Christen und Muslime in Niedersachsen

Mitteilungen 1, 2018

1. Niedersachsen 1.1. SPD und CDU sondieren Alternativen zu einem Vertrag mit den muslimischen Verbänden Die niedersächsische Landesregierung unternimmt offenbar keinen Anlauf, doch noch zu einem Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden zu kommen. Vor einem Treffen mit den Vorsitzenden der Verbände Schura und DITIB erklärte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), man müsse jetzt sehen, „ob es jenseits der zunächst angepeilten Form von Vertragsabschlüssen andere Möglichkeiten einer intensiveren Zusammenarbeit“ gebe. Einen umfassenden Vertrag, wie er lange angestrebt wurde, sehe er skeptisch. „Objektiv bestehen da gewisse Hindernisse“. „Wir erleben zum einen eine deutliche Verhärtung in den Beziehungen insbesondere zwischen Deutschland und der Türkei. Einer der großen Partner, nämlich Ditib, pflegt enge Beziehungen zur türkischen Religionsbehörde Diyanet“, so Weil gegenüber dem Weser-Kurier. Darüber hinaus gebe es Schwierigkeiten mit dem deutschen Körperschaftsrecht, das mit der Organisationsstruktur der islami- schen Verbände „nicht ganz zueinander zu bringen“ sei (mehr). Der Vorsitzende des Ditib-Landesverbandes, Yilmaz Kilic, sagte vor dem Treffen, die muslimischen Verbände würden bei den Verhandlungen jedenfalls „nicht wieder bei Adam und Eva anfangen“. SPD und CDU hätten doch „eine deutliche Mehrheit im Landtag und könnten, wenn sie wollen, Nägel mit Köpfen machen“ (mehr). Nach dem Gespräch erklärte Kilic, das Ziel der muslimischen Seite bleibe „weiter ein Vertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den Landesverbänden“ (mehr).

1.2. Reformationstag soll Feiertag werden – Kritik von Juden, Katholiken und Humanisten Trotz Kritik von jüdischer, katholischer und humanistischer Seite sprechen sich Ministerpräsident Stephan Weil und der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, weiter für den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag aus. Weil sagte beim Epiphanias-Empfang der hannoverschen Landeskirche im Kloster Loccum, beim Reformationsjubiläum im vergangenen Jahr habe die Evangelische Kirche immer wieder Angebote zur interreligiösen Diskussion gemacht und Gemeinsamkeiten betont. In einem so verstandenen Sinne sei der Reformationstag ein guter Anlass für einen gesetzlichen Feiertag. Bischof Meister sagte, wer den Reformationstag als Martin Luther-Verehrung verstehe, ignoriere die Arbeit der Evangelischen Kirche in den vergangenen Jahrzehnten. „Der Reformationstag als Feier- tag bietet nicht nur die Gelegenheit, ein historisches Erbe unserer Kultur zu pflegen, sondern auch Reformation als Impuls in die Gegenwart zu übersetzen und für die Zukunft fruchtbar zu machen.“ Selten zuvor habe ein evangelischer Feiertag religionsübergreifend, ökumenisch und weltoffen so viele Menschen national und international mit in das Nachdenken über Herkunft und Zukunft der Gesellschaft gezogen wie der 31. Oktober 2017, so Meister (mehr). Der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, hatte die Absicht der Landesregierung zuvor scharf kritisiert. In einem Brief an die Abgeordneten des Landtags schrieb Fürst, er halte eine Entscheidung für den Reformationstag für „untragbar“. Der Reformationstag sei von Luther, der ein Judenhasser gewesen sei, nicht zu trennen. Er sei daher als Feiertag für die Zusammenarbeit der Religionen mehr als ungeeignet. „Er ist für die jüdische Gemein- schaft in unserem Lande eine Zumutung“, so Fürst (mehr). Gegen eine Festlegung auf den Reformationstag sprachen sich auch Vertreter der Katholischen Kirche aus. Der Bischof von Osnabrück, Franz-Josef Bode, sagte, ein solches Vorgehen bedeute, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. „Erst einmal müsste man sich klar werden, was man mit einem zusätzlichen Feiertag überhaupt will“, so Bode. Er selbst könne sich vorstellen, einen Feiertag zur Versöhnung einzuführen, zum Dialog der Religionen oder dem Zusammenhalt der Gesellschaft. Auch der Humanistische Verband sieht die Pläne der Landesregierung kritisch. „Ein Drittel der Niedersachsen wird bei einem religiösen Feiertag nicht berücksichtigt“, sagte Landesgeschäftsführer Jürgen Steinecke. Als Alternative schlagen die Humanisten den internationalen Tag der Menschen- rechte am 10. Dezember vor. Auch andere alternative Termine wie der 8. Mai, 23. Mai und der 1. Juni sind im Gespräch (mehr).

1.3. Landesbischof Ralf Meister als Ratsvorsitzender der Konföderation wiedergewählt Der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, ist für weitere drei Jahre zum Ratsvorsitzenden der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen gewählt worden. Er hat dieses Amt seit 2011 inne. Zur neuen stellvertretenden Vorsitzenden wählte der Rat Oberkirchenrätin Susanne Teichmanis aus Oldenburg. Die Juristin übernimmt die Nachfolge von Hans-Peter Vollbach aus Braunschweig. 2

1.4. Hannover: Haus der Religionen wird für 1,2 Mio Euro erweitert Mit einem Budget von rund 1,2 Millionen Euro wird das bundesweit einmalige Haus der Religionen in Hannover vergrößert. Im Herbst soll der Umbau in der 2013 entwidmeten ehemaligen Athanasiuskirche beginnen, sagte der Vorsitzende des Vereins „Haus der Religionen“, Wolfgang Reinbold, in Hannover. Das Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog brauche dringend mehr Platz: „Wir müssen professionelles Arbeiten ermöglichen.“ Im erweiterten Haus der Religionen werde es einen großen Veranstaltungsraum, einen Gruppen- raum für die Arbeit mit Schulklassen sowie einen Dialograum geben, erläuterte Reinbold. Zudem werde die Dauerausstellung erneuert und multimedial ausgebaut, so dass etwa eine Moschee oder ein Hindutempel virtuell betreten werden könnten. Bislang sind den Angaben zufolge zwei Drittel der Baukosten unter anderem von der Landeskirche Hannovers, der Klosterkammer und der Region Hannover zugesagt. Das Haus der Religionen hat zudem eine Spendenkampagne gestartet, bei der beispielsweise symbolische Quadratmeter des neuen Zentrums erworben werden können. Im Haus der Religionen setzen sich Christen, Juden, Muslime, Hindus, Buddhisten und Bahai für ein friedliches Miteinander und ein besseres gegenseitiges Kennen- lernen ein. Das Zentrum wurde 2005 gegründet (mehr).

1.5. Hannover: Rat der Religionen verabschiedet Grundordnung Für ihre gemeinsame Arbeit haben sich die Delegierten der religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften Hannovers eine neue Grundordnung gegeben. Die durch den Rat der Religionen repräsentierten Gemeinschaften bekennen sich darin unter anderem „zu den Werten und Zielen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland“ und verpflichten sich, aktiv an der „Wahrung der Grundrechte und der freiheitlich demokratischen Grundordnung mitzuarbeiten“ (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. DITIB-Bundesverband wählt neuen Vorstand und beschließt neue Satzung Der Bundesverband der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) hat einen neuen Vorstand gewählt und seine Satzung geändert. Die Mitgliederversammlung sei „sehr konstruktiv und erfolgreich verlaufen“, erklärte der wiedergewählte Vorsitzende Nevzat Aşikoğlu. DITIB gehe gestärkt aus ihr hervor. Zu weiteren Vorstandsmitgliedern gewählt wurden der Theologe und Vorsitzende des Obersten Religionsrates der DITIB, Abdurrahman Atasoy, der Theologe Ahmet Dılek, der Religions- beauftragte İrfan Saral, der Vorsitzende des Landesverbands Nordrhein-Westfalen, Yılmaz Yıldiz, die Vorsitzende des Landesverbandes Rheinland-Pfalz, Nihat Özkan, und die Psychologin Emine Seçmez, die zur Generalsekretärin ernannt wurde. Nicht wieder in den Vorstand gewählt wurde der bundesweit bekannte ehemalige Generalsekretär Bekir Alboğa. Bei der Wahl anwesend war der Präsident des türkischen Religionsministeriums Diyanet, Ali Erbaş. Laut Ditib-Pressemitteilung hob er in seiner Begrüßungsrede „die Bedeutung der DITIB für die Betreu- ung der Muslime in Deutschland hervor und betonte die Wichtigkeit der theologischen Begleitung der DITIB auf diesem Weg durch Diyanet“. Bei der Mitgliederversammlung sei zugleich die Bundessat- zung geändert und die „vollzogene Einbindung der Frauen-, Jugend- und Elterngruppen in Gemeinden und Landesverbänden“ durch eine Satzungserweiterung berücksichtigt worden (mehr). Die Mitgliederversammlung, die als Chance zu einem Neuanfang nach den Skandalen des Jahres 2017 galt, fand am Vormittag des 24. Dezember in einem Hotel in Hürth statt. Die Presse war vorab nicht informiert worden. Einzige anwesende Medienvertreterin war die Journalistin Canan Topçu, die auf verschlungenen Wegen von dem Termin erfahren hatte. Sie berichtet in einem Artikel auf ZEIT- Online, etwa 50 Personen, unter ihnen zwei Frauen, hätten ihre Wahl hinter verschlossenen Türen getroffen. Vertreter der etwa 900 deutschen DITIB-Gemeinden seien nicht eingeladen gewesen. Stattdessen hätten „pensionierte Religionsattachés und Ditib-Gründungsmitglieder“ ein Mitsprache- recht gehabt, unter ihnen einige, die „inzwischen im hohen Alter in der Türkei“ lebten. Zur Wahl gestanden habe eine Liste mit 14 Namen, aus denen sieben zu wählen waren. Zusammengestellt habe die Namensliste der Ditib-Aufsichtsrat. Einige Teilnehmer der Versammlung hätten dieses Verfahren deutlich kritisiert, so Topçu weiter. Zur Wahl gestanden hätten „lauter Leute, die keine Ahnung von den Realitäten hier in Deutschland, dafür aber eine bestimmte Politik im Sinn haben“, habe ein Kritiker aus einem der Landesverbände erklärt. „Wir sind die Leidtragenden der strukturellen und politischen Verflechtung der Ditib mit der Türkei“. Die Imame seien als Beamte des türkischen Staates weisungsgebunden. Sie hielten sich oft nicht an Absprachen mit den Vorständen der Moscheegemeinden und „sabotierten zuweilen die Arbeit vor Ort.“ Namentlich zitieren lassen wollte sich nach Topçus Darstellung keiner der Kritiker. Die Furcht sei groß, „dass allzu kritische Aussagen über Zuträger in die Türkei zu mächtigen Personen gelangen“ könnten (mehr).

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Der Text der neuen Satzung ist bisher unveröffentlicht. Nach Einschätzung Topçus ist unsicher, ob bei der Satzungsänderung alles juristisch korrekt zugegangen ist. Teilnehmer hätten berichtet, der neue Text sei in der Versammlung lediglich per Beamer an die Wand projiziert worden. Nicht einmal eine Tischvorlage habe es gegeben. Alles in allem sei ihres Erachtens die Chance zu einem Neuanfang verpasst worden, so Topçu gegenüber WDR 5 (mehr).

2.2. Berlin: Empörung nach Bericht über Teilnahme eines „Radikal-Imams“ an Gedenkfeier Berichte der BILD-Zeitung über die Teilnahme eines vorgeblich extremistischen Imams an der Gedenkfeier für die Opfer des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz haben für Empörung gesorgt. Die Bild-Zeitung hatte berichtet, ausgerechnet der „Radikal-Imam“ Mohamed Matar von der Neuköllner Begegnungsstätte der Dar as-Salam-Moschee habe bei der Gedenkfeier für die Muslime gesprochen. Die Moschee werde vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie stehe der Muslimbruder- schaft nahe. Auch Herr Matar hege „mindestens Sympathien für die Muslimbrüder“. Darüber hinaus falle er „durch islamistische Inhalte auf Facebook“ auf (mehr). Mehrere Zeitungen kritisierten daraufhin die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz, die zu dem Gedenken eingeladen hatte, sowie den Berliner Regierenden Bürgermeister Michael Müller und den Pastor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Martin Germer (mehr). ZEIT-Online schrieb, kaum eine deutsche Moschee habe „so viele negative Schlagzeilen gemacht“ wie die Neuköllner Moschee. Die Wahl Matars sei ein „symbolpolitischer Fauxpas“ (mehr). Die Berliner Landeskirche erklärte dazu, Matar sei nicht von ihr, sondern vom Zentralrat der Muslime ausgewählt worden. Der Zentralrat verteidigte Matar gegen die Vorwürfe. Der Extremismusvorwurf gegen ihn sei „haltlos und deshalb entschieden zurückzuweisen“. Die Vorwürfe erwiesen sich „bei näherem Hinsehen als falsch“. Matar zeichne sich vor allen Dingen dadurch aus, dass er „einen gemäßigten und zeitgemäßen Islam“ lebe und vorlebe. Das gelte „entsprechend auch in Bezug auf die Angriffe und Rufschädigungen zum Nachteil der Neuköllner Begegnungsstätte“, die seit Jahren wich- tige Integrationsarbeit leiste. Teile der Berichterstattung glichen einer Hetzkampagne, so der Zentral- rat (mehr). Die Neuköllner Begegnungsstätte reagierte auf die Berichte mit einer ausführlichen Gegendarstel- lung. Darin heißt es unter anderem, Mohamed Matar sei „weder ‚Prediger‘ noch ‚Imam‘, sondern ledig- lich Jugendbetreuer, Seelsorger und Projektkoordinator. Des Weiteren ist er weder islamistisch noch radikal.“ Ihm wie dem Vereinsvorsitzenden Taha Sabri gehe es darum, „die Gemeinde hin zu einem Islamverständnis zu führen, welches nicht nur im Einklang mit der deutschen Verfassung ist, sondern auch mit den religiösen Grundlagen des Islam zu vereinbaren ist“ (mehr). Auch der Pastor der Gedächtniskirche verwehrte sich gegen die Kritik. Es verwundere sehr, „in einem Kommentar der ‚Zeit‘ namentlich angegriffen zu werden, ohne dass die Autorin Evelyn Finger vorher auch nur den Versuch gemacht hätte, mit mir über die von ihr thematisierten Vorgänge zu sprechen.“ Lieber glaube die Journalistin „unbesehen, was in der Bild-Zeitung zu lesen steht“, so Martin Germer in einem Leserbrief. Ähnlich äußerte sich der Landespfarrer für den interreligiösen Dialog in der Berliner Kirche, Andreas Goetze.

2.3. Was sonst noch war – Lüneburg: Wirbel um angebliche Verlegung einer Weihnachtsfeier nach muslimischer Kritik (mehr) – Osnabrück/Bielefeld: Forscher erforschen Religion als Radikalisierungsfaktor (mehr) – Evangelische Kirche in Deutschland und Deutsche Bischofskonferenz veröffentlichen zweiten Bericht zur Religionsfreiheit von Christen weltweit (mehr) – Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag fordert „konservative Revolution“ (mehr).

3. Meinungsforschung – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften veröffentlicht Studie zur Entwicklung der Gewalt in Deutschland, Schwerpunkt: „Jugendliche und Flüchtlinge als Täter und Opfer“ (hier) – American Jewish Commitee Berlin veröffentlicht Studie zu „Einstellungen von Geflüchteten aus Syrien und dem Irak zu Integration, Identität, Juden und Shoah“ (hier) – American Jewish Commitee Berlin veröffentlicht Studie zu „Salafismus und Antisemitismus an Berli- ner Schulen“ (hier).

Hannover, den 16.1.2018

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Mitteilungen 2, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Norddeutsche Ministerpräsidenten sprechen sich für Reformationstag als Feiertag aus Die Regierungschefs der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen haben sich dafür ausgesprochen, den Reformationstag als zusätzlichen gesetzlichen Feiertag einzuführen. Das teilte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Rande einer Sondersitzung der „Konferenz Norddeutschland“ (KND) in Berlin mit. In Mecklenburg Vorpommern ist der 31. Oktober bereits ein gesetzlicher Feiertag. „Mit der Verständigung auf den 31. Oktober sind wir auf dem Weg zu einem gemeinsamen zusätzlichen Feiertag in Norddeutschland einen wichtigen Schritt weitergekommen“, sagte der KND- Vorsitzende, Bremens Bürgermeister Carsten Sieling. Ziel sei es, den Feiertag schon in diesem Jahr einzuführen. Die Zustimmung der Landesparlamente steht noch aus. Die Diskussion über einen zusätzlichen Feiertag läuft in den norddeutschen Ländern seit mehreren Monaten. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther erklärte, er werde sich für den Reformations- tag stark machen. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der CDU-Vorsit- zende Bernd Althusmann favorisieren den 31. Oktober. Die Hamburger Bürgerschaft soll nach dem Willen der SPD Ende Februar entscheiden. In Niedersachsen solle die Diskussion im Sommer 2018 abgeschlossen werden, erklärte Ministerpräsident Weil (mehr).

1.2. Vorsitzender des jüdischen Landesverbands fordert mehr Einsatz gegen Antisemitismus Der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael Fürst, hat die muslimischen Landesverbände zu mehr Engagement gegen Antisemitismus aufgerufen. Bei der Gedenkstunde für die Opfer des Holocaust sagte er, DITIB und Schura Niedersachsen müssten sich „viel mehr engagieren“. Die Bereitschaft zu Antisemitismus sei „unter türkischen Jugend- lichen erschreckend hoch“. Sein Wunsch sei es, dass jeder Schüler einmal in der Schulzeit eine KZ- Gedenkstätte besuche, „auch Flüchtlinge und Schüler mit muslimischen Hintergrund“ (mehr).

1.3. Was sonst noch war – Niedersachsen prüft, wie Kinder von Salafisten besser geschützt werden können (mehr) – Gifhorn: Christlich-muslimischer Kindergarten soll im Sommer starten (mehr) – Göttingen: Lange Nacht der Offenen Gotteshäuser im Rahmen der Religramme-Ausstellung (mehr) – Hannover: Ahmadiyya-Moschee diskutiert mit AfD-Bundestagsabgeordnetem Friedhoff (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Rheinland: Landessynode verabschiedet Erklärung zum christlich-muslimischen Dialog Die rheinische Kirche will den christlich-muslimischen Dialog vertiefen. Das erklärte die Landessynode in einem mit großer Mehrheit beschlossenen Grundsatzpapier (hier). Der christlich-muslimische Dialog sei ein „kirchlicher Auftrag“. Die Synode ermutige alle, „die sich in Gemeinden, Kirchenkreisen und Einrichtungen in der Dialogarbeit engagieren, diese bereichernden Gespräche, Kooperationen und Modelle gemeinsamen Lebens und Arbeitens weiter zu entwickeln“. Die Evangelische Kirche im Rheinland befürworte den Islamischen Religionsunterricht und die Lehre Islamischer Theologie an den Universitäten, heißt es weiter. Sie ermutige zu Kooperationen mit Mus- limen „in der Seelsorge in Krankenhäusern, Justizvollzugsanstalten und in der Notfallseelsorge, in der diakonischen Praxis und im Bildungsbereich“. Zugleich würden die Möglichkeiten zur interkulturellen Öffnung im Arbeitsrecht verstetigt (s.u. 2.2.). Der christlich-muslimische Dialog ziele „auf das gegenseitige Kennenlernen, das gemeinsame Handeln, das Aushalten von Differenzen sowie eine vertiefte Wahrnehmung der je eigenen Tradition, nicht aber auf eine Konversion zur jeweils anderen Religion“, so die Erklärung. Im gemeinsamen Bezug „auf die biblischen Traditionen“ sei eine besondere Beziehung zwischen Christentum und Islam begründet, aus der sich Ansatzpunkte für das theologische Gespräch ergäben, „in dem sowohl Gemeinsamkeiten als auch grundlegende Differenzen offen zur Sprache kommen.“ Den „Glauben muslimischer Menschen“ nehme die Evangelische Kirche im Rheinland „als Bindung an den einen Gott wahr.“ Die Mitglieder der Landessynode hatten die Erklärung in Ausschüssen und im Plenum intensiv und teils kontrovers diskutiert. Der Text versteht sich „als Wegmarke in einem seit mehr als vierzig Jahre währenden christlich-muslimischen Dialog, der weitergeführt werden soll“ (mehr). 5

Kritisiert wurde der Beschluss vom Direktor der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungs- fragen (EZW), Reinhard Hempelmann. Er schrieb im Newsletter der EZW, die Erklärung führe nicht zu „mehr Klarheit in der theologischen Verhältnisbestimmung zum Islam“. Für Christen schließe der Dia- log mit Muslimen „die Mission unter ihnen nicht aus“. Ein christlicher Missionsverzicht „würde faktisch die Anerkennung des islamischen Endgültigkeitsanspruchs beinhalten“, so Hempelmann. Auch könne der Dialog mit Muslimen „nicht von einem gemeinsamen Gottesglauben ausgehen“. Offenkundig habe die Synode keine „klare Haltung zur Mission“ (mehr).

