistens sitzt er am Esstisch und erzählt mir, dass ich zu hektisch sei. Dass ich lernen müsse, morgens freundlicher zu sein. Manche seiner philosophischen Handreichungen erstaunen nicht nur mich, sondern auch seine Tochter Sara. Neulich erklärte er uns also beim Frühstück seine Ansichten über den Bedarf an Frauen bei Männern: "Eine Mann braukter im Lebene nur zwei Fraue. Ein alte, wenner junge iste undeine junge, wenner alte iste." Sara reagierte maßvoll bestürzt und fragte ihren Vater, ob ich in seinen Augen alt oder jung sei. Er antwortete nicht, kicherte nur und trank Kaffee. Um ihn aus der Schusslinie zu nehmen, lud ich ihn ein, mich beim Einkaufen zu begleiten. Das macht er gerne, denn er ist ein Preisvergleichsroboter. Er mag es zudem, alle Leute anzusprechen, die irgendwie interessant aussehen. Für ihn sehen alle Menschen interessant aus. Ich stehe in der Regel daneben, Tütengriffe schneiden mir in die Hand, ich schaue auf den Boden oder in den Himmel und warte. Man lernt Demut, wenn man einen italienischen Schwiegervater hat. Trotzdem habe ich ihn gerne dabei, ich kann es nicht erklären. Wir setzten uns ins Auto. Wir fuhren zum Einkaufen. Das Navi wies uns den Weg. Ich stellte es spaßeshalber auf Italienisch ein, er zeigte sich begeistert. Diese Stimme sei charmant, ganz bestimmt handele es sich um eine wunderschöne Frau, wie man sie besonders im Süden, in Apulien, aber auch in Molise antreffen könne. Aber auch ohne diese herrliche Stimme sei so eine "Sisteme fur der Navigazione" ein "große Komfort fur elegante Leut", und als wir wieder zu Hause ankamen, erklärte er seiner Frau: "Willi aucke so eine Dingeda." Sara und ich schenkten es ihm zu Weihnachten, obwohl Ursula dagegen war. Antonio erledige die meisten Dinge zu Fuß, er gehe täglich zum Bäcker und einmal die Woche zum Lottospielen. Eigentlich benutze er das Auto nur, um zum Supermarkt, zur Reinigung und zum Friedhof zu fahren. Dafür brauche nicht einmal er eine Navigationshilfe. Und wenn doch, dann sitze diese neben ihm. Ich fand, sie klang beinahe schon eifersüchtig auf die Frau in dem Gerät. Muss man sich mal vorstellen. Die Ausflüge häufen sich Die ersten Tage nach Weihnachten verbrachte Antonio im Wesentlichen mit der jungen Frauenstimme in seinem Auto. Nachdem er das Gerät von innen an seine Windschutzscheibe

- 93 - geklebt hatte, fielen ihm plötzlich Dutzende wichtige Erledigungen ein, zu denen er seine Frau nicht unbedingt mitnehmen musste. Als ich an Neujahr mit dieser telefonierte, wirkte sie verstimmt. Am Dreikönigstag erschien sie mir wortkarg, letzte Woche ernsthaft sauer. Nein, ich könne nicht mit Antonio sprechen, der mache einen Ausflug mit Loredana. So hieß das Navi inzwischen.

Gestern kam ein Paket mit der Post, darin lagen Loredana und eine kurze Mitteilung von Antonio, dass er doch kein Navi brauche, man könne es vielleicht umtauschen gegen einen schweigsamen Heizlüfter. Ich rief an und fragte, was passiert sei. Er sei spazieren, sagte Ursula. Ohne Navi. Bei diesem habe er vorgestern auf "Home" gedrückt und sich von der Dame leiten lassen. Diese habe ihn jedoch nach Oldenburg gelotst und nicht in sein niederrheinisches Städtchen. Er habe dies aber erst hinter Münster bemerkt und Zweifel an der Aufrichtigkeit von Loredana bekommen. Letztlich habe er sich deshalb von ihr getrennt. Wie es denn gekommen sei, dass Loredana den falschen Weg nach Hause gewiesen habe, fragte ich meine Schwiegermutter. Da habe irgendjemand die Heimatadresse in dem Gerät verstellt, sagte sie, und ich fand, das klang sehr nach einer Frau, die sich zu wehren weiß. (Essay, Stern, 6/2009)

