6 Der Bachelor Mein MdL: Der MinisterprŠsident? Einflussreiche Vertretung im Landeshaus oder selten gesehener Gast vor Ort

Der Kieler SPD stehen auch in personeller Hinsicht span- freien Wirtschaft und möglichen Tätigkeitsfeldern in der nende Zeiten bevor. Im kommenden Jahr werden die Di- internationalen Politik, die er bereits vom bequemen Chef- rektkandidaten für die Landtagswahlkreise und etwas sessel in der Staatskanzlei heraus in Interviews anstellt, ist später auch für den Bundestagswahlkreis innerpartei- es zumindest schwer vorstellbar, dass er tatsächlich auf der lich nominiert. Da bereits bekannt ist, dass viele der harten Oppositionsbank Platz nehmen würde. Schon in die- bisherigen Mandatsträger nicht noch einmal antreten ser Legislaturperiode sitzt aufgrund der Beförderung des werden, bietet sich eigentlich eine gute Gelegenheit gewählten Abgeordneten Rolf Fischer zum Staatssekretär für die Kieler Partei, sich neu aufzustellen und prägen- kein direkter Vertreter aus -Nord im Parlament. Der Wahl- de Charaktere für die künftige politische Arbeit auszu- kreis Kiel-Nord könnte weitere fünf Jahre ohne direkten SPD- wählen. Rund ein Jahr vor der Nominierung hat nun be- Vertreter im bleiben. reits der amtierende Ministerpräsident Torsten Albig seine Kandidatur als SPD-Kandidat für den Wahlkreis Kiel-Nord bekannt gegeben. Als Ministerpräsident zu- gleich Wahlkreisabgeordneter zu sein, das ist ein Kon- zept, welches jahrelang praktiziert hat. Aber ist auch eine mögliche Nominierung von Torsten Albig für die SPD im Kieler Norden eine gute Idee?

Der Kieler Norden steht vor zahlreichen wichtigen Entschei- dungen und Umbrüchen, die das Zusammenleben der Kiele- rinnen und Kieler (nicht nur) in diesem Teil der Stadt lang- fristig beeinflussen werden. Es geht um Themen wie die städtebauliche Nutzung der Konversionsfläche des ehemali- gen MFG 5-Geländes, die Gestaltung der Olympia-Bewerbung und ggf. Durchführung der olympischen Segelspiele, die hier stattfinden würden. In diesen Zeiten braucht der Wahlkreis Gesucht: Kantiges Personal für den Kieler Norden. eine starke Stimme, die für die Interessen der Menschen vor Ort auch auf Landesebene eintritt. Es ist erklärtes Ziel der Eine Nominierung von Albig als Direktkandidat für einen Kie- personalisierten Verhältniswahl, mit dem Wahlkreisabgeord- ler Landtagswahlkreis scheint auch aus einer anderen Pers- neten den Wählern jeweils einen politischen Vertreter zur pektive keine Verbesserung der Vertretung Kieler Interessen Seite zu stellen, der unmittelbar für ihre Interessen eintritt. im Landesparlament herbeizuführen. Als Spitzenkandidat Ein Abgeordneter, der vor Ort Präsenz zeigen soll, der erster der SPD Schleswig-Holstein ist er wohl auf dem ersten Lis- Ansprechpartner für die Menschen in dem Wahlkreis ist und tenplatz der Landesliste gesetzt und könnte wie bisher auch der manche politische Entscheidung vielleicht auch einmal ohne eigenen Wahlkreis als vierter Kieler Abgeordneter ins stark gefärbt durch „die Wahlkreisbrille“ betrachten muss. Parlament einziehen. Diese Tür hat Albig sich nun selbst ver- schlossen. Ein Spitzenkandidat, der bei einer Wahlkreisno- Dieses Anforderungsprofil an einen Wahlkreisabgeordne- minierung durchfällt, ist vielleicht die längste Zeit Spitzen- ten scheint schon auf den ersten Blick den Aufgaben und kandidat der Partei gewesen. Zumindest aber würde Albig der Stellung eines Ministerpräsidenten entgegenzustehen. politisch stark beschädigt in den Wahlkampf ziehen müssen. In dessen Terminkalendar dürfte sich relativ wenig Zeit für Ohne Zweifel würde dies die SPD Schleswig-Holstein in eine Bürgersprechstunden und andere Präsenztermine im Wahl- gehörige Schieflage führen und die politische Ausgangssitu- kreis finden. Obgleich es wohl keinen einflussreicheren Land- ation vor der Wahl nicht unbedingt verbessern. tagsabgeordneten als den Ministerpräsidenten selbst gibt, scheint dabei dennoch fraglich, ob dieser im Zweifel auch Dennoch sollte man sich als stimmberechtigter Sozialdemo- einmal parteiisch für seinen Wahlkreis einstehen kann, wenn krat auf der Wahlkreisversammlung nicht die Pistole auf die er doch stets die Interessen des gesamten Landes zu wah- Brust setzen lassen und sich das Recht herausnehmen, seine ren hat. Wahl allein danach zu treffen, wer die beste Vertretung für den Wahlkreis Kiel-Nord im Landtag ist. Umso mehr ist zu be- Noch viel drängender stellt sich eine andere Frage: Würde grüßen, dass mindestens eine weitere Kandidatur bisher be- nach einer verlorenen Landtagswahl der (dann ehemalige) kannt ist und die Wahl somit zu einer echten Auswahl wird. Ministerpräsident Torsten Albig als Oppositionsführer und Auch oder vielmehr gerade ein Ministerpräsident muss dann „einfacher“ Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Kiel- im Auswahlverfahren erst einmal unter Beweis stellen, dass Nord tatsächlich sein Mandat antreten? Angesichts von er wirklich der bessere Wahlkreisabgeordnete für den Kieler Albigs Schwärmereien über interessante Aufgaben in der Norden wäre. tw