2.2. Rheinland: Landessynode öffnet Arbeitsrecht Die rheinische Landessynode hat die Mitarbeit von Menschen, die nicht der evangelischen Kirche angehören, neu geregelt. Man folge damit „dem Anliegen der Interkulturellen Öffnung“ und begegne „dem Mangel an qualifizierten evangelischen Bewerberinnen und Bewerbern in einigen Arbeitsberei- chen“, heißt es in einer Presseerklärung. Mit der Regelung werde eine Richtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland aus dem Jahr 2016 (hier) umgesetzt. Die neue Regelung sieht vor, dass „Tätigkeiten in Verkündigung, Seelsorge und Bildung“ weiterhin evangelischen Christen vorbehalten bleiben. Andere Arbeitsfelder werden „grundsätzlich auch für Christinnen und Christen aus anderen Konfessionen geöffnet, deren Kirchen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen oder dem Internationalen Kirchenkonvent angehören.“ Für Aufgaben der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie für die „pädagogische Tätigkeit in evangelischen Schulen und Kindertagesstätten und in Einrichtungen der Erwachsenen- und Familien- bildung“ können in Zukunft auch „nichtchristliche Bewerberinnen und Bewerber eingestellt werden“, und zwar dann, „wenn in einem erheblichen Umfang Personen betreut werden, die keiner christlichen Kirche angehören, oder wenn die Beschäftigung der Interkulturellen Öffnung dient“. Grundlage der Einstellung von Mitarbeitern, die nicht der evangelischen Kirche angehören, soll „eine theologische Grundkonzeption“ des Leitungsorgans der jeweiligen kirchlichen Körperschaft sein. Die Körperschaften hätten damit von nun an „die Kompetenz, selbst zu bestimmen, wieweit sie sich öffnen“, so die rheinische Kirche (mehr).

2.3. DITIB-Moscheen rufen zum Gebet für den türkischen Sieg in Syrien auf Nach Medienberichten haben deutsche DITIB-Moscheen die Gläubigen zum Gebet für den Sieg der türkischen Armee in Syrien aufgerufen. Man werde beten, dass „unsere heldenhafte Armee und unsere heldenhaften Soldaten siegreich sein werden“, schrieb ein Imam im baden-württembergischen Bad Wurzach nach einem Bericht des Spiegel auf seiner Facebook-Seite. Er bitte alle, daran teilzunehmen, auch die Kinder. Man wolle dazu beitragen, die „Terrorgefahr, die gegen unsere Nation gerichtet ist, erfolgreich zu beenden“, schrieb eine andere Moschee nach Darstellung des Spiegel. Auch der Religionsattaché der türkischen Bot- schaft in Berlin, Ahmet Fuat Candir, habe dazu aufgerufen, für den Sieg zu beten. Die Einträge seien mittlerweile gelöscht, so das Nachrichtenmagazin. Scharfe Kritik äußerte der stellvertretende Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Mehmet Tanriverdi. Obwohl die Vertreter der muslimischen Verbände nicht müde würden, vom Islam als friedlicher Religion zu sprechen, „wird nicht für den Frieden gebetet, sondern für den todbringenden Eingriff und die Zerstörung.“ Wieder einmal werde deutlich, „dass die DITIB ein verlängerter Arm des türkischen Staates in Deutschland ist“ (mehr). Die türkische Religionsbehörde Diyanet hatte zuvor mitgeteilt, in den Moscheen solle die 48. Sure des Korans rezitiert werden, in der vom „Erfolg“ bzw. „Sieg“ der Muslime gegen ihre Gegner die Rede ist (mehr). In der Türkei waren nach Medienberichten rund 90.000 Moscheen dieser Aufforderung gefolgt (mehr). Der DITIB-Bundesverband dementierte, dass er dazu aufgerufen habe, für den Sieg gegen die Kurden zu beten. Welche Gebete gesprochen würden, entschieden die Gemeinden selbst. „Ein Aufruf zu bestimmten Gebeten in den Gemeinden erfolgte durch die DITIB nicht“, so der Bundesverband (mehr). Der ehemalige Milli-Görüs-Generalsekretär und heutige AKP-Politiker Mustafa Yeneroğlu sagte im Deutschlandfunk, die Berichterstattung sei nicht ganz korrekt. Es werde „nicht für den Krieg, sondern für das Überleben von türkischen Soldaten und ihren Verbündeten gebetet und für die Sicherheit des Landes“. So wie man in deutschen Kirchen einst „für die gefallenen deutschen Soldaten“ in Afghanis- tan gebetet habe, werde nun „in türkischen Moscheen für türkische Soldaten gebetet“. Das sei „wohl das Selbstverständlichste, was es geben kann“ (mehr).

2.4. Hamburg: Schura distanziert sich von ihrem Vorsitzenden Der Vorstand des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg hat sich in einer Pressemittei- lung von Äußerungen seines langjährigen Vorsitzenden Mustafa Yoldaş distanziert.

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Anlass war ein Kommentar zur türkischen Militäroffensive in Syrien. Yoldaş hatte in den sozialen Medien geschrieben, er sei beileibe kein Kriegshetzer. In diesem Fall aber müsse man sich auf die Seite der türkischen Soldaten stellen. Kritiker seiner Haltung nannte er „Terrorversteher“. Der Vorstand der Schura erklärte dazu, man wende sich entschieden „gegen jegliche Versuche, die Konfliktlinien dieses Krieges in die deutsche Gesellschaft zu tragen“. Nachdrücklich distanziere man sich „davon, wenn nationalistische Parolen etwa zur Unterstützung der türkischen Armee religiös grundiert würden“. Dies sei „ein nicht hinnehmbarer Missbrauch der Religion zu politischen Zwecken“ (mehr). Nach Informationen der WELT kam die Entscheidung mit einer Mehrheit von sechs gegen drei Stimmen und einer Enthaltung zustande. Der zweite Vorsitzende der Schura, Daniel Abdin, forderte Yoldaş offen zum Rücktritt auf. „Wenn ich an Herrn Yoldas Stelle wäre, würde ich zurücktreten, um Schaden von der Schura abzuwenden“, so Abdin im Gespräch mit der Welt (mehr). Scharf kritisiert wurden Yoldaş‘ Äußerungen auch von den Hamburger alevitischen Gemeinden (mehr) und den Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft. Die CDU forderte die Aussetzung der Staatsverträge mit den Verbänden Schura und DITIB. „Es ist mir unbegreiflich, wie der rot-grüne Senat mit diesen Partnern weiter kooperieren kann“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der FDP-Fraktion (mehr). Der prominente Blogger und ehemalige Milli-Görüs-Mitarbeiter Akif Şahin schrieb dazu, Yoldaş sei „als Schura-Vorsitzender schon länger untragbar“ gewesen. Schura Hamburg sei ein „aus politischen Gründen konstruierter Verband“, der nie „richtig für die Muslime in der Stadt gearbeitet“ habe. Perso- nelle Änderungen, „Investitionen in die Zukunft mit neuen Gesichtern und jungen Menschen“ habe man verschlafen. Seine Prognose sei daher: „Die SCHURA wird untergehen. So oder so“ (mehr).

2.5. Oer-Erkenschwick: Verwaltungsgericht verbietet Muezzinruf Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die Genehmigung der Stadt Oer-Erkenschwick für den Gebetsruf einer Moschee aufgehoben. Es gab der Klage eines Ehepaares gegen den über Laut- sprecher verbreiteten Ruf statt. Die Verwaltung hatte der türkisch-islamischen DITIB-Gemeinde im Januar 2017 eine Erlaubnis erteilt, die bis zum Jahresende 2018 befristet war. Das Gericht vermisste in der Genehmigung eine ausführliche Befragung der Nachbarschaft zur sozialen Akzeptanz des Muezzin-Rufes. Die Abwägung zwischen den Interessen der Gemeinde und denen der Nachbarschaft sei zu wenig berücksichtigt worden. Die Kläger hatten argumentiert, das islamische Glaubensbekenntnis verletze ihre negative Religionsfreiheit. Der Beauftragte für den christlich-muslimischen Dialog der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ralf Lange-Sonntag, äußerte sich verwundert über die Gerichtsentscheidung. „Man muss die negative Religionsfreiheit miteinbeziehen, aber sie darf nicht absolut gesetzt werden“, sagte er auf Anfrage der WELT. Solange die Lautstärke-Grenzwerte eingehalten worden seien, müsse man es ertragen, dass Menschen eine andere religiöse Position verträten. Die muslimische Gemeinde wollte das Urteil zunächst nicht kommentieren. Man wolle zunächst die Reaktion der Stadt abwarten, sagte der zweite Vorsitzende, Hüseyin Turgut, der Welt (mehr).

2.6. Was sonst noch war – Berlin: Diskussion um muslimischen Vertreter beim Gedenken an den Terroranschlag hält an (mehr) – Berlin: Zusammenarbeit der Theologien an der Humboldt-Universität gestaltet sich schwierig (mehr) – Berlin: Bundespräsident lädt muslimische Verbandsvertreter zu Hintergrundgespräch ein (mehr) – Berlin: House of One eröffnet Informationspavillon auf dem Petriplatz (mehr) – Brandenburg: AfD-Politiker konvertiert zum Islam und will in der Partei bleiben (mehr) – Halle: Moschee vermutlich mit Luftgewehr beschossen (mehr) – Paris: Islamwissenschaftler Tariq Ramadan nach Vergewaltigungsvorwürfen festgenommen (mehr) – Jerusalem: Türkei erhebt zunehmend Ansprüche auf Tempelberg und Al-Aqsa-Moschee (mehr).

3. Veranstaltungen Welche Macht hat Religion? – Anfragen an Christentum und Islam Theologisches Forum Christentum – Islam 9.–11. März 2018, Akademie Stuttgart-Hohenheim Referenten: Klaus Hock, Muna Tatari, Antonius Liedhegener, Margareta Gruber, Reinhard Schulze, Bekim Agai, Christian Polke u.a. (mehr).

Hannover, den 9.2.2018

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Mitteilungen 3, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Landtag lehnt Antrag auf Verbot des Schächtens ab Der niedersächsische Landtag hat mit breiter Mehrheit einen Antrag der AfD abgelehnt, das Schächten von Tieren zu verbieten. Vertreter von FDP, SPD und Grünen warfen der AfD vor, sie gefährde das friedliche Miteinander der Religionen. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth hatte gefordert, Niedersachsen solle das Schächten nicht mehr zulassen und Muslimen keine Ausnahmegenehmigung mehr erteilen. „Wir sollten als Land Niedersachsen ein klares Zeichen setzen und diese grauenhafte Art, Tiere zu Tode zu bringen, verbieten“, so Guth. Der FDP-Abgeordnete Hermann Grupe sagte, der Antrag offenbare die wahre Gesinnung der AfD. „Vorgeschützt wird der Tierschutz, verfolgt werden von Ihnen ganz andere Ziele.“ Grupe erinnerte daran, dass das Schächten in Deutschland 1933 verboten wurde, um den jüdischen Teil der Bevölke- rung in seinen Empfindungen und Gebräuchen zu verletzen. „1933 waren es die Juden. Haben Sie die nur vergessen?“ Auch jetzt sei das Anliegen der AfD ein Frontalangriff auf die Religion von Millionen von Menschen. Der ehemalige Agrarminister Christian Meyer verwies darauf, dass es in Niedersachsen im vergangenen Jahr lediglich eine Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schächten gegeben habe. Auch in Halal-Schlachtereien werde ausschließlich mit Elektrobetäubung getötet, da viele Muslime dies als Zeichen von Milde und Barmherzigkeit empfänden, so Meyer (mehr).

1.2. Kabinett will Reformationsfeiertag, norddeutsche Bundesländer legen sich fest Die niedersächsische Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verbandsanhörung freigegeben, der den Reformationstag am 31. Oktober als neuen gesetzlichen Feiertag vorsieht. In den kommenden Wochen können sich nun die Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände dazu äußern. Der Landtag wird sich frühestens im April mit dem Gesetz befassen (mehr). Zuvor hatte die Opposition das Vorgehen der Regierung noch einmal kritisiert. Es könne nicht sein, dass „vier Männer und eine Frau in kleiner Runde den Reformationstag als Feiertag einfach setzen“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel, im Landtag. Aus seiner Sicht sei kein neuer Feiertag nötig, erklärte FDP-Fraktionschef Stefan Birkner. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden kündigte Proteste für den Fall an, dass der Refor- mationstag Feiertag werden sollte. „Wir werden an diesem Tag vermutlich Aktionen machen, die den Protestanten gar nicht gefallen werden“, sagte der Vorsitzende Michael Fürst der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Von der evangelischen Kirche habe er sich „mehr Demut erwartet angesichts der Tatsache, was Christen im Anschluss an Luthers antisemitische Ausfälle angerichtet haben“ (mehr). Schleswig-Holstein und Hamburg haben unterdessen den Reformationstag als neuen gesetzlichen Feiertag eingeführt. Der Kieler Landtag billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf ohne Gegen- stimmen bei vier Enthaltungen (mehr). In Hamburg votierten 66 von 116 Abgeordneten für den Antrag einer fraktionsübergreifenden Gruppe. Zur Auswahl gestanden hatten darüber hinaus der Tag der Befreiung (8. Mai), der Internationale Frauentag (8. März) und der Tag des Grundgesetzes (23. Mai) (mehr). Auch die Bremische Bürgerschaft hat sich für den 31. Oktober als neuen Feiertag ausgespro- chen. Die Entscheidung im Parlament steht noch aus (mehr).

1.3. Kultusminister: Muslimische Verbände sind bei Gesprächen mit dem Land am Zug Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) will das in der letzten Legislaturperiode begonnene Gespräch mit den muslimischen Verbänden Schura und DITIB fortsetzen. Die Gespräche, die Ende 2017 wiederaufgenommen wurden, verliefen konstruktiv, sagte Tonne dem Evangelischen Pressedienst. Der Ball liege derzeit bei den Verbänden. „Sie müssen noch einige Aufgaben erledigen. Es ist begrüßenswert, dass sie das auch anerkannt haben.“ Ditib Niedersachsen müsse vor allem sicherstellen, dass der Verband unabhängig vom türkischen Staat agiere, betonte Tonne. „Ditib auf niedersächsischer Ebene ist da aus meiner Sicht deutlich weiter als auf Bundesebene.“ Deshalb sei es wichtig, den Landesverband zu unterstützen, damit er seinen Einfluss im Bundesverband geltend machen könne. Eine Anerkennung der Verbände als „Religionsgemeinschaften“ stehe nach wie vor im Raum, so der Kultusminister weiter. Allerdings sei jetzt nicht die Zeit „für hektisches Handeln“. „Die Grundlagen für die Anerkennung der islamischen Verbände als Religionsgemeinschaften nach Artikel 7 des Grundgesetzes sind derzeit nicht gegeben“. 8

1.4. Buxtehude: Erneut Streit um Bau der Ahmadiyya-Moschee Der Streit um den Bau der Ahmadiyya-Moschee in Buxtehude hat zu einem heftigen Schlagabtausch im Rat der Stadt geführt. Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Linken hatten beantragt, dass die Stadt prüfen solle, auf welchen Grundstücken die Ahmadiyya-Gemeinde eine Moschee bauen kann. Der ursprüng- liche Plan, die Moschee in einem Gewerbegebiet am Alten Postweg zu errichten, war vor vier Jahren an einer Verschärfung der sogenannten Seveso II Richtlinie der Europäischen Union gescheitert. „Wir sind nach dem Rückzug der Genehmigung in der Pflicht“, sagte Grünen-Fraktionschef Michael Lemke. Der Linken Ratsherr Klemens Kowalski vermutete hinter den Bedenken gegen den Antrag „vorauseilenden Gehorsam gegenüber braunen Gesellen“. Die Ahmadiyya-Gemeinde hatte den Druck auf die Stadt im Vorfeld der Sitzung noch einmal erhöht. In der Sitzung beklagte Ahmadiyya-Sprecher Ata Shakoor eine mangelnde Wertschätzung für die knapp 90-köpfige Gemeinde. Eine breite Mehrheit im Rat sprach sich gegen den Antrag aus und verwahrte sich gegen die Kritik. Es sei nicht Aufgabe der Stadt, für einzelne Konfessionen oder Vereine Grundstücke zu suchen, sagte der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses. „Es geht nicht um die Frage der Religionsaus- übung, sondern um Recht und Gesetz“, erklärte Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt. Die Stadt sei kein Makler und könne nicht für die einen eine Ausnahme machen und für andere nicht. Schon vor längerer Zeit hatte die Stadt der Gemeinde das Angebot gemacht, das ursprünglich vorgesehene Grundstück zurückzukaufen (mehr).

1.5. Was sonst noch war – Hannover: Evangelische Jugend Deutschland startet interreligiöses Projekt mit Flüchtlingen (mehr) – Osnabrück: Islamwissenschaftler sieht die Kommunen unzureichend vorbereitet auf die steigende Zahl dschihadistischer Syrienrückkehrer (mehr) – Osnabrück: Vizedirektor des Instituts für Islamische Theologie fordert Militärimame (mehr) – Celle: Befragung des Kronzeugen im Prozess gegen den mutmaßlichen IS-Terroristen Abu Walaa beendet, Verteidigung zweifelt an Glaubwürdigkeit (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Brandanschläge auf Moscheen und türkische Einrichtungen In vielen deutschen Städten hat es in den Tagen um das zweite Märzwochenende Brandanschläge auf türkische und muslimische Einrichtungen gegeben. Ziele waren insbesondere Moscheen sowie türkische Kulturvereine und Geschäfte. An den meisten Orten geht die Polizei von politisch motivierten Straftaten kurdischer Täter aus. „Wir können einen rechtsradikalen Hintergrund mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent aus- schließen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart zum Anschlag auf eine Milli-Görüs- Moschee in Lauffen. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Anschläge mit dem Krieg in Syrien und den Konflikten zwischen Kurden und als regimetreu geltenden Türken zusammenhängen. In Berlin- Reinickendorf und Itzehoe traf es zwei DITIB-Moscheen. Ob es einen Zusammenhang zwischen den Taten gibt, ist bisher unklar (mehr). Der Ditib-Bundesverband forderte Staat und Polizei auf, den Schutz der Moscheen zu gewährleis- ten. Es sei der 24. Angriff auf eine Moschee in einem Zeitraum von knapp 2 Monaten. Mit dem Anstieg der Zahlen gehe „eine Steigerung der Gewalt und der Gefahr für Leib und Leben einher, leider aber nicht das Bewusstsein der Politik für die Problematik der Moscheeübergriffe, Islam- und Muslimfeind- lichkeit.“ Es sei zwingend notwendig, „dass die Politik sich der Thematik annimmt, bevor noch was Schlimmeres passiert und Menschenleben zu beklagen sind“ (mehr). In Niedersachsen verurteilten Ministerpräsident Stephan Weil, Innenminister Boris Pistorius (beide SPD) und der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, die Anschläge. „Wir dürfen nicht wegsehen und die Gefahr nicht kleinreden. Es geht darum, dass wir uns für das Grundrecht auf Religionsfreiheit und den Schutz für Moscheen, genauso wie für Synagogen, Kirchen oder Tempel in unserem Land einsetzen“, sagte Meister (mehr). „Es ist scharf zu verurteilen, wenn jetzt Übergriffe auf türkische Geschäfte begangen oder Einrichtungen politischer Parteien oder der Bundeswehr beschmiert werden“, sagte Weil der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Die Gewalt werde konsequent verfolgt werden. „Daran ändert sich auch dann nichts, wenn damit Protest gegen die schlimme Situation in Afrin zum Ausdruck gebracht werden soll. Im Gegenteil: Mit derarti- gen Übergriffen schaden die Täter gerade diesem Protest“. Die Geschäftsführerin des DITIB-Verbandes Niedersachsen, Emine Oguz, sagte, viele Moscheen würden mittlerweile schon von Ehrenamtlichen bewacht. „So kann es nicht bleiben“. Die muslimischen Bürger seien tief verängstigt. „Wir erwarten vonseiten der Politik eine klare Distanzierung von der PKK“, so Oguz (mehr).

