Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten

Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

www.dritter-gleichstellungsbericht.de Gutachten für Dritten den Gleichstellungsbericht Bundesregierung der geschlechtergerecht gestalten Digitalisierung .

Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten

Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis...... 6 Abkürzungsverzeichnis...... 7

Vorwort...... 8 Mitglieder der Sachverständigenkommission ...... 10 Geschäftsstelle ...... 11 Vergebene Expertisen ...... 12 Hearings der Sachverständigenkommission ...... 13 Veranstaltungen mit Beteiligung der Sachverständigenkommission...... 14 Positionierung während der Gutachtenerstellung ...... 15

A. Geschlechtergerechte Digitalisierung: Zugang, Nutzung, Gestaltung ...... 16

A. I Berichtsauftrag und Struktur des Gutachtens ...... 17

A. II Verwirklichungschancen und der soziotechnische Ansatz...... 19 1. Verwirklichungschancen...... 19 2. Soziotechnischer Ansatz...... 20

A. III Einordnung der Digitalisierung ...... 21 1. Digitalisierung, Algorithmen und Entscheidungen...... 21 2. Die datengetriebene Digitalisierung...... 21

A. IV Gleichstellung im digitalen Transformationsprozess ...... 23 1. Geschlechtergerechter Zugang...... 23 2. Geschlechtergerechte Nutzung ...... 24 3. Geschlechtergerechte Gestaltung...... 25

A. V Gleichstellungspolitische Zielsetzungen im digitalen Transformationsprozess.... 27

4  

B. Geschlechtergerechte Gestaltung der Digitalisierung...... 30

B. I Digitalbranche ...... 31 1. Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung...... 32 2. Geschlechtergerechter Zugang und Verbleib in der Digitalbranche...... 42 3. Digitalisierungsbezogene Gründungen...... 49

B. II Digitale Wirtschaft...... 55 1. Plattformökonomie und neue Formen online vermittelter Arbeit...... 56 2. Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie ...... 57

B. III Digitalisierte Wirtschaft...... 72 1. Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess...... 73 2. Anforderungen an Kompetenzen und Kompetenzerwerb...... 83 3. Algorithmen und Personalauswahl...... 91 4. Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit...... 101

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft...... 115 1. Geschlechterstereotype und Soziale Medien...... 116 2. Geschlechtsbezogene digitale Gewalt...... 124 3. Daten und Grundrechte...... 137

C. Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente...... 146

C. I Gleichstellungsaktionspläne und -strategien ...... 148 C. II Gleichstellungsorientierte Haushaltspolitik / Gender Budgeting ...... 151 C. III Gleichstellungsorientierte Gesetzes- und Technikfolgenabschätzung ...... 154 C. IV Institution für den Transfer von Wissen über Gleichstellung...... 156

Literaturverzeichnis...... 158 Impressum...... 190

5 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Zwiebelmodell: Relevante Bereiche der Digitalisierung...... 17

Abbildung 2: Gender Extended Research and Development (GERD-Modell)...... 38

Abbildung 3: Themenbereiche von YouTube-Hauptakteur*innen nach Geschlecht...... 119

Tabelle 1: Digitalisierungsbezogene Genderkompetenz von Lehrpersonen/Pädagog*innen...... 85

6  

Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz ESF Europäischer Sozialfonds AES Adult Education Survey EuGH Europäischer Gerichtshof AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen EWSA Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss Union FFM Female Founders Monitor AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen FPfZG Familienpflegezeitgesetz AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz GERD Gender Extended Research and Development ArbSchG Arbeitsschutzgesetz Model Art. Artikel GFMK Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und BAuA Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- -minister, -senatorinnen und -senatoren der medizin Länder BDSG Bundesdatenschutzgesetz GG Grundgesetz BEEG Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz GGO Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesmi- nisterien BetrVG Betriebsverfassungsgesetz GI Gesellschaft für Informatik bff Bundesverband für Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union BGB Bürgerliches Gesetzbuch i. E. im Erscheinen BGremBG Bundesgremienbesetzungsgesetzes IKT Informations- und Kommunikationstechnik BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung ILO International Labour Organization BMAS Bundesministerium für Arbeit und Soziales i. S. d. im Sinne des/der BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung i. V. m. in Verbindung mit BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frau- KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau en und Jugend KI Künstliche Intelligenz BMI Bundesministerium des Innern, für Bau und KMK Kultusministerkonferenz Heimat LAG Landesgericht BMJV Bundesministerium für Justiz und Verbraucher- LSBTIQ+ Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-, Inter* und schutz queere Menschen BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- Technik menarbeit und Entwicklung MOOC Massive Open Online Courses BSG Bundessozialgericht m. w. N. mit weiteren Nachweisen BVerfG Bundesverfassungsgericht NetzDG Netzwerkdurchsetzungsgesetz BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungserichts o. J. ohne Jahr CEDAW Convention on the Elimination of All Forms of OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammen- Discrimination Against Women (Übereinkom- arbeit und Entwicklung men der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau / UN- OER Open Educational Resources Frauenrechtskonvention) P2B-VO Platform-to-Business-Verordnung CW-Index Comparable Worth Index PflegeZG Pflegezeitgesetz DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft RL Richtlinie DSGVO Datenschutz-Grundverordnung Rn. Randnummer DSM Deutscher Startup Monitor SGB Sozialgesetzbuch EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte StGB Strafgesetzbuch EIGE European Institute for Gender Equality (Euro- STS Science and Technology Studies päisches Gleichstellungsinstitut) TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EntgTranspG Entgelttransparenzgesetz

7 Vorwort

8  

Die Bundesregierung legt laut Beschluss des Deutschen wählten wir als Sachverständigenkommission das Mittel Bundestages in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur der öffentlichen Positionierung3, um zeitnah reagieren zu Gleichstellung von Frauen und Männern vor. Kernstück können. Zudem wurde der Arbeitsprozess der Kommis- jedes Gleichstellungsberichts ist – neben der Stellung- sion auf Twitter begleitet.4 nahme der Bundesregierung sowie der Bilanzierung des vorangegangenen Berichts – das Gutachten, das jeweils Das Gutachten musste in relativ kurzer Zeit entstehen; eine unabhängige Sachverständigenkommission erstellt. die Corona-Pandemie verschärfte die Zeitknappheit. Ver- Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und einbarkeitsfragen im Zusammenhang mit Homeoffice Jugend, Franziska Giffey, beauftragte am 5. April 2019 diskutierten wir sowohl in der Sachverständigenkom- uns als Kommission mit der Erstellung des vorliegenden mission als auch in der Geschäftsstelle nicht nur theo- Gutachtens zum Dritten Gleichstellungsbericht. Dem retisch, sondern erfuhren sie auch praktisch (durch ak- Berichtsauftrag zufolge sollte das Gutachten folgende tive oder passive Betroffenheit). Die Corona-Pandemie Leitfrage bearbeiten: „Welche Weichenstellungen sind führte zudem nicht nur zu Entgrenzungen, sondern sie erforderlich, um die Entwicklungen in der digitalen Wirt- erschwerte auch die Zusammenarbeit. Die Arbeit am schaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Gutachten war somit auch ein Realexperiment, in dem Verwirklichungschancen haben?“ Ziel des Gutachtens, wir unseren Fragen unter diesen speziellen Bedingungen so der Berichtsauftrag, war es, ausgehend von aktuellen nachgehen konnten. Erkenntnissen Handlungsschritte und -empfehlungen zur Leitfrage aufzuzeigen. Diese sollten so formuliert Die Erstellung des Gutachtens wäre ohne das hohe En- werden, dass sie einen konkreten Umsetzungsprozess gagement der Geschäftsstelle in der Kürze der Zeit und und ein Monitoring unterstützen. unter den besonderen Corona-Umständen schlicht nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank gilt der Leitung Während der Erste und der Zweite Gleichstellungsbericht der Geschäftsstelle, Sebastian Scheele und Dr. Ulrike einen breiten Überblick über verschiedene Themen bo- Spangenberg, ein gelungenes Beispiel geteilter Geschäfts- ten, fokussiert der Dritte Gleichstellungsbericht somit führung. Bis zum März 2020 begleitete uns außerdem Dr. erstmals ein Schwerpunktthema. Wir knüpfen dabei an Regina Frey als Leiterin der Geschäftsstelle. Auch für die- die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen des Zwei- se anregende Zeit und die geleistete Arbeit bedanken wir ten Gleichstellungsberichts, „Erwerbs- und Sorgearbeit uns herzlich. Nicht nur die Sachverständigenkommission, gemeinsam neu gestalten“ (Bundesregierung 2017), an, sondern auch die Zusammensetzung des Teams erforder- denn Gleichstellung ist weiterhin ein nicht erreichtes te eine hohe Interdisziplinarität. Für den inspirierenden Ziel; unter den Bedingungen der digitalen Transforma- Austausch und die gute Zusammenarbeit danken wir Mir- tion zeigen sich diese Ungleichheiten jedoch auf neue jam Dierkes, Melanie Ebenfeld, Dr. Irem Güney-Frahm, Arten und Weisen. Dr. Andrea Knaut, Jutta Kühl sowie Dr. Johanna Storck.

Die Bearbeitung des Themas Digitalisierung erfordert Die Arbeit der Sachverständigen wurde durch Kolleg*in- eine hohe Interdisziplinarität, nicht nur innerhalb der nen und Mitarbeitende in vielfältiger Weise unterstützt. Sachverständigenkommission. Wir gaben zur Unter- All diesen Unterstützer*innen danken wir herzlich. Ins- fütterung des Gutachtens 17 Expertisen und Studien in besondere hervorheben möchten wir: Lisa Marie Bläs- Auftrag, veranstalteten fünf Hearings mit Wissenschaft- ing, Dr. Andrea-Hilla Carl, Katja Dill, Wiebke Fröhlich, ler*innen unterschiedlicher Disziplinen, Verbänden und Christopher Gardiner, Prof. Dr. Claudia Gather, Prof. Dr. Institutionen und stellten Zwischenergebnisse als Red- Friederike Maier, Prof. Dr. Katharina Mangold, Prof. Dr. ner*innen auf weiteren Veranstaltungen zur Diskussion. Helena Mihaljević, Fabiola Rodríguez Garzón, Prof. Dr. Werner Sesselmeier, Anke Stelkens und Angela Tschech. Das Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht wird unmittelbar zum Zeitpunkt der Übergabe an die Das Gutachten wird Bundesgleichstellungsministerin Ministerin veröffentlicht. Bereits im Entstehungspro- Franziska Giffey am 26. Januar 2021 überreicht. zess des Gutachtens selbst legte die Sachverständigen- kommission Wert auf Transparenz. So wurden die in Berlin, den 23. Dezember 2020 Auftrag gegebenen Expertisen1 laufend veröffentlicht, zu den Hearings wurden öffentliche Dokumentationen2 erstellt. Hinsichtlich des zwischenzeitlich in Politik, Ver- Aysel Yollu-Tok waltung und Öffentlichkeit sehr breit diskutierten Vor- Vorsitzende der Sachverständigenkommission für schlags eines Rechtsanspruchs auf Mobiles Arbeiten den Dritten Gleichstellungsbericht

1 www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/62 3 www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/68 2 www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/63 4 twitter.com/gleichgerecht

9 Mitglieder der Sachverständigenkommission

Prof. Dr. Miriam Beblo Prof. Dr. Hendrik Send Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Professor der Betriebswirtschaft an der Hochschule An- Arbeitsmarkt, Migration und Gender am Fachbereich halt und assoziierter Forscher für Innovation, Entrepre- Sozialökonomie der Fakultät für Wirtschafts- und So- neurship & Gesellschaft am Alexander von Humboldt zialwissenschaften der Universität Hamburg. Institut für Internet und Gesellschaft. www.wiso.uni-hamburg.de/fachbereich-sozoek/profes- www.hiig.de/hendrik-send/ suren/beblo/02-team/01-beblo-miriam.html www.hs-anhalt.de/hochschule-anhalt/service/personen- verzeichnis/prof-dr-hendrik-send.html Prof. Dr. Claude Draude Professorin am Fachbereich Elektrotechnik/Informa- Prof. Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann, LL.M. tik der Universität Kassel und Leiterin des Fachgebiets (Georgetown Univ.) Gender/Diversity in Informatiksystemen (GeDiS) so- Professorin für Öffentliches Recht, Informationsrecht, wie Mitglied des Direktoriums des Wissenschaftlichen Umweltrecht und Verwaltungswissenschaft an der Goe- Zentrums für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG). the-Universität Frankfurt am Main. Direktorin Ineges www.uni-kassel.de/eecs/fachgebiete/gedis.html Institut für Europäisches Sozialrecht und Gesundheits- www.uni-kassel.de/eecs/iteg/startseite.html politik; Direktorin Forschungsstelle Datenschutz. https://www.jura.uni-frankfurt.de/spiecker Prof. Dr. Thomas Gegenhuber Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Prof. Dr. Timm Teubner digitale Transformation an der Leuphana Universität Professor für Vertrauen in digitale Dienste an der Fakul- Lüneburg. tät Wirtschaft und Management der Technischen Uni- www.leuphana.de/institute/imo/personen/thomas-ge- versität Berlin und am Einstein Center Digital Future genhuber.html (ECDF, Zentrum für Digitalisierungsforschung). www.tds.tu-berlin.de/menue/team/prof_dr_timm_teubner/ Prof. Dr. Stephan Höyng www.digital-future.berlin/ueber-uns/professorinnen/ Professor für Jungen- und Männerarbeit an der Katho- prof-dr-timm-teubner/ lischen Hochschule für Sozialwesen Berlin. www.khsb-berlin.de/en/profile-personal/3945 Dr. Stefan Ullrich Informatiker und Philosoph, Leiter der Forschungs- Prof. Dr. Katja Nebe gruppe „Verantwortung und das Internet der Dinge“ Professorin der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt am Weizenbaum-Institut. Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Recht der Sozia- https://weizenbaum-institut.de/portrait/p/stefan-ullrich/ len Sicherheit an der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg. Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok (Vorsitz) www.jura.uni-halle.de/lehrstuehle_dozenten/nebe/ Professorin für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwer- punkt Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik an der Hoch- Dr. Caroline Richter schule für Wirtschaft und Recht Berlin. Direktorin Sozialarbeiterin und Soziologin in der Forschungsabtei- des Harriet Taylor Mill-Instituts für Ökonomie und lung Bildung, Entwicklung, Soziale Teilhabe (BEST) am Geschlechterforschung. Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität www.hwr-berlin.de/hwr-berlin/fachbereiche-und- Duisburg-Essen. zentralinstitute/fb-2-duales-studium/personen-und- www.iaq.uni-due.de/personal/richter.php kontakte/824-aysel-yollu-tok/

Weitere Informationen zur Sachverständigenkommission: www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/ topic/44.sachverst%C3%A4ndigenkommission3.html

10  

Geschäftsstelle

Leitung: Sebastian Scheele, Soziologie Weitere Informationen Dr. Ulrike Spangenberg, Rechtswissenschaft zum Team der Geschäftsstelle: www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/45. Wissenschaftliche Mitarbeit: geschaeftsstelle.html Mirjam Dierkes, Politikwissenschaft Melanie Ebenfeld, Erziehungswissenschaft Dr. Andrea Knaut, Informatik Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (ISS) Jutta Kühl, Politikwissenschaft Zeilweg 42 Dr. Johanna Storck, Wirtschaftswissenschaft 60439 Frankfurt am Main

Studentische Mitarbeit: Standort der Geschäftsstelle in Berlin: Johanna Fuchs, Politikwissenschaft Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Anna Torgovnik, Sozialwissenschaften Bundesregierung Lahnstraße 19 Verwaltung (u. a.): 12055 Berlin Madeleine Haase, Projektassistenz Tel: +49 (0)30 6167179-0 Gudrun Hahnenstein, finanztechnische Projektver- [email protected] waltung www.dritter-gleichstellungsbericht.de/ Vanessa Vehling, Projektassistenz Twitter: @gleichgerecht

Ehemalige: Birgit Frescura, Projektassistenz Dr. Regina Frey, Politikwissenschaft (Leitung) Dr. Jana Gerlach, Soziologie Dr. Irem Güney-Frahm, Wirtschaftswissenschaft Dr. Lisa Yashodhara Haller, Politikwissenschaft Dr. Mara Kuhl, Politikwissenschaft Eva Sietzen, Projektassistenz Torsten Staab, Politikwissenschaft Anne Stahlmann, Haushalts- und Dienstleistungswis- senschaften Marie Wittenius, Politikwissenschaft

11 Vergebene Expertisen

Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung), Lorena Jaume-Palasí (The Ethical Tech Society), Dr. Irene Pimminger (defacto) Elisabeth Lindinger, Julia Kloiber (Superrr GmbH) Gleichstellungsrelevante Aspekte der Digitalisierung AI Powered Recruiting? Wie der Einsatz von algorith- der Arbeitswelt in Deutschland mischen Assistenzsystemen die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst. Carsten Brück, Michael Gümbel (Sujet – Organisationsberatung) Dr. Yves Jeanrenaud (Universität Ulm) Erwerbsarbeit, Geschlecht und Entgrenzung. Auswir- MINT. Warum nicht? Zur Unterrepräsentation von kungen von Digitalisierung und Flexibilisierung auf Frauen in MINT, speziell IKT, deren Ursachen, Wirk- Geschlechterverhältnisse und Gesundheit samkeit bestehender Maßnahmen und Handlungs- empfehlungen Dr. Katharina Dengler, Dr. Britta Matthes (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB) Dr. Bärbel Mauß (Zentrum für Interdisziplinäre Frau- Substituierbarkeitspotenziale von Berufen und die en- und Geschlechterforschung, ZIFG, TU Berlin), möglichen Folgen für die Gleichstellung auf dem Dr. des. Gertrud Schrader (Leibniz Universität Han- Arbeitsmarkt nover) Computerisierung und Frauen*arbeitsplätze – Femi- Dr. Regina Frey (genderbüro) nistische Perspektiven auf Informations- und Kom- Geschlecht und Gewalt im digitalen Raum. Eine qua- munikationstechnologien. Sicherung feministischer litative Analyse der Erscheinungsformen, Betroffen- Wissensbestände der 1980er und 1990er Jahre heiten und Handlungsmöglichkeiten unter Berück- sichtigung intersektionaler Aspekte Ina E. Rüber, Dr. Sarah Widany (Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, DIE ) Katrin Fritsch, Helene von Schwichow Gleichstellung durch Weiterbildung in einer digitali- (MOTIF – Institute for Digital Culture) sierten Gesellschaft Zwischen Flexibilität und Unsicherheit: Erfahrungen von Frauen in der Plattformökonomie Dr. Aline Zucco (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, DIW) Dr. Maya Götz (Internationales Zentralinstitut für das Der Gender Pay Gap in IT-Berufen Jugend- und Bildungsfernsehen, IZI), Dr. Elizabeth Prommer (Universität Rostock) Geschlechterstereotype und Soziale Medien Weitere beauftragte Studien:

Prof. Dr. Martin Gruber-Risak (Universität Wien) Dr. Christian Hohendanner Soziale Sicherung von Plattformarbeitenden (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB) Geschlechtsspezifische Arbeitskräftefluktuation. -Aus Dr. Friedericke Hardering wertungen des Betriebs-Historik-Panels und des IAB- (IFS, Goethe-Universität Frankfurt am Main) Betriebspanels Veränderung privater Lebenswelten durch Digitali- sierung Silke Steinhilber Digitalisierung geschlechtergerecht und nachhaltig Isabell Hensel (Europa-Universität Viadrina) gestalten? Überlegungen zum Zusammenhang von Genderaspekte von Plattformarbeit: Stand in For- Sustainable Development Goals, Geschlechtergerech- schung und Literatur tigkeit und Digitalisierung

Dr. Diana Hummel (Institut für sozial-ökologische Forschung, ISOE), Dr. Immanuel Stieß (ISOE), Alle Expertisen wurden bereits während des Erstel- Dr. Arn Sauer (Umweltbundesamt); unter Mitarbeit lungsprozesses des Gutachtens auf der Homepage von Anna Kirschner veröffentlicht: Technikfolgenabschätzung und Geschlecht: Bestands- www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/62. aufnahme und Identifizierung von Diskursschnitt- expertisen.html stellen mit besonderem Fokus auf Digitalisierung

12  

Hearings der Sachverständigenkommission

Unternehmenskultur, neue Arbeitskonzepte und Ste- Gleichstellungsorientierte Gestaltung von Plattform- reotype in der Digitalwirtschaft arbeit: Diskriminierungsrisiken, Chancen und Regu- am 06.11.2019 lierungsansätze Referent*innen: am 27.05.2020 Robert Franken (Digital & Diversity Consultant) Referent*innen: Prof. Dr. Nicola Marsden (Verbundleitung GEWINN, Prof. Dr. Manuela Bojadžijev (Leuphana Universität Hochschule Heilbronn) Lüneburg) Ferdous Nasri (Code Curious Organizer) Dr. Maren Borkert (Technische Universität Berlin) Kaja Santro (Code Curious Organizer) Katrin Fritsch, Helene von Schwichow (MOTIF) Sara-Marie Wiechmann (Community Managerin bei Wiebke Fröhlich (Goethe-Universität Frankfurt am CoWomen) Main) Isabell Hensel (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/ Entgrenzte Erwerbsarbeit und interessierte Selbst- Oder) gefährdung in der digitalen Wirtschaft Dr. Michael „Six“ Silbermann (IG Metall) am 10.02.2020 Mira Wallis (Humboldt-Universität zu Berlin) Referent*innen: Dr. Tanja Carstensen (Ludwig-Maximilians-Universität Geschlechtsbezogene Veränderungen der Arbeitswelt München) durch die technologische Entwicklung: Erkenntnisse, Michael Gümbel (Sujet – Organisationsberatung) Mythen, Forschungslücken und Gestaltungsspielräume Dr. Yvonne Lott (WSI, Hans-Böckler-Stiftung) am 12.06.2020 Dr. Kai-Uwe Müller (Deutsches Institut für Wirtschafts- Referent*innen: forschung) Mag.a Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung) Dr. Edelgard Kutzner (Sozialforschungsstelle Dortmund, Feminismus in Minischritten. Lehren aus 40 Jahren sfs) MINT-Gleichstellungspolitik in Deutschland Dr. Britta Matthes (IAB) am 19.02.2020 Dr. Irene Pimminger (defacto) Referent*innen: Dr. Sandra Buchmüller (Technische Universität Braunschweig) Dokumentationen der Hearings: Dr. Judith C. Enders (Alice Salomon Hochschule Berlin) www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/63. Amanda Groschke (Bildungsreferentin, Coaching) dokumentationen.html Dr. Bärbel Mauß (Zentrum für Interdisziplinäre Frau- en- und Geschlechterforschung der Technischen Uni- Des Weiteren fanden Arbeitsgespräche mit versität Berlin) fachkundigen Personen aus Politik, Verwaltung, Deborah Oliveira (Zentrum Gender Studies, Universi- Zivilgesellschaft und Wissenschaft statt. Eine tät Basel) Übersicht finden Sie im Zeitstrahl: Dr. des. Gertrud Schrader (Leibniz Universität Hannover) www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/60. Prof. Barbara Schwarze (Hochschule Osnabrück) dritter-gleichstellungsbericht.html Dr. Anke Woschech (Technische Universität Dresden)

13 Veranstaltungen mit Beteiligung der Sachverständigenkommission

Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft Frauenpolitik ESF-Bundesprogramm von Bündnis 90/DIE GRÜNEN „Perspektive Wiedereinstieg: ‚Perspektive Digitalisie- am 07.09.2019 in Köln rung. Gender – Arbeitsmarkt – Empowerment“ Dr. Caroline Richter am 28.11.2019 in Berlin Prof. Dr. Katja Nebe djb-Kongress „Digitaler Wandel: frauen- und rechts- politische Herausforderungen“ Netzwerk economy, feminism and science (efas): am 13.09.2019 in Halle 17. efas-Tagung Prof. Dr. Katja Nebe „Gestalten oder gestaltet werden? Perspektiven der Prof. Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann feministischen Ökonomie auf Digitalisierung“ am 06.12.2019 in Berlin Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Prof. Dr. Miriam Beblo Gleichstellungsbeauftragter (BAG): Prof. Dr. Stephan Höyng „Impulse für Kommunen: Digitalisierung – Motor oder Prof. Dr. Hendrik Send Bremse für die neue Gestaltung der Erwerbs- und Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok Sorgearbeit?“ am 16.10.2019 in Berlin Einstein Center Digital Future (ECDF): Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok Women in STEAM Initiative am 04.02.2020 in Berlin Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerin- Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok nen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK): Sitzung der GFMK-AG „Soziale Siche- Frühjahrstagung der für Gleichstellungs- und rung von Frauen“ Frauenpolitik zuständigen Abteilungs- und am 17.10.2019 in Berlin Stabsstellenleitungen der Länder Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok am 07.02.2020 in Saarbrücken Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok CDU/CSU AG Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 22.10.2019 in Berlin IG Metall Plattform-Netzwerktreffen Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok am 11.03.2020 in Frankfurt am Main Prof. Dr. Thomas Gegenhuber Weizenbaum-Institut: Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok „Marx und die Roboter*innen“ am 07.11.2019 in Berlin Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen Prof. Dr. Miriam Beblo und Jugend Prof. Dr. Stephan Höyng am 17.06.2020 in Berlin Dr. Caroline Richter Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok Dr. Stefan Ullrich Vereinigung für Frauen im Management e. V.: BMFSFJ: „Gleichberechtigt – jetzt gleich!“ „Mit Recht zur Gleichstellung: 40 Jahre Frauenrechts- am 17.08.2020 in Hamburg konvention (CEDAW) und 25 Jahre Pekinger Erklärung Prof. Dr. Miriam Beblo und Aktionsplattform“ (Dialog- und Jubiläumsveran- staltung anlässlich der Verabschiedung der CEDAW Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): vor 40 Jahren) Konferenz am 27.11.2019 in Berlin „Für eine feministische Zeitpolitik der GEW“ Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok am 12.09.2020, virtuell Prof. Dr. Miriam Beblo

14  

Jahrestagung der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt: „Digitalisierung, Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung“ am 16.–17.09.2020, virtuell Prof. Dr. Miriam Beblo Prof. Dr. Katja Nebe Prof. Dr. Timm Teubner Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok

Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik: „Gender Economics“ 27.–30.09.2020, virtuell Prof. Dr. Miriam Beblo

Deutscher Städtetag, Fachausschuss für Frauen- und Gleichstellungsangelegenheiten am 03.–04.12.2020, virtuell Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok

Positionierung während der Gutachtenerstellung

Rechtsanspruch auf Mobiles Arbeiten. Positionierung der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleich- stellungsbericht der Bundesregierung zur geplanten Reform, 19.10.2020, www.dritter-gleichstellungsbericht. de/de/topic/68.positionierung.html

15 A. Geschlechtergerechte Digitalisierung: Zugang, Nutzung, Gestaltung

16 Berichtsauftrag und Struktur des Gutachtens A.I 

A. I Berichtsauftrag und Struktur klang zu bringen, ist es wesentlich, genau hinzusehen und zu erfassen, wo und wie sich die Digitalisierung der des Gutachtens Gesellschaft auf die Geschlechterverhältnisse auswirkt.

In Diskussionen beispielsweise um Künstliche Intelli- In diesem Sinne berief Bundesgleichstellungsministerin genz, das Internet der Dinge oder die Arbeitswelten der Franziska Giffey im April 2019 die Sachverständigen- Zukunft lautet die Frage längst nicht mehr: „Braucht es kommission für den Dritten Gleichstellungsbericht eine Regulierung für den digitalen Transformationspro- und beauftragte sie mit einem Gutachten zu folgender zess?“, sondern: „Wie kann eine gestaltende, flankierende Fragestellung: „Welche Weichenstellungen sind erfor- und regulierende Politik für den digitalen Transforma- derlich, um die Entwicklungen in der digitalen Wirt- tionsprozess aussehen?“. schaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben?“ Der Digitalisierungsschub im Zuge der Coronapandemie verstärkte diese Diskussionen. Zur Sprache kamen bei- Diesen Berichtsauftrag entwickelte die Sachverstän- spielsweise mögliche negative Folgen von Homeoffice digenkommission in Anlehnung an Bukht und Heeks während der pandemiebedingten Einschränkungen, ins- (2017) weiter (vgl. Abbildung 1). Wie bei einer Zwiebel besondere für die Erwerbsarbeit der Mütter, bei gleich- erweitert die Sachverständigenkommission mit jeder zeitigem Homeschooling der Kinder. Hier zeigte sich, Schicht den Blickwickel: von der Digitalbranche über wie schnell und wirkmächtig digitalisierungsbezogene die digitale Wirtschaft, die digitalisierte Wirtschaft bis Veränderungen die Verwirklichungschancen von Men- hin zur Digitalisierung der Gesellschaft. Dazu kommen schen beschneiden können, wenn die Anwendungs- gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente möglichkeiten neuer Technologien nicht geschlech- als Nährboden für die Förderung der Gleichstellung in tergerecht und partnerschaftlich ausgestaltet werden. den einzelnen „Zwiebelschichten“.

Die Bundesregierung will den digitalen Transformations- Im Inneren des Zwiebelmodells liegt die Digitalbran- prozess gestalten und hat diesbezüglich bereits vieles in che, die Branche der Informations- und Kommunika- die Wege geleitet, u. a. im Rahmen ihrer Umsetzungs- tionstechnik (IKT); dort werden digitale Technologien strategie Digitalisierung gestalten. Zugleich ist sie dem Ziel produziert, also Güter wie Computerhardware, Com- verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Män- putersoftware und Netzwerkinfrastruktur. Zu dieser nern zu fördern und bestehende Nachteile abzubauen Branche gehören außerdem grundlegende Dienstleis- (Artikel 3 Abs. 2 Grundgesetz [GG]). Um beides in Ein- tungen wie Beratung und Training im Feld der IKT so-

Zwiebelmodell: Relevante Bereiche der Digitalisierung

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft

B. III Digitalisierte Wirtschaft

B. II Digitale Wirtschaft

B. I C. Digitalbranche Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente

Abbildung 1, Quelle: Eigene Darstellung

17 wie Marketing und Verkauf entsprechender Güter und schaftlichen Aktivitäten entsprechender Unternehmen Dienstleistungen. steht die Nutzung von Informations- und Kommuni- kationstechnologien, nicht deren Produktion. Die De- Die IKT wurde im letzten Jahrzehnt zu einer Schlüssel- finition digitaler Wirtschaft ist als dynamische zu ver- technologie. Die weite Verbreitung des Internets, der stehen; sie verändert sich mit den IKT-Entwicklungen. Mobiltelefonie und der Breitbandnetzwerke zeigt, wie allgegenwärtig sie heute ist. Unterschiedlichste Wirt- Digitalisierte Wirtschaft meint dagegen alle wirtschaftli- schaftsbereiche (wie Gesundheit, Finanzen, produzie- chen Aktivitäten, in der IKT intensiv genutzt wird und rendes Gewerbe, soziale Dienstleistungen u. v. m.) set- bestehende wirtschaftliche Aktivitäten verändert. IKT zen die in der Digitalbranche produzierten Güter und wird hier zur Unterstützung von Geschäftsprozessen Dienstleistungen ein. Damit tangiert die Digitalbranche genutzt, indem Informationen, Kommunikation und alle oder fast alle anderen Branchen und leitet in die- Transaktionen über digitale Netzwerke laufen (Bukht/ sen Branchen durch deren Einsatz digitaler Güter und Heeks 2017: 13). Die Spannbreite reicht vom digitalen Dienstleistungen Veränderungen ein. Lagermanagement über die Einführung von Selbstbe- dienungskassen in Supermärkten bis hin zu elektroni- In den 1990er Jahren wurden die digitalen Veränderun- schen Dokumentationssystemen in der Pflege. gen hauptsächlich mit dem Aufkommen des Internets in Verbindung gebracht. In den 2000er und 2010er Jahren Mit der Digitalisierung der Gesellschaft erweitert die befeuerte der enorme Leistungs- und Speicherzuwachs Sachverständigenkommission den Blick über die Wirt- sowie die Miniaturisierung in der Mikrosystemtechnik schaft hinaus. Denn IKT wirkt sich nicht allein auf den durch Informations- und Kommunikationstechno- den ökonomischen Prozess aus: Digitale Technologien logien bedingten Wandel. Technologien wie Tablets, durchdringen das ganze gesellschaftliche Leben. Den Netbooks oder Laptops wurden weiterentwickelt; neue Einzelnen eröffnet die digitale Vernetzung neue Mög- kamen hinzu, wie Smartphones, der 3-D-Druck, das lichkeiten, vielfältige Lebensbereiche und Anforderun- Cloud-Computing oder verbesserte Augmented- oder gen miteinander zu verbinden. Vernetzung im Sinne Virtual-Reality-Systeme. Daneben wurde die Robotik digitaler Konnektivität (Nowak et al. 2019) umfasst die in ihrer Komplexität stark ausgebaut und fortentwi- vielfältigen digitalen Kontaktmöglichkeiten zwischen ckelt. Virtuelle und physische (Alltags-)Gegenstände Menschen sowie zwischen Menschen und (beruflichen) können heute miteinander vernetzt werden und tech- technischen Systemen, auch über die Grenzen zwischen nisch kommunizieren. Sie sind mit verschiedenen For- Erwerbsarbeit und Privatleben hinweg. Dies betrifft men der Sensorik und eigenen Prozessoren ausgestattet Praktiken, „in denen Personen von anderen kontaktiert und werden in sogenannte smarte Häuser oder Autos werden (also Erreichbarkeit im engeren Sinne), wie auch oder in smarte Kleidung integriert (Internet der Dinge). Formen des eigenständigen Zugriffs auf Arbeitsinhalte Nicht zuletzt können große Datenmengen gesammelt durch Beschäftigte außerhalb der regulären Arbeitszeit und ausgewertet werden, was neue Erkenntnisse und und von außerhalb des Unternehmens (etwa durch Forschungsmethoden befördert. Abruf auf dem Server abgelegter Daten)“ (Nowak et al. 2019: 312). Somit stehen die Digitalbranche, die digita- Die digitalen Komponenten der Wirtschaft zu bestimmen, le Wirtschaft und die digitalisierte Wirtschaft mitein- wird immer schwieriger, erstens aufgrund der Verände- ander in Verbindung, sie beeinflussen und verstärken rungsdynamik innerhalb der Digitalbranche, zweitens sich gegenseitig; sie strahlen in die gesamte Gesellschaft angesichts der zunehmenden Nutzung außerhalb der aus und sind folglich mehr als die Summe ihrer Teile. Digitalbranche. Im Gutachten wird daher zwischen der digitalen Wirtschaft und der digitalisierten Wirtschaft „Indem unser Leben vermessen, quantifiziert und analy- unterschieden. Die Zuordnung erfolgt entlang der Kate- siert wird, haben diejenigen, die Kontrolle über die Inter- gorien „intensive“ versus „extensive“ IKT-Anwendung pretation von Daten haben, Macht.“ (Jarke 2018: 18) Die (Narasimhan 1983, zitiert nach Bukht/Heeks 2017: 12). Machtfrage stellt sich jedoch nicht erst bei der Interpre- Demnach erweitern extensive IKT-Anwendungen die tation von Daten, sondern bereits bei der Entwicklung Grenzen der wirtschaftlichen Aktivität, d. h., die Aktivität und Gestaltung von Technologie und bei der Entschei- existiert nur durch die Technologieeinführung. Hierzu dung über ihren Einsatz. In welchen Bereichen soll sie gehören neue Geschäftsmodelle wie beispielsweise die zum Einsatz kommen? Sollen all ihre Möglichkeiten Plattformwirtschaft, die Gig-Wirtschaft oder die Sharing tatsächlich zum Einsatz kommen? Wer gibt die politi- Economy (Bukht/Heeks 2017: 12). schen Richtungsentscheidungen vor? Wer entscheidet über Zugänge zu relevanten Ressourcen und darüber, In diesem Sinne werden hier unter digitaler Wirtschaft welche Technologien von wem wie genutzt werden der Kernbereich der IKT-Branche sowie alle extensiven können? Die Antworten auf diese Fragen haben Aus- IKT-Wirtschaftsaktivitäten gefasst. Im Zentrum der wirt- wirkung auch auf die Geschlechterverhältnisse.

18 Verwirklichungschancen und der soziotechnische Ansatz A.II Verwirklichungschancen 1

A. II Verwirklichungschancen und Der Ansatz der Verwirklichungschancen entspricht der heutigen Interpretation der besonderen Gleichheits- der soziotechnische Ansatz sätze im Grundgesetz. Artikel 3 Abs. 2 und 3 GG zielen auf den Abbau struktureller Benachteiligungen. Der Die Sachverständigenkommission verständigte sich 1994 eingefügte Satz 2 verpflichtet den Staat sogar ex- auf zwei zentrale Ansätze, um die Zusammenhänge plizit, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen zwischen digitaler Transformation und Gleichstellung und Männern durchzusetzen und auf die Beseitigung der Geschlechter zu betrachten: den Ansatz der Ver- bestehender Nachteile hinzuwirken. wirklichungschancen des Ökonomen und Philosophen Amartya Sen (2000) sowie den soziotechnischen Ansatz Schon die Sachverständigenkommissionen für den nach der Sozialwissenschaftlerin und Informatikerin Ersten und Zweiten Gleichstellungsbericht legten Enid Mumford (1995, 2006). in ihren Gutachten den Verwirklichungschancen- ansatz zugrunde und erweiterten und ergänzten ihn. Mittels einer Lebensverlaufsperspektive zeigten die 1. Verwirklichungschancen beiden ersten Gleichstellungsberichte, dass individu- elle Handlungsmöglichkeiten dynamischen Verände- Gleichstellung bedeutet gemäß dem Leitbild der Sach- rungen ausgesetzt sind. Je nach Phase im Lebensver- verständigenkommission eine Gesellschaft mit glei- lauf können sich die Verwirklichungschancen eines chen Verwirklichungschancen für alle Menschen un- Menschen ändern. Klassische Übergänge im Lebens- abhängig vom Geschlecht; eine Gesellschaft, in der die verlauf sind beispielsweise der Eintritt in die Schule, Chancen und Risiken über den Lebensverlauf und bei die Wahl von Ausbildung oder Studium, der Eintritt gesellschaftlichen Transformationsprozessen gleich in das Erwerbsleben, die Geburt des ersten Kindes, be- verteilt sind. rufliche Umwälzungen, die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, Eheschließung oder Scheidung. Die Im Zentrum des Ansatzes der Verwirklichungschan- Handlungsmöglichkeiten der Betreffenden richten cen („capabilities“) steht die Idee einer substanziellen sich in diesen Momenten des Übergangs neu aus. Sie Chancengleichheit. Dabei geht es um mehr als nur können begrenzt werden oder sich ganz verschließen, darum, Zugangsbarrieren abzubauen: Der Blick wird sie können sich aber auch erweitern oder es können auf strukturelle Ungleichheiten gerichtet, die auch bei neue hinzukommen; der Zugang zu sozialen und öko- gleichen Startbedingungen bestehen können. nomischen Ressourcen kann sich ändern, persön- liche Potenziale können nun besser oder schlechter Der Ansatz verfolgt das Ziel, dass Menschen nicht nur genutzt werden. formale Wahlmöglichkeiten im Leben haben, sondern tatsächliche (Sen 1985, 1992, 2001). Es geht um die Auch gesellschaftliche Transformationsprozesse kön- Möglichkeiten von Menschen, ein Leben zu führen, nen den Lebensverlauf und somit die Handlungsmög- für das sie sich selbstbestimmt entscheiden konnten. lichkeiten von Menschen verändern. Das ist beispiels- Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben weise der Fall, wenn der erlernte Beruf im Zuge techni- sein, die mit diesem Ansatz in den Blick genommen scher Neuerungen verschwindet oder wenn neue Berufe werden. Dazu zählen neben ausreichenden sozialen und entstehen. Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Städten ökonomischen Ressourcen auch persönliche Potenzia- wie Berlin oder München ein weitverzweigtes Rohr- le, im Sinne von Kompetenzen, um diese Ressourcen postsystem, das überwiegend von Frauen, den Rohr- nutzen zu können; für die Nutzung sind zudem ent- postbeamtinnen, bedient wurde. Als sich das Telefon sprechende gesellschaftliche und institutionelle Rah- verbreitete, verschwand dieser Beruf. Auch die Vermitt- menbedingungen notwendig. lung von Telefongesprächen wurde innerhalb kurzer Zeit nach Einführung der Technik zu einer Tätigkeit, Die persönlichen Potenziale sowie die gesellschaftli- die überwiegend Frauen ausführten. Das sogenannte chen und institutionellen Rahmenbedingungen werden „Fräulein vom Amt“ verschwand wiederum in den als „Umwandlungsfaktoren“ bezeichnet, da sie maßgeb- 1960er Jahren, als sich die Wählscheibe durchsetzte. lich Ressourcen in tatsächliche Verwirklichungschan- Verwirklichungschancen müssen fortlaufend auf den cen umwandeln (können). Erst aus dem Zusammen- Prüfstand gestellt, die entsprechenden Rahmenbedin- wirken von Ressourcen und „Umwandlungsfaktoren“ gungen müssen angepasst werden. Nur so können ergeben sich diejenigen Handlungsmöglichkeiten, die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sicherstellen, dass den Individuen tatsächlich zur Verfügung stehen. Die- Verwirklichungschancen unabhängig vom Geschlecht se können dann aufgeklärt zwischen verschiedenen verteilt und realisiert werden können – in jeder Le- Handlungsmöglichkeiten wählen und sich verwirk- bensphase und auch in und nach gesellschaftlichen lichen (Sen 1985, 1992, 2001). Veränderungsprozessen.

19 Die Digitalisierung ist ohne Zweifel eine umfassende gesellschaftliche Akzeptanz (Mumford 2006). Der sozio- gesellschaftliche Veränderung. Um die Auswirkungen technische Ansatz ermöglicht es folglich, verschiedene dieses Transformationsprozesses auf die Geschlechter Felder digitaler Transformation in ihren Verschränkun- zu erfassen und Handlungsempfehlungen für bessere gen zu sehen und zu gestalten. Verwirklichungschancen in diesem Prozess formulieren zu können, orientiert sich die Sachverständigenkom- Dieser Ansatz hebt sich von einem Verständnis techno- mission an einem soziotechnischen Gestaltungsansatz. logischer Entwicklungen ab, das diese als neutral und unabhängig von gesellschaftlichen Bezügen sieht. Wie die feministische Naturwissenschafts- und Technik- 2. Soziotechnischer Ansatz forschung zeigte, erlangen die Natur- und Technikwis- senschaften ihre Validität gerade aus der postulierten Wer schon einmal etwas aus einer Fremdsprache über- Unabhängigkeit von sozialen Faktoren (Schiebinger setzt hat, weiß, dass Wörter nur in ihrem Kontext Sinn 1993; Scheich 1993; Orland/Scheich 1995). Eine eige- ergeben. So verhält es sich auch mit der mathematischen ne Theoriebildung sozialer Aspekte im Technischen Übersetzung der Welt in Daten. Technologische Entwick- gestaltet sich daher umso schwieriger, je mehr am tra- lungen sind nicht neutral, sondern durch strukturelle ditionellen Wissenschaftsbild festgehalten wird (Har- und kulturelle Kontexte geprägt. Ebenso wie die Gesell- ding 1990: 30 ff.). schaft durch Geschlechterverhältnisse geprägt ist, ist auch die Digitalisierung durch Geschlechterverhältnisse Die analytische Trennung zwischen technischer und geprägt. Die Digitalisierung wirkt sich wiederum auf die sozialer Welt verhindert, dass soziale Anteile von Tech- Gesellschaft und damit auch auf Geschlechterverhält- nologie und insbesondere Technikfolgen, die Ungleich- nisse aus. Digitalisierung und Geschlechterverhältnisse heitsverhältnisse verstärken, ausreichend in technischen beeinflussen sich somit wechselseitig. Von Bedeutung Entwicklungsprozessen berücksichtigt werden. Damit ist dabei nicht nur das Geschlecht, sondern auch weitere verbunden ist erstens die Gefahr, dass gesellschaftliche intersektional5 verschränkte soziale Ungleichheiten und Veränderungen, die mit der Digitalisierung einherge- Kategorien (Crenshaw 2017; Winker/Degele 2009) – die hen, als unabänderlich akzeptiert werden. Zweitens Sachverständigenkommission versteht Geschlecht in- erscheinen technologische Entwicklungen als Lösungs- tersektional, auch an Stellen des Gutachtens, an denen strategien auch dort, wo eigentlich gesellschaftliche der intersektionale Bezug nicht betont wird. Aushandlungen angezeigt wären (vgl. Scheele 2018).

Der soziotechnische Ansatz betrachtet und beurteilt Die Sozioinformatik bietet einen theoretischen Rah- automatisierte Prozesse und datengestützte Entscheidun- men, um das Soziale und das Technische zusammen- gen von Menschen immer in ihrem gesellschaftlichen zudenken. So sprechen Rohde und Wulf (2011: 211) Kontext. Dazu zählen politische Rahmenbedingungen, vom Doppelcharakter informatischer Artefakte, da für Interessen und Einflussmöglichkeiten staatlicher Ins- diese zwar die formalen Gesetze der Symbolverarbei- titutionen, Unternehmen und anderer Organisationen tung und formalen Logik gelten würden, ihr Ergebnis sowie Wertvorstellungen der beteiligten Akteur*innen; aber von Menschen interpretiert werde. Ihr Einsatz zudem schließt er soziale, ökonomische und ökologische verändere soziale Systeme in einer nur teilweise vor- Folgen jenseits des geplanten Einsatzes der jeweiligen hersehbaren Weise. Die Sozioinformatik sei „darauf Technologien ein. All diese Aspekte müssen bei der angewiesen, sozial-, wirtschafts-, rechts-, kultur- und Gestaltung und Folgenabschätzung soziotechnischer geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sowie empirische Systeme einbezogen werden und beeinflussen deren Forschungsmethoden mit informatischen und inge- nieurwissenschaftlichen Gestaltungskonzeptionen zu verbinden“ (ebd.). Anders als eine „positivistische, rein 5 Der Intersektionalitätsbegriff wurde in den 1980er Jahren von der US- amerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw eingeführt und nimmt ingenieurtechnische Designperspektive“ erlaube diese die Metapher der Straßenkreuzung (engl.: intersection) auf, um Mehr- Sichtweise, eine „dialektische Verknüpfung zwischen fachdiskriminierung deutlich zu machen. Hieraus ergeben sich min- technischen Designlösungen und soziotechnischen Be- destens vier Bedeutungsebenen: 1) Die Überschneidung (Kreuzung) dingungen“ zu denken (ebd.). von Rassismus und Sexismus als Diskriminierungsprozesse und struk- turelle Unterdrückungssysteme positioniert Schwarze Frauen an die- sem Kreuzungspunkt, ähnlich lässt sich die Positionierung anderer marginalisierter und mehrfachdiskriminierter Gruppen denken; 2) die Positionierung in der Mitte einer Kreuzung erhöht das Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden; 3) Intersektionalität adressiert da- mit auch die besonderen Verletzungsrisiken von Schwarzen Frauen und anderer marginalisierter Gruppen, aus der sich eine spezifische Schutzbedürftigkeit ergibt; 4) es gibt nicht nur eine Ursache für einen etwaigen Unfall, entsprechend ist keine eindeutige Schuldzuweisung oder -feststellung möglich.(vgl. Gunda-Werner-Institut o.J.)

20 Einordnung der Digitalisierung A.II Digitalisierung, Algorithmen und Entscheidungen 1

A. III Einordnung der Digitalisierung tistischer Modelle trainiert werden; je nach zugrunde liegendem Modell verändern sie sich dabei sogar selbst. Bevor Möglichkeiten zur gleichstellungsorientierten Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ verschleiert den Gestaltung der digitalen Transformation ausgelotet mechanistischen Charakter dieser Technologie. werden können, ist es sinnvoll, zentrale Begriffe wie Digitalisierung, Algorithmen und Künstliche Intelli- Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff „algorithmische genz (KI) sowie das Neue an der mathematischen Über- Entscheidungssysteme“, der grundlegend verschiedene setzung der Welt – die Datengetriebenheit – zu klären Dinge – Ausrechnen und Entscheiden – gleichsetzt. Wie und technisch einzuordnen. jedes informationstechnische System können aber algo- rithmische Entscheidungssysteme lediglich ausrechnen. Die berechneten Ergebnisse resultieren aus einem kom- 1. Digitalisierung, Algorithmen und plexen Prozess, in dem Unmengen an Daten verarbeitet und klassifiziert wurden. Es sind jedoch Menschen, die Entscheidungen durch die Programmierung Unterscheidungen vorneh- Digitalisierung bezeichnet in der Informationstechnik men und gewichten und die aufgrund der Rechenergeb- die Umwandlung analoger Größen in digitale Signale. nisse, die an einer Schnittstelle zwischen Computersystem Bilder, Worte, Töne – alles, was digital wird, muss zu- und Mensch abgelesen werden können, Entscheidungen nächst in einem mehrstufigen Prozess in diskrete Ein- treffen. Statt von algorithmischen Entscheidungssyste- heiten übersetzt werden. men müsste daher genauer von „algorithmisch arbeiten- den Systemen, die menschliche Entscheidungsprozesse Digitale Transformation bedeutet, die Welt auf eine be- unterstützend begleiten“ gesprochen werden. Damit stimmte Weise aufzubereiten und zu gestalten. Compu- würde auch der Kurzschluss vermieden, Maschinen als ter sind Rechenmaschinen, die Zeichen verarbeiten. Da- moralische Agentinnen zu verstehen, ihnen also eine mit etwas zu einem Gegenstand der Informatik werden Verantwortungsfähigkeit zuzuschreiben. „Informations- kann, muss es semiotisiert (mittels Zeichen beschrieben), technische Systeme“6 handeln nicht, Menschen handeln, formalisiert (systematisiert und standardisiert) und al- unter Umständen mithilfe algorithmischer Systeme. An gorithmisiert (berechenbar und regelorientiert gemacht) der Beauftragung, der Entwicklung und dem Einsatz algo- werden (Nake 1993). Streng genommen geht dies immer rithmischer Systeme sind viele Menschen zu unterschied- mit einem Informationsverlust einher; das ist eine Vo- lichen Zeitpunkten beteiligt, Fragen der Verantwortungs- raussetzung dafür, dass etwas informationstechnisch, übernahme sind entsprechend komplex. d. h. von Computern, verarbeitet werden kann.

Algorithmen sind Rechenverfahren in Computersyste- 2. Die datengetriebene men, die eingegebene Daten verarbeiten und wiederum Daten als Ergebnis produzieren. Sie sind „informatische Digitalisierung Werkzeuge, um mathematische Probleme automatisiert In den Anfängen der Digitalisierung waren die Probleme, zu lösen“ (Zweig 2018: 10). Handelt es sich hierbei um die Computer lösen sollten, zumeist mathematischer Na- Algorithmen, die in der Lage sind, ihre Parameter oder tur. Mit der Einführung von Datenbanksystemen in den Regeln selbst zu verbessern, sogenannte lernende Algo- 1970er Jahren, durch die steigende Leistungsfähigkeit von rithmen, wird von Maschinellem Lernen gesprochen. Computerkomponenten und die stetige Verringerung von Speicherkosten verschiebt sich die Informations- Algorithmische Systeme bestehen aus einer Vielzahl verarbeitung mehr und mehr von den Zahlen hin zu den von Algorithmen, die als einzelne Softwarekomponen- Daten; diese fließen nun hauptsächlich in algorithmische ten auf komplexe Weise zusammenarbeiten. Sie sind in Systeme ein, wo sie der Entscheidungsfindung dienen der Regel für die Lösung konkreter Probleme program- (Steinmüller 1981; Mittelstadt et al. 2016: 2). Das Neue an miert. Die Softwarekomponenten können physisch auf der Vermessung der Welt ist folglich ihre Datengetrieben- unterschiedlicher Hardware verteilt sein, von unter- heit. Für Technikgestaltende bedeutet dies, dass sie heute schiedlichen Hersteller*innen sein und regelmäßigen insbesondere die Fähigkeit haben müssen, „sich in einem Updates unterliegen (Datenethikkommission 2019: 62). sozialen Umfeld orientieren, Probleme dort erfassen zu können und Entwürfe für die Neuorganisation von Arbeit Künstliche Intelligenz ist eine informatische Teildis- und Lebenswelt zu machen und sie in formalen Modellen ziplin, bei der es um die Nachahmung menschlicher niederzuschreiben“ (Schelhowe 2006: 204). Prozesse des Entscheidens, des Lernens oder der Wis- sensweitergabe mittels Berechnungen geht. Vereinfacht 6 Den Begriff „informationstechnische Systeme“ prägte insbesondere und sehr allgemein ausgedrückt extrahieren lernende das Bundesverfassungsgericht; neben einzelnen Technikkomponen- ten umfasst er beispielsweise auch das Internet oder das vernetzte Algorithmen Muster aus Daten, indem sie mittels sta- Auto.

21 Die datengetriebene Digitalisierung ermöglicht eine ist der Schutz von Menschen, die von Diskriminierung schnelle, einfache und preiswerte Verknüpfung unter- bedroht sind, und der Schutz ihrer Daten besonders schiedlichster Informationen aus unterschiedlichsten wichtig; zum anderen ist ihre aktive und gleichberech- Quellen. Sie ermöglicht neue Aussagen über Individuen tigte Teilhabe an Digitalisierungsprozessen bedeutsam und über die Gruppen, denen sie zugeordnet werden; für die Demokratie und eine geschlechtergerechte Ge- diese Aussagen werden für Entscheidungen aller Art staltung der Digitalisierung. herangezogen. Die dafür notwendigen Daten, seien sie privater, wirtschaftlicher oder politischer Natur, liegen auf Servern und Großrechenanlagen bei Organisatio- nen, die sich deren Betrieb leisten wollen und können.

Am Anfang und am Ende jeder digitalen Verarbeitungs- kette stehen Zahlen. Nur die wenigsten hinterfragen ihre Genese; durch den Einsatz algorithmischer Systeme wird der Berechnungsprozess zusätzlich verschleiert. Lediglich der Entscheidungsausgang als solcher ist ablesbar, nicht aber der Datenverlauf. Auf der Grund- lage von Datenmodellen werden diverse Datenquellen genutzt, um Daten zu sammeln; diese Datenerhebung wiederum bildet die Basis für Datenauswertungen und -bewertungen mithilfe von Algorithmen. An jeder Stel- le des Datenverlaufs können sich Verzerrungseffekte (Bias7), beispielsweise geschlechtsbezogene, einschlei- chen und das Ergebnis verändern; voreingestellte Dis- kriminierungen können sich wechselseitig verstärken. Welche Daten in welcher Qualität zugrunde gelegt wurden, ist jedoch in der Regel nicht mehr nachvoll- ziehbar. Denn bestehende Informationen bilden im- mer die Grundlage für weitere Informationen, und als solche gehen sie dynamisch in Entscheidungen ein.

Aus gleichstellungspolitischer Sicht ergeben sich daraus zwei wesentliche Probleme: Wenn, erstens, geschlechts- bezogene Daten nicht als relevant wahrgenommen und entsprechend erhoben und behandelt werden, können Entscheidungen verzerrt ausfallen und Menschen auf- grund ihres Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer sexuellen Orientierung Nachteile erfahren. Werden, zweitens, geschlechtsbezogene Daten in Ent- scheidungen einbezogen, für die sie keine Relevanz haben (sollten), werden Menschen aufgrund ihres Ge- schlechts, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer sexuel- len Orientierung möglicherweise ebenfalls anders und nachteilig behandelt; dies gilt auch dann, wenn keine explizit geschlechtsbezogenen Daten vorliegen, sondern ein vermeintliches Geschlecht aus Daten wie Onlinezei- ten, genutzten Browserdaten, Internetadressen und Ad- ressat*innen von E-Mails oder Messages gefolgert wird.

Für Gleichstellungsbelange im Feld der Digitalisierung ergeben sich daraus zwei zentrale Aufgaben: Zum einen

7 Bias bezeichnet hier den Verzerrungseffekt von Ergebnissen einer Datenverarbeitung. Gender Bias bezeichnet eine geschlechtsbezo- gene Verzerrung der Wirklichkeit durch Vorannahmen, die in die Datenverarbeitung einfließen. De-Biasing ist der aktive Vorgang der Entzerrung.

22 Gleichstellung im digitalen Transformationsprozess A.IV Geschlechtergerechter Zugang 1

Rahmenbedingungen des Prozesses und dessen Ge- A. IV Gleichstellung im digitalen staltung ab. Transformationsprozess Das Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht Jede neue Technologie gibt einen Anstoß, herrschen- widmet sich diesen Rahmenbedingungen: die Realisie- de Geschlechterverhältnisse neu zu verhandeln und rung gleicher Verwirklichungschancen unabhängig vom herrschende Machtverhältnisse zu hinterfragen und Geschlecht setzt erstens einen gleichen Zugang zu rele- aufzuheben (MacKenzie/Wajcman 1999; Webster 2014). vanten Ressourcen und Kompetenzen voraus. Zweitens müssen strukturelle Barrieren abgebaut werden, um die Geschlechtsbezogene Barrieren, die die Realisierung geschlechtergerechte Nutzung digitaler Technologie zu gleicher Verwirklichungschancen behindern, gehen ermöglichen. Drittens bedarf die digitale Transforma- insbesondere auf strukturelle Benachteiligungen, Ge- tion einer geschlechtergerechten Gestaltung. schlechterstereotype sowie geschlechtsbezogene Ge- walt zurück. 1. Geschlechtergerechter Zugang » Strukturelle Benachteiligungen resultieren aus Ungleich- heiten, die sich beispielsweise in gesellschaftlichen Wer einen schlechteren Zugang zu digitalen Techno- Werten, Normen und (expliziten) Regelungen sowie logien hat, verfügt über weniger Möglichkeiten, am institutionellen Strukturen – auf der Ebene von Poli- Arbeitsmarkt teilzuhaben, soziale Beziehungen zu pfle- tik und Verwaltung, in Unternehmen oder Sozialpart- gen und politisch zu partizipieren. Dieser Mangel an ge- nerschaften – zeigen. Dabei geht das hier zugrunde sellschaftlicher Teilhabe verstärkt wiederum bestehende gelegte Verständnis struktureller Benachteiligung Ungleichheiten und damit die ungleiche Verteilung von über Diskriminierung, die gegen nationale, transna- Ressourcen – ein Kreislauf, der zu einer Abwärtsspirale tionale oder internationale Rechtsnormen und darin führt (van Dijk 2012: 62). verankerte Diskriminierungsverbote oder Gleichbe- handlungsgebote verstößt, hinaus. Denn auch dis- Derzeit gibt es deutliche geschlechtsbezogene Zugangs- kriminierungsrechtlich zulässige Regelungen oder barrieren, wie die Sonderauswertung des D21-Digital- Strukturen können benachteiligend sein, wenn sie Index 2018/2019 zeigt (Initiative D21 e. V. 2019). Diese Verwirklichungschancen einschränken und damit weist auf erhebliche Unterschiede beim sogenannten gleichstellungspolitisch inakzeptabel und unge- Digitalisierungsgrad von Frauen und Männern (engl.: recht sind. digital gender gap) hin. Der Digitalisierungsgrad misst, inwieweit eine Gesellschaft mit der Entwicklung der Di- » Geschlechterstereotype enthalten vergeschlechtlichte gitalisierung Schritt hält; auf dieser Grundlage werden Erwartungen an Menschen. Entsprechende Erwar- aktuelle und zukünftige Entwicklungen abgeschätzt, ge- tungen gehen von der Gesellschaft aus, können aber sellschaftliche Fortschritte identifiziert und ein entspre- auch zu einem inneren Verhaltensmuster von Men- chendes Handeln abgeleitet (Initiative D21 e. V. 2019: 6). schen werden und dadurch die eigenen Handlungs- Der Indexwert wird aus vier Subindizes gebildet: erstens möglichkeiten eingrenzen. Geschlechterstereotype dem Zugang zur Digitalisierung, etwa durch Geräteaus- können als informelle Regelungen und Normen ver- stattung und Internetzugang; zweitens der Dauer und standen werden. Vielfalt der Nutzung digitaler Anwendungen; drittens dem Wissen zu digitalen Themen; viertens der Offenheit » Gewalterfahrungen greifen massiv in die Gestaltung gegenüber der Digitalisierung (gemessen an Einstellun- der Lebensverläufe Betroffener ein. Ein Leben so gen, was die Nutzung des Internets und digitaler Geräte verwirklichen zu können, wie ein Mensch es sich sowie die Veränderung der digitalen Welt betrifft). wünscht, ist nur möglich, wenn die betreffende Per- son nicht um ihre körperliche und seelische Unver- Aus Sicht der Sachverständigenkommission gehört sehrtheit fürchten muss und keine existenziellen zum Zugang zur Digitalisierung allerdings weit mehr Sorgen hat. Menschen brauchen sowohl die Freiheit, als die im Index berücksichtigte materielle Ausstattung den eigenen Zielen folgen zu können, als auch die mit Informations- und Kommunikationstechnologien Freiheit, die Dinge zu erreichen und umzusetzen, die und die Vermittlung digitalisierungsbezogener Kompe- wesentlich für das persönliche Wohlbefinden sind. tenzen. Denn daneben gewinnen Ressourcen wie Zeit- souveränität, Raumsouveränität und informationelle Unter den Bedingungen der digitalen Transformation Selbstbestimmung an Bedeutung: verändern sich geschlechtsbezogene strukturelle Be- nachteiligungen, Stereotype und Gewalterfahrungen; » Zeitsouveränität wird hier als immaterielle Ressource ob sie sich verstärken oder reduzieren, hängt von den verstanden. Sie ermöglicht, Erwerbs- und Privatleben

23 so zu gestalten, wie es dem eigenen Bedarf im Lebens- 2. Geschlechtergerechte Nutzung verlauf entspricht. Die Kontrolle über die Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit liegt beim Individuum; Gleicher Zugang zu technischer Ausstattung und digi- dadurch lassen sich beispielsweise Zeit- und Termin- talisierungsbezogenen Kompetenzen, Raum- und Zeit- druck im Rahmen von Vereinbarkeitsprozessen ab- souveränität sowie informationelle Selbstbestimmung federn. Zeitsouveränität ermöglicht allen Geschlech- sind noch kein Garant dafür, dass Menschen Verwirkli- tern eine bessere Planung von Erwerbsarbeit, Sorge- chungschancen tatsächlich und unabhängig vom Ge- arbeit für andere und Selbstsorge. schlecht nutzen (können). Welche weiteren Rahmen- bedingungen sind dafür notwendig? » Raumsouveränität meint, dass (Arbeits-)Räume durch neue Informations- und Kommunikationstechnolo- Um diese Frage beantworten zu können, muss Digita- gien flexibel gestaltet werden können. Der Arbeitsort lisierung im Kontext gesellschaftlicher Rahmenbedin- kann souverän und bedarfsabhängig, beispielsweise gungen betrachtet und müssen strukturelle Barrieren, nach Absprache mit dem*der Arbeitgeber*in, tage-/ Geschlechterstereotype und Diskriminierungsrisiken stundenweise oder vollständig an andere Orte verla- berücksichtigt werden, beispielsweise: gert werden. Der Wegfall von Wegezeiten verschafft wiederum Zeit, die für Erwerbsarbeit, Sorgearbeit für » In der Digitalbranche ist der Gender Pay Gap geringer andere oder Selbstsorge genutzt werden kann, und als in anderen Wirtschaftsbereichen. Trotzdem ist erhöht somit die Zeitsouveränität. Raumsouveräni- der Anteil von Frauen in der Digitalbranche nach tät schließt auch den digitalen Raum ein, da in ihm wie vor gering. Darüber hinaus ist – wenn der Zu- der Austausch von Informationen, Interessen und gang in die Digitalbranche gelingt – die Verweildauer Arbeit ermöglicht wird. von Frauen in dieser Branche relativ kurz; das wirft Fragen hinsichtlich der Arbeitskultur in diesem Be- » Informationelle Selbstbestimmung ist die Fähigkeit Ein- reich auf. (vgl. Kapitel B.I.2) zelner, sich in der digitalisierten Gesellschaft selbst- bestimmt zu bewegen. Menschen können nur sou- » In der digitalen Wirtschaft ist mit der Plattformarbeit verän und selbstbestimmt handeln, wenn sie wissen ein neues Geschäftsmodell entstanden, indem Dienst- und verstehen, wo und von wem beispielsweise ihre leistungen über algorithmische Systeme vermittelt personenbezogenen Daten genutzt werden und wie werden. Der Zugang in die digitale Wirtschaft ist Entscheidungen über sie zustande kommen; dies niedrigschwellig und transparent, die Vergabe von ist die Voraussetzung dafür, der Nutzung in einem Aufträgen aber häufig kaum nachvollziehbar. Damit nächsten Schritt souverän zuzustimmen oder sie steigt die Gefahr, gesellschaftliche Stereotype fortzu- abzulehnen. Dazu im Widerspruch steht, dass die schreiben – beispielsweise durch die Zuschreibung Selbstbestimmung über die Verwendung von Daten, von Kompetenzen nach Geschlecht. (vgl. Kapitel B.II) die typischerweise mittels Einwilligung erteilt wird, sich auf Dritte auswirkt (vgl. Kapitel B.IV.3).8 » In der digitalisierten Wirtschaft verändern sich die beruflichen Anforderungen durch neue technische Je mehr Handlungsmöglichkeiten Individuen zur Ver- Möglichkeiten, die im Berufsalltag zur Verfügung fügung stehen, desto eher kann davon gesprochen wer- stehen. Wenn nun betriebliche Weiterbildungen für den, dass Verwirklichungschancen tatsächlich gegeben digitalisierungsbezogene Kompetenzen überwiegend sind. Damit solche Handlungsspielräume entstehen, Vollzeitbeschäftigten oder Führungskräften angebo- müssen die besagten Voraussetzungen gegeben sein, ten werden, haben Frauen angesichts ihrer hohen und zwar unabhängig vom Geschlecht: der Zugang zu Teilzeitquote bzw. Unterrepräsentation in den Füh- digitaler Ausstattung und digitalisierungsbezogenen rungsetagen schlechtere Zugangsmöglichkeiten. Ist Kompetenzen; Raum- und Zeitsouveränität; informa- der Zugang aber erfolgt, so weisen Frauen ein höheres tionelle Selbstbestimmung. Hierfür müssen struktu- Abbruchsrisiko als Männer auf. Die Gründe für das relle Barrieren, Geschlechterstereotype und Diskrimi- erhöhte Abbruchrisiko müssen analysiert werden, nierungsrisiken abgebaut und Mechanismen, die vor um Lücken im Weiterbildungssystem ausfindig zu Gewalt schützen, gestärkt werden. machen und zu schließen. (vgl. Kapitel B.III.2)

8 Digitale Dienste und Plattformen können durch die schnelle, einfa- » Im Zuge der Digitalisierung der Gesellschaft vernetzen che und preiswerte Verknüpfung unterschiedlicher Daten Aussagen über Individuen und Gruppen, denen sie zugeordnet werden, gene- sich Menschen über Soziale Medien und nutzen die- rieren. Dabei fließen auch Datenbestände ein, die durch Auswertung se, um sich auszutauschen. Soziale Medien weisen des Verhaltens anderer Personen angefallen sind. Die Einzelnen ver- kaum Zugangsbarrieren auf; aber Menschen, die dort lieren damit die Kontrollmöglichkeit – nicht nur über die sie selbst geschlechtsbezogene digitale Gewalt erfahren, betei- betreffenden Daten, sondern auch über die daraus resultierenden Konsequenzen für andere. ligen sich weniger auf entsprechenden Plattformen

24 Gleichstellung im digitalen Transformationsprozess A.IV Geschlechtergerechte Gestaltung 3

oder ziehen sich ganz zurück. Ihre Verwirklichungs- Sorgeverantwortung ist zudem der ständige Aufmerk- chancen mit Blick auf demokratische Teilhabe wer- samkeitswechsel eine Herausforderung – ein Span- den somit beschnitten. (vgl. Kapitel B.IV.2) nungsverhältnis, das deutlich vergeschlechtlicht ist.

Die Teilhabe an der digitalen Transformation ist – wie Ob Ressourcen genutzt und damit Verwirklichungs- die Teilhabe an der Gesellschaft im Allgemeinen – ver- chancen realisiert werden können, hängt folglich von geschlechtlicht. Viele Entwicklungen sind ambivalent der Gestaltung der Digitalisierung ab. und müssen im Detail betrachtet werden. Erst so können Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Gleich- stellung der Geschlechter bewertet werden. 3. Geschlechtergerechte Gestaltung

Eine Chance der Digitalisierung ist, dass die Grenzen Die Dynamik der sich vollziehenden Digitalisierung zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit flexibler gestal- wirft eine grundsätzliche Frage auf, nämlich die nach tet und durchlässiger werden können. Die technische den Antriebskräften dieser unaufhaltsam scheinenden Möglichkeit der digitalen Vernetzung erlaubt – je nach und zum Teil schon unumkehrbaren Transformation. Arbeitsfeld, Organisation/-skultur und individuellen Die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa Möglichkeiten – eine Überschreitung zeitlicher und der Europäischen Kommission beispielsweise zielt auf räumlicher Grenzen, was die Durchlässigkeit und Ver- grenzenlose digitale Vernetzung; in einem vernetzten einbarkeit bezahlter oder unbezahlter Arbeit ermöglicht. digitalen Binnenmarkt soll in kurzer Zeit ein zusätzli- Die Durchlässigkeit der Grenzen wirkt hier nicht nur ches Wachstum von bis zu 250 Mrd. € erzielt werden; einseitig, d. h., die Arbeitswelt dehnt sich nicht nur in hunderttausende neue Jobs, insbesondere für junge die private Lebenswelt aus, sondern gesellschaftliche Arbeitsuchende, und eine lebendige und aktive Wis- Sphären lassen sich neu und vielfältiger verschränken. sensgesellschaft sollen so geschaffen werden. Zu diesem So wechseln Erwerbstätige während der Erwerbsarbeit Zweck sollen Regeln u. a. im Telekommunikationsbe- kurz zu privaten Aufgaben, sie „switchen“ (Paulus/Stieh- reich, im Urheber-, Datenzugangs-, Datenschutz- und ler 2020), meist durch die Nutzung digitaler Geräte wie Wettbewerbsrecht modernisiert werden, um den Anfor- Smartphones. Kinderbetreuung organisieren, Lebens- derungen eines solchen grenzenlosen Binnenmarktes zu mittel einkaufen oder elektronische Verkäufe tätigen entsprechen (EU KOM 2015: 192). Wie dieser immense – all das können immer mehr Erwerbstätige, auch ohne Umwälzungsprozess demokratisch gestaltet werden soll, Bürotätigkeit, mithilfe ihres Smartphones unmittelbar wird bislang nicht erwogen. Bleibt die Gestaltung jedoch vom Arbeitsplatz aus regeln. Im Zuge der Digitalisie- Marktprozessen überlassen, ist keine positive Wirkung rung findet also auch eine Entgrenzung statt, die aus zu erwarten, was die Gleichstellung der Geschlechter dem privaten in den beruflichen Raum hineinführt. So betrifft. Denn eine geschlechtergerechte Partizipation entstehen Möglichkeiten, Erwerbsarbeit und Privatle- an digitalen Transformationsprozessen bedarf der ge- ben höchst individuellen Bedürfnissen anzupassen und zielten Gestaltung. miteinander zu verschränken. Allgemeiner formuliert geht es um eine Vervielfältigung der Kommunikation Gemäß dem soziotechnischen Ansatz sind kollektives durch digitale Technologien und eine Ausdehnung in Handeln und Partizipation an Machtstrukturen in Poli- alle Richtungen, um „digitale Konnektivität“ (Nowak tik, Gesellschaft sowie Technik und Wirtschaft notwen- et al. 2019: 310 ff.) oder gar um eine Hybridisierung der dig, um digitale Transformationsprozesse geschlechter- Sozialräume durch digitale Technologien (Welskop-Def- gerecht zu gestalten (Oosterlaken/van den Hoven 2011). faa 2019: 49 ff.). Digitalisierung erlaubt also, Prozesse zeitlich und räumlich flexibler zu gestalten, womit Die Chancen, an der Technikgestaltung zu partizipie- Chancen für die individuelle Lebensführung verbunden ren, sind je nach Geschlecht unterschiedlich verteilt. sind; viele Erwerbstätige sind an der Durchlässigkeit der Frauen sind in der Ausbildung, im Studium und in den besagten Grenzen aktiv beteiligt. Berufsfeldern der Informations- und Kommunikations- technologien nach wie vor weniger stark vertreten.9 Ein Die Nutzung digitaler Technologien kann somit Men- schen mit Sorgeverantwortung neue Handlungsmög- 9 Die historische Rolle von Frauen in der Computerentwicklung lichkeiten und damit Verwirklichungschancen geben. zeichnet ein anderes Bild: Frauen hatten in den Anfängen der Re- Gleichzeitig kann die neue Durchlässigkeit aber auch chentechnik, lange bevor die Informatik eine akademische Disziplin wurde, einen beträchtlichen Anteil an der Computerisierung. Bevor Risiken mit sich bringen: Digitalisierung kann Prozes- maschinelle Berechnungen möglich wurden, leisteten sie als „com- se aber auch verdichten und beschleunigen, und die puters“, wie diese Rechnerinnen im englischen Sprachraum hießen, Durchlässigkeit der Grenzen zwischen verschiedenen durch mathematische Kalkulationen maßgebliche Beiträge etwa Sphären kann zu einer Gefahr werden. Eine Folge ist zur Astrophysik (Sobel 2016). Frauen waren auch an der Gestaltung elektronischer Rechner beteiligt, indem sie mit Tabellenbüchern, erhöhter Leistungsdruck. Gerade für Menschen mit Papier und Bleistift ballistische Flugbahnen und Himmelskörper-

25 Problembewusstsein für die herrschenden strukturellen weiße Braut als solche erkannt wird, wird das Bild Barrieren in diesen Feldern besteht seit längerer Zeit. einer Braut aus Nordindien als „Kostüm“ eingeord- Verbesserte Rahmenbedingungen können zukünftig net. Wie es dazu kommt, machen folgende Zahlen dazu beitragen, dass die Gestaltungsmacht unabhängig deutlich: Über 45 % der mit einer maschinenlesbaren vom Geschlecht verteilt wird. Bezeichnung versehenen Bilder der populären Daten- bank ImageNet stammen aus den USA, wo lediglich Weniger bekannt und anerkannt ist, dass gleichstel- 4 % der Weltbevölkerung leben; China und Indien lungspolitische Ziele technologische Entwicklungen dagegen stellen zusammen nur ca. 3 % der Bilddaten, auch in ihrem Kern betreffen. Technikentwicklung wird machen aber 36 % der Weltbevölkerung aus (ebd.). zumeist als wertneutral und als von sozialen Prozessen Den Daten, die zum Training algorithmischer Syste- entkoppelt verstanden (Bath 2006) und gelehrt, worauf me genutzt werden, kommt eine hohe Bedeutung zu. Vertreter*innen der soziotechnischen Perspektive kri- tisch hinweisen. Am Beispiel sogenannter lernender Al- Diese Beispiele machen den Einfluss algorithmischer gorithmen lässt sich die Verschränkung von Technik mit Systeme auf die geschlechtergerechte Gestaltung der sozialen Kategorien wie Geschlecht veranschaulichen: Digitalisierung und damit auf die Verwirklichungs- chancen der Geschlechter deutlich. » Das Forscherpaar Özlem Türeci und Uğur Şahin arbei- tete mit seinem Mainzer Unternehmen BioNTech und Mit dem soziotechnischen Ansatz lassen sich verschie- dem Pharmakonzern Pfizer an der Entwicklung eines dene Ebenen der digitalen Transformation in ihren Ver- Impfstoffs zum Schutz vor Covid-19. Im Herbst 2020 schränkungen wahrnehmen. Aus dieser Perspektive hat gelang ihnen ein Durchbruch. Diese Nachricht wurde Digitalisierung nicht nur mit Technikentwicklung und von den Medien mit großem Interesse aufgegriffen, -gestaltung (etwa von Produkten, Services, Soft- und wobei Uğur Şahin im Fokus der Berichterstattung Hardware) zu tun, sondern ebenso mit strukturellen stand. Der Algorithmus der größten Suchmaschine und organisatorischen Bedingungen, etwa mit politi- in Deutschland wies Uğur Şahin in der Folge, völlig schen und betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten korrekt, als Vorstandsvorsitzenden von BioNTech und Arbeitskulturen. aus, während Özlem Türeci lediglich als Ehefrau von Uğur Şahin ausgewiesen wurde – und nicht als So hängt die Frage, ob Digitalisierungsprozesse in der Leiterin der Abteilung für Klinische Entwicklung digitalisierten Wirtschaft eher ein Risiko oder eine bei BioNTech (Rainer 2020). Chance für die Geschlechtergerechtigkeit darstellen, weniger von der Technik als vielmehr von der Organi- » Die maschinelle Übersetzung von „Lovelace war Pro- sation der Arbeit, der Arbeitsteilung und Arbeitsbewer- grammiererin, Hopper war Informatikerin“ ins Eng- tung ab (Kutzner 2020). Sie hängen zudem auch von lische lautet: „Lovelace was a programmer, Hopper der jeweils vorherrschenden Arbeitskultur ab. Damit was a computer scientist.“ – Die Rückübersetzung ins sind Werthaltungen, normative Zuschreibungen und Deutsche liefert uns jedoch folgenden Satz: „Lovela- Deutungsmuster sowie das daraus resultierende Ver- ce war Programmierer, Hopper war Informatiker.“ halten in einem Unternehmen, Betrieb oder Team ge- Immerhin: Wenn die Vornamen angegeben werden, meint (Schein 1985: 9). passt sich die Endung an. Sollen Übersetzungspro- gramme zufriedenstellende Ergebnisse liefern, muss Arbeitskulturen werden durch Geschlechterstereotype die Software in der Lage sein, Wörter in Zusammen- geprägt – und umgekehrt. Arbeitskulturen sind also im- hänge und Kontexte einzubetten, um die richtige mer auch vergeschlechtlicht, beispielsweise durch die Wortbedeutung zu liefern. Norm hegemonialer Männlichkeit. In vielen Organisa- tionen herrscht eine Arbeitskultur, die ein bestimmtes » In der automatisierten Bilderkennung ist Geschlecht Verhalten und bestimmte Einstellungen verlangt, um mit weiteren hegemonialen Deutungen (kolonial, Anerkennung zu finden. Die Arbeitskultur kann bei- weiß, westlich) verschränkt, wie Schiebinger und Zou spielsweise beinhalten, dass unter „Engagement“ eine (2018) anhand der Nichterkennung bzw. Erkennung Arbeitszeit weit über dem vertraglich Festgeschriebenen von Bräuten zeigen. Während eine US-amerikanische verstanden wird oder dass Leistung mit ständiger Ver- fügbarkeit und hoher Belastbarkeit gleichgesetzt wird entfernungen berechneten oder Spektrografien klassifizierten. Diese (vgl. Höyng/Lange 2004). Leistungen sind bis heute unsichtbar. Ein Beweggrund für den Ein- satz von Frauen in entsprechenden Bereichen, beispielsweise bei der US-amerikanischen NACA (Vorgängerin der NASA), war neben Heute finden sich in Unternehmen zunehmend flache ihren exzellenten Mathematikkenntnissen und gewissenhaften Hierarchien, die auf die Teilhabe und Mitsprache der ver- Leistungen, dass sie sehr viel niedriger entlohnt wurden als Männer. schiedensten Beteiligten und Betroffenen setzen. Solch Für afro-amerikanische Frauen fielen Bezahlung wie Anerkennung noch deutlich geringer aus als für weiße US-amerikanische Frauen. alternative Arbeitskulturen, die ihren Ursprung in der

26 Gleichstellungspolitische Zielsetzungen im digitalen Transformationsprozess A.V

Digitalbranche haben, liefern folglich einen Schlüssel zur geschlechtergerechten Gestaltung insbesondere im A. V Gleichstellungspolitische Kontext der Digitalisierung. Wesentlich ist hierbei, dass Zielsetzungen im digitalen Auseinandersetzungen um Geschlechterhierarchien und Transformationsprozess Machtverhältnisse sowie mögliche Interessenskonflikte von Anfang an mitgedacht werden. Digitale Technologien entfalten sich nicht im luftleeren Raum. Die Verwirklichungschancen im Lebensverlauf sind nach wie vor abhängig vom Geschlecht. Mit Blick auf die Geschlechterverhältnisse muss der digitale Transformationsprozess insbesondere bezüglich des Verhältnisses von Erwerbs- und Privatleben, genauer von Erwerbsarbeit und unbezahlter Sorgearbeit, be- trachtet, bewertet und gestaltet werden.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhte sich in den vergangenen dreißig Jahren sukzessive. Gab es nach der Wiedervereinigung zunächst eine starke Abnahme der Frauenerwerbstätigkeit in Ostdeutschland, erreichten die Erwerbstätigenzahlen 2019 einen Höchststand. Mit einer Quote von knapp 72 % hat Deutschland in- zwischen die vierthöchste Frauenerwerbstätigenquote in der Europäischen Union (EU) (Bundesagentur für Arbeit 2019). Allerdings sind Frauen insbesondere in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen, in ausgewählten Branchen und Berufen vor allem des privatwirtschaft- lichen und sozialen Dienstleistungssektors und in ge- ringfügigen Beschäftigungsverhältnissen tätig. Diese Entwicklungen spiegeln sich im Gender Pay Gap wider. Die ungleiche Aufteilung der unbezahlten Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern verdeutlicht der Gender Care Gap. Die Hauptlast liegt hier nach wie vor bei den Frauen. Im Umkehrschluss bedeutet diese Form der geschlechtlichen Arbeitsteilung auch geringere Verwirklichungschancen für Männer, die die Erwerbs- tätigkeit nicht in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen wollen oder können und die Sorgearbeit übernehmen möchten. Auf der Ebene der Haushalte ist die Kombi- nation Haupternährer und zuverdienende Partnerin in Deutschland als prägendes Modell fest etabliert. Am Ende des Erwerbslebens schlägt es sich im Gender Pension Gap nieder.

Aus gleichstellungspolitischer Sicht müssen hier also nach wie vor Hürden und Barrieren, die zu Ge- schlechterungleichheit führen, abgebaut werden. Struk- turelle Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Werte und Normen sowie Schutzmechanismen müssen so gestaltet werden, dass Menschen unabhängig vom Ge- schlecht ihre Ziele und Wünsche verwirklichen kön- nen, in jeder Phase ihres individuellen Lebens und in jeder Phase gesellschaftlicher Veränderungsprozesse – auch in der Digitalbranche, in der digitalen Wirtschaft, in der digitalisierten Wirtschaft und im Rahmen der Digitalisierung der Gesellschaft.

27 Für die Gleichstellungspolitik bedeutet dies: Wo aus binäre10 Personen). Als eine in diesem Sinne inklusi- der Dynamik der digitalen Transformation neue Bar- ve Sprachform wurde in diesem Gutachten neben ge- rieren und neue Herausforderungen entstehen, müs- schlechtsneutralen Formulierungen (wie beispielsweise sen gleichstellungspolitische Zielsetzungen ergänzt „Lehrkräfte“) das sogenannte Gendersternchen gewählt werden. Folgende gleichstellungspolitische Zielset- (beispielsweise „Lehrer*innen“), wenn alle Menschen zungen definiert die Sachverständigenkommission als (beispielsweise einer Berufsgruppe) unabhängig von normativen Kompass des Gutachtens für den Dritten ihrem Geschlecht gemeint sind.11 Gleichstellungsbericht: Bei diesem Vorgehen war die Sachverständigenkom- » geschlechtergerechte Technikentwicklung und Tech- mission, wie viele andere Forschende auch, mit dem nikgestaltung; Problem konfrontiert, sich auf vorangehende Forschung und Studien beziehen zu müssen, die nicht geschlech- » geschlechtsunabhängiger Zugang zu digitalisierungs- terinklusiv vorgegangen waren. Wenn beispielsweise bezogenen Kompetenzen; eine Statistik nur die Kategorien „Mann“ und „Frau“ er- hebt, kann sie keine Aussagen über Lebenssituationen » geschlechtsunabhängiger Zugang zu digitalisierungs- und Bedarfe nichtbinarer Personen treffen; dasselbe bezogenen Ressourcen (digitalen Technologien, Zeit- gilt für Bezugnahmen auf derartige Forschung im Gut- und Raumsouveränität sowie informationeller Selbst- achten. Wenn im Folgenden also unter Rückgriff auf bestimmung); bestehende Studien von Frauen und Männern oder von Mädchen und Jungen gesprochen wird, bezieht sich » eigenständige wirtschaftliche und soziale Sicherung dies auf die darin jeweils erhobenen Kategorien – und durch gleichberechtigte Integration in die digitali- geschieht im Bewusstsein des damit einhergehenden sierte Wirtschaft; Spannungsverhältnisses.

» gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit in der digitalisierten Wirtschaft;

» Auflösung von Geschlechterstereotypen im Kontext der Digitalisierung;

» geschlechtergerechte Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit für andere im Kontext der Digitalisierung;

» Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Sorgearbeit für andere und Selbstsorge im Kontext der Digitali- sierung;

10 Selbstbezeichnung von Personen außerhalb der heteronormativen, » Abbau von Diskriminierung und Schutz vor ge- zweigeschlechtlichen Ordnung. Nichtbinär kann Personen bezeich- schlechtsbezogener Gewalt in analogen und digi- nen, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren, als beides gleich- talen Räumen; zeitig, als geschlechtlich fluide oder außerhalb des Bezugsrahmens Mann/Frau. Die Selbstbezeichnung „nichtbinär“ wird auch von (einigen) Transpersonen und Intersexpersonen benutzt. » geschlechtergerechte Gestaltungsmacht der digitalen 11 Rechtliche Einschätzung: Art. 3 Abs. 2 GG betrifft die Gleichbe- Transformation in Wirtschaft, Politik, Verwaltung rechtigung von Frauen und Männern. Aufgrund von Satz 2 („Der und Gesellschaft. Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti- gung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung be- stehender Nachteile hin“) sind hier auch Maßnahmen zugunsten Die Sachverständigenkommission setzt sich für gleiche von Frauen zulässig, wenn damit strukturelle Nachteile abgebaut Verwirklichungschancen unabhängig vom Geschlecht werden. Gleichzeitig gibt es Art. 3 Abs. 3 GG, der u. a. Benachteili- ein. Um diesem Ziel sprachlich gerecht zu werden, wird gungen aufgrund des Geschlechts verbietet. Aus dem Beschluss des BVerfG zur Dritten Option ist zu schlussfolgern, dass alle Formen im Gutachten eine geschlechterinklusive Sprache ver- geschlechtlicher Binarität dem verfassungsrechtlichen Verständ- wendet. Das bedeutet, dass alle Geschlechter gleicher- nis von Art. 3 Abs. 3 GG widersprechen. Es braucht daher inklusive maßen sichtbar und wertschätzend angesprochen wer- Sprachformen; unter ihnen setzte sich bislang das Gendersternchen – auch laut Auswertung der Dudenredaktion – am stärksten durch. den. Nur dann sind auch jene mitgemeint, die sich nicht Einordnung aus der Informatik: Das „Sternchen“ (Asterisk) steht mit dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht in vielen Betriebssystemen und Computerprogrammen als „Wild- identifizieren (beispielsweise intersexuelle und nicht- card“ für eine beliebige Zeichenkette, beispielsweise verschiedene Suffixe. Diese inhaltlich-assoziative Nähe spricht im Kontext dieses Gutachtens zum Themenfeld Digitalisierung für das Sternchen gegenüber anderen inklusiven Sprachformen.

28 Gleichstellungspolitische Zielsetzungen im digitalen Transformationsprozess A.V

29 B. Geschlechtergerechte Gestaltung der Digitalisierung

30 Digitalbranche B.I

für eine geschlechtergerechte digitale Transformation B. I Digitalbranche sind: die Technikentwicklung und -gestaltung (Kapitel B.I.1); der Zugang in eine abhängige Beschäftigung so- In der Digitalbranche werden digitale Technologien wie die Beschäftigungsstabilität in der Digitalbranche produziert, also Güter wie Computerhardware, -soft- (Kapitel B.I.2); die Gestaltung der Digitalisierung durch ware und Netzwerkinfrastruktur. Zu dieser Branche Gründung digitalisierungsbezogener Unternehmen gehören auch grundlegende Dienstleistungen wie (Kapitel B.I.3). Beratung und Training zu diesen Technologien sowie Marketing und Verkauf dieser Güter und Dienstleis- Technik wird in der Digitalbranche entwickelt und tungen. Diese Technologien und Dienstleistungen gestaltet. Es gilt den Blick auf partizipative Technik- werden in der digitalen Wirtschaft, der digitalisierten entwicklung und -gestaltung zu schärfen: Wie wird Wirtschaft und in unterschiedlichen Kontexten der Ge- Technik entwickelt, und welche geschlechtsbezogenen sellschaft genutzt. Die Digitalbranche, also die Branche Folgen hat sie? Erst mit einer geschlechtergerechten der IKT, bildet auf diese Weise den Grundstein des digi- Technikentwicklung und -gestaltung kann von einer talen Transformationsprozesses; sie ist der „Kern“ der tatsächlich geschlechtergerechten Gestaltungsmacht Zwiebel, der in allen anderen Schichten der Zwiebel in der digitalen Transformation gesprochen werden. enthalten ist und in alle anderen Schichten ausstrahlt. Wie es um den Zugang zu dieser Gestaltungsmög- Umgekehrt wirken die Entwicklungen und Bedar- lichkeit im „Zwiebelkern“ bestellt ist, wird weiterhin fe der digitalen Wirtschaft, der digitalisierten Wirt- aus Sicht der abhängigen Beschäftigung in der Digi- schaft sowie der Gesellschaft auf die Digitalbranche talbranche betrachtet. Für gleiche Verwirklichungs- ein, es handelt sich also um einen wechselseitigen chancen sind ein geschlechtergerechter Zugang sowie Prozess. Die Frage der Entwicklung und Gestaltung Rahmenbedingungen notwendig, die einen Verbleib in von Produkten und Dienstleistungen ist immer auch der Branche ermöglichen. Der Blick muss demnach in ein Spiegelbild der wirtschaftlichen und gesellschaft- die Digitalbranche gelenkt und auf die dort herrschen- lichen Entwicklung. den Strukturen gerichtet werden. Der Zugang betrifft aber auch Selbständige, die Unternehmen in der Digi- Aus Sicht der Sachverständigenkommission gibt es in talbranche gründen und den Transformationsprozess der Digitalbranche drei zentrale Bereiche, die relevant somit mitgestalten und prägen.

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft

B. III Digitalisierte Wirtschaft

B. II Digitale Wirtschaft

B. I Digitalbranche C. Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente

31 1. Technikgestaltung und Test“ (FRVT) des amerikanischen National Institute of Standards and Technology. Auf diese Tests wird sich geschlechtergerechte auch hierzulande bezogen (Galbally et al. 2019: 49; Digitalisierung Bundespolizeipräsidium Potsdam 2018: 15). Obwohl die Techniken bereits seit Jahrzehnten eingesetzt wer- 1. 1 Ausgangslage den, führten erst derartige Untersuchungen dazu, dass Verzerrungen (Bias) im Hinblick auf die Erkennung be- Am 14. März 2015 beschwerte sich Dr. Lou Selby über stimmter Gruppen von Nutzer*innen und Betroffenen Twitter bei ihrem Fitnessstudio darüber, dass sie trotz seitens der Hersteller*innen und in den Testverfahren Zugangsberechtigung nicht den Umkleideraum für angegangen wurden (Buolamwini 2016; Buolamwini/ Frauen nutzen konnte.12 Das Studio verfügt über ein Gebru 2018; Raji/Buolamwini 2019). Im Fall von Über- elektronisches Zugangssystem mit PIN-Nummern. Lou wachung und Kontrolle kann eine Nichterkennung ge- Selby hatte ihren Doktortitel im Anmeldeformular an- rade für vulnerable und marginalisierte Personen oder gegeben – und wie sich nun herausstellte, sortierte das Gruppen durchaus wünschenswert sein. Bei der Entsper- System Personen mit Doktortitel automatisch als männ- rung von Smartphones, bei Bildbearbeitungssoftware, lich ein. Die im System festgeschriebene Vergeschlecht- bei der Nutzung von Videokonferenzsoftware oder für lichung des Doktortitels wirkte sich in der Folge auf die schnellere Reiseabwicklung am Flughafen schließt den Raumzugang aus. Die Fitnesskette PureGym ent- fehlende Erkennung jedoch bestimmte Personen von schuldigte sich daraufhin bei Dr. Selby und sprach von der Nutzung aus oder verschlechtert die Funktionalität. einem „glitch in the system“ – einer Störung im System (siehe u. a. Wheaton 2015; Turk 2015). Das Beispiel der Gesichtserkennungssysteme weist über die Biasproblematik und die Frage der Funktionalität Bereits während ihres Studiums am Georgia Institute einer Technologie für alle Menschen hinaus auf gesell- of Technology entdeckte die afro-amerikanische In- schaftliche und politische Dimensionen technischer formatikerin Joy Buolamwini, dass die damalige Ge- Gestaltung hin. Kategorien wie Hautfarbe, Alter oder sichtserkennungssoftware ihr Gesicht nicht als solches Geschlecht, sogenannte weiche oder demografische erkannte – die Gesichter ihrer weißen Mitstudierenden biometrische Daten, gelten seit Jahrzehnten als Heraus- hingegen schon. Hielt sie sich eine weiße Maske, wohl- forderung für das Design biometrischer Systeme (Knaut gemerkt ohne menschliche Gesichtszüge, vor ihr Ge- 2017: 40, 109 f.). So kam man mit dem Face Recognition sicht, wurde diese erkannt (Buolamwini 2016). Soll Vendor Test (FRVT 2002) zu dem Ergebnis, dass die ge- Gesichtserkennungssoftware Personen nach sozialen testeten Gesichtserkennungssysteme Männer einfacher Merkmalen wie Geschlecht einordnen, funktionie- erkennen als Frauen, was u. a. an der Zusammensetzung ren diese Verfahren auch derzeit am besten bei weißen der Trainingssets liegen könne (Phillips et al. 2003: 38 f.). Männern – gemäß der berühmt gewordenen Studien Zum Erkennen von Kategorien wie Geschlecht oder Alter Buolamwinis und ihrer Ko-Autorinnen lag die Fehler- durch Gesichtsbiometrie wird umfangreich geforscht kennungsrate hier bei unter einem Prozent (Buolam- (Eidinger et al. 2014, Ngan/Grother 2015). Daten zum wini/Gebru 2018: 9; Raji/Buolamwini 2019: 4). Frauen Geschlecht werden dabei auch genutzt, um die biome- mit dunkler Haut oder nichtwestlich klassifizierten Ge- trische Erkennung mittels Einzelmerkmalen wie Fin- sichtsmerkmalen wurden am häufigsten falsch identifi- gerabdrücken oder Gesichtern zu optimieren (Knaut ziert – hier betrug die Fehlerkennungsrate bis zu 35 %. 2017: 123). Doch die für diese Forschungen und Opti- Aber auch Männer mit dunkler Haut oder nichtwestlich mierungen bereits entwickelten Testdatensätze sind oft klassifizierten Gesichtsmerkmalen wurden schlechter noch „voreingenommen“ („biased“), da ihre Zusammen- erkannt (Fehlerkennung: bis zu 12 %, Buolamwini/ setzung nicht alle Bevölkerungsgruppen ausgewogen Gebru 2018: 9) als weiße Frauen (Fehlerkennungsrate: und realistisch repräsentiert. Erst jüngere FRVT beschäf- bis zu 7 %, Buolamwini/Gebru 2018: 9). Die Ergebnis- tigen sich überhaupt mit den Nachteilen der Techno- se lassen sich auf Deutschland und Europa übertragen. logie für Menschen entlang von Rassismus, Sexismus Auch hier werden sowohl im staatlichen als auch im oder Altersdiskriminierung, erstmalig der FRVT 2019 privaten Bereich international vermarktete Gesichts- (Grother at al. 2019: 1). Projekte aus dem Bereich der kri- erkennungssysteme eingesetzt. Viele dieser Systeme, tischen Informatik zeigen die genannten Problemlagen aber längst nicht alle, werden systematisch und mit für anschaulich auf; der „Social Privilege Demonstrator“ bei- die Öffentlichkeit einsehbaren Ergebnissen in Evalua- spielsweise macht Gesichtserkennungstechnologie für tionen getestet, fast ausschließlich in den USA. Hierzu eine Reflexion gesellschaftlicher Privilegien in einem gehört beispielsweise der „Face Recognition Vendor interaktiven Setting erfahrbar (Klumbyte et al. 2020). Technikgestaltung im soziotechnischen Sinne kann 12 https://twitter.com/louselby/status/576767050074443777, Zugriff und muss derart vielschichtigen Betroffenheiten von am 28.06.2020. Menschen und einer sich ständig verändernden Umwelt

32 Digitalbranche B.I Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung 1

dadurch begegnen, dass mehr Akteur*innen als nur eben nicht für alle Menschen zu gebrauchen ist – oder die die Hersteller*innen und die Kund*innen einbezogen sozialen Folgen solch diskriminierender Technologien werden. Bisher werden betroffene Nutzer*innen bei aufgezeigt werden (Eubanks 2017; Wachter-Boettcher der Technikentwicklung noch zu selten berücksichtigt. 2017). Die geringe Beteiligung von Frauen sowie die feh- lende Diversität in der Digitalbranche (vgl. Kapitel B.I.2) Die Veröffentlichung von Bolukbasi et al.(2016) „Man sind nicht nur ein gleichstellungspolitisches Problem, is to Computer Programmer as Woman is to Home- sondern stehen einer gebrauchsfähigen, nachhaltigen maker? Debiasing Word Embeddings“ (übers.: Mann Technik- und Produktentwicklung generell im Weg verhält sich zu Computer-Programmierer wie Frau zu und sind ökonomisch schädlich (Peña 2016; Schubert Hausfrau? Worteinbettungen entzerren) zeigt, wie sich 1993; Schwartz/Zimmerman 1993). Denn Technik, die gesellschaftliche Diskriminierungen und Geschlechter- unzureichend auf diskriminierende oder auf Menschen stereotype in Software einschreiben können – aber auch, unverhältnismäßig schädigende Effekte untersucht wie solchen Verzerrungen mit soziotechnischen Mitteln wird, muss ggf. neu entwickelt werden. Dies ist weder entgegengewirkt werden kann. Werden Algorithmen ökonomisch noch sozial noch ökologisch nachhaltig. mittels Datensets13 trainiert, die geschlechterstereotype Zuschreibungen enthalten, beispielsweise durch eine Technologische Produkte werden anhand einer be- Häufung der kontextuellen Assoziation weiblicher Per- stimmten Aufgabenstellung entwickelt, sie sollen bei- sonen mit Krankenpflege oder männlicher Personen spielsweise bestimmte Tätigkeiten unterstützen oder mit dem Beruf des Arztes, lernt die Software diese Zu- Vorgänge automatisieren. Designer*innen und Ent- ordnungen und reproduziert sie in Zukunft. wickler*innen, aber auch beispielsweise Unternehmens- vorstände verfügen hierbei über Entscheidungsmacht: Technische Entwicklungen können Diskriminierungen Welche Realitätsausschnitte sollen technisch rekonst- keineswegs nur fortschreiben, sondern auch sichtbar ruiert werden? Welche Personengruppen werden als machen und Möglichkeiten der Entzerrung existie- zukünftige Nutzer*innen wahrgenommen? Welche render Vorannahmen (de-biasing) bieten. Daran, dis- Handlungsmöglichkeiten sollen diese mit dem und kriminierende Effekte durch Software abzumildern, durch das neue Produkt erlangen? Madeleine Akrich gibt es allerdings Kritik: Argumentiert wird, dass Dis- prägte den Begriff der „I-methodology“ („Ich-Metho- kriminierung lediglich ein Abbild der Gesellschaft sei; dologie“) für die vorherrschende Praxis, als Technik- in der Informatik wird dies landläufig gefasst mit dem entwickelnde und Entscheidende sich selbst und die Ausdruck „garbage in – garbage out“. Die Verantwortung eigene Erfahrungswelt als stellvertretend für andere für Diskriminierung wird aufseiten „der Gesellschaft“ Nutzende zu nehmen (vgl. Akrich 1995: 173, siehe auch verortet, gerade auch im Kontext datenintensiver An- Oudshoorn et al. 2004). wendungen. Leitend für dieses Gutachten ist hingegen, Technikentwicklung als Teil der Gesellschaft zu verste- Wenn Technikentwickler*innen und Entscheider*innen hen. Aus einer soziotechnischen Perspektive bedeutet sich selbst als repräsentativ für Nutzer*innen nehmen, dies, Geschlechtergerechtigkeit auch bei der eigentli- werden aufgrund der ungleichen Teilhabe14 die unter- chen Planung, Gestaltung und Entwicklung digitaler schiedlichen Kontexte, Bedarfe und Anforderungen Produkte und Services anzustreben und umzusetzen. verschiedener Personengruppen häufig nicht wahr- genommen (Peña 2016; Paul 2019). Dazu kommt, dass technologische Entwicklungen meistens zuerst im ei- 1. 2 Analyse genen Team getestet werden – je homogener es besetzt ist, desto weniger fällt auf, dass die Gebrauchstauglich- 1. 2. 1 „I-methodology“ – Die Verschränkung keit nur für diese Gruppe gegeben ist (Oudshoorn et al. von Teilhabe und Technikgestaltung 2004). Akrich (1992, 1995) weist darauf hin, dass diese Einschränkungen in der Regel unbewusst vor sich gehen. Eine fehlende Sensibilität gegenüber Geschlecht und hiermit verschränkten Kategorien wie Alter oder Her- Zu technologischen Entwicklungen, die Diskriminie- kunft kann dazu führen, dass Geschlechterstereotype rungen fortschreiben oder nicht für alle Menschen und beispielsweise Rassismus fortgeschrieben werden. brauchbar sind, tragen verschiedene Ursachen bei: Diese Fortschreibungen verselbständigen sich in digita- mangelnder Einbezug von Perspektiven und Bedarfen len Technologien und werden zumeist erst dann sichtbar, vielfältiger Nutzer*innen; mangelhafte und unvoll- wenn sich herausstellt, dass ein Produkt oder ein Service ständige Datensets und Modelle; fehlende Technik-

14 Gemeint ist die Überrepräsentanz (weißer) junger bis mittelalter 13 Ein Datenset (engl.: data set) ist eine Sammlung von Daten zum Männer und die Unterrepräsentanz von Frauen, BIPoC (Erläuterung Training selbstlernender Algorithmen. Die Daten eines Datensets nächste Fußnote), Menschen mit Behinderungen u. a. m. (siehe u. a. wurden von Menschen kategorisiert und mit Schlagworten versehen. Kapor Center/ASU CGEST 2018; Peña 2016).

33 folgenabschätzung, insbesondere für vulnerable und (wie Schlüsselsysteme) digital automatisiert werden. marginalisierte Personengruppen; fehlende Kenntnisse IT hilft und unterstützt zunehmend auch bei Entschei- über soziale Ungleichheiten; keine oder unzureichen- dungsfindungen und wird dazu genutzt, Muster in gro- de Kenntnisse darüber, wie soziale Aspekte im Techni- ßen Datenmengen auszumachen. Im medizinischen schen zu adressieren sind. Die Trennung von sozialer Bereich gibt es Erfolgsmeldungen zu maschinellen und technischer Welt ist in Ausbildung und Studium Verfahren, die rein menschlicher Expertise überlegen von Techniker*innen strukturell verankert (Bläsing/ sind oder sie hilfreich ergänzen, beispielsweise bei der Draude 2020). Je umfassender Digitaltechnik eingesetzt Brustkrebsdiagnostik (Ehteshami Bejnordi et al. 2017). wird, desto bedeutender wird jedoch die Verschränkung von sozialer und technischer Expertise. Insbesondere bei lernenden algorithmischen Syste- men beeinflussen nicht nur Entwickler*innen, Teams Um die „Ich-Methodologie“ aufzufangen, ist die För- oder Auftraggeber*innen das technische Produkt oder derung von Diversität in der Digitalbranche nötig. den Service, auch die verwendeten Daten sind maß- Das bedeutet allerdings ausdrücklich nicht, dass die geblich für deren Auswirkungen. Datengetriebene IT Aufgabe, in Entwicklungsteams auf das Diskriminie- bringt folglich ein ganzes Ensemble unterschiedlicher rungspotenzial von Technologien hinzuweisen, an Akteur*innen und Kontexte ins Spiel, die es in einer Frauen und BIPoC15 delegiert werden soll und darf. soziotechnischen Perspektive zu berücksichtigen gilt. Auch entwerfen und entwickeln Frauen und BIPoC Es stellen sich u. a. folgende Fragen: Auf welche Weise keinesfalls per se – also „per Natur“ oder „per Charak- wurden die Daten gesammelt und von welchen Per- ter“ – bessere, diskriminierungsfreiere oder sozialere sonen? Wie alt sind die Daten und aus welchen Kon- Technik. Vielmehr muss die Verbindung von sozialer texten stammen sie? Wie wurden sie modelliert und und technischer Welt grundlegend in der Technikent- verarbeitet? Wer kann über die Daten verfügen? Wel- wicklung mitbedacht werden. Insbesondere gilt es, Ver- che Auswirkungen hat das jeweilige datengetriebene wirklichungschancen in und durch Digitaltechnik zu System auf welche Personengruppen? Fallstricke gibt realisieren. Für eine gleichberechtigte Digitalisierung es bezüglich der Gewinnung von Daten ebenso wie bei müssen Vorgehensweisen, Methoden und Verfahren ihrer Zusammenstellung, Klassifizierung, Modellierung zur Übersetzung zwischen gesellschaftlichen Anliegen, sowie Verarbeitung. Das Beispiel der Gesichtserken- konkreten Anwendungsgebieten und technischer Ent- nungssoftware zeigt anschaulich, dass eine Unterre- wicklung ausgebaut werden und vor allem auch zur präsentanz bestimmter Personengruppen (in diesem Anwendung kommen. Beispiel Schwarze Menschen) in den Trainingsdaten des Systems dazu führt, dass soziale Ungleichheiten in die Funktionsweise von Technik eingeschrieben werden. 1. 2. 2 Daten, Geschlecht und algorithmen- Verzerrungen können auch aus historischen Datensets gestützte Entscheidungen (Beispiel Übersetzungssoftware) übernommen werden oder sich durch kulturelle oder örtliche Hegemonie Gerade neuere datengetriebene und datenintensive (Beispiel Bildersuche) fortschreiben – und so soziale IT-Systeme bringen Herausforderungen mit sich, die Ungleichheiten automatisieren (vgl. Eubanks 2017). über die Problematik fehlender Reflexion und der „Ich- Methodologie“ hinausgehen. Im Hinblick auf eine geschlechtergerechtere und dis- kriminierungsfreiere Digitalisierung ist das Vorhan- Für die Gleichstellung bringt die Datengetriebenheit densein (und die Nutzung) bestimmter Arten von (vgl. Kapitel A.III) besondere Herausforderungen mit Daten durchaus ambivalent. Einerseits hat die Unter- sich, wie das Einlasssystem eines Fitnessstudios bei- repräsentation bestimmter Gruppen und Personen in spielhaft zeigt: Über ein Klassifizierungssystem, das Datensätzen problematische Auswirkungen, etwa wenn verschiedene Informationen wie Beruf (Doktor) und es um den Nachweis von Diskriminierung geht oder Geschlecht miteinander verknüpft (Doktor = männ- darum, eine unterschiedliche Betroffenheit sichtbar lich), werden Geschlechterungleichheiten in tech- zu machen. Insbesondere in den Bereichen Ingenieur- nische Systeme eingeschrieben. Das Einlasssystem wesen, Informatik, Medizin, Design und Architektur ist zudem ein Beispiel dafür, dass und wie ehemals führt die Leerstelle in den Daten zu Dienstleistungen menschliche Tätigkeiten oder mechanische Systeme und Produkten, die diese für einige Personengruppen unbrauchbar, unzugänglich oder sogar gefährlich ma- 15 BIPoC: Abkürzung für Black, Indigenous, People of Color – Selbst- chen (Criado-Perez 2019). bezeichnungen von Menschen mit Rassismuserfahrungen, die nicht als weiß und westlich wahrgenommen werden. Schwarz und weiß Andererseits können die Datenerfassung und die er- meinen nicht Hautfarben, sondern bezeichnen politische Begriffe höhte Sichtbarkeit für bestimmte Personengruppen und weisen auf strukturelle Ungleichheiten und Machtverhältnisse hin (NdM 2020; Migrationsrat 2020). ihrerseits problematisch sein; solche Gruppen sind-

34 Digitalbranche B.I Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung 1

beispielsweise Frauen, BIPoC und LSBTIQ+16-Personen typischerweise vorgegeben – oder sie „lernen“ es im Ver- (Browne 2015; Shephard 2016, 2018; Weinberg 2017) lauf –, wie sie mehrdeutige Daten einsortieren. So kann (vgl. Kapitel zu digitaler Gewalt, B.IV.2). Wenn Ver- beispielsweise eine fehlende Angabe des Geschlechts in zerrungen in technischen Systemen damit begegnet einer Bewerbung ignoriert werden, in die Gewichtung wird, dass die Datengewinnung ausgeweitet wird, sind der Sortierergebnisse (Score) als „unvollständig“ nega- gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse notwen- tiv eingehen oder als „männlich“ ergänzt werden, weil digerweise zu berücksichtigen; die Ausweitung darf für die ausgeschriebene Stelle typischerweise 90 % der nicht zu einer erhöhten Gefährdung marginalisierter Bewerber*innen männlich sind. Gruppen beitragen. Zudem läuft jede Klassifikation und Kategorisierung (Mann – Frau, hetero – homo, Solcherart ermittelte Informationen können in Entschei- alt – jung) Gefahr, unerwünschte stereotype Annah- dungen einfließen. Diese Entscheidungen werden zum men über bestimmte Personengruppen zu verfestigen. Beispiel darüber getroffen, ab welchem Score ein Kredit Auch können personenbezogene Klassifikationssyste- nur zu erhöhten Konditionen gewährt oder gänzlich ab- me problematische historische Hintergründe haben, gelehnt wird oder ab welchem Profilwert die Einladung etwa wenn sie rassistischen Einteilungen folgen oder zu einem persönlichen Bewerbungsgespräch erfolgt. homosexuellenfeindliche Zuschreibungen transpor- Fehler, die sich bei der Sammlung und Gewichtung der tieren (Mahmud 1999; Schiebinger/Swan 2007). Algo- Daten eingeschlichen haben, sind im Ergebnis oft nicht rithmisch gestützte Entscheidungen müssen folglich mehr sichtbar. Fehlt es also an geschlechtsbezogenen bereits bei der Klassifizierung und Kategorisierung von Daten und an Daten, die intersektionale Dimensionen Daten sowohl der Geschichte als auch der aktuellen berücksichtigen, können Entscheidungen zum Nachteil Situation vulnerabler und marginalisierter Personen- für beispielsweise Frauen und BIPoC ausfallen, denn die- gruppen Rechnung tragen (Draude et al. 2020). se werden dann nach Bewertungsmaßstäben beurteilt, die statistisch einer männlich heteronormativen weißen Zu berücksichtigen ist dabei auch Folgendes: Selbst wenn Norm folgen. Daraus folgt nicht nur eine Unterkomple- keine Daten über beispielsweise Geschlecht, sexuelle xität datenbasierter Entscheidungen, sondern es öffnet Orientierung oder Ethnizität erhoben und genutzt wer- der geschlechtsbezogenen Diskriminierung durch die den, können diese Informationen aus Metadaten abge- Nutzung von Datensätzen Tür und Tor – auch wenn leitet werden. So lassen sich in einer Datensammlung dies nicht gewünscht ist. mithilfe von Algorithmen – über verschiedenartige Raster und Sortierungen – Muster, Regelmäßigkeiten, Für Nutzer*innen und Betroffene algorithmengestützter Korrelationen oder atypische Verläufe entdecken. In der Systeme sind die maschinellen und soziotechnischen Vergangenheit war dies nur mit strukturierten Daten Hintergründe und Abläufe zumeist nicht einsichtig. möglich, inzwischen finden sich in den Bereichen Big Warum ein System welche Empfehlungen bereitstellt, Data17 und Maschinelles Lernen auch Methoden, um welche Daten hierfür genutzt und wie sie bewertet wur- unstrukturierte und vom Datentyp her völlig unter- den und wie die Algorithmen funktionieren, erschließt schiedliche Daten zu durchsuchen. Solche Systeme sind sich aus der jeweiligen Interaktion nicht. Verschiedene in der Lage, sogenannte Ersatzinformationen („proxies“) (inter-)disziplinäre Forschungsrichtungen, auch Teile zu identifizieren, die eine Diskriminierung von Indivi- der Informatik, sehen dies als problematisch an. Insbe- duen und Gruppen ganz ohne die direkte Verwendung sondere die Forschungsbereiche Critical Data Studies, rechtlich besonders geschützter personenbezogener Explainable Artifical Intelligence und Algorithmic Ex- Daten möglich machen (Orwat 2019: 27 ff.). perience (in Anlehnung an User Experience), aber auch das Datenschutzrecht formulieren Forderungen nach In den letzten Jahren kamen mit Big Data in der Wirt- Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Fairness daten- schaft und mit Data Science in der Wissenschaft große getriebener IT (Ananny/Crawford 2018; Bellamy et al. Datenmengen in den Blick. Den Algorithmen ist dabei 2018; Klumbyte et al. 2020) (siehe auch Kapitel B.III.3, Algorithmen und Personalauswahl, sowie Kapitel B.IV.3, Daten und Grundrechte). In den besagten Forschungs- 16 LSBTIQ+: Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter- sexuell, queer – und mehr. Die Abkürzung steht folglich für unter- bereichen wird u. a. folgenden Fragen nachgegangen: schiedliche geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen. Die Auflistung ist nicht abschließend, was das Pluszeichen am Ende Wie muss ein soziotechnisches IT-System gestaltet symbolisiert. Personen ordnen sich auch häufig nicht nur einer der werden, um Kategorien zu. 17 Big Data ist ein Sammelbegriff für Technologien zur Erfassung, Auf- bereitung, Speicherung und Analyse von Datenmengen sehr großen » eine Verzerrung durch Daten und problematische Umfangs in immer kürzerer Zeit. „Big Data bildet als komplexes so- Klassifizierungen zu verhindern, ziotechnisches Phänomen die Grundlage, um die entlang der Digi- talisierung exponentiell steigenden Datenvolumina wertschopfend einzusetzen.“ (WBGU 2019: 479 f.) » interne Prozesse transparenter zu machen,

35 » eine Kontrolle der Entscheidungen zu ermöglichen Gestaltungsansätze, die den Einbezug sozialwissen- und schaftlicher, anthropologischer und ethnografischer Methoden berücksichtigen (Sears/Jacko 2009). In der » auf der Ebene der Nutzung eine gute Balance zwi- Softwareentwicklung ist das Verständnis von Anwen- schen Hintergrundinformationen und einfacher, dungsdomänen entscheidend für das Anforderungs- inklusiver Nutzung zu gewährleisten? management und damit für die Gebrauchstauglichkeit von IT-Systemen (Seffah et al. 2005). Das Anforderungs- Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe Best Practices, die management setzt sich wie folgt zusammen: Anforde- bei der Gestaltung algorithmischer Systeme Bewusst- rungsanalyse, Aufbereitung, Einhaltung, Umsetzung seinsbildung und Sensibilisierung, Transparenz, Diversi- von Anforderungskatalogen. fizierung und Kontextualisierung von Datensets sowie Risikoabschätzung anwendungsorientiert umsetzen. Bereits in den 1980er Jahren wurde der Ansatz Software- Dazu zählen beispielsweise: technik für Evolutionäre Partizipative Systemgestaltung (STEPS) hervorgebracht, mit der „Softwareentwicklung » Bewusstseinsbildung, Transparenz, Risikoabschät- als integrativer Teil einer übergreifenden Organisa- zung: Das Center for Data Science and Public Policy tionsentwicklung betrachtet“ wird (Floyd et al. 1997: der University of Chicago stellt Machine-Learning- 13; Floyd/Piepenburg 1993). Mit dem Fokus auf die Entwickler*innen, Data Scientists und Policy-Ver- Endnutzer*innen und auf den soziotechnischen, orga- antwortlichen das Open-Audit-Toolkit Aequitas zur nisatorischen und kommunikativen Charakter des IT- Verfügung, das zu transparenten, gerechten und dis- Systemdesigns griff STEPS inzwischen gängigen und kriminierungsarmen algorithmengestützten Ent- paradigmatischen Arbeitsmethoden der Digitalbranche, scheidungsprozessen beitragen will. Siehe: http:// etwa agilen Methoden, vor. Allerdings realisieren diese www.datasciencepublicpolicy.org/projects/aequitas/ neuen Entwicklungsmethoden nur einen bestimmten Teil des Potenzials solcher Ansätze. Insbesondere Fra- » Bewusstseinsbildung, Transparenz, Nachvollzieh- gen der sozialen Ungleichheit und der Diskriminierung barkeit: Mit AI 360 Fairness von IBM Research gibt aufgrund von Geschlecht, rassistischer Zuschreibung, es ein Open-Source-Toolkit, das Diskriminierungen Behinderung u. a. werden bei der Entwicklung von IT- durchgängig in den Entwicklungszyklen lernender Systemen nach wie vor kaum einbezogen. Ein Bewusst- algorithmischer Systeme sichtbar machen und ihnen sein dafür, dass soziale Vielfalt bei jeder technischen entgegenwirken will; das Toolkit wird beständig wei- Entwicklung zu berücksichtigen ist, fehlt (Draude 2019). terentwickelt. Siehe: https://aif360.mybluemix.net/ In ihrer Untersuchung „Weltbilder der Informatik“ an » Diversifizierung von Datensets, Bewusstseinsbil- verschiedenen deutschen Hochschulen zeigten Kleinn dung, Transparenz, Nachvollziehbarkeit: Das MIT- et al. noch 2013, dass viele Bemühungen um Geschlech- Data-Nutrition-Projekt adressiert das Problem der tergerechtigkeit in der Informatik offenbar nicht bis in Datenqualität und will insbesondere historischen die Disziplin vorgedrungen waren, „dass fast alle Stu- und kontextuell bedingten Verzerrungen entgegen- dierenden naiv von einem konservativen differenzori- wirken. Siehe: https://datanutrition.org/ entierten Geschlechterbild aus[gehen], das technische Begabung Männern vorbehält und Frauen, auch solchen » Diversifizierung und Kontextualisierung von Daten- in der Informatik, soziale, sprachliche oder ästhetische sets, Transparenz, Nachvollziehbarkeit: Die Model Bereiche zuweist“ (Kleinn et al. 2013: 254). Fehlende Cards for Model Reporting (Mitchell et al. 2019) die- Diversität unter den Studierenden trägt zu derartigen nen der Dokumentation und Eignungseinschätzung Geschlechterbildern bei. Wichtig ist, dass Studieren- von Machine-Learning-Modellen bezüglich unter- de unterschiedlichen Geschlechts sich mit ihren sub- schiedlicher Anwendungskontexte und intersekt- jektiven Erfahrungen, Interessen, Gewohnheiten und ionaler Aspekte. Zielen in der disziplinären Kultur wiederfinden. Auch die Auseinandersetzung mit Geschlechterwissen inner- halb der Informatik ist von großer Bedeutung (Schinzel 1. 2. 3 Gestaltungsmacht auf Basis 2013: 297). geschlechtergerechter Technikgestaltung Um die etablierten Technikwissenschaften und die Ge- schlechterforschung zu verbinden, ist es nach wie vor Mit dem soziotechnischen Ansatz lässt sich der tech- wichtig, geeignete Anknüpfungspunkte zu finden – etwa nologiegetriebene Blick auf die Digitalisierung infrage eine Kooperation zur Gestaltung verantwortungsvollen stellen. Insbesondere im Bereich der Mensch-Computer- menschlichen Handelns in einer technisch komplexen Interaktion gibt es menschzentrierte und kontextuelle Welt (Crutzen 2013: 310). Anschlussfähig sind insbeson-

36 Digitalbranche B.I Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung 1

dere bestimmte Teildisziplinen wie Informatik und Ge- in die skandinavischen Projekte der 1970er Jahre, die sellschaft, Sozioinformatik, Softwareengineering, Soft- darauf abzielten, die technologische Umgestaltung des wareergonomie sowie Mensch-Maschine-Interaktion Arbeitsplatzes mit demokratischen Werten zu verbinden (Paech/Poetzsch-Heffter 2013) und die dort vorhandene und die Akzeptanz technologischer Werkzeuge sowohl ethische, datenschutzrechtliche, technikhistorische auf gesellschaftlicher Ebene als auch für die Nutzenden und -soziologische, gesellschaftspolitische und philo- zu erhöhen (Sundblad 2011). Das Partizipative Design sophische Expertise. ist machtkritisch, emanzipatorisch und teilhabeorien- tiert. Bezüglich der Kategorie „Geschlecht“ wurde bei- Kritisches, vielfältiges Wissen in der IT-Gestaltung zu spielsweise aufgezeigt, wie Geschlechterverhältnisse berücksichtigen, ist eine Herausforderung. Dies liegt und Arbeitsbedingungen die technische Unterstützung nicht nur an der fehlenden Zusammenarbeit von Tech- von Tätigkeiten beeinflussen (Webster 2014). niker*innen mit Akteur*innen aus anderen Bereichen, sondern hat mit den Grundprinzipien des Computers zu Value Sensitive Design zielt darauf ab, Werte und Normen tun. Computer sind darauf angewiesen, dass Wissen über systematisch in soziotechnische Gestaltungsprozesse die Welt auf eine bestimmte Art und Weise ausgedrückt einzubringen. Vor dem Hintergrund langjähriger Dis- wird. Deshalb ist Wissen, das auf Regelorientierung, kussionen um Werteorientierung in der Informatik Standardisierung, Metriken und numerischen Daten entwickelte maßgeblich Batya Friedman ein theoretisch beruht (oder einfach in diese übersetzt werden kann), fundiertes Gestaltungsmuster. Friedman erweiterte leichter verknüpfbar als Wissen, das beispielsweise in den häufig auf Gebrauchstauglichkeit reduzierten Fo- Form von Erzählungen, Abwägungen und Argumenta- kus der menschzentrierten IT-Entwicklung um Fragen tionen vorliegt. Darüber hinaus sind Unterscheidungen, der gesellschaftlichen Akzeptabilität und Ethik von IT die in der Folge zur Diskriminierung genutzt werden (Friedman 1998; Friedman et al. 2013). Wie auch beim können, sowie Ein- und Ausschlüsse bei der Entwick- Partizipativen Design müssen allerdings Geschlechterge- lung eines algorithmischen Systems unvermeidbar rechtigkeit und Antidiskriminierung als wichtige Werte (Draude/Maaß 2018). Bisher wirkten Normen, Standardi- zunächst gesetzt, definiert und anerkannt werden. Für sierungen und Algorithmen in der Informatik und den die Ausgestaltung dieser Werte braucht es Expertise Ingenieurwissenschaften zumeist ausschließend, was aus der Wissenschaft (Geschlechterforschung, Soziale soziale Vielfalt betrifft. Normen und Standards bieten Ungleichheitsforschung, Critical Race Studies) und von aber auch die Möglichkeit, normative Ansprüche wie Aktivist*innen; Betroffene sollten einbezogen werden. Nichtdiskriminierung oder Geschlechtergerechtigkeit aktiv als Zielsetzung der Digitalisierung einzubringen. Im Folgenden werden einige Ansätze angeführt, die Um in der Entwicklung von IT-Systemen umsetzbar zu Antidiskriminierung und Geschlechtergerechtigkeit sein, muss kritisches, geschlechtergerechtes Wissen für die Technikentwicklung aufbereiten. Der Ansatz allerdings operationalisierbar gemacht werden. Ins- des Anti-Oppressive Design übersetzt Patricia Hill Collins’ besondere im internationalen Kontext gibt es Gestal- Arbeiten zu Racial Justice18 (vgl. Hill Collins 2010) und tungsansätze, die dies aufgreifen. ihr Konzept der systemischen Unterdrückung margi- nalisierter Gruppen in einen Gestaltungsrahmen für IT-Systeme (Smyth/Dimond 2014). Das Framework 1. 2. 4 Partizipative Gestaltungsansätze bringt strukturelle, institutionelle Ebenen von Unter- drückung und Marginalisierung mit Technologieent- Partizipative und kollaborative Designmethoden die- wicklung zusammen. nen dazu, die Lücke zwischen Entwickler*innen und Techniknutzer*innen zu überbrücken, mit dem Ziel, Ein Beispiel dafür, wie Technik zur Emanzipation ge- eine an die jeweiligen Tätigkeiten angepasste und nutz- nutzt werden kann, liefert Lilly Iranis Projekt „Turkop- bare Technik zu gestalten (Wagner et al. 2010). Ansätze ticon“ (https://turkopticon.ucsd.edu). Das Projekt will dazu sind zahlreich und können hier nicht vollum- die Sichtbarkeit und die Eigenermächtigung („empower- fänglich dargestellt, geschweige denn gegeneinander ment“) von Plattformarbeitenden des Amazon-Mechani- abgewogen werden. cal-Turk-Systems stärken. Dafür stellt Turkopticon eine Infrastruktur bereit, mit der Arbeitende die Beziehung Der Ansatz des Partizipativen Designs im Besonderen zu den Auftraggebenden evaluieren und veröffentlichen thematisiert Macht- und Hierarchisierungsverhältnisse bei der Technikentwicklung und wendet die Verschrän- 18 „Racial justice is the systematic fair treatment of people of all races, kung von sozialer und technischer Arbeit produktiv an resulting in equitable opportunities and outcomes for all. Racial („designing work – designing systems“, Trigg/Ishimaru, justice — or racial equity — goes beyond ‚anti-racism‘. It is not just 2013, Simonsen/Robertson 2013). Der Ansatz hat eine the absence of discrimination and inequities, but also the presence of deliberate systems and supports to achieve and sustain racial lange Tradition in der Informatik. Er reicht zurück bis equity through proactive and preventative measures.“ (NEA 2018)

37 Abbildung 2 Gender Extended Research and Development (GERD-Modell) (Draude 2020)

38 Digitalbranche B.I Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung 1

können. Zugleich wird die Vernetzung der Arbeitenden Allen genannten Ansätzen ist gemein, dass sie versu- untereinander gefördert (Irani/Silberman 2013) (siehe chen, in die Prozesslogiken technischer Entwicklung auch Kapitel B.II zu Geschlechterverhältnissen und werteorientiert (demokratisch, emanzipatorisch, ge- Plattformarbeit). schlechtergerecht, antidiskriminierend und andere) zu intervenieren. International bekannt ist das von Londa Schiebinger initiierte Projekt „Gendered Innovations“. Die öffent- liche Webseite bietet einen niedrigschwelligen Zu- 1. 3 Handlungsempfehlungen gang zu einer breiten Wissensbasis, die Methoden, Begriffsklärungen, Leitfäden und Fallstudien für For- Gesellschaftliche Probleme sind nicht technisch lösbar; scher*innen, Techniker*innen und Gutachter*innen Technik entwickelt sich im bestehenden Rahmen der bereitstellt (Schiebinger 2011; EU KOM 2020). Der kulturellen, wirtschaftlichen, rechtlichen und gesell- methodologische Rahmen für die Integration der Ge- schaftlichen Rahmenbedingungen und bildet diese ab. schlechterdimension in MINT19 hilft beispielsweise Insbesondere Informatik ist eine gestaltende Wissen- dabei, Konzepte und Theorien zu überdenken, Grund- schaft, deren Produkte in alle Lebensbereiche hinein- annahmen und Hypothesen bezüglich Geschlecht zu wirken. Geschlechtergerechte und diskriminierungs- prüfen und Standards und Referenzmodelle inklusiver freie IT-Systeme müssen normiert und standardisiert zu gestalten. Von der Technischen Universität Wien sowie umgesetzt werden. Die partizipative Gestaltung gibt es eine deutsche Übersetzung der Webseite (TU der Digitalisierung muss entsprechend in Forschung Wien 2017). und Lehre verankert werden.

