Inhalt

Historische Nachweise, gegenwärtige und Prognose der zukünftigen Bestandssituation des Eremiten (Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)) in Sachsen (Coleoptera: Scarabaeidae) ______J. Lorenz 003 - 029 Neufund von Coraebus elatus und Wiederfund von Trachys problematica in Sachsen (Coleoptera: Buprestidae) ______T. Kwast 030 - 034 Nachweise der Zickzack-Blattwespe Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) in Sachsen (Hymenoptera: Symphyta: Argidae) ______T. Sobczyk & M. Nuß 035 - 038 Landesverband Sachsen e.V. Neue und bemerkenswerte Raubfliegenfunde aus Sachsen (Insecta: Asilidae) ______T. Kästner 039 - 054

Zum historischen Auftreten von Prozessionsspinnern (Thaumetopoea sp.) in Dresden (: Notodontidae: Thaumetopoeinae) ______T. Sobczyk 055 - 059 Die Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale (Costa, 1860)) per Anhalter durch Sachsen (Orthoptera: Meconematidae) ______T. Kästner 060 - 064 Aktuelle Daten zur Kleinschmetterlingsfauna von Sachsen (Lepidoptera) VII. ______F. Graf, C. Kaiser, H. Leutsch, R. Mally, H. Melzer, M. Nuß, T. Sobczyk, A. Stübner & S. Wauer 065 - 081 Sächsische Errata______081 Entomologische Zeitschrift 2012/13 7 ISSN-Nr. 1864-2446 Band 7 - 2012/13 Sächsische Entomologische Zeitschrift Das Standardwerk für Schmetterlingskenner

Impressum: Jetzt vollständig aktualisiert 384 Seiten Sächsische Entomologische Zeitschrift laminierter Pappband 2000 Farb-Illustrationen ISBN: 978-3-440-12868-8 Herausgeber: NABU, Landesverband Sachsen e. V. im Auftrag des Arbeitskreises Preis: EUR 39,99 Entomologie im NABU Sachsen Kosmos Verlag, Stuttgart Löbauer Straße 68, 04347 Leipzig; Tel.: (03 41) 33 74 15-0; Fax: (03 41) 33 74 15 13 E-Mail: [email protected] Internet: www.NABU-Sachsen.de

Redaktion: Dr. Matthias Nuß

Layout: Jürgen Auge nach einem Konzept von Uwe Schroeder

Redaktionsschluss: Dezember 2013

Titelfoto: Weibchen der Burschenraubfliege (Tolmerus cingulatus (Fabricius, 1781)) bei Klosterbuch im Muldental am 11. Juli 2012. Foto: Tommy Kästner Schmetterlinge faszinieren durch ihre Eleganz und Anmut. Wie kleine Farbtupfer schweben sie am Himmel – eine Augenweide der Lüfte von beeindruckender Vielfalt und Schönheit. Der vollständig aktualisierte und neu gestaltete Naturführer Schmetterlinge Europas und Nordwestafrikas präsentiert über 440 Tagfalter in Erscheinungsdatum: April 2014 ausführlichen Beschreibungen und kunstvollen, naturgetreuen Farbzeichnungen. Dieses Bestimmungsbuch liefert durch seine präzisen Texte und über 2000 Herstellung: Kopier- und Bindewerkstatt aufwendige Illustrationen ein umfassendes Bild über Lebensweise und Verhalten, Zschämisch (Taucha) & Kollegen Futterp anzen, Raupen und Flugzeiten. Kennzeichen und Variationen der Tagfalter lassen sich besonders gut erkennen, da nicht nur die Flügelober-, sondern auch Bezugspreis: 6,00 € im Abonnement + Versandkosten die Flügelunterseiten dargestellt sind. Der praktische Bestimmungsschlüssel 9,00 € + Versandkosten im freien Verkauf ermöglicht eine einfache und erfolgreiche Handhabung; eine Checkliste steht für Eintragungen eigener Funde zur Verfügung. Die Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Art der gewerblichen Weiterverwendung bedarf der Genehmigung des NABU, LV Sachsen e. V. Der Engländer Dr. Thomas Tolman ist einer der führenden Schmetterlingsexperten Europas. Seit über 30 Jahren widmet er sich in seinen Studien Schmetterlingen und erforscht insbesondere ihre frühen Entwicklungsstadien.

Richard Lewington hat als führender Wildlife- und wissenschaftsbiologischer Zeichner bereits zahlreiche Schmetterlingsbücher illustriert. Er gilt weltweit als einer ISSN-Nr. 1864-2446 der besten Schmetterlingszeichner. Sächsische Entomologische Zeitschrift

Herausgegeben vom Naturschutzbund Deutschland NABU Landesverband Sachsen e. V. und dem Arbeitskreis Entomologie NABU Sachsen Band 7 Leipzig, 2012/2013

Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 3

Historische Nachweise, gegenwärtige und Prognose der zu- künftigen Bestandssituation des Eremiten (Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)) in Sachsen (Coleoptera: Scarabaeidae)

Jörg Lorenz

Naturschutzinstitut Region Dresden, Weixdorfer Str. 15, 01129 Dresden; E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. Es werden historische Funde und der gegenwärtige Kenntnis- stand zu Vorkommen des Eremiten (Osmoderma eremita) in Sachsen und besonders in der Region Oberes Elbtal zusammenfassend dargestellt. Ausgehend von diesen Daten, der Ökologie des Eremiten und dem Brutbaumverlust werden Prognosen zur Bestandsentwicklung in Sachsen gegeben. Die Prognosen beruhen auf empirischen Daten der letzten 20 Jahre über die Fällung von Höhlenbäumen und der Beseitigung von Eremiten-Brutbäumen. Sie zeigen bei anhaltendem Trend der Baumfällungen für den Zeitraum der nächsten 40 Jahre einen extrem starken Rückgang der Eremitenpopulationen in Sachsen, und dass die Art im Jahr 2053 schließlich vom Aussterben bedroht sein wird. Mögliche Maßnahmen zur Eindämmung des rückläufigen Bestandstrends sind insbesondere Kronenentlastungsschnitte an alten Höhlenbäumen, um deren Lebensdauer zu verlängern sowie das Nachpflanzen vieler junger Bäume, die in mehreren Jahrzehnten Habitate für den Eremiten bilden können.

Abstract. Historical records, present, and prediction of, future stock situation of the hermit beetle (Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)) in Saxony (Coleoptera: Scarabaeidae). – Historical records and the present state of knowledge on the occurrence of the hermit beetle (Osmoderma eremita) in Saxony and here especially in the region of the upper Elbe valley are summarized. Based on these data, the ecology of the hermit beetle as well as the decline of breeding trees, predictions are given on the future development of the stock in Saxony. The predictions are based on empirical data of the last 20 years on cutting of hollow trees and removing of breeding trees of the hermit beetle. If this trend continues, populations of the hermit beetle will seriously decline within the next 40 years and eventually will be threatened with extinction by the year 2053. Possible actions to reduce the decline are especially crown pruning to reduce the weight of old hollow trees in order to increase their life span as well as planting of many young trees which may serve after some decades as habitats for the hermit beetle. 4 Lorenz: Osmoderma eremita

1. Einleitung Der Eremit (Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)) oder Juchtenkäfer, früher auch Aprikosenkäfer genannt, gilt sowohl nach der sächsischen als auch nach der bun- desdeutschen Roten Liste als „stark gefährdet“. Entsprechend den Bestimmungen des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 beziehungsweise der FFH-Richtlinie der EU handelt es sich bei Osmoderma eremita um eine „prioritäre Art“ des Anhanges II (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen) und um eine Art des Anhanges IV (streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse). Es handelt sich demnach um eine Art von großer umweltpolitischer und naturschutzfachlicher Relevanz (Ssymank et al. 1998). Aufgrund seines geringen Ausbreitungsvermögens zeugen Vorkommen des Eremiten von einer großen Faunentradition, das heißt, auf gleichem Standort haben sich in den letzten Jahrhunderten ähnliche Habitatstrukturen, also alte, anbrüchige Laubbäume mit Baumhöhlen, befunden (Lorenz 2010).

2. Ökologische Besonderheiten und Allgemeines zur Verbreitung in Sachsen Der Eremit kommt in Sachsen vor allem im Hügel- und Flachland in Höhenlagen bis 300 m ü. NN vor. Der in Sachsen mit ca. 400 m ü. NN am höchsten gelegene Fundort

Abb. 1: Zwei ausgewach- sene Eremitenlarven im charakteristischen, erdfeuch- ten Mulm mit krümeliger Konsistenz und dunkel- brauner Farbe (Stieleiche im Großen Garten Dresden im Oktober 2009). Foto: J. Lorenz

im Osterzgebirge bei Liebstadt wurde 2007 von J. Blau (mündl. Mitt.) gemeldet. Der ursprüngliche Lebensraum war vermutlich der Hartholzauwald in wärmebegünstigten Lagen entlang der großen Flüsse, der aber im Zuge der menschlichen Besiedlung Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 5

Abb. 2: Untypische, relativ trockene, fast pulvrige Mulm- konsistenz mit rotbrauner Färbung (Stieleiche im Großen Garten Dresden im Oktober 2009). Foto: J. Lorenz

vollständig gerodet wurde. Elemente der historischen Kulturlandschaft, wie z. B. Kopfweiden, Obstbäume bzw. Streuobstwiesen und Alleen dienten hier aber recht- zeitig als Ersatzlebensräume. Der Eremit benötigt alte, anbrüchige Laubbäume mit mulmgefüllten Höhlen, in denen sich die engerlingsartigen Larven über eine Dauer von mindestens drei Jahren ent- wickeln (Schaffrath 2003a). Die Baumhöhlen müssen ein spezifisches, relativ kon- stantes Innenklima aufweisen, dürfen nicht allzu viel Feuchtigkeit aufnehmen und am Höhlenrand müssen Pilze teilweise aufgeschlossenes, weiches Holz bilden, von dem sich die Larven ernähren. Der Mulm ist meist erdfeucht und hat eine dunkelbraune Färbung (Abb. 1) oder er ist fast pulvrig trocken und heller rotbraun gefärbt (Abb. 2). In Einzelfällen wurden Larven auch im feuchten, faserig-weichen, hell gefärbten Holz von hohlen Linden aber auch Weiden gefunden (Abb. 3–4). Zur Überwinterung kann auch erdähnlicher, sehr feuchter Mulm dienen, wie die auf Abb. 5 abgebildete Baumhöhle zeigt, die von einem Starkast aus etwa 20 m Höhe stammt, der von einer Esche abgesägt wurde. Der Baum musste aufgrund eines Baumgutachtens und einer festgestellten Bruchgefährdung zum Hochstubben „de- gradiert“ werden. Es konnten drei verschiedene Größenklassen von Eremitenlarven gefunden werden, das heißt, aus den vergangenen drei Jahren beziehungsweise von drei Generationen (Abb. 6) sowie ein „gefüllter“ Kokon. Der Schlupf erfolgt demnach offenbar im vierten Jahr. Eremitenlarven können sich auch außen am Stamm unter der etwas abgelösten Rinde entwickeln. An alten Eichen mit dicker Borke bilden sich manchmal wenige 6 Lorenz: Osmoderma eremita

Zentimeter breite „Mulmtaschen“, die den Eremitenlarven als Entwicklungshabitat dienen. Offenbar ist eine noch ausreichende Isolation gewährleistet, sodass es im Winter nicht zum Durchfrieren kommt. Der in Abb. 7 dargestellte Kokon sowie jüngere Larven wurden zufällig nach der Umsetzung und der Stehendlagerung eines Höhlenbaumes im Januar 2012 außen am Stamm festgestellt. Sie wurden in die Höhle ins Stamminnere verbracht. Zwei weitere Fälle von „Rindenbrut“ können genannt werden: 2011 an einer Alt-Eiche, die im Großen Garten im Stadtzentrum von Dresden im Zuge einer Verkehrssicherungsmaßnahme eingekürzt wurde und 2012 unter der Rinde eines umgebrochenen Pappelhochstubbens im Park von Schloss Albrechtsberg (die Pappelart wurde nicht identifiziert).

Abb. 3: Larven des Eremiten im weichen Abb. 4: Morsche, hohle Linde ohne Mulm Holz (Winterlinde im Barockgarten Groß- und dennoch mit Eremitenlarven besiedelt, sedlitz im Oktober 2010). die sich etwa 30 cm über Flur im weichen Holz „eingebohrt“ hatten (Winterlinde im Barockgarten Großsedlitz im Oktober 2010).

Abb. 5: Sehr fester, feuchter, erdähnlicher Abb. 6: Drei verschiedene Größenklassen Mulm (Esche im Großen Garten Dresden, von Eremitenlarven (Esche im Großen November 2009). Garten Dresden im November 2009). Fotos: J. Lorenz Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 7

Mitte bis Ende Juni schlüpfen die Käfer (Schaffrath 2003a). Die früheste eigene Beobachtung eines lebenden Käfers gelang am 25. Juni und die späteste am 25. August. Die Imagines leben nur wenige Wochen und halten sich vorzugsweise an ihren Brutbäumen auf (Schaffrath 2003a, 2003b). Der Eremit fliegt nur selten und wenn, dann vor allem bei warmer, wind- stiller Witterung überwiegend im Schutz der Brutbäume, das heißt in den meisten Fällen nicht weiter als 200 m (Ranius & Hedin 2001). Das Zurücklegen von Ent- fernungen mehrerer Hundert Meter über offenes Gelände scheint die Ausnahme zu sein (Hardtke 2001). Leider werden Abb. 7: Puppenwiege mit zur Verpuppung solche Einzelbeobachtungen zuweilen fertigen Larve. Zufällig festgestellt nach einer ungerechtfertigt verallgemeinert und Umsetzung mit Stehendlagerung zweier Hochstubben mit großen Höhlen. Leider ist damit suggeriert, dass die Käfer täglich die Rinde beim Aufstellen abgeplatzt (Eiche einen Kilometer weit fliegen würden. In in Meißen-Bohnitzsch im Januar 2012). meiner 20-jährigen freilandökologischen Foto: J. Lorenz Praxis habe ich etwa 200 lebende Käfer beobachten können, wobei nur in fünf Fällen fliegende Eremiten gesehen wurden und dies nur in unmittelbarer Nähe von Brutbäumen. Der Vorkommensschwerpunkt des Eremiten liegt in Sachsen im Elbtal zwischen Pirna, Dresden, Meißen und Riesa einschließlich einiger Seitentäler und angrenzender Gebiete. Hier konnte ich in den vergangenen 20 Jahren etwa 1000 Brutbäume selbst nachweisen. Weitere 200 Brutbäume wurden nach Informationen anderer Entomo- logen und naturinteressierter Bekannter bekannt und anschließend überprüft. Alle verifizierten Brutbäume wurden von mir in einer Datenbank georeferenziert erfasst. Bezugnehmend auf diese Daten, die zum größten Teil aus der Region oberes Elbtal stammen, ergeben sich Baumartenpräferenzen, die in Abb. 8 graphisch dargestellt sind. Fast zwei Drittel aller Brutbäume sind Obstbäume. Weitere nennenswerte Anteile entfallen auf heimische Eiche (es erfolgte keine Unterscheidung von Stiel- und Trauben-Eiche), Linde sowie Kopfweide, das heißt schmalblättrige Weiden, die mehr oder weniger regelmäßig zurückgeschnitten werden. Unter den einmalig festgestellten Baumarten sind aber auch exotische beziehungsweise untypische Arten, wie zum Beispiel der Japanische Schnurbaum (Styphnolobium japonicum), die Mehlbeere (Sorbus intermedia) und die Kirschpflaume (Prunus cerasifera). Brutbäumen auf (Schaffrath 2003a, 2003b). Der Eremit fliegt nur selten und wenn, dann vor allem bei warmer, windstiller Witterung überwiegend im Schutz der Brutbäume, das heißt in den meisten Fällen nicht weiter als 200 m (Ranius & Hedin 2001). Das Zurücklegen von Entfernungen mehrerer Hundert Meter über offenes Gelände scheint die Ausnahme zu sein (Hardtke 2001). Leider werden solche Einzelbeobachtungen zuweilen ungerechtfertigt verallgemeinert und damit suggeriert, dass die Käfer täglich einen Kilometer weit fliegen würden. In meiner 20-jährigen freilandökologischen Praxis habe ich etwa 200 lebende Käfer beobachten können, wobei nur in fünf Fällen fliegende Eremiten gesehen wurden und dies nur in unmittelbarer Nähe von Brutbäumen. Der Vorkommensschwerpunkt des Eremiten liegt in Sachsen im Elbtal zwischen Pirna, Dresden, Meißen und Riesa einschließlich einiger Seitentäler und angrenzender Gebiete. Hier konnte ich in den vergangenen 20 Jahren etwa 1000 Brutbäume selbst nachweisen. Weitere 200 Brutbäume wurden nach Informationen anderer Entomologen und naturinteressierter Bekannter bekannt und anschließend überprüft. Alle verifizierten Brutbäume wurden von mir in einer Datenbank georeferenziert erfasst. Bezugnehmend auf diese Daten, die zum größten Teil aus der Region oberes Elbtal stammen, ergeben sich Baumartenpräferenzen, die in Abb. 8 graphisch dargestellt sind. Fast zwei Drittel aller Brutbäume sind Obstbäume. Weitere nennenswerte Anteile entfallen auf heimische Eiche (es erfolgte keine Unterscheidung von Stiel- und Trauben-Eiche), Linde sowie Kopfweide, das heißt schmalblättrige Weiden, die mehr oder weniger regelmäßig zurückgeschnitten werden. Unter den einmalig festgestellten Baumarten sind aber auch exotische beziehungsweise untypische Arten, wie zum Beispiel8 der Japanische Schnurbaum (Styphnolobium Lorenz:japonicum Osmoderma), die Mehlbeere eremita (Sorbus intermedia) und die Kirschpflaume (Prunus cerasifera).

Birne; 53 Esche; 19 Kopfw eide; 75 Esskastanie; 13 Linde*; 98 Apfel; 165 unbekannt; 10 Buche; 8

Hy bridpappel; 3

Robinie; 4 Stiel-u. Trauben- Rosskastanie; 3 Eiche; 224 Weitere; 23 Rot-Eiche; 2 Schw arzpappel; 2 Berg-Ahorn; 1 Mehlbeere; 1 Schw arz-Erle; 1 Hainbuche; 1 Kirschpflaume; 1 Pflaume; 1 Platane; 1 Spitz-Ahorn; 1 Schnurbaum; 1

Süßkirsche; 527

Abb.Abb. 88:: BaumartenverteilungBaumartenverteilung der 1215der 1215über einenüber Zeitraum einen vonZeitraum 20 Jahren von untersuchten 20 Jahren untersuchtenBrutbäume in SachsenBrutbäume (*v. a. inWinterlinde, Sachsen aber (*v. aucha. Silber-Winter undlinde, Krimlinde). aber auch Silber- und Krimlinde). Bezogen auf den Brusthöhendurchmesser (BHD in 1,3 m Höhe) sind geringere BezogenDurchmesser auf denzwischen Brusthöhendurchmesser 40 und 60 cm am häufigsten(BHD in vertreten1,3 m Höhe)(Abb. 9), sind was geringereauf die Durchmesser zwischen 40 und 60 cm am häufigsten vertreten (Abb. 9), was auf die Dominanz der besiedelten Obstbäume zurückgeht, die zwar durchaus 80–100 Jahre Dominanz der besiedelten Obstbäume zurückgeht, die zwar durchaus 80–100 Jahre altalt sind, sind, aber aber nur nur ausnahmsweise ausnahmsweise größere größere Durchmesser Durchmesser erre erreichen.ichen.

300

250

200

150 Anzahl 100

50

0 30 40 50 60 70 80 90 100 > 100 Durchmesser (cm)

Abb.Abb.9 9:: Durchmesserverteilung Durchmesserverteilung der der 1215 1215 kartierten kartierten Brutbäume. Brutbäume.

Obwohl nach bisherigem Kenntnisstand im Vergleich mit anderen Regionen in Sachsen und speziell im oberen Elbtal eine insgesamt noch große Zahl von festgestellten Brutbäumen vorhanden ist, gibt es keine ausgeglichene Verteilung in der Fläche. Vielfach handelt es sich um offenbar weitestgehend isolierte Vorkommen mit hoher Brutbaumdichte. Ein Beispiel ist der Große Garten im dicht bebauten Stadtzentrum von Dresden, wo 2008 bei einer mehrwöchigen Wintererfassung mindestens 280 aktuelle und 460 potenzielle Brutbäume nachgewiesen werden konnten (Abb. 10). Weitere nennenswerte sächsische Vorkommen gibt es: - in der Elbaue bei Torgau, - entlang der Muldeaue zwischen Eilenburg und Wurzen, - westlich bei Schönwölkau und Tauscha, - im Leipziger Auwald, - im Presseler Heidewald- und Auengebiet, - in der Umgebung von Weißwasser (ein Teil der Vorkommen wurde wegen des Braunkohlebergbaus beseitigt). Darüber hinaus sind kleine, wahrscheinlich isolierte Vorkommen bekannt, beispielsweise: - in der Neißeaue (Pechern, Bad Muskau), - im Teichgebiet Niederspree, - in der Oberlausitzer Gefildelandschaft (Göda, Lauske, Gröditz, Malschwitz, Cannewitz), Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 9

Obwohl nach bisherigem Kenntnisstand im Vergleich mit anderen Regionen in Sachsen und speziell im oberen Elbtal eine insgesamt noch große Zahl von fest- gestellten Brutbäumen vorhanden ist, gibt es keine ausgeglichene Verteilung in der Fläche. Vielfach handelt es sich um offenbar weitestgehend isolierte Vorkommen mit hoher Brutbaumdichte. Ein Beispiel ist der Große Garten im dicht bebauten Stadtzentrum von Dresden, wo 2008 bei einer mehrwöchigen Wintererfassung min- destens 280 aktuelle und 460 potenzielle Brutbäume nachgewiesen werden konnten (Abb. 10).

Abb. 10: Karte des Großen Gartens im Stadtzentrum von Dresden. Zu sehen ist eine hohe Brutbaumdichte. Rot: Bäume mit eindeutigen Besiedlungsspuren vom Eremiten. Gelb: potenzielle Brutbäume. Kartengrundlage: Topographische Karte (TK) 1 : 10.000, Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen (GeoSN). Weitere nennenswerte sächsische Vorkommen gibt es: – in der Elbaue bei Torgau, – entlang der Muldeaue zwischen Eilenburg und Wurzen, – westlich bei Schönwölkau und Tauscha, – im Leipziger Auwald, – im Presseler Heidewald- und Auengebiet, – in der Umgebung von Weißwasser (ein Teil der Vorkommen wurde wegen des Braunkohlebergbaus beseitigt). 10 Lorenz: Osmoderma eremita

Darüber hinaus sind kleine, wahrscheinlich isolierte Vorkommen bekannt, beispiels- weise: – in der Neißeaue (Pechern, Bad Muskau), – im Teichgebiet Niederspree, – in der Oberlausitzer Gefildelandschaft (Göda, Lauske, Gröditz, Malschwitz, Cannewitz), – im Moritzburger Wald, einschließlich des nördlich auslaufenden Hopfenbachtals mit den Ortschaften Steinbach, Naunhof und Lauterbach, – im Röderauwald und Schlosspark bei Zabeltitz-Treugeböhla, – bei Dahlen, – in der Döllnitzaue zwischen Mügeln und Mutzschen, – in der Aue der Vereinigten Mulde bei Trebsen und – in der Aue der Zwickauer Mulde (Colditz, Leisnig, Wechselburg, Waldenburg). (Quellen: eigene Nachweise; Datenbank des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie; Rössner 2012).