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Haus kirchlicher Dienste, Kirche und Islam Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, [email protected], 0511 – 1241-972 www.kirchliche-dienste.de ISSN 2191-6772 9

2.2. Deutscher Bundestag lehnt Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum ab Mit breiter Mehrheit hat der Deutsche Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt, die Voll- verschleierung im öffentlichen Raum grundsätzlich zu verbieten. Die AfD begründete ihren Antrag unter anderem mit dem „Schutz des Individual-Freiheitsrechts der muslimischen Frau“ (hier). Die Vollverschleierung mit Niqab und Burka sei Geschlechterdiskriminierung pur und stehe für einen inakzeptablen Herrschaftsanspruch über die Frau. „Der Niqab ist die Fahne der Salafisten, die Burka atmet den Geist der Scharia“, so der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio. Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr erklärte dazu, die AfD gebe nur vor, sie wolle muslimi- schen Frauen helfen. Bei einem Komplett-Verbot der Vollverschleierung dürften betroffene Frauen aber gar nicht mehr das Haus verlassen. „Sie helfen den Frauen also nicht, sondern Sie rauben ihnen das letzte bisschen Freiheit“. Für die SPD kritisierte Esther Dilcher, es gehe der AfD „einmal mehr darum, den Islam in Deutsch- land zu stigmatisieren“. Tatsächlich sei nur eine verschwindend geringe Zahl von Frauen vollver- schleiert. Für die Linken sagte Christine Buchholz, es sei absolut lächerlich, „dass sich die AfD zur Anwältin der weiblichen Selbstbestimmung“ aufspiele (mehr). Für die Union erklärte Stephan Mayer (CSU), Burka und Niqab seien zwar „nicht vereinbar mit unserem Menschenbild und unseren Wertevorstellungen“. Sie seien Symbole der Unterdrückung der Frau und gehörten nicht nach Deutschland. Die CDU/CSU werde daher alles rechtlich Mögliche tun, um eine Vollverschleierung so weit wie möglich zu unterbinden. Der Vorstoß der AfD sei aber eine „himmelschreiend verfassungswidrige Regelung“, die die Religionsfreiheit angreife (mehr).

2.3. Was sonst noch war – EKD will Prozess zwischen Staat und Islamverbänden unterstützen (mehr) – Bundestag: Wehrbeauftragter sieht Ernüchterung „nach mehr als sechs Jahren des ergebnislosen Prüfens“ der Einrichtung einer muslimischen Seelsorge in der Bundeswehr (mehr) – Süddeutsche Zeitung: Große Koalition erwägt Ausbürgerung von Dschihadisten (mehr) – Katholische Bischofskonferenz: Teilnahme evangelischer Ehepartner am Abendmahl im Einzelfall möglich, wenn der ‚katholische Eucharistieglauben bejaht wird’ (mehr) – DITIB-Bundesversammlung betont „Einheitlichkeit bei den Zielen, Handlungen und Strategien inner- halb der Landes-, Jugend-, Frauen- und Elternverbände“ (mehr) – Proteste gegen islamkritische Broschüre der päpstlichen Stiftung „Kirche in Not“ (mehr) – Karlsruhe: DITIB plant neue Moschee (mehr), AfD und andere protestieren scharf (mehr) – Sachsen-Anhalt: AfD-Fraktionschef Poggenburg tritt nach „Kameltreiber“-Rede zurück (mehr) – Türkei: Präsident Erdogan droht USA im Syrienkrieg „osmanische Ohrfeige“ an (mehr).

3. Meinungsforschung Bertelsmann-Studie: Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland trotz „stürmischer Zeiten“ nach wie vor gut. „Vielfalt an Lebensstilen, Kulturen und Religionen macht die Herstellung von Zusammen- halt in der Gesellschaft anspruchsvoller, aber sie ist grundsätzlich kein Hindernis für ein gelingendes Miteinander“ (mehr).

4. Veranstaltungen Unerhört? Muslimische Frauen reden und gestalten mit 13.–15. April 2018, Evangelische Akademie Loccum Referentinnen: Malika Laabdallaoui, Esra Ayari, Noha Abdel-Hady, Hafssa El-Bouhamouchi, Raniah El-Jezawi, Erika Theißen, Hatice Durmaz, Farah Bouamar, Amani Abuzahra u.a.

5. Literatur: Neuerscheinungen R. Ceylan (Hg.), Muslimische Gemeinden. Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Islam in Nieder- sachsen, Frankfurt a.M. 2017 M. Nekroumi, Tugend und Gemeinwohl. Grundzüge hermeneutischen Denkens in der postklassischen koranischen Ethik am Beispiel der maqāṣid-Theorie von aš-Šāṭibī, Wiesbaden 2018 Als Sammelbände dieses Newsletter erschienen: Mitteilungen 2010–2013, Beihefte, 7, Hannover 2017 (hier); Mitteilungen 2014–2017, Beihefte, 8, Hannover 2018 (hier).

Hannover, den 14.3.2018

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Mitteilungen 4, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Muslimische Verbände beklagen „terroristische Selbstjustiz“ und mangelndes Mitgefühl Die muslimischen Verbände in Niedersachsen haben Angriffe auf Moscheen vor dem Hintergrund des türkisch-kurdischen Konflikts als „terroristische Selbstjustiz“ verurteilt. Sorgen bereite unter anderem die niedrige Aufklärungsquote, teilten die Landesverbände Schura und DITIB mit (mehr). Der Ditib-Vorsitzende Yilmaz Kilic warnte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst vor einer schlechten Stimmung unter türkischstämmigen Muslimen. Sie vermissten den Aufschrei der Mehrheitsgesellschaft und fühlten sich „mit ihrer Sprache und ihrer Religion nicht angenommen und wertgeschätzt“. Männer mit schwarzen Haaren oder Frauen mit Kopftuch hätten „kaum Chancen, eine Wohnung zu bekommen. Das war früher nicht so“, so Kilic. Politik und Gesellschaft müssten diese Stimmung ernst nehmen und gegensteuern. „Da müssen wir dringend handeln. Sonst verlieren wir vor allem die jungen Leute an radikale Organisationen.“ Auch die stockenden Gespräche mit der Landesregierung über einen Islam-Vertrag leisteten einen Beitrag zur Verunsicherung, so Kilic weiter. „Es schmerzt die Leute, dass wir nach so vielen Jahren noch immer nicht als Religionsgemeinschaften anerkannt sind.“ Wenn die Regierung mehr Unabhän- gigkeit von der Türkei wolle, dann müsse sie bei der Ausbildung und Bezahlung von Imamen helfen (mehr).

1.2. Ministerpräsident und Landesbischof kritisieren Äußerungen des Bundesinnenministers Mit seinen ersten Äußerungen zum Islam ist der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei Politik und Kirche in Niedersachsen auf Widerspruch gestoßen. Landesbischof Ralf Meister sagte der Neuen Presse: „Wer in der Zeit einer verbrecherischen Serie von Anschlägen auf Moscheen davon spricht, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, handelt instinktlos.“ Politische Stellungnahmen würden nicht nur am Inhalt, sondern auch am Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung gemessen (mehr). Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betonte, die in Deutschland lebenden Muslime gehörten zu Deutschland, das gelte „selbstverständlich auch für ihren Glauben“. Es sei bemerkenswert, „dass der Bundesinnenminister gleich an seinem ersten Arbeitstag eine völlig überflüssige Kontroverse mit sei- ner Regierungschefin“ anzettele. Seehofer hatte gegenüber der BILD-Zeitung erklärt, „der Islam“ gehöre nicht zu Deutschland und seine Auffassung gegen Kritik verteidigt. „Dass Deutschland geschichtlich und kulturell christlich- jüdisch und nicht islamisch geprägt ist, kann doch niemand ernsthaft bestreiten“, so der Innenminister (mehr).

1.3. Niedersachsen will Salafisten aus den Innenstädten verbannen Mit einer Gesetzesänderung will Niedersachsen dagegen vorgehen, dass Salafisten in den Innenstäd- ten Korane und salafistische Propaganda verteilen. Dazu soll das Straßengesetz so geändert werden, dass bei Genehmigungen für Verkaufsstände in Fußgängerzonen künftig auch ordnungsrechtliche Belange berücksichtigt werden. „Es gab in vielen Städten Aktionen, in denen unter dem Vorwand, den Koran zu verteilen, Salafisten angeworben worden sind“, erklärte Innenminister Boris Pistorius (SPD). So seien Verteilungstische zu Anwerbestationen für Menschen geworden, die sich später radikalisiert hätten. Künftig könnten Städte und Gemeinden bei den Polizeibehörden nachfragen, ob gegen einen Veranstalter Sicherheitsbeden- ken vorliegen (mehr).

1.4. Was sonst noch war – Pater Dr. Heiner Wilmer (SCJ) wird neuer Bischof von Hildesheim (mehr) – Landtagspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) fordert Antisemitismusbeauftragten (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Mitglieder des ehemaligen DITIB-Jugendvorstands gründen „Muslimisches Jugendwerk“ Mitglieder des ehemaligen DITIB-Bundesjugendvorstands haben in Dortmund ein „Muslimisches Jugendwerk“ (MJW) gegründet. Ziel des Verbands sei es, die Jugendarbeit der Moscheen zu „ergänzen und auch Jugendliche, die sich in der Verbandsarbeit von den klassischen islamischen Religionsgemeinschaften nicht vertreten sehen, mit einzubeziehen“, sagte der MJW-Vorsitzende Taner Beklen dem Deutschlandfunk. Der neue Verband arbeite unabhängig von türkischen oder arabischen Dachverbänden. 11

Die Schwerpunkte des MJW lägen auf den Themen, die für muslimische Jugendliche in Deutsch- land wichtig seien. „Wenn in der Gemeinde XY von morgens bis abends der türkische Nachrichten- sender läuft, nur die türkische Zeitung ausliegt, dann werden die Menschen, und auch die jungen Menschen nachhaltig von den Themen in der Türkei geprägt.“ Im Gegensatz dazu wolle sich der neue Verband auf die Themen in Deutschland konzentrieren. Es gehe darum, „den Menschen zeitgemäße Antworten zu geben als Muslime“, so Beklen weiter (mehr). Laut Satzung eint die Mitglieder des Muslimischen Jugendwerks „der Glaube und das Bewusst- sein, füreinander, für ihre Mitmenschen und für die hiesige Gesellschaft […] verantwortlich zu sein und Verantwortung zu übernehmen.“ Die Mitglieder „sehen sich als selbstverständlichen Teil der deutschen Gesellschaft“ an. Das Glaubensverständnis verstehe „den Islam als einen lebenslangen Bildungsauf- trag“, der „die Menschen zum kritischen Denken und Handeln“ auffordere, sowie dazu, „belesen zu sein, sich fort- und weiterzubilden und damit zu mündigen Frauen und Männern heranzuwachsen.“ Das Muslimische Jugendwerk achte „die Pluralität innerhalb der Gesellschaft und des Islams.“ Es verstehe sich „als eine Bildungsorganisation junger Menschen“ und bekenne sich „mit allen seinen Mitgliedern zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“ (mehr; ein ausführliches Interview hier). Der Vorstand des DITIB-Bundesjugendverbands um den Vorsitzenden Taner Beklen war im Früh- jahr 2017 geschlossen zurückgetreten. Auslöser war seinerzeit unter anderem der Streit um den Austausch des Vorstands in der Berliner Sehitlik-Moschee im Dezember 2016 (s. Mitteilungen 6/2017, S. 1–2).

2.2. Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel: Der Islam gehört zu Deutschland Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihrer Regierungserklärung den Äußerungen von Innen- minister Horst Seehofer (CSU) zum Islam widersprochen. Wörtlich sagte sie: „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes christlich und jüdisch ist. Doch so richtig das ist, so richtig ist es auch, dass mit den 4,5 Millionen bei uns lebenden Muslimen ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist. […] Ich weiß, dass viele ein Problem damit haben, diesen Gedanken anzunehmen. Das ist ihr gutes Recht. Doch als Bundesregierung […] haben wir eine übergeordnete Aufgabe, […] nämlich die, alle Diskussionen so zu führen, dass am Ende […] der Zusammenhalt in unserem Land größer und nicht kleiner wird […]. Wir haben im Übrigen inzwischen verstanden, dass es nicht ausreicht, dass unser Land Studiengänge für islamische Theologie und die Ausbildung von Religionslehrern anbietet, ansonsten aber die Arbeit in den Moscheen den Imamen überlassen wird, ohne dass wir uns ausreichend um die jeweiligen Strukturen kümmern. Religionsfrei- heit und Staatskirchenverträge mit den christlichen Kirchen und dem Zentralrat der Juden sind heute selbstverständlich. Im Umgang mit dem Islam müssen Bund und Länder auch hier zukunftsfähige Strukturen finden. Dass wir uns Jahrzehnte darauf verlassen haben, dass für die sogenannten Gast- arbeiter Imame aus der Türkei kamen, reicht als Modell für das 21. Jahrhundert nicht mehr aus“ (mehr).

2.3. Nordrhein-Westfalen prüft Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren Das nordrhein-westfälische Integrationsministerium prüft ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren. Religionsunmündige Kinder dürften nicht dazu gedrängt werden, ein solches Kleidungsstück zu tragen, sagte Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) der Bild-Zeitung. Jede Frau solle selbst- bestimmt entscheiden, ob sie Kopftuch trägt oder nicht. Diese Selbstbestimmung sei bei Kindern noch nicht vorhanden. Die für Integration zuständige Staatssekretärin Serap Güler (CDU) erklärte, Lehrer beobachteten an den Grundschulen immer häufiger, dass schon siebenjährige Schülerinnen mit Kopftuch in den Unterricht kämen. In Ausnahmefällen seien Mädchen sogar schon im Kindergarten mit Kopftuch erschienen. „Einem jungen Mädchen ein Kopftuch überzustülpen, ist pure Perversion“, sagte Güler. „Das sexualisiert das Kind“. Erst erwachsene Frauen könnten selbstbestimmt entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen wollten oder nicht. Sieben- oder Achtjährige würden oft subtil von ihrer Familie dazu gedrängt. Dagegen müsse klar Position bezogen werden. FDP-Chef Christian Lindner sagte, er befürworte die Idee. Ein solches Verbot sei verhältnismäßig und stärke die Persönlichkeitsentwicklung der Mädchen. Es sei zugleich „ein leider notwendiger Hin- weis, dass unsere moderne Gesellschaft die individuelle Religionsfreiheit auch innerhalb von Familien verteidigt.“ Mit Integrationsminister Joachim Stamp setze er auf „eine fordernde, liberale Integrations- kultur“. Unterstützt wird der Vorschlag auch von der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner. „Ich halte weder etwas von einer Vollverschleierung noch von Kopftüchern für Kinder“, sagte sie in Berlin. „Kinder brauchen Freiräume, wo es eben auch keine kruden Geschlechterbilder gibt. Und das sollte die Schule sein.“

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Gegen ein Verbot sprach sich unter anderem die Integrationsbeauftragte des Bundes, Annette Widmann-Mauz (CDU), aus. Sie könne die Motivation für ein solches Verbot zwar gut nachvollziehen. Es stellten sich aber schwierige verfassungsrechtliche Abwägungsfragen, so Widmann-Mauz. Auch löse ein Verbot nicht das Problem, das dahinter stehe. „Wir müssen die Eltern erreichen und die Mäd- chen stark machen, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen“ (mehr). Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, sagte, Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlügen in dieselbe Kerbe. „Beide entmündigen Musliminnen.“ Die Debatte sei „populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer“. Der Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig mahnte Zurückhaltung bei staatlichen Eingriffen in die religiöse Kindererziehung an. „Solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist, ist auch die familiäre Weitergabe religiöser Sonderbarkeiten freiheitsrechtlich geschützt“, sagte Heinig dem Evangelischen Pressedienst (mehr). Vor kurzem hatte Österreich eine Gesetzesinitiative angekündigt, wonach Mädchen in Kindergär- ten und Grundschulen künftig keine Kopftücher mehr tragen sollen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte erklärt, man wolle so Diskriminierungen und der Bildung von Parallelgesellschaften ent- gegenwirken (mehr).

2.4. Erlangen: „Muslimisches Bildungswerk“ gegründet Unter dem Dach der „Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen“ wurde ein muslimisches Bildungs- werk gegründet. Ziel ist es, Muslime zu mehr gesellschaftlichem Engagement zu bringen. Viele Erlanger Muslime blieben „weit unter ihren partizipativen Möglichkeiten“, sagte Bürgermeisterin Elisabeth Preuß (FDP). Um das zu ändern, werde es Seminare und Begegnungsabende geben, bei denen Themen der Religion und der Gesellschaft diskutiert würden. Laut Konzept des muslimischen Bildungswerks sollen sich „interessierte Muslime mit ihrem Glauben innerhalb des Wertesystems der deutschen Gesellschaft auseinandersetzen“. Unterstützt wird das Bildungswerk vom Department für Islamisch-Religiöse Studien der Universität Erlangen (mehr).

2.5. Koordinationsrat der Muslime beklagt mangelnde Solidarität nach Anschlägen Nach den Brandanschlägen auf Moscheen haben Vertreter des Koordinationsrats der Muslime (KRM) eine mangelnde Solidarität in Politik und Gesellschaft beklagt. Muslime fühlten sich nicht gehört und hätten das Gefühl, dass ihnen eine Teilschuld an den Anschlägen gegeben werde, sagte der DITIB-Vertreter und KRM-Sprecher Zekeriya Altuğ in der Bundespressekonferenz. Seit Jahresbeginn habe es bereits 27 Übergriffe auf Moscheen gegeben, im vergangenen Jahr seien rund 950 Straftaten gegen Muslime und muslimische Einrichtungen registriert worden. Altuğ betonte, es handele sich bei den Anschlägen um terroristische Angriffe auf „deutsche Moscheen“ und nicht um einen türkisch-kurdischen Konflikt. Ähnlich äußerten sich der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Der Zentralrat schloss nach Morddrohungen seine Geschäftsstelle in Köln (mehr).

2.6. Was sonst noch war – Köln: Verband der Islamischen Kulturzentren baut neue Zentrale für 70 Millionen Euro (mehr) – Berlin: Vier von fünf Islamischen Verbänden unterschreiben Gründungsvereinbarung des geplanten Islam-Instituts an der Humboldt-Universität zum Stichtag nicht (mehr) – Hamburg: Senat und muslimische Verbände blicken zurück auf 5 Jahre Staatsvertrag (mehr) – Duisburg/Essen: Muslime protestieren gegen Gebetsverbot im Raum der Stille der Universität (mehr) – Scharfe Kritik an DITIB-Jugendreise zum „obersten Heerführer“ Recep Tayyip Erdogan (mehr) – Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert generelles Verbot der Vollverschleierung (mehr) – Tunis: Renommierter Islamwissenschaftler legt kritische Edition des Korantextes vor (mehr) – Türkischer Geheimdienst entführt 80 angebliche Gülen-Anhänger aus dem Ausland (mehr).

3. Literatur: Neuerscheinungen A. M. Karimi, Warum es Gott nicht gibt und er doch ist, Freiburg 2018 N. Käsehage, Die gegenwärtige salafistische Szene in Deutschland. Prediger und Anhänger, Berlin 2018.

Hannover, den 12.04.2018

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Mitteilungen 5, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Gifhorn: Albanisch-Islamischer Kulturverein eröffnet neue Moschee Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit hat der Albanisch-Islamische Kulturverein in Gifhorn eine neue Moschee eröffnet. „Mit dieser prachtvollen Moschee signalisieren“ wir: „wir treten heraus aus den Nischen der Gesellschaft, heraus aus den Provisorien, in denen wir jahrzehntelang gebetet und uns versammelt haben. Wir sind auch mit unserem Glauben hier in Gifhorn, in Deutschland angekommen. Wir sind hier zu Hause! Und wir wollen uns auch mit allem, was uns ausmacht, in diese Gesellschaft einbringen“, schrieb der Verein in den sozialen Medien (mehr). 1968 seien die ersten Albaner nach Gifhorn gekommen, sagte der Vorsitzende Skeltim Abazi. Ein halbes Jahrhundert später werde die Moschee eröffnet, die ein Ort der Begegnung werden solle. Der stellvertretende Bürgermeister Thomas Reuter sagte, die Moschee sei eine Bereicherung für die Stadt und ein Zeichen der religiösen und kulturellen Vielfalt. „Ihnen ist es gelungen, in einer bemerkenswer- ten Eigenleistung eine tolle Stätte der Begegnung zu schaffen“, so Reuter (mehr).