59. Berlinale Das Ende der Liebe Von Sophie Albers Jeder Mensch hat im Leben seinen ganz eigenen Film im Kopf. An manchen Tagen entwickelt aber auch das Internationale Filmfestival Berlin einen. Und der war am Sonntag herzauswringend. Ein Tag, vier Filme, und am Ende ist man reif für das klebrig-süße Popcorn Hollywoodscher Liebeskomödien. Das ist aber leider aus: Am vierten Tag der Berlinale regierte die Liebe im Kino. Und sie hatte schlechte Laune. Den Anfang machte "Gigante": Ein massiger Mann mit Heavy-Metal-Schwäche arbeitet als Nachtwächter in einem Einkaufszentrum. Nacht für Nacht sitzt er vor den Überwachungskameras und beobachtet Menschen, die putzen, auffüllen, stehlen, Unsinn treiben. Sein Leben ist eingerichtet, er ruht in seiner Routine. Bis er sich in eine der Putzfrauen verliebt. Der bittersüße Film des spanischen Regisseurs Adrián Biniez zeigt

- 94 - wunderbar hintenrum durchs Herz, was die Liebe aus Verliebten machen kann. Am Ende fragt man sich dann, wieso um Himmels Willen Menschen überhaupt zueinander finden, wenn sie zu solchen Psychopathen werden. Den zweiten Schlag auf den romantischen Hinterkopf gibt es von Gael Garcia Bernal und Michelle Williams, die in Lukas Moodyssons "Mammoth" ein auf den ersten Blick perfektes Ehepaar spielen. Sie ist Ärztin, er millionenschwerer Computerspielentwickler. Sie leben in einem luxuriösen New Yorker Loft, und ihre noch immer leidenschaftliche Beziehung wird von einer hübschen wie schlauen neunjährigen Tochter gekrönt. Wie aber schon David Lynch wusste, lauert hinter den weißesten Gardinen meist der dunkelste Abgrund. Nach 120 Minuten, in denen Mann und Frau und Kind und Mutter sich erschreckend brutal entfremden, bleibt die Frage, ob das Konzept der Liebe "bis der Tod euch scheidet" nicht totaler Schwachsinn ist. Die Antwort darauf gibt es von der Leinwand gebrüllt in "Mitte Ende August". "Wer hat uns denn je versprochen, dass es auf dieser Welt jemanden für uns gibt, der uns zurückliebt?", fragt ein alter, reicher Mann mit junger Geliebter im neuen Film von Sebastian Schipper. Wobei er das eher als Aussage, denn als Frage verstanden wissen will. Bücher und Filme betrieben Liebesterror, wütet er und verflucht Romeo und Julia als ersten Kollateralschaden des Medienzeitalters. Dazu muss man wissen, dass der alte, reiche Mann mit der jungen Geliebten gerade seine Tochter besucht, die mit ihrem Mann ein Häuschen auf dem Lande gekauft hat. Von da an geht es abwärts, denn die Liebe scheint sich geradezu eingeschnappt zurückzuziehen. Der Mann betrügt, die Frau leidet schweigend, das Haus, das der Liebe Raum geben sollte, wird mit dem Vorschlaghammer bearbeitet und der schöne, ehrwürdige Baum davor - einer von zweien - gefällt. Das vergleichsweise milde Ende kann das ungute Gefühl nicht vertreiben. Vor allem nicht, nachdem die Liebe auch noch in dem tiefschwarz-sarkastischen Jugendfilm (!) "Cherrybomb" zu einem auf null Grad abgekühlten, drogenbefeuerten Wettstreit verkommt. Marie Bäumer mit Knoten Ein paar Stunden später steht man plötzlich wieder in einem Einkaufszentrum, diesmal allerdings ganz real und hoffentlich ohne den Mann vor den Überwachungskameras. Zwanzig Stockwerke über dem Kurfürstendamm feiert "Mitte Ende August" Premiere. Filmgattin Marie Bäumer hat das wilde Leinwandhaar in einem strengen Knoten gezähmt, und Filmgatte Milan Peschel erkennt man fast nicht wieder mit Brille und dunklem Haar. Nur André Hennicke sieht aus wie immer. Sektgläser klingeln, dezente Beats unterlegen das Lachen und