Erfassungslücken gibt es beispielsweise im Mulde-Lösshügelland um Roßwein, Döbeln, Coswig und Grimma. Vieles deutet darauf hin, dass es eine große Verbreitungslücke im mittleren und östlichen Sachsen gibt. In einem Streifen von Großenhain über Radeburg, Königs- brück, Kamenz bis einschließlich des gesamten Oberlausitzer Heide- und Teichge- biets bis an die polnische Grenze liegen keine aktuellen, gesicherten Nachweise vor. Viele eigene Untersuchungen bestätigen diese Verbreitungslücke, obwohl gut geeignete Habitatstrukturen, wie zum Beispiel morsche, hohle Eichen vorhanden sind. Auch die aktuelle Oberlausitzfauna zeigt hier keine gegenteiligen Befunde (Klausnitzer et. al. 2009). Aus dem Vogtland gibt es ebenfalls keine Fundmeldungen (Ermisch & Langer 1993a, 1935b, 1936, 1937, 1939, 1942, 1953; Gollkowski 1990, 1991, 1992).

3. Bekannte historische Vorkommen des Eremiten in Sachsen Seit über 200 Jahren sind Vorkommen des Eremiten aus Sachsen bekannt. Der älteste Literaturhinweis stammt aus dem Plauenschen Grund zwischen Dresden und Freital von v. Block (1799). 40 Jahre später wird der Eremit zusammen mit reichlich 1000 Käferarten aus Dresden (Zwingergarten) genannt (Meyer 1840). Das älteste Belegexemplar eines Eremiten befindet sich im Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden (MTD). Es stammt aus Stadt Wehlen (Sächsische Schweiz) von F. Märkel, einem Entomologen, der von 1817 bis 1860 Kantor und Lehrer in Stadt Wehlen war. Dieses und weitere alte Belegexemplare aus dem MTD sind in Tab. 1 aufgelistet. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 11

Tab. 1: Historische Belegexemplare aus dem Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden. *Sammlung in Tharandt im Fachbereich Forstzoologie der Abteilung Forstwirtschaft der TU Dresden.

Jahr Sammler Fundort um 1840 F. Märkel Wehlen, Sächsische Schweiz um 1900 Fuchs Moritzburg um 1900 Hänel Großer Garten, Dresden um 1900 Hänel Niederwartha *1912 H. Wiessner Lercha bei Meißen 1930 ? Zwingerwall, Dresden 1930 Pause Wermsdorf, Horstsee 1944 Detzner Waldheim, Ehrenberg 1948 M. Linke Batzdorf bei Meißen 1950 M. Linke Leipzig 1950 M. Linke Ostragehege, Dresden

Der Kenntnisstand über die Vorkommen des Eremiten in Sachsen bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts ist aus Abb. 11 ersichtlich. Es dominieren Funde aus dem Elbtal um Dresden, wobei vermutlich ein Zusammenhang zum Wohnort der damaligen Entomologen und deren bevorzugte Sammelgebiete, die meist in der Nähe des Wohnortes lagen, besteht. Die individuelle Mobilität, wie wir sie heute kennen, existierte zu jener Zeit noch nicht.

Abb. 11: Historischer Kenntnisstand zu Vorkommen des Eremiten in Sachsen (bis 1950). Kartengrundlage: TK 1 : 10.000, GeoSN. 12 Lorenz: Osmoderma eremita

4. Aktuelle Bestandssituation Die meisten in Abb. 11 gezeigten Nachweise des Eremiten wurden in den 1960er bis 1990er Jahren durch verschiedene regional tätige Entomologen (zum Beispiel E. Jantke, H. Nüssler †, H. Rietzsch, E. Rössner, J. Zinke, Ch. Zirkel) bestätigt. Über weitere Vorkommen, beispielsweise im Altkreis Riesa-Großenhain (unter anderen Nordsachsen beziehungsweise Röderaue bei Zabeltitz-Treugeböhla) publizierte Lehmann (1990, 2005) und über den damaligen Kreis Weißwasser gibt es faunistische Beiträge von Gebert (1986, 2004). Eine umfassende Übersicht der sächsischen Eremitennachweise ist aus Rössner (2012) ersichtlich. In den 1990er Jahren begannen umfangreichere faunistische Untersuchungen im Rahmen der Ausweisung von bestehenden Schutzgebieten aus DDR-Zeiten (FND, NSG, LSG) entsprechend der neu zu übernehmenden bundesdeutschen gesetzlichen Vorgaben. Mit der Ratifizierung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der EU setzte seit etwa 2003 eine Phase intensiver Erfassungen von Vorkommen der FFH-Arten und damit auch des Eremiten ein. Für jedes der 270 sächsischen FFH-Gebiete wurde unter Federführung des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und überwiegend über Werkver- träge mit Planungsbüros auf Grundlage einer vorher durchgeführten faunistischen und vegetationskundlichen Bestandsaufnahme ein Managementplan erarbeitet. Sofern es Kenntnisse oder zumindest Vermutungen über Eremitenvorkommen gab, erfolgten Erfassungen nach einer vorgegebenen Methodik. Gleichzeitig begann das alle sechs Jahre sich wiederholende Feinmonitoring fur die FFH-Arten, das im Auftrag des LfULG unter Federführung des Landesverbands Sachsen der Entomofaunistischen Gesellschaft überwiegend von ehrenamtlichen Entomologen bearbeitet wird. Hier finden bereits einige Eremiten-Vorkommen außerhalb der FFH-Gebiete Berücksichtigung. Diese erste Phase der intensiven Brutbaumerfassung und -kontrolle von 2003 bis 2011 führte zu einem sprunghaften Anstieg der bekannten Vorkommen des Eremiten (Abb. 12). Entsprechend der Kenntnisse über die bevorzugten Lebensräume wurde vor allem in Wärme begünstigten Lagen der großen Flusstäler gesucht, wobei die wohnortspezifische Präferenz der Bearbeiter sicherlich nicht eine gleichmäßige Intensität der Erfassung in ganz Sachsen zuließ. Gut bearbeitet sind Nordwestsach- sen (zum Beispiel J. Stegner, D. Matzke), das obere Elbtal (zum Beispiel J. Lorenz, H.-P. Reike, J. Zinke) und Nordostsachsen (zum Beispiel J. Gebert). Defizite gibt es eventuell im Mulde-Lößhügelland, Mittelsächsischen Lösshügelland und Nordsäch- sischen Platten- und Hügelland. Die meisten Brutbäume konnten im Elbtal zwischen Dresden und Meißen nach- gewiesen werden, wo ein nicht unerheblicher Teil der Brutbäume außerhalb von FFH-Gebieten liegt (Abb. 13). Zur Klärung der tatsächlichen Bestandssituation und als Vorbereitung für ein gezieltes Biotopmanagementprogramm erfolgte im Jahr 2012 ein Präsenzmonitoring zum Vorkommen des Eremiten außerhalb von FFH-Gebieten Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 13

Abb. 12: Kenntnisstand nach intensiver Erfassung durch die FFH-Untersuchungen. Pink: historische Nachweise. Orange: eigene Funde beziehungsweise Funde aus der eigenen Datenbank, die nach Überprüfung von Hinweisen anderer bestätigt werden konnten. Gelb: Nachweise anderer Erfasser. Grüne Flächen: FFH-Gebiete. Quelle: LfULG. Kartengrundlage: TK 1 : 10.000, GeoSN.

Abb. 13: Detailkarte über Eremiten-Brutbäume im Elbtal zwischen Dresden und Meißen nach den FFH-Untersuchungen. Pink: historische Nachweise. Orange: eigene Funde beziehungs- weise Funde aus der eigenen Datenbank, die nach Überprüfung von Hinweisen anderer bestätigt werden konnten. Gelb: Nachweise anderer Erfasser. Grüne Flächen: FFH-Gebiete. Quelle: LfULG. Kartengrundlage: TK 1 : 10.000, GeoSN. 14 Lorenz: Osmoderma eremita in den Landkreisen Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Auftrag des LfULG, Außenstelle Kamenz und unter Federführung des Naturschutzinstituts Dresden. Ein Teilergebnis ist aus der Detailkarte in Abb. 14 ersichtlich. Erfassungs- lücken gibt es noch rechtselbisch nördlich von Riesa und Großenhain. Im linksel- bischen Gebiet zwischen Dresden und Meißen konnte eine relativ hohe Brutbaum- dichte nachgewiesen werden. Es handelt sich um wärmebegünstigte Lagen einer überwiegend agrarisch genutzten Landschaft mit einer dörflichen Siedlungsstruktur. Als Besonderheit kann das Vorhandensein alter Streuobstwiesen und Obstbaum-Al- leefragmente genannt werden, in denen die meisten Brutbäume des Eremiten nach- gewiesen werden konnten (siehe auch Kap. 2). Durch die Kartierungen im Jahr 2012 sind 378 Brutbäume neu gefunden worden, wobei es sich nicht um eine vollständige Erfassung handelt, sondern nur um Präsenznachweise, das heißt, wenn in einer Streuobstwiese oder einer einigermaßen zusammenhängenden Obstbaumallee ein Brutbaum nachgewiesen wurde, sind alle geeigneten Biotope, die nicht weiter als 200 m entfernt sind, zu einem „Vorkommen“ zusammengefasst worden. Es wurde also nicht jeder einzelne vermeintliche Höhlenbaum in diesem Umkreis untersucht. Es ist in der Praxis nicht möglich, die tatsächliche Besiedlungsdichte beziehungs- weise -rate festzustellen, ohne alle Höhlenbäume zu fällen und sämtliche Höhlen

Abb. 14: Detailkarte über Eremitenbrutbäume im Elbtal zwischen Dresden und Meißen nach den FFH-Untersuchungen von 2003–2011 und dem Präsenzmonitoring von 2012. Pink: historische Nachweise. Orange: eigene Funde beziehungsweise Funde aus der eigenen Datenbank, die nach Überprüfung von Hinweisen anderer bestätigt werden konnten. Gelb: Nachweise anderer Erfasser. Grüne Flächen: FFH-Gebiete. Quelle: LfULG. Kartengrundlage: TK 1 : 10.000, GeoSN. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 15 zu öffnen. Mit der visuellen Kontrolle können aktuelle Brutbäume nur zwei- felsfrei festgestellt werden, wenn die Höhlenöffnung groß genug ist, um an den Mulmkörper heranzukommen und wenn durch Wühlen im Mulm die cha- rakteristischen Larven gefunden werden. Mit Einschränkung kann ein Brutbaum als solcher bezeichnet werden, wenn am Höhleneingang ein lebendes Tier sitzt (meist ein Männchen in Posehaltung, wie in Abb. 15) oder am Stammfuß Ektoskelettreste der Käfer und die charakteristischen, abgeplatteten und mindestens 7 mm langen Kotpillen von ausgewachsenen, das heißt dreijäh- rigen Larven zu finden sind (Abb. 16). Allerdings sind Kotpillen nicht immer zweifelsfrei als Hinterlassenschaften der Larven des Eremiten erkennbar. Nicht selten kommen auch die Larven des Marmorierten Goldkäfers (Protaetia marmorata) in den gleichen Mulmhöhlen vor. Manchmal können die Larven der beiden Arten aufgrund einer unterschied- lichen Körperhaltung unterschieden werden. Normalerweise krümmen sich Osmo- derma-Larven u-förmig während Protae- tia-Larven gestreckt bleiben (Abb. 17). Es sind aber auch schon Protaetia-Larven unter der mit Mulm gefüllten Rinde eines Hybridpappelstumpfs gefunden worden, Abb. 15: Männchen in Posehaltung, das die sich deutlich gekrümmt haben. heißt extrem hoch aufgestellt und Flügel- Zwei- bis dreijährige Larven beider Arten decken leicht angehoben sowie den Hinter- leib etwas abgesenkt, um den Sexuallock- können anhand von Borstenstrukturen stoff – ein nach reifen Aprikosen duftendes am Hinterleib identifiziert werden (Abb. Pheromon – für die Weibchen abzusondern 18) (Schaffrath 2003a). Leere Kokon- (Larsson et al. 2003). Foto: J. Lorenz reste sind hingegen wenig geeignet, da es Überschneidungen in der Größe der Kokons mit syntop vorkommenden anderen Scarabaeidenarten gibt (Abb. 19). 16 Lorenz: Osmoderma eremita

Abb. 16: Ektoskelettreste und charakteristi- Abb. 17: Typische Körperhaltung von Osmo- sche Kotpillen am Fuß eines aufgebrochenen derma- (unten links) und Protaetia-Larven Stammes (Kirsche, Umgebung Bosel bei (oben rechts) (Apfel, Helbigsdorf bei Wils- Sörnewitz, östlich Meißen, März 2004). druff, Juli 2012).

Abb. 18: Typische Borstenstrukturen am Abb. 19: Annähernd gleichgroße Kokonreste Hinterleib von Osmoderma- (links) und Pro- mit Ektoskelettresten eines kleinen Exem- taetia-Larven (rechts) (Apfel, Helbigsdorf bei plars des Eremiten (Osmoderma eremita) Wilsdruff, Juli 2012). rechts und eines großen Exemplars des Mar- morierten Goldkäfers (Protaetia marmorata) Fotos: J. Lorenz links (Winterlinde, Dahrener Schanze bei Göda westlich Bautzen, August 2008).

5. Der Eremit auf der „Weißen Liste“ Im Jahr 2012 wurde der Eremit in die „Weiße Liste ausgewählter Arten – Erfolge im Naturschutz in Sachsen“ (Blischke et al. 2012) aufgenommen. Auf Seite 36 heißt es zu dieser Käferart: „Insgesamt ist seit 2001 ein ‚Zuwachs’ von etwa 26 besiedelten TK25-Rastern zu verzeichnen. Das gibt Grund zur Hoffnung für eine zumindest Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 17 mittelfristig gesicherte Zukunft der Art in ihrem sächsischen Verbreitungsraum. Ob der beschriebene ‚Aufwärtstrend’ zunächst nur rein erfassungsbezogen zu interpre- tieren ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend befunden werden.“ Man beachte die Verwendung der Anführungszeichen bei den Worten Zuwachs und Aufwärtstrend. Tatsächlich handelt es sich um einen methodisch bedingten Zuwachs an Nachweisdaten, der auf die im Zusammenhang mit der FFH-Richtlinie einherge- henden intensiven gutachterlichen Tätigkeit seit 2003 zurückgeht (siehe vorstehend). Keine Naturschutzmaßnahme kann kurzfristig einen Lebensraum – also einen Brutbaum(!) – für den Eremiten schaffen und deshalb kann auch keine naturschutz- politische Maßnahme kurzfristig zum „Aufwärtstrend“ der Populationen des Eremiten beitragen. Mit Mulm gefüllte Baumhöhlen entstehen über Jahrzehnte. Wenn jedoch, wie es gegenwärtig häufig praktiziert wird, Bäume mit beginnender Höhlenbildung eliminiert werden, kann sich keine neue Alt-/Höhlenbaumgeneration etablieren. Nur das Belassen anbrüchiger Bäume, also das „Nichtstun“, führt zur Ausprägung von Höhlenbäumen. Nur wenn sich ein ganz bestimmtes, mäßig feuchtes Höhleninnenkli- ma einstellt und bestimmte saprophytische Pilze das Holz aufschließen und andere, vagilere Arten am Mulmbildungsprozess beteiligt sind und wenn in unmittelbarer Nähe, wahrscheinlich nur 100-200 m entfernt, ein bereits vom Eremiten besiedelter Brutbaum vorhanden ist, könnte es zu einer erfolgreichen Neubesiedlung kommen (Ranius & Hedin 2001; Schaffrath 2003). In Sachsen findet aber seit 20 Jahren das Gegenteil statt. Von Jahr zu Jahr fallen immer mehr Höhlenbäume als potenzielle Besiedlungsstrukturen und immer mehr tatsächliche Brutbäume des Eremiten der Säge zum Opfer. Dieser Negativtrend ist eindeutig, wie folgende Beispiele belegen. Die vor wenigen Jahren durchgesetzte Aufweichung der Baumschutzsatzungen mit neuen gesetzlichen Reglungen zur leich- teren Baumfällpraxis (Artikel 2 des Gesetzes vom 23. September 2010, SächsGVBl. S. 270) hat sogar zur Zunahme der Beseitigung von Höhlenbäumen geführt. Die folgenden Fälle sind mir aus eigener Anschauung bekannt: – 2001–2003: Fällung aller Linden in der Stübelallee in Dresden, darunter mindestens 20 Brutbäume des Eremiten, – 2007: Fällung von 30 Bäumen im Großen Garten, die Hälfte davon als potenzielle Brutbäume eingeschätzt, davon drei tatsächliche Brutbäume des Eremiten, – 2008: Fällung von zehn alten Robinien und Japanischen Schnurbäumen entlang der Leipziger Straße, davon ein tatsächlicher Brutbaum des Eremiten, – 2009: Fällung von 25 alten Bäumen im Großen Garten, davon fünf tatsächliche Brutbäume des Eremiten, – seitdem jährlich: Beseitigung von 3–5 Brutbäumen im Großen Garten, – 2008: Beseitigung mehrerer Obstbäume, davon mindestens fünf Eremitenbrut bäume bei Röhrsdorf (Gemeindeverband Klipphausen) an der K8033 (Pinkowitzer Straße), – Winter 2009: In Radebeul-Ost wurden zwei alte Linden mitten im Wald gefällt, die 18 Lorenz: Osmoderma eremita

umfangreiche Höhlen aufwiesen und nicht nur Brutbaum vom Eremiten, sondern auch vom Waldkauz waren, – 2010: Fällung von 36 Höhlenbäumen im Barockgarten Großsedlitz, darunter sechs Eremitenbrutbäume, – Anfang 2011: Fällung mehrerer sehr alter Kirschbäume mit umfangreichen Höhlen, darunter mindestens drei Eremitenbrutbäume an einer wenig befahrenen Sei- tenstraße (Maxim-Gorki-Straße) zwischen Kesselsdorf und Braunsdorf, – Frühjahr 2011: Fällung von acht Höhlenbäumen im Park von Schloss Albrechts- berg, darunter ein Brutbaum des Eremiten, – Mitte 2011: Fällung mehrerer Bäume in einem Tälchen an der K8032 (Schachtberg), darunter eine Esche als Brutbaum des Eremiten, – August 2011: Fällung/Rodung von etwa 50 Pappeln in Meißen-Bohnitzsch, darunter mindestens ein Eremitenbrutbaum, – Ende 2011: Fällung/ Beseitigung von 22 Kopfweiden, davon elf Eremiten-Brutbäume am Kaitzbach in Dresden-Mockritz (fünf Kopfweiden wurden im Ganzen umgesetzt), – Dezember 2011: Fällung von zwei Alt-Eichen an der B6, die als Naturdenkmal ausgewiesen waren und im FFH-Gebiet standen. Auch hier handelte es sich um Eremiten-Brutbäume, – Anfang 2012: Fällung von Bäumen an der S177 bei Ullendorf, darunter zwei Obst- bäume mit Eremitenbesatz, – Februar 2012: Fällung von sechs Höhlenbäumen im Lingnerpark in Dresden, davon vier Eremitenbrutbäume, – Februar 2012: Fällung von sieben Höhlenbäumen im Park von Schloss Albrechts- berg in Dresden, davon drei Eremitenbrutbäume, – November 2012: Fällung von vier Linden in Dresden-Friedrichstadt im Ostragehege in unmittelbarer Nähe des FND „Pieschener Allee“, einer alten Lindenallee mit vielen Eremitenbrutbäumen; Fällung erfolgte ohne vorherige Begutachtung durch einen Sachverständigen und ohne ökologische Baubetreuung; in drei der vier gefällten Bäume konnten Vorkommen des Eremiten nachgewiesen werden, – Dezember 2012: Dresden-Rennersdorf: Fällung von zwei Apfelbäumen, die laut eines Gutachtens im Auftrag der Stadt Dresden aus dem Jahr 2007 als Eremit-Brut- bäume bekannt waren.

Bei einigen dieser Fällungen konnte ich durch Entnahme der Larven einschließlich des Mulms und dessen Umsetzung in benachbarte Höhlenbäume zur „Scha- densbegrenzung“ beitragen. In wenigen Fällen gelang die Umsetzung ganzer Stämme mit Mulmhöhlen, die vom Eremiten besiedelt waren und deren Stehend- lagerung an anderer Stelle (siehe auch Lorenz 2012). Eine solche Umsiedlung ist kein Ausgleich oder Ersatz, kann aber dazu beitragen, andere Populationen zu ergänzen oder, zukünftig, vielleicht auch neue Bruthabitate zu besiedeln, wenn diese vorhanden sind. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 19

Auf Grund der Erfahrungen der vergangenen Jahre muss von einem durchschnitt- lichen Rückgang der Brutbäume von 3 bis 5% pro Jahr ausgegangen werden. Es werden zwar vereinzelt auch wieder neue Brutbäume festgestellt, aber meist handelt es sich dabei um Nachweise, die nach der Fällung eines Höhlenbaumes sichtbar werden, bei dem aufgrund einer Auflage der Naturschutzbehörde ein Gutachten beziehungsweise eine ökologische Baubegleitung gefordert wurde. Die in Einzelfällen praktizierte, aufwändige und teure Errichtung von Totholzla- gerplätzen (Stehendlagerung) hat sich in vielen Fällen als erfolgreich erwiesen. Der Baum auf Abb. 4 wurde kurz nach der Fällung als Hochstubben im Ganzen umgesetzt, im benachbarten Eichenbestand an eine lebende Eiche senkrecht angelehnt und mit breiten, reißfesten Nylonbändern befestigt. Im Juli 2012 konnte ein frisch geschlüpfter Eremit am Stammfuß dieses stehend gelagerten Hochstub- bens beobachtet werden (Ch. Wosch, mündl. Mitt.) (siehe auch Lorenz 2012). Zweites Beispiel: In einer Totholzpyramide, die seit 9 Jahren steht, konnte 2011 ein lebender Eremit erfasst werden. Dennoch besteht Forschungsbedarf bezüglich des langfristigen Erfolgs, und es sollte immer nur eine Ausnahme bleiben (Lorenz 2009, 2012). Dem Belassen eines besiedelten Höhlenbaumes vor Ort sollte der absolute Vorrang eingeräumt werden. Die bislang wenigen Fälle der Errichtung von Totholzlagerplätzen kompensieren nicht den negativen Bestandstrend des Eremiten. Schwierig sind die Dunkelziffern außerhalb von solch gut kontrollierten Gebieten, wie zum Beispiel dem Stadtgebiet von Dresden, abzuschätzen. Viele Obstbäume fallen der Säge zum Opfer, ohne dass dies systematisch erfasst wird. Oft wurde erst in den Folgejahren zufällig bei Begutachtung eines mit Mulm gefüllten Stumpfs festgestellt, dass das einmal ein Brutbaum war. Eine große Dunkelziffer ist weiterhin aus Fällungen in Privatgrundstücken und Kleingärten anzunehmen. Gravierend und schwer bezifferbar ist auch der natürliche Verlust. Viele alte Obstbäume brechen auseinander. Wegen fehlender Gehölzpflege haben sich weit ausladende Kronenäste gebildet. Die statische Belastung wird bei Schnee und Eis im Winter oder starkem Fruchtbehang im Sommer zu groß. Das Auseinanderbrechen und damit die völlige Öffnung der Mulmhöhlen und Zerstörung des Entwicklungsha- bitats des Eremiten sind die Folge. Wenn die mit Mulm gefüllten Stammpartien offen liegen, sind die mikroklimatischen Voraussetzungen, die in relativ geschlossenen Höhlen vorherrschen, für die anspruchsvollen Eremitenlarven nicht mehr gegeben. In der Folge „vererdet“ der Mulm und es kommt zu großen Temperatur- und Feuch- tigkeitsschwankungen. Im Winter, bei längeren Regen- und Schneefällen wird der Mulm sehr nass beziehungsweise nach Barfrost gefriert er. Im Sommer hingegen wird der Mulm beinahe pulvrig trocken und es kommt zu einer starken Aufheizung während längerer Schönwetterperioden. Einigermaßen geschlossene Baumhöhlen beziehungsweise solche mit seitlicher Öffnung haben hingegen ein relativ konstantes Mikroklima (siehe Abb. 20). 20 Lorenz: Osmoderma eremita

Weil die meisten Streuobstwiesen seit Jahrzehnten nicht mehr im ursprünglichen Sinne bewirtschaftet werden und Neupflanzungen ausbleiben, kann sich innerhalb weniger Jahre der Höhlenbaumbestand halbieren (Abb. 21–22). Erst seit einigen Jahren etablieren sich, wenngleich regional noch sehr beschränkt, Initiativen, alte Hochstam- mobstbäume wieder zu pflanzen (zum Beispiel Grüne Liga Dresden/ Oberes Elbtal e.V., Landschaftspflegeverband Vogtland, e.V., NABU-Landesverband Sachsen e.V.), aber es wird Jahrzehnte dauern, bis diese Habitate für den Eremiten bilden. Auch an Feldrainen werden viele Obstbäume zusätzlich geschwächt, da immer intensiver und mit schwererer Technik gewirtschaftet wird: Die Ackerrandstreifen werden schmaler, und Wurzelverletzungen nehmen durch das Pflügen zu (Abb. 23). Selbst an wenig befahrenen Nebenstraßen werden die Lücken in den Obstbaumalleen immer größer. Bei den Straßenobstbäumen kommt es auf der einen Seite zu Wurzelverletzungen, da oft bis an den Stamm heran gepflügt wird sowie auf der anderen Seite durch Stra- ßenbaumaßnahmen, und es werden durch die Randstreifen-Mahd den Bäumen oft erhebliche Rindenverletzungen zugefügt, sodass Eintrittspforten für phytopathogene Pilze entstehen, beispielsweise den Schwefelporling (Laetiporus sulphureus) (Abb. 24). Pestizide (PAN 2009) im Sommer und Tausalze (Flückinger 1985; GALK-Po- sitionspapier 2010; Giesa & Gumbrecht 1990; Klaffke 1988; Zeller 1984 u. a.) im Winter sowie die Zunahme von Witterungsextremen, wie längere Trockenperioden schwächen die Alleebäume in der Agrarlandschaft zusätzlich.