Während Gendered Innovations Akteur*innen aller Rechtlich verbindliche Standards für geschlech- MINT-Bereiche ansprechen will, ist das Gender Exten- tergerechte und diskriminierungsfreie IT-Systeme ded Research and Development Model (GERD) spezifisch setzen auf die IT-Forschung und -Entwicklung ausgerichtet Forschungsergebnisse zur geschlechtergerechten Tech- (Abbildung 2). Das GERD-Modell ermöglicht, intersekt- nikgestaltung können in Industrienormen überführt ionale Geschlechterforschung in Softwaretechnik-Ent- werden. Dies ist im Rahmen der Forschungsförderung wicklungszyklen zu integrieren. Ziel ist es, Konzepte in entsprechenden Projekten, an geeigneten Lehrstüh- aus den Gender Studies mit den Gestaltungslogiken len und in Unternehmen anzuregen. Staatliche und in der IT zu verschränken. Dafür wird Gender-Studies- private Normung und Standardisierung sind geschlech- Expertise in Form von Reflexionsaspekten (Abbildung tergerecht und diskriminierungsfrei zu formulieren. Es 2: A) aufbereitet; zu den einzelnen Aspekten gibt es empfiehlt sich, bei den großen Normungs- und Standar- einen Fragenkatalog (Abbildung 2: B), der wiederum disierungsinstitutionen – wie dem Deutschen Institut für jede Phase und jeden Reflexionsaspekt spezifiziert für Normung e. V. (DIN), der Internationalen Organisa- wird (Abbildung 2: C). Das Modell arbeitet zudem mit tion für Normung (ISO) und der Internationalen elekt- Beispielen aus der IT-Forschung und -Entwicklung, um rotechnischen Kommission (IEC) – eine entsprechende den Nutzen von Gender-und-Diversity-Aspekten zu Integration anzuregen sowie staatliche Forschungsförde- veranschaulichen (Draude/Maaß 2018, Draude 2020). rung und Vergabe von derartigen geschlechtergerechten Das GERD-Modell ist auf einen niedrigschwelligen Standardisierungen abhängig zu machen. Gebrauch in der Informatikforschung und entwick- lung ausgelegt. Bei der Normierung sollte auf bestehende partizipative Gestaltungsansätze zurückgegriffen werden. Die oben Im deutschsprachigen Raum besonders beachtens- genannten oder ähnlich geeignete Gestaltungsverfah- wert sind die Arbeiten von Corinna Bath und Sandra ren müssten für einen Standardisierungsprozess über- Buchmüller. Bath (2009) legte mit ihrer Dissertations- arbeitet werden. Das Vorgehensmodell GERD ist bereits schrift ein umfangreiches Grundlagenwerk feministi- nah an Entwicklungszyklen der Softwareentwicklung scher Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten angelehnt und bietet sich daher als Ausgangspunkt für in der Informatik vor. Buchmüller (2018) geht über einen solchen Normprozess an. die Informatik hinaus und entwickelt eine machtkri- tische, feministische Methodologie, die generell auf Private Normungen und Standardisierungen durch Gestaltungsdisziplinen abzielt (vgl. auch Dokumenta- beispielsweise DIN, ISO und IEC entfalten unmittelbar tion eines Hearings der Sachverständigenkommission keine Rechtsbindung. Sollen diese, beispielsweise über Knaut 2020: 13ff.). Rechtsnormen, Verweise oder Verwaltungsvorschriften, staatlicherseits übernommen werden, ist darauf zu ach- 19 MINT-Fächer umfassen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaf- ten, dass sie geschlechtergerecht, diskriminierungsfrei ten und Technik.

39 und unter Beteiligung diesbezüglicher gesellschaftlicher Diskriminierung sollten als fester Bestandteil der Soft- Interessengruppen zustande gekommen sind. wareentwicklung angesehen und behandelt werden. Dieser Grundsatz ist als Bestandteil in Ausbildung und Geschlechtergerechte diskriminierungsfreie Tech- Studium der Personen zu verankern, die algorithmische nikgestaltung in die Digitalstrategie der Bundes- Systeme herstellen oder entwerfen. regierung aufnehmen und bei Vergabe öffentlicher IT-Projekte berücksichtigen Geschlecht und Intersektionalität in datengetriebe- Die Digitalstrategie der Bundesregierung sollte im Hand- nen Systemen berücksichtigen lungsfeld „Innovationen und digitale Transformation“ Die Verpflichtung auf diskriminierungsfreie Einsätze geschlechtergerechte und diskriminierungsfreie Tech- algorithmischer Systeme obliegt nicht allein jenen, die nikentwicklung als Strategie aufnehmen. sie anwenden, sondern auch jenen, die sie entwickeln oder beauftragen. Für die Entwicklung datenintensiver Bei der Vergabe öffentlich geförderter IT-Projekte soll die algorithmischer Systeme und Technologien des Maschi- Anforderung, IT-Systeme geschlechtergerecht und dis- nellen Lernens empfiehlt die Sachverständigenkom- kriminierungsfrei zu gestalten, implementiert werden. mission der Bundesregierung, relevante Akteur*innen wie Auftraggeber*innen und Entwickler*innen zu- Geschlechtergerechte, teilhabeorientierte Technik- sammenzubringen und für mögliche diskriminierende gestaltung in Forschung und Lehre etablieren Auswirkungen von IT zu sensibilisieren, beispielswei- Innerhalb der Technikwissenschaften und der Infor- se in Form von Kampagnen, Workshops, Denkwerk- matik ist Geschlechterforschungskompetenz nötig. stätten, Seminaren oder Hackathons. Hierzu müssen Die Gender Studies sowie die Science and Technology Akteur*innen aus verschiedenen Feldern, u. a. aus den Studies (STS) stellen hierfür Theorien und Praktiken Rechtswissenschaften, dem Gleichstellungsbereich und bereit, die auf organisationaler Ebene, auf Ebene der aus Softwarefirmen, zusammenwirken. Technologieentwicklung und -anwendung sowie auf Bildungsebene einfließen müssen. Zudem empfiehlt die Sachverständigenkommission erstens die Diversifizierung von Datensets bezüglich Die Sachverständigenkommission empfiehlt den Bun- Personengruppen und Kontexten; zweitens gilt es im desländern, bestehende Strukturen an Universitäten Zuge dessen für die unterschiedlichen Effekte zu sen- und Hochschulen im Bereich der interdisziplinären sibilisieren, die Datenerhebungen, Sichtbarkeit und Informatik zu fördern und soweit es daran fehlt, ent- Klassifizierungen für Menschen mit Diskriminierungs- sprechende Strukturen zu etablieren. risiko mit sich bringen.

Im Bereich der angewandten geschlechtergerechten, (Für detailliertere Handlungsempfehlungen zur recht- teilhabeorientierten Technikentwicklung besteht zu- lichen Ausgestaltung und Regulierung datengetriebe- dem Forschungsbedarf. Intersektionale, inklusive Ge- ner Systeme siehe auch die Kapitel B.III.3, Algorithmen schlechterforschungsexpertise muss mit der Informatik und Personalauswahl, sowie Kapitel B.IV.3, Daten und und den Ingenieurwissenschaften in Austausch gebracht Grundrechte.) werden. Hierzu sind Lehrstühle und Professuren mit Geschlechterforschungsdenomination in den Tech- Beschränkungen hochriskanter Technologien prüfen nikwissenschaften einzurichten; derartige Professuren Bei Technologien, die insbesondere für vulnerable und ermöglichen eine nachhaltige inhaltliche Vermittlung marginalisierte Personen hochriskante Folgen nach einer geschlechtergerechten, diskriminierungsfreien sich ziehen können, muss ein Einsatzverbot erwogen und teilhabeorientierten Technikentwicklung in der werden. Liegen einer Technologie beispielsweise Ideen Forschung. So entsteht eine nachhaltigere institutio- zugrunde, die Werte wie Geschlechtergerechtigkeit und nelle Verankerung als allein im Rahmen temporärer Diskriminierungsfreiheit gefährden, können technische BMBF- oder DFG-Förderprojekte. Verbesserungen allein die negativen gesellschaftlichen Folgen nicht abfangen. Der Ausbau und die nachhaltige Verankerung geschlech- ter- und diversitätsbezogener Kompetenzen und Inhal- Dies lässt sich mit dem oben beschriebenen Beispiel der te in den Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Biometrie illustrieren (siehe B.I.1.1). Mithilfe biomet- Naturwissenschaft und der Mathematik wirkt auch rischer Systeme wird hinsichtlich der Identität einer in die Hochschullehre. Dafür ist die Einbindung von Person eine feststehende Entscheidung getroffen, in- Lehranteilen oder -veranstaltungen der STS und der klusive beispielsweise Alter, Geschlecht und Hautfarbe. Gender Studies sowie die Anerkennung dort erbrach- Ein solcher Zweck tritt zwangsläufig in Widerspruch ter Leistungen sicherzustellen. Fragen informationel- zur Maskerade, zu queerer Sexualität oder einer nicht ler Selbstbestimmung und (geschlechterbezogener) (allein) an den Körper gekoppelten Identität. Zwar gibt

40 Digitalbranche B.I Technikgestaltung und geschlechtergerechte Digitalisierung 1

es auch für Biometriesysteme Industrienormen zur Ab- wägung relevanter juristischer und gesellschaftlicher Fragen; sie haben aber nur Empfehlungscharakter und dienen vor allem der Akzeptanzsteigerung biometri- scher Überwachungstechnologien.

Neben hohen datenschutzrechtlichen Hürden für den Einsatz biometrischer Systeme empfiehlt die Sach- verständigenkommission, ein Verbot biometrischer Gesichtserkennung im Rahmen öffentlicher Überwa- chung zu prüfen. Zu empfehlen ist hierfür die Analyse und der Vergleich alternativer Regulierungsansätze weltweit, um biometrische Überwachungstechnolo- gien zu beschränken und eine nationale und europäi- sche Begrenzung gefährlicher digitaler Technologien umzusetzen.

41 2. Geschlechtergerechter Neben den Beschäftigtenanteilen scheint auch die Be- schäftigungsstabilität der Frauen in der Branche niedri- Zugang und Verbleib in der ger zu sein als die der Männer; darauf weist die höhere Digitalbranche Arbeitskräftefluktuationsrate der Frauen im IT-Sektor21 in Deutschland hin (Hohendanner 2020). Internationale 2. 1 Ausgangslage Vergleichsstudien weisen auf ähnliche Tendenzen hin. In der EU arbeiten Frauen im Alter von 30 Jahren noch Die Digitalbranche ist eine wesentliche Treiberin der zu 20 % im IT-Bereich, im Alter von 45 Jahren sind es Digitalisierung. Damit gestalten die in dieser Branche nur noch 9 %. Dieser Trend scheint sich tendenziell so- Beschäftigten die Digitalisierung der Gesellschaft maß- gar zu verstärken: 2015 verließen Frauen die Branche geblich mit. Der Zugang zu einer Anstellung in der Di- noch etwas häufiger als 2011 (Iclaves 2018, siehe auch gitalbranche hängt in der formalisierten Arbeitswelt Holtzblatt/Marsden 2018). eng mit der gewählten Berufsausbildung oder dem Studienfach zusammen. Der Gesamtanteil der Studi- Es gibt zahlreiche staatlich geförderte Maßnahmen, enabschlüsse in den MINT-Fächern lag im Jahr 2020 um die geschlechtsbezogenen Zugangsbarrieren abzu- bundesweit bei deutlich mehr als einem Drittel aller bauen (vgl. Jeanrenaud 2020: 30 ff.). Die bestehenden Erstabschlüsse. 2018 arbeiteten knapp ein Drittel der Förderstrategien zeigen aber offenbar wenig Wirkung. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutsch- Dieser Befund ist gleichstellungspolitisch höchst pro- land in MINT-Berufen (vgl. Jeanrenaud 2020: 4). blematisch, da der Zugang in die Digitalbranche nach wie vor nicht geschlechtergerecht ist. Der Befund ist Verwirklichungschancen in diesem Bereich sind aber aber auch wirtschaftspolitisch problematisch, nämlich nicht unabhängig vom Geschlecht verteilt, der Zugang im Hinblick auf die Sicherung des Fachkräfteangebots. in die Branche ist von geschlechtsbezogenen Ungleich- Zudem ist er betriebswirtschaftlich problematisch, da heiten bestimmt. Das verdeutlichen u. a. die Zahlen Fluktuationskosten anfallen und Innovationspotenzial der Studienanfänger*innen in den MINT-Fächern: Im nicht realisiert wird (Berger 2011; Herring 2009). Studi- Wintersemester 2018/2019 waren davon nur ein Drittel energebnisse zeigen zudem, dass aus unterschiedlichen Frauen; in der Informatik lag der Anteil bei knapp 22 %; Lebenskontexten zusammengesetzte, also möglichst etwa 20 Jahre zuvor lag der Anteil bei knapp 17 %. Bei diverse Belegschaften positive Auswirkungen auf den den Studienabschlüssen zeigt sich ein ähnliches Bild: Unternehmenserfolg haben (Gerwing et al. 2017; Krell Hier stieg der Frauenanteil von knapp 12 % (1999) auf 2011; Hunt et al. 2018; siehe auch: Rock/Grant 2016; ca. 20 % (2019).20 Die absoluten Zahlen machen die Beilock 2019). In Bezug auf Geschlecht, Alter oder eth- geschlechtsbezogenen Ungleichgewichte besonders nischen Hintergrund divers zusammengestellte Teams anschaulich: Im Jahr 2018 machten 27.000 Studenten, erhöhen die Mitarbeiter*innenzufriedenheit, was die aber nur 7.600 Studentinnen ihren Abschluss in der In- Fluktuations- und Krankenquote verringert (Berger formatik (Destatis 2020, zit. nach Jeanrenaud 2020: 10, 2011). 15 f., 17). Auf die geschlechtsbezogene Schieflage in der Digital- Der vergeschlechtlichte Zugang macht sich innerhalb branche macht auch die Ende 2020 gestartete Initiative der Branche bemerkbar. Zwischen 2012 und 2018 er- aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Bildung und höhte sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Wissenschaft#SheTransformsIT aufmerksam. Beschäftigten in den IKT-Berufen insgesamt um ca. 200.000 (auf knapp 800.000); der Frauenanteil blieb mit ca. 16 % allerdings beharrlich auf einem niedrigen Niveau. In absoluten Zahlen: Im Jahr 2012 waren 95.209 Frauen in IKT-Berufen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, gegenüber 498.354 Männern; im Jahr 2018 waren es 131.521 Frauen gegenüber 659.975 Männern (vgl. Dengler/Matthes 2020: 51 f.).

21 Der Indikator der Arbeitskräftefluktuationsrate trifft Aussagen 20 Während die absolute Zahl der Hochschulabsolvent*innen in MINT- über die Beschäftigungsstabilität innerhalb der Branchen. Dabei ist Fächern in Deutschland international eine der höchsten ist, ist der die Fluktuationsrate das Maß für Personalbewegungen insgesamt. Frauenanteil unterdurchschnittlich (OECD 2017). Viele europäische Sie misst die Summe aller Einstellungen und Personalabgänge im Länder, darunter Polen, Großbritannien, Griechenland, Italien und Verhältnis zur betrieblichen Gesamtbeschäftigung. Hohendanner die Türkei, erreichen einen deutlich höheren Anteil an MINT-Absol- (2020) berechnete in einer Sonderauswertung für die Sachverstän- ventinnen (Anger et al. 2020: 106); auch arabische Länder schneiden digenkommission eine Fluktuationsrate bei Frauen im IT-Sektor in erheblich besser ab, teils mit Absolventinnenanteilen von über 50 % Höhe von 0.461. Sie liegt damit sehr viel höher als die Fluktuations- (UNESCO/EQUALS Skills Coalition 2019: 78 f.). rate der Männer mit 0.248.

42 Digitalbranche B.I Geschlechtergerechter Zugang und Verbleib in der Digitalbranche 2

2. 2 Analyse nicht exakt bestimmen, da sie schwer zu evaluieren sind und eine Vergleichbarkeit oft nicht gegeben ist (Ihsen 2. 2. 1 Geschlechterstereotype als 2018; Ihsen et al. 2017, zit. nach Jeanrenaud 2020: 38). Zugangsbarriere Bereits in den 1970er und 1980er Jahren gab es staatlich Jeanrenaud (2020) weist in seiner Expertise für die Sach- geförderte Modellversuche, um Frauen den Zugang in ge- verständigenkommission auf den nach wie vor be- werblich-technische Berufen zu erleichtern (vgl. Haupt- stehenden Einfluss von Geschlechterstereotypen bei ausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung 1987; MINT-Themen hin. Die meisten Kinder haben bereits Foster 1988; Alt 1988). Dabei war oft genug ein defizitä- im Alter von sechs Jahren geschlechtsbezogene Fähig- rer Blick auf Frauen – fix the women – handlungsleitend. keitszuschreibungen verinnerlicht – etwa eine vermeint- Es gehe, so hieß es damals, darum, „daß Mädchen eine lich bei Männern vorhandene bessere Befähigung zu solche Ausbildung mit Erfolg absolvieren und auch in Mathematik (Cvencek et al. 2011). Die frühe Bildung diesen Berufen ‚ihre Frau‘ stehen können“ (Hauptaus- spielt daher eine große Rolle, um Geschlechterstereo- schuss des Bundesinstituts für Berufsbildung 1987: 3). type gar nicht erst aufkommen zu lassen. Insbesondere Versäumt wurden hingegen eine geschlechtergerechte die Rolle der Erziehungskräfte sowie der Eltern als Ga- Veränderung der strukturellen Rahmenbedingungen tekeeper*innen ist entscheidend. In den Beziehungen des Bildungssystems. Beispielsweise wurden bei der mit ihnen können Kinder Interesse für MINT-Themen Umstrukturierung dualer Ausbildungen in den 1970er entwickeln, aber auch geschlechtsbezogene Stereotype Jahren die Lehrpläne weder internationaler noch in- erlernen (Jeanrenaud 2020: 30). So zeigt eine Studie in terdisziplinärer noch geschlechtergerechter gestaltet. diesem Feld, dass es sich maßgeblich positiv auswirkt, Auch im Zuge der Bologna-Reform wurde es versäumt, wenn das Interesse junger Frauen an Technik und an gesellschaftliche, soziale, ökologische und ökonomi- entsprechenden Berufen von deren Eltern unterstützt sche Bezugspunkte der Technik und des technischen wird (Vogel 2000: 100). Handelns in die Ingenieurbildung einzubinden und eine ganzheitliche, auf die Bedürfnisse der Studieren- Eine geringere Anerkennung des Interesses und der den abgestimmte Studiengestaltung (Barbara Schwarze Leistung von Mädchen im Schulfach Mathematik, etwa auf einem Hearing der Sachverständigenkommission, durch Lehrkräfte, wirken sich beispielsweise negativ vgl. Knaut 2020: 9, 17) zu etablieren. Der digitale Trans- auf deren Selbstbild aus. Gute Leistungen werden „der formationsprozess eröffnet nun die Möglichkeit, diese Lehrkraft oder dem niedrigen Schwierigkeitsgrad der Versäumnisse nachzuholen. Prüfung oder gar schlicht dem Glück zugeschrieben, während eine schwache Leistung in Mathematik an In der institutionalisierten beruflichen und hochschuli- der eigenen Unfähigkeit (qua Geschlecht) liegt“ (Stef- schen Bildung sind digitalisierungsbezogene Kompeten- fens/Ebert 2016: 59). Allein das Wissen darum, einer zen anders und neu zu denken. Hinsichtlich formaler bestimmten Gruppe zugerechnet zu werden, kann zu Bildungsangebote existieren bereits an Hochschulen messbar schlechteren Prüfungsergebnissen führen und Ansätze, um geschlechtsbezogene Zugangsbarrieren hemmt die betreffenden Personen in der Leistungser- abzubauen. Als Beispiele lassen sich der Frauenstudien- bringung (Steele 1997). Eltern und Lehrkräfte agieren gang Informatik und Wirtschaft an der Hochschule für nachweislich entlang ähnlich strukturierter und wirk- Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin (HTW 2020) samer Geschlechterstereotype und schätzen Jungen bei oder die Hochschulgruppe she.codes am Karlsruher Ins- vergleichbaren Leistungen und Fähigkeiten in MINT- titut für Technologie (KIT) (Hochschulgruppe she.codes Fächern besser ein als Mädchen (Schmirl et al. 2012; o.J.) anführen. Das Programm des Frauenstudiengangs OECD 2015; Steffens/Ebert 2016: 131). an der HTW Berlin verknüpft Monoedukation mit Ex- kursionen, Unternehmensprojekten und Praktika – die Eine Vielzahl bestehender Maßnahmen und Initiati- Ergebnisse sind vielversprechend und bedürften einer ven verfolgt heute das Ziel, herrschende Geschlechter- größeren Aufmerksamkeit. stereotype in Schule, Hochschule und Unternehmen abzubauen (eine Übersicht ist zu finden bei: Ihsen et al. 2017; vgl. Jeanrenaud 2020). So versuchen beispiels- 2. 2. 2 Gender Pay Gap und Gender Leadership weise Initiativen wie der Girls’ Day das Interesse junger Gap Frauen für MINT-Berufe und -Studiengänge zu steigern. Stereotype bilden sich jedoch bereits sehr früh im Le- Staatliche Fördermaßnahmen konzentrieren sich auch bensverlauf heraus; Projekte, die das Interesse an MINT- heute mehr auf individuelle Interessen und die Förde- Themen fördern wollen, müssen entsprechend früher rung von Kompetenzen (fix the women) als darauf, die ansetzen (Funk et al. 2019; Jeanrenaud 2020: 38). Die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen (fix the company) Wirksamkeit solcher Maßnahmen lässt sich allerdings (Schwarze mit Bezug auf Foster, vgl. Knaut 2020: 8). Wie

43 viele andere Branchen auch ist die IKT-Branche jedoch artige Vorbilder wirken zudem über die abhängigen Be- durch geschlechtsbezogene Ungleichheiten geprägt. schäftigungsformen hinaus: Auch bei Unternehmens- Dazu zählen erhebliche Einkommensunterschiede, gründungen können sich Frauen an diesen Vorbildern wobei der Gender Pay Gap je nach Beruf22 variiert: In IT- im Topmanagement orientieren (Rocha/van Praag 2020; Vertriebs- und Programmierberufen liegt die Differenz Philipps 2005; vgl. Kapitel B.I.3). bei 12 %, in Informatikberufen verdienen Männer „nur“ durchschnittlich 6 % mehr als Frauen (Zucco 2020: 7). Für IT-Berufe insgesamt berechnet Zucco (2020: 7) einen 2. 2. 3 Vergeschlechtlichte Arbeitskulturen Gender Pay Gap von 7 %. Organisationale Prozesse sind eine maßgebliche Quelle Dabei zeigt sich: Je kleiner der Betrieb, desto größer der struktureller Ungleichheit, wie Wynn (2019) in ihrer Gender Pay Gap. Knapp 76 % der Betriebe in der Digital- Studie „Gender Equality in a Silicon Valley Technology branche sind Kleinstbetriebe mit bis zu neun Beschäftig- Company“ zeigt. Es genüge daher nicht, individuelle ten (Hohendanner 2020: 44). Hier liegt der Gender Pay Mentoringprogramme für Frauen oder Sensibilitäts- Gap bei 15 %. In Betrieben mit 10 bis 499 Beschäftigten trainings für Männer zu etablieren, vielmehr sei eine liegt die Lohnlücke bei 10 %, in Großbetrieben (ab 500 Änderung der Arbeitskultur notwendig (Wynn 2019). Beschäftigte) bei 8 % (Zucco 2020: 24). Besonders deut- Acker (1990) spricht in diesem Zusammenhang von lich zeigt sich der Zusammenhang zwischen Betriebs- „vergeschlechtlichten Organisationen“. Orientieren sie größe und Lohndifferenz bei den Programmierberufen; sich an männlichen Lebenswelten und blenden weibli- dort verdienen männliche Beschäftigte in Betrieben che Lebenswelten, die u. a. stärker von Vereinbarkeits- mit bis zu neun Beschäftigten 34 % mehr als weibliche fragen geprägt sind (Achatz 2008: 128), aus, entstehen (ebd.: 25). Größere Betriebe zeichnen sich in der Regel Verbleibsbarrieren für Frauen. durch eine stärker formalisierte Personalpolitik und durch institutionalisierte Interessenvertretungen aus, Als berufliche Minderheit werden Frauen in von Män- die – offenbar auch in der IKT-Branche – auf den Abbau nern dominierten Branchen bisweilen instrumentali- von Lohndiskriminierungen hinwirken (vgl. Busch- siert, indem ihre – zahlenmäßig ggf. noch so geringe – Heizmann et al. 2018: 57; Achatz et al. 2010; Busch, 2013; Präsenz als Beleg dafür herangezogen wird, dass Frauen Busch/Holst, 2013). im jeweiligen Unternehmen durchaus vertreten sind („tokenism“); darüber hinaus werden sie teils nicht Wie steht es um den Frauenanteil in Führungspositionen als Individuum, sondern als „Repräsentantinnen“ aller in der Digitalbranche? Der zugrunde gelegte Messwert Frauen wahrgenommen (Herling et al. 2020).23 Auch läge dann bei 1, wenn „Frauen in Führungspositionen fühlen sie sich unter Umständen im Unternehmen aus- gemäß ihrem Anteil an allen Beschäftigten repräsentiert“ gegrenzt, was Unzufriedenheit auslöst (Taylor 2010). wären. Tatsächlich liegt er auf der ersten Führungsebe- Auch wenn Frauen der Zugang zur IT-Branche geglückt ne bei etwa 0,2 und auf der zweiten Führungsebene bei ist, werden sie oft mit stereotypen Vorstellungen von 0,8 (Hohendanner 2020: 37). Im Topmanagement sind Weiblichkeit und dem männlichen Berufsbild des „Ent- Frauen in der Digitalbranche also eine Seltenheit. Dabei wicklers“ konfrontiert. Als Reaktion auf höhere Barrie- wäre angesichts des digitalen Transformationsprozesses ren, bedingt durch die vorherrschende Kultur, neigen und der wichtigen Rolle der Digitalbranche als Treibe- sie dazu, die Organisation oder das Unternehmen zu rin der Digitalisierung ein repräsentativer Frauenanteil verlassen (Mucha 2014). bezüglich Führungsposten besonders wichtig. Wenn es im Topmanagement eine Gruppe von Frauen gibt, Holtzblatt und Marsden (2018) benennen den Arbeits- führt dies ebenso zu einem Wandel der Arbeitskultur alltag und die Unternehmenskultur als einen zentralen und signalisiert, dass ein Betrieb offen für Frauen und Grund für die hohe Fluktuationsrate in der Digitalwirt- geschlechtergemischte Leitungsteams ist (Busch-Heiz- schaft (vgl. Fuchs et al. 2020). Sie sprechen von einer so- mann et al. 2018: 61). Weibliche Führungskräfte sind genannten Heldenkultur („hero culture“) und machen positive Vorbilder, Role Models, für Frauen auf allen als Erwartung an Beschäftigte aus, längere Arbeitszeiten Ebenen der Digitalbranche (Battistini 2015: 97 f.) Der- zu akzeptieren, um Projekte zu beenden oder zu „retten“. Eine derartige Arbeitskultur fördert den innerbetrieb- 22 Der IT-Sektor, auf den sich die Berechnungen beziehen, umfasst lichen Wettbewerb, führt aber auch zu Entgrenzung hier: Informatikberufe (insbesondere die Betreuung von Hard- und – denn sie setzt impliziert voraus, dass die Beschäftig- Softwarelösungen sowie komplexen IT-Systemen für verschiedene Anwendungsgebiete wie beispielsweise Medizin, Geologie, Medien); ten rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Besonders IT-Vertriebsberufe (IT-Systemanalyse-, IT-Anwendungsberatungs- für Menschen, die Sorgearbeit für andere leisten, kann und IT-Vertriebsberufe), IT-Organisationsberufe (IT-Netzwerktech- nik-, IT-Koordinations-, IT-Administrations- und IT-Organisations- berufe) sowie Programmierberufe (Softwareentwicklungs- und 23 Das gleiche Risiko besteht für Männer in sozialen Dienstleistungs- Programmierberufe) (Zucco 2020: 4). berufen als einem Bereich, in dem Frauen stark vertreten sind.

44 Digitalbranche B.I Geschlechtergerechter Zugang und Verbleib in der Digitalbranche 2

dies zur Folge haben, dass sie kündigen (Holtzblatt/ Ergebnissen kommt die Studie „Tech Leavers“ aus den Marsden 2018: 2). USA (Scott et al. 2017). Demnach erleben Beschäftigte (42 %) in der Digitalbranche häufiger geschlechtsbezo- Die vorherrschende Arbeitskultur in der Digitalbranche gene und intersektionale Diskriminierung als Beschäf- kann auch den dortigen geringen Teilzeitanteil erklären. tigte in anderen Branchen (32 %) (ebd.: 4). Dazu zählen Nach Auswertungen von Labour-Force-Survey-Daten sexuelle Belästigung, Stereotypisierung und Mobbing, für 2016 (EIGE 2018: 34) arbeiten Frauen in IT-Berufen wobei weibliche Beschäftigte häufiger sexuell beläs- im Schnitt 36,9 Stunden die Woche und Männer 39,8. tigt wurden als männliche (ebd.: 13). Mobbing und Nicht nur ist die durchschnittliche Arbeitszeit von öffentliche Bloßstellung erlebten vor allem LSBTIQ+ Frauen in der Branche länger als in anderen Berufen Beschäftigte, Stereotypisierungen vor allem People of (Durchschnitt: 33,6 Stunden). Darüber hinaus arbeiten Color (ebd.: 4). Je mehr Beschäftigte Stereotypisierung nur 19 % der Frauen und 5 % der Männer in IT-Berufen und Mobbing erführen, desto höher sei die Rate derer, in Teilzeit – vor allem bei den Frauen deutlich weniger die aufgrund von Ungerechtigkeiten ihre Kündigung als in anderen Berufen (Durchschnitt: 31 % der Frauen, einreichten; ausschlaggebend sei nicht allein eine per- 8 % der Männer) (EIGE 2018). sönliche Betroffenheit, auch die Beobachtung derartiger Erfahrungen anderer Beschäftigter könne zur Kündigung Insbesondere IT-Spezialistinnen fühlen sich auch wäh- führen (ebd.: 15). Angesichts des geringen Anteils und rend ihrer Freizeit beruflich stark unter Druck. 19 % der hohen Fluktuationsrate von Frauen in der Digital- der IT-Spezialistinnen machen sich in ihrer Freizeit branche in Deutschland ist zu vermuten, dass die für regelmäßig Gedanken über ihre Arbeit; dieser Anteil die USA beschriebene Situation in Deutschland ähnlich ist vier Prozentpunkte höher als bei ihren Kollegen ist. Für genauere Aussagen bedarf es allerdings weiterer und sieben Prozentpunkte höher als bei Frauen in Forschungsarbeiten. Gesundheitsberufen (ebd.). Darüber hinaus arbeiten etwa ein Drittel der Frauen und Männer in IT-Berufen auch während ihrer Freizeit; in anderen Berufen ist die- 2. 2. 4 Agilität in der Digitalbranche ser Anteil niedriger (ebd.). Gerade in der Digitalbranche gelten agile Methoden als Eine solche Arbeitskultur grenzt nicht nur viele Frauen, Alternative zu starren und auf klassischen Hierarchien sondern alle aus, die dem Anspruch des „Übererfüllens“ fußenden Managementkonzepten und werden daher nicht entsprechen wollen oder können. Innerbetrieb- mitunter als geeigneter Ansatz diskutiert, um die Ver- liche Unterstützungsmaßnahmen, die spezifisch für wirklichungschancen unabhängig von Geschlecht zu Frauen angeboten werden, können dazu führen, dass verbessern. traditionelle Geschlechterbilder bestätigt werden und Frauen nicht als gleichberechtigte Kolleginnen, sondern Agile Methoden zeichnen sich durch eine dynamische als schutzbedürftige Individuen wahrgenommen wer- Art des Arbeitens aus. Sie orientieren sich dabei an fol- den (Acker 2006, zit. nach Holtzblatt/Marsden 2018: 2). genden Werten: einer flexiblen und direkten Interak- Dieses Dilemma zeigt sich auch darin, dass weibliche tion zwischen den Menschen, die in die Erstellung der Nachwuchskräfte eine Beratung durch die Gleichstel- Güter und Dienstleistungen involviert sind, und zwar lungsbeauftragte bisweilen ablehnen, da dies als Indika- in möglichst flachen Hierarchiestrukturen; einer engen tor für Schwäche und Mangel an Führungskompetenz Zusammenarbeit mit den Kund*innen für eine dynami- gelten würde (Rastetter et al. 2011, zit. nach Busch-Heiz- sche Anpassungsfähigkeit der Produkte bei Änderungen; mann et al. 2018: 57). einer schnellen Funktionsfähigkeit der Produkte und Dienstleistungen mit einem hohen Qualitätsanspruch Einer Befragung des Pew Research Center in den USA (Diebold et al. 2016: 1; Kusay-Merkle 2018: 311). In der zufolge erfahren Frauen im MINT-Bereich häufiger ge- Softwareentwicklung sind agile Arbeitsprozesse bereits schlechtsbezogene Nachteile (50 %) als Frauen in an- seit 15 Jahren geläufig, werden aber zunehmend auch deren Branchen (41 %) (Funk/Parker 2018: 7). 29 % der auf Wirtschaftsbereiche jenseits der Digitalbranche Frauen geben an, für ihre Kompetenzen keine Anerken- übertragen. Maßgebend für ihren Einsatz ist häufig die nung zu erfahren; 20 % erlebten kleinere Kränkungen starke Minimierung oder gar Vermeidung von Fehlin- am Arbeitsplatz; 18 % berichteten, weniger Unterstüt- vestitionen oder aus dem Ruder laufenden Softwarepro- zung von Führungskräften zu erhalten als Männer, die jekten, eine effektivere und effizientere „Nutzung von die gleichen Aufgaben erledigten (ebd.: 9). Weibliche Humanressourcen und […] bessere[.] Marktgängigkeit MINT-Beschäftigte mit einem höheren Universitäts- von Produkten“ (Mauß/Schrader 2020: 54). abschluss erfahren mehr Nachteile (62 %) als jene, die über einen Bachelorabschluss verfügen oder keine Es gibt zahlreiche agile Methoden in der Softwareent- Universität besuchten (41 %) (ebd.: 11). Zu ähnlichen wicklung, beispielsweise Scrum, eXtreme Programming

45 (XP), Crystal oder Feature Driven Development (FDD). durch flache Strukturen schafft nicht automatisch Vor allem Scrum setzte sich als eine Methode durch, die Geschlechterstereotype ab. Wie folgendes Beispiel ver- zunehmend im allgemeinen Projektmanagement ange- deutlicht, werden „Selbstkritik, Empathie und gegen- wandt wird. Zwar müssen in der Regel die konkreten seitiges Kümmern (…) im Agilen Arbeiten mehr als Arbeitsabläufe auf die Unternehmenskultur und den in herkömmlichen Arbeitsweisen betont“ (Fuchs et spezifischen Kontext angepasst werden (vgl. Diebold al. 2020: 9). Gute Kommunikationsfähigkeiten sind et al. 2016: 1). Dennoch beinhaltet Scrum eine typische Voraussetzung für agile Methoden; diese Fähigkei- Aufgabenverteilung: Statt einer Projektleitung gibt es ten werden oft als weibliche angesehen, in der Folge verschiedene Rollen, beispielsweise Product Owner werden gerade Frauen als geeignete Scrum Master und Scrum Master, sowie Entwicklungsteams, die aus betrachtet (ebd.: 7 ff.). Im Umkehrschluss beinhaltet maximal neun Personen bestehen und alle in gleicher dieses scheinbar positive Vorurteil Risiken: etwa, dass Weise Verantwortung für das Produkt tragen (Fuchs et das Fehlen von Kommunikationskompetenz bei einer al. 2020). Der Scrum Master24 beispielsweise hat die Auf- Frau als persönlicher Mangel gewertet wird, während gabe, den Teamgeist zu fordern und eine konstruktive, kommunikationsstarke Männer besonderes Lob erfah- kommunikative Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Der ren. Innerhalb der flachen hierarchischen Strukturen Product Owner wiederum ist für den wirtschaftlichen besteht zudem das Risiko, keinen Einblick in solche Erfolg des Produkts oder der Dienstleistung verantwort- Ungleichheitsstrukturen und in geschlechterbezoge- lich und agiert als Brücke zwischen den Entwicklungs- ne Probleme zu haben (Nafus 2012). Agile Methoden teams und den Kund*innen. Die Entwicklungsteams als „femininen Arbeitsstil“ zu bezeichnen ist somit sind für die anstehenden Arbeiten zuständig. nicht zwingend angebracht und hilfreich (Herling et al. 2020). Im Gegenteil können damit Stereotype re- Agile Arbeitsprozesse scheinen bessere Verwirklichungs- produziert und verstärkt werden. chancen weiblicher Fachkräfte in der Digitalbranche zu versprechen (vgl. Marsden 2015; Barke 2015). Das Laut Sutherland und Schwaber (2017: 7) sollen die Versprechen resultiert nicht nur aus den flachen Hier- Scrum-Entwicklungsteams interdisziplinär zusam- archien, die sich aus der gleichwertigen Verantwortung mengesetzt sein, Geschlecht oder Herkunft spielten ürf aller Beteiligten für das Arbeitsergebnis ergeben, son- eine ausgewogene Zusammensetzung hingegen keine dern auch aus der großen Bedeutung kommunikativer Rolle. Dabei erweisen sich gerade Scrum-Teams bei der Praktiken, was Aufgabenverteilung und Bearbeitungs- Erfüllung ihrer Aufgaben als besonders erfolgreich, fortschritte betrifft. So beginnt beispielsweise bei der wenn sie divers zusammengesetzt sind (Meyer 2020). Scrum-Methode jeder Arbeitstag mit einem im Stehen Die Rollen des Product Owners wie des Scrum Masters durchgeführten Treffen (Daily Scrum), das 15 Minuten sind hinsichtlich Gleichstellungs- und Diversitätsas- nicht überschreiten darf und lediglich dazu dient, bei pekten in der bisherigen Ausgestaltung unreflektiert. jedem Teammitglied das Erledigte, das zu Erledigende und das die Arbeit Behindernde abzufragen. Im Rah- Ein Risiko der agilen Methoden liegt Herling et al. men dieser Feedbackkultur können auch bestehende (2020) zufolge in der Gruppendynamik, was daher Geschlechterstereotype sichtbarer gemacht und ange- rühre, dass die abgeschaffte Führungskraft durch die sprochen werden. Die Arbeit ist zudem in kleinere Auf- gegenseitige Kontrolle der Teammitglieder informell gabenpakete (Tasks) gegliedert, mit klaren und zeitlich ersetzt werde. Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie streng begrenzten Planungs-, Review- und Retrospektiv- zeigen, dass Minderheiten, in der Digitalbranche also phasen am Anfang und Ende einzelner Arbeitsabschnitte auch Frauen, von einer derartigen Gruppendynamik (Sprints). Die klare Trennung und Benennung aller zu (genauer: einem Gruppendruck) besonders negativ be- erledigenden Aufgaben eines Projekts – die für alle an troffen sind (Herling et al. 2020). Des Weiteren kann einer großen Wand sichtbar gemacht werden – führt der Zeitdruck, der agilen Methoden mit ihren kurzen zu Transparenz, was die Tätigkeiten aller Beschäftigten, Treffen, in denen schnelles Denken gefragt ist, inhä- unabhängig vom Geschlecht, anbelangt. Von Vorteil rent ist, problematisch werden. Denn unter Zeitdruck können auch die regelmäßigen, verbindlichen sowie getroffene Entscheidungen beruhen oft auf verinner- zeitlich begrenzten Absprache- und Auswertungszyklen lichten Denkweisen (und damit auch Geschlechter- sein, die vor allem Beschäftigten mit Sorgeverantwor- stereotypen), die in der Folge den Arbeitsprozess be- tung nützen können. einflussen (ebd.). Bisher fehlt es in agilen Methoden an Richtlinien und Praktiken, die mögliche ungerechte Agile Methoden bergen aber auch geschlechtsbezo- Dynamiken im Team verhindern könnten. Bekann- gene Risiken. Die Ersetzung klassischer Hierarchien te geschlechtsbezogene Ungleichheiten des Arbeits- marktes (vgl. Kapitel B.III.1) können sich damit in der „neuen“ Unternehmenskultur unsichtbar reproduzie- 24 Der Begriff Scrum Master als solcher ist aus Gleichstellungs- und intersektionaler Perspektive sprachlich problematisch. ren (Mucha 2014).

46 Digitalbranche B.I Geschlechtergerechter Zugang und Verbleib in der Digitalbranche 2

In der Digitalbranche ist eine Veränderung herrschen- ändernde Kommunikationskanäle erforderten eine der vergeschlechtlichter Arbeitskulturen, die sich ins- intensive Auseinandersetzung mit ihrer Anwendung; besondere durch Geschlechterstereotype auszeichnen, die damit verbundenen Ansprüche und Möglichkeiten geboten. Das in Kapitel B.I.1 beschriebene GERD-Modell überforderten viele Mitarbeitende (ebd.: 28 ff.). Drittens für eine geschlechtergerechte, partizipative Technik- schließlich sei eine Stärkung der Mächtigen auszuma- entwicklung und -gestaltung ist durchaus mit agilen chen (ebd: 31ff.). Ohne dezidierte Gegenmaßnahmen Projektmanagementpraktiken wie Scrum vereinbar und ergibt sich aus den Netzeffekten unternehmensinter- könnte hierbei Abhilfe leisten; es könnte in Scrum-Ab- ner Kommunikationsplattformen eine besonders gute läufe eingebaut werden, zumal auch GERD wiederho- Sichtbarkeit derjenigen Kolleg*innen, die ohnehin lende Entwicklungszyklen beinhaltet und einen star- bereits stark vernetzt sind, an interessanten Projekten ken Fokus auf Kommunikation und Evaluation hat. Ein arbeiten oder über viele Informationen verfügen – auch partizipatives Entwicklungsmodell wie das GERD-Mo- hier sind geschlechtsbezogene Machtstrukturen und dell erlaubt, verschiedene, auch nicht zu den direkten Kommunikationsmuster zu vermuten. Die Sachver- Kund*innen gehörende Interessengruppen (Betroffene ständigenkommission stellt fest, dass unternehmens- und Nutzer*innen der jeweiligen technischen Entwick- internen Kommunikationsplattformen einer näheren lungen) einzubinden. Die Verschränkung agiler Ansätze geschlechtsbezogenen Erforschung bedürfen. mit partizipativer Technikentwicklung würde nicht nur Technik, sondern auch Arbeitsprozesse in der Digital- wirtschaft geschlechtergerechter machen. 2. 3 Handlungsempfehlungen

Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Digital- 2. 2. 5 Neue Kommunikationswege, neue branche ist es besonders wichtig, den Zugang und Ver- geschlechtsbezogene Risiken bleib in der Branche geschlechtergerecht zu gestalten. Schließlich geht es um die zentrale Frage, wer die digitale Digitale Kommunikationsformen wie unternehmens- Transformation mitgestalten kann und wer nicht. Auch interne Kommunikationsplattformen und digitale Netz- gilt es zu gewährleisten, dass Menschen unabhängig vom werke spielen in Unternehmen der Digitalbranche eine Geschlecht von den in diesem Sektor steigenden Beschäf- wesentliche Rolle. Skutta/Steinke (2019: 182) zufolge tigungs- und Einkommenschancen profitieren können. haben Kommunikationsplattformen in Unternehmen auch eine Teilhabe-, Kollaborations- und Aushandlungs- Das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwi- funktion. Sicherlich können digitale Kommunikations- schen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz) plattformen in Unternehmen die Teilhabe der Beschäf- ist ein wichtiges Instrument für die berufliche Gleichstel- tigten fördern. Problematisch wird es allerdings, wenn lung in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst Entscheider*innen und Beschäftigte den Einsatz ent- (vgl. Kapitel B.III.1). Während der Gutachtenerstellung sprechender Software mit Mitbestimmung verwechseln wurde das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von (Ogolla et al. 2020: 72) und gleichzeitig organisierte Frauen und Männern an Führungspositionen in der Interessenvertretungen in „innovativen Branchen von Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG II) einem Teil der Beschäftigten als nicht mehr zeitgemäß beschlossen; die Sachverständigenkommission begrüßt empfunden und deshalb ignoriert werden“ (Busch-Heiz- dies. Da jedoch ca. 95 % der Betriebe in der Digitalbran- mann et al. 2018: 57). Für eine geschlechtergerechte Un- che Kleinst- oder Kleinbetriebe sind, werden die ange- ternehmenspolitik ist eine echte Interessenvertretung strebten Verbesserungen in dieser Branche nicht greifen. jedoch eine wichtige Rahmenbedingung (vgl. Achatz et al. 2010; Busch 2013; Busch/Holst 2013). Die Sachverständigenkommission richtet ihre Hand- lungsempfehlungen vor allem auf folgende zwei Ziele Zu beachten ist außerdem, dass Kommunikation in aus: den Abbau von Geschlechterstereotypen und eine unternehmensinternen digitalen Netzwerken andere geschlechtergerechte Arbeits- und Organisationskultur. Mechanismen bedingt als traditionelle Kommunika- tionskanäle in Unternehmen. Ogolla et al. (2020: 25 ff.) Fachbezogene Genderkompetenzen fördern weisen auf drei Problemfelder hin: Erstens sei die Kom- Eine Verstetigung bestehender MINT-Förderprogramme munikation in digitalen Netzwerken nicht nur für Kol- ist wichtig, um nicht nur bestehende Zugangsbarrieren leg*innen, sondern auch für Führungskräfte nachzu- und die geringe Präsenz von Frauen in der Digitalwirt- verfolgen. Dies kann zu Unwillen führen, sich zu äu- schaft, sondern auch bestehende Geschlechterstereoty- ßern. Dabei ist zu vermuten, dass dies Minderheiten pe abzubauen. Die Sachverständigenkommission emp- in besonderem Maße betrifft, wozu in der Digitalbran- fiehlt den Bundesländern, entsprechende Programme che auch Frauen gehören. Zweitens könne es zu einer auszuweiten und auf den Bereich der frühen Bildung Überforderung kommen: Neue und sich fortwährend auszudehnen.

47 Die Sachverständigenkommission spricht sich darüber Zudem soll geprüft werden, welche partizipativen und hinaus für die nachhaltige Förderung von Programmen geschlechtergerechten Einführungsprozesse für unter- aus, die die Vermittlung fachbezogener IT-Kompeten- nehmensinterne digitale Netzwerke genutzt werden zen in Berufsschulen und Schulen mit Gender- und Di- können. Ebenso gilt es zu prüfen, wie alle Beschäftig- versity-Kompetenz verknüpfen. Für die Schulen sollte ten durch Trainings und langfristige Lernprozesse auf die Strategie der Kultusministerkonferenz Bildung in der eine wesentlich sichtbarere interne Kommunikation digitalen Welt um den Baustein der Genderkompetenz vorbereitet werden können. erweitert werden (vgl. dazu genauer Kapitel B.III.2). Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) sollte Gen- Landesunternehmen und Behörden als Vorreiter der- und Diversity-Kompetenzen bei der Entwicklung des Ansatzes fix the company etablieren bestehender und neuer IT-Berufe als Bestandteil in die Der IKT-Bereich spielt bei landeseigenen Unterneh- Ausbildungspläne aufnehmen. men und in Landes- und Bundesbehörden eine immer größere Rolle. Eine geschlechtergerechte Arbeits- und Zudem empfiehlt die Sachverständigenkommission, die Organisationskultur müsste dort aktiv gefördert und Wirkung der Kombination aus Mono- und Koedukation gestaltet werden – und so Vorbildcharakter haben. Die an Hochschulen und Berufsschulen wissenschaftlich zu Sachverständigenkommission empfiehlt der Bundesre- bearbeiten und entsprechende Angebote für Studium gierung sowie den Bundesländern, geschlechtergerechte und Unterricht zu entwickeln. Arbeits- und Organisationspraktiken im IKT-Bereich der Landesunternehmen und Behörden zu entwickeln Geschlechtergerechte agile Methoden entwickeln und umzusetzen. und umsetzen Die Sachverständigenkommission empfiehlt die Ent- wicklung einer geschlechtergerechten agilen Methode im Rahmen eines Modellprojektes; diese Methode soll mit Praxispartner*innen nicht nur der Digitalwirtschaft, sondern auch der digitalisierten Wirtschaft getestet und evaluiert werden. Zu diesem Zwecke empfiehlt die Sachverständigenkommission, in agilen Methoden die Rolle eines „Gender-Diversity-Masters“ einzurichten.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt der IKT- Branche, agile Methoden mit partizipativen Technikge- staltungsansätzen (beispielsweise GERD) zu verschrän- ken; im Projektmanagement der Digitalwirtschaft, den agilen Methoden, sieht sie nur dann die Möglichkeit einer geschlechtergerechten, inklusiven und partizi- pativen Gestaltungsmacht gegeben, wenn der Einsatz mit partizipativen Technikgestaltungsansätzen ver- schränkt wird.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt sowohl privaten Anbietern als auch der Industrie- und Han- delskammer, bei Zertifizierungslehrgängen, die sie im Bereich der agilen Methoden anbieten, verpflichtend ein Modul zu Gender- und Diversity-Kompetenzen einzubauen.

Neue Kommunikationswege in Betrieben partizipa- tiv gestalten Die Sachverständigenkommission macht auf die ge- schlechtsbezogenen Risiken innerbetrieblicher Kom- munikationsplattformen aufmerksam und stellt dazu eine Leerstelle in der Forschungslandschaft fest. Diese Lücke gilt es zu schließen.

48 Digitalbranche B.I Digitalisierungsbezogene Gründungen 3

3. Digitalisierungsbezogene der einen Abschluss in Informatik, Computer Science oder Mathematik, bei den Gründerinnen sind es ledig- Gründungen lich 3,6 %. Ähnlich verhält es sich in den Ingenieur- wissenschaften: Dort haben 20,4 % der Gründer einen 3. 1 Ausgangslage entsprechenden Abschluss gegenüber 10,2 % der Grün- derinnen. In den Naturwissenschaften ist die Differenz Unternehmensgründungen werden von der Politik weniger groß (13,5 % versus 8,5 %). oft als zentraler Wachstumsmotor angesehen (BMWi 2019). Unternehmerische Tätigkeit bezeichnet die „Wert- Schon die Datenlage zum Geschlechterverhältnis unter schöpfung im Rahmen der Schaffung oder Ausweitung Gründer*innen allgemein ist begrenzt (Gather et al. 2017), einer Wirtschaftstätigkeit durch die Ermittlung und im Bereich der digitalisierungsbezogenen Gründungen Nutzung des Potenzials neuer Produkte, Prozesse oder ist sie kaum vorhanden: Bonin et al. (2020: 23) berech- Märkte“ (OECD/Europäische Union 2016: 18). Die im neten, dass 4,4 % der in der IKT-Branche arbeitenden Rahmen der Digitalisierung entwickelten Technologien Frauen Selbstständige sind; für Männer beträgt dieser ermöglichen eine neue und beschleunigte Form von Wert 8,8 % (ebd.). Eine ZEW-Sonderauswertung zeigt, Wertschöpfungsprozessen (Nambisan 2017; Kollmann dass lediglich knapp 5 % derer, die in der Hightechbran- 2020). Damit verbunden sind neue Potenziale für Unter- che federführend gründen, Frauen sind (Michler 2016). nehmensgründungen in allen Branchen. Bei allen Gründungen lag der Frauenanteil im Jahr 2019 dagegen bei 35,5 % (Metzger 2020: 11). Erste empirische Die Sachverständigenkommission für den Dritten Erkenntnisse zu den Rahmenbedingungen im Bereich der Gleichstellungsbericht richtet ihren Blick explizit auf digitalisierungsbezogenen Gründungen liefert der bereits digitalisierungsbezogene Unternehmensgründungen, erwähnte jährliche FFM; er beruht auf Befragungen im d. h. auf Unternehmensgründungen, die sich auf rein Rahmen des Deutschen Startup Monitors (DSM), der vom digitale Produktionsprozesse beziehen und auf Grün- Bundesverband Deutsche Startups herausgegeben wird. der*innen, die sich digitaler Technologien bedienen, um Start-ups sind „zum Sinnbild der ‚digitalen Disruption‘ und gegebene Geschäftsmodelle in bestehenden Industrien des modernen Wirtschaftslebens geworden. Sie sind es, zu ergänzen oder aber obsolet zu machen. Es handelt die Markte umkrempeln und von denen Innovationen sich hierbei um Gründungen in der Digitalbranche und ausgehen, die Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft in der digitalen Wirtschaft. Beispiele für Gründungen haben (z. B. auf die Alltagskommunikation)“ (Schild- sind: Unternehmen, die Apps entwerfen; digitale Platt- mann 2018: 8). Die gängige Definition eines Start-ups formen, die Grafikprofis mit Kund*innen zusammen- beschreibt ein Unternehmen, das jünger als zehn Jahre bringen; Unternehmen, deren Produkte auf KI setzen ist, mit seiner Technologie und/oder seinem Geschäfts- oder Servicerobotik anbieten; Social-Media-Agenturen, modell, seinen Produkten und Dienstleistungen (hoch-) die Big-Data-Analysen oder Influencer*innenmarketing innovativ ist und/oder dessen Beschäftigtenzahl und in ihrem Portfolio haben. Umsatz auf starkes Wachstum ausgelegt ist (Kollmann et al. 2020: 12, siehe auch Nambisan 2017). Zwei Drittel Die Förderung gleichberechtigter digitalisierungsbezo- der im Rahmen des DSM befragten Start-ups haben ein gener Unternehmensgründungen bedeutet die Förde- rein digitales Geschaftsmodell; d. h. beispielsweise, dass rung der gleichberechtigten Gestaltung des digitalen die Vermittlung von Dienstleistungen an Kund*innen Transformationsprozesses in der Gesellschaft. Nach den ausschließlich online erfolgt. Start-ups werden häufig bisherigen Erkenntnissen sind selbstständige Frauen in Teams gegründet und haben durchschnittlich ca. 14 „eher im Dienstleistungs-Sektor sowie in frauentypi- Beschäftigte (Kollmann et al. 2020: 24 f.). schen Bildungs- und Gesundheitsberufen mit geringen Ertragschancen und Einnahmen, männliche Selbst- Die Befunde des FFM ergeben, dass Frauen bei Start-up- ständige dagegen in Wirtschaftszweigen mit besseren Gründungen deutlich unterrepräsentiert sind: 15,7 % Einkommenschancen, zum Beispiel im MINT-Bereich, der deutschen Start-ups werden von Frauen und 84,3 % erwerbstätig“ (Trenkmann 2017: 101). Die Digitalbran- von Männern gegründet (Bundesverband Deutsche Start- che, die mit dem MINT-Bereich eng verbunden ist, weist ups 2020a: 14). Während Männer überwiegend im Team demnach auch bei Selbstständigen vergeschlechtlichte gründen, bauen Frauen ihre Start-ups vornehmlich allein Strukturen auf (dasselbe gilt für abhängig Beschäftigte, auf (Bundesverband Deutsche Startups 2020a: 34). Rei- vgl. Kapitel B.I.2): 2018 wurden in den Informatik, In- ne Frauen-Start-ups beschäftigen weniger Personal, als formations- und Kommunikationstechnologieberufen dies bei männlich geführten Start-ups der Fall ist (ebd.; 7.000 selbstständige Frauen und 80.000 selbstständige siehe auch Bundesverband Deutsche Startups 2019: 33). Männer ermittelt (Bonin et al. 2020: 22). Nach den Daten des Female Founders Monitor (FFM) (Bundesverband Insgesamt ist auf einige Leerstellen und eine verzerrte Deutsche Startups 2020a: 23) haben 17,9 % der Grün- Datenlage hinzuweisen. Erstens umfasst die Reichwei-

49 te der Interviewten, auf die sich der FFM bezieht, ledig- dies stellt eine geschlechtsbezogene Leerstelle dar, zu- lich das Umfeld der DSM-Netzwerkpartnerschaft; somit mal jede zweite Gründerin eines Start-ups ihre Zielset- handelt es sich nicht um eine repräsentative Befragung. zung an sozialen Dimensionen ausrichtet (Bundesver- Zweitens werden in dieser Befragung per Definition alle band Deutsche Startups 2019: 23). Schließlich kommt, soloselbstständigen Start-up-Gründer*innen nicht be- fünftens, hinzu, dass sich nur 9 % der befragten Grün- rücksichtigt (Kollmann et al. 2020: 64). Gerade Frauen derinnenteams der Digitalbranche zuordnen, bei den aber sind unter den Soloselbstständigen stark vertreten Männerteams liegt dieser Wert bei knapp 36 % (Bun- (Martinez Dy et al. 2018). Kay und Welter (2021) be- desverband Deutsche Startups 2020a: 35) – wobei die rechnen anhand von Daten aus dem Mikrozensus, dass persönliche Zuordnung nicht als objektives Maß für ein Drittel aller Selbstständigen Frauen sind – und fast eine statistische Einordnung gelten kann. zwei Drittel davon Soloselbstständige. Drittens ist der bisherige Innovationsbegriff rein technologisch aus- Eine umfängliche und geschlechtsbezogene Erhebung gerichtet. Start-ups, die im Feld der soziotechnischen und Analyse der Start-up-Landschaft ist eine weitgehen- Innovationen verortet werden können, tauchen in den de Leerstelle in der Forschung, dies gilt erst recht aus Daten folglich nicht auf. Zudem werden, viertens, Um- einer intersektionalen Perspektive. satz- und/oder Beschäftigtenwachstum als Zielgrößen definiert – d. h., ökonomische Ziele werden betont –, während weitere Ziele wie soziale oder ökologische 3. 2 Analyse Nachhaltigkeit keine Berücksichtigung finden. Auch Die Sachverständigenkommission knüpft an die Fest- stellung aus dem Zweiten Gleichstellungsbericht an, Corona im Fokus dass Soloselbstständigkeit und Selbstständigkeit ge- In einer Umfrage zum FFM wurden 155 Gründe- nerell eine gleichstellungspolitische Herausforderung rinnen zu den Auswirkungen der Coronakrise sind (Bundesregierung 2017). Zu den strukturellen Bar- befragt: Knapp 70 % der Gründerinnen vermel- rieren zählen die fehlende oder mangelhafte soziale deten negative Auswirkungen der Pandemie auf Absicherung Soloselbstständiger, der Einfluss von Ge- ihr Geschäft (Bundesverband Deutsche Start- schlechterstereotypen und fehlende Möglichkeiten der ups 2020b: 4); ebenfalls knapp 70 % rechneten Vereinbarkeit von Beruf und Familie – Barrieren, die mit keiner Verbesserung oder sogar mit einer auch für Selbstständige in der Digitalbranche und in Verschlechterung der Chancen von Frauen im der digitalen Wirtschaft zutreffen. Was die soziale Ab- Start-up-Sektor im Vergleich zu der Zeit vor der sicherung betrifft, wird seit der Neuregelung im Jahr Pandemie (ebd.: 8). Umsatzrückgänge, Verzöge- 2018 zwar Mutterschaftsgeld gewährt, allerdings nur rungen bei Aufträgen und der Ausfall von Ver- für die sehr kleine Gruppe von Frauen, die als arbeit- anstaltungen wurden als die größeren Heraus- nehmer*innen-ähnliche Selbstständige gelten (d. h., forderungen benannt. die nur für eine*n Auftraggeber*in arbeiten).

Eine knappe Mehrheit der Gründerinnen Hinzu kommen Herausforderungen, die sich aus den Spe- (53,8 %) erwartete von dem pandemiebeding- zifika der Digitalbranche sowie der digitalen Wirtschaft ten Digitalisierungsschub allerdings einen In- ergeben. Digitalisierungsbezogene Unternehmensgrün- novationsschub in ihrer jeweiligen Branche, dungen sind in ein sogenanntes Start-up-Ökosystem was sie optimistisch stimme (ebd.: 6). Die Ein- eingebettet; darunter wird das Umfeld verstanden, in- schätzung von Gründerinnen mit Kind fällt ne- nerhalb dessen sich unternehmerisches Handeln ent- gativer aus (ebd.: 8). wickelt. Neben den Start-ups selbst besteht ein Start- up-Ökosystem aus zahlreichen weiteren Akteur*innen: Die Sachverständigenkommission geht davon unternehmerischen Organisationen (beispielsweise aus, dass die Möglichkeit der Unternehmensgrün- Unternehmen mit Open-Innovation-Programmen; Uni- dung für viele Frauen eine wichtige Alternative versitäten, die Start-ups fördern; Kapitalgeber*innen; für den Einkommenserwerb werden könnte, soll- Organisator*innen von Veranstaltungen wie Pitch-Days ten Frauen überproportional ihre Arbeit verlie- oder Meet-ups); staatlichen Einrichtungen (beispiels- ren und/oder in der Zeit nach Corona schwerer weise staatlichen Förderprogrammen); zivilgesellschaft- als Männer eine reguläre Anstellung finden. Zu lichen Organisationen (beispielsweise Stiftungen und vermuten ist, dass diese Gründungen v. a. in die Verbände). Das Zusammenspiel dieser Akteur*innen ge- (digitale) Soloselbstständigkeit führen werden. staltet das Umfeld der Gründer*innen und beeinflusst, Mit einem Anstieg an „Notgründungen“ nach welche Ressourcen ihnen zur Verfügung und welche Ent- der Krise ist durchaus zu rechnen. wicklungsmöglichkeiten ihnen offenstehen. Zugleich sind Start-up-Ökosysteme von den normativen Vorstel-

50 Digitalbranche B.I Digitalisierungsbezogene Gründungen 3

lungen der Akteur*innen in diesem Gründungsumfeld Start-up-Ökosystem durchaus auch für den deutschen geprägt, einem Umfeld, das stark männlich konnotiert Kontext gelten könnten. Die befragten Gründer*in- ist (Brush et al. 2019; Euler et al. 2020; Isenberg 2014; nen der Digitalwirtschaft und der digitalen Wirtschaft Brown/Mason 2017; Mangematin et al. 2014). wiesen existierende Geschlechterstereotype sowie einen Mangel an Vorbildern als große Hürden aus. Als Wünsche wurden u. a. eine höhere Sichtbarkeit und 3. 2. 1 Persistenz der geschlechtsbezogenen intensivere Medienberichterstattung über Unterneh- Stereotype in digitalen unter- merinnen genannt (ebd.). nehmerischen Kontexten

Der Gründungsakt in allen Branchen ist der Forschung 3. 2. 2 Gründungsmotive und Einkommen aus zufolge eher männlich konnotiert: Studien zu Unter- Geschlechterperspektive nehmensgründungen weisen auf die Persistenz und Reproduktion des männlichen Stereotyps hin (Lee/ Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammen- Huang 2018; Malmström et al 2017; Welter 2020; Ahl arbeit und Entwicklung (OECD) und der EU (2017: 10) 2006; Hughes et al. 2012). Erfolgreiche Unternehmens- zeigen, dass selbstständige Männer in einigen Ländern gründungen werden in einer Befragung von Andres et mehr als das Doppelte dessen verdienten, was selbststän- al. (2020) mit männlich assoziierten Eigenschaften wie dige Frauen verdienten, was u. a. mit dem Wirtschafts- „sehr selbstbewusst, durchsetzungsstark, risikobereit, zweig, den Arbeitsstunden, aber auch den Beweggrün- zielorientiert und auch egoistisch“ (ebd.: 22–23) in Ver- den für die Gründung zusammenhänge. bindung gebracht (Gupta et al. 2009; Laguía et al. 2019). Stereotype Zuweisungen an Frauen wie „kreativ, kon- Weltweit gilt für Frauen, dass sie ein Unternehmen häu- taktfreudig, selbstkritisch sowie unterstützend und ein- fig deshalb gründen, weil sie keine anderen Optionen fühlsam“ (Andres et al. 2020: 22) deckten sich hingegen haben, ihre Grundversorgung und die ihrer Familien nicht mit den angenommenen Eigenschaften einer er- sicherzustellen (Vivarelli 2013; GERA 2017; OECD/ folgreichen Gründungspersönlichkeit. Ähnlich bewer- Europäische Union 2017). Insbesondere Soloselbst- ten dies Birkner und Friedrich (2020: 382): Der geringe ständigkeit dient der Einkommensgenerierung; solche Anteil an Frauen unter denen, die gründen, liege auch Gründungen sind aufgrund ihrer Rahmenbedingungen an „der weiterhin dominanten Idee von ‚gutem Unter- sehr prekär (Martinez Dy et al 2018; Güney-Frahm 2018). nehmertum‘ […], in dem sich Frauen einfach nicht wie- Für den Start-up-Bereich zeigt sich in Deutschland, dass derfinden und damit irgendwie ‚zwischen den Stühlen‘ nahezu doppelt so viele Frauen wie Männer aus einer hängen“; dasselbe gelte für Männer, die sich von dieser finanziellen Notwendigkeit/-lage, beispielsweise Arbeits- Norm nicht angesprochen fühlten. losigkeit, heraus gründen (Bundesverband Deutsche Startups 2019: 22). Das Erreichen von Wohlstand spielt Der Idealtyp des stereotyp männlichen Unternehmers bei den befragten Gründerinnen eine kleinere Rolle als ist in der Digitalbranche und der digitalen Wirtschaft bei den befragten Gründern (Bundesverband Deutsche besonders prominent, u. a., weil er seinen Ursprung Startups 2019). im von Risikokapital befeuerten Silicon-Valley-Mo- dell hat. Dieses Modell ist auf die rasche Skalierung Der Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von Er- mithilfe von Risikokapital ausgerichtet (Lam/Seidel werbs- und Sorgearbeit kann Frauen ebenfalls veranlas- 2020; Kenney/Zysman 2019; Morozov 2014; Mundy sen zu gründen, wie bereits ausführlich in der Expertise 2017). Bei dem Modell in seiner idealtypischen Form von Gather et al. (2017: 39 ff.) für den Zweiten Gleich- wird Technologie als neutrales und universelles Ins- stellungsbericht diskutiert wurde. Dieser Befund sollte trument verstanden – und nicht als soziotechnische allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, dass und damit gestaltbare und gestaltungsbedürftige Tech- Selbstständigkeit Vereinbarkeit garantierte (vgl. hierzu nik. Eine erfolgreiche Gründung wird in diesem Rah- auch Kapitel B.III.4) – im Gegenteil: Birkner et al. (2020: men mit einer aggressiven Vorgehensweise und einer 26) kommen zu dem Schluss, dass die Vereinbarkeit von Fokussierung auf schnelles Wachstum assoziiert und Sorge- und selbstständiger Erwerbsarbeit eine besondere weniger mit dem nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg Herausforderung darstellt. des Unternehmens (Harrison et al. 2020; Lam/Seidel 2020; Kenney/Zysman 2019). Die Forschung zu Gründer*innen hebt neben den Grün- dungsmotiven die unterschiedlichen Verhaltensweisen Die genannten Studien beziehen sich nicht auf Deutsch- von Männern und Frauen hervor. Vielfach wird betont, land. Die explorative Studie von Gegenhuber et al. dass Gründerinnen risikoavers seien und risikoscheues (2020) deutet allerdings darauf hin, dass die vorhan- Verhalten das Einkommen negativ beeinflusse (Bode denen Erkenntnisse zu Geschlechterstereotypen im 2019). Strukturelle Ursachen werden in der bisherigen

51 Forschung hingegen kaum untersucht. Bode (2019) stützen: 22 % der Männerteams erhalten Kapital aus zeigt bespielsweise, dass Unternehmerinnen durch ihre einer solchen Quelle, gegenüber knapp 10 % der Frauen- Kund*innen diskriminiert werden, insofern deren Preis- teams. Ähnliches gilt für Risikokapital (17 % der Män- vorstellungen auf der Annahme beruht, dass Unterneh- nerteams, 8 % der Frauenteams) und für Inkubatoren merinnen ihre Dienstleistungen zu einem geringeren (13,3 % der Männerteams, 8,7 % der Frauenteams). Auch Preis anbieten müssten als Unternehmer. bei staatlichen Fördermitteln liegen Männerteams mit knapp 36 % gegenüber Frauenteams (21 %) klar vorne. Internationale Studien, die allerdings nicht die Digital- (Bundesverband Deutsche Startups 2019: 38) branche fokussieren, kommen zu dem Ergebnis, dass Gründungen von Frauen eine höhere Überlebensquo- Auf der anderen Seite ist der Crowdfunding-Anteil unter te aufweisen und finanziell nachhaltiger sind (OECD/ Frauenteams mit 6,1 % höher als unter Männerteams Europäische Union 2016: 9; Abouzahr et al. 2018). Dies (2,3 %) (ebd.; vgl. dazu auch Olteanu 2020). Es gibt zwei dürfte auch damit zusammenhängen, dass Frauen von Arten von Crowdfunding: Crowdfunding, bei dem An- vorneherein eine ökonomisch nachhaltigere Gründung teile oder Kredite an Start-ups oder Unternehmen ver- anstreben Birkner et al. (2020). geben werden, und spendenbasiertes Crowdfunding (bei letzterem erhalten die unterstützenden Personen der Was die Gründungsmotive in der Digitalwirtschaft be- Kampagne unter Umständen ein Dankeschön, ein Pro- trifft, spielen bei Frauen, die Start-ups gründen, sozia- dukt oder eine andere Gegenleistung). In Forschungen le Themen eine größere Rolle als bei Gründern. Circa zu Kickstarter, der weltweit größten Plattform für spen- zwei Drittel der Gründerinnen geben wirtschaftlichen denbasiertes Crowdfunding, deutet sich an, dass Frauen Erfolg als Gründungsmotiv an, bei den Gründern sind eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bei entsprechen- es drei Viertel. Umgekehrt verhält es sich bei Social den Kampagnen haben, insbesondere in Bereichen, in Entrepreneurship: Die Hälfte der Gründerinnen ord- denen sie benachteiligt sind (Greenberg/Mollick 2016). net sich diesem Bereich zu, bei den Gründern sind es nur ein Drittel. Aus diesen Zahlen lässt sich ablei- Insgesamt ist festzustellen, dass Gründerinnen „sehr ten, dass sich im Durchschnitt Gründerinnen stärker häufig auf eine Mischung verschiedener Finanzierungs- als ihre Gründungskollegen auf die Behebung gesell- quellen zurückgreifen“ Birkner et al. (2020: 17), aber im schaftlicher Problemlagen konzentrieren und mehr Vergleich zu Gründern stärker auf individuelle Ver- Wert darauf legen, mit ihren Start-ups einen Beitrag schuldung und Ersparnisse setzen (müssen). Bei der Fi- zum Gemeinwesen zu leisten (Bundesverband Deut- nanzierung von Start-up-Gründungen mittels Business sche Startups 2019; Birkner et al. (2020)). Die Motive, Angels, Venture Capital und staatlichen Fördermitteln die viele Gründerinnen antreiben, bilden somit eine bestehen geschlechtsbezogene Zugangsbarrieren. Kontrastfolie zum Silicon-Valley-Modell. In anderen Worten: Die gleichberechtigte Teilhabe von Grün- Malmström, Johansson und Wincent (2017) liefern in ei- der*innen in der Digitalbranche bringt deutlich über ner Studie zu Finanzierungsentscheidungen eines schwe- die Branche hinausreichende Chancen für unser Ge- dischen staatlichen Risikokapitalfonds Erklärungen für meinwesen mit sich. die geschlechtsbezogenen Zugangsbarrieren zu Grün- dungskapital: Aufgrund bestehender Geschlechterste- reotype finde eine systematische Ungleichbehandlung 3. 2. 3 Zugang zu und Erwerb von von männlichen und weiblichen Personen, die gründen, Gründungskapital statt. Dass der Idealtypus des Gründers ein Mann sei, zeige sich etwa darin, dass das Entscheidungsgremium Die Finanzierung und der Zugang zu Kapital sind bei Männer mit Titeln wie Unternehmer, Geschäftsmann, Gründungen besonders wichtig. Laut OECD und EU Innovator, Erfinder versehe, während dies bei Frauen (2017:14) geben in Deutschland Männer 1,5-mal häufiger kaum vorkomme (ebd.: 15). Studien zeigen außerdem, als Frauen an, Zugang zu Gründungskapital zu haben. dass Gründerinnen stärker auf mögliche Herausforde- rungen im Gründungsprozess befragt wurden – bis hin Der FFM (2019) vergleicht geschlechtsbezogene Unter- zu Fragen zum Kinderwunsch oder zu der Vereinbarkeit schiede in der Finanzierung: Demnach setzen Frau- von Erwerbs- und Sorgearbeit (vgl. u. a. Kanze et al. 2017). enteams deutlich häufiger Kapital von Familie und Freund*innen ein (45 % gegenüber 30 % bei Männer- Eine explorative Studie von Gegenhuber und Krüger (2020) teams) und greifen etwas häufiger auf eigene Erspar- kommt zu dem Ergebnis, dass es in der Förderlandschaft an nisse zurück (84% gegenüber 80%). Männer erhalten Maßnahmen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit hingegen deutlich häufiger Finanzmittel durch soge- mangele: Gleichstellungskonzepte, auch für die Besetzung nannte Business Angels, also Geschäftsleute oder In- von Entscheidungsgremien, fehlten. Die meisten der in der vestor*innen, die sie mit Kapital und Know-how unter- Studie befragten Programmmitarbeitenden gaben an, dass

52 Digitalbranche B.I Digitalisierungsbezogene Gründungen 3

sie sich bei den Förderkriterien nicht am Geschlecht derer, UN-Nachhaltigkeitsziele einher, das wirtschaftliche, so- die den Antrag stellen, sondern an der Qualität des Antrags ziale und ökologische Werte verknüpft und dabei gleiche orientierten – woran sich diese Erfolgskriterien bemessen, Verwirklichungschancen unabhängig von Geschlecht sei häufig unklar (ebd.). Gegenhuber und Krüger weisen einschließt. Die Stärkung eines solchen geschlechtsbe- darauf hin, dass die Vergleichbarkeit der gewonnenen Daten zogenen und nachhaltigen Innovationsbegriffs macht limitiert sei; so komme es vor, dass geschlechtsbezogene weibliche Gründungsaktivitäten sichtbarer. Daten nicht erfasst würden, etwa wenn Organisationen Antragstellerinnen waren (in diesem Fall würden Daten Notwendig ist aus Sicht der Sachverständigenkommis- wie die Geschlechterverteilung der Geschäftsführung sion eine von der Bundesregierung angestoßene zivilge- nicht systematisch erhoben). Die Förderquoten belegten, sellschaftliche Debatte mit Unternehmen, Wissenschaft dass Bewerber und Unternehmer in der Mehrheit sind und und Verbänden darüber, was in diesem Kontext unter Parität weit entfernt sei (ebd.). Um bundesweit gleichstel- Innovation zu verstehen ist. Eingeleitet werden kann lungsfördernde Maßnahmen und Top-Down-Prozesse an- dieser Diskussionsprozess beispielsweise durch die Ex- zustoßen, sei es unvermeidlich, eine einheitliche Erfassung pert*innenkommission „Forschung und Innovation“ dieser Daten vorzuschreiben. unter Einbezug der Expertise der Geschlechterforschung.

Die Sachverständigenkommission schlägt die Etablie- 3. 3 Handlungsempfehlungen rung des nationalen Aktionsplans Soziotechnischer Inno- vationsstandort Deutschland vor. Wenn Deutschland und Das Geschlechterverhältnis bei Gründungen in der Di- Europa eine eigenständige Zukunftsstrategie Digitalisie- gitalbranche und in der digitalen Wirtschaft ist keines- rung etablieren wollen, die sich von dem amerikanischen wegs ausgewogen, die Sachverständigenkommission at- Silicon Valley und dem chinesischen Modell absetzt, ist testiert geschlechtsbezogene Zugangsbarrieren. Frauen ein neues Verständnis von Innovationen nötig, das mit ei- haben seltener einen technischen Studienhintergrund nem gleichberechtigteren Bild digitalisierungsbezogener und sind auch deshalb in der Digitalbranche unterre- Unternehmensgründungen einhergeht. Die Etablierung präsentiert. Sie verfolgen bei der Gründung tendenziell eines soziotechnischen Innovationsverständnisses baut andere Motive als Gründer: Neben ökonomischen sind herrschende Geschlechterstereotype und damit auch ge- es v. a. auch soziale Motive, die Frauen antreiben, ein schlechtsbezogene Zugangsbarrieren ab. Umgekehrt kann Unternehmen zu gründen. Die Finanzierung stellt v. a. der Einbezug der Geschlechterdimension innovativ wir- Gründerinnen vor Herausforderungen. Aus der Ana- ken, wie das Projekt „Gendered Innovations“ der Stanford lyse leiten sich folgende Handlungsempfehlungen ab. University mit zahlreichen Fallstudien und Best Practices aus dem MINT-Bereich belegt (siehe auch Kapitel B.I.1). Daten zu digitalisierungsbezogenen Unternehmens- gründungen systematisch erfassen und auswerten Koordinierte Unterstützungsangebote aufbauen, Die Datenlage zu digitalisierungsbezogenen Unterneh- etablieren und erweitern mensgründungen als Grundlage für eine evidenzbasierte Es gibt bereits Programme und Organisationen, die ge- Politik ist in Deutschland unzureichend. Es braucht eine zielt Gründerinnen fördern. Bisher variieren bestehen- systematische Erfassung und Auswertung geschlechtsbe- de Unterstützungsprogramme jedoch von Bundesland zogener Daten für die Digitalbranche und für die digitale zu Bundesland und zwischen Bundesländern und Bund. Wirtschaft, auch aus intersektionaler Perspektive. Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bundes- Forschung zu Soloselbstständigkeit von Frauen in der regierung sowie den Bundesländern den Aufbau einer Digitalbranche und in der digitalen Wirtschaft fördern umfassenden und koordinierten Förderstrategie, um ge- Notwendig ist weitere Forschung zur Soloselbstständig- schlechtsbezogene Barrieren für digitalisierungsbezogene keit von Frauen sowie marginalisierter Gruppen in der Unternehmensgründungen abzubauen und erfolgreiche Digitalbranche und in der digitalen Wirtschaft. Bisher Gründungen zu ermöglichen. Hierbei sollten v. a. die gibt es hierzu keine belastbaren und verallgemeinerba- Förderungs- und Trainingsangebote für Gründerinnen ren Erkenntnisse. erweitert werden. Veranstaltungen wie Frauenwirtschafts- tage, Female Founders Days, Female Founders Nights oder Nationalen Aktionsplan Soziotechnischer Innovati- Female-Accelerator-Programme ermöglichen Gründerin- onsstandort Deutschland entwickeln nen, sich zu vernetzen. Eine weitere wichtige Maßnahme Die Sachverständigenkommission empfiehlt, technolo- ist der Aufbau und die Pflege einer Mentor*innen-Platt- gische Innovation nicht als neutrales und universelles form, um den Frauenanteil in der Branche zu erhöhen. Instrument zu verstehen, sondern als gestaltbare und ge- staltungsbedürftige soziotechnische Innovation. Damit Bei der Ausgestaltung der Unterstützungsprogramme ist geht ein Verständnis von Nachhaltigkeit im Sinne der die systematische Einbindung gemeinwohlorientierter

53 Initiativen zu empfehlen, beispielsweise von Coding Sichtbarkeit durch Kampagnen und Veranstaltungen Communities, die den Anspruch einer geschlechterge- erhöhen und Netzwerkbildung stärken rechten, inklusiven Coding-Kultur verfolgen. Ein Bei- Kampagnen, Veranstaltungen und Netzwerke erhöhen spiel ist Code Curious; die Initiative vermittelt durch die Sichtbarkeit von Gründerinnen in der Digitalbranche informelles und soziales Lernen Programmierkenntnis- und in der digitalen Wirtschaft und wirken Geschlechter- se an Frauen, nichtbinäre und Transpersonen ohne Vor- stereotypen entgegen. Hier tauschen sich Gründer*in- kenntnisse und unterstützt damit den Quereinstieg in nen über Erfahrungen aus, betreiben Netzwerkbildung die Digitalwirtschaft und in die digitale Wirtschaft. Die und stellen ihr Know-how zur Verfügung. Positiv sind in Sachverständigenkommission schlägt ein proaktives diesem Zusammenhang die Aktivitäten der vom BMBF, Förderungs- und Unterstützungsangebot vor, um aus BMFSFJ, BMWi und dem ESF gefördeten bundesweiten entsprechenden Vereinen und Initiativen potenzielle gründerinnenagentur (bga). Die bga ist ein deutschland- Gründerinnen zu rekrutieren und für Gründer*innen- weit arbeitendes Kompetenz- und Servicezentrum zur netzwerke zu mobilisieren. unternehmerischen Selbstständigkeit von Frauen, u.a. für alle Phasen der Existenzgründung, die allerdings Geschlechtergerechte Förderprogramme aufsetzen branchenübergreifend arbeitet. Die positiven Effekte Ein gleichberechtigter Zugang zu Gründungskapital muss von Erfahrungsaustausch und Unterstützung in Grün- gewährleistet werden. derinnennetzwerken sind aber besonders deutlich, wenn sich Gründerinnen aus ähnlichen Bereichen mit ähn- Dazu empfiehlt die Sachverständigenkommission die lichen Herausforderungen zusammenfinden; daher ist Evaluation bestehender öffentlicher Förderprogram- eine branchenspezifische Vernetzung von Gründerin- me. Die Vergabeverfahren sollten aus Geschlechterper- nen aus der Digitalbranche und der digitalen Wirtschaft spektive evaluiert sowie einer geschlechtsbezogenen wichtig. Die Sachverständigenkommission empfiehlt die Wirkungsanalyse unterzogen werden. Zudem bedarf es branchenspezifische Stärkung der Vernetzung digitali- einer systematischen geschlechtsbezogenen Erfassung sierungsbezogener Unternehmensgründungen durch und Auswertung der Mittelvergabe und einer Veröffent- die Einbindung hierfür relevanter Akteur*innen wie lichung der Auswertungen. Auf dieser Grundlage können beispielsweise Gründungszentren, Förderprogramme, gleichstellungsorientierte Richtlinien entwickelt werden, Hochschulen und Inkubatoren. die auch Quotenregelungen bei der Vergabe von Förder- mitteln vorsehen. Es muss gewährleistet werden, dass Programme, die das Ziel der Sichtbarkeit und Netzwerkbildung von Grün- Ein gleichstellungsorientiertes Vergabeverfahren ist zu derinnen verfolgen, kontinuierlich evaluiert werden. prüfen und umzusetzen. Für die Entwicklung der enspre- chenden Auswahlverfahren muss die Expertise von Grün- Analoge Räume für digitalisierungsbezogene Grün- derinnennetzwerken, bestehenden geschlechtergerechten dungen geschlechtergerecht gestalten und inklusiven Förderprogrammen und Acceleratoren Co-Working-Spaces oder ähnliche Arrangements sind eingeholt werden. Zudem gilt es, die Genderkompetenz ein physischer Baustein zahlreicher Start-up-Zentren, der Mitarbeitenden der Förderprogramme zu schulen. Campusse, Acceleratoren und Innovationshubs. Der Um eine geschlechtergerechte Gestaltungsmacht in der physische Arbeits- und Vernetzungsraum stellt eine digitalisierungsbezogenen Gründungslandschaft zu ge- wichtige Infrastruktur für digitalisierungsbezogene währleisten, muss aus Sicht der Sachverständigenkom- Unternehmensgründungen dar. Im Einklang mit dem mission zudem der Frauenanteil in den Entscheidungs- Ansatz gleicher Verwirklichungschancen gibt es einige gremien der Förderprogramme erhöht werden. Die Sach- Co-Working-Spaces, die Kinderbetreuung integrieren; verständigenkommission empfiehlt eine verpflichtende ein Beispiel ist das Projekt „Coworkingtoddler“, das vom paritätische Besetzung öffentlicher Förderprogramme BMWi gefördert wird. Als Reaktion auf männerdomi- und eine Selbstverpflichtung privater Förderprogramme. nierte Organisationskulturen in Co-Working-Spaces etablierten sich zudem einige Co-Working-Spaces, die Die Sachverständigenkommission empfiehlt zudem, För- nur Frauen aufnehmen. derprogramme aufzusetzen, die explizit für Gründerin- nen in der Digitalbranche und in der digitalen Wirtschaft Die Sachverständigenkommission empfiehlt: Wenn bei ausgelegt sind. Dabei sollen sowohl öffentliche als auch der Gründung von Co-Working-Spaces oder Vergleich- private Investor*innen eingebunden werden. barem öffentliche Mittel (auf Bund-, Landes- oder Kom- munalebene) verwendet werden, muss eine Betreuungs- Schließlich ist der Aufbau von Investorinnennetzwerken infrastruktur eingeplant und umgesetzt werden, um die zu empfehlen. Einige Netzwerke, die Frauen als Risiko- bessere Vereinbarkeit von Sorge- und selbstständiger kapitalgeberinnen zu mobilisieren versuchen, existieren Erwerbsarbeit zu fördern. bereits; sie sollten gefördert und erweitert werden.

54 Digitale Wirtschaft B.II

digitaler Plattformen nicht als Personen, die originär B. II Digitale Wirtschaft Leistungen erbringen, sondern als Mittelspersonen und Infrastrukturanbieter*innen. Tatsächlich aber üben sie In der digitalen Wirtschaft steht in erster Linie die Nut- durch technische und inhaltliche Vorgaben erhebliche zung von Informations- und Kommunikationstech- Macht über die vermittelten Dienstleistungen und Pro- nologien im Zentrum wirtschaftlicher Aktivitäten. Es dukte aus, einschließlich der Kontrolle über den Zugang handelt sich hierbei um sogenannte extensive Wirt- zu weiteren Diensten. schaftsaktivitäten, die erst durch digitale Technologien ermöglicht werden. Darunter fällt insbesondere die Digitale Plattformen verändern nicht nur die Art und Entstehung digitaler Plattformen. Weise der Kommunikation und der Freizeitgestaltung, sondern beeinflussen durch neue Formen der Arbeits- Im Zuge technologischer Entwicklungen werden direkte organisation und -verteilung auch den Bereich der Er- Formen der Information und Kommunikation zuneh- werbstätigkeit. mend durch digitale Plattformen und damit verbunde- ne Netzwerkstrukturen ersetzt. Dazu zählen beispiels- Die Sachverständigenkommission fokussiert bei der weise Websites für Onlineshopping, Messengerdienste „Zwiebelschicht“ digitale Wirtschaft digitale Plattfor- oder soziale Netzwerke. Solche Plattformen verbinden men zur Vermittlung von Arbeit. Was den Zugang zu nicht nur eine Vielzahl von Personen, sondern sie ver- den darüber vermittelten neuen Formen der Arbeit und mitteln – d. h., sie ermöglichen oder vereinfachen – de- deren Rahmenbedingungen betrifft, stellen sich ganz ren Interaktion; darüber hinaus verknüpfen sie weitere ähnliche Fragen wie für den traditionellen Arbeits- Anwendungen und Mehrwertdienste (Add-on-Dienste). markt. Es geht um gleiche Verwirklichungschancen, Die Betreibenden digitaler Plattformen stellen jedoch unabhängig vom Geschlecht, insbesondere im Hin- keineswegs nur die technischen Möglichkeiten zur blick auf eine eigenständige wirtschaftliche Sicherung Verfügung. Vielmehr betreiben sie neuartige Geschäfts- durch gleichberechtigte Integration in die (digitalisierte) modelle und verfolgen mit virtuellen Dienstleistun- Wirtschaft; Auswirkungen auf die Verteilung von Er- gen ökonomische Interessen, beispielsweise durch die werbs- und Sorgearbeit; den Schutz vor Diskriminie- Sammlung und Nutzung von Daten, das Schalten von rung; Qualifizierungsmöglichkeiten; Entgeltgleichheit; Werbung oder die Erhebung von Gebühren und Pro- soziale Sicherung sowie gleichstellungsorientierte Ge- visionen. Üblicherweise verstehen sich Betreibende staltungsmöglichkeiten.

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft

B. III Digitalisierte Wirtschaft

B. II Digitale Wirtschaft

B. I Digitalbranche C. Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente

55 1. Plattformökonomie25 und neue Gemein ist den Plattformen zur Vermittlung von Tä- tigkeiten, dass die Organisation der Arbeit im virtu- Formen online vermittelter Arbeit ellen Raum stattfindet. Das gilt auch dann, wenn die Es gibt inzwischen zahlreiche Plattformen zur Vermitt- Dienstleistungen ortsgebunden sind (Risak 2020: 9). lung von Arbeit, die als click-, cloud-, crowd- oder auch Plattformen fungieren dabei nicht als Auftraggebende, gig work bezeichnet werden. Dazu zählen Plattformen sondern als Intermediäre, die Aufträge und Aufgaben wie Helpling, Lieferando, Uber und im weiteren Sinne („tasks“) an eine Vielzahl („crowd“) oder einzelne Platt- auch Airbnb, die haushaltsnahe Dienstleistungen, Es- formarbeitende vermitteln (Schreyer/Schrape 2018: 8, senslieferungen, Fahrdienste oder Zimmer/Wohnungen zit. nach Hensel 2020: 6). vermitteln. Weitere Beispiele sind Clickworker, Testbird oder 99designs, die digitale Leistungen im Bereich des Empirische Erhebungen, die Aufschluss über das tat- Software- und Produktdesign, bei der Generierung oder sächliche Ausmaß von Plattformarbeit geben, sind sel- Markierung von Daten oder dem Prüfen von Software- ten, und sie variieren in zentralen Aussagen erheblich programmen vermitteln. (Hensel 2020: 14–18). Die vorhandenen Daten weisen darauf hin, dass Plattformarbeit in Deutschland quan- Die Begriffe „Crowdwork“, „plattformbasierte Arbeit“ titativ bislang keine dominante Form der Arbeit ist oder „Plattformarbeit“ bezeichnen die Gesamtheit be- (Bonin/Rinne 2017; Serfling 2018; Huws et al. 2017). zahlter Tätigkeiten, die über Onlineplattformen ver- Es wird geschätzt, dass rund 2 % der Unternehmen der mittelt werden.26 Wenckebach (2020: 165) unterteilt Informationswirtschaft und des verarbeitenden Ge- Plattformarbeit in werbes in Deutschland Dienstleistungen nutzen, die über Onlineplattformen vermittelt werden (Erdsiek » ortsgebundene Arbeit, auch offline oder gig work ge- et al. 2018: 8). Andere Quellen allerdings schätzen den nannt. Sie umfasst physikalisch an einem bestimmten Umfang von Plattformarbeit auf eine Größenordnung, Ort durchzuführende Tätigkeiten, beispielsweise Put- die ungefähr der von Leiharbeit entspricht: auf je nach zen, Gartenarbeit, Liefer- und Fahrdienstleistungen. Zählweise 0,5 bis 1,6 Mio. Erwerbstätige (Wenckebach 2020: 166). Hinzu kommt, dass Plattformarbeit häufig » ortsunabhängige Arbeit, auch online oder cloud work unregelmäßig, in Teilzeit bzw. als Zu- oder Nebenver- genannt. Sie umfasst Tätigkeiten, die von überall aus dienst ausgeübt wird (vgl. Kramer 2016; Bonin/Rinne erledigt werden können, beispielsweise Übersetzung, 2017; Freudenberg 2019; Urzì Brancati et al. 2020). Grafikdesign, Programmierung, Texterstellung. Definitive Aussagen sind mangels entsprechender Sta- Zunehmend existieren auch Tätigkeiten, die online tistiken kaum möglich, von einer zunehmenden wirt- und offline ausgeführt werden können, beispielsweise schaftlichen Relevanz der Plattformarbeit kann aber be- Beratung und Coaching, Nachhilfe, Sprach- und Musik- gründet ausgegangen werden (Kässi/Lehdonvirta 2018; unterricht und Sportangebote. Jürgens et al. 2017: 28). Auswertungen für 16 europäi- sche Länder zeigen beispielsweise, dass Plattformarbeit Plattformarbeit umfasst sowohl physische Tätigkeiten in den Jahren 2017 und 2018 zunahm (Urzì Brancati (beispielsweise bei Liefer- und Transportdiensten) als et al. 2020: 17 f.). Mit der Coronapandemie erhält die auch geistige Tätigkeiten (beispielsweise das Beantwor- Plattformökonomie einen weiteren Schub (Lambrecht/ ten von Fragen in Onlineforen), einfache Aufgaben (bei- Heil 2020). Zudem wächst das Interesse, Aufgaben auch spielsweise das Kategorisieren und Tagging von Daten) innerhalb von Unternehmen durch den Einsatz von oder komplexe Aufgaben (beispielsweise das Entwerfen Crowdworkansätzen zu organisieren (Zuchowski et von Produkten oder die Programmierung von Software), al. 2016). Nicht zuletzt kann die neue Form der Arbeits- die zum Teil ohne Anforderungen an eine formale Qua- organisation „stilbildend“ wirken (Barth 2020, zitiert lifizierung, zum Teil nur durch ausgebildete Fachkräfte nach Güney-Frahm/Fuchs 2020). Internationale Orga- erfüllt werden können (vgl. Hensel 2020: 7). nisationen wie die International Labour Organization (ILO), die OECD und die Internationale Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) sehen die Plattformarbeit als 25 Der Begriff „Plattformökonomie“ rührt aus der steigenden Bedeutung charakteristisch für die Zukunft der Arbeit (beispiels- von Plattformen in Wertschöpfungsprozessen. Kenney und Zysman (2016) gehen sogar so weit, zu sagen: Wenn die bürokratische Fabrik weise OECD 2019; IVSS 2019). die idealtypische Organisationform der industriellen Revolution war, ist die dominante Organisationform der digitalen Transformation die Plattform. Die hohe Bewertung von Unternehmen auf Aktien- märkten, bei denen Plattformen wesentlicher Bestandteil des Ge- schäftsmodells sind, unterstützen diese These. 26 Im Folgenden wird „Plattformarbeit“ als Oberbegriff für die verschie- denen Beschäftigungsformen verwendet.

56 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

2. Geschlechterverhältnisse in der sak 2020: 4–5, ähnlich Eichhorst/Linkh 2017; Rammert 2003, Klinger/Weber 2017). Diese Prozesse gehen mit Plattformökonomie einer Individualisierung der Risiken von Erwerbsarbeit (Hunt/Samman 2019) sowie einer zunehmenden Ent- 2. 1 Ausgangslage grenzung von Erwerbsarbeit einher (Dickel/Thiem 2018; Kirchner 2019; Schmidt 2016). Entsprechend könnte die Geschlechterverhältnisse werden in Studien über und Plattformarbeit Risiken geschlechtsbezogener Diskrimi- in der Literatur zu Plattformarbeit bislang selten thema- nierung und Marginalisierung auf dem Arbeitsmarkt, tisiert (vgl. Hensel 2020). Gleichzeitig werden mit Platt- die Reproduktion von Geschlechterstereotypen sowie formarbeit vielfältige Versprechungen verbunden, was bestehende Herausforderungen für die Vereinbarkeit neue Verwirklichungschancen v. a. für Frauen betrifft. von Beruf und Familie fortführen.

Chancen werden insbesondere in den niedrigschwel- ligen, räumlich und zeitlich flexiblen und selbstbe- 2. 2 Analyse stimmten Erwerbs- und Zuverdienstmöglichkeiten gesehen. Plattformarbeit ist demnach gerade für Perso- 2. 2. 1 Unzureichende Daten- und nen interessant, die aufgrund struktureller Hürden des Forschungsbasis Arbeitsmarktes, traditioneller Geschlechterrollen oder eingeschränkter Mobilität keinen Zugang zu regulärer Wie sich die plattformbasierte Vermittlung von Arbeit Beschäftigung finden (Bauer/Gegenhuber 2017). Für auf Verwirklichungschancen unabhängig von Geschlecht Menschen mit Sorgeverpflichtungen beispielsweise auswirkt, ist mangels geschlechterdifferenzierter Daten gegenüber Kindern oder älteren Angehörigen kann die und Studien bislang nur schwer abzusehen. Die wenigen Plattformarbeit den beruflichen Wiedereinstieg erleich- existierenden Auswertungen beschränken sich in der Re- tern und generell zur besseren Vereinbarkeit von Beruf gel auf die Anteile der mittels Plattformen arbeitenden und Familie führen. Dies geschehe einerseits durch da- Frauen und Männer (vgl. Hensel 2020: 19). Dabei deuten ei- mit verbundene neue Erwerbsmöglichkeiten, die räum- nige Auswertungen darauf hin, dass Männer häufiger über lich und zeitlich flexibel und einfach zugänglich seien, Plattformen arbeiten als Frauen (Bonin/Rinne 2017: 12 f.; andererseits dadurch, dass mithilfe plattformbasierter Bertschek et al. 2015: 4; Berg et al. 2018: 33; Baethge et al. Angebote Haushaltstätigkeiten auf unkomplizierte und 2019: 16; Urzì Brancati et al. 2020: 21). Andere Studien las- bezahlbare Art ausgelagert werden. Darüber hinaus sen vermuten, dass die Anteile von Frauen und Männern, wird als Chance der Plattformarbeit angesehen, dass ähnlich wie im traditionellen Arbeitsmarkt, stark nach Art durch den Einsatz von Algorithmen und der anonymen der Tätigkeit variieren (Serfling 2018; Pesole et al. 2018). Vergabe von Aufträgen geschlechtsbezogene Diskrimi- So weist der Crowdworkingmonitor bei Plattformen für nierungen und traditionelle Geschlechterstereotype, handwerkliche Tätigkeiten, Beratungsdienstleistungen wie sie im Offlinebereich auftreten, aufgebrochen und und Programmierung hohe Männeranteile aus, während verhindert werden können. Nicht zuletzt sollen Platt- der Anteil der Frauen bei Schreibtätigkeiten überwiegt formen im Bereich haushaltsnaher Dienstleistungen (Serfling 2018: 18). Mitunter kommen Studien auch zu ermöglichen, sozialversicherungspflichtige Beschäf- gegenläufigen Ergebnissen. So weisen Leimeister et al. tigungsverhältnisse und höhere Arbeitsstandards zu (2016: 32 f.) einen besonders hohen Anteil männlicher etablieren (vgl. Hensel 2020: 25 ff.; DGB 2020). Beschäftigter auf Mikrotaskplattformen im Allgemeinen nach, wohingegen Benner (2016: 13) den Frauenanteil Hingewiesen wird aber auch auf Probleme und Risiken, bei Amazon Mechanical Turk auf rund 70 % schätzt. Auf die mit der Plattformarbeit einhergehen (können). So Testing- und Designplattformen scheint die Verteilung hat diese neue Form der Arbeitsorganisation erhebliche ausgeglichen zu sein (Leimeister et al. 2016). Folgen für die rechtliche Einordnung der entsprechen- den Arbeitsverhältnisse als selbstständige oder unselbst- Diese ersten Auswertungen deuten darauf hin, dass im ständige Tätigkeit, was sich auf die Geltung der Bestim- Rahmen von Plattformarbeit die häufig starke Ungleich- mungen zum Mindestlohn, zum Kündigungsschutz, verteilung von Frauen und Männern auf unterschied- zur sozialen Absicherung sowie zum Schutz vor Dis- liche Berufe, Branchen und Tätigkeiten in manchen Be- kriminierung auswirkt (vgl. u. a. Risak 2020). Plattform- reichen fortgesetzt oder sogar verstärkt, in anderen Be- arbeit setzt damit potenziell die Entwicklung weg vom reichen möglicherweise aber auch aufgebrochen werden dauerhaften Normalarbeitsverhältnis hin zu verschie- kann. Allgemeingültige Aussagen sind auf Grundlage denen Formen atypischer Beschäftigung (wie Minijobs, der aktuellen fragmentierten und zum Teil widersprüch- befristeten Arbeitsverhältnissen oder Leiharbeit) fort lichen Datenlage und aufgrund fehlender Überblicks- und befördert die Zunahme arbeits- und sozialrechtlich studien kaum möglich. Nichtbinäre Personen finden unzureichend abgesicherter (Solo-)Selbstständigkeit (Ri- in den vorliegenden Daten keine Berücksichtigung.

57 2. 2. 2 Diskriminierungsrisiken durch den genutzt, um aus diesen Daten Prognosen zu erstellen, Algorithmen auf deren Basis Entscheidungen für die Zukunft getrof- fen werden. Das birgt die Gefahr, dass diskriminierende Der Einsatz automatischer Prozesse in der Plattform- Strukturen (der Vergangenheit und Gegenwart) repro- ökonomie birgt auf mehrere Weisen Diskriminierungs- duziert werden (vgl. Kapitel B.I.1). potenzial. Insbesondere mittelbare Diskriminierungen sind schon Anfällig für geschlechtsbezogene Benachteiligungen in der analogen Welt schwer zu erkennen; im Kontext sind insbesondere die softwaregesteuerte Aufgaben- automatischer Entscheidungsprozesse wird diese In- verteilung und das Ranking von Dienstleistenden in transparenz durch die Komplexität der Systeme noch der Plattformarbeit. Das gilt nicht nur für rein online- gesteigert (vgl. auch Kapitel B.III.3). Für die Plattform- basierte Plattformarbeit, sondern auch für Offlinedienst- betreibenden sind die eingesetzten Algorithmen und leistungen (Berg et al. 2018: 8). Vielfach wird davon aus- zugrunde gelegten Daten die wesentlichen Bestandtei- gegangen, dass die automatisierte Vermittlung objektiv le ihres datenbasierten Geschäftsmodells, weshalb sie verläuft und sich durch den Einsatz solcher Systeme Code und Daten in der Regel nicht öffentlich zugänglich daher Diskriminierungen vermeiden lassen. Es gibt machen (Berg et al. 2018: 9). Aufgrund dieser Intranspa- jedoch zunehmend Untersuchungen, die auf Diskrimi- renz sind mögliche Diskriminierungen als solche nur nierungsrisiken hinweisen. So werden beispielsweise schwer überprüfbar. in den Rankings, die für die Wahrscheinlichkeit Auf- träge zu erhalten maßgeblich sind, Personen mit vielen Algorithmische Systeme ermöglichen weiterhin eine er- und guten Bewertungen weiter oben im Ranking auf- weiterte Überwachung und Kontrolle der Arbeitenden, gelistet als Personen mit wenigen und weniger guten beispielsweise durch das Aufzeichnen von Tastenanschlä- Bewertungen. Das wäre an sich nicht problematisch; gen pro Minute oder das Erstellen von Bildschirmfotos jedoch hängt die Wahrscheinlichkeit, bei vergleichba- (Leimeister et al. 2016). Aus klassischen Arbeitsverhält- rer Qualifizierung Bewertungen und zudem positive zu nissen ist bekannt, dass Leistungskontrollen dazu füh- erhalten, u. a. von Geschlecht und ethnischer Herkunft ren, dass sich Arbeitnehmer*innen machtlos fühlen und ab (Hannàk et al. 2017: 1927; siehe auch Kapitel 2.2.3.). unter größerem Stress stehen (Foullong 2020). Zudem ist festzustellen, dass Arbeitnehmer*innen in klassischen Manche algorithmischen Systeme verwenden zudem Beschäftigungsverhältnissen das Sammeln von Daten personenbezogene Daten wie Alter, Geschlecht oder zur Bewertung ihrer Leistung als Überwachung wahrneh- ethnische Herkunft, um potenzielle Kund*innen oder men, was „ein Klima der Verunsicherung erzeugt“ (Staab/ Auftragnehmer*innen anzusprechen. Durch diese Ver- Geschke 2020a: 196). In der Plattformarbeit verschärft knüpfungen wird u. a. suggeriert, dass ein Zusammen- sich die Problemlage: Die Kontrolle der Arbeitsleistung hang zwischen dem Geschlecht und bestimmten Ei- wird nicht von menschlichen Vorgesetzten, sondern genschaften oder Fähigkeiten der Personen besteht. durch Algorithmen ausgeübt (Keller/Seifert 2020), einer Auf diese Weise werden Vorurteile perpetuiert, statt „automatisierten und repressiven Kontrolle auf Crow- zu Verwirklichungschancen aller Menschen, unab- dwork-Plattformen“ (Gerber 2020: 184). Eine besondere hängig vom Geschlecht, beizutragen. Selbst wenn das Einschüchterungswirkung entfalten die automatisier- Geschlecht nicht direkt als Filterkriterium genutzt ten Überwachungsmechanismen in der Plattformarbeit wird, kann es zu faktischen Kategorisierungen anhand außerdem deshalb, weil die Plattformarbeitenden in der des Geschlechts kommen. Dies ist etwa der Fall, wenn Regel keine Anlaufstelle haben, an die sie sich nötigen- Stellvertreterkriterien, die mit Geschlecht korrelie- falls wenden könnten; es gibt keine Institution, die ihre ren, Verwendung finden. Ein Beispiel ist die Katego- Interessen vertreten oder ihre Rechte wahrnehmen würde. risierung von Plattformarbeitenden nach dem Um- Dies folgt unmittelbar aus dem Plattformgeschäftsmodell, fang ihrer Arbeitszeit. Da bisher überwiegend Frauen das nämlich „skalieren“ muss und daher weitestgehend beispielsweise in Teilzeit beschäftigt sind, bedeutet auf automatisierte Prozesse ohne menschliche Kontroll- eine Unterscheidung von Teil- und Vollzeittätigkeit instanzen angewiesen ist. eine stellvertretende geschlechtsbezogene Unterschei- dung. Die algorithmische Kategorisierung von Per- Plattformarbeitende müssen zudem damit rechnen, sonen kann also unmittelbar oder mittelbar anhand dass ihr Account bei wiederholt schlechten Bewertun- des Geschlechts erfolgen; dementsprechend können gen ohne Vorwarnung oder rechtliche Absicherung ge- algorithmische Steuerungsmechanismen unmittelbar löscht wird. Effekt dieser Bestrafungsmechanismen ist oder mittelbar diskriminierend wirken. Algorithmen demnach unter Umständen der Entzug der wirtschaft- arbeiten in der Regel mit vergangenheitsbezogenen lichen Lebensgrundlage. Möglichkeiten, sich gegen Daten, die bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten unzutreffende und/oder diskriminierende Bewertun- und strukturelle Diskriminierungen abbilden; sie wer- gen zu wehren oder gar Einfluss auf die Bewertungs-

58 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

elemente, -maßstäbe und -gewichtungen zu nehmen, der Plattformen wird die Mitnahme/Übertragung der haben die Plattformarbeitenden in der Regel nicht. Reputationen häufig zu verhindern versucht, weil sie Die meisten Plattformen ermöglichen auch keinerlei damit einen wichtigen Wettbewerbsvorteil verlören: Je Austausch der Plattformarbeitenden untereinander mehr Bewertungen vorhanden sind, desto eher werden (Fritsch/v. Schwichow 2020). Dies ist in besonderer Kund*innen ihre Arbeitskräfte und Dienstleistenden Weise relevant für hinsichtlich ihres Geschlechts oder mittels dieser und keiner anderen Plattform suchen anderweitig benachteiligte Gruppen. (Plattform-Lock-In, Dix 2019).

Für die Plattformarbeitenden ist der Verlust der be- 2. 2. 3 Die Macht von Onlinereputation und stehenden Reputation hinderlich für den Wechsel auf Bewertungssystemen andere Plattformen. Damit steigt ihre Abhängigkeit von einzelnen Plattformen. Dies ist äußerst problematisch Die Macht von Onlinebewertungen und Bewertungs- aus verschiedenen Gründen. So werden die Konten von systemen ist ambivalent. Einerseits dienen sie Plattform- Plattformarbeitenden zuweilen willkürlich gesperrt, Da- arbeitenden dazu, die Anzahl und Art der von ihnen ten der Plattformarbeitenden an Dritte ohne deren Ein- ausgeführten Aufträge und ihre eigenen Leistungen zu willigung und/oder ohne Transparenz weitergegeben, dokumentieren, d. h. Reputation aufzubauen. Sie spielen oder die Plattformen erlegen ihnen einseitig neue Pflich- für das Vertrauen in die über Plattformen vermittelte ten auf. Sind die Betreffenden auf nur einer Plattform Arbeit (Resnick/Zeckhauser 2002) sowie die Auftrags- aktiv, droht ihnen ein empfindlicher Einkommensver- und Einkommenschancen der Plattformarbeitenden lust oder gar der Wegfall ihrer wirtschaftlichen Lebens- eine zentrale Rolle (Tadelis 2016; Kittur et al. 2013). grundlage, wenn sie gesperrt werden oder die Plattform Gute Bewertungen ermöglichen es den Plattformarbei- verlassen. Auch besteht das Risiko, dass Informationen tenden, Aufträge zu gewinnen und höhere Preise oder zur Reputation verloren gehen, wenn die Plattform den Stundenlöhne durchzusetzen. Zudem ist die aufgebaute Betrieb einstellt.27 Aus Geschlechterperspektive ist dies Reputation Ausdruck der auf der Plattform erworbenen besonders problematisch, da Frauen auf den Verdienst Erfahrungen und Kompetenzen, die auch für die Arbeit über Plattformen häufiger finanziell angewiesen sind auf anderen Plattformen oder im traditionellen (Offline-) als Männer (vgl. Kapitel 2.2.6). Arbeitsmarkt relevant sein können. Reputationen auf andere Plattformen oder in den regu- Andererseits können Bewertungssysteme aber auch lären Arbeitsmarkt als Erfahrungsnachweis mitnehmen gleichstellungsbezogen problematische Effekte zeitigen, zu können, ist ein wichtiger Baustein für die plattform- weil die Bewertungen wie auch die darauf basierenden übergreifende Arbeit und dafür, die Abhängigkeit der Auswahlentscheidungen subjektive Einschätzungen Plattformarbeitenden zu reduzieren. Hierfür müsste ein der Bewertenden sind und gesellschaftliche Vorurteile standardisiertes Reputationsverfahren für Plattformen abbilden können. So erhielten Frauen laut der bereits entwickelt werden. Im E-Learning-Kontext der USA sind genannten Studie von Hannák et al. (2017) zu TaskRabbit z.B. Mitnahme/Übertragung der Reputationen möglich; und Fiverr weniger Bewertungen als Männer mit ver- so setzen einige Universitäten (beispielsweise MIT, Yale) gleichbarer Qualifizierung. Menschen, die als asiatisch und Firmen (beispielsweise NASA, Pixar/Walt Disney oder als Schwarz wahrgenommen wurden, erhielten Company) digitale Badges und „micro-credentials“ ein, weniger und schlechtere Bewertungen als Menschen, um erworbene Reputationen und Erfahrungen anzu- die als weiß wahrgenommen wurden (ebd.: 1927). zeigen und anzuerkennen (Fedock et al. 2016). Gleiches gilt in zahlreichen technischen Bereichen und Berufen Die Verwirklichung von Einkommenschancen mittels für die Anerkennung, die in Internetforen wie „Stack Reputation wiederum stößt an Grenzen. Zwar sind vie- Overflow“ digital erworben wurde (May et al. 2019). le Plattformarbeitende auf mehreren Plattformen tätig Hierbei zeigen sich allerdings geschlechtsbezogene (oder sie ergänzen ihre reguläre Beschäftigung mit über Ungleichheiten: Frauen sammeln im Schnitt nur etwa Plattformen vermittelten Aufträgen) (Baethge et al. 2019; Teubner et al. 2019); die erworbene Reputation 27 Fehlende Reputationsportabilität hat neben wettbewerblichen Ef- jedoch kann weder auf andere Plattformen noch in fekten auch ökonomische Ineffizienzen zur Folge. Dass Reputation den traditionellen Arbeitsmarkt mitgenommen wer- auf den einzelnen Plattformen derzeit weitestgehend in Silos liegt, den. Die Portabilität der Reputation ist also begrenzt. In behindert die Vertrauensbildung zwischen Nutzer*innen und damit die Realisierung allseitig vorteilhafter Transaktionen. Es existiert der Praxis müssen Plattformarbeitende in der Regel für (bis auf wenige Ausnahmen; siehe Hesse und Teubner 2020) so gut jede Plattform, auf der sie aktiv sind oder werden möch- wie keine technische Integration zwischen Plattformen. Auch die ten, eine separate Reputation aufbauen – und können zahlreich entstehenden (und genauso schnell wieder verschwinden- nicht auf ihren Leistungen auf anderen Plattformen den) Start-ups, die als „Aggregatoren“ für Onlinereputation fungie- ren möchten, hatten bislang keinen nennenswerten Effekt (Hesse/ aufbauen (Hesse/Teubner 2020; Teubner 2020). Seitens Teubner 2019).