1.2. Osnabrück: Islamisches Institut feiert Jubiläum, Altiner und Blasberg-Kuhnke geehrt Der langjährige Vorsitzende des muslimischen Landesverbandes Schura, Avni Altiner, und die Vize- präsidentin der Universität Osnabrück, Martina Blasberg-Kuhnke, sind für ihr Engagement für die Islamische Theologie in Deutschland ausgezeichnet worden. Sie erhielten den Preis anlässlich der Feier zum fünfjährigen Bestehen des Instituts für Islamische Theologie in Osnabrück. Die Preisträger hätten sich bereits früh dafür eingesetzt, an der Universität Osnabrück muslimische Religionslehrerinnen und -lehrer auszubilden, lobte Institutsdirektor Bülent Ucar. Eine entsprechende Vereinbarung wurde 2002 geschlossen. Daraus ging der Erweiterungsstudiengang „Islamische Reli- gionspädagogik“ hervor, der im Wintersemester 2007/2008 startete. Mit der Gründung des „Instituts für Islamische Theologie“ im Jahre 2012 wurden die ersten Bachelorstudiengänge Islamische Theolo- gie und Islamische Religion eingeführt. Demnächst solle das Angebot um einen Studiengang „Soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft“ erweitert werden, kündigte Ucar an. Geforscht werde dann auch zu Grundfragen der muslimischen Wohlfahrtsarbeit und zur Professionalisierung der Strukturen in den Moscheegemeinden (mehr).

1.3. Publizistin Abuzahra: Viele falsche Vorurteile gegen Musliminnen mit Kopftuch Die Wiener Publizistin und Dozentin Amani Abuzahra hat muslimische Frauen dazu aufgefordert, sich häufiger in öffentliche Debatten einzumischen. Bislang beherrschten noch immer sehr starre, pauschale und überwiegend negative Bilder über Musliminnen die öffentliche Meinung, sagte die Dozentin für Philosophie und Interkulturelle Pädagogik an der Kirchlich-Pädagogischen Hochschule Wien/Krems dem Evangelischen Pressedienst: „Die mus- limische Frau – vor allem wenn sie Kopftuch trägt – gilt als unmündige, unabhängige und unterdrückte Frau, die nicht arbeitet, nicht gebildet ist und die deutsche Sprache nicht beherrscht.“ Diese Bilder hätten nichts mit der Lebensrealität der meisten Musliminnen zu tun. Wichtig sei es, dass muslimische Frauen sich nicht auf das Thema Islam beschränken ließen: „Sie sollen da gehört werden, wo sie wir- ken – als Richterinnen, Ärztinnen oder Autorinnen“, so Abuzahra am Rande einer Tagung der Evan- gelischen Akademie Loccum (mehr).

1.3. Kampf gegen Antisemitismus: Reinbold fordert mehr Unterstützung für Schulen Der Vorsitzende des Vereins „Haus der Religionen“ in Hannover, Wolfgang Reinbold, sieht den wach- senden Antisemitismus in Deutschland unter Einheimischen wie Zugewanderten mit großer Sorge. „Das ist ein großes Problem, das angegangen werden muss“, sagte der evangelische Theologe dem Evangelischen Pressedienst vor dem Hintergrund der Attacke auf einen Kippa tragenden Mann in Berlin. Reinbold plädierte dafür, nicht alle Last auf die Schulen abzuwälzen, sondern sie durch Schaffung geeigneter Strukturen zu unterstützen. So könne man an den Schulen etwa Dialogbeauftragte einstel- len oder zumindest einen Pool hauptamtlicher Fachkräfte bilden, die Schulen bei Bedarf anfragen können. „Und der Bedarf ist riesig. Das kann man nicht mit Ehrenamtlichen leisen“, betonte der Ver- einsvorsitzende. Gerade habe er mit einer Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern eine Moschee besucht. Danach sei sofort die Bitte geäußert worden, die Gastgeberinnen mögen doch bitte in die Schulen kommen, um dort über ihren Glauben und das Verhältnis von Juden, Christen und Muslimen zu sprechen. 14

Zwei junge Männer mit Kippa waren im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg von einem Syrer anti- semitisch beleidigt und mit einem Gürtel geschlagen worden. Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), forderte daraufhin die Kultusminister der Länder auf, das Thema Antisemitismus zum Gegenstand des Schulunterrichts zu machen (mehr).

1.4. Was sonst noch war – Jesidische Familie wehrt sich gegen Moscheebesuch mit der Schule (mehr) – Bundesgerichtshof bestätigt Urteil gegen IS-Terroristin Safia S. (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Bayern verordnet das Aufhängen von Kreuzen in bayerischen Dienstgebäuden Der bayerische Ministerrat hat das Aufhängen von Kreuzen in allen Dienstgebäuden angeordnet. Im Eingangsbereich eines jeden Hauses sei „als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns deutlich wahrnehmbar ein Kreuz als sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Bayern und Deutschland anzubringen“. Das Kreuz sei „das grundlegende Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung“, so die Landesregierung (mehr). Der Beschluss führte vielerorts zu empörten Reaktionen. „Wir wollen keinen Kulturkampf“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, der Süddeut- schen Zeitung. Staat und Kirche seien nach dem Grundgesetz getrennt. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner monierte, Söder und die CSU instrumentalisierten „Religionen permanent für die Parteipolitik“. Das erinnere „geradezu an Erdoğan. Das Grundgesetz hat keine Konfession“ (mehr). Nach Einschätzung des Göttinger Staats- und Kirchenjuristen Hans Michael Heinig ist die bayeri- sche Anordnung problematisch. „Evident verfassungswidrig“ sei die Entscheidung zwar nicht, sagte er dem Evangelischen Pressedienst. Sie berühre aber die Verpflichtung des Staates zur religiös- weltanschaulichen Neutralität und stelle daher „einen heiklen Grenzfall“ dar (mehr). Der Staat dürfe sich zwar seiner kulturgeschichtlichen Herkunft versichern, und zu der gehöre auch das Christentum. „Doch darf sich der Staat eben nicht klar mit einer Religion identifizieren“ (mehr). Ähnlich äußerte sich der Würzburger Rechtsphilosoph Horst Dreier. Zwar behaupte die bayerische Regierung, das Kreuz sei eine Chiffre für die bayerische Identität und es repräsentiere die grund- legenden Wertvorstellungen des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung. „Doch das Erste verbietet sich, und das Zweite stimmt nicht“ schrieb Dreier in der „Welt“. „Es würde mich wundern, wenn die Sache nicht vor Gericht landet“ (mehr). Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, äußerte sich kritisch. Wer das Kreuz nur als kulturelles Symbol sehe, habe es nicht verstanden. „Dann würde das Kreuz im Namen des Staats enteignet“, so Marx gegenüber der Süddeutschen Zeitung (mehr). CSU- Vorstandsmitglied Hans Michelbach sagte dazu dem Handelsblatt: „Ich finde es schon erstaunlich, dass ein Kardinal nicht mehr zum Kreuz steht.“

2.2. Empörung über Kriegsspiele in DITIB-Moscheen Zuerst hatte das Wiener Stadtmagazin „Falter“ berichtet, dass Kinder in einer Wiener Moschee die Schlacht von Gallipoli im Ersten Weltkrieg nachgespielt haben (mehr). Nun sind entsprechende Szenen auch aus deutschen Moscheen bekannt geworden. Die Neue Westfälische veröffentlichte Videoaufnahmen aus der Herforder Ditib-Moschee. Sie zei- gen kleine Jungen in Uniformen, die mit Spielzeugwaffen paradieren. Die Kinder rufen militärische Kommandos und salutieren. Einige liegen wie gefallene Soldaten unter einer türkischen Fahne. Ähnli- che Bilder wurden aus anderen deutschen Städten bekannt, unter anderem aus Mönchengladbach. „Die Bilder aus der Ditib-Moschee sind verstörend und völlig inakzeptabel“, sagte der nordrhein- westfälische Integrationsminister Joachim Stamp (FDP). „Der Vorfall bestärkt uns in unseren Befürch- tungen, dass die Ditib in NRW im politischen Interesse der türkischen Regierung agiert. Wir erwarten vom Ditib-Landes- und Bundesverband zu den Geschehnissen eine unmissverständliche Klarstellung und Distanzierung“ (mehr). Auch der Herforder Bürgermeister Tim Kähler zeigte sich entsetzt über die Aufnahmen. Er habe den Vorstand der Ditib-Gemeinde unverzüglich ins Rathaus einbestellt (mehr). Auf Anfrage der Neuen Westfälischen erklärte ein örtlicher Ditib-Vorstand zunächst, die Entschei- dung für die Aufführung sei vom Elternbeirat getroffen worden, der Vorstand habe nichts davon gewusst (mehr). Später sagte der Herforder Ditib-Vorstand Necati Aydin, die Veranstaltung sei „ein No-Go und sollte so nicht passieren“. Es werde personelle Konsequenzen geben. Auch der Ditib- Landesvorstand Nordrhein-Westfalen distanzierte sich von den Aufführungen. Man finde solche Ver- anstaltungen „falsch“ und habe die Gemeinden ermahnt, derartige Aktionen künftig zu unterlassen, hieß es (mehr). Eine Stellungnahme des DITIB-Bundesverbands liegt nach Auskunft des nordrhein- westfälischen Innenministers Herbert Reul (SPD) bisher nicht vor (mehr).

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Hintergrund der Aufführungen ist der zeitweilige Sieg des späteren türkischen Staatsgründers Ata- türk über die Gegner des Osmanischen Reiches in der Schlacht um Gallipoli im Jahr 1915. Insbeson- dere zum 100-jährigen Jubiläum gedachten viele Moscheen dieses Ereignisses. Der niedersächsische Ditib-Landesverband hatte seinerzeit Feiern unter anderem in Osnabrück, Oldenburg und Hannover organisiert. Auch in Hannover war damals eine Aufführung mit Soldaten in historischen Uniformen und Gewehren gezeigt worden, in Anwesenheit des Landesvorsitzenden, des Religionsattachés und des türkischen Generalkonsuls.

2.3. Berlin: Humboldt-Universität beginnt Einrichtung des Instituts für Islamische Theologie Die Humboldt-Universität hat mit der Einrichtung des Instituts für Islamische Theologie begonnen. Ziel sei es, das Kuratorium der Universität „über die Einrichtung eines Zentralinstituts für Islamische Theo- logie Ende Juni dieses Jahres entscheiden zu lassen“. Unmittelbar im Anschluss sollen die Aus- schreibungen für die zu besetzenden Professuren starten, teilte die Universität mit (mehr). Zuvor hatte nach dem schiitischen Bundesverband auch der Zentralrat der Muslime der Kooperati- onsvereinbarung für den Beirat der Islamischen Theologie zugestimmt. Die Islamische Föderation kündigte an, ihre Mitglieder zu befragen. „Das ist ein gutes Ergebnis, damit kann die Humboldt- Universität gut weiterarbeiten“, sagte Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach dem Tagesspiegel. Vorangegangen war ein Schlichtungsgespräch in der Senatskanzlei, das von Krach geleitet wurde. Er hatte dazu die Vertreter der bislang beteiligten fünf Verbände sowie den Gründungsbeauftragten des Instituts, den Mittelalterhistoriker Michael Borgolte, eingeladen. Dessen Verhandlungsführung hatten einige Verbände zuvor scharf kritisiert. Der Zentralrat hatte erklärt, Borgolte sei „seiner Rolle als Moderator nicht gewachsen“, „selbst nach zweijähriger Beschäftigung mit dem Thema“ fehlten ihm „noch immer grundlegende Kenntnisse und Kompetenzen“, sein Vorgehen sei „dilettantisch“ (mehr). Dennoch stimmte der Zentralrat der Vereinbarung nun zu. „Obwohl wir Bedenken haben, was die Umsetzung der religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben betrifft, haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen, um dieses wichtige gemeinsame Ziel, eine Islamische Theologie an der Humboldt Uni- versität Berlin zu errichten, nicht zu gefährden“, erklärte die stellvertretende Landesvorsitzende des Zentralrates in Berlin, Lydia Nofal (mehr). Kein Mitglied im Beirat werden nach eigener Auskunft der Verband der Islamischen Kulturzentren und DITIB. Auf Widerspruch stößt bei ihnen insbesondere die fehlende Sperrminorität der Verbände bei der Zustimmung zu theologischen Professuren (mehr). Ditib erklärte in einer Pressemitteilung, die Universität habe wesentliche Aufgaben einer Religionsgemeinschaft an sich gerissen: „Wir können und werden als muslimische Religionsgemeinschaft derart weitreichende und einschneidende Eingriffe in den Kompetenzbereich und das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften nicht akzep- tieren.“ Der Senat habe nicht glaubhaft darlegen können, „dass die Universität von den ihr im Verein- barungstext zugesicherten, sehr weitreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme nicht Gebrauch machen würde“ (mehr).

2.4. Was sonst noch war – Europäischer Gerichtshof begrenzt Selbstbestimmung im kirchlichen Arbeitsrecht (mehr) – Deutsche Bischofskonferenz würdigt christlich-islamischen Dialog (mehr) – Pax Christi und muslimische Verbände gründen „Christlich-Muslimische Friedensinitiative“ (mehr) – Zentralrat der Juden stellt Materialsammlung für Lehrkräfte zur besseren Vermittlung des Judentums in der Schule vor (mehr) – Landesarbeitsgericht Nürnberg: Mitarbeiterin einer Drogerie-Kette darf Kopftuch tragen (mehr) – Berlin: Solidaritätskundgebung vor der Synagoge nach Angriff auf Kippa-Träger (mehr) – Düsseldorf: Terrorexperte Neumann verlangt Schließung radikaler Moscheen (mehr).

3. Migrationsforschung Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat sein Jahresgut- achten 2018 vorgelegt. Thema ist die Frage, was Einwanderungsgesetze leisten können. Der SWR setzt sich für ein Einwanderungsgesetzbuch ein. Es könne vor allem qualifizierten Fach- kräften die Zuwanderung erleichtern. Wichtig sei darüber hinaus die Signal- und Symbolwirkung eines solchen Gesetzes. „Integrationsgesetze können helfen, sich darüber zu verständigen, wie das Zusammenleben in einer Einwanderungsgesellschaft wie der deutschen aussehen und welchen Grundsätzen die Integrationspolitik folgen soll“ (mehr).

Hannover, den 2.5.2018

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Mitteilungen 6, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Landesregierung: Reformationstag soll neuer Feiertag werden Der Reformationstag am 31. Oktober soll nach dem Willen der niedersächsischen Landesregierung von diesem Jahr an neuer gesetzlicher Feiertag werden. Das Kabinett beschloss, einen entsprechen- den Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Die evangelischen Kirchen begrüßten den Beschluss. Sollte der Landtag dem zustimmen, würden die Kirchen „die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie der Zivil- gesellschaft suchen“, teilte die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen mit. Die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr den Reformationstag als zusätzlichen Feiertag vorgeschlagen. Nach intensiven öffentlichen Diskussionen hatte man zunächst eine Verbandsanhö- rung beschlossen. Insgesamt hätten sich 22 Institutionen beteiligt, aus den Stellungnahmen sei kein einheitlicher Wille für oder gegen den Reformationstag oder für einen anderen Tag zu erkennen gewesen, teilte die Landesregierung mit. Darum halte man an dem ursprünglichen Vorschlag fest. Hamburg und Schleswig-Holstein haben den Reformationstag bereits zum gesetzlichen Feiertag erklärt. In Bremen gibt es eine entsprechende parlamentarische Vorentscheidung. Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden bekräftigte gegenüber dem Evangelischen Presse- dienst seine Kritik an den Plänen. Er halte die Begründung der Landesregierung für „vordergründig und fadenscheinig“, sagte der Vorsitzende Michael Fürst. Auch der Vorsitzende des Landesverbands der Muslime, Recep Bilgen, kritisierte den Beschluss. Die Reformation eigne sich kaum für einen Feiertag mit der Intention eines Brückenschlags zwischen den Religionen und der interreligiösen Zusammenarbeit: „Sie steht auch für Trennung und Abspaltung“, sagte der Schura-Vorsitzende. Eine Entscheidung im Landtag ist frühestens Mitte Juni möglich (mehr). Bei der ersten Beratung des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Feiertagsgesetzes kritisierte die Opposition die Pläne der Regierung teils mit scharfen Worten (mehr).

1.2. Schura Niedersachsen: Recep Bilgen als Vorsitzender bestätigt Der Ingenieur Recep Bilgen ist als Vorsitzender des Landesverbands der Muslime in Niedersachsen (Schura) wiedergewählt worden. Die Mitgliederversammlung habe den Ingenieur „mit überwältigender Mehrheit in seinem Amt bestätigt“, teilte Schura in einer Presseerklärung mit. Bilgen kündigte an, die erfolgreiche Arbeit der Schura fortzusetzen und sich „weiterhin für den Abschluss des Staatsvertrages und die Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Artikel 7 Absatz 3 des GG“ einzusetzen. Ein weiteres Ziel sei die Stärkung der Jugendarbeit und der Aufbau ‚aktiver und dynamischer Jugendstrukturen‘. Dem neuen Schura-Vorstand gehören erstmals auch drei Frauen an. Die Vorstandsmitglieder im Einzelnen: PD Dr. med. Nael Hawi, stellvertretender Vorsitzender; Dipl. Ing. Mohamad Kobani, Geschäftsführer; Dipl. Ing. Ayhan Aydın, Kassenführer; Dr. Abdul Nasser Al-Masri, Referat Seelsorge; Serife Tiryaki, Referat Bildung; Hakan Toklu, Öffentlichkeitsarbeit; Ayse Toklu, Enise Sahin, Jalal Shah Husseyni, Rakip Dumlu, Hilal Zeitun, Ahmed Abdullahi, Beisitzer/innen (mehr).

1.3. Hannover: Mehrere Hundert Teilnehmer bei „Kippa-Walk“ Mehrere Hundert Menschen haben bei einem „Kippa-Walk“ ein Zeichen gegen Antisemitismus ge- setzt. Nach Polizeiangaben zogen rund 600 Demonstranten mit Kippas auf dem Kopf durch die Innen- stadt Hannovers. Rabbiner Gábor Lengyel sagte dem Evangelischen Pressedienst am Rande der Veranstaltung, er befürworte, dass die Zivilgesellschaft zu dieser Solidaritätsdemonstration aufgerufen habe und nicht die jüdischen Gemeinden. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) sagte, in Hannover gingen die Bürger und besonders die Religionsgemeinschaften sehr respektvoll miteinander um. Der „Kippa-Walk“ sei ein Zeichen, dass Antisemitismus hier nicht geduldet werde. Der evangelische Theologe Wolfgang Reinbold vom Haus der Religionen betonte, es gebe in Hannover eine sehr aktive Zivilgesellschaft. Noch sei Antisemitis- mus in der Stadt nicht auf dem Vormarsch. Doch auch hier erhielten jüdische Gemeindemitglieder „eklige E-Mails“, und auch hier müssten jüdische Veranstaltungen von der Polizei geschützt werden. Die Veranstaltung lief unter dem Motto „Antisemitismus? Hannover sagt Nein!“. Nach dem Start am Neuen Rathaus lief der Demonstrationszug zum Opernplatz, wo Rabbiner Lengyel am Mahnmal für die ermordeten Juden eine Ansprache hielt und das jüdische Totengebet sprach. Auf der Abschluss- kundgebung am Steintor sprach neben dem Oberbürgermeister unter anderem der katholische Propst Martin Tenge als Repräsentant der Kirchen und des Rates der Religionen Hannover (mehr). 17

1.4. Osnabrück: Angriff auf Mädchen mit Kopftuch Ein Unbekannter hat einem Mädchen im Umfeld eines Fußballspiels das Kopftuch vom Kopf gerissen. Die Polizei schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus. Der Zentralrat der Muslime verurteilte den Angriff. Er sehe in diesem Gewaltakt „einen direkten Zusammenhang mit dem sich verbreitenden negativen, antimuslimischen Klima in der Gesellschaft“, erklärte der Zentralrat. Die stellvertretende Vorsitzende Nurhan Soykan betonte, seit Jahren würden auf dem Rücken muslimischer Frauen Scheindebatten über das Kopftuch geführt. „Bestimmte Politiker“ würden Mus- lime ausgrenzen und kriminalisieren. Das schlage sich zunehmend in derartigen Angriffen nieder. Auch die Integrationsbeauftragte und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Osnabrück verurteilten den Angriff auf das Schärfste. Der mutmaßliche Täter ist ein 44-jähriger Anhänger der Bochumer Hooligan-Szene (mehr).