- 95 - Plaudern, und vor dem Fenster funkelt Berlin. Zumindest von hier oben sieht alles ganz klar und einfach aus - sogar die Liebe. (Film, Stern, 8.2.2009)

Die 81. Oscar-Verleihung: Nach Oscar die Sintflut Von Sophie Albers Die Oscar-Verleihung gehört zum Jahresverlauf wie Weihnachten. Stars, Traum und Glamour total - seit mehr als 80 Jahren. Daran ändern weder Kriege noch Krisen etwas. Was macht den Goldjungen eigentlich so schmerzfrei? Und warum soll man sich in diesen Zeiten Menschen angucken, die im Jahr mehr verdienen als andere im ganzen Leben? Es hätte so eine glitzernde, wilde Superparty werden können: George W. Bush ist weg und damit auch Michael Moore, der Drehbuchautoren-Streik ist vorbei, und mit Hugh Jackman wird der "Sexiest Man Alive" durch den Abend führen. Und dann das: Die Weltwirtschaft macht schlapp. Wie soll man denn bitte zwanglos die größte Glamour-Veranstaltung des Jahres feiern, wenn die Menschen draußen vor dem Fernseher bangen, ob sie sich die Kinokarte nächste Woche überhaupt noch leisten können? Am Sonntag werden nicht nur zum 81. Mal die Oscars verliehen, die Showbranche muss auch ihr Gesicht wahren. Und das ist in diesem Jahr schwieriger denn je. Schon ein Klick auf die Oscar-Website offenbart Schizophrenie. Da läuft eine Werbung, die vor einem Jahr noch wie ein Witz geklungen hätte: Wenn jemand einen Hyundai Assurance erwerben sollte, verspricht eine warmwohlige Männerstimme, dann würde der Autokonzern sogar die Rückversicherung bereit stellen: "Wenn Sie im kommenden Jahr Ihren Job verlieren, geben Sie uns das Auto einfach zurück." Es ist nicht vorbei, bis es vorbei ist, soll das wohl heißen. So hat sich das Showbiz in diesem Jahr zu einer "Aber"-Veranstaltung entschlossen: Hollywood wisse um die Krise, aber die Brillanten werden trotzdem blitzen, stellt Juwelier Neil Lane fest, der seit Jahren die Stars behängt: "Wenn der 'Look' ein großer, teurer Diamant ist, dann wird er auch getragen. Das wird die Wirtschaft nicht verhindern", sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Ich habe großes Mitgefühl angesichts der Krise. Aber das ist Hollywood."