Abb. 20: Typisches Auseinanderbrechen eines seit Jahrzehnten nicht mehr durch regelmäßi- gen Gehölzschnitt stabilisierten Kirschbaumes (Gauernitz, Februar 2009). Foto: J. Lorenz Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 21

Die Fällung von Straßenbäumen stellt eine der wichtigsten Ursachen für den Rückgang von Eremit-Brutbäumen dar, wobei nicht immer das Argument der Ver- kehrssicherungspflicht greift (Abb. 25).

Abb. 21: Streuobst- wiese bei Karpfen- schänke im Jahr 2005.

Abb. 22: Streuobst- wiese bei Karpfen- schänke im Jahr 2011. Von der großen Kirsche am Ackerrand rechts (gelber Kreis) ist nur noch ein Stumpf vorhanden. Die 2005 noch voll bekronte Kirsche im Hinter- grund links (roter Kreis) ist abge- storben.

Fotos: J. Lorenz 22 Lorenz: Osmoderma eremita

Abb. 23: Sehr lückige Allee an einem Feld- Abb. 25: Eigentlich weg. Links: Es wird fast bis an den Stamm- als Naturdenkmale ge- fuß heran gepflügt (Kirsche, Lommatzscher schützte, standsichere Pflege, Juli 2012). Eichen-Hochstubben (bestätigt durch com- putertomografische Untersuchung nach der Fällung), die im Dezember 2011 an der B6 bei Meißen-Reh- bockschänke auf Grund von Abstim- mungsdefiziten zwi- schen Straßenbau und Naturschutzbehörde gefällt wurden.

Abb. 24: Geschwächte Kirsche durch stammnahes Pflügen (links) und Mahd mit Rindenver- letzungen im Sommer sowie Auftausalze im Winter (rechts), sodass Eintrittspforten für phytopathogene Pilze entstehen (Lom- matzscher Pflege, Juli 2012).

Fotos: J. Lorenz Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 23

6. Prognosen zum Brutbaumrückgang in Sachsen Zur Veranschaulichung dieses Negativtrends und der vermuteten Prognose sollen folgende Karten beitragen (Abb. 26–31). Es wird darauf hingewiesen, dass es keine Statistik über die tatsächliche Zahl der jährlich gefällten Brutbäume gibt, Allein in Dresden sind im Winterhalbjahr mindestens zehn Firmen mit Baumfällungen be- schäftigt. Nicht bei jeder Fällung ist ein Gutachter vor Ort beziehungsweise wird eine ökologische Baubegleitung gefordert. Die Rückgangsquote spiegelt nur grob die Erfahrungen des Autors wider, die jedoch auch von anderen Gutachtern diskutiert und geteilt wird, beispielsweise von T. Kästner, H.-P. Reike, J. Stegner und P. Strzelc- zyk). Die meisten Vorkommen des Eremiten liegen außerhalb der FFH-Gebiete. Ein Großteil der Brutbäume sind Obstbäume, vor allem Kirschen. Der Erfassungsstand von Anfang 2013 (Abb. 26) ist als repräsentativer Überblick zu werten, wobei schätzungsweise mehr als drei Viertel aller tatsächlichen Vorkommen gefunden wurden. Diese überdurchschnittlich gute Bestandssituation kann als ein- zigartig und einmalig in Deutschland charakterisiert werden und ist eventuell sogar in ganz Europa beispiellos. Die vorsichtige Schätzung von 3% Verlust entspricht einem Rückgang von 42 Brut- bäumen pro Jahr. Bei bisher etwa 1200 festgestellten Brutbäumen (bezogen auf die in der eigenen Datenbank erfassten Brutbäume, das heißt überwiegend aus dem Elbtal um Dresden) ist dies kaum „sichtbar“. Nach weiteren zehn Jahren wird sich die Zahl auf etwas unter 1000 Brutbäume reduziert haben. Der „sichtbare“ Rückgang ist immer noch beinahe unerheblich (Abb. 27). Im Jahr 2035 hat sich die Brutbaumzahl halbiert auf etwa 700 Bäume. Erste größere Lücken werden sichtbar (Abb. 28). Mitte des Jahrhunderts hat sich die Brutbaumzahl auf weniger als 200 reduziert, was einem Rückgang auf 15 % des Bestandes von 2013 entspricht (Abb. 29). Wenn der derzeitige Trend von Höhlenbaumfällungen anhält und auch nichts Subs- tanzielles gegen den natürlichen Verlust, das heißt die Vergreisung und das Ausein- anderbrechen der Obstbäume gemacht wird, ist ein Brutbaumrückgang von jährlich 5 % eher wahrscheinlich. Demnach wären in 50 Jahren nur noch voneinander stark isolierte Restvorkommen übrig und der Eremit stände in dieser Region kurz vor der Ausrottung (Abb. 30).

7. Mögliche Perspektiven Erforderlich wäre, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre in großem Umfang auf den meisten Streuobstwiesen und Obstbaumalleen im oberen Elbtal bei den noch vorhandenen Obstbäumen unter fachlicher Anleitung mit Kronenentlastungsschnit- ten begonnen wird, um das Auseinanderbrechen zu verzögern. Gleichzeitig müssten umfangreiche Nachpflanzungen mit regionalen Hochstamm-Obstsorten erfolgen, um die zeitliche Lücke mittelalter und jüngerer Obstbäume und damit das Fehlen der zukünftigen Höhlenbäume in räumlicher Nähe zu den bestehenden Restvorkommen nicht noch größer werden zu lassen. 24 Lorenz: Osmoderma eremita

Abb. 26: Erfassungsstand der etwa 1200 festgestellten Eremiten-Brutbäume im oberen Elbtal (Landkreise Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie Stadt Dresden) im Januar 2013. (grüne Flächen sind FFH-Gebiete. Quelle: Sächs. LfULG). Kartengrundlage: Topographi- sche Karte 1 : 10.000, Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen (GeoSN).

Abb. 27: Prognose der verbleibenden Eremiten-Brutbäume für das Jahr 2023 bei einem Brutbaumver- lust von jährlich 3 %.

Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 25

Abb. 28: Prognose der verbleibenden Eremiten-Brutbäume für das Jahr 2035 bei einem Brutbaumverlust von jährlich von 3 %.

Abb. 29: Prognose der verbleibenden Eremiten-Brutbäume für das Jahr 2053 bei einem Brutbaumverlust von jährlich 3 %.

Abb. 30: Prognose der verbleibenden Eremiten-Brutbäume für das Jahr 2053 bei einem Brutbaumverlust von jährlich 5 %. 26 Lorenz: Osmoderma eremita

Wenn Sachsen seine besondere Verantwortung für diese Art wahrnehmen würde, da Osmoderma eremita hier tatsächlich einen wesentlichen Vorkommensschwerpunkt in Europa hat, wäre ein koordiniertes Vorgehen erforderlich. Mit Gründung eines „Osmoderma-Büros“ könnte gezielt der drohendenAusrottung entgegengewirkt werden. Der Eremit gilt hierbei auch als eine Schirmart für die hochgradig gefährdete Ar- tengemeinschaft, die an den mit Mulm gefüllten Baumhöhlen gebunden ist. In den vergangenen Jahren konnte ich zahlreiche Käferarten, darunter auch solche aus der bundesdeutschen Roten Liste oft an und in Eremitenbrutbäumen nachweisen (Tab. 2).

Tab. 2: An Eremiten-Brutbäumen gefundene Rote-Liste-Käferarten (fett: regelmäßig zusammen mit Eremit gefunden). RLD: Rote Liste Deutschland (Geiser 1998), Gefährdungskategorien: 0 = Ausgestorben oder verschollen; 1 = vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet.

Art RLD Art RLD Hesperus rufipennis 2 Dorcatoma flavicornis 3 Velleius dilatatus 3 Dorcatoma chrysomelina 3 Tillus elongatus 3 Prostomis mandibularis 1 Ampedus cardinalis 1 Scraptia fuscula 3 Ampedus nigroflavus 3 Aderus populneus 2 Brachygonus megerlei 2 Euglenes oculatus 2 Procraerus tibialis 2 Anisoxya fuscula 3 Elater ferrugineus 2 Allecula morio 3 Calambus bipustulatus 3 Allecula rhenana 2 Cardiophorus gramineus 2 Prionychus ater 3 Eucnemis capucina 3 Prionychus melanarius 1 Dromaelus barnabita 2 Pseudocistela ceramboides 2 Scintillatrix rutilans 2 Mycetochara humeralis 2 Anthaxia candens 2 Pentaphyllus testaceus 3 Attagenus punctatus 2 Corticeus bicolor 3 Megatoma undata 3 Corticeus fasciatus 2 Trinodes hirtus 3 Uloma culinaris 2 Epuraea distincta 3 Neatus picipes 1 Lathropus sepicola 2 Protaetia lugubris 2 Latridius hirtus 3 Sinodendron cylindricum 3 Mycetophagus piceus 3 Aesalus scarabaeoides 1 Pycnomerus terebrans 1 Necydalis major 1 Synchita separanda 0 Cerambyx scopolii 3 Colydium elongatum 3 Xylotrechus arvicola 2 Symbiotes gibberosus 2 Chlorophorus herbstii 2 Mycetina cruciata 3 Exocentrus adspersus 3 Gastrallus laevigatus 2 Exocentrus lusitanus 3 Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 27

Dies belegt, dass anbrüchige, alte Höhlenbäume Lebensräume von hoher Biotopqua- lität und großer Artenvielfalt sind. Diese ist dort anzutreffen, wo historisch alte Wald- und Gehölzstandorte sowie intakte struktur- und artenreiche Kulturlandschaften in einem kleinflächigen Mosaik aus naturnahem Wald und Gehölzen, das im Offenland über Hecken und Alleen verbunden ist. Insofern kann mithilfe des Eremiten, wie es dem ursprünglichen Gedanken des FFH-Konzeptes entspricht, sicher eine große identitätsstiftende Wirkung erzeugt werden, vor allem, wenn der Schutz dieser Art und ihrer Habitate in ein Gesamtkonzept der regionalen Landschafts- und Wirtschaftsför- derung eingebettet ist. Dazu gehören die Förderung und Nutzung regionaler Res- sourcen, beispielsweise eine Vermarktung von gesundem Obst und Obstprodukten (Saft, Konfitüre) aus heimischen Streuobstwiesen sowie deren extensive Beweidung mit Schafen und alten, kleineren Rinderrassen, die eine Vermarktung ökologisch erzeugter tierischer Produkte erlaubt. Eine solche Landschaft ist schließlich für den Menschen erlebenswert und kann ein touristischer Anziehungspunkt sein.

8. Literatur Audisio, P., H. Brustel, G. M. Carpaneto, G. Coletti, E. Mancini, E. Piattella, M. Trizzino, M. Dutto, G. Antonini & A. DeBiase 2007. Updating the and distribution of the European Osmoderma, and strategies for their conservation. – Fragmenta entomologica, Roma, 39 (2): 273–290. Bernhard, D. 2003. Bemerkenswerte Funde xylobionter Käfer aus Nordwest-Sachsen (Col.). – Entomologische Nachrichten und Berichte 47: 31–37. Blischke, H., S. Malt, D. Schulz, H. Trapp, U. Zöphel, & G. Fullner 2012. Weiße Liste ausgewähl- ter Arten – Erfolge im Naturschutz in Sachsen. - Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (Hrsg.). 60 S. – www.natur.sachsen.de https://publikationen.sachsen. de/bdb/artikel/13341/documents/19554‎ Block, L. H. v. 1799. Verzeichnis der merkwürdigsten Insecten welche im Plauischen Grunde gefunden werden. – In: W. G. Becker, Der Plauische Grund bei Dresden, mit Hinsicht auf Naturgeschichte und schöne Gartenkunst. Ermisch, K. & W. Langer 1935a. Die Käfer des sächsischen Vogtlandes in ökologischer und systematischer Darstellung. 1. Teil. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung. Heft 2: 1–22. Ermisch, K. & W. Langer 1935b. Die Käfer des sächsischen Vogtlandes in ökologischer und systematischer Darstellung. 2. Teil. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung. Heft 2: 1–120. Ermisch, K. & W. Langer 1936. Die Käfer des sächsischen Vogtlandes in ökologischer und systematischer Darstellung. 3. Teil. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung. Heft 2: 1–196. Ermisch, K. & W. Langer 1937. 1. Nachtrag zur vogtländischen Käferfauna. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung. Heft 3: 61–68. Ermisch, K. & W. Langer 1939. 2. Nachtrag zur vogtländischen Käferfauna. – Entomologische Blätter 35: 265–267. Ermisch, K. & W. Langer 1942. 3. Nachtrag zur vogtländischen Käferfauna. – Mitteilungen der Vogtländischen Gesellschaft für Naturforschung. Heft 4: 93–103. Ermisch, K. & W. Langer 1953. 4. Nachtrag zur vogtländischen Käferfauna. – Entomologische Blätter 49: 95–110. 28 Lorenz: Osmoderma eremita

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Neufund von Coraebus elatus und Wiederfund von Trachys problematica in Sachsen (Coleoptera: Buprestidae)

Tom Kwast

Elisenstraße 34, 01307 Dresden; E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. Coraebus elatus (Fabricius, 1787) wurde erstmals für Sachsen nachgewiesen. Trachys problematica Obenberger, 1918 konnte nach seiner Origi- nalbeschreibung erstmals wieder aus Sachsen belegt werden. Die Fundumstände beider Prachtkäferarten werden erläutert und Hinweise zur Ökologie und zu ihrem Auffinden sowie eine Einschätzung der Gefährdung beider Arten in Sachsen gegeben.

Abstract. First record of Coraebus elatus and new record of Trachys problematica from Saxony (Coleoptera: Buprestidae). – Coraebus elatus (Fabricius, 1787) has been found for the first time in Saxony.Trachys problematica Obenberger, 1918 could be recorded for the first time from Saxony since its original description. Information on the circumstances of these findings, on the ecology of both species as well as an assessment on the threats of the two species in Saxony is given.

Einleitung Innerhalb der Arbeit an einem regionalfaunistischen Werk über sächsische Prachtkä- fer führten Forschungstätigkeiten im Jahr 2013 neben der Erweiterung des Wissens über die Vorkommen etlicher häufiger Prachtkäferarten in Sachsen auch zu dem Neufund von Coraebus elatus und dem Wiederfund von Trachys problematica, welche im Folgenden erörtert werden. Es handelt sich sowohl bei Coraebus elatus als auch bei Trachys problematica um ausgesprochen wärmeliebende Arten, welche an offene Trockenrasenflächen gebunden sind.

Material & Methoden Alle aufgeführten Belegtiere sind, falls nicht anders angegeben, von mir überprüft worden. Die Abbildungen wurden von mir aufgenommen. Die Nomenklatur richtet sich nach Löbl & Smetana (2006).

Ergebnisse Coraebus elatus (Fabricius, 1787) Erst 2012 wurde die Angabe für ein Vorkommen in Sachsen von Coraebus elatus (Abb. 1 A) vor 1900 im Verzeichnis der Käfer Deutschlands (Köhler & Klausnitzer, 1998) korrigiert (Klausnitzer et al. 2012). Demnach unterlag die Angabe einem Irrtum und die in Deutschland besonders geschützte Art (nach BartSchV, letzte Änderung Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 31 am 22.07.2009) wurde folglich für Sachsen gestrichen, da zu diesem Zeitpunkt keine Literaturangaben bzw. Belegtiere aus Sachsen bekannt waren. Ende desselben Jahres konnte C. elatus jedoch tatsächlich aus der östlichen Oberlausitz nach- gewiesen werden. Eine kurze Notiz hierzu findet sich bereits in Hornig et al. (im Druck). Der Nachweis erfolgte auf ungewöhnliche Weise. Das Einzeltier wurde Anfang November tot aus nassem Buchenmulm von einer Baumhöhle gesiebt (Richter mündl. Mitt.). Es handelt sich dabei um einen zufälligen Aufenthaltsort des Käfers bzw. dieser könnte im Spätsommer von austretendem Baumsaft angelockt und anschließend im Mulm konserviert worden sein. Die Art entwickelt sich üblicher- weise in krautigen Rosaceen wie z. B. sp. und Fragaria sp. (Brechtel & Kostenbader 2002) und ist eine Charakterart von Trockenrasenflächen. Die etwa 6 mm langen Tiere halten sich bevorzugt auf gelben Blüten auf oder sitzen bodennah auf den Wirtspflanzen. Im Gegensatz zu Vorkommen in Südeuropa ist C. elatus in Mitteleuropa sehr selten. Da es sich hierbei um den bislang einzigen Nachweis in Sachsen handelt und die Art in ganz Deutschland nur an wenigen Stellen vorkommt (siehe u. a. Brechtel & Kostenbader 2002; Niehuis 2004; Stumpf et al. 2001; Gottwald & Hornburg 2004) sollte dem Fundgebiet besondere Schutzwürdigkeit beigemessen werden, was darüber hinaus vielen anderen xerotherm lebenden Tier- und Pflanze- narten der Trockenrasengesellschaften zugute kommen würde. Es ist aufgrund des in Sachsen sehr spärlich vorhandenen Lebensraumtyps davon auszugehen, dass C. elatus nur äußerst individuenarme Populationen aufweist und deshalb in Sachsen stark gefährdet ist. Eine genaue Einschätzung der Populationsdichte kann anhand des Einzeltieres jedoch nicht erfolgen. Weitere Untersuchungen im Fundgebiet in der östlichen Oberlausitz sind hierfür notwendig.

Material: 1 Ex. (Todfund) Niederoderwitz, Sonnenhübel (Königsholz), 08.11.2012, leg., det. et coll. W. Richter (Niederoderwitz).

Trachys problematica Obenberger, 1918 Im Verzeichnis der Käfer Deutschlands (Köhler & Klausnitzer 1998) ist Trachys pro- blematica (Abb. 2A) für Sachsen im Zeitraum vor 1900 angegeben. Diese Angabe bezieht sich wohl auf Obenberger (1918), welcher die Art u. a. für Sachsen anführt. Die Überprüfung eines Typusexemplares im Narodni Muzeum Praha (Prag/Tsche- chien) und eines Syntypus am Deutschen Entomologischen Institut (DEI) jeweils mit der Fundortangabe „Dresden“ konnte dies bestätigen. Letzterer Beleg wurde durch Stephan Gottwald (Berlin) überprüft. Seit der Beschreibung gab es keine weiteren Funde dieser bundesweit besonders geschützten Art (nach BartSchV, letzte Änderung am 22.07.2009) in Sachsen. Durch gezielte Aufsuche der in Sachsen seltenen WirtspflanzeStachys recta L. (Abb. 1B) konnte schließlich 2013 ein aktuelles Vorkommen von T. problematica im Bereich der Lommatzscher Pflege im mittelsäch- sischen Lösshügelland entdeckt werden. Die charakteristischen Larven minieren 32 Kwast: Buprestidae in den Blättern der Wirtspflanze (Abb. 2B), wobei die bräunlich-glänzenden Eier nach eigenen Beobachtungen bevorzugt auf der Blattunterseite abgelegt werden. Gleichzeitig geben Eier, Larven und Minen wertvolle Hinweise für den Nachweis der Art. Die etwa 2 mm langen, erwachsenen Tiere sitzen bodennah an den Blättern der Wirtspflanze und führen dort einen Reifungsfraß durch. Bei der kleinsten Erschütte- rung lassen sie sich in die Bodenstreu fallen, woraufhin ein Auffinden aufgrund ihrer

A B Abb. 1: A: Coraebus elatus auf Potentilla sp., Brandenburg: Gabow, Odertal, 22.06.2012 B: Stachys recta, Wirtspflanze von Trachys problematica, Prositz bei Piskowitz, 19.05.2013.

A B Abb. 2: A: Trachys problematica auf der Wirtspflanze.B: Blatt der Wirtspflanze Stachys recta mit Mine und Larve von Trachys problematica (Aufnahme unter Durchlicht), Prositz bei Piskowitz, 19.05.2013. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 33 geringen Größe und der dunklen Färbung äußerst schwierig ist. Nach Übermittlung aktueller Funddaten durch H.-J. Hardtke und A. Ihl konnte das Vorhandensein von S. recta L. bei Diesbar-Seußlitz, Zehren, an mehreren Stellen in der Umgebung von Meißen und im Plauenschen Grund bei Dresden bestätigt werden (Funddaten nach der Datenbank der AG sächsischer Botaniker im Landesverein Sächsischer Hei- matschutz). Die Suche nach T. problematica an diesen Stellen blieb jedoch bislang erfolglos. Grund hierfür mag die Unzugänglichkeit an den meisten der genannten Standorte sein, die ein gefahrloses Untersuchen der Pflanzen an den steilen Felshän- gen nahezu unmöglich macht. Zudem scheint die Art in ihrer Aktivitätszeit während der Sommermonate nicht konstant viele Individuen hervorzubringen. Vielmehr gibt es Perioden, in denen die adulten Tiere zahlenmäßig viel häufiger auftreten und damit auch leichter aufzufinden sind. Nach Stumpf & Stumpf (1998) wurden in Thüringen im Mai und im August besonders viele Nachweise erbracht, im Juni und Juli dagegen fast keine. Die Nachsuche Ende Juni am genannten Fundort im sächsischen Löshü- gelland bei Lommatzsch ergab ein ähnliches Ergebnis. Während im Mai neben den Belegexemplaren zudem weitere Tiere beobachtet werden konnten, wurde im Juni am selben Standort nicht ein einziges erwachsenes Exemplar gefunden. Außerdem konnte an Hand eigener Untersuchungen auch in Brandenburg und Südosteuropa festgestellt werden, dass im Vergleich zu anderen europäischen Trachys-Arten die charakteristischen Minen viel schwieriger aufzufinden sind. All diese Faktoren und die in Sachsen ohnehin seltene Wirtspflanze S. recta mögen das Auffinden von T. problematica erschweren. Dennoch sind weitere Funde entsprechend den Vorkommen der Wirtspflanze zu erwarten. Die Art ist in Sachsen als stark gefährdet einzuschätzen, da die Vorkommen der Wirtspflanze oft nur sehr kleinflächig und inselartig vorhanden sind und nach Hardtke & Ihl (2000) ein schwacher Rückgang zu verzeichnen ist. Neben dem sächsischen Vorkommen ist T. problematica aktuell im östlichen Deutsch- land in Brandenburg im Odertal (Gottwald & Hornburg 2004), in Thüringen (Stumpf & Stumpf 1998) und in Sachsen-Anhalt (Köhler & Klausnitzer 1998) verbreitet.