1.5. Osnabrück: Kiefer fordert Behandlung von Antisemitismus in den Schulen Vor dem Hintergrund der Holocaust-Äußerungen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat der Islamwissenschaftler Michael Kiefer dazu aufgerufen, den israelbezogenen Antisemitismus in deut- schen Schulen zu thematisieren. „In den deutschen Schulbüchern wird noch immer so getan, als hätte der Antisemitismus nach 1945 aufgehört“, sagte Kiefer im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Das sei natürlich nicht so. „Der Antisemitismus lebt weiter. Er hat sich aktualisiert und ist angefüllt mit Geschichten zum Nahost-Konflikt.“ Diese Perspektive werde jedoch in den Geschichts- und Politikbüchern fast völlig ausgespart. Auch in der Lehrerausbildung komme sie bislang nicht vor, so Kiefer. Abbas hatte in einer Rede gesagt, die Juden hätten den Holocaust durch ihr „soziales Verhalten“ selbst verschuldet, wie etwa durch das Verleihen von Geld. Später nahm er seine Äußerung zurück. Kiefer sagte, solche Äußerungen seien kein Einzelfall. In den nordafrikanischen Staaten, in Ägyp- ten, Syrien und dem Irak sei der gegen Israel gerichtete Antisemitismus seit den 50er Jahren Teil der staatlichen Propaganda. Flüchtlinge, die aus diesen Ländern nach Deutschland gekommen sind, seien sehr wahrscheinlich in der Schule mit antisemitischem Gedankengut in Kontakt gekommen.

1.6. Was sonst noch war – Kultusminister Tonne will Islamischen Religionsunterricht ausbauen (mehr) – AfD-Landtagsfraktion diskutiert mit Hans-Thomas Tillschneider (AfD) und Wolf Ahmed Aries (Mit- begründer des Islamrats) über ‚Deutschland und den Islam‘ (mehr). – Verfassungsschutz: Zahl der Salafisten steigt weiter (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Köln: Kandidatur von DITIB-Funktionär Bekir Alboga für die AKP im türkischen Parlament Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) hat die Bewerbung ihres ehemaligen Generalsekretärs und langjährigen Dialogbeauftragten Bekir Alboga um eine Kandidatur für das türki- sche Parlament in der Wahl am 24. Juni bestätigt. Es handele sich um eine persönliche Entscheidung ohne Bezug zum Verband, sagte eine Ditib- Vorstandssprecherin auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeigers. Ditib sei eine überparteiliche Organisa- tion und politisch neutral. Sie verstehe sich als religiöser und sozialer Dienstleister in und für Deutsch- land. Die Mitglieder und Personal seien selbstverständlich frei in der politischen Meinungsbildung. Alboga erklärte auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeigers, er werde seine Ämter bei Ditib „für die Zeit der politischen Tätigkeit“ niederlegen. Im Dezember hatte er die Wiederwahl in den Bundesvorstand verfehlt. Seither ist er in der Kölner Ditib-Zentrale für „soziale Dienste“ zuständig. Die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration, Serap Güler (CDU), sprach von einem „Versorgungsposten“ für Alboga. „Die Kandidatur für Erdogans AKP wirft ein sehr fragwürdiges Licht auf Albogas ständige Beteuerungen, die Ditib sei nichts anderes als ein deutscher Verein und der Integration der türkischstämmigen Mitbürger in die deutsche Gesellschaft verpflichtet“, sagte Güler dem Kölner Stadt-Anzeiger. Albogas Ambitionen seien ein Beitrag zum Bemühen Ankaras, die türki- schen Staatsbürger in Deutschland dauerhaft an das Herkunftsland zu binden. Der Grünen-Politiker erklärte, nun zeige sich, dass das Bekenntnis des Verbands zu Deutschland und zur Demokratie für Alboga in Wahrheit „taktische Manövriermasse“ gewesen sei. „Lange Jahre das freundliche Gesicht der Ditib und immer Deutschland zugewandt, gilt für Herrn Alboga am Ende ‚Erdogan first‘“, so Beck. Für viele Beobachter überraschend, war Albogas Bemühen um einen Sitz im türkischen Parlament nicht erfolgreich. Auf den offiziellen Wahllisten ist sein Name nicht verzeichnet. „Ich weiß nicht, woran es lag“, sagte Alboga dem Mannheimer Morgen (mehr).

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Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet in diesem Zusammenhang von Gerüchten, wonach Präsident Erdogan nach der türkischen Wahl in Deutschland „aufräumen“ und die Ditib-Moscheen in die Zustän- digkeit des Islamrats und der ihm nahestehenden Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs geben wolle. Insider hätten Entsprechendes berichtet, so die Zeitung (mehr).

2.2. Kirchen warnen vor Tendenzen der Ausgrenzung Die Kirchen in Deutschland haben vor Tendenzen der Ausgrenzung und Abschottung gewarnt. „Ablehnung von Fremden, anderen Meinungen, von Angehörigen jüdischer und islamischer Gemein- den oder von anderen Lebensentwürfen äußert sich viel zu oft in gewalttätigen, menschenfeindlichen Übergriffen“, heißt es im Gemeinsamen Wort von Kardinal Reinhard Marx, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Metropolit Augoustinos zur 43. Interkulturellen Woche. „Wir leben in Zeiten, in denen die Fundamente unseres Zusammenlebens infrage gestellt werden“, heißt es in der Erklärung weiter. Das friedliche Miteinander in einem geeinten demokratischen Europa und die universelle Geltung der Menschenrechte verlören an Gewicht, „rechtspopulistische, ja rassisti- sche Strömungen gewinnen an Zulauf“, auch unter Christen. Dabei gehöre „Vielfalt konstitutiv zum Wesen der Kirche.“ Die 43. Interkulturelle Woche vom 23. bis 29. September 2018 steht unter dem Leitthema „Vielfalt verbindet“. Geplant sind mehr als 5.000 Veranstaltungen an über 500 Orten (mehr). Die bundesweite Eröffnung findet in diesem Jahr im Haus der Religionen in Hannover statt (mehr).

2.3. Hagen: Islamische Gemeinschaft Millî Görüş besorgt über steigende Islamfeindlichkeit Der Vorsitzende der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Kemal Ergün, hat sich besorgt über „das Erstarken des Rechtspopulismus und die zunehmende Islamfeindschaft“ geäußert. In einer Grundsatzrede vor der Mitgliederversammlung der IGMG warnte Ergün zugleich davor, sich zurückzuziehen. IGMG-Gemeinden dürften sich „aus ihrem religiösen Selbstverständnis heraus nicht isolieren oder gettoisieren.“ Im Gegenteil gebe es gute Gründe für einen optimistischen Blick in die Zukunft: „Trotz aller Widrigkeiten gibt es viele Befürworter einer offenen, pluralen und multireligiö- sen Gesellschaft. Unsere Moscheen liegen immer seltener am Stadtrand und immer häufiger im Stadtzentrum. Wir bilden unsere Imame zunehmend mehrsprachig aus, sie sind in Deutschland, Frankreich, Australien oder Kanada genauso zu Hause wie in ihren Herkunftsländern. Das sind gute Entwicklungen, die uns Hoffnung und Mut machen für die Zukunft“, so Ergün laut einer Pressemit- teilung der IGMG. An der Hauptversammlung nahmen den Angaben zufolge auch „rund 1.200 Dele- gierte aus Europa, Australien und Amerika“ teil (mehr).

2.4. Grigorije Duric wird neuer serbisch-orthodoxer Bischof für Deutschland Die orthodoxen Serben in Deutschland haben einen neuen Bischof. Die Vollversammlung der serbi- schen Bischöfe in Belgrad wählte Grigorije Duric zum Oberhirten der deutschen Diözese. Das erklärte Generalvikar Milan Pejic gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der Termin der Amtsein- führung steht noch nicht fest. Duric wurde 1967 in Bosnien geboren. Er studierte in Belgrad und Athen. 1999 wurde er zum Bischof von Zahum und Herzegowina ernannt. Nach Angaben des Generalvikars machte Duric sich in seinem Bistum für eine Zusammenarbeit mit Muslimen stark. Der serbisch-orthodoxen Kirche gehören in Deutschland etwa 250.000 Menschen an (mehr).

2.5. Was sonst noch war – EKD-Ratsvorsitzender (hier) und katholische Bischöfe (mehr) senden Grußworte zum Ramadan – Überblick über den Stand des Islamischen Religionsunterrichts in Deutschland veröffentlicht (mehr) – Berlin: Islamische Föderation Berlin unterschreibt als dritter muslimischer Partner Vertrag für das Institut für Islamische Theologie (vgl. Mitteilungen 5/2018, S. 3; mehr) – Berlin: Arbeitsgericht erklärt Neutralitätsgesetz für verfassungsgemäß, Muslima darf weiterhin nicht mit Kopftuch an einer Grundschule unterrichten (mehr) – Kassel: Stadt Kassel darf einer Bediensteten das Tragen eines Kopftuches nicht verbieten (mehr) – Stiftung „Islam in Deutschland“ gegründet (mehr) – Rheinland: Jüdischer Landesverband sagt geplante Reise mit rheinischer Landeskirche nach Israel ab, Empörung über Arbeitshilfe zum 70. Geburtstag des Staates Israel (mehr) – Antisemitismusbeauftragter kritisiert Karikatur in der Süddeutschen Zeitung, SZ entschuldigt sich und beendet Zusammenarbeit mit dem Zeichner Dieter Hanitzsch (mehr) – Indonesien: Mindestens 13 Tote bei IS-Selbstmordanschlägen auf drei Kirchen in Surabaya (mehr).

Hannover, den 24.5.2018

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Mitteilungen 7, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Landtag: Verbandsanhörung zum Reformationsfeiertag In Niedersachsen gibt es starken Widerstand gegen den Reformationstag als neuen Feiertag. Bei einer Anhörung zum Feiertagsgesetz im Landtag sprachen sich vor allem die katholischen Institutionen und die jüdischen Gemeinden gegen den 31. Oktober aus und plädierten stattdessen für den Buß- und Bettag im November. „Der 31. Oktober erinnert immer noch primär an die Kirchenspaltung. Das ist für uns kein Grund zu feiern“, sagte der Leiter des Katholischen Büros, Felix Bernard, bei der Anhörung im Innenausschuss. „Die Reformation brachte nicht die Glaubens- und Religionsfreiheit, von der wir heute reden.“ Der Buß- und Bettag könnte dagegen von allen Religionsgemeinschaften mitgetragen werden. „Wenn ein nicht-kirchlicher Feiertag gesucht wird, dann wären Frauentag und Europatag geeignet.“ Auch das Kolpingwerk und der Landes-Katholiken-Ausschuss lehnten den 31. Oktober ab. „Wir haben Bedenken, ob wir diesen Tag gemeinsam feiern können“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, Michael Fürst. Für 20 Prozent der Bevölkerung sei der Reformationstag ein Tag der Spaltung und damit der falscheste, den die Regierung wählen konnte. „Buß- und Bettag ist ein Tag, den wir alle gemeinsam feiern können.“ Fürst appellierte an die Abge- ordneten, ihrem Gewissen zu folgen. „Ich rufe sie auf, denken sie auch an die Minderheiten.“ Die jüdischen Gemeinden seien „erst übergangen, dann instrumentalisiert, dann zu Gesprächen eingeladen worden, obwohl alles bereits entschieden war“, kritisierte Katarina Seidler vom Landesver- band der israelitischen Kultusgemeinden. Seidler sprach von einem Beispiel für „Entfremdung von Bürgern und politischen Eliten“. Die liberale jüdische Gemeinde Hannover lehnt den Reformationstag ebenfalls strikt ab. Auch nicht-religiöse Verbände votierten gegen den 31. Oktober. Johann-Albrecht Haupt von der Humanistischen Union betonte die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Staat und Kirche. „Einen weiteren christlichen Feiertag halten wir für bedenklich.“ Rund ein Drittel der Bevölkerung in Nieder- sachsen gehöre keiner Religionsgemeinschaft an. „Der Reformationstag spaltet“, sagte Lutz Renken vom Humanistischen Verband Deutschlands. Er kenne viele Humanisten und Religionsfreie, die sich ausgegrenzt fühlten. Ulrike Jureit vom Hamburger Institut für Sozialforschung kritisierte, dass die Reformation nicht der „Urknall der Europäischen Moderne“ gewesen sei und auch nicht „der glorreiche Auftakt einer langen europäischen Freiheitsgeschichte. Sie war in erster Linie eine verstörende, in weiten Teilen bestür- zend gewalthafte religiöse Konfliktgeschichte.“ Der Landesbischof der hannoverschen Landeskirche, Ralf Meister, verteidigte die Wahl des 31. Oktober. „Die Reformation hat unsere Geschichte geprägt“. Der 31. Oktober 1517 sei „kein Tag der Kirchenspaltung.“ Meister betonte, dass ein neuer Feiertag eine Gemeinschaft brauche, die ihn inhalt- lich trage. Die evangelische Kirche könne das gewährleisten. Am Reformationstag gehe es darum, „weltoffen, interreligiös und ökumenisch über die Zukunft unserer Gesellschaft nachzudenken“. Auch die Evangelisch-reformierte Kirche, die Alevitische Gemeinde und der Deutsche Gewerkschaftsbund sprachen sich für den neuen Feiertag aus. Die muslimischen Verbände Schura und Ditib hatten ihre Teilnahme an der Anhörung abgesagt. Im Vorfeld der Anhörung hatte das Katholische Büro Niedersachsen die Landesregierung davor gewarnt, die Sache überstürzt zu entscheiden und Druck auf einzelne Abgeordnete auszuüben. Statt die Entscheidung über einen zusätzlichen Feiertag schon in diesem Jahr zu treffen, solle man sich genügend Zeit für einen breiten Diskussionsprozess lassen (mehr). Der Landtag will in der nächsten Woche über das neue Feiertagsgesetz abstimmen. Ministerpräsi- dent Stephan Weil (SPD) sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, wenn es nach ihm ginge, werde der Feiertag kommen (mehr).

1.2. Was sonst noch war – Landesbischof Meister plädiert für mehr Kooperation zwischen der Religionen (mehr) – Fach „Werte und Normen“ soll an 40 Grundschulen unterrichtet werden (mehr) – Pastor Wilfried Manneke erhält Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden (mehr) – Papenburg: DITIB plant Neubau der Moschee für 1,5 Mio Euro, AfD protestiert gegen Ditib und die „Verschleierungstaktik“ der Stadt, 700 demonstrieren für Religionsfreiheit (mehr) – Wilhelmshaven: Initiative will ein „Dreireligionenhaus“ errichten (mehr) – Buxtehude: Landeskirchliche Ausstellung „Religramme – Gesichter der Religionen“ in der Halepaghen-Schule, Dialogbeauftragter Wolfgang Reinbold plädiert für „Verfassungskultur“ (mehr). 20

2. Allgemeine Lage 2.1. DITIB-Bundesverband trennt sich von Bekir Alboga Der DITIB-Bundesverband hat sich von seinem langjährigen Generalsekretär Bekir Alboga getrennt. Nach den Irritationen über eine Kandidatur Albogas für die türkische AKP (s. Mitteilungen 6/2018, S. 2–3) erklärte der Verband, diese „politische Tätigkeit und die ihm übertragenen Aufgaben im DITIB- Verband“ seien „nicht vereinbar. Aus diesem Grunde wurde auf arbeitgeberseitiger Veranlassung einvernehmlich die sofortige Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vereinbart.“ Bekir Alboga habe sich durch seine „unermüdliche Medienarbeit und intensive öffentliche und aka- demische Vortrags- und Veranstaltungstätigkeit sowie seine Teilnahmen an zahlreichen Gremien, Kommissionen und Organisationen“ als „Vermittler verstanden, und sich entsprechend dem Vereins- grundsatz der DITIB für Verständnis, Respekt und Toleranz zwischen den Religionen in der Gesell- schaft eingesetzt und für ein muslimisches Leben in einem demokratischem Umfeld geworben.“ DITIB wünsche „ihm für seinen weiteren Weg viel Erfolg“ (mehr).

2.2. Österreich: Regierung schließt sieben Moscheen und weist Imame aus Im Kampf gegen den politischen Islam will Österreich zahlreiche Imame ausweisen. Darüber hinaus werden sieben Moscheen geschlossen. „Parallelgesellschaften, politischer Islam und Radikalisierungs- tendenzen haben in unserem Land keinen Platz“, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien. Bei 40 Imamen werde derzeit überprüft, ob gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung verstoßen worden sei, sagte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). In zwei Fällen stehe bereits fest, dass Imame ausgewiesen würden. Aufgelöst wurde die „Arabische Kultusgemeinde“ mit insgesamt sechs Moscheen. Grund dafür seien unter anderem salafistische Äußerungen eines Repräsentanten. Außerdem wurde die Moschee am Antonsplatz in Wien verboten. Sie stehe im Verdacht, unter dem Einfluss der rechtsextremen tür- kischen „Grauen Wölfe“ zu stehen, hieß es. Man habe sich bei der Aktion eng mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) abgestimmt, sagte Kultusminister Gernot Blümel (ÖVP). Rechtliche Grundlage der Schließung ist das Islamgesetz aus dem Jahr 2015 (mehr). Die IGGÖ reagierte auf die Maßnahmen mit widersprüchlichen Erklärungen. Zunächst verurteilte Präsident Ibrahim Olgun das Handeln der Regierung. Es sei „ein Affront gegen die Musliminnen und Muslime in Österreich“ und, anders als behauptet, „nicht mit der IGGÖ akkordiert“ gewesen (mehr). Später widersprach Vizepräsident Abdi Tasdögen der Erklärung Olguns. Der Präsident selbst habe im August 2017 das Kultusamt darüber informiert, dass „manche Einrichtungen nicht als Moscheen im Sinne der Verfassung bezeichnet werden können“, hieß es. Auf diese Weise habe er die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde provoziert. Olgun müsse daher zurücktreten, so Tasdögen (mehr). Anders äußerte sich Vizepräsident Esad Memic. Mit der Schließung der Arabischen Kultusgemeinde habe er kein Problem, erklärte er. Der Verein sei nicht Teil der IGGÖ, es handle sich um keine wirkli- chen Moscheen. Problematisch sei lediglich die Ausweisung der Imame (mehr). Später gestand Olgun zu, er habe zwar „dem Kultusamt formelle Mängel iSd Islamgesetzes betref- fend die ‚Arabische Kultusgemeinde‘ mitgeteilt“. Er habe aber „in keiner Form die Schließung von einzelnen Gebetsstätten beantragt“ und „im Vorfeld keinerlei Kenntnisse über die Schließungen der Moscheen und den Imam-Ausweisungen“ gehabt (mehr). Die türkische Regierung kritisierte die Maßnahmen scharf. Sie spiegelten „die islamophobe, rassis- tische und diskriminierende Welle in diesem Land“, erklärte ein Sprecher. Österreich verstoße gegen universelle Rechtsprinzipien. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, Österreichs Ent- scheidung führe die Welt in Richtung eines „Krieges zwischen Kreuzrittern und Halbmond“ (mehr).