- 96 - Die Partys gehen ebenfalls weiter, wenn auch in kleinerem Umfang: "Wir werden Hollywoods großen Abend feiern", sagt Graydon Carter, berüchtigter Chef des Hochglanzmagazins "Vanity Fair", das die berühmteste aller Oscar-Partys ausrichtet. Aber die Gästeliste werde deutlich kürzer ausfallen. "Wegen der Wirtschaftslage und für die Umwelt" werde außerdem das Dekor vom vergangenen Jahr verwendet. Und während sich die Redaktion der gerade eingestellten deutschen "Vanity Fair" neue Jobs suchen muss, sinnieren internationale Schmuck- und Modedesigner über den diesjährigen Oscar-Style: "Pures Hollywood" soll es sein, wenn auch weniger glitzernd. Wenn es um die Oscars geht, beweist Hollywood Durchhaltevermögen. Noch nie ist die Verleihung der berühmtesten aller Filmpreise ausgefallen, seitdem sie am 16. Mai 1929 das erste Mal bei einem Abendessen mit weniger als 250 Leuten in Los Angeles überreicht wurden. Als Reaktion auf eine Krise geboren, haben den Goldjungen weder der Zweite Weltkrieg, noch die Kriege in Korea oder in Vietnam und auch nicht die Golfkrise aufhalten können. Mitte der 20er Jahre sahen die Filmschaffenden das Kino durch das Radio bedroht, weil immer mehr Menschen Hörspiele verfolgten anstatt Geld für Eintrittskarten zur großen Leinwand auszugeben. 1927 wurde die Academy of Motion Picture Arts and Sciences gegründet, ein Ritter als Trophäe auserkoren, der seinen Namen angeblich dem spontanen Ausruf der hauseigenen Bibliothekarin verdankt, "der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar!" Nur drei Mal wurden die Oscars verschoben: 1938 um eine Woche, nachdem Los Angeles von einer großen Flut heimgesucht worden war. 1968 um zwei Tage, nach der Ermordung Martin Luther Kings. Und 1981 um 24 Stunden wegen des Attentats auf US-Präsident Ronald Reagan. Der soll sich die Gala dann übrigens vom Krankenbett aus im Fernsehen angeschaut haben. Die Sendung sehen sich alljährlich angeblich rund 800 Millionen Menschen weltweit an. (Tv, Stern, 20.2.2009)

Medienkolumne Super Nanny für das Gastgewerbe Von Bernd Gäbler

Abzugshauben mit fingerdicker Fettschicht, Schubladen voller Gammelfleisch: Mit einer Mischung aus Kochsendung und Beratungsshow feiert der "Restauranttester" Christian Rach

- 97 - Quotenrekorde. Zuletzt schauten mehr als sechs Millionen Menschen zu. Woran mag das liegen? Die Trittbrettfahrer von RTL 2 haben wieder einmal nichts begriffen. Weil "Rach, der Restauranttester" montags nach "Bauer sucht Frau" auf RTL so erfolgreich ist, haben sie sich mit der Sendung "Restaurant sucht Chef" flugs davor geklemmt - und erleiden Schiffbruch. Gleichzeitig gilt folgendes: ein Trend hat spätestens dann seinen Höhepunkt überschritten, wenn er in der ARD angekommen ist. Dass Tim Mälzer, der Vertreter des Proletariats unter den Köchen, seinen schnellen Löffel künftig in der ARD schwingen wird, zeigt also nur: Kochsendungen gibt es bis zum Überdruss. Christian Rach kann dies alles kalt lassen. Als "Restauranttester" feiert er gerade Quotenhöhenflüge. Ein Grund dafür ist: Sein Format ist weder eine der zahllosen Kochshows, noch eine simple "Ratgeber"-Sendung. Wie viele der zuletzt mehr als sechs Millionen Zuschauer wollen schon ein Lokal eröffnen? Nein, Christian Rach, der Betreiber des Hamburger Restaurants "Tafelhaus", bietet eine Vorher/Nachher-Show, allerdings ohne Happy-End-Garantie. Er ist eine Art strenge "Super Nanny" für den erschlafften Mittelstand; ein antreibender Peter Zwegat des Bewirtungswesens. Selten nur streift Rach die weiße Koch- Montur über, er testet auch nicht die Restaurants - es geht um deren letzte Chance. Ob "Entenfang", "Obstgarten", "Weserlust" oder das vom Kneipenkollektiv betriebene Berliner "Conmux" - Rach besucht nur Restaurants, die vor der Pleite stehen. Er soll sie retten. Zunächst einmal lässt er sich also bewirten, dann schaut er in Küche und Keller; prüft Service und Konzept; knöpft sich die Verantwortlichen vor und deren Führungsstil. Blick in den Abgrund Mit Christian Rach kommt das Fernsehen vor Ort, um dort die Probleme zu klären. Das Fernsehen ist nicht mehr ein besonderes Haus, an das man sich hilfesuchend wenden kann; kein Studio, in dem Experten Ratschläge erteilen, sondern es untersucht den Fall, stöbert herum in den menschlichen Schicksalen. Die Kamera wird zur Lupe, zum Mittel der Inspektion. Und mit ihrer Hilfe schauen wir in Abgründe. Wir sehen Abzugshauben mit fingerdicker Fettschicht; scharfe Reiniger, die direkt neben dem Salat stehen, ekelerregenden Dreck oder Schubladen voller Gammelfleisch. Diese Bilder sind regelmäßig ein erster Höhepunkt der Sendung: je schlimmer, desto besser. "Ramsay's Kitchen Nigtmare" heißt treffender das britische Format, dem der "Restauranttester" nachempfunden ist. Da muss der Zuschauer kein Fachmann sein, um zu begreifen, dass hier etwas grundsätzlich nicht stimmt. Es geht um Sorgfalt und Arbeitshaltung, um Disziplin und Organisation. Wir haben ja alle unsere Probleme, aber so krass sieht es bei uns zum Glück nicht aus. Unser Schaudern bleibt