59 halb so viele Reputationspunkte ein wie Männer. Diese worbene Erfahrung und Kompetenz nicht sichtbar bzw. Unterschiede rühren gemäß May et al. (2019) daher, dass nachweisbar ist, schafft sie keine Übergangserleichte- Männer mehr Antworten auf die von Auftraggeber*in- rungen im Lebensverlauf. nen gestellten Fragen geben und dass diese Antworten besser bewertet werden als jene von Frauen. Es ist da- her unbedingt zu prüfen, ob Reputationssyteme selbst 2. 2. 4 Vereinbarkeit von Erwerbs- und unerwünschte Effekte, beispielsweise geschlechtsbe- Sorgearbeit zogene Diskriminierung auslösen können; bestehende Ungleichgewichte könnten via Reputationsportabili- Ebenso wie Mobile Arbeit gilt Plattformarbeit als Form tät weiter verschärft werden. Ein Verfahren, das Repu- des Arbeitens, die gerade Menschen mit Sorgeverpflich- tationsportabilität ermöglicht oder erhöht, muss auf tungen eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sor- Grundlage eines soziotechnischen Ansatzes etabliert gearbeit ermöglicht (vgl. Bundesregierung 2017). Zum werden. Anderenfalls werden Geschlechterstereotype, Teil wenden sich Plattformen mit diesem Narrativ sogar Rassismus und Diskriminierung reproduziert und kei- explizit an Frauen und verstärken damit geschlechter- ne Verwirklichungschancen geschaffen – im Gegenteil. stereotype Annahmen zur Verteilung von Sorgearbeit und zur Rolle von Frauen als Zuverdienerinnen (vgl. Hen- Bislang besteht kein Rechtsanspruch auf die Zusam- sel 2020: 50 ff.; Sauerborn 2021). Tatsächlich scheint menführung von Reputationsdaten, auch nicht aus Art. die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, gerade für 20 der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung Frauen ein wesentlicher Grund für Plattformarbeit zu (DSGVO). Die EU sieht Datenportabilität gleichwohl sein; der Hintergrund dafür sind u. a. Sorgepflichten, als wichtiges Mittel zur Lösung von Problemen im Zu- etwa gegenüber Kindern oder älteren Menschen (Berg sammenhang mit Lock-in-Effekten und mit dem Platt- 2016: 7 f.). Auch andere Auswertungen deuten darauf formwettbewerb (Dix 2019), und das Datenschutzrecht hin, dass Plattformarbeit häufig aufgrund von Sorge- geht von einer engen Verbindung zwischen Marktmacht pflichten gewählt wird (Berg et al. 2018: 38; Urzì Bran- und Datenschutz aus (Dix 2019: Rn. 1). Art. 20 DSGVO cati et al. 2020: 23). Hinweise darauf, dass diese Form der gibt betroffenen Personen ein Recht auf die Übermitt- Arbeit für den beruflichen Wiedereinstieg, etwa nach lung von Daten in einem bestimmten Format sowie familienbedingter Unterbrechung, genutzt wird, gibt auf Übermittlung dieser Daten an andere Personen es bislang nicht; hierzu bedarf es weiterer Forschung. (Dix 2019: Rn.4). Da es sich hierbei um Daten handeln muss, welche die betroffenen Personen selbst bereitge- Die Möglichkeit der ortsflexiblen Arbeit über Plattform- stellt haben, umfasst dies nach überwiegender Ansicht arbeit könnte die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorge- nicht die Übermittlung von Auswertungsergebnissen arbeit in ländlichen Regionen bzw. strukturschwachen (ebd.: Rn. 8). Darunter fallen auch Bewertungen und Regionen erleichtern (insofern die nötige Infrastruktur darauf basierende Reputationswerte, die nicht von den vorhanden ist). Fahning et al. (2018) untersuchen, wie Plattformarbeitenden selbst stammen, sondern durch sich die Erwerbssituation von Frauen in ländlichen Re- andere Personen oder Systeme erstellt werden. Wichtig gionen unter dem Einfluss der Digitalisierung gestaltet; in diesem Zusammenhang ist die Klarstellung, dass die Plattformarbeit als Erwerbsform taucht darin allerdings hier beschriebene Mitnahme von Reputation als ein nicht auf. Plattformarbeit im ländlichen bzw. struktur- potenzielles Recht Plattformarbeitender zu verstehen schwachen Räumen müsste beforscht werden, um tat- ist und nicht als eine Pflicht. So darf auch Dritten (bei- sächliche Verbesserungsmöglichkeiten geschlechtsbe- spielsweise Versicherungen) nicht gestattet sein, eine zogener Verwirklichungschancen ausloten zu können. „freiwillige“ Übermittlung von Reputationsdaten zur Modellierung von Versicherungsrisiken zu fordern. Die Flexibilität in der Plattformarbeit ist nur begrenzt vergleichbar mit derjenigen abhängig Beschäftigter Neben der Reputation geht der Nachweis von (digitalisie- im Homeoffice oder in der Mobilen Arbeit (vgl. dazu rungsbezogenen) Kompetenzen verloren, die während ausführlicher Kapitel B.III.4). Adams-Prassl und Berg der Plattformtätigkeit aufgebaut wurden. Das erschwert (2017: 10) zufolge sind 57 % der männlichen und sogar den Übergang in den regulären und formalisierten 67 % der weiblichen Plattformarbeitenden an sechs bis Arbeitsmarkt und ist auch aus Geschlechterperspekti- sieben Tagen in der Woche auf Plattformen tätig. Die ve kritisch zu sehen. So können sich die Chancen der Auftragsmöglichkeiten sind von der zeitlichen Verfüg- Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit (vgl. 2.2.4) barkeit abhängig, wovon wiederum die Einkommens- durch Plattformarbeit als Sackgasse erweisen, wenn dort chancen abhängen. US-amerikanische Forschung deutet aufgebaute (digitalisierungsbezogene) Kompetenzen für darauf hin, dass Frauen mit Sorgepflichten eher kurz- einen Wiedereinstieg in den regulären Arbeitsmarkt zeitige, kleinteilige, einfache Jobs mit niedrigen Kon- nach familienbedingter Unterbrechung nicht genutzt zentrations- und Kompetenzanforderungen wählten, werden können. Solange die über Plattformarbeit er- weil nur so Erwerbs- und Sorgearbeit vereinbar seien

60 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

(Adams-Prassl/Berg 2017). Aufgrund der herrschenden und der mangelnden Unterstützung seitens der Platt- Konkurrenz mit anderen Plattformarbeitenden ist der formbetreibenden haben etwaige Übergriffe eine neue Druck, ständig verfügbar zu sein, höher als bei regu- Qualität (Hensel 2020: 34; siehe auch Schoenbaum 2016). lär abhängig Beschäftigten im Homeoffice, die unter Aufgrund der Unsicherheit der Tätigkeit, des schwa- Umständen ebenfalls Sorgearbeit leisten. Typisch für chen Status der Arbeiter*innen, der kurzen Dauer der Crowdworking ist das Risiko, für ausgeführte Jobs nicht Tätigkeiten, der lockeren Umgangsformen und des von bezahlt zu werden, weil andere Crowdworker*innen Plattformen häufig kreierten Gemeinschaftsgefühls (der schneller oder besser waren, beispielsweise bei Gestal- Plattform-„Family“) werden nach Ravenelle (2019) Grenz- tungswettbewerben (Hensel 2020: 54, 12). Mitunter wer- überschreitungen nicht als solche wahrgenommen und/ den verrichtete Arbeiten auch einfach abgelehnt – was oder eher toleriert. Es ist, so Isabell Hensel (2020: 35), ein nicht nur ein zusätzliches Einkommensrisiko, sondern zentrales Merkmal der Sharing Economy28, dass Verhalten, eine weitere Vereinbarkeitshürde darstellt. das in anderen Bereichen als Grenzuberschreitung wahr- genommen werde, hier nur schwer identifizierbar und Es kann zusammengefasst werden, dass Plattformarbeit benennbar ist. Einige Plattformen berichten ihrerseits die geschlechtsbezogenen Risiken der Mobilen Arbeit vom Missbrauch der Kommentierungs- und Feedback- verstärkt, zudem findet sie häufig nicht im Rahmen mechanismen, die sie selbst nicht mehr ausreichend mo- regulärer Beschäftigungsverhältnisse statt – flankie- derieren und kontrollieren könnten (Crowdguru 2020, rende arbeits- und sozialrechtliche Schutzregelungen zit. nach Hensel 2020: 34). fehlen (vgl. Hensel 2020: 52; Schoenbaum 2016: 1027). Das Narrativ der unkomplizierten, flexiblen Einkom- Bislang scheinen Plattformen auf sexuelle Übergriffe mensmöglichkeit trotz Sorgeverantwortung für andere nur zögerlich zu reagieren. Zudem fehlt es an Bera- blendet diese strukturellen Rahmenbedingungen aus. tungsangeboten und Ansprechpersonen (Fritsch/von Bekannte Probleme der Mobilen Arbeit treten bei der Schwichow 2020: 37). Es bedarf daher einer rechtlichen Plattformarbeit verschärft auf, inbesondere die Ort-Zeit- Klarstellung der Pflichten der Plattformen, was den Flexibilisierung in der Erwerbsarbeit führt bei gleich- Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt und sexueller zeitiger Sorgearbeit zu einer hohen Mehrfachbelastung Belästigung betrifft. Eine Verankerung und Anwendung – dies kann gesundheitliche Risiken nach sich ziehen angemessener Rechtsvorschriften zum Schutz vor Ge- (vgl. Kapitel B.III.4). walt fordern nicht zuletzt die Istanbulkonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention (siehe u. a. EGMR 2008, 2010, 2013). Der im Allgemeinen Gleichbe- 2. 2. 5 Geschlechtsbezogene Gewalt und handlungsgesetz normierte Schutz vor Diskriminierung sexuelle Belästigung umfasst zwar geschlechtsbezogene Gewalt und sexuelle Belästigung und verpflichtet Arbeitgeber*innen zu an- Geschlechtsbezogene Gewalt und sexuelle Belästigung gemessenen Maßnahmen (vgl. § 6 Abs. 3 AGG). Dieser im Erwerbsleben verändern sich mit der Digitalisie- Schutz greift jedoch nicht bei Selbstständigen, folglich rung (vgl. Kapitel B.IV.2). Die „Plattformisierung“ von auch nicht, wenn es sich bei Plattformarbeitenden um Arbeit spielt dabei eine besondere Rolle, denn auf Platt- Selbstständige handelt. formen „entstehen neue Räume bzw. Ermöglichungen für Gewalt“ (Frey 2020: 16). Traditionelle Risiken se- Zwischen Plattformbetreibenden und -arbeitenden be- xueller Belästigung und geschlechtsbezogener Gewalt steht eine Art Vermittlungsvertrag. Dies unterscheidet am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsmarkt setzen sich Plattformarbeit von Diensten, die ohne Vermittlungsin- im Rahmen der Plattformarbeit nicht nur fort (Hunt/ stanz – sondern beispielsweise über einen persönlichen Samman 2019), vielmehr besteht hier eine erhöhte Ge- Aushang – zustande kommen. Der Vermittlungsvertrag fahr sexueller und sonstiger Übergriffe; dies gilt sowohl verpflichtet die Betreibenden von Plattformen dazu, die für den Bereich plattformbasierter Offlinearbeit, die in Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihrer Vertragspart- privaten Räumen stattfindet, als auch für Onlinearbeit. ner*innen zu wahren (§ 241 Abs. 2 BGB). Daraus ergibt Erschwerend kommt hinzu, dass rechtliche Schutz- sich die Pflicht, Plattformarbeitende vor strafbaren Be- pflichten und -mechanismen bei Plattformarbeit, die lästigungen durch Dritte (in diesem Fall Kund*innen) als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird, fehlen. zu schützen, insoweit die Plattform diesen Dritten den Zugriff auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen der Platt- Die Gefahr geschlechtsbezogener Gewalt und sexueller formarbeitenden ermöglicht. Plattformen müssen dem- Belästigung scheint besonders häufig bei ortsbezogenen zufolge proaktiv und sanktionierend tätig werden. Bei Tätigkeiten wie Fahr- oder Putzdiensten („Work on De- mand via Apps“) vorzukommen. Aufgrund der Privatheit (meist nicht in der Öffentlichkeit, sondern in geschlos- 28 „Sharing Economy“ meint das gesamte Umfeld der Firmen, deren Geschäftsmodelle, Plattformen und Praktiken auf eine geteilte Nut- senen Räumen), der Anonymität der Kontaktaufnahme zung von Ressourcen ausgerichtet sind.

61 einem Verstoß gegen diese Pflichten besteht ein Anspruch tenden zu dem Ergebnis, dass es mit 31 % einen rela- auf Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB), es sei tiv großen Anteil an Plattformarbeitenden gibt, deren denn, Plattformbetreibende beweisen, dass sie alle er- gesamtes monatliches Nettoeinkommen über 3.000 € forderlichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitenden liegt; zugleich verdienen 25 % weniger als 1.500 € pro ergriffen haben. Konkretisiert wird diese Schutzpflicht Monat. Durch Plattformarbeit selbst erzielen 56 % der durch § 618 BGB, der die privatrechtliche Grundnorm Plattformarbeitenden monatlich nur bis zu 400 € und eines präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes dar- wenden dafür sechs Stunden pro Woche auf (Baethge stellt; er verpflichtet Dienstberechtigte allgemein dazu, et al. 2019: 6, 23). das Leben und die Gesundheit der Dienstverpflichteten zu schützen. Davon erfasst sind nicht nur Arbeitsverhält- Die geschlechterbezogenen Entgeltunterschiede auf dem nisse im Sinne des § 611a BGB, sondern allgemein alle klassischen Arbeitsmarkt (vgl. Kapitel B.III.1) werfen ent- Dienstverhältnisse (BGH 1995). Die in § 618 BGB veran- sprechende Fragen für den Kontext der digitalen Wirt- kerte Schutzpflicht erstreckt sich in analoger Anwendung schaft auf. Für die Plattformarbeit jedoch fehlen um- auch auf dienstvertragsähnliche Werkverträge und Auf- fassende Studien zu der Höhe der Einkünfte, die zudem tragsverhältnisse (Nebe 2018: Rn. 1, 20, siehe auch Julius nach Geschlecht, Herkunft, Alter und Behinderung dif- 2004: 213 ff.; Bremer 2007: 192 ff.). Damit erfasst sie auch ferenzieren, den Umfang der Arbeit sowie Abzüge durch die Vermittlung von Arbeit auf Plattformen – unabhän- Gebühren oder Provisionen einkalkulieren, Bewertungs- gig vom rechtlichen Status der Plattformarbeitenden. und Steuerungsmechanismen berücksichtigen, sozioöko- nomische Rahmenbedingungen abfragen und schließlich Es ist davon auszugehen, dass Plattformarbeitende ihre ländliche und urbane Regionen in den Blick nehmen. Rechte gegenüber der Plattform oftmals nicht kennen oder aus Furcht vor negativen Bewertungen oder ande- Die Verdienstchancen werden für Plattformarbeitende ren Sanktionen nicht nutzen. Daher ist wichtig, Platt- dann besonders relevant, wenn sie länger auf Plattfor- formarbeitende über ihre Rechte aufzuklären und ih- men arbeiten und diese Tätigkeiten zu einer ernsthaf- nen Institutionen an die Hand zu geben, die sie bei der ten Einnahmequelle werden (Hensel 2020: 5). Einige, Rechtsdurchsetzung unterstützen. Dazu können Obleute insbesondere US-amerikanische Studien weisen auf bei den Plattformen selbst zählen, aber auch – von den geschlechtsbezogene Vergütungsunterschiede in der Plattformen mitfinanzierte – Dritte mit entsprechenden Plattformarbeit hin, selbst wenn das Geschlecht auf der Beratungs- und Unterstützungsleistungen wie Gewerk- Plattform nicht sichtbar ist. schaften oder NGOs. Eine Studie zu Uber in den USA weist beispielsweise eine Stundenlohndifferenz von 7 % zugunsten männlicher 2. 2. 6 Geschlechtsbezogene Einkommens- Fahrer nach (27,3 % aller Fahrer*innen auf Uber sind und Vergütungsunterschiede weiblich). Dieser Unterschied gehe auf drei Faktoren zurück: die schnellere Fahrweise von Männern (mehr Die Einkommenschancen auf Plattformen hängen eben- Fahrten pro Zeit), ihre im Schnitt längere Erfahrung so wie auf dem traditionellen Arbeitsmarkt von vielen auf der Plattform und darauf, dass sie stärker Gegenden verschiedenen Faktoren ab. Geschlechtsbezogene Ein- auswählten, in denen das Angebot, etwa aufgrund der kommensunterschiede im Rahmen der Plattformarbeit höheren Kriminalität, knapper und damit die Fahrpreise können mangels entsprechender Daten jedoch kaum höher seien. (Cook et al. 2018: 2f.) Strukturelle Faktoren, robust analysiert werden. beispielsweise die bestehende Sorgeverpflichtung der Fahrer*innen für andere, werden in der Studie nicht Auswertungen der ILO ergaben, dass die Arbeit auf thematisiert. Fahrer*innen mit Sorgeverantwortung Plattformen häufig nur gering bezahlt wird, zumal fast – meist Frauen – können vermutlich weniger Stunden ein Viertel der Arbeitszeit auf die Suche nach Aufträ- arbeiten und auch nur kürzere Strecken fahren, was sich gen oder deren Vorbereitung entfällt, beides unbezahlt sicherlich in den Erfahrungswerten widerspiegelt. Zu (Berg 2016: 11 f.; Berg et al. 2018: 49 ff.). Gesetzliche Re- vermuten ist ebenso, dass Fahrer*innen mit Sorgever- gelungen zum Mindestlohn greifen nur, wenn es sich antwortung Randzeiten schlechter bedienen können um abhängige Beschäftigungsverhältnisse handelt, für und Frauen insbesondere Gegenden mit einer höheren Plattformarbeit folglich nur dann, wenn es sich um un- Kriminaltitätsrate vermeiden. Interessant wären Folge- selbstständige Arbeit handelt. Hinzu kommt das Risiko, studien, die die strukturellen Ursachen der Stunden- dass die vollbrachte Arbeit nicht bezahlt wird, wenn lohndifferenzen untersuchen. die nationale oder internationale Konkurrenz schnel- ler oder besser war oder das Arbeitsprodukt zurückge- Adams-Prassl und Berg (2017: 17 ff.) ermittelten, dass wiesen wird. Für Deutschland kommt die Bertelsmann Frauen auf Amazon Mechanical Turk rund 20 % gerin- Stiftung in einer Befragung von 710 Plattformarbei- gere Stundenlöhne erzielen als ihre männlichen Kolle-

62 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

gen, und führen diese Unterschiede auf unterschiedliche schiede sowie der Anteil weiblicher Reinigungskräfte in Arbeitsmuster zurück. Frauen wählten seltener komplexe der Region kontrolliert, d. h. herausgerechnet, werden. und zeitlich umfangreichere Aufgaben und unterbrächen Frauen können die höheren Stundenlohnforderungen ihre Tätigkeit häufiger. Männer erledigten demgegenüber auch tatsächlich durchsetzen, sie erhalten rund 10 % sehr viele Aufgaben hintereinander weg und erzielten so mehr Aufträge als Männer. (ebd.) Lern- und Skaleneffekte, die zu einer besseren Bezahlung führten. Anhand anschließender Interviews zeigte sich, Diese Unterschiede könnten Präferenzen für weibliche dass diese Unterschiede v. a. auf Mütter, insbesondere auf Reinigungskräfte widerspiegeln, die wiederum aus ste- jene mit Kleinkindern, zurückgehen. reotypen Annahmen über die Qualität der Arbeit oder aus persönlichem Sicherheitsempfinden herrühren. Barzilay und Ben-David (2017) kommen bei einer Platt- Helpling spricht zwar inzwischen geschlechtsneutral form, die zwar keine direkten Angaben zum Geschlecht von „Putzhilfen“, die Plattform bewirbt ihr Angebot veröffentlicht, bei der das Geschlecht aber anhand von jedoch weiterhin mit dem Bild der weiblichen Reini- Namen und Profilbildern zu ermitteln ist, zu folgendem gungskraft (auch im Wortsinn, siehe dazu die Startseite Ergebnis: Die durchschnittliche Bruttostundenlohndif- der Helpling-Website). ferenz zwischen Frauen und Männern liegt bei 37 %, be- reinigt von Faktoren wie Bewertungen, Erfahrung, Art Für die Plattform Helpling ist des Weiteren ein posi- der Tätigkeit, Arbeitsumfang und Bildungsabschlüssen. tiver Zusammenhang zwischen „typisch deutschen“ Die geschlechtsbezogenen Unterschiede variieren ins- Vornamen und der Höhe der geforderten Stundenlöhne besondere nach Art der Tätigkeit, wobei Frauen in allen festzustellen; nur ca. 13 % der Reinigungskräfte auf der Tätigkeitsbereichen weniger verdienen; die Spannbreite Plattform haben einen Vornamen, der in diesem Sinne der Einkommensdifferenzen reicht von 5 % (Design & interpretiert wird (Teubner 2020). Die Forschung deutet Creative) bis hin zu 63 % (Legal) (ebd.: 409). darauf hin, dass insbesondere Frauen mit Migrations- geschichte und -erfahrung bereit sind, ein geringes Auch auf Plattformen wie Upwork, Helpling oder Text- Verdienstniveau zu akzeptieren und besonders von broker, auf denen Plattformarbeitende die Vergütung prekären Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind selbst festsetzen, indem sie beispielsweise Stundenlöhne (Bojadžijev 2020). Dies kann mitunter auch auf einen oder Wortpreise definieren, zeigen sich erhebliche Unter- unsicheren Aufenthaltsstatus zurückgeführt werden schiede. So verlangen Frauen bei Upwork in den USA im (vgl. Risak 2020: 10). Schnitt 26 % weniger als Männer (Foong et al. 2018: 53 ff.). Dieser Unterschied resultiert v. a. daraus, dass Frauen Inwieweit geschlechtsbezogene Vergütungsunterschie- geringer bezahlte Tätigkeiten ausüben, beispielsweise de auf Plattformen gegen Diskriminierungsverbote Übersetzungen, Verwaltung oder Kund*innenservices, und Anforderungen der Entgeltgleichheit verstoßen, während Männer eher besser bezahlte Tätigkeitsfelder müsste auf der Grundlage von Auswertungen für die in wählen, etwa IT und Kommunikation, Architektur, Tech- Deutschland genutzten Plattformen vertieft diskutiert nik oder Programmierung (ebd.: 53 ff.). Das Beispiel zeigt, werden. Die beschriebenen Studien weisen auf sehr un- dass auch die digitale Wirtschaft eine starke Ungleichver- terschiedliche Effekte und Ursachen hin: Zum einen sind teilung von Frauen und Männern auf unterschiedliche sie durch geschlechtsbezogene Lebensrealitäten sowie Tätigkeitsbereiche aufweist, vergleichbar mit dem übri- eigene oder fremde stereotype Zuschreibungen bedingt; gen Arbeitsmarkt (vgl. Kapitel B.III.1). zum anderen resultieren sie aus Bewertungskriterien, Steuerungsmechanismen oder dem Design der Plattfor- Es gibt durchaus auch Beispiele für Vergütungsunter- men. Offen bleibt, wie sich für die Plattformarbeit ein schiede zugunsten von Frauen: Teubner, Gegenhuber Gender Pay Gap, der den verschiedenen Arbeits- und und Send (vgl. Teubner 2020) untersuchen Direktauf- Vergütungsstrukturen auf Plattformen gerecht wird, träge auf der Plattform Textbroker aus dem Jahr 2019 berechnen ließe. und stellen eine um 10 % höhere Pro-Wort-Vergütung von Frauen fest. Die Unterschiede sind hier überwiegend darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger besonders 2. 2. 7 Soziale Sicherung kurze oder besonders lange Texte erstellen, für die be- sonders hohe Pro-Wort-Vergütungen gezahlt werden. Bei vielen Plattformarbeitenden fehlt es an einer eigen- Zudem werden die Texte von Frauen zu 15 % seltener ständigen und existenzsichernden sozialen Absicherung, beanstandet als die von Männern. Auf der Reinigungs- die die Risiken Erwerbslosigkeit, Krankheit, Pflegebe- plattform Helpling (Männeranteil: 61 %) fordern Frauen dürftigkeit und Alter sowie Mutterschaft abdeckt. Das um 4 % höhere Stundenlöhne als Männer. Dieser Unter- betrifft v. a. selbstständige Plattformarbeitende im Nied- schied besteht selbst dann, wenn Faktoren wie Vorna- riglohnbereich. Zu vermuten ist, dass der Frauenanteil me, Bewertungen, Erfahrung, regionale Kaufkraftunter- bei den gut und sehr gut verdienenden Selbstständigen

63 sehr viel niedriger ist als in der Gruppe der Geringverdie- regelungen, sondern auch sozialrechtlichen Pflichten, nenden, ähnlich dem Verhältnis bei den traditionellen einschließlich der Übernahme von Sozialversicherungs- Selbstständigen (vgl. Gather et al. 2017: 20 ff., 84 ff.). Die beiträgen (Risak 2020: 29). Sachverständigenkommission für den Dritten Gleich- stellungsbericht knüpft an die Feststellung des Zweiten Bekannte geschlechtsbezogene Probleme Soloselbststän- Gleichstellungsberichts an, dass Soloselbstständigkeit diger finden sich auch in der Plattformarbeit. Typisch eine gleichstellungspolitische Herausforderung bleibt bei haushaltsnahen Dienstleistungen sind Mehrfach- (Bundesregierung 2017), geht im Folgenden aber genau- beschäftigungen in der Form, dass die selbstständige er auf die Besonderheiten der digitalen Wirtschaft und Tätigkeit über die Plattform mit einer geringfügigen spezifisch der Plattformarbeit ein. Beschäftigung kombiniert wird. Dies betrifft v. a. Frauen, die sich so der Rentenversicherungspflicht entziehen Der bereits genannten 2019 durchgeführten Studie können. Liegt zudem eine soziale Absicherung über der Bertelsmann Stiftung zufolge sind lediglich ein eine*n Ehe- oder Lebenspartner*in vor, befördert dies Viertel der als selbstständig geltenden Arbeitenden im die selbstständige Tätigkeit über Plattformen; denn die Rahmen ihrer Plattformarbeit sozial abgesichert. Die Alternative, die Ausweitung der sozialversicherungs- Absicherung beschränkt sich dabei überwiegend auf pflichtigen Beschäftigung, lohnt sich nicht, da sozialver- Alters- und Krankheitsrisiken. Bei Onlineplattform- sicherungs- und steuerrechtliche Nachteile überwiegen. arbeit ist der Anteil mit 26 % etwas höher als bei der Ein weiteres bekanntes, aber ungelöstes Problem ist die Offlinearbeit. Ein Drittel macht sich darüber durchaus Einkommenslücke bei Selbstständigen durch den feh- Gedanken, aber ebenso viele denken über soziale Absi- lenden Mutterschutz. Bei abhängig Beschäftigten wer- cherung weder nach noch sichern sie sich ab (Baethge den Lohnausfälle während der Schwangerschaft und der et al. 2019: 23 f.). Frühere Studien weisen ebenfalls auf Zeit der nachgeburtlichen Schutzfrist durch das Mutter- eine unzureichende Absicherung hin (Brenke/Beznoska schaftsgeld und den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld 2016: 53–57; Leimeister et al. 2016: 53 ff.). Soweit Platt- (Hoffer 2021) aufgefangen. Bei Selbstständigen ist das formarbeit als Nebenverdienst ausgeübt wird, besteht nur dann der Fall, wenn sie in einer gesetzlichen Kran- ggf. eine Absicherung über den Haupterwerb. Soweit kenversicherung mit entsprechendem Tarif versichert es sich dabei aber ebenfalls um eine selbstständige Tä- sind. Zudem wird der Einkommensausfall nur bis zu 13 tigkeit handelt (ergänzende Selbstständigkeit) – auch € pro Tag abgedeckt. Soweit § 19 Abs. 2 Mutterschutz- hier scheint der Anteil von Frauen besonders hoch zu gesetz greift (d. h., wenn die Betreffende nicht selbst sein (Kay et al. 2018) – fehlt unter Umständen bereits Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, beispiels- die sozialversicherungsrechtliche Absicherung über weise als familienversicherte Person), ist die Leistung den Haupterwerb. sogar auf insgesamt 210 € für die gesamte Schutzfrist begrenzt (ebd.). Geschlechterdifferenzierte Daten zur Plattformarbeit entzieht sich häufig dem Anwendungs- sozialen Absicherung Plattformarbeitender, die nach bereich des Arbeits- und Sozialrechts und führt demzu- der Art des Arbeitsverhältnisses und nach Haupt- und folge zu rechtlichen Unsicherheiten und Schutzlücken Nebenverdienst unterscheiden sowie Formen der Ab- zulasten der Plattformarbeitenden. Nach der Entschei- sicherung erheben, fehlen. dung des Bundesarbeitsgerichts vom 01.12.2020 (BAG 2020) kann Plattformarbeit zwar als Arbeitsverhältnis Nicht nur geschlechtsbezogene, sondern auch inter- bewertet werden, „wenn der Auftraggeber die Zusam- sektionale Risiken und Probleme auf dem Arbeitsmarkt menarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform finden sich in der Plattformarbeit wieder. Die Studie so steuert, dass der Auftragnehmer infolge dessen seine „Fairwork Deutschland“ (2020) stellt fest, dass ein Drittel Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten der Beschäftigten auf Plattformenüber eine Migrations- kann“. Die Entscheidung des Gerichts gilt jedoch zu- erfahrung oder -geschichte verfügen. Plattformarbeit nächst nur für den konkreten Fall. wird für viele Migrant*innen, die keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt finden, als Alternative wahr- Während Plattformarbeitende, die als Beschäftigte an- genommen (Borkert 2020, zitiert nach Güney-Frahm/ gestellt sind, einen umfassenden sozialversicherungs- Fuchs 2020: 6). Nicht zuletzt aufgrund eines unsiche- rechtlichen Schutz erfahren, sind die als selbstständig ren Aufenthaltsstatus oder unstetiger Arbeitsverläufe geltenden Plattformarbeitenden (bis auf wenige Aus- werden niedrige und schwankende Einkommen und nahmen) versicherungslos. In der Praxis ist festzustel- eine fehlende soziale Sicherung in Kauf genommen len, dass Plattformen Vertragsbeziehungen verstärkt (vgl. Risak 2020: 10). Auch und gerade angesichts dessen so gestalten, dass (Plattform)Arbeitende selbstständig ist es notwendig, selbstständige Plattformarbeitende im sind oder als selbstständig erscheinen (Wenckebach Niedriglohnbereich besser abzusichern und in die so- 2020: 165 ff.). Damit entziehen sich Plattformen nicht zialen Sicherungssysteme einzubeziehen. Dafür bedarf nur dem Geltungsbereich arbeitsrechtlicher Schutz- es erstens niedrigschwelliger Verfahren, um den recht-

64 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

lichen Status der Plattformarbeitenden festzustellen. setzung rechtlicher Ansprüche im Bereich Familie und Aus rechtlicher Sicht gilt als Arbeitnehmer*in, wer im Beruf bei dem Schutz vor Diskriminierung unterstützen. Hinblick auf die Inhalte der Arbeit, deren Durchfüh- rung sowie Zeit und Ort der Tätigkeit weisungsgebun- Aufgrund der Arbeitsorganisation von Plattformen und den und fremdbestimmt arbeitet. Zur neuen Arbeits- der damit einhergehenden Umgehung arbeitsrechtli- organisation in der Plattformökonomie passt diese am cher Anforderungen fehlt es in der Plattformökonomie Normalarbeitsverhältnis orientierte Definition nicht häufig an Mitbestimmungsstrukturen und kollektiven mehr, was zu Abgrenzungsschwierigkeiten und recht- Interessenvertretungen. Es gibt einige Ausnahmen, bei- lichen Unsicherheiten führt (Wenckebach 2020: 172 f.; spielsweise die Plattform Lieferando, für die es europa- vgl. LAG München 2019 ; BAG 2020). Die Praxis zeigt weit gelang, eine gewerkschaftliche Organisation her- zudem, dass es schwierig ist, einen Einblick in die von zustellen, oder Rider, für die in Norwegen ein Tarifver- den Plattformen bestimmte Arbeitsorganisation zu trag abgeschlossen wurde. Bislang thematisieren die bekommen. Der Einblick ist aber wesentlich, um ein Initiativen, die sich für eine stärkere Mitbestimmung Arbeitsverhältnis nachzuweisen. Bislang waren oft Ge- der Plattformarbeitenden einsetzen oder Standards für richtsentscheidungen notwendig, um zu beurteilen, faire Arbeitsbedingungen etablieren, allerdings kaum wie die Arbeitszuteilung erfolgt und wie die Leistungs- geschlechtsbezogene Ungleichheiten. erbringung kontrolliert und sanktioniert wird. Zudem handelt es sich immer nur um Momentaufnahmen Kollektiven Interessenvertretungen Plattformarbeiten- des Geschäftsmodells, das als solches oder in seiner der stehen zwei zentrale Hindernisse entgegen. Soweit konkreten Ausgestaltung rasch abgewandelt werden Plattformarbeit als selbstständige Beschäftigung gilt, kann, etwa indem die für die Arbeitszuteilung oder greifen erstens u. a. die im Betriebsverfassungsgesetz -kontrolle verwendeten Algorithmen neu programmiert geregelten Pflichten zur Einrichtung betriebsinterner werden (Risak 2020: 16 ff.). Zweitens braucht es Rege- Interessenvertretungen wie Betriebsräte nicht. Die über lungen, die eine eigenständige und existenzsichernde Plattformen vermittelte Arbeit stellt nach wie vor eine soziale Absicherung unabhängig vom Status der Platt- rechtliche Grauzone mit unklaren betrieblichen Struk- formarbeitenden gewährleisten. Der Zweite Gleichstel- turen und Begrifflichkeiten dar (Haipeter/Hoose 2019). lungsbericht legte bereits Vorschläge zur Absicherung Selbstständige wiederum zählen nicht zu den typischen bei (Solo-)Selbstständigkeit vor (vgl. Bundesregierung Mitgliedern der Gewerkschaften, und der Abschluss von 2017). Wenn die Plattformarbeit als mögliches Abbild Tarifverträgen für Soloselbstständige – als klassisches der Zukunft der Arbeit verstanden wird (OECD 2019; Mittel für die kollektive Verbesserung der Arbeitsbedin- IVSS 2019), bedarf es zudem einer gesellschaftlichen gungen – stößt schnell an die Grenzen des Kartellrechts Diskussion darüber, wie sich die digitale Wirtschaft an (Hensel 2020: 86; siehe auch Podszun 2020). Zweitens der Finanzierung des erwerbszentrierten Sozialversiche- sieht die Arbeitsorganisation von Plattformen keine fes- rungssystems beteiligen soll. Eine angemessene Beteili- ten Betriebsstrukturen und keine gemeinsame Präsenz gung der Plattformbetreibenden ist eine Voraussetzung der Beschäftigten vor, was den Informationsaustausch dafür, den Vertragsgestaltungen zulasten des sozial- und zwischen und mit den Arbeitenden und deren kollekti- arbeitsrechtlichen Schutzes Plattformarbeitender zu be- ve Interessenvertretung erheblich erschwert (Haipeter/ gegnen. Über Plattformen können die ökonomischen Hoose 2019; Fritsch/von Schwichow 2020). Anders als Transaktionen einer Vielzahl Selbstständiger zentral in regulären Beschäftigungsverhältnissen gibt es (un- und digital erfasst werden; daraus ergeben sich neue abhängig vom rechtlichen Status der Plattformarbeiten- Potenziale für die Verwaltung der sozialen Sicherung den) keinen Betrieb mit klassischen gewerkschaftlichen und für die Forschung (Freudenberg et al. 2019: 391). Organisationsformen und mit Betriebsratsarbeit. Hinzu kommt die internationale und virtuelle Natur von Platt- formarbeit, die es Arbeitenden erschwert, sich in Bezug 2. 2. 8 Fehlen von Mitbestimmungsstrukturen auf ihre Interessen auszutauschen, zu einigen und zu und Interessenvertretungen organisieren (Hensel 2020; Risak 2020).

Mitbestimmungsstrukturen und Interessenvertretungen Einige (kleinere) Plattformen im deutschsprachigen sind für die Gleichstellung von Frauen und Männern und Raum bieten ihren Arbeitenden Partizipationsmöglich- für gleiche Verwirklichungschancen unabhängig vom keiten. Diese betreffen v. a. die funktionalen Arbeits- Geschlecht deshalb relevant, weil kollektive Regulierun- prozesse der Plattformen: Plattformarbeitende geben gen Geschlechterungleichheiten mindern können. So beispielsweise Rückmeldungen zur Verbesserung der scheinen geschlechtsbezogene Vergütungsunterschie- Arbeitsabläufe über Kontaktformulare, in Foren oder de dort am geringsten zu sein, wo es eine betriebliche bei Treffen, zu denen ausgewählte Arbeitende eingela- Tarifpolitik gibt (Hans-Böckler-Stiftung 2016). Zudem den werden (Gegenhuber et al. 2018). Partizipation ist können kollektive Interessenvertretungen die Durch- in diesen Fällen also auch, wenn nicht gar hauptsäch-

65 lich, im Interesse der Plattformen – und weit entfernt operiert die IG Metall mit der Bottom-up-Initiative der von einer kollektiven Organisation der Plattformarbei- „Youtubers Union“, um Druck auf Google auszuüben tenden, um beispielsweise gegen Benachteiligungen im und die Rechte der Produzent*innen von Videos und Arbeitskontext aktiv werden zu können. Eine Interes- anderen Inhalten auf Youtube zu verbessern (Fairtube senvertretung, die die ungleichen Machtbeziehungen o. J.). Gleichstellungsrelevante Themen, beispielsweise zwischen Plattformarbeitenden, Plattformbetreiben- geschlechtsbezogene Vergütungsstrukturen, Regelungen den und Kund*innen verändern könnte, ist auch aus- zum Schutz vor digitaler Gewalt oder die Vermeidung drücklicher Wunsch Plattformarbeitender (Baethge et von Benachteiligungen in Bewertungssystemen und al. 2019). Es gibt einige Initiativen, die die Interessen durch automatische Steuerungsmechanismen fehlen der Plattformarbeitenden zu stärken versuchen. Dazu jedoch in den beschriebenen Anforderungen und Stan- zählen Bottom-up-Initiativen, die von Plattformmit- dards. arbeitenden, manchmal zusammen mit externen Ini- tiativen, ins Leben gerufen wurden. Ein beachtenswer- Exkurs: Plattformen zur Bedarfsdeckung tes Beispiel ist „Turkopticon“, ein Ratingsystem, das es im Rahmen gemischter Pflege- und Plattformarbeitenden ermöglicht, Auftraggeber*innen/ Betreuungsarrangements Kund*innen zu bewerten und entsprechende Bewer- tungen einzusehen (Irani/Silberman 2013). „Fairwork“, Am Beispiel von Pflege und Betreuung lässt sich zei- eine durch Wissenschaftler*innen ins Leben gerufene gen, dass Plattformen bestimmte Lücken öffentlicher Initiative, entwickelte Kriterien, anhand derer Plattfor- Versorgung ohne ausreichende Kontrolle und ohne men bewertet werden können. Erarbeitet wurden diese die geschilderten Rahmenbedingungen nur unzurei- Kriterien gemeinsam mit verschiedenen Interessenver- chend schließen können. Die Pflegesituation gilt in treter*innen, der ILO, nationalen Regulierungsbehör- Deutschland seit Jahren als angespannt. Engpässe sind den sowie anderen Organisationen. Sie thematisieren insbesondere im Bereich flexibler und niederschwel- u. a. die Bezahlung, Arbeits- und Vertragsbedingungen, lig verfügbarer Betreuungsarrangements zu verzeich- Kommunikations- und Beschwerdemechanismen sowie nen. Auf den Bedarf an Betreuungsarrangements, „die Mitbestimmungsstrukturen (Fairwork 2020). kurzfristig und quartiersnah verfügbar sind und be- darfsgerecht sowie schnittstellensensibel kombiniert Auch Gewerkschaften nehmen sich inzwischen der Auf- werden können“, wies bereits der Zweite Gleichstel- gabe an, die Interessen Plattformarbeitender zu stärken. lungsbericht hin (Bundesregierung 2017: 166). Insbe- So veröffentlichte die länderübergreifende Gewerk- sondere gemischte Betreuungsarrangements tragen schaftsinitiative „Fair Crowd Work“ in der „Frankfurter den Anforderungen zwischen professionellen Pfle- Erklärung zu plattformbasierter Arbeit“ Anforderungen geleistungen und informeller Pflegeverantwortung an sozial nachhaltige Arbeitsbedingungen auf digitalen Rechnung (ebd.: 166 f.). Plattformen. Die Erklärung definiert Mindeststandards, was das Mindesteinkommen, die soziale Absicherung, Im Zuge der Digitalisierung entwickeln sich Geschäfts- den Rechtsschutz gegen Diskriminierung, Misshand- modelle, die bestehende Versorgungslücken aufgreifen lung und unrechtmäßige Kündigung sowie das Recht, (Bojadžijev/Wallis 2020, siehe auch Güney-Frahm/Fuchs sich gewerkschaftlich zu organisieren, betrifft (HK et al. 2020). Ergänzend zum institutionalisierten Pflegesektor 2016). Die IG Metall einigte sich im Dialog mit einigen etablierte sich innerhalb der Plattformökonomie die deutschen Plattformen auf einen Code of Conduct mit Vermittlung personenbezogener Pflege- und Betreu- ähnlichen Mindeststandards. Insbesondere konkreti- ungsleistungen.29 Dienstleistende der pflegerischen und siert der Code Anforderungen an eine faire Bezahlung; sozialen Betreuung sowie der Hauswirtschaft können daneben verpflichtet er die beteiligten Plattformen über entsprechende Plattformen kontaktiert und ge- u. a. auf Verfahrensregeln bei Beschwerden sowie dar- bucht werden. Wie in der Plattformökonomie insgesamt auf, Möglichkeiten der Kommunikation zwischen den ist auch in diesem Bereich die (Solo-)Selbstständigkeit Arbeitenden zu schaffen. Die Vereinbarung ist eine frei- vorherrschend. willige Selbstverpflichtung der beteiligten Plattformen, die eine faire Zusammenarbeit von Unternehmen und Dem steigenden und bereits seit Längerem ungedeck- Plattformarbeitenden fördern soll (IG Metall o. J.). Für ten Bedarf, den inzwischen offensichtlichen Lücken Beschwerden, etwa zur Vergütung oder zu den Abläu- in der Versorgung und dem Bemühen, qualitativ gute fen einer Plattform, hat die IG Metall eine Ombudsstel- le eingerichtet, die nach einvernehmlichen und fairen 29 Diese Plattformen sind nicht zu verwechseln mit Plattformen im Lösungen für Plattformbetreibende und -arbeitende Pflegebereich, die nicht der Vermittlung von Dienstleistungen die- sucht; Voraussetzung ist, dass die Plattformen einen nen, beispielsweise mit der seit Ende 2019 existierenden Plattform entsprechenden Verhaltenskodex unterzeichnet ha- www.mitunsleben.de der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V., die Angebote konventioneller Träger im ben (Ombudsstelle IG Metall o. J.). Darüber hinaus ko- Internet verfügbarer und sichtbarer machen will.

66 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

und zugleich flexible Angebote vorzuhalten, stehen Hinblick auf geschlechtsbezogene Verwirklichungs- prekäre Beschäftigungsbedingungen auf Plattformen chancen überprüft werden. gegenüber. Das verdeutlicht die Expertise „Gigwork in Betreuung und Pflege. Digital vermittelte soziale Die Forderung des Zweiten Gleichstellungsberichts, Dienstleistungen in Berlin“ (ArbeitGestalten 2020), mehr öffentliche Angebote geschlechtergerechter, die eine Risikoverlagerung insbesondere zulasten gemischter Pflege- und Betreuungsarrangements im unqualifizierter Pflegekräfte kritisiert: Sozialraum zu schaffen, hat weiterhin Bestand. So- lange diese Forderung nur unzureichend erfüllt ist, „Die Risiken werden auf allen Qualifikationsniveaus besteht die Gefahr, dass der Bedarf auf problematische deutlich unterschätzt. Die Möglichkeit, bei einem Weise über Plattformarbeit gedeckt wird. Die Sach- dauerhaften Ausbleiben von Aufträgen in eine -so verständigenkommission empfiehlt diesbezüglich zialversicherungspflichtige Beschäftigung bei einer die Durchführung kommunaler Modellprojekte, die Pflegeeinrichtung zu wechseln, haben aber nur die öffentliche oder genossenschaftliche Plattformangebo- ausgebildeten Care-Gigworker. Das Wissen um die- te für gemischte Pflege- und Betreuungsarrangements se Ausweichmöglichkeit scheint mit einer gewissen erproben, um Versorgungslücken unter Einbeziehung Risikobereitschaft einherzugehen, andere Wege zu einer intersektionalen Perspektive geschlechterge- gehen, um bessere Arbeitsbedingungen zu finden. Die recht zu schließen. Situation der geringer bzw. nicht formal qualifizier- ten Betreuungskräfte stellt sich ohne diese Exit-Option Rechtlichen Status klarstellen als deutlich prekärer heraus.“ (ebd.: 41) Der ungeklärte Status Plattformarbeitender führt bei ihnen selbst, bei Auftraggeber*innen bzw. den Kund*in- Damit werden Verwirklichungschancen nicht formal nen und bei den Plattformen zu erheblichen rechtlichen qualifizierter Pflege- und Betreuungskräfte beschnitten, Unsicherheiten. Daher empfiehlt die Sachverständigen- bei denen es sich zudem häufig um Migrantinnen mit kommission, niedrigschwellige Verfahren zur Feststel- unsicherem Aufenthaltsstatus handelt (vgl. Bojadžijev/ lung des rechtlichen Status der Plattformarbeitenden zu Wallis 2020, siehe auch Güney-Frahm/Fuchs 2020). etablieren. Da die Arbeitsorganisation von Plattformen in der Regel nicht von außen einsehbar ist, lässt sich eine Die Sachverständigenkommission erneuert die For- Abweichung von der herkömmlichen Beweislastvertei- derung des Zweiten Gleichstellungsberichts, mehr öf- lung begründen. Dazu sollte eine gesetzliche Vermutung fentliche Angebote geschlechtergerechter gemischter für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Betreuungsarrangements im Sozialraum zu schaffen, Sinne des § 7a Abs. 1 SGB IV normiert werden, die von denn für eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und der Plattform widerlegt werden kann. Sorgearbeit sind sie grundlegend (Bundesregierung 2017: 166 f.). Solange diese Forderung nur unzurei- Individuelle Klagen und damit finanzielle Risiken auf chend erfüllt ist, decken Plattformen den hohen Be- Kosten der Plattformarbeitenden – aufgrund niedriger darf an Versorgungsangeboten wie beschrieben auf Einkünfte werden damit Frauen besonders belastet – problematische Weise ab. gilt es zu vermeiden. Daher sollte zudem ein generelles Statusfeststellungsverfahren als Zertifizierung etabliert werden. Dafür sollte das jeweilige Geschäftsmodell auf 2. 3 Handlungsempfehlungen Basis der Angaben der Plattformbetreibenden abstrakt geprüft werden; der rechtliche Status der Plattformar- Wissenslücken zu Geschlechterverhältnissen in der beitenden könnte so für alle Beteiligten – solange das Plattformarbeit schließen Geschäftsmodell nicht in relevanter Weise geändert Die Sachverständigenkommission empfiehlt die Stär- wird – rechtlich bindend festgestellt werden. kung der Forschung zu Geschlechterfragen in der digi- talen Wirtschaft. Insbesondere gilt es zu analysieren, Soziale Absicherung ermöglichen inwiefern in Plattformarbeit geschlechtsbezogene Ver- Soweit Plattformarbeitende nicht ohnehin als Arbeit- wirklichungschancen bestehen, und gleichstellungs- nehmer*innen gelten oder ihnen gemäß § 12 Abs. 1 SGB orientierte Regelungsalternativen aufzuzeigen – unter IV als Heimarbeitende gleichgestellt sind, müssen sie Berücksichtigung anderer gesellschaftlich relevanter einen mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitneh- Kategorien wie Herkunft, sozialer Stellung oder regio- mer*innen vergleichbaren Schutz erfahren, um einen naler Unterschiede. Unterbietungswettbewerb zu verhindern. Sofern es sich tatsächlich um eine selbstständige Erwerbstätig- Bisherige Regulierungsvorschläge zur Plattformöko- keit handelt, fehlt es an Maßnahmen, die eine eigen- nomie, die im Auftrag von Bund und Ländern bzw. von ständige und existenzsichernde soziale Absicherung ihnen selbst erarbeitet wurden und werden, müssen im gewährleisteten, gerade im Niedriglohnbereich. Dies

67 betrifft aufgrund der ungleichen Verteilung von Sor- Plattformarbeitende in den Anwendungsbereich gearbeit v. a. Frauen sowie Menschen mit unsicherem des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ein- Aufenthaltsstatus. Daher bedürfen auch Plattform- beziehen arbeitende, die nach gegenwärtiger Rechtslage nicht Ein Teil der Plattformarbeitenden sind als Arbeitneh- als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte gelten, mer*innen oder arbeitnehmer*innenähnliche Personen der Einbeziehung in die Sozialversicherung mit vollem vom persönlichen Anwendungsbereich des arbeits- Versicherungsschutz. rechtlichen Benachteiligungsverbots (§ 7 AGG) erfasst; dennoch sollte aus Gründen der Rechtssicherheit, der Auch im Falle eines Fortbestehens der gegenwärtigen Normenklarheit und um Schutzlücken zu schließen – Rechtslage sollten Plattformen für die Finanzierung etwa für tatsächlich selbstständige Plattformarbeitende der sozialen Vorsorge der Plattformarbeitenden in die – der Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbe- Pflicht genommen werden. Dies könnte beispielsweise handlungsgesetzes (AGG) ergänzt werden. über einen von den Plattformen zu entrichtenden mo- netären Beitrag geschehen. Dazu könnte § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG wie folgt ge- ändert werden: Darüber hinaus sollten folgende flankierende Maßnah- men ergriffen werden: Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Un- selbstständigkeit als arbeitnehmer*innenähnliche » Die Plattformen sind in die Pflicht zu nehmen, Platt- Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch formarbeitende über die Möglichkeiten einer Alters- die in Heimarbeit Beschäftigten, die ihnen Gleich- vorsorge zu informieren. Die von der gesetzlichen gestellten und Personen, die eine oder mehrere Vermitt- Rentenversicherung geplante säulenübergreifende lungsplattformen für die Ausübung ihrer beruflichen Renteninformation sollte auch Plattformarbeiten- Tätigkeit nutzen. de berücksichtigen und sie über ihre Altersvorsorge informieren. Als weitergehende Alternative empfiehlt die Kommis- sion jedoch die folgende Neufassung von § 6 Abs. 3 AGG, » Die Plattformarbeit ist eine atypische und meist der die Anwendung des AGG für Selbstständige und prekäre Beschäftigungsform für Frauen. Die be- Organmitglieder bislang auf den Zugang zu Erwerbs- kannten Fehlanreize im Sozial- und Steuerrecht tätigkeit und den beruflichen Aufstieg beschränkt: kommen hierbei besonders zur Wirkung. Im Sin- ne einer längerfristigen und eigenständigen Exis- § 6 Abs. 3 AGG: Die Vorschriften dieses Abschnitts gel- tenzsicherung von Frauen gelten somit weiter die ten für Selbstständige und Organmitglieder, insbeson- Empfehlungen aus dem Zweiten Gleichstellungs- dere Geschäftsführende und Vorstände, entsprechend. bericht (und dem Neunten Familienbericht) für eine Reform des Ehegattensplittings und der Mit- Damit wären erstens auch selbstständig tätige Plattform- versicherung in der gesetzlichen Kranken- und arbeitende vom Schutzbereich des AGG erfasst. Mit die- Pflegeversicherung. ser Regelung wäre zweitens das AGG für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführende » Auch in der Plattformarbeit können Geringfügig- und Vorstände, nicht nur für den Zugang und den be- keitsgrenzen durch die Kombination mehrerer Ne- ruflichen Aufstieg, sondern für den gesamten Bereich benbeschäftigungen umgangen werden, dies gilt der Erwerbstätigkeit anwendbar. es zukünftig zu verhindern. Die Sachverständigen- kommission empfiehlt der Bundesregierung, eine Außerdem sollte der persönliche Anwendungsbereich zentrale und digitale Erfassung aller ökonomischen in § 6 Abs. 2 AGG, der den Begriff des Arbeitgebers / der Transaktionen über Plattformen zu prüfen und um- Arbeitgeberin definiert, so angepasst werden, dass die zusetzen. Beispielsweise könnten wie in Frankreich Vorschriften des AGG, insbesondere § 12 AGG, auf die Plattformen verpflichtet werden, automatisch und Betreibenden von Plattformen zur Vermittlung von Ar- umfassend an die Steuerbehörden alle relevanten beit entsprechend anzuwenden sind. Dadurch wären die finanziellen Transaktionsdaten sowie Daten zur Plattformbetreibenden dazu verpflichtet, wirksame Maß- Identität der Beteiligten einschließlich der Leis- nahmen zum Schutz der Plattformarbeitenden vor Dis- tungserbringenden weiterzuleiten (wenn festgeleg- kriminierung und (sexualisierter) Belästigung zu treffen. te finanzielle Schwellenwerte oder eine bestimmte Anzahl an Transaktionen überschritten wurden); Schutz vor algorithmischer Diskriminierung die Steuerbehörden können die Daten dann an die Um die mit der Nutzung von Algorithmen einherge- Sozialversicherung übermitteln. henden Diskriminierungsrisiken zu vermeiden, bedarf es eindeutiger rechtlicher Pflichten. Dazu gehört, die

68 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

„algorithmische Aufgabenverteilung in der Plattform- geschlechtsbezogenen und intersektionalen Einkom- arbeit“ in die Positivliste der Vorgänge nach Art. 35 mens- und Vergütungsunterschieden befassen, zum Abs. 4 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) aufzu- anderen ein Konzept zur Berechnung von Einkom- nehmen, für die eine Datenschutz-Folgenabschätzung mensunterschieden in Anlehnung an den Gender Pay durchzuführen ist. Zudem ist die Datenschutz-Folgen- Gap entwickeln. abschätzung inhaltlich um Diskriminierungsrisiken zu erweitern (vgl. Art. 35 Abs. 7 DSGVO). Die zuständigen Darauf aufbauend sollten Mechanismen zum Abbau Aufsichtsbehörden sollten Plattformen auf die Einbezie- von Vergütungsunterschieden etabliert werden. Dazu hung von Diskriminierungsrisiken als Teil der Folgen- gehört erstens, Plattformarbeit in den Schutz vor (Ent- abschätzung nach Art. 35 DSGVO hinweisen. gelt-)Diskriminierung gemäß dem AGG – unabhängig vom rechtlichen Status der Plattformarbeitenden – ein- Plattformarbeit ist durch einen hohen Grad an Infor- zubeziehen. Zweitens sind Berichtspflichten der Platt- mationsasymmetrie zwischen Plattformbetreibenden formen einzuführen, was Entgeltstrukturen betrifft, und -arbeitenden geprägt; daher wird eine Beweislast- sowie entsprechende Auskunftsansprüche der Platt- umkehr für den Fall der Diskriminierung durch Algo- formarbeitenden, die es ermöglichen, diskriminierende rithmen im Arbeitsbereich vorgeschlagen, wenn die Strukturen aufzudecken. Algorithmen nur für die Plattform selbst einsehbar sind. In § 22 AGG sollte aufgenommen werden, dass Ab einer gewissen Anzahl Plattformnutzender sollten Plattformbetreibende die Beweislast dafür tragen, dass im Rahmen der Berichtspflicht nach Geschlecht diffe- sie beim Einsatz algorithmischer Systeme nicht gegen renzierte Kennzahlen transparent gemacht werden, die die Bestimmungen des AGG zum Schutz vor Benach- Auskunft über die Anzahl der registrierten Arbeitenden, teiligungen verstoßen. über Einkünfte und über Tätigkeiten (Umfang, Kate- gorie) geben. Zu prüfen wäre zudem die Erweiterung Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche (insbeson- der Berichtspflicht auf weitere diskriminierungsrele- dere Art. 15 DSGVO) sind für den Einsatz algorithmi- vante Kategorien. scher Systeme in der Plattformarbeit zu konkretisieren. Es sind Informations- und Offenlegungspflichten zu Des Weiteren ist zu gewährleisten, dass auch bei selbst- schaffen, sodass betroffene Personen umfassend über ständiger Plattformarbeit ein Mindestentgelt gezahlt den Einsatz algorithmischer Systeme und deren Funk- wird, das der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns ent- tionsweise informiert werden. spricht; dabei ist die Gesamtheit der notwendigen Tätig- keiten bei der Ausführung von Plattformarbeit einzu- Daten, aus denen die sexuelle Orientierung oder das beziehen, beispielsweise auch notwendige, aber bisher Geschlecht hervorgehen, sollten im Arbeitskontext unbezahlte Vorbereitungen. Entsprechende Vereinba- wie die besonderen Datenkategorien im Sinne des Art. rungen sollten nicht nur in freiwilligen Vereinbarungen 9 DSGVO besonders geschützt sein. Die Verarbeitung (beispielsweise in einem Code of Conduct), sondern ver- dieser Daten sollte grundsätzlich untersagt und nur pflichtend in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen zulässig sein (AGB) der Plattformen verankert werden. (vgl. Systematik des Art. 9 DSGVO). Eine solche Rege- lung würde nicht zuletzt dafür sensibilisieren, dass Reputationssysteme reformieren und Übergang in Geschlecht kein relevantes oder legitimes Kriterium den regulären Arbeitsmarkt erleichtern zur Beurteilung der Arbeitsleistung von Menschen Plattformarbeitende sollten die Möglichkeit erhalten, ist. Ausnahmeregelungen können ausreichend Raum beim Wechsel auf eine andere Plattform auf ihrer be- schaffen, um berechtigten Interessen an der Verarbei- stehenden Onlinereputation aufzubauen. Dies könnte tung der Daten, aus denen die sexuelle Orientierung durch einen verbindlichen Anspruch auf Tätigkeits- oder das Geschlecht hervorgehen, nachzukommen. Ein nachweise und zusammenfassende Reputationsberichte berechtigtes Interesse besteht insbesondere, wenn be- durch die Plattform geschehen oder mittels technischer stehende und strukturelle Nachteile durch geschlechts- Interoperabilität der Reputationssysteme von Plattfor- spezifische Fördermaßnahmen ausgeglichen werden men. Zu diesem Zweck sollte das Verständnis von Art. sollen (§ 5 AGG). 20 DSGVO („Datenportabilität“) auf Reputationsdaten ausgeweitet werden. Entgeltgleichheit gewährleisten Der Rechtsanspruch auf gleichen Lohn für gleiche und Um zu verhindern, dass die Übermittlung von Bewer- gleichwertige Arbeit muss auch in der Plattformöko- tungen und Erkenntnissen bezüglich Plattformarbei- nomie gelten. Die Sachverständigenkommission emp- tenden von Dritten (beispielsweise Versicherungen) fiehlt, Studien zu Entgeltunterschieden auf Plattformen über Art. 20 DSGVO eingefordert werden kann, ist ein in Auftrag zu geben, die sich zum einen vertieft mit Verbot der Nutzung solcher Daten für andere Zwecke

69 als die ursprünglichen Zwecke der Beurteilung der pekte, etwa unter Bezug auf die gleichstellungsbezoge- Arbeitsleistung vorzusehen. nen Standards der ILO, einfließen.

Da sich die Onlinereputation unmittelbar aus den Be- Die Sachverständigenkommission empfiehlt, eine An- wertungen der Kund*innen ergibt und damit möglicher- lauf-, Beschwerde- und Schlichtungsstelle für Platt- weise nicht frei von Diskriminierungen ist, benötigen formarbeitende zu schaffen, die (Rechts-)Beratung und Plattformarbeitende transparente Beschwerdemecha- Vermittlung zu Arbeitsrechten, sozialer Sicherung, Dis- nismen zur Klärung bzw. Anfechtung von Bewertun- kriminierung, (sexueller) Gewalt und aufenthaltsrecht- gen. Die Plattformen selbst sollten verpflichtet werden, lichen Fragen bietet sowie Austausch und Raum für Diskriminierung durch die Kund*innen zu verhindern; Organisierung ermöglicht. dazu gehört, sicherzustellen, dass Kommentierungen und Bewertungen von Arbeitenden und Anbieter*innen Die bereits existierende „Verordnung (EU) 2019/1150 anhand sachlicher Kriterien erfolgen und transparent des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni gehandhabt werden. 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“ Plattformarbeitende sollten ihre Erfahrungen und (di- (die sogenannte Platform-to-Business-Verordnung [P2B- gitalisierungsbezogenen) Kompetenzen, die sie im Rah- VO]) sollte als Baustein eines europäischen Regelungs- men ihrer Plattformtätigkeit erworben haben, formal rahmens für die Plattformökonomie genutzt werden, nachweisen können; dies unterstützte einen Wechsel in der nicht nur gewerblich Tätige, sondern alle auf Platt- den regulären Arbeitsmarkt. Hierfür könnte die Bundes- formen tätigen Personen erfasst. Die für den 13.01.2022 verwaltung gemeinsam mit Verbänden, Gewerkschaften avisierte Evaluation der Verordnung sollte aus gleichstel- sowie Expert*innen insbesondere aus der Digitalbranche lungsrechtlicher Perspektive aktiv begleitet und voran- ein standardisiertes Verfahren entwickeln, das Erfah- getrieben werden. Sicherzustellen ist, dass die Schutz- rungen und (digitalisierungsbezogene) Kompetenzen mechanismen unabhängig von dem jeweils zugrunde aus der Plattformarbeit erfasst. liegenden Vertragsstatut bzw. dem arbeitsrechtlichen Status der Plattformarbeitenden Wirkung entfalten. Unterstützungsmechanismen gewährleisten, ein- schließlich Interessenvertretungen und Mitbestim- Die Richtlinie (EU) 2019/1152 adressiert auch Arbeitneh- mungsstrukturen mer*innen und eventuell auch arbeitnehmer*innenähn- Die Wahrnehmung gewerkschaftlicher Rechte und be- liche Personen auf Onlineplattformen. Einzelne Aspekte trieblicher Mitbestimmung muss im Rahmen von Platt- der Richtlinie (beispielsweise die Begründungspflicht bei formarbeit ermöglicht werden, und zwar unabhängig Kündigungen und Regelungen zur Beweislastumkehr) vom rechtlichen Status der Arbeitenden. Gegebenenfalls können den Informationszugang und die Rechtsstellung muss der Anwendungsbereich des § 12a Tarifvertrags- prekär beschäftigter Plattformarbeitender verbessern. gesetz (TVG) entsprechend erweitert werden, um zu ver- Dafür bedarf es einer nationalen Umsetzung, die die hindern, dass das Kartellverbot in diesem Kontext die Anwendbarkeit auch für arbeitnehmer*innenähnliche Koalitionsfreiheit beeinträchtigt. Die Koalitionsfreiheit Plattformarbeitende rechtssicher klarstellt. Der Schutz ist in verschiedenen Menschenrechtsabkommen ver- durch Transparenzpflichten und Mindestanforderun- ankert und gehört zu den Kernarbeitsnormen der ILO. gen, den die Richtlinie (EU) 2019/1152 bieten kann, bleibt für Plattformarbeitende gleichwohl lückenhaft. Plattformarbeitende müssen auch im virtuellen Raum Die sachlich passenderen Regelungen der P2B-VO wie- die Möglichkeit haben, in Interaktion miteinander zu derum sind auf Plattformarbeitende nur eingeschränkt treten. Daher sollten Plattformen dazu verpflichtet wer- anwendbar. Der persönliche Anwendungsbereich der den, entsprechende Kommunikationsstrukturen (wie P2B-VO sollte deshalb auf alle auf Plattformen arbei- Foren oder eine Direktnachrichtenfunktion) einzu- tenden Menschen, unabhängig von ihrem rechtlichen richten. Zudem muss sichergestellt werden, dass auch Status, ausgeweitet werden. Interessenvertretungen digitale Zugangsrechte haben. Vor geschlechtsbezogener (digitaler) Gewalt schützen Neuartige Koalitionen, Organisationen und Initiati- Die Vermittlung von Angeboten über Plattformen führt ven wie FairWork und FairCrowdwork oder Selbstver- zu einem erhöhten Risiko digitaler und analoger Ge- pflichtungen von Plattformen im Rahmen eines Code walt. Plattformen sind bereits jetzt über § 241 Abs. 2 BGB of Conduct sollten unterstützt und verstetigt werden. verpflichtet, den Schutz der Rechte und der Interessen Geschäftsbedingungen von Plattformen sollten einer Plattformarbeitender zu gewährleisten. Dazu gehört AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch auch, digitale und analoge geschlechtsbezogene Gewalt (BGB) unterliegen. Zugleich müssen Gleichstellungsas- effektiv zu unterbinden.

70 Digitale Wirtschaft B.II Geschlechterverhältnisse in der Plattformökonomie 2

§ 618 BGB verpflichtet Dienstberechtigte allgemein dazu, das Leben und die Gesundheit der Dienstverpflichteten zu schützen. Die Gesetzgebung sollte klarstellen, dass diese Generalnorm auch Plattformbetreibende adressiert. Gleichzeitig gilt es, den Schutz vor Gewalt, einschließ- lich entsprechender Beschwerdeverfahren, Ansprech- personen und Sanktionen, in den AGB der Plattformen zu verankern. Die Ausdehnung des Anwendungsberei- ches des AGG auf Plattformarbeit verpflichtete auch Be- treibende von Plattformen dazu, neben entsprechenden Verboten institutionelle Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt zu verankern (§ 12 AGG).

Auch angesichts der besonderen Rahmenbedingun- gen von Plattformarbeit, die Grenzüberschreitungen erleichtern, müssen Plattformen aktiv über Risiken geschlechtsbezogener Gewalt informieren, sie verhin- dern und Plattformarbeitenden die Wahrnehmung ih- rer Rechte ermöglichen. Dazu sind niedrigschwellige Unterstützungsmechanismen einzurichten – bei den Plattformen selbst sowie bei unabhängigen Beratungs- und Unterstützungsstellen wie Gewerkschaften oder NGOs. Zudem sind kollektive Durchsetzungsmechanis- men, einschließlich einer Verbandsklage zum Schutz vor Diskriminierung, zu etablieren.

Die Anonymität der auf Plattformen aktiven Personen bringt gewisse Probleme mit sich, u. a. für die Rechts- verfolgung bei strafbarem Vorgehen. Daher ist über eine Neujustierung des Verhältnisses von Anonymität und Reidentifikation nachzudenken. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Anonymität auch dem Schutz der betrof- fenen Personen dienen kann.

71 Die Frage der dafür notwendigen Kompetenzen und B. III Digitalisierte Wirtschaft des notwendigen Kompetenzerwerbs beleuchtet der nachfolgende Abschnitt (Kapitel B.III.2). Sie berührt Die digitalisierte Wirtschaft umfasst alle wirtschaftli- das gleichstellungspolitische Ziel des geschlechtsunab- chen Bereiche, bei denen Informations- und Kommu- hängigen Zugangs zu digitalisierungsbezogenen Kom- nikationstechnologie (IKT) zwar nicht im Zentrum der petenzen über den gesamten Lebensverlauf, auch im wirtschaftlichen Aktivitäten steht, aber doch intensiv Hinblick auf eine damit verbundene Auflösung von genutzt wird. Ihre Nutzung verändert bestehende wirt- Geschlechterstereotypen. schaftliche Aktivitäten in verschiedensten Branchen, beispielsweise deren organisationale Abläufe. Die digi- Der Eintritt in eine neue Stelle ist ein wichtiger Über- talisierte Wirtschaft ist somit die nächstäußere „Zwie- gang im Lebensverlauf; am Beispiel von Algorithmen belschicht“, sie steht mit der Digitalwirtschaft und der in der Personalauswahl (Kapitel B.III.3) wird exemp- digitalen Wirtschaft in Verbindung, sie beeinflussen larisch untersucht, wie der Einsatz von Technologien und verstärken sich gegenseitig. – konkret von algorithmischen Systemen – Verwirkli- chungschancen an diesem Übergang beeinflussen kann. Der digitalisierungsbedingte Wandel kann nur im Der Bereich der Personaleinstellung wurde ausgewählt, Kontext bestehender Geschlechterverhältnisse ana- da dort geschlechtsbezogene Diskriminierungsrisiken lysiert werden: Trotz der steigenden Erwerbstätigkeit bereits aus der analogen Welt bekannt sind. Gleichstel- von Frauen ist der Gender Pay Gap in Deutschland un- lungspolitische Ziele sind hierbei zum einen der Abbau verändert hoch. Dieses Lohngefälle hängt zusammen von Diskriminierung, zum anderen die Auflösung von mit der starken geschlechtsbezogenen Aufteilung Geschlechterstereotypen. nach Berufen und Branchen und mit der Zunahme von Teilzeitbeschäftigung und geringfügiger Beschäf- Schließlich wird die Vereinbarkeit von Erwerbs- und tigung bei Frauen. Der deutsche Arbeitsmarkt ist Sorgearbeit in der digitalisierten Wirtschaft (Kapitel außerdem durch eine deutliche Unterrepräsentanz B.III.4) ausgelotet. In Paarhaushalten ist das Zuverdiener- von Frauen in Leitungspositionen geprägt – insbe- modell (vgl. Bundesregierung 2017: 100) weiterhin fest sondere auch in der Digitalbranche, dem Bereich, der etabliert. Welche Risiken und Chancen gehen vor diesem im Transformationsprozess eine gestaltende Rolle Hintergrund vom digitalen Wandel aus, beispielsweise einnimmt (vgl. Kapitel B.I.2). Der digitale Transfor- vom Homeoffice? Gleichstellungspolitisches Ziel ist es, mationsprozess wirkt damit auf einen vergeschlecht- eine geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Sor- lichten Arbeitsmarkt ein. gearbeit zu ermöglichen sowie die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Sorgearbeit und Selbstsorge. Die Sachverständigenkommission betont, dass dieser Transformationsprozess nicht einfach technikdeter- ministisch erklärt und schlicht hingenommen werden darf; vielmehr geht es im Sinne des soziotechnischen Ansatzes darum, den Wandel zu gestalten. Der digitale B. IV Transformationsprozess kann eine Chance dafür sein, Digitalisierung der Gesellschaft bestehende, festgefahrene Ungleichheiten sichtbar zu machen. Es gilt, jetzt die Stellschrauben an der richti- gen Stelle einzubauen, um die zukünftige Bewegung in B. III Richtung gleicher Verwirklichungschancen zu steuern. Digitalisierte Wirtschaft Wie sich im Zuge des digitalen Transformationsprozes- ses Verwirklichungschancen in der digitalisierten Wirt- B. II schaft ändern, erweitern oder verringern, steht im Zent- Digitale rum dieses Kapitels. Die Sachverständigenkommission Wirtschaft fokussiert die Frage der Verwirklichungschancen in der digitalisierten Wirtschaft in vier Bereichen. Zunächst B. I wird die digitale Transformation des Arbeitsmarktes aus Digitalbranche Geschlechterperspektive betrachtet (Kapitel B.III.1). Da- bei geht es um eine eigenständige wirtschaftliche und soziale Sicherung unabhängig vom Geschlecht durch gleichberechtigte Integration in die digitalisierte Wirt- C. schaft, insbesondere auch um gleichen Lohn für gleiche Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente und gleichwertige Arbeit.

72 Digitalisierte Wirtschaft B.III Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess 1

1. Arbeit und Arbeitsmarkt im » Der Strukturwandel des Arbeitsmarktes betrifft die Beschäftigungssituation verschiedener Gruppen digitalen Transformationsprozess unterschiedlich und wird sie auch weiterhin unter- schiedlich betreffen: je nach Qualifikation, Alter, 1. 1 Ausgangslage Region, Beruf, konkreten Inhalten (Routine- oder Nichtroutinetätigkeiten) und – dies soll im Folgen- Wie für andere technologisch-gesellschaftliche Ent- den beleuchtet werden – Geschlecht. wicklungen auch wird in Hinsicht auf Digitalisierungs- prozesse diskutiert, in welchem Umfang Technologien menschliche Arbeitskraft ersetzbar machen können. 1. 2 Analyse In einer Gesellschaft, in der der Arbeitsmarkt und die Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit geschlechts- Die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt im Allgemei- spezifisch segregiert sind, hängt die Frage der Automa- nen und in der Arbeitswelt im Speziellen in den letzten tisierung von Arbeit und bestimmten Tätigkeiten mit Jahrzehnten zeigen, dass die Technikentwicklung nur Geschlechter- und Gleichstellungsfragen zusammen. ein Faktor unter vielen ist, welche die Erwerbstätigkeit Die Sachverständigenkommission analysiert diese Fra- beeinflussen. ge mit Hilfe des soziotechnischen Ansatzes; sie weist darauf hin, dass es auf die ökonomischen, rechtlichen Zum einen entscheidet das Zusammenspiel technischer sowie sozialen Rahmenbedingungen ankommt, die im und institutioneller sowie organisationaler Gegebenhei- digitalen Transformationsprozess über die Realisierung ten über das tatsächliche Ausmaß der Veränderungen. von Chancen auf dem geschlechtersegregierten Arbeits- Daher sind die tatsächlichen Prozesse auf dem Arbeits- markt entscheiden. markt grundsätzlich nicht genau vorhersehbar; darauf weisen auch die Autorinnen einer Expertise hin, die im Die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Auftrag der Sachverständigenkommission Substituier- technologischen Wandels auf die Beschäftigung hat barkeitspotenziale – d. h. die Anteile an Tätigkeiten oder sowohl in der Theorie als auch in der empirischen For- Berufen, die durch Computer oder computergesteuerte schung eine lange Tradition; dennoch hat sie in zwei Maschinen ersetzt werden können – berechnet haben: Jahrhunderten keine eindeutige Antwort hervorge- „Wenn in einem Beruf hohe Substituierbarkeitspoten- bracht (Pianta 2005, nach Evangelista et al. 2014: 806). ziale vorhanden sind, bedeutet das aber nicht unbedingt, Die gegenwärtige Forschung zu den Effekten der Di- dass dort mit starken Arbeitsplatzverlusten zu rechnen gitalisierung auf den Arbeitsmarkt kommt ebenso zu ist, denn vorhandene Substituierbarkeitspotenziale unterschiedlichen Schlüssen und Prognosen (einen werden nicht immer und nicht sofort ausgeschöpft.“ aktuellen Überblick zum Forschungstand bieten Lauk- (Dengler/Matthes 2020: 8; vgl. auch Pfeiffer 2019; Pfeif- huf et al. 2019). Folgende Diskussionslinien können aus fer/Suphan 2020). aktuellen Studien abgeleitet werden: Zum anderen sind Studien zu digitalisierungsbezoge- » Die gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungseffekte nen Entwicklungen darauf angewiesen, Prognosen auf durch Digitalisierung werden als gering eingeschätzt. Basis der aktuell vorliegenden Arbeitsmarktstrukturen Die Befürchtung eines technologisch bedingten all- zu erstellen. Insofern bieten diese Prognosen immer gemeinen Beschäftigungsabbaus oder steigender einen durch den Status quo der Gegenwart definierten Arbeitslosigkeit erscheint weitgehend unbegründet Blick in die Zukunft. So stellt beispielsweise die derzei- (Arntz et al. 2018; Bonin et al. 2015; Zika et al. 2018). tige horizontale Segregation der Beschäftigung nach Geschlecht (dass also Männer und Frauen in unter- » Hinter den geringen Nettoeffekten auf die Beschäfti- schiedlichen Berufsfeldern unterschiedlich stark ver- gung insgesamt verbergen sich aber Veränderungs- treten sind) den Bezugsrahmen für Prognosen zu den und Anpassungsprozesse, die v. a. einzelne Tätigkei- geschlechtsbezogenen Effekten der Digitalisierung auf ten und die dafür benötigten Kompetenzen betreffen, Arbeitsplätze dar. Auch die im Folgenden dargestellten weshalb sich viele Berufe und auch einige Branchen Analysen zu den Beschäftigungseffekten der Digitalisie- entsprechend verändern werden (Berger/Frey 2016; rung beziehen sich empirisch meist auf die bestehende Bughin et al. 2018). Daher passen derzeit vorhandene Branchen- und Berufsstruktur; die Referenzmodelle sind und zukünftig erforderliche Qualifikationen unter damit vielfach ihrerseits segregiert. Umständen auf dem Arbeitsmarkt nicht (mehr) zu- sammen; das Aus- und Weiterbildungssystem muss In ihrer Expertise für die Sachverständigenkommission entsprechend weiterentwickelt werden, um mismat- analysieren Dengler und Matthes (2020) die Substitu- ches gar nicht erst entstehen zu lassen (Kirchherr et ierbarkeitspotenziale aus Geschlechterperspektive, dif- al. 2018; Stohr 2019). ferenziert auf Basis der aktuellen Beschäftigungsstruk-

73 turen. Sie ermitteln für Berufe, die überwiegend von hang vermutet werden. In diesem Berufssegment fallen Frauen oder von Männern ausgeübt werden, jeweils den die Substituierbarkeitspotenziale bei den zumeist von Anteil an Tätigkeiten, die vollständig durch Computer Frauen ausgeübten Berufen höher aus (47 %) als bei oder computergesteuerte Maschinen erledigt werden jenen, in denen mehrheitlich Männer zu finden sind könnten. Von hohen Substituierbarkeitspotenzialen (37 %) (ebd.: 26). Der Anteil der in diesem Segment be- wird dabei gesprochen, wenn mehr als 70 % der Tätig- schäftigten Frauen liegt insgesamt bei nur 24 %. Dies keiten durch Computer oder computergesteuerte Ma- macht die geschlechtsbezogene Zugangsproblematik schinen erledigt werden könnten. Die Expertise zeigt, der Digitalbranche deutlich (vgl. Kapitel B.I.2) – die dass Frauen im Durchschnitt seltener als substituierbar durch die hohen Substituierbarkeitspotenziale noch geltende Tätigkeiten ausüben als Männer. Aber: Die verschärft werden könnte. Substituierbarkeitspotenziale in vielen Berufen, die vorwiegend von Frauen ausgeübt werden, liegen nur In manchen Berufen (und Berufsbereichen), in denen knapp unter der Schwelle von 70 %; die Substituier- die Tätigkeiten zu einem hohen Anteil substituierbar barkeitspotenziale in vielen Berufen, die vorwiegend sind, arbeiten überproportional viele Frauen, in ande- von Männern ausgeübt werden, liegen nur knapp über ren überproportional viele Männer. Frauen wie Männer 70 % (ebd.: 28). Diese Zahlen sprechen insofern gegen sind also – durch die Brille der Substituierbarkeitspoten- die verbreitete pauschalisierende Aussage, Männer sei- ziale betrachtet – auf dem Arbeitsmarkt mit möglichen en deutlich stärker von der Digitalisierung betroffen als Folgen der Digitalisierung konfrontiert. Daher sind Frauen, denn „die Unterschiede [sind] eher graduell als differenzierte und den technologischen Fortschritten generell“ (ebd.: 57). Dementsprechend ist eine differen- fortlaufend angepasste Analysen auch in Zukunft er- zierte Betrachtung notwendig. forderlich, um geschlechterbezogene Ausschlussrisiken frühzeitig zu erkennen und ihnen gleichstellungspoli- tisch zu begegnen. 1. 2. 1 „Frauenberufe“ und „Männerberufe“ im digitalen Transformationsprozess In Bezug auf die Beschäftigungsformen zeigt sich, dass Substituierbarkeitspotenziale für Teilzeitbeschäftigte so- Die Verteilung der Geschlechter auf unterschiedliche wie geringfügig Beschäftigte deutlich niedriger sind als Berufe und Branchen stellt sich nach wie vor als stark für sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte; segregiert dar. Festzuhalten ist, dass in hauptsächlich die ersten beiden Beschäftigungsformen weisen einen von Männern ausgeübten Fertigungsberufen und fer- hohen Frauenanteil auf (Dengler/Matthes 2020: 31, 33). tigungstechnischen Berufen die Substituierbarkeits- Werden dezidiert sozialversicherungspflichtige Beschäf- potenziale recht hoch sind. Vielfach von Frauen ausge- tigungsverhältnisse betrachtet, zeigen sich ebenfalls übte Dienstleistungsberufe im sozialen und kulturellen vergeschlechtlichte Substituierbarkeitspotenziale: Bei Bereich hingegen gehören zu jenen, die eher niedrige Tätigkeiten, die v. a. von Männern ausgeübt werden, liegt Substituierbarkeitspotenziale aufweisen (ebd.: 26). Ein der Wert bei 34 %, bei Tätigkeiten, die v. a. von Frauen differenzierter Blick zeigt jedoch, dass die Substituierbar- ausgeübt werden, bei 15 % (ebd.: 27). Damit zeigt sich, keitspotenziale zwischen den einzelnen Berufen einer dass keine Pauschalisierungen in Hinblick auf das Ziel Berufsgruppe stark variieren – mit geschlechtsbezoge- der eigenständigen wirtschaftlichen Sicherung durch nen Auswirkungen. Deutlich wird dies am Beispiel des gleichberechtigte Integration in die Erwerbsarbeit an- Berufssegments Unternehmensführung und -organisa- gezeigt sind. Frauen sind stärker in geringfügigen Be- tion, in dem der Frauenanteil insgesamt bei 64 % liegt: schäftigungsverhältnissen sowie in Teilzeit vertreten Die Berufe, die hierin hauptsächlich von Frauen besetzt und damit in Beschäftigungsformen, die zwar geringer sind, bestehen aus Tätigkeiten, die im Durchschnitt zu von Substituierbarkeitspotenzialen betroffen, dafür 63 % als substituierbar gelten; in diesem Segment tätige aber atypisch sind – besagtes Ziel wird somit weiterhin Männer dagegen sind Substituierbarkeitspotenzialen verfehlt. Dass andererseits Vollzeitbeschäftigte poten- in Höhe von nur 47 % ausgesetzt. Die Gründe liegen in ziell stärker von Substituierbarkeit betroffen sind als den spezifischen Berufsgruppen. Frauen arbeiten viel- andere Arbeitnehmer*innengruppen, verweist auf ein fach in typischen „Frauenberufen“ wie Sekretär*in oder weiteres geschlechterpolitisches Problem: Betroffen Büromanager*in, deren Tätigkeiten mittlere bis hohe sind hier v. a. männliche Beschäftigte, die im noch im- Substituierbarkeitspotenziale aufweisen. Häufiger in mer vorherrschenden Haupt- und Zuverdienermodell leitenden Funktionen anzutreffen sind Männer; für unter dem Druck stehen, das wesentliche Familienein- die damit verbundenen Tätigkeiten werden geringere kommen zu erzielen. Substituierbarkeitspotenziale ausgemacht. Bezüglich der Frage, inwieweit Digitalisierung dazu bei- Für Berufssegmente wie IT- und naturwissenschaftli- tragen kann, die geschlechtsbezogene Segregation am che Dienstleistungen kann ein ähnlicher Zusammen- Arbeitsmarkt aufzulösen, stellen Dengler und Matthes

74 Digitalisierte Wirtschaft B.III Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess 1

(2020: 53) fest, dass sich derzeit kaum Veränderungen bei Kapitel B.I.2 und Kapitel B.III.4. konkreter eingegangen). den Segregationslinien abzeichnen. Vor allem in den – Insgesamt ist festzuhalten, dass eine „grundlegende immer wichtiger werdenden – ureigenen Berufsfeldern Analyse von Karrieremechanismen aus einer Gleich- der Digitalisierung wie dem der IKT, scheint sich eine stellungsperspektive und Evaluierung von bestehen- klare Segregation fortzuschreiben (ebd.: 51 f.). Vor die- den Maßnahmenansätzen vor dem Hintergrund einer sem Hintergrund bleiben Bemühungen um den Abbau sich ändernden Arbeitswelt […]“ erst noch zu leisten ist der Segregation – die nicht zuletzt aufgrund der damit (Pimminger/Bergmann 2020: 21). verbundenen geschlechtsbezogenen Einkommensun- gleichheiten problematisch ist – notwendig; im digitalen Transformationsprozess werden sie sogar bedeutsamer. 1. 2. 3 Geschlechtsbezogene Lohnungleich- heiten in der digitalisierten Wirtschaft

1. 2. 2 Geschlechtsbezogene Karrierechancen Wie sich die Digitalisierung auf geschlechtsbezogene im Digitalisierungsprozess Einkommensunterschiede auswirkt, spielt in der bis- herigen Forschungslandschaft keine Rolle (Pimmin- Der deutsche Arbeitsmarkt ist auch stark vertikal segre- ger/Bergmann 2020). Es gibt zwar durchaus Untersu- giert, das heißt, dass Frauen in Führungspositionen nach chungen zur Einkommensentwicklung in bestimmten wie vor stark unterrepräsentiert sind. Ob und inwiefern Branchen oder Berufsbereichen; allerdings werden die sich an den Karriere- und Exklusionsmechanismen im dabei gewonnenen Befunde nicht geschlechtsbezogen Zuge der durch die Digitalisierung bedingten Transfor- differenziert und ausgewertet (ebd.: 27). mationen etwas ändern wird, ist noch nicht abschlie- ßend zu beurteilen (Pimminger/Bergmann 2020: 20). So ist der (weitere) Zuwachs an Beschäftigungs- und Lohnungleichheiten zwar ein zentrales Studienergebnis Die Möglichkeit des Ort-Zeit-flexiblen Arbeitens kann von Arntz et al. (2018); verdeutlicht wird es allerdings zu einer besseren Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbs- v. a. mit Beispielen aus Beschäftigungsbereichen, die arbeit führen und damit Karrierechancen und den Weg von einem hohen Männeranteil gekennzeichnet sind. zu höheren Beschäftigungspositionen eröffnen. Die Escher (2019) wiederum vergleicht das Einkommens- stark verbreitete Arbeitskultur, die beruflichen Aufstieg niveau vollzeitbeschäftigter Frauen und Männer, die eng mit physischer Anwesenheit im Unternehmen ver- in unterschiedlich stark durch Substituierbarkeit ge- knüpft – ein Umstand, der Beschäftigte mit Sorgever- fährdeten Berufen beschäftigt sind. Sie kommt zu dem pflichtungen stark benachteiligt –, könnte durch die Ergebnis, dass bei den gefährdeten Berufen im Schnitt zunehmende Etablierung neuer digitaler Möglichkei- ein Gender Pay Gap von 20 %, bei den ungefährdeten ten wie Mobiler Arbeit an Bedeutung verlieren (siehe von 30 % besteht. Demnach seien „Lohnunterschiede hierzu Kap. B.III.4). genau in den Berufen besonders gravierend, die zukünf- tig eine Rolle spielen“ (ebd.: 201). Die geschlechtsbezoge- Auch die sogenannten flachen Hierarchien, die in der nen Einkommensunterschiede insgesamt könnten sich Digitalbranche (vgl. Kap. B.I.2) üblich sind, könnten zukünftig durchaus vergrößern, da Frauen in Berufsfel- durch ihre Übertragung in die digitale und digitalisier- dern, die sich besonders positiv entwickeln – nämlich te Wirtschaft zu einer neuen Arbeits- und Führungs- jenen der Digitalbranche – unterrepräsentiert sind. kultur beitragen, die die Karrierechancen von Frauen Berufsfelder mit einem hohen Frauenanteil konnten erhöhen könnte. Ob eine Frau in einem Unternehmen demgegenuber von der Lohnentwicklung noch weiter Karriere macht, hangt laut Lutz (2018) besonders von abgehängt und schlechter gestellt werden (Pimminger/ unternehmensinternen Bedingungen ab. „Gemeint Bergmann 2020: 27). sind hier die strukturellen Gegebenheiten wie flache Hierarchien, die durch weniger Ebenen eine direkte Dass noch keine verlässlichen Aussagen zur Entwick- Kommunikation, hohe Transparenz, eigenverantwort- lung geschlechtsbezogener Einkommensunterschiede liches, flexibles Arbeiten und schnelle Entscheidungen im Digitalisierungsprozess getroffen werden können, erlauben.“ (Lutz 2018: 5) Rahmenbedingungen, die u. a. verwundert nicht. Schließlich werden diese Unterschie- auch eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sor- de im Wesentlichen von jenen Faktoren mitbestimmt, gearbeit ermöglichen. die im vorherigen Absatz bereits beschrieben wurden – und auf eine unklare oder uneindeutige Befundlage Es gilt: Die Digitalisierung bietet neue Chancen für verweisen. Dies gilt für die zu erwartenden Entwick- den Aufstieg von Frauen in Unternehmen, sie müssen lungen, was Berufsfelder und Aufstiegsmöglichkeiten, allerdings strukturell und gesellschaftlich gestärkt und Arbeitszeiten und vertragliche Rahmenbedingungen be- gestaltet werden, um tatsächlich gleiche Verwirkli- trifft. Um in diesen Feldern auf geschlechtergerechte Ver- chungschancen zu schaffen (auf die Risiken wird in wirklichungschancen und im Ergebnis auf mehr Lohn-

75 gleichheit hinzuwirken, formulierte die Sachverständi- bungen. In der digitalen Wirtschaft (vgl. Kapitel zu Platt- genkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht formarbeit B.II.) liegen solche Tätigkeitsbeschreibungen bereits eine Vielzahl von Handlungsempfehlungen, die oftmals nicht vor – auch weil viele Unternehmen keine für die Bundesregierung nach wie vor handlungsleitend Entgelttarifvertäge abgeschlossen haben. Wo Tätigkeits- sein sollten (Bundesregierung 2017: 116 ff.). beschreibungen vorliegen, beispielsweise im öffentli- chen Dienst, sind sie häufig veraltet oder beinhalten Es steht fest, dass sich benachteiligende Arbeitsmarkt- keine oder nur unzureichend erfasste digitalisierungs- strukturen und geschlechterpolitische Problemlagen bezogene Anforderungen. Die Klassifikation der Berufe nicht „automatisch“ im Zuge der Digitalisierung auf- inklusive Tätigkeitsprofilen geht auf das Jahr 1970 zu- lösen, wenn dieser Prozess nicht aktiv gestaltet wird. rück und wurde seitdem nicht modernisiert. Zwar nahm Der von der Sachverständigenkommission verfolgte die Bundesagentur für Arbeit (2011) im Jahr 2010 eine soziotechnische Ansatz vermeidet daher eine technik- Anpassung vor, in Anbetracht des Digitalisierungspro- zentrierte Betrachtung und richtet den Blick auf Ge- zesses jedoch ist auch diese bereits veraltet. staltungsoptionen und fokussiert dabei die betriebliche Gestaltungspolitik, die die organisationalen Arbeits- Im Zuge des digitalen Transformationsprozesses müs- anforderungen geschlechtergerecht erfassen, gestalten sen die Tätigkeitsprofile angepasst werden, Arbeits- und auch bewerten muss. bewertungsverfahren müssen auf ihre Eignung hin- sichtlich digitalisierungsbezogener Veränderungen überprüft und ggf. erweitert werden, und die aktuali- 1. 2. 4 Betriebliche Gestaltung einer sierten Arbeitsbewertungsverfahren müssen erprobt geschlechtergerechten Transformation werden. Mit den Worten von Jürgens et al. (2017: 68): „Es ist davon auszugehen, dass die im Zuge von Digi- Trotz aller Prognoseschwierigkeiten steht folgender talisierung veränderten Anforderungen noch nicht Befund fest: Im Prozess zunehmender Digitalisierung berücksichtigt sind, Arbeitgeber und Sozialpartner verändern sich Tätigkeiten, Arbeitsinhalte und Kompe- sollten daher ihre Instrumente der Arbeitsplatzbewer- tenzanforderungen, und sie werden sich auch zukünf- tung dahingehend überarbeiten, diese Kriterien in der tig wandeln. Daher sind fortlaufend vertiefte Analysen Bewertung abzubilden und damit diskriminierungs- erforderlich, die den sich verändernden Zuschnitt von freie Löhne zu ermöglichen.“ Berufen, Arbeitsplätzen und dort anfallenden Tätigkei- ten untersuchen, die sich daraus ableitenden Arbeits- Hinzu kommt, dass die Wertigkeit, die Tätigkeiten zuge- anforderungen an die Beschäftigten (d. h. ihre Kompe- sprochen wird, vergeschlechtlicht ist. Bereits im Zweiten tenzen) erfassen und auf Fragen der Arbeitsbewertung Gleichstellungsbericht wurde darauf hingewiesen, dass und Eingruppierung einzelner Tätigkeiten eingehen. „Tätigkeiten, die faktisch überwiegend Frauen ausüben, gegenüber männlich dominierten Tätigkeiten häufig Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen Entscheidungen unterbewertet“ würden (Bundesregierung 2017: 124). auf Arbeitgeber*innenseite. Denn welche Potenziale wie Den statistischen Beweis liefert der Comparable Worth genutzt und nicht genutzt werden, ist das entscheiden- Index (CW-Index) (Klammer et al. 2018); mit diesem de Moment im digitalisierungsbezogenen Wandel des Verfahren zeigen Klammer et al. (2018: 61), „dass über Arbeitsmarktes. Berufe müssen nach Tätigkeitsprofilen alle Branchen und jeweils unter Kontrolle personlicher, und Kompetenzbedarfen sehr genau analysiert werden, arbeitsvertraglicher und arbeitsplatzbezogener Merk- um Aussagen darüber treffen zu können, wie stark sie male ein Anstieg der beruflichen Anforderungen und sich im Zuge der Digitalisierung potenziell verändern Belastungen fur Frauen signifikant geringer entlohnt können, ob Veränderungen tatsächlich eintreten und wird als fur Manner“. Dies gilt v. a. im Bereich der Sor- wie intensiv die in diesen Berufen Beschäftigten von geberufe (ebd.: 63). Aber auch für soziale Berufe im wei- Wandlungen im Zuge von Digitalisierung betroffen teren Sinne – gemeint sind hier Berufe in der (medizi- sind (Dengler/Matthes 2020: 27). nischen) Gesundheitsversorgung, pädagogische sowie Sozialarbeits- und Pflegeberufe – ermitteln Bublitz und Tätigkeitsprofile und Arbeitsbewertung Regner (2020) gemessen an ihren jeweiligen Tätigkeits- profilen eine Unterbewertung von durchschnittlich bis Mithilfe der Arbeitsbewertung werden die Anforderun- zu 500 € pro Monat. gen einer Tätigkeit nach einem einheitlichen Schema ermittelt. Abhängig von der Anforderungsausprägung Arbeitsbewertungsverfahren sollten dem „Grundsatz wird die Tätigkeit in eine bestimmte Entgeltgruppe ein- einer gerechten Entlohnung durch die Verknüpfung gestuft, zu der eine entsprechende Vergütung gehört. mit den beruflichen Anforderungen“ (Klammer et al. Die Grundlage für die Bestimmung der Anforderungen 2018: 9) folgen; festgeschrieben werden sie in Tarifver- bilden systematische Tätigkeits- oder Stellenbeschrei- trägen oder betrieblichen Vereinbarungen, sofern vor-

76 Digitalisierte Wirtschaft B.III Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess 1

handen. Eine geschlechtergerechte Arbeitsbewertung dige Anpassungsleistungen“ (ebd.: 249). Während der entscheidet mit über die eigenständige wirtschaftliche Coronapandemie bestätigte sich dieses Ergebnis prin- Sicherung unabhängig vom Geschlecht durch gleich- zipiell: Als geringstes Problem erwiesen sich eine feh- berechtigte Integration in die digitalisierte Wirtschaft. lende individuelle Anpassungsfähigkeit der Menschen Gerade vor dem Hintergrund des digitalen Transforma- im Homeoffice und der damit verbundene Umgang tionsprozesses gilt es, die Arbeitsbewertung geschlech- mit digitalen Technologien, als größtes Problem stell- tergerecht (neu) zu gestalten. te sich das Fehlen grundsätzlich ermöglichender und flankierender Strukturen in den Organisationen heraus Kompetenzen sowie die Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit für Menschen mit Sorgeverantwortung. Vorstellungen von den Kompetenzanforderungen in Berufen mit hohem Frauenanteil fokussieren nach wie Es muss sichergestellt werden, dass Arbeitsbewertungs- vor mehr die sozialen Komponenten und weniger die systeme systematisch so gestaltet werden, dass die An- digitalen, obwohl sich die Arbeitsanteile im Zuge der forderungen an Arbeitsplätze und damit auch die Ent- Digitalisierung verschieben. Wenn aber entsprechende lohnung leistungsgerecht und diskriminierungsfrei digitalisierungsbezogene Entwicklungen nicht auch erfasst und bewertet werden. Das gilt auch für digita- zielgerichtet über die Berufsbilder kommuniziert wer- lisierungsbezogene Anforderungen. Auf einige bereits den, werden vergeschlechtlichte Zuschreibungen auf vorliegende Instrumente zur Arbeitsbewertung wies dem Arbeitsmarkt fortgeschrieben und verfestigt statt der Zweite Gleichstellungsbericht hin: etwa auf den aufgebrochen. So sollten auch soziale Berufe mit ihren Entgeltgleichheitscheck (eg-check) und den darauf dezidiert digitalisierungsbezogenen Anforderungsinhal- aufbauenden CW-Index (Bundesregierung 2017: 125).30 ten verstanden, gestaltet und beworben werden. Heil- mann (2020) verdeutlicht dies am Beispiel der Kranken- Stohr et al. (i.E.) werten aktuelle Stellenanzeigen nach pflege: Der Einsatz digitaler Technologien in der Kran- in der digitalisierten Wirtschaft geforderten Kompe- kenpflege zeige sich in der digitalen Dokumentation, tenzen und beruflichen Anforderungen aus, darunter der digitalen Personaleinsatzplanung, dem vernetzten Fach- und Schlüsselkompetenzen. Sie zeichnen nach, Arbeitszeiterfassungssystem, der elektronischen Patien- dass und wie berufliche Schlüsselkompetenzen verge- tenakte etc. Jedoch fänden „digitalisierungsbedingte Ver- schlechtlicht sind. So werden Ausbildungsberufe, in änderungen von Arbeitsinhalten sowohl momentan als denen überwiegend Frauen arbeiten, v. a. als soziale auch in absehbarer Zukunft keine Berücksichtigung in Tätigkeiten („betreuen“, „pflegen“) und als Bürotätig- der tariflichen Arbeitsbewertung. [...] Die Frage, ob die keiten („organisieren“, „beschaffen“) beschrieben. In Digitalisierung zu einer Aufwertung der Arbeit von den typischerweise von Männern gewählten Ausbil- Krankenpflegefachkraften beitragen kann, lasst sich dungsberufen werden hingegen v. a. technische („in- somit auf Basis der durchgefuhrten Untersuchung der- stallieren“, „prüfen“) und handwerkliche Tätigkeiten zeit mit einem klaren ‚Nein‘ beantworten“ (ebd.: 18). genannt („montieren“, „einbauen“).

Ein weiteres Beispiel dafür, dass digitalisierungsbezo- Noch ist nicht absehbar, welche Tätigkeiten und welche gene Anforderungen in Berufen mit hohem Frauen- dafür erforderlichen Kompetenzen im fortschreitenden anteil unterbewertet werden, kommt aus dem Bereich Prozess der Digitalisierung an Bedeutung gewinnen oder der Büroberufe. Büroberufe gehörten zu den ersten, die verlieren werden. Daher sollte der Fokus darauf gerich- von technischen Entwicklungen (beispielsweise der tet werden, Übergangspfade zu gestalten, insbesondere Einführung von PCs) betroffen waren und sind es folg- durch innerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen. lich schon lange. Ihre Arbeitsinhalte beruhen einerseits Weiterbildung sollte die Aneignung jener Kompeten- auf der Nutzung technischer Infrastruktur, andererseits zen fokussieren, deren Relevanz für den (innerbetrieb- auf der Anwendung spezifischer Programme (Bach lichen) Wechsel von einem Beruf in den anderen am et al. 2020: 244 f.). Die Studie von von dem Bach et al. größten ist (vgl. Kapitel B.III.2). Im Sinne gleicher Ver- (2020) zeigt, dass hier Anhaltspunkte für eine gelingen- wirklichungschancen müssen diese Übergangspfade de Umsetzung technischer Transformationsprozesse unabhängig vom Geschlecht ermöglicht und gestaltet gefunden werden können: „Burobeschaftigte konnten werden. Hierfür gilt es, Übergangspfade auch zwischen und konnen Technikeinsatz so gestalten, dass dies eine komplementare Nutzung bedeutete und bedeutet. Sie 30 Gelegentlich finden sich Befunde und Empfehlungen zur erforder- zeigen sich in einem Bereich, der uberdurchschnittlich lichen Neubewertung von Kompetenzen bereits in innovativen von technischem und arbeitsorganisationalem Wan- Konzepten betrieblicher Arbeitsbewertung wieder. So wurde für del, Komplexitat und Unwagbarkeiten gepragt ist, den die Messe Berlin ein neues Arbeitsbewertungssystem entwickelt, inhaltlichen Anforderungen gewachsen.“ (ebd.: 248) das nun weitere Arbeitsanforderungen an die klassischerweise eher von Frauen besetzten Arbeitsplätze berücksichtigt; darunter fallen Hierbei handle es sich um „individuelle und eigenstän- etwa psychosoziale Anforderungen (Fair Pay Innovation Lab 2017).

77 solchen Berufen anzulegen, die auf den ersten Blick weit dieses Vorgehen, führt also nicht zu einer Höhergrup- auseinanderliegen. Hofmann (2020: 17) macht dies am pierung. Daran zeigt sich, dass es zusätzlich bestimmter Beispiel der Berufe „Farb- und Lacktechnik“ und „Ge- Bedingungen bzw. der Gestaltungsmacht bedarf, um sol- sundheits- und Krankenpflege“ deutlich. chen Anliegen zum Erfolg zu verhelfen und Leistungs- gerechtigkeit herzustellen. Denn regelmäßig scheitern Auf der Unternehmensebene ist eine beständige Er- Höherstufungsanträge in den Verhandlungsprozessen fassung der tatsächlich erforderlichen Anforderungen nicht zuletzt an geschlechterbezogenen Implikationen, einzelner Arbeitsplätze an das Können und Wissen un- die in die Bewertung einfließen; sie finden sich bei- umgänglich. Nur so kann auch die Frage beantwortet spielsweise darin wieder, dass soziale Kompetenz (die werden, welche Qualifikationen und Kompetenzen in traditionell Frauen zugeschrieben wird) unterbewertet Zukunft eine wichtige Rolle spielen werden. Auch für wird (ebd.: 255 ff.). ein geschlechtergerechtes Personalmanagement ist es von großer Bedeutung, Veränderungen in den arbeits- Für ein erfolgreiches kollektives interessenpolitisches platzbezogenen Anforderungen im Blick zu behalten. Agieren sind insbesondere betriebliche Akteur*innen Implizit bereits eingeforderte digitalisierungsbezogene wie Gleichstellungsbeauftragte und Mitglieder von Kompetenzen in den Arbeitsplatzbeschreibungen gilt es Personalräten aufgefordert, das Thema Arbeitsplatzbe- explizit zu definieren. Des Weiteren sind Beschäftigten, wertung und damit die gleiche Bewertung von gleicher die von anforderungsbezogenen Veränderungen betrof- und gleichwertiger Arbeit zum Anliegen zu machen fen sind, betriebliche Qualifizierungsmaßnahmen an- sowie Beschäftigte entsprechend zu beraten und zu zubieten; diese Maßnahmen gilt es mittels öffentlicher unterstützen (ebd.: 257). Förderung zu unterstützen (zum Thema Qualifikation vgl. Kap. B.III.2). 1. 2. 5 Geschlechtsbezogene Diskursasym- Betriebliche Interessenvertretungen metrien und ihre Folgen

Betrieblichen Interessenvertretungen kommt die Auf- Der Digitalisierungsdiskurs fokussiert bislang auf Be- gabe zu, in Aushandlungsprozessen mitzuentscheiden, rufe, die überwiegend von Männern ausgeübt werden; welche neuen Technologien tatsächlich zum Einsatz in der Folge werden jene, die mehrheitlich von Frauen kommen, welche Arbeitsplätze davon in welchem Um- ausgeübt werden, zu wenig in den Blick genommen. fang betroffen sein sollen und inwiefern die Beschäftig- Letztere sind häufig durch psychosoziale Anforderungen ten in Einführungs- und Umsetzungsentscheidungen charakterisiert (Dengler/Tisch 2020); die entsprechen- einbezogen werden. Hier empfiehlt die Sachverständi- den Tätigkeiten können von digitalen Technologien genkommission in Anlehnung an von dem Bach et al. nicht oder nicht ohne Weiteres übernommen werden. (2020: 25) spezifische beteiligungsorientierte Ansätze: Zugleich fallen auch in diesen Berufen, vor allem im Im Sinne einer bestmöglichen soziotechnischen Imple- Pflegebereich, Tätigkeiten an, die durchaus physische mentierung digitaler Neuerungen sowie einer größt- Belastungen beinhalten: „Die pflegerische Arbeit in den möglichen Akzeptanz seitens der Beschäftigten sollten verschiedenen Settings lasst sich durch den Einsatz von ebendiese mit ihren Kompetenzen und Erfahrungen in Technik erheblich unterstutzen. Die großten Potenziale den gesamten Veränderungsprozess einbezogen werden. liegen demnach in einer besseren Vernetzung und Kom- Damit Digitalisierungsprozesse mit gleichen Verwirk- munikation, einer leichteren Informationssammlung lichungschancen der Geschlechter einhergehen, ist in und -verarbeitung, einer besseren Arbeitsorganisation diesem Kontext von zentraler Bedeutung, dass sich die sowie in einer Verringerung korperlicher Belastungen.“ handelnden Akteur*innen geschlechterbezogener Un- (BGW 2017: 11) Hierbei spielen Technologien wie die gleichheiten bezüglich Ressourcen, Einfluss und Mitge- elektronische Dokumentation, Telecare/-medizin sowie staltung im Unternehmen bewusst sind und dass diese technische Assistenz und Robotik eine Rolle. in Aushandlungsprozessen nicht reproduziert werden (Kutzner 2020). Der Einsatz technischer Assistenz hat eine wichtige intersektionale Dimension. Assistive Systeme wurden Die Rolle der Interessenvertretungen wird im Folgenden primär für Menschen mit Behinderung entwickelt; sie am Beispiel von Sekretariatsberufen im öffentlichen gleichen beispielsweise Muskelkraft oder funktionelle Dienst beispielhaft erläutert. Westerheide (2020) zeigt: Beeinträchtigungen auch in Folge von Alterungsprozes- Der Weg, mittels Arbeitsplatz(neu)bewertungen zu grö- sen aus (für eine Übersicht spezifischer Technologien ßerer materieller Anerkennung zu gelangen, erscheint vgl. Burchardt/Uszkoreit 2018).31 Angesichts der altern- Beschäftigten in diesen Berufen durchaus plausibel und wird individuell auch beschritten, nämlich in Form von 31 Ein frühes Beispiel aus dem 19. Jahrhundert, welches das Innova- Höherstufungsanträgen. In vielen Fällen jedoch scheitert tionspotenzial verdeutlicht, ist das Telefon. Es wurde von Meucci für

78 Digitalisierte Wirtschaft B.III Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess 1

den Gesellschaft und des Fachkräftemangels ist der -Zu lastungen und eine Arbeitsverdichtung mit sich brin- gang zu assistiven Technologien eine wichtige Ressource, gen (Sarter et al. 1997): Zum einen kann die Bedienung die insbesondere ältere Beschäftigte im Pflegebereich der Technik zeitaufwendig sein, zum anderen erhö- unterstützen kann. Der Einsatz solcher Technologien hen sich durch Automatisierung die Erwartungen an verbessert die Beschäftigungsfähigkeit von Menschen Arbeitseffektivität und -effizienz (Cockburn/Omrod und insbesondere die Verwirklichungschancen von 1993 arbeiteten dies prominent für Haushaltstechno- Beschäftigten im Pflegebereich – zumeist Frauen – im logien heraus). So besteht die Gefahr, dass Beschäftigte Zuge der digitalen Transformation. mit neuen Aufgaben zusätzlich belastet, statt dass sie für personenorientierte Zuwendung entlastet werden Technologische Lösungen sind aber „bisher kaum im (Daum 2017: 36). Durch eine soziotechnische Bedarfs- Pflegealltag angekommen“ (Boll-Westermann et al. analyse und eine partizipative Technikgestaltung 2019: 11). Was etwa die technische Assistenz betrifft, muss gewährleistet werden, dass die Komplexität der sind zwar im Bereich der Forschung und Entwicklung Arbeitsorganisation und -gestaltung in personenbe- keine Hürden festzustellen; nach Ablauf der Projektlauf- zogenen Beschäftigungsfeldern berücksichtigt wird zeit verschwinden die Prototypen jedoch offenbar „in der – ansonsten entlastet Technik nicht (zur soziotech- Schublade“ (Endter, zitiert nach BGW 2017: 66), statt im nischen Gestaltung vgl. Kapitel B.I.1.). Hilfsmittelkatalog aufgelistet und für Organisationen und Beschäftigte auf dem Markt zugänglich gemacht Digitalisierung eröffnet grundsätzlich auch denjenigen zu werden (vgl. auch Landtag NRW 2020: 140 f.). Dies neue Arbeitsweisen, die von Ort-Zeit-flexiblen Optionen hängt vermutlich u. a. damit zusammen, dass in öko- wie dem Mobilen Arbeiten bisher noch nicht profitiert nomischer Hinsicht der Einsatz menschlicher Arbeits- haben. Ein genauerer Blick auf scheinbar orts- und zeit- kraft, in diesem Falle die unterbewertete Pflege(fach) abhängige Berufe (beispielsweise Pflege-, Lehr- und Er- kraft, zu bevorzugen ist (Dengler/Matthes 2020: 58). ziehungsberufe) zeigt nun, dass bestimmte Tätigkeiten Hinzu kommt eine ethisch oder in Hinsicht auf Daten- auch dort orts- und zeitflexibel erbracht werden können schutz begründete Skepsis gegenüber dem Einsatz von (beispielsweise die Erstellung von Personalplänen). Dass Technologien in der Pflege. Hierzu bedarf es einer wis- ein genaueres Hinsehen durchaus lohnenswert ist, zeigt senschaftlich fundierten und transparent geführten ein Beispiel aus einer im Digitalisierungsdiskurs pro- gesellschaftlichen Debatte (Roland Berger GmbH et al. minenten Branche, der Automobilindustrie. In einem 2017: 66). Mit der Initiierung und Intensivierung solcher partizipativen Prozess wurden Potenziale für orts- und Debatten besteht nicht zuletzt die Chance, bisherige zeitunabhängiges Arbeiten ermittelt, und zwar auch Leerstellen des Digitalisierungsdiskurses sichtbar zu im scheinbar durchgängige Anwesenheit erfordernden machen und in der Folge die berufliche Wirklichkeit Fertigungsbereich (Volkswagen AG/EAF Berlin 2020). geschlechtergerechter zu gestalten. Dieser Befund lässt sich sicherlich auf personenbezo- gene Beschäftigungsbereiche, denen eine starke Orts- Die Sachverständigenkommission betont, dass per- gebundenheit unterstellt wird, übertragen. sonenbezogene Tätigkeiten komplexe Vorgänge sind, die nicht nur mit technischen, sondern auch mit so- Von besonderer Bedeutung im Kontext der voranschrei- zialen, psychologischen, ethischen und finanziellen tenden Digitalisierung speziell der sozialen Berufe ist Herausforderungen verbunden sind. Darauf weist ins- die Qualifizierung der Beschäftigten. Dies wird etwa besondere die menschzentrierte Technikentwicklung im Feld der Pflege deutlich. Professionelle Pflegekräfte hin (Bradshaw et al. 2013). Chancen der Kompensa- spielen als Multiplikator*innen bei der Verbreitung tion und echten Entlastung, was administrative und digitaler Technologien in der Pflege eine zentrale Rol- körperliche Anforderungen anbelangt, stellen sich le. In ihrer Ausbildung werden diese Fachkräfte aller- erst dann ein, wenn unterstützende Technologien dings diesbezüglich noch nicht angemessen vorberei- soziotechnisch fundiert entwickelt und nachhaltig tet (Roland Berger GmbH et al. 2017: 67). Die seit dem implementiert werden und wenn sie konsequent die 01.01.2020 geltende Neuordnung der Pflegeberufe (ge- Perspektive der Anwendenden berücksichtigen (Glock neralistische Pflegeausbildung) beinhaltet zwar neue et al 2018: 30; vgl. auch Boger et al. 2016). Denn Ver- Qualifizierungsanforderungen in Bezug auf digitale besserungen, die durch Automatisierung antizipiert Kompetenzen; diese jedoch scheinen eher auf dem werden, stehen häufig in einem Spannungsverhältnis technischen Ansatz zu gründen denn auf dem von der zum tatsächlichen Erleben im Arbeitsalltag. So ver- Sachverständigenkommission vertretenen soziotech- spricht die Übertragung von Routinearbeiten an die nischen. Denn es geht in der beruflichen Pflegeausbil- Maschine zeitliche Entlastung, deren Wartung und dung um die Anwendung digitaler und technischer Bedienung können jedoch ihrerseits neue Arbeitsbe- Hilfsmittel, die Nutzung von IKT, den Umgang mit Pflegedokumentationssystemen sowie digitalen und seine erkrankte und damit nicht mehr mobile Ehefrau entwickelt. technischen Assistenzsystemen, das Einbeziehen von

79 Gesundheitsapps etc. (Haasler 2020: 13). Bereits 2016 1. 3 Handlungsempfehlungen forderte der Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und Sozialverwaltung e. V. (Fachver- Die Digitalisierung an sich stellt weder die allgemein band Informationstechnologie in Sozialwirtschaft und akzeptierten gleichstellungspolitischen Ziele infrage, Sozialverwaltung e. V. 2016: 6), dass die soziotechnische noch löst sie die vorhandenen Probleme. Auch unter Auseinandersetzung beim Einsatz von Technologie den Vorzeichen der Digitalisierung gilt es, die aus dem zu einem festen Bestandteil in der Ausbildung werde. Zweiten Gleichstellungsbericht bekannten Zielset- zungen weiterzuverfolgen, die insbesondere für eine gleichstellungsorientierte Gestaltung der Erwerbsarbeit Corona im Fokus und ihrer Rahmenbedingungen gefordert werden. Die dort formulierten Handlungsempfehlungen sind auch Die in der Coronapandemie als „systemrelevant“ für das Gutachten der Sachverständigenkommission bezeichneten Berufe zeichnen sich durch einen des Dritten Gleichstellungsberichts handlungsleitend; hohen Frauenanteil aus. Welche Schlüsse aus gleichwohl sind sie im Zuge der digitalisierten Wirt- der sogenannten Systemrelevanz zukünftig ge- schaft nochmals anders zu lesen und zu erweitern: Der zogen werden, bleibt abzuwarten. Unverändert Einsatz digitaler Technologien verändert die Tätigkei- steht eine dringend notwendige Debatte über ten der auf dem Arbeitsmarkt beschäftigten Menschen; eine ernsthafte Neubewertung der oftmals von diese Veränderungen müssen geschlechtergerecht ge- Frauen gewählten Berufe v. a. in der Pflege, aber staltet werden, erst dann kann der digitale Transfor- auch im Einzelhandel aus. mationsprozess zur Chance für eine gleichberechtigte Integration in die Erwerbsarbeit werden. Es ist damit zu rechnen, dass die Coronapandemie zu einem beschleunigten und nachhaltigen Digi- Digitalisierungsbezogene Arbeits(markt)forschung talisierungsprozess in diesen Beschäftigungsbe- um Geschlechterfragen, geschlechtsbezogene Ar- reichen führt, Bereiche, die derzeit noch als wenig beits(markt)forschung um Digitalisierungsfragen digitalisiert gelten. So ist beispielsweise denkbar, erweitern dass die Pflegeberufe einen Digitalisierungsschub Die Sachverständigenkommission stellt eine Leerstelle erfahren. Das ist zu befürworten, aber: Damit an Universitäten, Hochschulen, Forschungseinrich- sich der digitale Transformationsprozess in die- tungen sowie in der öffentlichen Forschungsförde- sen Berufsfeldern am Ende nicht zu Ungunsten rungslandschaft fest, was die digitalisierungsbezogene derjenigen (oftmals weiblichen) Beschäftigten Arbeits(markt)forschung aus Geschlechterperspekti- auswirkt, die eben noch als Held*innen der Kri- ve betrifft. Auch gibt es keine systematisch veranker- se mit Applaus bedacht wurden, muss der Ein- te arbeits(markt)bezogene Geschlechterforschung, satz von Technologien soziotechnisch gestaltet die den digitalen Transformationsprozess im Fokus werden. Wenn beispielsweise Fördermittel im hat. Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Rahmen des „Zukunftsprogramm Krankenhäu- Bundesregierung sowie den Landesregierungen, diese ser“ verausgabt werden, ist unbedingt darauf zu Leerstelle zu schließen. Zu empfehlen ist hierbei eine achten, dass Gelder nicht nur in technologische soziotechnische Forschungsausrichtung. Innovationen, sondern auch in die strukturellen Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten flie- Für die Fortentwicklung des „BMAS Fachkräftemoni- ßen (Frey/Röhr 2020). torings“ (eines Instruments der Arbeitsmarktprojek- tion des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales) Auch allgemein wird mit einem Digitalisierungs- wird gefordert, Geschlechter- und Diversityaspekte zu schub infolge der Coronapandemie gerechnet. implementieren. Beispielsweise sieht das von der Bundesregie- rung beschlossene Konjunkturpaket 3 Mrd. € Leistungs- und geschlechtergerechte Tätigkeitsbe- vor, um die öffentliche Verwaltung nachhaltig schreibungen sowie Arbeitsbewertungsverfahren zu digitalisieren. Hier besteht die Gefahr, dass umsetzen Frauen durch ein (vorübergehendes) Ausschei- Im Zuge des digitalen Transformationsprozesses wird den oder Zurückziehen aus dem Arbeitsmarkt deutlich, dass Tätigkeitsbeschreibungen und Arbeitsbe- von wesentlichen, schnell voranschreitenden wertungssysteme (bzw. Tarifsysteme, sofern vorhanden) digitalisierungsbezogenen Entwicklungen und einer Modernisierung bedürfen, um digitalisierungs- dementsprechenden Qualifizierungen ausge- bezogene Anforderungen leistungsgerecht abbilden zu schlossen werden. können. Aus Gleichstellungsperspektive ist eine solche Modernisierung ohnehin längst überfällig.

80 Digitalisierte Wirtschaft B.III Arbeit und Arbeitsmarkt im digitalen Transformationsprozess 1

Die Sachverständigenkommission empfiehlt eine Ana- Die Sachverständigenkommission fordert, dass die Ein- lyse der Tätigkeitsbeschreibungen sowie Arbeitsbe- schränkung der Berichtspflichten auf lageberichts- wertungsverfahren, welche die Ansprüche einer ge- pflichtige Unternehmen aufgehoben und die Verpflich- schlechtergerechten Beschreibung, Bewertung und tung nach § 21 EntgTranspG zur Berichtsstellung über Entlohnung der Tätigkeit sowie der erforderlichen Gleichstellung und Entgeltgleichheit auf kleinere Un- digitalisierungsbezogenen Kompetenzen berücksich- ternehmen ausgeweitet wird. Richtwert könnte die tigen. Zu überprüfen ist dabei auch, inwieweit Neu- Empfehlung der EU-Kommission sein, die (bereits seit ordnungen (beispielsweise die der Pflegeberufe) einen 2014) eine regelmäßige Berichterstattung33 für Arbeit- technischen Ansatz anstelle eines soziotechnischen geber*innen ab einer Größe von 50 Beschäftigten emp- Ansatzes verfolgen, wie er von der Sachverständigen- fiehlt (EU KOM 2014: 113). So würde zukünftig auch kommission vertreten wird. die Digitalbranche erfasst werden, die aufgrund ihrer Größenstrukturen vom Entgelttransparenzgesetz bis- Die Sachverständigenkommission sieht in der An- lang weitgehend unberührt bleibt. passung der Tätigkeitsbeschreibungen eine wichtige Gelegenheit, um im Zuge des digitalen Transformati- Bislang sind für besagte Berichte keine einheitlichen onsprozesses Entgeltdiskriminierung für gleiche und Standards definiert, die vergleichbare Informationen gleichwertige Arbeit abzubauen. Gefordert wird die lieferten; Verstöße gegen die Berichtspflicht werden Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Entwicklung nicht sanktioniert. Die Sachverständigenkommission eines entsprechenden Arbeitsbewertungsverfahrens, empfiehlt der Bundesregierung, die Kriterien für die das im Rahmen eines breit angelegten Modellprojektes Berichte zu definieren, die Berichte zu standardisieren in der digitalisierten Wirtschaft erprobt und schließlich sowie deren Sichtbarkeit zu erhöhen. Letzteres könnte umgesetzt wird. beispielsweise durch eine Veröffentlichungspflicht auf Unternehmenswebsites erreicht werden.34 Mit der Stan- Entgelttransparenzgesetz für eine geschlechterge- dardisierung und Veröffentlichung der Berichte könnte rechte Digitalisierung weiterentwickeln die Vergleichbarkeit von Unternehmen, was ihren Erfolg Das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwi- bei der Umsetzung betrieblicher Strategien betrifft, ver- schen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz, bessert werden. Mithilfe standardisierter Berichte sind EntgTranspG) ist ein wichtiges Instrument für die be- zudem konkrete Hebel ermittelbar, an denen betrieb- rufliche Gleichstellung in der Privatwirtschaft und im liche und politische Akteur*innen ansetzen können, öffentlichen Dienst; es schreibt einen individuellen um den digitalen Transformationsprozess geschlech- Auskunftsanspruch und Berichtspflichten vor und for- tergerecht zu gestalten. dert Arbeitgeber*innen auf, betriebliche Prüfverfahren durchzuführen. Die Berichtspflichten und betrieblichen Zudem empfiehlt die Sachverständigenkommission, Prüfverfahren sind für eine geschlechtergerechte Ge- mehr Verbindlichkeit zu schaffen, indem die Nicht- staltung des digitalen Transformationsprozesses wei- erfüllung der Berichtspflicht sanktioniert wird, etwa terzuentwickeln. durch ein Bußgeld oder die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Hier besteht großer Standardisierung, Sichtbarkeit, Ausweitung und Handlungsbedarf, da bislang nur ein geringer Anteil der Sanktionierung von Berichtspflichten lageberichtspflichtigen Unternehmen ihrer Berichts- Das Entgelttransparenzgesetz verpflichtet lageberichts- pflicht nachkommt. pflichtige32 Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, einen Berichtüber die betrieblichen Neujustierung betrieblicher Prüfverfahren Maßnahmen zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit Das Entgelttransparenzgesetz fordert private Arbeit- zu verfassen (§ 17 Abs. 1 EntgTranspG). Betriebliche geber*innen mit in der Regel mehr als 500 Beschäftig- Maßnahmen zur Gleichstellung sind im Zuge der di- ten auf, ihre Entgeltregelungen regelmäßig mithilfe gitalen Transformation dringend erforderlich. Dies be- betrieblicher Prüfverfahren zu überprüfen (§ 17 Abs. 1 trifft etwa berufliche Übergangspfade – innerhalb von EntgTranspG). Aus Sicht der Sachverständigenkom- Arbeitsorganisationen –, deren Relevanz zugenommen mission ist es erforderlich, solche Prüfverfahren an- hat. Im Zuge der Berichtserstellung kann der Bedarf in gesichts der digitalen Transformation der Wirtschaft Bezug auf Fragen der Geschlechtergerechtigkeit sicht- neu zu justieren. bar gemacht werden; daran anschließend können Maß- nahmen entwickelt und umgesetzt werden.