2.3. EUGH: Schächten nur in zugelassenen Schlachthöfen erlaubt Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat entschieden, dass rituelle Schlachtungen ohne Betäu- bung nur in zugelassenen Schlachthöfen durchgeführt werden dürfen. Die Verpflichtung beeinträchtige die Religionsfreiheit nicht, urteilte das Gericht. Geklagt hatten mehrere islamische Verbände aus Belgien. In Flandern durften Schächtungen einige Jahre lang auch in temporären Schlachtstätten durchgeführt werden. 2015 hatte die flämische Region das mit Verweis auf das EU-Recht verboten. Der EUGH stellte klar, dass rituelle Schlachtungen ohne Betäubung in der EU nur ausnahmsweise und ausschließlich dort erlaubt sind, wo die „technischen Anforderungen in Bezug auf Bau, Auslegung und Ausrüstung“ der Schlachthöfe erfüllt sind. Der Sinn dieser Verordnung sei es, die Schlachtung ohne Betäubung zu erlauben, um zu gewährleisten, dass die Religionsfreiheit „effektiv gewahrt wird.“ Ein lokales Problem wie in Flandern, wo aufgrund „der erhöhten Nachfrage nach rituellen Schlachtun- gen in einem Zeitraum von wenigen Tagen anlässlich des Opferfests“ die Kapazität der zugelassenen Schlachthöfe nicht ausreiche, könne die Gültigkeit dieser EU-weit geltenden Verordnung nicht beein- trächtigen (mehr).

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2.4. Afghanischer Gelehrtenrat verurteilt Anschläge und wird selbst Opfer eines Anschlags Bei einem Selbstmordanschlag auf eine große Versammlung afghanischer Geistlicher in Kabul sind mindestens sieben Menschen getötet worden. Die etwa 3.000 Gelehrten hatten kurz zuvor Terror- anschläge als unislamisch verurteilt. Nach Informationen der Polizei zündete der Attentäter den Sprengsatz, als die Teilnehmer gerade den Versammlungsort verlassen wollten. Etwa eine Stunde zuvor hatte das Spitzengremium der afghanischen Geistlichen, der sogenannte Ulema-Rat, eine Rechtsauskunft (Fatwa) gegen den Terror ausgesprochen. Selbstmordanschläge und Explosionen seien im Islam verboten. „Ausführung, Finan- zierung und Unterstützung solcher Taten sind gegen das Scharia-Recht“, so der Ulema-Rat. Die Geistlichen forderten die Taliban und die Regierung zu Verhandlungen auf (mehr).

2.5. Was sonst noch war – Empörung über israelfeindlichen Festschrift-Beitrag (mehr) und „zutiefst israelfeindliches Machwerk“ der evangelischen Theologen Ulrich Duchrow und Hans G. Ulrich (mehr) – Schweizer Sozialdemokraten fordern staatliche Anerkennung des Islams in der Schweiz (mehr) – Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz: „Für Juden geht eine größere Gefahr von muslimi- schen Antisemiten aus als von Rechtsradikalen“ (mehr) – Römische Glaubenskongregation stoppt geplante Zulassung protestantischer Ehepartner zum Abendmahl (mehr), Kardinal Marx „überrascht“ von der Kritik des Vatikans (mehr).

3. Meinungsforschung 3.1. Studie des Pew Research Center zu Christen in Europa Nach einer Studie des Pew Research Center praktizieren die meisten Christen in Europa nicht regel- mäßig. Sie sind gegenüber Muslimen und Einwanderern kritischer eingestellt als Nicht-Religiöse. Für die Studie wurden Mitte 2017 24.000 Telefoninterviews in 15 europäischen Ländern durch- geführt, die politisch zum „Westen“ gezählt werden. Einige Ergebnisse aus Deutschland: – Die Gruppe der „nicht praktizierenden Christen“ (= Gottesdienstbesuch seltener als 1x im Monat) ist die größte (49 Prozent; Konfessionslose 24 Prozent, praktizierende Christen 22 Prozent). – Mehr als die Hälfte der praktizierenden Christen ist der Auffassung, dass der Islam grundsätzlich nicht mit der nationalen Kultur vereinbar ist (55 Prozent; nicht praktizierende Christen 45 Prozent, Konfessionslose 32 Prozent). – 73 Prozent der praktizierenden Christen sagen, dass eine deutsche Abstammung wichtig ist, um wirklich deutsch zu sein (nicht praktizierende Christen 46 Prozent, Konfessionslose 35 Prozent). – Katholiken neigen stärker als Protestanten dazu, negative Ansichten über Muslime zu äußern (‚muslimischen Frauen sollte es nicht gestattet sein, religiös begründete Kleidung zu tragen‘: 31 Pro- zent gegenüber 16 Prozent) (mehr).

3.2. Studie der Universität Duisburg-Essen zu Islamfeindlichkeit unter Jugendlichen Unterdrückung und Islamismus prägen das Islambild unter Jugendlichen. Das ist das Ergebnis einer qualitativen Tiefenstudie der Universität Duisburg-Essen, für die 20 Schülerinnen und Schüler in Gymnasien, Berufsschulen und Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen befragt wurden (hier).

4. Literatur: Neuerscheinungen H. Abdel-Samad, Integration. Ein Protokoll des Scheiterns, München 2018 Chr. de Bellaigue, Die islamische Aufklärung. Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft, Frankfurt 2018 S. Heschel, Jüdischer Islam. Islam und jüdisch-deutsche Selbstbestimmung, Berlin 2018 M. Khorchide/K. v. Stosch, Der andere Prophet. Jesus im Koran, Freiburg 2018 T. Nagel, Was ist der Islam? Grundzüge einer Weltreligion, Berlin 2018 D. Ranan, Muslimischer Antisemitismus. Eine Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden in Deutsch- land?, Berlin 2018 C. Şahinöz, Seelsorge im Islam. Theorie und Praxis in Deutschland, Wiesbaden 2018 U. Topkara, Umrisse einer zeitgemäßen philosophischen Theologie im Islam. Die Verfeinerung des Charakters, Wiesbaden 2018.

Hannover, den 14.6.2018

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Mitteilungen 8, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Reformationstag wird gesetzlicher Feiertag Der niedersächsische Landtag hat den Reformationstag am 31. Oktober zum gesetzlichen Feiertag erklärt. 100 Abgeordnete von SPD, CDU und AfD stimmten für den Antrag, 20 dagegen, 17 enthielten sich. Die Regelung gilt ab 2018. Zuvor hatte es eine letzte kurze Debatte gegeben, in der die Argumente für und gegen den neuen Feiertag noch einmal genannt wurden. Anträge, statt des Reformationstags den Weltfrauentag am 8. März oder den Europatag am 9. Mai oder den Tag des Grundgesetzes am 23. Mai zum Feiertag zu erklären, fanden keine Mehrheit. Einige Abgeordnete stimmten zunächst für einen der vorgeschlage- nen weltlichen Feiertage, votierten in der entscheidenden Abstimmung dann aber für den Vorschlag der Regierungskoalition (mehr). Einen Tag nach der Abstimmung in Niedersachsen erklärte auch das Land Bremen den Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag. Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Landesbischof Ralf Meister, begrüßte die Entscheidung. Mit dem Reformationstag bekomme Niedersachsen „einen Feiertag, der in seiner Gestaltung herausfordernd ist und große Chancen bietet, aber auch unbequem sein kann.“ Er hoffe, dass „sich jetzt alle politischen und gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure wieder aufeinander zu bewegen und daran mitarbeiten, dass der neue Feiertag ein Feiertag aller Bür- gerinnen und Bürger in Niedersachsen wird.“ Er sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, den Tag in diesem Sinne zu feiern, so Meister: „Fröhlich, offen, ökumenisch und interreligiös und mit Blick auf die zentralen Fragen unserer Gesellschaft“ (mehr). Für die katholische Kirche, die für den Buß- und Bettag plädiert hatte, sagte der Leiter des Katholi- schen Büros, Felix Bernard, es liege nun bei der evangelischen Kirche, den neuen Feiertag zu gestal- ten. Wenn dabei ein Mitwirken der katholischen Kirche gewünscht werde, „sind wir in ökumenischer Verbundenheit gesprächsbereit.“ Der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden, Michael Fürst, sagte, zwar habe er sich im Vorfeld deutlich gegen den Reformationstag ausgesprochen. Zu einer von manchen heraufbeschworenen Spaltung der Gesellschaft führe die Entscheidung aber nicht. Die jüdischen Gemeinden würden weiter mit der Politik und den Kirchen im Dialog bleiben. An der Gestaltung von Feierlichkeiten zum Reformationstag werde man sich allerdings nicht beteiligen. Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, Ingrid Wettberg. Die islamischen Verbände forderten die evangelische Kirche auf, den neuen Feiertag zu nutzen, um den interreligiösen Dialog zu fördern. „Wir Muslime sind bereit, unseren Beitrag hierzu zu leisten“, sagte der Schura-Vorsitzende Recep Bilgen dem Evangelischen Pressedienst.

1.2. Landesbischof Ralf Meister gratuliert Muslimen zum Ramadanfest Landesbischof Ralf Meister hat den Musliminnen und Muslimen in Niedersachsen Segenswünsche zum Ramadanfest überbracht. „Mit Ihnen gemeinsam werden wir uns auch in Zukunft mit aller Kraft für ein gutes interreligiöses Zusammenleben und das Grundrecht auf Religionsfreiheit einsetzen“, schreibt Meister in einer Grußbotschaft an die islamischen Verbände und Gemeinden. „Denjenigen, die den Islam als Religion zweiter Klasse ansehen, werden wir entschieden widersprechen.“ Das Miteinander von Christen und Muslimen werde in diesen Tagen auf mancherlei Weise heraus- gefordert, so Meister weiter: „Moscheen werden attackiert, Frauen wird das Kopftuch entrissen, im Deutschen Bundestag wird verächtlich über Muslime gesprochen.“ All dies sei schwer zu ertragen. Dazu zählten auch die Angriffe gegen Juden, die in den vergangenen Wochen Anlass für Demonstra- tionen waren. „Viele von uns haben nicht gedacht, dass sie noch einmal nötig sein würden.“ Er wün- sche sich weiterhin regelmäßige Begegnungen und eine Intensivierung des Austausches „über die Zukunft unserer Gesellschaft“, so der Landesbischof (mehr).

1.3. Landtag beschließt neues Bestattungsgesetz Der niedersächsische Landtag hat das Bestattungsgesetz geändert. Anders als von manchen erwar- tet, wurde dabei auf eine Lockerung der Sargpflicht verzichtet. Der Gesetzentwurf der Landesregierung (hier) hatte ursprünglich vorgesehen, die Sargpflicht vor- zuschreiben, wenn dem nicht „religiöse oder Gründe der Weltanschauung entgegenstehen“. Diese Lockerung der Sargpflicht wurde nach der Verbändeanhörung und der Stellungnahme des Sozialaus- schusses nicht in das neue Gesetz aufgenommen, „nachdem Ausschussmitglieder der Fraktionen von SPD und CDU bereits zu Beginn der Ausschussberatungen mitgeteilt hatten, diese Änderung rechts- politisch nicht mittragen zu wollen“ (mehr). 23

1.4. Was sonst noch war – Peine: Fast 2.000 Besucher beim Fastenbrechen-Fest der Peiner Moscheen (mehr) – Osnabrück: 400 Teilnehmer bei Demonstration gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus (mehr) – Hannover: Ausstellung der Ahmadiyya Muslim Jamaat auf dem Steintorplatz (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Ehemaliger Funktionär Murat Kayman übt harte Kritik am DITIB-Bundesverband Der ehemalige Syndikusanwalt und Funktionär im DITIB-Bundesverband, Murat Kayman, hat seinen ehemaligen Arbeitgeber scharf kritisiert. Anlass war ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Köln. Ditib hatte Kayman im Februar 2017 zunächst in die Ditib-Bestattungsdienste versetzt und ihn im Dezem- ber 2017 schließlich entlassen. Dagegen klagte der Rechtsanwalt. In seinem Blog äußert sich Kayman nun erstmals zu den Vorgängen und schildert seine Sicht der Dinge. Danach war es sein Anliegen, „die DITIB davon zu überzeugen, in die Rolle einer deutschen Religionsgemeinschaft hineinzuwachsen“ und sich „als für die gesamte hiesige Gesellschaft verant- wortliche zivilgesellschaftliche Institution zu verstehen“. Dieses Anliegen sei mit der Kündigung „nun endgültig gescheitert.“ Mit seinem Engagement sei er „für die DITIB zum Fremdkörper geworden, den sie aus ihrer Organisationstruktur entfernen will.“ Im Rückblick müsse er sich eingestehen, „dass ich in meinen Texten vielleicht für eine DITIB stritt, wie ich sie mir gewünscht habe und nicht wie sie tatsächlich war.“ Mit „deutlicher interner Kritik bin ich offenkundig gescheitert“, so Kayman weiter. Die internen Mächte hätten sich „eine andere Zukunft“ gewünscht. Tatsächlich, so sehe er es heute, gebe es „nicht eine, sondern zwei DITIBs“: Die „DITIB der Basis, mit all ihren vielfältigen, größtenteils sehr positiven Facetten und eine DITIB der Führungs- ebene, die der zunehmenden Entfremdung von dieser Basis nur mit mehr Kontrolle, mit mehr perso- neller Gleichschaltung und zunehmender Zentralisierung organisatorischer Macht begegnen will“ und die „nicht die Herausforderungen der Gegenwart erkennt.“ Die heutigen Probleme der DITIB seien erheblich, und es nütze nichts, darüber zu schweigen. „Man muss deutlich machen, dass das nicht der Weg in die Zukunft sein kann“, so Kayman. Zu viele Fragen seien offen, unter ihnen die Fragen, ob „vereinsrechtlich höchstproblematische Risiken im Rahmen der ausländischen Aktivitäten der DITIB Kooperationspartner ignoriert wurden“, ob „Sat- zungsänderungen bis auf Ebene des Bundesverbandes vereinsrechtswidrig durchgesetzt wurden, ob ganze Mitgliederversammlungen vereinsrechtswidrig durchgeführt wurden, ob Mitglieder unter Druck gesetzt wurden, nicht gegen diese vereinsrechtlichen Mängel vorzugehen, ob während der Affäre um Spionagevorwürfe gegen DITIB-Imame wahrheitswidrige Positionen aufrechterhalten und interne Kritik verfemt wurden, ob die Manipulation von Landesverbandswahlen durch Religionsattachés und Imame geduldet oder sogar gefördert wurden und ob Kritik gegen diese Vorgänge unterdrückt wurde“ und vieles andere mehr (mehr). Die öffentliche Verhandlung des Rechtsstreits zwischen Kayman und dem Ditib-Bundesverband wurde wenige Minuten vor dem geplanten Termin abgesagt. Bei Gericht ging nach Informationen der „Welt“ ein Schriftsatz ein, in dem die Streitparteien mitteilten, sie hätten sich geeinigt. Leider seien die Vorwürfe nicht weiter konkretisiert worden, bedauerte der Grünen-Politiker Volker Beck, der zur Ver- handlung erschienen war und von der Absage überrascht wurde. „Ich hatte gehofft, hier einiges aus dem Innenleben der Ditib und über die Hintergründe des Konflikts zwischen der Ditib und Herrn Kayman zu erfahren“, sagte er der Welt (mehr).

2.2. Islamisches Zentrum Hamburg erneut an antisemitischen Demonstrationen beteiligt Der Hamburger Verfassungsschutz hat einen Bericht der „Welt“ bestätigt, wonach Vertreter des schii- tischen Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) erneut am israelfeindlichen Al-Kuds-Marsch in Berlin teilgenommen haben. Aus der Region Hamburg seien etwa 150 Personen zur Demonstration ange- reist, hieß es. Zudem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass das IZH die Teilnahme an der Demonstration unterstützt habe. Die Schura Hamburg hatte sich zuvor kritisch zur Teilnahme des IZH am Al-Kuds-Tag geäußert und betont, dass die Veranstaltung „nicht tragbar“ sei. Nach Vorstandswahlen im November 2017 war zugesichert worden, dass sich im kommenden Jahr keine Personen mehr am Al-Kuds-Tag beteiligen würden, „die in Mitgliedsgemeinden in irgendeiner Weise Funktionen ausüben“. Tatsächlich nahmen hochrangige Vertreter des Islamischen Zentrums Hamburg an der Demonstra- tion teil, unter ihnen der stellvertretende Leiter des IZH, Seyed Mousavi, der Leiter der „Islamischen Akademie“, Hamidreza Torabi, und Muhammad Mohsen, ein Mitglied des Vorstands der schiitischen Bundesorganisation „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS). CDU-Fraktionschef André Trepoll forderte die Schura Hamburg auf, das Islamische Zentrum aus der Schura auszuschließen. „Wer israelfeindliche Hetze betreibt, kann kein Vertragspartner der Stadt

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Haus kirchlicher Dienste, Kirche und Islam Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, [email protected], 0511 – 1241-972 www.kirchliche-dienste.de ISSN 2191-6772 24 sein“, so Trepoll. Die Schura müsse jetzt konsequent handeln (mehr). Der Grünen-Politiker Volker Beck forderte den Berliner Senat auf, die IGS aus dem Beirat des geplanten Islam-Instituts an der Humboldt-Universität (s. Mitteilungen 5/2018, S. 3) auszuschließen (mehr). Nach Informationen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin nahmen etwa 1.200 Personen an der Demonstration teil. Sie waren mit Bussen aus ganz Deutschland angereist, unter anderem aus Hannover und Delmenhorst. Wie in den Vorjahren seien bei dem Marsch „die Ver- nichtung Israels propagiert, antisemitische Terrororganisationen glorifiziert und ihren religiösen Füh- rerfiguren Gehorsamkeit geschworen“ worden, resümiert die Informationsstelle Antisemitismus (mehr).

2.3. Kirchenverbund: Interreligiöser Dialog gehört zum Wesen der Kirche Der Interreligiöse Dialog gehört nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) zum Wesen der Kirche. Er sei „in einer multireligiösen Gesellschaft wichtiger denn je“, und die ACK biete eine ideale Plattform dafür, den Dialog weiter voranzutreiben, erklärte die ACK nach einer Tagung in Fulda. Die Selbstverpflichtung zum interreligiösen Dialog, die bereits in der 2003 unterzeichneten „Charta Oecumenica“ (mehr) betont wurde, müsse „immer wieder erneuert und das Gespräch mit anderen Religionen intensiviert werden“ (mehr).

2.4. Was sonst noch war – „Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit“ (CLAIM) gegründet, „Tag gegen Antimuslimischen Rassismus“ am 1. Juli (mehr) – Nach Kritik an ungenügender Ausstattung: Antisemitismus-Beauftragter Felix Klein erhält elf Mitar- beiter-Stellen (mehr) – Düsseldorf: Kritik an Teilnahme eines Salafisten an „Pfarrer gegen Imame“-Fußballspiel (mehr) – Berlin: Rabbiner und Imame fahren auf Tandems gemeinsam durch die Stadt (mehr) – Niederlande beschließen Verbot „gesichtsbedeckender Bekleidung“ im öffentlichen Raum, auch Integralhelme und Sturmhauben betroffen (mehr) – AKP gründet „Wahl-Koordinationszentrum für das Ausland“ und will „die institutionelle Kapazität der türkischen Diaspora“ weiterentwickeln (mehr).

3. Meinungsforschung – Institut für Demoskopie Allensbach: Antisemitismus in Deutschland hat eher abgenommen, aber 55 Prozent der AfD-Anhänger finden, dass Juden „zu viel Einfluss auf der Welt haben“ (mehr) – Bertelsmann Religionsmonitor untersucht Einstellungen der Deutschen zur kulturellen Vielfalt: Eine Mehrheit wünscht sich eine „kulturelle Anpassung der Migranten“ (Westdeutschland 50 Prozent, Ost- deutschland 60 Prozent, Migranten 1. Generation 48 Prozent, 2. Generation 52 Prozent, 3. Generation 42 Prozent) (mehr).

4. Literatur: Neuerscheinungen L. Bednarz, Die Angstprediger. Wie rechte Christen Gesellschaft und Kirche unterwandern, München 2018 H. M. Heinig, Prekäre Ordnungen. Historische Prägungen des Religionsrechts in Deutschland, Tübin- gen 2018.

In eigener Sache Ines Krüger ist neue Sekretärin im Arbeitsfeld „Kirche und Islam“ des Hauses kirchlicher Dienste der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Sie löst Melanie Rathe ab, die diesen Newsletter und das Arbeitsfeld seit Juli 2012 betreut hat. Frau Rathe übernimmt eine andere, verantwortungsvolle Aufgabe im Haus kirchlicher Dienste. Wir danken ihr sehr für ihren treuen und stets engagierten Dienst und wünschen ihr und ihrer Nachfolgerin einen guten Start im neuen Arbeitsfeld (Ines Krüger, 0511 – 1241-452, [email protected]).