- 98 - wohlig. Denn die Sendung lädt zu beidem ein: zu Mitgefühl und Distanz, zu Häme und Identifikation.

Sie sollen sich gefälligst anstrengen Die Probleme sind groß, ja schier unüberwindlich, aber nur Anpacken hilft. Zur Dramaturgie der Sendung gehört, dass Christian Rach nicht als weißer Ritter oder Zauberer daherkommt. Er verspricht keine Idylle, sondern fordert harte Arbeit. Nur wo Initiative herrscht, ein Wille zur Veränderung, ist Rettung denkbar. Ein etwas besseres Leben winkt dem, der sich anstrengt. "Hilfe zur Selbsthilfe" heißt der heimliche Lehrplan, als ginge es um eine Spendenaktion für Afrika. Fast immer gibt es nach harter Analyse und den ersten Schritten der Veränderung ein retardierendes Element. Ein Koch zieht nicht mit; die Geschäftsführerin ist überfordert; die Angestellten streiten. Das gehört zum Spannungsbogen und trägt wesentlich bei zur Wirklichkeits-Simulation. Wüsste man es nicht besser, es könnte glatt eine schonungslose Dokumentation sein. Aber es ist eine Show, in der es nur scheinbar allein um die Sache, die Restaurant-Rettung geht. Tatsächlich gucken wir vor allem zu, wie Menschen sich abstrampeln in ihrem Existenzkampf. Nehmen sie ihn an, resignieren sie, verändern sie sich selbst, indem sie die Umstände ihres Daseins verändern? Unsere Identifikation lässt uns mitbangen, unser Abstand lässt uns genüsslich zusehen. (Tv, Stern, 23.2.2009)

Streit um ZDF-Chefredakteur eskaliert Die Verbalattacke von Hessens Ministerpräsident Roland Koch auf ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hat heftige Reaktionen ausgelöst. Brender selbst weist die Kritik zurück, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck vermutet den Ursprung der Vorwürfe "tief im Kanzleramt". Der Streit über die Vertragsverlängerung von ZDF- Chefredakteur Nikolaus Brender, 60, zwischen SPD- und CDU-Politikern im zuständigen ZDF-Verwaltungsrat eskaliert. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), Vorsitzender des Gremiums, wies Vorwürfe aus der Union gegen Brender in Mainz als konstruiert und vorgeschoben zurück und warf der CDU parteipolitisches Taktieren vor. Sein Stellvertreter im Verwaltungsrat, Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), hatte Brender in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter anderem vorgehalten, in seiner Amtszeit hätten die Nachrichtensendungen viele Zuschauer verloren.