Material: 1♂, 8♀ Prositz bei Piskowitz, 19.05.2013, leg., det. et coll. Kwast. 1♀ Prositz bei Piskowitz, 06.06.2013, ex larva Stachys recta, leg., det. et coll. Kwast.

Danksagung Mein besonderer Dank gilt Wolfgang Richter (Niederoderwitz) für die Einsichtnahme in seine Sammlung und die Ermächtigung zur Verwendung seiner Funddaten speziell für Coraebus elatus sowie Uwe Hornig, der mich auf diesen Fund aufmerksam machte. Stephan Gottwald (Berlin) danke ich für die Überprüfung des Syntypus von Trachys problematica am Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg. Des weiteren möchte ich den Herren Hans-Jürgen Hardtke und Andreas Ihl für die Übermittlung der Funddaten von Stachys recta in Sachsen danken. 34 Kwast: Buprestidae

Literatur Brechtel, F. & H. Kostenbader 2002: Die Pracht- und Hirschkäfer Baden-Württembergs. – Verlag E. Ulmer, Stuttgart, 632 S. Gottwald, S. & M. Hornburg 2004. Ein Wiederfund von Buprestis haemorrhoidalis Herbst, 1780 sowie weitere bemerkenswerte Prachtkäferfunde in Brandenburg und Berlin (Coleoptera: Buprestidae). – Märkische Entomologische Nachrichten 6: 47–54. Hardtke, H.-J. & A. Ihl 2000. Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. – Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): 806 S. Hornig, U., R. Franke, J. Gebert, W. Hoffmann, O. Jäger, B. Klausnitzer, J. Lorenz, W. Richter & M. Sieber 2013 (im Druck): Neues aus der Käferfauna Sachsens (Coleoptera). – Entomo- logische Nachrichten und Berichte 57 (3). Klausnitzer, B., U. Hornig, J. Lorenz, J. Gebert, W. Hoffmann, M. Sieber & W. Richter 2012. Zur Kenntnis der Käferfauna Sachsens (Coleoptera). – Entomologische Nachrichten und Berichte 56: 115–116. Köhler, F. & B. Klausnitzer 1998. Verzeichnis der Käfer Deutschlands. – Entomologische Nach- richten und Berichte Beiheft 4: 1–185. Löbl, I. & A. Smetana 2006. Catalogue of Palaearctic Coleoptera. Volume 3. Scarabaeoidea – Scirtoidea – Dascilloidea – Buprestidae – Byrrhoidea. – Apollo Books, Stenstrup. Niehuis, M. 2004. Die Prachtkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. – Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Beiheft 31: 713 S. Obenberger, J. 1918. Revision der paläarktischen Trachydinen (Coleoptera-Buprestidae), mit Einschluss einiger Beschreibungen exotischer Arten. – Archiv für Naturgeschichte 82 (A) (1916), 11:1–74. Stumpf, W. & Y. Stumpf 1998. Zur Lebensweise und Vorkommen der Prachtkäferarten der Tribus Trachyini (Coleoptera, Buprestidae) in Thüringen. – Thüringer Faunistische Abhandlungen V: 179 – 191. Stumpf, W., Y. Stumpf & M. Hartmann 2001. Lebensweise und Verbreitung der Prachtkäfer- gattungen Coraebus Gory & Laporte, 1839 und Agrilus Curtis, 1825 in Thüringen (Coleoptera, Buprestidae). – Thüringer Faunistische Abhandlungen VIII: 185 – 214. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 35

Nachweise der Zickzack-Blattwespe Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) in Sachsen (Hymenoptera: Symphyta: Argidae)

Thomas Sobczyk 1 & Matthias Nuss 2

1 Diesterwegstraße 28, 02977 Hoyerswerda, E-Mail: [email protected] 2 Senckenberg Museum für Tierkunde, Königsbrücker Landstr. 159, 01109 Dresden; E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. Die ostasiatische Zickzack-Blattwespe Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) wurde 2011 erstmalig in Deutschland nachgewiesen. In der vorlie- genden Arbeit werden erste Nachweise aus Sachsen mitgeteilt und illustriert. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Populationen dieser Art in den nächsten Jahren in Sachsen stark vergrößern und Schäden an den Ulmen verursachen werden. Deshalb wird dazu aufgerufen, Beobachtungen der Zickzack-Blattwespe, insbesondere basierend auf dem charakteristischen, namensgebenden Fraßmuster der jungen Larven, auf www.insekten-sachsen.de mitzuteilen.

Abstract. Records of the invasive sawfly Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) in Saxony (Hymenoptera: Symphyta: Argidae). – The East Asian sawfly Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) has been recorded for the first time from Germany during the year 2011. Here, first records of the species from Saxony are recorded and illustrated. Probably, populations of the species will strongly increase and cause damage on elm trees during the next years. For that reason, it is requested to communicate observations of the sawfly Aproceros leucopoda, especially based on its characteristic feeding pattern on the leaves, at www.insekten-sachsen.de.

Einleitung Die an Ulmen lebende Blattwespe Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) wurde ursprünglich aus Japan beschrieben und ist in Ostasien heimisch. Seit 2003 sind von dieser Art Nachweise aus Europa bekannt. Sie wird daher als invasive Art geführt. Vermutet wird die Einschleppung mit infiziertem Pflanzenmaterial. Nachdem zuerst Länder in Osteuropa (Ungarn, Rumänien, Polen) besiedelt wurden, kam es 2009 zum Erstnachweis in Österreich und Italien sowie 2011 in Deutschland (Blank et al. 2010; Kraus et al. 2011; Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 2012; Zeitler 2012). Der Aufruf von Blank & Liston (2013) war Grund für die gezielte Suche der Art in Sachsen. 36 Sobczyk & Nuss: Aproceros leucopoda

Ergebnisse Am 12.07.2013 wurden in einem Park in Hoyerswerda erste Fraßspuren der Larven der Zickzack-Blattwespe festgestellt. Dabei war die Suche nicht einfach, da die Blätter der Ulmen zu diesem Zeitpunkt durch eine Vielzahl von Insekten befressen waren und ein 14 Tage zurückliegender Hagelschauer zahlreiche Blätter beschädigte.

Die Suche an weiteren Ulmenbeständen (7 Bestände mit etwa 100 Bäumen) in der Umgebung blieb hingegen erfolglos. Erst am 28.07.2013 wurden am Bahnhof Hoyerswerda weitere befallene Bäume festgestellt. Zuvor (18.07.2013) wurde bei Spremberg (Südbrandenburg) an der B 97 in der Nähe des Toom-Baumarktes ein weiterer Nachweis erbracht. Die Suche nach der Zickzack-Blattwespe in Bautzen, Kamenz, Lieske, Pirna, Spreewitz, Weißwasser und Wittichenau blieb ohne Nachweis. Auf Insekten-Sachsen.de meldete Franziska Bauer die Zickzack-Blattwespe vom 25.08.2013 aus Radebeul-Zitzschewig mit einem Fotobeleg eindeutiger Fraßspuren.

1 2

3 4

Abb. 1–4: Aproceros leucopoda. 1. Weibchen, Hoyerswerda, Stadtpark, e. l. 03.08.2013. 2. Larve mit typischem Fraßbild, Hoyerswerda, Stadtpark, 12.07.2013. 3. Fraßbilder, Hoyerswerda, Stadtpark, 18.07.2013. 4. Puppe im Kokon, Hoyerswerda, Stadtpark, 28.07.2013. (Fotos: T. Sobczyk) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 37

Biologie Besiedelt werden möglicherweise alle Arten der Gattung Ulmus, unabhängig vom Alter der Bäume. Die Vermehrung erfolgt parthenogenetisch. Bisher wurden keine Männchen beobachtet. Durch die sehr kurze Entwicklungsdauer, eine Generation entwickelt sich in 24-29 Tagen vom Ei bis zur Imago, können mehrere Generationen pro Jahr gebildet werden (Blank et al. 2010). Die kurze Entwicklungszeit kann durch eigene Untersuchungen bestätigt werden:

Larven 12.07.2013 (etwa 5 mm lang) Gespinst 27.07.2013 Puppe 28.07.2013 Schlupf Imago 03.08.2013 Eiablage 04.08.2013 Schlupf Larve 07.08.2013 Larven 5 mm 13.08.2013

Die Weibchen (Abb. 1) legen ihre Eier am Blattrand ab. Die Junglarven verursachen vom Blattrand aus einen typischen Zickzackfraß zur Blattmitte (Abb. 2–3), der dieser Art zur deutschen Namensgebung verhalf. Das Fraßmuster ist leicht erkennbar und ein sicheres Diagnosemerkmal. Später fressen die Larven größere Blattflächen und das Fraßbild ist nicht zweifelsfrei zuordenbar. Mehrere Generationen im Jahr können zur vollständigen Entlaubung befallener Bäume führen. Nach sechs Stadien entwickeln sich die Larven zu Eonymphen (Einspinnstadium bei Kokon bildenen Arten, insbesondere Blattwespen). Die Kokons sind netzartig locker gesponnen (Abb. 4). In ihnen erfolgt die Verpuppung. Imagines können von Ende April bis Ende September beobachtet werden. Sie gelten als gute Flieger und können sich somit kleinräumig ausbreiten (Schrader & Schröder 2012). Das erstmalige Auftreten der Zickzack-Blattwespe in Berlin und Brandenburg im Jahr 2013 wurde vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut Müncheberg als Anlass für einen Aufruf zur Suche nach dieser Art genutzt (Blank & Liston 2013). Ein entsprechender Artsteckbrief wurde am 05.07.2013 auf der Homepage von www.insekten-sachsen.de eingestellt. In Brandenburg wurde die Art inzwischen an 17 Fundorten gemeldet (Nagel 2013).

Ausblick Aufgrund der bisherigen schnellen Ausbreitung in Ost- und Mitteleuropa (Blank et al. 2010; Kraus et al. 2011) muss mit einer erheblichen Häufung des Auftretens der Zickzack-Blattwespe in den nächsten Jahren in Sachsen und damit mit einer weiteren Schädigung unserer Ulmen gerechnet werden. Hiermit möchten wir dazu aufrufen, Beobachtungen der Zickzack-Blattwespe, insbesondere basierend auf dem charakteristischen, namensgebenden Fraßmuster der jungen Larven, auf www.insekten-sachsen.de mitzuteilen. 38 Sobczyk & Nuss: Aproceros leucopoda

Literatur Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft 2012: Jahresbericht 2011. Freising-Weihenstephan. 158 S. – http://www.lfl.bayern.de/mam/cms07/iba/dateien/jahresbericht_2011_des_ instituts_f__r_betriebswirtschaft_und_agrarstruktur.pdf Blank, S. M., H. Hara, J. Mikulás, G. Csóka, C. Ciornei, R. Constantineanu, C. Constantineau, L. Roller, E. Altenhofer, T. Huflejt & G. Vétek 2010. Aproceros leucopoda (Hymenoptera: Argidae): An East Asian pest of elms (Ulmus spp.) invading . – European Journal of Entomology 107: 357–367. Blank, S. M. & A. Liston 2013: Eingeschleppt - Zickzack-Blattwespe bei Berlin entdeckt. – Pressemitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung vom 31.05.2013. EPPO 2012. Aproceros leucopoda (Hymenoptera: Argidae), Alert List. – http://www.eppo.org/ QUARANTINE/Alert_List/insects/aproceros_leucopoda.htm Kraus, M., A. D. Liston & A. Taeger 2011. Die invasive Zick-Zack-Ulmenblattwespe Aproceros leucopoda Takeuchi, 1939) (Hymenoptera: Argidae) in Deutschland. – Deutsche Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie – Nachrichten 25 (3): 117–119. Nagel, M. (2013): Pflanzenschutzinformation, Fachgebiet Baumschulen und Landschafts- gartenbau 15/2013. – Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg: 1–4. Schrader, G. & T. Schröder 2012. Express-PRA zu Aproceros leucopoda. – Julius-Kühn-Institut. 11 S. – http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/dokumente/upload/136c3_aproceros leucopoda_ pra-de.pdf Zeitler, J. 2012. Asiatische Ulmenblattwespe erstmals in Bayern nachgewiesen. – Lwf aktuell 88: 12–13. – http://www.lwf.bayern.de/waldbewirtschaftung/waldschutz/schaedlinge-und- baumkrankheiten/sonstige-laubbaeume/44904/linkurl_1.pdf Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 39

Neue und bemerkenswerte Raubfliegenfunde aus Sachsen (Diptera: Asilidae)

Tommy Kästner

Clausen-Dahl-Straße 43, 01219 Dresden; E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. In den Jahren 2010 und 2011 wurden die Raubfliegenarten Leptarthus brevirostris und Neoepitriptus setosulus und im Jahr 2013 Holopogon nigripennis und Echthistus rufinervis erstmalig in Sachsen nachgewiesen. Für weitere 14 Raubfliegenarten, für welche bisher weniger als zehn Beobachtungen aus Sachsen dokumentiert sind, gelangen in den Jahren 2010–2013 weitere Nachweise.

Abstract. New and remarkable records of robber flies from saxony (Diptera: Asilidae). – During the years 2010 and 2011, the robberflies Leptarthus brevirostris and Neoepitriptus setosulus, and during 2013, Holopogon nigripennis and Echthistus rufinervis were recorded from Saxony for the first time. Further records are given from the years 2010–2013 for another 14 robber fly species, for which less than ten observations from Saxony have been published so far.

1. Einleitung Für Sachsen liegt bislang keine Checkliste der Raubfliegen vor. Daten zu Raubfliegenfunden sind zwar zum Teil publiziert, jedoch häufig schon Jahrzehnte alt. Nur für die Oberlausitz erfolgten umfassende Auswertungen der Raubfliegenfunde durch Franke (2010). So überrascht es nicht, dass immer noch Neunachweise von Raubfliegenarten in Sachsen gelingen. Nach Wolff (2011, 2012) liegen bestätigte Nachweise für 81 Raubfliegenarten für Deutschland vor, von denen 52 Arten aus Sachsen bekannt sind. Im nordostdeutschen Tiefland sind 62 Raubfliegenarten nachgewiesen, in den östlichen Mittelgebirgen 65 Arten. Dennoch gibt es insbesondere in den östlichen Mittelgebirgen noch viele Wissenslücken aufgrund der geringen Erfassungstätigkeit (Wolff 2012). Im Folgenden werden erstmalig nachgewiesene sowie bisher selten in Sachsen gefundene Arten vorgestellt. Es wird angeregt, vorhandenes Sammlungsmaterial nach Raubfliegen zu sichten und Nachweise mitzuteilen. 40 Kästner: Asilidae

2. Material und Methoden Die Raubfliegenerfassungen erfolgten in den Jahren 2010 – 2013 auf verschiedenen, beruflich und privat aufgesuchten Flächen in Sachsen. Dabei kamen folgende Erfassungsmethoden zum Einsatz: – unselektiver Kescherfang (streifen durch die Vegetation, insbesondere durch Saumvegetation) – selektiver Kescherfang beobachteter Raubfliegen mit vorheriger optischer Suche (vor allem im offenen, vegetationslosen Gelände) – gezieltes Absuchen von und Warten an günstigen Habitatstrukturen (z. B. Totholz) Weiterhin gelangen Raubfliegennachweise bei Lichtfängen, durch Absuchen von Sonderstrukturen (insbesondere Kontrolle von Spinnennetzen und von an Bäumen und Infotafeln befestigten Klarsichtfolien) und nicht zuletzt zufällig (z. B. sonnend / landend auf polarisierenden Oberflächen wie PKW oder polierten Granitplatten). Die Determination erfolgte anhand der Literatur von Geller-Grimm (2003) und Weinberg & Bächli (1995). Wenn erforderlich, erfolgte eine Genitalpräparation zur Bestimmung (insbesondere T. strandi). Kritische Tiere wurden zudem durch D. Wolff nachbestimmt. Zur Einordnung der Funde in das publizierte Wissen zu Raubfliegenvorkommen in Sachsen und Deutschland wurde die Internetseite www.asilidae.de (Wolff 2012) herangezogen, die alle verfügbaren publizierten Raubfliegenfunde aus Deutschland zusammenträgt.

3. Ergebnisse 3.1. Neunachweise für Sachsen

Echthistus rufinervis (Meigen, 1820) E. rufinervis konnte im Jahr 2013 nach gezielter Nachsuche in Habitaten, wie sie in Brandenburg beflogen werden, an zwei Lokalitäten in den Sand- gebieten der sächsischen Lausitz auf krautrei- chen Sandtrockenrasen mit fast geschlossener Vegetationsdecke gefunden werden. Die nordostdeut- sche Tiefebene stellt das Hauptvorkommensgebiet von E. rufinervis in Deutschland dar. Hier konnte E. rufiner- vis in steppenartigen Habitaten, auf Sandtrockenrasen, Graudünen und Heideflächen gefunden werden (Engel 1932; Jacobs 2006; Wolff & Degen 2009; Wolff & Gebel 2012). Abb. 1: Weibchen von Echthistus rufinervis auf krautreichem Sandtrockenrasen bei Lippen. Erstnachweis für Sachsen. Foto: T. Kästner, 17.06.2013 Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 41

Die Habitate in Sachsen besitzen ebenfalls einen steppenartigen trocken- warmen Charakter. Sie liegen zwar im Umfeld der Braunkohletagebaue, auf Rekultivierungsflächen selbst konnte E. rufinervis jedoch nicht gefunden werden, sondern nur auf gewachsenem Boden mit höherer Habitatkontinuität. E. rufinervis ist in Deutschland gefährdet (Wolff 2011).

Material. 2♀ Lippen (TK 4652-NO), 17.06.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂, 1♀ Weißkollm, Binnendünenzug zwischen Burg und Weißkollm NE Scheibesee (TK 4552-SW), 17.06.2013, Kästner leg. et coll; 1♂, 1♀ Weißkollm, Binnendünenzug zwischen Burg und Weißkollm NE Scheibesee (TK 4552-SW), 29.06.2013 Kästner leg.

Holopogon nigripennis (Meigen, 1820) H. nigripennis wurde 2013 am Oberhang des Plauenschen Grundes bei Dresden gefunden. Hier dominieren wärmeliebende, totholzreiche (Eichen-) Gebüsche, trockenwarme Saumgesellschaften und Felspartien. Die Art konnte auf den Spitzen abge- storbener Zweige in einer Höhe von bis zu 4 Metern beobachtet werden. In den Mittelgebirgen ist H. nigripennis weit verbreitet, Nachweise aus Sachsen fehlen jedoch. Im Tiefland lagen bisher nur Nachweise aus dem Raum Halle vor (Wolff et al. 2013; Wolff & Degen 2011; Wolff 2003). Die Bevorzugung von thermophilen Habitaten mit Gebüschen, Trocken- und Magerrasen auf Sand und Abb. 2: Weibchen von Gestein wird von zahlreichen Autoren beschrieben Holopogon nigripennis in (Geller-Grimm et al. 2003; Dunk & Halbe 2006; Wolff & typischer Lauerposition auf einer trockenen Zweigspitze. Degen 2009; Wolff & Degen 2011; Wolff & Gebel 2012). Hoher Stein in Dresden Wolff (2011) ordnet H. nigripennis in die Vorwarnliste Plauen. Foto: T. Kästner, der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands ein. 03.07.2013

Material. 4♂, 6♀ Dresden, Hoher Stein (TK 4948-SW), Gutzeit et Kästner leg., 2♂, 4♀ coll. Kästner.

Leptarthus brevirostris (Meigen, 1804) L. brevirostris konnte 2011 erstmalig und seither kein weiteres Mal in der Nähe von Rechenberg-Bienenmühle, OT Holzhau, gefunden werden. Der Fundort liegt auf ca. 670 m über NN am Rand einer naturschutzgerecht bewirtschafteten Bergwiese (mit Nachbeweidung) im Kontakt zu einem Fichtenforst. Das Tier hielt sich in der langra- sigen Saumvegetation auf einer trockenen Böschung am Rand des Grünlandes auf. Zwei relativ kleine und recht steile Bereiche der Wiese sind dem Biotoptyp Bergwiese 42 Kästner: Asilidae

zugeordnet. Sie sind durch magere Vegetation charakterisiert. Der größte Bereich der Wiese zeichnet sich durch Obergräserdominanz (Alopecurus pratensis, Dactylis glomerata) aus und muss als sonstiges extensiv genutztes frisches Grünland be- zeichnet werden. Nach Wolff (2012) ist aus den publizierten Habitatangaben eine Bevorzugung von Übergangsbereichen zwischen Gehölzstrukturen und Grünlandgesellschaften, insbesondere in montaner Lage, abzuleiten, was sich mit dem Fundort in Sachsen deckt. Für die östlichen Mittelgebirge und das nordostdeutsche Tiefland liegt nur eine geringe Anzahl älterer Nachweise für L. brevirostris vor. Der bisher einzige aktuelle Nachweis stammte aus dem Kyffhäuser (Wolff 2012). Wolff (2011) ordnet L. brevirostris in die Vorwarnliste der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands ein.

Material. 1♀ Rechenberg-Bienenmühle, Bergwiese in der Nähe des Bahnhofes Holzhau (TK 5247-SO), 27.06.2011, Kästner leg. et coll.

Neoepitriptus setosulus (Zeller, 1840) N. setosulus wurde erstmalig im Jahr 2010 in Sachsen nachgewiesen. Der Fundort befindet sich am Rand des Tagebaus Nochten im Kontakt zu Sandmagerrasen und Kiefernwäldern auf sandigen Böden und gliedert sich in die durch Wolff (2012) zusammengestellten bevorzugten Habitate ein (verschiedene Typen von trockenwar- men Mager- und Trockenrasen, sowohl auf sauren Sand- als auch auf Kalkböden). Innerhalb der östlichen Mittelgebirge beschränken sich die bisherigen Nachweise von N. setosulus nach Wolff (2012) auf das Thüringer Becken und seine Randplatten. Die sandgeprägten Regionen des nordostdeutschen Tieflandes stellen hingegen einen Verbreitungsschwerpunkt der Art in Deutschland dar. Ein Nachweis in den Sandregionen der sächsischen Lausitz war daher zu erwarten. N. setosulus ist in Deutschland gefährdet (Wolff 2011). Langfristig wird mit einem starken Rückgang gerechnet, insbesondere durch Brachfallen von Trockenrasen oder Sukzession auf Sandmagerrasen und Aufgabe der militärischen Nutzung einiger großer Truppenübungsplätze in Nordostdeutschland.

Material. 1♂ Nochten, Tagebaufolgelandschaft nördlich Findlingspark Nochten (TK 4553-SO), 16.07.2010, Kästner leg. et coll.