Hannover, den 29.6.2018

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Mitteilungen 9, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Universität Osnabrück: Imam-Weiterbildung läuft aus, „Imam-Seminar“ gefordert Die Weiterbildung von Imamen am Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück läuft nach acht Jahren Ende September aus. Nach Ansicht des Direktors des Instituts, Bülent Ucar, hat das von Anfang an nur als Provisorium geplante Projekt Pionierarbeit geleistet. Rund 150 Imame seien weitergebildet worden. Diese Arbeit müsse nun von anderen fortgesetzt werden. Anders als bei den christlichen Theologen und der Rabbinerausbildung gebe es in der Ausbildung muslimischer Theologen bisher noch keine zweite Phase nach Abschluss des Studiums, sagte Ucar dem Evangelischen Pressedienst. So wie die Prediger- und Priesterseminare von den Kirchen ver- antwortet würden, müsste ein „Imam-Seminar“ unter Beteiligung der islamischen Verbände aufgebaut und organisiert werden. „Wir brauchen dringend eine solche Einrichtung, um die Integration zu ver- bessern und um den Studierenden eine Berufsoption zu verschaffen.“ Die Landesregierung und die Verbände müssten in dieser Frage zueinander finden. „Als Experten sind wir von der Universität bereit, dies zu unterstützen“, so Ucar. Die Landesregierung sieht in dieser Frage die islamischen Verbände in der Pflicht. Eine „Imam- Ausbildung“ im engeren Sinne sei Sache der jeweiligen Religionsgemeinschaft, erklärte das Wissen- schaftsministerium. Sollten die Verbände eine zweite Ausbildungsphase für erforderlich halten, stünde das Wissenschaftsministerium für beratende Gespräche zur Verfügung. Die Grünen kritisierten die Zurückhaltung des Ministeriums. „Es ist die Landesregierung, die hier nun endlich aktiv werden muss, um auch den aus dem Ausland finanzierten Imamen der Ditib sowohl eine Alternative zur Ausbildung und dann später auch zur Finanzierung zu erarbeiten“, sagte die reli- gionspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Eva Viehoff. Das sei „eine der drängendsten religionspolitischen Fragen für den niedersächsischen Islam“. Auch der Projektkoordinator des Instituts für Islamische Theologie warnte davor, das Thema aus- zusitzen. „Wenn weiterhin nichts passiert, geht Expertise verloren, und das Personal, das jetzt zur Verfügung steht, sieht sich anderweitig um“, sagte Roman Singendonk der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Wir fordern konkrete Schritte hin zu einer praktischen Ausbildungsstätte, einer Akademie.“ DITIB-Landesgeschäftsführerin Emine Oguz erklärte dazu, Ditib stehe einer „Imamausbildung in Deutschland nicht skeptisch gegenüber“. Wichtig sei, dass die Strukturen stimmten. „Die islamischen Religionsgemeinschaften müssen als Träger dieses Vorhabens federführend mitwirken, weil sonst das Vertrauen der Community nicht gewährleistet ist.“ Dazu müssten die politischen Akteure ihnen aber auch die verfassungsrechtliche Zuständigkeit zusprechen (mehr).

1.2. Landesregierung fordert DITIB zur Lösung von der Türkei auf Die Landesregierung hat den niedersächsischen Landesverband der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. – DITIB“ dazu aufgefordert, sich „strukturell, politisch und ideologisch von der Regierung in der Türkei“ und der türkischen Religionsbehörde Diyanet zu lösen. In seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Belit Onay erklärt das Kultus- ministerium namens der Landesregierung, eine künftige Kooperation mit Ditib sei „von der weiteren Entwicklung des Verbandes abhängig“. Wörtlich heißt es: „Durch die Entwicklungen in den letzten Monaten ist das Verhältnis zu DITIB nicht frei von Belastungen, eine künftige Kooperation ist von der weiteren Entwicklung des Verbandes abhängig. Der niedersächsische DITIB-Landesverband kann nur dann langfristiger Partner des Landes sein, wenn sich der Verband nicht politisch instrumentalisieren lässt. Die Landesregierung erwartet, dass er sich strukturell, politisch und ideologisch von der Regie- rung in der Türkei löst und sich klar von der türkischen Religionsbehörde Diyanet abgrenzt. Dafür bedarf es insbesondere einer Anpassung der bestehenden Strukturen: Es darf keine Durchgriffsmög- lichkeiten der Diyanet über den Bundesverband der DITIB auf den niedersächsischen Landesverband geben. Die Landesregierung hat gegenüber dem niedersächsischen DITIB-Landesverband bereits wiederholt deutlich gemacht, dass eine mangelnde Unabhängigkeit des Landesverbandes vom türki- schen Staat für Kooperationen des Landes mit dem Verband hinderlich ist. Sie unterstützt vor diesem Hintergrund jegliche Bestrebungen des Landesverbandes, die erforderlichen Veränderungen herbei- zuführen, und steht für den Dialog weiterhin zur Verfügung“ (hier).

1.3. Was sonst noch war – Kultusministerium weitet Schulversuch zu Fach „Werte und Normen“ aus (mehr) – Kultusminister Tonne: Konfessioneller Religionsunterricht bleibt wichtig (mehr) – Gifhorn: Christlich-muslimische Kindertagesstätte startet mit 15 Kindern (mehr). 26

2. Allgemeine Lage 2.1. Bundesinnenministerium will Islamkonferenz erneuern Das Bundesinnenministerium hat angekündigt, die Deutsche Islamkonferenz neu aufzustellen. Man müsse viel stärker als bisher die Vielzahl der in Deutschland noch nicht organisierten Muslime ins Zentrum der Islamkonferenz stellen, erklärte der zuständige Staatssekretär Markus Kerber. Auch Ein- zelpersonen sollten wieder eingeladen werden, unter ihnen auch „kritische muslimische Stimmen zum Islam“, sagte Kerber der Bild-Zeitung. Viele Muslime suchten „eine deutsch-muslimische Heimat und finden sie nicht“. Zur Aufgabe der nächsten Islamkonferenz sagte Kerber, es gebe einen deutschen Katholizismus, einen deutschen Protestantismus und ein deutsches Judentum. „Und wenn es einen Islam geben soll, der zu Deutschland gehört, dann müssen die deutschen Muslime ihn als ‚deutschen Islam‘ definieren – und zwar auf dem Boden unserer Verfassung.“ 2006 hatte der damalige Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) die Islamkonferenz als Dialog- forum zwischen Staat und Muslimen ins Leben gerufen. Als Abteilungsleiter im Ministerium war Kerber maßgeblich an der Konzeption der Konferenz beteiligt. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik an dem Format gegeben. Im März erklärten säkulare Migrantenverbände die Islamkonferenz für gescheitert, sollte sie nicht reformiert werden (mehr). Nach Einschätzung der Journalistin Canan Topçu sind die von Kerber gesetzten Ziele der neuen Islamkonferenz wenig realistisch. „Egal wie die Gruppe am Ende zusammengesetzt sein wird, Kerbers Zielvorgabe, sich auf einen deutschen Islam zu einigen, wird sie kaum erfüllen“, schrieb Topçu auf ZEIT Online. Zu vielfältig und widersprüchlich sei das Islamverständnis der in Deutschland lebenden Muslime, die ihren Glauben in der Regel „nach den Traditionen der jeweiligen Herkunft“ praktizierten. Nötig seien daher zunächst Dialogformate, in denen sich „nicht organisierte Muslime und Vertreter unterschiedlicher muslimischer Communitys austauschen und sich auf einen Minimalkonsens einigen“ könnten. „Die Deutsche Islam Konferenz allerdings dürfte auch in ihrem zwölften Jahr kaum das geeignete Forum dafür sein“, so Topçu (mehr).

2.2. Kaufbeuren: Volksentscheid spricht sich gegen Grundstücksverhandlungen mit DITIB aus Die Mehrheit der Kaufbeurer hat bei einem Bürgerentscheid gegen die Überlassung eines städtischen Grundstücks an den örtlichen Ditib-Moscheeverein gestimmt. Knapp 60 Prozent der Wähler stimmten dafür, dass die Stadt die Verhandlungen über das 5.000 Quadratmeter umfassende Grundstück in einem Gewerbegebiet einstellt. Dem Verein sollte das Grundstück im Rahmen eines Erbbaurechtsver- trags für die Dauer von bis zu 99 Jahren überlassen werden. Dafür sollte der Stadt ein Mitsprache- recht bei der Gestaltung der Moschee eingeräumt werden. Angestoßen hatte den Bürgerentscheid die Initiative „Kaufbeurer Bürger gegen Neubau einer Ditib- Moschee“. Ihrer Ansicht nach ist Ditib ein Sprachrohr des türkischen Präsidenten Erdogan und ver- breitet einen mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unvereinbaren politischen Islam. Widersprüchliche Angaben gibt es über die Hintergründe der Initiative. Ins Leben gerufen hatte sie der parteilose Kaufbeurer Werner Göpel, nach eigenen Angaben aus Angst vor einer Islamisierung der Gesellschaft. Einem Bericht des „Kreisboten“ zufolge gab jedoch die örtliche AfD an, sie habe die Abstimmung initiiert (mehr). Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU), der sich stets für den Bau eingesetzt hatte, erklärte, die „sehr hohe Wahlbeteiligung“ habe gezeigt, dass die Menschen von dem Thema berührt worden seien. „Ich glaube, dass die Diskussion bei uns ganz massiv überlagert wurde von größeren Themen wie dem Verhältnis zur Türkei und der Migrationsproblematik.“ Wenn Ditib sich für den Moscheebau nun einen privaten Grund suche, habe die Kommune keinen Einfluss mehr, „da ist eine Chance verpasst“, so Bosse. Der Kaufbeurer Ditib-Vorsitzende Osman Öztürk äußerte sich „schockiert“, das Ergebnis müsse er aber akzeptieren. Er kündigte an, weiter nach einem Grundstück zu suchen. Die Initiative „Kaufbeuren gestalten – statt spalten“, die sich als Reaktion auf die Moscheegegner gegründet hatte, erklärte, der Entscheid zeuge von Ablehnung gegenüber Ditib-Gemeindemitgliedern. Dies sei ein großes Problem für Kaufbeuren (mehr).

2.3. Berlin: Verfassungsschutz darf Bericht 2016 nicht weiter verbreiten Nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) muss der Berliner Verfassungsschutz den Bericht für das Jahr 2016 überarbeiten und darf ihn einstweilen nicht weiter verbreiten. Einzelne Passagen des Berichts seien eine „unzulässige Verdachtsberichterstattung“, urteilte das Gericht. Geklagt hatte der Verein „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS), der die Dar-as-Salam-Moschee unterhält. Er wehrte sich gegen seine Erwähnung im Abschnitt über die Muslimbruderschaft und deren Ableger „Islamische Gemeinschaft in Deutschland“ (IGD). Nachdem die Klage in der ersten Instanz

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2.4. Was sonst noch war – Studie zum Islamischen Gemeindeleben in Berlin veröffentlicht (hier) – Jüdisches Bündnis fordert Bekenntnis gegen Antisemitismus (mehr) – Hashtag #MeTwo sammelt Erfahrungen von Diskriminierung und Rassismus (mehr) – Integrationsforscherin Naika Foroutan: Gesellschaftliche Entwicklungen weisen in eine „präfaschisti- sche Phase“ (mehr) – Diskussion um mögliche Beobachtung dschihadistisch erzogener Kinder durch den Verfassungs- schutz (mehr) – Immenstadt/Allgäu: Kritik am Sommercamp des islamfeindlichen „Diamantweg-Buddhismus“ (mehr) – Berlin: Institut für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität gegründet (mehr), Studenten- parlament protestiert (mehr) – Heilbronn: Staatsanwaltschaft dementiert islamfeindliches Motiv nach Angriff auf Verkäuferin (mehr) – Israel: Scharfe Kritik an neuem Nationalitätsgesetz des Staates Israel (mehr), Berliner Kirchenzeitung entschuldigt sich für Karikatur (mehr).

3. Meinungsforschung 3.1. Zentrum für Türkeistudien: Verbindung Türkischstämmiger zur Türkei nimmt zu Menschen in Nordrhein-Westfalen mit türkischen Wurzeln fühlen sich stärker mit der Türkei verbunden als noch vor einigen Jahren. Das ist ein Ergebnis einer neuen Integrationsstudie des Duisburger Zen- trums für Türkeistudien. Seit 2012 und verstärkt seit dem Referendum im Jahr 2016 sei ein Trend zur Verbundenheit mit der Türkei zu beobachten, sagte der Leiter des Zentrums, Haci-Halil Uslucan, bei der Vorstellung der Studie. „Anfällig für eine Abnahme der Deutschland- und eine Zunahme der Türkeiverbundenheit“ seien insbesondere die jüngeren Generationen. Das „Empfinden von Andersartigkeit“ sei bei ihnen deutlich gewachsen. Eine wichtige Rolle spiele auch die „als mangelhaft wahrgenommener Akzeptanz“, insbesondere seitens der Politik (mehr).

3.2. Pears Institute veröffentlicht Studie zu Antisemitismus unter Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika (mehr).

4. Veranstaltungen Religionsgemeinschaften und Fluchtursachen 20.–21. Oktober 2018, Akademie St. Jakobushaus, Goslar Referent/innen: Jonas Wipfler, Idris Nassery, Dietrich Gerstner, Tanja Berg, Julia Lis u.a. (mehr).

5. Literatur: Neuerscheinungen Th. Bauer, Warum es kein islamisches Mittelalter gab. Das Erbe der Antike und der Orient, München 2018 M. Butter, „Nichts ist, wie es scheint“. Über Verschwörungstheorien, Berlin 2018 A. Dziri/B. Dziri (Hg.), Aufbruch statt Abbruch. Religion und Werte in einer pluralen Gesellschaft, Frei- burg 2018.

Hannover, den 14.8.2018

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Mitteilungen 10, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Heiner Wilmer ist neuer Bischof von Hildesheim Der katholische Ordenspriester Heiner Wilmer ist in sein Amt als 71. Bischof von Hildesheim einge- führt worden. Wilmer wurde 1961 in Schapen im Emsland geboren. Er war zuletzt Ordensgeneral der Herz-Jesu- Priester in Rom. Zuvor arbeitete er unter anderem als Lehrer und Schulleiter im Emsland, in Vechta und in New York. 1991 wurde er in Freiburg mit einer Arbeit über den französischen Philosophen Maurice Blondel promoviert. Wilmer trat bereits 1980 in den Herz-Jesu-Orden ein und legte 1985 noch während seines Studiums das Gelübde ab. „Mir ist bewusst, dass ich meinen Dienst in einer für die Kirche herausfordernden Zeit antrete“, sagte Bischof Wilmer bei seiner Weihe im Hildesheimer Dom. „Das schwerste und bitterste Thema ist für mich der Zusammenhang von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in unserer Kirche.“ Die- sem Thema wolle er sich von Anfang an mit aller Kraft widmen. Wilmer sagte in seiner Ansprache, die er zum Teil auch auf Plattdeutsch, Spanisch, Englisch, Französisch und Italienisch hielt, er freue sich auf den Dienst an den Menschen im Bistum. Im Zent- rum seiner Tätigkeit stehe für ihn, die Freude des Evangeliums zu verkündigen. Landesbischof Ralf Meister sagte als Ratsvorsitzender der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, die fünf evangelischen Kirchen freuten sich über einen Bischof, „der mit uns neue Wege geht und dabei mutig über die konfessionellen Grenzen der Kirchen hinausschaut“. Er wünsche dem neuen Bischof, so zu wirken, wie er sei: „ehrlich, mutig, geschwisterlich und glaubensstark“. Zum 815 gegründeten Bistum Hildesheim zählen rund 600.000 Katholiken in Niedersachsen und Bremen. Mehrere tausend Gäste, unter ihnen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), verfolgten den Gottesdienst. Weil erinnerte an die gemeinsame Verantwortung des Staates und der Kirchen für eine gerechte Gesellschaft. Mit Blick auf die Ausschreitungen in Chemnitz (mehr) unterstrich der Minister- präsident, dass „eine Gesellschaft der Nächstenliebe“ noch in weiter Ferne sei. „Wir werden noch viel mehr gemeinsam dafür tun müssen, dass diese Gesellschaft zusammenbleibt und Nächstenliebe wirklich ein Motto für uns alle werden wird“ (mehr). Was den Reformationstag als neuen Feiertag in Niedersachsen anbetrifft, sagte Bischof Wilmer dem Evangelischen Pressedienst, er könne damit gut leben: „Ich sehe das ganz entspannt.“ Bereits im vergangenen Jahr habe er zum 500. Reformationsjubiläum in der evangelischen Kirche in Rom gepredigt. In diesem Jahr werde er am 31. Oktober im evangelischen Dom in Braunschweig sprechen (mehr).

1.2. Was sonst noch war – Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe wünscht Muslimen gesegnetes Opferfest (mehr) – Gifhorn: Anonyme Flugblatt-Kampagne gegen christlich-muslimischen Kindergarten „Abrahams Kinder“, Träger erstattet Anzeige (mehr) – „Hasserfüllte Reaktionen“ auf Mohammed-Zitat des Bistums Osnabrück (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Frankfurt/Hannover: Erster Bundeskongress der Räte der Religionen Vom 16.–17. September treffen sich Mitglieder interreligiöser Dialogeinrichtungen aus über 30 deut- schen Kommunen in Frankfurt am Main. Zu diesem ersten Bundeskongress der Räte der Religionen laden die Räte der Religionen in Hannover und Frankfurt ein. Schirmherr des Kongresses ist der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Die Zahl der Räte der Religionen und vergleichbarer Einrichtungen sei in den letzten Jahren stark gewachsen, teilen die Veranstalter mit. Die Räte bemühten sich darum, möglichst viele religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften einzubinden, die auf Augenhöhe zusammenarbeiteten. So seien im Rat der Religionen Frankfurt neun Religionsfamilien vertreten und in Hannover über 40 Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Oft richteten die Räte Bildungsprojekte aus und fungierten als Tür- öffner für kleine Gemeinschaften. Die dabei gewonnenen Erfahrungen in der interreligiösen Zusam- menarbeit wollen die Ausrichter für einen bundesweiten Austausch fruchtbar machen. Hauptredner des Kongresses ist der Paderborner Theologe Klaus von Stosch. Unterstützt wird das Treffen von der Evangelischen Kirche in Deutschland und dem interreligiösen Projekt „Weißt Du wer ich bin“. Der zweite Bundeskongress der Räte der Religionen findet im September 2019 in Hannover statt (mehr). 29

2.2. Karlsruhe: Badische Landeskirche veröffentlicht Papier zum christlich-muslimischen Dialog Die badische Landeskirche hat ein Gesprächspapier zum Dialog zwischen Christen und Muslimen herausgegeben. Ziel des Textes sei es, Impulse für interreligiöse Begegnungen zu geben und die Diskussion innerhalb der Kirche anzuregen. Anhand zentraler theologischer Fragestellungen diskutiert das Gesprächspapier Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Bibel und Koran und formuliert Anregungen für die kirchliche Praxis. Bis 2019 soll der Text in allen Kirchenbezirken diskutiert werden. 2020 wird die Landessynode nach Sichtung der Rückmeldungen eine Erklärung verabschieden. Das Papier orientiert sich am Modell einer christlich-muslimischen „Weggemeinschaft“. „Religiöser Verschiedenheit wollen wir offen und gesprächsbereit begegnen“, erklärte die landeskirchliche Islam- beauftragte Elisabeth Hartlieb. Gottes Spuren auch woanders zu vermuten, mache den christlichen Glauben nicht kleiner, sondern bereichere ihn. Das christlich-islamische Gespräch sei ein wichtiger kirchlicher Auftrag und diene dem gesellschaftlichen Zusammenleben ebenso wie der Vergewisserung über den eigenen Glauben. Im Text heißt es unter anderem: „Bekennen und anerkennen fallen nicht auseinander: Wir beken- nen freudig unseren christlichen Glauben und finden Gottes Spuren in der Glaubensgeschichte des Islams. Im dankbaren Wahrnehmen der Begegnungsgeschichte Gottes auch im Glauben der Muslime nehmen wir teil an der ‚Mission Gottes‘ unter seinen Menschen; dabei vertrauen wir darauf, dass Got- tes Mission in der Kraft des Heiligen Geistes stets größer ist als wir sie denken können.“ Zum Gottesverständnis schreibt das Verfasserteam: „Wir verehren als Christen und Muslime den einen Gott, den wir als Christen als dreieinig bekennen und im Geheimnis der Dreieinigkeit verehren.“ In Bezug auf die Gemeindearbeit wollen die Autoren zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Islam motivieren. Schon jetzt gebe es Ansätze zu gemeinsamen Feiern und zu interreligiöser Bildung, die Räume für die Begegnung böten. „In der kirchlichen Arbeit ist es von großer Bedeutung, dass die Mitarbeitenden für den interreligiösen Dialog qualifiziert und ermutigt werden“, heißt es in der Handreichung (mehr).