33 Über gezahlte Entgelte, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, Arbeit- nehmer*innengruppen oder Positionen. 34 Bislang besteht nur die Verpflichtung, diese Berichte als Anlage zum 32 Nach §§ 264 und 289 Handelsgesetzbuch. Lagebericht im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

81 Auch bei den Prüfverfahren ist eine Standardisierung geboten; ob eine branchenübergreifende oder eine -spe- zifische Standardisierung zu bevorzugen ist, müsste überprüft werden. Als branchenübergreifender Verband könnte zu diesem Zweck die Industrie- und Handels- kammer (IHK) eingebunden werden. Ein standardi- siertes Prüfverfahren muss einen geschlechtsneutralen sowie einheitlichen Bewertungsmaßstab haben, der die besonderen digitalisierungsbezogenen Anforderungen berücksichtigt: Digitalisierungsbezogene Tätigkeiten müssen tatsächlich ermittelt, Anforderungen tatsäch- lich sichtbar gemacht werden; gleiche und gleichwer- tige Anforderungen müssen gleich oder vergleichbar bewertet und entlohnt werden. Inhaltlich könnte sich dieses Prüfverfahren an den eg-check der Antidiskri- minierungsstelle anlehnen. Ein daran orientiertes standardisiertes Prüfmodell könnte als Richtschnur für Arbeitgeber*innen aus dem privaten und öffent- lichen Sektor, aber auch für Betriebs- und Personal- räte, Diversity-Beauftragte sowie Gleichstellungsbe- auftragte dienen.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt auch hier eine Absenkung des Schwellenwerts. Das Prüfverfahren ist auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zumutbar, da der Aufwand von der Zahl der Beschäf- tigten abhängt.

Zudem sollte auch beim betrieblichen Prüfverfahren Verbindlichkeit geschaffen werden, indem die Nicht- erfüllung sanktioniert wird, etwa durch ein Bußgeld oder die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe öffent- licher Aufträge.

Soziotechnische Forschung zu den Auswirkungen digitaler Technologien auf Beschäftigte im Pflege- bereich fördern Zunächst eine Leerstelle rückt die Pflegebranche nun in den Fokus der digitalen Transformation, wie die Um- setzungsstrategie der Bundesregierung zur Gestaltung des digitalen Wandels zeigt. Diese Entwicklung ist zu begrüßen und weiter voranzutreiben.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bun- desregierung, insbesondere solche Forschung zu för- dern, die die Komplexität der Arbeitsorganisation und -gestaltung in personenbezogenen Beschäftigungsfel- dern berücksichtigt und die soziotechnische Auswir- kung digitaler Technologien auf die Verwirklichungs- chancen der Beschäftigten untersucht. Nur so können wichtige Entwicklungen im Zuge der Digitalisierung erkannt sowie geschlechtergerecht begleitet werden. Als Brücke zur Anwendungspraxis ist die Einbindung der Wohlfahrtsverbände zu empfehlen.

82 Digitalisierte Wirtschaft B.III Anforderungen an Kompetenzen und Kompetenzerwerb 2

2. Anforderungen an Kompetenzen Infrastrukturen und Angebote sowie an vorgegebene Zeitfenster gebunden, d.h. Lernprozesse können an und Kompetenzerwerb die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse angepasst werden – dies gilt vor allem für Menschen 2. 1 Ausgangslage mit Sorgeverantwortung oder Menschen mit Beein- trächtigungen. Für die Erwerbsarbeit in der digitalen und digitalisier- ten Wirtschaft sind spezifische Kompetenzen unerläss- lich; dasselbe gilt generell für das Leben in einer Ge- 2. 2 Analyse sellschaft, die zunehmend von Digitalisierung geprägt ist. Kompetenzen können als persönliche Potenziale 2. 2. 1 Digitalisierungsbezogene Kompetenzen verstanden werden, die zentral für die Erreichung von Verwirklichungschancen sind (vgl. Kapitel A). Sie sind Es gibt zahlreiche Konzepte und Begriffe, um die per- im digitalen Transformationsprozess entscheidend sönlichen Potenziale, die im Zuge der digitalen Trans- dafür, ob und wie Menschen bereits stattfindende und formation wichtig sind, einzuordnen und zu beschrei- zukünftig anstehende Veränderungen aktiv (mit-)ge- ben (vbw 2018). Die Sachverständigenkommission ver- stalten. Dafür bedarf es mehr als vermeintlich neuer, wendet den Begriff digitalisierungsbezogene Kompetenzen, additiver oder so genannter digitaler Kompetenzen um die soziotechnische Ausrichtung hervorzuheben. oder des bloßen Verfügens über Technologien (nach Unter der Bezeichnung „informatische Kompetenzen“ dem Motto „Tablets für alle“). Technik zu bedienen oder findet sich diese Perspektive bereits in den „Bildungs- zu konsumieren reicht nicht für geschlechtsbezogen standards Informatik“ der Gesellschaft für Informatik gleiche Verwirklichungschancen. Um die Gestaltungs- (GI). Demnach ist die optionen einer digital geprägten Welt wahrnehmen, nutzen und mitgestalten zu können, sind vielmehr „Auseinandersetzung mit normativen, rechtlichen, Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen erforderlich, ethischen und sozialen Aspekten [...] sowie Verantwor- die integral, also durchdringend, sind. Erforderlich ist tungsbewusstsein im Umgang mit moderner Informa- der bewusste und souveräne Umgang mit der Digita- tionstechnik“ (GI 2016: 12) lisierung. Allen Menschen muss die Chance eröffnet werden, sich mit digitalen Technologien (Computern, genauso relevant wie etwa die Fähigkeit, zu formalisie- Cloud-Systemen, vernetzten Endgeräten etc.) entwi- ren, zu modellieren und zu implementieren, algorith- ckeln zu können sowie zu lernen, sich unter Einbin- misch Probleme zu lösen oder Theorie, Abstraktion und dung digitaler Medien selbst zu reflektieren. Des Wei- Design miteinander zu verknüpfen. teren geht es um die souveräne Verständigung mit anderen Menschen in digitalen Räumen und um die Auch die Kultusministerkonferenz (KMK) hob digita- Wahrung von Grenzen. lisierungsbezogene Kompetenzen als „Kompetenzen für die digitale Welt“ hervor und legte sie im Jahr 2016 Kompetenzen müssen entwickelt, erprobt und ver- als Strategie Bildung in der digitalen Welt fest. Die von stetigt werden. Ihr Erwerb ist also ein permanenter der KMK aufgelisteten Kompetenzbereiche für Schu- Prozess, wie auch die technologische Entwicklung le, Berufsbildung und Hochschule weiten das Konzept selbst. Damit Menschen Kompetenzen erwerben und digitaler Bildung als Querschnittskompetenz auf alle weiterentwickeln können, müssen sie Zugang zum Fächer aus. Die dort genannten sechs Kompetenzberei- Kompetenzerwerb haben, unabhängig von Geschlecht, che im Umgang mit digitalen Medien (KMK 2016: 16 ff.) Herkunft, sozialem Status, Behinderung und Alter. sind auch über die Schulbildung hinaus bedeutend: für Kompetenzaneignung durch Bildung und Weiterbil- sämtliche Bildungs- und Weiterbildungsangebote, die dung muss allen Menschen zugänglich sein, und sie auf das Zurechtkommen in der digitalen und digitali- muss sich für alle Menschen lohnen, also deren fach- sierten Wirtschaft sowie im Kontext der Digitalisierung liche, persönliche und ökonomische Weiterentwick- der Gesellschaft abzielen. Die Kompetenzbereiche um- lung fördern. fassen im Einzelnen: 1. Suchen, verarbeiten und aufbewahren, zum Beispiel: Die Digitalisierung verändert nicht nur die Art der be- Wie lassen sich für ein bestimmtes Fachthema re- nötigten Kompetenzen, sondern auch die Art und Weise des levante Informationen finden, kritisch bewerten, Kompetenzerwerbs. Hierin liegen neue Chancen für die aufbewahren und organisieren? Gleichstellung der Geschlechter: Durch Nutzung digi- 2. Kommunizieren und kooperieren, zum Beispiel: taler Technologien können der Erwerb und die Weiter- Wie wird über verschiedene digitale Kanäle inter- entwicklung von Kompetenzen orts- und zeitflexibel agiert, wie werden Informationen geteilt? Wie lässt gestaltet werden. Der Zugang ist nicht an lokale Orte, sich digital zusammenarbeiten, welche Umgangs-

83 regeln herrschen bei digitaler Kommunikation? Damit könnte den bereits im Ersten und Zweiten Gleich- Wie funktioniert politische Teilhabe übers Netz? stellungsbericht geforderten Maßnahmen zum Abbau 3. Produzieren und präsentieren, zum Beispiel: Wie von Geschlechterstereotypen – einer gleichstellungs- werden Videos, Audioformate oder digitale Präsen- orientierten Berufsberatung und -orientierung, einer tationen entwickelt und weiterverarbeitet? Wie familienfreundlichen und gleichstellungsorientierten werden hierbei Urheber*innen-, Nutzungs- und Gestaltung von Weiterbildungsangeboten und der Um- Persönlichkeitsrechte eingehalten? setzung geschlechtsbewusster Pädagogik (Bundesregie- 4. Schützen und sicher agieren, zum Beispiel: Wie rung 2017: 132, Bundesregierung 2011: 101) – Rechnung lassen sich Gefahren im digitalen Raum erkennen? getragen werden. Insbesondere aber könnten in Hinblick Wie werden persönliche Daten geschützt? Wie wird auf den digitalen Transformationsprozess neue Wege die Umwelt, Natur oder Gesundheit mit digitaler beschritten werden. Technik gefährdet oder geschützt? 5. Problemlösen und handeln, zum Beispiel: Wie las- sen sich technische Probleme lösen? Welche App 2. 2. 2 Verschränkung digitalisierungs- hilft bei welchem Problem? Wie lassen sich Proble- bezogener Kompetenzen mit me gemeinsam lösen? Welche Algorithmen helfen Genderkompetenz bei welchem Problem? Wie lassen sich algorithmi- sche Lösungsstrategien umsetzen? Die Sachverständigenkommission geht davon aus, dass 6. Analysieren und reflektieren, zum Beispiel: Wie digitalisierungsbezogene Kompetenzen untrennbar werden Bilder/Profile in Sozialen Medien gestaltet? mit Genderkompetenz verwoben sein müssen. Um Welche Rolle spielen ökonomische, politische oder sowohl die besondere Art digitalisierungsbezogener soziale Interessen hierbei? Kompetenzen als auch die Art und Weise ihres Erwerbs geschlechtergerecht gestalten zu können, benötigen Pä- Innerhalb dieser sechs Kompetenzbereiche sollte jedes dagog*innen und Lehrkräfte aller Bildungsinstitutionen Fach eine fachspezifische Nutzung digitaler Medien digitalisierungsbezogene Genderkompetenz. schulen, um Einen Ausgangspunkt für die Entwicklung von Maßnah- „individuelles und selbstgesteuertes Lernen [zu] fördern, men und Weiterbildungsangeboten liefert der Europäi- Mündigkeit, Identitätsbildung und das Selbstbewusst- sche Rahmen für die Digitale Kompetenz von Lehrenden, sein [zu] stärken sowie die selbstbestimmte Teilhabe DigCompEdu (Goethe-Institut e. V. 2019). Im Rahmen an der digitalen Gesellschaft [zu] ermöglichen“ (KMK des DigCompEdu wurden etliche Referenzrahmen, 2016: 15). Selbsteinschätzungsinstrumente und Schulungspro- gramme mit dem Ziel entwickelt, die unterschiedlichen Die Kompetenzbereiche der KMK im Umgang mit di- Facetten digitalisierungsbezogener Kompetenzen von gitalen Medien weisen aus Sicht der Sachverständi- Lehrkräften zu erfassen und diese dabei zu unterstüt- genkommission in die richtige Richtung, insofern sie zen, ihre Kompetenzen selbst einzuschätzen, und um soziotechnische Ansätze berücksichtigen, gehen aber Schulungsbedarfe zu ermitteln und gezielte Schulun- nicht weit genug. Denn der Zugang zu und die Nutzung gen anzubieten. Derartige Orientierungshilfen für die von Technologien, ebenso deren Gestaltung sind nicht Implementierung regionaler und nationaler Tools und unabhängig vom Geschlecht zu verstehen; sie sind Schulungsprogramme gilt es, vor dem Hintergrund di- untrennbar damit verwoben (Kapitel A). Um Verwirk- gitaler Transformationsprozesse und sich wandelnder lichungschancen zu gewährleisten, müssen alle Men- Anforderungen an Lehrkräfte stärker als bislang einzu- schen – unabhängig vom Geschlecht – die Aneignung binden – und bezüglich der Perspektive gleicher Verwirk- digitalisierungsbezogener Kompetenzen als (mit-)ge- lichungschancen der Geschlechter weiterzuentwickeln. staltbaren, transparenten und beeinflussbaren Prozess verstehen und erfahren können. Digitalisierungsbe- Voraussetzung für die Vermittlung digitalisierungsbe- zogene Kompetenzen müssen daher mit Genderkom- zogener Kompetenzen sind Lehrkräfte, die digitalisie- petenz zusammengedacht werden. Genderkompetenz rungsbezogene Genderkompetenz besitzen und über bezeichnet die Fähigkeit, Geschlechterverhältnisse zu die benötigten Ressourcen (Technologien, Bildung, reflektieren und Erkenntnisse aus der (fachbezogenen) Zeit u. a.) verfügen. Um innovative digital gestützte Geschlechterforschung in die Praxis umzusetzen (in An- Lehr-Lern-Formate, die digitalisierungsbezogene päd- lehnung an GenderKompetenzZentrum o. J.). agogisch-didaktische Ziele verfolgen, zu entwickeln, braucht es entsprechende Kompetenzen. Dazu gehört, Ein solches Kompetenzverständnis sollte handlungs- dass Lehrkräfte ihre eigene (Geschlechter-)Rolle im leitend für Schulen, Berufs- und Hochschulen, Uni- Umgang mit Technik reflektieren. Einstellungen und versitäten und Weiterbildungseinrichtungen werden. Haltungen können Lehrkräfte in langfristig angelegten

84 Digitalisierte Wirtschaft B.III Anforderungen an Kompetenzen und Kompetenzerwerb 2

Prozessen beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung zusammengebracht werden. Mit der folgenden Tabelle entwickeln und verändern. Durch aktive Reflexionen, will die Sachverständigenkommission die Verschränkung durch eigene neue Erfahrungen mit digitalen Medien, von Genderkompetenz mit digitalisierungsbezogenen durch Austausch und Zusammenarbeit können sich Kompetenzen veranschaulichen. Grundlage ist das Gen- kenntnisreiche professionelle Einstellungen und Hal- derkompetenzmodell des GenderKompetenzZentrums tungen ausbilden. (o. J.) mit den Feldern Wissen (Kompetenzentwicklung durch Information), Wollen (Kompetenzentwicklung Die Sachverständigenkommission plädiert dafür, die digi- durch Sensibilisierung) und Können (Kompetenzentwick- talisierungsbezogene Genderkompetenz von Lehrkräften lung durch Anwendung). Diese drei Felder wurden um und Pädagog*innen auszubauen. Dazu müssen Konzepte Aspekte digitalisierungsbezogener Kompetenzen erwei- und Instrumente gendersensibler Didaktik (vgl. Ebenfeld tert, angelehnt an die GI, die KMK und die Erkenntnisse 2018; Derichs-Kunstmann et al. 2009), Konzepte digitaler dieses Gutachtens; die Darstellung ist als grundsätzlich Bildung (KMK 2016) und Erkenntnisse dieses Gutachtens erweiterbar und nicht als abschließende zu verstehen.

Digitalisierungsbezogene Genderkompetenz von Lehrpersonen/Pädagog*innen

WISSEN WOLLEN KÖNNEN durch Information durch Sensibilisierung durch Anwendung

» Geschlechterverhältnisse, gesell- » Reflexion » Einsatz vielfältiger didakti- schaftliche Konstruktion von scher Methoden, um vielfältige Geschlecht – im Zusammen- • der eigenen (Geschlechter-) Lernende anzusprechen hang mit Technikgestaltung Rolle, v. a. in Bezug auf digitale Technologien » Verwendung gender- und di- » Reproduktion, Konstruktion versitätssensibler Sprache und und Dekonstruktion von Ge- • bestehender Geschlechterste- Bilder/Materialien schlechterverhältnissen in So- reotype in Bezug auf digitale zialen Medien Technologien » Motivation Lernender, digitale Medien auszuprobieren » Erlernen von Grenzmanage- • über die Zielgruppe, ment insbesondere über Frauen, » Empowerment von Frauen, marginalisierte und von marginalisierten und von » Formen digitaler Gewalt sowie unterrepräsentierte Gruppen unterrepräsentierten Gruppen Schutzkonzepte • der Verwobenheit von Tech- » Umsetzung von Gewaltschutz- » Diskriminierungspotenzial von nik und Mensch konzepten Algorithmen • von Herausforderungen beim » Umsetzung von Grenzmanage- » mögliche Gefahren der Digitali- Grenzmanagement mentkonzepten sierung für die Grundrechtsaus- übung » Motivation, Geschlechterstereo- » datenschutzkonforme Prakti- type im Zusammenhang mit di- ken (beispielsweise Datenspar- » Wissen über alternative daten- gitalen Medien zu ändern samkeit, Beachten von Persön- schutzkonforme Dienste und lichkeitsrechten anderer) Produkte » … » Nutzung von Diensten und » .... Produkten, die IT-Grundrech- ten genügen

» ...

Tabelle 1, Quelle: Eigene Zusammenstellung in Anlehnung an GenderKompetenzzentrum (o. J.)

85 2. 2. 3 Der Erwerb digitalisierungsbezogener Kutscher et al. 2020). Dabei bietet der Einsatz digitaler Kompetenzen in verschiedenen Medien die Chance, die Methodenvielfalt zu erhöhen und Episoden des Lebensverlaufs dadurch eine größere Anzahl Lernender zu erreichen. Methodenvielfalt ist ein didaktisches Prinzip gender- Digitalisierungsbezogene Kompetenzen sind notwendig, und diversitysensibler Lehre: Verschiedene Methoden um in einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft sprechen Lernende mit unterschiedlichem Vorwissen an zurechtzukommen, mehr noch, um sie mitzugestalten. und aktivieren unterschiedliche Lerntypen, zudem wird Diese Bildungsbedarfe entstehen früh im Lebensverlauf, die Chancengleichheit für Lernende mit individuellen und zwar bereits vor dem Schuleintritt, der Berufsbil- Barrieren und Fähigkeiten verbessert (vgl. Hinweise in dung oder dem Besuch einer Hochschule – nämlich im der Toolbox „Gender und Diversity in der Lehre“, Freie Bereich der frühkindlichen Bildung. Allerdings spielen Universität Berlin 2020). Durch einen Wechsel zwischen Medienbildung und die Vermittlung digitalisierungsbe- verschiedenen didaktischen Methoden mit unterschied- zogener Kompetenzen in den Ausbildungen und Studi- lichen Medien werden Lernende angeregt, sich auszupro- engängen für Erzieher*innen eine nur untergeordnete bieren und sich ggf. auch mit geschlechtsuntypischen Rolle; die Bildungspläne der Bundesländer weisen dem Inhalten und Aktivitäten zu befassen. Stichwort „Medien“ in Kindergarten/-tagesstätte einen unterschiedlich hohen, zum Teil gar keinen Stellen- Wie aktuelle Diskussionen in der Bildungsforschung wert zu (Reichert-Garschhammer 2020; zu Ausbildun- (u. a. bei wissenschaftlichen Veranstaltungen) nahele- gen und Bildungsplänen siehe Friedrichs-Liesenkötter gen, werden im Zuge der Coronapandemie und des da- 2019). Dabei wird ein reflektierter, medienkritischer durch erzwungenen Digitalisierungsschubs einerseits und bewusster Umgang mit digitalen Medien und ver- Best Practices entwickelt, andererseits werden gravieren- netzter Kommunikation von Kindern in Tageseinrich- de Mängel und Herausforderungen im Bildungssystem tungen immer wichtiger. Ein solcher Umgang muss deutlich.35 Der jetzige Digitalisierungsschub in Schu- durch Erzieher*innen kompetent angeleitet werden; len und in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung Voraussetzung dafür ist, dass sie ihre eigenen digitali- ist ein guter Zeitpunkt, um digitalisierungsbezogene sierungsbezogenen Kompetenzen in Verschränkung mit Kompetenzen und Genderkompetenz als ineinander Genderkompetenz in der Aus-, Fort- und Weiterbildung verschränkte und aufeinander bezogene Einheit zu ausbauen (Nieding/Klaudy 2020). Die bundesweite, ge- entwickeln. Voraussetzung dafür ist, dass die Mängel meinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ bietet in der technischen Infrastruktur und bei der Ausstat- beispielsweise eine derartig verschränkte Fortbildung tung mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen rasch für pädagogische Fach- und Lehrkräfte fortlaufend an. behoben werden. Die Fachkräfte seien nach der Fortbildung „in der Lage, in der frühen informatischen Bildung auf geschlechts- Auch Eltern und Erziehungsberechtigte sind in der zu- spezifische Unterschiede, insbesondere in der Aufga- nehmend mit Technologien durchzogenen Gegenwart benauswahl einzugehen und der Stereotypenbildung mit vielen Unsicherheiten konfrontiert, insbesonde- entgegenzuwirken“ (Bergner et al. 2018: 204). re beim Umgang mit digitalen Medien im familiären Umfeld. Es entstehen Bildungsbedarfe bei digitalisie- Die Bandbreite der Bedeutungen, die digitale Medien rungsbezogenen Erziehungskompetenzen, denn Eltern und vernetzte Kommunikation für die Gleichstellung und Erziehungsberechtigte sind als kompetente und in einer sich verändernden Welt haben, wird nicht nur kritische Gesprächspartner*innen, Begrenzer*innen in der frühkindlichen Bildung zu wenig erfasst, sondern und Anleiter*innen gefordert und somit einer hohen auch im Kontext Schule. Medien werden an Schulen Beanspruchung komplementärer und digitalisierungs- noch nicht als integraler Bestandteil von Lernprozessen bezogener Kompetenzen ausgesetzt (DIVSI 2015). Sie verstanden. Neben Mängeln, was die technische Infra- müssen dabei auch ihren eigenen Umgang mit digitalen struktur und die Ausstattung mit finanziellen wie zeitli- Technologien und ihre diesbezüglichen Kompetenzen chen Ressourcen betrifft, liegt ein wichtiger Grund hier- hinterfragen/reflektieren, und dafür brauchen sie nie- für in teils unzureichenden digitalisierungsbezogenen derschwellige Bildungsangebote (Wagner et al. 2016). Kompetenzen des pädagogischen Personals selbst (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020: 268 ff., v. a. 279). Vielfach werden routinierte analoge Lehr-Lern- Formate nahezu gleichförmig in digital unterstützte 35 Zu verweisen ist beispielsweise auf den Podcastbeitrag „Digita- lisierungsschub: Chancen mit Risiken und Nebenwirkungen“ Formate übersetzt, ohne digitale Lehr-Lern-Konzepte von Prof. Dr. Nadia Kutscher (2020) und auf Diskussionen bei der und die Möglichkeiten und Grenzen des Digitalen zu Veranstaltung „Digitalisierung in der Kita – Erkenntnisse aus der (er-)kennen, kritisch zu reflektieren und kompetent Corona-Krise“, dem Zweiten Expertenforum des Bildungssektors weiterzuentwickeln – oft nicht aus Unwillen, sondern „Bildung in Kindheit, Jugend und Familie“, online durchgeführt am 18.09.2020 im Rahmen der BMBF-Förderlinie „Digitalisierung aus ungedecktem Weiterbildungsbedarf (ebd., ebenso im Bildungsbereich“ (2018–2023).

86 Digitalisierte Wirtschaft B.III Anforderungen an Kompetenzen und Kompetenzerwerb 2

2. 2. 4 Die vergeschlechtlichte nen, Berufskammern, den Ländern und der Bundesagentur Weiterbildungsbeteiligung für Arbeit entwickelt und 2019 verabschiedet. In der NWS werden Handlungsziele zur Verbesserung des Weiterbil- Die herrschenden Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt dungsangebots und des Zugangs dazu genannt (BMAS/ (vgl. Kapitel B.III.1) spiegeln sich im Weiterbildungssek- BMBF 2019), es geht in allererster Linie um die Etablierung tor wider. Es herrschen geschlechtsbezogene Barrieren einer lebensverlaufsorientierten Weiterbildungskultur, beim Zugang zu Weiterbildung im Allgemeinen und zu „die Beschäftigte, Arbeitssuchende und Unternehmen digitalisierungsbezogenen Kompetenzen im Besonde- optimal im digitalen Strukturwandel unterstützt“ (Rü- ren. Vor diesem Hintergrund bleiben die Forderungen, ber/Widany 2021: 48). Im Jahre 2019 wurde mit dem Ge- die im Zweiten Gleichstellungsbericht diesbezüglich setz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und formuliert wurden, unvermindert aktuell. Im Zuge für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (auch des digitalen Transformationsprozesses gewinnen sie Qualifizierungschancengesetz genannt) und 2020 mit jedoch weiter an Bedeutung, denn digitalisierungsbe- dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung zogene Kompetenzen sind eine Voraussetzung für die im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Aus- Realisierung von Verwirklichungschancen sowohl in bildungsförderung (auch Arbeit-von-Morgen-Gesetz ge- der digitalen Wirtschaft als auch in der digitalisierten nannt) eine präventive Weiterbildungsstrategie gestärkt Gesellschaft. (BMAS 2020). Die Sachverständigenkommission begrüßt vor dem Hintergrund der digitalen Transformation den Die aktuelle Lage zeigt, dass die Weiterbildungsbeteili- eingeschlagenen Pfad einer lebensverlaufsorientierten gung insgesamt gestiegen ist: So nahmen im Jahr 2018 sowie präventiven Weiterbildungsstrategie; eine Ge- immerhin 59 % der 18- bis 64-Jährigen an einer Weiter- schlechterperspektive fehlt jedoch nach wie vor – dabei bildung teil, im Jahr 2012 waren es 54 % (Kuhnhenne machte bereits die Sachverständigenkommission für den 2020: 7). Die Verteilung der Geschlechter wird bei insge- Zweiten Gleichstellungsbericht auf die geschlechtsbezo- samt steigender Weiterbildungsbeteiligung jedoch nicht genen Ungleichheiten in der Weiterbildung aufmerksam. ausgewogener. Zum einen nehmen Männer häufiger Wie die vorliegende Analyse zeigt, haben diese Ungleich- an Weiterbildungen teil, zum anderen handelt es sich heiten weiterhin Bestand – und gewinnen im Zuge der dabei um zeitintensivere und in der Folge ökonomisch Digitalisierung an Bedeutung. besser verwertbare Angebote als bei jenen, die Frauen in Anspruch nehmen (Rüber/Widany 2021: 1). Hinzu kommt, dass Frauen die Kosten für Weiterbildung häu- 2. 2. 5 Die digitale Weiterbildungsbeteiligung figer selbst tragen (Käpplinger/Kubsch 2017); dies hängt sicherlich auch damit zusammen, dass sie in Relation zu Rüber und Widany (2021) stellen in ihrer Expertise Männern seltener betriebliche, häufiger kommerzielle für den Dritten Gleichstellungsbericht fest, dass ge- Weiterbildungen besuchen (Rüber/Widany 2021: 11). schlechtsbezogene Ungleichheiten Zugang und Nut- Das Risiko, über einen längeren Zeitraum keine beruf- zung nicht nur im Hinblick auf analoge Weiterbil- liche Weiterbildung (hier fünf Jahre) zu absolvieren, dungsformate, sondern auch bei digitalen und digital steigt durch eine Betreuungspflicht gegenüber Kindern unterstützten Formaten prägen. Im Jahr 2018 wurde (Müller/Wenzelmann 2020), wovon Frauen insgesamt der Adult Education Survey (AES) des BMBF mit ei- stärker betroffen sind. GeringqualifiziertePersonen und nem erweiterten Frageprogramm zur Digitalisierung Personen mit sogenanntem Migrationshintergrund in der Weiterbildung durchgeführt, das BMBF veröf- machen ebenfalls seltener betriebliche, dafür häufiger fentlichte 2020 die zentralen Ergebnisse (BMBF 2020). individuelle berufsbezogene Weiterbildungen (ebd.). Demnach werden 84 % der formalen36 und 38 % der Letzteres meint Lernaktivitäten, die nicht unter die nonformalen37 Bildungsaktivitäten – im Rahmen be- betriebliche Weiterbildung fallen, aber hauptsächlich trieblicher, individuell berufsbezogener oder nicht be- aus beruflichen Gründen wahrgenommen werden (bei- spielsweise einen Berufsenglischkurs in der Freizeit) 36 Formale Bildung umfasst in Deutschland die Bildungsgänge der ohne dass Arbeitgebende in relevantem Maße an den Primar- und Sekundarstufe sowie den tertiären Bildungsbereich (Hoch-, Fachschulen und Berufsakademien) und meint in der Regel Kosten beteiligt sind. Schließlich ist darauf hinzuwei- organisierte, aufeinander aufbauende Vollzeitbildungsgänge, die im sen, dass der Zugang zu Weiterbildung und der erfolg- Deutschen Qualifikationsrahmen verortet sind und eine Mindest- reiche Abschluss von Weiterbildungsmaßnahmen v. a. dauer von sechs Monaten haben. (Bilger et al. 2013: 19) ökonomische Erträge generieren kann, beispielsweise 37 Nonformale Bildung fokussiert alle organisierten Lehr-/Lernsettings, die nicht in den Deutschen Qualifikationsrahmen eingebunden sind. durch eine Lohnerhöhung. Sie umfasst etwa betriebliche Weiterbildung, individuelle berufs- bezogene Weiterbildung und nichtberufsbezogene Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund ist die Nationale Weiterbildungs- Wesentliche Merkmale sind nach der Definition im AES (2012): ein strategie (NWS) von Bedeutung. Die NWS wurde vom Mindestmaß an Organisiertheit, identifizierbare Anbieter*innen einer Lehr-Lern-Veranstaltung, ein definiertes Lernziel, ein Curricu- BMAS und dem BMBF gemeinsam mit Sozialpartner*in- lum sowie Daten bezüglich Beginn und Ende (Bilger et al. 2013: 19).

87 rufsbezogener Weiterbildung – mit digitalen Medien sant, da sie die Kosten von Weiterbildung mehrheitlich unterstützt; das bedeutet hier, dass digitale Medien „in selbst tragen müssen (Rüber/Widany 2021: 43). Nur einem substanziellen Ausmaß in einem Kontext von fehlen bisher repräsentative Studien, die den Umfang Weiterbildung entweder a) für die Informations- oder öffentlicher und frei zugänglicher Lehr-, Lern- und Kommunikationskomponente und/oder b), um Lern- Forschungsmaterialien, sogenannter Open Educatio- prozesse zeit- und ortsunabhängig zu organisieren“, nal Resources (OER), für digitales informelles38 und genutzt wurden (BMBF 2020: 64). Laut AES gaben im nonformales Lernen erfassen39. Die Informationsstelle Jahr 2018 26 % der Frauen und 32 % der Männer im OERinfo resümiert, dass insbesondere staatliche und Alter von 18 bis 69 Jahren an, in den vergangenen zwölf gemeinschaftliche Weiterbildungsanbieter40 mit OER Monaten an Bildungsformaten mit digitalen Medien arbeiteten. Kommerzielle und betriebliche Anbieter*in- teilgenommen zu haben (ebd.: 66). Bei allen Forma- nen hingegen spielten eine nachgeordnete Rolle in der ten digitalen Lernens im Erwachsenenalter besteht Bereitstellung von OER. Da OER von letztgenannten eine höhere Beteiligung von Männern als von Frauen auch zur Lobbyarbeit verwendet werden könnten, wo- (Rüber/Widany 2021: 43). Insbesondere nonformale mit sie ihren aufklärenden Sinn verlören, gelte es, Pro- Bildungsaktivitäten mit digitalen Medien sind in der jekte und Träger zu fördern, die die Qualität von OER betrieblichen und individuell berufsbezogenen weiter transparent machen und qualitativ hochwertige OER verbreitet als in der nichtberufsbezogenen Weiterbil- zur Verfügung stellen (ebd.: 44). dung, und sie werden häufiger von Männern als von Frauen genutzt (ebd.: 44). Ein spezifisches Format von Onlinebildungsangeboten sind Massive Open Online Courses (MOOC). MOOC Die Teilnahme an Onlinekursen ist insgesamt gering, erfuhren im letzten Jahrzehnt einen Hype, der mittler- und sie weist ebenfalls Geschlechterunterschiede auf: weile allerdings wieder etwas abgeflacht ist: Ab 2011 Im ersten Quartal 2019 haben laut Statistischem Bun- stieg die Zahl der Anbieter*innen von MOOC deutlich desamt 9 % aller Männer und 7 % aller Frauen (ab zehn an, bis sie sich 2015 stabilisierte (Hüther et al. 2020). Jahren) Onlinekurse im Internet besucht; bei den 25- bis Der geschlechtsbezogene Vorteil von MOOC besteht 44-Jährigen sind es 15 % der Männer und nur 9 % der darin, dass es keine Zulassungsbeschränkung gibt Frauen (Destatis 2019). Problematisch ist die generell (Open) und die Teilnahme kostenlos ist – die Zertifizie- hohe Abbruchquote bei Onlinekursen (in der betrieb- rung kann allerdings durchaus mit Kosten verbunden lichen Weiterbildung und im hochschulischen Fern- sein. Die Inhalte von MOOC haben Hochschulniveau lernen) (Simpson 2013). Als begünstigende Faktoren bzw. sind wissenschaftlich fundiert. Unter anderem für den erfolgreichen Abschluss führen Rüber und Wi- Hochschulvertreter*innen bezweifeln allerdings, ob dany (2021) die Zufriedenheit und die Ausrichtung des eine Teilnahme die Chancen auf dem Arbeitsmarkt Lernangebots an den Bedürfnissen der Teilnehmenden verbessert – auch da es bisher nur wenige verlässliche sowie die Unterstützung durch den*die Arbeitgeber*in Standards gibt, mit denen Arbeitgeber*innen die Qua- an. Negative Lernerfahrungen, nicht nur bei Online- lität der Abschlüsse einordnen können (ebd.). MOOC kursen, senken die zukünftige Lernaffinität (Gorges/ haben sich in der Bildungslandschaft weniger als er- Hollman 2015). wartet etabliert – ein Grund dafür könnten die hohen Abbruchquoten sein (ebd.). Inwieweit durch die Teilnahme an einer Weiterbildung arbeitsmarktbezogene Effekte erzielt werden, hängt u. a. von der Zertifizierung, d. h. dem Abschluss, ab – dies gilt für analoge und digitale Weiterbildung gleichermaßen. Hoffmann et al. (2020) ermitteln für nonformale Wei- terbildungen, dass Migrant*innen sowie Menschen mit niedrigem Einkommen ein erhöhtes Abbruchrisiko aufweisen und Frauen ein höheres Abbruchrisiko als Männer haben (Hoffmann et al. 2020: 39 f.). Zur Frage, 38 Informelles Lernen ist jede Form von selbstorganisiertem Lernen ohne institutionalisierte Lehrende-Lernende-Beziehungen, sofern warum Personen Weiterbildungen abbrechen, gibt es eine Lernintention vorliegt. (Bilger et al. 2013: 20) bisher nur wenige Befunde. Die Gründe für das erhöhte 39 Übersicht zu OER-Anbieter*innen: https://open-educational-resour- Abbruchrisiko bestimmter Gruppen müssen analysiert ces.de werden, um Lücken im Weiterbildungssystem ausfindig 40 Beispielweise die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), Volks- hochschulen, das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung, die zu machen und durch angepasste Rahmenbedingungen Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbil- zu schließen. dung (DEAE), die Katholische Erwachsenenbildung Deutschland – Bundesarbeitsgemeinschaft e. V. (KEB), der Deutsche Industrie- und Frei zugängliche onlinebasierte Lehr-, Lern- und For- Handelskammertag (DIHK), die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk e. V. und die deutsche Gesellschaft für wissenschaft- schungsmaterialien sind für Frauen besonders interes- liche Weiterbildung und Fernstudium e. V.

88 Digitalisierte Wirtschaft B.III Anforderungen an Kompetenzen und Kompetenzerwerb 2

2. 2. 6 Gemeinwohlorientierte Weiterbildungs- 2. 3 Handlungsempfehlungen akteur*innen in der digitalisierten Wirtschaft Der Erwerb von Kompetenzen über den gesamten Le- bensverlauf entscheidet über Verwirklichungschancen in Gemeinwohlorientierte Anbieter*innen im Feld der einer Gesellschaft. Darauf wies bereits die Sachverständi- Weiterbildung, die Frauen und unterrepräsentierten genkommission für den Zweiten Gleichstellungsbericht Gruppen digitalisierungsbezogene Kompetenzen ver- hin; die dort formulierten Handlungsempfehlungen für mitteln, bedienen ein Feld, dessen Relevanz öffentliche geschlechtergerechte Weiterbildung bleiben handlungs- Anbieter*innen noch nicht erkannt haben. Den Fokus leitend und in großem Maße relevant. In diesem Gutach- legen sie dabei häufig auf Programmiersprachen, und ten für den Dritten Gleichstellungsbericht wird der Fokus sie unterstützen den bildungs- und berufsbiografischen auf die besonderen Herausforderungen gelegt, die mit Prozess mit Coaching, Beratung und Mentoring (Rüber/ den Kompetenzanforderungen und dem -erwerb im Zuge Widany 2021: 46). Ihr Vorteil ist der niedrigschwellige des digitalen Transformationsprozesses verbunden sind. Einstieg ins Programmieren, daher sind solche Weiter- bildungen komplementär zu formalen Bildungsange- Digitalisierungsbezogene Kompetenzen in allen boten zu sehen. Phasen des Lebenslaufs und unabhängig vom Ge- schlecht vermitteln Wie bereits erwähnt und argumentiert wurde, plädiert Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bun- die Sachverständigenkommission für die Verschrän- desregierung die Einrichtung eines gesonderten, lang- kung digitalisierungsbezogener Kompetenz mit Gen- fristig angelegten Forschungsschwerpunktes, mit dem derkompetenz. Lehrkräfte in der Weiterbildung brau- Ziel, das Konzept der digitalisierungsbezogenen Gender- chen digitalisierungsbezogene Genderkompetenz, um kompetenz auszubauen und gemäß den Anforderungen auf der einen Seite Lernende zu empowern und auf der der digitalen Transformation fortwährend anzupassen. anderen Seite auf den Abbau geschlechtsbezogener Zu- gangsbarrieren hinwirken zu können (zur genderkom- Die Sachverständigenkommission empfiehlt den Bun- petenten Gestaltung von Fortbildungen vgl. Kaschuba/ desländern die Vermittlung digitalisierungsbezogener Derichs-Kunstmann 2009). Die Sachverständigenkom- Kompetenzen in der frühkindlichen Bildung, in der schu- mission möchte eine Reihe Anbieter*innen, deren Bil- lischen Bildung, an Berufsschulen, Hochschulen und dungsarbeit sich dezidiert auf diese Verschränkungen Universitäten sowie in der allgemeinen Weiterbildung bezieht, als Positivbeispiele nennen, ohne Anspruch auf und dem Bund diese in der beruflichen Weiterbildung Vollständigkeit (vgl. Rüber/Widany 2021: 36). „Django zu verankern und dabei genderkompetent zu agieren. Girls“, „Moinworld“, „PyLadies“, „Code Girls“, „Code Die vorangegangene Tabelle „Digitalisierungsbezogene Curious“ (ehemals „Rails Girls Berlin“) und „Women Gender-Kompetenz von Lehrpersonen/Pädagog*innen“ Who Code“ sind gemeinnützige Vereine, die Kurse listet hierfür erste zentrale inhaltliche Bezugs- und An- und Workshops zum Thema Programmierung und knüpfungspunkte auf. Ein solches Kompetenzverständ- Digitalisierung anbieten und sich explizit an Mädchen nis muss bildungsbereichsübergreifend und -spezifisch und/oder Frauen richten. Der Verein „FrauenCom- für die verschiedenen Typen von Bildungsinstitutionen puterZentrumBerlin“ bietet Beratung, Coaching und erschlossen und an die vielfältigen Bedarfe der Ak- Weiterbildung für Frauen und Organisationen an und teur*innen und Zielgruppen angepasst werden. legt einen Schwerpunkt auf IKT- und Medienkompe- tenzen. Die NGO „ReDI School of Digital Integration“ Digitalisierungsbezogene Genderkompetenz in die bietet in verschiedenen Städten und online Kurse für Qualifizierung von Lehrkräften aller Bildungsberei- verschiedene Zielgruppen an, darunter Programme che implementieren spezifisch für Frauen. Die Sachverständigenkommission empfiehlt dem Bund und den Bundesländern, entsprechend ihrer Zuständig- Solche Angebote bauen geschlechtsbezogene Zugangs- keiten,41 die digitalisierungsbezogene Genderkompetenz barrieren ab und leisten damit einen Beitrag für die Ge- von Lehrpersonen und Pädagog*innen auszubauen. Da- sellschaft. In der Regel werden sie nicht über öffentliche für muss digitalisierungsbezogene Genderkompetenz Mittel finanziert und hängen stark vom Engagement in die auf Lehrkräfte bezogenen Aus-, Fort- und Weiter- der Initiator*innen und Lehrkräfte ab, die teilweise bildungsprogramme aller Bildungsinstitutionen aufge- im Ehrenamt oder in atypischen Beschäftigungsver- nommen werden; für die Fachkräfte der verschiedenen hältnissen arbeiten. Das Angebot konzentriert sich auf Bildungsbereiche gilt es, eigene Fortbildungskonzepte Großstädte, neben Präsenzveranstaltungen gibt es auch zu entwickeln und bestehende auszubauen. Onlineangebote.

41 Zu den Kompetenzen und Strukturen des Deutschen Bildungssys- tems vgl. KMK 2019.

89 Soziotechnische Perspektiven im Schulfach Infor- ter*innen und Initiativen, die dezidiert gleichstellungs- matik flächendeckend verankern orientiert arbeiten, Lücken, beispielsweise im Bereich Das Schulfach Informatik ist als interdisziplinäre Ver- der IT und der Programmiersprachen. Sie zeichnen mittlung digitalisierungsbezogener Kompetenzen zu sich durch ihren niedrigschwelligen Einstieg in die verstehen. Es geht also nicht in erster Linie um eine IT und speziell in das Programmieren aus; auch des- Ausbildung zum*zur Programmierer*in, sondern um halb sind sie komplementär zu formalen Bildungsan- die Vermittlung informatischer, gesellschaftsbezogener geboten zu sehen. Kompetenzen, wie sie in der Strategie Kompetenzen für die digitale Welt der KMK und in den Bildungsstandards Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bundes- der GI beschrieben werden. regierung, bestehende Anbieter*innen und Initiativen, die durch gleichstellungsorientierte Arbeit den Zugang Deshalb empfiehlt die Sachverständigenkommission zu in der Digitalbranche wichtigen Kompetenzen schaf- den Bundesländern, soziotechnische Perspektiven im fen, materiell und personell zu fördern. Die Fördermo- Schulfach Informatik flächendeckend zu verankern. dalitäten sind so auszugestalten, dass sie deren Agilität Das Schulfach Informatik soll die soziotechnische nicht einschränken. Entsprechende Anbieter*innen Perspektive in den Vordergrund stellen und die Rolle ermutigen die Teilnehmenden und ermöglichen au- der Digitalisierung für die Realisierung von Verwirk- ßerdem, Frauennetzwerke in der Digitalbranche auf- lichungschancen prominent thematisieren. Dazu ge- zubauen. Dies gilt es wertzuschätzen und zu fördern. hört auch die Reflexion des Verhältnisses von Technik, Geschlecht und Gesellschaft. Die gesellschaftliche Teil- Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bun- habe der Schüler*innen wird einerseits durch Kompe- desregierung, neben der Förderung bestehender Anbie- tenzerwerb, andererseits durch inklusive Vermittlung ter*innen und Initiativen weitere aufzubauen. Empfoh- gewährleistet. len wird die Förderung hybrider Modelle mit mono- und koedukativen Gruppen, die aber perspektivisch für alle OER beforschen, transparent und geschlechterge- Geschlechter geöffnet werden sollten. Eine entsprechen- recht gestalten de Förderung kann einen Kulturwandel in Richtung Ohne erfolgreiche und durch Zertifizierung fachlich, per- neuer Organisationskulturen im Programmier- und sönlich und ökonomisch verwertbare Abschlüsse bleibt IKT-Bereich vorantreiben. Weiterbildung weitgehend unwirksam für die Verwirk- lichungschancen Einzelner. Die Analyse zeigte, dass rein Die lebensverlaufsorientierte sowie präventive digitale Formate das Abbruchrisiko erhöhen, und zwar Weiterbildungsstrategie um Gleichstellungsziele besonders für Frauen. Zu den Gründen der geringeren erweitern Nutzung und erhöhten Abbruchquote von Frauen und Die Nationale Weiterbildungsstrategie (NWS) benennt unterrepräsentierten Gruppen fehlen bislang ausreichen- als konkretes Handlungsziel die Verbesserung des An- de Befunde. Hierzu bedarf es weiterer Forschung, um Lü- gebots und Zugangs zu Weiterbildung (BMAS/BMBF cken im Weiterbildungssystem ausfindig zu machen und 2019). Dabei werden mit gering qualifizierten und ge- mithilfe angepasster Rahmenbedingungen zu schließen. ring literalisierten Menschen auch Personengruppen in Daher empfiehlt die Sachverständigenkommission der den Blick genommen, die von Weiterbildung besonders Bundesregierung, eine Studie zu öffentlichen und frei profitieren können. Dies wird von der Sachverständigen- zugänglichen Lehr-, Lern- und Forschungsmaterialen kommission begrüßt, aber in Hinblick auf eine gleich- (OER) für digitales informelles und nonformales Lernen stellungsorientierte Weiterbildung als unzureichend aus Geschlechterperspektive zu beauftragen. gewertet. Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bundesregierung, die NWS hinsichtlich Gleichstel- Die Sachverständigenkommission empfiehlt die Förde- lung umfassend evaluieren zu lassen. Darauf aufbauend rung von Projekten und Trägern, welche die Qualität bedarf es einer durchgängigen Geschlechterperspektive von OER prüfen und transparent machen, und solche, in der NWS, damit allen Menschen ermöglicht wird, die qualitativ hochwertige OER geschlechtergerecht Weiterbildung in Anspruch zu nehmen – unabhängig zur Verfügung stellen. Ziel ist es, über eine solche Trans- vom Geschlecht und jederzeit im Lebensverlauf. parenz die Akzeptanz der OER auf dem formalisierten Arbeitsmarkt zu erhöhen. Die Sachverständigenkommission empfiehlt zudem, die Inanspruchnahme der Förderung nach dem Qua- Gemeinwohlorientierte Anbieter*innen fördern, lifizierungschancengesetz und dem Arbeit-von-Mor- die digitalisierungsbezogene Genderkompetenz gen-Gesetz geschlechtsbezogen zu erfassen und auszu- vermitteln werten. Bestehende Ungleichheiten können abgebaut Im Feld der digitalisierungsbezogenen Weiterbildung werden, wenn Forderkriterien geschlechtergerecht für Erwachsene füllen gemeinwohlorientierte Anbie- gestaltet werden.

90 Digitalisierte Wirtschaft B.III Algorithmen und Personalauswahl 3

3. Algorithmen und teme42 für die Auswahl oder Bewertung von Mitarbei- tenden eingesetzt (Knobloch/Hustedt 2019: 11 f.; Staab/ Personalauswahl Geschke 2020b: 9 f.; Spielkamp/Gießler 2020: 8). Auch in staatlichen Institutionen wie Arbeitsämtern in Ös- 3. 1 Ausgangslage terreich und Polen wurden algorithmische Systeme zur Unterstützung der Vermittlung Arbeitssuchender und Personalentscheidungen beeinflussen nicht nur den bei der Gewährung von Förderungen oder Fortbildun- Einstieg in das Erwerbsleben, sondern auch die Auf- gen genutzt (Fröhlich/Spiecker gen. Döhmann 2018; stiegschancen sowie den Wiedereinstieg nach fami- Niklas et al. 2015). lien- oder pflegebedingter Unterbrechung. Sie spielen damit eine wesentliche Rolle für die Realisierung von In der Praxis greift Software für Personalauswahlver- Verwirklichungschancen in der Arbeitswelt. fahren am häufigsten auf Sortier-, Such- und Filteralgo- rithmen zurück. Teilweise und langfristig zunehmend Personalverantwortliche treffen ihre (Auswahl-)Ent- werden jedoch auch Algorithmen aus der Forschung zu scheidungen in der Regel nicht allein und nicht losge- KI eingesetzt (Jaume-Palasí et al. 2020: 13). Aus einer löst von Vorgaben. Sie orientieren sich an gesetzlichen soziotechnischen Perspektive gilt es, dabei im Blick zu Anforderungen oder in Betriebsvereinbarungen oder behalten, dass algorithmische Systeme im Recruiting Tarifverträgen festgelegten Regelungen; dazu zäh- keineswegs vollautomatisierte Entscheidungsprozesse len etwa formale Vorgaben für Stellenbesetzungsver- erlauben – genau das aber suggeriert der oft verwendete fahren und Systeme zur Beurteilung von Leistungen. Begriff Algorithmische Entscheidungssysteme (engl.: auto- Derartige Regelungen sollen objektive, an sachlichen mated decision-making technologies, ADM) (siehe Kapitel Kriterien orientierte Entscheidungen befördern. Per- A). Diese Systeme können lediglich bei der Entschei- sonalverantwortliche wenden diese Verfahren an, oft dungsfindung helfen. Sie werden für bestimmte von im guten Glauben, sachlichen Kriterien folgend diskri- Menschen gewünschte Zwecke genutzt und wurden von minierungsfrei zu agieren. Es gibt jedoch inzwischen Menschen entwickelt; folglich fließen deren Vorannah- zahlreiche Studien, die zeigen, dass selbst vermeintlich men, Erwartungen und Vorurteile in diese Systeme ein. objektive Verfahren erhebliche Diskriminierungsrisi- ken beinhalten können (Jaume-Palasí et al. 2020: 7 f.). Algorithmische Systeme im Recruiting sollen dabei hel- Im Zweiten Gleichstellungsbericht wurden u. a. ste- fen, die am besten geeigneten Kandidierenden für eine reotype Kriterien der analogen Personalauswahl the- Stelle zu finden („Matching“), und zwar mit geringstmög- matisiert: Sie folgen häufig impliziten Normen, die lichem Aufwand. Außerdem sollen sie vorurteilsfreier sich an männlich geprägten Unternehmenskulturen auswählen als menschliche Personalverantwortliche. orientieren; Beispiele sind geschlechtlich konnotierte Den Stellensuchenden versprechen sie, maßgeschnei- Kriterien für Führungskompetenzen oder Verfügbar- derte Jobs ausfindig zu machen. Die Passung wird mittels keitserwartungen, die sich negativ auf Aufstiegschan- statistischer Verfahren berechnet, indem individuelle cen Beschäftigter mit Sorgepflichten auswirken (vgl. Profile Kandidierender – mit Informationen beispiels- Bundesregierung 2017: 91). weise zum Lebenslauf, zu fachlichen Kompetenzen, zu Soft Skills und zu Präferenzen – mit den Suchanfor- Um stereotypen Beurteilungskriterien sowie ge- derungen der Unternehmen abgeglichen werden (vgl. schlechtsbezogenen strukturellen Benachteiligungen Jaume-Palasí et al. 2020: 16). bei Personalentscheidungen entgegenzuwirken, wurden zahlreiche Regelungen und Instrumentarien geschaffen. Das Matchingversprechen richtet sich nicht nur an Dazu zählen beispielsweise öffentliche Ausschreibun- Personalabteilungen von Unternehmen, sondern auch gen, geschlechtsneutral formulierte Stellenausschrei- an Personalberatungsunternehmen; diese erweiterten bungen, transparente Bewertungs- und Auswahlver- ihre Vermittlung, die sich bisher auf Führungskräfte fahren und Gleichstellungschecks (Welpe et al. 2015; konzentriert hatte, auf Fachkräfte, insbesondere IT-Ex- Hentschel et al. 2014; Hentschel/Horvath 2015; Krell et pert*innen (Pongratz 2020: 8). Für ihre Suche in Karrie- al. 2018; vgl. auch ADS 2014; Schreyögg 2014; Bundes- renetzwerken nutzen sie Rekrutierungstechnologien, regierung 2017: 126 ff.). um Menschen, die ihrerseits nicht auf Stellensuche

Mit der digitalen Transformation entstehen jedoch durch 42 Rating ist die Bewertung oder Einstufung durch unabhängige Drit- te. Unter Scoring versteht man die automatisierte Zuschreibung zunehmende Möglichkeiten neue Herausforderungen, und Bewertung prognostizierter Verhaltensweisen von Menschen. nicht nur die Personalverwaltung, sondern auch die Per- Mithilfe mathematisch-statistischer Modelle wird daraus ein Zah- sonalauswahl zu digitalisieren. Vor allem in größeren lenwert errechnet, der sogenannte Score. Der BegriffScoring wird in Unternehmen werden digitale Rating- und Scoring-Sys- verschiedenen Kontexten verwendet, im Kontext der Entscheidung über Kreditvergaben meint er die Bonitätseinschätzung, beim Social Score geht es um die soziale Reputation.

91 sind, für Stellen zu gewinnen. Deren Daten werden 3. 2 Analyse den Personalberatungsunternehmen auf Plattformen für Karrierenetzwerke kostenpflichtig zur Verfügung 3. 2. 1 Softwaresysteme im gestellt (vgl. Jaume-Palasí et al. 2020: 22 f.). Personalauswahlverfahren

Auch das Versprechen der Effizienzsteigerung scheint In Personalauswahlverfahren werden Softwaresysteme aus Unternehmenssicht verlockend: Vermeintlich objek- in allen Phasen der Personalgewinnung eingesetzt, dies tiv und ohne kostenintensive persönliche Auswahlpro- reicht von einfachen Systemen wie Office- und E-Mail- zesse lassen sich aus vielen hunderten oder tausenden Programmen bis hin zu spezialisierten Softwaresyste- Bewerbungen geeignete Kandidierende aussortieren. men (Jaume-Palasí et al. 2020; Zweig et al. 2020). Vor allem Personaldienstleistende haben diesen Markt entdeckt und investieren in Start-ups, die Technolo- Suche nach potenziellen Kandidierenden gien für alle Phasen der Rekrutierung entwickeln (vgl. Pongratz 2020: 6). In der ersten Phase der Personalgewinnung, dem soge- nannten Sourcing, werden beispielsweise Such- und Auch die Hoffnung diskriminierungsfreierer Entschei- Empfehlungsalgorithmen43 eingesetzt, die Listen po- dungen wird mit der digitalisierten Personalgewin- tenzieller Kandidierender erstellen oder potenziellen nung und -organisation verbunden (Knobloch/Hustedt Bewerber*innen ausgewählte Stellen anzeigen. 2019: 7; Schünemann/Lebert 2019: 30). Algorithmen können eingesetzt werden, um Geschlechterstereotype Das Sourcing wird dominiert durch große Plattformen abzubauen. Chancen bieten etwa digitale Technologien, Sozialer Medien mit Millionen von Nutzer*innen wie die dafür sorgen, dass Stellenausschreibungen inklusiv Facebook, LinkedIn oder Xing und viele andere auf Per- formuliert sind und keine rassistischen oder sexistischen sonalgewinnung spezialisierte Anbieter*innen (Jaume- Stereotype bedienen (Mihaljević 2020: 5 f.). Es gibt zudem Palasí et al. 2020: 22 f.). Die große Reichweite solcher interessante und vielversprechende Forschungsansätze digitalen Plattformen verbessert auf den ersten Blick den sowohl im Bereich des Machine Learnings als auch in Zugang zu Informationen und damit einhergehenden be- den Data Sciences, möglichst diskriminierungsfreie, ruflichen und unternehmerischen Chancen. Allerdings faire algorithmische Systeme bzw. Klassifikationen zu begünstigt die Verbreitung von Stellenausschreibungen schaffen (Bellamy et al. 2018; d’Allesandro et al. 2017). über Soziale-Medien-Plattformen bestimmte Gruppen, Der Einsatz algorithmischer Systeme zum Zwecke der etwa Personen mit technischen Affinitäten, einem be- Gleichstellung ist bislang allerdings selten, wenig be- stimmten sozialen Status, Alter oder Geschlecht. Wenn kannt und wird nicht verlässlich überprüft (vgl. Jaume- Stellenanzeigen nur Personen mit einem kostenpflich- Palasí et al. 2020: 14). tigen Premiumaccount eines Netzwerkes angezeigt werden, zeigt sich daran das Problem der Exklusivität Zwar besteht die technische Wirklichkeit in den Per- besonders deutlich: Personen, die einen solchen Account sonalabteilungen vieler kleiner und mittelständischer nicht bezahlen können (oder wollen), sind dann ausge- Unternehmen bislang häufig noch aus Aktenordnern schlossen (ebd.: 18). und Tabellenblättern und gehen digitale Technologien, zumindest im Inhousepersonalmanagement, kaum über Auch die gezielte Platzierung von Stellenausschreibun- einfache Sortier-, Such- und Filteralgorithmen hinaus. gen durch sogenanntes Targeted Advertising beruht auf Dennoch müssen aus Sicht der Sachverständigenkom- Algorithmen; diese entscheiden auf Basis bestimmter mission bereits heute die Rahmenbedingungen für den Kriterien, welchen Personen welche Stellen angezeigt Einsatz algorithmischer Systeme im Personalwesen werden. Dies verhindert eine Diversität der adressierten geschaffen werden. Dies gilt umso mehr, da moderne Bewerber*innen und hält den etwaigen Status quo einer Personalverwaltungssoftware modular aufgebaut ist homogenen Unternehmenskultur aufrecht. Ein Experi- und durch eine einfache Erweiterung um Funktionen, ment von AlgorithmWatch belegt zudem am Beispiel welche die Gleichstellung fördern oder behindern, er- von Facebook, dass sich Plattformen an Geschlechterste- gänzt werden kann. Angesichts bereits beobachtbarer reotypen orientieren und „Gendertargeting“44 betreiben. Entwicklungen und Trends gilt es, diskriminierungs- So wurde in Deutschland die Anzeige für eine Stelle als freie und an Gleichstellung orientierte digitale Infra-

strukturen zu gestalten. 43 Empfehlungsalgorithmen dienen der Vorhersage des Interesses der Nut- zer*innen an Produkten, Dienstleistungen oder anderen (digitalen) Angeboten. Mit ihrer Hilfe werden personalisierte Empfehlungslis- ten beispielsweise für Produkte, Musikstücke oder Filme erstellt. 44 Targeting ist das zielgruppenorientierte Einblenden von Werbung auf Webseiten, Gendertargeting meint entsprechend das Einblenden bestimmter Inhalte je nach Geschlecht der Nutzer*innen.

92 Digitalisierte Wirtschaft B.III Algorithmen und Personalauswahl 3

„LKW-Fahrer“ 4.864 Männern zugespielt, aber nur 386 der Folge die Auswahlergebnisse, ohne dass ein Mensch Frauen (ca. 7 %). Die parallel geschaltete Anzeige für ei- dafür unmittelbar verantwortlich wäre. nen Job als „Erzieher“ wurde dagegen nur 258 Männern, aber 6.456 Frauen (knapp 96 %) angezeigt. Auch wenn Etwas komplexer arbeitende Algorithmen nutzen mehr- nicht im generischen Maskulinum, sondern geschlech- stufige stochastische Filterverfahren. Dabei werden terneutral oder im Femininum formuliert wurde, blieb lernende Algorithmen verwendet, die frühere Bewer- es beim stereotypen Gendertargeting (vgl. Kayser-Bril bungen und Lebensläufe zu den Ergebnissen der Bewer- 2020; Fröhlich 2020). bungsverfahren (Einstellung: ja/nein; Dauer der Anstel- lung etc.) in Beziehung setzen; aus diesen Trainingsdaten Sichten und Prüfen der Bewerbungsunterlagen werden statistische Zusammenhänge abgeleitet, die auf die neuen Bewerbungen angewendet werden. Ein be- Beim Sichten und Prüfen von Bewerbungsunterlagen kanntes Beispiel ist die Personalsoftware von Amazon, im Rahmen der Vorauswahl potenzieller Kandidieren- die Frauen aufgrund entsprechender Trainingsdaten der, dem sogenannten Screening, werden algorithmen- im IT-Bereich diskriminierte (Orwat 2019: 34 f.). Prob- basierte Screeningwerkzeuge eingesetzt (Ontrup et al. lematisch ist, dass die Trainingsdatensätze typischer- 2019). Sie dienen dem Zweck, anhand der Bewerbungs- weise reale gesellschaftliche Verhältnisse und damit unterlagen, also u. a. des Lebenslaufs, der Zeugnisse und auch existierende diskriminierende Strukturen und Referenzen der Bewerber*innen, eine erste Auswahl und Praktiken abbilden und in der Folge reproduzieren (vgl. Priorisierung zu treffen. Kapitel B.I.1). So besteht die Gefahr, dass bei Auswahl- entscheidungen, die auf algorithmischen Prognosen zur Beim Screening werden Informationen aus den Bewer- künftigen Performance beruhen, Frauen benachteiligt bungsunterlagen sortiert, beispielsweise nach Art des werden: Ihre Performance wird unter Umständen ne- Abschlusses, Notenschlüsseln oder dem Renommee der gativ bewertet, weil Frauen – im Vergleich zu Männern besuchten Universitäten. Entsprechende Algorithmen im gleichen Alter – in Phasen der Familiengründung können sehr einfach programmiert sein. Sie sortieren verstärkt ausfallen können. Werden für eine Prognose beispielsweise Bewerber*innen aus, die nicht die ge- der Leistungspotenziale von Bewerber*innen die fach- wünschte Note oder den gewünschten Abschluss vor- lichen und persönlichen Merkmale besonders erfolgrei- weisen oder keine spezifischen Universitäten besucht cher Mitarbeitender als Vergleichsfolie herangezogen, haben. Insbesondere in dieser Stufe gilt zwar, dass die werden auf diese Weise deren Merkmale und damit der automatisierten Auswertungen der Bewerbungsun- Status quo reproduziert. Die Führungskräftesuche der terlagen „immer nur Kriterien berücksichtigen, die Personalberatungsbranche ist beispielsweise auf hoch- sich in den Daten widerspiegeln“ (Schünemann/Le- qualifizierte männliche Personen zugeschnitten, denn bert 2019: 27). Trotzdem kann die Art und Weise, wie die sind (bisher) dominant in Führungspositionen. Screeningwerkzeuge die Bewerbungsunterlagen „zu- sammenstellen“ und filtern, zu Benachteiligungen füh- Es gibt auch Systeme, die sich nicht auf die eingereich- ren. So lassen sich komplexe individuelle Berufs- oder ten Bewerbungsunterlagen beschränken, sondern zu- Lebenserfahrungen nur schwer in maschinell lesbaren dem alle online auffindbaren Informationen im Rah- Daten abbilden, sodass sie in automatisierten Prozessen men eines „social media background checks“ zu einer keine oder nicht vollständig Berücksichtigung finden. digitalen Akte zusammenstellen (Pongratz 2020: 12). Bei Lücken im Lebenslauf besteht das Risiko, dass al- Dabei werden die Informationen aus den eingereichten gorithmische Systeme diese schlicht als Abwesenheit Unterlagen (Name, Wohnort, Bewerbungsfoto) genutzt, vom Arbeitsmarkt und damit negativ interpretieren, um mithilfe von Suchmaschinen und Programmier- ohne die (Hinter-)Gründe – wie Elternzeit, Krankheit schnittstellen weitere Informationen zu beziehen. Mit- oder familiäre Pflege – zu berücksichtigen. Diese Prob- tels dieser Methode _kann_ auf psychologische Eigen- lematik gibt es auch in herkömmlichen, also nichtdi- schaften wie Extro- oder Introvertiertheit (Matz/Netzer gitalen Screeningverfahren; allerdings hängen hier die 2017), auf die sexuelle Orientierung (Jernigan/Mistree Einschätzung und Abwägung direkt an entscheidungs- 2009), auf politische Einstellungen oder auf die Intel- befugten Personen, die ihre Verantwortung nicht an ligenz (Kosinski et al. 2013) geschlossen werden. Auch eine Maschine auslagern können und alle Informatio- die Tatsache, dass ggf. keine Informationen zu finden nen tendenziell in einer Gesamtschau betrachten. Es sind, kann in die Bewertung der Kandidierenden ein- bleibt also ein Mensch unmittelbar verantwortlich. Der fließen. Im Extremfall ziehen Algorithmen sämtliche maschinelle Abgleich von Daten scheint auf den ersten Interaktionen (Gefällt-mir-Angaben, Kontaktanfragen, Blick eine von subjektiven Vorurteilen abgekoppelte Suchen) einzelner Personen auf Plattformen heran und Entscheidung zu ermöglichen. Unter Umständen ver- setzen sie mit weiteren persönlichen Angaben, die in zerren Vorurteile und diskriminierende Stereotype die Nutzer*innenprofilen hinterlegt sind, in Beziehung. zugrunde liegenden algorithmischen Systeme und in Einige Dienstleistende bieten zum Zwecke der Datenan-

93 reicherung explizit Produkte an, die allein dem Abgleich 3. 2. 2 Diskriminierungsrisiken beim Einsatz von Bewerber*innendaten mit externen Datenbestän- algorithmischer Systeme den dienen. Damit sollen u. a. Zertifikate, Abschlüsse, Vorstrafen, Gesundheitsdaten oder Kreditwürdigkeit Der Einsatz algorithmischer Systeme geht im Personal- überprüft werden. wesen allgemein und im Personalauswahlverfahren im Besonderen mit erheblichen Risiken einher, wie die Des Weiteren gibt es bestimmte Screeningwerkzeuge, Analyse zeigte. die in Kommunikationsanwendungen eingebunden 45 werden. Dazu gehören Chatbots , die im Vorfeld be- Generalisierungen stimmte Formalien klären, bevor Kandidierende zu einem Interview eingeladen werden. Manchmal erset- Teil- oder vollautomatisierte Entscheidungsverfahren be- zen Chatbots oder Sprachassistenzsysteme die erste ruhen auf einer Vielzahl von Daten und führen zwangs- Runde von Bewerbungsgesprächen und sortieren Be- läufig zu Generalisierungen. Einzelfälle oder individu- werber*innen aus. elle Umstände werden ausgeblendet.

Auswahlverfahren und finale Entscheidung Im Datenschutzrecht wurde die Bedeutung der indivi- dualisierten Entscheidung gegenüber Generalisierun- Digitale Technologien werden auch eingesetzt, um gen durch automatisierte Entscheidungen schon früh im Rahmen des Auswahlverfahrens und bei der fina- erkannt. Daher sieht Art. 21 DSGVO ein besonderes Wi- len Entscheidung zu unterstützen: bei Interviews und derspruchsrecht gegen die Verarbeitung personenbezo- Bewerbungsgesprächen, in Assessmentverfahren und gener Daten vor, wenn besondere Umstände vorliegen. anderen Eignungstests sowie bei Hintergrundchecks. Art. 22 Abs. 1 DSGVO untersagt sogar ausschließlich automatisiert getroffene Entscheidungen. Allerdings Das kann schlicht bedeuten, dass Interviews in digita- sieht Art. 22 Abs. 2 DSGVO weitreichende Ausnahmen len Räumen stattfinden und demzufolge auch digital vor, u. a. wenn eine Einwilligung der betroffenen Per- gespeichert und ausgewertet werden können. Es gibt son vorliegt und im Falle der Erforderlichkeit für den jedoch auch anspruchsvollere Algorithmen. So werden Abschluss oder die Erfüllung eines Vertrags. Machen beispielsweise Technologien angeboten, die Gespräche Arbeitgebende von diesen Ausnahmeregelungen Ge- aufzeichnen, automatisiert transkribieren und ana- brauch, sind nach Art. 22 Abs. 3 DSGVO zwar angemes- lysieren. Interviewer*innen weisen sie im Nachgang sene Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Perso- auf besonders gute Fragen und Interaktionen hin; auf nen einzuleiten. Welche dies sind oder sein können, diese Weise können die Interviewfragen systematisch spezifiziert die DSGVO allerdings nicht. optimiert und Gespräche effizienter gestaltet werden. Manche algorithmischen Systeme haben den Anspruch, Derartige spezifische Regelungen finden sich bislang prognostizieren zu können, ob eine Person ins Team nur bei Entscheidungen, die im Rahmen von Versiche- passt und die künftigen Aufgaben bewältigen kann. In rungsverträgen getroffen werden (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 2 der Regel liefert das algorithmische System eine Emp- Bundesdatenschutzgesetz – BDSG). Für den Bereich des fehlung und unterstützt so die Auswahl- und Einstel- Arbeitsrechts, einschließlich der Anbahnung eines Be- lungsentscheidung menschlicher Personaler*innen. Es schäftigtenverhältnisses, fehlen hingegen über Art. 21, ist aber auch vorstellbar, dass solche Entscheidungen 22 DSGVO hinausgehende Regelungen zu automatisier- vollständig automatisiert ablaufen; das kann insbeson- ten Entscheidungen. Dieser Missstand im nationalen dere in großen Unternehmen der Fall sein, in denen Recht wiegt gerade im Bereich des Beschäftigtendaten- einander vergleichbare Entscheidungssituationen wie- schutzes schwer, da die DSGVO den EU-Mitgliedstaaten derholt auftreten. hier erheblichen Regelungsspielraum zugesteht. Die Öffnungsklausel des Art. 88 DSGVO sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bezüglich der Verarbeitung personen- bezogener Beschäftigtendaten nationale Vorschriften erlassen können, welche die Beschäftigten stärker schützen als die allgemeinen Regeln der DSGVO. Damit ist europarechtlich die Möglichkeit eingeräumt, den Einsatz algorithmischer Systeme in Entscheidungs- verfahren im Recruiting zu regulieren.

45 Ein Chatbot ist ein Programm für die Interaktion mit einer Maschine, das die Ein- und Ausgabe von Text in menschlicher Alltagssprache ermöglicht.

94 Digitalisierte Wirtschaft B.III Algorithmen und Personalauswahl 3

Geschlechtsbezogene Benachteiligungen gemäß § 5 AGG eine unterschiedliche Behandlung von Personen wegen des Geschlechts zulässig, wenn damit Der Einsatz algorithmischer Systeme bei personellen bestehende Nachteile verhindert oder ausgeglichen Entscheidungen ist keineswegs immer geschlechts- werden sollen (sogenannte positive Maßnahmen); die neutral. Das oben beschriebene Gendertargeting zeigt Norm erlaubt insbesondere die gezielte Förderung von ebenso wie der potenzielle Ausschluss junger Frauen Frauen (Horcher 2019: Rn. 12 ff.). Direkt oder indirekt durch algorithmische Prognoseverfahren, dass deren an das Geschlecht geknüpfte Diskriminierungen sind Einsatz zu geschlechtsbezogenen Benachteiligungen jedoch bereits in der analogen Welt schwer zu bewei- führen kann. sen. Dieses Problem wird durch die Intransparenz algo- rithmischer Systeme gesteigert, wenn sie anhand von Bereits weniger komplexe algorithmische Systeme, wel- Daten, welche die existierenden Ungleichheiten und che die manuelle Eingabe personenbezogener Daten Diskriminierungen abbilden, trainiert werden. erfordern, erweisen sich diesbezüglich häufig als prob- lematisch, etwa wenn sie das Geschlecht von Personen Darüber hinaus ist das AGG mit unzureichenden Sank- abfragen. Denn zum einen sind solche Systeme häufig tionsmöglichkeiten für sogenannte opferlose Diskri- noch immer auf Zweigeschlechtlichkeit ausgerichtet, minierungen ausgestattet. Eine opferlose Diskrimi- sodass Personen nur als Mann oder als Frau identifiziert nierung liegt vor, wenn es kein identifizierbares Dis- werden können; die Lebensrealität nichtbinärer Per- kriminierungsopfer gibt. In der analogen Welt ist dies sonen wird damit negiert, eine diversitätsfreundliche beispielsweise der Fall, wenn eine Stellenausschreibung (Weiter-)Verarbeitung der Daten ist von vornherein ausschließlich an Männer gerichtet ist. Eine solche Aus- ausgeschlossen. Zum anderen suggerieren die Abfrage schreibung kann Frauen von einer Bewerbung abhalten und Verarbeitung geschlechtsbezogener Daten, dass die und damit ihre Teilhabemöglichkeit einschränken. Auch Geschlechtsausprägung relevant für die Beurteilung wenn (noch) keine konkrete Einzelperson tatsächlich der Arbeitsleistung einer Person sei (Fröhlich 2020, vgl. benachteiligt wurde, liegt nach europäischem Recht auch Güney-Frahm/Fuchs 2020). eine unzulässige Diskriminierung vor (vgl. Berghahn et al. 2016: 27). Der Europäische Gerichtshof stellte be- Die beruflichen Chancen von Frauen und anderen nicht reits 2008 fest, dass auch opferlose Diskriminierungen der herrschenden Norm entsprechenden Personen wer- unzulässig sind (EuGH 2008). Zu befürchten ist, dass den somit eingeschränkt, stereotype Rollenverteilungen opferlose Diskriminierungen durch den Einsatz al- werden aufrechterhalten und in die Zukunft verlängert. gorithmischer Systeme zunehmen werden. So zeigen In der Summe verstärken sich diskriminierende Struk- Untersuchungen, dass Soziale-Medien-Plattformen Stel- turen, Prozesse und Praktiken (Fröhlich 2020, vgl. auch lenangebote Dritter ihren Nutzer*innen auf diskrimi- Güney-Frahm/Fuchs 2020: 11). nierende Weise anzeigen; das gilt selbst dann, wenn die Auftraggeber*innen die Ausschreibungen geschlechts- Zum Teil werden derartige Nachteile durch die Benach- neutral gestalteten (vgl. Kayser-Bril 2020). Gendertar- teiligungsverbote des AGG aufgefangen. Das AGG unter- geting – d. h. Stellenanzeigen nur einer bestimmten sagt die Benachteiligung im Arbeitsleben u. a. wegen Geschlechtergruppe zuzuspielen – kann eine nach dem des Geschlechts (§§ 2 Abs. 1, 7 Abs. 1 i. V. m. 1 AGG). AGG unzulässige Benachteiligung sein (§§ 11 i. V. m. 7 Im Rahmen von Auswahl- und Einstellungsverfahren, AGG). Allerdings ist dieser Verstoß kaum justiziabel. Beförderungsentscheidungen, bei der Bemessung des Denn diejenigen Personen, die Interesse daran haben Arbeitsentgelts und der Beendigung von Beschäftigten- könnten, gegen diese Diskriminierung vorzugehen, er- verhältnissen darf das Geschlecht grundsätzlich nicht fahren in der Regel nichts von der Ausschreibung und als Kriterium herangezogen werden, um Personen zu davon, wem sie (nicht) angezeigt wird (Fröhlich 2020). benachteiligen. Verboten sind sowohl die unmittelbare Dieser Zustand ist nicht nur unbefriedigend, sondern als auch die mittelbare Benachteiligung. Eine unmit- auch unionsrechtlich problematisch. Denn der EuGH telbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt stellte fest, dass das EU-Recht (Art. 15 RL 2000/43/EG, gemäß § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen Art. 17 RL 2000/78/EG und Art. 25 RL 2006/54/EG) die des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung er- Mitgliedstaaten dazu verpflichte, auch opferlose Diskri- fährt, als sie eine andere Person in einer vergleichbaren minierungen durch „wirksame, verhältnismäßige und Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. abschreckende“ Maßnahmen zu sanktionieren (EuGH Eine mittelbare Benachteiligung liegt gemäß § 3 Abs. 2 2008). In der Evaluation des AGG wurde daher bereits AGG vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften, Krite- 2016 empfohlen, ein Verbandsklagerecht im AGG zu rien oder Verfahren Personen wegen des Geschlechts schaffen (Berghahn et al. 2016: 27). gegenüber anderen Personen in besonderer Weise be- nachteiligen. Dabei ist nicht jede Differenzierung wegen Problematischen Effekten, die sich aus der Nutzung des Geschlechts eine verbotene Benachteiligung. So ist besonders diskriminierungssensibler Daten ergeben,

95 können datenschutzrechtliche Verarbeitungsverbote erwartete Systemfehler haftet, gerade bei selbstlernen- entgegenwirken. Das Datenschutzrecht kennt beson- den Systemen und Plattformen mit vielen Add-on-Ser- dere Datenkategorien, die besonders geschützt sind, vices (Spiecker gen. Döhmann 2016: 698). da sie als besonders diskriminierungsanfällig gelten (Albers/Veit 2020: Rn. 18). Zu diesen besonderen Kate- Echte Kontrolle und Nachvollziehbarkeit algorithmi- gorien personenbezogener Daten zählen u. a. solche, scher Systeme werden zudem dadurch erschwert, dass „aus denen die rassische und ethnische Herkunft, diese sich während des Betriebs verändern können. In politische Meinungen, religiöse oder weltanschau- der Regel ist nicht nachvollziehbar, ob und wie sich liche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszuge- mit einer neuen Version einer Software auch die ihr hörigkeit hervorgehen“ (Art. 9 Abs. 1 DSGVO). Die zugrunde liegende Entscheidungslogik verschiebt. Verarbeitung solcher besonderen Datenkategorien ist gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich verbo- Abhilfe können datenschutzrechtliche Auskunfts- und ten und nur ausnahmsweise und entlang gesteigerter Informationsrechte schaffen, insbesondere Art. 15 Anforderungen nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO zulässig. DSGVO. Die Reichweite dieser Rechte ist in Bezug auf Geschlechtsbezogene Daten gelten hier, anders als die Verpflichtung, betroffene Personen über technische etwa in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG, nicht als besonders und mathematische Grundlagen von Auswertungen diskriminierungsanfällig und sind daher nicht in be- zu informieren, jedoch umstritten, nicht zuletzt aus sonderer Weise geschützt (vgl. dazu Fröhlich 2020, Gründen des Betriebs- und Geheimnisschutzes und Güney-Frahm/Fuchs 2020). damit des Schutzes des Geschäftsmodells sowohl der Entwickler*innen als auch der Anwender*innen; hier Intransparenz algorithmischer Entscheidungsver- besteht Rechtsunsicherheit (Fröhlich 2020; vgl. auch fahren Güney-Frahm/Fuchs 2020). Darüber hinaus kann die Offenlegung der Rechenformel nur bei vergleichs- Die genauen Funktionsweisen der auf dem Markt exis- weise einfachen Systemen Abhilfe schaffen. Werden tierenden Technologien sind in der Regel nicht nach- komplexe Systeme eingesetzt, gewährleistet auch die vollziehbar; sie werden lediglich in Marketingtexten Offenlegung des Codes kaum Transparenz, dies gilt knapp erklärt und nicht als Open-Source-Software an- insbesondere für Machine-Learning-Systeme. Die Ent- geboten. Faire, die Diversität der Belegschaft fördernde scheidungsregeln konstruiert der Algorithmus gewis- Auswahlverfahren werden zwar häufig versprochen – sermaßen selbst, sodass sie für den Menschen nicht ob aber das Versprechen eingelöst wird, ist nicht nach- einsehbar und zumeist auch nicht nachvollziehbar prüfbar (Jaume-Palasí et al. 2020: 13 f.). Der Einsatz sind. Erste Ansätze in Richtung einer Erklärbarkeit und algorithmischer Systeme leidet u. a. an einem Transpa- Nachvollziehbarkeit sind noch nicht industriereif. Zu- renzproblem, das im Kontext der Benachteiligungsver- dem verfügen die Betroffenen – und ebenso die Anwen- bote, insbesondere des AGG, zu einem Nachweis- und der*innen – typischerweise nicht über ausreichende Rechtsdurchsetzungsproblem wird. So erfahren die Ressourcen und ein entsprechendes Verständnis der von einer algorithmisch unterstützten Entscheidung angewandten Algorithmen; die dynamischen Entwick- betroffenen Personen häufig nicht, welche Kriterien lungen sind auch technisch kaum nachzuvollziehen. in welchem Ausmaß maßgeblich für die Personalent- Somit ist es in bestimmten Konstellationen ohne ver- scheidung waren, auch nicht im Nachhinein. Eine Be- gleichende Datenangaben und Berechnungsmodelle nachteiligung im Zusammenhang mit Algorithmen schwer oder unmöglich, eine Benachteiligung auf Basis ist für Betroffene kaum zu erkennen. Oftmals können algorithmischer Systeme zu erkennen. selbst die Personalentscheider*innen, die die Systeme anwenden, deren Funktionsweise nicht nachvollzie- Auswahl und Beurteilungskriterien im öffentlichen hen. Insoweit können selbst Transparenzvorschriften, Dienst beispielsweise ein Recht auf Zugang zur Rechenformel, nur begrenzt weiterhelfen (Fröhlich 2020, vgl. auch Im öffentlichen Dienst sind Personalauswahlverfahren Güney-Frahm/Fuchs 2020). strenger geregelt als in der Privatwirtschaft, für die – so- weit es keine anderen Vereinbarungen gibt – lediglich Angesichts dieser Intransparenz besteht die Gefahr, die im AGG normierten Anforderungen gelten. So ist ungerechtfertigt in eine scheinbare Objektivität der bei Personalauswahlentscheidungen der sogenannte Systeme zu vertrauen. Wie bereits in der analogen Welt Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG zu können vermeintlich objektivierende Systeme, wenn berücksichtigen. Demnach darf die Personalauswahl sie ungeprüft sind, in hohem Maße diskriminierungs- ausschließlich anhand der Eignung, der Befähigung anfällig sein. In der digitalisierten Wirtschaft wird das und der fachlichen Leistung von Personen erfolgen. Problem durch rechtliche Unsicherheiten verschärft. Entsprechend dürfen beim Einsatz algorithmischer Unklar ist u. a., wer für Fehlentscheidungen oder un- Systeme im Auswahlverfahren auch nur solche Daten

96 Digitalisierte Wirtschaft B.III Algorithmen und Personalauswahl 3

verarbeitet werden, die einen Leistungsbezug aufwei- Zur Durchführung von Datenschutz-Folgenab- sen. Weitere Restriktionen für den Einsatz algorithmi- schätzung verpflichten, um vor Diskriminierung zu scher Systeme ergeben sich aus den Gleichstellungs- schützen gesetzen des Bundes und der Länder; sie enthalten u. a. Diskriminierungsrisiken, die aus dem Einsatz algorith- weitergehende Regelungen für die Ausschreibung von mischer Systeme resultieren, müssen im Rahmen der Stellen und die Auswahl von Bewerber*innen sowie Datenschutz-Folgenabschätzung berücksichtigt werden. Vorgaben für Auswahl- und Beurteilungskriterien (vgl. Bereits heute muss die für die Datenverarbeitung ver- z. B. §§ 6 ff. Bundesgleichstellungsgesetz). antwortliche Stelle im Vorfeld eines besonders risiko- behafteten Datenverarbeitungsvorgangs dessen Folgen Diese Anforderungen müssen auch beim Einsatz algo- für den Schutz personenbezogener Daten abschätzen rithmischer Systeme berücksichtigt werden. Ihr Einsatz (Art. 35 Abs. 1 DSGVO). Beim Einsatz von Profiling- im öffentlichen Dienst ist damit allein aus gleichstel- Systemen, also der automatisierten Datenverarbeitung lungsrechtlicher Sicht neben den Vorschriften des AGG, personenbezogener Daten, ist ein besonders hohes Risi- der DSGVO und des BDSG mit hohen Hürden verbun- ko anzunehmen. Der Einsatz algorithmischer Systeme den. Die Bundesregierung setzt bislang keine derartigen bei Personalentscheidungen sollte daher in die Liste Verfahren ein, da der Mangel an Nachvollziehbarkeit der Verarbeitungsvorgänge aufgenommen werden, in und Objektivität sowie das Diskriminierungspotenzial, denen eine Datenschutz-Folgenabschätzung zwingend das aus einer ausschließlichen Nutzung statistischer durchzuführen ist (vgl. Art. 35 Abs. 4 DSGVO). Analyseverfahren erwachse, ihrem Einsatz entgegen- stünden (vgl. Deutscher 2019: 6 f.). Dem erheblichen Diskriminierungs- und Benachteili- gungspotenzial algorithmischer Systeme bei Personal- entscheidungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AGG 3. 3 Handlungsempfehlungen (d. h. vom ersten Schritt der Personalgewinnung über die Personalauswahl und die Vertragsgestaltung bis hin zur Der Einsatz algorithmischer Systeme in Personalaus- Beendigung eines Arbeitsverhältnisses) sollte außerdem wahlprozessen verspricht Chancen, birgt aber v. a. Ri- begegnet werden, indem konkrete Regelungen für den siken. Daher ist ihr Einsatz kritisch zu begleiten und Einsatz derartiger Systeme in das AGG aufgenommen eng zu begrenzen. Die Sachverständigenkommission werden. Hier bietet sich eine Ergänzung der präventi- betont, dass rechtliche Vorgaben auch für solche al- ven Organisationspflichten von Arbeitgeber*innen in gorithmischen Systeme gelten sollten, die lediglich § 11 AGG an. Die Regelung verbietet bislang nur, einen Empfehlungen abgeben und keine automatisierten Arbeitsplatz unter Verstoß gegen das Benachteiligungs- Entscheidungen treffen. Denn auch hier besteht die verbot des § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben. Diese Pflicht Gefahr, dass menschliche Entscheider*innen den greift angesichts der technologischen Möglichkeiten vermeintlich objektiven Systemen uneingeschränkt zu kurz. Daher ist § 11 AGG um einen an § 4 Abs. 4 vertrauen. EntgTranspG orientierten Abs. 2 folgenden Inhalts zu ergänzen: Softwaresysteme einer Risikoprüfung unterziehen Die Sachverständigenkommission schließt sich den Verwenden Arbeitgebende im Rahmen personeller Empfehlungen der Datenethikkommission für eine Maßnahmen im weitesten Sinne, d. h. insbesondere unabhängige Risikoprüfung von Softwaresystemen mit im Zusammenhang mit Maßnahmen gem. § 2 Abs. 1 ihren fünf Kritikalitätsstufen an (vgl. Datenethikkom- Nr. 1 und 2 AGG, algorithmische Systeme, muss de- mission 2019: 177 ff. und 183 f., Handlungsempfehlun- ren Einsatz offengelegt werden. Arbeitgebende haben gen 39–42). Eine Einstufung bestimmter algorithmischer sicherzustellen, dass das jeweilige System als Ganzes Systeme in die höchste Kritikalitätsstufe („Anwendun- sowie seine einzelnen Komponenten so ausgestaltet gen mit unvertretbarem Schädigungspotenzial“, Daten- sind, dass eine Benachteiligung wegen eines der in ethikkommission 2019: 177) ist besonders im Bereich § 1 genannten Gründe, insbesondere wegen des Ge- der Personalauswahlverfahren nicht auszuschließen, schlechts, ausgeschlossen ist. Dazu ist insbesondere zu sodass ggf. auch deren Verbot angeraten sein kann. Diese gewährleisten, dass unabhängige Risikoprüfung kann beispielsweise von 1. die dem algorithmischen System zugrunde lie- den Aufsichtsbehörden mit zusätzlichen Kapazitäten genden Daten auf deren potenziell benachtei- durchgeführt werden; aber auch andere öffentliche Ein- ligende Effekte hin geprüft und von potenziell richtungen kommen in Betracht. benachteiligenden Verwendungen der Daten und Korrelationen bereinigt sind, 2. die einzelnen Differenzierungskriterien diskri- minierungsfrei gewichtet sind und 3. das System insgesamt durchschaubar ist.

97 Die Einführung eines algorithmischen Systems wäre Die Transparenz automatisierter Personalauswahl- demzufolge nur zulässig, wenn Arbeitgeber*innen systeme sicherstellen bereits bei der Personalauswahl über deren Einsatz in- Dem Umstand, dass gegenwärtig die Funktionsweise formieren und wenn gesicherte Erkenntnisse darüber automatisierter Personalauswahlsysteme allein in Ver- vorliegen, dass das konkret gewählte System den oben marktungsbroschüren erläutert wird, muss ein Ende genannten Anforderungen entspricht. Diese Pflicht gesetzt werden. Technologien mit derart hohem Dis- ist – wie die Schutzpflichten des § 12 AGG – eine ver- kriminierungspotenzial dürfen keine Geschäftsgeheim- tragliche Nebenpflicht der Arbeitgeber*innen; auf ihre nisse sein. Um dies zu ändern, dabei aber Berufs- und Erfüllung besteht ein Anspruch nach § 241 Abs. 2 Bür- Eigentumsrechte der Entwickler*innen und Unter- gerliches Gesetzbuch (BGB) (vgl. zu § 12 AGG v. Roet- nehmen zu wahren, kommen etwa sogenannte In-Ca- teken 2020: Rn. 34). Bei Verstößen gegen diese Pflicht mera-Verfahren in Betracht. Dabei werden nicht einer können sich Schadenersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 breiten Öffentlichkeit, sondern ausgewählten Fachkrei- BGB ergeben. § 11 Abs. 2 AGG ist ein Schutzgesetz im sen, ihrerseits unter Verpflichtung zur Geheimhaltung, Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, sodass bei Verstoß auch Einsicht und Prüfmöglichkeiten gewährt. deliktische Ansprüche entstehen können. Die Sachverständigenkommission empfiehlt, entspre- Aufgrund der Komplexität algorithmischer Systeme chende Technologien nur unter Verwendung partizipati- können Beschäftigte in der Regel keine Indizien vor- ver Gestaltungsansätze (vgl. Kapitel B.I.1) zu entwickeln. legen, die eine fehlende Prüfung des Systems naheleg- Unternehmen, die algorithmische Systeme entwickeln, ten. Die Beweislast für die Einhaltung der Prüfpflicht müssen sicherstellen, dass deren technische Spezifika- des neuen § 11 Abs. 2 AGG sollten daher die Arbeitge- tionen, Programmiervorgaben, Anforderungskataloge, ber*innen tragen. In Fällen, in denen Arbeitgeber*in- Dokumentationen und Quellcodes offengelegt werden. nen den Einsatz algorithmischer Systeme nicht offen- legen, greift die Beweiserleichterungsregel des § 22 In Zertifizierungsverfahren nach Art. 42 DSGVO soll in AGG zugunsten der Beschäftigten. Hinsichtlich der besonderer Weise gewürdigt werden, wenn auf den Ein- Einhaltung der Prüfpflicht liegt auch in diesen Fällen satz algorithmischer Systeme bei der Personalauswahl die Beweislast bei den Arbeitgeber*innen. und -beobachtung gänzlich verzichtet wird.

Für die Abwägung des Für und Wider des Einsatzes In einem nationalen Beschäftigtendatenschutzge- eines algorithmischen Systems innerhalb eines Betrie- setz sollte, über Art. 22 DSGVO hinaus, das Verbot bes empfiehlt die Sachverständigenkommission, auf verankert werden, auch Teile eines Entscheidungs- Prüfleitfäden zurückzugreifen (beispielsweise in An- verfahrens vollständig zu automatisieren, ohne in- lehnung an Stiller et al. 2020 sowie Algorithmwatch dividuelle Umstände zu berücksichtigen. Damit soll 2020) und externe Expert*innen heranzuziehen. auch für einzelne Verfahrensschritte sichergestellt werden, dass der Prozess als solcher fair und trans- Algorithmische Systeme müssen kontinuierlich, d. h. parent verläuft und dass die betroffene Person ihre mindestens einmal jährlich, überprüft werden. Um eine individuelle Perspektive einbringen kann. Zudem solche systematische Überprüfung sicherzustellen, sollte bei einer Neuordnung des Beschäftigtendaten- bietet sich die Entwicklung innerbetrieblicher Prüf- schutzes untersagt werden, dass das Verbot gemäß leitfäden an, die Diskriminierungspotenziale kritisch Art. 22 Abs. 1 DSGVO im Beschäftigungsverhältnis in den Blick nehmen. Diese Überprüfung muss in pari- durch eine Einwilligung der Arbeitnehmer*innen tätisch besetzten innerbetrieblichen Kommissionen/ oder Bewerber*innen ausgeschlossen werden kann. Gremien/Ausschüssen erfolgen, denen neben dem Weiterhin ist von der Möglichkeit nach Art. 22 Abs. 2 (Personal-)Management die Beschäftigten bzw. deren lit. b), mitgliedschaftliche Ausnahmeregelungen zu Interessenvertretungen angehören; zu empfehlen ist erlassen, kein Gebrauch zu machen. ein beratender Beistand durch Expert*innen. Geschlechtsbezogene Daten nur in Ausnahmefällen Zudem ist beim Einsatz algorithmisch gestützter Ent- verarbeiten scheidungsverfahren ein*e betriebliche*r Daten- Daten, aus denen das Geschlecht oder andere recht- schutzbeauftragte*r zu bestellen. Soweit vorhanden, lich geschützte Kategorisierungen wie die sexuelle ist die*der Gleichstellungsbeauftragte in die Entwick- Orientierung hervorgehen, sollten wie die besonderen lung des algorithmisch gestützten Verfahrens einzu- Datenkategorien im Sinne des Art. 9 DSGVO beson- beziehen. ders geschützt sein, jedenfalls im Arbeitskontext. Die Verarbeitung dieser Daten sollte grundsätzlich unter- sagt und nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen zulässig sein (vgl. Systematik des Art. 9 DSGVO). Eine

98 Digitalisierte Wirtschaft B.III Algorithmen und Personalauswahl 3

solche Regelung würde nicht nur dafür sensibilisieren, gegen Diskriminierungen ohne identifizierbares Opfer dass Geschlecht kein legitimes Kriterium zur Beurtei- vorgehen können. lung der Arbeitsleistung von Menschen ist; auch würde das Risiko unmittelbarer Diskriminierungen wegen des Zudem ist ein pauschalierter Schadensersatz vorzu- Geschlechts erheblich gemildert. Daten, aus denen das sehen, der vonseiten der Antidiskriminierungsstellen Geschlecht oder die sexuelle Orientierung hervorgehen, eingefordert werden kann; einzusetzen ist er für die dürften weder abgefragt werden, noch dürften daran ne- gleichstellungspolitische Forschung zur Steigerung des gative Konsequenzen geknüpft werden. Ein Verbot, das Datenschutzes in Unternehmen und Betrieben. nicht nur unmittelbare Informationen, sondern auch (scheinbar) neutrale Stellvertreterkriterien erfasst, die Betriebs- und Personalräte schulen mit Geschlecht korrelieren, könnte das Risiko mittel- Bei der Einführung und Nutzung von Algorithmen im barer Diskriminierungen mildern. Personalmanagement sind die Beteiligungsrechte des Betriebs- oder Personalrats zu berücksichtigen. Das Ausnahmeregelungen können ausreichend Raum schaf- Landesgericht (LAG) Köln entschied jüngst, dass dem fen, um berechtigten Interessen an der Verarbeitung Betriebsrat umfassend (Lese-)Zugriff auf elektronische von Daten, aus denen die sexuelle Orientierung oder Bewerbungsmanagementtools einzuräumen ist, damit die Geschlechtsidentität hervorgehen, nachzukom- dessen Informationsanspruch nach § 99 Abs. 1 Betriebs- men. Ein berechtigtes Interesse besteht insbesondere, verfassungsgesetz (BetrVG) gewahrt bleibt (LAG Köln wenn bestehende und strukturelle Nachteile durch ge- 2020, Beschluss v. 15.05.2020 – 9 TaBV 32/19). schlechtsspezifische Fördermaßnahmen ausgeglichen werden sollen (§ 5 AGG). Den Betriebsräten kommt gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG auch die Aufgabe zu, über die Einhaltung von Diskri- Für ein DSGVO-konformes und modernes Arbeitsrecht minierungsverboten zu wachen. Das Bundespersonal- im Sinne des Art. 88 DSGVO sind rechtliche Regelun- vertretungsgesetz (BPersVG) enthält demgegenüber gen vorzusehen, die klare und begrenzende Vorgaben keine entsprechende Regelung. Ergeben sich durch die machen, was die Verarbeitung von Beschäftigtendaten Verwendung algorithmischer Systeme schwere Verstö- im gesamten Zeitraum der Beschäftigung betrifft, -ein ße gegen die Pflichten der Arbeitgeber*innen gemäß schließlich Einstellung und Entlassung. AGG, haben Betriebsräte und Gewerkschaften mit § 17 Abs. 2 AGG ein auf Beseitigung oder Unterlassung ge- Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche kon- richtetes Klagerecht. Um jedoch solche Verstöße beim kretisieren Einsatz komplexer algorithmischer Systeme überhaupt Die bestehenden datenschutzrechtlichen Auskunfts- nachvollziehen zu können, müssen die Akteur*innen ansprüche (insbesondere Art. 15 DSGVO) sind für den der kollektiven Interessenvertretung über ausreichend Einsatz algorithmischer Systeme bei Personalentschei- digitalisierungsbezogene Kompetenzen und Diskri- dungen zu konkretisieren. Dabei sind insbesondere minierungssensibilität verfügen. Es ist daher sicher- Informations- und Offenlegungspflichten zu schaf- zustellen, dass Personalvertretungen und Betriebsräte fen, mit denen die betroffenen Personen umfassend entsprechende Fortbildungen besuchen. über den Einsatz algorithmischer Systeme und deren Funktionsweise informiert werden. Arbeitnehmer*in- Interdisziplinäre und anwendungsorientierte For- nen und Bewerber*innen muss zudem gesetzlich das schung fördern Recht eingeräumt werden, von betrieblichen Daten- Es gibt bereits erste Forschungsansätze im Bereich schutzbeauftragten eine Prüfung des algorithmischen des Machine Learnings und der Data Sciences zu dis- Entscheidungsverfahrens zu verlangen. Die Prüfung kriminierungsfreien algorithmischen Systemen, die hat unverzüglich zu erfolgen, maximal innerhalb auch in Personalentscheidungsprozessen eingesetzt eines halben Jahres nach Verlangen der Arbeitneh- werden. Die Sachverständigenkommission empfiehlt mer*innen. der Bundesregierung, solche Forschungsansätze für das Personalwesen mit dem Fokus Gleichstellung und Di- Verbandsklagerecht einführen versity zu fördern. Im Rahmen eines Modellprojektes Um Arbeitnehmer*innen und Bewerber*innen davon sollen entwickelte Technologien bei der Personalaus- zu entlasten, gegen ihre Arbeitgeber*innen vorgehen wahl erprobt und Kriterien für deren Einsatz formu- zu müssen, und um Kompetenzen und Ressourcen für liert werden. eine effektive Kontrolle sicherzustellen, sollten insti- tutionelle Vorkehrungen gestärkt werden. Dazu sind Besondere Anforderungen im öffentlichen Dienst Antidiskriminierungsstellen und -verbände mit weite- berücksichtigen ren Kompetenzen und Befugnissen auszustatten, kon- Sollte der öffentliche Dienst den Einsatz algorithmi- kret mit einem Verbandsklagerecht, mit dem sie auch scher Systeme erwägen, empfiehlt die Sachverständi-

99 genkommission, den Besonderheiten im öffentlichen Dienst Rechnung zu tragen. Die Karrierewege sind hier stärker formalisiert und durch Gleichstellungsgesetze weit stärker reguliert als in der Privatwirtschaft (BMFSFJ 2018: 20). Gleichstellungsbeauftragte und Personalräte werden in der Regel geschult, auf Diskriminierungsri- siken besonders zu achten. Sie können die Risiken aber nur erkennen, wenn die durchgeführten Verfahren nachvollziehbar und transparent sind.

Um Diskriminierungsrisiken auszuschließen, müssen herkömmliche ebenso wie digital gestützte und voll- ständig automatisierte Verfahren durch entsprechend gestaltete Prozesse, Systeme, Dokumentationen und Personen, die für Diskriminierungsrisiken sensibili- siert sind und auf deren Entdeckung spezialisiert sind, begleitet werden. Auch die Risiken transparenter Sys- teme können oft nur nach spezifischen (technischen) Schulungen erkannt werden.

Es gilt zu vermeiden, dass die gleichstellungsbezogenen Fortschritte, die im öffentlichen Dienst erzielt wurden, durch die technologische Entwicklung verloren gehen. Die Sachverständigenkommission empfiehlt daher eine vertiefende Studie, welche die Berücksichtigung gleich- stellungsrechtlicher Anforderungen für Personalver- fahren im öffentlichen Dienst untersucht.

100 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

4. Vereinbarkeit von Erwerbs- und orts- und zeitflexibler Erwerbs- und Sorgearbeit; das erwerbsförmige Arbeiten unabhängig von der betrieb- Sorgearbeit lichen Arbeitsstätte, insbesondere im Homeoffice, wird dabei häufig als idealer Weg zur besseren Vereinbar- 4. 1 Ausgangslage keit von Beruf und Familie genannt (Bundesregierung 2017: 91; 119 f.). Dabei dehnt sich nicht nur das Erwerbs- Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und privatem leben in das Privatleben aus, sondern auch umgekehrt. Leben – die sogenannte Work-Life-Balance – steht un- Die verschiedenen Lebenssphären lassen sich somit vermindert im Fokus von Fach- und allgemeiner Öffent- neu und vielfältiger verschränken. Allerdings wird lichkeit. Unter life oder Privatleben werden unbezahlte die Verschränkung auch kritisch gesehen. Laut einer Sorgearbeit für andere sowie Selbstsorge gefasst. Die drei Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz Bereiche Erwerbsarbeit, Sorge für andere und Selbstsor- und Arbeitsmedizin (BAuA) bewerteten drei Viertel ge sind jeder für sich bereits aufwendig, insbesondere, der befragten Erwerbstätigen die Trennung von Beruf wenn Erziehungsaufgaben für kleinere oder kranke und Privatleben positiv (BAuA 2018: 35). Kinder oder pflegebedürftige Angehörige darunter- fallen. Ihr Zusammenspiel zu organisieren, erfordert In der gegenwärtigen fundamentalen Umwälzung Koordinations- und Organisationsaufwand, was einen dieser Sphären liegen Chancen: Arntz et al. (2019) zusätzlichen „mental load“, d. h. eine psychische oder zeigen in einer Längsschnittanalyse, dass Eltern ihre mentale Belastung, erzeugt (Rodsky 2019). vertragliche Arbeitszeit tendenziell ausweiten, wenn sie die Möglichkeit zum Mobilen Arbeiten bekommen, Unter unbezahlter Sorgearbeit für andere werden im allerdings in unterschiedlichem Umfang: Mütter er- Folgenden alle nichterwerbsförmigen Tätigkeiten des höhen ihre vertragliche Arbeitszeit um 3,5 Stunden Sorgens und Sich-Kümmerns subsumiert. Dazu zählen pro Woche, bei Vätern sind es lediglich 0,4 Stunden die Pflege und Betreuung von Kindern und Erwachsenen, pro Woche (Arntz et al. 2019: 4). So könnte sich die die Tätigkeiten der Haushaltsführung (einschließlich geschlechtsspezifische Lohnlücke unter Umständen Reparaturarbeiten, Gartenpflege, Sorge für Tiere) sowie durch eine Ausweitung und Normalisierung des Mobi- ehrenamtliches Engagement und informelle Hilfen für len Arbeitens verringern. Digitale Technologien könn- andere Haushalte – jeweils einschließlich der dazuge- ten helfen, Erwerbs- sowie Sorgearbeit für andere und hörigen Wegezeiten (Bundesregierung 2017: 96). Bis- für sich selbst zufriedenstellend und selbstbestimmt lang wurden und werden diese Arbeiten überwiegend aufeinander abzustimmen. Dies ist allerdings nur dann von Frauen geleistet und als unbezahlte Hausarbeit der Fall, wenn die Flexibilisierung der Erwerbsarbeit zwar als gesellschaftlich notwendig angesehen, aber als tatsächlich zu einer geschlechtergerechten Verteilung selbstverständlich privat zu erbringen (vgl. Doppelte unbezahlter Sorgearbeit führt – einhergehend mit part- Vergesellschaftung nach Becker-Schmidt 2004). Diese nerschaftlicheren Geschlechterverhältnissen, der Auf- Schieflage dokumentierte bereits der Zweite Gleich- lösung von Geschlechterstereotypen und dem Schutz stellungsbericht: Darin wurde der Gender Care Gap als von Gesundheit und Privatsphäre. Indikator entwickelt (Bundesregierung 2017: 95 f.). Er zeigt, wie die unbezahlt erbrachte Sorgearbeit zwischen Angehörige bestimmter Berufsgruppen fallen mitunter Männern und Frauen verteilt ist. Frauen wenden dem- aus derlei Betrachtungen heraus, weil angenommen nach im Durchschnitt täglich 52,4 % – umgerechnet wird, dass deren Arbeit keine orts- und zeitflexible Orga- 87 Minuten – mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf nisation zulasse (beispielsweise medizinisches Personal, als Männer (Bundesregierung 2017: 95).46 Im vorliegen- Erzieher*innen). Doch auch außerhalb des Betriebes den Bericht wird die Aussagekraft des Gender Care Gap oder der Dienststelle, beispielsweise zu Hause, kön- um einen neu entwickelten Indikator, den Gender Care nen Medikationspläne geschrieben und kontrolliert, Share, ergänzt. Schichtpläne gestaltet oder Qualitätsberichte und Stu- dien gelesen werden, um nur einige Tätigkeiten ohne Wie und in welchen Arrangements Erwerbsarbeit, Sor- Ort- bzw. Zeitbindung zu nennen. Bestimmte Berufs- gearbeit und Selbstsorge als vereinbar erlebt werden, gruppen voreilig aus Flexibilisierungsüberlegungen ist von zentraler Bedeutung für die Verwirklichungs- auszunehmen, minimiert Verwirklichungschancen, chancen von Menschen. Im Zuge technologischer Ent- die aus Vereinbarkeitslösungen erwachsen können, wicklungen verbessern sich die Möglichkeiten mobiler ohne Grund (vgl. Kapitel B.III.1, Geschlechtsbezoge- ne Diskursasymmetrie). Die Diskussion sollte daher 46 In dem daran anschließenden Projekt „Pay Gap, Care Gap, Pension möglichst offen geführt werden. Gap: Interlinking Key Gender Gaps for Germany for monitoring Gender Equality and taking action“ (kurz: Gender Care Gap Projekt) wurden die Ursachen der ungleichen Verteilung der Sorgearbeit untersucht (Gärtner et al. 2020).

101 4. 2 Analyse ty-Chancengleichheit e.V. 2020), die mit Daten des D21 Digital Index 2020 (befragt wurden knapp 20.500 Der BegriffHomeoffice , der das Arbeiten in der Privat- Personen ab 14 Jahren) arbeitet, zeigt für die Zeit vor wohnung bezeichnet, ist spätestens seit der Corona- Corona, wie sich der Zugang zu digitalen Geräten, die pandemie in aller Munde. Ausgehend vom hier verfolg- Mobiles Arbeiten möglich machen, geschlechtsspe- ten Gleichstellungsziel – verschiedene Lebenswelten zifisch unterscheidet. Demnach verfügen in Vollzeit besser zu vereinbaren, um allen Geschlechtern gleiche beschäftigte Männer an Büroarbeitsplätzen über eine Verwirklichungschancen zu eröffnen – verwendet die deutlich bessere Ausstattung mit digitalen Geräten Sachverständigenkommission einen anderen Begriff: und Anwendungen als vollzeitbeschäftigte Frauen. Mobiles Arbeiten, alternativ auch Mobile Arbeit. Der Be- Dies trifft insbesondere auf Laptops zu, ebenso auf griff ist absichtlich deutlich weiter gefasst als andere, den Fernzugang und auf Videokonferenzdienste. Fast bereits rechtlich verankerte Begriffe wie Telearbeit oder die Hälfte der Frauen und rund ein Fünftel der Männer Telearbeitsplatz (zur detaillierten Abgrenzung der Be- haben kein von Arbeitgeber*innen zur Verfügung ge- griffe siehe das Positionspapier der Sachverständigen- stelltes Gerät oder eine entsprechende Anwendung. Der kommission (2020) zum Mobilen Arbeiten); in der Ta- Anteil der Frauen, die Homeoffice oder Mobiles Arbei- rifpolitik wird er bereits verwendet.47 Wenn es darum ten nutzen, lag mit 14 % unter dem Anteil der Männer geht, Arbeitstätigkeit und persönliche Lebensführung mit 18 %. 24 % der Männer und 27 % der Frauen, die besser vereinbaren zu können, indem Arbeitsort und kein Homeoffice oder Mobiles Arbeiten in Anspruch -zeit flexibel gestaltet werden, scheint ein möglichst nahmen, hatten auch kein Interesse daran (ebd.: 20). breiter Begriff zielführend.Mobile Arbeit ist dezidiert Kein Interesse zu haben, könnte etwa bedeuten, eine nicht auf Arbeit mit mobilen Endgeräten beschränkt. Erwerbstätigkeit zu präferieren, die in der Betriebsstätte Vielmehr erfasst Mobiles Arbeiten alle arbeitsvertrag- ausgeführt werden kann, eine klare Grenzziehung zu lichen Tätigkeiten, die zeitweise (flexibel) oder regel- bevorzugen und/oder nicht mit digitaler Technik arbei- mäßig (an fest vereinbarten Tagen) außerhalb der Be- ten zu wollen. Alipour et al. (2020) kommen zu dem triebsstätte durchgeführt werden.48 Ergebnis, dass 56 % der Erwerbstätigen in Deutschland im Homeoffice arbeiten könnten, aber nur die Hälfte Insbesondere für Menschen mit Sorgetätigkeit für an- dieses Potenzial nutze (vor Corona) – deutlich weni- dere bedeutet dies, Erziehung, Betreuung und Pflege ger als im europäischen Durchschnitt (Chung/van der flexibler planen und erbringen zu können, sofern die Lippe 2018). Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Rahmen- und Durchführungsbedingungen der Mobi- Berufsforschung belegen eine leichte Zunahme sowohl len Arbeit unterstützend und gleichstellungsförderlich betriebsseitiger Angebote zu Homeoffice als auch der gestaltet sind. tatsächlichen Nutzung durch Beschäftigte (Grunau et al. 2019). Betriebe mit einem hohen Digitalisierungs- grad bieten eher zeit- und ortsflexibles Arbeiten an, 4. 2. 1 Orts- und zeitflexible Erwerbsarbeit das zeigen Daten des BIBB-Betriebspanels des Bundes- und Mobile Arbeit institutes für Berufsbildung (Lukowski 2019).

Geschlechtsbezogener Zugang Hinsichtlich der Frage, wovon es in ihrem Unterneh- men abhänge, wer mobile Geräte zur Verfügung gestellt Ob ein geeigneter Zugang zu digitalen Geräten und bekomme und mobil arbeiten dürfe, gaben Frauen und Anwendungen realisiert werden kann, ist abhängig Männer unterschiedliche Gründe an. Männer sahen von Beschäftigungsstrukturen sowie der herrschenden überwiegend Sach- und Statuskriterien als entschei- Arbeitskultur im Unternehmen. Beide Dimensionen dend für die Ausstattung mit digitalen Technologien sind vergeschlechtlicht (vgl. Kapitel B.III.1 und Kapitel an. Bei Frauen hingegen überwog die Ansicht, dass A), und damit auch der Zugang zu digitalen Geräten für es für die Zuteilung kein System gebe. Frauen gaben die Mobile Arbeit. häufiger als Männer an, dass die Art der Tätigkeit mit- entscheidend für die Ausstattung sei (Initiative D21 Die Sonderauswertung „Digital Gender Gap“ (Initia- e. V./Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancen- tive D21 e. V./Kompetenzzentrum Technik-Diversi- gleichheit e. V. 2020: 19). Festzustellen ist zudem, dass Zugangsbarrieren stark vom Beschäftigungsverhältnis

47 Beispielsweise der Tarifvertrag zum Mobilen Arbeiten 2018 für den abhängen: Bei Teilzeitarbeit ist der Zugang zu digita- Bezirk Baden-Württemberg zwischen Südwestmetall und IG Metall ler Arbeitsausstattung deutlich schlechter; in Teilzeit (IG Metall Bezirk Baden-Württemberg/Bezirksleitung Baden-Würt- sind v. a. Frauen beschäftigt (Initiative D21 e. V./Kom- temberg 2018; vgl. auch IG Metall 2015). petenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit 48 Die Sachverständigenkommission verwendet den Begriff Mobiles Arbeiten. Der Begriff Homeoffice wird nur verwendet, wenn Studien e. V. 2020: 18). referiert werden, die ihn nutzen.