3.2. Nachweise bemerkenswerter und selten nachgewiesener Arten

Andrenosoma atrum (Linnaeus, 1758) In der Annaburger Heide bei Riesa, in Riesa sowie in der niederschlesischen Oberlausitz gelangen Nachweise von A. atrum. In der Annaburger Heide besiedelt A. atrum eine Kahlschlagfläche vermutlich militärischen Ursprungs mit gut ausgebildeter Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 43

Sandtrockenrasenvegetation und einer Vielzahl toten Kiefernholzes. Hier konnten 2011 und 2012 zahlreiche Tiere, auch bei der Paarung, beobachtet werden. Der Fundpunkt in der Lausitz liegt ebenfalls in einem Sandkiefernwald auf einer Kahlschlagfläche mit zahlreichen alten Kiefernstümpfen. Der Fundort in Riesa (Gewerbegebiet ohne bedeutenden Baumbestand und Sandtrockenrasen) liegt in der Nähe einer Tischlerei, sodass es sich entweder um eine Verfrachtung von Tieren (Larven?) in Holz oder um dispergierende Tiere handelte. Die Habitate in der Annaburger Heide Abb. 3: Andrenosoma atrum bei der Paarung und der Lausitz passen zu den allgemein auf Freifläche mit offener Sandvegetation in einem Kiefernwald in der Nähe von Torgau. beobachteten Habitatpräferenzen von A. Foto: T. Kästner, 16.08.2011 atrum, welche unter anderem in Calluna- Heiden auf Waldlichtungen und auf Hochspannungstrassen (Flügel 2002), auf thermophilen Standorten in ausgedehnten Kiefernwäldern (Geller-Grimm 1995) und Kiefernheiden (Jacobs 2006; Dunk & Halbe 2006) nachgewiesen wurde. Eine Bindung an gehölzbetonte Habitate ist gegeben. Die Sandgebiete des nordostdeutschen Tieflandes stellen nach Wolff (2012) den derzeitigen Verbreitungsschwerpunkt von A. atrum in Deutschland dar. Aus den östlichen Mittelgebirgen existieren vereinzelte ältere Nachweise, so aus dem Oberlausitzer Bergland und dem Thüringer Wald. In Sachsen wurde A. atrum bisher von sechs Lokalitäten in der Dübener und Laußnitzer Heide, in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft und im Zittauer Gebirge gemeldet (Wolff 2012). A. atrum ist in Deutschland stark gefährdet (Wolff 2011), vor allem langfristig ist ein starker Bestandesrückgang zu erwarten.

Material. 4♂, 4♀, 12 Adulte ohne Geschlechtsbestimmung Zwethau, Annaburger Heide, kleine Heidefläche zwischen Zwethau und Döbrichau nördlich B87 (TK 4444-NO), 16.08.2011, Kästner leg., 2♂, 2♀ in coll. Kästner; 1 Ex. Riesa, Gewerbegebiet Riesa Lommatzscher Straße (TK 4745-NO), 22.09.2011, Gutzeit leg.; 2♀ Neusorge, Heidefläche zwischen Neusorge und Hähnichen (TK 4655-NW), 28.07.2012, Kästner leg., 1♀ in coll. Kästner; 2♂, 1♀ Zwethau, Annaburger Heide, kleine Heidefläche zwischen Zwethau und Döbrichau nördlich B87 (TK 4444-NO), 04.08.2012, Kästner leg.; 2♂, 4♀ Zwethau, Annaburger Heide, kleine Heidefläche zwischen Zwethau und Döbrichau nördlich B87 (TK 4444-NO), 11.08.2012, Kästner leg.; 3♂, 3♀ Zwethau, Annaburger Heide, kleine Heidefläche zwischen Zwethau und Döbrichau nördlich B87 (TK 4444-NO), 21.08.2012, Kästner leg. 44 Kästner: Asilidae

Antipalus varipes (Meigen, 1820) Aktuelle Funde von A. varipes gelangen im Jahr 2010 in der durch Braunkohle- tagebau und Truppenübungsplatzbetrieb geprägten Landschaft um Weißwasser und am Rand der Muskauer Heide. An den Fundorten dominierten ältere Calluna-Heiden mit einzeln eingestreu- ten jungen Kiefern. Auf Störstellen sind Sandtrockenrasen zu finden. In Sachsen gelangen nach Franke (2010) bisher Nachweise an vier Lokalitäten in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie in der Region um Hoyerswerda. Die neuen Funde passen zu diesem Verbreitungsbild. Eine Bindung an Magerrasen- und Heidekomplexe sowie trockene, lichte (Kiefern-) Wälder mit ausreichend großen Abb. 4: Antipalus varipes bei der Paarung wärmebegünstigten Bestandeslücken in der Tagebaufolgelandschaft bei Nochten. und offenen Sandflächen hat Wolff Foto: T. Kästner, 16.07.2010 (2012) aus den in der Literatur verfügba- ren Standortangaben herausgearbeitet. Für A. varipes stellen die Sandgebiete des nordostdeutschen Tieflandes den Verbreitungsschwerpunkt der Art in Deutschland dar. In ganz Deutschland scheint A. varipes auf die sandgeprägten Regionen der planaren Höhenstufe beschränkt zu sein. Wolff (2011) ordnet A. varipes in die Vorwarnliste der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands ein.

Material. 1♂, 1♀ Nochten, Tagebaufolgelandschaft nördlich Findlingspark Nochten (TK 4553-SO), 16.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♀ Nochten, Heidefläche am Rand der B156 zwischen Nochten und Weißwasser (TK 4554-SW) 27.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♂ Hähnichen, Naturschutzstation Schloss Niederspree (TK 4555-SW), 28.07.2012, Kästner leg.

Choerates femorata (Meigen, 1804) C. femorata konnte an mehreren Lokalitäten in Sachsen nachgewiesen werden. Die Funde gelangen unter anderen in gehölzdominierten, südexponierten, totholzreichen Eichentrockenwäldern auf anstehendem Fels, im Übergangsbereich eines Sandtrockenrasen-Heide-Komplexes zu Kiefernwald, auf einem Buchenholzstapel sowie auf einer von Wald umgebenen Feuchtwiese. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 45

Zur Habitatbindung von C. femorata ist bisher nur wenig bekannt. Besiedelt werden vor allem Waldbiotope. Die wenigen publizierten Angaben lassen keine Bevorzugungen bestimmter Waldtypen erkennen (Wolff 2012). Die Fundorte bei Tautendorf, Kreckwitz und Meißen sind vergleichbar mit den Angaben von Geller-Grimm et al. (2003). Im nordostdeutschen Tiefland ist C. femorata weit verbreitet, aber nicht häufig. In Sachsen sind bisher Nachweise aus fünf Lokalitäten in der Sächsischen Schweiz, dem Oberlausitzer Bergland und der Dübener Heide bekannt (Wolff 2012). C. femorata ist in Deutschland ungefährdet (Wolf 2011).

Material. 1♂ 1♀ Tautendorf (TK 4843-SW), 04.08.2010, Kästner leg. et coll.; 1♀ Kreckwitz, Krähenberg (TK 4753-SW), 29.05.2012, Kästner leg. et coll.; 1♂ 1♀ Meißen, Boselspitze (TK 4847-SW), 30.05.2012, Gutzeit leg. Kästner det. et coll.; 1♂ 1♀ Brockwitz (TK 4647-SO), 06.07.2013, Kwast leg., Kästner det. et coll.; 1♀ Großenhain, Kleinraschützer Heide (TK 4746-NO), 07.07.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂ Coßwig, Feuchtwiese innerhalb des Friedewaldes (TK 4847-SO), 07.07.2013, Kästner leg. et coll.; 2♀ Mockrena, Torfhaus, Ortslage (TK 4442-NW), 08.07.2013, Gutzeit leg., Kästner det. et coll.

Dasypogon diadema (Fabricius, 1781) In der Tagebaufolgelandschaft des Naturschutzgroßprojektes Lausitzer Seenland konnte D. diadema im Jahr 2010 im Randbereich krautreicher Sand- trockenrasen mit Schafbeweidung mit ver- einzeltem Kiefernaufwuchs und Ginster- büschen im Übergang zu offenen Sand- und Kiesflächen mit Initialvegetation nachgewiesen werden. Allerdings wurden Abb. 5: Weibchen von Dasypogon diadema nur Weibchen gefunden. Inzwischen ist auf Sandtrockenrasen im Bereich des Natur- der Fundort aufgrund von großflächigen schutzgroßprojektes Lausitzer Seenland. Foto: T. Kästner, 25.07.2010 Hangrutschungen nicht mehr begehbar. Vorkommen von D. diadema sind unter anderem auf natürlichen Flugsanddünen, anthropogen geschaffenen Trockenrasen, z. B. auf Truppenübungsplätzen und auf Heideflächen publiziert (Flügel 2002; Lange 2003; Degen 2005a). Geller-Grimm (1998) hebt insbesondere die Bindung an xerotherme Standorte sowie die vergleichs- weise großen Flächenansprüche hervor. Das Vorkommen von D. diadema ist aktuell in Deutschland im Wesentlichen auf zwei Vorkommenszentren beschränkt, den Oberrheingraben und das nordostdeutsche Tiefland. In Sachsen konnte D. diadema bisher nur im Tiefland der Lausitz im Randbereich zu Brandenburg nachgewiesen werden (Franke 2010). D. diadema ist in Deutschland stark gefährdet (Wolff 2011). Insbesondere langfristig wird ein starker Rückgang der Art in Deutschland erwartet.

Material. 4♀ Klein Partwitz (TK 4451-SW), 25.07.2010, Kästner leg. et coll. 46 Kästner: Asilidae

Dioctria lateralis (Meigen, 1804) Diese sehr kleine Raubfliegenart konnte mehrfach in gebüschdominierten Habitaten verstreut in ganz Sachsen gefunden werden. Funde gelangen in einem Gartengrundstück in der Nähe eines gebüschreichen Waldrandes hin zu trockenem Kiefern-Wirtschaftswald auf sandigem Boden in der niederschlesischen Oberlausitz, in einem ruderalen Gebüschsaum in der Umgebung landwirtschaftlicher Nutzflächen im Randbereich des mitteldeutschen Braunkohlereviers (Borna), in Gebüschen auf einem Trockenrasen auf silikatreichem Gestein in der Endmoränenlandschaft um Taucha, in Gebüschen an südexponierten Oberhängen des Schanzenbachtals auf flachgründigem Fels in Kontakt zu Eichentrockenwald sowie in einem vergleichbar ausgestatteten Habitat am Oberhang des Plauenschen Grundes in Dresden. Geller-Grimm et al. (2003) charakterisieren D. lateralis als thermophil. Als Habitat werden von verschiedenen Autoren übereinstimmend gebüschreiche, strukturierte Grünlandflächen genannt (verbrachte Halbtrockenrasen: Wolff 2010; strukturreicher Halbtrockenrasen, frische Standorte mit Gebüschen: Jacobs 2004; wärmeliebende, totholzreiche (Eichen-)Gebüsche, Felspartien und Trockenrasen: Geller-Grimm et al. 2003). D. lateralis kommt nicht selten, jedoch zerstreut in den östlichen Mittelgebirgen und dem nordostdeutschen Tiefland vor. Das lückenhafte Verbreitungsbild dürfte ein Spiegelbild eines noch unvollständigen Kenntnisstandes sein, da die Art sehr klein und leicht zu übersehen ist. Die bisherigen jüngsten publizierten Nachweise aus Sachsen sind über 50 Jahre alt. Nicht selektive Streifkescherfänge in Büschen scheinen am erfolgversprechendsten für die Erfassung dieser Art zu sein. D. lateralis ist in Deutschland gefährdet (Wolff 2011).

Material. 1♀ Gablenz, Ortsteil Wossinka (TK 4453-NO), 25.07.2011, Kästner leg. et coll.; 1♂ Kitzscher, Feldgehölz und Acker nordöstlich Kitzscher (TK 4841-NW), 17.06.2012, Kästner leg. et coll.; 3♂, 2♀ Taucha, Rosinenberg (TK 4541-SW), 05.07.2012, Kästner leg. et coll.; 1♀ Brösen (TK 4843,321), 11.07.2012, Kästner leg. et coll.; 1♀ Tautendorf (TK 4843-SW), 10.07.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂, 1♀ Dresden, Hoher Stein (TK 4948-SW), Kästner leg. et coll.

Dioctria sudetica Duda 1940 D. sudetica wurde im Jahr 2011 auf einer Windwurffläche im Erzgebirge bei Frauenstein gefunden. Nachweise von D. sudetica sind für Deutschland nur aus den östlichen Mittelgebirgen publiziert. In Sachsen wurde die Art bisher an zwei Lokalitäten in der Oberlausitz gefunden (Franke 2010). In Bayern wurde die Art im Bayrischen Wald ebenso wie nun im Erzgebirge auf Windwurfflächen nachgewiesen (Bartak 1998; Dunk & Halbe 2006). Ein weiterer publizierter Fund liegt bei Eisenach in Thüringen (Wolff 2003). Aufgrund der defizitären Datenlage erfolgte keine Einstufung in eine Gefährdungskategorie der Roten Liste (Wolff 2011).

Material. 1♂ Frauenstein, Gimmlitztal (TK 5247-NW), 27.06.2011, Kästner leg. et coll. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 47

Erax barbatus Scopoli, 1763 E. barbatus konnte in den Jahren 2011 und 2012 zusammen mit den Raubfliegenarten P. germanicus und L. cinctus in der Lömischauer Heide im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft nachgewiesen werden. Das Vorkommen von E. barbatus in der Lömischauer Heide ist bekannt, die jüngsten publizierten Nachweise stammen allerdings aus dem Jahr 1956 (Franke 2010). Miksch et al. (1993) nennen als Habitat von E. barbatus xerotherme Standorte, Dunk & Halbe (2006) Kalktrockenrasen. Insgesamt kann von einer Bevorzugung trockenwarmer Standorte ausgegangen werden. Auch die Lömischauer Heide zeichnet sich durch trockene, lückige Kiefernwälder und großflächige Heide- Abb. 6: Weibchen von Erax barbatus mit flächen und Sandtrockenrasen aus. Zum Schnake als Beute am Rand der Lömi- Erfassungszeitpunkt war E. barbatus schauer Heide. Foto: T. Kästner, 09.05.2011 jedoch nur in den Waldinnenrändern an Wegen und Schneisen bzw. auf Fichtenborkenkäfer-Kalamitätsflächen mit hohem Calamagrostis-Anteil in der Vegetation jagend als auch kopulierend zu beobachten. Auf den Waldwegen selbst jagte hingegen L. cinctus (Fabricius, 1781) sowie an den Waldaußenrändern, auf den Sandtrockenrasen und Heiden P. germanicus (Linnaeus, 1758). Geller-Grimm (2003) beschreibt jedoch den Wechsel von bevorzugten Habitatstrukturen durch Raubfliegen im Jahresverlauf, sodass die beobachtete Einnischung nur temporären Charakter haben kann. E. barbatus ist in ganz Deutschland sehr selten und stark gefährdet (Wolff 2011). Im nordostdeutschen Tiefland und in den östlichen Mittelgebirgen existieren vereinzelte Nachweise. In Sachsen konnte sie bisher nur in der niederschlesischen Oberlausitz (Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, Weißwasser, Neißeaue) an sechs Lokalitäten nachgewiesen werden.

Material. 2♂, 3♀ Halbendorf/Spree, Lömischauer Heide, Wald um Parkplatz zwischen Halbendorf und Commerau (TK 4653-SW), 09.05.2011, Kästner leg. et coll.; 1♀ Halbendorf/ Spree Lömischauer Heide, Wald zwischen den beiden westlichsten Gewässern zwischen Halbendorf und Commerau (TK 4753-NW), 09.05.2011, Kästner leg. et coll.; 1♂, 3Ex. Spreewiese, Ausläufer der Lömischauer Heide östlich Roter Lug (TK 4753-NW), 19.04.2012, Kästner leg. et coll. 48 Kästner: Asilidae

Laphria ephippium (Fabricius, 1781) L. ephippium wurde im Jahr 2013 in der Dübener Heide an stehendem Buchentotholz und auf einem Buchenholzstapel gefunden. L. ephippium scheint eine besondere Präferenz für Buchenwälder mit hohem Totholzanteil zu besitzen. Die Funde in der Dübener Heide gliedern sich in eine Reihe von Nachweisen an stehendem Buchentotholz und Buchenholzstapeln ein (Wolff 2003; Jacobs 2006; Dunk & Halbe 2006; Wolff & Degen 2009; Wolff & Gebel 2012). In Sachsen ist L. ephippium bereits in der Dübener Heide nachgewiesen (Wolff et al. 2007). Weitere publizierte sächsische Funde liegen in der Sächsischen Schweiz (Moucha & Hradsky 1973; Wolff & Degen 2003). Eine Gefährdung von L. ephippium ist anzunehmen, da die offensichtlich präferierten naturnahen Buchenwälder mit einem höheren Totholzangebot in Deutschland gefährdet bis stark gefährdet sind (Wolff 2011).

Material. 2♂ Mockrena, NE Torfhaus (TK 4442-NO), 23.06.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂ Mockrena, Torfhaus, Ortslage (TK 4442-NW), 08.07.2013, Gutzeit leg. Kästner det. et coll.

Leptogaster guttiventris Zetterstedt, 1842 L. guttiventris konnte 2011 in einem Waldsaum einer naturschutzgerecht bewirtschafteten Bergweise im Kontakt zu einem Fichtenforst nahe Rechenberg- Bienenmühle, OT Holzhau nachge- wiesen werden. Im Jahr 2013 gelangen an dieser Lokalität und an zwei weiteren Lokalitäten im Erzgebirge weitere Nachweise der Art. Als Habitate wurden langrasige Säume im Kontakt zu Fichtenwald genutzt, wobei Jagdflüge Abb. 7: Weibchen von Leptogaster bis in die äußeren Kronenbereiche der guttiventris mit erbeuteter Wanze auf einer Fichten erfolgten. Beobachtet wurde Bergwiese bei Rechenberg-Bienenmühle. ausschließlich die Jagd auf sitzende Foto: T. Kästner, 16.07.2013 Beutetiere, nicht jedoch die Luftjagd. Wolff (2012) formuliert zur Habitatwahl: „[L. guttiventris] besiedelt eine Reihe verschiedener halboffener Biotoptypen. Dies können z. B. Kahlschlagflächen mit aufkommendem Gehölzbewuchs sein, teilweise verbuschte Ruderalflächen oder auch brachgefallene Grünländereien und Magerrasen. Kennzeichnend ist vor allem ein Vegetationsmosaik aus kleineren Gehölzpartien und offenen Biotopen“. L. guttiventris ist in den östlichen Mittelgebirgen und dem nordostdeutschen Tiefland weit verbreitet, ohne jedoch häufig zu sein. Sie gilt als ungefährdet (Wolff 2011). Aus Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 49

Sachsen sind bislang zwei Funde für die Oberlausitz publiziert (Starke 1954), für die Franke jedoch keine Sammlungsbelege im SMNG und den MTD finden konnte, das Vorkommen jedoch für glaubhaft hält (Franke 2010). Der Nachweis aus dem Jahr 2011 ist somit der erste verifizierbare Nachweis für Sachsen.

Material. 1♀ Rechenberg-Bienenmühle, Bergwiese in der Nähe des Bahnhofes Holzhau (TK 5247-SO), 27.06.2011, Kästner leg. et coll.; 1♂ Hang zwischen Weißenborn und Lichtenberg (TK 5146-NW), 01.07.2013, Gutzeit leg. Kästner det. et coll.; 1♂, 2♀ Frauenstein, Gimmlitztal (TK 5247-NW), 01.07.2013, Kästner leg.; 3♂, 7♀ Rechenberg-Bienenmühle, Bergwiese in der Nähe des Bahnhofes Holzhau (TK 5247-SO), 16.07.2013, Kästner leg.

Machimus arthriticus (Zeller, 1840) Von M. arthriticus konnten mehrere Individuen im Jahr 2012 bei Bautzen und bei Rammenau in Saumhabitaten von Acker zu Intensivgrünland bzw. von Wald zu Intensivgrünland, jeweils in der Krautvegetation, gefunden werden. Im Jahr 2013 gelangen zahlreiche weitere Funde sowohl in der Lausitz (Habitate: Sandacker, Binnendünenzug in Kontakt zu Magerrasen, Sandheide) als auch erstmalig im Erzgebirge (Habitat: exten- siv genutzte Wiese). Die Literaturangaben legen nahe, dass M. arthriticus ackerbaulich geprägte Landschaftsbestandteile wie Acker- brachen und Feldraine (Rabeler 1951; Abb. 8: Männchen von Machimus arthriticus auf dem Flugplatz Bautzen. Flügel 2002; Jacobs 2006; Wolff et Foto: T. Kästner, 23.05.2012 al. 2008) sowie Magerrasen besiedelt (Perner 1997). In Sachsen sind bisher Nachweise dieser weitverbreiteten und ungefährdeten Raubfliegenart aus der Umgebung von Bautzen und aus dem Zittauer Gebirge publiziert (Wolff 2012).

Material. 1♂, 1♀ Litten, Flugplatz Bautzen (TK 4853-NW), 23.05.2012, Kästner leg. et coll.; 1♀ Rammenau, Waldrand Tanneberg (TK 4850-NO), 25.06.2012, Kästner leg. et coll.; 1♂ Weißwasser, Schwerer Berg (TK 4553-NO), 17.06.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂, 2♀ Spreewitz, Spreetaler Heide, Dünenzug Weißer Berg (TK 4452-SO), 29.06.2013, Kästner leg. et coll.; 1♀ Weißwasser, Schwerer Berg (TK 4553-NO), 30.06.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂ Weißenborn/Erzg. (TK 5146-NW), 01.07.2013, Kästner leg. et coll.; 1♂, 3♀ Gablenz, Ortsteil Wossinka (TK 4453-NO), 14.07.2013, Kästner leg. et coll. 50 Kästner: Asilidae

Machimus intermedius (Holmgren, 1852) In der Dresdner Heide konnte im Jahr 2011 eine weibliche Raubfliege der Artengruppe M. intermedius/cyanopus/setibarbus gefunden werden. Für die Trennung der weibliche Tiere der Arten M intermedius, M. cyanopus und M. setibarbus stehen derzeit keine eindeutigen Bestimmungsmerkmale zur Verfügung. Alle bisher von Raubfliegen- Spezialisten überprüften und in Deutschland gefundenen männlichen Tiere gehören zu M. intermedius. Bis zur Klärung der Artzugehörigkeit bzw. dem Fund eines männlichen Exemplars an der Fundstätte wird dem Vorschlag von Wolff (2012) gefolgt, Fund weib- licher Individuen der Art M. intermedius zuzuordnen. Für Sachsen liegt ein gesicherter Nachweis für M. intermedius aus dem Jahr 1913 vor (Franke 2010). Aufgrund der defizitären Datenlage erfolgte in der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands keine Einstufung in eine Gefährdungskategorie (Wolf 2011).

Material. 1♀ Dresden, Dresdner Heide, Naturschutzstation Dachsenberg, Stationsgelände (TK 4849-SW), 08.08.2010. Kästner leg. et coll.

Machimus rusticus (Meigen, 1820) In den Jahren 2010 bis 2013 gelangen zahlreiche Beobachtungen von M. rusticus in Sachsen. Gefunden wurde M. rusticus in verschiedenen Habitaten. In der sächsischen Lausitz gelangen Funde auf einem extensiv genutzten Acker in Kontakt zu einer Glatthaferwiese trockener Ausbildung und in ruderalen Sandtrockenrasen und Heideflächen in der Tagebaufolgelandschaft. Bei Leipzig gelang ebenfalls ein Nachweis in der Tagebaufolgelandschaft, hier in krautreichen Calamagrostis-Beständen auf Sand. Im Bereich der Dahlener und Dübener Heide gelangen Nachweise auf Stromtrassen in Kiefernwald (mit Straußgras, Heidekraut und Robinien Abb. 9: Machimus rusticus hat einen bewachsen). Im Raum Meißen konnte Schachbrettfalter (Melanargia galathea) M. rusticus auf südexponierten Halb- gefangen. Tagebaufolgelandschaft der trockenrasen auf Granodiorit mit teils Grube Peres bei Leipzig. Foto: T. Kästner, 07.07.2010 stärkeren Lößauflagerungen gefunden werden. M. rusticus besiedelt trockenwarme Biotope des Offenlandes, wobei diese Raubfliege im Gegensatz zu anderen Machimus-Arten stärker geschlossene Vegetationsdecken Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 51

toleriert (Wolff 2010; Wolff & Degen 2010; Degen 2005), was sich auch in den aktuellen Fundorten aus Sachsen widerspiegelt. Für Sachsen ist bisher ein Fund aus dem Jahr 1958, für welchen jedoch kein Belegexemplar existiert, und ein Fund aus dem Jahr 2010 publiziert (Schlegel 1961; Franke 2010). Beide Funde gelangen in der Oberlausitz. Wolff (2011) ordnet M. rusticus in die Vorwarnliste der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands ein.