- 99 - Offensichtlich gehe es der Union bei ihrem "parteipolitischen Kalkül" wohl um eine für sie passendere Besetzung des ZDF- Hauptstadtbüros, sagte Beck. Er rief die "nicht so eng gebundenen Mitglieder" im Verwaltungsrat dazu auf, dem Sender nicht mit parteipolitischen Machtspielen zu schaden. "Dieser Appell geht tief ins Kanzleramt", betonte Beck mit Blick auf seine Vermutung, dass die Quelle für die Vorwürfe gegen Brender letztlich "in Berlin" und nicht nur in der hessischen Staatskanzlei zu suchen sei.

Koch sprach von "bitteren Zahlen" des ZDF während der Amtszeit Brenders, der seit 2000 Chefredakteur ist. Seit 2002 habe die Nachrichtensendung "heute" 26 Prozent ihrer Zuschauer verloren und sei hinter der ARD-"Tagesschau" und "RTL aktuell" auf den dritten Platz abgerutscht. Das "Auslandsjournal" habe 56 Prozent und der "Länderspiegel" 16 Prozent der Zuschauer verloren. "Es ist die Pflicht des Verwaltungsrates, solche Negativentwicklungen zu erörtern. Und es ist unsere Aufgabe, nicht jede Debatte über diese Fragen als eine politische oder gar parteipolitische diskreditieren zu lassen." Der Rundfunk als "Beute der Parteien" Brender selbst hielt Koch vor, seine Zahlen seien willkürlich ausgewählt und wenig aussagekräftig. Das "heute-journal" habe 2008 im Durchschnitt 3,33 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 12,0 Prozent gehabt, während es bei den ARD-"Tagesthemen" 2,26 Millionen und 10,5 Prozent gewesen seien, sagte Brender. Im übrigen könnten Einschaltquoten nicht der einzige Gesichtspunkt bei Nachrichtensendungen sein, die über schwierige Vorgänge in Politik, Wirtschaft und Kultur berichteten, sagte Brender. Auch der ehemalige Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Fritz Pleitgen, äußerte Befremden über Kochs Ausführungen zu gesunkenen Quotenwerten einiger ZDF-Sendungen. Schließlich forderten Politiker sonst stets, dass öffentlich-rechtliche Sender gerade nicht auf Quoten schauen müssten, sagte Pleitgen dem Deutschlandradio Kultur. Zudem kritisierte er die parteipolitische Auseinandersetzung zwischen SPD und CDU in der Sache. Parteien sollten zwar in den Aufsichtsräten vertreten sein, aber in angemessener Weise. "Allerdings habe ich hier den Eindruck, dass einige der Parteien versuchen, den Rundfunk sich zur Beute zu machen." Kritik an der Einmischung des Verwaltungsrats Auch der Direktor des Adolf-Grimme-Instituts, Uwe Kammann, äußerte sich kritisch über die Einmischung des Verwaltungsrats. "Sie übersteigt weitaus das Maß dessen, was man im Verwaltungsrat natürlich auch an Kontrolle ausüben darf", sagte der dem Deutschlandfunk.

- 100 - Das Institut vergibt jährlich mit den Grimme-Preisen die renommiertesten Fernsehauszeichnungen Deutschlands. (TV, Stern, 26.2.2009) (www.stern.de)

- 101 -

- 102 -

Literatura, Respekt 12/2009

- 103 -

Respekt 47/2008

- 104 -

Respekt 8/2009

- 105 -

Respekt 10/2009

- 106 -

Respekt 10/2009

- 107 -

Respekt 2/2009

- 108 -

Respekt 2/2009

- 109 -

Respekt 8/2009

- 110 -

Respekt 10/2009

- 111 -

Respekt 11/2009

- 112 -

Respekt 11/2009

- 113 -

Respekt 47/2008, 9/2009,11/2009

- 114 -