102 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Über alle betrieblichen Funktionsbereiche hinweg wer- nicht. Die Analysen zeigen, dass Homeoffice in der -be den Homeoffice und Mobiles Arbeiten v. a. von Führungs- treuungsaufwendigen Baby- und Kleinkindphase bei personen genutzt und damit stärker von Männern; dies Müttern nur eine geringe, bei Vätern eine untergeord- deutet auf vorrangig formale Zugangsbarrieren hin, die nete Rolle spielt. Es findet sich nur ein schwacher Zu- Ausschlüsse fortschreiben, die bereits auf dem Wege zu sammenhang zwischen dem Alter des jüngsten Kindes Führungspositionen wirksam sind. Die bekannten exklu- und Mobilem Arbeiten. Homeoffice ermöglicht offen- dierenden Mentalitätsmuster (Wippermann 2010: 17 ff., bar nicht per se die Vereinbarkeit von Sorgearbeit für 45 ff.) wirken demnach fort, der Digitalisierung zum andere und Erwerbsarbeit. Ein weiteres wichtiges Er- Trotz. Eine weitere Zugangsbarriere liegt in der Arbeits- gebnis der Analysen des Familienberichtes ist, dass Al- kultur, genauer in der Anwesenheits- und Reputations- leinerziehende deutlich seltener angaben, Homeoffice kultur: Lott und Abendroth (2019) werteten das Linked zu nutzen; dies hängt v. a. mit den Erwerbsstrukturen Personnel Panel des Instituts für Arbeitsmarkt- und zusammen, in denen Alleinerziehende tätig sind (Bun- Berufsforschung (IAB) (2. Welle, 2014–2015) aus, um desregierung i. E.). Gründe für den Verzicht auf Homeoffice ausfindig zu machen. Der häufigste Grund ist demnach zwar die Dem soziotechnischen Ansatz entsprechend muss Einschätzung, dass Arbeit von zu Hause nicht zum Job Mobiles und durch digitale Technologie unterstütz- passe. Dies sagten knapp 80 % der Befragten. Fast 70 % tes Arbeiten im Kontext der Aufteilung von Erwerbs- gaben aber an, dass die Anwesenheit am Arbeitsplatz und Sorgearbeit betrachtet werden. Bereits der Zweite der Leitung wichtig sei. Ganze 60 % halten Homeoffice Gleichstellungsbericht empfahl eine Längsschnittbe- bei ihrer Stelle für technisch unmöglich. Gut 14 % der trachtung zur Einordnung der Care-Arbeit auf der Basis Befragten erklären, ihre Berufstätigkeit lasse sich zwar des sogenannten Gender Care Gaps (Bundesregierung auch vom heimischen Computer bewältigen, dies sei 2017: 95 f.). Für den nun vorliegenden Dritten Gleich- aber nicht erlaubt. Knapp 6 % fürchten um ihre Karrie- stellungsbericht ließ die Sachverständigenkommission rechancen, wenn sie zum Arbeiten nicht in den Betrieb in einer Expertise (Samtleben et al. 2020) einen neuen kommen. Frauen geben sehr viel häufiger als Männer Indikator berechnen: den Gender Care Share. an, dass Homeoffice nicht erlaubt sei; arbeitskulturelle Barrieren halten sie öfter als Männer vom Homeoffice Der Gender Care Share misst den Anteil, den Frauen an ab; auch befürchten sie eher, sich mit Homeoffice aufs der gesamten informellen Sorgearbeit innerhalb eines berufliche Abstellgleis zu begeben. Zu Letzterem stel- Paarhaushaltes leisten. Somit handelt es sich streng ge- len Abendroth und Diewald (2019) in einer Studie fest, nommen um einen Female Care Share; aus Gründen der dass Homeoffice in Verbindung mit einer bestimmten Kontinuität und um Sorgearbeit als gemeinsame Auf- Arbeitskultur Frauen tatsächlich auf das Abstellgleis gabe eines Haushaltes herauszustellen, wählt die Sach- stellen könne; dies sei dann der Fall, wenn flexible Ar- verständigenkommission dennoch den übergeordneten beitsarrangements die Norm oder das Ideal entgrenzt BegriffGender Care Share. Alleinerziehende und gleich- arbeitender Beschäftigter noch verstärkten (siehe auch geschlechtliche Paare sowie andere Familienkonstella- Diewald/Nebe 2020). tionen können aus konzeptionellen und Datengründen nicht mit dem Gender Care Share erfasst werden, in- Geschlechtsbezogene Nutzung sofern ist seine Aussagekraft auf zweigeschlechtliche Paare beschränkt. Die Expertise kommt zu dem Ergeb- Bernhardt (2020) zeigt anhand von Daten der Studie nis, dass der Gender Care Share im Durchschnitt aller des Deutschen Jugendinstituts (DJI) „Aufwachsen in gemischtgeschlechtlichen Paare in Deutschland im Jahr Deutschland: Alltagswelten“, dass Homeoffice auch 2017 bei 66 % lag; im Jahr 1997 lag er bei 69 % (Samt- unter Eltern im Jahr 2019 nur wenig verbreitet war. Ein leben et al. 2020: 23). Viertel der 2019 befragten Eltern gab an, berufliche Auf- gaben täglich oder wöchentlich von zu Hause aus zu er- Der Gender Care Share ist der prozentuale Anteil an ledigen, knapp 15 % täten dies zumindest gelegentlich, den insgesamt (im Haushalt) anfallenden Stunden für 62 % übten ihre berufliche Tätigkeit nie von zu Hause Hausarbeit und Kinderbetreuung, der von Frauen ge- aus. Insgesamt arbeiteten 38 % der befragten Eltern in leistet wird. Der Wert kann von 0 % bis 100 % reichen. abhängiger Beschäftigung zumindest hin und wieder von zu Hause aus, was ein deutlich höherer Anteil als Untersucht wurde, wie die Nutzung von Homeoffi- bei den Beschäftigten insgesamt ist (Bernhardt 2020). ce durch Frauen und Männer in Paarhaushalten und der Gender Care Share kausal zusammenhängen. Die Die Vermutung, dass Mobiles Arbeiten besonders Eltern Expertise weist für den Zeitraum 1997 bis 2014 deut- mit kleinen Kindern die Vereinbarkeit von Erwerbs- liche Effekte von Homeoffice auf die mit Sorgearbeit und unbezahlter Sorgearbeit maßgeblich erleichtere, verbrachte Zeit in Partnerschaften nach (Samtleben bestätigen Analysen für den Neunten Familienbericht et al. 2020). In einer Längsschnittbetrachtung wurde

103 ein Teil der Befragten bei einem Wechsel zwischen menden Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten führen einer Erwerbstätigkeit mit und ohne Homeoffice -er nicht zwangsläufig zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. fasst; unter Berücksichtigung einer Vielzahl möglicher Dass der digitale Transformationsprozess Chancen für anderer Einflussfaktoren wurde der kausale Effekt von Gleichstellung bietet, aber kein Selbstläufer ist, zeigen Homeoffice auf Erwerbs- und Sorgearbeit zu Hause die Beobachtungen während der massiv ausgeweiteten identifiziert. Samtleben et al. (2020) stellen in ihrer Ex- Nutzung von Mobiler Arbeit seit Beginn der Coronapan- pertise fest, dass sowohl Frauen als auch Männer ihre demie nahezu idealtypisch. Sorgearbeit ausweiten, wenn sie von zu Hause aus zu arbeiten beginnen. Allerdings dehnen Frauen ihre Sor- gearbeit stärker aus als Männer: Frauen verrichten 1,7 Stunden mehr Sorgearbeit, wenn sie von zu Hause aus Corona im Fokus arbeiten, während es bei Männern nur 0,6 Stunden sind. Die Coronapandemie gab der Nutzung Mobilen Homeoffice führt also zur Ausweitung von informeller Arbeitens einen zusätzlichen Schub. Laut ver- Sorgearbeit sowohl bei Frauen als auch bei Männern schiedenen Datenquellen (IfD Allensbach 2020; in gemischtgeschlechtlichen Paarhaushalten. Da der Möhring et al. 2020) arbeiteten rund 30 % der be- Zusammenhang für Frauen stärker ist als für Männer, rufstätigen Mütter und Väter mit Kindern unter erhöht die Ort-Zeit-Flexibilisierung der Erwerbsarbeit 16 Jahren während der Pandemie von zu Hause den Gender Care Share jedoch um 1,2 Prozentpunkte aus. Dies entspricht einer Verdreifachung des (ebd.: 34). In einer Gruppe allerdings wird der Gender Anteils derer, die bereits vorher im Homeoffice Care Share durch Homeoffice verringert: Wenn in einer arbeiteten (Bundesregierung i. E.). Teilweise be- heterosexuellen Partnerschaft nur der Mann Homeoffice stätigten sich die aus Vor-Corona-Zeiten bekann- in Anspruch nimmt, während seine Partnerin dies nicht ten sozialstrukturellen Unterschiede, teilweise tut, reduziert sich der Gender Care Share. Wird Ort-Zeit- scheinen sich die Zugänge zu Homeoffice aber flexibles Arbeiten von beiden gleichzeitig in Anspruch auch verbreitert zu haben, beispielsweise für ge- genommen, ist der Gender Care Share deutlich höher ring und mittel qualifizierte Männer (Kreyenfeld als in einer Konstellation, in der ausschließlich die Frau et al. 2020). In systemrelevanten Branchen blieb von zu Hause arbeitet; bei gleichzeitiger Arbeit von zu die Bedeutung Mobiler Arbeit auch während der Hause aus ist der Rückfall in traditionelle Geschlechter- Coronapandemie gering. rollen demnach besonders ausgeprägt. Angesichts Lockdown-bedingter Schließungen Des Weiteren zeigt sich, dass sich der Gender Care Share von Schulen und Kindertageseinrichtungen wur- insbesondere dann erhöht, wenn Frauen in niedrigen be- de vielfach beklagt, dass die zusätzliche unbezahl- ruflichen Positionen Homeoffice in Anspruch nehmen; te Sorgearbeit für andere v. a. von Müttern über- für Frauen in hohen Positionen verringert sich der Wert nommen werde (Koch 2020). Laut einer Online- hingegen, wenn sie ins Homeoffice gehen. Sowohl Frauen umfrage des WZB im März/April 2020 schränkten als auch Männer in hohen beruflichen Stellungen inves- Mütter ihre Arbeitszeiten tatsächlich stärker ein tieren im Zuge Mobilen Arbeitens eher weniger Zeit in als Väter (Bünning et al. 2020). Allerdings zeigen unbezahlte Sorgearbeit für andere. Besonders interessant Analysen der Covid-Studie des Sozio-oekonomi- ist, dass v. a. Männer, die Homeoffice in Verbindung mit schen Panels (SOEP-CoV), dass Männer in ähn- Gleitzeit in Anspruch nehmen, den Gender Care Share licher Weise wie Frauen ihre Kinderbetreuungs- in ihrer Partnerschaft deutlich verringern. Männer, die zeiten ausweiteten: Durchschnittlich sei ihre Be- in Großbetrieben tätig sind, scheinen die für Dienstwe- treuungszeit von zwei auf vier Stunden, jene von ge etc. eingesparte Zeit im Homeoffice nahezu nicht für Müttern von fünf auf siebeneinhalb Stunden pro Sorgearbeit zu nutzen; so erhöht sich in heterosexuellen Tag gestiegen. Damit ist der relative Anstieg bei Partnerschaften, in denen der Mann in einem Betrieb mit Vätern erheblich höher, wenngleich Mütter die mehr als 200 Beschäftigten tätig ist, der Gender Care Share höhere absolute Mehrbelastung schultern (Zinn überdurchschnittlich stark, wenn er ins Homeoffice geht. 2020). Dieses Muster bestätigt eine Befragung des Für selbstständige Männer hingegen scheint Homeoffice Wirtschaft- und Sozialwissenschaftlichen Insti- ein Weg zu sein, unbezahlte Sorgearbeit und Erwerbstä- tutes (WSI) (Kohlrausch/Zucco 2020). tigkeit zu verbinden. Arbeiten sie im Homeoffice, tragen sie verstärkt zur Sorgearbeit bei und verringern somit den Boll und Schüller (2020) identifizieren im Sozio- Gender Care Share. oekonomischen Panel (SOEP) innerhalb verschie- dener Gruppen von Elternpaaren bis zu 7 % als Bis hierhin ist also festzuhalten, dass Mobile Arbeit „Hoffnungsträger*innen“ für eine geschlechter- kein Allheilmittel zur ausgewogeneren Aufteilung von gerechte Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit: Sorgearbeit ist. Die mit digitalen Technologien zuneh-

104 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Dass viele Frauen in „systemrelevanten Berufen“ al. 2009: 39 ff.). Paulus und Stiehler (2020: 92 f.) ordnen beschäftigt seien und viele Väter „Homeoffice-fä- Tätigkeitsbeschreibungen unterschiedlichen Bereichen higen Beschäftigungen“ nachgingen, lasse positi- zu, in die geswitcht wird: Kommunikation mit der Fa- ve Impulse für eine egalitärere Arbeitsteilung im milie (15 %); Post, E-Mails schreiben (13 %); Freizeit privaten wie betrieblichen Bereich erwarten. Da in organisieren (12 %); anderen helfen, kümmern (10 %). 30 % der Haushalte mit Kindern Väter beruflich Dabei ordnen die Autoren nur 7 % der Tätigkeiten der flexibler sind als Mütter, könnten diese potenziell Befragten als dezidierte Selbstsorge ein. Das Switchen mehr Zeit für die unbezahlte, auf andere bezogene der Väter könne als widerständige Handlung in Reaktion Sorgearbeit aufbringen (Arntz et al. 2019). auf Entgrenzung und Verdichtung interpretiert werden, als Selbstermächtigung gegenüber verdichteter Arbeit In den übrigen Familienhaushalten sind entweder (ebd.: 103 f.); es könne aber auch als Versuch verstanden die Mütter beruflich flexibler oder die Flexibilität werden, die Ambivalenzen zu bewältigen, die entstün- von Männern und Frauen ist vergleichbar; nach den, wenn Väter die Ziele „Karriereorientierung“ und bisheriger Datenlage ist hier von einer fortbeste- „engagierte Vaterschaft“ gleichzeitig verfolgten (ebd.: henden – wenn auch relativ zurückgehenden – 105). So gesehen erleichtern die überwiegend für das geschlechterstereotypen Aufgabenteilung auszu- Switchen genutzten digitalen Geräte (vgl. Vahle-Hinz et gehen. Eine Auswertung der IAB-Befragung „Leben al. 2019) die „Sorge aus der Ferne“, ohne die berufliche und Erwerbstätigkeit in Zeiten von Corona“ zeigt Präsenz offenkundig zu verringern. zudem: Bei drei Viertel der erwerbstätigen Eltern minderjähriger Kinder stieg die empfundene Belas- Switchen in diesem Sinne kann also als Strategie ge- tung durch die Kinderbetreuung, für Frauen stärker deutet werden, mit der Individuen Handlungsfreiheit als für Männer (Fuchs-Schündeln/Stephan 2020). zurückgewinnen; allerdings verbessern solche Bewäl- tigungsversuche eine prekäre Situation unter Umstän- den nur kurzfristig, langfristig könnte sie dadurch so- 4. 2. 2 Orts- und zeitflexible Sorge für Andere gar verschlimmert werden (Böhnisch 2010). Letzteres kann offenbar passieren, wenn Alltagsgewohnheiten Digitale Technologien ermöglichen Flexibilität in der unausgesprochen so verändert werden, dass die Durch- Erwerbsarbeit durch Mobiles Arbeiten, sie erleichtern lässigkeit zwischen den Bereichen zunimmt (Nowak et aber auch die orts- und zeitflexible Organisation der al. 2019: 324 ff.), während überwiegend Druck aus der Sorgearbeit. Eine Studie von Syrek et al. (2018; siehe Erwerbsarbeit ins Private weitergegeben wird. auch Kühnel et al. 2017) deutet darauf hin, dass Soziale Medien am Arbeitsplatz in großem Umfang privat ge- Chancen des Switchens zeigen sich am Beispiel der infor- nutzt werden (siehe auch Burleson/Greenbaum 2019); mellen Pflege. Im Jahr 2016 waren 31 % der Hauptpflege- untersucht wurde das Nutzungsverhalten von 334 Be- personen männlich, das bedeutet eine deutliche Steige- schäftigten verschiedener Branchen (größter Anteil: rung im Vergleich zu 20 % im Jahr 1998 (TNS Infratest So- Ingenieurdienstleistungen, IT, Finanzsektor). Eltern, zialforschung 2017: 57). Das 2013 bis 2015 durchgeführte die im Rahmen der DJI-Studie „Aufwachsen in Deutsch- Forschungsprojekt „Männer zwischen Erwerbstätigkeit land: Alltagswelten“ befragt wurden, kommunizierten und Pflege“ (MÄNNEP) kam zu dem Ergebnis, dass die deutlich häufiger während der Arbeit mit ihrer Familie, befragten Männer die Pflege von Angehörigen zumeist als sie während ihrer arbeitsfreien Zeit zu beruflichen um ihre Erwerbstätigkeit herum und mehrheitlich im Zwecke kommunizierten. Während rund ein Viertel an- Rahmen gemischter Pflegearrangements organisierten; gab, nie im Privatleben mit Vorgesetzten, Kolleg*innen in den meisten Fällen waren sie während der Pflegephase oder Klient*innen für berufliche Zwecke zu kommu- in Vollzeit beschäftigt (Auth et al. 2015: 10 ff.). Vor diesem nizieren, gaben umgekehrt nur etwa 12 % der Eltern Hintergrund knüpft eine Ausweitung des Informations- (darunter halb so viele Väter wie Mütter) an, nie wäh- und Dienstleistungsangebotes im Feld der Pflege und Be- rend der Arbeit mit ihrer Familie zu kommunizieren treuung an typische Pflegearrangements von Männern (Bundesregierung i. E.; Bernhardt 2020). an. Männer, die bereit sind, neben ihrer Erwerbstätigkeit Sorgearbeit im persönlichen Umfeld zu übernehmen, Paulus und Stiehler (2020) gehen davon aus, dass das können demnach in besonderem Maße von den neuen sogenannte Switchen zu privaten Aufgaben während Möglichkeiten, die durch die Digitalisierung entstehen, der Erwerbsarbeit Männern hilft, ihren Anteil an der profitieren. Dies könnte perspektivisch den Anteil männ- Verantwortung für Kinder und häusliche Aufgaben licher Personen in der informellen Pflege erhöhen. zu erbringen. Dazu kann die Abstimmung mit Betreu- ungs- und Bildungsinstitutionen mithilfe digitaler Ge- Damit die erweiterten Informations- und Dienstleistungs- räte zählen, ebenso die Gestaltung von Familienleben angebote rund um die Pflege geschlechterunabhängig ge- trotz räumlicher Trennung (Multilokalität) (Jurczyk et nutzt werden können, muss sichergestellt werden, dass

105 alle Menschen mit Sorgeverantwortung gleichermaßen liegen außerdem ethische und datenschutzrechtliche Zugang dazu haben und über die gleichen digitalisierungs- Bedenken; in der Tat liegen offene Fragen im Bereich bezogenen Kompetenzen verfügen, um sich das Angebot des Datenschutzes regelmäßig obenauf, wenn es um zu erschließen. Geschlechterübergreifend würden pfle- die Gründe geht, warum der Pflegebereich nach wie gende Angehörige von einer regelmäßigen und persön- vor als wenig digitalisiert gilt (Roland Berger GmbH lichen, unter Umständen digitalen Pflegebegleitung im et al. 2017: 40 f.; vgl. auch Kapitel B.III.1). Sinne eines Case Managements profitieren; dem Gefühl der Hilflosigkeit angesichts der Pflegesituation, das An- Technologische Lösungen allein garantieren keine ge- gehörige v. a. zu Beginn der Pflegephase, aber auch im lingende Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit. weiteren Verlauf befällt, könnte damit entgegengewirkt Dass der Zugang zu Ressourcen sichergestellt wird und werden (vgl. ebd.: 31 ff.). relevante Produkte und Dienste soziotechnisch gestal- tet werden, ist entscheidend dafür, ob die Vereinbarkeit Eine wichtige Rolle spielen die Pflegekassen im Rah- durch die Digitalisierung besser oder schlechter ge- men ihrer allgemeinen (§ 7 Abs. 3 SGB XI) und stärker lingen wird. Zudem scheint eine pflegesensible Unter- noch im Rahmen ihrer individuellen Beratungspflicht nehmenskultur zentral, um Erwerbs- mit Sorgearbeit (§ 7a SGB XI). Ihrer Grundkonzeption entsprechend gelingend zu vereinbaren (Auth et al. 2015: 12 ff.; vgl. nimmt die soziale Pflegeversicherung eine verbraucher- auch Kapitel B.I.1 sowie Kapitel B.III.1). schützende Funktion wahr. Mit einer Beratung zu den Angeboten am Pflegemarkt können die Pflegekassen indirekt auf eine vereinbarkeitsfördernde Ausgestal- 4. 2. 3 Zeitkonflikte: Zwischen Erwerbsarbeit, tung der Pflegearrangements hinwirken. Pflegekassen Sorgearbeit und Selbstsorge sollten daher verstärkt angehalten werden, ihr Personal für diese Geschlechterperspektiven zu sensibilisieren. Die empirische Evidenz zeigt: Die Verantwortlichkeiten Eine wichtige Stellschraube sind zudem die verschie- für Sorge- und Erwerbsarbeit sind tief in den Geschlech- denen Berichtspflichten bezüglich Pflege. terrollen verankert; organisatorische und logistische Vereinfachungen wie die Ort-Zeit-Flexibilisierung der Weitere Entwicklungen, beispielsweise technische Erwerbs- und Sorgearbeit schaffen nicht automatisch Anwendungen im Wohnumfeld oder in der Telepflege, Abhilfe, sondern können die traditionelle Praxis der können ebenfalls einen Verbleib pflegender Menschen Arbeitsteilung sogar verstärken. in der Erwerbstätigkeit befördern; damit verbunden sind spezifische Abwägungen. Eine Akzeptanzstudie So neigen viele Männer, die als Hauptverdiener agieren des Zentrums für Qualität in der Pflege ergab, dass und sich dadurch erheblichem sozialem Leistungsdruck 74 % der Befragten „eher“ oder „sehr“ ein fest ins- ausgesetzt sehen, dazu, Erwerbsarbeit zu entgrenzen und talliertes Videosystem befürworteten, über das eine zu verdichten. Damit sind sie auch im Homeoffice mit pflegebedürftige Person an verschiedenen Orten in einem großen Maß an Arbeitsintensität, Flexibilitätsan- der Wohnung mit Angehörigen oder Pflegediensten forderung und Mehrarbeit konfrontiert – sie geht folglich in Kontakt treten kann, und diese ihrerseits mit den oft einher mit gesundheitlicher und psychischer Selbst- Pflegebedürftigen. 73 % befürworteten die regelmäßige gefährdung (Ahlers/Lott 2018: 17 f.; Waltersbacher et al. Übermittlung von Daten zum Gesundheitszustand der 2019: 97 f.). Dieses Verhalten, das häufiger bei Männern, pflegebedürftigen Person an eine fachkundige Person, seltener bei Frauen verzeichnet wird, nennen Ahlers und die ihrerseits Handlungshinweise rückmeldet (Eggert Lott interessierte Selbstgefährdung (Ahlers/Lott 2018: 17). et al. 2019: 22 ff.). Die durch solche Technologien ge- Frauen, die Mobile Arbeit in Anspruch nehmen, weiten wonnenen Informationen können dazu beitragen, jedoch ihre Sorgearbeit stärker aus als Männer, demzu- dass pflegende Angehörige über ihr Smartphone oder folge kann auch hier von Selbstgefährdung gesprochen andere Endgeräte jederzeit, auch während der Arbeits- werden – in diesem Fall geht sie aber auf unbezahlte, zeit, Gewissheit über die Situation pflegebedürftiger nicht auf bezahlte Arbeit zurück. Mit anderen Worten: Angehöriger erlangen und ggf. eingreifen können. Dies Das Selbstgefährdungsrisiko ist vergeschlechtlicht. mag zunächst als Entlastung beim Vereinbarkeitsspagat erscheinen. Allerdings ist eine solche Entgrenzung des Zeitkonflikte entstehen für beide Geschlechter: Durch Privaten in den Bereich der Erwerbsarbeit gerade im Mobiles Arbeiten wird die Zeit sowohl für Sorgearbeit, die Kontext der informellen Pflege durchaus auch kritisch auf andere bezogen ist, als auch für Erwerbsarbeit erhöht. zu sehen; so ist aus Studien bekannt, dass die Sphäre Die pro Tag zur Verfügung stehende Zeit für Selbstsorge der Erwerbsarbeit für pflegende Angehörige eine be- wird folglich geringer, für beide Geschlechter. Mobile wusst genutzte Selbstsorgeressource für die Bewälti- Arbeit kann die Work-Life-Balance verschlechtern und gung der Pflegesituation darstellt (Auth et al. 2018; entsprechende gesundheitliche Risiken mit sich bringen TNS Infratest Sozialforschung 2017: 58). Auf der Hand (vgl. BAuA 2019; iga.Report 2015: 32 ff.).

106 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Homeoffice kann für Eltern dazu führen, dass Berufliches es nicht nur um Schlüsselkompetenzen wie technisches und Familienleben stärker in Konflikt miteinander ge- Wissen, sondern auch im soziotechnischen Sinne um raten, was im Neunten Familienbericht als „Work-to-Fa- Selbstkenntnis, innerliche Unabhängigkeit und um mily-Konflikt“ bezeichnet wird (Bundesregierung i. E.; Voraussetzungen technischer und institutioneller Art vgl. Bernhardt 2020). Differenzierend empfinden Müt- (vgl. Kapitel B.III.2 sowie B.IV.3). ter häufiger Family-to-Work-Konflikte, während Väter häufiger von Work-to-Family-Konflikten betroffen sind Es bleibt zu prüfen, unter welchen Bedingungen es für (Haines et al. 2018, siehe auch Bundesregierung i. E.). manche Menschen persönlich und gleichstellungspoli- Eine fehlende räumliche und zeitliche Abgrenzung der tisch dennoch von Vorteil sein kann, wenige Grenzen Sphären führt zu Konflikten für Eltern; Familie wird so- zwischen Erwerbsarbeit und anderen Lebensbereichen gar in der Freizeit als Störfaktor angesehen – ein Befund, zu ziehen. In alternativen Arbeitsformen, solidarischen auf den bereits Hochschild und Machung als Dilemma oder genossenschaftlichen Wirtschaftsweisen finden berufstätiger Eltern aufmerksam machte (Hochschild/ sich beispielsweise eine Vielzahl Beschäftigter, die an- Machung 1989). Eine Studie aus Belgien bestätigt, dass dere als nur leistungsorientierte Ansprüche an sich, Eltern verstärkt familienbedingte Konflikte erleben, ihre Erwerbsarbeit und ihr Leben haben. Die Grenzen wenn sie tagsüber ihre Arbeit im Homeoffice häufiger zwischen ihrer Arbeit und sozialem und politischem für Familienangelegenheiten unterbrechen und abends Engagement sind oft fließend, Erwerb und Privates häufiger noch beruflich kommunizieren (Delanoeije/ sind häufig verknüpft. Gesellschaftliche Aufmerksam- Verbruggen 2019; vgl. Bundesregierung i. E.). keit und Unterstützung sollten insgesamt weniger auf hegemoniale Männer abzielen, sondern sehr viel mehr Zur Vermeidung von Zeitkonflikten sind individuelle jenen Menschen zuteilwerden, die persönlich Fürsorge Fähigkeiten, aber auch institutionelle Strukturen ge- leisten und/oder in alternativen Arbeitsformen tätig fragt, die Grenzziehungen ermöglichen. Eine männliche sind (vgl. Höyng 2019: 142 f.). Sozialisation – verstanden als auf Geschlechterbinarität und -stereotypen aufbauend – legt nahe, sich über Er- Vor dem Hintergrund dieser Analysen ist fraglich, ob werbsarbeit zu definieren und mit entgrenzten Erwerbs- eine Strategie, die auf die Verteidigung und den Schutz anforderungen zu identifizieren (vgl. Böhnisch 2003); getrennter Sphären setzt, langfristig erfolgreich sein diese Leistungszentrierung trifft in den vergangenen wird. Schutz ist fraglos eine wichtige Kategorie. Zu- Jahrzehnten zunehmend auch auf Frauen zu, dann so- gleich aber gilt es zu fragen, wie eine Gesellschaft ge- gar in verschärftem Maße (vgl. die von Becker-Schmidt staltet werden kann, in der die herkömmlichen strikten (2004) aufgeworfene „Doppelte Vergesellschaftung“ von Grenzziehungen nicht mehr existieren. Gegenwärtig Frauen). Dies erfordert, dass Menschen beide Räume (Er- sind eine faktische Ungleichwertigkeit und Hierarchie werbsarbeit und Familienleben) für sich definieren und mit einer Dominanz des Beruflichen über das Private zu gegenüber externen Zugriffen abgrenzen (Jürgens/Voß vermuten – allerdings nicht überall und nicht durchge- 2007), d.h. Privatheit und Schutz selbst herstellen im hend. Die individuell Grenzmanagement Betreibenden Sinne eines individuellen „Doing Boundary“ (Jurczyk sollten unterstützt und, wenn möglich, entlastet wer- et al. 2009: 60 ff.). „[D]erartige Grenzen und Grenzzie- den. Dies sollte einerseits durch Regelungen geschehen, hungen [haben] für die Subjekte und ihre Familien eine sodass die Aufgabe der Grenzziehung nicht allein bei stabilisierende Wirkung und lassen sich als ‚schützende‘ den Individuen liegt; andererseits gilt es, Selbsterkennt- Handlungspraxis definieren.“ (Ebd.: 63). nis und Wissen darüber, was das Wohlbefinden steigert und was es schwächt, gar gesundheitsschädlich ist, zu Sich gegenüber privaten ebenso wie beruflichen An- fördern (Brück/Gümbel 2020). Organisationen, die kei- forderungen abzugrenzen erfordert laut Gutachten des ne entgrenzten Arbeitsanforderungen transportieren Sachverständigenrats für Verbraucherfragen (2017: 2 ff.) und für ihre Mitarbeitenden schützende Strukturen „digitale Souveränität“. Ohne ein entsprechendes Grenz- schaffen, sind als gute Beispiele hervorzuheben. management kann die private Nutzung digitaler Ge- räte bei der Erwerbsarbeit die berufliche Leistung ver- Die Bewältigung der Gesundheitsrisiken, die aus Ent- mindern, und das ständige Wechseln zwischen ver- grenzung und erweiterter Erreichbarkeit resultieren, schiedenen Aufgaben (scheinbares Multitasking) kann sind ein wichtiges Handlungsfeld im Arbeitsschutz (Ar- gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Aufmerk- beitsschutzgesetz – ArbSchG) und in der Betrieblichen samkeitsstörungen zur Folge haben (Vahle-Hinz et al. Gesundheitsförderung (§ 20b SGB V). Präventive Maß- 2019: 241). Neben Sicherheit und Wahlfreiheit als Rah- nahmen sollten Führungskräfte wie Beschäftigte glei- menbedingungen nennt der Sachverständigenrat für chermaßen als gestaltende Akteur*innen einbeziehen, Verbraucherfragen als individuelle Voraussetzungen Aufklärungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sollten Selbstbestimmung und Selbstkontrolle (Sachverstän- beide Gruppen adressieren (Diewald/Nebe 2020). digenrat für Verbraucherfragen 2017: IV). Folglich geht

107 4. 3 Handlungsempfehlungen 2009; Kohte 2010). Zur Begründung dieses Anspruchs muss teils auf deutsches Verfassungsrecht (Art. 6 Abs. 2 Wie und in welchen Arrangements Erwerbsarbeit, Sor- GG) oder auf EU-Recht zurückgegriffen werden,50 denn gearbeit und Selbstsorge miteinander vereinbar sind, ist eine ausdrückliche Regelung fehlt. Diese Rechtslage ist zentral für die Verwirklichungschancen von Menschen. für Beschäftigte nicht transparent. Auch vor dem Hin- Im Zuge technologischer Entwicklungen nehmen die tergrund aktueller verbindlicher EU-Vorgaben muss Möglichkeiten mobiler, orts- und zeitflexibler Erwerbs- die deutsche Gesetzgebung handeln und ein Recht auf und Sorgearbeit stetig zu. Sie bieten eine Chance dafür, Homeoffice bzw. Mobiles Arbeiten zugunsten der -be die Vereinbarkeit der Lebensbereiche zu verbessern. Die- sonders schutzbedürftigen Beschäftigten normieren. se Chance besteht aber nur dann, wenn Erwerbs- und Sorgearbeit mithilfe digitaler Technologien selbstbe- Arbeit an einem selbst gewählten Ort kann auch aus an- stimmt und zufriedenstellend aufeinander abgestimmt deren Gründen für alle Beteiligten von Vorteil sein, wie sowie geschlechtergerecht und partnerschaftlich ver- die aktuellen Erfahrungen im Zuge der Coronapandemie teilt werden kann. Mit dem Einsatz entsprechender zeigen. Der Rechtsanspruch sollte daher nicht auf die oben Technologien muss der Schutz von Gesundheit und genannten besonders schutzbedürftigen Beschäftigten Privatsphäre einhergehen. (Menschen mit Behinderung oder sorgepflichtige Men- schen) begrenzt sein. Gleichwohl sollte deren spezifischen Aus rechtlicher Perspektive ergeben sich aus den erläu- Belangen bei der Ausgestaltung des Rechtsanspruchs be- terten Problemlagen drei Fragen: sonders Rechnung getragen werden, beispielsweise auf 1. Welche Spielräume eröffnet das Arbeitsrecht, um dem Wege abgestufter Gegeneinwände. Dies könnte so den Arbeitsort vereinbarkeitsfreundlich zu gestalten? gestaltet werden, dass gegenüber dem Anspruch Erzie- 2. Welche Spielräume eröffnet das Arbeitsrecht, um die hender und Pflegender sowie gegenüber dem Anspruch Arbeitszeit vereinbarkeitsfreundlich zu gestalten? von Menschen mit Behinderung nur dringende betrieb- 3. Wie lässt sich ein vereinbarkeitsfreundliches Zeit- liche Gründe als Einwand anerkannt werden. management gesundheitsförderlich organisieren? Erwerbszentrierte Arbeitsleistung außerhalb der Be- Aus diesen drei Fragen leitet die Sachverständigenkom- triebsstätte ist ambivalent, sie birgt Chancen und Risi- mission die folgenden Handlungsempfehlungen ab. ken. Die Digitalisierung kann beides verstärken. Mit dem Einsatz digitaler Technologie lässt sich Mobile Arbeit Rechtsanspruch auf Mobiles Arbeiten verankern leichter ermöglichen und in der Folge lassen sich erheb- und flankieren liche Vereinbarkeitspotenziale ausschöpfen. Erwerbs- Die Sachverständigenkommission empfiehlt einen arbeit außerhalb der Betriebsstätte bedingt allerdings Rechtsanspruch auf Mobiles Arbeiten bei entsprechen- Entgrenzungen in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, die der Flankierung. negative Effekte haben können: Sie können gesundheit- liche Belastungen deutlich verschärfen, den Schutz von Bislang gibt es in Deutschland keinen gesetzlichen An- Privatsphäre und Persönlichkeit erheblich erschweren spruch auf Arbeit im Homeoffice oder auf Mobile Arbeit. und zudem die Teilhabe- und Entwicklungschancen Wollen Beschäftigte die Chancen flexibler Arbeitsformen mobil Arbeitender gegenüber nicht mobil Arbeitenden nutzen, sind sie in aller Regel auf das nicht einklagbare nachteilig beeinflussen. Vor diesem Hintergrund muss Einverständnis der Arbeitgeber*innen angewiesen – es das Recht auf Mobile Arbeit hinsichtlich der genannten sei denn, für ihr Arbeitsverhältnis existiert eine Kol- Schutzgüter und Interessen rechtlich flankiert werden. lektivvereinbarung (Tarifvertrag oder Betriebs- oder Außerhalb der Arbeitszeit besteht keine Arbeitspflicht, Dienstvereinbarung), die einen solchen Rechtsanspruch es sei denn, Rufbereitschaft ist in zulässiger Weise ver- bereits enthält. Für bestimmte Beschäftigtengruppen einbart. Aus Gründen der Transparenz ist das Recht auf erkannten Gerichte schon nach geltender Rechtslage Nichterreichbarkeit gesetzlich zu verankern. in Einzelfällen ein Recht auf Beschäftigung im Homeof- fice an; dies gilt für schwerbehinderte Menschen und Freiwilligkeit Mobiler Arbeit sichern ihnen Gleichgestellte (vgl. § 2 Abs. 3 SGB IX) auf Basis Mit dem gesetzlichen Anspruch auf die Ermöglichung von § 164 Abs. 4 SGB IX (vgl. LAG Hannover 2010)49 Mobiler Arbeit darf umgekehrt keine Pflicht zur Er- sowie für Beschäftigte, die ohne Homeoffice ihre beruf- bringung der Arbeitsleistung außerhalb der Betriebs- lichen und familialen Verpflichtungen nicht vereinba- stätte verbunden werden. Für Arbeitgeber*innen bleibt ren können (Arbeitsgericht Hannover 2007: 280; Nebe es zwar bei den Spielräumen auf der Grundlage von § 106 GewO (Gewerbeordnung). Für eine einseitige

49 Für einfach behinderte Menschen wird ein Anspruch auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Schutzpflicht grundsätzlich vom LAG Köln 50 Zum sogenannten Arbeitsarrangement nach Rückkehr aus der El- ebenfalls anerkannt (2016: Rn. 97 ff.). ternzeit siehe Kiesow (2018) sowie Thoma/Nebe (2019).

108 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Anordnung zur Arbeitsleistung im Homeoffice bietet auf Mobile Arbeit von sich aus geltend, sollten Arbeit- die Regelung jedoch keine Grundlage (vgl. LAG Berlin- geber*innen die sächliche und technische Ausstattung Brandenburg 2018). bis zur Grenze der Unzumutbarkeit unterstützen. Eine hohe Kostenlast werden Arbeitgeber*innen als Gegen- Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Arbeitszeit- einwand gegen den Rechtsanspruch geltend machen schutz gewährleisten können. Stehen Beschäftigten Arbeitsmittel ohnehin Den (besonderen) Gesundheitsgefährdungen durch zur privaten Nutzung zur Verfügung, werden kaum Mobile Arbeit muss bereits nach geltendem Recht im weitere Kosten entstehen. Im besten Fall verständigen Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, d. h. sich die Parteien über die Kostentragung. Eine allgemei- auf der Grundlage des geltenden Arbeitsschutzgesetzes ne Regelung im Gesetz sollte beiden Seiten eine gewisse (ArbSchG) und des Arbeitszeitgesetzes, begegnet wer- Rechtssicherheit geben. den. Dennoch sollte die Erstreckung des ArbSchG auf Mobile Arbeit im ArbSchG ausdrücklich klargestellt Vor Benachteiligung wegen Inanspruchnahme von werden. Demnach müssen Arbeitgeber*innen Gefähr- Mobiler Arbeit, Homeoffice und Teilhabegerechtig- dungen, soweit möglich, auch für von Beschäftigten keit schützen selbstgewählte Arbeitsorte beurteilen, selbst dann, Beschäftigte im Homeoffice und damit vom Betrieb- Ab wenn deren Betreten wegen des Schutzes der Privat- wesende weichen von der bisherigen Norm der perma- sphäre und der Wohnung (Art. 13 GG) nicht verlangt nent vor Ort Arbeitenden ab. Das kann zu mittelbaren werden kann. Beschäftigte sind auf Basis dessen über oder unmittelbaren Benachteiligungen führen. Eine Gefährdungen und Schutzmaßnahmen zu unterweisen. Forderung, um diesem besonderen Teilhaberisiko zu Arbeitgeber*innen sind auch für Arbeit am von Be- begegnen, sind Leistungsbeurteilungen auf Basis von schäftigten selbstgewählten Arbeitsort, soweit möglich, Arbeitsergebnissen statt physischer Anwesenheit; eine zur Kontrolle der Einhaltung von Schutzmaßnahmen andere ist ein allgemeines Diskriminierungsverbot, wie verpflichtet. Den erhöhten Gesundheitsrisiken durch es zugunsten anderer atypisch Arbeitender besteht (vgl. (räumliche und zeitliche) Entgrenzung muss durch § 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz – TzBfG). eine untergesetzliche Konkretisierung der Pflichten von Arbeitgeber*innen (im Sinne einer „Antistress- Datenschutz gewährleisten verordnung“) begegnet werden. Ortsflexibles Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte wirft Datenschutzprobleme in mehrerlei Hinsicht auf. Zum Den Gesundheitsrisiken durch belastende Entgren- einen muss die informationelle Selbstbestimmung der zungen sollte auch auf anderem Wege vorgebeugt wer- Beschäftigten bei technischen Überwachungssystemen den, nämlich durch Regelungen zur Ausgestaltung geschützt werden (siehe auch Kapitel B.IV.3). Zum an- der Arbeitszeit in individuellen Vereinbarungen über deren muss der Schutz privater Daten gewährleistet Mobile Arbeit. In jedem Fall muss die Arbeitszeit auch werden. Mobile Endgeräte, ob von Arbeitgeber*innen bei Mobilem Arbeiten den Anforderungen des Arbeits- überlassene oder eigene, bilden häufig eine Schnittstelle zeitrechts entsprechend erfasst werden, d. h., wie jüngst in den Privatbereich. Eine umfängliche Überwachung durch Rechtsprechung des EuGH klargestellt, durch ein der Arbeitnehmer*innen ist nicht zulässig. objektives, verlässliches und zugängliches System der Arbeitszeiterfassung (EuGH 2019). Im Idealfall sollte Unfallversicherung bei Mobiler Arbeit, insbesondere im Tarifvertrag oder in Betriebs- oder Dienstvereinba- im Homeoffice, verankern rungen eine Regelung getroffen werden. Mobile Arbeit, insbesondere im Homeoffice, muss in gleicher Weise wie Arbeit in der Betriebsstätte unter dem Des Weiteren sollten, um Entgrenzung und Selbstge- Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Nach fährdung vorzubeugen, Arbeitgeber*innen ihren Füh- anfänglichen Schwierigkeiten erkannte die höchstrich- rungskräften und Beschäftigten Weiterbildungen zu terliche Rechtsprechung den Unfallversicherungsschutz Grenzmanagement anbieten. im Homeoffice bei betrieblich veranlasster Tätigkeit grundsätzlich an, auch für Wege in der privaten Häus- Arbeitsplatzausstattung oder Aufwendungsersatz lichkeit. Uneinigkeit besteht noch bezüglich bestimmter bereitstellen privater Verrichtungen wie Nahrungsaufnahme oder Mobile Arbeitsleistung wird in vielen Fällen nur bei aus- Toilettengang (BSG 2016: 508). reichender Ausstattung des Arbeitsplatzes möglich sein. Dies führt zur Frage, wer die Kosten für die Ausstattung Eine deutliche Diskrepanz in der Anerkennung eines und die Nebenkosten trägt. Hat der Arbeitgeber die Mo- Versicherungsfalls besteht bei Wegeunfällen von und bile Arbeit, beispielsweise im Homeoffice, veranlasst, zum Homeoffice. Hier sieht sich auch das Bundessozial- ist er zur Erstattung von Aufwendungen der Beschäf- gericht außerstande, beim Hin- oder Rückweg von oder tigten verpflichtet. Machen Beschäftigte den Anspruch zur Kindertagesstätte, den Beschäftigte im Homeoffice

109 Gesetzliche Verankerung eines Rechtsanspruchs auf Arbeitsleistung an frei gewähltem Ort (Rechtsanspruch auf Mobile Arbeit)

Konkret sollte ein Anspruch auf Mobile Arbeit wie folgt in § 611b BGB gesetzlich normiert werden:

(1) Beschäftigte können von Arbeitgebenden verlangen, ihre geschuldete Arbeitsleistung vorübergehend oder zeit- lich unbegrenzt ganz oder teilweise im Privatbereich oder an einem anderen geeigneten, selbst gewählten Ort zu verrichten (Anspruch auf alternierende Mobile Arbeit, ergänzend zum betrieblichen Arbeitsplatz). Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Arbeitsleistung wegen ihrer Art nur an einem vom Arbeitgebenden vorgegebenen Ort erbracht werden kann. Arbeitgebende und Beschäftigte sollen die individuelle Lage, den Zeitraum und die Häufigkeit des Mobilen Arbeitens vereinbaren. Außerhalb einer vereinbarten Mobilen Arbeitszeit besteht keine Verpflichtung für die Beschäftigten, erreichbar zu sein.

(2) Arbeitgebende können dem Anspruch betriebliche Gründe, vergleichbar § 8 Abs. 4 TzBfG, entgegenhalten. Machen Beschäftigte geltend, durch Mobile Arbeit Sorgepflichten gegenüber Kindern (i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 BEEG) oder pflegebedürftigen Angehörigen (i. S. d. § 7 Abs. 3 und 4 PflegeZG) mit der Arbeitsleistungspflicht besser vereinbaren zu können, so können dem Anspruch nur dringende betriebliche Gründe i. S. d. § 15 Abs. 7 BEEG entgegenhalten werden.

(3) Der Anspruch besteht unabhängig von der Betriebsgröße.

(4) Der Anspruch behinderter und schwerbehinderter Menschen auf behinderungsgerechte Beschäftigung bleibt hiervon unberührt.

(5) Der Anspruch auf Mobile Arbeit begründet umgekehrt keine entsprechende Pflicht Beschäftigter zur Mobi- len Arbeitsleistung. Ist Mobile Arbeit unbefristet vereinbart, besteht ein Rückkehranspruch, den Arbeitgebende angemessen zu erfüllen haben. Ist Mobile Arbeit vereinbart, kann aus dringenden betrieblichen Gründen und mit angemessener Ankündigungsfrist der Arbeitgebenden vom Weisungsrecht hinsichtlich des Arbeitsortes Ge- brauch machen.

(6) In den ersten sechs Monaten des Beschäftigungsverhältnisses können Arbeitgebende dem Anspruch ohne Be- gründung widersprechen.

(7) Arbeitgebende sind verpflichtet, im zumutbaren Maß die technische und sächliche Ausstattung des selbstge- wählten Arbeitsortes zu unterstützen. Machen Beschäftigte für die Mobile Arbeitsverrichtung Aufwendungen geltend, die sie den Umständen nach für erforderlich halten dürfen und die nicht durch den Arbeitslohn abgegol- ten sind, sind Arbeitgebende zum Ersatz verpflichtet.

(8) In Mobiler Arbeit Beschäftigte dürfen nicht wegen der Mobilen Arbeit schlechter behandelt werden als ver- gleichbare Beschäftigte ohne freie Wahl des Arbeitsortes, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unter- schiedliche Behandlung. Beschäftigte dürfen nicht wegen der Inanspruchnahme ihres Rechtes auf Mobile Arbeit benachteiligt werden. Die geschlechtsbezogenen Wirkungen von Mobiler Arbeit sind von den Arbeitgebenden regelmäßig zu prüfen, und Belegschaft und Betriebsrat sind darüber zu informieren.

(9) Beschäftigte i. S. d. Norm sind die in § 7 Abs. 1 PflegeZG genannten. Arbeitgebende i. S. d. Norm sind die in § 7 Abs. 3 PflegeZG genannten.

Der Anspruch auf Mobile Arbeit ließe sich sehr prominent in § 611b BGB (zurzeit unbesetzt) platzieren. Der Anspruch könnte alternativ auch im systematischen Zusammenhang des Weisungsrechts, d. h. als § 106a der Gewerbeordnung, oder im Teilzeit- und Befristungsgesetz im Zusammenhang mit dem Teil- zeitanspruch als § 9b TzBfG einfügt werden.

110 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Die Geltung der Norm sollte sich von vornherein nicht auf Arbeitnehmer*innen im klassischen Sinn be- schränken, sondern sich auch auf andere Erwerbsformen, beispielsweise auf arbeitnehmer*innenähnliche Personen (beispielsweise für nur eine*n Auftraggeber*in tätige Soloselbständige), erstrecken, wie schon jetzt vom Arbeitsrecht an anderer Stelle, beispielsweise im Pflegezeitgesetz, anerkannt.

Gesetzliche Flankierungen zum Schutz Beschäftigter bei Mobiler Arbeit:

Der Anspruch auf Mobile Arbeit muss durch weitere Regelungen in verschiedenen Gesetzen flankiert werden:

1. Arbeits- und Gesundheitsschutz

§ 1 ArbSchG ist durch einen Absatz 2a wie folgt zu ergänzen:

Das Gesetz gilt auch bei Mobiler Arbeit i. S. d. § 611b BGB, soweit nicht der Schutz der Wohnung i. S. d. Art. 13 GG der konkreten Durchführung entgegensteht.

2. Datenschutz

Ein neues Beschäftigtendatenschutzgesetz muss spezifische Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz bei Mobiler Arbeit enthalten.

3. Unfallversicherung bei Mobiler Arbeit, insbesondere bei Arbeit im Homeoffice

In Mobiler Arbeitsform Beschäftigte, v. a. Beschäftigte im Homeoffice, sind hinsichtlich des Unfallver- sicherungsschutzes in § 8 SGB VII in allen Varianten (d. h. sowohl in Abs. 1 bezüglich betrieblich ver- anlasster Tätigkeit und „Betriebswegen“ als auch bezüglich Wegeunfällen gemäß Abs. 2) den übrigen Beschäftigten gleichzustellen.

4. Steuerliche Absetzbarkeit

Über die engen Grenzen der Absetzbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer hinaus muss im Steuerrecht geregelt werden, dass alle Aufwendungen im Zusammenhang mit Mobiler Arbeit als Wer- bungskosten absetzbar sind. Dies sind neben typischen Arbeitsmitteln insbesondere anteilige Wohn-, Verbrauchs- und Ausstattungskosten, die im Zusammenhang mit dem privat eingerichteten Arbeits- platz beruflich veranlasst sind. Hierbei sollte es keine Zweckbeschränkung („nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke“) geben. Außerdem sollte der Höchstbetrag angepasst werden. Um den Aufwand der Finanzverwaltungen gering zu halten und aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit, erscheint eine Pauschale sinnvoll. Zudem sollten Zuwendungen der Arbeitgeber*innen zum Ausgleich der Kosten Mobiler Arbeit steuerfrei gestellt werden.

5. Berichtspflicht in § 21 EntgTranspG

Die Berichtspflicht in§ 21 EntgTranspG sollte um den Punkt der Ermöglichung und Inanspruchnahme Mobiler Arbeit erweitert werden.

111 zurücklegen, einen Wegeunfall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 gesetz sollte sowohl den Flexibilisierungsbedarf, was SGB VII anzuerkennen, und verweist auf die Gesetzge- die zeitliche Lage der täglichen Arbeitszeit angeht, ad- bung (BSG 2020: 230). Die Sachverständigenkommission ressieren, als auch sorgebedingte Unterbrechungen der empfiehlt, den Wegeversicherungsschutz dahingehend Arbeitszeit im Sinne einer täglichen „Vereinbarkeits- auszubauen, dass ein direkter Weg vom Arbeitsort – sei pause“ ermöglichen. es das Homeoffice oder die Betriebsstätte – zu einer -Be treuungseinrichtung umfasst ist. Die Sachverständigenkommission empfiehlt zudem eine gesetzliche Klarstellung, um ein Recht auf verein- Vor mittelbarer Diskriminierung bei Inanspruchnah- barkeitsfreundliche Arbeitsorganisation abzusichern. me Mobiler Arbeit schützen Dazu könnte in einem neuen § 611c BGB eine Pflicht Auch mit ausdrücklichen Diskriminierungsverboten las- der Arbeitgeber*innen verankert werden, im Rahmen sen sich die Ambivalenzen, die mit Mobiler Arbeit, v. a. im der Arbeitsorganisation die persönlichen Belange der Homeoffice, einhergehen, nicht gänzlich verhindern oder Beschäftigten in zumutbarer Weise zu berücksichtigen, beseitigen. Es gilt dafür zu sorgen, dass die mit Mobiler damit diese ihre vertragliche Arbeitsleistungspflicht und Arbeit verbundenen geschlechtsbezogenen Potenziale zeitgleich bestehende Sorgeverpflichtungen zumutbar (Erwerbsteilhabe trotz Sorgelasten) verwirklicht werden miteinander vereinbaren können. können und dass die geschlechtsbezogenen Risiken (bei- spielsweise Exklusion wegen atypischer Beschäftigung Das Arbeitsverhältnis ist typischerweise ein Dauer- und erhöhte Belastungen für Gesundheit und familiale schuldverhältnis. Der Umfang der Arbeitszeit ist als Beziehungen durch unkontrollierte Entgrenzung) mini- Bestandteil der wesentlichen Leistungspflichten bei Ver- miert werden. Dafür müssen die Inanspruchnahme und tragsschluss vereinbart und grundsätzlich fix. Intensive die Folgen mobiler Arbeitsformen insbesondere aus Ge- Debatten und Reformprozesse führten zur schrittweisen schlechterperspektive regelmäßig kritisch beleuchtet und Überwindung dieses üblicherweise frauenbenachteili- bewertet werden. Berichtspflichten wie beispielsweise in genden Leitbildes. Mit der Lebensverlaufsperspektive, § 21 EntgTranspG können hierzu beitragen. die bereits der Zweite Gleichstellungsbericht einnahm, werden lebenslagenspezifische Herausforderungen für Steuerliche Absetzbarkeit erweitern eine geschlechtergerechte Erwerbsteilhabe in den Blick Bisher ist die Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeits- genommen. Im Arbeitsrecht finden sich inzwischen zimmers sehr beschränkt: Wenn für die berufliche oder zahlreiche Rechtsnormen,51 die bei Schwangerschaft, betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Ver- Stillphase, Elternschaft, Pflege und Sorgearbeit eine Fle- fügung steht, sind maximal 1.250 € jährlich absetzbar. xibilisierung der Arbeitszeit ermöglichen. Diese kodi- Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruf- fizierten Gestaltungsoptionen tragen zum Abbau von lichen Tätigkeit darstellt, können die gesamten Kosten Geschlechterstereotypen bei und eröffnen geschlech- abgesetzt werden. Das Zimmer muss außerdem nahezu tergerechte Teilhabechancen. Bei genauerem Hinsehen ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden. Im fällt allerdings auf, dass sämtliche Regelungen vorwie- Gegensatz dazu sind die beruflichen Pendelkosten zum gend auf die vertragliche Veränderung des Umfangs Arbeitsplatz für Arbeitnehmer*innen entweder pauschal der Arbeitszeit zielen. Damit bleiben andere, ebenso bis zu 4.500 Euro pro Jahr oder mit entsprechenden Nach- zentrale Flexibilisierungsbedarfe auf gesetzlicher Ebe- weisen voll absetzbar. ne unreguliert. Das betrifft (1) die Änderung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit Diese steuerliche Behandlung erzeugt eine asymmetrische bei unverändertem Arbeitsumfang, (und zugleich ökologisch bedenkliche) Anreizstruktur (2) die kurzzeitige und spontane Unterbrechung der zugunsten des Pendelns zur Arbeit und zuungunsten der Arbeit zur Wahrnehmung von Sorgepflichten und Arbeit von zu Hause. Darüber hinaus benachteiligt die (3) die Unterbrechung der täglichen Arbeit durch beschränkte Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszim- „Vereinbarkeitspausen“. mers Personen in kleineren Haushalten, die über kein separates Arbeitszimmer verfügen, sondern ihre Mobile Je nach individueller Situation können Beschäftigte Arbeit in einer Arbeitsecke oder am Küchen- oder Wohn- zu allen drei Punkten oder auch nur zu einem davon zimmertisch verrichten. Diese Personen können bisher als Werbungskosten nur beruflich notwendige Arbeits- mittel wie einen Computer absetzen. 51 Beispielsweise Ansprüche auf Verringerung der individuellen Ar- beitszeit bei Schwangerschaft/Stillphase gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Flexibilisierungsspielräume im Arbeitsrecht Mutterschutzgesetz (MuSchG), während der Elternzeit gemäß § 15 erweitern Abs. 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), bei Pflege Die Sachverständigenkommission empfiehlt, ein Recht gemäß § 3 Pflegezeitgesetz (PflegeZG) oder § 2 Familienpflegezeit- gesetz (FPfZG) oder allgemein gemäß § 8 Abs. 4 TzBfG, inzwischen auf Wahlarbeitszeit einzuführen. Ein Wahlarbeitszeit- auch befristet als sogenannte Brückenteilzeit, § 9a TzBfG.

112 Digitalisierte Wirtschaft B.III Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit 4

Flexibilisierungsbedürfnisse haben. Anhand je eines ein rechtlich fundierter Anspruch auf eine vereinbar- Beispiels lässt sich dies verdeutlichen: keitsfreundliche Arbeitsorganisation gibt Beschäftigten die notwendige Verhandlungsstärke. Denn selbst bei » zu (1): Je nach Öffnungszeiten von Betreuungsein- guter Arbeitsmarktlage sind Beschäftigte anerkannter- richtungen und Diensten und damit verbundenen maßen in einer weniger starken Verhandlungsposition Verkehrswegen kann sich die zeitliche Verfügbar- als Arbeitgeber*innen. Das betont die Rechtsprechung keit Beschäftigter an ihren Arbeitstagen ändern. Das regelmäßig (u.a. BVerfG 2018: Leitsatz Nr. 1). Egal ob kann zu Unvereinbarkeit mit strikten Vorgaben zu bei Begründung oder während des laufenden Arbeits- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit oder mit verhältnisses, es fehlt Beschäftigten regelmäßig die Schichtsystemen führen. Macht, ihre lebenslagenspezifischen Arbeitszeitbedarfe zu verhandeln. » zu (2): Für spontane Abstimmungen mit Kindern, Jugendlichen, betreuungsbedürftigen Angehörigen Die jüngst verabschiedete Vereinbarkeitsrichtlinie der oder anderen Bezugspersonen (beispielsweise in Kita, EU (Richtlinie [RL] 2019/1158/EU) setzt wichtige Impulse Schule, Pflegedienst/-einrichtung oder mit der*dem für flexible Arbeitsarrangements sorgepflichtiger Eltern mitsorgenden Partner*in) können sich im Arbeits- (siehe auch bereits die Vorgänger-RL zum Elternurlaub, alltag unvorhergesehene, sehr kurzzeitige Unterbre- RL 2010/18/EU) und pflegender Angehöriger. Es fehlen chungen der beruflichen Arbeit ergeben. im deutschen Arbeitsrecht bislang klare Regelungen zur (kurzfristigen und/oder vorübergehenden) Arbeitsfrei- » zu (3): Innerfamilial sehr individuelle Betreuungs- stellung wegen Sorgearbeit (Kohte 2020); insbesondere konzepte können Sorgende dazu veranlassen, zu fehlen Rechte für Eltern chronisch kranker und behin- bestimmten Tageszeiten die Erwerbsarbeit gezielt derter Kinder (vgl. dazu Nebe 2011). für Abstimmungen, geplante wie kurzfristige, zu unterbrechen, ohne den betrieblichen Arbeitsort Das analysierte Phänomen des Switchens allerdings be- zu verlassen (beispielsweise zur kurzzeitigen An- schreibt v. a. Situationen, in denen der Wechsel zwischen leitung von Kindern/Jugendlichen für die Nachmit- den beruflichen Aufgaben und den familialen Sorgeauf- tagsgestaltung). gaben gerade nicht planbar, demnach auch nicht klar verhandelbar ist. Die oben beschriebenen Anlässe für Auf diese Flexibilisierungsbedarfe liefert das geltende einen solchen Wechsel zwischen verschiedenen Aufga- nationale Arbeitsrecht keine klaren Antworten. Inso- ben, also für das Switchen, können unregelmäßig, sehr weit bestehen besondere Hürden, Zeit vereinbarkeits- spontan und ebenso kurzzeitig sein. Wie die Verwirkli- gerecht zu verwenden. chungschancen, die durch Switchen denkbar werden, rechtssystematisch verankert werden können, wird in Natürlich geben Generalklauseln im (Arbeits-)Recht der arbeits(zeit-)rechtlichen Debatte in Deutschland denjenigen, die das Recht anwenden, schon heute die bislang nicht diskutiert. Grundsätzlich ist zu konstatie- Möglichkeit, das einzelne Arbeitsverhältnis familien- ren, dass Arbeitgeber*innen im Rahmen des ihnen zu- freundlich auszugestalten und die Arbeit den kom- stehenden Weisungsrechtes solche spontanen, äußerst munizierten Bedarfen entsprechend zu organisieren. kurzzeitigen Unterbrechungen tolerieren, einkalkulie- Gerichtsverfahren dokumentieren allerdings auch, ren und Arbeit entsprechend vereinbarkeitsfreundlich wie risikobehaftet die Situation für die Einzelperson organisieren müssen. Im Rahmen eines gewissen Tole- ist, wenn Arbeitgeber*innen auf Kollisionslagen oder ranzbereiches muss die kurzfristige und sehr kurzzeitige „Selbsthilfe“ durch die Beschäftigten beispielsweise mit Unterbrechung der dienstlichen Arbeitspflicht als Teil Kündigung wegen Pflichtverletzung reagieren. einer menschengerechten und vereinbarkeitsfreund- lichen Arbeitsorganisation erlaubt sein. Das Recht auf Angesichts unzureichender gesetzgeberischer Reformen ein Familienleben ist verfassungsrechtlich und men- halten die rechtspolitischen Forderungen, Beschäftig- schenrechtlich geschützt (Art. 6 GG, Art. 8 Europäische ten individuell passende Gestaltungsrechte zur Verein- Menschenrechtskonvention - EMRK, Art. 7, 33 Charta barkeit von Arbeitspflichten und Sorgeverantwortung der Grundrechte der Europäischen Union – GRCh-EU). (Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder allgemeiner So wie heute selbstverständlich der Gesundheitsschutz Work-Life-Balance) einzuräumen, bis heute an. und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch und gerade im Arbeitsverhältnis einfachgesetz- Damit Beschäftigte aller Branchen die notwendigen An- lich konkretisiert sind – durch das Arbeitsschutzge- passungsmöglichkeiten geltend machen können, bedarf setz bzw. das Datenschutzrecht –, muss auch das Recht es einer gesetzlichen Regelung. Konkrete Vorschläge, auf Schutz der familialen Strukturen im Arbeitsleben, etwa für ein Wahlarbeitszeitgesetz oder Vereinbarun- sowohl grundsätzlich als auch konkret, auf einfachge- gen zu optionalen Arbeitszeiten liegen bereits vor. Nur setzlicher Ebene verankert werden. Bislang fehlt es im

113 deutschen Recht an einer grundlegenden Normierung, der unbegrenzte Kontakt, das unbegrenzte Switchen zu wonach Arbeitgeber*innen die Vereinbarkeit von Er- Konzentrationsverlust und damit zu Fehlbeanspruchung werbsarbeit und Familienleben unterstützen müssen. führen. Solche Risiken festzustellen und präventive Es ist höchste Zeit, dass die Lücken im nationalen Recht Vorkehrungen zu treffen, sind Kernbestandteile eines nach unionsrechtlichem Vorbild geschlossen werden. präventiven Arbeitsschutzes. Alle Arbeitsschutzverant- wortlichen müssen über die verschiedenen Belastungen Gesundheitsgerechte Nutzung von Flexibilitäts- (neutral konnotiert) und die möglichen Gründe für eine spielräumen ermöglichen Fehlbeanspruchung (negativ konnotiert) im Bilde sein. Die Sachverständigenkommission empfiehlt, die Ambi- Dies setzt Kompetenzen nicht nur bei Arbeitsschutzver- valenz flexibler Organisationsformen für die Gesundheit antwortlichen und Führungskräften, sondern auch die der Beschäftigten im Rahmen des geltenden Arbeits- Beteiligung und aktive Einbindung der Beschäftigten schutzes (ArbSchG und untergesetzlicher Konkretisie- voraus. Hier können die gesetzlichen Krankenkassen rung), der betrieblichen Gesundheitsförderung (§ 20b ihrer Pflicht zur betrieblichen Gesundheitsförderung SGB V), der Qualifizierung von Führungs- und Personal- gemäß § 20b SGB V nachkommen und Unterstützung verantwortlichen und der Unterrichtung von Beschäf- im betrieblichen Setting anbieten. tigten zu behandeln; unter dem Dach des betrieblichen Gesundheitsmanagements gilt es, eine menschenge- Im Arbeitsschutzgesetz ist bereits heute geregelt, dass so- rechte Arbeitsumweltgestaltung voranzubringen, um wohl die physische als auch die psychische Gesundheit ge- Flexibilisierungsinstrumente gesundheitsgerecht ver- schützt werden müssen und dass hierbei die spezifischen fügbar machen zu können. Belange besonders schutzbedürftiger Beschäftigtengrup- pen zu berücksichtigen sind (vgl. § 4 ArbSchG). Arbeits- Die Ambivalenz flexibler Arbeitsorganisationsformen schutz wird in der praktischen Umsetzung allerdings und die mit Entgrenzung verbundenen gesundheitli- weniger anhand solcher Generalklauseln gestaltet; viel- chen Risiken sind inzwischen vielfach wissenschaftlich mehr gibt es eine Vielzahl untergesetzlicher Regelungen. untersucht, wie die Analyse oben zeigt. Der aktuellen Wenn darin die Wechselwirkungen zwischen Sorge- und pandemischen Situation geschuldet, erfahren dabei Erwerbsarbeit in ihrer gesundheitsrelevanten Dimension Risiken, die aus einem unzureichenden Grenzmanage- nicht deutlich fokussiert sind, werden sie in der umfang- ment bei der Arbeit im Homeoffice resultieren, erhöhte reichen Prüfung und Behandlung von Risikofaktoren in Aufmerksamkeit. Für die arbeitswissenschaftliche De- einer komplexen Arbeitswelt leicht übersehen. Sie blei- batte um die Wirkungen von Arbeitsunterbrechungen ben dann eine Leerstelle. Schlimmstenfalls verwirklichen fällt auf, dass hinsichtlich der Anlässe dafür selten bis sich in der Folge die negativen Begleiterscheinungen der gar nicht nach sorgebedingten Gründen gefragt wird. Flexibilisierung und führen zur Abkehr von flexiblen Or- Der Wandel der Arbeitswelt stellt die gesamte Arbeits- ganisationsformen als notwendiger Basis für menschen- wissenschaft vor große Herausforderungen. Sämtliche gerecht gestaltete Erwerbsverläufe. Untersuchungen über Belastungen und Beanspruchun- gen müssen im Querschnitt die sich – zudem ebenfalls Vereinbarkeitsförderliche Inanspruchnahme von wandelnden – sozialen bzw. familialen Verhältnis- Sozialleistungen erweitern se einbeziehen. Das Recht auf Familie ist ebenso als Der Bundesregierung wird empfohlen, zu prüfen, in- Grund- und Menschenrecht verankert wie das Recht wieweit die gesetzlichen Regelungen zur besseren Ver- auf Gesundheit und informationelle Selbstbestimmung einbarkeit von Familie, Pflege und Beruf (insbesondere (vgl. Kapitel B.IV.3). Eine an individuellen Bedarfen der durch PflegeZG, FPfZG sowie SGB XI, vgl. dazu 6. Pflege- Beschäftigten orientierte Gestaltung der Arbeitswelt bericht der Bundesregierung BMG 2016: 56 ff.) auch den- ist eine Verpflichtung von Arbeitgeber*innen, der sie jenigen zugutekommen sollten, die mit ihrer Erwerbs- mit Präventions- und Informationspflichten nach dem form (beispielsweise im Bereich Plattformökonomie) ArbSchG entsprechen müssen. bislang nicht in den persönlichen Geltungsbereich der genannten Gesetze fallen. Wirksamer Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, ob im betrieblichen Setting oder an jedem anderen Ort, lässt Die Sachverständigenkommission empfiehlt, § 4 Abs. 3 sich nicht ohne Sicht auf den einzelnen Menschen SGB XI zu erweitern, um Pflegekassen dazu zu verpflich- gestalten. Und der einzelne Mensch lässt sich nicht ten, auf eine vereinbarkeitsförderliche Leistungsge- losgelöst von seinem Lebenskontext begreifen. Wird währung hinzuwirken. Über die Maßnahmen zur ver- jegliche Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz und einbarkeitsförderlichen Pflegeberatung sollte in den damit jegliche private Kommunikation untersagt – verschiedenen Pflegeberichten systematisch berichtet und so eine harte Grenze zwischen den verschiedenen werden (beispielsweise im Bericht gemäß § 10 Abs. 1 Lebensbereichen gezogen –, kann dies zu einer Fehlbe- SGB XI oder durch den unabhängigen Beirat gemäß anspruchung bei der Arbeit führen; umgekehrt kann § 14 Abs. 2 FPfZG).

114 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV

vornehmen können, haben Kehrseiten; digitale Techno- B. IV Digitalisierung der Gesellschaft logien bergen diverse Risiken.

Die Auswirkungen digitaler Technologie betreffen nicht Dieses Spannungsverhältnis betrachtet die Sachver- nur ökonomische Prozesse, sondern sie durchdringen ständigenkommission für drei zentrale Themen: Ge- das ganze gesellschaftliche Leben. Daher richtet die schlechterstereotype und Soziale Medien (vgl. Kapitel Sachverständigenkommission den Blick neben der Di- B.IV.1), geschlechtsbezogene digitale Gewalt (vgl. Kapitel gitalisierung der Wirtschaft auf die Digitalisierung der B.IV.2) sowie Daten und Grundrechte (vgl. Kapitel B.IV.3). Gesellschaft insgesamt. Die digitalisierte Gesellschaft ist in diesem Sinne die äußerste Schicht der Zwiebel, Als Kompass für ihr Gutachten definierte die Sachver- in der alle anderen Schichten enthalten sind. ständigenkommission gleichstellungspolitische Ziele (vgl. Kapitel A.V). Zu diesen Zielen gehört die Auflösung Den Einzelnen eröffnen sich durch die digitalen Techno- von Geschlechterstereotypen im Kontext der Digitali- logien neue Möglichkeiten der Vernetzung und damit die sierung der Gesellschaft. Hier stellen sich angesichts der Chance, vielfältige Lebensbereiche und Anforderungen Sozialen Medien, die sich mit hoher Geschwindigkeit ent- miteinander zu verbinden. Digitale Dienste und Pro- wickeln, neue Herausforderungen. Dasselbe gilt für das dukte können eine Erleichterung darstellen, etwa beim Ziel des Abbaus von Diskriminierung und des Schutzes Kauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen über das vor geschlechtsbezogener Gewalt in analogen und digi- Internet; sie können für Leib und Leben wichtig sein, talen Räumen; die gegenwärtigen rasanten Entwicklun- beispielsweise im Falle der Notfall-Informations-und- gen bringen eine neue Qualität geschlechtsspezifischer Nachrichten-App (NINA) des Bundesamts für Bevölke- Gewalt mit sich. rungsschutz und Katastrophenhilfe oder ganz aktuell der Corona-Warn-App. Sie können aber auch manches Abschließend wird die Digitalisierung der Gesellschaft erschweren, beispielsweise das überwachungsfreie Lesen aus einer verfassungsrechtlichen Perspektive betrachtet. von Onlinenachrichten. Die Bequemlichkeit und ver- Angesichts der Auswirkungen der Digitalisierung auf meintliche Einfachheit, mit denen Menschen überall, die Gesellschaft wird der Blick auf notwendige Schutz- jederzeit und mit geringem Aufwand online verbunden maßnahmen gerichtet, um Diskriminierung zu verhin- sein und vielfältigste Gestaltungen des täglichen Lebens dern und um allen mehr Verwirklichungschancen zu ermöglichen, unabhängig vom Geschlecht.

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft

B. III Digitalisierte Wirtschaft

B. II Digitale Wirtschaft

B. I Digitalbranche C. Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente

115 1. Geschlechterstereotype und ältere. Alle Menschen, die über die technischen Voraus- setzungen verfügen, haben die Möglichkeit, sich auf Soziale Medien Plattformen Sozialer Medien anzumelden und passiv oder aktiv teilzunehmen, sofern gewünscht. So könnten 1. 1 Ausgangslage Soziale Medien Spielräume zur Demokratisierung und zur Darstellung vielfältiger Stimmen eröffnen. Soziale Medien (englisch: social media), sind erst seit ca. 15 Jahren einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Da- „Vom Grundprinzip her bieten Soziale Medien [...] viele mit handelt es sich um ein relativ junges Phänomen, Chancen für mehr Diversität und Geschlechtergerech- das sich mit hoher Geschwindigkeit entwickelt. Laut tigkeit. Langjährige Machtstrukturen, wie sie in der Global Digital Report nutzten im Jahr 2020 weltweit Medienbranche vorherrschen, könnten hier demokra- mehr als 3,8 Milliarden Menschen Soziale Medien, in tisiert werden, indem die Produktions- und Veröffent- Deutschland sind es 43 Millionen, wobei der Großteil lichungsmacht potenziell in der Hand von jeder und zwischen 25 und 34 Jahren alt ist (We Are Social 2020). jedem liegt.“ (Götz/Prommer 2020: 5) Die Begriffsklammer Soziale Medien bezeichnet digital vernetzte Medientechnologien, die es Nutzer*innen er- Die Praxis zeigt allerdings, dass auch in den Sozialen lauben, Informationen aller Art (Teil-)Öffentlichkeiten Medien hegemoniale Machtstrukturen reproduziert zugänglich zu machen und soziale Beziehungen aufzu- werden; diese Strukturen bringen diskriminierende bauen (Schmidt/Taddicken 2017: 24). Dadurch werden Räume und Inhalte hervor, befördern Fragmentie- Nutzer*innen des Internets von passiven Konsument*in- rungen, sogenannte Filterblasen, und können eine nen zu aktiv Beteiligten, was zunächst unter dem Begriff tatsächliche Demokratisierung verhindern (Spiecker Web 2.0 bekannt wurde. Die Unterscheidung zwischen gen. Döhmann 2018; vgl. Kapitel B.IV.3, Daten und aktiven Produzent*innen und passiven Konsument*in- Grundrechte). nen verschwimmt also bei der Nutzung Sozialer Medien. Zudem sind Soziale Medien durchzogen von Geschlechter- Soziale Medien lassen sich nach Maya Götz und Elisa- stereotypen, die zum Teil sehr konservative Ausprägungen beth Prommer (2020: 6) in drei Kategorien unterteilen: haben, wie die Expertise von Götz und Prommer (2020) zeigt. Das gleichstellungspolitische Ziel, Geschlechterste- 1. Soziale Netzwerke (beispielsweise Facebook, Xing, reotype im Kontext der Digitalisierung der Gesellschaft LinkedIn, Diaspora) aufzulösen, gewinnt vor diesem Hintergrund an Relevanz. Geschlechterstereotype im digitalen Raum stehen der 2. Plattformen zum Teilen von Bildern und Videos (bei- Entwicklung diverser Rollenvorbilder entgegen. Sie kön- spielsweise Instagram, Youtube, Twitch, TikTok, nen zum Beispiel Einfluss auf die Berufswahl und damit Snapchat, Mattermost) auch auf den Lebensverlauf junger Menschen haben. Der Abbau von Stereotypen ist deshalb ein wichtiger Schritt, 3. Microblogging-Dienste (beispielsweise Twitter, um das Gleichstellungsziel der gleichberechtigten Inte- Mastodon) gration in die Erwerbsarbeit und der wirtschaftlichen Eigenständigkeit zu erreichen. Menschen aller Altersstu- Die einzelnen Sozialen Medien haben verschiedene fen müssen digitalisierungsbezogene Kompetenzen ver- Schwerpunkte. So geht es bei Instagram und Snapchat mittelt werden, damit sie sich eigenständig, kritisch und vorrangig um die Verbreitung von Bildern und Kurz- frei in Sozialen Medien bewegen und entfalten können videos, Twitter hat die Verbreitung gesellschaftspoli- und damit sie in der Lage sind, sich selbst, ihre Gesund- tischer Kommentare als Schwerpunkt, und Xing und heit und ihre Daten zu schützen (vgl. B.III.2). LinkedIn haben die berufliche Vernetzung zum Ziel; Reddit fokussiert auf die Auseinandersetzung mit dem Zeitgeschehen und TikTok wird zur kreativen Selbstdar- 1. 2 Analyse stellung genutzt; dazu kommen Streamingplattformen für Gamer. Trotz dieser Tendenzen gibt es keine klare 1. 2. 1 Geschlechtsbezogene Nutzung von Trennung zwischen privat, politisch oder beruflich Sozialen Medien genutzten Sozialen Medien. Schon bei der passiven Nutzung von unterschiedlichen Ein Viertel aller Menschen ab 14 Jahren in Deutsch- Sozialen Medien werden geschlechtsbezogene Unter- land nutzen täglich Soziale Medien, bei Jugendlichen schiede deutlich. Laut Götz und Prommer (2020: 70 und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 29 Jahren f.) nutzen Mädchen und Frauen Soziale Medien häufi- sind es 59 % (Beisch et al. 2019). Generell sind jüngere ger zum Kommunizieren; sie sind v. a. auf Instagram, Menschen in Sozialen Netzwerken deutlich aktiver als Snapchat und TikTok aktiv. Jungen und Männer nutzen

116 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechterstereotype und Soziale Medien 1

Soziale Medien häufiger zum Spielen und zur Informa- häufiger als Jungen, in der Gruppe der 16- bis 17-Jährigen tion, sie sind v. a. auf YouTube und Twitter zu finden. sind es sogar 75 % der Frauen gegenüber 45 % der Män- ner, bei denen das Medium mindestens wöchentlich Im Rahmen der JIM-Studie 2019 (mpfs 2020) wurden 12- im Einsatz ist. Über-30-Jährige nutzen Snapchat kaum bis 19-Jährige zu ihrem Nutzungsverhalten hinsichtlich (Götz/Prommer 2020: 21). Die JIM-Studie (mpfs 2018: 42) verschiedener Sozialer Medien befragt: Instagram wird zeigt, dass Snapchat v. a. ein Medium zur bildbezogenen von 71 % der weiblichen und 59 % der männlichen Kommunikation mit Freund*innen ist, so schauen sich Jugendlichen mindestens mehrmals wöchentlich oder 86 % der Jugendlichen, die Snapchat verwenden, Bilder gar täglich genutzt. Obwohl Instagram offiziell erst ab und Videos von Menschen an, die sie persönlich kennen. 13 Jahren freigegeben ist, machen vier von zehn der 12- bis 13-jährigen Mädchen und zwei von zehn der 12- bis Twitter wird grundsätzlich v. a. von jungen Erwachsenen 13-jährigen Jungen von diesem Medium mindestens zwischen 20 und 30 Jahren genutzt, dabei von Männern wöchentlich Gebrauch. Die Gruppe, die Instagram mit etwas häufiger als von Frauen (Götz/Prommer 2020: 25). 88 % am intensivsten nutzt, sind 16- bis 17-jährige junge Nur 5 % der Mädchen und 10 % der Jungen im Alter von Frauen. Die meisten Jugendlichen folgen Menschen, die 12 bis 19 Jahren sind auf Twitter (mpfs 2020: 30). Bei den sie persönlich kennen, aber auch Stars und Prominenten Über-30-jährigen liegt der Anteil ähnlich niedrig. Laut sowie Marken und Firmen. 81 % kommentieren Fotos JIM-Studie 2018 (mpfs 2018: 52) wird Twitter von Jugend- und Videos anderer und mindestens 85 % der 12- bis lichen für Nachrichtenthemen, international relevante 19-Jährigen, die Instagram nutzen, posten selbst Fotos Informationen und als Recherchemittel verwendet (ebd.). und Videos (mpfs 2018: 41). TikTok ist zurzeit (Stand Mai 2020) das Soziale Medium Facebook wird laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2019 mit der jüngsten Nutzer*innenschaft, (Götz/Prommer von etwa der Hälfte der 14- bis 49-Jährigen mindestens 2020: 23). Laut der Studie „Trend Tracking Kids“ (Icon- wöchentlich genutzt, bei höheren Altersgruppen nimmt kids and Youth 2019) waren 2019 in Deutschland eine seine Bedeutung stark ab; als einziges Netzwerk wird Million Nutzer*innen zwischen 6 und 19 Jahren auf es allerdings auch von über 70-Jährigen genutzt, ohne TikTok aktiv. Bei den 12- bis 13-Jährigen sind es 26 % nennenswerte Unterschiede nach Geschlecht (Beisch et der Mädchen und 16 % der Jungen, bei Menschen ab 16 al. 2019: 383). Dies gilt auch für die Facebooknutzung Jahren nimmt das Interesse stark ab (ebd.). unter Jugendlichen, die insgesamt stark zurückgegan- gen ist und inzwischen von Instagram und Snapchat Xing und LinkedIn dienen Menschen im erwerbsfähigen überholt wurde (mpfs 2020). Alter als berufliche Netzwerke und zeigen keine merk- lichen Geschlechterunterschiede (ebd.: 27 f.). YouTube ist mit durchschnittlich 40 Minuten weltweit die Plattform mit der längsten Verweildauer (t3n.de o.J.) Soziale Medien haben inzwischen eine große gesell- und dominiert den Markt der kostenfreien Videoporta- schaftliche Bedeutung, die sich nicht ignorieren lässt. le damit eindeutig (Kupferschmitt 2017: 450). Laut der So geben 39 % der Männer und 34 % der Frauen an, dass ARD/ZDF-Onlinestudie nutzten im Jahr 2019 in Deutsch- man in manchen Apps / Sozialen Medien vertreten sein land 40 % der Erwachsenen und 82 % der Jugendlichen müsse, um keine beruflichen oder privaten Nachteile (zwischen 14 und 29 Jahren) YouTube mindestens wö- zu erleiden (Initiative D21 e. V. 2020: 41). chentlich (Beisch et al. 2019: 379). Männer machen von dem Portal durchgehend etwas mehr Gebrauch als Frauen. Der größte Geschlechterunterschied besteht in 1. 2. 2 (Re-)Produktion von Geschlechter- der jüngsten Altersgruppe: Von den 14- bis 29-Jährigen stereotypen in der (aktiven) Nutzung nutzen 95 % der Männer und 68 % der Frauen YouTube mindestens wöchentlich (Götz/Prommer 2020: 18). Ge- In der aktiven Nutzung Sozialer Medien lassen sich – ab- nerell interessieren sich Jugendliche auf der Plattform hängig vom spezifischen Medium – einige Unterschiede v. a. für Comedy, gefolgt von Musik, Gaming und News nach Geschlecht feststellen. Götz und Prommer (2020) (Rihl/Wegener 2019). Sogenannte Beauty- und Lifesty- stellen bei ihrer Analyse von Selbstinszenierungen fest, levideos, in denen es um Aussehen und Körpermodi- dass diese besonders bei Jugendlichen sehr geschlechter- fikationen geht, schauen sich mehr Mädchen / junge stereotyp ausfallen können. Die klischeehaften Selbst- Frauen als Jungen / junge Männer an (ebd.). darstellungen weiblicher Jugendlicher interpretieren sie in Anlehnung an McRobbie (2016) als „postfeministische Snapchat wird in Deutschland von etwa der Hälfte der Maskerade“, die scheinbar überkommene Frauenbilder Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren mehrmals zur Schau stellt. Auch bei männlichen Jugendlichen wöchentlich oder sogar täglich verwendet, mit steigen- finden sich häufig eher traditionelle Männerbilder. -Ge der Tendenz (mpfs 2020: 30). Mädchen nutzen Snapchat schlechtliche Diversität und Vielfalt ist weniger sicht-

117 bar (Rodriguez et al. 2016).52 Die Autorinnen der Studie dass die Person, der sie in den Sozialen Medien am meisten „Rollenbilder in Sozialen Medien und ihre Auswirkun- folgen, eine Vorbildfunktion für das eigene Geschlecht gen auf die Gleichberechtigung“ kommen zu diesem einnehme (Plan International Deutschland e. V. 2019: 8). Ergebnis: „Je intensiver die Nutzung von Instagram, Beim Posten von Bildern in Sozialen Medien treffen 94 YouTube und Co., desto konventioneller und stereotyper % der Frauen und 87 % der Männer mindestens eine die Ansichten über die Rollenverteilung von Mann und Optimierungsmaßnahme, beispielsweise das Verwen- Frau.“ (Plan International Deutschland e. V. 2019: 5). Ein den von Filtern (ebd.: 7). Durch deren Inszenierung und Drittel der Befragten stören Rollenklischees in Sozialen den Gebrauch von Filtersoftware werden Körper einem Medien – zwei Drittel geben an, sie nicht als störend zu einheitlichen Schönheitsideal angepasst. Viele 12- bis empfinden (ebd.: 9). Hier müssen weitere Analysen fol- 19-jährige Jugendliche bearbeiten ihre Körpermerkmale, gen und Handlungsansätze abgeleitet werden. bevor sie Fotos von sich auf Instagram posten. Die Merk- male, die Mädchen v. a. bearbeiten, sind: „Haut ebenmä- Die MaLisa Stiftung veröffentlichte 2019 eine Studienrei- ßiger/schöner“ (70 %), „Haare/Frisur“ (69 %) und „Haut he zu Geschlechterdarstellungen in den neuen Medien, gebräunter machen“ (47 %). Bei Jungen sind die meist- in der die ungleiche Repräsentation der Geschlechter genannten Merkmale „Haare/Frisur“ (56 %) „Schultern untersucht wurde. Demnach ist die Sichtbarkeit auf breiter“ (40 %) und „Arme muskulöser“ (39 %) (Initiative YouTube sehr stark geschlechtsabhängig: 69 % der Ak- D21. e. V. 2020: 44). Die Studie „Man braucht ein perfek- teur*innen sind Männer, 29 % sind Frauen und 2 % sind tes Bild“ zeichnet nach, wie Mädchen und junge Frauen Inter/Trans/Other (MaLisa Stiftung 2019: 4). YouTuber Influencerinnen auf Instagram nachahmen und durch treten überwiegend mit den Themen Musik, Sexualität Filterapps einem Schönheitsideal zu entsprechen ver- und YouTube (selbstreferenziell) in Erscheinung, bei suchen. Den befragten Mädchen gehe es darum, „spon- YouTuberinnen sind es die Themen Beauty, Food und tan natürlich“ zu erscheinen, was zu einer Verzerrung Beziehung/Partnerschaft (andere Geschlechter wurden des Verständnisses von „spontan“ und „natürlich“ führe nicht in die weitere Analyse einbezogen). Wenngleich (Götz 2019: 28). Götz und Prommer (2020) stellen fest, Beauty ein hervorstechender Schwerpunkt unter YouTu- dass Influencerinnen sich und ihren Körper in den Mittel- berinnen ist, decken sie daneben eine fast ebenso große punkt stellen und dass sich deren Selbstinszenierungen Vielfalt an Themen ab wie YouTuber (vgl. Abbildung 3). in Sozialen Medien – hinsichtlich Körperhaltung, Gestik, Im Themenbereich „Technik MINT“ sind die Unterschie- Blickverhalten, Mimik, Kleidung, Orten sowie Kennzei- de zwischen den Geschlechtern eher gering. Allerdings chen des Gesamtbildes – ähneln. Unterschiedliche Frau- sind Frauen in populären YouTube-Videos erheblich en mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen unterrepräsentiert: Unter den 1.000 Top-Kanälen liegt finden als Influencerinnen sehr ähnliche Formen des der Anteil der weiblichen YouTuber*innen bei knapp Selbstbrandings, die Bandbreite der ästhetischen Selbst- einem Viertel (Prommer et al. 2019: 11). Frauen zeigen präsentation ist gering. Geschaffen wird ein Selbstbild, sich überwiegend im privaten Raum (ihrer Wohnung), das ein fröhliches, erfülltes, unbeschwertes Leben vorgibt während Männer den öffentlichen Raum als Kulisse (Duffy/Wissinger 2017). nutzen (MaLisa Stiftung 2019: 5). Das Phänomen vermeintlich perfekter Influencer*innen Bei Instagram sind zwei Personengruppen für die Analyse in Sozialen Medien erzeugt Druck auf deren Follower*in- von Geschlechterstereotypen interessant: die Nutzer*in- nen, sich selbst zu optimieren und Zeit in die Verbesse- nen sowie die Influencer*innen, denen Nutzer*innen rung und Verbreitung eigener Fotos oder Kurzvideos zu (follower) folgen. Influencer*innen sind eine noch relativ investieren – dies gilt nicht nur für Frauen. Dabei werden junge Form der Vorbilder für Kinder, Jugendliche und nicht nur körperliche Merkmale sowie die Umgebung und Erwachsene; als solche haben sie Einfluss auf die Wahr- der Hintergrund optimiert, sondern auch die gezeigten nehmung und Gestaltung des Lebens ihrer Follower*in- Emotionen: „Frauen stellen sich gerne selbstbewusster, nen. Dabei spielt Selbstoptimierung, insbesondere die des entspannter und klüger dar, Männer hingegen oft cooler eigenen Körpers, eine wichtige Rolle. In Sozialen Medien und lustiger, als sie sich selbst einschätzen würden.“ (Plan und besonders auf Instagram werden geschlechtlich nor- International Deutschland e. V. 2019: 7) mierte Körperbilder (re-)produziert. Etwa die Hälfte der Befragten einer Studie von Plan International gaben an, Studien dazu, wie sich die Nutzung Sozialer Medien auf die Körperzufriedenheit, die Emotionen und die psychi- 52 Ähnliches gilt für Onlinepartnerschaftportale, auch dort scheinen ste- sche Gesundheit von Mädchen und junge Frauen aus- reotype Geschlechterverhältnisse reproduziert zu werden. So zeigen die verwendeten Algorithmen partnersuchenden Frauen eher Män- wirkt, kommen fast durchgängig zu einem insgesamt ner mit höheren Einkommen an, während partnerinnensuchenden negativen Befund: Social-Media-Nutzung lässt Frauen Männern häufiger auch Frauen vorgeschlagen werden, die weniger und Mädchen offenbar kritischer und unzufriedener als sie verdienen – selbst, wenn dies jeweils kein expliziter Wunsch mit ihrem eigenen Körper werden und befördert in der war (Harald Lazardzig, ehemals Chief Technical Officer bei Parship, zitiert nach Dräger/Müller-Eiselt 2019). Folge u. a. depressive Episoden und Essstörungen. So

118 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechterstereotype und Soziale Medien 1

Themenbereiche von YouTube-Hauptakteur*innen nach Geschlecht jeweils prozentuiert auf alle Frauen oder alle Männer, Mehrfachantworten

4% Beauty 30% 11% Food 23% 13% Beziehung/Partnerschaft 23% 20% YouTube (Selbstreferentiell) 23% 21% Sexualität 18% 8% Mode 16% 6% Haushalt/Service 15% 7% Beziehung Familie/Geschwister 14% 22% Musik 14% 16% Arthouse/Kunst 13% 13% Medien 12% Themenbereich Sexualität 7% 8% Technik MINT 10% 7% Bildung/Wissenschaft 6% 6% Sport 10% 6% Freundschaft 6% 3% Politik/Gesellschaft 7% 2% Haustiere 1% 1% Feiertage 2% 2% Körper und Geist 3% 2% Werbung 4% 1% (sex.) Gewalt/Selbstverteidigung 5% 1% Gaming 4% 1% Umwelt 1% 0% Religion 1% 0% Drogen/Medikamente 2% 0%

Mann (n=2,343) Frau (n=979)

Abbildung 3, Quelle: Prommer et al. 2019: 14

119 bestehe ein Zusammenhang zwischen der Darstellung tät, Feminismus, Geschlechtervielfalt, Schönheitsideale des eigenen Körpers in Sozialen Medien und Essstö- und Argumentationen gegen Antifeminismus geht; mit rungen (Götz/Prommer 2020: 60 ff.). Essstörungen sind einem Ansatz der Selbstermächtigung richtet es sich an eine der häufigsten psychosomatischen Erkrankungen junge Menschen. Auf dem Instagram-Account „erklär- von Mädchen und jungen Frauen. Auch unter Jungen mirmal“ werden Begriffe aus den Bereichen Queer und und unter jungen Männern nehmen diese komple- Feminismus, (Anti-)Rassismus, Politik und Gesellschaft xen Krankheitsbilder zu. Die Ursachen sind vielfältig aus (post-)migrantischer und queerer Perspektive erklärt. und haben verschiedene verstärkende und auslösende Zudem nutzen zahlreiche Organisationen und Online- Faktoren. Ein Faktor, der die Krankheit verstärkt, sind magazine, die sich mit Themen wie Feminismus, Viel- Bilder von Weiblichkeit, die extreme Schlankheit und falt, Antirassismus und Homophobie auseinandersetzen anorektische Körper zelebrieren, etwa im Kontext der und Popkultur und politischen Aktivismus verbinden, Pro-Ana-Bewegung. Das Nacheifern von Influencer*in- Soziale Medien als zentrale Kommunikationsinstrumen- nen unter dem Stichwort „Fitspiration“ oder „Thinspira- te; Beispiele hierfür sind www.maedchenmannschaft. tion“ können Essstörungen wie Anorexie, Bulimie oder net, www.missy-magazine.de oder „Pink Stinks“. „Pink Muskelsucht (auch „Adonis-Komplex“ genannt) beför- Stinks“ ist eine Protest- und Bildungsorganisation, die dern (Götz/Prommer 2020: 59 f.). Die gesundheitlichen sich im Netz mit Geschlechterstereotypen auseinander- Auswirkungen geschlechterstereotyper Darstellungen setzt und beispielsweise eine Kampagne von Mädchen werden insofern deutlich, da mit einer massenhaften unterstützt, die die Castingshow „Germany’s Next Top- Nutzung solcher Sozialen Medien das Selbstwertge- model“ und dazugehörige Körpernormen unter den fühl und die Körperzufriedenheit zurückgehen kann. Hashtags #notheidisgirl und #keinbildfürheidi kritisie- Es gibt aber auch (wenige) positive Beispiele von In- ren53. Hashtags wie #bodypositivity #fatpositivity und fluencer*innen, die ihren Follower*innen helfen, eine #nofilter #ohnefilter sind weitere Initiativen, den Kör- etwaige Essstörung zu überwinden – etwa indem sie pernormen in Sozialen Medien etwas entgegenzusetzen. Fotos ohne Filter hochladen (Götz et al. 2019).

1. 2. 4 Ursachen für Geschlechterstereotype in 1. 2. 3 Dekonstruktion von Sozialen Medien Geschlechterstereotypen Eigentlich sollten Soziale Medien den Nutzer*innen Soziale Medien bieten Menschen aber auch einen Raum, ermöglichen, mittels user-generated content persönliche um mit bestehenden Stereotypen zu brechen und sie zu und vielfältige Selbstdarstellungen zu entwerfen und dekonstruieren. Dies gilt beispielsweise für YouTuberin- sich von Stereotypen trennen zu können. Solche Ten- nen, die sich mit MINT-Themen einen Namen machen denzen gibt es durchaus. Wegen der Abhängigkeit von (Papadopoulos 2018). Auch männliche Make-up Artists Klickzahlen und Likes sind Soziale Medien allerdings und LSBTIQ+-Fashion und -Beauty-Influencer*innen weit davon entfernt, ein Ort zu sein, an denen sich von (Homant/Sender 2019; Stanton o.J.) widersprechen, be- der Norm abweichende diverse Stimmen und Identitä- wusst oder unbewusst, Geschlechterstereotypen. Sozia- ten stark ausbreiten würden – zumal im Hintergrund le Medien können einen Zugang zu Communitys und algorithmische Systeme arbeiten, welche die Inhalte Safe Spaces bieten, die Austausch ermöglichen, Zuge- kuratieren und sich der Kontrolle der Nutzer*innen ent- hörigkeitsgefühle sowie positives Feedback vermitteln ziehen (siehe auch die Kapitel B.I.1, B.III.3 sowie B.IV.3).54 und das Selbstwertgefühl steigern können. LSBTIQ+- Jugendliche und (junge) Erwachsene erfahren in So- Der Cyberfeminismus der 1990er Jahre sah im Internet zialen Medien eine geschlechtliche und/oder sexuelle einen zwar umkämpften, aber doch utopischen Ort, der Repräsentation – beispielsweise durch nichtbinäre In- Raum für die Neuaushandlung der Geschlechterver- fluencer*innen –, die sie offline unter Umständen nicht hältnisse bot – jenseits von Stereotypen, Binarität und erfahren (Leventry 2019; Moss 2016). Heteronormativität; in Abgrenzung zu technikfernen feministischen Positionen der 1970er und 1980er Jah- Soziale Medien bieten vielfältigen Personen einen Raum re prägte Haraway den Begriff Cyborg als feministische und die Möglichkeit, sich mit ihren Identitäten und Le- Figuration, die sich in technische Welten einmischen bensentwürfen an öffentlichen Diskursen zu beteiligen. kann und muss (Haraway 1985). Diese Utopie hat sich Einige Internetseiten und Kampagnen in den Sozialen nicht realisiert: Aktuelle Untersuchungen kommen zu Medien zielen dezidiert darauf ab, Geschlechterstereo- type zu dekonstruieren und Menschen verschiedener 53 https://pinkstinks.de/notheidisgirl/ geschlechtlicher und sexueller Identitäten zu emp- 54 Interessanterweise finden sich aus kommerziellen Gründen erste An- owern. Ein Beispiel ist das Portal www.genderdings.de, sätze von Plattformen wie beispielsweise Instagram, die Likes bei Bei- trägen anderer auszublenden. Der Grund ist, dass sie mehr Aufmerk- auf dem es um Themen wie Familienformen, Sexuali- samkeit bekommen als die Werbung (Kawalkowski 2019).

120 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechterstereotype und Soziale Medien 1

dem Ergebnis, dass die digitale Kommunikation von Me- Der Gender-Bias algorithmischer Systeme Sozialer Me- chanismen der Ungleichheit geprägt ist (zum Gender- dien wie YouTube, Instagram, Twitter oder Snapchat sei Bias von Algorithmen siehe Kapitel B.I.1 sowie B.III.3). kaum erforscht (Götz/Prommer 2020: 49); es ist jedoch davon auszugehen, dass die Programmierer*innen al- Männer – bzw. eine bestimmte Art hegemonialer (u. a. gorithmischer Systeme nicht per se frei von u. a. sexis- heterosexueller, weißer) Männlichkeit – sind in Sozialen tischen und rassistischen Einstellungen sind und dass Medien stärker repräsentiert als Frauen, wenngleich sie diese (bewusst oder unbewusst) reproduzieren (sie- neuere Studien eine wachsende Beteiligung junger he Kapitel B.I.1). Ein Beispiel für algorithmenbasierte Frauen feststellen (z. B. Literat/Brough 2019). Warum Diskriminierung in Sozialen Medien betrifft die photo dem so ist, dazu gibt es bislang nur wenige empirisch preview von Twitter: Offenbar werdenweiße Gesichter fundierte Erklärungsansätze. Digitale Gewalt gegen häufiger angezeigt als Gesichter Schwarzer Personen (Ly- Frauen und LSBTIQ+ ist eine mögliche Ursache für die ons 2020). Zu Geschlechterunterschieden in der Reprä- ungleiche Repräsentation; durch Geschlechterstereo- sentation in Sozialen Medien trägt auch das aufwendige type in Sozialen Medien wird sie wiederum verstärkt. Management der eigenen Kanäle bei. Accounts müssen Eine Studie von Plan International stellt einen Zu- regelmäßig mit neuen Inhalten befüllt werden, bei You- sammenhang zwischen der Nutzung Sozialer Medien Tube mehrmals pro Woche, bei Instagram­ mehrmals und Einstellungen zu Geschlechterstereotypen fest pro Tag; hinzu kommt das Communitymanagement, (Plan International Deutschland e.V. 2019: 5 f.). So die Beobachtung und Beantwortung von Kommentaren stimmten der Aussage „Ich finde es nicht besonders (Prommer et al. 2019). Zudem müssen zusätzliche Kanäle schlimm, wenn Frauen für die gleiche Arbeit weniger bespielt werden, um die Videos und Fotos bekannt zu verdienen als Männer“ 17 % der befragten Frauen und machen (Götz/Prommer 2020: 50). Wer sich eine Aus- 29 % der befragten Männer zu, die angaben, Soziale zeit nimmt oder durch Krankheit oder Sorgearbeit dazu Medien nicht täglich zu nutzen. Bei jenen, die sie täg- gezwungen wird, oder wer die Kommentarfunktion lich nutzen, stieg die Zustimmung zu besagter Aussa- ausschaltet, um sich vor Hate Speech zu schützen, wird ge auf 32 % (Frauen) bzw. 52 % (Männer) (ebd.). Die gewissermaßen damit bestraft, dass der Account weniger Mechanismen hinter diesem Zusammenhang müssen besucht und die eigene Arbeit weniger sichtbar werde allerdings genauer untersucht werden. (ebd.). In beiden Fällen betreffen die Beschränkungen Frauen überproportional. Es bestehen große Forschungslücken, was die Ursachen des geschlechterstereotypen Verhaltens in Sozialen Me- Die männlich dominierten Produktionskulturen der dien betrifft. Nach aktuellem Forschungsstand macht klassischen audiovisuellen Medien wie Kino und Fern- die Sachverständigenkommission (in Anlehnung an sehen finden sich in den Sozialen Medien wieder. Dreh- Götz/Prommer 2020: 47) vier Problembereiche aus: Die buchautoren, Regisseure und Produzenten sind in tra- Refinanzierung stereotyper Inhalte und Influencer*in- ditionellen Medien die Norm, was mit einer geringeren nen durch Werbung, diskriminierende Empfehlungsal- Sichtbarkeit von Frauen auch vor der Kamera korreliert. gorithmen, Produktionskulturen und digitale Gewalt. Dies lasse sich auf Soziale Medien übertragen, (ebd.: 51): Männlich produzierter Content ist demnach Standard, Soziale Medien sind kommerziell motiviert und finan- weiblich produzierter Content eher ein sogenanntes zieren sich durch Anzeigen und Werbespots. Influen- Nischenprodukt (ebd.: 52). Deshalb gilt es, Produzen- cer*innen können durch Werbung Geld verdienen, in- tinnen zu fördern und die personelle und inhaltliche dem sie sich von Unternehmen dafür bezahlen lassen, Vielfalt in der Produktionslandschaft zu erhöhen. Die bestimmte Produkte zu bewerben. Mit dem Influen- Nutzer*innen sind vielfältig – ebenso vielfältig müssen cer*innen-Marketing und interaktiven Schaufenstern die Produktionskulturen werden, damit Content produ- etablierten sich neue Formen des Marketings, die stark ziert wird, der die Vielfältigkeit der Nutzer*innen wider- personenzentriert sind; beiläufig wird Produktwerbung spiegelt. Bezüglich einer zentralen Diversitätskategorie gemacht oder werden spezifische Inhalte promotet. Jun- ist tatsächlich mehr Vielfalt feststellbar als etwa beim ge Frauen als Influencerinnen kooperieren dabei am Fernsehen (vgl. Prommer/Linke 2019): Insgesamt haben häufigsten mit Kosmetik- und Modeunternehmen. In im deutschsprachigen YouTube 44 % der Channelbe- anderen Bereichen wie Gaming oder Wissen gibt es für treiber*innen mutmaßlich eine Migrationsgeschichte Frauen und Mädchen geringere Chancen, Geld zu ver- (d. h., dass sie von den Verfasser*innen der Studie nach dienen (Götz/Prommer 2020: 49). Generell gibt es einen ihrem Erscheinungsbild als Personen mit Migrations- Gender Pay Gap zwischen weiblichen und männlichen geschichte oder -erfahrung kategorisiert wurden). Dies Influencer*innen; laut einer internationalen Studie von betrifft Männer häufiger als Frauen. Götz und Prommer Karnaukhova (2020) beträgt er 7 % bei Posts, 27 % bei (2020) schlussfolgern deshalb, dass es YouTube gelingt, Instagram-Stories und sogar 49 %, wenn eine Person Menschen mit vielfältiger Herkunft sichtbarer zu ma- für das Paket „Post/Story“ gebucht wird. chen als anderen audiovisuellen Medien.

121 Ein Thema, das aktuell vermehrt Aufmerksamkeit er- Jungen und junge Männer. Deshalb braucht es positive fährt, ist digitale Gewalt. Hate Speech und (sprach- und vielfältige Beispiele und Vorbilder, was Darstellun- liche) Gewalt gegen Frauen und LSBTIQ+-Personen gen von Geschlecht, Geschlechterrollen, Körpern und bzw. Personen, die als solche gelesen werden, führen Lebensentwürfen angeht. Sie müssen geschützt und dazu, dass Betroffene weniger oder gar nicht mehr in gefördert werden. Sozialen Medien aktiv sind („Silencing“, vgl. Kapitel B.IV.2). Davon sind bereits Mädchen und junge Frauen Ein positives Anschauungsbeispiel, das zur Reflexion von betroffen, ebenso wie Jungen und junge Männer, die Geschlechterrollen anregt und Alternativen vorstellt, hegemonialen Männlichkeitsbildern nicht entsprechen bietet die Website www.meintestgelaende.de. Dieses können oder wollen. „Digitale Gewalt bringt Mädchen „Gendermagazin“ lädt Jugendliche ein, eigene Beiträge zum Schweigen“, so die Kinderrechtsorganisation Plan zu Geschlechterfragen zu produzieren. Ein pädagogisch International, die weltweit Mädchen und junge Frauen geschultes Team betreut die Auseinandersetzung damit, zwischen 15 und 25 Jahren zu ihren Erfahrungen mit die Veröffentlichungen und die Kommentare; zudem digitaler Gewalt in Sozialen Medien befragt hat (Plan werden Events und Workshops angeboten. Die Sach- International Deutschland e. V. 2020: 1) Die meisten verständigenkommission empfiehlt der Bundesregie- betroffenen Mädchen erfahren erstmals im Alter zwi- rung, solche alternativen Räume, Communitys und schen 14 und 16 Jahren digitale Gewalt. Sie werden zur Kampagnen zu fördern, sodass Influencer*innen sich Zielscheibe, „weil sie jung und weiblich sind. Wenn sie inhaltlich frei und unabhängig von Stereotypen enga- zudem mit einer Beeinträchtigung leben, People of Co- gieren können. lour sind oder sich als LSBTIQ+ identifizieren, nehmen die Angriffe oft noch zu“ (ebd.: 2). In Deutschland wur- Produktionskulturen verändern den 70 % der befragten Mädchen bereits online beläs- Die Produktionskulturen Sozialer Medien sind wie die tigt, beschimpft oder bedroht, das sind deutlich mehr Produktionskulturen anderer Medien von Sexismus als im weltweiten Durchschnitt, der bei 58 % liegt. Be- und anderen Diskriminierungen geprägt. Um diese sonders oft fanden Belästigungen auf Instagram (45 %) Kulturen und Strukturen zu verändern, empfiehlt die und Facebook (35 %) statt (ebd.: 5). Um sich selbst zu Sachverständigenkommission, Akteur*innen aus unter- schützen, achten viele Mädchen und jungen Frauen repräsentierten Gruppen gezielt zu fördern, damit sie darauf, ob und wie sie etwas posten. Einige verlassen sich von der werbungtreibenden Industrie unabhängig die Plattformen ganz (ebd.: 2). machen können.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss 1. 3 Handlungsempfehlungen (EWSA) fordert in seiner Stellungnahme zur Gleich- stellungsstrategie die Medien- und Werbebranche zum Stereotype binäre und heteronormative Darstellungen Abbau von Geschlechterstereotypen auf (EWSA 2020). von Menschen in Sozialen Medien sind ein Resultat von Die Sachverständigenkommission schließt sich den Hegemonie und Machtstrukturen; die geschlechtliche Empfehlungen des EWSA an und empfiehlt eine Aus- Vielfalt der Menschen bilden sie nicht ab. weitung der Maßnahmen – wie Verhaltenskodizes und Verfahren zur Gewährleistung der gleichberechtigten Stereotype zu bedienen, bringt mitunter mehr Geld Teilhabe aller Geschlechter in Entscheidungsgremien ein durch höhere Viewing-Zahlen und im Kontext von und in Führungspositionen – auf die digitale Medien- Sponsoring, dadurch werden strukturelle Unterschiede und Werbebranche. Zudem sollten Entscheider*innen weiter verfestigt und ausgebaut. Geeignete Maßnahmen dahingehend geschult werden, dass Vielfalt von Ge- müssen demnach nicht nur auf individueller, sondern schlechterrollen und politisches Engagement attraktiv auch und v. a. auf struktureller Ebene ansetzen. besonders für junge Zielgruppen sind.

Aus dem zusammengefassten Forschungsstand und der Die Sachverständigenkommission fordert die Bundes- Ursachenanalyse ergeben sich die folgenden Handlungs- regierung auf, gemeinsam mit dem BMFSFJ und der empfehlungen, um Stereotypen in Sozialen Medien Staatsministerin für Digitalisierung einen entsprechen- entgegenzuwirken und eine größere Geschlechterge- den Verhaltenskodex zu entwickeln bzw. dessen Ent- rechtigkeit herzustellen. wicklung zu beauftragen; dieser Kodex soll Soziale Medien dazu verpflichten, stereotype Darstellungen Vorbilder und positive Beispiele fördern von Geschlecht zu vermeiden. Es besteht die Gefahr, dass sich Mädchen und junge Frau- en an stereotypen Darstellungen orientieren, ohne die Zudem regt die Sachverständigenkommission an, Stereotypen und Selbsteinschränkungen der vermittel- Werbung oder Kampagnen auszuzeichnen, die mit ten Lebensentwürfe zu hinterfragen. Ähnliches gilt für Geschlechterklischees brechen und vielfältige Darstel-

122 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechterstereotype und Soziale Medien 1

lungen von Menschen voranbringen. Ein gutes Beispiel nierend zu gestalten. Die Kommission empfiehlt der ist hierzu der „Pinke Pudel“ der Initiative „Pink Stinks“55. Bundesregierung, zu prüfen, wie der Einsatz von Emp- fehlungsalgorithmen prinzipiell gekennzeichnet und Medienbildung ausbauen umgesetzt werden kann. Hersteller*innen von Diensten Aufklärung und Schulung zu Medienkompetenz und und Software, die Empfehlungsalgorithmen enthalten öffentlicher Teilhabe, die Reflektion von Geschlechter- (für Scoring, Profiling etc.), müssen mithilfe geeigneter rollen und Body Positivity können Nutzer*innen So- Tests sicherstellen, dass das geschlechterbezogene Dis- zialer Medien ermächtigen, dominante Geschlechter- kriminierungspotenzial minimal ist (vgl. Kapitel B.III.3, stereotype zu überwinden. Algorithmen und Personalauswahl). Testverfahren wie -ergebnisse müssen vor dem Kauf bzw. der Nutzung Da viele Nutzer*innen Sozialer Medien Schüler*innen transparent eingesehen werden können. sind, müssen Schulen, Lehrkräfte und Eltern adressiert werden. Die Sachverständigenkommission empfiehlt, Schutzmechanismen ausbauen bei der Umsetzung der KMK-Strategie Bildung in der digi- Um nachweislich schädigende Darstellungen zu be- talen Welt (KMK 2016) konsequent Bezüge zu Geschlecht schränken und die Vielfalt in den Sozialen Medien zu und weiteren Differenzierungskategorien herzustellen fördern, bedarf es enger rechtlicher Vorgaben für Platt- und das Thema geschlechtsbezogene digitale Gewalt formen und der Überprüfung ihrer Durchsetzung. Ein zu integrieren (vgl. Kapitel B.III.2, Anforderungen an Beispiel wäre die stärkere Regulierung der Pro-Ana-Be- Kompetenzen und Kompetenzerwerb). Cybermobbing, wegung, da deren Social-Media-Inhalte, die u. a. aus inklusive der Unterform des Body-Shamings, sowie Hate Wettbewerben um Gewichtsabnahme und Bilder ab- Speech sollten explizit genannt werden. Wichtig ist gemagerter Körperteile bestehen, nachweislich krank- dabei, die Schüler*innen stärker als aktive Nutzer*in- heitsfördernd sind. nen denn als passive Konsument*innen zu verstehen. Eine weitere wichtige Forderung ist der Ausbau ge- In die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sind schützter öffentlich-rechtlicher virtueller Räume in ebenso digitalisierungsbezogene Kompetenzen zu in- den Sozialen Medien, damit sich Menschen jenseits tegrieren, die das Wissen, die Sensibilisierung und den von Geschlechterstereotypen und in ihrer Vielfalt ar- Umgang mit geschlechtsbezogener digitaler Gewalt be- tikulieren, positionieren und mit Peers austauschen inhalten (zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen können. Dies ist besonders relevant, wenn es um den siehe auch Kapitel B.III.2). Austausch über verschiedenste Diskriminierungs- erfahrungen und Themen wie Sexismus oder Rassis- Zur Unterstützung der Medienkompetenz Jugendlicher mus geht. Deshalb braucht es pädagogisch betreute sind auch deren Eltern/Erziehungsberechtigte in den Blick Räume, die nicht von Hate Speech infiltriert werden zu nehmen. Deren eigene digitale Kompetenzen sind oft und keinen kommerziellen Interessen folgen. Gute begrenzt, die Medienerziehung ihrer Kinder nehmen sie Beispiele hierfür sind öffentlich-rechtliche Angebote als zunehmend komplexe Aufgabe wahr (siehe dazu den wie der YouTube-Kanal „funk“ und das mit Bundes- Neunten Familienbericht: Bundesregierung i. E.). mitteln geförderte Projekt „Mein Testgelände – Das Gendermagazin für Jugendliche“. Solche Projekte Beispiele für Bildungsprojekte liefert etwa das „Netzwerk sollten ausgebaut und für die Arbeit mit Kindern und für Demokratie und Courage“ (NDC), das Schulungen Jugendlichen in Schulen und Jugendeinrichtungen für Jugendliche anbietet56 , ebenso das vom BMFSFJ ge- genutzt werden, um möglichst viele junge Menschen förderte Portal „Gutes Aufwachsen mit Medien“57, das zu erreichen. praktische Hilfen und Materialien für Eltern und päd- agogische Fachkräfte anbietet. Die Sachverständigen- Wie auch der Neunte Familienbericht fordert die Sach- kommission fordert die Stärkung der finanziellen und verständigenkommission, die strukturellen Vorausset- personellen Ausstattung solcher Netzwerke und Portale. zungen für einen verbesserten Jugendmedienschutz zu schaffen, und begrüßt die im Oktober 2020 beschlos- Empfehlungsalgorithmen prüfen und regulieren sene Änderung des Jugendschutzgesetzes, die den ge- Die Sachverständigenkommission erachtet es für drin- setzlichen Kinder- und Jugendmedienschutz auf die gend notwendig, die Empfehlungsalgorithmen Sozialer heutige digitale Medienrealität ausrichten soll. Der Medien weniger geschlechterverzerrend und diskrimi- vom BMFSFJ (2020a) formulierte Anspruch an aus- reichende Sicherungs- und Meldesysteme für Kinder und Jugendliche sollte selbstverständlich auch für 55 https://pinkstinks.de/pinker-pudel/ Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungen 56 www.netzwerk-courage.de/web/2105-1877.html; www.netzwerk- courage.de/web/2105-2155.html im Netz gelten. 57 www.gutes-aufwachsen-mit-medien.de/

123 2. Geschlechtsbezogene digitale 2018 trat in Deutschland das Übereinkommen des Eu- roparats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konven- tion) in Kraft. Sie ist das bisher weitreichendste inter- 2. 1 Ausgangslage national rechtsverbindliche Instrument, um Gewalt gegen Frauen entgegenzutreten – und in Folge hoffent- „Als Bloggerin bekomme ich häufig schlimme Nach- lich auch geschlechtsbezogener digitaler Gewalt. Bei richten – das geht von ‚Oh, du bist dick‘ oder ‚Du bist so der Umsetzung gilt es, alle von geschlechtsbezogener dumm‘ über Schuldzuweisungen, so nach dem Motto, Gewalt betroffenen Gruppen zu stärken, etwa auch ich wäre selbst schuld daran, wenn ich eine Essstörung gewaltbetroffene Jungen und Männer: „Die Verletzbar- hätte, und ich würde damit nur Aufmerksamkeit wollen, keit (Vulnerabilität) von Männern – die Tatsache, dass bis hin zu Morddrohungen und dass ich es verdiene, zu auch Männer Opfer von (sexualisierter) Gewalt werden sterben. Je mehr Anhänger:innen ich hatte, desto größer können – muss anerkannt und enttabuisiert werden.“ wurde auch der Hass.“ (Bundesforum Männer 2020)

Dies schreibt die Bloggerin Luisa Gaffga (@lulusdream­ Die Istanbul-Konvention legt einen weiten Gewaltbe- town) über ihre Erfahrungen mit Hate Speech (Plan griff zugrunde und definiert Gewalt gegen Frauen als, International Deutschland e. V. 2020: 7). „alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftli- „I felt so low from this experience that one day I was chen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen driving home from work, thinking if I were to just können, einschließlich der Androhung solcher Hand- swerve right now, it would all be finished and I wouldn’t lungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheits- have to deal with all this shame anymore. I wouldn’t entziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben“ have to feel anything.“ (Artikel 3 a). Die Konvention enthält keine Definition di- gitaler Gewalt; trotzdem fallen gemäß Bundesregierung Das schreibt Lauren Adams, die Opfer von „Revenge Handlungen wie psychische Gewalt und Nachstellung Porn“58 wurde und die diese traumatische Erfahrung auch dann unter den Geltungsbereich der Konvention, und die damit verbundene Scham in ihrem Blog the- wenn sie mithilfe elektronischer Hilfsmittel und da- matisiert (Amundsen 2019: 131). mit im digitalen Raum erfolgen (Deutscher Bundestag 2018: 3). Diese Sichtweise ist nur folgerichtig, da eine „Ich finde es verstörend und ich finde, das grenzt an grundsätzliche Trennung zwischen digitaler und ana- virtuellen Missbrauch. Es passiert ohne Zustimmung. loger Gewalt zunehmend schwieriger wird: Der „virtu- Du gehst in ein Postfach rein und auf einmal kommt elle“ oder digitale Raum lässt sich nicht (mehr) von dem da so ein Genitalbild.“ „realen“ oder materiellen/physischen Raum trennen, die Übergänge sind fließend; dies lässt sich etwa am Beispiel Dies berichtet die Moderatorin Palina Rojinski in der Sen- der Videoüberwachung einer Wohnung per Handy-App dung „Männerwelten“59 über ihre Erfahrungen mit digitaler illustrieren oder daran, dass sich Freund- und Bekannt- sexueller Belästigung („Cyber Harassment“) in Form unge- schaften in Soziale Medien verlagern. fragt zugesendeter Fotos männlicher Genitalien (sogenannte „Dickpics“). Der häufig verwendete Begriffhäusliche Gewalt indes suggeriert, dass die Gewalthandlungen in den eigenen Diese Beispiele geben einen ersten Eindruck von der vier Wänden, zumindest jedoch in „realen“ Räumen enormen Bandbreite sexualisierter und geschlechts- geschähen. Die Istanbul-Konvention berücksichtigt in bezogener digitaler Gewalt. Gewalt im digitalen Raum ihrer Definition häuslicher Gewalt bereits, dass diese (Internet) bzw. mittels digitaler Technik schränkt Ver- unabhängig davon sei, „ob der Täter beziehungswei- wirklichungschancen insbesondere für Frauen mas- se die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat siv ein: im privaten Leben, im Erwerbsleben und auch oder hatte“ (Artikel 3 b). Die Ausweitung in den digi- hinsichtlich der Teilhabe an demokratischer Willens- talen Raum wird jedoch nicht erfasst (Frey 2020: 40), bildung (Frey 2020: 1) und -äußerung. obwohl die Eigenschaften digitaler Kommunikation (wie Speicherung, Synchronizität, Replizierbarkeit und Mobilität) den Täter*innen ermöglichen, ihre Opfer unabhängig von ihrem Standort zu erreichen 58 Revenge Porn heißt, dass intime Bilder oder Videos ohne die Zustim- (Dragiewicz 2018: 611). mung der auf den Bildern zu sehenden Person(en) über das Internet verbreitet werden (EIGE 2017: 3). Digitale Gewalt ist kein von analoger Gewalt losgelöstes 59 ProSieben, 13.05.2020, nachzusehen auf www.youtube.com/ watch?v=uc0P2k7zIb4 Phänomen, vielmehr stellt sie eine Fortsetzung oder Er-

124 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2

gänzung von Gewaltverhältnissen und -dynamiken dar von Plattformen, die sich auf pornografische Inhalte (Hartmann 2017: 2). Da viele Formen bzw. Instrumente, spezialisieren, wenig Interesse daran haben, die Grund- mit denen geschlechtsbezogene Gewalt ausgeübt wird, rechte von Menschen und spezifisch von Frauen, trans erst mit der Digitalisierung möglich wurden, kann von Personen und Kindern zu schützen. Denjenigen, die einer neuen Qualität der Gewalt gesprochen werden. Zu entsprechende Seiten moderieren, wird vermittelt: im den Besonderheiten digitaler Gewalt, die es bei deren Zweifel lieber nicht löschen. Aber auch Firmen, die an- Bekämpfung zu berücksichtigen gilt, gehört: Raum- dere Social-Media-Plattformen betreiben, befinden sich und Zeitbarrieren werden durchbrochen; Anonymität in einem wirtschaftlichen Zielkonflikt: Nicht nur ist das und Identitätsdiebstahl erschweren die Verfolgung von manuelle Filtern von Kommentaren und Inhalten per- Übergriffen; Internationalität und Verschleierungsmög- sonalintensiv, auch führen Provokationen in Posts zu lichkeiten fordern die Regulierung und Rechtsverfol- höheren Klickzahlen, was wiederum Werbegeld bringt. gung heraus; Daten sind langlebig („Das Netz vergisst Anreize für die betreibenden Firmen, einzugreifen, feh- nichts“), leicht replizierbar und (kommerziell) schnell len; denn die Nutzer*innen der Plattformen sind ihrer- verbreitbar (Frey 2020: 6 f.). seits nicht zahlende Kund*innen, sondern lediglich die Zielgruppe für die Werbeindustrie. Um geschlechtsbezogene digitale Gewalt zu verstehen, müssen Geschlecht und andere soziale Unterschiede Digitale Technik kann auch eingesetzt werden, um vor in ihren Verwobenheiten und Wechselwirkungen (in- Gewalt zu schützen; das sollte nicht aus dem Blick ge- tersektional) analysiert werden (vgl. Bundesregierung raten. In Dänemark wird die App „NO STALK“ angebo- 2017: 77). Die soziale Gruppe der Frauen ist vielfältig, ten, mit der sich u. a. Stalking-Aktivitäten unmittelbar und in ihr wirken verschiedenste Machtachsen. So er- dokumentieren lassen. Ziel der App ist es, die Opfer von leben „[b]etroffene Frauen* mit Migrations- und Flucht- Cyberstalking „von einer passiven in [eine] aktive Rolle geschichte […] Cybergewalt auch durch rassistische zu bringen“ (Beobachtungsstelle für gesellschaftspoliti- und sexistische Zuschreibungen und Beleidigungen“ sche Entwicklungen in Europa 2019: 7). In der Schweiz (DaMigra 2019). Menschen mit nicht binären, wech- gibt es ein Projekt60, das einen Algorithmus namens „Bot selnden oder queeren Geschlechtsidentitäten erfahren Dog“ nutzt, um Hate Speech auf Zeitungsplattformen eine spezifische Feindlichkeit innerhalb wie außerhalb und in Social Media aufzuspüren; dabei bewertet eine des Netzes, insbesondere, wenn sie sich sichtbar für ihre Community verbale Gewalt und reagiert darauf mit Anliegen einsetzen. gezielter Gegenrede. Zudem eröffnet das Internet zahl- reiche Möglichkeiten, sich zu vernetzen und gemein- Auch Männer sind von geschlechtsbezogener Gewalt sam gegen Hass im Netz vorzugehen (vgl. Hentschel/ betroffen, wenn sie den Männlichkeitsvorstellungen be- Schmidt 2014). Ein Beispiel ist die weltweite Debatte stimmter Akteur*innen nicht entsprechen (vgl. BMFSFJ über Sexismus, die sich 2017 unter dem Hashtag #MeToo 2020b) – oder wenn sie sich emanzipativ oder (pro-)femi- entwickelte und die sexualisierte Gewalt gegen Frauen nistisch äußern (Frey 2020: 5). Gewalt gegen und unter offenlegt (Hildebrandt/Lebert 2020). Jungen und Männern wird häufig über geschlechtsbe- zogene Diffamierungen ausgeübt: Gewählt werden Be- schimpfungen, welche die Männlichkeit der Angegrif- 2. 2 Analyse fenen infrage stellen (entsprechend dem traditionellen Muster: heterosexuell, stark, kampfbereit, sexuell aktiv, Geschlechtsbezogene digitale Gewalt kommt in allen dominante Selbstdarstellung). Damit wird eine Norm gesellschaftlichen Bereichen vor. In Anlehnung an die von Männlichkeit, die ausgrenzt, abwertet und letzt- analytische Trennung von Regina Frey (2020: 12) wer- lich auch Gewalt als Mittel nicht ablehnt, allen sich den im Folgenden vier Bereiche unterschieden, die als männlich Verstehenden immer wieder vorgeführt sich überlagern und verstärken können: Politik und und somit weitergetragen. Dieser Trend wird durch Ehrenamt; Erwerbsarbeit und Öffentlichkeit; sozialer das Digitale verstärkt, wenn etwa in Sozialen Medien Nahraum; öffentlicher Raum. Die Bereiche sind durch heteronormative Darstellungen von Geschlecht be- verschiedene Formen digitaler Gewalt gekennzeichnet. vorzugt werden. So werden beispielsweise Videos, die Der öffentliche Raum wurde als vierter Bereich ergänzt, Schlagworte wie »lesbian« oder »gay« besitzen, vom um die Besonderheiten der Verknüpfung von Übergrif- Youtube-Werbenetzwerk nicht als werbewürdig ein- fen auf Frauen und queere Menschen im öffentlichen gestuft, sie dürfen keine Werbung schalten (Alexander Raum und digitaler Gewalt näher zu beleuchten. 2019). Diese Mechanismen verringern die Diversität und verfestigen Stereotype.