Material. 1♀ Audigast, Grube Peres, Einfahrt an der Westflanke (TK 4839-NO), 07.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♀ Nochten, Tagebaufolgelandschaft nördlich Findlingspark Nochten (TK 4553-SO), 16.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♂, 1♀ Görlitz, Fahrradweg in Neißeaue zwischen Görlitz und Hagenwerder (TK 4955-NO), 26.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♀ Gablenz, Ortsteil Wossinka, kleiner Acker am Wald (TK 4453-NO), 25.07.2011, Kästner leg. et coll.; 1♀ Staupitz, Stromtrasse nördlich Neumühle (TK 4543-NO), 10.07.2012, Kästner leg. et coll.; 2♂, 1♀ Piskowitz, Trockenhang im Ketzerbachtal (TK 4846-NW), 23.07.2012, Kästner leg. et coll.; 3♂, 3♀ Gablenz, Ortsteil Wossinka (TK 4453-NO), 14.07.2013, Kästner leg. et coll.

Radiurgus variabilis (Zetterstedt, 1838) Funde von R. variabilis gelangen im Jahr 2011 bei Ottendorf-Okrilla und bei Bärwalde. Es handelt sich jeweils um sand- bzw. kiesdominierte Offenland- Habitate in ehemaligen Kies- bzw. Braunkohle-Tagebauen. Im Jahr 2012 wurde ein Tier durch J. Lorenz in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft gefangen. Die publizierten Fundortangaben aus Deutschland zeigen eine große Spanne an Habitaten auf. Neben den auch an den aktuellen Fundorten dominierenden trockenen Magerrasen und Heiden Abb. 10: Radiurgus variabilis im typischen werden auch Fichtenwald-Windwurf- Habitat in der Nähe von Ottendorf-Okrilla. flächen (Dunk 2003), Laubgebüsche Foto: T. Kästner, 25.05.2011 (Jacobs 2006; Degen 2005) und Kiefernwälder (Dunk & Halbe 2006; Flügel 2002; Barkmeyer 1993) als Habitate genannt. Wolff (2012) weißt darauf hin, dass die Art offensichtlich Regionen mit überwiegend sauren Böden bevorzugt, wobei offene Bodenstellen für die vom Boden aus jagende Art (Barkmeyer 1997) ebenfalls relevante Habitatfaktoren sind. In den östlichen Mittelgebirgen scheint die Art von Natur aus selten zu sein (Wolff 2012). Im nordostdeutschen Tiefland kommt die Art weit, wenn auch zerstreut vor. Für Sachsen sind bisher vier Fundpunkte publiziert, welche bei Meißen und in der Oberlausitzer 52 Kästner: Asilidae

Heide- und Teichlandschaft liegen (Franke 2010). Wolff (2011) ordnet R. variabilis in die Vorwarnliste der Roten Liste der Raubfliegen Deutschlands ein.

Material. 6♂, 1♀ Ottendorf-Okrilla, kleine Sand-/ Kiesgrube zwischen Ottendorf-Okrilla und Würschnitz, nordöstlich K9261 (TK 4748-SO), 25.05.2011, Kästner leg. et coll.; 1♀ Bärwalde, Tagebaufolgelandschaft westlich ehemaligem NVA-Gelände Bärwalde (TK 4552-SO), 31.05.2011, Kästner leg. et coll.; 1♀ Halbendorf/Spree, Umgebung Neudorf (TK 4653-SW), 15.05.2012, Lorenz leg. Kästner coll.

Tolmerus strandi Duda, 1940 In der Tagebaufolgelandschaft des Lausitzer Seenlandes konnte auf offenen Sandtrockenrasen im Kontakt zu lichten Sand-Kiefernwäldern und Ginsterheiden im Jahr 2010 ein Männchen von T. strandi nachgewiesen werden. Im Jahr 2012 gelang der Fund eines Weibchens auf einer Binnendüne mit offenen Sandflächen im Kontakt zu Calluna-Heiden, Sandtrockenrasen und Sandkiefernwald bei Spreewitz. Es liegen kaum publizierte Angaben zur Habitatwahl vor. Dunk & Halbe (2006) nennen offensandiges Ödland. Wolff (2012) notiert, dass es sich nach unveröffentlichten Beobachtungen um eine thermophile Art der schütteren Sandmagerrasen handelt. Im nordostdeutschen Tiefland stellt Brandenburg eines der Hauptvorkommensgebiete von T. strandi in Deutschland dar. Aus den östlichen Mittelgebirgen liegen nach Wolff (2012) bisher keine Nachweise vor. In Sachsen wurde T. strandi bisher nur an einer weiteren Lokalität mit einem Tier nachgewiesen (Franke 2010). T. strandi ist in Deutschland stark gefährdet (Wolff 2011)

Material. 1♂ Klein Partwitz (TK 4451-SW), 25.07.2010, Kästner leg. et coll.; 1♀ Spreewitz, Spreetaler Heide, Dünenzug Weißer Berg (TK 4452-SO), 25.08.2012, Kästner leg. et coll.

4. Danksagung Die Überprüfung der Belege übernahm dankenswerterweise D. Wolff (Ebstorf). Be- sonders möchte ich mich bei F. Geller-Grimm (Frankfurt a. M.) für die Überlassung zahlreicher Literatur bedanken. Für die Übermittlung von Funden, das Überlassen von Material und die gegebene Zustimmung zur Publikation der Nachweise bedan- ke ich mich bei R. Gutzeit (Dresden), T. Kwast (Dresden) und J. Lorenz (Löthain).

5. Literatur Barkemeyer, W. 1993. Zum Vorkommen von Holz-, Raub-, Schnepfen-, Stilett- und Waffenfliegen in Nordwestdeutschland (Diptera). – Drosera 1993: 59–80. Barkemeyer, W. 1997. Zur Ökologie der Schwebfliegen und anderer Fliegen urbaner Bereiche (Insecta: Diptera). – Archiv zoologischer Publikationen 3: 187 pp., Martina Galunder-Verlag, Wiehl. Bartak, M. 1998. Diptera of the Bavarian forest. – Silva Gabreta 2: 239–258. Degen, G. 2005a. Rote Liste und Gesamtartenliste der Raubfliegen (Diptera, Asilidae) von Berlin. – In: Der Landesbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Rote Listen der Raubfliegen Berlins. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 53

Degen, G. 2005b. Ergebnisse der Untersuchungen zur Insektenfauna auf der Berliner Bahnbrache Biesenhorster Sand – Raubfliegen (Diptera, Asilidae). – Märkische Entomologische Nachrichten, Sonderheft 3: 111–112. Dunk, K. v. d. 2003. Raubfliegen Nachweise vom Bayerischen Wald (Diptera: Asilidae). – Berichte des Kreises Nürnberger Entomologen galathea 19: 87–91. Dunk, K. v. d. & J. Halbe 2006. Kommentierte Faunenliste der in Bayern nachgewiesenen Raubfliegen (Insecta: Diptera: Asilidae). – Beiträge zur bayerischen Entomofaunistik 8: 89–98. Engel, E. O. 1932: Asilidae oder Raubfliegen. S. 127–204. –In : F. Dahl, Die Tierwelt Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile, Teil 26. – Gustav Fischer Verlag, Stuttgart. Flügel, H. J. 2002. Raubfliegenfunde aus Berlin und Brandenburg (Diptera: Asilidae). – Märkische Entomologische Nachrichten 4: 49–56. Franke, R. 2010. Beitrag zur Aktualisierung der Raubfliegenfauna der Oberlausitz (Diptera, Asilidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 54: 175–185. Geller-Grimm, F. 1995. Autökologische Studien an Raubfliegen (Diptera: Asilidae) auf Binnendünen des Oberrheintalgrabens. – Diplomarbeit am Institut für Zoologie der Technischen Hochschule Darmstadt. 129 pp. Geller-Grimm, F. 1998. Notes on the biology of Dasypogon diadema (Fabricius, 1781) (Diptera: Asilidae). – Mitteilungen des internationalen entomologischen Vereins 23: 17–32. Geller-Grimm, F. 2003. Fotoatlas und Bestimmungsschlüssel der Raubfliegen Deutschlands. CD-ROM, Ampyx Verlag, Halle (Saale). Geller-Grimm, F., T. Dikow & M. Niehuis 2003. Raubfliegen vom Roßstein bei Dörscheid (Mittelrheintal, Rheinland-Pfalz) nebst Anmerkungen zur Verbreitung in Rheinland-Pfalz (Diptera: Asilidae). – Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 10 (1): 85–98. Jacobs, H.-J. 2004. Ökofaunistische Untersuchungen an Raubfliegen (Diptera, Asilidae) im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. – Märkische Entomologische Nachrichten 6 (2): 61–79. Jacobs, H.-J. 2006. Die Raubfliegen (Diptera, Asilidae) Mecklenburg-Vorpommerns. – Archiv der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg 44: 111–158. Lange, L. 2003. Erstnachweis der Raubfliege Dasypogon diadema (Fabricius, 1781) in Mecklenburg-Vorpommern (Dipt., Asilidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 47: 49. Miksch, G., D. Doczkal & C. Schmid-Egger 1993. Faunistische Bearbeitung der Raubfliegen Baden-Württembergs (Diptera: Asilidae). – Jahrhefte der Gesellschaft für Naturkunde Württemberg 148: 159–191. Moucha, J. & M. Hradsky 1973. Zur Kenntnis der Raubfliegen-Fauna der DDR (II) (Diptera, Asilidae). – Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde in Dresden 4: 227–231. Perner, J. 1997. Zur Arthropodenfauna der Kalktrockenrasen im Mittleren Saaletal (Ostthüringen). Teil 1: Coleoptera, Diptera, Auchenorrhyncha, Saltatoria, Araneae (Insecta et Arachnida). – Faunistische Abhandlungen Staatliches Museum für Tierkunde Dresden 21 (3): 53–90. Rabeler, W. 1957. Die Tiergesellschaft eines Eichen-Birkenwaldes im nordwestdeutschen Altmoränengebiet. – Mitteilungen der floristisch soziologischen Arbeitsgemeinschaft N.F. 6/7: 297–319. Schlegel, R. 1961. Beiträge zur Kenntnis der Insektenfauna des Seerosensumpfes bei Halbendorf/Spree. 1. Diptera. – Entomologische Nachrichten 5: 2–4. Starke, H. 1954. Beitrag zur Dipterenfauna der Oberlausitz. – Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Görlitz 34: 85–100. Weinberg, M. & G. Bächli 1995. Insecta Helvetica Fauna 11 Diptera Asilidae. 124 S. Wolff, D. 2003. Raubfliegen (Diptera, Asilidae) aus Deutschland im Museum für Naturkunde der Humboldt Universität zu Berlin. – Märkische Entomologische Nachrichten 5: 31–58. 54 Kästner: Asilidae

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Zum historischen Auftreten von Prozessionsspinnern (Thaumetopoea spp.) in Dresden (Lepidoptera: Notodontidae: Thaumetopoeinae)

Thomas Sobczyk

Diesterwegstraße 28, 02977 Hoyerswerda, E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. Der Eichenprozessionsspinner (T. processionea (Linnaeus, 1758)) tritt seit 2009 wieder in Sachsen auf und wurde erstmalig 2012 in Dresden nachgewiesen. In der Literatur werden für Dresden drei Thaumetopoea-Arten aufgeführt: T. pinivora (Treitschke, 1834), T. pityocampa (Denis & Schiffermüller, 1775) und T. processionea. Alle historischen Angaben aus Dresden lassen sich jedoch allein auf Thaumetopoea pinivora zurückführen. Angaben zu Massenvermehrungen dieser Art in historischer Zeit in Dresden werden gegeben. Auf die aktuelle Entwicklung von T. processionea in Sachsen wird eingegangen.

Abstract. The historic appearance of procession (Thaumetopoea sp.) in Dresden (Lepidoptera: Notodontidae: Thaumetopoeinae). – The Oak Processionary (T. processionea (Linnaeus, 1758)) occurs again since 2009 in Saxony and has been recorded for the first time from Dresden in 2012. In the literature, three Thaumetopoea-species are recorded from Dresden: T. pinivora (Treitschke, 1834), T. pityocampa (Denis & Schiffermüller, 1775) und T. processionea. However, all these historical records can be verified as Thaumetopoea pinivora. Records on outbreaks of this species in Dresden during historic times are mentioned. Information is given on the recent development of T. processionea in Saxony.

Einleitung Zum Vorkommen von Prozessionsspinnern finden sich in der Literatur für die Dresdner Gegend mehrere Angaben. Genannt werden sowohl der Kiefernprozessionsspinner Thaumetopoea pinivora (Treitschke, 1834), der Pinienprozessionsspinner T. pityo- campa (Denis & Schiffermüller, 1775) als auch der Eichenprozessionsspinner T. pro- cessionea (Linnaeus, 1758). In einigen Quellen werden diese Meldungen bezüglich der Artzugehörigkeit als unsicher betrachtet (Möbius 1905; Steinert 1892). Mit dem erneuten Auftreten des Eichenprozessionsspinners seit 2009 in Sachsen (Sobczyk & Bachmann 2010) und weiteren Nachweisen seit dieser Zeit rückt das Interesse an den Prozessionsspinnern wieder in den Blick der Öffentlichkeit. Im Folgenden wird untersucht, welche historischen Nachweise es von Prozessionsspinnern aus Dresden gibt und ob diese jeweils einer Art zugeordnet werden können. 56 Sobczyk: Thaumetopoea

Ergebnisse Von T. processionea gab es aus Sachsen mehrere Meldungen bis 1915 aus dem Leipziger Raum (Möbius 1922). Erst 2009 wurde die Art in der Dübener Heide (Trossin, Ortsteil Falkenberg: Fuchsberg) wiedergefunden (Sobczyk & Bachmann 2010). 2012 konnte dieses Vorkommen bestätigt werden. Weitere Einzelnachweise (zwei Fundorte in Leipzig sowie je einer in Oschatz und Sitzenroda, alle 2011) lassen eine langsame Besiedlung Nordwestsachsens vermuten. Bei den Nachweisen handelte es sich um Falter aus Lichtfängen oder Pheromonfallen. In Dresden wurden 2012 nach dem Fund durch eine Bürgerin und späteren Nachsuchen an mehreren Stellen in der Fischhausstraße sowie in der Umgebung von Weixdorf Nester des Eichenprozessionsspinners gefunden. Auch 2013 wurden wieder Raupennester in Dresden nachgewiesen. Woher die Dresdner Tiere stammen, lässt sich nur vermuten. Eine aktive Ausbreitung von Nordwestsachsen zu den etwa 70 km entfernten Dresdner Funden dürfte die Flugleistung der Falter übersteigen. Auch eine Ansiedlung durch den Menschen scheint wegen der giftigen Brennhaare der Larven unwahrscheinlich. Hingegen scheint eine passive Ausbreitung durch

Abb. 1: Nachweise des Eichenprozessionsspinners in Sachsen. Leere Kreise bis 1922, gefüllte Kreise nach 2000. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 57

Holztransporte mit Larven- und / oder Puppengespinsten, durch Baumschulware mit Eigelegen an den Zweigen oder durch den Transport befruchteter Weibchen eher denkbar. Literaturangaben zum Auftreten von T. processionea in Dresden finden sich mehrfach. Im kommentierten Verzeichnis von Graul & Schiller (1999) wird das Vorkommen in dieser Region mit einem Fragezeichen versehen. Historische Angaben finden sich bei Möbius (1905): „Soll früher auch bei Dresden im Priessnitzgrund vorgekommen sein.“ Diese Angabe bezieht sich sicher auf die kurz zuvor veröffentlichten „Macrolepidopteren der Dresdner Gegend“ (Steinert 1892): „In früheren Zeiten sind Züge von Processionsraupen im Priessnitzgrunde beobachtet worden; da aber die älteren Sammler, die hierüber genaue Auskunft geben könnten, sämtlich gestorben sind, so weiss ich nicht, ob es die Raupe von C. processionea L. oder die von C. pinivora Tr. gewesen sind. Im vorigen Jahre hat ein Wirthschaftsbesitzer, der allerdings kein Sammler ist und dessen Aussage daher mit Vorbehalt aufgenommen werden muss, einen Zug von Processionsraupen bei Weinböhla gesehen. Weiteres ist mir nicht bekannt.“ Damit steht fest, dass diese Angaben nicht sicher T. processionea zugeordnet werden können. Der Hinweis auf die vielleicht älteste Quelle (zu T. pityocampa) findet sich bei Ochsenheimer (1810): „Milhauser, von dem ich darüber eine eigene Abhandlung in Manuscript besitze, fand sie im Jahre 1756 bey Dresden zu Ende des Juny und im Anfange des July, erhielt aber den Schmetterling erst im folgenden Jahre zu Ende des April …“. Beachtet werden sollte, dass 1810 nur T. processionea und T. pityocampa beschrieben waren und der zitierte Nachweis noch vor der Veröffentlichung der 10. Auflage des Systemae Naturae von Linnaeus (1758) lag. In diesem Werk wird von den hier behandelten Arten bereits T. processionea beschrieben. Die Zuordnung von „Processionsraupen“ erfolgte meist nach der Nahrungspflanze zur „Fichtenraupe“ (T. pityocampa) oder zur „Eichenraupe“ (T. processionea). Die zweite, wie T. pityocampa an Kiefern lebende Art T. pinivora wurde erst 1834 beschrieben. Umso bemerkenswerter ist der Hinweis von Fuessly (1779): „Eben da ich dieses schreibe, lese ich in einem oeffentlichen Zeitungs-Blatt Folgendes: ‚Aus Sachsen den 8. Heumonat. In der Gegend von Dresden sind einige Fichten- und Tannenwälder mit einer unsäglichen Menge Ungeziefer heimgesucht, welches man den Heerwurm oder die Processionsraupe nennet. Sie bedecken die Bäume vom Boden an bis auf den äussersten Gipfel, und ketten sich durch Fäden, die dem Spinngewebe gleichen, an einander. Ihr Unrath, den sie fallen lassen, gleicht einem grünen Regen. Die meisten Bäume stehen schon kahl, und sind aller Nadeln beraubt. Die Naturkundiger fürchten, daß dergleichen abgefressene Bäume in Gefahr sind, wegen des Verlustes ihrer besten Säfte abzusterben.„ Werde ich mich wohl irren, wenn ich diese schädliche Raupe für unsern Fichtenspinner halte? [Anmerkung: T. pityocampa] (…) Oder sollte diese saechsische Processionsraupe etwann gar eine neue dritte Gattung seyn? Ich glaube es nicht! Indessen wünsche ich: daß ein dortiger Naturforscher Gelegenheit 58 Sobczyk: Thaumetopoea gehabt hätte ihre Oeconomie, vom Ey bis zum Schmetterling, zu beobachten, und daß es ihm gefallen möchte, uns dieselbe bekannt zu machen. Wir würden ohne Zweifel noch viele neue Beobachtungen erhalten, besonders da die sächsische Raupe schon im Ansehen der Zeit, in der sie sich zeiget, merklich von der unsrigen abgewichen. Zugleich dörfte auch dadurch ein wichtiger Umstand erörtert werden: Ob diese Raupe von jeher in Sachsen heimisch gewesen, oder aus wärmern Gegenden, durch den aus ihr entspringenden Schmetterling, dahin verpflanzet worden seye.“ Diskutiert wird weiter die Frage, ob T. pityocampa schon immer in Sachsen heimisch war und durch trockene und warme Sommer gefördert wurde oder durch aktive oder passive Ausbreitung aus wärmeren Gebieten dorthin gelangte. Die Differenzen in der Biologie führen zur Überlegung, ob es sich um eine weitere Prozessionsspinnerart handeln könne (Fuessly 1779). Von einer dritten Kalamität wird berichtet (Anonymus 1794): „Die Raupe, welche eigentlich die großen Verwüstungen in Schwarzwäldern, wie z. B. 1779 und 1792 in der Gegend um Dresden anrichtet, ist schwarz mit weißlichen und gelblichen Haaren, und lebt als Processionsraupe auf Kiefern, Fichten und Tannen.“ Die korrekte Determination der Dresdner Prozessionsspinner erfolgt durch Ratzeburg (1840): „Herr Direktor Kaden in Dresden, welcher mir schon früher von dem Vorkommen der pityocampa bei Dresden geschrieben hatte, war nun der Meinung, dass die Raupen, welche er damals gehabt habe, ganz dieselben gewesen wären, als die von mir beobachteten. Er war so gütig mir einige aus jenen gezogenen Falter zu schicken, welche mit der von Treitschke in den Supplementen (…) beschriebenen pinivora übereinstimmten“. Damit ist sicher, dass der Kiefernprozessionsspinner (T. pinivora) seit langem Bestandteil der Dresdner Fauna ist und teilweise schädigend auftrat. Der Nachweis von 1756 ist vermutlich der erste nachvollziehbare Hinweis auf diese Art überhaupt. Für Dresden können wenigstens drei Kalamitäten (1756, 1779 und 1792) als belegt gelten. Bemerkenswert ist, dass in den folgenden Jahrhunderten nur wenige Nachweise publiziert sind. Möbius (1905) zitiert nur Ochsenheimer (1810) und dessen Hinweis auf das Vorkommen in Dresden von 1756. Im Nachtrag (Möbius 1922) werden zwei weitere Funde veröffentlicht, ein Männchen am 12.08.1919 im „Großen Gehege in Dresden“ (Beleg im SMTD) und einen weiteren Falter „fast zur gleichen Zeit“ in Kötzschenbroda. Beide Nachweise beziehen sich auf Gebiete, für die Steinert (1892) „Processionsraupen“ beschreibt, ohne die Artzugehörigkeit klären zu können. Skell (1966) beschreibt die Zucht eines am 03. und 04. Juli 1964 in einem „hochstämmigen, durchsonnten Kiefernbestand der Jungen Heide im Norden Dresdens, 100 m östlich gegenüber dem Haupteingange zum Heidefriedhof“ gefundenen Raupennestes (Belege im Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden). Zusammenfassend können alle historischen Hinweise von Prozessionsspinnern aus Dresden auf das Vorkommen des Kiefernprozessionsspinners (T. pinivora) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 59 zurückgeführt werden. T. pityocampa würde irrtümlich durch die in früherer Zeit nicht erfolgte Trennung zu T. pinivora aus Sachsen gemeldet (Sprenger 2011) und war zu keiner Zeit Bestandteil der sächsischen Fauna. Für den Eichenprozessionsspinner (T. processionea) gibt es keinerlei gesicherte oder plausible historische Nachweise und die Funde aus dem Jahr 2009 sind als Erstnachweis für Dresden zu betrachten.

Danksagung Für Informationen zum aktuellen Auftreten von T. processionea in Dresden danke ich Kai Uwe Heinzel (Dresden), für weitere Fundmeldungen in Nordwestsachsen Ronald Schiller (Leipzig) und Hanno Voigt (Dresden). Matthias Nuss (Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden) danke ich für die Hilfe bei der Literaturbeschaffung und das Aufsuchen von Belegexemplaren in der Sammlung des Museums.