Eine aktuelle Undercoverreportage des VICE-Magazins (Meineck/Alfering 2020) belegt, dass die Betreibenden 60 https://stophatespeech.ch

125 2. 2. 1 Politik und Ehrenamt nen um Geschlechterverhältnisse sind von einer beson- deren Enthemmtheit geprägt (Ganz/Meßmer 2015: 60). Die Bedeutung des Internets für die Meinungsbildung Hassrede wird oft kampagnenhaft organisiert und gezielt steigt stetig und liegt dem Medienvielfaltsmonitor 2019- eingesetzt, um „Meinungen aus dem öffentlichen Raum II zufolge mit 29,8 % nur noch rund 2 % hinter dem und Diskurs zurück(zu)drängen“ („Silencing“) (Illgner Fernsehen (die medienanstalten 2020: 28). Bei jungen 2018: 264). Gerade Akteur*innen des antirassistischen Nutzer*innen zwischen 14 und 29 Jahren liege das po- und (queer-)feministischen Onlineaktivismus sollen tenzielle Meinungsbildungsgewicht mittlerweile bei damit aus dem politischen Diskurs gedrängt werden 59,5 % und sei damit doppelt so hoch wie im Bevölke- (ebd.: 254 f). Gerechtfertigt wird dieses Vorgehen häu- rungsdurchschnitt (ebd.: 32). Insbesondere die Sozialen fig mit dem Verweis auf Meinungsfreiheit bzw. eine Medien (siehe Kapitel B.IV.1) erweitern das Diskursfeld (vermeintlich) offene Debattenkultur im Netz (Frey der politischen Auseinandersetzung. Plattformen wie 2020: 14). Facebook und YouTube oder der Kurznachrichtendienst Twitter bieten die Möglichkeit, sich öffentlich zu äu- Hasskampagnen richten sich auch gegen Akteur*innen, ßern, mit Gleichgesinnten zu vernetzen und politisch die sich nicht oder wenig im Netz bewegen. Das können zu agieren. Der digitale Raum ist zu einer essenziellen beispielsweise Frauen- und Gleichstellungsbeauftrag- Voraussetzung für Meinungsfreiheit und demokratische te (vgl. BAG 2018), Geschlechterforscher*innen (vgl. Teilhabe geworden (djb 2019a: 2). Auch für gleichstel- Hark/Villa 2015) oder Lehrkräfte aus den Fachbereichen lungspolitisches und (queer-)feministisches Engagement Sprachwissenschaften (vgl. Illgner 2018: 263) oder Se- bietet das Internet neue Möglichkeiten zur regionalen xualpädagogik sein. Auch Politikerinnen sind, im Ver- und transnationalen Meinungsbildung, Vernetzung gleich zu Politikern, besonderem Hass bzw. sexistischen und Einflussnahme (Hentschel/Schmidt 2014: 85 f.). Ausdrucksformen von Hasssprache ausgesetzt, selbst wenn sie sich nicht geschlechterpolitisch positionieren Gleichzeitig erfahren gerade Frauen im Internet digita- (Frey 2020: 15). Laut einer Umfrage des ARD-Magazins le Gewalt: „Wo Frauen sich im Netz öffentlich oder gar „Report München“ unter weiblichen Bundestagsabge- politisch äußern, riskieren sie sexistische Anmache, ordneten wurden quer durch alle Fraktionen vier von pornografische Pöbeleien, die Androhung von Vergewal- fünf Parlamentarierinnen bereits Opfer von Hassrede, tigungen bis hin zu Morddrohungen“, stellt der Deut- mehr als die Hälfte von ihnen erhielt sexistische Kom- sche Juristinnenbund (djb 2019a: 1 f.) fest. Ein aktuelles mentare (Lang 2019). Beispiel sind rechtsextremistische Beleidigungen und Morddrohungen, die im Sommer 2020 mehrere Poli- Digitale Gewalt beschneidet die Verwirklichungschan- tikerinnen und andere prominente Frauen per E-Mail cen von Frauen, was ihre demokratischen Teilhabemög- erhielten; unterschrieben waren sie mit „NSU 2.0“. Die lichkeiten betrifft. Der Deutsche Juristinnenbund stellt Politikerin Anne Helm, selbst Opfer solcher Drohmails, fest: „Tatsächlich ziehen sich viele Frauen zurück und sagte im Interview: „Eigentlich ist dieser Fall der erste, verlieren damit die Möglichkeit, am digitalen öffentli- bei dem nun speziell über den antifeministischen und chen Diskurs zu partizipieren und ihn mitzugestalten.“ frauenhassenden Aspekt der Drohungen gesprochen (djb 2019a: 1) wird. Das liegt einfach durch die Auswahl der Opfer auf der Hand, auch die Sprache ist extrem frauenver- Um Verwirklichungschancen im Bereich der digitalen achtend aufgeladen.“ (Bauer 2020) politischen Teilhabe unabhängig vom Geschlecht zu verbessern, ist u. a. eine Überarbeitung des Gesetzes zur Hassrede ist eine besonders verbreitete Form digitaler Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netz- Gewalt. Gemeint ist damit eine Sprache, „die eine Per- werken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) not- son auf der Grundlage ihrer Identität (Geschlecht) oder wendig; zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung plante anderer Merkmale (beispielsweise sexuelle Orientie- die Gesetzgebung zwei Novellierungen des NetzDG. rung oder Behinderung) verunglimpft, beschimpft, -be droht oder ins Visier nimmt“ (Cybercrime Convention Erstens: Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur bes- Committee des Europarats, T-CY 2018: 7; EIGE 2017: 2). seren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Häufiger als Männer erhalten Frauen Kommentare, die Hasskriminalität wurden im Sommer 2020 durch Bun- nicht ihre Meinung, sondern sie als Person angreifen destag und Bundesrat erste Schritte zum Schutz vor ge- (Nadim/Fladmoe 2019: 11). schlechtsbezogener digitaler Gewalt getan; neben der Drohung mit Gewalttaten wurde auch das Drohen mit Neben Einzelpersonen, gegen die sich der misogyne sexuellen Übergriffen unter Strafe gestellt. Zukünftig Hass richtet, werden oft auch Gleichberechtigung und sollen Soziale Medien Vergewaltigungsdrohungen eben- gleiche Verwirklichungschancen der Geschlechter als so wie Morddrohungen und Volksverhetzungen aktiv politische Ziele angegriffen und diskreditiert. Diskussio- den Behörden melden müssen. Diese Neuerungen sind

126 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2

zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung noch nicht in Nutzer*innenkreise zu veröffentlichen, keine Festle- Kraft getreten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte gung auf die in der Gesetzesbegründung gewünschte mit seinem Urteil vom 27.05.2020 verschiedene Gesetze, geschlechtsspezifische Aufschlüsselung. Zudem birgt welche die manuelle Bestandsdatenauskunft regeln, für diese allgemeine Aufforderung Diskriminierungspo- verfassungswidrig. Dies trifft auch auf das Gesetz zur tenzial, da sie die Wahl der Kriterien, nach denen die besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Netzwerke Daten aufschlüsseln, ihnen überlässt (vgl. Hasskriminalität zu; daher setzte der Bundespräsident djb 2020). Dies hängt auch damit zusammen, dass viele das Ausfertigungsverfahren aus, um die Verabschiedung soziale Netzwerke und Plattformen der Ansicht sind, eines Änderungsgesetzes abzuwarten, mit dem die ent- sie allein wären über die Rohdaten und Metadaten der sprechenden Regelungen korrigiert werden sollen (vgl. Kommunikation verfügungsberechtigt. Da diese Inter- Deutscher Bundestag 2020a). mediäre die Daten häufig auch nutzen, um ökonomische Ziele zu verwirklichen, haben sie kein Interesse daran, Zweitens: Ein weiterer Gesetzentwurf befindet sich zum die Daten weiterzugeben oder für Forschungszwecke Zeitpunkt der Gutachtenerstellung im parlamentari- Transparenz zu gewährleisten. schen Verfahren. Der Gesetzentwurf zur Änderung des NetzDG (Deutscher Bundestag 2020b) hat das Potenzial, Das Themenfeld der digitalen Gewalt im Internet ist in- Hate Speech und geschlechtsbezogene digitale Gewalt tensiv zu begleiten und zu beobachten, da sich wesent- zu bekämpfen. Mit diesem Gesetzentwurf sollen bei liche Teile des öffentlichen Diskurses in diesen Raum Anhaltspunkten zu entsprechender Hasskriminalität verlagert haben und zugleich jetzt schon feststeht, dass frauenfeindliche oder sexistische Motive zukünftig in der Gesellschaft keine gleichen Verwirklichungschan- besser erfasst werden. cen für eine Teilhabe an diesen Diskursen bestehen.

Mit diesen beiden geplanten Novellen des NetzDG blei- ben jedoch das bestehende Äußerungsrecht und auch 2. 2. 2 Erwerbsarbeit und Öffentlichkeit der gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmen hin- ter ihren Möglichkeiten zurück, Menschen unabhängig Auch im Bereich des Erwerbslebens verändert sich ge- vom Geschlecht bessere Verwirklichungschancen im schlechtsbezogene Gewalt mit der Entwicklung digi- Bereich der politischen Teilhabe zu ermöglichen und taler Arbeits- und Kommunikationsmittel und tritt in sie vor digitalisierter Gewalt zu schützen. Der Evaluie- neuen Formen auf. So zeigt eine Studie im Auftrag der rungsbericht zum NetzDG bezieht geschlechtsbezogene Antidiskriminierungsstelle des Bundes, dass sexuelle Belange zwar grundsätzlich ein, ohne sie aber in beson- Belästigung am Arbeitsplatz heute auch in Form von derer Weise zu untersuchen (BMJV 2020). Cyberbelästigung („Cyberharrassment“) über das Inter- net geschieht. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass E-Mails oder Messenger-Nachrichten mit sexualisierten viele Äußerungsformen der digitalisierten Kommuni- oder pornografischen Inhalten (Schröttle et al. 2019: 96). kation plattformgebunden sind und häufig anonym Cyberbelästigung ist eine besonders umfassende Form oder pseudonym erfolgen. Angriffe im digitalen Raum digitaler Gewalt; wiederholte Angriffe stellen für die Be- werden unter dem Schutzmantel der Anonymität er- troffenen eine starke psychische Belastung dar, und oft leichtert; andererseits ermöglicht der Schutzmantel geht Cyberbelästigung mit der Angst vor körperlichen der Anonymität oft erst Verwirklichungschancen un- Übergriffen einher (T-CY 2018: 6). abhängig vom Geschlecht. Formen der Identifizierung von Nutzer*innen zu Ermittlungszwecken dürfen nicht Nicht wenige Menschen, die das Internet beruflich oder dazu führen, dass der Schutz durch Anonymität und kommerziell nutzen, sind – ähnlich wie im Bereich Pseudoanonymität gänzlich entfällt. Die häufig aus me- Politik und Ehrenamt – dem Risiko von Entwürdigung, dienrechtlichen Kreisen geforderte Klarnamenpflicht Belästigung und Gewalt durch Hasskommentare und für jegliche Äußerung im Internet löst die bestehenden gezielte Hasskampagnen ausgesetzt. Rufschädigende Probleme daher nicht. Äußerungen, Bewertungen und Rechtsverletzungen wirken sich auf Betroffene negativ aus, auch weil sie Forschungsdaten über frauenfeindliche und sexistische im Netz oft fortbestehen und so zu einem Teil des di- Motive und entsprechende Tatstrukturen, aus denen ge- gitalen Profils einer Person werden (Bundesregierung folgert werden könnte, wie sich Hasskriminalität besser 2017: 218). Von Hassrede sind besonders Menschen bekämpfen ließe, fehlen. Der oben erwähnte Gesetzent- betroffen, die sich in ihrem Beruf öffentlich exponie- wurf zur Änderung des NetzDG gibt hinsichtlich der ren und eine breite Rezeption im Netz erfahren, wie gruppenspezifischen Aufschlüsselung zu wenig vor. So Influencer*innen, Moderator*innen, Künstler*innen enthält die allgemeine Aufforderung an die Netzwerke, (Frey 2020: 14) und Journalist*innen (Bundesregierung Erkenntnisse zu spezifischer Betroffenheit bestimmter 2017: 218). Weibliche YouTuber*innen erhalten im

127 Vergleich zu männlichen mehr negative Videokom- raum die Täter*innen meist aus dem sozialen Umfeld mentare (inklusive sexistischer, rassistischer und se- und haben oder hatten zum Opfer eine enge soziale xuell aggressiver Hassrede) (Döring/Mohseni 2020). Bindung (Frey 2020: 18). Oft handelt es sich um Ex- Ähnliches ist bei Onlineauftritten klassischer Medien partner*innen, Familienmitglieder oder „Freunde“. zu beobachten, wie der britische Guardian in einer Ar- Diese Form der Gewalt ist ein massiver Eingriff in tikelserie zur Sichtbarmachung und Bekämpfung von die psychische und körperliche Integrität der Opfer online harassment empirisch zeigte: Obwohl die Mehr- und stellt ihre Chancen, ein selbstbestimmtes Leben heit der Autor*innen Männer sind, werden die meisten zu verwirklichen, grundsätzlich infrage. Frauen mit hasserfüllten und menschenverachtenden Kommen- unsicherem Aufenthaltsstatus sowie Frauen mit Lern- tare unter von Frauen verfassten Artikeln gepostet; schwierigkeiten sind in Bezug auf digitale Gewalt unabhängig davon, wovon die Artikel handeln; auch besonders vulnerabel (Hartmann 2017: 6); Frauen in ist ein rassistischer Effekt zu beobachten (Gardiner et finanziell prekären Lebenslagen haben eingeschränkte al. 2016). Frauen, die sich als professionell agierende Möglichkeiten, auf digitale Gewalt zu reagieren, da Personen an eine breite Öffentlichkeit wenden, werden sie beispielsweise nicht ohne Weiteres auf neue Ge- zur Zielscheibe, weil sie als Frauen in männerdominier- räte oder einen neuen Vertrag mit einem*einer ande- te Bereiche vordringen. Prominentes Beispiel ist der ren Anbieter*in ausweichen können (Frey 2020: 20). Shitstorm gegen die Moderatorin Claudia Neumann, die als erste Frau bei der Fußballeuropameisterschaft Digitale und analoge Gewalt sind gerade im sozialen 2016 Spiele kommentierte (Dirr 2016). Nahraum eng verwoben. So berichtet der Bundesver- band für Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe Geschlechtsbezogene digitale Gewalt wirkt im Berufs- (bff), dass Betroffene, die bei Stalking, sexualisierter leben als Platzanweisung und als Mittel zur Stabilisie- und häuslicher Gewalt Beratung in Anspruch nehmen, rung tradierter Geschlechterrollen (Frey 2020: 18). Damit häufig auch von Formen digitaler Gewalt betroffen sei- bringt sie neben den seelischen und psychischen Folgen en (Hartmann 2017: 9). Diese enge Verknüpfung wird auch wirtschaftliche Einbußen für die Betroffenen mit im Folgenden an den Beispielen Stalkerware und Smart sich. Diese können erheblich sein, wenn beispielsweise Home näher betrachtet. Zudem wird auf Gewalt im Ga- Auszeiten, Berufs- oder sogar Identitätswechsel notwen- ming eingegangen. dig werden (djb 2019a: 1). Allein die Bedrohung durch potenzielle digitale Gewalt erschwert die Ausübung Stalkerware eines Berufs und schreckt vor der Verwirklichung von Geschäftsideen ab. So ist für Soloselbstständige die der- Kontrolle und Überwachung von (Ex-)Partner*innen zeitige Regelung der Impressumspflicht problematisch, mittels Software scheinen in den letzten Jahren stark wenn sie mit der zustellfähigen Adresse auch ihre Pri- zugenommen zu haben (ebd.). Valide Daten gibt es zu vatanschrift offenbaren müssen, was häufig der Fall ist. diesem Phänomen jenoch nicht. Das Thema Cyberstal- Die ökonomischen Folgen digitaler Gewalt im Erwerbs- king wird hier exemplarisch anhand des Themas Stal- leben wirken sich demnach massiv auf die Verwirkli- kerware behandelt; das sind Apps und Software, mit chungschancen aus, denn diese werden in besonderer denen Dritte heimlich beobachtet und nachverfolgt Weise durch den Grad der wirtschaftlichen Unabhän- werden können (Freed et al. 2018). Die Nutzung von gigkeit bestimmt. Stalkerware ist folglich in Abgrenzung zu einem legi- timen Einsatz von Monitoringsoftware zu verstehen. Das Phänomen Cyberstalking als Ganzes umfasst darü- 2. 2. 3 Sozialer Nahraum ber hinaus: permanente Kontaktaufnahme über E-Mail und Textmessages; die Überwachung und Verfolgung Im sozialen Nahraum wird digitale Gewalt v. a. aus- in Sozialen Medien; heimlich installierte Kameras oder geübt, um sich Menschen – meist Frauen – verfügbar Ortungswanzen in Autos; die Veröffentlichung privater zu machen und sie zu kontrollieren. Dies geschieht oder falscher Informationen anderer (Identitätsdiebstahl, beispielsweise mittels unerwünschter Kontaktauf- Fakeaccounts, Doxing, Revenge-Porn) (vgl. Woodlock nahme über E-Mail oder Messenger, in Form von 2017: 591 ff.; Freed et al. 2018). Überwachung durch Spy-Apps oder mithilfe Sozialer Medien, durch die Androhung, persönliche Daten Stalkerware kann sich auf diversen internetfähigen Ge- oder Bilder zu veröffentlichen („Doxing“, „Revenge- räten — vom Smartphone über den Computer hin bis Porn“), sowie in Form von Identitätsdiebstahl und zu mobilen Medienabspielgeräten — befinden. Mit Stal- Fakeprofilen (Hartmann 2017: 4 f.). Während in den kerware-Apps lassen sich nicht nur Bewegungsprofile Bereichen Politik und Ehrenamt sowie Erwerbsarbeit erstellen, es können auch Messenger-Nachrichten, Tele- und Öffentlichkeit Übergriffe meist durch unbekann- fonate, Browserverläufe und Passwörter mitgeschnitten te Täter*innen erfolgen, stammen im sozialen Nah- werden (Peteranderl 2019).

128 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2

Deutschland liegt im internationalen Vergleich auf Platz Um Stalkerware zu bekämpfen, gründete sich 2019 der fünf derjenigen Länder, in denen Nutzer*innen 2019 internationale Zusammenschluss „Coalition Against sogenannte Stalkerware auf ihren Geräten entdeckten Stalkerware“, zu dem IT-Unternehmen, Wissenschaft- (Coalition Against Stalkerware/Kaspersky 2019: 8) – ler*innen und Opferschutzorganisationen gehören, diese Zahl ist innerhalb eines Jahres um 35 % gestiegen unter ihnen der bff. Das Bündnis richtete eine Website (ebd.: 5). Auch dem bff zufolge spielt diese Form digita- zur Sensibilisierung und Unterstützung für Betroffene62 ler Kontrolle mittlerweile eine große Rolle im Kontext ein, formulierte einen Vorschlag für eine branchenwei- von Beziehungsgewalt: „Das häufigste Problem ist, dass te Definition für Stalkerware, förderte Forschung über Frauen, die von häuslicher Gewalt oder Stalking betroffen die Verbreitung von Stalkerware und überzeugte erste sind, jetzt auch davon ausgehen müssen, dass sich auf ihrem Anbieter*innen von Antivirusprogrammen davon, Stal- Smartphone Spyware befindet“, so eine Beratungsstelle im kerware als schädliche oder unerwünschte Programme Rahmen einer Umfrage des bff (Hartmann 2017: 8). Es zu erkennen und zu melden (Galperin 2020). Erschwert besteht die berechtigte Sorge gewaltbetroffener Frauen, wird die Bekämpfung dadurch, dass sich Monitoring- „durch eine Ortung aufgefunden zu werden oder weiter- software – deren Einsatz gewünscht sein kann, etwa hin durch Kameras im Spielzeug der Kinder überwacht für Demenzerkrankte oder für Schüler*innen auf dem zu werden“ (Hecht 2020: 128). Am Beispiel Stalkerware Heimweg – technisch nicht von Stalkerware unterschei- zeigt sich, wie Gewalt durch Technik dynamisiert wird: det. Ein generelles Verbot von Software mit entsprechen- „Eine Spy-App zu installieren, erfordert etwas Vorrecherche den Monitoringfähigkeiten ist daher nicht zielführend. und etwa 15 Min. zur Installation. Man muss nicht viel Zeit investieren und etwas Geld. Aber man muss nicht den ganzen Smart Home Tag vor der Tür einer Frau stehen. Die Gelegenheit wird ver- einfacht und wird dann auch mehr genutzt“, so ein*e Mit- Mit der Verbreitung der Smart-Home-Technik wächst arbeiter*in eines Anti-Stalking-Projektes (Frey 2020: 19). durch die Vernetzung im Privathaushalt die Möglichkeit, jene für digitale Gewalt zu missbrauchen (Frey 2020: 19). Digitale Technologie ermöglicht Täter*innen eine Om- Für private Haushalte werden immer mehr technische nipräsenz bei gleichzeitig erschwerter Verfolgbarkeit, Geräte angeboten, die sich per App oder Sprachsteue- was zuvor so nicht möglich war (Woodlock 2017: 392). rung regeln lassen. Anbieter*innen bewerben solche Täter*innen können entsprechende Technologien für hy- Smart-Home-Lösungen damit, dass diese das Zuhause bride Formen digitalen/physischen Stalkings nutzen. So komfortabler, sicherer und effizienter machten. können Cyberstalker*innen Geodaten dafür nutzen, ihre Opfer wissen zu lassen, dass sie stets über ihren Aufent- Smart-Home-Geräte sind typischerweise über einen haltsort informiert sind, sie können aber auch jederzeit WLAN-Router im Haus vernetzt; darüber beziehen sie persönlich am Aufenthaltsort ihres Opfers erscheinen gleichzeitig Informationen aus dem Internet. „Voraus- (Dragiewicz et al. 2018: 611). Frauen sind insbesondere setzung für diese Anwendungen ist also nicht nur die in Trennungssituationen gefährdet, geschlechtsbezo- Vernetzung der Geräte des Privathaushaltes unterein- gene Gewalt zu erfahren. Für Opfer häuslicher Gewalt ander […], sondern auch die Vernetzung mit den Her- macht es der Einsatz von Stalkerware schwieriger, sich stellerunternehmen, sonstigen Serverdiensten und den von ihren Partner*innen zu trennen; die Deinstallation Smartphones anwesender oder abwesender Haushalts- der Software mag scheinbar eine einfache Lösung sein, mitglieder, also eine Anbindung nach außen.“ (Stelkens um die Überwachung zu beenden – genau dies jedoch 2019: 3) Auch wenn es eine Trennung zwischen Internet könnte die Täter*innen alarmieren (Woodlock 2017: 593). (nach außen) und Intranet (nach innen) gibt oder mo- derne Router diese Trennung automatisch vornehmen, Stalkerware stellt auch Schutzeinrichtungen für gewalt- wird im Bereich Smart Home damit geworben, dass sich betroffene Frauen vor neue Herausforderungen. Schutz- Sensoren und Aktoren von außen durch eine App steu- suchende Frauen können mittels Stalkerware lokalisiert ern lassen, etwa damit die Heizung bereits angeschaltet werden, was sowohl die Betroffenen als auch die Mitarbei- werden kann, wenn sich eine Familie auf dem Rückweg ter*innen von Schutzeinrichtungen wie Frauenhäusern aus einem Urlaub befindet. Die Verbindung Intranet/ gefährdet (Frey 2020: 20). Selbst das Grundprinzip, die Ad- Internet ist also bequem, daher wird sie aktiviert. ressen von Frauenhäusern geheim zu halten, steht durch diese Entwicklung infrage. Derzeit werden im Rahmen Solche von außen zugänglichen Geräte und Sensoren des Projektes „Schutz vor digitaler Gewalt unter Einbezie- können zur Kontrolle und Überwachung, aber auch hung der Datensicherheit im Frauenhaus“ (August 2019 zur Belästigung genutzt werden (Pütz 2018). Plötzlich bis Mai 2022)61 des Frauenhauskoordinierung e. V. Schutz- geht nachts das Licht an, die Heizung läuft im Sommer konzepte entwickelt und an Modellstandorten erprobt. auf Hochtouren oder der*die Expartner*in schickt per

61 www.frauenhauskoordinierung.de/arbeitsfelder/digitale-gewalt/ 62 http://stopstalkerware.org/

129 SMS einen Kommentar zum Outfit, welches das Op- Typische Social-Media-Mechanismen befeuerten die fer in den eigenen vier Wänden trägt. Die Invasion in Bewegung: Wer Hass sät, wird Klicks ernten. Sowohl die Privatsphäre und die Fremdsteuerung essenzieller die Autor*innen (in der Regel männlich) als auch die Funktionen im ureigenen Schutzbereich führen zur Firmenchef*innen (in der Regel männlich) haben ein In- Wahrnehmung einer erheblichen Bedrohung und des teresse an medialer Aufmerksamkeit; dieser sogenannte Ausgeliefertseins. „Wenn jemand erzählt, dass bei ihm Outrage Bias der Sozialen Medien liefert den Plattformen unfreiwillig die Musik angestellt wurde, klingt das die Aufmerksamkeit, die sie für die Vermarktung der nicht sonderlich furchteinflößend. Aber diese Form Werbeplätze brauchen. Alle Beteiligten nehmen dafür des Missbrauchs kann extrem traumatisierend sein“, so digitale Gewalt billigend in Kauf. Erika Olsen vom „Nationalen Netzwerk zur Beendigung häuslicher Gewalt“ (USA) (Gruber 2019). Fünf Jahre nach „Gamergate“ stellen verschiedene Quel- len fest, dass die sexistische und rassistische Hasskultur, Für diejenigen, die keinen Zugriff auf die Steuerung des die sich darin zeigte, keineswegs auf die Spieleszene Smart Homes haben oder denen die dafür notwendigen begrenzt ist (Der Standard 2019; Warzel 2019). Auch Kompetenzen fehlen, können sich die praktischen Funk- in anderen Internetforen und -communitys befördern tionen entsprechender Geräte also als Falle erweisen. deren Design, deren Algorithmen und deren Plattform- Opfer dieser Form digitaler Gewalt sind meist Frauen, Governance toxisches Verhalten (Massanari 2017). denn als Folge bestehender Geschlechterstereotype muss von einem ungleichen Zugang zu den Technolo- Für die Spielebranche und den E-Sport (elektronischen gien rund um das Smart Home ausgegangen werden: Sport) mehren sich Veröffentlichungen, die von sexuel- „Männern wird dabei die Verantwortung für die Funk- ler Belästigung, Übergriffen und einer problematischen tionstüchtigkeit zugeschrieben, die einen steuernden Umgangskultur, die insbesondere Frauen treffen, be- Eingriff verlangt, Frauen bedienen technische Geräte, richten; Forderungen nach Veränderung werden lauter. befassen sich aber weniger mit dem technischen Hin- Manchen Unternehmen der Branche wird eine männli- tergrund.“ (Frey 2020: 21; vgl. Stelkens 2019: 3) che „Kumpelkultur“ bescheinigt, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf digitale Gewalt dringend reformbe- Valide Daten gibt es zum Phänomen digitaler Gewalt dürftig sei (Kreienbrink 2020). Spieleplattformen und mittels Smart-Home-Technik noch nicht. In den USA, Streamingplattformen für Spiele decken viele Funktio- wo vernetzte Geräte bereits stärker verbreitet sind, nen sozialer Plattformen ab, insbesondere öffentliche wurde bereits mehrfach über entsprechende Fälle be- Chats und direkte Nachrichten. Sie haben eine große richtet (Pütz 2018; Gruber 2019). Doch auch in Deutsch- Reichweite, und besonders, aber nicht nur in der Jugend- land steigt deren Nutzung – und damit die Notwen- kultur nehmen sie für viele eine sehr zentrale Rolle ein. digkeit, in die Diskussion über Datensicherheit und Der Umgang in den digitalen Spielewelten beinhaltet rechtliche Regulierung die Gefahr des Missbrauchs häufig aggressive und übergriffige Verhaltensweisen, für digitale Gewalt einzubeziehen: „Denn eine Sicher- und wie auch andere Formen der digitalen Gewalt be- heitsabschottung des Routers nach außen und ein einträchtigen diese potenziell das gesamte Leben der technisches Datenschutzsiegel mit Qualitätszertifikat Gamer*innen (Schwarz 2020). Zusätzlich gefährlich ist schützt Frauen im Smart Home nicht vor ihrem (Ex) die Situation, weil sich auf Spieleplattformen Rechts- Partner.“ (Stelkens 2019: 6) extreme und Misogyne gegenseitig in ihren Meinungen bestärken und radikalisieren. Gaming Sinnvoll wäre es, von den Anbieter*innen großer Platt- Eine Sonderstellung nimmt in verschiedener Hinsicht formen, die von vielen Kindern und Jugendlichen ge- die Spielebranche ein. Ausgelöst durch einen Post des nutzt werden und die eine große gesellschaftliche Reich- Expartners einer Videospielentwicklerin nach Bezie- weite haben (dazu zählen beispielsweise Discord, Twitch hungsende, formierte sich unter dem Schlagwort #Ga- und Steam), eine konsequente Moderation zu verlangen, mergate eine weitreichende misogyne Gewaltbewe- deren Aufgabe es wäre, Hassbotschaften, koordinierten gung (Mortensen 2018). Der sexistische, hasserfüllte Hasskampagnen und der „Rekrutierung“ Jugendlicher Post beinhaltete einen privaten Nachrichtenaustausch durch misogyne und rechtsradikale Gruppen entgegen- und gab „Auskunft“ über sexuelle Inhalte der Bezie- zutreten. Hierzu müssten Richtlinien geschaffen, die hung. Er hatte massive Auswirkungen: Was als offener Rolle von Moderator*innen (und sogenannten Content- Trennungsbrief begann, verwandelte sich in eine de- Cleaners) aufgewertet und ein Unterstützungssystem zentral organisierte Belästigungskampagne zur Erhal- aufgebaut werden, das die Moderierenden bei ihrer emo- tung der weißen männlichen Internetkultur, „die Amok tional anstrengenden Arbeit unterstützt. Letzteres gilt lief“ (Warzel 2019) – getarnt als öffentliche Debatte umso mehr, da Contentmoderationen häufig von Perso- über journalistische Ethik und politische Korrektheit. nen aus sozial benachteiligten Gruppen vorgenommen

130 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2

zu werden scheinen, zumeist im Ausland; dies zeigen Internetforen oder auf anderen Plattformen geteilt. Erfahrungen auf anderen Plattformen. So entscheiden 2019 protestierten viele Menschen gegen diese Form dann beispielsweise Frauen darüber, ob digitale Gewalt sexualisierter Gewalt, die bis 2020 nur als Ordnungs- gegen Frauen noch im Rahmen der Communityrichtli- widrigkeit verfolgt wurde. nien liegt, und werden dabei zu Opfern zweiten Grades. In den Werbebotschaften der Plattformen ist zwar von Ein weiteres Beispiel sind illegale Filme, die in Um- automatisierter Erkennung durch Software die Rede, kleidekabinen oder auf öffentlichen Toiletten mittels die Realität zeigt jedoch, dass es menschliche Content- winziger Kameras („Spycams“) aufgenommen und an- Cleaner sind, die den verstörenden Bildern und Texten schließend auf Pornoseiten oder speziellen Foren hoch- ausgesetzt sind. geladen werden. In Deutschland wurden erste Fälle von Aufnahmen während Musikfestivals bekannt, doch auch in Schwimmbädern, Fitnessstudios, Solarien und Kauf- 2. 2. 4 Öffentlicher Raum häusern wird heimlich gefilmt. Kommerzielle Pornosei- ten „machen aktuell Geld damit, dass ihre Nutzer gern An der Bushaltestelle, im Park oder auf dem Weg zum Videos schauen, bei denen Frauen und Queers gegen ih- Supermarkt – Mädchen und Frauen erleben im öffent- ren Willen aufgenommen wurden“ (Wiedemann 2020). lichen Raum immer wieder sexuelle Belästigungen. Sie Welche Ausmaße dieses Phänomen annehmen kann, müssen sich sexistische Sprüche, unter Umständen ge- zeigt ein Blick nach Südkorea. Dort sind solche illega- paart mit rassistischen Äußerungen, anhören oder wer- len Filmaufnahmen seit Jahren ein massives Problem,63 den ohne Einverständnis berührt. Mehr als jede dritte was 2018 zu landesweiten Protesten von Frauen führte Frau in Deutschland hat einer Umfrage zufolge bereits (Kang 2018). In der Hauptstadt Seoul suchen laut Graça sexuelle Belästigung erlebt, jede zehnte wurde Opfer Peters (2019) mittlerweile Inspektor*innen öffentliche sexueller Gewalt auf der Straße (vgl. Institut français Toiletten mit Detektoren nach versteckten Kameras ab. d’opinion publique 2018). In der Folge empfinden sie Für Deutschland gibt es bislang keine Studien. öffentliche Räume als Angsträume und vermeiden sie zu Teilen oder zu bestimmten Tageszeiten. Die Sicher- Upskirting wurde in Deutschland jüngst von der Gesetz- heit in der Öffentlichkeit ist eine gesamtgesellschaftli- gebung unter Strafe gestellt. Der Deutsche Bundestag che Problematik. Menschen müssen sich, unabhängig nahm im Juli 2020 den § 184k, „Bildaufnahme des Intim- vom Geschlecht, in der Öffentlichkeit angstfrei und bereichs“, in das Strafgesetzbuch (StGB) auf. Seit dem sicher bewegen können. Zu vermuten ist auch, dass 01.01.2020 können unbefugt erstellte Bildaufnahmen etwa trans, inter und nichtbinäre Personen sexuelle des Intimbereichs einer anderen Person, für die unter Belästigung erleben. deren Bekleidung fotografiert oder gefilmt wurde, mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet wer- Wie Übergriffe im öffentlichen Raum und digitale -Ge den. Auch die Verbreitung dieser Fotos kann nun als walt zusammenwirken können, zeigen Beispiele des Straftat geahndet werden. Ob und ggf. wie das Verbot Voyeurismus und ungewollter intimer Bildaufnahmen auf Bildaufnahmen unbekleideter Körper erweitert von Frauen. Beides sind keine neuen Phänomene, digi- werden sollte, ist noch zu prüfen. tale Technologie fügt ihnen aber eine neue Dimension geschlechtsbezogener Gewalt hinzu. Digitale Kameras sind als Bestandteil von Smartphones so allgegenwär- 2. 2. 5 Schutz vor und Hilfe bei geschlechts- tig und klein, dass sie leicht unentdeckt bleiben; mit bezogener digitaler Gewalt ihnen können Täter*innen einfach unbefugte Bild- aufnahmen oder Filme erstellen und im Internet un- Eine besondere Herausforderung bei der Bekämpfung erlaubt massenhaft verbreiten. Aufmerksamkeit erfuhr geschlechtsbezogener digitaler Gewalt ist, dass es gravie- seit 2019 das Phänomen „Upskirting“. Als „Upskirting“ rende Lücken an spezifischen Wissensschnittstellen gibt: wird bezeichnet, wenn Frauen unter den Rock fotogra- „Expert*innen für geschlechtsbezogene Gewalt haben fiert wird, um Bildaufnahmen von ihrem Intimbereich zu wenig technisches Knowhow, um die Betroffenen zu machen. In anderen Fällen wird ihnen in den Aus- unterstützen zu können, während Expert*innen im Be- schnitt fotografiert („Downblousing“). Darin verbin- reich Cybercrime zu wenig Erfahrung im Umgang mit det sich „die Belästigung von Frauen im öffentlichen geschlechtsbezogener Gewalt haben.“ (Frey 2020: 21 f.) Raum einerseits und Aspekte digitaler Gewalt gegen Dies ist sowohl ein Problem in Beratungsstellen als auch Frauen andererseits“, was so auch in der öffentlichen bei der Polizei und bei Strafverfolgungsbehörden. Debatte adressiert wurde (djb 2019b). Solche Übergrif- fe geschehen meist im öffentlichen Raum, unbemerkt von den Opfern, zum Beispiel auf einer Rolltreppe. An- 63 „Laut einer Studie der Vereinigung koreanischer Anwältinnen hat- ten 2006 rund 3,6 Prozent aller Sexualdelikte in Korea mit Spycams schließend werden die Bilder von den Täter*innen in zu tun, 2015 waren es 24,9 Prozent.“ (Kang 2018)

131 Opfern digitaler Gewalt wird oftmals geraten, ihre Kindern im Rahmen der Umsetzung der Istanbul-Kon- mobilen Geräte nicht mehr zu nutzen oder ihre So- vention und des Koalitionsvertrags eingebettet. cial-Media-Accounts zu löschen. Dass sich die Opfer aus dem digitalen Raum zurückziehen müssen, kann Beratungs- und Schutzangebote allerdings nicht die Lösung sein. Stattdessen sollten Maßnahmen zum Schutz vor geschlechtsbezogener Auf Bund- und Länderebene wurden in den vergange- digitaler Gewalt auf die Täter*innen zielen (Khoo et nen Jahren Beratungs- und Schutzinfrastrukturen für al. 2019: 178). den Bereich der geschlechtsbezogenen digitalen Gewalt eingerichtet und gefördert. Dies gilt etwa für das „Hil- Daten und Forschung fetelefon Gewalt gegen Frauen“, das auf seiner Website digitale Gewalt zum Thema macht;64 das Hilfetelefon Zum Umfang und Ausmaß geschlechtsbezogener di- bietet neben telefonischer auch Onlineberatung an. Der gitaler Gewalt gibt es derzeit nur wenige valide Daten bff führt derzeit das Projekt „Aktiv gegen digitale Ge- (United Nations General Assembly 2018: 5; EIGE 2017: 3). walt“65 durch (2019–2021). Daneben bieten verschiedene Es besteht also großer Forschungsbedarf, um die Ursa- Organisationen, beispielsweise die HateAid gGmbH,66 chen, die Erscheinungsformen und die Verbreitung Betroffenen Beratung und Unterstützung über einen geschlechtsbezogener digitaler Gewalt zu erfassen und Prozessfinanzierungsfonds an. um Handlungsstrategien zum Schutz der Betroffenen zu entwickeln. Die eingangs erwähnte Istanbul-Kon- In solchen Initiativen und Projekten wurde mit viel vention des Europarats verpflichtet die Vertragspar- zivilgesellschaftlichem Engagement und Ehrenamt teien nach Art. 11 (Datensammlung und Forschung) Expertise aufgebaut und eine teilweise vernetzte Un- dazu, „in regelmäßigen Abständen einschlägige genau terstützungsinfrastruktur geschaffen (Frey 2020: 33). aufgeschlüsselte statistische Daten über Fälle von al- len in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens Strafverfolgung und Justiz fallenden Formen von Gewalt zu sammeln“ und „die Forschung auf dem Gebiet aller in den Geltungsbereich Eine besondere Herausforderung im Bereich der digita- dieses Übereinkommens fallenden Formen von Gewalt len Gewalt ist die Rechtsdurchsetzung. Oftmals fehlen zu fördern […]“ (Artikel 11 (1) a und b). Ermittlungs- und Strafverfolgungseinrichtungen die technischen Kompetenzen und Kapazitäten bezüglich Der Mangel an validen Daten ist u. a. darauf zurückzu- des Themas geschlechtsbezogene digitale Gewalt (Frau- führen, dass es in Deutschland keine aktuelle Präva- enhauskoordinierung 2020: 3). Zudem sei es bisweilen lenzstudie gibt und dass entsprechende Gewalttaten „schwer, die Zuständigen für Fälle digitaler Gewalt bei von den Behörden nur unzureichend erfasst werden. der Polizei in Erfahrung zu bringen“ (Hartmann 2017: 7). Auch die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) und die Auch ist nicht immer gewährleistet, dass Betroffene mit Statistiken der Landespolizeibehörden enthalten in ihren Anliegen von den Strafverfolgungsbehörden und der Regel weder Zahlen zu verschiedenen Delikttypen der Justiz ernst genommen werden, denn vielfach wird digitaler Gewalt (beispielsweise Spy-Apps, Identitäts- das Problem unterschätzt. Bei vielen Polizeikräften be- diebstahl) noch zu Opferwerdung differenziert nach steht noch Nachholbedarf, was die Sensibilisierung für Geschlecht (GFMK 2020: 26). Darüber hinaus ist von geschlechtsbezogene digitale Gewalt betrifft. Für die einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da viele Betrof- Betroffenen resultieren daraus Schutzlücken, die von fene nicht merken, dass sie Opfer von digitaler Gewalt vielen Expert*innen aus dem Gewaltschutzbereich als wurden (etwa beim Upskirting), oder da sie angesichts vordringlichstes Problem benannt werden (djb 2019a). der umfassenden Überwachung keine Möglichkeit se- Bei genauem Hinsehen ergeben sich demnach Schutzlü- hen, sich dagegen zu wehren (siehe dazu den obigen cken weniger aus der geltenden Rechtslage als vielmehr Abschnitt zu Smart Home). aus der fehlenden praktischen Umsetzung geltenden Rechts. Hier sind die Hürden, Betroffene effektiv zu Information und Aufklärung schützen, besonders hoch.

Ein wichtiges Feld der Prävention ist der weitere Ausbau In den letzten Jahren vollzogen sich sowohl im Anti- von Maßnahmen zur Aufklärung, Bildung und Sensi- diskriminierungsrecht als auch im Sexualstrafrecht bilisierung. Die Bundesregierung wie auch Länder und paradigmatische Umbrüche. In der deutschen Sexual- Kommunen setzen bereits Maßnahmen zur Bekämp- strafrechtsliteratur war seit langem moniert worden, fung digitaler Gewalt um (vgl. T-CY 2018: 71 f.). Hierzu gehört die laufende Kampagne „Stärker als Gewalt“; sie 64 www.hilfetelefon.de/gewalt-gegen-frauen/digitale-gewalt.html ist in das Gesamtprogramm der Bundesregierung zur 65 www.frauen-gegen-gewalt.de/de/das-haben-wir-im-projekt-vor.html Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und ihren 66 https://hateaid.org/

132 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2 dass die Vorgaben des 13. Abschnitts des StGB den Vor- 2. 3 Handlungsempfehlungen gaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bzw. der Istanbul-Konvention nicht genügten Zivilgesellschaftliche Initiativen und Projekte aus- (vgl. Renzikowski 2015). Im Zuge der aufgeheizten Dis- bauen und fördern kussionen um die Vorkommnisse in der Silvesternacht Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bun- in Köln 2015 wurde ein Gesetzentwurf zur Änderung des desregierung, den Ausbau und die Arbeit zivilgesell- Sexualstrafrechts (El-Ghazi 2016) nach kurzer parlamen- schaftlicher Initiativen und Projekte zum Thema ge- tarischer Debatte verabschiedet; es trat das 50. Gesetz schlechtsbezogene digitale Gewalt mit dem Ziel zu zur Änderung des StGB – Verbesserung des Schutzes fördern, nachhaltige Strukturen aufzubauen und ge- der sexuellen Selbstbestimmung mit Wirkung vom wonnene Expertise langfristig zu erhalten. 10.11.2016 in Kraft. Trotz aller Kritik rund um die Fra- ge der systematischen Stringenz der Neukodifikation Zudem sollten Maßnahmen gefördert werden, die über werden die gesetzlichen Änderungen übereinstimmend das Thema geschlechtsbezogene digitale Gewalt infor- und zu Recht als paradigmatischer Wechsel in der nor- mieren und aufklären, wie dies bereits mit der Initiative mativen Konzeption angesehen, was die Sicherung der „Stärker als Gewalt“ begonnen wurde. Es braucht mehr sexuellen Selbstbestimmung betrifft. Das strafbewehrte Angebote für Frauen und andere Betroffene, um deren Unrecht fokussiert nun aus der Opferperspektive auf die medien- und digitalisierungsbezogene Kompetenzen (fehlende) Zustimmung zur sexuellen Handlung und bezüglich digitaler Gewalt zu fördern. Diese Angebote entspricht damit ganz klar den Vorgaben des Art. 36 sollten einen Schwerpunkt auf Wissen über die Funk- Istanbul-Konvention („Konsenskonzept“). tionsweise digitaler Geräte legen, denn: Wer die Kon- trolle über eigene digitale Geräte hat, kann nicht so Für den Rechtsbereich zum Schutz vor geschlechtsspe- leicht zum Opfer digitaler Gewalt werden. zifischer Gewalt ist allerdings mehr erforderlich: Die rechtspraktische Umsetzung aller oben genannten Re- Kompetenzen in Bezug auf digitale Gewalt auf- und gelungen zum Schutz vor (sexueller) Belästigung und ausbauen sowie nachhaltige Strukturen in Fachbe- Gewalt bedarf neben der reinen Vermittlung neuer ratungsstellen schaffen Straf- und Bußgeldtatbestände v. a. eines Bewusstseins- Bundesregierung und Landesregierungen sollten die wandels und einer grundlegenden Sensibilisierung bei Beratungsstruktur im Bereich geschlechtsbezogener jenen, die in diesem Feld untersuchen, ermitteln, han- digitaler Gewalt stärken und nachhaltig ausbauen, die deln und urteilen. Arbeitsbedingungen der Berater*innen durch Fortbil- dung und Supervisionsmöglichkeiten verbessern und Maßnahmen zu deren Schutz prüfen; eine Schutzmaß- nahme könnte sein, die Sperrung ihrer Adressen in der Melderegistratur zu vereinfachen. Darüber hinaus soll- ten digitalisierungsbezogene Kompetenzen des Perso- nals von Fachberatungsstellen sowie in Gewaltschutz- einrichtungen gefördert werden.

Kompetenzen und nachhaltige Strukturen bei Poli- zei-, Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden und in der Justiz aufbauen Gesetzgebung und Verwaltung sollten über verpflichtende Fortbildungensicherstellen, dass Be- hörden, insbesondere Polizei-, Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden sowie Justiz, gezielt für die Bedeu- tung digitaler Gewalt und die damit verbundenen Ge- fährdungen sensibilisiert werden, damit eine ange- messene Rechtsverfolgung solcher Delikte selbstver- ständlich wird.

Der Aufbau von Kompetenzen in Bezug auf digitale Gewalt sollte in der Aus-, Fort- und Weiterbildung ver- stetigt werden; dazu gehört auch die Einbeziehung des Themas in den Lehr- und Prüfungsstoff rechtlicher Berufe (insbesondere § 5d Deutsches Richtergesetz – DRiG). Entsprechende Kompetenzen sollen gender-

133 sensibel, aber auch beispielsweise rassismuskritisch Prävalenz- und Dunkelzifferstudie aus intersektio- sein. Die Bundesländer sollten prüfen, wie das Thema naler Perspektive beauftragen geschlechtsbezogene digitale Gewalt im Rahmen des Die Sachverständigenkommission unterstreicht die Re- Bachelorstudienganges „Kriminalvollzugsdienst im levanz des Beschlusses der 30. GFMK, der die Bundes- BKA“ stärker berücksichtigt werden kann. regierung aufforderte, „eine repräsentative empirische Studie zu digitaler Gewalt gegen Frauen vorzulegen, Zudem empfiehlt die Sachverständigenkommission um von digitaler Gewalt betroffene Frauen in Zukunft klare Ansprechstrukturen (auf Landesebene) zu schaf- besser unterstützen und wirkungsvolle Präventions- fen, die IT-Expertise sowie technische Ressourcen in maßnahmen entwickeln zu können“ (GFMK 2020: 24). Ermittlungs- und Strafverfolgungseinrichtungen auszu- Die Sachverständigenkommission empfiehlt darüber bauen und beispielsweise für das Vorgehen der Polizei hinaus, im Rahmen einer solchen Prävalenzstudie auch Richtlinien festzulegen, die u. a. die forensische Analyse entsprechende Dunkelfeldstudien zu beauftragen sowie eines Mobiltelefons beinhalten. Forschungsvorhaben zum Thema geschlechtsbezogene digitale Gewalt zu fördern, insbesondere Studien, die eine Eine wissenschaftlich fundierte und zivilgesell- intersektionale Perspektive haben. schaftlich begleitete unabhängige Kommission zum Thema Anonymität versus Identifikation im digita- Dabei sollte auch die geschlechtsbezogene Gewaltbetrof- len Raum einsetzen fenheit von Jungen und Männern erhoben werden, sei es Die Sachverständigenkommission empfiehlt, eine im öffentlichen Raum oder in der Partnerschaft, sei es im wissenschaftlich fundierte und zivilgesellschaftlich familiären und häuslichen Bereich, sei es in der Pflege begleitete Auseinandersetzung damit zu fördern, wie oder in der Kinder- und Jugendarbeit. Darüber ist wenig Anonymitätsschutz und Rückverfolgbarkeit von Äu- bekannt. Auch wenn ganz überwiegend Frauen von se- ßerungen neu austariert werden können; dazu kann xualisierter Gewalt betroffen und Männer in der Regel die Entwicklung dezentraler Registrierungsformate, diejenigen sind, welche die Tat begehen, muss männliche technischer Sicherungsmaßnahmen und Abwägungs- Verletzlichkeit anerkannt und sichtbar gemacht werden. vorgaben gehören. Zu diesem Zweck sollte eine un- abhängige Sachverständigenkommission beauftragt Zudem sollten die polizeiliche Kriminalstatistik sowie werden, die hohe verfahrensrechtliche Sicherungen die Statistiken der Landespolizeibehörden so erweitert gewährleistet; Ziel sollte sein, die Weiterverwendung werden, dass – beispielsweise bei Straftatbeständen wie von Identitätsdaten, die mit dem originären Zweck der Beleidigung oder üble Nachrede – neben dem Geschlecht Sicherung der Meinungsfreiheit nicht mehr vereinbar von Opfern und Täter*innen auch erfasst wird, ob digitale ist, zu verhindern. Medien eine Rolle spielten.

Schutzschirm bei digitaler Gewalt ausgestalten und Indikatoren für die Erfassung und das Monitoring di- etablieren gitaler Gewalt entwickeln Die Bundesregierung sollte prüfen, ob und wie Men- Bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention sollte di- schen, die von geschlechtsbezogener digitaler Gewalt gitale Gewalt umfassend berücksichtigt und dabei das betroffen sind oder ein diesbezüglich hohes Risiko ha- Instrument des Monitorings genutzt werden. Hierfür ben, zügig und ohne hohen bürokratischen Aufwand müssen messbare Indikatoren entwickelt und eingesetzt geschützt werden können. Dies könnte beispielsweise werden, um die neue Dimension digitaler Gewalt besser auf Basis einer Risikoanalyse durch eine unabhängige zu fassen und entsprechende, ggf. auch gesetzliche Maß- Stelle geschehen, die gemeinsam mit der betroffenen nahmen zu ergreifen. Person, mit Behörden und Firmen die notwendigen Schritte einleitet, beispielsweise die Sicherung von Be- Plattformbetreibende in die Pflicht nehmen und Op- weismitteln, das Löschen von Hasskommentaren, das ferschutz stärken Schützen verifizierter Accounts sowie die Veranlassung Plattformbetreibende sollten verpflichtet werden, sämt- einer zügigen Melderegistersperrung. liche auf ihren Plattformen befindliche Kopien rechts- widrigen Inhalts zu suchen, zu entfernen oder zu sperren. Hybride Verfahren zur Aufdeckung von Hate Speech entwickeln und einsetzen Plattformenbetreibende sollten verpflichtet werden, Be- Forschung sollte gefördert werden, die der Frage nach- schwerdestellen einzurichten, die schnell agieren können geht, inwieweit es möglich ist, mittels eines algorith- und müssen, um damit eine zügige Unterstützung für mengesteuerten Detektors oder hybrider Verfahren Opfer digitaler Gewalt zu gewährleisten. („Interactive Machine Learning“) Hate Speech zu lö- schen, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken Meldeverfahren sollten vereinheitlicht und vereinfacht („Overblocking“). werden. Zudem bedarf es mehr gesetzlicher Vorgaben für

134 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Geschlechtsbezogene digitale Gewalt 2

die Erstellung von Transparenzberichten. Des Weiteren deverfahren und Beratungsstellen (Bundesregierung gilt es, ein Put-back-Verfahren zur Rücknahme von zu 2017: 219 f.). Insbesondere muss klargestellt werden, Unrecht gelöschten Inhalten zu verankern, die Schutz- dass Cyber Harassment sowie andere Formen sexueller maßnahmen für Soziale Medien auch auf Plattformen Belästigung im Erwerbsleben auch unter den Schutz vor zur Verbreitung spezifischer Inhalte auszuweiten sowie Diskriminierung nach dem AGG fallen. das Auskunftsrecht zu normieren. Zudem empfiehlt die Kommission, Schutzlücken im Die genannten Maßnahmen zielen auf Löschung und Geltungsbereich des AGG zu schließen, beispielswei- Sperrung von Inhalten; ebenso dringend sind Maßnah- se im Hinblick auf (digitale) sexuelle Belästigung am men zu ergreifen, um Täter*innen besser ermitteln und Arbeitsplatz gegenüber Studierenden an Hochschulen strafrechtlich zur Verantwortung ziehen zu können. oder (digitale) sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz Dazu zählen Melde- und Beweissicherungspflichten gegenüber (Solo-)Selbstständigen. für die Betreibenden von in Deutschland zugänglichen Plattformen, etwa Speicherpflichten zur Beweissiche- Die Impressumspflicht sollte neu geregelt werden; die rung bei gleichzeitiger Sperrung der Zugänglichkeit eindeutige Zuordnung einer Internetpräsenz sollte entsprechender Postings. Es genügt nicht, dass Inhalte nicht mehr zwingend über eine zustellfähige Adresse gelöscht oder gesperrt werden – es geht auch darum, erfolgen müssen, sondern könnte beispielsweise über dass die Taten verfolgt und abschreckend bestraft wer- eine Chiffrenummer bei einer Meldestelle ermöglicht den können. werden.

Momentan werden digitale Gewalt betreffende Verfah- Geschlechtergerechte, partizipative Technikent- ren massenhaft eingestellt. Das NetzDG hilft an dieser wicklung und -gestaltung als Maßnahme gegen di- Stelle bisher nicht. Die Beweissicherung steht nicht nur gitale Gewalt nutzen in Konflikt mit der Forderung nach unverzüglichem Lö- Beim Smart Home, beim Internet der Dinge und bei schen illegitimer Inhalte, sondern auch mit dem Daten- ubiquitären (allgegenwärtigen) Technologien, die in schutz und anonymer Nutzungsmöglichkeit. Hier sind sozialen Nahräumen genutzt werden, sollten die Prin- von der Gesetzgebung Abwägungsentscheidungen zu zipien geschlechtergerechter Technikgestaltung (vgl. treffen, die dem Beschluss des Bundesverfassungsge- B.I.1) zum Einsatz kommen. richts, der mehrere bisherige Regelungen zur Bestands- datenauskunft für verfassungswidrig erklärte, Rechnung Softwarefirmen und Technologieanbieter*innen müssen tragen; das NetzDG ist entsprechend verfassungsgemäß stärker in die Pflicht genommen werden, Missbrauchs-, nachzubessern. Gewalt- und Überwachungsgefahren neuer Technologien abzuschätzen und Bedrohungspotenziale frühzeitig im Hate Speech im digitalen Raum sollte als Beleidigungs- Entwicklungsprozess zu identifizieren. Hierzu muss der delikt auch ohne Strafantrag der verletzten Person ver- Einsatz „smarter“ Technologien im Kontext des sozialen folgt werden können, wenn dies den Interessen der ge- Nahraums vor dem Hintergrund geschlechtsspezifischer schädigten Person nicht widerspricht. Zudem müssen Ungleichheiten bezüglich Teilhabe, Machtverhältnissen Verbandsklagen und Prozessstandschaften ermöglicht und Vulnerabilitäten verstanden werden. werden. Für die Gestaltung im Kontext des Internets der Dinge Für die Opfer von Hate Speech sind erweiterte Entschä- und von Smart-Home-Technologien heißt das konkret: digungsregelungen einzuführen, diese müssen auf die Regelungen für Opfer psychischer Gewalt mit schweren » Neben technischer Expertise sollten verschiedene Folgen ausgeweitet werden. Arten von Domänenwissen einbezogen werden, bei- spielsweise aus dem Feld der sozialwissenschaftlichen Plattformbetreibende sind zu verpflichten, Forschungs- Geschlechterforschung und der sozialen Arbeit, aber daten in anonymer Weise kostenfrei bereitzustellen. auch das von Betroffenen (über Vereine, Opferschutz- initiativen etc.). Arbeitsschutz mit Blick auf digitale Gewalt weiter- entwickeln » Geschlechtsspezifische Vulnerabilitäten sollten aus- Die Sachverständigenkommission schließt sich den gearbeitet und in Privacy- und Securitykonzepte ein- Empfehlungen des Zweiten Gleichstellungsberichtes bezogen werden (Erweiterung des Ansatzes Privacy- im Hinblick auf den Schutz vor digitaler Gewalt im Er- by-Design um die Dimension Geschlecht). werbsleben an. Dazu gehören u. a. ausreichende Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen, kollektive Kla- » Partizipative Gestaltungsmethoden, die auch Frau- gemöglichkeiten sowie niedrigschwellige Beschwer- en explizit ansprechen und einbeziehen, sollten

135 genutzt werden, um deren Gestaltungsmacht und wacht werden sollen bzw. auf deren Gerät die Software Einfluss im Bereich Smart-Home-Technologien und aufgespielt werden soll, einholen müssen. deren spätere aktive Nutzung sowie deren Know- how zu erhöhen. Hierzu ist auch die Frage einzu- Immaterielle Verletzungen des Persönlichkeitsrechts beziehen, wie Smart-Home-Technologien Frauen führen nach deutschem Recht nur bei schwerwiegenden empowern können, sich vor Gewalt zu schützen. Eingriffen zu Schadensersatz. Angesichts dessen ist ein Wichtig ist hierbei, die Diversität von Frauen zu pauschalierter Schadensersatz bei Stalking durch den berücksichtigen und beispielsweise Frauen mit Be- Einsatz von Monitoringsoftware festzulegen. hinderungen, verschiedenen sozioökonomischen Hintergründen, unterschiedlichem Alter dezidiert Gewaltfreie Gamingkultur entwickeln mitzudenken. Unternehmen und Plattformen im Gamingbereich soll- ten daran arbeiten, ihre grundlegenden kulturellen Nor- » Smart-Home-Technologien müssen daraufhin men zu verändern. An erster Stelle muss die (Selbst-) überprüft werden, ob sie mit geschlechtsspezifischen Verpflichtung von Betreibenden stehen, eine faire, dis- Stereotypisierungen arbeiten. Beispielsweise kriminierungsfreie Gamingkultur zu befördern. nutzen Assistenzsysteme wie Smart Speaker weib- liche Stimmen und Anthropomorphisierungen Gestaltungsmaßnahmen auf Plattformen und in Spiel- und können damit das Stereotyp der weiblichen umgebungen können Gewalt und Diskriminierung Assistentin reifizieren; entsprechende Stereoty- minimieren. Gamer*innen, von denen digitale Gewalt pisierungen gehen über die Stimme oder Benut- ausgeht, zu blocken und zu bannen ist allerdings nicht zungsoberfläche hinaus und zeigen sich auch in ausreichend, wenn die sich unter anderem Benutzer- den Antworten und Reaktionen der Software. Hier namen wieder anmelden können. Spieleunternehmen gilt es gegenzusteuern. und Plattformbetreibende sollten die Interaktionsmög- lichkeiten um Funktionen, die Schutz vor Belästigun- » Sicherheitseinstellungen internetfähiger Geräte und gen, Übergriffen und gewaltvollem Verhalten bieten, Virenschutzsoftware sind dafür konzipiert, Angriffe erweitern. „von außen“ abzuwehren. Was sie nicht berücksich- tigen, ist, dass Angriffe aus dem Nahraum erfolgen Upskirting-Verbot evaluieren können: dass beispielsweise ein*e Angreifer*in auf Die Sachverständigenkommission begrüßt, dass der ein Gerät physisch zugreifen kann oder über das Pass- § 184k, „Bildaufnahme des Intimbereichs“, in das StGB wort, um das Gerät zu entsperren, verfügt. Maßnah- aufgenommen und damit „Upskirting“ und „Downblou- men zur Wahrung von Datenschutz und -sicherheit sing“ als Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung de- auf Anwendungsplattformen und mobilen Geräten finiert wurden. Sie empfiehlt, die Umsetzung des§ 184k sollten so gestaltet sein, dass sie vor beiden Arten der StGB zu evaluieren und eine Erweiterung des Verbots Bedrohung schützen. auf Bildaufnahmen unbekleideter Körper zu prüfen.

Cyberstalking bekämpfen Zu prüfen ist grundsätzlich, wo weitergehende Rege- Die Sachverständigenkommission empfiehlt der Bun- lungen für den Bereich der sexuellen Belästigung und desregierung, zu prüfen, ob und welche Stalkingapps digitalen Gewalt geboten sind, und juristisch zu klären, verboten werden können und sollten, und ggf. Schritte ob digitale Gewalt wie das Upskirting zukünftig als se- für entsprechende Verbote in die Wege zu leiten. xuelle Belästigung definiert werden sollte, auch wenn dabei keine körperliche Berührung erfolgt. Programmierer*innen und Entwickler*innen sollten dazu verpflichtet werden, für ihre legale Monitoring- software, die bekanntermaßen für die Überwachung und Anwendung digitaler Gewalt missbraucht wird, Vorkehrungen zu treffen, dass diese Nutzungsmög- lichkeiten ihrer Technologie möglichst ausgeschlos- sen werden. Dazu gehört beispielsweise, bei Updates über die Unzulässigkeit bestimmter Nutzungsformen zu informieren.

Zudem sollten potenzielle Nutzer*innen von Apps, die für digitale Gewalt durch Überwachung genutzt werden können, eine explizite Einwilligung Dritter, die über-

136 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Daten und Grundrechte 3

3. Daten und Grundrechte Danach bildete sich in Deutschland noch ein zweites IT- Grundrecht heraus, das auf den Schutz von Daten abzielte, 3. 1 Ausgangslage das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (Art. 2 Der Datenethikkommission zufolge sind aufgrund der Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG). Die beiden IT-Grundrechte „massiven daten- und technologieinduzierten Anhäu- sollen die Teilhabe aller Menschen an einer Gesellschaft, fung von Macht und neuen Gefahren von Ausgrenzung die zunehmend von Prozessen der Digitalisierung beein- und Diskriminierung“ (2019: 15) Regulierungen erfor- flusst wird, ermöglichen. derlich. Dem stimmt die Sachverständigenkommis- sion zu, beleuchtet aber die Frage der Digitalisierung In Zusammenhang mit der Datenverarbeitung sind au- darüber hinaus staats- und verfassungstheoretisch aus ßerdem oft das Recht auf Telekommunikationsfreiheit einer Geschlechterperspektive: Der Zugang zu digitalen (Art. 10 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Technologien und deren Nutzung muss mit Schutzmaß- (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) betroffen. Denn End- nahmen einhergehen; denn ein effektiver Schutz, der geräte der Lebensführung (beispielsweise Smartphone, Diskriminierung verhindert, führt zu mehr Verwirk- Smart Home, Smart Shopping, Smart Travelling, Smart lichungschancen aller Menschen – Verwirklichungs- Banking, Smart Car etc.), insbesondere mobile Geräte, nut- chancen, die unabhängig vom Geschlecht gleich ver- zen Telekommunikationsinfrastruktur, sammeln Daten teilt sein müssen. und erlauben die Auswertung von Kommunikations- strukturen der Nutzer*innen. So können beispielsweise Wie lange es dauert, bis sich Datenschutz und IT-Si- aus den Kommunikations- und Standortdaten von Smart- cherheit als gesellschaftliche Werte durchsetzen, zeigt phones oder Laptops (d. h. von Daten dazu, an welchen die Entwicklung des Rechts dazu. Wie in anderen Kapi- Orten sich ein Gerät befand und wer mit wem wie lange teln bereits beschrieben wurde, liegen die Anfänge der über welches Medium in Kontakt stand) umfangreiche Digitalisierung mehrere Jahrzehnte zurück; nach den Schlüsse über die sozialen Verbindungen der nutzenden ersten großen Entwicklungen in den 1960er und 1970er Person gezogen und Bewegungsprofile ermittelt werden Jahren sticht besonders das Jahr 1983 heraus. In diesem (Biermann 2015). Solche Daten können die Basis für ge- Jahr wurde nicht nur das erste Handy zugelassen, mit schlechtsbezogene oder sonstige Diskriminierungen bil- dem breiten Einsatz des bis heute genutzten Internet- den – selbst dann, wenn die Nutzer*innen ihr Geschlecht protokolls sowie dem Start des Bildschirmtextes BTX oder bestimmte Attribute verbergen (vgl. Kapitel B.I.1). wurde auch der Grundstein des modernen Internets Entsprechende Technologien können auch zur Anwen- und für umfassende Vernetzung gelegt. Zudem wurde dung digitaler Gewalt, beispielsweise mittels Stalkerwa- in diesem Jahr der Personal Computer (PC) mit Fest- re, eingesetzt werden (siehe dazu auch Kapitel B.IV.2). platte vorgestellt und damit das erste System, das auch außerhalb großer Organisationen oder des Staates zur Spezielle weitere privatheitsorientierte Grundrechte wie Datenverarbeitung eingesetzt werden konnte. Das Jahr der Schutz der Wohnung, Art. 13 GG, oder der Schutz 1984, Titel des George-Orwell-Klassikers, nahte, große von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, Art. 12 und Zahlenberechnungen wurden vorgenommen und Perso- Art. 14 GG, bieten weitere Ansatzpunkte für den Schutz nendaten breit erfasst; all dies bildete den Hintergrund im Kontext der Digitalisierung; diese Rechte erfahren für eindrucksvolle Manifestationen der öffentlichen eine Verstärkung durch Art. 3 GG und definieren damit Meinung gegen eine umfassende Datenauswertung einen geschlechtergerechten Schutz, wie weiter unten und die numerische Erfassung des Menschen. Die ge- ausgeführt wird. plante Volkszählung in Westdeutschland löste große Demonstrationen aus. Sie waren Ausdruck „tiefe[n] Miss- Die Gesamtheit an Datenschutz- und Kommunikations- trauen[s] gegenüber einer in ihren Konsequenzen kaum grundrechten soll gewährleisten, dass alle Menschen durchschaubaren […] Informationstechnologie, die aus unabhängig vom Geschlecht gleichermaßen am gesell- der Perspektive der Betroffenen allzu leicht dazu führen schaftlichen Leben teilhaben können – auch dann, wenn könnte, steuernd in ihr Verhalten einzugreifen und ih- sich die Datenverarbeitung ihrer Kontrolle entzieht und nen damit jede Chance nehmen würde, ihr Leben nach immer mehr Daten verfügbar und abrufbar sind – und ihren Vorstellungen zu gestalten“ (Simitis et al. 2019a: ohne den Verlust an Freiheitlichkeit fürchten zu müssen. Rn. 29; vgl. Simitis 2000). Das Bundesverfassungsgericht Sie sind ein Schutz vor informationell bedingter Macht- untersagte im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde, asymmetrie (Simitis et al. 2019a: Rn. 10 ff.). an der so viele Beschwerdeführer*innen wie nie zuvor beteiligt waren, die Durchführung der Volkszählung Auf europäischer Ebene wird der Schutz vor Überwachung und entwickelte schließlich das erste IT-Grundrecht, und unbefugtem Datenzugriff v. a. von den Grundrechten nämlich das Recht auf informationelle Selbstbestim- auf Datenschutz, Familie und Kommunikationsfreiheit mung bzw. das Datenschutzgrundrecht. in Art. 7 und Art. 8 der EU-Grundrechtecharta (GRCh)

137 hergeleitet. Gemäß Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GRCh haben 3. 2 Analyse diejenigen Rechte der Charta, die eine Entsprechung in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) 3. 2. 1 IT-Grundrechte stärken aufweisen, die gleiche Bedeutung und Tragweite wie die Gleichberechtigung entsprechenden Rechte der EMRK. Daher ist die Ausle- gung von Art. 8 EMRK, der die Achtung des Privat- und Relevanz der IT-Grundrechte Familienlebens verlangt und maßgeblich das Verständnis bzw. die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Wesentlich für die Kontrolle über Daten und Entschei- für Menschenrechte (EGMR) beim Datenschutz geprägt dungen und damit für die Vermeidung informationeller hat, für die Auslegung von Art. 7 und Art. 8 GRCh sowie Machtasymmetrien sind die Vertraulichkeit und Inte- die Rechtsprechung des EuGH von Bedeutung. Aber auch grität informationstechnischer Systeme; d. h., dass der die Vorstellung des EMRK-Datenschutzes hat sich längst individuelle Zugang zu digitalen Technologien sowie die über den ursprünglichen Schutz der Privatheit als eines Nutzung derselben und der zugrunde liegenden Daten von der Sozialsphäre abgeschlossenen Bereichs hinaus vor unberechtigtem Zugriff und unerwünschten Ver- erweitert und wurde an die Vorstellung der GRCh (und änderungen geschützt sein müssen. Ist dies nicht der der DSGVO) angepasst (Schiedermair in Simitis et al. Fall, bestehen erhebliche Grundrechtsgefährdungen, 2019b: Rn. 163 ff.). weil für Bürger*innen eine Unausweichlichkeit und ein Ausgeliefertsein gegenüber denjenigen entsteht, die Rechtlicher Schutz und eine rechtliche Reaktion auf diese Daten auswerten und weiter verwerten. die Schutzbedürftigkeit Einzelner und der Gesellschaft müssen für alle gewährleistet sein, unabhängig von den Je mehr Verbindungen eine digitale Technologie mit individuellen technischen Kenntnissen und technischen anderen Geräten aufweist, desto dringlicher wird ein und sonstigen Selbstschutzmöglichkeiten – bzw. vielmehr entsprechender Schutz. Das Beispiel Stalking verdeut- insbesondere im Falle eines diesbezüglichen Mangels. Her- licht dies: Smartphones geben Standortdaten preis und vorzuheben ist hierbei, dass grundrechtsverletzende Ver- ermöglichen die Aufzeichnung genauer Bewegungsmus- öffentlichungen von Daten regelmäßig durch Unkennt- ter und anderer Daten; die Überwachung von (Ex-)Part- nis geschehen, etwa wenn populäre Apps gemäß ihren ner*innen wurde mit sogenannter Stalkerware, die, oft Voreinstellungen auf Adressbücher zugreifen oder wenn heimlich, auf Endgeräten wie Smartphones aufgespielt virtuelle Assistenzsysteme auch Gäste in der Wohnung wird, ein Leichtes (siehe Kapitel B.IV.2); die Stalkerware akustisch aufzeichnen und deren Verhalten auswerten. Es ist im Hintergrund aktiv und teilt Aufenthaltsort sowie sind eine hohe technische Expertise und ein umfassender Audio- und Videoaufnahmen des Gerätes mit Dritten. Ressourceneinsatz nötig, um die Datenströme und -ver- Ein weiteres Beispiel ist die standardmäßig eingestell- arbeitungen sowie die dazugehörigen soziotechnischen te Onlinesicherung in einem Cloud-Speicher, über den Systeme einer effektiven Kontrolle zu unterziehen und sich personenbezogene Daten abrufen lassen; Daten persönliche IT-Grundrechte tatsächlich wahrnehmen zu des Kernbereichs privater Lebensgestaltung können können (Roßnagel 1997: 29 f.). Deshalb forderte das Bun- bei mangelnder Absicherung durch die Cloud-Betrei- desverfassungsgericht schon früh weitere Sicherungen ber sogar öffentlich zugänglich sein.67 organisationeller, regulatorischer und technischer Art ein (BVerfGE 65, 1, 44), und auch das europäische Recht, allen Die hohe Anzahl und Mobilität der Endgeräte, die in voran die DSGVO, basiert auf diesem Verständnis (Simitis immer mehr Bereichen der Lebensführung Daten sam- et al. 2019a: Rn. 245 ff.). Demnach muss der Staat gesell- meln und verarbeiten, und die ausgelagerte Speicherung schaftliche Rahmenbedingungen schaffen, mit denen dieser Informationen in einer Cloud, die der unmittel- sich die Wertvorstellungen der Grundrechte auch fern- baren Eigenkontrolle nicht zugänglich ist, führen zu ab des Staates im privaten Bereich verwirklichen lassen einer neuen Möglichkeit nahezu lückenloser Überwa- (BVerfGE 65, 1, 42 f.). Für die digitalisierungsrelevanten chung aller Menschen. Benachteiligte gesellschaftliche Grundrechte auf nationaler und europäischer Ebene be- Gruppen macht dies besonders angreifbar. deutet dies, dass staatliche Regulierung auch die zuneh- mende Macht von Unternehmen begrenzen muss, um die Sowohl mit dem Recht auf informationelle Selbstbe- Verwirklichungschancen der Einzelnen sicherzustellen. stimmung als auch mit dem Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechni- Die IT-Grundrechte sind also unter dem Vorzeichen der Digitalisierung einerseits Abwehrrechte gegen den daten- 67 Wie unsicher Cloud-Speicher sind, zeigte sich beispielsweise im so- sammelnden Staat, andererseits Schutz- und Gewährleis- genannten „Celebgate“-Skandal im August 2014: Etwa 500 Nacktbil- tungsrechte, welche die Wahrung der Grundrechte und der prominenter Personen, die meisten davon waren Frauen, wurden von privaten Cloud-Speichern kopiert und in einem Internetforum der dahinterstehenden Werteordnung gegenüber Dritten gegen den Willen und zunächst auch ohne das Wissen der Abgebil- sicherstellen sollen. deten veröffentlicht (vgl. Kremp 2014).

138 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Daten und Grundrechte 3

scher Systeme wurde dieser „algorithmischen Revolu- Sprache, ihrer Heimat und Herkunft, ihres Glaubens, tion“ (Frieder Nake, zitiert nach Ullrich 2019: 127) und ihrer religiösen oder politischen Anschauungen oder ihren neuartigen Gefährdungen Rechnung getragen. ihrer Behinderung benachteiligt werden. Diese grund- Gerade das als IT-(Sicherheits-)Grundrecht bezeichne- rechtlichen Diskriminierungsverbote sind zum einen te (Schallbruch 2018: 19; Albrecht 2020: Rn. 43; Dreier Abwehrrechte gegen Benachteiligungen durch den 2013: Art. 2 Abs. 1, Rn. 82 m. w. N.) Recht auf Gewähr- Staat. Zum anderen verpflichten sie den Staat zugleich, leistung der Vertraulichkeit und Integrität informations- strukturelle Ungleichheiten abzubauen und spezifi- technischer Systeme – abgeleitet aus Art. 2 Abs. 1 GG sche Gruppen vor Benachteiligungen durch Private und Art. 1 Abs. 1 GG und als Erweiterung und Ergän- besonders zu schützen (Baer/Markard 2018: Rn. 25; zung zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung Jarass 2020: Rn. 150 m. w. N.). Diese Schutzpflicht be- entwickelt – nimmt weniger die personenbezogenen steht auch im Zuge der Digitalisierung der Gesell- Daten selbst als die verarbeitende Technologie in den schaft: Verändern sich die Realbedingungen, wie dies Blick rechtlicher Schutzkonzepte; damit erweitert es durch die Digitalisierung der Fall ist, muss der Staat den grundrechtlichen Schutz (BVerfGE 120, 274; Britz darauf reagieren und sicherstellen, dass die Ziele der 2008: 412). Wert gelegt wird in besonderer Weise auf Gleichberechtigung auch hier gewahrt werden. Dazu den Schutz vor „unbefugtem“ Zugriff und damit darauf, gehört, dass Personen, die digitale Dienste, Produkte potenziell unerwünschte und unerkannte Veränderun- oder Plattformen nutzen, nicht aufgrund der in Art. 3 gen der Datenbestände, aber auch der Algorithmen und Abs. 3 GG genannten Kategorisierungen unverhältnis- Entscheidungsvorgaben zu verhindern (Hoffmann-Riem mäßig benachteiligt werden. 2008). Entsprechende Zugriffe und Veränderungen ent- ziehen sich, gerade bei Verwendung lernender algorith- Mit Blick auf geschlechtsbezogene Ungleichheiten mischer Systeme, der Nachvollziehbarkeit, eine Kont- erteilt das Grundgesetz dem Staat ausdrücklich den rolle anhand der Ergebnisse ist nicht möglich ist; daher Handlungsauftrag, die tatsächliche Durchsetzung der muss ein entsprechender Schutz frühzeitig ansetzen. Gleichberechtigung zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Relevanz der IT-Grundrechte für die Gleichberech- GG); darunter fällt u. a. der Auftrag, in der Gesellschaft tigung vorherrschende Geschlechterstereotype abzubauen (Baer/Markard 2018: Rn. 369). Das gilt auch in einer Grundrechte sind grundsätzlich als Abwehr gegen staat- digitalisierten Wirtschaft, etwa beim Einsatz algorith- liche Eingriffe in die im Grundgesetz verankerten Frei- mischer Systeme in der Personalauswahl. Hier können heits- und Gleichheitsrechte an den Staat adressiert. automatisierte Datenverwendungen zu wirtschaftli- Sie verkörpern gleichzeitig die Werteordnung einer chen Nachteilen führen (vgl. Kap. B.III.3). Gesellschaft. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Staates, zum Schutz der Grundrechte tätig zu werden, Neben diese wirtschaftliche Dimension tritt eine per- wenn eine Verletzung von Grundrechten droht, sei es sönlichkeitsrechtliche. Denn algorithmische Systeme, durch den Staat selbst, sei es durch Dritte. die Personen aufgrund statistischer Erkenntnisse und Geschlechterstereotypen bestimmte Eigenschaften Der Schutz- und Gewährleistungsauftrag des Staates, und Interessen zuschreiben, beeinträchtigen das durch was den Schutz von Daten und vor automatisierter Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Allgemeine Persönlichkeits- Datenverwendung betrifft, wird durch die besonde- recht (Baer/Markard 2018: Rn. 369) und das Recht auf ren Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 3 GG und informationelle Selbstdarstellung (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 das Gebot zur Förderung der Gleichberechtigung von Abs. 1 GG); letzteres wiederum wird durch das Grund- Frauen und Männern in Art. 3 Abs. 2 GG ergänzt bzw. recht auf informationelle Selbstbestimmung konkre- konkretisiert. Das Grundgesetz berücksichtigt his- tisiert (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Demnach wird torisch begründete Diskriminierungslagen und ge- jeder Person die grundsätzliche Freiheit garantiert, währt damit bestimmten Personengruppen besonderen selbst zu bestimmen, welches Persönlichkeitsbild sie Schutz vor Ungleichbehandlungen und strukturellen von sich vermittelt (BVerfGE 82, 236 [269]). Diese Mög- Benachteiligungen (Baer/Markard 2018: Rn. 387). So lichkeit wird ihr genommen, wenn algorithmische darf gemäß Art. 3 Abs. 3 GG keine Person wegen ihres Systeme personenbezogene Daten mit statistischen Geschlechtes, ihrer Abstammung, ihrer Rasse68, ihrer Werten kombinieren und so ein umfassendes Persön- lichkeitsbild konstruieren (Fröhlich/Spiecker gen. 68 Derzeit wird diskutiert, den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz durch Döhmann 2018). Besonders anfällig für stereotype „rassistische Diskriminierung“ oder „rassistische Zuschreibung“ zu Zuschreibungen und Persönlichkeitskonstruktionen ersetzen, weil der Begriff nationalsozialistische Terminologie re- sind Daten, aus denen die Geschlechtsidentität einer produziere und fälschlicherweise die Existenz von Menschenras- sen suggeriere (Cremer 2010; kritisch zur Streichung des Begriffs Person hervorgeht. Barskanmaz/Samour 2020).

139 3. 2. 2 Informations- und Machtasymmetrie in Person Raum zur Äußerung und zu selbstbestimmtem der Digitalisierung der Gesellschaft Verhalten – innerhalb der Grenzen der Rechte anderer – zubilligt, diesen Raum erhält und schützt. Die in den Jeder Mensch hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Grundrechten enthaltene objektive Werteordnung ver- Persönlichkeit, auch unter den Bedingungen der Daten- langt sogar vom Staat, entsprechende Rahmenbedin- verarbeitung, heißt es in Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 gungen zu schaffen sowie einzuschreiten, wenn dies Abs. 1 GG. Unter den Bedingungen moderner Daten- nicht gewährleistet ist. verarbeitung ist diese Entfaltung nicht mehr frei. Die Fülle an verfügbaren Daten aus allen Lebensbereichen Das zweite Problem liegt darin, dass im Kontext der und die Möglichkeiten ihrer Zusammenführung und Digitalisierung der Gesellschaft Teilhabe und die an- Auswertung lassen nicht nur die Gefahr gläserner Kon- gesprochene freie Persönlichkeits-, Meinungs- und Ver- sument*innen und Nutzer*innen69 für international haltensentfaltung in hohem Maße vom Zugang zu di- agierende Informationskonzerne entstehen, sondern gitalen Technologien und deren Nutzung abhängig auch die Gefahr gläserner Bürger*innen für den Staat.70 sind. Digitale Technologien angesichts der Unsicher- „Fragen der Sammlung, Aggregation, des Zugangs und heit, welche Daten gespeichert und vorrätig gehalten des Ausschlusses von Daten sind inzwischen stark mit werden, nicht zu nutzen, ist folglich nicht nur in der Machtfragen verknüpft, die über bloße Markt[macht] digitalisierten Wirtschaft kaum möglich; sie verhin- hinausreichen“ (Schneider 2019: 3) und die nicht zu- dert darüber hinaus gesellschaftliche Mitbestimmung letzt Folgen für die Geschlechtergerechtigkeit haben. und Meinungsvielfalt. Daher müssen Möglichkeiten Je mehr Daten vorhanden sind und je mehr eine Gesell- der Nutzung digitaler Technologien geschützt werden, schaft und ihre Teile vermessen sind, desto eher lassen sodass sich Personen ungehindert von Überwachung, sich staatliche und private Instrumente dazu einsetzen, Profilbildung und Verhaltenssteuerung in gesellschaft- informationelle Machtungleichgewichte zu verfestigen liche Diskurse einbringen können. Dies gilt erst recht und diese für eigene Zwecke einzusetzen. Mit diesem angesichts dessen, dass auch eine Nichtnutzung Rück- Einsatz geht die Gefahr der Reproduktion geschlechts- schlüsse zulässt und dass Dritte Informationen über bezogener Diskriminierung einher (vgl. Kapitel B.I.1). Personen digital teilen.

Zwei grundsätzliche Probleme ergeben sich, wenn die Herrschende Informationsasymmetrien verunsichern informationelle Datenhoheit an Dritte abgegeben wer- und betreffen Menschen, die Diskriminierungsrisiken den muss, ob pseudofreiwillig an große Techunterneh- ausgesetzt sind, besonders stark. Wenn beispielsweise men oder aufgrund hoheitlich festgesetzter Pflichten Bewerber*innen im Bewerbungsverfahren nicht wissen, an den Staat. Erstens kann eine ungewollte Verhaltens- auf welche Hintergrundinformationen, Profile und Er- anpassung eintreten, die durch eine (potenzielle) Über- kenntnisse potenzielle Arbeitgeber*innen zugreifen, wachung sowie durch die fehlende Kontrolle über die können die Kommunikation und Aushandlung nicht eigenen personenbezogenen Daten ausgelöst wird. Dies auf Augenhöhe stattfinden. Auch im Nachgang kann ist eine Gefahr für die einzelne Person, aber auch für die die betreffende Person nicht ausmachen, welche Infor- demokratische und freiheitliche Gesellschaft als Gan- mationen und welche Bewertung in die Entscheidung zes. Denn eine offene Gesellschaft lebt davon, dass sie eingeflossen sind – und folglich auch nicht, ob Diskrimi- im Rahmen der allgemeinen Handlungsfreiheit nach nierung im Spiel war (vgl. Kapitel B.III.3). Eine Kontrolle Art. 2 Abs. 1 GG und der Meinungsfreiheit nach Art. 5 der verfügbaren Informationen und der auswertenden Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz, die grundsätzlich jeder Technik ist unverzichtbar, um geschlechtsbezogene und andere Formen der Diskriminierung zu verhindern.

69 Ein Beispiel ist der Skandal um die Weiterverwendung der Daten von Besonders problematisch ist es, wenn eine Versorgung 50 Millionen Nutzer*innen eines großes US-amerikanischen sozialen Netzwerks durch eine britische Wahl- und Marketingagentur, um mit für die Öffentlichkeit relevanten Informationen und demokratische Wahlen und Volksabstimmungen zu beeinflussen. Diensten vermeintlich kostenfrei bereitgestellt wird, Dieser sogenannte Cambridge-Analytica-Skandal machte die Ge- sie jedoch durch die Erhebung, Zusammenführung, Re- fahren eindrücklich sichtbar (ICO 2020). kombination, Auswertung und Weitergabe persönlicher 70 Dies geschieht, wenn der Staat umfassende Datenbestände aufbaut und zu verwerten sucht, etwa mittels Vorratsdatenspeicherung Daten gegenfinanziert wird, wie das im Daten-gegen- (Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchst- Dienst-Modell der Fall ist. Zudem filtern private und speicherfrist für Verkehrsdaten), der Verknüpfung von Datenbe- öffentliche Anbieter*innen zunehmend den Zugang zu ständen unterschiedlichster Quellen (Gesetz über das Bundeskri- minalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in und die Nutzung von ihren Diensten und Angeboten, kriminalpolizeilichen Angelegenheiten, Bundeskriminalamtsge- und zwar auf Basis von Personalisierung: Unter Einsatz setz – BKAG) und der Etablierung großer Datenbanken, etwa mit mathematischer Methoden wird die einzelne Person wesentlichen Daten gesetzlich Krankenversicherter (Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation, Gruppen zugewiesen und deren Neigungen, Präferen- Digitale-Versorgung-Gesetz). zen, Entscheidungen und Verhaltensweisen analysiert

140 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Daten und Grundrechte 3

und vorausgesagt, um ihr individualisierte, benutzer- scher Systeme können viele unterschiedliche Ursachen spezifisch aufbereitete Angebote zu machen (Spiecker haben (vgl. Kapitel B.I.1 sowie Kapitel B.III.3,). Welche gen. Döhmann 2018: 37 f.). Dies kann so weit gehen, Daten in eine Entscheidung eingegangen sind, wie sie dass Zugang und Nutzung zu privaten und öffentlichen bewertet und ausgewertet und zu welchem Gesamt- Angeboten prohibitiv ausgestaltet sind, weil bestimmte wert sie zusammengefasst wurden, lässt sich an der Nutzer*innen und ihre Anliegen nicht erwünscht sind Entscheidung nicht ablesen. Daher genügt es nicht, (Fröhlich/Spiecker gen. Döhmann 2018). Personalisie- wie es bei Grundrechtsverstößen üblich ist, die Grund- rung kann also genutzt werden, um Ausgrenzung und rechtskonformität allein im Hinblick auf das Ergebnis Diskriminierung voranzutreiben, so geschehen etwa einer privaten oder staatlichen Entscheidung zu be- bei der Sperrung von LSBTIQ+-Kanälen auf YouTube urteilen, denn die automatisierte Datenverarbeitung (Oertel 2019; Abidin 2019) und jüngst auch bei TikTok steigert die Verletzlichkeit des Einzelnen (vgl. Simitis (Wittenhorst 2019; Köver 2020). et al. 2019a: Rn. 5 ff., insbesondere 10). Vielmehr bedarf es einer vorgreifenden Kontrolle sowohl der Daten als Das Datenschutzrecht – und auch der technische Da- auch des Verfahrens. tenschutz – befasst sich seit seinen Anfängen mit dem Ausgleich und der Verhinderung von Machtungleich- Machtasymmetrien sind nicht nur von Informationen, gewichten, die durch die Sammlung und Auswertung sondern auch von der Technologie, die Informationen großer Datenmengen entstehen (Simitis et al. 2019a: auszuwerten und zusammenzuführen, abhängig; daher Rn. 17). Regulierungen sind hier besonders wichtig. ist auch die ungleich verteilte Kompetenz, Technolo- Sie sind Voraussetzung dafür, dass echte und grund- gien zu bearbeiten und zu beurteilen, von Belang. Ein rechtsstärkende Alternativen einer datenschutz- und Selbstschutz der Nutzer*innen und Anwender*innen IT-sicherheitsgerechten Informationstechnologie, die schlägt oftmals fehl, wenn sie weder die Ressourcen tatsächliche Teilhabe ermöglicht, entwickelt werden noch die Fähigkeiten haben, unterschiedliche Dienste können. Solange aber die Nutzer*innen weder echte und Produkte in Bezug auf ihre Datenschutz- und IT- Wahlmöglichkeiten haben und kennen noch davon Sicherheit einschätzen zu können; die Einfachheit und Gebrauch machen, weil nämlich datenschutzkonforme Bequemlichkeit der Nutzung vieler Dienste verschlei- Lösungen höhere Gebrauchshürden und/oder einen ert oftmals deren Gefahren für die Nutzer*innen selbst Verzicht auf scheinbar kostenfreie digitale Dienste und und für andere. Produkte bedeuten würden, laufen die Versuche, Parti- zipation zu sichern und informationelle Machtasym- Medienbildung integriert zwar zunehmend digitale metrien zu verhindern, leer. Formate und will auch ein gesteigertes Bewusstsein für digitale Rechte, Datenschutz und IT-Sicherheit wecken. Sie trägt bisher nur wenig dazu bei, echtes Bewusstsein 3. 2. 3 Grundrechtsschutz beim Einsatz für Datenschutz und IT-Sicherheit zu etablieren, was algorithmischer Systeme zur Wahl alternativer, möglicherweise anders zu be- dienender und nicht gleichermaßen vernetzter Ange- Die Steuerung und Kontrolle des Informationsflusses bote führen würde, im Interesse von Selbst- und Fremd- obliegt nicht nur einzelnen Personen oder Gruppen. Die schutz (Kozyreva et al. 2020; Palmetshofer et al. 2017). Informationsintermediäre als Pförtner an der Schwelle Schutzkonzepte müssen den Umstand des geringen und zwischen Öffentlichkeit und Vertraulichkeit sind im- ineffektiven Selbstschutzes integrieren. Daher genügt mer seltener menschliche Amtsträger*innen, sondern ein Konzept der Datensouveränität im Sinne von Trans- zunehmend datenbasierte algorithmische Systeme, die parenz nicht, sondern es muss von weiteren Sicherun- Informationen sortieren und Entscheidungsalternati- gen begleitet werden. Dies ist in der Rechtsprechung ven herausbilden. Wie wir die Welt wahrnehmen, wird sowohl des BVerfG als auch des EuGH, außerdem in den zunehmend durch algorithmische Systeme bestimmt Gewährleistungen nach Art. 7 und Art. 8 der Europäi- (Spiecker gen. Döhmann 2018: 36 ff.). Die Datenschutz- schen Grundrechte-Charta (GRCh) angelegt: Prozedu- und Privatheitsgrundrechte stoßen immer wieder an rale Sicherungen begleiten den materiell-rechtlichen ihre Grenzen, wenn es um die Kontrolle der Verwen- Grundrechtsschutz. dung von Daten für nachfolgende Entscheidungen geht und damit um die Absicherung der davon erfass- Auf verfassungsrechtlicher Ebene ist es angezeigt, Wei- ten Grundrechte. tergabe- und Verwertungsverbote, Aufklärungs-, Aus- kunfts- und Löschungspflichten zu institutionalisieren. Was digitalisiert in ein Entscheidungsergebnis einge- Das Bundesverfassungsgericht verlangt außerdem, im gangen ist, lässt sich anhand des Ergebnisses zumeist Rahmen der Anerkennung des Rechts auf informatio- nicht mehr kontrollieren; denn diskriminierende und nelle Selbstbestimmung, die Einrichtung von Daten- andere unerwünschte Effekte des Einsatzes algorithmi- schutzbeauftragten und unabhängigen Aufsichtsbe-

141 hörden (BVerfGE 65, 1, 44 ff.). Auf europäischer Ebene Gegenüber dem Staat sind hier insbesondere die Grund- ergeben sich diese Anforderungen an institutionelle rechte als Abwehrrechte zu nennen; sie müssen eine Sicherungen für die Einrichtung und Effektivität un- neue Akzentuierung erfahren, indem die staatliche abhängiger Aufsichtsbehörden aus Art. 8 Abs. 3 GRCh Datensammlung und -auswertung und der staatliche sowie Art. 16 Abs. 2 AEUV. Weitergehend werden ver- Einsatz algorithmischer Systeme zur Überwachung und fahrensrechtliche und institutionelle Sicherungen aber Profilbildung der Bürger*innen stärker und effektiver ohnehin als vom Grundrechtsschutz erfasst angesehen begrenzt werden. Gegenüber Privaten, grundsätzlich (Polenz 2019: Rn. 2). geschützt durch die allgemeine Handlungsfreiheit und diverse Spezialgrundrechte, sind dem Staat rechtlich Zu den Institutionalisierungen gehören insbesonde- stärker die Hände gebunden: Im Bereich der Sozialen re: die unabhängigen Aufsichtsbehörden, Art. 51 ff. Medien greifen zugunsten Privater insbesondere die DSGVO, mit inzwischen ausgeweiteten Befugnissen, Meinungs- und Informationsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz Art. 58 DSGVO, bis hin zur Verhängung hoher Bußgelder, 1 GG, im breiten Spektrum der digitalen und digitali- Art. 83 DSGVO; die Stärkung von Klagerechten, Art. 80 sierten Wirtschaft insbesondere die Berufs- und Wett- DSGVO; die Einrichtung von Datenschutzbeauftragten bewerbsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG. v. a. in größeren Unternehmen (jedenfalls in Deutsch- land), Art. 37 ff. DSGVO bzw. § 38 BDSG. Diese Regelun- Spezifische und gesteigerte Gefährdungslagen können gen signalisieren deutlich, dass – anders als bei anderen es für die Bürger*innen schwer oder gar unmöglich ma- Grundrechten – die eigenständige Wahrnehmung der chen, ihre Grundrechte auszuüben; dies ist etwa der Fall, IT-Grundrechte nicht effektiv ist. Entsprechend müssen wenn Private ihre Grundrechtsfreiheit zum Nachteil die begleitenden institutionellen und prozeduralen Si- anderer Personen nutzen und damit deren Freiheiten cherungen so ausgestaltet sein, dass sie den Anliegen ggf. massiv beschränken. In solchen Ausnahmefällen des Datenschutzes genügen. Dafür müssen Fachkunde können aus der verfassungsrechtlichen Anforderung, und Ausstattung gesichert sein. eine grundrechtsgemäße objektive Werteordnung im gesellschaftlichen Bereich zu wahren, spezifische Ver- Mit der „Stiftung Datenschutz“ richtete der Bund vor pflichtungen des Staates erwachsen. Die aus Grundrech- einigen Jahren eine unabhängige Institution zur För- ten folgenden Schutzpflichten können erstarken und derung eines effizienten Datenschutzes ein. Als Dis- vom Staat eine aktive Beschränkung privater Macht kussionsplattform für Datenpolitik bringt die Bun- verlangen. Dies kann beispielsweise bei einer umfassen- desstiftung unterschiedliche Akteur*innen des Feldes den Vorratshaltung von Kommunikationsdaten der Fall zusammen. Allerdings fehlt es an einer konsequenten sein (vgl. BVerfG 2010) oder bei rassistisch motivierter weitergehenden (Selbst-)Verpflichtung des Bundes zum Hate Speech im Wahlkampf (vgl. Schmahl 2016). Dar- weiteren Unterhalt. über hinaus steht es der Gesetzgebung, bei Beachtung entgegenstehender Grundrechte, grundsätzlich frei, Bisher spielen die diskriminierungsrelevanten Aspekte erkannte Problemlagen zu adressieren und mittels ein- des Einsatzes algorithmischer Systeme in der Argumen- fachgesetzlicher Regulierung und unter Wahrung der tation und Praxis der Aufsichtsbehörden und Daten- verschiedenen Grundrechtspositionen einzuschreiten. schutzbeauftragten eine geringe Rolle. Um zukünftig größere Aufmerksamkeit zu erfahren, muss hinreichend Für den Handel mit Daten als Gegenleistung („Daten Personal vorhanden sein und es muss entsprechend gegen Dienst“) gibt es im einfachen Recht bereits einige sensibilisiert sein. Normen und Rechtsgebiete, die ein Informationsungleich- gewicht und die Ausnutzung technischer Übermacht zu- lasten der Nutzer*innen und Bürger*innen adressieren; 3. 2. 4 Grundrechtssicherung diese Regelungen sind Teil der Gewährleistung der in den Grundrechten verankerten objektiven Werteordnung. Die Teilhabe an und der Zugang zu privaten wie öf- Dazu gehören etwa das Wettbewerbs-, das Urheber-, das fentlichen Diensten und Produkten sowie Entschei- Verbraucherschutz- und das Geheimnisschutzrecht. Sie dungs-, Beurteilungs- und Informationsstrukturen, zielen bisher überwiegend nicht auf geschlechtsbezogene die dem Individuum in seiner Würde und Autonomie Aspekte ab, sind aber grundsätzlich offen für eine solche gerecht werden, sind elementare Voraussetzungen für Ausrichtung; manche sind sogar dezidiert auf den Schutz eine wirkmächtige Demokratie, insbesondere im Kon- benachteiligter Gruppen ausgerichtet, wie das Verbrau- text der Digitalisierung der Gesellschaft. Dies verlangt, cherschutzrecht oder das NetzDG (vgl. Kapitel B.IV.2). diesbezügliche Gefährdungslagen in grundrechtliche Abwägungen einzubeziehen. Es erfordert zudem, dass Ein wesentliches Ziel des Antidiskriminierungsrecht ist Staat und Private diese Gefährdungslagen (stärker als es, bestimmte Personen vor Nachteilen zu schützen, die bisher) berücksichtigen. aus Zuschreibungen und Kategorisierungen resultieren.

142 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Daten und Grundrechte 3

Demzufolge müssen auch bestimmte Informationen, ausgeblendet und in der Folge nicht mehr toleriert wird. die sich zum Nachteil rechtlich besonders geschützter Solche unerwünschten Fragmentierungen können insbe- Gruppen auswirken, aus Entscheidungsprozessen aus- sondere auftreten, wenn soziale Treffräume, der Zugang geklammert werden. Solche grundrechts- und demokra- und die Nutzung von Öffentlichkeit reduziert werden, tiestärkenden Beschränkungen der Informationsgrund- (ebd.: 48) weil Plattformen Informationen gezielt auf ihre lage sind verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich Nutzer*innen hin zuschneiden (Fremdfragmentierung) bei anderen Themen längst bekannt, insbesondere bei bzw. wenn Nutzer*innen spezifische Informationen ge- professionellen rechtlichen Entscheider*innen wie zielt nicht abrufen (Selbstfragmentierung). Dadurch Richter*innen; Beispiele sind Beweiserhebungs- und können sich abgeschlossene gesellschaftliche Gruppen verwertungsverbote, aber auch Befangenheitsregelun- herausbilden, die Menschen, die sich von ihnen unter- gen für den staatlichen Bereich. Auch im Privatrecht scheiden – beispielsweise hinsichtlich ihres Geschlechts, hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass ihrer Sprache, ihres Glaubens oder ihrer politischen An- Beschränkungen geboten sein können, etwa mit dem schauungen – mit Intoleranz und Feindseligkeit gegen- Verbot des Insiderhandels. Darauf aufbauend lässt sich überstehen. In der Folge entsteht durch die technisch auch der Schutz benachteiligter Gruppen, insbesondere bedingte Beschränktheit eine Fehlsteuerung der öffent- durch das Antidiskriminierungsrecht, erweitern und er- lichen Meinungsbildung. gänzen, um den Gleichheits- und Freiheitsrechten und damit der demokratischen Fundierung der Gesellschaft ausreichend Raum zur Entfaltung zu geben. 3. 3 Handlungsempfehlungen

Das Interesse des Staates und Privater an möglichst 3. 2. 5 Öffentliche Meinungsbildung im vielen Informationen über die Nutzer*innen digitaler Schatten digitaler Filter Dienste, die Auswertung dieser Informationen, die fort- bestehende Schwäche an Selbstschutzkonzepten sowie Als eine mit der Digitalisierung verbundene Gefährdung eine staatlicherseits nicht konsequent unterstützte demokratischer Grundlagen nach Art. 20 Abs. 1 GG kann institutionelle Durchsetzung von Datenschutz und die zu beobachtende Fragmentierung der Gesellschaft IT-Sicherheit führen dazu, dass bestehende Rechte ins angesehen werden. Sogenannte Filterblasen (filter bub- Leere zu laufen drohen. Neben der informationellen bles) (dazu Pariser 2011; Spiecker gen. Döhmann 2018) Selbstbestimmung sind auch die Vertraulichkeit und in den Sozialen Medien – teils von den dahinterstehen- Integrität informationstechnischer Systeme gefährdet, den Unternehmen durch Empfehlungsalgorithmen und denn nicht nur die vorhandenen Daten, auch potenziell weitere selektive Maßnahmen gezielt gefördert –können verfügbare Daten wecken Begehrlichkeiten. Dadurch wie andere digital beförderte Segregationen dazu führen, steigt insbesondere für Frauen sowie für Menschen, dass nur noch einseitig Informationen wahrgenommen die nicht dem heteronormativen Geschlechtermodell werden (Dörr/Natt 2014: 837; Spiecker gen. Döhmann entsprechen, aber auch für andere diskriminierte Grup- 2018: 42 f.). Die Sortierung und konsequente Herausbil- pen die Gefahr, in ihren Verwirklichungschancen be- dung von Parallelwelten wird so zum Kernelement einer schnitten zu werden, oft ohne dass sie dies wissen und digitalisierten Gesellschaft. Denn Digitalisierung er- ohne dass sie sich dagegen zur Wehr setzen können. möglicht nicht nur eine Selbstfragmentierung, sondern Um die Grundlagen demokratischer, freiheitlicher und vor allem auch – gerade mittels Personalisierung – eine diskriminierungsfreier Verwirklichungschancen zu Fremdfragmentierung entlang der Optionen, welche die sichern, setzt sich die Sachverständigenkommission Anbieter*innen und der Staat auf dieser Basis vorgeben umfassend für eine hohe Wertigkeit von Datenschutz, (Spiecker gen. Döhmann 2018: 37 f.). Dies wirkt sich auf Privatheit, informationeller Selbstbestimmung und die demokratischen Grundstrukturen der Gesellschaft IT-Sicherheit ein. im Sinne des Art. 20 Abs. 1 GG aus. Empfehlungen der Datenethikkommission gleich- Demokratie schafft Institutionen, die in inhaltlicher -Of stellungsorientiert umsetzen fenheit Verfahren zur Bewältigung von Veränderungen, Die von der Bundesregierung im Juli 2018 eingesetzte neuer Ansichten und wechselnden politischen Stand- Datenethikkommission legte am 23.10.2019 ihr Gut- punkten bereitstellen. Demokratie ist von Fragmentie- achten vor (Datenethikkommission 2019). Das Gut- rungen also nicht grundsätzlich bedroht, vielmehr setzt achten geht nur vereinzelt auf Nachteile und Chan- sie diese als Instrument zur Veränderung voraus (ebd.: 17). cen ein, die Daten und algorithmische Systeme für Trotzdem können sie die Funktionsfähigkeit der Demo- die Geschlechterverhaltnisse zeitigen (können). Den- kratie gefährden – dann nämlich, wenn Fragmentierungen noch begrüßt und unterstützt die Sachverständigen- zu Erstarrungen in Filterblasen und Echokammern füh- kommission für den Dritten Gleichstellungsbericht ren, etwa weil die Verschiedenheit von Lebensentwürfen die Empfehlungen der Datenethikkommission, vor

143 allem im Hinblick auf die Minimierung von Diskri- Zusammenhang mit Profilbildung und Überwachung minierungsrisiken im Umgang mit Daten und beim zu vermeiden, müssen die Datenbasis eines algorith- Einsatz algorithmischer Systeme. Die Sachverständi- mischen Systems (Inputkontrolle), deren Auswertung genkommission fordert, die Empfehlungen der Daten- durch Algorithmen (Algorithmenkontrolle) sowie die ethikkommission zeitnah und gleichstellungsorien- darauf aufbauende Entscheidung des algorithmischen tiert umzusetzen. Systems (Outputkontrolle) kontrolliert werden. Die Kontrolle ist unabhängig davon, ob staatliche oder Forschung intensivieren private Akteur*innen das Entscheidungssystem ein- Die Sachverständigenkommission empfiehlt, die For- setzen, sicherzustellen. schung im Bereich der Realisierung von Grundrechten im Zuge der Digitalisierung zu fördern und hierbei Vergabe öffentlicher Aufträge an Datenschutz und auf Ungleichheitskategorien wie das Geschlecht zu IT-Sicherheit orientieren fokussieren. In die Vergabepraxis und -vorgaben der öffentlichen Hand ist aufzunehmen, dass digitalisierte Dienste, Pro- Bildung, die Datenschutz und IT-Sicherheit gerecht dukte, Soft- und Hardware diskriminierungsfrei sein wird, ausbauen müssen und dass sie mit Datenschutz und IT-Sicher- Datenschutz und IT-Sicherheit sind als Bildungsinhal- heit nicht nur konform sind, sondern beides fördern. te sicherzustellen und als Teil digitalisierungsbezoge- ner Kompetenzen zu vermitteln (vgl. Kapitel B.III.2) Institutionen der Wahrung von Datenschutz und – und zwar bereits ab der frühen Bildung. Die hinter IT-Sicherheit für Diskriminierungsaspekte sensibi- den Informations- und Kommunikationstechnologien lisieren und entsprechend ausstatten stehenden Prozesse und deren Konsequenzen sind für Aufsichtsbehörden und Datenschutzbeauftragte sind Einzelne nicht abschätzbar (auch aufgrund der hohen gezielt dafür zu sensibilisieren, dass Datenschutz auch Kosten der Angebote zur leichteren Bedienbarkeit). und insbesondere dem Schutz benachteiligter Grup- Daher sind Nutzer*innen insbesondere erstens auf pen – etwa Menschen, die dem heteronormativen Ge- die Gefahren der Nutzung von IT (Profilbildung; un- schlechtermodell nicht entsprechen – dient. Er dient gewollte/missbräuchliche Datenauswertung; Diskri- deren Teilhabe am öffentlichen Diskurs und deren minierung und Verhaltenssteuerung/Manipulation) Partizipation an der Gesellschaft und am demokrati- hinzuweisen und zweitens in datenschutzkonforme schen System. Alternativen (Verschlüsselung; datensparsame Nut- zung; Auswahl passender Datenschutzeinstellungen; Bei der Beurteilung von Datenverarbeitungsprozessen Dezentralität) einzuführen. sind entsprechende Auswirkungen auf die Teilhabe- möglichkeiten diskriminierter Gruppen einzubeziehen. Die Sachverständigenkommission empfiehlt den Län- Bund und Länder haben eine adäquate Ausstattung der dern, Bildung zu Datenschutz- und IT-Sicherheit über Datenschutzaufsichtsbehörden sicherzustellen, damit den gesamten Lebensverlauf hinweg zu vermitteln, d. sie diese grundrechtsrelevante Position auch gegen- h. in der frühen Bildung, in den Schulen sowie in An- über den gut ausgestatteten international agierenden geboten der Aus- und der allgemeinen Weiterbildung; Informationskonzernen wahrnehmen und durchset- die Empfehlung richtet sich auch an den Bund für den zen können. Die Stiftung Datenschutz ist eine wich- Bereich der beruflichen Weiterbildung. tige Institution, die diesen Auftrag stärker geschlech- tergerecht umsetzen sollte; sie ist vom Bund und den Dienste und Produkte, die Datenschutz und IT-Si- Ländern fortzuführen und mit ausreichenden Mitteln cherheit gerecht werden, fördern für das laufende Geschäft auszustatten. Viele digitale Angebote beruhen auf einem Gegenleis- tungsmodell: „Daten gegen Dienst“. Alternativen mit Staatlichen Schutzauftrag im Sinne der Grund- enger Zweckbindung sind gezielt zu fördern, damit alle rechte wahrnehmen Menschen unabhängig vom Geschlecht an der Digitali- Um der objektiv-rechtlichen Wertedimension im Kon- sierung teilhaben können – frei von der Sorge um Dis- text der datenschutzrelevanten Grundrechte gerecht kriminierung, Ausspähung und mangelnden Schutz. zu werden, muss die digitale Infrastruktur und eine Praxis des Umgangs mit Daten gefördert werden, die Umfassende Kontrolle algorithmischer Systeme weder einer allumfassenden Verstaatlichung noch einer sicherstellen allumfassenden Vermarktlichung personenbezogener Aufgrund der Vielfalt möglicher Ursachen diskrimi- Daten gleichkommt. Datensparsamkeit, eine starke nierender und unerwünschter Effekte des Einsatzes Zweckbindung, IT-Sicherheit, Dezentralisierung und algorithmischer Systeme sind umfassende Kontrollen Beschränkung von Nutzung und Zugang dienen einer erforderlich. Um Diskriminierungen insbesondere im solchen Umsetzung. Der Staat sollte die Verantwortung

144 Digitalisierung der Gesellschaft B.IV Daten und Grundrechte 3

für eine objektive Werteordnung aktiv wahrnehmen, folgende Maßnahmen umgesetzt werden: eine strik- um Vulnerable und Marginalisierte zu schützen, Vor- te Opt-in-Lösung für Datenauswertungsprogramme sichtigen Zugang zu verschaffen und Gleichstellung und hierfür unbemerkt hinterlegte Informationen, zu fördern. insbesondere Cookies; eine strikte Verpflichtung und Haftung auch der Softwarehersteller*innen, was die Infrastruktur schaffen, die mit Datenschutz und Einhaltung der DSGVO und der Privacy-Verordnung IT-Sicherheit konform ist betrifft und bezüglich Privacy-by-Design; effektive und Öffentliche Stellen sollten eine an Freiheits- und Gleich- benutzer*innenfreundliche Do-not-track-Vorkehrun- heitsrechten ausgerichtete Infrastruktur bereitstellen. gen; eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung; eine klare Be- Dazu gehört eine am Gemeinwohl orientierte, ge- grenzung von Profiling und Scoring; ein Verbot perso- schlechtergerechte sowie intersektionalitätsbewusste nalisierter, dynamischer Werbung und Preisbildung. Plattform digitaler Grundversorgung und politischer Partizipation. In Schulen und Bildungseinrichtungen IT-Sicherheit stärken sind Anwendungen einzusetzen, die Datenschutz und Das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und IT-Sicherheit gewährleisten und die eine Weitergabe Integrität informationstechnischer Systeme als so- der Daten von Schüler*innen und Lehrkräften und eine genanntes IT-Sicherheits-Grundrecht wurde bislang Vernetzung mit kommerziellen sozialen Netzwerken in seinem Gehalt und seinen Wirkungen vernachläs- verhindern. Empfohlen wird die Bereitstellung und sigt. Bundesregierung, Landesregierungen und staat- Nutzung von Open-Source-Anwendungen, wobei auch liche Einrichtungen haben darauf hinzuwirken, dass darauf aufbauende Dienste als Open Source verfügbar Authentizität, Vertraulichkeit und Zugriffsschutz in gemacht werden müssen. Ein Transfer von Daten des ihrer Bedeutung erkannt und umgesetzt werden. Dies schulischen Kontextes aus dem europäischen Rechts- beinhaltet: Initiativen der EU zum Schutz der IT-Si- raum hinaus ist auf vertraglicher oder gesetzlicher cherheit zu unterstützen; kryptografischen Schutz vor Basis zu untersagen, die Umsetzung dieses Verbotes unberechtigtem Zugriff zu verstärken; Forschung im ist zu kontrollieren. Bereich der angewandten IT-Sicherheit und des Daten- schutzes finanziell und strukturell auszubauen; Einbau Vorgaben der DSGVO einschließlich enger Zweck- gezielter Sicherheitslücken zur Nutzung für staatliche bindungen proaktiv umsetzen Zwecke zu verhindern. Die Sachverständigenkommission fordert von allen staatlichen Institutionen in Bund, Ländern und Kom- Fragmentierungen entgegenwirken und soziale munen, gesellschaftliche Grund- und Rahmenbedin- Treffräume erhalten, insbesondere im Bildungs- gungen aktiv und mit Nachdruck so zu gestalten, dass bereich die Grundrechte Datenschutz, Privatheit, informatio- Gesetzgebung und Verwaltung müssen Maßnahmen nelle Selbstbestimmung und IT-Sicherheit als hohe ergreifen, um Fragmentierungen, die in Filterblasen Werte zum Wohl aller Bürger*innen tatsächlich reali- und abgeschotteten Gruppen resultieren, zu verhin- siert werden (unabhängig von Kategorisierungen wie dern. Dazu gehört zuallererst der Erhalt sozialer Treff- beispielsweise Geschlecht, Abstammung, Sprache oder räume virtueller und analoger Art, in denen die Va- Herkunft, Art. 3 Abs. 3 GG). Dazu gehört, die Vorgaben riabilität menschlicher Lebensformen zur Kenntnis der DSGVO proaktiv um- und durchzusetzen. genommen werden kann; es geht also um Räume, in denen verschiedene Lebenswirklichkeiten, -entwürfe Von Instrumenten ausgreifender staatlicher und pri- und -wertigkeiten – auch und insbesondere diskrimi- vater Datenauswertung (beispielsweise Vorratsdaten- nierter Gruppen – vorkommen und wahrgenommen speicherung, Profilbildung, weitreichende Datenaus- werden. An diesem Ziel müssen sich Differenzierungen tauschverfahren, Einrichtung zentraler Datensammel- und Auswahlkriterien bei Medien- und Bildungszu- stellen) ist abzusehen. Für die Datenverwendungen sind gängen, im privaten wie im öffentlichen Bildungswe- enge Zweckbegrenzungen abzusichern, auch über die sen, orientieren – öffentliche Bildungseinrichtungen DSGVO hinaus. Die Kommission lehnt eine zentrale dürfen hierbei faktisch nicht wesentlich schlechter Speicherung mit vielfältigen Weiterverwendungsmög- gestellt sein als private. lichkeiten und geringer Zweck- und Verarbeiter*innen- bindung ausdrücklich ab. ePrivacy-Verordnung datenschutzsteigernd aus- gestalten Datenschutzfreundliche Voreinstellungen sind gezielt durchzusetzen. Bei der geplanten ePrivacy-Verordnung der EU soll sich Deutschland dafür einsetzen, dass

145 C. Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente

146 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C

Die bisherigen Kapitel des Gutachtens konzentrierten 2017: 230). Verschiedene Elemente wurden seitdem auf sich auf die Bewertung und Förderung gleichstellungs- den Weg gebracht. So etablierte sich die Gleichstellungs- orientierter Verwirklichungschancen im Zuge des di- berichterstattung mit dem mittlerweile Dritten Gleich- gitalen Transformationsprozesses. In den erarbeiteten stellungsbericht als Grundlage für die Ausgestaltung Handlungsempfehlungen wurden Strukturen und Ins- politischer Maßnahmen. Zudem verabschiedete die trumente zur Förderung der Gleichstellung (innerhalb Bundesregierung im Jahr 2020 erstmalig eine ressort- der „Zwiebelschichten“ im Zwiebelmodell) themati- übergreifende Gleichstellungsstrategie, die neben zahl- siert. Aber auch über die einzelnen Zwiebelschichten reichen Maßnahmen auch konkrete Kriterien enthält, hinaus sind Strukturen und Instrumente unverzicht- anhand derer sich die Umsetzung gleichstellungspoli- bar, die genuin zum Politikfeld Gleichstellung gehö- tischer Ziele überprüfen lässt (vgl. Kapitel C.I). Nicht ren. Bereits der Erste Gleichstellungsbericht stellte fest: zuletzt wurde die Einrichtung einer Bundesstiftung für „Gleichstellungspolitik ist ein eigenständiges Politik- Gleichstellung im Koalitionsvertrag vereinbart (CDU/ feld der Bundesregierung, das entsprechende Ressort ist CSU/SPD 2018: 25); sie soll zukünftig nicht nur die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Gleichstellungspolitik begleiten, sondern darüber hinaus und Jugend (BMFSFJ). Als Querschnittspolitik verlangt auch die Vernetzung der Zivilgesellschaft unterstützen Gleichstellungspolitik die Bereitschaft und Fähigkeit zu und Geschlechterforschung fördern (vgl. Kapitel C. IV). ressort- und akteursübergreifendem Arbeiten.“ (Bun- desregierung 2011: 32) Im internationalen gleichstel- Demgegenüber fehlt es aber nach wie vor an einer ins- lungspolitischen Diskurs, beispielsweise im Kontext der titutionellen Verankerung einer gleichstellungsorien- UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW), werden diese tierten Haushaltspolitik (vgl. Kapitel C.II). Die Auswir- gleichstellungspolitischen Instrumente und Strukturen kungen von Gesetzesvorhaben auf die Gleichstellung als institutionelle Mechanismen (engl.: institutional mecha- von Frauen und Männer werden, trotz der Verankerung nisms) bezeichnet (vgl. zum Beispiel CEDAW-Allianz der Gleichstellung von Frauen und Männern als Quer- Deutschland 2019: 12 f.). Diese institutionellen Mecha- schnittsprinzip, in der fiskalpolitischen Praxis bislang nismen stellen, um im Bild der Zwiebel zu bleiben, den kaum vertieft geprüft (vgl. Kapitel C.III). „Nährboden“ dar, der die Zwiebel versorgt. Sie schaffen die Rahmenbedingungen für die tatsächliche Durch- Die in Kapitel B thematisierten Problemlagen und Hand- setzung gleicher Verwirklichungschancen, auch im lungsempfehlungen zur Digitalisierung in Wirtschaft Kontext der Digitalisierung. und Gesellschaft werfen die Frage nach institutionel- len Mechanismen und Strukturen auf, die eine gleich- Die Sachverständigenkommissionen für den Ersten und stellungsorientierte Digitalisierung befördern oder ge- Zweiten Gleichstellungsbericht wiesen bereits auf die währleisten. Kapitel C greift nun die Struktur und die Relevanz institutioneller Mechanismen und Strukturen Empfehlungen aus dem Zweiten Gleichstellungsbericht als Voraussetzung für eine konsistente an Art. 3 Abs. 2 (Bundesregierung 2017: 230 ff.) auf und entwickelt sie GG orientierte ziel- und wirkungsorientierte Gleich- mit Bezug auf den digitalen Transformationsprozess stellungspolitik hin (vgl. Bundesregierung 2011: 32 ff.; konkretisierend weiter.

B. IV Digitalisierung der Gesellschaft

B. III Digitalisierte Wirtschaft

B. II Digitale Wirtschaft

B. I C. Digitalbranche Gleichstellungspolitische Strukturen und Instrumente

147 ab. Dazu gehört beispielsweise ein Projekt des BMFSFJ C. I Gleichstellungsaktionspläne zum Schutz von Frauen und Mädchen vor digitaler und -strategien Gewalt (ebd.: 26), ein wichtiges Thema auch des vor- liegenden Gutachtens (vgl. Kapitel B.IV.2).

1. Ausgangslage 2. Analyse Die in Art. 3 Abs. 2 GG verankerte Gleichberechtigung von Frauen und Männern betrifft alle politischen Be- Der digitale Transformationsprozess wirkt sich nicht nur reiche und damit verschiedene Zuständigkeiten. Das- auf die Erwerbsarbeit, sondern auch auf das Privatleben selbe gilt für die Digitalisierung, die, wie dieses Gut- aller Menschen aus. In diesem Transformationsprozess achten zeigt, alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft stellen sich Fragen bestehender Geschlechterungleich- (vgl. Kapitel A). heit neu und anders; daher ist die Förderungen gleicher Verwirklichungschancen nicht nur eine große Heraus- Derartige Querschnittsthemen stellen eine Heraus- forderung, sondern auch eine dringliche Aufgabe (vgl. forderung für die Politikkoordination dar, denn die Kapitel B). Die ressortübergreifende Gleichstellungstra- Ministerialverwaltung zeichnet sich durch eine hohe tegie muss daher in Verschränkung mit der nationalen Spezialisierung aus. Die Ministerien bearbeiten vor- Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ gedacht nehmlich die Themen, für die sie zuständig sind, und und umgesetzt werden. achten darauf, dass die Ressortgrenzen gewahrt wer- den (Kuhl 2020a: 12 f.). Deshalb sind ressortübergrei- fende Strategien notwendig, in denen gemeinsame 2. 1 Ressortübergreifende Ziele definiert werden. Auf dieser Grundlage können Gleichstellungsstrategie die einzelnen Ressorts konkrete Maßnahmen ableiten und umsetzen. Die Umsetzung sollte in jeder Legisla- Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie defi- turperiode evaluiert werden, damit die nachfolgende niert „Gleichstellungspolitische Standards in der digita- Bundesregierung, unter Berücksichtigung der Gleich- len Lebens- und Arbeitswelt“ als eines von neun Zielen. stellungsberichterstattung, nachsteuern kann. Dieses wiederum wurde mit acht Maßnahmen unterlegt (BMFSFJ 2020c: 64 ff.). Dazu zählen: Die Sachverständigenkommission des Zweiten Gleich- stellungsberichtes empfahl der Bundesregierung in » die Verhinderung unzulässiger Diskriminierungen diesem Sinne, eine Gleichstellungsstrategie mit kon- beim Einsatz algorithmenbasierter Entscheidun- kreten Zielen, Maßnahmen und Indikatoren zu de- gen (BMJV); ren Überprüfung zu verabschieden (Bundesregierung 2017: 231). Im Juli 2020 beschloss die Bundesregierung » die Überprüfung des Arbeitsschutzes in der digita- erstmalig eine solche nationale Gleichstellungsstrate- lisierten Wirtschaft, ein rechtlicher Rahmen zur gie; sie beinhaltet neun Ziele, zu denen auch „Gleich- Förderung und Erleichterung Mobiler Arbeit, die stellungspolitische Standards in der digitalen Lebens- Überprüfung des Diskriminierungsschutzes in der und Arbeitswelt“ gehören (BMFSFJ 2020c: 33). digitalen Wirtschaft, die Beobachtung von und die Forschung zu Arbeitswelt und Sozialstaat (BMAS); Auch für die Digitalisierung verankerte die Bundesre- gierung eine ressortübergreifende Strategie. Die Um- » die Stärkung der Rechte von Verbraucher*innen setzungsstrategie der Bundesregierung „Digitalisierung auf Plattformen sowie der Plattformarbeiter*innen gestalten“ konzentriert sich auf fünf Handlungsfelder: (BMAS und BMWi); „Digitale Kompetenz, Infrastruktur und Ausstattung, Innovation und digitale Transformation, Gesellschaft » die Berücksichtigung von Gleichstellungsaspekten im digitalen Wandel sowie Moderner Staat“ (Bundes- bei der Einrichtung neuer und Besetzung vorhande- regierung 2020a: 9). Gleichstellung wird dabei in An- ner Gremien, die sich mit der Digitalisierung befas- lehnung an § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung sen (alle Ressorts); der Bundesministerien (GGO) als Querschnittsthema festgelegt, das „als durchgängiges Leitprinzip und bei » und nicht zuletzt der Dritte Gleichstellungsbericht allen politischen, normgebenden und verwaltenden der Bundesregierung zum Thema Chancen von Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Berei- Frauen und Männern in der digitalen Wirtschaft chen gefördert werden soll, also auch bei der Digitali- (BMFSFJ), in dessen Rahmen dieses Gutachten er- sierung“ (ebd.: 9). Zudem zielen verschiedene Einzel- stellt wurde. maßnahmen auf die Gleichstellung der Geschlechter

148 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C Gleichstellungsaktionspläne und -strategien I

Das vorliegende Gutachten macht deutlich, dass gleich- Andere digitalisierungsbezogene Strategien wie die stellungsorientierte Maßnahmen nicht nur für den Be- „Strategie Künstliche Intelligenz“ der Bundesregierung reich der digitalen bzw. digitalisierten Wirtschaft not- (2018) oder die Digitalstrategie des BMBF „Digitale Zu- wendig sind, sondern dass auch weitere gesellschaftliche kunft: Lernen. Forschen. Wissen“ (2019) ließen einen Bereiche in den Blick genommen werden müssen. Die geschlechter- und frauenpolitischen Ansatz vermissen von der Sachverständigenkommission formulierten (Deutscher Frauenrat 2019: 29). Die im Zuge der Gutach- Handlungsempfehlungen ergänzen und konkretisieren tenerstellung geführten Gespräche mit weiteren Digi- die Maßnahmen der ressortübergreifenden Gleichstel- talgremien bestätigen diese Feststellung des Deutschen lungsstrategie zum Thema Digitalisierung und bilden Frauenrates.71 Mittlerweile legte das BMFSFJ im Rahmen eine wichtige Grundlage, um die Strategie weiterzu- der „Strategie Künstliche Intelligenz“ drei Pilotprojekte entwickeln. mit Gleichstellungsbezug auf.

Um die Wirksamkeit der Gleichstellungsstrategie eva- Bereits der Zweite Gleichstellungsbericht hielt fest, luieren zu können, sollten die Ressorts von vornherein dass Geschlechterverhältnisse für viele Gremien und überprüfbare Kriterien festlegen und öffentlich machen. Regierungsprogramme, die sich mit Digitalisierung Auch die bereits beschlossenen Maßnahmen im Bereich befassen, bislang eine Leerstelle sind (Bundesregierung der Digitalisierung sollten um überprüfbare gleichstel- 2017: 220). Die vom Bundesministerium der Justiz und lungspolitische Zielvorgaben ergänzt werden. Bislang für Verbraucherschutz (BMJV) und dem Bundesminis- fehlt es überwiegend an konkreten Kriterien für die terium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) einge- Überprüfung der Maßnahmen. setzte Datenethikkommission beschäftigte sich zwar mit Diskriminierungsrisiken beim Umgang mit Daten Für die politische Koordination der Umsetzung der algorithmischer Systeme; auf Geschlechterverhältnisse ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie bedarf bezogene Nachteile und Chancen von Daten und algo- es finanzieller und personeller Ressourcen. Neben der rithmischen Systemen werden jedoch nur vereinzelt Koordinierung durch das BMFSFJ als federführendem thematisiert (Datenethikkommission 2019). Die Bun- Ministerium für Gleichstellungsfragen ist eine Unter- desregierung legte daher in der ressortübergreifenden stützung durch die geplante Bundesstiftung für Gleich- Gleichstellungsstrategie u. a. fest, dass „ein Gender- stellung sinnvoll (vgl. Kapitel C.IV). Mainstreaming aller Gremien, die sich mit der Zukunft und der Digitalisierung beschäftigten“, erfolgen sollte (BMFSFJ 2020c: 70). 2. 2 Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ Die Sachverständigenkommission erachtet zum einen eine wissenschaftliche Evaluation der Digitalisierungs- Die Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ der strategie der Bundesregierung („Digitalisierung gestal- Bundesregierung ist aufgrund von § 2 GGO dem Prinzip ten“) als sinnvoll, um derzeitige Projekte auf ihre Gleich- des Gender Mainstreaming verpflichtet. Demnach ist stellungswirkung hin zu untersuchen. Zum anderen ist bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden ein Begleitprojekt nötig, dass die einzelnen Ressorts bei Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen der Implementierung des Leitprinzips Gleichstellung die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. unterstützt.

Bislang bleibt die Umsetzungsstrategie jedoch beim Be- Auch andere digitalisierungsbezogene Strategien soll- kenntnis zum Thema Gleichstellung als durchgängigem ten systematisch auf ihre Gleichstellungswirkung hin Leitprinzip stehen. Ob Gleichstellung als Querschnitts- untersucht und angepasst werden. Dazu gehört die pa- thema bei den einzelnen Maßnahmen tatsächlich mit- ritätische Besetzung der relevanten Digitalgremien, die gedacht wird, ist nicht ersichtlich. Maßnahmen, die mehr als ein bloßes formales demokratisches Prinzip ganz direkt auf die Gleichstellung von Mädchen und ist. Nur wenn Frauen angemessen in Gremien vertreten Frauen zielen, beschränken sich auf das BMFSFJ (Schutz sind, können unterschiedliche Erfahrungen und Pers- vor digitaler Gewalt, vgl. Bundesregierung 2020a: 27) pektiven in deren Arbeit einfließen – und sie wirkungs- sowie auf das Bundesministerium für wirtschaftliche voller machen. Damit geschlechtsbezogene Aspekte Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) (Förderung in der Arbeit der Gremien systematisch berücksichtigt digitaler Kompetenzen von Frauen und Mädchen in Ent- werden, empfiehlt es sich, diese als regelmäßigen Be- wicklungsländern, vgl. Bundesregierung 2020a: 28); die Herausforderungen der Digitalisierung für die Gleich- stellung der Geschlechter betrifft aber – wie das vorlie- gende Gutachten zeigt – weitaus mehr als Fragen des 71 Die Gespräche sind in dem auf der Homepage des Dritten Gleich- stellungsberichts veröffentlichten Zeitstrahl aufgeführt, der einen Schutzes und der Kompetenzen. Überblick zur Arbeit der Sachverständigenkommission gibt.

149 standteil der Tagesordnung zu verankern und ggf. ex- Bundesgremienbesetzungsgesetzes werden (§ 5 Abs. 1 terne Gleichstellungsexpertise hinzuzuziehen. BGremBG). Damit hätten die Institutionen des Bundes darauf hinzuwirken, dass eine paritätische Vertretung Um die digitale Transformation so zu gestalten, dass die von Frauen und Männern geschaffen oder erhalten Verwirklichungschancen unabhängig vom Geschlecht wird (§ 5 Abs. 2 BGremBG). konsequent gefördert werden, ist es unerlässlich, die Sichtweise und Erfahrung aller einzubeziehen, die von Ressourcen für die Koordination gleichstellungs- den Entwicklungen betroffen sind. Hierfür müssen – politischer Querschnittsaufgaben im BMFSFJ zur wie bereits vom Deutschen Frauenrat (vgl. 2019: 29) Verfügung stellen gefordert – unterschiedliche zivilgesellschaftliche Ak- Es bedarf einer angemessenen personellen und finan- teur*innen frühzeitig einbezogen werden. ziellen Ausstattung des BMFSFJ als federführendem Ministerium für Gleichstellung, um ressortspezifische und -übergreifende Prozesse unterstützen zu können. 3. Handlungsempfehlungen Dies sollte zudem durch eine inhaltliche Schwerpunkt- setzung zum Thema Digitalisierung in der geplanten Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie Bundesstiftung für Gleichstellung ergänzt werden. fortschreiben und für die digitale Transformation konkretisieren Die Sachverständigenkommission empfiehlt, die res- sortübergreifende Gleichstellungsstrategie zu überprü- fen, fortzuschreiben und an die digitale Transformation anzupassen. Die gleichstellungspolitischen Ziele sind zu evaluieren und Lücken in den Maßnahmen, die es zur Erreichung dieser Ziele braucht, zu identifizieren.

Die Zielvorgaben und die Indikatoren der ressortüber- greifenden Gleichstellungsstrategie sind anhand der Handlungsempfehlungen des Dritten Gleichstellungs- berichtes zu aktualisieren und zu konkretisieren.

Leitprinzip Gleichstellung in der Umsetzungsstra- tegie Digitalisierung gestalten realisieren Das Leitprinzip Gleichstellung muss in der nationalen Umsetzungsstrategie „Digitalisierung gestalten“ um- gesetzt werden. Hierfür empfiehlt die Sachverständi- genkommission eine wissenschaftliche Evaluation der Digitalisierungsstrategie der Bundesregierung.

Die Sachverständigenkommission empfiehlt zudem, ein Begleitprojekt zu beauftragen, das die Implemen- tierung des Leitprinzips Gleichstellung in der Digi- talisierungsstrategie der Bundesregierung begleitet. Auf Grundlage der wissenschaftlichen Evaluation sollte die Strategie, unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Dritten Gleichstellungsberichtes, in einem ersten Schritt um konkrete gleichstellungsrelevante Vor- haben in ihren fünf Handlungsfeldern (s. o.) ergänzt werden; diese Modellvorhaben könnten mit einem Begleitprojekt zur Implementierung des Leitprinzips Gleichstellung unterstützt werden.

Digitalisierungsrelevante Gremien geschlechter- paritätisch besetzen Es sollte überprüft werden, ob die Digitalgremien des Bundes, allein angesichts ihrer Zukunftsrelevanz, durchgängig als wesentliche Gremien im Sinne des

150 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C Gleichstellungsorientierte Haushaltspolitik / Gender Budgeting II

ten analysierten geschlechtsbezogenen Auswirkungen C. II Gleichstellungsorientierte der technologischen Entwicklung – beispielsweise der Haushaltspolitik / Gender einseitige Fokus auf die Beschäftigungswirkungen in Budgeting männerdominierten Branchen (siehe Kap. B.III.1), die unterschiedliche Förderung von Gründungen in der IKT-Branche (siehe Kap. B.I.3) oder der in der Technik- entwicklung und -gestaltung gezeigte Gender-Bias (siehe 1. Ausgangslage Kap. B.I.1) – darauf schließen, dass von den im Haushalt eingestellten Geldern v. a. männerdominierte Bereiche Gender Budgeting, auf Deutsch geschlechtergerechte profitieren werden (vgl. Pimminger/Bergmann 2020: 34). Haushaltssteuerung, zielt auf eine gleichstellungsorien- tierte Erhebung und Verwendung staatlicher Einnahmen Auch geschlechterdifferenzierte Auswertungen der und Ausgaben (Frey 2010). Dazu gehört, die Auswirkun- während der Coronakrise verabschiedeten Konjunktur- gen der staatlichen Haushaltspolitik auf geschlechts- pakete des Bundes und der EU weisen darauf hin, dass bezogene Verwirklichungschancen zu prüfen und an gleichstellungsrelevante Belange nicht ausreichend be- gleichstellungsrelevanten Zielen auszurichten. Gender rücksichtigt wurden: Budgeting beinhaltet und erfordert außerdem eine aus- gewogene Beteiligung von Frauen und Männern in den » Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket Gremien, in denen über öffentliche Gelder entschieden „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zu- wird. Gender Budgeting entspricht den Erfordernissen kunftsfähigkeit stärken“ (Bundesregierung 2020b) eines demokratisch verfassten Staates und verbessert ermöglichte, Investitionen in die Digitalisierung der die fachliche Qualität finanzwirksamer Entscheidun- öffentlichen Verwaltung, der Sicherheit und neuer gen (vgl. Kuhl/Frey 2019: 5 f.). Rüstungsprojekte im Rahmen von bis zu zehn Mil- liarden Euro vorzuziehen. Dies kommt tendenziell Branchen zugute, in denen der Frauenanteil unter 2. Analyse den Beschäftigten unterdurchschnittlich ist (Ham- merschmidt et al. 2020: 22). Für die Pflegebranche, die 2. 1 Verschärfung geschlechtsbezogener eine Schlüsselrolle in der Coronapandemie spielt, ist Ungleichheiten durch die Verteilung im Milliardenpaket der Bundesregierung hingegen öffentlicher Mittel kaum etwas enthalten (vgl. Frey/Röhr 2020: 2), obwohl auch sie bei der Digitalisierung soziotechnischen Die Relevanz geschlechtergerechter Budgetentscheidun- Nachholbedarf hat (vgl. Kapitel B.III.1). gen zeigt sich gerade im Kontext der Digitalisierung, für die erhebliche öffentliche Gelder zur Verfügung » Beim „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“, mit dem gestellt werden. in erster Linie die Digitalisierung gefördert werden soll, besteht das Risiko, dass die Gelder in techni- Die Bundesregierung treibt die digitale Transformation sche Innovationen fließen, während die Situation der Wirtschaft u. a. im Rahmen der Digitalen Agenda des – meist weiblichen – Pflegepersonals sowie der des BMWi entscheidend voran. Im Bundeshaushalt daraus resultierende Fachkräftebedarf vernachläs- 2021 sind dafür beispielsweise 461 Millionen Euro ein- sigt werden (vgl. Frey/Röhr 2020: 4). Bestehende gestellt (Deutscher Bundestag 2020c: 1095, Einzelplan Probleme in diesem Feld werden reproduziert (vgl. 09). Die finanziellen Mittel sind u. a. eingeplant für: die Kapitel B.III.1). Förderung digitaler Technologien für die Wirtschaft mit einem Schwerpunkt auf die sogenannte Industrie 4.0; die » Der European Recovery Fund (ERF) zielt v. a. auf Förderung von Pilotprojekten zur Auslotung künftiger wirtschaftliche Impulse, u. a. durch die Förderung Förderschwerpunkte; die Unterstützung von Gründun- der Digitalbranche, vernachlässigt jedoch die coro- gen und Start-ups im Bereich kreativer Informations- und nabedingten Auswirkungen auf Sorgearbeit (Klatzer/ Kommunikationstechnologien; die Weiterentwicklung Rinaldi 2020). Bei der Förderung der Digitalbranche von KI und den Aufbau der dafür notwendigen digita- wiederum müsste geprüft werden, welche Impulse len Infrastruktur in der Wirtschaft (vgl. ebd.: 1112 f.). für den Abbau bestehender geschlechtsbezogener Zugangs- und Verbleibshürden gesetzt werden (vgl. Inwieweit sich dies – und die hiermit verbundenen Mit- Kapitel B.I.2). telverteilungen – positiv oder negativ auf die Verwirk- lichungschancen von Frauen und Männern auswirkt, Ohne eine systematische, wirkungsorientierte und ge- ist ohne geschlechterdifferenzierte Daten und Analysen schlechtergerechte Haushaltspolitik, die geschlechts- schwer zu sagen. Allerdings lassen die in diesem Gutach- bezogene Ungleichheiten in den Blick nimmt, besteht

151 das Risiko, dass sich bestehende Ungleichheiten nicht ankerung von Gender Budgeting im Haushaltsverfahren nur verfestigen, sondern sogar verschärfen. Daher soll- entwickelt werden. ten die digitalisierungsbezogenen Ausgaben im Bun- deshaushalt 2021 unbedingt im Rahmen eines Gender Schließlich mangelt es an einer ausdrücklichen Ver- Budgeting untersucht werden. pflichtung, alle in den Haushalt eingestellten Mittel gleichstellungsorientiert einzusetzen und für die Ein- zelpläne konkrete gleichstellungspolitische Ziele zu 2. 2 Gleichstellungsorientierte Ansätze auf der formulieren. Als Orientierung bieten sich die im Zwei- Ebene des Bundeshaushalts ten und im Dritten Gleichstellungsbericht konkreti- sierten Gleichstellungsziele an, die auch im Kontext Nach § 2 der GGO ist die Gleichstellung von Frauen und der Digitalisierung weiterhin handlungsweisend sind Männer „durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen (vgl. Kapitel A.V). politischen, normgebenden und verwaltenden Maß- nahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen ge- fördert werden (Gender-Mainstreaming)“. Dazu gehört 2. 3 Gleichstellungsorientierte Ansätze bei der nach §§ 2, 43 Abs. 1 Nr. 5, 44 Abs. 1 GGO, bei Gesetzes- Vergabe öffentlicher Mittel vorhaben der Bundesregierung in deren Begründung die wesentlichen Gesetzesfolgen für die Gleichstellung von Auch bei der Vergabe öffentlicher Mittel durch staatliche Frauen und Männern darzustellen. Demzufolge müssen Stellen, beispielsweise Ministerien und Körperschaften auch im Haushaltsgesetz, der Grundlage des jährlichen des öffentlichen Rechts wie die Kreditanstalt für Wieder- Bundeshaushalts, die wesentlichen gleichstellungsrele- aufbau (KfW), oder durch private Organisationen wie vanten Auswirkungen des Haushalts dargelegt werden die DFG ist die gleichstellungsorientierte Prüfung bis- (§§ 2, 44 Abs. 2 GGO). lang unzureichend. Beispielsweise könnte eine gleich- stellungsgerechte Verteilung der Mittel für Maßnahmen Die Bundesregierung argumentiert jedoch, dass mit der Forschungs- und Wirtschaftsförderung im Bereich dem Haushaltsgesetz im engeren Sinne, d. h. dem Ge- der Digitalisierung dazu beitragen, geschlechtsbezoge- samtplan, den Übersichten und den Einzelplänen, ne Ungleichheiten abzubauen. Dafür müsste zunächst lediglich der finanzielle Rahmen der Fachpolitiken die derzeitige Verteilung der Gelder analysiert werden, beschrieben werde, ohne dabei geschlechtsspezifische um auf dieser Basis Handlungsbedarfe zu identifizieren. Rollen- und Aufgabenverteilungen festzuschreiben Hier kann an Erfahrungen aus Österreich, aber auch an oder zu verändern. Es bleibe daher Aufgabe der Fach- Analysen zu Mitteln des ESF angeknüpft werden. politik, bei Inanspruchnahme des finanziellen Er- mächtigungsrahmens mögliche Wirkungen zu berück- So untersuchten Bergmann et al. (2017) die österrei- sichtigen (Bundesregierung 2020c: 12). Dieser Ansatz chische Forschungsförderungslandschaft im Bereich verkennt zum einen, dass bereits mit den im Budget der Digitalisierung aus einer Genderperspektive. In gesetzten finanziellen Schwerpunkten geschlechts- Anlehnung an diese Studie schlagen Irene Pimminger bezogene Ungleichheiten verstärkt oder ausgeglichen und Nadja Bergmann (2020: 37) für eine erste Analyse werden können. Zum anderen wird der Entwurf für der Forschungsförderung im Bereich der Digitalisie- den Bundeshaushalt auf der Grundlage der künftigen rung drei Aufgliederungen vor: erstens nach spezifisch finanziellen Bedarfe der Ressorts erstellt; demzufolge gleichstellungsorientierten Förderungen einerseits, müssten hier bereits die gleichstellungsrelevanten Förderungen ohne Gleichstellungsbezug andererseits; Bedarfe festgestellt und in der Verteilung der Mittel zweitens nach geförderten (männer- oder frauendomi- berücksichtigt sein (Überblick Aufstellung Bundes- nierten) Branchen; drittens nach Anzahl der mit den haushalt Kuhl/Frey 2019: 10). Geldern erreichten Frauen und Männer. Weitere Op- tionen zeigt die vom österreichischen Bundesministe- Bislang fehlt es an einer systematischen Verankerung rium für Bildung, Wissenschaft und Kultur finanzierte von Gender Budgeting in der Haushaltsaufstellung. Gender-Budgeting-Analyse ausgewählter Forschungs- Angesichts der in Kapitel B ausführlich diskutierten förderungsprogramme auf. Hier wurden zum einen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Geschlechter- quantitativen Auswirkungen der Programme auf der verhältnisse und der erheblichen öffentlichen Gelder, Personalebene (Aufteilung der Ressourcen Zeit und Geld die auch in Zukunft in die Digitalisierung investiert innerhalb der Programme; Beschäftigungs- und Einkom- werden, ist es dringend notwendig, deren Verwendung menseffekte), zum anderen die qualitativen Wirkungen aus einer gleichstellungsorientierten Perspektive zu der Forschungsinhalte und -ergebnisse untersucht (vgl. analysieren. Auf dieser Grundlage können konkrete Frey/Spangenberg 2007). Schritte und Maßnahmen für eine systematische Ver-

152 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C Gleichstellungsorientierte Haushaltspolitik / Gender Budgeting II

Die Gender-Budgeting-Analysen der ESF-Fördermittel abschätzung und Planung von Fördermaßnahmen (vgl. erfassen zum einen die Zahl der Teilnehmenden nach ebd. 110). Damit kann aus Sicht der Sachverständigen- Geschlecht sowie deren Verweildauer im jeweiligen kommission auch die Umsetzung von Gender Budgeting Projekt; zum anderen wird die Ausrichtung auf Gleich- im Haushaltsgesetz und bei der Vergabe öffentlicher stellungsziele untersucht (vgl. BMAS 2019, Agentur für Mittel unterstützt werden. Gleichstellung im ESF 2013). Derartige Analysen kön- nen beispielsweise bei der Förderung von Gründungen in der Digitalbranche relevant sein (vgl. Kapitel B.I.3).

3. Handlungsempfehlungen

Finanzmittel zur Förderung der Digitalisierung gleichstellungsorientiert verteilen Es bedarf gleichstellungsorientierter Analysen der fi- nanziellen Mittel in allen oder ausgewählten Titeln, die in den Einzelplänen der Ressorts der Förderung der Digitalisierung dienen (Mittel im Bundeshaushalt 2021 bzw. Digitale Agenda). Ziel sollte es sein, Richtlinien für kommende Budgetaufstellungen zu entwickeln.

Zudem ist ein verpflichtender Gleichstellungscheck zu entwickeln, der auch bei kurzfristigen Maßnahmen wie beispielsweise Konjunkturpaketen im Kontext der Coronapandemie, die unter Zeitdruck erarbeitet und beschlossen werden, eine gleichstellungsorientierte Verteilung der öffentlichen Mittel gewährleistet.

Nötig ist ein Modellprojekt, das sich vertieft mit der Ver- gabe von Fördermitteln im Bereich der Digitalisierung beschäftigt und das auf Basis beispielhafter Analysen Vorschläge für eine gleichstellungsorientierte Vergabe der finanziellen Mittel macht.

Bessere Datengrundlagen schaffen Für eine gleichstellungsorientierte Analyse der Vergabe von Haushaltsmitteln fehlt es häufig bereits an der Er- hebung und Aufbereitung geschlechterdifferenzierter Daten. Die Sachverständigenkommission begrüßt daher den geplanten Aufbau einer nationalen Forschungsda- teninfrastruktur (Deutscher Bundestag 2020c: 2835 f., Einzelplan BMBF). Sichergestellt werden muss hierbei, dass die für Gender-Budgeting-Analysen notwendigen Daten und Informationen tatsächlich erfasst werden, beispielsweise um die Verteilung von Forschungsgeldern im Bereich der Digitalisierung zu analysieren.

Strukturen für die gleichstellungsorientierte Verga- be öffentlicher Mittel stärken Die Sachverständigenkommission begrüßt die in der Gleichstellungstrategie angekündigte „Aktualisierung der Arbeitshilfe für Gender-Mainstreaming in (nichtge- setzlich ausgestalteten) Fördermaßnahmen“ (BMFSFJ 2020c: 113) sowie die darin ebenfalls angekündigte Einrichtung einer Stelle beim BMSFSJ zur Beratung der Ressorts zum Gender-Mainstreaming bei Gesetzesfolgen-

153 können (vgl. Lewalter 2013). Zum anderen gibt es bis- C. III Gleichstellungsorientierte lang keine effektiven Durchsetzungsmechanismen. Gesetzes- und Technikfolgen- Zwar ist nach § 45 GGO i. V. m. Anlage 6 das BMFSFJ abschätzung zu beteiligen; unterstützt werden soll es zudem durch die Einrichtung einer Stelle, welche die Ressorts zum Gender-Mainstreaming bei Gesetzesfolgenabschät- zung und bei der Planung von Fördermaßnahmen 1. Ausgangslage berät (vgl. BMFSFJ 2020c: 110). Allerdings können derartige Beratungen ausgesprochen aufwendig sein; Die Relevanz von Folgenabschätzungen für eine gute folglich muss eine entsprechende Stelle durch ent- Gesetzgebung im Allgemeinen und für gleichstellungs- sprechende finanzielle und personelle Mittel unter- orientierte Verwirklichungschancen im Besonderen legt sein. Zudem mangelt es auf Bundesebene an einer wurde bereits im Zweiten Gleichstellungsbericht betont übergeordneten, zentralen Instanz, die überprüfen (Bundesregierung 2017: 232). Im Kontext der Digitali- würde, ob die Anforderungen an die Gesetzesfolgen sierung gewinnt sie noch an Bedeutung. Dies gilt ganz im Sinne der GGO erfüllt wurden (Lewalter 2013: 37; besonders für die Technikfolgenabschätzung. Mückenberger et al. 2007).

Vor diesem Hintergrund ist das Vorhaben der Bundes- 2. Analyse regierung, die Wirkungsorientierung von Programmen und Maßnahmen im Rahmen themenbezogener Haus- 2. 1 Gesetzesvorhaben im Bereich der haltsanalysen, sogenannter Spending Reviews, zu ver- Digitalisierung bessern, allgemein zu begrüßen. Beim Thema Weiter- bildung, Wiedereinstieg, Existenzgründung wurden im Die Umsetzung der Verpflichtung zur gleichstellungs- Zyklus 2019/2020 dabei erstmals auch Genderaspekte orientierten Gesetzesfolgenabschätzung beschränkt analysiert (vgl. Bundesregierung 2020c). sich bei Gesetzesvorhaben nach wie vor auf unregel- mäßige und oberflächliche Prüfungen, beispielsweise die Überprüfung der geschlechtergerechten Sprache. 2. 2 Technikfolgenabschätzung Jenseits dessen finden sich in Gesetzesentwürfen häufig lediglich standardisierte Textbausteine, die aussagen, Technikfolgenabschätzungen sind eine besondere Form dass keine Auswirkungen auf die Gleichstellung von der Folgenabschätzung, die Auswirkungen von Tech- Frauen und Männern erkennbar seien (vgl. Hummel nik auf Gesellschaft, die Technik an sich sowie „Folgen et al. 2020: 10). Dies gilt auch für Gesetzesvorhaben im von menschlichen Handlungen und gesellschaftlichen Bereich der Digitalisierung. Prozessen im Zusammenhang mit Technik“ (Hummel et al. 2020: 13 f. unter Bezug auf Grunwald 2002: 84) Beispielsweise zeigt sich am Beispiel Homeoffice, beleuchten. Der Begriff umfasst verschiedene „sys- wie wichtig es ist, die Auswirkungen eines Rechtsan- tematische Verfahren der wissenschaftlichen Unter- spruchs auf Mobiles Arbeiten im Hinblick auf gleich- suchung von Bedingungen und Folgen von Technik stellungsorientierte Ziele zu prüfen. Die mit digita- und Technisierung sowie zu ihrer gesellschaftlichen len Technologien unterstützte orts- und zeitflexible Bewertung“ (Grunwald 2002: 51). Dabei werden zum Arbeitsform kann die Vereinbarkeit von Erwerbs- und einen Technikinnovationen untersucht, die sowohl Sorgearbeit verbessern, sie kann aber auch zu einer intendierte Folgen haben können, als auch – durch stärkeren Entgrenzung führen. Derartige ungewollte nicht intendierte Folgen – Risiken für die Menschen Steuerungseffekte können durch eine an konkreten mit sich bringen können. Zum anderen werden Ge- Gleichstellungszielen orientierte Folgenabschätzung sellschaft und Umwelt in den Blick genommen. Eine aufgefangen werden, indem gezielt flankierende Rah- umfassende Technikfolgenabschätzung berücksichtigt menbedingungen eines Rechtsanspruchs normiert und beurteilt daher „neben den technischen Aspekten werden. (vgl. Kapitel B.III.4) politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen“ (Decker et al. 2014: 15), Ökologie, Natur- und Land- Die unzureichende Umsetzung der gleichstellungsori- schaftsschutz (beispielsweise in der Umweltverträg- entierten Folgenabschätzung hat verschiedene Grün- lichkeitsprüfung) sowie die gesellschaftlichen Wirk- de. Zum einen fehlt es an fachlicher Expertise (ein- weisen und die Akzeptanz von Technik (ausführlich schließlich der notwendigen Daten und Forschungs- bei Hummel et al. 2020: 13 f.). grundlagen) sowie an finanziellen und personellen Kapazitäten innerhalb der Bundesverwaltung, um die Im Kontext der Digitalisierung gewinnt die Technik- Vielzahl der fachlichen Anforderungen bearbeiten zu folgenabschätzung an Bedeutung. Bisher standen v. a.

154 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C Gleichstellungsorientierte Gesetzes- und Technikfolgenabschätzung III

folgende Themen im Zentrum eines stetig wachsenden tet wurden, sind als klassische Technikfolgenabschät- Interesses: zung zu kategorisieren. Nichtsdestotrotz machen sie auf die jeweiligen (meist negativen) nichtintendierten „Roboter und Automatisierung am Arbeitsplatz, In- Nebeneffekte von Technikentwicklung, wenn Gende- formations- und Kommunikationstechnologie (IKT) raspekte ausgeblendet werden, aufmerksam (Hummel (inkl. (Gesundheits-)Apps, IT-Sicherheit, Datenschutz et al. 2020: 31). und informationelle Selbstbestimmung), Industrie 4.0, Algorithmen, künstliche Intelligenz, Überwachung und Thematisch wurden in der Technikfolgenabschätzung Big Data sowie Wechselwirkungen zwischen Technik mit Geschlechterbezug im letzten Jahrzehnt überwie- und Arbeitswelt (Effizienzsteigerung, Beschäftigungs- gend alltägliche Mensch-Technik-Interaktionen betrach- auswirkungen, Vereinbarkeit)“ (Hummel et al. 2020: 15 tet. Wenig Berücksichtigung fanden Technikbereiche unter Bezug auf Aichholzer et al. 2017). mit nur mittelbarem Bezug zum Menschen, etwa aus dem Bereich der Grundlagenforschung. Den Fallstudien Im Bereich der Technikfolgenabschätzung bestehen liegt häufig ein stereotypes, binäres Genderverständnis bislang nur punktuelle Auseinandersetzungen mit zugrunde, etwa indem von vermeintlich geschlechtsspe- Ansätzen der Geschlechterforschung, es gibt lediglich zifischen Präferenzen ausgegangen wird. Grundsätzlich vereinzelte empirische Studien (Hummel et al. 2020: 22, fehlt es an einer systematischen Berücksichtigung von 30 ff.). So gibt es für den Technikbereich der Digitalisie- Geschlechteraspekten sowie an Handlungsempfehlun- rung Praxisbeispiele aus dem parlamentarischen und gen (vgl. Hummel et al. 2020: 48ff.). nichtparlamentarischen Raum, die sich gleichstellungs- orientiert mit verschiedenen digitalen Technologien be- fassen: Robotik; Softwareentwicklung für verschiedens- 3. Handlungsempfehlungen te Einsatzbereiche (Gaming, Smart Mobility, Airbags, Assistenzsysteme/Robotik); KI und Algorithmen sowie Gleichstellungsorientierte Gesetzesfolgenabschät- virtuelle Realitätstechnologien in der Arbeitswelt. Das zung stärken Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Nach wie vor mangelt es an institutionalisierten Struk- Bundestag untersuchte zudem unter Einbeziehung von turen, die gewährleisteten, dass Gesetze und Verordnun- Geschlechteraspekten beispielsweise die Rolle digitaler gen tatsächlich geprüft und gleichstellungsorientiert Medien in der Bildung, den Zusammenhang zwischen gestaltet werden. Die Sachverständigenkommission neuen elektronischen Medien und Suchtverhalten so- unterstreicht die Empfehlungen des Zweiten Gleich- wie Onlinebeteiligungsformate in der Parlamentsarbeit. stellungsberichts (vgl. Bundesregierung 2017: 232), die (vgl. Hummel et al. 2020: 31ff.) Anwendung der Arbeitshilfe zur gleichstellungsorien- tierten Folgenabschätzung für das jeweils zuständige Neben der nachträglichen Abschätzung der Folgen tech- Fachressort verbindlich zu machen sowie die dafür not- nischer Innovationen gibt es Überlegungen, wie Gender­ wendige fachliche Unterstützung bereitzustellen. Zu aspekte bereits in die Entwicklung von Technologien begrüßen ist, dass die Arbeitshilfe in die elektronische einbezogen werden können (vgl. Kapitel B.I.1). Denn Gesetzesfolgenabschätzung eingebunden wird. Offen wenn Technikfolgeabschätzung erst auf den Einsatz be- ist jedoch, ob die elektronische Anwendung für eine reits bestehender Technik angewandt wird (vgl. Hummel stärkere Verbindlichkeit der Arbeitshilfe sorgt. et al. 2020: 58), sind nur noch marginal geschlechterge- rechte Verbesserungen möglich; besser wäre es, so früh Die Ergebnisse der Folgenabschätzungen sollten trans- wie möglich mit einer geschlechtergerechten Gestaltung parent gemacht werden. anzusetzen. Im Rahmen des Fraunhofer-Projekts „Gen- der-Aspekte in der Forschung“ wurde ein Leitfaden für Gleichstellungsorientierte Perspektive in Technik- die Berücksichtigung von Genderaspekten zu einem frü- folgenabschätzung integrieren hen Zeitpunkt der Technikentwicklung entwickelt, der Die Sachverständigenkommission empfiehlt, die Ge- auf verschiedene Fallbeispiele u. a. im Bereich der IKT schlechterperspektive in die verwendeten Methoden angewandt wird (vgl. Bührer/Schraudner 2006; Hummel der Technikfolgenabschätzung zu integrieren. Stan- et al. 2020: 36 ff.). Das Projekt „Gendered Innovations“ dardisierte Verfahren einer gleichstellungsorientierten der Stanford-Universität führte Fallstudien durch und Technikfolgenabschätzung wie Checklisten sollten (wei- entwickelte Analysemethoden, die Forschende bei der ter-)entwickelt und anschlussfähig gemacht werden. Berücksichtigung von Gender­aspekten unterstützen (vgl. Hummel et al. 2020: 41 ff.; vgl. auch deutsche Über- Dabei gilt es, die Erkenntnisse der Geschlechterfor- setzung TU Wien o. J.; vgl. auch das „Toolkit Gender in schung – insbesondere der feministischen Science and EU-funded research“, EU KOM 2011). Nicht alle Fallbei- Technology Studies – einzubeziehen. Denn obgleich die spiele, die im Rahmen der erwähnten Projekte betrach- Technikfolgenabschätzung ein interdisziplinäres Feld

155 ist, gibt es diesbezüglich Nachholbedarf. Dies bezieht sich auch auf eine angemessen anspruchsvolle Konzep- C. IV Institution für den Transfer von tion von Geschlecht, die die Verschränkung verschiede- Wissen über Gleichstellung ner diskriminierungsrelevanter Kategorien einbezieht.

Technikfolgenabschätzung sollte zu einem frühen Zeit- 1. Ausgangslage punkt des Entwicklungsvorhabens erfolgen, um Gleich- stellung bereits in die eigentliche Planung, Entwicklung Um Gleichstellung nachhaltig durchzusetzen, braucht und Gestaltung einfließen lassen zu können – anstatt es angemessene Institutionen insbesondere für den problematische Gleichstellungswirkungen erst nach- Transfer von Wissen sowie die begleitende Beratung träglich zu benennen und abzuschwächen zu versuchen. der Verwaltung. In anderen Politikfeldern sind derarti- Eine gleichstellungsorientierte Technikfolgenabschät- ge Einrichtungen (beispielsweise durch nachgeordnete zung sollte mit der beschleunigten Technikentwicklung Behörden) die Regel. Ähnliche Strukturen – darauf wies mithalten, indem sie breit angewandt wird, auch in der bereits der Zweite Gleichstellungsbericht hin (Bundes- Grundlagenforschung. regierung 2017: 232) – gab und gibt es auf internatio- naler und EU-Ebene, etwa das European Institute for Gleichstellungsorientierte Perspektive in den Insti- Gender Equality (EIGE). tutionen und Verfahren der Technikfolgenabschät- zung strukturell verankern Mit dem Koalitionsvertrag wurde der Aufbau einer Die gleichstellungsorientierte Perspektive sollte in den Bundesstiftung (CDU/CSU/SPD 2018: 25) für Gleich- bestehenden Institutionen und Verfahren der Technik- stellung vereinbart. Im Juli 2020 verständigten sich folgenabschätzung strukturell verankert werden. Ein die Koalitionsfraktionen auf die Einrichtung einer diesbezüglich relevanter Akteur auf Bundesebene ist Bundesgleichstellungsstiftung des Öffentlichen Rechts zum Beispiel das BMBF mit seinem Programm zur Inno- und vereinbarten deren Gründung (vgl. SPD-Fraktion vations- und Technikanalyse (vgl. BMBF o. J.). Für eine im Bundestag 2020, CDU/CSU-Bundestagsfraktion gleichstellungsorientierte Verankerung bedarf es einer 2020). Wissenschaft und Zivilgesellschaft begleiten Stärkung ressortspezifischer Expertise sowie fachlicher diesen Prozess; so wurde Klarheit über den Zeitplan, Unterstützung, beispielsweise durch eine entsprechend den Aufgabenzuschnitt und die Ressourcen angemahnt ausgestattete Bundesstiftung für Gleichstellung (siehe (CEDAW Allianz Deutschland 2019: 12) und eine zügi- Kapitel C.IV). ge Errichtung gefordert (GMEI/DF 2020: 2).

Die oben stehende Empfehlung der Sachverständigen- kommission zur Stärkung der gleichstellungsorientier- 2. Analyse ten Gesetzesfolgenabschätzung gilt auch für die par- lamentarisch-regulative Technikfolgenabschätzung. Beim Vergleich bestehender Gleichstellungsinstitu- Beispielsweise sollte das Büro für Technikfolgenabschät- te anderer europäischer Staaten (vgl. Kuhl 2020b: 6) zung beim Deutschen Bundestag Genderkompetenz lassen sich drei Adressatengruppen der Arbeit der berücksichtigen und fördern, sowohl beim Personal als jeweiligen Institute als Gemeinsamkeit festhalten: auch bei der Einladung externer Expert*innen. die öffentliche Verwaltung; zivilgesellschaftliche Akteur*innen des Politikfelds Gleichstellung; nicht Im Bereich der Forschungsförderung sollte die Berück- explizit gleichstellungspolitisch profilierte Verbän- sichtigung von Geschlechteraspekten zu einem Kriteri- de und Interessenvertretungen wie Unternehmen um der Antragsannahme und in der Evaluation werden. und Gewerkschaften. Bezogen auf die öffentliche Verwaltung bieten die Institute fachliche Beratung, unterstützen die Integration der Gleichstellungsori- entierung in deren Regelaufgabe und evaluieren die Regierungsarbeit. Hinsichtlich der gleichstellungs- politischen Zivilgesellschaft als wichtiger Koopera- tionspartnerin kanalisieren und strukturieren die Institute relevantes Wissen, einschließlich des Wis- sens der Geschlechterforschung (ebd.); die Institute unterstützen die Vernetzung der Zivilgesellschaft und können ihre Infrastruktur für Wissensmanagement bereithalten. Bezüglich anderer Verbände und Interes- senvertretungen, die für die Politikumsetzung wichti- ge Partnerinnen sind, arbeiten die Institute proaktiv,

156 Stärkung gleichstellungspolitischer Strukturen und Instrumente C Institution für den Transfer von Wissen über Gleichstellung IV bieten fachliche Beratung und zielgruppengerecht 3. Handlungsempfehlungen aufbereitete Informationen (vgl. ebd.: 8). Arbeitsbereich Digitalisierung in der Bundesstif- Auch die geplante Bundesstiftung für Gleichstellung tung für Gleichstellung etablieren kann institutionelle Mechanismen unterstützen und Die Sachverständigenkommission erneuert die Hand- diesbezügliche Aufgaben bündeln: Sie kann zur Evalua- lungsempfehlung aus dem Ersten und Zweiten Gleich- tion der Gleichstellungsstrategie und weiterer Aktions- stellungsbericht, eine Einrichtung für den Transfer von pläne beitragen (siehe Kapitel C.I) sowie gleichstellungs- Wissen über Gleichstellung zu schaffen. Auch wenn orientierte Haushaltsanalysen (siehe Kapitel C.II) und diesbezüglich in der Zwischenzeit manche Schritte ge- Folgenabschätzungen (siehe Kapitel C.III) unterstützen. gangen wurden, steht die Schaffung einer solchen Ein- Diese Funktionen sind auch und gerade im Kontext der richtung weiter aus (zum Zeitpunkt der Fertigstellung Digitalisierung wichtig. Denn das Wissen zu dieser kom- des vorliegenden Gutachtens). plexen, äußerst dynamischen Entwicklung liegt häufig ausschließlich in einschlägigen Disziplinen wie der Infor- Mit einer Bundesstiftung für Gleichstellung, die den matik vor und stellt die öffentliche Verwaltung ebenso wie Aufgaben der Vernetzung, der Bereitstellung von Infor- die Zivilgesellschaft vor erhebliche Herausforderungen mationen, der Stärkung der Gleichstellungspraxis vor an ihre Arbeit. Gerade das Wissen über die Verbindungen Ort und der Entwicklung innovativer Gleichstellungsan- zwischen Digitalisierung und Gleichstellung ist häufig sätze (vgl. SPD-Fraktion im Bundestag 2020) gewachsen nicht bekannt, sodass es in der Praxis beispielsweise der ist, lässt sich Gleichstellung auch in der Digitalisierung Technikfolgenabschätzung nicht hinreichend genutzt nachhaltig umsetzen. Insbesondere für eine gleichstel- wird. Diese Faktoren machen einen Wissenstransfer in be- lungsorientierte Gesetzesfolgenabschätzung ist die zu sonderem Maße dringlich und unterstreichen den Nutzen schaffende Stiftung ein wesentlicher Gelingensfaktor. einer Einrichtung, die gebündelt und nachhaltig Wissen Dynamische Entwicklungen wie die Digitalisierung für verschiedene Akteur*innengruppen aufbereitet, er- unterstreichen die Notwendigkeit einer baldigen Ein- stellt und in Auftrag gibt und gerade komplexes Wissen richtung und einer dem Aufgabenprofil angemessenen aus spezialisierten Fachgebieten mit hoher gesellschaft- Personal- und Ressourcenausstattung. Die Sachverstän- licher Relevanz zugänglich macht. digenkommission empfiehlt, in der Stiftung einen eige- nen Arbeitsbereich für Digitalisierung einzurichten.

157

Literaturverzeichnis

158 Literaturverzeichnis

Abendroth, Anja-Kristin/Diewald, Martin (2019): Aus- Ahlers, Elke/Lott, Yvonne (2018): Führt selbstorganisierte wirkungen von Teleheimarbeit auf geschlechtsspezifische Arbeit in Zeiten der Digitalisierung zu gesünderen und Einkommensungleichheiten in Arbeitsorganisationen. In: besseren Arbeitsbedingungen?. In: Hans-Böckler-Stiftung Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 71 (1), (Hg.): Genderaspekte der Digitalisierung der Arbeitswelt, S. 81–109, DOI: 10.1007/s11577-019-00614-w. Düsseldorf (Arbeitspapier, 311), S. 16–23, www.boeckler.de/ pdf/p_arbp_311.pdf (Abruf: 02.12.2020). Abidin, Crystal (2019): Yes Homo: Gay Influencers, homonormativity, and queerbaiting on Aichholzer, Georg/Allhutter, Doris/Capari, Leo/Gaszó, YouTube. In: Continuum 33 (5), S. 614–629, DOI: André/Gudowsky, Niklas/Peissl, Walter/Rose, Gloria/Sinozic, 10.1080/10304312.2019.1644806 (Abruf: 12.08.2020). Tanja/Sotoudeh, Mahshid/Strauß, Stefan (2017): Bericht: TA17 – Digitalisierung der Arbeitswelt. In: TATuP 26 (3), S. Abouzahr, Katie/Krentz, Matt/Harthorne, John/Brooks/ 78–80, DOI: https://doi.org/10.14512/tatup.26.3.78 (Abruf: Taplett, Frances Brooks (2018): Why Women-Owned Startups 02.11.2020). Are a Better Bet, Boston Consulting Group, https://www.bcg. com/de-de/publications/2018/why-women-owned-startups- Akrich, Madeleine (1992): The De-scription of Technical are-better-bet (Abruf: 07.10.2020). Objects. In: Bijker, Wiebe E./Law, John (Hg.): Shaping techno- logy, building society. Studies in sociotechnical change. Inside Achatz, Juliane (2008): Die Integration von Frauen in technology, Cambridge, Mass. u. a.: MIT Press, S. 205–224. Arbeitsmarkten und Organisationen. In: Wilz, Sylvia Marlene (Hg.): Geschlechterdifferenzen – Geschlechter- Akrich, Madeleine (1995): User Representations: Practices, differenzierungen. Ein Uberblick uber gesellschaftliche Methods and Sociology. In: Rip, Arie/Schot, Johan/Misa, Entwicklungen und theoretische Positionen. Wiesbaden: Thomas J. (Hg.): Managing Technology in Society: The Springer VS, S. 105–138. Approach of Constructive Technology Assessment, London, New York: Pinter Publishers, S. 167–184. Achatz, Juliane/Beblo, Miriam/Wolf, Elke (2010): Berufliche Segregation. In: Projektgruppe GiB (Hg.): Geschlechter- Albers, Marion/Veit, Raoul-Darius (2020): Art. 9. In: Brink, ungleichheiten im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleich- Stefan/Wolff, Heinrich Amadeus (Hg.): BeckOK Datenschutz- stellung in der Privatwirtschaft. Forschung aus der Hans- recht, Stand: 01.08.2020, Rn. 18. 33. Aufl., München: Beck. Böckler-Stiftung 110, Berlin: edition sigma, S. 80–139. Albrecht, Florian Claus (2020): Teil 28, E-Government. In: Acker, Joan (1990): Hierarchies, Jobs, Bodies: A Theory of Hoeren, Thomas/Sieber, Ulrich/Holznagel, Bernd (Hg.): Hand- Gendered Organizations. In: Gender and Society 4 (2), S. buch Multimedia-Recht. Rechtsfragen des elektronischen 139–158. Geschäftsverkehrs. 53. Aufl., München: Beck.

Acker, Joan (2006): Inequality Regimes: Gender, Class, and Race Alexander, Julia (2019): YouTube moderation bots punish in Organizations. In: Gender and Society 20 (4), S. 441–464. videos tagged as ‘gay’ or ‘lesbian,’ study finds. In: The Verge, 30.09.2019, www.theverge.com/2019/9/30/20887614/ Adams-Prassl, Abi/Berg, Janine (2017): When Home youtube-moderation-lgbtq-demonetization-terms-words- Affects Pay: An Analysis of the Gender Pay Gap Among nerd-city-investigation (Abruf: 13.01.2021). Crowdworkers, https://papers.ssrn.com/sol3/papers. cfm?abstract_id=3048711 (Abruf: 15.05.2020). Algorithmwatch (2020): Positionen zum Einsatz von KI im Personalmanagement. Rechte und Autonomie von Be- ADS – Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2014): schäftigten stärken – Warum Gesetzgeber, Unternehmen Leitfaden für Arbeitgeber – Anonymisierte Bewerbungs- und Betriebsräte handeln müssen (02.03.2020), https:// verfahren, www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/ algorithmwatch.org/wp-content/uploads/2020/03/ Downloads/DE/publikationen/AnonymBewerbung/ AlgorithmWatch_AutoHR_Positionspapier_2020.pdf (Abruf: Leitfaden-anonymisierte-bewerbungsverfahren.pdf?__ 02.09.2020). blob=publicationFile (Abruf: 02.09.2020). Alipour, Jean-Victor/Falck, Oliver/Schüller, Simone (2020): ADS – Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): Prüf- Homeoffice während der Pandemie und die Implikationen instrumentarium eg-check.de, Berlin, www.eg-check.de (Ab- für eine Zeit nach der Krise. In: ifo Schnelldienst 73 (7), S. ruf: 02.09.2020). 30–36, www.ifo.de/publikationen/2020/aufsatz-zeitschrift/ homeoffice-waehrend-der-pandemie-und-die-implikationen Agentur für Gleichstellung im Europäischen Sozialfonds (Abruf: 23.10.2020). (2013): Gender Budgeting im ESF-Bund. Bericht über das Förderjahr 2012. Erarbeitet von Regina Frey/Benno Savioli, Alt, Christel (1988): Frauen in gewerblich-technischen Be- Berlin, www.esf-gleichstellung.de/fileadmin/data/Downloads/ rufen. Hält der Berufsalltag, was die Ausbildung versprochen Aktuelles/gender-budgeting-bericht-2012_agentur_gleich- hat?. In: bwp Zeitschrift17 (3), S. 69–73, www.bwp-zeitschrift. stellung_esf.pdf (Abruf: 23.11.2016). de/de/bwp.php/de/publication/download/13485 (Abruf: 14.09.2020). Ahl, Helene (2006): Why research on women entrepreneurs needs new directions. In: Entrepreneurship Theory and Practice Amundsen, Rikke (2019): Cruel Intentions and Social 30 (5), S. 595–621. Conventions: Locating the Shame in Revenge Porn. In: Ging/Debbie/Siapera, Eugenia (Hg.): Gender Hate On- line. Understanding the new Anti-Feminism. Basingstoke [England], New York: Springer International Publishing, S. 131–148, https://link.springer.com/content/pdf/10.1007% 2F978-3-319-96226-9_7.pdf (Abruf: 20.08.2020).

159 Ananny, Mike/Crawford, Kate (2018): Seeing without Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2020): Bildung knowing. Limitations of the transparency ideal and its in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht application to algorithmic accountability. In: New Media & mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt, Society 20 (3), S. 973–989, DOI: 10.1177/1461444816676645 Bielefeld, www.bildungsbericht.de/static_pdfs/bildungs- (Abruf: 27.11.2020). bericht-2020.pdf (Abruf: 20.11.2020).

Andres, Antonia/Groß, Wolfram/Kelterborn, Peggy/ Bach, Nicole von dem/Baum, Mayriam/Blank, Marco/Ehmann, Kudernatsch, Wilhelmine/Wessel, Jan (2020): Female Kathrin/Güntürk-Kuhl, Betül/Pfeiffer, Sabine/Samray, David/ Founders in der Digitalbranche. Gründungsbarriere Seegers, Marco/Sevindik, Ugur/Tiemann, Michael/Wagner, Rollenbilder. Geschlechterstereotype als ein möglicher Pia (2020): Umgang mit technischem Wandel in Büroberufen. Grund für die geringe Anzahl an Digitalgründerinnen Lebendiges Arbeitsvermögen, Aufgabenprofile und beruf- in Deutschland, Berlin: Gründerwettbewerb Digitale liche Mobilität. BIBB-Preprint, Bonn, https://lit.bibb.de/vufind/ Innovationen, www.de.digital/DIGITAL/Redaktion/DE/ Record/DS-185208 (Abruf: 09.11.2020). Gruenderwettbewerb/Publikationen/Gruenderinnenstudie. pdf?__blob=publicationFile&v=11 (Abruf: 07.10.2020). Baer, Susanne/Markard, Nora (2018): Art. 3 Abs. 2, 3. In: Mangoldt, Herman v./Klein, Friedrich/Starck, Christian: Anger, Christina/Kohlisch, Oliver/Koppel, Oliver/Plünnecke, Kommentar zum Grundgesetz: GG. 7. Aufl., München: C.H. Axel/Schüler, Ruth Maria (2020): MINT-Frühjahrsreport 2020. Beck. 1. MINT – Schlüssel für ökonomisches Wohlergehen während der Coronakrise und nachhaltiges Wachstum in der Zukunft. Baethge, Cathrin Bettina/Boberach, Michael /Hoffmann, Gutachten für BDA, BDI, MINT Zukunft schaffen und Gesamt- Anke/Wintermann, Ole (2019): Plattformarbeit in Deutsch- metall, Köln, www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/ land. Freies und flexibles Arbeiten ohne soziale Sicherung, Studien/Gutachten/PDF/2020/MINT-Fruehjahrsreport_2020. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung. pdf (Abruf: 23.11.2020). BAG – Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- ArbeitGestalten (Hg.) (2020): Gigwork in Betreuung und büros und Gleichstellungsstellen (2018): Antifeminismus Pflege. Digital vermittelte soziale Dienstleistungen in Berlin, als Demokratiegefährdung?! Gleichstellung in Zeiten von Berlin, www.arbeitgestaltengmbh.de/assets/projekte/Job- Rechtspopulismus, Berlin, www.frauenbeauftragte.org/ option-Berlin/Expertise-Care-Gigwork.pdf (Abruf: 03.08.2020). sites/default/files/uploads/downloads/antifeminismus_als_ demokratiegefaehrdung.pdf (Abruf: 13.01.2021). Arbeitsgericht Hannover, Entscheidung vom 24.05.2007, Aktenzeichen 10 Ca 384/06. In: Arbeit und Recht 55 (7–8), S. BAG – Bundesarbeitsgericht, Entscheidung vom 01.12.2020, 280–281. Aktenzeichen 9 AZR 102/20. In: Pressemitteilung Nr. 43/20 Arbeitnehmereigenschaft von „Crowdworkern“. Arntz, Melanie/Ben Yahmed, Sarra/Berlingieri, Francesco (2019): Working from Home: Heterogeneous Effects on Hours Barke, Helena (2015): Das agile Manifest = Mehr Chancen- Worked and Wages. Discussion Paper 19-015, Mannheim: gleichheit in IT-Projekten?. In: Barke, Helena/Siegeris, Juliane/ ZEW – Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Freiheit, Jörn/Krefting, Dagmar (Hg.): Gender und IT-Projekte. Neue Wege zu digitaler Teilhabe, Opladen, Berlin, Toronto: Arntz, Melanie/Gregory, Terry/Zierahn, Ulrich (2018): Budrich UniPress, S. 11–24. Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit: Makroöko- nomische Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitslosig- Barskanmaz, Cengiz/Samour, Nahed (2020): Das Dis- keit und Löhne von morgen, Mannheim: BMBF – Bundes- kriminierungsverbot aufgrund der Rasse, https://verfassungs- ministerium für Bildung und Forschung, http://ftp.zew.de/ blog.de/das-diskriminierungsverbot-aufgrund-der-rasse/ (Ab- pub/zew-docs/gutachten/DigitalisierungundZukunftderArbe ruf: 02.12.2020). it2018.pdf (Abruf: 09.11.2020). Barzilay, Arianne Renan/Ben-David, Anat (2017): Platform Augustin-Dittmann, Sandra/Gotzmann, Helga (Hg.) Inequality: Gender in the Gig-Economy. In: Seton Hall Law (2015): MINT gewinnt Schülerinnen. Erfolgsfaktoren von Review 47 (2), S. 393–431, https://scholarship.shu.edu/ Schülerinnen-Projekten in MINT, Wiesbaden: Springer VS. cgi/viewcontent.cgi?article=1588&context=shlr (Abruf: 07.08.2019) Auth, Diana/Brüker, Daniela/Dierkes, Mirjam/Leiber, Simone/Vukoman, Marina (2015): Wenn Mitarbeiter An- Bath, Corinna (2006): Overcoming the socio-technical divide: gehörige pflegen: Betriebliche Wege zum Erfolg. Ergeb- A long-term source of hope in feminist studies of computer nisse des Projekts „Männer zwischen Erwerbstätigkeit und science. In: tripleC (Communication, Capitalism & Critique) 4 Pflege“ (MÄNNEP), Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung,www. (2), S. 304–315. boeckler.de/pdf_fof/S-2012-611-4-2.pdf (Abruf: 07.10.2015). Bath, Corinna (2009): De-Gendering informatischer Artefakte. Auth, Diana/Discher, Kerstin/Kaiser, Petra/Leiber, Simone/ Grundlagen einer kritisch-feministischen Technikgestaltung. Leitner, Sigrid/Varnholt, Anika (2018): Sorgende Angehörige Dissertation, Universität Bremen, https://media.suub.uni- als Adressat_innen einer vorbeugenden Pflegepolitik. Eine bremen.de/bitstream/elib/360/1/00102741-1.pdf (Abruf: intersektionale Analyse, Düsseldorf, www.fgw-nrw.de/ 27.11.2020). fileadmin/images/pdf/FGW-Studie-VSP-15-PflegeIntersek- Battistini, Martina (2015): Ganz normale Exotinnen. Erfolgs- Leitner_et_al.-2018_11_08-komplett-web.pdf (Abruf: faktoren und Fallstricke in der Arbeit mit Role Models. In: 03.08.2020). Augustin-Dittmann, Sandra/Gotzmann, Helga (Hg.): MINT gewinnt Schülerinnen. Erfolgsfaktoren von Schülerinnen- Projekten in MINT. Wiesbaden: Springer VS, S. 93–110.

160 Literaturverzeichnis

BAuA – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Beobachtungsstelle für gesellschaftspolitische Entwicklungen (2018): BAuA-Arbeitszeitbefragung: Vergleich 2015–2017. in Europa (2019): Digitale Gewalt gegen Frauen: Neue Gewalt- Dortmund, www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Be- formen und Ansätze zu ihrer Bekämpfung in Europa. Unter richte/F2398-4.pdf?__blob=publicationFile&v=11 (Abruf: Mitarbeit von Katrin Lange und Sarah Molter. Newsletter 23.10.2020). 2/2019, Frankfurt am Main/Berlin: Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V., https://beobachtungsstelle-gesell- BAuA – Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- schaftspolitik.de/f/3e2360fae0.pdf (Abruf: 24.08.2020). medizin (2019): Arbeitsunterbrechungen und Multitasking täglich meistern. Dortmund, www.baua.de/DE/Angebote/ Berg, Janine (2016): Income Security in the On-Demand Publikationen/Praxis/A78.pdf?__blob=publicationFile&v Economy: Findings and Policy Lessons from a Survey of (Abruf: 23.10.2020). Crowdworkers. In: Comparative Labor Law & Policy Journal 3 (37), https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_ Bauer, Katja (2020): Der Fall „NSU 2.0“: „Die Briefe sind id=2740940 (Abruf: 08.12.2020). extrem frauenverachtend“. In: Stuttgarter Zeitung,12.08.2020, www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.der-fall-nsu-20-die-briefe- Berg, Janine/Furrer, Marianne/Harmon, Ellie/Rani, Uma/ sind-extrem-frauenverachtend.ff1f672d-48bc-426e-8be3- Silberman, M. Six (2018): Digital labour platforms and the df330db9ada5.html (Abruf: 20.08.2020). future of work. Towards decent work in the online world, Genf: ILO – Internationale Arbeitsorganisation, www. Bauer, Robert M./Gegenhuber, Thomas (2017): ilo.org/wcmsp5/groups/public/---dgreports/---dcomm/--- Crowdsourcing: Intermediäre und die Rationalisierung publ/documents/publication/wcms_645337.pdf (Abruf: von Wirtschaft und Gesellschaft. In: Aulenbacher, Brigitte/ 15.01.2020). Dammayr, Maria/Dörre, Klaus/Menz, Wolfgang/Riegraf, Birgit/Wolf, Harald (Hg.): Leistung und Gerechtigkeit. Das Berger, Roland (2011): Dreamteam statt Quote, Studie zu umstrittene Versprechen des Kapitalismus. Arbeitsgesell- „Diversity and Inclusion“, München: D&I/ Vielfalts-und schaft im Wandel. 1. Aufl., Weinheim, Basel: Beltz Juventa, S. Einbeziehungsmanagement. 355–372. Berger, Thor/Frey, Carl Benedikt (2016): Structural Trans- Becker-Schmidt, Regina (2004): Doppelte Vergesellschaftung formation in the OECD. Digitalisation, Deindustrialisation von Frauen: Divergenzen und Brückenschläge zwischen and the Future of Work. OECD Social, Employment and Privat- und Erwerbsleben. In: Becker, Ruth/Kortendiek, Migration Working Papers 193, OECD – Organisation for Beate (Hg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Economic Co-operation and Development, https://dx.doi. Theorie, Methoden, Empirie. Geschlecht und Gesellschaft 35, org/10.1787/5jlr068802f7-en (Abruf: 02.11.2020). Wiesbaden: Springer VS, S. 62–71. Berghahn, Sabine/Egenberger, Vera/Klapp, Micha/Klose, Beilock, Sian (2019): How Diverse Teams Produce Better Alexander/Liebscher, Doris/Supik, Lindav/Tischbirek, Outcomes. In: Forbes, 04.04.2019, www.forbes.com/sites/ Alexander (2016): Evaluation des Allgemeinen Gleich- sianbeilock/2019/04/04/how-diversity-leads-to-better- behandlungsgesetzes, Berlin, Baden-Baden: Antidis- outcomes/?sh=146dca7b65ce (Abruf: 08.12.2020). kriminierungsstelle des Bundes; Nomos.

Beisch, Natalie/Koch, Wolfgang/Schäfer, Carmen (2019): ARD/ Bergmann, Nadja/Lechner, Ferdinand/Gassler, Helmut/ ZDF-Onlinestudie 2019: Mediale Internetnutzung und Video- Pretterhofer, Nicolas (2017): Digitalisierung: Industrie 4.0 on-Demand gewinnen weiter an Bedeutung. Aktuelle Aspekte – Arbeit 4.0 – Gender 4.0. Endbericht, Wien: L&R Sozial- der Internetnutzung in Deutschland. In: Media Perspektiven 32 forschung, www.researchgate.net/publication/324861390_ (9), S. 374–388, www.ard-werbung.de/fileadmin/user_upload/ Digitalisierung-Industrie_40-Arbeit_40-Gender_40_End- media-perspektiven/pdf/2019/0919_Beisch_Koch_Schaefer. bericht (Abruf: 11.05.2020). pdf (Abruf: 01.11.2020). Bergner, Nadine/Köster, Hilde/Magenheim, Johannes/ Bellamy, Rachel K. E./Dey, Kuntal/Hind, Michael/Hoffman, Müller, Kathrin/Romeike, Ralf/Schroeder, Ulik/Schulte, Samuel C./Houde, Stephanie/Kannan, Kalapriya/Lohia, Carsten (Hg.) (2018): Frühe informatische Bildung – Ziele Pranay/Martino, Jacquelyn/Mehta, Sameep/Mojsilovic, und Gelingensbedingungen für den Elementar- und Aleksandra/Nagar, Seema/Ramamurthy, Karthikeyan Primarbereich. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Arbeit Natesan/Richards, John/Saha, Diptikalyan/Sattigeri, Prasanna/ der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“. Bd. 9, Opladen, Singh, Moninder/Varshney, Kush R./Zhang, Yunfeng (2018): Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich. AI Fairness 360. An Extensible Toolkit for Detecting, Understanding, and Mitigating Unwanted Algorithmic Bias, Bernhardt, Janine (2020): Vereinbarkeit im Kontext von https://arxiv.org/pdf/1810.01943. (Abruf: 21.12.2020) Homeoffice und digitaler Kommunikation. Unveröffent- lichtes Manuskript, München: Deutsches Jugendinstitut e. V. Benner, Christiane (2016): Gute digitale Arbeit gestalten. In: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. (ISF) (Hg.): Bertschek, Irene/Ohnemus, Jörg/Viete, Steffen (2015): Be- Frauen in der digitalen Arbeitswelt von morgen. Handlungs- fragung zum sozioökonomischen Hintergrund und zu den broschüre, München, S. 12–13. Motiven von Crowdworkern. Kurzexpertise 56, Mannheim: BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales, www. bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/Forschungs- berichte/fb-462-endbericht-crowdworking.html (Abruf: 07.08.2019).

BGH – Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.04.1995, Akten- zeichen VII ZR 36/94, NJW 1995, 2629.

161 BGW – Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung Wohlfahrtspflege (2017): Pflege 4.0 – Einsatz moderner (2020): Digitalisierung in der Weiterbildung. Ergebnisse einer Technologien aus der Sicht professionell Pflegender. Zusatzstudie zum Adult Education Survey 2018, Bonn, www. Forschungsbericht, Stand 08/2017, bgwforschung, bmbf.de/upload_filestore/pub/Weiterbildungsverhalten_in_ Hamburg, www.bgw-online.de/SharedDocs/Downloads/ Deutschland_2018.pdf (Abruf: 20.11.2020). DE/Medientypen/BGW%20Broschueren/BGW09-14-002- Pflege-4-0-Einsatz-moderner-Technologien_Download.pd BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung f;jsessionid=ED8B7B6903588DD052484FABD734FB4B?__ (o. J.): Innovations- und Technikanalyse (ITA), www.bmbf.de/ blob=publicationFile (Abruf: 30.11.2020). de/innovations-und-technikanalysen-ita-937.html (Abruf: 15.01.2021). Biermann, Kai (2015): Was Vorratsdaten über uns verraten. In: Die Zeit, 03.09.2015, www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-02/ BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen vorratsdaten-malte-spitz (Abruf: 02.12.2020). und Jugend (2018): Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Eine Zusammenfassung, Berlin, www. Bilger, Frauke/Gnahs, Dieter/Hartmann, Josef/Kuper, Harm bmfsfj.de/blob/122398/87c1b52c4e84d5e2e5c3bdfd6c16291a/ (2013): Weiterbildungsverhalten in Deutschland. Resultate zweiter-gleichstellungsbericht-der-bundesregierung-eine-zu- des Adult Education Survey 2012, Bielefeld: Bertelsmann Ver- sammenfassung-data.pdf (Abruf: 30.10.2020). lag, www.die-bonn.de/doks/2013-weiterbildungsverhalten-01. pdf (Abruf: 09.12.2020). BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020a): Kinder und Jugendliche vor Risiken Birkner, Stephanie/Friedrich, Juliane (2020): Female Entre- in der digitalen Welt schützen. Safer Internet Day 2020, preneurship. Perspektiven im Spannungsfeld gesellschaft- Berlin, www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/ lichen Engagements und wissenschaftlicher Exzellenz. kinder-und-jugendliche-vor-risiken-in-der-digitalen-welt- In: Hölzle, Katharina/Tiberius, Victor/Surrey, Heike (Hg.): schuetzen/147628 (Abruf: 01.11.2020). Perspektiven des Entrepreneurships. Unternehmerische Konzepte zwischen Theorie und Praxis. 1. Auflage. Stuttgart: BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Schäffer-Poeschel, S. 373–391. und Jugend (2020b): Gleichstellungspolitik für Jungen und Männer in Deutschland, Berlin, www.bmfsfj.de/blob/160754/ Birkner, Stephanie/Friedrich, Juliane/Heinrichs, Lisa/Klaus, f4f3a6b03c6e7451f56ab68ddea28ff8/gleichstellungspolitik- Cornelia/Vorwachs, Victoria (2020): #Femalestartupsnds: fuer-jungen-und-maenner-in-deutschland-langfassung-data. Female Entrepreneurship in Niedersachsten. https://www. pdf (Abruf: 30.11.2020). wirtschaftsfoerderung-hannover.de/Gr%C3%BCndung/ Gr%C3%BCnderinnen-Consult/Female-Startups-in- BMFSFJ – Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Niedersachsen (Abruf: 08.04.2020) und Jugend (2020c): Gleichstellungsstrategie der Bundes- regierung, Berlin, www.bmfsfj.de/blob/jump/158356/gleich- Bläsing, Lisa Marie/Draude, Claude (2020): stellungsstrategie-der-bundesregierung-data.pdf (Abruf: Geschlechterforschungen zwischen Reflexion und Re- 15.07.2020). produktion bestehender Bilder von Informatik. In: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 40 (3), S. 276–295. BMG – Bundesministerium für Gesundheit (2016): Sechster Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Pflege- BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales versicherung und den Stand der pflegerischen Versorgung in (2019): Operationelles Programm ESF Bund Förderperiode der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, www.bundesgesund- 2014–2020. Gender Budgeting Bericht 2019, Bonn, www. heitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/ esf.de/portal/SharedDocs/PDFs/DE/Publikationen/gender_ Pflege/Berichte/6.Pflegebericht.pdf (Abruf: 02.12.2020). budgeting_bericht_2019.pdf (Abruf: 15.01.2021). BMJV – Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher- BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2020): schutz (2020): Bericht der Bundesregierung zur Evaluierung Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiter- des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in bildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der sozialen Netzwerken. Unter Mitarbeit von Johannes Rabe, Ausbildungsförderung. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Berlin, www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/ Berlin, www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF- PM/090920_Evaluierungsbericht_NetzDG.pdf;jsessionid Gesetze/Regierungsentwuerfe/reg-arbeit-von-morgen-gesetz. =87F4C8494E4B3DF9830455E20130DBD0.1_cid324?__ pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Abruf: 01.12.2020). blob=publicationFile&v=3 (Abruf: 01.12.2020).

BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales/ BMWi – Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung (2019): Start-ups: a driving force for growth and competition, (2019): Nationale Weiterbildungsstrategie. Strategie- Berlin, www.bmwi.de/Redaktion/EN/Dossier/start-ups.html papier, Berlin, www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/ (Abruf: 11.05.2020). Thema-Aus-Weiterbildung/strategiepapier-nationale-weiter- bildungsstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Abruf: Bode, Denise (2019): Mit Strategie zur Gleichberechtigung? 20.11.2020). Verhandlungsführung selbstständiger Frauen als Mittel zur Reduzierung des Gender Income Gap. 38. Aufl., Discussion BMBF – Bundesministerium für Bildung und Forschung Paper, Harriet Taylor Mill-Institut für Ökonomie und (2019): Digitale Zukunft: Lernen. Forschen. Wissen. Die Geschlechterforschung. Digitalstrategie des BMBF, Bonn, www.bildung-forschung. digital/files/BMBF_Digitalstrategie.pdf (Abruf: 01.12.2020).

162 Literaturverzeichnis

Boger, Jennifer/Jackson, Piper/Mulvenna, Maurice/Sixsmith, Bonin, Holger/Krause-Pilatus, Annabelle/Rinne, Ulf Judith/Sixsmith, Andrew/Mihailidis, Alex/Kontos, Pia/ (2020): Selbstständige Erwerbstätigkeit in Deutschland Miller Polgar, Janice/Grigorovich, Alisa/Martin, Suzanne (Aktualisierung 2020). Kurzexpertise im Auftrag des Bundes- (2016): Principles for fostering the transdisciplinary ministeriums für Arbeit und Soziales. IZA Research Report 93, development of assistive technologies. In: Disability and IZA, Bonn, http://ftp.iza.org/report_pdfs/iza_report_93.pdf. rehabilitation. Assistive technology 12 (5), S. 480–490, DOI: 10.3109/17483107.2016.1151953. (Abruf: 21.04.2021) Bonin, Holger/Rinne, Ulf (2017): Omnibusbefragung zur Verbesserung der Datenlage neuer Beschäftigungsformen. Böhnisch, Lothar (2003): Die Entgrenzung der Männlich- Kurzexpertise im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit keit. Verstörungen und Formierungen des Mannseins im und Soziales. IZA Research Report 80, Forschungsinstitut zur gesellschaftlichen Übergang, Wiesbaden: VS Verlag für Zukunft der Arbeit (IZA), Bonn. Sozialwissenschaften. Bradshaw, Jeffrey M./Hoffman, Robert R./Johnson, Matthew/ Böhnisch, Lothar (2010): Lebensbewältigung. Ein sozial- Woods, David D. (2013): The Seven Deadly Myths of politisch inspiriertes Paradigma für die Soziale Arbeit. „Autonomous Systems“. In: Intelligent Systems, IEEE 28 (3), S. In: Thole, Werner (Hg.): Grundriss soziale Arbeit. Ein ein- 54–61, DOI: 10.1109/MIS.2013.70 (Abruf: 11.08.2020). führendes Handbuch. 3., überarb. und erw. Aufl., Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 219–233. Bremer, Diana (2007): Arbeitsschutz im Baubereich. Die Pflichten aller Beteiligten und die rechtlichen Instrumente Bojadžijev, Manuela (2020): Migration und Digitalisierung. ihrer Durchsetzung unter Berücksichtigung des europäischen Umrisse eines emergenten Forschungsfeldes. In: Peterlini, Rechts. 1. Aufl., Arbeits- und Sozialrecht 100, Baden-Baden: Hans Karl/Donlic, Jasmin (Hg.): Jahrbuch Migration und Ge- Nomos. sellschaft 2019/2020. Schwerpunkt „Digitale Medien“. Jahr- buch Migration und Gesellschaft. Bd. 1 (2019/2020), Bielefeld: Brenke, Karl/Beznoska, Martin (2016): Solo-Selbständige transcript, S. 9–22. in Deutschland. Strukturen und Erwerbsverläufe. Kurz- expertise für das BMAS. Forschungsbericht 465, Berlin: Bojadžijev, Manuela/Wallis, Mira (2020): Plattformen, BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales, www. soziale Reproduktion und mobile Arbeit. Unveröffentlichtes bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/ Inputpapier zum Hearing „Gleichstellungsorientierte Ge- Forschungsberichte/f465-solo-selbstaendige.pdf?__ staltung von Plattformarbeit: Diskriminierungsrisiken, blob=publicationFile&v=4 (Abruf: 25.11.2020). Chancen und Regulierungsansätze“ im Rahmen des Gut- achtens zum Dritten Gleichstellungsberichts der Bundes- Britz, Gabriele (2008): Vertraulichkeit und Integrität regierung am 30.03.2020 in Berlin. Geschäftsstelle Dritter informationstechnischer Systeme. In: Die Öffentliche Ver- Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, waltung – Zeitschrift für öffentliches Recht und Verwaltungs- 30.03.2020. wissenschaft, S. 411–414.

Boll, Christina/Schüller, Simone (2020): Die Lage ist ernst, Brown, Ross/Mason, Colin (2017): Looking inside the aber nicht hoffnungslos – empirisch gestützte Überlegungen spiky bits: a critical re-view and conceptualisation of zur elterlichen Aufteilung der Kinderbetreuung vor, entrepreneurial ecosystems. In: Small Business Economics 49 während und nach dem COVID-19 Lockdown. SOEPpapers (1), S. 11–30. 1089, Berlin, www.diw.de/documents/publikationen/73/ diw_01.c.792058.de/diw_sp1089.pdf (Abruf: 23.10.2020). Browne, Simone (2015): Dark matters. On the surveillance of blackness, Durham: Duke University Press. Boll-Westermann, Susanne/Hein, Andreas/Heuten, Wilko/ Krahn, Tobias (2019): Pflege 2050 – Wie die technologische Brück, Carsten/Gümbel, Michael (2020): Erwerbs- Zukunft der Pflege aussehen könnte. In: Zentrum für Qualität arbeit, Geschlecht und Entgrenzung. Auswirkungen von in der Pflege (Hg.): ZQP-Report Pflege und digitale Technik, Digitalisierung und Flexibilisierung auf Geschlechter- Berlin, S. 10–15, www.zqp.de/wp-content/uploads/ZQP- verhältnisse und Gesundheit. Expertise für den Dritten Report-Technik-Pflege.pdf (Abruf: 09.11.2020). Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Geschäfts- stelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Bolukbasi, Tolga/Chang, Kai-Wei/Zou, James/Saligrama, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/ Venkatesh/Kalai, Adam T. (2016): Man is to Computer article/226.erwerbsarbeit-geschlecht-und-entgrenzung-aus- Programmer as Woman is to Homemaker? Debiasing Word wirkungen-von-digitalisierung-und-flexibilisierung-auf- Embeddings. In: Advances in Neural Information Processing geschlechterverh%C3%A4ltnisse-und-gesundheit.html (Ab- Systems. 30th Conference on Neural Information Processing ruf: 17.07.2020). Systems (NIPS 2016), Barcelona, S. 4349–4357, https://papers. nips.cc/paper/6227-man-is-to-computer-programmer-as- Brush, Candida/Edelman, Linda F./Manolova, Tatiana/Welter, woman-is-to-homemaker-debiasing-word-embeddings (Abruf: Friederike (2019): A gendered look at entrepreneurship eco- 21.07.2020). systems. In: Small Business Economics 53 (2), S. 393–408.

Bonin, Holger/Gregory, Terry/Zierahn, Ulrich (2015): Über- BSG – Bundessozialgericht, Entscheidung vom 05.07.2016, tragung der Studie von Frey/Osborne (2013) auf Deutsch- Aktenzeichen B 2 U 5/15 R. In: NJW 70 (7), S. 508. land. Kurzexpertise 57, Mannheim: ZEW – Zentrum für BSG – Bundessozialgericht, Entscheidung vom 30.01.2020, Europäische Wirtschaftsforschung,ftp://ftp.zew.de/pub/zew- Aktenzeichen B 2 U 19/18 R. In: SGb Die Sozialgerichtsbarkeit docs/gutachten/Kurzexpertise_BMAS_ZEW2015.pdf (Abruf: 67 (4), S. 230–232. 05.08.2019).

163 Bublitz, Elisabeth/Regner, Tobias (2020): The social pay gap Bundesregierung (2017): Zweiter Gleichstellungsbericht der among occupational twins: a task-based comparison. In: Bundesregierung. BT-Drucksache 18/12840, Berlin, www. Economics Bulletin 40 (03), S. 2440–2444, www.accessecon. bmfsfj.de/blob/jump/119794/zweiter-gleichstellungsbericht- com/Pubs/EB/2020/Volume40/EB-20-V40-I3-P213.pdf (Abruf: der-bundesregierung-bt-drucksache-data.pdf (Abruf: 09.11.2020). 01.08.2019).

Buchmüller, Sandra (2018): Geschlecht Macht Gestaltung Bundesregierung (2018): Strategie Künstliche Intelligenz der – Gestaltung Macht Geschlecht. Dissertation, Berlin: Logos Bundesregierung, Berlin, www.ki-strategie-deutschland.de/ Verlag. home.html?file=files/downloads/Nationale_KI-Strategie.pdf (Abruf: 01.12.2020). Bughin, Jacques/Hazan, Eric/Lund, Susan/Dahlström, Peter/ Wiesinger, Anne/Subramaniam, Amresh (2018): Skill Shift. Bundesregierung (2020a): Digitalisierung gestalten. Um- Automation and the future of the work force. Discussion setzungsstrategie der Bundesregierung. 4. aktualisierte Aufl., Paper, Brüssel: McKinsey Global Institute, www.mckinsey. Berlin: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, com/~/media/mckinsey/industries/public%20and%20 www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/1552758/b4 social%20sector/our%20insights/skill%20shift%20auto- 80703ff5182a097d7fba7bff752281/pdf-umsetzungsstrategie- mation%20and%20the%20future%20of%20the%20 digitalisierung-data.pdf?download=1. workforce/mgi-skill-shift-automation-and-future-of-the- workforce-may-2018.pdf (Abruf: 02.11.2020). Bundesregierung (2020b): Corona-Folgen bekämpfen, Wohl- stand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken. Ergebnis Koalitions- Bührer, Susanne/Schraudner, Barbara (2006): Gender-Aspekte ausschuss 3. Juni 2020, Berlin, www.bmwi.de/Redaktion/DE/ in der Forschung. Wie können Gender-Aspekte in Forschungs- Downloads/E/eckpunktepapier-corona-folgen-bekaempfen. vorhaben erkannt und bewertet werden?. DiscoverGender, pdf?__blob=publicationFile&v=6 (Abruf: 01.12.2020). Stuttgart: Fraunhofer-IRB-Verl. Bundesregierung (2020c): Entwurf eines Gesetzes über Bukht, Rumana/Heeks, Richard (2017): Defining, die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haus- Conceptualising and Measuring the Digital Economy. haltsjahr 2021(Haushaltsgesetz 2021) vom 25.09.2020. BT- Development informatics Working Paper Series 68, Drucksache 19/22600, https://dip21.bundestag.de/dip21/ Manchester: University of Manchester, https://papers.ssrn. btd/19/226/1922600.pdf (Abruf: 15.01.2021). com/sol3/Delivery.cfm/SSRN_ID3431732_code1944854. pdf?abstractid=3431732&mirid=1 (Abruf: 21.09.2020). Bundesregierung (im Erscheinen): Neunter Familienbericht. Eltern sein in Deutschland. Ansprüche, Anforderungen und Bundesagentur für Arbeit (2011): Klassifikation der Berufe Angebote bei wachsender Vielfalt. Empfehlungen für eine 2010. Bd. 1: Systematischer und alphabetischer Teil mit wirksame Politik für Familien, Berlin. Erläuterungen, Nürnberg, https://statistik.arbeitsagentur. de/DE/Statischer-Content/Grundlagen/Klassifikationen/ Bundesverband Deutsche Startups e. V. (2019): Female Klassifikation-der-Berufe/KldB2010/Printausgabe-KldB-2010/ Founders Monitor 2019, Berlin, https://deutschestartups. Generische-Publikationen/KldB2010-Printversion-Band1. org/wp-content/uploads/2019/05/Female_Founders_ pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Abruf: 30.11.2020). Monitor_2019.pdf (Abruf: 13.01.2021)

Bundesagentur für Arbeit (2019): Die Arbeitsmarktsituation Bundesverband Deutsche Startups e. V (2020a): von Frauen und Männern 2018. Berichte: Blickpunkt Arbeits- Female Founders Monitor 2020, Berlin, https:// markt, Nürnberg, https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/ femalefoundersmonitor.de/wp-content/uploads/ Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Frauen- FemaleFoundersMonitor_2020.pdf (Abruf: 13.01.2021) und-Maenner/generische-Publikationen/Frauen-Maenner- Bundesverband Deutsche Startups e. V (2020b): Aus- Arbeitsmarkt.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 01.12.2020). wirkungen der Corona-Krise auf Startup-Gründerinnen. Bundesforum Männer (Hg.) (2020): Gewalt, https:// Umfrage zum FemaleFoundersMonitor 2020, Berlin, https:// bundesforum-maenner.de/themen/gewalt/, zuletzt femalefoundersmonitor.de/wp-content/uploads/Blitz- aktualisiert am 26.03.2020 (Abruf: 02.12.2020). umfrage_Auswirkungen-Corona.pdf. (Abruf:13.01.2021)

Bundespolizeipräsidium Potsdam (2018): „Biometrische Ge- Bünning, Mareike/Hipp, Lena/Munners, Stefan (2020): Er- sichtserkennung“ des Bundespolizeipräsidiums im Rahmen werbsarbeit in Zeiten von Corona, Berlin, www.wzb.eu/ der Erprobung von Systemen zur intelligenten Videoana- system/files/docs/dsi/af/Erwerbsarbeit%20in%20Zeiten%20 lyse durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und von%20Corona.pdf (Abruf: 16.04.2020). Heimat, das Bundespolizeipräsidium, das Bundeskriminalamt Buolamwini, Joy (2016): How I’m fighting bias in algorithms. und die Deutsche Bahn AG am Bahnhof Berlin Südkreuz im TED talks, New York: TED, www.ted.com/talks/joy_ Zeitraum vom 01.08.2017–31.07.2018. Abschlussbericht, Pots- buolamwini_how_i_m_fighting_bias_in_algorithms (Abruf: dam, www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldun 23.11.2020). gen/2018/10/181011_abschlussbericht_gesichtserkennung_ down.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 24.09.2020). Buolamwini, Joy/Timnit, Gebru (2018): Gender Shades: Intersectional Accuracy Disparities in Commercial Gender Bundesregierung (2011): Neue Wege – Gleiche Chancen. Classification. In: Friedler, Sorelle A./Wilson, Christo (Hg.): Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf. Proceedings of the 1st Conference on Fairness, Accountability Erster Gleichstellungsbericht. BT-Drucksache 17/6240, Berlin, and Transparency. Bd. 81. New York, NY, USA, 23.–24.02. 82 https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93682/516981ae0ea645 Bände: PMLR. Proceedings of Machine Learning Research 81, 0bf4cef0e8685eecda/erster-gleichstellungsbericht-neue-wege- S. 77–91. gleiche-chancen-data.pdf (Abruf: 01.08.2019).

164 Literaturverzeichnis

Burchardt, Aljoscha/Uszkoreit, Hans (Hg.) (2018): IT für Cockburn, Cynthia/Ormrod, Susan (1993): Gender and soziale Inklusion. Digitalisierung – Künstliche Intelligenz – technology in the making, London: Sage, www.loc.gov/catdir/ Zukunft für alle, München, Wien: De Gruyter. enhancements/fy0656/93085147-d.html.

Burleson, James/Greenbaum, Bruce E. (2019): When Spheres Code Curious (o. J.): Webseite, www.codecurious.org/ (Abruf: Collide: A Refocused Research Framework for Personal 03.10.2020). Use of Technology at Work, https://aisel.aisnet.org/cais/ vol45/iss1/23/, zuletzt aktualisiert am 15.06.2020 (Abruf: Cook, Cody/Diamond, Rebecca/Hall, Jonathan/List, John 15.06.2020). A./Oyer, Paul (2018): The Gender Earnings Gap in the Gig Economy: Evidence from over a Million Rideshare Drivers. Busch, Anne (2013): Der Einfluss der beruflichen NBER Working Paper 24732, Cambridge: National Bureau of Geschlechtersegregation auf den „Gender Pay Gap“ – Zur Economic Research, www.nber.org/papers/w24732.pdf (Abruf: Bedeutung geschlechtlich konnotierter Arbeitsinhalte. In: 07.08.2019). Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie65 (2), S. 301–338. Council of the European Union (2016): On the protection of natural persons with regard to the processing of personal Busch, Anne/Holst, Elke (2013): Geschlechtsspezifische Ver- data and on the free movement of such data, and repealing dienstunterschiede bei Führungskräften und sonstigen An- Directive 95/46/EC (General Data Protection Regulation) gestellten in Deutschland: Welche Relevanz hat der Frauen- (5419/16, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST- anteil im Beruf?. In: Zeitschrift für Soziologie42 (4), S. 315–336. 5419-2016-INIT/en/pdf (Abruf: 15.05.2020).

Busch-Heizmann, Anne/Rastetter, Daniela/Rinke, Timothy Cremer, Hendrik (2010): Ein Grundgesetz ohne „Rasse“. Vor- (2018): Geschlechterungleichheit in Erwerbsorganisationen. schlag für eine Änderung von Artikel 3 Grundgesetz. Policy In: Arbeit 27 (1), S. 49–75. Paper, Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte, www. institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/ BVerfG – Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 02.03.2010, Publikationen/Policy_Paper/policy_paper_16_ein_grund- Aktenzeichen 1 BvR 256/08 ,1 BvR 263/08 ,1 BvR 586/08. In: gesetz_ohne_rasse.pdf (Abruf: 30.11.2020). Pressemitteilung Nr. 11/2010 des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe. Crenshaw, Kimberlé (2017): On intersectionality. Essential writings, New York: New Press. BVerfG – Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.06.2018, Aktenzeichen 1 BvL 7/14. In: Entscheidungen des Criado-Perez, Caroline (2019): Invisible Women. Exposing Bundesverfassungsgerichts. Bd. 149, Karlsruhe, S. 126–160. Data Bias in a World Designed for Men, London: Penguin Random House. CDU/CSU-Bundestagsfraktion (2020): CDU/CSU und SPD einigen sich auf Bundesgleichstellungsstiftung des Crutzen, Cecile K. M. (2013): Nicht-menschlich ist Öffentlichen Rechts. Pressemitteilung, 07.07.2020, Berlin, auch Gender. In: Informatik-Spektrum 36 (3), S. 309–318, www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/cducsu-und- DOI: https://doi.org/10.1007/s00287-013-0697-9 (Abruf: spd-einigen-sich-auf-bundesgleichstellungsstiftung-des- 24.11.2020). oeffentlichen-rechts (Abruf: 20.11.2020). Cvencek, Dario/Meltzoff, Andrew N./Greenwald, Anthony CDU/CSU/SPD (2018): Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine G. (2011): Math–Gender Stereotypes in Elementary School neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für Children. In: Child Development 82 (3), S. 766–779. unser Land. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 19. Legislaturperiode, www.bundesregierung.de/Content/ d’Alessandro, Brian/O’Neil, Cathy/LaGatta, Tom (2017): DE/_Anlagen/2018/03/2018-03-14-koalitionsvertrag.pdf (Ab- Conscientious Classification: A Data Scientist’s Guide to ruf: 15.01.2019). Discrimination-Aware Classification. In:Big data 5 (2), S. 120– 134, DOI: 10.1089/big.2016.0048. (Abruf: 22.04.2021) CEDAW Allianz Deutschland (2019): Recht auf Gleich- stellung. Zum Stand der Umsetzung der Frauenrechts- DaMigra e. V. (2019): MyDigitalWomenRights. Infografik, konvention in Deutschland. Stellungnahme der CEDAW- Berlin, www.damigra.de/wp-content/uploads/Infografik_ Allianz Deutschland anlässlich des 40. Jubiläums der MyDigitalWomenRights_Postkarte_DEUTSCH.pdf (Abruf: Frauenrechtskonvention (CEDAW) sowie des 25. Jubiläums 01.12.2020). der Pekinger Erklärung und Aktionsplattform, Berlin, Datenethikkommission (2019): Gutachten der Datenethik- www.gmei.info/images/CEDAW-ALLIANZ-Deutschland- kommission der Bundesregierung, Berlin, https://datenethik- Stellungnahme-2019.pdf (Abruf: 13.10.2020). kommission.de/wp-content/uploads/191128_DEK_Gut- Chung, Heejung/Lippe, Tanja van der (2018): Flexible achten_bf_b.pdf (Abruf: 02.09.2020). Working, Work-Life Balance, and Gender Equality: Daum, Mario (2017): Digitalisierung und Technisierung Introduction. In: Soc Indic Res 151 (2), S. 365–381, DOI: der Pflege in Deutschland. Aktuelle Trends und ihre Folge- 10.1007/s11205-018-2025-x (Abruf: 23.10.2020). wirkungen auf Arbeitsorganisation, Beschäftigung und Quali- Coalition Against Stalkerware/Kaspersky (Hg.) (2019): fizierung, Hamburg,sig Der Stalkerware Report 2019, https://stopstalkerware.org/ (Abruf: 10.08.2020). wp-content/uploads/2020/06/The-State-of-Stalkerware-in- 2019-German.pdf (Abruf: 20.08.2020).

165 Decker, Michael/Bellucci, Sergio/Bröchler, Stephan/Nentwich, Deutscher Bundestag (2018): Antwort der Bundesregierung Michael/Rey, Lucienne/Sotoudeh, Mahshid (2014): Technik- auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Digitale Ge- folgenabschätzung im politischen System. In: Decker, walt gegen Frauen. BT-Drucksache 19/6174, Berlin, http:// Michael/Bellucci, Sergio/Bröchler, Stephan/Nentwich, dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/061/1906174.pdf (Abruf: Michael/Rey, Lucienne/Sotoudeh, Mahshid (Hg.): Technik- 14.08.2020). folgenabschätzung im politischen System. Zwischen Konflikt- bewältigung und Technologiegestaltung. Gesellschaft Deutscher Bundestag (2019): Antwort der Bundesregierung – Technik – Umwelt. Neue Folge 17. 1. Aufl., Baden-Baden: auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jessica Tatti, Nomos, S. 11–23. , , weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Einsatz von automatisierten Delanoeije, Joni/Verbruggen, Marijke (2019): The Use of Entscheidungssystemen und Künstlicher Intelligenz in Work-Home Practices and Work-Home Conflict: Examining der Personalauswahl, Personalverwaltung und Personal- the Role of Volition and Perceived Pressure in a Multi-Method entwicklung. BT-Drucksache 19/13210, Berlin, http:// Study. In: Frontiers in psychology 10, S. 2362, DOI: 10.3389/ dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/132/1913210.pdf (Abruf: fpsyg.2019.02362 (Abruf: 30.10.2020). 01.12.2020).

Dengler, Katharina/Matthes, Britta (2020): Substituierbar- Deutscher Bundestag (2020a): Antwort der Bundesregierung keitspotenziale von Berufen und die möglichen Folgen für auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renate Künast, Dr. die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt. Expertise für , Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gesetz zur Be- Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundes- kämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ein regierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/ Jahr nach dem Anschlag von Halle nicht in Kraft. BT-Druck- article/216.substituierbarkeitspotenziale-von-berufen-und- sache 19/23867, Berlin, https://dip21.bundestag.de/dip21/ die-m%C3%B6glichen-folgen-f%C3%BCr-die-gleichstellung- btd/19/238/1923867.pdf (Abruf: 02.12.2020). auf-dem-arbeitsmarkt.html (Abruf: 17.07.2020). Deutscher Bundestag (2020b): Entwurf eines Gesetzes zur Dengler, Katharina/Tisch, Anita (2020): Examining the Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. BT-Druck- Relationship Between Digital Transformation and Work sache 19/18792, Berlin, https://dip21.bundestag.de/dip21/ Quality: Substitution Potential and Work Exposure in Gender- btd/19/187/1918792.pdf (Abruf: 02.12.2020). Specific Occupations. In:Köln Z Soziol 72 (1), S. 427–453, DOI: 10.1007/s11577-020-00674-3 (Abruf: 23.09.2020). Deutscher Bundestag (2020c): Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2021 Der Standard (2019): Fünf Jahre #GamerGate: Wie ein Online- (Haushaltsgesetz 2021). Bundesgesetzblatt (BGBl I), S. 3208, Mob das Zeitalter des Krieges im Netz einläutete, 17.08.2019, www.bundeshaushalt.de/fileadmin/user_upload/BHH%20 www.derstandard.de/story/2000107500032/fuenf-jahre- 2021%20gesamt.pdf (Abruf: 15.01.2021). gamergate-wie-ein-online-mob-das-zeitalter-des (Abruf: 02.12.2020). Deutscher Frauenrat (2019): Zukunft gestalten. Digitale Trans- formation geschlechtergerecht steuern, Berlin: Deutscher Derichs-Kunstmann, Karin/Kaschuba, Gerrit/Lange, Rolf/ Frauenrat, www.frauenrat.de/wp-content/uploads/2019/09/ Schnier, Victoria (Hg.) (2009): Gender-Kompetenz für PP-Digitalisierung-final-web.pdf (Abruf: 19.10.2020). die Bildungsarbeit. Konzepte, Erfahrungen, Analysen, Konsequenzen, Recklinghausen: FIAB. DGB – Deutscher Gewerkschaftsbund (2020): Schwarz- arbeit in Privathaushalten ist keine Lösung!, www.dgb.de/ Destatis – Statistisches Bundesamt (2019): Wirtschafts- themen/++co++cfc957ca-32c1-11ea-a21c-52540088cada, zu- rechnungen. Private Haushalte in der Informationsgesell- letzt aktualisiert am 14.01.2020 (Abruf: 25.11.2020). schaft – Nutzung von Informations- und Kommunikations- technologien, Wiesbaden, www.destatis.de/DE/Themen/ Dickel, Sascha/Thiem, Carolin (2018): Zur Organisation Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebens- von Arbeit 4.0. Crowdsourcing als Sozialtechnologie. In: bedingungen/IT-Nutzung/Publikationen/Downloads-IT- Redlich, Tobias/Moritz, Manuel/Wulfsberg, Jens P. (Hg.): Nutzung/private-haushalte-ikt-2150400197004.pdf;jsessionid Interdisziplinäre Perspektiven zur Zukunft der Wert- =051B2AD8B8EBABC6214FE75ADFC3E914.internet8732?__ schöpfung. Research. 1. Aufl., 2018. Wiesbaden: Springer Fach- blob=publicationFile (Abruf: 20.11.2020). medien Wiesbaden, S. 247–254.

Destatis – Statistisches Bundesamt (2020a): Tabelle 21311- die medienanstalten (2020): Medienvielfaltsmonitior 2020- 0012. Studienanfänger: Deutschland, Semester, Nationalität, 1. Anteile der Medienangebote und Medienkonzerne am Geschlecht, Studienfach, Wiesbaden, www-genesis.destatis. Meinungsmarkt der Medien in Deutschland, Berlin (Abruf: de/genesis/online (Abruf: 05.07.2020). 01.12.2020).

Destatis – Statistisches Bundesamt (2020b): Tabelle 21321- Diebold, Philipp/Schmitt, Anna/Zehler, Thomas (2016): 0003. Prüfungen an Hochschulen: Deutschland, Jahre, Agile Potenzialanalyse: Der Weg zum passenden Grad an Nationalität, Geschlecht, Prüfungsergebnis, Studienfach, Agilität. In: OBJEKTspektrum, http://publica.fraunhofer.de/ Wiesbaden, www-genesis.destatis.de/genesis/online (Abruf: documents/N-419067.html (Abruf: 26.03.2021). 05.07.2020). Diewald, Martin/Nebe, Katja (2020): Familie und Be- ruf: Vereinbarkeit durch Homeoffice? Soziologische und rechtwissenschaftliche Perspektiven. Sonderausgabe 50 Jahre Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen. In:Sozialer Fort- schritt 69 (08/09), S. 595–610.

166 Literaturverzeichnis

Dirr, Tobias (2016): Fußball-EM – Interview mit Claudia Neu- Draude, Claude/Maaß, Susanne (2018): Making IT work. In: mann. In: Süddeutsche Zeitung, 21.06.2016, www.sueddeutsche. Marsden, Nicola/Wulf, Volker/Rode, Jennifer/Weibert, Anne de/medien/fussball-em-ein-versprecher-bei-einer-frau-ist- (Hg.): Conference, Gender & IT. Proceedings: 14.–15.05.2018, sofort-ein-kompetenzdefizit-1.3043768 (Abruf: 02.12.2020). Heilbronn. The 4th Conference. Heilbronn, Germany, 14.05.2018–15.5.2018. New York, New York: The Association DIVSI – Deutsches Institut für Vertrauen und Sicherheit im for Computing Machinery, Inc. ICPS, S. 43–50. Internet (2015): DIVSI U9-Studie. Kinder in der digitalen Welt, www.divsi.de/wp-content/uploads/2015/06/U9-Studie-DIVSI- Dreier, Horst (2013): Art. 2. In: Horst Dreier: Grundgesetz. web.pdf (Abruf: 20.11.2020). Tübingen: Mohr Siebeck.

Dix, Alexander (2019): Art. 20. In: Spiros Simitis, Gerrit Duffy, Brooke Erin/Wissinger, Elizabeth (2017): Mythologies Hornung und Indra Spiecker gen. Döhmann: Kommentar of Creative Work in the Social Media Age: Fun, Free, and „Just Datenschutzrecht. DSGVO mit BDSG. Baden-Baden: Nomos. Being Me“. In: International Journal of Communication 11, S. 4652–4671, www.researchgate.net/publication/320711113_ djb – Deutscher Juristinnenbund e. V. (2019a): Positionspapier: Mythologies_of_Creative_Work_in_the_Social_Media_Age_ Mit Recht gegen Hate Speech – Bekämpfung digitaler Gewalt Fun_Free_and_Just_Being_Me (Abruf: 01.11.2020). gegen Frauen. 19–23, Berlin, www.djb.de/verein/Kom-u-AS/ ASDigi/st19-23/ (Abruf: 04.08.2020). Dijk, Johannes A.G.M. van (2012): The Evolution of the Digital Divide. The Digital Divide Turns to Inequality of Skills and djb – Deutscher Juristinnenbund e. V. (2019b): Stellungnahme Usage. In: Bus, J./Crompton, M./Hildebrandt, M./Metakides, G. zur Strafbarkeit des „Upskirting“, Berlin, www.djb.de/presse/ (Hg.): Digital enlightenment yearbook 2012. Amsterdam: IOS pressemitteilungen/detail/st19-16 (Abruf: 17.08.2020). Press, S. 57–78. djb – Deutscher Juristinnenbund e. V. (2020): Stellungnahme Ebenfeld, Melanie (2018): Checkliste zur gender- und di- zum Referentenentwurf des BMJV: Entwurf eines Gesetzes versitätsbewussten Didaktik. In: Toolbox Gender und Di- zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). versity in der Lehre, www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/ 20-14, Berlin, www.djb.de/verein/Kom-u-AS/ASDigi/st20-14/ toolbox/_content/pdf/methodenblatt_checkliste.pdf (Abruf: (Abruf: 24.08.2020). 20.11.2020).

Döring, Nicola/Mohseni, M. Rohangis (2020): Gendered hate Eggert, Simon/Sulmann, Daniela/Teubner, Christian (2019): speech in YouTube and YouNow comments: Results of two ZQP-Analyse – Wie die Einstellung der Bevölkerung zu content analyses. In: SCM 9 (1), S. 62–88, DOI: 10.5771/2192- digitalen und technischen Anwendungen in der Pflege ist. In: 4007-2020-1-62. (Abruf: 22.04.2021) Zentrum für Qualität in der Pflege (Hg.): ZQP-Report Pflege und digitale Technik. Berlin, S. 16–31. Dörr, Dieter/Natt, Alexander (2014): Suchmaschinen und Meinungsvielfalt. Ein Beitrag zum Einfluss von Such- EGMR – Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil maschinen auf die demokratische Willensbildung. In: Zeit- vom 12.06.2008, Aktenzeichen 71127/01. schrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM)58 (11), S. 829–847. EGMR – Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil Dräger, Jörg/Müller-Eiselt, Ralph (2019): Wir und die vom 14.10.2010, Aktenzeichen 55164/08. In: BeckRS 2014, intelligenten Maschinen. Wie Algorithmen unser Leben be- 21158. stimmen und wir sie für uns nutzen können, München: DVA. EGMR – Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil Dragiewicz, Molly/Burgess, Jean/Matamoros-Fernández, vom 12.11.2013, Aktenzeichen 5786/08. Ariadna/Salter, Michael/Suzor, Nicolas P./Woodlock, Delanie/ Harris, Bridget (2018): Technology facilitated coercive control: domestic violence and the competing roles of digital media platforms. In: Feminist Media Studies 18 (4), S. 609–625, DOI: 10.1080/14680777.2018.1447341 (Abruf: 18.08.2020).

Draude, Claude (2019): Non-discrimination by design?!. In: Mosene, Katharina/Kettemann, Matthias (Hg.): Many worlds, many nets, many visions. Critical Voices, Visions and Vectors for Internet Governance. Berlin, S. 34.

Draude, Claude (2020): „… but how do you formalize it?“. Gender Studies als konstruktive Intervention in der Informatik. In: Bieling, Tom (Hg.): Gender (&) Design. Positionen zur Vergeschlechtlichung in Gestaltungskulturen. Design meanings n. 2. Sesto S. Giovanni: Mimesis Inter- national, S. 177–193.

Draude, Claude/Klumbyte, Goda/Lücking, Phillip/Treusch, Pat (2020): Situated algorithms: a sociotechnical systemic approach to bias. In: OIR 44 (2), S. 325–342, DOI: 10.1108/ OIR-10-2018-0332.

167 Ehteshami Bejnordi, Babak/Veta, Mitko/Johannes Diest, EU KOM – Europäische Kommission (2014): Empfehlung Paul van/Ginneken, Bram van/Karssemeijer, Nico/Litjens, der Kommission vom 7. März 2014 zur Stärkung des Grund- Geert/Laak, Jeroen A. W. M. van der/Hermsen, Meyke/ satzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer durch Manson, Quirine F./Balkenhol, Maschenka/Geessink, Oscar/ Transparenz. In: Amtsblatt der Europäischen Union, 08.03.2014, Stathonikos, Nikolaos/Dijk, Marcory Crf van/Bult, Peter/Beca, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CEL Francisco/Beck, Andrew H./Wang, Dayong/Khosla, Aditya/ EX:32014H0124&from=EN (Abruf: 08.09.2020). Gargeya, Rishab/Irshad, Humayun/Zhong, Aoxiao/Dou, Qi/ Li, Quanzheng/Chen, Hao/Lin, Huang-Jing/Heng, Pheng-Ann/ EU KOM – Europäische Kommission (2015): Mitteilung der Haß, Christian/Bruni, Elia/Wong, Quincy/Halici, Ugur/Öner, Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Mustafa Ümit/Cetin-Atalay, Rengul/Berseth, Matt/Khvatkov, Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Vitali/Vylegzhanin, Alexei/Kraus, Oren/Shaban, Muhammad/ Ausschuss der Regionen. Strategie für einen digitalen Binnen- Rajpoot, Nasir/Awan, Ruqayya/Sirinukunwattana, Korsuk/ markt für Europa. COM (2015) 152 final, Brüssel,https://eur- Qaiser, Talha/Tsang, Yee-Wah/Tellez, David/Annuscheit, lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52015D Jonas/Hufnagl, Peter/Valkonen, Mira/Kartasalo, Kimmo/ C0192&from=PT (Abruf: 01.12.2020). Latonen, Leena/Ruusuvuori, Pekka/Liimatainen, Kaisa/ EU KOM – Europäische Kommission (2020): Gendered Albarqouni, Shadi/Mungal, Bharti/George, Ami/Demirci, Innovations 2. How Inclusive Analysis Contributes to Stefanie/Navab, Nassir/Watanabe, Seiryo/Seno, Shigeto/ Research and Innovation. Policy Review, Brussels, https:// Takenaka, Yoichi/Matsuda, Hideo/Ahmady Phoulady, Hady/ op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/33b4c99f- Kovalev, Vassili/Kalinovsky, Alexander/Liauchuk, Vitali/ 2e66-11eb-b27b-01aa75ed71a1 (Abruf: 30.11.2020). Bueno, Gloria/Fernandez-Carrobles, M. Milagro/Serrano, Ismael/Deniz, Oscar/Racoceanu, Daniel/Venâncio, Rui (2017): Eubanks, Virginia (2017): Automating inequality. How high- Diagnostic Assessment of Deep Learning Algorithms for tech tools profile, police, and punish the poor, First edition, Detection of Lymph Node Metastases in Women With Breast New York: ST MARTIN’S Press. Cancer. In: JAMA 318 (22), S. 2199–2210, DOI: 10.1001/ jama.2017.14585 (Abruf: 27.11.2020). EuGH – Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 10.07.2008, Aktenzeichen C-54/07. Eichhorst, Werner/Linckh, Carolin (2017): Solo-Selbstständig- keit in der Plattformökonomie. WISO direkt – Analysen und EuGH – Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14.05.2019, Konzepte zur Wirtschafts- und Sozialpolitik 28, FES – Fried- Aktenzeichen Rs. CCOO. C-55/18. rich-Ebert-Stiftung, Bonn,https://library.fes.de/pdf-files/ wiso/13669.pdf (Abruf: 25.11.2020). Euler, Mark/Herzog, Sarah/Vollmar, Bernhard H. (2020): Entrepreneurial Ecosystems als Perspektive des Entrepreneur- Eidinger, Eran/Enbar, Roee/Hassner, Tal (2014): Age and ships – Möglichkeiten und Grenzen des Designs. In: Hölzle, Gender Estimation of Unfiltered Faces. In:IEEE Trans. Katharina/Tiberius, Victor/Surrey, Heike (Hg.): Perspektiven Inform.Forensic Secur. 9 (12), S. 2170–2179, DOI: 10.1109/ des Entrepreneurships: Unternehmerische Konzepte TIFS.2014.2359646. (Abruf: 21.04.2021) zwischen Theorie und Praxis, Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 469–480. EIGE – Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen (2017): Gewalt im Internet gegen Frauen und Mädchen, EWSA – Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss https://eige.europa.eu/sites/default/files/documents/ (2020): Stellungnahme zur Gleichstellungsstrategie SOC/633. ti_pubpdf_mh0417543den_pdfweb_20171026164000.pdf Reference: SOC/633-EESC-2020, Brüssel, www.eesc.europa.eu/ (Abruf: 04.08.2020). en/our-work/opinions-information-reports/opinions/gender- equality-strategy?_cldee=aXZlcnNlbkBhZy1mYW1pbGllLmR EIGE – Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen l&recipientid=contact-c13a8026aeb8e311adda005056a05070- (2018): Women and men in ICT. A chance for better work-life d44e61ab10bb4e22bdd5e72989d3448b&esid=7361dadb- balance. Research note. 1441-ea11-8116-005056a043ea (Abruf: 01.11.2020).

El-Ghazi, Mohamad (2016): Entwurf eines Gesetzes zur Evangelista, Rinaldo/Guerrieri, Paolo/Meliciani, Valentina Änderung des Strafgesetzbuches. Verbesserung des Schutzes (2014): The economic impact of digital technologies in der sexuellen Selbstbestimmung (BR-Drs. 162/16). In: jurisPR- Europe. In: Economics of Innovation and New Technology 23 StrafR 10 (Anm. 1). (8), S. 802–824, DOI: 10.1080/10438599.2014.918438 (Abruf: 02.11.2020). Erdsiek, Daniel/Ohnemus, Jörg/ Viete, Steffen (2018): Crowdworking in Deutschland 2018: Ergebnisse einer ZEW- Fachverband Informationstechnologie in Sozialwirtschaft Unternehmensbefragung. Expertise im Auftrag des Bundes- und Sozialverwaltung – FINSOZ e. V. (2016): Positionspapier. ministeriums für Arbeit und Soziales, Bundesministerium für Digitalisierung der Sozialwirtschaft,www.finsoz.de/sites/ Arbeit und Soziales, Mannheim. default/files/pressemeldungen/FINSOZ_Positionspapier.pdf (Abruf: 01.12.2020). Escher, Kathrin (2019): Gender Pay Gap – Realität in der Arbeitswelt 4.0? In: Preißing, Dagmar (Hg.): Frauen in der Arbeitswelt 4.0. Chancen und Risiken für die Erwerbstätig- keit. Berlin: De Gruyter Oldenbourg, S. 189–221.

EU KOM – Europäische Kommission (2011): Toolkit Gender in EU-funded research, Luxemburg, https://op.europa.eu/en/ publication-detail/-/publication/c17a4eba-49ab-40f1-bb7b- bb6faaf8dec8 (Abruf: 15.01.2021).

168 Literaturverzeichnis

Fahning, Ines/Underwood, Lukas/Fock, Theodor (2018): Foullong, Franziska (2020): Herausforderungen der Die Erwerbssituation von Frauen in ländlichen Regionen Digitalisierung für die Mitbestimmung. In: WSI 73 (3), S. unter dem Einfluss der Digitalisierung der Arbeitswelt. 209–212, DOI: 10.5771/0342-300X-2020-3-209. Schriftenreihe der Hochschule Neubrandenburg: Reihe I, Fachbereich Agrarwirtschaft und Lebensmittelwissen- Frauenhauskoordinierung e. V. (2020): Neufassung des § schaften, Göttingen, Neubrandenburg, Berlin: BMEL – 238 StGB durch Verbesserung des Schutzes gegen Nach- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, stellungen vom 1. März 2017, in Kraft getreten am 10. www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_laendliche- März 2017 – Evaluierung der Gesetzesänderung. Pressemit- Regionen/FemdigiruralForschungsprojekt.pdf?__ teilung, 18.05.2020, Berlin, www.frauenhauskoordinierung. blob=publicationFile&v= (Abruf: 07.10.2020). de/fileadmin/redakteure/Publikationen/Stellung- nahmen/2020-05-19_FHK_Stellungn_zu_Neufassung_ Fair Pay Innovation Lab (2017): Ist Fairness messbar? Das StalkingParagraf_Website_final.pdf (Abruf: 02.12.2020). Vergütungssystem der Messe Berlin, www.fpi-lab.org/ best-practice/ist-fairness-messbar/, zuletzt aktualisiert am Freed, Diana/Palmer, Jackeline/Minchala, Diana/Levy, Karen/ 22.12.2017 (Abruf: 30.09.2020). Ristenpart, Thomas/Dell, Nicola (2018): „A Stalker’s Paradise“: How Intimate Partner Abusers Exploit Technology. In: Faircrowdwork.de (o. J.): Gewerkschaftliche Informationen Association for Computing Machinery (Hg.): Proceedings und Austausch zu Crowd-, App- und plattformbasiertem of the ACM on Human-Computer Interaction. Issue CSCW. Arbeiten, Frankfurt a. M., http://faircrowd.work/de/ (Abruf: Unter Mitarbeit von Karrie Karahalios, Andrés Monroy- 25.11.2020). Hernández, Airi Lampinen und Geraldine Fitzpatrick, 11/2018. 2. Aufl., New York, S. 1–13,http://nixdell.com/papers/ Fairwork Deutschland (2020): Ratings 2020: Arbeitsstandards stalkers-paradise-intimate.pdf (Abruf: 19.08.2020). in der Plattformökonomie, Berlin, https://fair.work/wp- content/uploads/sites/97/2020/05/Germany-De-report.pdf. Freie Universität Berlin (2020): Toolbox Gender und Diversity in der Lehre, Berlin, www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/. Fairtube (o. J.), https:/fairtube.info, zuletzt aktualisiert am 09.03.2020 (Abruf: 25.11.2020). Freudenberg (born Müller), Christoph (2019): Rising platform work – Scope, insurance coverage and good practices among Fedock, Barbara/Kebritchi, Mansureh/Sanders, Rebecca/Hol- ISSA countries. In: ISSA World Social Security Forum, land, Alicia (2016): Digital Badges and Micro-credentials: Brussels, www.researchgate.net/publication/337548165_ Digital Age Classroom Practices, Design Strategies, and Rising_platform_work_-_Scope_insurance_coverage_and_ Issues. In: Ifenthaler, Dirk/Bellin-Mularski, Nicole/Mah, good_practices_among_ISSA_countries (Abruf: 21.12.2020). Dana-Kristin (Hg.): Foundation of digital badges and micro- credentials. Demonstrating and recognizing knowledge and Frey, Regina (2010): Gender Budgeting als competencies. Cham: Springer, S. 273–286. geschlechterpolitische Strategie. In: IPG (Internationale Politik und Gesellschaft)(2), S. 35–47, https://library.fes.de/pdf-files/ Floyd, Christiane/Krabbel, Anita/Ratuski, Sabine/Wetzel, ipg/ipg-2010-2/04_a_frey_d.pdf (Abruf: 20.11.2020). Ingrid (1997): Zur Evolution der evolutionären Systement- wicklung: Erfahrungen aus einem Krankenhausprojekt. In: Frey, Regina (2020): Geschlecht und Gewalt im digitalen Informatik-Spektrum 20 (1), S. 13–20. Raum. Eine qualitative Analyse der Erscheinungsformen, Betroffenheiten und Handlungsmöglichkeiten unter Be- Floyd, Christiane/Piepenburg, Ulrich (1993): STEPS – ein rücksichtigung intersektionaler Aspekte. Expertise für softwaretechnischer Projektansatz und seine arbeitswissen- den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, schaftliche Begründung. In: Reichel, Horst (Hg.): Informatik Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundes- – Wirtschaft – Gesellschaft. 23. GI – Jahrestagung, Dresden, regierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht. 27. September bis 1. Oktober 1993. Informatik aktuell. Berlin, de/de/article/239.geschlecht-und-gewalt-im-digitalen- Heidelberg: Springer, S. 145–150. raum-eine-qualitative-analyse-der-erscheinungsformen- betroffenheiten-und-handlungsm%C3%B6glichkeiten-unter- Foong, Eureka/Vincent, Nicholas/Hecht, Brent/Gerber, ber%C3%BCcksichtigung-intersektionaler-aspekte.html Elizabeth M. (2018): Women (Still) Ask For Less: Gender (Abruf: 09.09.2020). Differences in Hourly Rate inan Online Labor Marketplace. In: Association for Computing Machinery (Hg.): Proceedings Frey, Regina/Röhr, Ulrike (2020): Das Konjunkturpaket of the ACM on Human-Computer Interaction. Issue CSCW. zur Überwindung der Corona-Krise aus Geschlechter-und Unter Mitarbeit von Karrie Karahalios, Andrés Monroy- Klimaperspektive, Berlin, www.genanet.de/fileadmin/ Hernández, Airi Lampinen und Geraldine Fitzpatrick, user_upload/dokumente/Themen/Corona/20200910-GIA- 11/2018. 2. Aufl., New York, S. 53–73,www.brenthecht. Konjunkturpaket.pdf (Abruf: 07.10.2020). com/publications/cscw2018_upworkgender.pdf (Abruf: 07.08.2019). Frey, Regina/Spangenberg, Ulrike (2007): Gender Budgeting in fünf Forschungsprogrammen. Studie im Auftrag des Foster, Helga (1988): Frauenspezifische Weiterbildung im Österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft und technischen Bereich – Überlegungen zum zehnjährigen Forschung. Kurzfassung. Unter Mitarbeit von Jette Hausotter, „Jubiläum“ der Modellversuche zur Umschulung von Frauen Manfred Köhnen und Anne Köpke, Berlin: Genderbüro, www. in gewerbliche und technische Berufe. In: Bildung in Wissen- forschungsnetzwerk.at/downloadpub/Kurzfassung_GB- schaft und Praxis (BWP)17 (3), S. 87–91, www.bwp-zeitschrift. Studie.pdf (Abruf: 14.01.2019). de/de/bwp.php/de/publication/download/13497 (Abruf: 14.09.2020).

169 Friedman, Batya (Hg.) (1998): Human values and the design of Galbally, Javier/Ferrara, Pasquale/Haraksim, Rudolf/Psyllos, computer technology. Center for the Study of Language and Apostolos/Beslay, Laurent (2019): Study on Face Identification Information – lecture notes 72, Stanford University: Center Technology for its Implementation in the Schengen for the Study of Linguistics and Information. Information System. EUR 29808 EN, Luxemburg: Publication Office of the European Union,DOI: 10.2760/661464. (Abruf: Friedman, Batya/Kahn, Peter H./Borning, Alan/Huldtgren, 22.04.2021) Alina (2013): Value Sensitive Design and Information Systems. In: Doorn, Neelke/Schuurbiers, Daan/Poel, Ibo de Galperin, Eva (2020): Coalition Against Stalkerware Expands van/Gorman, Michael (Hg.): Early Engagement and New Membership. Herausgegeben von Electronic Frontier Technologies: Opening Up the Laboratory. Dordrecht: Foundation, San Francisco, www.eff.org/deeplinks/2020/07/ Springer Netherlands, S. 55–95. coalition-against-stalkerware-expands-membership, zuletzt aktualisiert am 07.07.2020 (Abruf: 18.08.2020). Friedrichs-Liesenkötter, Henrike (2019): ‚Wo Medienbildung draufsteht, steckt nicht unbedingt Medienbildung drin’. Eine Ganz, Kathrin/Meßmer, Anna-Katharina (2015): Anti- Dokumentenanalyse von Bildungsplänen und Curricula in Genderismus im Internet. In: Hark, Sabine/Villa, Paula-Irene Ausbildung und Studium zur frühkindlichen Medienbildung (Hg.) (2015): (Anti-)Genderismus. Sexualität und Geschlecht und -erziehung. In: Medienimpulse 57 (1), DOI: 10.21243/mi- als Schauplätze aktueller politischer Auseinandersetzungen. 01-19-07. (Abruf: 22.04.2021) Bielefeld: transcript-Verlag, S. 59–78.

Fritsch, Katrin/Schwichow, Helene von (2020): Zwischen Gardiner, Becky/Mansfield, Mahana/Anderson, Ian/Holder, Flexibilität und Unsicherheit: Erfahrungen von Frauen in Josh/Louter, Daan/Ulmanu, Monica (2016): The dark side of der Plattformökonomie. Expertise für den Dritten Gleich- Guardian comments. In: The Guardian, 12.04.2016, www. stellungsbericht der Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter theguardian.com/technology/2016/apr/12/the-dark-side-of- Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, www. guardian-comments (Abruf: 15.01.2021). dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/240.zwischen- flexibilit%C3%A4t-und-unsicherheit-erfahrungen-von- Gärtner, Debora/Lange, Katrin/Stahlmann, Anne (2020): Was frauen-in-der-plattform%C3%B6konomie.html (Abruf: der Gender Care Gap über Geld, Gerechtigkeit und die Gesell- 23.09.2020). schaft aussagt. Einflussfaktoren auf den Gender Care Gap und Instrumente für seine Reduzierung, Berlin, www.bmfsfj.de/ Fröhlich, Wiebke (2020): Männer fahren LKW, Frauen er- blob/154696/bb7b75a0b9090bb4d194c2faf63eb6aa/gender- ziehen Kinder. Diskriminierendes Gendertargeting durch care-gap-forschungsbericht-data.pdf (Abruf: 11.12.2020). Facebook. Herausgegeben von Verfassungsblog, Berlin, https:// verfassungsblog.de/diskriminierende-facebook-algorithmen/, Gather, Claudia/Biermann, Ingrid/Bliemeister, Patricia/ zuletzt aktualisiert am 06.11.2020 (Abruf: 01.12.2020). Langowski, Judith/Schürmann, Lena/Trenkmann, Jeannette (2017): (Solo-)Selbstständigkeit als gleichstellungspolitische Fröhlich, Wiebke/Spiecker genannt Döhmann, Indra (2018): Herausforderung. Expertise für den Zweiten Gleichstellungs- Können Algorithmen diskriminieren?. Herausgegeben von bericht der Bundesregierung, Berlin, www.gleichstellungs- Verfassungsblog, Berlin, https://verfassungsblog.de/koennen- bericht.de. algorithmen-diskriminieren/ (Abruf: 07.06.2019). Gegenhuber, Thomas/Ellmer, Markus/Scheba, Claudia (2018): Fuchs, Johanna/Knaut, Andrea/Güney-Frahm, Irem/ Partizipation von CrowdworkerInnen auf Crowdsourcing- Spangenberg, Ulrike (2020): Unternehmenskultur, neue Plattformen: Bestandsaufnahme und Ausblick. Studie der Arbeitskonzepte und Stereotype in der Digitalwirtschaft. Hans-Böckler-Stiftung 391, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, Dokumentation eines Hearings der Sachverständigen- www.econstor.eu/bitstream/10419/180404/1/1026957664.pdf kommission für den Dritten Gleichstellungsbericht, Ge- (Abruf: 25.11.2020). schäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundes- regierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/ Gegenhuber, Thomas/Krüger, Elizabeth (2020): Unveröffent- article/221.unternehmenskultur-neue-arbeitskonzepte-und- lichte Recherche für den Gleichstellungsbericht. stereotype-in-der-digitalwirtschaft.html (Abruf: 25.08.2020). Gegenhuber, Thomas/Thäter, Laura/Siebels, Tom/Schneider, Fuchs-Schündeln, Nicola/Stephan, Gesine (2020): Bei Marina/Krüger, Elisabeth/Cohn, Reinhold/Epelde-Manso, drei Vierteln der erwerbstätigen Eltern ist die Belastung Erica/Fernández-Hurtado, Paula/Glover, Danny/Hernandez, durch Kinderbetreuung in der Covid-19-Pandemie ge- Nora/Hinz, Frauke/Iza-Deprit, Ignacio/Kokash, Arno/Lindner, stiegen. In: IAB-Forum, www.iab-forum.de/bei-drei- Yevgeniya/Motorna, Samuel Ndedi/Ngole, Janna/Soyka, vierteln-der-erwerbstaetigen-eltern-ist-die-belastung- Florian/Ulrich, Judith/Valle-Romero, Vijay/Vermani, Lutfi/ durch-kinderbetreuung-in-der-covid-19-pandemie- Zenuni (2020): Equal opportunities in a digital economy: An gestiegen/?pdf=17684 (Abruf: 23.10.2020). exploratory study, Leuphana Universität Lüneburg, Lüneburg, 10.13140/RG.2.2.12645.42723/2 (Abruf: 09.12.2020). Funk, Cary/Parker, Kim (2018): Women and Men in STEM Often at Odds Over Workplace Equity, Washington DC: Pew GenderKompetenzZentrum (o. J.): Gender-Kompetenz, Berlin, Research Center. www.genderkompetenz.info/genderkompetenz-2003-2010/ gender/genderkompetenz.html (Abruf: 20.11.2020). Funk, Lore/Stühmeier, Romy/Wentzel, Wenka (2019): Girls’Day und Boys’Day. Klischeefreie Berufsorientierung, die GERA - Global Entrepreneurship Research Association (2017): wirkt! Ergebnisse der bundesweiten Evaluationsbefragung zu Global Entrepreneurship Monitor. Women’s Entrepreneur- den Aktionstagen 2018 mit Tipps für die Praxis, Bielefeld. ship 2016/2017 Report, https://www.gemconsortium.org/ report/gem-20162017-womens-entrepreneurship-report (Ab- ruf: 07.04.2021).