Literatur Anonymus 1794. Anweisung wie Schmetterlinge gefangen, zubereitet, benennt, geordnet und vor Schaden bewahrt werden müssen. – Halle, Kunsthändler Dreyßig, 144 S. Fuessly, J. C. 1779. Zusätze zu der Geschichte des Fichtenspinners. – Magazin für die Liebhaber der Entomologie 2: 257–269. Graul. M. & R. Schiller. 1999. Kommentiertes Verzeichnis der Hepialidae, Limacodidae, Cossidae, Thyrididae, Lasiocampidae, Endromidae, Lemoniidae, Saturniidae, Drepanidae (incl. Thyatirinae), Thaumetopoeidae, Lymantridae und Arctiidae (incl. Syntominae) (Lepidoptera) des Freistaates Sachsen. – Mitteilungen Sächsischer Entomologen 46: 3–13. Linnaeus, C. 1758. Systema Naturæ per regna tria naturæ, secundum classes, ordines, genera, species, cum characteribus, differentiis, synonymis, locis. Editio decima, reformata. Toums. Laurentii Salvii, Holmiæ. i–vi + 1–824. Möbius, E. 1905. Die Grossschmetterlings-Fauna des Königreiches Sachsen. – Deutsche ento- mologische Zeitschrift Isis 17: i–xxi, 1–235. Möbius, E. 1922. Nachtrag zur Gross-Schmetterlings-Fauna Sachsens. – Deutsche entomo- logische Zeitschrift Isis 36: 1–48. Ochsenheimer, F. 1810. Die Schmetterlinge von Europa 3. – Leipzig, Fleischer. 360 S. Ratzeburg. 1840. Gastropacha pinivora, ein noch wenig bekannter, gewiss häufig mitpityocampa verwechselter Kiefernspinner. – Entomologische Zeitschrift Stettin 1: 40–44. Skell, J. 1966. Thaumetopoea pinivora Tr. im Stadtgebiet von Dresden. – Entomologische Nachrichten 10: 164–166. Sobczyk, T. & M. Bachmann 2010. Der Eichenprozessionsspinner Thaumetopoea processionea (Linnaeus, 1758) wieder in Sachsen. – Sächsische Entomologische Zeitschrift 5: 102–107. Sprenger, J. 2011. – Die Landplage des Raupenfraßes“ Wahrnehmung, Schaden und Bekämpfung von Insekten in der Forst- und Agrarwirtschaft des preußischen Brandenburgs (1700-1850). – Dissertation Julius Kühn-Institut, Quedlinburg, 320 S. Steinert, H. 1892. Die Macrolepidopteren der Dresdner Gegend. – Deutsche Entomologische Zeitschrift Iris 5: 395-423. 60 Kästner: Meconema meridionale

Die Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale (Costa, 1860)) per Anhalter durch Sachsen (Orthoptera: Meconematidae)

Tommy Kästner

Clausen-Dahl-Straße 43, 01219 Dresden, [email protected]

Zusammenfassung. Die Südliche Eichenschrecke wurde in Sachsen erstmalig mit mehreren Nachweisen im Jahr 2008 gefunden. Seit dem wurde diese Art weiterhin mehrfach in Sachsen beobachtet und ihre Verschleppung an Autos beobachtet. Es wird ein Überblick über neuere Beobachtungen aus den Jahren 2009 bis 2012 in Sachsen gegeben.

Abb. 1: Blinder Passagier – eine Südliche Eichenschrecke klettert am Außenspiegel eines PKW entlang. Dresden Dobritz, 17.08.2012. (Foto: T. Kästner) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 61

Abstract. The southern oak bush-cricket (Meconema meridionale (Costa, 1860)) hitchhiking through Saxony (Orthoptera: Meconematidae). – During the year 2008, the southern oak bush-cricket was recorded from Saxony for the first time by several observations. Since that time, the species has been repeatedly found in Saxony and its dispersal on cars has been documented. An overview is given on more recent observations during the years 2009 to 2012 in Saxony.

1. Einleitung Die Südliche Eichenschrecke wurde 2008 erstmalig aus Sachsen nachgewiesen, wobei die zahlreichen Funde aus jenem Jahr ein bereits längeres Vorkommen in Sachsen nahe legen (Gottfried & Kästner 2009). Die Besiedlung überwiegend anthropogener Habitate in Deutschland als auch die Beobachtung, dass die Südliche Eichenschrecke auf fahrenden Autos sowie auf Autobahnrastplätzen und Bahnanlagen gefunden wurde, führte zu der Einsicht, dass diese Art durch Verschleppung ihr Areal erweitert (Tröger 1986; Niehuis & Niehuis 1995; Strätz & Weid 2005; Winkler & Kuprian 2010). In den Jahren 2011 und 2012 konnte die Südliche Eichenschrecke mehrfach als blinder Passagier, teils über mehrere Hundert Kilometer am fahrenden Auto durch Sachsen beobachtet werden. Im Folgenden sollen Beobachtungen zur anthropo- genen Verschleppung der Südlichen Eichenschrecke und aktuelle Funde bis ein- schließlich 2012 aus Sachsen mitgeteilt werden.

2. Jüngere Nachweise der Südlichen Eichenschrecke in Sachsen Per Anhalter durch Sachsen Im August 2011, November 2011, Juli 2012 und August 2012 konnte die auch schon von anderen Entomologen beschriebene anthropogene Verdriftung per PKW beob- achtet werden. Am 13.08.2011 kletterte bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 50 km/h eine Südliche Eichenschrecke aus dem Außenspiegelkasten meines PKWs. Das Tier hielt sich über eine halbe Stunde an der Außenseite des Außenspiegels fest und vermochte auch nach der Auffahrt auf die Autobahn und einer Fahrtgeschwindigkeit von 140 km/h sicheren Halt auf dem Rückspiegel (im Fahrtwindbereich) zu finden. Am 15.11.2011 wurde durch Frau Schüler ein weibliches Exemplar von Dresden- Striesen nach Dresden-Mockritz gefahren, wobei sich das Tier kontinuierlich an der Außenseite der Seitenscheibe aufhielt. Am 04.07.2012 kletterte bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 120 km/h eine Südliche Eichenschreckenlarve aus dem Außenspiegelkasten meines PKWs auf der Fahrt von Dresden in Richtung Leipzig. Das Tier hielt sich während der fast neunzig Minuten dauernden Autobahnfahrt auf der Spiegelfläche auf und verließ erst nach Ankunft am Zielort den Außenspiegel. 62 Kästner: Meconema meridionale

Am 17.08.2012 kletterte eine Südliche Eichenschrecke ebenfalls aus dem Außen- spiegelkasten des gleichen PKWs. Während der Stadtfahrt kletterte das Tier bei Fahrtgeschwindigkeiten von 50 km/h vom Fahrtwind unbeeindruckt über das gesamte Auto, inklusive Motorhaube und Dach. Bei einem kurzen Stopp verließ das Tier das Auto springend in einem anderen Stadtteil Dresdens. Bei allen vier Ereignissen wurden Südliche Eichenschrecken von wenigen Kilometern innerhalb einer Stadt bis zu mehreren Hundert Kilometern quer durch Sachsen passiv verschleppt. Die Beobachtungen zeigen, wie leicht eine anthropogene Verschleppung erfolgen kann, selbst wenn die Tiere nicht im Innenbereich des PKW sitzen. Auf diese Weise verschleppte Tiere sind bisher nur von der Südlichen, nicht jedoch von der Gemeinen Eichenschrecke oder anderen Heuschreckenarten dokumentiert.

Aktuelle Verbreitung in Sachsen Die Südliche Eichenschrecke konnte erst 2008 für Sachsen in Dresden nachgewiesen werden (Gottfried & Kästner 2009).

Das Vorkommen der Südlichen Eichenschrecke ist wie in vielen anderen Bundesländern auch in Sachsen bisher immer noch auf die Siedlungsbereiche des Menschen beschränkt (Gottfried & Kästner 2009). Bisher waren Funde aus Dresden, Radeberg und Weißwasser publiziert. In folgenden Orten konnte die Südliche Eichenschrecke seit 2008 ebenfalls nachgewiesen werden: 2009 in Leipzig (leg. Held, publ. durch Szcepanski 2012), 2009 in Meerane (leg. Gärtner, Szepanski, schriftl. Mitteilung), 2010 in Hohenstein-Ernstthal (leg. Küttner, schriftl. Mitteilung), 2011 in Neusörnewitz (Kästner & Gutzeit). In Dresden gelangen ebenfalls weitere Funde: 1 Ex., Dresden, Reichenbachstraße (TK 4948,322), 25.07.2012, leg. M. Meyer, (Szepanski, schriftl. Mittleilung). Folgende Funde gelangen in Dresden und Umgebung bis in das Jahr 2012:

Material: 1♀ Dresden August-Bebel-Straße (TK 4948,413), 29.08.2009, leg. T. Kästner; 1♂ Dresden Kindertagesstätte Prohliser Spatzennest (TK 4948,443), von Brombeere geklopft, 24.09.2010, leg. T. Kästner; 1♂ Dresden, Kamenzer Straße (TK 4948,231), an PKW, an diesem verschleppt Richtung auf A4 Richtung Bautzen, 13.08.2011, leg. T. Kästner; 3♂, 6♀ Dresden, Clausen-Dahl- Straße (TK 4948,431), Absuche von beleuchteten Hauseingängen, 20.10.2011 leg. T. Kästner; 1♀ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), Totfund in Spinnennetz, 21.10.2011, leg. T. Kästner; 1♂ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), Balkon, 24.10.2011, leg. T. Kästner; 1♀ Neusörnewitz, Cliebener Straße (TK 4847,321), an Linden einer Lindenallee, 02.11.2011, leg. R. Gutzeit & T. Kästner; 1♀ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), an PKW, an diesem verschleppt bis Großdalzig, Zitzschen (TK 4739,431) 04.07.2012, leg. T. Kästner; 1♀ Dresden-Striesen (TK 4948,421), an PKW, an diesem verschleppt bis Dresden-Mockritz (TK 4948,342), 15.11.2011, leg. A. Schüler (Fotobeleg), det. T. Kästner; 2♂ Dresden, Clausen- Dahl-Straße (TK 4948,431), aus Eiche geklopft, 09.08.2012, leg. T. Kästner; 1♂ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), an PKW, an diesem verschleppt innerhalb Dresdens, Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 63

17.08.2012, leg. T. Kästner; 1♂ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), aus Eiche geklopft, 18.08.2012, leg. T. Kästner; 1♀ Dresden, Clausen-Dahl-Straße (TK 4948,431), in der Wohnung, 07.09.2012.

Eine aktuelle Übersicht über die Verbreitung der südlichen Eichenschrecke ist bei Kästner (2013) einzusehen. Hier können auch weitere Funde gemeldet werden. Als Erfassungsmethoden eignen sich insbesondere das Absuchen von beleuchteten Hauseingängen und Spinnennetzen sowie das Ableuchten von Bäumen im Stammbereich und Kronenansatzbereich, insbesondere in Siedlungen in Bereichen erhöhten Verkehrsaufkommens (Parkplätze etc.) nach Sonnenuntergang jeweils in den Monaten August bis Oktober. Auch sollte auf Eichenschrecken geachtet werden, die in Wohnungen eindringen.

3. Diskussion Über die Verschleppung außen an PKWs wird auch von Tröger (1986), Niehuis & Niehuis (1995), Winkel & Kuprian (2010) und Münch (mündl. Mitt.: 17.09.2012, Raum Karlsruhe) berichtet. Insbesondere Winkel & Kuprian (2010) beschreiben ausführ- lich das Verhalten der Art während der Fahrt auf der Autobahn. Auf eine mögliche Verschleppung mittels Zügen sei ebenfalls hingewiesen. Der Fund der Südlichen Eichenschrecke in Neusörnewitz legt dies nahe. Der Ort liegt nicht an einer stark frequentierten Straße, jedoch an der S-Bahn-Linie Meißen-Dresden. Zu erwarten ist auch, dass Tiere aufgrund ihrer Neigung, von künstlichen Lichtquellen angelockt zu werden, auch in Züge eindringen. Die gezielte Absuche von Bahnabteilen im August und September dürfte interessante Ergebnisse liefern. Die Erwartung, dass die Südliche Eichenschrecke in allen größeren Städten zumindest des Flach- und Hügellandes Sachsens bereits vorkommen dürfte, verhärtet sich somit weiterhin. Bisher gelangen keine Nachweise trotz intensiver Nachsuche in Freiberg, ebenso fehlen bisher Meldungen aus Chemnitz, obwohl die Art für Hohenstein-Ernstthal und Meerane gemeldet ist. Für Dresden gelangen weitere Nachweise von Imagines, Eier ablegenden Weibchen und Larven in weiteren Stadtteilen, sodass ein bodenständiges Vorkommen gesichert und eine flächige Verbreitung in ganz Dresden anzunehmen ist.

4. Danksagung Für die Übermittlung von Fundmeldungen aus Sachsen und die Zustimmung zur Veröffentlichung dieser bedanke ich mich bei S. Sczepanski (Berlin) und A. Schüler (Dresden). 64 Kästner: Meconema meridionale

5. Literatur Gottfried, T. & A. Kästner 2009. Erstnachweise der Südlichen Eichenschrecke, Meconema meridionale (Costa, 1860), in Sachsen und Sachsen-Anhalt (Saltatoria). – Sächsische Entomologische Zeitschrift 4/. 3–9. Kästner, T. 2013. Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale (Costa, 1860)). – www. insekten-sachsen.de Niehuis, M. & O. Niehuis 1995. Freilandfunde der Südlichen Eichenschrecke – Meconema meridionale (Costa, 1860). – in Rheinland-Pfalz (Insecta: Saltatoria). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz 7 (4): 1080–1084. Sczepanski, S. 2009–2012. Südliche Eichenschrecke Meconema meridionale (Costa 1860). – www.eichenschrecke.de [download: 24.08.2012] Strätz, C. & S. Weid 2005. Die Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale A. Costa, 1860) in Bayern. – Bericht der Naturforschenden Gesellschaft Bamberg 77: 187–191. Tröger, J. 1986. Die Südliche Eichenschrecke, Meconema meridionale Costa (Saltatoria: Ensifera: Meconematidae, erobert die Städte am Oberrhein. – Entomologische Zeitschrift 96 (16): 229–232. Winkler, S. & M. Kuprian 2010. „Per Anhalter durch Hessen“ – Die Südliche Eichenschrecke nutzt den Straßenverkehr zur Arealerweiterung. – Insecta 12: 85–87. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 65

Aktuelle Daten zur Kleinschmetterlingsfauna von Sachsen (Lepidoptera) VII.

Friedmar Graf 1, Christian Kaiser 2, Hans Leutsch 3, Richard Mally 4, Heidrun Melzer 5, Matthias Nuß 6, Thomas Sobczyk 7, Andreas Stübner 8 & Sven Wauer 9

1 Burglehn 1, 02625 Bautzen; E-Mail: [email protected] 2 Waldstraße 17, 04571 Rötha; E-Mail: [email protected] 3 Bachweg 29, 02791 Niederoderwitz 4 University Museum of Bergen, Allégaten 41, 5007 Bergen, Norwegen; E-Mail: [email protected] 5 Egelstr. 2a, 04103 Leipzig; E-Mail: [email protected] 6 Senckenberg Museum für Tierkunde, Königsbrücker Landstr. 159, 01109 Dresden; E-Mail: [email protected] 7 Diesterwegstraße 28, 02977 Hoyerswerda; E-Mail: [email protected] 8 An der Malxe 9, 03185 Peitz; E-Mail: [email protected] 9 Fuchsstraße 1, 02730 Ebersbach; E-Mail: [email protected]

Zusammenfassung. Durch aktuelle Sammelaktivitäten wurden 18 Kleinschmet- terlingsarten erstmalig für Sachsen nachgewiesen. Darüber hinaus wurden in Gewächshäusern badia (Hodges, 1962) erstmalig aus Deutschland und Sufetula diminutalis (Walker, 1866) erstmals aus Europa nachgewiesen. Weitere 20 Arten, die seit 1980 nicht mehr aus Sachsen nachgewiesen wurden, wurden in jüngster Zeit wieder gefunden.

Abstract. Recent data on Microlepidoptera of Saxony. – Recent collecting activities resulted in first records of 19 micro moths’ species from Saxony. On top ofthat, Anatrachyntis badia (Hodges, 1962) is first recorded from Germany as well as Sufetula diminutalis (Walker, 1866) from Europe. The latter two species were found in green houses. Further 20 species which were not recorded since 1980 from Saxony have been found again recently.

Einleitung Der Terminus ‘Kleinschmetterlinge’ hat seine ursprüngliche Bedeutung in einer pragmatischen Unterscheidung der Schmetterlinge nach der Körpergröße der Falter. Während viele Menschen unter Schmetterlingen meist nur die Tagfalter verstehen, widmen sich die meisten Schmetterlingssammler ausschließlich den sogenannten ‘Großschmetterlingen’, zu denen neben den Tagfaltern unter anderen die Bärenspinner (Artciinae)*, Eulen (Noctuidae), Ordensbänder (Catocalini)*, Schwärmer (Sphingidae), Spanner (Geometridae), Glucken und Spinner (Lasiocampidae), 66 Graf et al: Microlepidoptera

Trägspinner (Lymantriinae)* und Widderchen (Zygaenidae) gehören (die mit einem * gekennzeichneten Gruppen gehören in die durch molekulargenetische Analysen als natürliche Verwandtschaftsgruppe erkannten Erebidae (Zahiri et al. 2011)). Insgesamt kommen in Deutschland 1443 Großschmetterlingsarten vor. Den 2209 aus Deutschland bekannten Kleinschmetterlingsarten (1472 Arten in Sachsen (Gaedike 2013)), die als Belegtiere in der Regel unter Zuhilfenahme einer Lupe oder eines Stereomikroskops auf Minutiennadeln präpariert werden müssen, widmen sich hingegen nur 70 Spezialisten (10 aus dem Freistaat Sachsen (Nuß, eigene Daten)). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass unser Wissensstand bei vielen Kleinschmetterlingsarten noch Lücken für viele interessante Entdeckungen aufweist. In der Vergangenheit hat es an Versuchen nicht gefehlt, dieser aus der Praxis begründeten Einteilung in Groß- (Macrolepidoptera) und Kleinschmetterlinge (Micro- lepidoptera) wissenschaftlich zu untermauern (Herrich-Schäffer 1849; Minet 1991, Kristensen & Skalski 1998). In den auf Molekulargenetik basierenden phylogeneti- schen Analysen sind diese Hypothesen jedoch widerlegt worden (Regier et al. 2009; Mutanen et al. 2010). So darf es als gesichert gelten, dass sich Tagfalter und Wid- derchen verwandtschaftlich inmitten der ‘Kleinschmetterlinge’ einreihen. Hingegen können die Bombycoidea, Drepanoidea, Geometroidea, Lasiocampoidea und Noctuoidea durchaus als eine natürliche Verwandtschaftsgruppe ‘Macrolepidoptera’ bezeichnet werden. An der Basis dieser Macrolepidoptera stehen die Zünslerfalter (Pyraloidea), die man bislang den Kleinschmetterlingen zurechnete. Diese könnten in der Praxis sogar bald den Macrolepidoptera zugerechnet werden, da die meisten Zünslerfalter ihrer Körpergröße nach nicht unbedingt auf Minutiennadeln präpariert werden müssen und es gibt mittlerweile eine große Auswahl an Literatur, die in den meisten Fällen eine Artbestimmung auch ohne mikroskopische Präparation erlaubt (z. B. Hannemann 1964; Petersen et al. 1973; Rinnhofer 1975, 1980, 1988; Gaedike 1980; Gaedike & Petersen 1985; Goater et al. 2005; Slamka 2010). Vor diesem Hintergrund hat sich der faunistische Durchforschungsgrad der Zünslerfalter in Deutschland in den letzten Jahren bereits deutlich verbessert. So liegt seit 2012 auch eine erste gesamtdeutsche Rote Liste der Zünslerfalter vor (Nuß et al. 2012). Sie basiert auf faunistischen Daten, die deutschlandweit seit Mitte des 19. Jahrhunderts zusammengetragen und mit den Daten aus der jüngsten Vergangenheit verglichen wurden. Die gegenwärtige Bestandssituation sowie langfristige und kurzfristige Bestandsänderungen wurden in Beziehung gesetzt, um den Grad der Gefährdung der Arten zu analysieren. Insgesamt ergab sich für die Zünslerfalter eine Situation wie bei den meisten anderen Organismenarten, bei denen etwa die Hälfte der Arten auf der Roten Liste verzeichnet sind: Von den 255 einheimischen Zünslerfaltern sind dies 114 Arten (44,7%). Ziel der vorliegenden Publikation ist es, den Wissensstand über die sächsischen Kleinschmetterlinge weiter zu verbessern. Seit der Veröffentlichung des Verzeich- Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 67 nisses der Schmetterlinge Deutschlands (Gaedike & Heinicke 1999), in welchem für jedes Bundesland der Nachweis einer jeden Art in drei Zeithorizonten (vor 1900, 1900 – 1980, seit 1980) dargestellt wird, wurden fast jährlich Ergänzungen für Sachsen publiziert (Nuß & Stübner 2000; Graf et al. 2001–2007; Gaedike et al. 2003). Zeitgleich geschah dies auch in den meisten anderen Bundesländern, so dass Gaedike schließlich ab 2008 die vielen Daten zusammenfasste und als Nachträge zum Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands publizierte (Gaedike 2008–2013). Trotz dieser intensiven Publikationstätigkeit seit mehr als 10 Jahren werden immer noch weitere Kleinschmetterlingsarten erstmalig aus Deutschland oder aus einzelnen Bundesländern nachgewiesen. Davon zeugen auch die folgenden aktuellen Daten, die in den zurückliegenden Jahren in Sachsen gemacht wurden.

Ergebnisse

676 Tinea flavescentella Haworth, 1828: 1♂, Weißwasser, NSG Urwald, 24.05.2007, leg. et coll. Sieber. Aktueller Nachweis für Sachsen.

717 Opogona sacchari (Bojer, 1856): Zahlreiche Falter, Leipzig, Zoo, Tropenhaus „Gondwanaland“, 24.05., 07.06., 04.07., 05.07., 12.07., 19.07., 01.08., 02.08., 09.08., 16.08., 23.08., 30.08., 04.09., 13.09., 19.09., 27.09., 11.10.2012, leg. Mally & Nuß, coll. MTD. Die Falter wurden in Boden-, Malaisefallen und Lufteklektoren gefangen als auch aus weißfaulem Totholz und verschiedenen Angiospermen gezüchtet. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

1101 Parectopa robiniella Clemens, 1863: Zahlreiche Falter, Berzdorfer See bei Görlitz, Anfang 05.2009 e. l., Mitte 05.2010 e. l., leg. et coll. Leutsch. Aktueller Erst- nachweis für Sachsen.

Abb. 1 u. 2: Parectopa robiniella. 1: Blattmine bei Lohsa am 17.09.2011, 2: Falter aus einer im Sep- tember 2009 am Berzdorfer See bei Görlitz eingetragenen Mine, coll. Leutsch. (Fotos: Graf) 68 Graf et al: Microlepidoptera

1111 Caloptilia azaleella (Brants, 1913): 1♀, Leipzig, westlich Bienitz, Zschampert- aue (TK 4639-14), 25.06.2010, in der Dämmerung, leg., det. et coll. Kaiser. Aktueller Nachweis für Sachsen.

1359 Zelleria hepariella Stainton, 1849: 1♂, lux, 27.07.2008, Niederoderwitz, Königsholz, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

Abb. 3: Zelleria hepariella, Czorneboh, 28.07.2013, LF, leg. et coll. Graf. (Foto: Graf)

1521 Ochsenheimeria urella Fischer v. Röslerstamm, 1842: 5 Falter, Mittel- herwigsdorf bei Zittau, Scheibeberg, 10.07.2010, TF, leg. et coll. Graf; 1♀, gleiche Daten, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen.

1925 Elachista gleichenella (Fabricius, 1781): 1♂, Ostritz, Stadtwald, 15.06.2006, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

2270 Eratophyes amasiella (Herrich-Schäffer, 1854): 5 Expl., Halbendorf/Spree, Daubaner Weg, TK 4753/11, 13.06.2013, tags um Holzstapel fliegend, leg. et coll. Sobczyk. Aktueller Erstnachweis für Sachsen. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 69

Abb. 4: Belegexemplar von Elachista gleichenella aus dem Ostritzer Stadtwald, coll. Leutsch. (Foto: Graf)

Abb. 5: Belegexemplar von Eratophyes amasiella von Halbendorf/Spree, Daubaner Weg, 13.06.2013. (Foto: Sobczyk) 70 Graf et al: Microlepidoptera

2585 deauratella Lienig & Zeller, 1846: 1♂, Boxberg OT Sprey, 26.06.2006, LF, leg. et coll. Graf; 1♂, Reichwalde bei Kreba, 27.06.2009, LF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen.