170 Literaturverzeichnis

Gerber, Christine (2020): Crowdworker*innen zwischen Götz, Maja/Wunderer, Eva/Greithanner, Julia/Maslanka, Eva Autonomie und Kontrolle. In: WSI 73 (3), S. 182–192, DOI: (2019): „Warum kann ich nicht so perfekt sein?“. Die Be- 10.5771/0342-300X-2020-3-182 (Abruf: 25.11.2020). deutung von Influencerinnen bei der Entwicklung von Ess- störungen. In: TelevIZIon 32 (1), S. 29–31 (Abruf: 19.11.2020). Gerwing, Sarah/Ottersböck, Nicole/Lentz, Patrick (2017): Wirtschaftlich erfolgreich aufgrund vielfältiger Beleg- Graça Peters, Katharina (2019): Illegales Filmen in Südkorea: schaften? Eine Bilanz wissenschaftlicher Studien und „Mein Leben ist nicht dein Porno“. In: Der Spiegel, 24.03.2019, Instrumente. In: Gesellschaft für Arbeitswissenschaft (Hg.): S. 1–5, www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/suedkorea- Soziotechnische Gestaltung des digitalen Wandels – kreativ, versteckte-kameras-in-hotels-mein-leben-ist-nicht-dein- innovativ, sinnhaft. 63. Kongress der Gesellschaft für Arbeits- porno-a-1259219.html (Abruf: 17.08.2020). wissenschaft, Dortmund: Gfa Press. Greenberg, Jason/Mollick, Ethan (2016): Activist Choice GFMK – Konferenz der Gleichstellungs- und Frauen- Homophily and the Crowdfunding of Female Founders. In: ministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren Administrative Science Quarterly 62 (2), S. 341–374. der Länder (2020): Beschlüsse und Entschließungen, Saar- brücken, www.gleichstellungsministerkonferenz.de/ Grother, Patrick/Ngan, Mei/Hanaoka, Kayee (2019): Face documents/20-07-01-schlussprotokoll-der-sonder-gfmk-25_ Recognition Vendor Test (FRVT). Part 3: Demographic Effects. juni-2020_2_3_1595231802.pdf (Abruf: 02.12.2020). NIST Interagency or Internal Reports (NISTIR) 8280, National Institute of Standards and Technology (NIST), Gaithersburg, GI – Gesellschaft für Informatik e. V. (2016): Bildungs- https://doi.org/10.6028/NIST.IR.8280 (Abruf: 21.08.2020). standards Informatik für die Sekundarstufe II. In: LOG-IN 36 (183/184), Beilage, https://informatikstandards.de/fileadmin/ Gruber, Angela (2019): Missbrauch im Smart Home: Er hat das GI/Projekte/Informatikstandards/Dokumente/Bildungs- Passwort – und damit die Macht. In: Der Spiegel, 12.05.2019, standards_SII.pdf (Abruf: 20.11.2020). www.spiegel.de/netzwelt/web/smart-home-ex-partner- uebernehmen-die-digitale-kontrolle-a-1266844.html (Abruf: Glock, Gina/Priesack, Kai/Apt, Wenke/Strach, Heike/Krabel, 06.08.2020). Stefan/Bovenschulte, Marc (2018): Qualität der Arbeit, Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit im Wechsel- Grunau, Philipp/Ruf, Kevin/Steffes, Susanne/Wolter, Stefanie spiel von Technologie, Organisation und Qualifikation. (2019): Homeoffice bietet Vorteile, hat aber auch Tücken. Branchenbericht: Pflege und Versorgung. Forschungs- Mobile Arbeitsformen aus Sicht von Betrieben und Be- bericht 522/2, Berlin: BMAS – Bundesministerium für Arbeit schäftigten. IAB-Kurzbericht 11-2019, Nürnberg: Institut und Soziales, www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/ für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, http://doku.iab.de/ PDF-Publikationen/Forschungsberichte/fb522-2-qualitaet- kurzber/2019/kb1119.pdf (Abruf: 18.06.2019). der-arbeit-branchenbericht-pflege.pdf;jsessionid=EF0032 Grunwald, Armin (2002): Technikfolgenabschätzung. Eine 207FE5DB056A808A571C8C16D5.delivery1-master?__ Einführung. Gesellschaft – Technik – Umwelt, N. F., 1, Berlin: blob=publicationFile&v=1 (Abruf: 02.11.2020). edition sigma. GMEI – Gender Mainstreaming Experts International/ Gunda-Werner-Institut (o. J.): Intersektionalität, Berlin, www. DF – Deutscher Frauenrat e. V. (2020): Gleichstellungs- gwi-boell.de/de/intersektionalitaet (Abruf: 09.12.2020). stiftung jetzt gründen. Pressemitteilung, 17.07.2020, Berlin, www.frauenrat.de/wp-content/uploads/2020/07/Aufruf- Güney-Frahm, Irem (2018): A new era for women? Some Gleichstellungsinstitut-DF-GMEI.pdf (Abruf: 01.12.2020). reflections on blind spots of ICT-based development projects for women’s entrepreneurship and empowerment. In: Gender, Goethe Institut e. V. (2019): Europäischer Rahmen für die Technology and Development 22 (2), S. 130–144. digitalen Kompetenzen Lehrender. DigCompEdu, o.O., https:// ec.europa.eu/jrc/sites/jrcsh/files/digcompedu_german_final. Güney-Frahm, Irem/Fuchs, Johanna (2020): Gleich- pdf (Abruf: 20.11.2020). stellungsorientierte Gestaltung von Plattformarbeit: Dis- kriminierungsrisiken, Chancen und Regulierungsansätze. Gorges, Julia/Hollmann, Jelena (2015): Motivationale Dokumentation eines Hearings der Sachverständigen- Faktoren der Weiterbildungsbeteiligung bei hohem, kommission für den Dritten Gleichstellungsbericht, Ge- mittlerem und niedrigem Bildungsniveau. In: Zeitschrift für schäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundes- Erziehungswissenschaft18 (S1), S. 51–69, DOI: doi.org/10.1007/ regierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/ s11618-014-0595-1 (Abruf: 20.11.2020). de/article/229.gleichstellungsorientierte-gestaltung-von- Götz, Maya (2019): „Man braucht ein perfektes Bild“. Die plattformarbeit-diskriminierungsrisiken-chancen-und- Selbstinszenierung von Mädchen auf Instagram. In: Televizion regulierungsans%C3%A4tze.html (Abruf: 25.11.2020). Digital 32 (1), S. 9–20, www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/ Gupta, Vishal K./Turban, Daniel/Wasti, S. Arzu/Sikdar, Arijit publikation/televizion/Digital/Goetz-Perfektes_Bild.pdf (Ab- (2009): The role of gender stereotypes in perceptions of entre- ruf: 01.11.2020). preneurs and intentions to become an entrepreneur. In: Entre- Götz, Maja/Prommer, Elisabeth (2020): Geschlechterstereo- preneurship Theory and Practice 33 (2), S. 397–417. type und Soziale Medien. Expertise für den Dritten Gleich- stellungsbericht der Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, www. dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/257.geschlechter- stereotypen-und-soziale-medien.html (Abruf: 11.12.2020).

171 Haasler, Simone (2020): Pflege 4.0. Umsetzung neuer Hartmann, Ans (2017): Fachberatungsstellen und die Qualifikationsanforderungen in der Krankenpflegeaus- Digitalisierung geschlechtsspezifischer Gewalt. Ergebnisse bildung. Jahrestagung des SAMF e. V. „Wirtschaft und einer Umfrage unter Frauenberatungsstellen und Frauen- Arbeit im Umbruch. Wie wird der Strukturwandel ge- notrufen im bff, Berlin: bff: Bundesverband Frauennotrufe staltet?“, 13.02.2020, Berlin, https://samf.de/wp-content/up- und Frauenberatungsstellen – Frauen gegen Gewalt e. V., loads/2020/02/Pr%C3%A4sentation_Haasler-Pflege-4.0_13- www.frauen-gegen-gewalt.de/de/aktuelle-studien-und- Feb-2020.pdf (Abruf: 04.11.2020). veroeffentlichungen.html?file=files/userdata/downloads/ studien/bff_Digitalisierung_geschlechtsspezifischer_Ge- Haines, Victor Y./Bilodeau, Jaunathan/Demers, Andrée/ walt_Expertise_hartmann.pdf (Abruf: 05.08.2020). Marchand, Alain/Beauregard, Nancy/Durand, Pierre/Blanc, Marie-Eve (2018): Sex, Gender Dynamics, Differential Expo- Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (1987): sure, and Work–Family Conflict. In:Journal of Family Issues Empfehlungen des Hauptausschusses des Bundesinstituts 40 (2), S. 215–239, DOI: 10.1177/0192513X18806945 (Abruf: für Berufsbildung zur „Ausweitung des Berufsspektrums für 30.10.2020). Frauen im gewerblich-technischen Berufsbereich“ vom 6. Februar 1987, BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, Haipeter, Thomas/Hoose, Fabian (2019): Interessenvertretung www.bibb.de/dokumente/pdf/HA070.pdf (Abruf: 14.09.2020). bei Crowd- und Gigwork. Initiativen zur Regulierung von Plattformarbeit in Deutschland. IAQ-Report, Duisburg-Essen, Heilmann, Tom (2020): Aufwertung der Krankenpflege: www.researchgate.net/publication/333973371_Interessen- Welchen Beitrag kann die Digitalisierung leisten?. IAQ- vertretung_bei_Crowd-und_Gigwork_Initiativen_zur_ Report 02/2020, Duisburg-Essen, www.iaq.uni-due.de/iaq- Regulierung_von_Plattformarbeit_in_Deutschland (Abruf: report/2020/report2020-02.pdf (Abruf: 03.11.2020). 11.12.2020). Hecht, Dorothea (2020): Digitales Gewaltschutzgesetz? In: Hammerschmidt, Anna/Schmieder, Julia/Wrohlich, Katharina BdW 167 (4), S. 127–129. (2020): Frauen in Corona-Krise stärker am Arbeitsmarkt be- troffen als Männer. DIW Aktuell 42, Berlin: DIW – Deutsches Hensel, Isabell (2020): Genderaspekte in der Plattformarbeit: Institut für Wirtschaftsforschung,www.diw.de/documents/ Stand in Forschung und Literatur. Expertise für den Dritten publikationen/73/diw_01.c.789749.de/diw_aktuell_42.pdf Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Geschäfts- (Abruf: 28.09.2020). stelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/220. Hannák, Anikó/Wagner, Claudia/Garcia, David/Mislove, genderaspekte-von-plattformarbeit-stand-in-forschung-und- Alan/Strohmaier, Markus/Wilson, Christo (2017): Bias in literatur.html (Abruf: 17.07.2020). Online Freelance Marketplaces. In: Lee, Charlotte P./Poltrock, Steve/Barkhuus, Louise/Borges, Marcos/Kellogg, Wendy (Hg.): Hentschel, Tanja/Braun, Susanne/Peus, Claudia Verena/ Proceedings of the 2017 ACM Conference on Computer Frey, Dieter (2014): Wording of Advertisements Influences Supported Cooperative Work and Social Computing. Women’s Intention to Apply for Career Opportunities. In: CSCW ‘17: Computer Supported Cooperative Work and AMPROC (1), DOI: 10.5465/ambpp.2014.15994abstract (Ab- Social Computing. Portland, 25.02.2017–01.03.2017. CSCW; ruf: 01.12.2020). Association for Computing Machinery; New York, ACM Hentschel, Tanja/Horvath, Lisa K. (2015): Passende Talente Association for Computing Machinery, S. 1914–1933, https:// ansprechen – Rekrutierung und Gestaltung von Stellenaus- dl.acm.org/doi/pdf/10.1145/2998181.2998327 (Abruf: schreibungen. In: Peus, Claudia/Braun, Susanne/Hentschel, 18.05.2020). Tanja/Frey, Dieter (Hg.): Personalauswahl in der Wissenschaft. Hans-Böckler-Stiftung (2016): Tarif verringert den Lohnrück- Evidenzbasierte Methoden und Impulse für die Praxis. Berlin: stand. Böckler Impuls 14/2016, Düsseldorf, www.boeckler.de/ Springer, www.semanticscholar.org/paper/Passende-Talente- data/Impuls_2016_14_1.pdf (Abruf: 25.11.2020). ansprechen-%E2%80%93-Rekrutierung-und-von-Hentschel- Horvath/ea8d5189086cdfef423c07ebfd667276aa1693b1 (Ab- Haraway, Donna Jeanne (1985): A manifesto for cyborgs. ruf: 01.12.2020). Science, technology, and socialist feminism in the 80´s. In: Socialist Review 80, S. 65–108, https://monoskop.org/ Hentschel, Gitti/Schmidt, Francesca (2014): Regulierung images/4/4c/Haraway_Donna_1985_A_Manifesto_for_ gewaltvoller Online-Kommunikation. Perspektiven Cyborgs_Science_Technology_and_Socialist_Feminism_in_ feministischer Netzpolitik auf gewaltvolle Kommunikation the_1980s.pdf (Abruf: 01.11.2020). im Internet. In: FEMINA POLITICA – Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft)23 (2), S. 83–95, DOI: 10.3224/ Harding, Sandra G. (1990): Feministische Wissenschafts- feminapolitica.v23i2.17616 (Abruf: 24.08.2020). theorie. Zum Verhältnis von Wissenschaft und sozialem Geschlecht. 1. Aufl., Hamburg, Berlin: Argument-Verlag. Herling, Claudia/Kempf, Ute/Ahmadi, Michael/Weibert, Anne/Wulf, Volker/Marsden, Nicola (2020): Handlungs- Hark, Sabine/Villa, Paula-Irene (Hg.) (2015): Anti- empfehlungen des Verbundvorhabens „Gender. Wissen. Genderismus. Sexualität und Geschlecht als Schauplätze Informatik. Netzwerk zum Forschungstransfer des aktueller politischer Auseinandersetzungen, Bielefeld: interdisziplinären Wissens zu Gender und Informatik transcript. (GEWINN)”, Bielefeld: Kompetenzzentrum Technik-Di- versity-Chancengleichheit e. V. Harrison, Richard T./Leitch, Claire M./McAdam, Maura (2020): Woman’s entrepreneurship as a gendered niche: the Herring, Cedric (2009): Does Diversity Pay? Race, Gender, implications for regional development policy. In: Journal of and the Business Case for Diversity. In: American Sociological Economic Geography 20 (4), S. 1041–1067, DOI: https://doi. Review 74, S. 208–224. org/10.1093/jeg/lbz035.

172 Literaturverzeichnis

Hesse, Maik/Teubner, Timm (2019): Reputation portability Hohendanner, Christian (2020): Geschlechtsspezifische – quo vadis?. In: Electron Markets (30), S. 1–19, DOI: 10.1007/ Arbeitskräftefluktuation. Auswertungen des Betriebs- s12525-019-00367-6. Historik-Panels und des IAB-Betriebspanels. Im Auftrag der Sachverständigenkommission Dritter Gleichstellungs- Hesse, Maik/Teubner, Timm (2020): Takeaway Trust: A Market bericht der Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleich- Data Perspectiveon Reputation Portability in Electronic stellungsbericht.de/de/article/241.geschlechtsspezifische- Commerce. In: Bui, Tung (Hg.): Proceedings of the 53rd arbeitskr%C3%A4ftefluktuation.html (Abruf: 05.01.2021). Hawaii International Conference on System Sciences. Hawaii International Conference on System Sciences. Proceedings Holtzblatt, Karen/Marsden, Nicola (2018): Retaining Women of the Annual Hawaii International Conference on System in Technology. Uncovering and Measuring Key Dimensions Sciences. of Daily Work Experiences. In: Conference proceedings, ICE/IEEE ITMC 2018. 2018 IEEE International Conference Hildebrandt, Tina/Lebert, Andreas (2020): Christina von on Engineering, Technology and Innovation (ICE/ITMC). Braun: „Frau, bleib du mal schön Fleisch!“. In: Die Zeit, Stuttgart, 17.6.2018– 20.6.2018. IEEE International Techno- 19.02.2020, www.zeit.de/zeit-wissen/2020/02/christina-von- logy Management Conference. Piscataway, NJ: IEEE, S. 1–8. braun-metoo-frau-emanzipation/komplettansicht (Abruf: 07.10.2020). Homant, Ellie/Sender, Katherine (2019): Queer Immaterial Labor in Beauty Videos by LGBTQ-Identified YouTubers. In: Hill Collins, Patricia (2010): Another kind of public education. International Journal of Communication (13), S. 5386–5404, Race, the media, schools, and democratic possibilities, Boston, https://ijoc.org/index.php/ijoc/article/download/10572/2853 Enfield: Beacon; Publishers Group UK. (Abruf: 02.11.2020).

HK – Dänische Gewerkschaft der Vertriebs- und Büroan- Horcher, Michael (2019): § 5 AGG. In: Bamberger, Heinz gestellten/IG Metall/International Brotherhood of Teamsters/ Georg/ Roth, Herbert, Hau, Wolfgang/Poseck, Roman: BeckOK Kammer für Arbeiter und Angestellte (Österreich)/Öster- BGB, Rn. 11–22. 49. Aufl.: C.H. Beck. reichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB)/Service Employees International Union/Unionen (2016): Frankfurter Erklärung Höyng, Stephan (2019): Neue Praxen von Männern und ihre zu plattformbasierter Arbeit. Vorschläge für Plattform- Funktion in einer neoliberalen Gesellschaft. In: Scholz, Sylka/ betreiber, Kunden, politische Entscheidungsträger, Be- Heilmann, Andreas (Hg.): Caring Masculinities? Männlich- schäftigte und Arbeitnehmerorganisationen, Kopenhagen, keiten in der Transformation kapitalistischer Wachstums- Frankfurt, Seattle, Stockholm, Wien, Washington, https:// gesellschaften. München: oekom, S. 135–146. jugend.igmetall.de/docs_20161214_Frankfurt_Paper_on_ Platform_Based_Work_DE_1c33819e1e90d2d09e531a61a572 Höyng, Stephan/Lange, Ralf (2004): Gender Mainstreaming a0a423a93455.pdf (Abruf: 25.11.2020). – ein Ansatz zur Auflösung männerbündischer Arbeits- und Organisationskultur?. In: Meuser, Michael/Neusüß, Claudia Hochschild, Arlie/Machung, Anne (1989): Der 48-Stunden- (Hg.): Gender Mainstreaming. Konzepte, Handlungsfelder, Tag. Wege aus dem Dilemma berufstätiger Eltern, Wien: Instrumente. Schriftenreihe / Bundeszentrale für Politische Zsolnay. Bildung. Bd. 418, Bonn: bpb, S. 105–119.

Hochschulgruppe she.codes (o. J.): she.codes, o.O., https://she- HTW – Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (2020): codes.org/ (Abruf: 01.10.2020). Frauenstudiengang Bachelor Informatik und Wirtschaft, Berlin, https://fiw.htw-berlin.de/ (Abruf: 01.12.2020). Hoffer, Marie (2021): Der mutterschutzspezifische Entgelt- schutz im Lichte der jüngsten Mutterschutzreform. Soziales Hughes, Karen D./Jennings, Jennifer E./Brush, Candida, Carter, Recht 2021. (im Erscheinen). Sara/Welter, Friederike (2012): Extending women’s entre- preneurship research in new directions. In: Entrepreneurship Hoffmann, Stefanie/Thalhammer, Veronika/Hippel, Aiga von/ Theory and Practice 36 (3), S. 429–442. Schmidt-Hertha, Bernhard (2020): Drop-out in der Weiter- bildung – eine Verschränkung von Perspektiven zur (Re‑) Hummel, Diana/Sauer, Arn/Stieß, Immanuel (2020): Technik- Konstruktion des Phänomens Drop-out. In: Zeitschrift für folgenabschätzung und Geschlecht: Bestandsaufnahme und Weiterbildungsforschung 43 (1), S. 31–46, DOI: doi.org/10.1007/ Identifizierung von Diskursschnittstellen mit besonderem s40955-019-00143-1 (Abruf: 20.11.2020). Fokus auf Digitalisierung. Expertise für den Dritten Gleich- stellungsbericht der Bundesregierung, Geschäftsstelle Hoffmann-Riem, Wolfgang (2008): Der grundrechtliche Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, Schutz der Vertraulichkeit und Integrität eigengenutzter www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/228. informationstechnischer Systeme. In: JuristenZeitung 63 (21), technikfolgenabsch%C3%A4tzung-und-geschlecht- S. 1009–1022. bestandsaufnahme-und-identifizierung-von-diskursschnitt- stellen-mit-besonderem-fokus-auf-digitalisierung.html (Ab- Hofmann, Sandra (2020): Geschlechterspezifische Aus- ruf: 31.07.2020). wirkungen der Digitalisierung. Vorstellung ausgewählter Studienergebnisse. Online-Jahrestagung der Gesellschaft für Hunt, Vivian/Prince, Sara/Dixon-Fyle, Sundiatu/Yee, Lareina Sozialen Fortschritt e. V., Evangelische Akademie Loccum, (2018): Delivering through Diversity, McKinsey, New York, 16.09.2020, Rehburg-Loccum, www.loccum.de/files/2020/06/ www.mckinsey.com/business-functions/organization/our- Hofmann.pdf (Abruf: 12.10.2020). insights/delivering-through-diversity (Abruf: 28.06.2020).

173 Hunt, Abigail/Samman, Emma (2019): Gender and the gig- Illgner, Johannah L. (2018): Hass-Kampagnen und Silencing economy. Critical steps for evidence-based policy. Working im Netz. In: Lang, Juliane/Peters, Ulrich (Hg.): Antifeminis- Paper 546, ODI, London, www.odi.org/sites/odi.org.uk/files/ mus in Bewegung – Aktuelle Debatten um Geschlecht und resource-documents/12586.pdf (Abruf: 25.11.2020). sexuelle Vielfalt. Hamburg, S. 253–273.

Hüther, Otto/Kosmützky, Anna/Asanov, Igor/Bünstorf, Guido/ ICO – Information Commissioner‘s Office (2020): ICO -in Krücken, Georg (2020): Massive Open Online Courses after vestigation into use of personal information and political the Gold Rush: Internationale und nationale Entwicklungen influence, London,https://ico.org.uk/media/action-weve- und Zukunftsperspektiven,doi.org/10.15488/9775 (Abruf: taken/2618383/20201002_ico-o-ed-l-rtl-0181_to-julian- 20.11.2020). knight-mp.pdf (Abruf: 08.12.2020).

Huws, Ursula/Spencer, Neil H./Hyrdal, Dag/Holts, Kaire Initiative D21 e. V. (2019): Sonderauswertung Nordrhein- (2017): Work in European gig-economy. Research results Westfahlen. D21-Digital-Index 2018/1029, Berlin, https:// from the UK, Sweden, Germany, Austria, the Netherlands, initiatived21.de/app/uploads/2019/07/d21_digital_ Switzerland and Italy, Foundation for European Progressive index_2018_nrw.pdf (Abruf: 01.12.2020). Studies, Brussels, https://uhra.herts.ac.uk/bitstream/ handle/2299/19922/Huws_U._Spencer_N.H._Syrdal_D.S._ Initiative D21 e. V. (2020): Digitales Leben. Rollenbilder und Holt_K._2017_.pdf?sequence=2 (Abruf: 25.11.2020). Geschlechterunterschiede im Privaten, Professionellen und im Zwischenmenschlichen, Berlin, https://initiatived21.de/ Iclaves (2018): Women in the Digital Age, Brüssel: publikationen/digitales-leben/. (Abruf: 11.08.2020). Publications Office of the European Union. Initiative D 21 e. V./Kompetenzzentrum Technik-Diversity- iconkids & youth international research Gmbh (2019): Trend Chancengleichheit e. V. (2020): Digital Gender Gap. Lagebild Tracking Kids© 2019. Ergebnisse zu High Interest Themen zu Geschlechter(un)gleichheiten in einer digitalisierten bei 6- bis 19-jährigen Kindern und Jugendlichen in Deutsch- Welt, Berlin, https://initiatived21.de/app/uploads/2020/01/ land, München. d21_digitalgendergap.pdf (Abruf: 21.09.2020).

IfD Allensbach/Prognos AG für das Kompetenzbüro Institut français d’opinion publique (2018): Les femmes face beim BMFSFJ (2020): Online Befragung von Eltern in der aux violences sexuelles et le harcèlement dans la rue, Paris, Coronakrise. Befragungszeitraum: 16. April bis 3. Mai 2020, https://jean-jaures.org/sites/default/files/redac/commun/ Allensbach, www.bmfsfj.de/blob/156112/2f395c75d0b9acda6 productions/2018/enquete_harcelement_0.pdf (Abruf: c8634b5bf979948/20200527-online-befragung-eltern-corona- 02.12.2020). krise-data.pdf (Abruf: 23.10.2020). Irani, Lilly C./Silberman, M. Six (2013): Turkopticon. IG Metall (2015): Mobiles Arbeiten. Selbstbestimmter den interrupting worker invisibility in amazon mechanical turk. Arbeitstag gestalten – die Chancen digitaler Arbeitsabläufe In: Bødker, Susanne/Brewster, D. Steven/Baudisch, Patrick/ für die Beschäftigten nutzen!, Frankfurt am Main,www. Beaudouin-Lafon, Michel/Mackay, Wendy (Hg.): CHI 2013. igmetall-nrw.de/fileadmin/user_upload/pdfs/Mobiles_ Changing perspectives: conference proceedings of the 31st Arbeiten_-_IG_Metall-Broschuere.pdf. (Abruf: 12.11.2020). Annual CHI Conference on Human Factors in Computing Systems: 27. April bis 2. Mai 2013, Paris, France. the SIGCHI Ombudsstelle IG Metall (o. J.): Crowdsourcing Code of Conference. Paris, France, 27.04.2013–02.052013. New York: Conduct – Ombudsstelle, Frankfurt a.M., https://ombudsstelle. ACM, S. 611–620, http://crowdsourcing-class.org/readings/ crowdwork-igmetall.de/de.html (Abruf: 27.11.2020). downloads/ethics/turkopticon.pdf (Abruf: 25.11.2020).

IG Metall Bezirk Baden-Württemberg/Bezirksleitung Baden- Isenberg, Daniel (2014): What an entrepreneurship ecosystem Württemberg (2018): Tarifvertrag zum Mobilen Arbeiten actually is. In: Harvard Business Review (5), S. 1–7. 2018, Stuttgart. IVSS (2019): IVSS-Bericht: 10 globale Herausforderungen für iga.Report (2015): Führungskräfte sensibilisieren und Gesund- die soziale Sicherheit, Genf, https://ww1.issa.int/de/news/issa- heit fördern – Ergebnisse aus dem Projekt „iga.Radar“, Berlin, report-10-global-challenges-social-security, zuletzt aktualisiert www.iga-info.de/fileadmin/redakteur/Veroeffentlichungen/ am 09.10.2019 (Abruf: 25.11.2020). iga_Reporte/Dokumente/iga-Report_29_Fuehrungskraefte_ sensibilisieren_Gesundheit_foerdern.pdf (Abruf: 30.11.2020). Jarass, Hans D. (2020): Art. 3. In: Jarass, Hans D./ Pieroth, Bodo: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Ihsen, Susanne (2018): Zwei Schritte vor und einen zurück? Kommentar. 16. Aufl., München: C.H. Beck. Wirksame Strategien und nachhaltige Maßnahmen für mehr Frauen in MINT. In: Haffner, Yvonne/Loge, Lena (Hg.): Frauen Jarke, Juliane (2018): Digitalisierung und Gesellschaft. In: in Technik und Naturwissenschaft: Eine Frage der Passung. Soziologische Revue 41 (1), S. 3–20, DOI: 10.1515/srsr-2018-0002 Aktuelle Erkenntnisse und Einblicke in Orientierungs- (Abruf: 02.12.2020). projekte, Berlin: Opladen, S. 127–145. Jaume-Palasí, Lorena/Kloiber, Julia/Lindinger, Elisa (2020): AI Ihsen, Susanne/Mellies, Sabine/Jeanrenaud, Yves/Wentzel, Powered Recruiting? Wie der Einsatz von algorithmischen Wenka/Kubes, Tanja/Reutter, Martina/Diegmann, Lydia Assistenzsystemen die Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt (2017): Weiblichen Nachwuchs für MINT-Berufsfelder beeinflusst. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht gewinnen. Bestandsaufnahme und Optimierungspotenziale. der Bundesregierung (unveröffentlicht), Geschäftsstelle TUM Gender- und Diversity-Studies. Bd. 3, Berlin, Münster: Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin. Lit, www.cesifo.org/DocDL/cesifo1_wp8165.pdf. (Abruf: 08.09.2020).

174 Literaturverzeichnis

Jeanrenaud, Yves (2020): MINT. Warum nicht? Zur Unter- Karnaukhova, Kate (2020): Does the Pay Gap Exist on repräsentation von Frauen in MINT, speziell IKT, deren Instagram? Remuneration of Male vs Female Creators. Ursachen, Wirksamkeit bestehender Maßnahmen und Herausgegeben von Hype Journal, o.O., https://hypeauditor. Handlungsempfehlungen. Expertise für den Dritten Gleich- com/blog/does-the-pay-gap-exist-on-instagram-remuneration- stellungsbericht der Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter of-male-vs-female-creators/, zuletzt aktualisiert am 09.01.2020 Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, www. (Abruf: 01.11.2020). dritter-gleichstellungsbericht.de/de/article/251.mint-warum- nicht-zur-unterrepr%C3%A4sentation-von-frauen-in- Kaschuba, Gerrit/Derichs-Kunstmann, Karin (2009): mint-speziell-ikt-deren-ursachen-wirksamkeit-bestehender- Fortbildung – gleichstellungsorientiert. Arbeits- ma%C3%9Fnahmen-und-handlungsempfehlungen.html hilfen zur Integration von Gender-Aspekten in Fort- (Abruf: 23.11.2020). bildungen, Tübingen, www.tifs.de/fileadmin/dateien/ veroeffentlichungen/fortbildung_gleichstellungsorientiert. Jernigan, Carter/Mistree, Behram F. T. (2009): Gaydar: pdf (Abruf: 20.11.2020). Facebook friendships expose sexual orientation. In: First Monday 14 (10), DOI: 10.5210/fm.v14i10.2611 (Abruf: Kässi, Otto/Lehdonvirta, Vili (2018): Online labour index. 01.12.2020). Measuring the online gig economy for policy and research. In: Technological Forecasting and Social Change 137 (C), S. 241–248, Julius, Nico (2004): Arbeitsschutz und Fremdfirmen- DOI: 10.1016/j.techfore.2018.07.056. beschäftigung. Zugl.: Halle-Wittenberg, Univ., Dissertation, 2003–2004. 1. Aufl., Arbeits- und Sozialrecht. Bd. 88, Baden- Kawalkowski, Blasius (2019): Instagram entfernt alle Likes: Baden: Nomos. Das ist der wahre Grund. In: Inside Digital, 17.11.2019, www. inside-digital.de/news/instagram-entfernt-alle-likes-das-ist- Jurczyk, Karin/Schier, Michaela/Szymenderski, Peggy/Lange, der-wahre-grund (Abruf: 19.11.2020). Andreas/Voß, G. Günter (2009): Entgrenzte Arbeit – ent- grenzte Familie. Grenzmanagement im Alltag als neue Kay, Rosemarie/Schneck, Stefan/Suprinovič, Olga (2018): Herausforderung. 1. Aufl., Forschung aus der Hans-Böckler- Erwerbshybridisierung – Verbreitung und Entwicklung in Stiftung 100, Baden-Baden: Nomos. Deutschland. In: Bührmann, Andrea D./Fachinger, Uwe/ Welskop-Deffaa, Eva M. (Hg.): Hybride Erwerbsformen. Jürgens, Kerstin/Hoffmann, Reiner/Schildmann, Christina Digitalisierung, Diversität und sozialpolitische Gestaltungs- (2017): Arbeit transformieren. Denkanstöße der Kommission optionen. Wiesbaden: Springer VS, S. 15–50. „Arbeit der Zukunft“. Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 189, Bielefeld: transcript Verlag, www.boeckler.de/pdf/p_ Kay, Rosemarie/Welter, Friederike (2021): Die Situation forschung_hbs_189.pdf (Abruf: 01.12.2020). von Unternehmerinnen und Unternehmer in der Corona- Pandemie. In: Sozialer Fortschritt (in Veröffentlichung). Jürgens, Kerstin/Voß, Günter (2007): Gesellschaftliche Arbeitsteilung als Leistung der Person. In: Aus Politik und Kayser-Bril, Nicolas (2020): Automatisierte Dis- Zeitgeschichte (APuZ) 34, S. 1–9, www.researchgate.net/ kriminierung: Facebook verwendet grobe Stereotypen, um publication/272785732_Gesellschaftliche_Arbeitsteilung_ die Anzeigenschaltung zu optimieren. Herausgegeben von als_Leistung_der_Person (Abruf: 23.10.2020). Algorithmwatch, Berlin, https://algorithmwatch.org/story/ automatisierte-diskriminierung-facebook-verwendet-grobe- Kang, Haeryun (2018): Spycam-Pornos: „Unser Leben ist stereotypen-um-die-anzeigenschaltung-zu-optimieren/, zu- nicht euer Porno“. In: Die Zeit, 11.10.2018, www.zeit.de/ent- letzt aktualisiert am 18.10.2020 (Abruf: 01.12.2020). decken/2018-10/spycam-porn-suedkorea-proteste-frauen- rechte/seite-2 (Abruf: 17.08.2020). Keller, Berndt/Seifert, Hartmut (2020): Soziale Risiken der Digitalisierung – Regulierungsbedarfe der Beschäftigungs- Kanze, Dana/Huang, Laura/Conley, Mark A./Higgin. E. Tory verhältnisse. In: Industrielle Beziehungen. Zeitschrift für Arbeit, (2017): Male and Female Entrepreneurs Get Asked Different Organisation und Management 27 (2), S. 227–249, DOI: https:// Questions by VCs – and It Affects How Much Funding doi.org/10.3224/indbez.v27i2.07 (Abruf: 27.11.2020). They Get. In: Harvard Business Review 2017, 27.06.2017, S. 2–6, Cambridge, https://hbr.org/2017/06/male-and-female- Kenney, Martin/Zysman, John (2016): The Rise of the entrepreneurs-get-asked-different-questions-by-vcs-and-it- Platform Economy. In: Issues in Science and Technology 12 (3), affects-how-much-funding-they-get. (Abruf: 12.10.2020). https://issues.org/the-rise-of-the-platform-economy/ (Abruf: 09.12.2020). Kapor Center for Social Impact/ASU Center for Gender Equity in Science and Technology, Pivotal Ventures (2018): Kenney, Martin/Zysman, John (2019): Unicorns, Cheshire Women and Girls of Color in Computing, Oakland, www. Cats, and the New Dilemmas of Entrepreneurial Finance?. wocincomputing.org/wp-content/uploads/2018/08/ In: Venture Capital: An International Journal of Entrepreneurial WOCinComputingDataBrief.pdf (Abruf: 27.11.2020). Finance 21 (1).

Käpplinger, Bernd/Kubsch, Eva (2017): Gleichberechtigung Khoo, Cynthia/Robertson, Kate/Deibert, Ronald (2019): und partnerschaftliche Weiterbildung. Expertise für den Installing Fear: A Canadian Legal and Policy Analysis of Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Using, Developing, and Selling Smartphone Spyware and Berlin, www.gleichstellungsbericht.de/kontext/controllers/ Stalkerware Applications. Research report #120, Toronto: document.php/29.5/2/a06659.pdf. (Abruf: 06.09.2020). Citizen Lab, https://citizenlab.ca/docs/stalkerware-legal.pdf (Abruf: 18.08.2020).

175 Kiesow, Daniel (2018): Die Rückkehr an den früheren Arbeits- KMK – Kultusministerkonferenz (2016): Bildung platz und Arbeitsarrangements. Beiträge der Richtlinie in der digitalen Welt. Strategie der Kultusminister- 2010/18/EU zu einer benachteiligungsfreien Rückkehr aus konferenz, Berlin, www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/ dem Elternurlaub, Baden-Baden: Nomos. PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiter- bildung.pdf (Abruf: 19.11.2020). Kirchherr, Julian/Klier, Julia/Lehmann-Brauns, Cornels/ Winde, Mathias (2018): Future Skills: Welche Kompetenzen KMK – Kultusministerkonferenz (2019): Das Bildungswesen in Deutschland fehlen. Future Skills 1, Essen: Stifterverband; in der Bundesrepublik Deutschland 2016/2017. Darstellung McKinsey Global Institute, www.stifterverband.org/medien/ der Kompetenzen, Strukturen und bildungspolitischen future-skills-welche-kompetenzen-in-deutschland-fehlen Entwicklungen für den Informationsaustausch in Europa, (Abruf: 09.11.2020). Bonn, www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Eurydice/ Bildungswesen-dt-pdfs/dossier_de_ebook.pdf (Abruf: Kirchner, Stefan (2019): Arbeiten in der Plattformökonomie: 02.10.2020). Grundlagen und Grenzen von „Cloudwork“ und „Gigwork“. In: KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Knaut, Andrea (2017): Fehler von Fingerabdruckerkennungs- 71 (1), S. 3–25, DOI: 10.1007/s11577-019-00587-w (Abruf: systemen im Kontext, Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin. 27.11.2020). Knaut, Andrea (2020): Feminismus in Minischritten: Kittur, Aniket/Nickerson, Jeffrey V./Bernstein, Michael/Gerber, Lehren aus 40 Jahren MINT-Gleichstellungspolitik in Elizabeth/Shaw, Aaron/Zimmerman, John/Lease, Matt/ Deutschland. Dokumentation eines Hearings der Sachver- Horton, John (2013): The future of crowd work. In: Bruckman, ständigenkommission für den Dritten Gleichstellungs- Amy (Hg.): Proceedings of the 2013 conference on Computer bericht, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der supported cooperative work. the 2013 conference on Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht. Computer supported cooperative work. San Antonio, Texas, de/de/article/264.feminismus-in-minischritten-lehren-aus- USA, 23.02.2013–27.02.2013. ACM Special Interest Group on 40-jahren-mint-gleichstellungspolitik-in-deutschland.html Computer-Human Interaction. New York: ACM, S. 1301–1318, (Abruf: 25.01.2021). https://dl.acm.org/doi/pdf/10.1145/2441776.2441923 (Abruf: 15.05.2020). Knobloch, Tobias/Hustedt, Carla (2019): Der maschinelle Weg zum passenden Personal. Zur Rolle algorithmischer Systeme Klammer, Ute/Klenner, Christina/Lillemeier, Sarah (2018): in der Personalauswahl, Berlin/Gütersloh: Stiftung Neue „COMPARABLE WORTH“. Arbeitsbewertungen als blinder Verantwortung e. V./Bertelsmann Stiftung,www.stiftung- Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps?. IAQ- nv.de/sites/default/files/snv_robo_recruiting.pdf (Abruf: Forschung 2018–04, Duisburg-Essen, www.iaq.uni-due.de/iaq- 02.07.2019). forschung/2018/fo2018-04.pdf (Abruf: 09.11.2020). Koch, Tanja (2020): Frauen werden eine entsetzliche Klatzer, Elisabeth/Rinaldi, Azzurra (2020): Retraditionalisierung erfahren. In: WELT, 04.05.2020, www. „#nextGenerationEU“ Leaves Women Behind. Gender welt.de/vermischtes/article207705405/Anne-Will-Frauen- Impact Assessment of the European Commission Proposals werden-eine-entsetzliche-Retraditionalisierung-erfahren.html for the EU Recovery Plan, The Greens/EFA Group in the (Abruf: 30.11.2020). European Parliament, Brussels, https://alexandrageese.eu/ wp-content/uploads/2020/07/Gender-Impact-Assessment- Kohlrausch, Bettina/Zucco, Aline (2020): Die Corona-Krise NextGenerationEU_Klatzer_Rinaldi_2020.pdf (Abruf: trifft Frauen doppelt. WSI Policy Brief 40, Düsseldorf,www. 04.09,2020). boeckler.de/pdf/p_wsi_pb_40_2020.pdf (Abruf: 14.05.2020).

Kleinn, Karin/Götsch, Monika/Heine, Yvonne/Schinzel, Britta Kohte, Wolfhard (2010): Return to work – europäische Im- (2013): Das DFG-Projekt „Weltbilder der Informatik“. In: pulse und deutsche Handlungsmöglichkeiten. In: Hohmann- Informatik-Spektrum 36 (3), S. 251–256, DOI: 10.1007/s00287- Dennhardt, Christine/Körner, Marita/Zimmer, Reingard/Pfarr, 013-0700-5 (Abruf: 24.11.2020). Heide M. (Hg.): Geschlechtergerechtigkeit. Festschrift für Heide Pfarr. Baden-Baden: Nomos, S. 489–503. Klinger, Sabine/Weber, Enzo (2017): Immer mehr Menschen haben einen Nebenjob. Zweitbeschäftigungen in Deutsch- Kohte, Wolfhard (2020): Einrede des § 275 Abs. 3 BGB für land. In: IAB Kurzbericht (22), S. 1–12, http://doku.iab.de/ Arbeitnehmer bei dringenden familiären Leistungshinder- kurzber/2017/kb2217.pdf (Abruf: 27.11.2020). nissen. Anmerkung zu LArbG Mainz, Urteil vom 31.07.2019, 2 Sa 299/18, jurisPR-ArbR 11/2020. Klumbyte, Goda/Lücking, Phillip/Draude, Claude (2020): Reframing AX with Critical Design. The Potentials and Limits Kollmann, Tobias (2020): Digital Entrepreneurship – Unter- of Algorithmic Experience as a Critical Design Concept. In: nehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft. In: Hölzle, Lamas, David/Sarapuu, Hegle/Lárusdóttir, Marta/Carmelo Katharina/Tiberius, Victor/Surrey, Heike (Hg.): Perspektiven Ardito, Jan Stage (Hg.): Shaping Experiences, Shaping des Entrepreneurships: Unternehmerische Konzepte Society. Proceedings of the 11th Nordic Conference on zwischen Theorie und Praxis. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. Human-Computer Interaction. 11th Nordic CHI Conference. 331–342. Talinn, 25.10.2020 – 29.10.2020, S. 1–12, https://doi. Kollmann, Tobias/Jung, Philipp Benedikt/Kleine-Stegemann, org/10.1145/3419249.3420120 (Abruf: 27.11.2020). Lucas/Ataee, Julian/Cruppe, Katharina de (2020): Deutscher Startup Monitor 2020. Innovation statt Krise, Deutscher Startup Monitor: Bundesverband Deutscher Startups e.V., Berlin, https://deutscherstartupmonitor.de/wp-content/up- loads/2020/09/dsm_2020.pdf. (Abruf: 21.12.2020).

176 Literaturverzeichnis

Kosinski, Michal/Stillwell, David/Graepel, Thore (2013): Kuhl, Mara (2020b): Wenn es um Gleichstellung geht: Von Private traits and attributes are predictable from digital Belgien, Schweden und Spanien lernen! Impulse für die records of human behavior. In: Proceedings of the National institutionelle Verankerung von Gleichstellung durch Academy of Sciences of the United States of America 110 (15), Gleichstellungsinstitute. Kurzfassung, Berlin: Friedrich-Ebert- S. 5802–5805, DOI: 10.1073/pnas.1218772110 (Abruf: Stiftung,www.fes.de/themenportal-gender-jugend-senioren/ 01.12.2020). gender-matters/artikelseite/publikation-von-belgien- schweden-und-spanien-lernen (Abruf: 13.10.2020). Köver, Chris (2020): TikTok zensiert LGBTQ-Themen und politische Hashtags. In: Netzpolitik.org, 09.09.2020, https:// Kuhl, Mara/Frey, Regina (2019): Geschlechtergerechter netzpolitik.org/2020/shadowbanning-tiktok-zensiert-lgbtq- Bundeshaushalt. Am Beispiel von Arbeitsmarkt- und Sport- themen-und-politische-hashtags/ (Abruf: 08.12.2020). förderung, Berlin: DF – Deutscher Frauenrat e. V., Berlin, www.dr-mara-kuhl.de/fileadmin/user_upload/Gutachten- Kozyreva, Anastasia/Herzog, Stephan/Lorenz-Spreen, Philipp/ Geschlechtergerechter-Bundeshaushalt.pdf (Abruf: Hertwig, Ralph/Lewandowsk, Stephan (2020): Artificial 02.11.2020). Intelligence in online environments. Representative Survey of Public Attitudes in Germany, Berlin, https://pure.mpg.de/rest/ Kühnel, Jana/Vahle-Hinz, Tim/Bloom, Jessica de/Syrek, items/item_3188061_4/component/file_3195148/content Christine J. (2017): Staying in touch while at work: Relation- (Abruf: 08.12.2020). ships between personal social media use at work and work- nonwork balance and creativity. In: The International Journal Kramer, Bernd (2016): Klickarbeit zum Hungerlohn. In: Spiegel of Human Resource Management 31 (10), S. 1235–1261, DOI: Online, 12.07.2016, www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ 10.1080/09585192.2017.1396551. crowdworking-so-unsicher-sind-die-jobs-der-klick-arbeiter- a-1101683.html (Abruf: 27.11.2020). Kuhnhenne, Michaela (2020): Lebensbegleitendes oder lebenslanges Lernen? Herausforderungen der Weiterbildung. Kreienbrink, Matthias (2020): Missbrauch in der Games- In: Report der HBS-Forschungsförderung (8), S. 7, www.boeckler. Industrie: „Viele wollen Sexismus in der Branche nicht sehen“. de/pdf/impuls_2020_16_gesamt.pdf (Abruf: 20.11.2020). In: Spiegel Online, 04.07.2020, www.spiegel.de/netzwelt/ games/games-industrie-streamerinnen-ueber-missbrauch- Kupferschmitt, Thomas (2017): Gesamtreichweite stagniert, und-uebergriffe-a-e8b93ad5-b08c-4d89-aef9-415e5bea0f3e aber Streamingdienste punkten mit Fiction bei Jüngeren. (Abruf: 06.08.2020). Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2017 Onlinevideo. In: Media Perspektiven (9), S. 447–462, www.ard-zdf-onlinestudie. Krell, Gertraude (2011): Managing Diversity: Chancengleich- de/files/2017/Artikel/917_Kupferschmitt.pdf (Abruf: heit als Wettbewerbsfaktor. In: Krell, Gertraude/Ortlieb, 01.11.2020). Renate/Sieben, Barbara (Hg.): Chancengleichheit durch Personalpolitik. Gleichstellung von Frauen und Männern in Kusay-Merkle, Ursula (2018): Agiles Projektmanagement im Unternehmen und Verwaltungen. Rechtliche Regelungen – Berufsalltag. Für mittlere und kleine Projekte, Wiesbaden: Problemanalysen – Lösungen. 6. Aufl., Wiesbaden: Gabler, S. Springer Gabler. 41–56. Kutscher, Nadia (2020): Digitalisierungsschub: Chancen mit Krell, Gertraude/Ortlieb, Renate/Sieben, Barbara (2018): Risiken und Nebenwirkungen. Podcast. In: Böhmer, Anselm/ Gender und Diversity in Organisationen. Grundlegendes Engelbracht, Mischa/Hünersdorf, Bettina/Kessl, Fabian/ zur Chancengleichheit durch Personalpolitik, Wiesbaden: Täubig, Vicki (Hg.): Soz Päd Corona. Der sozialpädagogische Springer Gabler. Blog rund um Corona, Halle, https://sozpaed-corona.de/ digitalisierungsschub-chancen-mit-risiken-und-neben- Kremp, Matthias (2014): Apple-Chef verspricht den Schutz wirkungen/ (Abruf: 20.11.2020). von Nutzerdaten. In: Der Spiegel, 18.09.2014, https://www. spiegel.de/netzwelt/web/apple-ios-8-tim-cook-verspricht- Kutscher, Nadia/Bischof, Jacqueline/Schäfer-Biermann, Birgit/ datenschutz-und-privatsphaere-a-992275.html (Abruf: Campayo, Salvador/Farrenberg, Dominik/Peters, Klara- 19.03.2021). Marie/Goretzko, Nina/Fritz, Clara/Kirchhoff, Sara/Et-Taib, Jil (2020): Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Kreyenfeld, Michaela/Zinn, Sabine/Entringer, Theresa/ Projekts „Medienbildung in der Kita“. Abschlussbericht, doi. Goebel, Jan/Grabka, Markus M./Graeber, Daniel/Kroh, Martin/ org/10.13140/RG.2.2.10432.56320 (Abruf: 20.11.2020). Kröger, Hannes/Kühne, Simon/Liebig, Stefan/Schröder, Carsten/Schupp, Jürgen/Seebauer/Johannes (2020): Corona- Kutzner, Edelgard (2020): Arbeit, Technik und Geschlecht. virus & Care: How the Coronavirus Crisis Affected Fathers’ Geschlechterverhältnisse in der Digitalisierung von Arbeit: Involvement in Germany. SOEPpapers 1096, Berlin, www. Empirische Erkenntnisse und Gestaltungspotenziale. Unver- diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.794183.de/ öffentlichtes Inputpapier zum Hearing „Geschlechtsbezogene diw_sp1096.pdf. Veränderungen der Arbeitswelt“ im Rahmen des Gutachtens zum Dritten Gleichstellungsberichts der Bundesregierung am Kuhl, Mara (2020a): Von Belgien, Schweden und Spanien 12.06.2020 in Berlin. Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungs- lernen! Impulse für die institutionelle Verankerung von bericht der Bundesregierung, Berlin, 12.06.2020. Gleichstellung durch Gleichstellungsinstitute, Berlin: Fried- rich-Ebert-Stiftung,http://library.fes.de/pdf-files/dialog/16229. LAG Berlin-Brandenburg – Landesarbeitsgericht Berlin- pdf (Abruf: 15.07.2020). Brandenburg, Entscheidung vom 14.11.2018, Aktenzeichen 17 Sa 562/18.

177 LAG Hannover – Landesarbeitsgericht Hannover, Ent- Lewalter, Sandra (2013): Gender in der Verwaltungswissen- scheidung vom 06.12.2010, Aktenzeichen 12 Sa 860/10. schaft konkret: Gleichstellungsorientierte Gesetzesfolgen- abschätzung. Discussion Paper 20, Berlin: Harriet Taylor Mill- LAG Köln – Landesarbeitsgericht Köln, Entscheidung vom Institut für Ökonomie und Geschlechterforschung, www. 24.05.2016, Aktenzeichen 12 Sa 677/13. harriet-taylor-mill.de/images/docs/discuss/DiscPap20.pdf (Abruf: 24.10.2016). LAG Köln – Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 15.05.2020, Aktenzeichen 9 TaBV 32/19. Literat, Ioana/Brough, Melissa (2019): From Ethical to Equitable Social Media Technologies: Amplifying LAG München – Landesarbeitsgericht München, Urteil vom Underrepresented Youth Voices in Digital Technology 04.12.2019, Aktenzeichen 8 Sa 146/19. In: NWB 2019, 3814. Design. In: Journal of Media Ethics 34 (3), S. 132–145, DOI: Laguía, Ana, García-Ael, Christina/Wach, Dominika/Moriano 10.1080/23736992.2019.1638259 (Abruf: 01.11.2020). Juan A. (2019): „Think entrepreneur – think male“: a task Lott, Yvonne/Abendroth, Anja-Kristin (2019): Reasons for and relationship scale to measure gender stereotypes in Not Working from Home in an Ideal Worker Culture: Why entrepreneurship. In: International Entrepreneurship and Women Perceive More Cultural Barriers. Working Paper 211, Management Journal 15, S. 749–772, https://link.springer.com/ WSI – Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der article/10.1007/s11365-018-0553-0#citeas. Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf,https://media.boeckler.de/ Lam, Laura/Seidel, Marc David L. (2020): Hypergrowth Exit Sites/A/Online-Archiv/25966 (Abruf: 28.01.2020). Mindset: Destroying Societal Wellbeing through Venture Lukowski, Felix (2019): Betriebliche Qualifizierung und Capital Biased Social Construction of Value. In: Journal of Wandel der Arbeitswelt im Zeitalter der Digitalisierung. Management Inquiry 29 (4), S. 471–474, DOI: https://doi. Ausgewählte Ergebnisse der Erhebungswelle 2018 des org/10.1177/1056492620929085 (Abruf: 16.10.2020). BIBB-Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzent- Lambrecht, Christine/Heil, Hubertus (2020): So schaffen wicklung, BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, wir die soziale digitale Marktwirtschaft. In:Wirtschafts - www.bibb.de/dokumente/pdf/QP-Betriebsbericht_2019_Mai. woche, 19.11.2020, www.wiwo.de/politik/deutschland/ pdf (Abruf: 23.10.2020). digitalpolitik-so-schaffen-wir-die-soziale-digitale-marktwirt- Lutz, Barbara (2018): Frauen in Führung. In: Lutz, Barbara schaft/26637328.html?share=mail (Abruf: 01.12.2020). (Hg.): Frauen in Führung. Modernität und Agilität – wie Landtag Nordrhein-Westfalen (2020): Abschlussbericht der die Veränderung der Unternehmensprozesse und Kultur Enquetekommission zum Thema „Digitale Transformation Innovation fördert. Berlin, Heidelberg: Springer Gabler, S. 3–7. der Arbeitswelt in Nordrhein-Westfalen“. Drucksache Lyons, Kim (2020): Twitter is looking into why its photo 17/11130, Düsseldorf, www.landtag.nrw.de/portal/WWW/ preview appears to favor white faces over Black faces. Users dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-11130.pdf (Abruf: discovered the problem with the neural network that crops 04.11.2020). photo previews. In: The Verge, 20.09.2020 (Abruf: 19.11.2020). Lang, Jaqueline (2019): Hass auf Frauen, die den MacKenzie, Donald A./Wajcman, Judy (Hg.) (1999): The social Mund aufmachen. In: Süddeutsche Zeitung, 22.10.2019, shaping of technology. 2. Aufl., Buckingham: Open University www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/politik- Press, http://eprints.lse.ac.uk/28638/1/Introductory%20 bundestagsabgeordnete-frauen-internet-no-hate- essay%20%28LSERO%29.pdf (Abruf: 11.05.2020). speech-1.4650508 (Abruf: 15.01.2021). Mahmud, Tayyab (1998): Colonialism and Modern Laukhuf, Andrea/Runschke, Benedikt/Spies, Sabrina/Stohr, Constructions of Race: A Preliminary Inquiry. In: U. Miami Daniel (2019): Digitalisierung auf dem deutschen Arbeits- L. Rev. 53, S. 1219–1244, https://heinonline.org/HOL/ markt. Ein Literaturüberblick. Working Paper Forschungs- Page?handle=hein.journals/umialr53&id=1233&div=&collect förderung 162, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung,www. ion= (Abruf: 27.11.2020). boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_162_2019.pdf (Abruf: 02.12.2019). MaLisa Stiftung (2019): Weibliche Selbstinszenierung in den Neuen Medien. Ergebnisse einer Studienreihe, präsentiert Lee, Matthew/Huang, Laura (2018): Gender bias, social impact von der MaLisa Stiftung, Berlin,https://malisastiftung.org/wp- framing, and eval-uation of entrepreneurial ventures. In: content/uploads/Selbstinzenierung-in-den-neuen-Medien.pdf Organization Science 29 (1), S. 1–16. (Abruf: 19.11.2020). Leimeister, Jan M./Durward, David/Zogaj, Shkodran (2016): Malmström, Malin/Johansson, Jeaneth/Wincent, Joakim Crowdwork in Deutschland. Eine empirische Studie zum (2017): Gender Stereotypes and Venture Support Decisions: Arbeitsumfeld auf externen Crowdsourcing-Plattformen. How Governmental Venture Capitalists Socially Construct Study der Hans-Böckler-Stiftung 323, Düsseldorf: Hans- Entrepreneurs’ Potential. In: Entrepreneurship Theory and Böckler-Stiftung,www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_323.pdf Practice 41 (5), S. 833–860, DOI: 10.1111/etap.12275. (Abruf: 27.11.2020). Mangematin, Vincent/Sapsed, Jonathan/Schüßler, Elke (2014): Leventry, Amber (2019): The importance of social media Disassembly and reassembly: An introduction to the Special when it comes to LGBTQ kids feeling seen. In: The Issue on digital technology and creative industries. In: Techno- Washington Post, 19.09.2019, www.washingtonpost.com/life- logical Forecasting and Social Change 83, S. 1–9, DOI: https://doi. style/2019/09/20/importance-social-media-when-it-comes- org/10.1016/j.techfore.2014.01.002. lgbtq-kids-feeling-seen/ (Abruf: 01.11.2020).

178 Literaturverzeichnis

Marsden, Nicola (2015): Warum agile Methoden der Software- Migrationsrat (2020): BiPoC. Glossar, Berlin, www.migrations- entwicklung Genderaspekte (vielleicht) vernachlässigen. In: rat.de/glossar/bipoc/, zuletzt aktualisiert am 02.04.2020 (Ab- Barke, Helena/Siegeris, Juliane/Freiheit, Jörn/Krefting, Dagmar ruf: 08.12.2020). (Hg.): Gender und IT-Projekte. Neue Wege zu digitaler Teil- habe. Opladen, Berlin, Toronto: Budrich UniPress, S. 25–40. Mihaljević, Helena (2020): Einsatz intelligenter Techno- logien bei der betrieblichen Auswahl von Auszubildenden. Martinez Dy, Angela/Martin, Lee/Marlow, Susan (2018): In: Evangelische Akademie Loccum (Hg.): Digitalisierung, Emancipation through digital entrepreneurship? A critical Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung – Unterschiedliche Aus- realist analysis. In: Organization 25 (5), S. 585–608. wirkungen für Frauen und Männer?, 16.09.2020–17.09.2020, Rehburg-Loccum, www.loccum.de/files/2020/06/Mihaljevic. Massanari, Adrienne (2017): #Gamergate and The Fappening: pdf (Abruf: 02.12.2020). How Reddit’s algorithm, governance, and culture support toxic technocultures. In: New Media & Society 19 (3), S. 329– Mitchell, Margaret/Wu, Simone/Zaldivar, Andrew/Barnes, 346, DOI: 10.1177/1461444815608807. Parker/Vasserman, Lucy/Hutchinson, Ben/Spitzer, Elena/ Raji, Inioluwa Deborah/Gebru, Timnit (2019): Model Matz, Sandra C./Netzer, Oded (2017): Using Big Data Cards for Model Reporting. In: Association for Computing as a window into consumers’ psychology. In: Current Machinery (Hg.): Proceedings of the Conference on Fairness, Opinion in Behavioral Sciences 18, S. 7–12, DOI: 10.1016/j. Accountability, and Transparency – FAT* ‘19. Conference cobeha.2017.05.009 (Abruf: 01.12.2020). on Fairness, Accountability, and Transparency – FAT* ‘19. Atlanta, 29.01.2019–31.01.2019. New York, New York, USA: Mauß, Bärbel/Schrader, Gertrud (2020): Computerisierung ACM Press, S. 220–229, 10.1145/3287560.3287596 (Abruf: und Frauen*arbeitsplätze – Feministische Perspektiven auf 27.11.2020). Informations- und Kommunikationstechnologien. Sicherung feministischer Wissensbestände der 1980er und 1990er Mittelstadt, Brent Daniel/Allo, Patrick/Taddeo, Mariarosaria/ Jahre. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Wachter, Sandra/Floridi, Luciano (2016): The ethics of Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungs- algorithms: Mapping the debate. In: Big Data & Society 3 (2), bericht der Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleich- DOI: 10.1177/2053951716679679 (Abruf: 02.12.2020). stellungsbericht.de/de/article/252.computerisierung-und- frauen-arbeitspl%c3%a4tze-feministische-perspektiven-auf- Möhring, Katja/Naumann, Elias/Reifenscheid, Maximiliane/ informations-und-kommunikationstechnologien-sicherung- Blom, Annelies/Wenz, Alexander/Rettig, Tobias/Lehrer, Roni/ feministischer-wissensbest%c3%a4nde-der-1980er-und- Krieger, Ulrich/Juhl, Sebastian/Friedel, Sabine/Fikel, Marina/ 1990er-jahre.html. Cornesse, Carina (2020): Die Mannheimer Corona-Studie: Schwerpunktbericht zu Erwerbstätigkeit und Kinder- May, Anna/Wachs, Johannes/Hannák, Anikó (2019): Gender betreuung, Mannheim, www.uni-mannheim.de/media/ differences in participation and reward on Stack Overflow. In: Einrichtungen/gip/Corona_Studie/2020-04-05_Schwerpunkt- Empir Software Eng24 (4), S. 1997–2019, DOI: 10.1007/s10664- bericht_Erwerbstaetigkeit_und_Kinderbetreuung.pdf (Abruf: 019-09685-x. (Abruf: 21.04.2021) 23.10.2020).

McRobbie, Angela (2016): TOP GIRLS. Feminismus und der Morozov, Evgeny (2014): To Save Everything, Click Here. The Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. 2. Aufl., Neu- Folly of Technological Solutionism, New York: Public Affairs. ausgabe. Geschlecht und Gesellschaft. Bd. 67, Wiesbaden: Springer VS. Mortensen, Torill Elvira (2018): Anger, Fear, and Games: The Long Event of #GamerGate. In: SAGE Journals Meineck, Sebastian/Alfering, Yannah (2020): Inside xHamster. 13 (8), S. 787–806, https://journals.sagepub.com/ In: Vice, 27.10.2020, www.vice.com/de/topic/inside-xhamster doi/10.1177/1555412016640408 (Abruf: 23.11.2020). (Abruf: 02.12.2020). Moss, Rachel (2016): How Social Media Is Helping Non-Binary Metzger, Georg (2020): KfW-Gründungsmonitor 2020. Individuals Change Perceptions Around Gender. In: Huffington Gründungstätigkeit in Deutschland 2019: erster Anstieg Post, 31.08.2016, www.huffingtonpost.co.uk/entry/how-social- seit 5 Jahren – 2020 im Schatten der Corona-Pandemie. media-is-changing-perceptions-around-gender_uk_57c57f99e KfW Research, Frankfurt a.M., www.kfw.de/PDF/Down- 4b0cc2b92b177dd?guce_referrer=aHR0cHM6Ly93d3cuZ29vZ load-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente- 2xlLmNvbS8&guce_referrer_sig=AQAAANM-6cUrNTZPsvl9 Gr%C3%BCndungsmonitor/KfW-Gruendungsmonitor-2020. LEniM8nItqV7jblv0LEq0hxaDwWsM0TmTqVX8rMciHiP6oU pdf. (Abruf: 21.12.2020). ergy9nEoltaBoOO-qn-dk84o6oKuxXs8R0fmDfOpzPM31YN9 DtjH02cZbHeytdWtYIPeOSbqurb_b5RbzW5cb2Z-YnZ7jZHu- Meyer, Pamela (2020): Agile Meets Diversity, Equity, and oppqBY5dgwlM&guccounter=2 (Abruf: 01.11.2020). Inclusion: How the Three Pillars of Scrum Can Help Us Be and Do Better, Westminster, https://resources.scrumalliance.org/ mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Süd- Article/agile-meets-diversity-equity-inclusion-pillars-scrum- west (2018): JIM-Studie 2018. Jugend, Information, Medien. help-better. (Abruf: 21.12.2020). Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger, Stuttgart, www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2018/ Michler, Inga (2016): Unternehmensgrundungen von Frauen Studie/JIM2018_Gesamt.pdf (Abruf: 01.11.2020). in der High-Tech-Branche, Sonderauswertung des Mann- heimer Zentrums fur europaische Wirtschaftsforschung mpfs – Medienpädagogischer Forschungsverbund Süd- (ZEW) fur die Welt am Sonntag. In: WELT 2016, 20.03.2016, west (2020): JIM-Studie 2019. Jugend, Information, Medien. www.welt.de/wirtschaft/article153479203/Deutschlands- Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger, Start-ups-fehlen-die-Frauen.html. Stuttgart, www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/JIM/2019/ JIM_2019.pdf (Abruf: 01.11.2020).

179 Mucha, Anna (2014): Die mikropolitische Situation von Nebe, Katja (2011): Diskriminierungsschutz erwerbstätiger Frauen in technischen Berufen. Strategische Positionierung Eltern behinderter Kinder – EuGH stärkt den Schutz vor dritt- im nicht-habitualisierten Feld. Zugl.: Hamburg, Univ., bezogener bzw. sogenannter assoziierter Diskriminierung. FB Sozialökonomie, Dissertation 2014. 1. Aufl., Arbeit, EuGH, Urt. v. 17.07.2008, C – 303/06. In: Forum A, www.reha- Organisation und Geschlecht in Wirtschaft und Gesellschaft. recht.de/fileadmin/download/foren/a/2011/A_1-2011.pdf Bd. 3, Baden-Baden: Nomos, http://gbv.eblib.com/patron/ (Abruf: 20.11.2020). FullRecord.aspx?p=2002519. Nebe, Katja (2018): § 618 BGB. In: Wolfhard Kohte, Ulrich Mückenberger, Ulrich/Spangenberg, Ulrike/Warncke, Karin Faber und Kerstin Feldhoff: Gesamtes Arbeitsschutzrecht – (2007): Familienförderung und Gender Mainstreaming im Handkommentar. 2. Aufl., Baden-Baden: Nomos. Steuerrecht. Schriften zur Gleichstellung der Frau. Bd. 30, Baden-Baden: Nomos. Ngan, Mei L./Grother, Patrick (2015): Face Recognition Vendor Test (FRVT). Performance of Automated Gender Classification Müller, Normann/Wenzelmann, Felix (2020): Berufliche Algorithms. NIST Interagency or Internal Reports (NISTIR) Weiterbildung – Teilnahme und Abstinenz. In: Zeitschrift für 8052, National Institute of Standards and Technology (NIST), Weiterbildungsforschung 43 (1), S. 47–73, DOI: doi.org/10.1007/ http://dx.doi.org/10.6028/NIST.IR.8052 (Abruf: 15.03.2021). s40955-019-0141-0 (Abruf: 20.11.2020). Nieding, Iris/Klaudy, E. Katharina (2020): Digitalisierung Mumford, Enid (1995): Effective Systems Design and in der frühen Bildung. Der Umgang mit digitalen Medien Requirements Analysis, London: MacMillan. zwischen Schutzraum und Schlüsselkompetenz. In: Wilmers, Annika/Anda, Carolin/Keller, Carolin/Ritt- Mumford, Enid (2006): The story of socio-technical berger, Marc (Hg.): Bildung im digitalen Wandel: Die Be- design: reflections on its successes, failures and potential. deutung für das pädagogische Personal und für die Aus- In: Information Systems Journal 16 (4), S. 317–342, DOI: und Fortbildung: Waxmann Verlag GmbH, S. 31–56, doi. 10.1111/j.1365-2575.2006.00221.x. org/10.31244/9783830991991.02 (Abruf: 20.11.2020).

Mundy, Liza (2017): Why is silicon valley so awful to Niklas, Jędrzej/Sztandar-Sztanderska, Karolina/Szymielewicz, women. In: The Atlantic, www.theatlantic.com/magazine/ Katarzyna (2015): Profiling the unemployed in Poland: Social archive/2017/04/why-is-silicon-valley-so-awful-to- and political implications of algorithmic decision making, women/517788 (Abruf: 07.10.2020). Warsaw: Fundacja Panoptykon, https://panoptykon.org/sites/ default/files/leadimage-biblioteka/panoptykon_profiling_ Nadim, Marjan/Fladmoe, Audun (2019): Silencing Women? report_final.pdf (Abruf: 02.09.2020). Gender and Online Harassment. In: Social Science Computer Review, 1–14, DOI: 10.1177/0894439319865518 (Abruf: Nowak, Iris/Klußmann, Coco/Menz, Wolfgang (2019): 20.08.2020). Normalität in Bewegung. In: Arbeit 28 (3), S. 307–332, DOI: https://doi.org/10.1515/arbeit-2019-0019 (Abruf: 14.09.2020). Nafus, Dawn (2012): Patches Don’t Have Gender. What is not Open in Open Source Software. In:New Media & Society 14 (4), OECD – Organisation for Economic Co-operation and S. 669–683, 10.1177/1461444811422887. Development (2015): The ABC of gender equality in education. Aptitude, behaviour, confidence, Paris. Nake, Frieder (1993): Von der Interaktion. Über den instrumentalen und den medialen Charakter des Computers. OECD – Organisation for Economic Co-operation and In: Nake, Frieder (Hg.): Die erträgliche Leichtigkeit der Development (2017): Bildung auf einen Blick. Länder- Zeichen. Ästhetik, Semiotik, Informatik. Baden-Baden: AGIS notiz, o.O., www.oecd.org/education/skills-beyond-school/ Verl., S. 165–189. EAG2017CN-Germany-German.pdf (Abruf: 30.11.2020).

Nambisan, Satish (2017): Digital Entrepreneurship: Toward OECD – Organisation for Economic Co-operation and a Digital Technology Perspective of Entrepreneurship. In: Development (2019): The Future of Work. OECD Employ- Entrepreneurship Theory and Practice 41 (6), S. 1029–1055, DOI: ment Outlook 2019. Highlights, o.O., www.oecd.org/employ- 10.1111/etap.12254. ment/Employment-Outlook-2019-Highlight-EN.pdf (Abruf: 27.11.2020). NdM – Neue deutsche Medienmacher (2020): People of Colour (PoC). Glossar, Berlin, https://glossar. OECD – Organisation for Economic Co-operation and neuemedienmacher.de/glossar/people-of-color-poc/ (Abruf: Development/Europäische Union (2016): Die fehlenden 09.12.2020). Unternehmer 2015. Politiken für selbstständige Erwerbstätig- keit und Unternehmertum, Paris: OECD Publishing, https:// NEA – National Education Association (2018): Racial Justice doi.org/10.1787/9789264249943-3-de (Abruf: 09.12.2020). in Education. Resource Guide, Washington DC, https:// neaedjustice.org/wp-content/uploads/2018/11/Racial-Justice- OECD – Organisation for Economic Co-operation and in-Education.pdf (Abruf: 22.12.2020). Development/ Europäische Union (2017): Kurzdossier zum weiblichen Unternehmertum, Paris: OECD Publishing, Nebe, Katja (2009): Festlegung der individuellen Arbeitszeit https://www.oecd.org/cfe/leed/Policy%20Brief%20on%20 und kollidierende Kinderbetreuungspflichten. Anmerkung Women%27s%20Entrepreneurship%20DE.pdf (Abruf: zu LAG Rostock, Urteil vom 26.11.2008 – 2 Sa 217/08, jurisPR- 08.04.2021). ArbR 36/2009 Anm. 1. Oertel, Barbara (2019): Kein „Real Talk“ über LGBT. Youtube- Kanal gesperrt. In: taz, 04.11.2019, https://taz.de/YouTube- Kanal-gesperrt/!5635505/ (Abruf: 08.12.2020).

180 Literaturverzeichnis

Ogolla, Shirley/Klöpper, Miriam/Send, Hendrik/Straub, Pariser, Eli (2011): The Filter Bubble. What the Internet Is Tim/Hard, Vivien/Grünenberg, Joram (2020): Digitale Hiding from You, London: Penguin Books. Partizipationsplattformen und betriebliche Mitbestimmung. Eine empirische Analyse des Einsatzes von Enterprise Social Paul, Kari (2019): ‚Disastrous’ lack of diversity in AI industry Software (ESS) in der betrieblichen Praxis. Studie der Hans- perpetuates bias, study finds. In:The Guardian, 16.04.2019, Böckler-Stiftung 443, Düsseldorf,www.boeckler.de/download- www.theguardian.com/technology/2019/apr/16/artificial- proxy-for-faust/download-pdf?url=http%3A%2F%2F217.89 intelligence-lack-diversity-new-york-university-study (Abruf: .182.78%3A451%2Fabfrage_digi.fau%2Fp_study_hbs_443. 27.11.2020). pdf%3Fprj%3Dhbs-abfrage%26ab_dm%3D1%26ab_ Paulus, Stefan/Stiehler, Steve (2020): Switchen, eine (ver- zeig%3D8940%26ab_diginr%3D8483 (Abruf: 07.10.2020). deckte) Bewältigungsform zur Vereinbarung von Erwerbs- Olteanu, Yasmin (2020): Rather be female than green: Ein- und Sorgearbeit. In: Dinges, Martin (Hg.): Männlichkeiten flussvariablen auf das Crowdfunding von Start-ups. In: Carl, und Care. Selbstsorge, Familiensorge, Gesellschaftssorge. Andrea-Hilla/Kunze, Stefanie/Olteanu, Yasmin/Yildiz, Özlem/ Geschlechterforschung, Weinheim: Juventa Verlag, S. 86–108. Yollu-Tok, Aysel (Hg.): Geschlechterverhältnisse im Kontext Peña, Mike (2016): Ignoring Diversity Hurts Tech Products von Unternehmen und Gesellschaft. HWR Berlin Forschung. and Ventures. Herausgegeben von eCorner, Standford Uni- Bd. 70. Baden-Baden: Nomos; edition sigma, S. 131–148. versity, Stanford, https://ecorner.stanford.edu/articles/ Ontrup, Greta/Babicz, Alex/Böse, Imke/Dräger, Christina/ ignoring-diversity-hurts-tech-products-and-ventures, zuletzt Engel, Florian/Fritz, Clara/Galemann, Jonas/Helten, Anna- aktualisiert am 23.11.2016 (Abruf: 21.07.2020). Lena/Heß, Benedikt/Hillemann, Larina/Iakobashvili, Nina/ Pesole, Annarosa/Urzì Brancati, M. Cesira/Fernández Kaffanke, Marie-Christine/Kaiser, Franziska/Kapikiran, Macías, Enrique/González Vázquez, I./Biagi F. (2018): Sevcan/Kloep, Leonie/Land, Anna/Mann, Sarah/Masri, Platform Workers in Europe Evidence from the COLLEEM Melissa/Michl, Anna/Müller, Anna/Pickhardt, Linn/Platte, Survey, Luxemburg: European Union, https://publications. Alissa/Prisacaru, Nicoleta/Puhe, Maike/Radermacher, Rebecca/ jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC112157 (Abruf: Scheiermann, Milena/Schmellenkamp, Bastian/Sommerfeld, 14.04.2021). Sindy/Stojaković, Maja/Volmar, Katharina (2019): Die Gegen- wart und Zukunft von Personalarbeit. Gegenüberstellungen Peteranderl, Sonja (2019): Überwachung per Smartphone: von klassischer Personalarbeit mit People Analytics Strategien Neues Bündnis sagt Spionagesoftware den Kampf an. In: und Technologiefolgenabschätzungen, Bochum: Ruhr Uni- Der Spiegel, 19.11.2019, www.spiegel.de/netzwelt/apps/ versität-Bochum, www.aow.rub.de/mam/content/neu_die_ digitale-gewalt-gegen-frauen-buendnis-will-spionagesoftware- gegenwart_und_zukunft_von_personalarbeit_ds.pdf (Abruf: bekaempfen-a-1297257.html (Abruf: 06.08.2020). 01.12.2020). Pfeiffer, Sabine (2019): Produktivkraft konkret. Vom schweren Oosterlaken, Ilse/Hoven, Jeroen van den (2011): Editorial: ICT Start der Leichtbauroboter. In: Butollo, Florian/Nuss, Sabine and the capability approach. In: Ethics Inf Technol 13 (2), S. (Hg.): Marx und die Roboter. Vernetzte Produktion, künstliche 65–67, DOI: 10.1007/s10676-011-9270-x. (Abruf: 22.04.2021) Intelligenz und lebendige Arbeit. Analysen. 1. Aufl., Berlin: Dietz, S. 156–177. Orland, Barbara/Scheich, Elvira (Hg.) (1995): Das Geschlecht der Natur. Feministische Beiträge zur Geschichte und Theorie Pfeiffer, Sabine/Suphan, Anne (2020): Digitalisierung, Arbeit der Naturwissenschaften, Frankfurt am Main: Suhrkamp. und Beschäftigung. Altbekannte Zusammenhänge, überholte Kategorien, neuartige Effekte?. In: Maasen, Sabine/Passoth, Orwat, Carsten (2019): Diskriminierungsrisiken durch Jan-Hendrik (Hg.): Soziologie des Digitalen – Digitale Sozio- Verwendung von Algorithmen, Berlin: ADS – Anti- logie?. Soziale Welt. Sonderband 23. 1. Aufl., Baden-Baden: diskriminierungsstelle des Bundes, www.antidis- Nomos, S. 326–348. kriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/ publikationen/Expertisen/Studie_Diskriminierungs- Philipps, Damon J. (2005): Organizational genealogies and the risiken_durch_Verwendung_von_Algorithmen.pdf?__ persistence of gender inequality: The case of silicon valley law blob=publicationFile&v=4 (Abruf: 16.09.2019). firms. In:Administrative Science Quarterly 50 (3), S. 440–472.

Oudshoorn, Nelly/Rommes, Els/Stienstra, Marcelle (2004): Phillips, P. Jonathan/Grother, Patrick/Micheals, Ross J./ Configuring the User as Everybody. Gender and Design Blackburn, Duane M./Tabassi, Elham/Bone, Mike (2003): Cultures in Information and Communication Technologies. Face Recognition Vendor Test 2002. Evaluation Report. NIST In: Science, Technology, & Human Values 29 (1), S. 30–63, DOI: Interagency or Internal Reports (NISTIR) 6965, https://tsapps. 10.1177/0162243903259190 (Abruf: 27.11.2020). nist.gov/publication/get_pdf.cfm?pub_id=50767 (Abruf: 30.11.2020). Paech, Barbara/Poetzsch-Heffter, Arnd (2013): Informatik und Gesellschaft: Ansätze zur Verbesserung einer schwierigen Pimminger, Irene/Bergmann, Nadja (2020): Gleichstellungs- Beziehung. In: Informatik-Spektrum 36 (3), S. 242–250, relevante Aspekte der Digitalisierung der Arbeitswelt in DOI: https://doi.org/10.1007/s00287-013-0697-9 (Abruf: Deutschland. Expertise für den Dritten Gleichstellungs- 24.11.2020). bericht der Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter Gleich- stellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, www.dritter- Palmetshofer, Walter/Semsrott, Arne/Alberts, Anna (2017): gleichstellungsbericht.de/de/article/217.gleichstellungs- Der Wert persönlicher Daten. Ist Datenhandel der bessere relevante-aspekte-der-digitalisierung-der-arbeitswelt-in- Datenschutz?, Berlin: Sachverständigenrat für Verbraucher- deutschland.html (Abruf: 17.07.2020). fragen, www.svr-verbraucherfragen.de/wp-content/up- loads/Open_Knowledge_Foundation_Studie.pdf (Abruf: 08.12.2020).

181 Plan International Deutschland e. V. (2019): Rollenbilder in Rammert, Werner (2003): Technik in Aktion: verteiltes den Sozialen Medien und ihre Auswirkung auf die Gleich- Handeln in soziotechnischen Konstellationen, Berlin: berechtigung, Hamburg, www.plan.de/presse/rollenbilder-in- Technische Universität Berlin, www.ssoar.info/ssoar/ den-sozialen-medien.html (Abruf: 19.11.2020). bitstream/handle/document/1157/ssoar-2003-rammert- technik_in_aktion_verteiltes_handeln.pdf?sequence=1&isAl Plan International Deutschland e. V. (Hg.) (2020): Free to be lowed=y&lnkname=ssoar-2003-rammert-technik_in_aktion_ online? Erfahrungen von Mädchen und jungen Frauen mit verteiltes_handeln.pdf (Abruf: 27.11.2020). digitaler Gewalt. Zusammenfassung, Hamburg, www.plan. de/downloads.html?tx_psgsiteconf_downloadfile%5Bactio Rastetter, Daniela/Cornils, Doris/Mucha, Anna (Hg.) (2011): n%5D=download&tx_psgsiteconf_downloadfile%5Bcontr Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen. Sonder- oller%5D=Content&tx_psgsiteconf_downloadfile%5Bfile heft.Freie Assoziation 14 (3–4). Hmac%5D=a9038b8c1eb5da40f10abfacb5d291863ed4b68 2&tx_psgsiteconf_downloadfile%5BfileUid%5D=41433& Ravenelle, Alexandrea J. (2019): Hustle and gig. Struggling and tx_psgsiteconf_downloadfile%5BforceDownload%5D=1& surviving in the sharing economy, Oakland, California: Uni- cHash=d106d365e1f005cc04ba7359fbf3f7aa#Zusammenfas versity of California Press, https://ebookcentral.proquest.com/ sung-Welt-M%C3%A4dchenbericht-2020-(deutsch) (Abruf: lib/gbv/detail.action?docID=5604902. 01.12.2020). Reichert-Garschhammer, Eva (2020): Nutzung digitaler Podszun, Rupprecht (2020): Empfiehlt sich eine stärkere Medien für die pädagogische Arbeit in der Kindertages- Regulierung von Online-Plattformen und anderen Digital- betreuung. Expertise des IFP im Auftrag des BMFSFJ, Berlin, unternehmen?. Verhandlungen des 73. Deutschen Juristen- www.fruehe-chancen.de/fileadmin/PDF/Fruehe_Chancen/ tages / herausgegeben von der Ständigen Deputation des Endfassung_Kurzexpertise_IFP_Digitalisierung_Kindertages- Deutschen Juristentages. Bd. 1, Gutachten Teil F, München: betreuung.pdf (Abruf: 01.12.2020). C.H. Beck. Renzikowski, Joachim (2015): Lücken beim Schutz der Polenz, Sven (2019): Artikel 51. In: Spiros Simitis, Gerrit sexuellen Selbstbestimmung aus menschenrechtlicher Hornung und Indra Spiecker gen. Döhmann: Kommentar Sicht, Halle: Martin-Luther-Universität, www.bundestag.de/ Datenschutzrecht. DSGVO mit BDSG. Baden-Baden: Nomos. resource/blob/357202/87f20df8e8751bfb54b1ed22da85106a/ renzikowski-data.pdf (Abruf: 02.12.2020). Pongratz, Hans (2020): Die digitale Beschäftigungsindustrie als global expandierende Branche. Manuskript. Veröffent- Resnick, Paul/Zeckhauser, Richard (2002): Trust among lichung in Vorbereitung, München. strangers in internet transactions. Empirical analysis of eBay’s reputation system. In: Baye, Michael R. (Hg.): The economics Projektgruppe GiB (Hg.) (2010): Geschlechterungleichheiten of the Internet and e-commerce. Advances in applied im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung in der microeconomics 11. Reprinted. Blingley: Emerald Group Privatwirtschaft. Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung Publishing Limited, S. 127–157. 110, Berlin: edition sigma. Rihl, Alexander/Wegener, Claudia (2019): YouTube celebrities Prommer, Elizabeth/Linke, Christine (2019): Ausgeblendet. and parasocial interaction: Using feedback channels in Frauen im deutschen Film und Fernsehen. Mit einem Vorwort mediatized relationships. In: Convergence 25 (3), S. 554–566, von Maria Furtwängler. Unter Mitarbeit von Sophie Rieger, DOI: https://doi.org/10.1177/1354856517736976 (Abruf: Köln: Herbert von Halem Verlag. 01.11.2020).

Prommer, Elizabeth/Wegener, Claudia/Linke, Christine Risak, Martin (2020): Soziale Sicherung von Plattform- (2019): Selbstermächtigung oder Normierung? Weib- arbeitenden. Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht liche Selbstinszenierung aud Youtube. In: Televizion Digital der Bundesregierung, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungs- 32 (1), S. 11–15, www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/ bericht der Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleich- publikation/televizion/32_2019_1/Prommer_Wegener- stellungsbericht.de/de/topic/62.expertisen.html (Abruf: Selbstermaechtigung_oder_Normierung.pdf (Abruf: 27.11.2020). 01.11.2020). Rocha, Vera/Praag, Mirjam van (2020): Mind the gap: The Pütz, Julian (2018): Wenn das Smart Home zum Werkzeug role of gender in entrepreneurial career choice and social für häusliche Gewalt wird. Herausgegeben von netzpolitik. influence by founders. In:Strategic Management Journal (41), org, https://netzpolitik.org/2018/wenn-das-smart-home-zum- S. 841–866. werkzeug-fuer-haeusliche-gewalt-wird/, zuletzt aktualisiert am 27.06.2018 (Abruf: 13.08.2020). Rock, David/Grant, Heidi (2016): Why Diverse Teams Are Smarter. In: Harvard Business Review 2016, 04.11.2016, https:// Rainer, Anton (2020): Ungenaue Algorithmen: Google hbr.org/2016/11/why-diverse-teams-are-smarter (Abruf: stufte Impfforscherin zur „Ehefrau“ herab. In:Der Spiegel, 28.06.2020). 10.11.2020, www.spiegel.de/netzwelt/web/biontech-impfstoff- wie-google-eine-impf-forscherin-zur-ehefrau-macht-a- Rodriguez, Nathian Shae/Huemmer, Jennifer/Blumell, Lindsey e8ace050-8329-4706-9543-8a4e3ff6cd34 (Abruf: 02.12.2020). Erin (2016): Mobile Masculinities: An Investigation of Networked Masculinities in Gay Dating Apps. In: mcs 5 (3), S. Raji, Inioluwa Deborah/Buolamwini, Joy (2019): Actionable 241, DOI: 10.17583/mcs.2016.2047 (Abruf: 01.11.2020). Auditing: Investigating the Impact of Publicly Naming Biased Performance Results of Commercial AI Products. In: Rodsky, Eve (2019): Fair play. Share the mental load, rebalance Conference on Artificial Intelligence, Ethics, and Society, https:// your relationship and transform your life, London: Quercus. dspace.mit.edu/handle/1721.1/123456 (Abruf: 23.11.2020).

182 Literaturverzeichnis

Roetteken, Torsten von (2020): § 12. In: Torsten von Roetteken: Scheele, Alexandra (2018): „Digital First – Gleichstellung Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz. AGG: Kommentar zu Second?“. Zur Vernachlässigung von Geschlechterdemokratie den arbeits- und dienstrechtlichen Regelungen, Heidelberg: in der Debatte um die Zukunft der Arbeit. In: Demirović, Alex Von Decker. 70. (Hg.): Wirtschaftsdemokratie neu denken. Münster: West- fälisches Dampfboot, S. 105–117. Rohde, Markus/Wulf, Volker (2011): Sozio-Informatik. In: Informatik-Spektrum 34 (2), S. 210–213, DOI: 10.1007/ Scheich, Elvira (1993): Naturbeherrschung und Weiblichkeit. s00287-011-0518-y. Denkformen und Phantasmen der modernen Naturwissen- schaften. Zugl.: Frankfurt am Main, Univ., Dissertation, 1989. Roland Berger GmbH/ Deutsches Institut für angewandte Feministische Theorie und Politik 6, Pfaffenweiler: Centaurus. Pflegeforschung e. V./ Philosophisch-Theologische Hoch- schule Vallendar (2017): ePflege. Informations- und Schein, Edgar H. (1985): Organizational Culture and Leader- Kommunikationstechnologie für die Pflege. Studie im Auftrag ship. A Dynamic View, San Francisco: Jossey-Bass. des Bundesministeriums für Gesundheit, Berlin, Vallendar, Köln, www.rolandberger.com/de/Publications/Digitale- Schelhowe, Heidi (2006): Informatik. In: Braun, Christina L%C3%B6sungen-in-der-Pflege.html (Abruf: 10.08.2020). von/Stephan, Inge (Hg.): Gender-Studien. Eine Einführung. 2., aktualisierte Aufl., Stuttgart, Weimar: Metzler, S. 201–210. Roßnagel, Alexander (1997): Globale Datennetze: Ohnmacht des Staates – Selbstschutz der Bürger. In: Zeitschrift für Rechts- Schiebinger, Londa (1993): Nature’s body. Gender in the politik, S. 26–30. making of modern science, London: Pandora.

Rüber, Ina Elisabeth/Widany, Sarah (2021): Gleichstellung Schiebinger, Londa/Klinge, Ineke (2018): Gendered durch Weiterbildung in einer digitalisierten Gesellschaft. Innovation in Health and Medicine. In: Advances in Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundes- experimental medicine and biology 1065, S. 643–654, DOI: regierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/ 10.1007/978-3-319-77932-4_39 (Abruf: 27.11.2020). topic/62.expertisen.html (Abruf: 12.01.2021). Schiebinger, Londa/Swan, Claudia (Hg.) (2007): Colonial Sachverständigenkommission zum Dritten Gleichstellungs- Botany. Science, Commerce, and Politics in the Early Modern bericht der Bundesregierung (2020): Rechtsanspruch auf World, Philadelphia, Ann Arbor, Michigan: University of mobiles Arbeiten. Positionierung der Sachverständigen- Pennsylvania Press. kommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Schiebinger, Londa (2011): What is Gendered Innovations?, Bundesregierung zur geplanten Reform. Positionspapier, https://genderedinnovations.stanford.edu/what-is-gendered- Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/68. innovations.html (Abruf: 11.01.2021). positionierung.html, zuletzt aktualisiert am 19.10.2020 (Ab- ruf: 08.01.2020). Schildmann, Christina (2018): Geschlechtergerechtigkeit in der digitalen Arbeitswelt. Fünf entscheidende Felder. Böll Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (2017): Digitale Brief Dezember 2018, Berlin, www.boell.de/sites/default/files/ Souveränität. Gutachten des Sachverständigenrats für boll.brief_tg6_geschlechtergerechtigkeit_in_der_digitalen_ Verbraucherfragen, Berlin, www.svr-verbraucherfragen. arbeitswelt.pdf?dimension1=division_bw (Abruf: 07.10.2020). de/wp-content/uploads/Gutachten_Digitale_ Souver%C3%A4nit%C3%A4t_.pdf (Abruf: 23.10.2020). Schinzel, Britta (2013): Diskussion der Ergebnisse und Resümee. In: Informatik-Spektrum 36 (3), S. 293–299, DOI: Samtleben, Claire/Lott, Yvonne/Müller, Kai-Uwe (2020): Aus- 10.1007/s00287-013-0699-7 (Abruf: 24.11.2020). wirkungen der Ort-Zeit-Flexibilisierung von Erwerbsarbeit auf informelle Sorgearbeit im Zuge der Digitalisierung. Schmahl, Stefanie (2016): Der Umgang mit rassistischen Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundes- Wahlkampfplakaten vor dem Hintergrund des inter- regierung, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht nationalen Menschenrechtsschutzes. 1. Aufl., Baden-Baden: der Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungs- Nomos. bericht.de/de/article/204.samtlebenlottmueller.html (Abruf: 17.07.2020). Schmidt, Florian (2016): Arbeitsmärkte in der Plattformöko- nomie. Zur Funktionsweise und den Herausforderungen Sarter, Nadine B./Woods, David D./Billings, Charles (1997): von Crowdwork und Gigwork, Bonn: FES – Friedrich-Ebert- Automation surprises. In: Salvendy, Gavriel (Hg.): Handbook Stiftung,https://library.fes.de/pdf-files/wiso/12826.pdf (Abruf: of Human Factors and Ergonomics. Bd. 2. New York: John 27.11.2020). Wiley & Sons, S. 1926–1943, www.researchgate.net/ publication/270960170_Automation_surprises. (Abruf: Schmidt, Jan-Hinrik/Taddicken, Mona (2017): Soziale Medien: 02.10.2020). Funktionen, Praktiken, Formationen. In: Schmidt, Jan-Hinrik/ Taddicken, Monika (Hg.): Handbuch Soziale Medien. Springer Sauerborn, Elgen (2021): Die diskursive Herstellung von Reference Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Springer VS, S. Geschlecht durch Crowdworking-Plattformen. In: Freiburger 23–37. Zeitschrift für Geschlechterforschung(in Veröffentlichung).

Schallbruch, Martin (2018): Schwacher Staat im Netz. Wie die Digitalisierung den Staat in Frage stellt. 1. Aufl., 2018, Wies- baden, Springer.

183 Schmirl, Judith/Pufke, Eva/Schirner, Sigrun/Stoeger, Heid- Sears, Andrew/Jacko, Julie A. (Hg.) (2009): Human-computer run (2012): Das Zusammenspiel geschlechtsspezifischer interaction. Human factors and ergonomics, Boca Raton, Erwartungen, Einstellungen und Verhaltensweisen von Lehr- Florida, London: CRC Press; Taylor & Francis Group. kräften und Schülerinnen im MINT-Unterricht. In: Stöger, Heidrun/Ziegler, Albert/Heilemann, Michael (Hg.): Mädchen Seffah, Ahmed/Gulliksen, Jan/Desmarais, Michel C. (2005): und Frauen in MINT. Bedingungen von Geschlechtsunter- Human-centered software engineering. Integrating usability schieden und Interventionsmöglichkeiten. Lehr-Lern- in the software development lifecycle. Human-computer Forschung 1, Münster: Lit, S. 59–75. interaction series v. 8, Dordrecht: Springer.

Schneider, Ingrid (2019): Regulierungsansätze in der Daten- Sen, Amartya (1985): Well-Being, Agency and Freedom: The ökonomie. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (Datenökonomie), Dewey Lectures 1984. In: The Journal of Philosophy 82 (4), S. S. 24–26, www.bpb.de/apuz/292347/regulierungsansaetze-in- 169, DOI: 10.2307/2026184. der-datenoekonomie (Abruf: 12.12.2020). Sen, Amartya Kumar (1992): Inequality reexamined, Oxford: Schoenbaum, Naomi (2016): Gender and the Sharing Oxford Univ. Press. Economy. In: Fordham Urban Law Journal 43 (4), S. 1023–1070, Sen, Amartya Kumar (2000): Ökonomie für den Menschen. https://ir.lawnet.fordham.edu/ulj/vol43/iss4/4 (Abruf: Wege zu Gerechtigkeit und Solidarität in der Marktwirtschaft, 16.09.2019). München: Carl Hanser Verlag. Schreyer, Jasmin/Schrape, Jan-Felix (2018): Plattformöko- Sen, Amartya Kumar (2001): Development as freedom, Ox- nomie und Erwerbsarbeit. Auswirkungen algorithmischer ford: Oxford University Press. Arbeitskoordi-nation – das Beispiel Foodora. Working Paper 87, Düsseldorf, www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_WP_087_2018. Serfling, Oliver (2018): Crowdworking Monitor Nr. 1. Für pdf. (Abruf: 08.11.2020). das Verbundprojekt „Crowdworking Monitor“, BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Berlin, www. Schreyögg, Friedel (2014): Geschlechtergerecht beurteilen – bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen/2018/ Arbeitshilfe zur Erstellung dienstlicher Beurteilungen, o.O., crowdworking-monitor.pdf?__blob=publicationFile&v=1 www.friedel-schreyoegg.de/img/Geschlechtergerecht_be- (Abruf: 07.08.2019). urteilen_Arbeitshilfe_2014.pdf (Abruf: 02.09.2020). Shephard, Nicole (2016): Big Data and Sexual Surveillance, Schröttle, Monika/Meshkova, Ksenia/Lehmann, Clara APC – Association for progressive communications, (2019): Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeits- Johannesburg, www.apc.org/sites/default/files/ platz, Berlin: ADS – Antidiskriminierungsstelle des BigDataSexualSurveillance_0_0.pdf (Abruf: 27.11.2020). Bundes, www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/ Downloads/DE/publikationen/Expertisen/Umgang_mit_ Shephard, Nicole (2018): Queer enough? Categories and sexueller_Belaestigung_am_Arbeitsplatz.pdf;jsessionid= norms at the border. Herausgegeben von Tactical Technology 7B902FCEF2A2FB64D1EEAA14ED14709E.2_cid360?__ Collective, Amsterdam, https://xyz.informationactivism.org/ blob=publicationFile&v=12 (Abruf: 24.08.2020). en/queer-enough/ (Abruf: 27.11.2020).

Schubert, Renate (1993): Ökonomische Diskriminierung von Simitis, Spiros (2000): Das Volkszählungsurteil oder der lange Frauen. Eine volkswirtschaftliche Verschwendung. [Fischer- Weg zur Informationsaskese – (BVerfGE 65, 1) Das Volks- Taschenbücher] 10279: Wirtschaft, Frankfurt am Main: zählungsurteil oder der lange Weg zur Informationsaskese Fischer. – (BVerfGE 65, 1). In: Kritische Vierteljahresschrift Für Gesetz- gebung Und Rechtswissenschaft (KritV)83 (3/4), S. 359–375, Schünemann, Isabel/Lebert, Yannick (2019): Algorithmen & www.jstor.org/stable/43202611 (Abruf: 02.12.2020). Gesellschaft. Zur Zukunft der sozialen Teilhabe in Deutsch- land, Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation, Simitis, Spiros; Hornung, Gerrit; Spiecker gen. Döhmann, Berlin, www.vodafone-institut.de/wp-content/up- Indra (2019a): Kommentar Datenschutzrecht. DSGVO mit loads/2019/10/Algorithmen_und_Gesellschaft.pdf (Abruf: BDSG, Baden-Baden: Nomos. 02.09.2020). Simitis, Spiros/Hornung, Gerrit/Spiecker gen. Döhmann, Schwartz, Felice N./Zimmerman, Jean (1993): Frauenkarrieren: Indra (2019b): Einleitung. In: Spiros Simitis, Gerrit Hornung ein Gewinn für Unternehmen, Campus Verlag: Frankfurt am und Indra Spiecker gen. Döhmann: Kommentar Datenschutz- Main; New York. recht. DSGVO mit BDSG. Baden-Baden: Nomos.

Schwarz, Karolin (2020): Radikalisierung – Rechter Hass und Simonsen, Jesper/Robertson, Toni (Hg.) (2013): Routledge die Gaming-Kultur, netzpolitik.org, Berlin, https://netzpolitik. international handbook of participatory design. Routledge org/2020/rechter-hass-und-die-gaming-kultur-hasskrieger- International Handbooks, London and New York: Routledge karolin-schwarz/, zuletzt aktualisiert am 20.02.2020 (Abruf: Taylor & Francis Group. 02.12.2020). Simpson, Ormond (2013): Student retention in distance Scott, Allison/Kapor Klein, Freada/Onovakpuri, education: are we failing our students?. In: Open Learning: The Uriridiakoghene (2017): Tech Leavers Study. A first-of-its- Journal of Open, Distance and e-Learning 28 (2), S. 105–119, DOI: kind analysis of why people voluntarily left jobs in tech, doi.org/10.1080/02680513.2013.847363 (Abruf: 20.11.2020). Ford Foundation; Kapor Center for Social Impact, Oakland, www.kaporcenter.org/wp-content/uploads/2017/08/ Skutta, Sabine/Steinke, Joß (2019): Digitalisierung und Teil- TechLeavers2017.pdf (Abruf: 07.10.2020). habe. Mitmachen, mitdenken, mitgestalten!, Baden-Baden: Nomos.

184 Literaturverzeichnis

Smyth, Thomas/Dimond, Jill (2014): Anti-oppressive design. Stelkens, Anke (2019): Smarte Gewalt. Zur Digitalisierung In: interactions 21 (6), S. 68–71, DOI: 10.1145/2668969 (Abruf: häuslicher Gewalt im Internet of Things. In: STREIT – 27.11.2020). Feministische Rechtszeitschrift(1), S. 3–9 (Abruf: 13.08.2020).

Sobel, Dava (2016): The glass universe. How the ladies of the Stiller, Sebastian/Jäger, Jule/Gießler, Sebastian (2020): Auto- Harvard Observatory took the measure of the stars, New York: matisierte Entscheidungen und Künstliche Intelligenz Viking. im Personalmanagement. Ein Leitfaden zur Überprüfung essenzieller Eigenschaften KI-basierter Systeme für Betriebs- SPD-Fraktion im Bundestag (2020): Gleichstellungsstiftung räte und andere Personalvertretungen, Algorithmwatch, des Bundes kommt. Pressemitteilung, 07.07.2020, Berlin. Berlin, https://algorithmwatch.org/wp-content/up- Schneider, Carsten, www.spdfraktion.de/node/4883390/pdf loads/2020/03/AlgorithmWatch_AutoHR_Leitfaden_2020. (Abruf: 01.12.2020). pdf (Abruf: 01.12.2020).

Spiecker gen. Döhmann, Indra (2016): Zur Zukunft Stohr, Daniel Christoph (2019): Die beruflichen An- systemischer Digitalisierung – Erste Gedanken zur Haftungs- forderungen der Digitalisierung hinsichtlich formaler, und Verantwortungszuschreibung bei informations- physischer und kompetenzspezifischer Aspekte. Eine Analyse technischen Systemen. In: Computer und Recht, S. 698–704. von Stellenanzeigen mittels Methoden des Text Minings und Machine Learnings, Bern: Peter Lang. Spiecker gen. Döhmann, Indra (2018): Fragmentierungen: Kontexte der Demokratie – Parteien, Medien, Sozial- Stohr, Daniel Christoph/Spies, Sabrina/Beule, Patrick/ strukturen. In: Vereinigung der Deutschen Staatsrechts- Laukhuf, Andrea/Runschke, Benedikt/Hofmann, Sandra (im lehrer (Hg.): Fragmentierungen. Berlin, Boston: De Gruyter, Erscheinen): Berufswahl von Frauen und Männern: Wird S. 9–66, https://doi.org/10.1515/9783110580860-002 (Abruf: noch gelehrt was der heutige Arbeitsmarkt verlangt? Ein 20.11.2020). Vergleich von vermittelten und geforderten Skills, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Spielkamp, Matthias/Gießler, Sebastian (2020): Auto- matisiertes Personalmanagement und Mitbestimmung. Sundblad, Ynvge (2011): UTOPIA: Participatory Design from KI-basierte Systeme für das Personalmanagement – Was Scandinavia to the World. In: Impagliazzo, John/Lundin, Per/ ist fair, was ist erlaubt?. Working Paper 191, Hans-Böckler- Wangler, Benkt (Hg.): History of Nordic Computing 3. Third Stiftung, Düsseldorf,www.boeckler.de/download-proxy-for- IFIP WG 9.7 Conference, HiNC3. Working Conference on faust/download-pdf?url=http%3A%2F%2F217.89.182.78 the History of Nordic Computing. Stockholm, 18.10.2010– %3A451%2Fabfrage_digi.fau%2Fp_fofoe_WP_191_2020. 20.10.2010, Berlin: Springer. IFIP Advances in Information and pdf%3Fprj%3Dhbs-abfrage%26ab_dm%3D1%26ab_ Communication Technology 350, S. 176–186. zeig%3D9074%26ab_diginr%3D8482 (Abruf: 30.10.2020). Sutherland, Jeff/Schwaber, Ken (2017): Der Scrum Guide. Der Staab, Philipp/Geschke, Sascha-Christopher (2020a): Digitale gültige Leitfaden für Scrum: Die Spielregeln, o.O., https:// Beschäftigtenratings in der tertiären Arbeitswelt. In:WSI 73 scrumguides.org/docs/scrumguide/v2017/2017-Scrum-Guide- (3), S. 193–200, DOI: 10.5771/0342-300X-2020-3-193 (Abruf: German.pdf (Abruf: 22.05.2020). 27.11.2020). Syrek, Christine J./Kühnel, Jana/Vahle-Hinz, Tim/Bloom, Staab, Philipp/Geschke, Sascha-Christopher (2020b): Ratings Jessica de (2018): Share, like, twitter, and connect: Ecological als arbeitspolitisches Konfliktfeld. Das Beispiel Zalando. Study momentary assessment to examine the relationship 429, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung,www.boeckler.de/de/ between non-work social media use at work and work faust-detail.htm?sync_id=9094 (Abruf: 01.12.2020). engagement. In: Work and Stress 32 (3), S. 209–227, DOI: 10.1080/02678373.2017.1367736 (Abruf: 23.10.2020). Stanford University (o. J.): Gendered Innovations, Standford, http://genderedinnovations.stanford.edu/index.html (Abruf: T-CY – Cybercrime Convention Committee (2018): 09.12.2020). Mapping study on cyberviolence, Straßburg, https://rm.coe. int/t-cy-2017-10-cbg-study-provisional/16808c4914 (Abruf: Stanton, Audrey (o. J.): 8 Non-Binary & Transgender 15.01.2020). Fashion Influencers You Should Add To Your Feed. Herausgegeben von The good trade, Los Angeles, www. T3n.de (Hg.) (o. J.): Mind-Numbing Youtube statistics, facts, thegoodtrade.com/features/non-binary-transgender-fashion- figures for 2017. Das sind die erfolgreichsten Youtube-Stars influencers?rq=fashion%20binary (Abruf: 01.11.2020). in 2017 – und andere Fakten, https://t3n.de/news/youtube- erfolgreiche-stars-2017-fakten-858030/youtube-fakten- Steele, Claude M. (1997): A threat in the air. How stereotypes statistiken-2/ (Abruf: 01.11.2020). shape intellectual identity and performance. In: American Psychologist 52 (6), S. 613–629. Tadelis, Steven (2016): Reputation and Feedback Systems in Online Platform Markets. In: Annual Review of Economics 8 (1), Steffens, Melanie C./Ebert, Irena D. (2016): Frauen – Männer S. 321–340, DOI: 10.1146/annurev-economics-080315-015325 – Karrieren. Eine sozialpsychologische Perspektive auf (Abruf: 15.05.2020). Frauen in männlich geprägten Arbeitskontexten, Wiesbaden: Springer. Taylor, Catherine J. (2010): Occupational Sex Composition and the Gendered Availability of Workplace Steinmüller, Wilhelm (1981): Die Zweite industrielle Support. In: Gender and Society 24 (2), S. 189–212, DOI: Revolution hat eben begonnen – Über die Technisierung der 10.1177/0891243209359912. geistigen Arbeit. In: Kursbuch 66, S. 152–188A.

185 Teubner, Timm (2020): Plattformarbeit und Geschlecht. Urzì Brancati, Maria C./Pesole, Annarosa/Fernandez Macias, In: Evangelische Akademie Loccum (Hg.): Digitalisierung, Enrique (2020): New evidence on platform workers in Europe: Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung – Unterschiedliche Aus- Results from the second COLLEEM survey. JRC Working wirkungen für Frauen und Männer?, 16.09.2020–17.09.2020, Papers JRC118570. Rehburg-Loccum, www.loccum.de/files/2020/06/Teubner.pdf (Abruf: 27.11.2020). Vahle-Hinz, Tim/Syrek, Christine/Kühnel, Jana/Feuerhahn, Nicolas (2019): Private Nutzung sozialer Medien am Arbeits- Teubner, Timm/Hawlitschek, Florian/Adam, Marc T. P. platz. In: Badura, Bernhard/Ducki, Antje/Schröder, Helmut/ (2019): Reputation Transfer. In: Business & Information Klose, Joachim/Meyer, Markus (Hg.): Fehlzeiten-Report 2019. Systems Engineering 61 (2), S. 229–235, DOI: 10.1007/ Digitalisierung – gesundes Arbeiten ermöglichen, Heidelberg: s12599-018-00574-z. Springer, S. 237–248.

Thoma, Nicole/Nebe, Katja (2019): Das Rückkehrrecht nach vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (Hg.) dem Mutterschutz- und Elternurlaub in einer rechtsver- (2018): Digitale Souveränität und Bildung. Gutachten, gleichenden Perspektive. In: Kappler, Katrin/Vogt, Vinzent Münster, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0111- (Hg.): Gender im Völkerrecht. Konfliktlagen und Errungen- pedocs-165698 (Abruf: 14.01.2021). schaften, Baden-Baden: Nomos, S. 193–219. Vivarelli, Marco (2013): Is entrepreneurship necessarily good? TNS Infratest Sozialforschung (2017): Abschlussbericht. Microeconomic evidence from developed and developing Studie zur Wirkung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes countries. In: Industrial and Corporate Change 22 (6), S. (PNG) und des ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I) im 1453–1495. Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, München, www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/ Vogel, Ulrike (2000): Zur Steigerung der Attraktivität des Dateien/5_Publikationen/Pflege/Berichte/Abschlussbericht_ Ingenieurstudiums für Frauen und Männer. In: Zeitschrift für Evaluation_PNG_PSG_I.pdf (Abruf: 10.08.2020). Frauenforschung & Geschlechterstudien (ZfF&G) 18 (1 und 2), S. 101–114. Trenkmann, Jeannette (2017): Diskussion: Forschungsbedarfe und Handlungsempfehlungen. In: (Solo-)Selbstständigkeit als Volkswagen AG/ EAF Berlin (2020): Flexibilität und Vielfalt gleichstellungspolitische Herausforderung. Expertise für den im direkten Bereich fördern. Ein Projekt der Volkswagen Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Berlin, AG und der EAF Berlin. Stand: März 2020, Berlin, www. S. 101–109. experimentierraeume.de/beitraege/experimentierraeume/vw- eaf-berlin-experimentierraum/, zuletzt aktualisiert am 2020 Trigg, Randy/Ishimaru, Karen (2013): Integrating Participatory (Abruf: 09.11.2020). Design into everday work at the Global Fund for Women. In: Simonsen, Jesper/Robertson, Toni (Hg.): Routledge inter- Wachter-Boettcher, Sara (2017): Technically wrong. Sexist national handbook of participatory design. Routledge Inter- apps, biased algorithms, and other threats of toxic tech, First national Handbooks. London and New York: Routledge Taylor edition, New York, NY: W.W. Norton & Company, Inc. & Francis Group, 213.234. Wagner, Ina/Bratteteig, Tone/Stuedahl, Dagny (Hg.) (2010): TU Wien (Hg.) (o. J.): Geschlecht und Innovation, Ko- Exploring digital design. Multi-Disciplinary Design Practices. ordinationsstelle für Frauen und Gender, Wien, www. Computer Supported Cooperative Work, London: Springer. geschlecht-und-innovation.at (Abruf: 27.11.2020). Wagner, Ulrike/Eggert, Susanne/Schubert, Gisela (2016): Turk, Victoria (2015): When algorithms are sexist. In: MoFam – Mobile Medien in der Familie. Studie. Langfassung, Vice, 20.03.2015, www.vice.com/en/article/ezvkee/when- Frankfurt a.M., www.pedocs.de/frontdoor.php?source_ algorithms-are-sexist (Abruf: 27.11.2020). opus=16086 (Abruf: 20.11.2020).

Ullrich, Stefan (2019): Algorithmen, Daten und Ethik. Ein Waltersbacher, Andrea/Maisuradze, Maia/Schröder, Helmut Beitrag zur Papiermaschinenethik. In: Bendel, Oliver (Hg.): (2019): Arbeitszeit und Arbeitsort – wie viel Flexibilität ist Handbuch Maschinenethik. Springer Reference Geistes- gesund. In: Badura, Bernhard/Ducki, Antje/Schröder, Helmut/ wissenschaften. 1. Aufl., Wiesbaden: Springer Fachmedien Klose, Joachim/Meyer, Markus (Hg.): Fehlzeiten-Report 2019. Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 119–144. Digitalisierung – gesundes Arbeiten ermöglichen. Heidelberg: Springer, S. 77–107. UNESCO/EQUALS Skills Coalition (2019): I’d blush if I could. Closing gender divides in digital skills through education, Warzel, Charlie (2019): How an Online Mob Created a Berlin, https://unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000367416 Playbook for a Culture War. Opinion. In: The New York Times, (Abruf: 23.11.2020). 15.08.2019, www.nytimes.com/interactive/2019/08/15/ opinion/what-is-gamergate.html (Abruf: 02.12.2020). United Nations General Assembly, Human Rights Council (Hg.) (2018): Report of the Special Rapporteur on violence WBGU - Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung against women, its causes and consequences on online Globale Umweltveränderungen (2019): Unsere gemeinsame violence against women and girls from a human rights digitale Zukunft, Berlin,www.wbgu.de/de/publikationen/ perspective*. Unter Mitarbeit von Dubravka Simonovic. A/ publikation/unsere-gemeinsame-digitale-zukunft (Abruf: HRC/38/47, Genf, https://digitallibrary.un.org/record/1641160 29.11.2019). (Abruf: 18.08.2020).

186 Literaturverzeichnis

We Are Social (2020): Digital 2020. Global digital overview. Wittenhorst, Tilman (2019): Videoplattform TikTok Essential insights on how people around the world use blockiert Inhalte mit Bezug zu Homosexualität. In: Heise the internet, mobile devices, social media and ecommerce, Online, 30.09.2020, www.heise.de/newsticker/meldung/ New York, https://wearesocial.com/digital-2020 (Abruf: Videoplattform-TikTok-blockiert-Inhalte-mit-Bezug-zu- 01.11.2020). Homosexualitaet-4542800.html (Abruf: 08.12.2020).

Webster, Juliet (2014): Shaping women’s work. Gender, Woodlock, Delanie (2017): The Abuse of Technology in employment and information technology. Longman Domestic Violence and Stalking. In: Violence against women Sociology Series, New York, New York: Routledge. 23 (5), S. 584–602, DOI: 10.1177/1077801216646277 (Abruf: 20.08.2020). Weinberg, Lindsay (2017): Rethinking Privacy: A Feminist Approach to Privacy Rights after Snowden. In:Westminster Wynn, Alison T. (2019): Pathways toward change. Ideologies Papers in Culture and Communication 12 (3), S. 5–20, DOI: and Gender Equality in a Silicon Valley Technology 10.16997/wpcc.258 (Abruf: 27.11.2020). Company. In: Gender and Society 20 (10), S. 1–25, DOI: 10.1177/0891243219876271. (Abruf: 22.04.2021) Welpe, Isabell M./Brosi, Prisca/Ritzenhöfer, Lisa/Schwarz- müller, Tanja (Hg.) (2015): Auswahl von Männern und Frauen Zika, Gerd/Helmrich, Robert/Maier, Tobias/Weber, Enzo/ als Führungskräfte. Perspektiven aus Wirtschaft, Wissen- Wolter, Marc I. (2018): Regionale Branchenstruktur spielt eine schaft, Medien und Politik, Wiesbaden: Springer Gabler. wichtige Rolle. Arbeitsmarkteffekte der Digitalisierung bis 2035 (9), S. 1–12, http://doku.iab.de/kurzber/2018/kb0918.pdf Welskop-Deffaa, Eva Maria (2019): Der digitale Elefant. Die (Abruf: 02.11.2020). Kirchen und Big Data. In: Herder Korrespondenz 73 (2), S. 49–51. Zinn, Sabine (2020): Spotlights der SOEP-CoV Studie (1). Ergebnisbericht, Version: 3. Juni 2020, Familienleben in Welter, Friederike (2020): Contexts and gender – looking back Corona-Zeiten, https://www.soep-cov.de/Spotlight_1/ (Abruf: and thinking forward. In: International Journal of Gender and 30.11.2020). Entrepreneurship 12 (1), S. 27–38. Zucco, Aline (2020): Der Gender Pay Gap in IT-Berufen. Wenckebach, Johanna (2020): BAG: Crowdwork ante portas! Expertise für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundes- Von persönlicher Abhängigkeit in der digitalen Arbeitswelt. regierung, Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der In: Soziales Recht 10 (5), S. 165–175. Bundesregierung, Berlin, www.dritter-gleichstellungsbericht. de/de/article/222.der-gender-pay-gap-in-it-berufen.html (Ab- Westerheide, Jule Elena (2020): Weibliche Angestellte er- ruf: 17.07.2020). heben Einspruch – Konflikte um Leistungsbewertung in der Sekretariatsarbeit. In: Becker, Karina/Binner, Kristina/Décieux, Zuchowski, Oliver/Posegga, Oliver/Schlagwein, Daniel/ Fabienne (Hg.): Gespannte Arbeits- und Geschlechterverhält- Fischbach, Kai (2016): Internal Crowdsourcing: Conceptual nisse Im Marktkapitalismus. Bd. 72. Geschlecht und Gesell- Framework, Structured Review, and Research Agenda. In: schaft 72, Wiesbaden: Springer, S. 239–261. Journal of Information Technology 31 (2), S. 166–184, DOI: 10.1057/jit.2016.14 (Abruf: 18.05.2020). Wheaton, Oliver (2015): Gyms computer assumed this woman was a man because she is a doctor, London, Zweig, Katharina (2018): Wo Maschinen irren können. https://metro.co.uk/2015/03/18/gyms-computer- Fehlerquellen und Verantwortlichkeiten in Prozessen assumed-this-woman-was-a-man-because-she-is-a-doctor- algorithmischer Entscheidungsfindung. Impuls Algorithmen- 5110391/?ito=cbshare Twitter: https://twitter.com/MetroUK ethik #4, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung,www.bertels - | Facebook: www.facebook.com/MetroUK/. In: MetroNews, mann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/ 18.03.2015, https://metro.co.uk/2015/03/18/gyms-computer- GrauePublikationen/WoMaschinenIrrenKoennen.pdf (Abruf: assumed-this-woman-was-a-man-because-she-is-a- 17.09.2019). doctor-5110391 (Abruf: 27.11.2020). Zweig, Katharina/Hauer, Marc/Raudonat, Franziska (2020): Wiedemann, Carolin (2020): Spannervideos: „Das ist kein Anwendungsszenarien: KI-Systeme im Personal- und Talent- Porno, das ist Gewalt“. In: Der Spiegel, 10.02.2020, www. management. ExamAI – KI Testing & Auditing, Berlin: Gesell- spiegel.de/kultur/musik/fusion-festival-monis-rache-und- schaft für Informatik e. V., https://testing-ai.gi.de/fileadmin/ spannervideos-das-ist-kein-porno-das-ist-gewalt-a-88712a38- PR/Testing-AI/ExamAI_Publikation_Anwendungsszenarien_ 9193-4dec-9c2b-29928d37c6d5 (Abruf: 06.08.2020). KI_HR.pdf (Abruf: 02.12.2020). Winker, Gabriele/Degele, Nina (2009): Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. 2., unveränd. Aufl., Sozial- theorie Intro, Bielefeld: transcript.

Wippermann, Carsten (2010): Frauen in Führungspositionen. Barrieren und Brücken, Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, https://www.bmfsfj.de/ blob/jump/93874/frauen-in-fuehrungspositionen-deutsch- data.pdf (Abruf 18.03.2021)

187 188 Literaturverzeichnis

189 Impressum

Herausgeberin

Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung Vorsitzende: Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok (V.i.S.d.P.) Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin Alt-Friedrichsfelde 60 10315 Berlin

Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung Sebastian Scheele/Dr. Ulrike Spangenberg (Leitung) Lahnstraße 19, 12055 Berlin www.dritter-gleichstellungsbericht.de

Stand: Dezember 2020 Erscheinungsjahr: 2021 2., korrigierte Auflage

Zitierhinweis Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2021): Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten. Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Berlin: Geschäftsstelle Dritter Gleichstellungsbericht. Download: www.dritter-gleichstellungsbericht.de/gutachten3gleichstellungsbericht.pdf

Lektorat Julia Roßhart, Berlin | www.juliarosshart.de Korrektorat Silke Leibner, Berlin | www.silbenschliff.de

Gestaltung WARENFORM, Berlin | www.warenform.de Druck Katalogdruck Berlin | www.katalogdruck-berlin.de

190 191 192 193 194 Institution für den Transfer von Wissen über Gleichstellung Ausgangslage

195 Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten

Gutachten für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung

www.dritter-gleichstellungsbericht.de Gutachten für Dritten den Gleichstellungsbericht Bundesregierung der geschlechtergerecht gestalten Digitalisierung .