2591 Coleophora ballotella Fischer v. Röslerstamm, 1843: 2♂, Leipzig, Bienitz, TK 4639-14, Wald südlich Kanal-Westhang, Larve 08.05.2011 an , Falter 24.06.2011, leg. & det. Kaiser. 1♂, Dübener Heide, Doberschütz, Larve 17.05.2011 an Ballota nigra, Falter 13.06.2011; 3♂, Noitzscher Heide, südl. Wellaune, Larve 20.04.2012 an Ballota nigra, Falter 01., 15., 20.06.2012, leg. & cult. Melzer, coll. Kaiser. Aktuelle Nachweise für Sachsen

2598 Coleophora currucipennella Zeller, 1839: 1 Falter, Schleife bei Weißwasser, 09.07.1994, LF, leg. et coll. Leutsch. 1♀, Dübener Heide, Doberschütz, 15.05.2012, e. p., leg. (an Quercus robur) & cult. Melzer, gen. prep., det. et coll. Kaiser. Aktuelle Nachweise für Sachsen.

2601 Coleophora pyrrhulipennella Zeller, 1839: 1 Falter, Neustadt / Spree, Neustädter Heide, 15.06.2001, LF, leg. et coll. Leutsch. Zahlreiche Säcke, Dübener Heide, Wildenhain, 23.09.–06.10.2011 sowie 1♀ aus dieser Aufsammlung, e. l. 14.06.2012; zahlreiche Säcke, gleicher Fundort, 05.10.2013, leg. (an Calluna vulgaris) & cult. Melzer, gen. prep., det. et coll. Kaiser. Aktuelle Nachweise für Sachsen.

2615 Coleophora dignella Toll, 1960: 1♀, Bertelsdorf bei Löbau, Sandgrube, 10.07.2011, LF, leg. Wauer, det. Stübner. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

Abb. 6: Coleophora conspicuella (♂) aus Oberholz bei Großpösna. (Foto: Melzer) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 71

2620 Coleophora conspicuella Zeller, 1849: 2♂, Oberholz bei Großpösna, Larven am 26.05. und 09.06.2012 an Centaurea sp., Falter e. l. am 24.06. und 30.06.2012, leg. & cult. Melzer, det. et coll. Kaiser. Aktuelle Erstnachweise für Sachsen.

2656 Coleophora ornatipennella (Hübner, 1796): 1♂, 22.05.2011, Leipzig, Bienitz, TK 4639-14, Südhang, leg., det. (GU) et coll. Kaiser. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

2685 Coleophora antennariella Herrich-Schäffer, 1861: 1♀, Rachlau, 06.06.1903, leg. Starke, gen. prep. 914 Stübner, & det. Stübner, coll. MTD. 1♂ Zittau, Schülerbusch, 23.05.2012, Lichtfang, leg. et coll. Leutsch, det. Stübner. Erstnachweise für Sachsen.

2707a Coleophora virgaureae Stainton, 1857: 4 Falter, Sprey bei Boxberg, 17.08.2001, LF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen. Anmerkung: Im Verzeichnis der Schmetterlinge Deutschlands (Gaedike & Heinicke 1999) wird diese Art noch als Synonym zu Coleophora obscenella Herrich-Schäffer, 1855 geführt. Baldizzone & Tabell (2002) erkannten diese jedoch als verschiedene Arten.

2775 Coleophora scabrida Toll, 1959: 1♂, Zeißholz, 22.07.2004, LF, leg. et coll. Graf. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

2899 Blastobasis glandulella (Riley, 1871) (= Blastobasis huemeri Sinev, 1993): 1♀, Leipzig, Bienitz, TK 4639-14, Wald südlich Kanal-Westhang, 30.07.2010, LF, GU470, 1♂, 29.06.2012, LF, leg., det. et coll. Kaiser. 1♂, Burg, 05.07.2009, LF; 1♀, Boxberg OT Sprey, 16.07.2010, LF; 1♀, Rietschen, OT Viereichen, 12.06.2011, LF, leg. et coll. Graf. Aktuelle Erstnachweise für Sachsen. Anmerkung: Diese Art ist weit verbreitet in Nordamerika. Landry et al. 2013 zeigten, dass Blastobasis glandulella aus den USA und Blastobasis huemeri aus Kroatien artgleich sind und sich diese Art in Europa wie eine invasive Art ausbreitet.

Anatrachyntis badia (Hodges, 1962): 1♂, Leipzig, Zoo, Tropenhaus „Gondwana- land“, 03.11.2011, e. l., leg. Mally & Nuß, det. Nuß, coll. MTD. Aktueller Erstnachweis für Deutschland und Sachsen.

A. badia ist ursprünglich in Nordamerika entdeckt und wissenschaftlich beschrieben worden (Hodges 1962, 1978). Nachweise aus Europa gibt es seit 2001 aus Frank- reich, Spanien (Kanarische Inseln), Italien, Großbritannien, den Niederlanden und (Koster & Sinev 2003; Heckford & Sterling 2004; Bella & Mazzeo 2006; Koster & Sammut 2006). Die Art ist in Europa nicht heimisch und wird wiederholt eingeschleppt. Im Zusammenhang mit den Nachweisen auf den Kanaren und Malta 72 Graf et al: Microlepidoptera

Abb. 7: Mit Wollläusen, u. a. Palmicultor lumpurensis (Takahashi, 1951), (Coccoidea: Pseudo- coccidae) befallener Bambus. In diesen Kolonien leben die Larven von Anatrachyntis badia. Leipziger Tropenhaus, 2011 und 2012. (Foto: Nuß) wird eine mögliche Etablierung der Art im europäischen Mittelmeerraum diskutiert. In Deutschland ist die Art aus dem Freiland bislang nicht bekannt. A. badia gilt in der Literatur als Aasfresser (Koster & Sinev 2003; Bella & Mazzeo 2006). Im vorliegenden Fall wurden die Larven an den Nodien des Bambus gefunden, wo Schildlauskolonien (Sternorrhyncha: Coccoidea) leben. Die Larven weben dort lockere Gespinste, in welche sie ihre Exkremente einlagern. Auf diese Weise ensteht das charakteristische Befallsbild mit den scheinbar schwarz verdickten Nodien des Bambus (Abb. 9). Unter dem Stereomikroskop zeigen sich unterhalb dieser Gespinste jedoch keine Fraßspuren am Bambus, so dass vermutet wird, dass die Larven von A. badia sich von Schildläusen ernähren. Ob dies allerdings zuungunsten der Schildläuse erfolgt, weil diese lebend gefressen werden (Antagonisumus) oder aber Häutungsreste, tote Tiere etc. gefressen werden, was möglicherweise zum Nutzen der Kolonie sein könnte (Mutualismus), muss noch näher untersucht werden. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 73

Abb. 8: ♂ von Carpatolechia aenigma, e. l. 05.04.2011. Die Larve wurde am 25.07.2010 an Quercus robur in der Noitzscher Heide südlich Wellaune bei Bad Düben gefunden. (Foto: Melzer)

3433 Carpatolechia aenigma (Sattler, 1983): 1♀, Rötha, Stöhnaer Becken (Hochwasserrückhaltebecken, üblicherweise ohne Wassereinstau, ehemalige Tage- baufläche), 01.07.1995, LF, leg. et det. [GU 150] Kaiser; 5♂, 07.08. e. l. und 13.09.2008 e.p. von Quercus robur, 268 & GU269, 16.08.2008 e. l. von Tilia cordata, 249, 05.–06.08.2009 e. l. von Quercus robur, Dübener Heide, Waldgebiet nordwestlich Doberschütz, mehrere Fundstellen; 5♂, 8♀, 25.07., 16.09.2010 e.l. von Quercus robur, Noitzscher Heide südl. Wellaune bei Bad Düben, alle Funde leg. et cult. Melzer, det. (gen. prep.) et coll. Kaiser. Die Falter von C. aenigma können leicht mit Pseudotelphusa paripunctella verwechselt werden. Die Menge und Dichte der eingestreuten weißgrauen Schuppen variiert. Die hellgrünen Raupen von C. aenigma können von Juli bis September zwischen flach aufeinander gesponnenen Eichenblättern (seltener auch Linde) gefunden werden, wo sie einzeln in langen, gewundenen, mit Kot bedeckten Gespinströhren leben. Ein besonderes Erkennungsmerkmal, wodurch sie zuverlässig von den sonst ähnlichen P. paripunctella und P. scalella unterschieden werden können, ist die artspezifische streifige Verfärbung im letzten Larvenstadium nach Einstellen der Nahrungsaufnahme. Aktuelle Erstnachweise für Sachsen. 74 Graf et al: Microlepidoptera

Abb. 9: Letztes Larvenstadium von Carpatolechia aenigma auf Quercus robur, Noitzscher Heide südl. Wellaune bei Bad Düben, 25.07.2010. (Foto: 31.07.2010, Melzer)

Abb. 10: Gelechia basipunctella in der Umgebung des Findlingsparkes Nochten von Schmalblättriger Weide, e. l. 30.05.2013, coll. Graf. (Foto: Graf) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 75

3476 Gelechia basipunctella Herrich-Schäffer, 1854: 1♀, Uhyst/Spree, 28.05.2011, e. l., leg. et coll. Graf. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

3780 Syncopacma cinctella (Clerk,1759): 1♀, Ostritz, Steinbruch im Stadtwald, 14.06.2006, TF sowie 1♂, Mittelherwigsdorf bei Zittau, Scheibeberg, 06.06.2010, LF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen.

3794 Syncopacma captivella Herrich-Schäffer, 1855: 1♂, Bärwalde, ehemaliges Militärgelände, Ginsterheide, 22.06.2008, LF, leg. et coll. Graf; in großer Anzahl, gleicher Fundort, 17.06.2011, LF, leg. et coll. Graf. Aktueller Nachweis für Sachsen.

4221 Cochylimorpha hilarana Herrich-Schäfer, 1851: 2 Falter, Neustädter Heide, Flur Mühlrose, in Rekultivierung, 03.08.2013, am Licht, leg. et. coll. Graf. Aktueller Nachweis für Sachsen.

Abb. 11: Cochylimorpha hilarana in der Neustädter Heide, Flur Mühlrose, am 03.08.2013 nachts am Licht, coll. Graf. (Foto: Graf)

4624 Clepsis pallidana (Fabricius, 1776): 1 Falter, Oberlausitz (Larve wurde unbemerkt mit Futter eingetragen, Falterfund in der Wohnung), 30.05.2011 e. l., leg. et coll. Graf. 1 Falter, Umgebung Hoyerswerda, 24.08.2012, LF. Aktuelle Erstnachweise für Sachsen.

4657 Bactra lacteana Caradja, 1916: 1♂, NSG Niederspree bei Rietschen, 09.06.2007, LF; 1♂, Zittauer Gebirge, Jonsdorf, 27.07.2007; 1♂, Mittelherwigsdorf bei Zittau, Scheibeberg, 01.08.2010, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen. 76 Graf et al: Microlepidoptera

4724 rurestrana (Duponchel, 1843): Mehrere Nachweise, u. a. 2 Falter, Demitz-Thumitz, 17.06.2004, TF, leg. et coll. Graf. Aktueller Nachweis für Sachsen.

4966 aspidiscana (Hübner, 1817): 1♂, Schleife, 21.07.2009, LF, leg. et coll. Graf. Aktueller Nachweis für Sachsen.

5038 Gravitarmata margarotana (Heinemann, 1863): 1♀, Großschönau bei Zittau, 04.05.2007, leg. et coll. Sieber. Aktueller Nachweis für Sachsen.

5065 Ancylis subarcuana (Douglas, 1847): 1♀, Hermsdorf bei Königswartha, Altteich, Jesorwiesen, 12.07.1998, e. l., leg. et coll. Leutsch. Zahlreiche Falter, Bärwalde, 30.04. und 02.05.2009, TF, leg. et coll. Graf. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

5099 Cydia lathyrana (Hübner, 1813): 1♂, Hainewalde bei Zittau, Sandgrube, 07.05.2008, TF, leg. et coll. Sieber. 12 Falter, gleicher Fundort, 15.04.2009, TF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen.

5251 Dichrorampha plumbagana (Treitschke, 1820): 1♀, Bärwalde bei Boxberg, 05.06.2006, TF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Nachweis für Sachsen.

5278 Tebenna bjerkandrella (Thunberg, 1784): 4♂, 29.06.2010, 3♂, 1♀, 30.06.2010, Leipzig, Süd-West, Nördlich Cospudener See, in der Abenddämmerung fliegend um Weidenblättrigen Alant ( salicina). Hier kann T. bjerkandrella an Sommer- abenden zahlreich beobachtet werden. Die Falter entfernen sich kaum von ihren Nahrungspflanzen. leg. Melzer, coll. Kaiser. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

Abb. 12: ♂ von Tebenna bjerkandrella, geschlüpft am 26.05.2011, Raupenfund Anfang Mai 2011 an Inula salicina. (Foto: Melzer) Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 77

5457 didactyla (Linnaeus, 1758): 1♂, 29.06.2012, Leipzig, Bienitz, TK 4639-14, Wald südlich Kanal-Westhang, LF, leg. et coll. Kaiser. Aktueller Nachweis für Sachsen. Der Leipziger Bienitz ist eine Erhebung am Westrand der Stadt und Teil der Dehlitz- Rückmarsdorfer Endmoräne, für den seit 2010 eine entomologische Inventarisierung läuft. In diesem Teil des seit 1998 neu festgelegten ca. 5900 ha großen LSG „Leipziger Auwald“ gelangen schon einige interessante Schmetterlingsnachweise. Aber auch im näheren Umfeld des LSG, im Bereich der Luppeaue, nur ca. 900 m vom Nachweisort entfernt, gelang Melzer schon am 06.06.2007 ein Fotonachweis von G. didactyla. Bei einer gezielten Nachsuche an Nelkenwurzarten (Geum urbanum und G. rivale) fand Melzer im Mai 2013 zahlreiche Larven im Raum Leipzig (Rückmarsdorf und Bienitz) sowie im Oberholz bei Großpösna. Diverse Zuchtfalter aus diesen Aufsammlungen in coll. Kaiser.

5459 Capperia britanniodactylus Gregson, 1867: 3 Falter, Czorneboh Gebiet bei Halbau, 04.–06.06.2011, e. l., leg. et coll. Leutsch. Aktueller Erstnachweis für Sachsen.

Abb. 13: Belegexemplar von Capperia britanniodactylus vom Czorneboh, coll. Leutsch. (Foto: Graf) 78 Graf et al: Microlepidoptera

Abb. 14: Belegexemplar von Sciota fumella aus Mittelherwigsdof bei Zittau, coll. Leutsch. (Foto: Graf)

5521 Pselnophorus heterodactylus (Müller, 1764): 1♂, Zittauer Gebirge, Walters- dorf, Windgasse, 06.06.2007, leg. et coll. Sieber. 2 Falter, 18.06. 2009, Zittauer Gebirge, Lückendorf, leg. et coll. Graf. Aktueller Nachweis für Sachsen.

5718 Sciota fumella (Eversmann, 1844): 2♂, 1♀, Mittelherwigsdof bei Zittau, 30.05.2008, 06.06.2010, LF, leg. et coll. Leutsch. Aktueller Erstnachweis für Deutschland.

5860 Acrobasis marmorea (Haworth, 1811): 1♀, Großschönau bei Zittau, Mitte 06.2007, leg. et coll. Sieber. Aktueller Nachweis für Sachsen.

Sufetula diminutalis (Walker, 1866): Zahlreiche Falter, Leipzig, Zoo, Tropenhaus „Gondwanaland“, 05.07., 12.07., 02.08., 16.08., 23.08., 13.09., 19.09., 27.09.2012, prep. gen. 562, 563, 564 Mally, det. Hayden & Mally, coll. MTD. Die Falter fressen an den Wurzelspitzen von Palmen (Genty & Mariau 1976; Mariau 2001). Aktueller Erstnachweis für Europa, Deutschland und sachsen. Sächsische Entomologische Zeitschrift 7 (2012/2013) 79

Danksagung Wir danken Reinhard Gaedike (Bonn) für die Fortführung des Verzeichnisses der Schmetterlinge Deutschlands, was unsere faunistische Arbeit sehr erleichtert. Darüber hinaus gab er Hinweise zu diesem Manuskript. Den Mitarbeitern des Zoos Leipzig und Frau Möwes vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie wird ganz herzlich für die Unterstützung während der Untersuchungen im Gondwanaland in den Jahren 2011 und 2012 gedankt.

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Errata

In dem Artikel von Sobczyk & Bachmann, Der Eichenprozessionsspinner Thaume- topoea processionea (Linnaeus, 1758) wieder in Sachsen, Sächsische Entomologi- sche Zeitschrift 5: 102–107 wurden die Bildunterschriften vertauscht. Die Abb. 2 zeigt T. pinivora und Abb. 3 T. processionea. Ebenso ist dies im Text (S. 106) nicht korrekt dargestellt. Richtig muss es heißen: Bereits bei schwacher Vergrößerung ist bei T. pinivora (Abb. 2) ein deutlich gesägter Chitinkamm zwischen den Augen erkennbar, der bei T. processionea fehlt (Abb. 3).

Auf der Titelseite der Sächsischen Entomologischen Zeitschrift Band 6 aus dem Jahr 2011 wurde der Dünensandlaufkäfer (Cicindela hybrida Linnaeus, 1758) abgebildet. Irrtümlich wurde in der Bildlegende der Artname Flussufersandlaufkäfer (Cylinde- ra arenaria (Fuesslin, 1775)) angegeben. Beide Arten kommen an dem genannten Fundort (Ufer des Tagebaurestsees „Grube Frieden“ zwischen Halbendorf und Weiß- wasser) vor und wurden dort am gleichen Tag beobachtet und fotografiert. Das lautlose Sterben der Bienen Ursachen – Konsequenzen – Auswege

Friedrich Hainbuch

Die Honigbiene ist das drittwichtigste Nutztier in der Ernährungskette des Menschen. Drei Viertel aller Nutzpflanzen, die die Menschheit ernähren, werden von Bienen bestäubt. In den letzten Jahrzenten kam es jedoch zu einem weltweiten, be- sorgniserregenden Massensterben ganzer Bienenvölker. Wenn das Bienensterben in diesem Ausmaß weitergeht, würde das nicht nur einen finanziellen Schaden in Milliardenhöhe bedeuten, es hätte auch katastrophale Auswirkungen auf die Ernährungssituation des Menschen und auf die Artenvielfalt.

Friedrich Hainbuch geht den möglichen Ursachen des lautlosen Bienensterbens auf den Grund und führt neben der Varroamilbe vor allem menschliches Fehlverhalten und das Agribusiness der Großkonzerne als dessen Hauptverursacher an. Er schildert die drohenden Konsequenzen einer Welt ohne Honigbienen, bietet aber auch mögliche Auswege aus der Katastrophe an – Auswege, die sowohl die Agrarwirtschaft als auch jeder Einzelne von uns beschreiten können.

Aus dem Inhalt: • Wir brauchen die Bienen, aber sie uns nicht • Geballte Zumutungen für unsere Bienen … aus der Imkerschaft: Inzucht, Varroamilbe, Bienenwanderungen … aus der Umwelt: Luftverschmutzung, Klimawandel, Elektrosmog … aus der Landwirtschaft: Agribusiness, Gentechnik, Monokulturen • Auswege

VerlagsKGWolf Special Interest Bd. 5 1. Auflage, 2014, 128 Seiten 29 farbige Abb. ISBN: 978-3-89432-135-2 EUR 19.95 Das Standardwerk für Schmetterlingskenner

Impressum: Jetzt vollständig aktualisiert 384 Seiten Sächsische Entomologische Zeitschrift laminierter Pappband 2000 Farb-Illustrationen ISBN: 978-3-440-12868-8 Herausgeber: NABU, Landesverband Sachsen e. V. im Auftrag des Arbeitskreises Preis: EUR 39,99 Entomologie im NABU Sachsen Kosmos Verlag, Stuttgart Löbauer Straße 68, 04347 Leipzig; Tel.: (03 41) 33 74 15-0; Fax: (03 41) 33 74 15 13 E-Mail: [email protected] Internet: www.NABU-Sachsen.de

Redaktion: Dr. Matthias Nuß

Layout: Jürgen Auge nach einem Konzept von Uwe Schroeder

Redaktionsschluss: Dezember 2013

Titelfoto: Weibchen der Burschenraubfliege (Tolmerus cingulatus (Fabricius, 1781)) bei Klosterbuch im Muldental am 11. Juli 2012. Foto: Tommy Kästner Schmetterlinge faszinieren durch ihre Eleganz und Anmut. Wie kleine Farbtupfer schweben sie am Himmel – eine Augenweide der Lüfte von beeindruckender Vielfalt und Schönheit. Der vollständig aktualisierte und neu gestaltete Naturführer Schmetterlinge Europas und Nordwestafrikas präsentiert über 440 Tagfalter in Erscheinungsdatum: April 2014 ausführlichen Beschreibungen und kunstvollen, naturgetreuen Farbzeichnungen. Dieses Bestimmungsbuch liefert durch seine präzisen Texte und über 2000 Herstellung: Kopier- und Bindewerkstatt aufwendige Illustrationen ein umfassendes Bild über Lebensweise und Verhalten, Zschämisch (Taucha) & Kollegen Futterp anzen, Raupen und Flugzeiten. Kennzeichen und Variationen der Tagfalter lassen sich besonders gut erkennen, da nicht nur die Flügelober-, sondern auch Bezugspreis: 6,00 € im Abonnement + Versandkosten die Flügelunterseiten dargestellt sind. Der praktische Bestimmungsschlüssel 9,00 € + Versandkosten im freien Verkauf ermöglicht eine einfache und erfolgreiche Handhabung; eine Checkliste steht für Eintragungen eigener Funde zur Verfügung. Die Broschüre ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Art der gewerblichen Weiterverwendung bedarf der Genehmigung des NABU, LV Sachsen e. V. Der Engländer Dr. Thomas Tolman ist einer der führenden Schmetterlingsexperten Europas. Seit über 30 Jahren widmet er sich in seinen Studien Schmetterlingen und erforscht insbesondere ihre frühen Entwicklungsstadien.

Richard Lewington hat als führender Wildlife- und wissenschaftsbiologischer Zeichner bereits zahlreiche Schmetterlingsbücher illustriert. Er gilt weltweit als einer ISSN-Nr. 1864-2446 der besten Schmetterlingszeichner. Inhalt

Historische Nachweise, gegenwärtige und Prognose der zukünftigen Bestandssituation des Eremiten (Osmoderma eremita (Scopoli, 1763)) in Sachsen (Coleoptera: Scarabaeidae) ______J. Lorenz 003 - 029 Neufund von Coraebus elatus und Wiederfund von Trachys problematica in Sachsen (Coleoptera: Buprestidae) ______T. Kwast 030 - 034 Nachweise der Zickzack-Blattwespe Aproceros leucopoda (Takeuchi, 1939) in Sachsen (Hymenoptera: Symphyta: Argidae) ______T. Sobczyk & M. Nuß 035 - 038 Landesverband Sachsen e.V. Neue und bemerkenswerte Raubfliegenfunde aus Sachsen (Insecta: Asilidae) ______T. Kästner 039 - 054

Zum historischen Auftreten von Prozessionsspinnern (Thaumetopoea sp.) in Dresden (Lepidoptera: Notodontidae: Thaumetopoeinae) ______T. Sobczyk 055 - 059 Die Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale (Costa, 1860)) per Anhalter durch Sachsen (Orthoptera: Meconematidae) ______T. Kästner 060 - 064 Aktuelle Daten zur Kleinschmetterlingsfauna von Sachsen (Lepidoptera) VII. ______F. Graf, C. Kaiser, H. Leutsch, R. Mally, H. Melzer, M. Nuß, T. Sobczyk, A. Stübner & S. Wauer 065 - 081 Sächsische Errata______081 Entomologische Zeitschrift 2012/13 7 ISSN-Nr. 1864-2446 Band 7 - 2012/13 Sächsische Entomologische Zeitschrift