2.3. Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert Kopftuchverbot für Kinder Die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert in einer Petition ein gesetzliches Verbot des sogenannten Mädchenkopftuchs in Schulen und Kindergärten. Die Verschleierung von Mädchen sei keine religiöse Pflicht im Islam, sondern ein „Missbrauch von Kindern für fundamentalistische Zwecke“, erklärte die Geschäftsführerin der Organisation, Christa Stolle. Befürworter könnten sich daher nicht auf die Religionsfreiheit berufen. Die Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, Seyran Ates, sagte, das Kopftuch sei „von Marokko bis Indonesien“ ein großes Problem. „Wenn man Kindern Kopftücher auf- setzt, dann fängt man mit der Geschlechterapartheid bereits im Kindergarten und in der Grundschule an, so dass die Kinder sich dann im Teenageralter und im Erwachsenenalter daran gewöhnt haben.“ Nach Ansicht der Frauenrechtlerinnen tragen immer mehr Mädchen in Deutschland ein Kopftuch. Diese lasse sich nur durch ein Gesetz umkehren, sagte Vorstandsmitglied Necla Kelek. Die Eltern seien „Fundamental-Ideologieträger“ und würden alles dafür tun, das Recht auf das Kopftuch durch- zusetzen. „Ohne Gesetz werden wir nicht weiterkommen“. Ziel von Terre des Femmes sind 100.000 Unterschriften (mehr).

2.4. Bundesregierung fördert bis auf weiteres keine DITIB-Projekte Die Bundesregierung fördert aktuell keine Projekte der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). Es sei „die Ditib betreffende Förderpraxis überprüft“ worden, teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. „Seit 2017 wurden keine neuen Anträge auf Förderung von Projekten in allei- niger Trägerschaft der Ditib vom Bund bewilligt.“ In den vergangenen Jahren hatte Ditib aus verschiedenen staatlichen Töpfen Geld erhalten, vor allem über die Förderung im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes und das Programm „Demokratie leben!“. Ein Ziel dieser Projekte war es, einer Radikalisierung muslimischer Jugendlicher vorzubeu- gen. Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Sevim Dagdelen, bezeichnete den von ihrer Partei seit langem geforderten Schritt als überfällig. „Es ist grotesk und gefährlich, dass der von Ankara gesteuerte Moscheeverband selbst nach Bekanntwerden der Imam-Spitzelaffäre weiter mit deutschen Steuermitteln gesponsert wurde. Die Länder sind jetzt aufgefordert, hier nachzuziehen“ (mehr). Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung, die Bundesregie- rung habe mit dem Haushalt 2018 die Konsequenzen aus den Ereignissen der letzten Jahre gezogen und auf Bundesebene „alle Förderungen für DITIB eingestellt.“ Das gelte auch für den Haushalt 2019. „Ich unterstütze diesen konsequenten Schritt der Bundesregierung ausdrücklich“, so de Vries (mehr).

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2.5. Rheinland-Pfalz: Vorerst keine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit Islamverbänden Die Verhandlungen mit den islamischen Verbänden in Rheinland-Pfalz über einen Religionsvertrag werden vorerst nicht fortgesetzt. Das erklärte der Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, Konrad Wolf. Zwei Zusatzgutachten des Religionswissenschaftlers Christoph Bochinger (hier) und des Juristen Stefan Muckel (hier) stellten zwar fest, dass es sich bei den Verbänden um Religionsgemeinschaften handele. Es bestünden jedoch „erhebliche strukturelle Herausforderungen“. Im Einzelnen müssten DITIB und Schura Rheinland-Pfalz „an ihren Strukturen arbeiten, um als Vertragspartner der Landesregierung wirken zu können“. Sie müssten „noch unabhängiger von Dritten werden“. Schura müsse darüber hinaus „ihr Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung konsequenter in allen Gemeinden durchsetzen.“ Es werde „nur eine Zusammenarbeit mit Verbänden geben, die zweifelsfrei auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und bei denen ein politischer Ein- fluss Dritter ausgeschlossen ist“, so Wolf. Die Verbände hätten nun die Chance und die Zeit, diese Entwicklung zu vollziehen (mehr).

2.6. Was sonst noch war – Hamburg, Akademie der Weltreligionen: Professorin Handan Aksünger wechselt nach Wien (mehr) – Hamburg: Ehemalige niedersächsische Ministerin Aygül Özkan als Spitzenkandidatin der CDU für die Bürgerschaftswahl 2020 nominiert (mehr) – Hessen: SPD fordert Aufklärung nach Entlassung eines Gefängnisimams (mehr) – Kairo: Theologen der Al-Azhar-Universität verurteilen sexuelle Belästigung in Ägypten (mehr) – Rom: Streit um Text des früheren Papstes Benedikt XVI. zum christlich-jüdischen Verhältnis (mehr).

3. Veranstaltungen 3.1. Letzte Ehre: Bestattung im Islam 15. September 2018, 15–17 Uhr, Garbsen/Berenbostel Referent/in: Șenay und Yasin Çelebi Anmeldung: Haus der Religionen, Hannover (hier).

3.2. Bundesweiter Auftakt zur Interkulturellen Woche 2018 23. September 2018, 17–21 Uhr, Hannover Ökumenischer Gottesdienst mit Landesbischof Ralf Meister, Propst Martin Tenge, Archimandrit Gerasimos Frangoulakis u.a., Pauluskirche, Meterstraße 39 Empfang im Haus der Religionen mit Carola Reimann, Stefan Schostok, Aigün Hirsch, Antonella Serio u.a., Böhmerstr. 8, Hannover (ab 18.30 Uhr) (mehr).

3.3. Jung – muslimisch – ...? 16.–18. November 2018, St. Jakobushaus, Goslar Veranstalter: St. Jakobushaus, Diözesanstelle Interreligiöser Dialog im Bistum Hildesheim Referenten: Erdogan Karakaya, Dennis Kirschbaum, Joachim Langner (mehr).

4. Literatur: Neuerscheinungen A. El-Mafaalani, Das Integrationsparadox. Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt, Köln 2018 Evangelische Landeskirche in Baden, Christen und Muslime. Gesprächspapier zu einer theologischen Wegbestimmung, Karlsruhe 2018 (hier) H. M. Heinig, Säkularer Staat – viele Religionen. Religionspolitische Herausforderungen der Gegen- wart, Hamburg 2018 R. Herlich, DiverCity FFM. Vielfalt der Kulturen und Religionen in unserer Stadt, Frankfurt 2018 A. Mansour, Klartext zur Integration. Gegen falsche Toleranz und Panikmache, Frankfurt 2018 D. Molthagen (Hg.), Die Finanzierung muslimischer Organisationen in Deutschland, Berlin 2018 (hier) Th. Sarrazin, Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht, München 2018; Rezensionen: Die ZEIT (Johanna Pink), Deutschlandfunk Kultur (Anne Françoise Weber), FAZ (Rainer Hermann), Tagesspiegel (Bekim Agai); Faktencheck durch die Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft hier.

Hannover, den 6.9.2018

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Mitteilungen 11, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Wissenschaftsminister Thümler: Ausbildung von Imamen und Lehrern koppeln Niedersachsens Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) hat vorgeschlagen, die Ausbildung von Imamen und islamischen Religionslehrern miteinander zu verbinden. Absolventen des Master-Studiengangs „Islamische Theologie“ an der Universität Osnabrück könn- ten künftig jeweils zur Hälfte in Moscheegemeinden und in Schulen eingesetzt werden, sagte Thümler der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auf diese Weise wären die Theologen auch für den Fall finanziell abgesichert, dass einer Moschee die Mittel für einen Geistlichen fehlten. Laut Thümler könnten sie zunächst ein Lehramtsstudium absolvieren und dann auf die Arbeit in den Gemeinden vorbereitet werden. Dieser zweite Teil der Ausbildung müsse von den Religionsgemeinschaften verantwortet werden. Vorbild könnten die katholischen Priesterseminare sein (mehr). Der Leiter des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück begrüßte den Vor- schlag als „hilfreich und bahnbrechend“. „Das ist das, was wir seit Jahren einfordern“, sagte Bülent Ucar dem Evangelischen Pressedienst. „Damit wäre das Finanzierungsproblem gut gelöst. Zudem bekämen wir dann endlich ausreichend Religions-Lehrkräfte für die Schulen. Wenn wir so weiter- machen wie bisher, werden wir dieses Ziel in 20 Jahren nicht erreichen.“ Ucar schlug die Gründung einer interministeriellen Arbeitsgruppe vor, die die Feinjustierung der Pläne vornehmen solle (mehr). Auch der Zentralrat der Muslime begrüßte den Vorschlag. „Dieses Modell sollte ein Vorbild für die anderen Bundesländer sein, so dass wir bundesweit eine vergleichbare Imam-Ausbildung bekom- men“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Das schafft enorme Synergien und macht die Finanzierung der Ausbildung tragbar, weil die Gemeinden die eine Hälfte der Ausbildungskosten tragen könnten und der Staat die andere Hälfte. Und wir hätten einen Pflock ein- geschlagen, um deutschsprachige, hier aufgewachsene und in deutschen Universitäten ausgebildete Imame in der Moschee zu haben.“ Dafür gebe es viele Hundert Interessenten, so Mazyek (mehr). Im Landtag beurteilten Vertreter von SPD, CDU und FDP den Vorschlag des Ministers als einen Schritt in die richtige Richtung. Er sei eine gute Gesprächsgrundlage für weitere Beratungen in den Ausschüssen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte die Debatte durch einen Antrag für die Wei- terführung der Imam-Weiterbildung an der Universität Osnabrück angestoßen (hier; vgl. Mitteilungen 9/2018, S. 1).

1.2. Wolfenbüttel: Landesbischof Meyns fordert Christen zum Widerstand gegen Rassismus auf Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns hat Christen zum Widerstand gegen Rassis- mus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit aufgerufen. „Inzwischen werden öffentlich Positionen vertreten, die sich dem völkischen, dem sozialdarwinistischen und dem nationalistischen Denken des 19. Jahrhunderts und dem Nationalsozialismus verdanken“, sagte Meyns bei einem Kongress in Wolfenbüttel. Dem müssten sich Christen mit ganzer Kraft entgegenstellen (mehr).

1.3. Hannover: Interkulturelle Woche 2018 mit ökumenischem Gottesdienst eröffnet Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Pauluskirche in Hannover ist die 43. Interkulturelle Woche eröffnet worden. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister, der katholische Propst Martin Tenge, Archimandrit Gerasimos Frangoulakis von der Griechisch-Orthodoxen Metropolie und Pastorin Anke Merscher-Schüler wirkten in dem Gottesdienst zusammen. Beteiligt waren auch Vertreterinnen und Vertreter des Rates der Religionen Hannover und des Vorstands der Internationalen Konferenz Christlicher Gemeinden. Die diesjährige Interkulturelle Woche steht unter dem Leitwort „Vielfalt verbindet“. Vor dem Hinter- grund einer angespannten öffentlichen Diskussion und wachsender Fremdenfeindlichkeit sagte Landesbischof Ralf Meister, er freue sich, dass während der Interkulturellen Woche in Gottesdiensten und Veranstaltungen sichtbar werde, wie viele Menschen sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen und das Motto ‚Vielfalt verbindet‘ lebendig werden lassen. Propst Martin Tenge betonte in seiner Predigt die christliche Pflicht zur Hilfe für Menschen, die wegen einer existenziellen Notlage aus ihrer Heimat geflohen sind. Beim anschließenden Empfang im Haus der Religionen erteilten Politiker und Verbandsvertreter allen völkischen und fremdenfeindlichen Bestrebungen eine Absage. Unter ihnen waren Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD), Aigün Hirsch vom Flüchtlingsrat Niedersachsen, Antonella Serio vom Deutschen Caritasverband und der Vorsitzende des Hauses der Religionen, Wolfgang Reinbold. Für die erkrankte Sozialministerin Carola Reimann sprach Dursun Tan von der Niedersäch- sischen Staatskanzlei (mehr). 32

1.4. Oldenburg: Kirchenführer jetzt auch auf Arabisch, Türkisch und Farsi Der im vergangenen Jahr im Oldenburger Land veröffentlichte Kirchenführer für Muslime liegt jetzt auch auf Arabisch, Türkisch und Farsi vor. Das teilten die Evangelisch-Lutherische Kirche in Olden- burg und das Bischöflich Münstersche Offizialat mit. Das 40-seitige Heft soll Muslimen die Architektur von Kirchen sowie liturgische und religiöse Elemente näherbringen (mehr).

1.5. Was sonst noch war – Hildesheim: Bischof Wilmer sagt volle Aufklärung im Missbrauchsskandal zu, „Männer Gottes haben das Böse in die Welt gebracht“ (mehr) – Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover kritisiert Besuch des „Antisemiten Erdoğan“ (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Evangelische Kirche in Deutschland will Dialog mit Muslimen vertiefen Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will den Dialog mit Muslimen weiterführen und inten- sivieren. Das hat der Rat der EKD in einem in Berlin vorgestellten Positionspapier bekräftigt. „Der Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen ist für die friedliche und kon- struktive Gestaltung des Zusammenlebens in einer pluralen Gesellschaft unverzichtbar“, heißt es in dem Papier. Der interreligiöse Dialog gehöre „zutiefst zum Wesen der Kirche“ (hier). Den christlichen Glauben vertreten könne nur, wer zugleich das Recht anderer Überzeugungen anerkenne, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, bei der Vorstellung des Papiers. Dieser Anspruch gelte für alle Religionen und für die Gesellschaft insgesamt. „Die gewaltsame Bekämpfung oder Verdrängung anderer Bekenntnisse und Glaubensanhänger darf in einer offenen und pluralen Gesellschaft keinen Platz haben“, so Dröge. In der deutschen Bevölkerung hat der christlich-islamische Dialog festen Rückhalt. Das zeigt eine repräsentative Befragung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, die zeitgleich veröffentlicht wurde. Demnach befürworten 63 Prozent der Befragten eine Fortsetzung oder Verstärkung dieses Gespräches. Befragt nach den Zielen des Dialogs, steht mit einer Zustimmung von 67 Prozent der Einsatz für den gesellschaftlichen Zusammenhalt an erster Stelle. 75 Prozent sprechen sich für die Zusammenarbeit von Christen und Muslimen in Kindertagesstätten aus. Den Islamischen Religionsun- terricht befürworten demgegenüber nur 33 Prozent der Befragten. Im Ganzen seien Musliminnen und Muslime besser akzeptiert als „der Islam“, sagte Petra-Angela Ahrens vom Sozialwissenschaftlichen Institut. Während 69 Prozent sagen, dass Muslime zum Alltags- leben gehören, meinen lediglich 35 Prozent, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passt. „Diese Diskrepanz hängt möglicherweise auch mit einer insgesamt verbesserungsfähigen Kenntnis des Islam zusammen“, so Ahrens. 24 Prozent der Deutschen sagen, dass sie sehr schlecht oder eher schlecht über den Islam Bescheid wissen (mehr).

2.2. Räte der Religionen treffen sich zum ersten Bundeskongress In Frankfurt trafen sich erstmals Mitglieder interreligiöser Dialoginitiativen aus ganz Deutschland. 29 Städte waren beim ersten Bundeskongress der Räte der Religionen vertreten, teilten die Veranstalter mit. Eingeladen hatten die Räte der Religionen aus Hannover und Frankfurt am Main. „Die Zeit war reif, die zahlreichen kommunal arbeitenden Dialoggremien, die in den letzten Jahren entstanden sind, überregional zu vernetzen“, erklärte der Vorsitzende des Frankfurter Rates, Joachim Valentin. „Die Einwanderungsgesellschaft braucht starke interreligiöse Strukturen“, sagte der Vorsit- zende des Hauses der Religionen in Hannover, Wolfgang Reinbold. „Die große Nachfrage bestätigt uns in unserer Überzeugung, dass Räte der Religionen ein Zukunftsmodell sind“ (mehr).

2.3. Hamburg: Al-Nour Moschee in ehemaliger Kapernaum-Kirche eröffnet Mit einem Festakt ist in Hamburg-Horn die Al-Nour-Moschee eröffnet worden. Das Gebäude war bis 2002 die evangelische Kapernaum-Kirche. Zu dem Festakt kamen unter anderen der Vize-Botschafter von Kuwait, die Konsuln der USA und des Iran sowie der jüdische Landesrabbiner Shlomo Bistritzky. Die evangelische Nordkirche wurde vom Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene, Klaus Schäfer, vertreten. Die Moschee Al-Nour (arabisch: das Licht) werde endlich ihrem Namen gerecht, da die Muslime in dem wunderschönen Gebäude nun sehr viel Licht zu sehen bekämen, sagte der Vorsitzende Daniel Abdin. Bisher habe man in einer Tiefgarage gebetet. Von einem „leuchtenden Beispiel interreligiöser Offenheit“ sprach Direktor Klaus Schäfer. Die Verantwortlichen hätten den Umbau von der Kirche zur Moschee als interreligiöses Projekt verstanden, Brücken gebaut und dadurch Vertrauen gewonnen. Der Umbau kostete rund fünf Millionen Euro. Kuwait spendete davon mehr als eine Million. Die Spende ist nach den Worten des Vorsitzenden Abdin an keinerlei Bedingungen geknüpft.

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Vor drei Wochen war die Moschee mit rassistischen Parolen beschmiert worden. „Das war nicht nur ein Angriff auf die Moschee, sondern auf uns alle“, sagte der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci. Die Bauarbeiten an dem 1961 errichteten Gebäude sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Arbeiten an der Frontfassade und die Sanierung des 44 Meter hohen Turms stehen noch aus. Das erste Freitagsgebet werde vermutlich Anfang 2019 stattfinden, hieß es. Die Mitglieder der Moschee stammen nach eigenen Angaben aus dem arabischen Raum, Afrika und Südostasien (mehr).

2.4. Köln: Ärger um geplante Eröffnung der DITIB-Zentralmoschee durch Präsident Erdogan Vor der geplanten Eröffnung der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld durch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wächst der Ärger auf die Verantwortlichen des Ditib-Bundesverbands. „Wenn Erdogan nun tatsächlich derjenige sein soll, der diese Moschee eröffnet, wird die Ditib auch ihre letz- ten Fürsprecher verlieren“, sagte die nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) dem Kölner Stadt-Anzeiger. Die Ditib-Zentrale solle sich dann als das geben, was sie wirklich sei: Erdogans politischer Arm in Deutschland. „Der Ditib-Bundesverband muss sich dann nicht weiter lächerlich machen und andere für dumm verkaufen, in dem man behauptet, man sei ein deutscher Religionsverband für hiesige Muslime.“ Die Moschee habe für das Lebensgefühl von Muslimen in Deutschland stehen sollen, „die gekom- men sind, um zu bleiben“, so Güler weiter. „Aus heutiger Sicht müssen wir uns eingestehen, dass diese Strahlkraft, die die Moschee im Dienst der Integration haben sollte, erloschen ist.“ Auch der ehemalige Oberbürgermeister Fritz Schramma und der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges (beide SPD) äußerten scharfe Kritik. Als Mitglied des Beirats, der den Moscheebau jahrelang gegen viele Anfeindungen begleitet habe, fühle er sich „verarscht“, sagte Wirges (mehr). Schramma erklärte, das Vorgehen sei „ein Akt der absoluten Unhöflichkeit“ und „völlig daneben“ (mehr). Der Architekt der Moschee, Paul Böhm, sagte, er hätte gerne eine kurze Rede zur Architektur gehalten, wie das bei solchen Anlässen üblich sei. Das aber sei nicht möglich gewesen (mehr).

2.5. EUGH: Kündigung wegen Wiederheirat kann eine verbotene Diskriminierung sein Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die Kündigung eines leitenden Mitarbeiters durch einen katholischen Arbeitgeber wegen Wiederheirat eine verbotene Diskriminierung darstellen kann. Die Anforderung, den heiligen Charakter der Ehe nach katholischem Verständnis zu beachten, erscheine nicht als „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“, erklärte das Gericht (AZ C-68/17; hier). Konkret ging es um einen Arzt, der nach einer Scheidung wieder heiratete. Seine dem Erzbistum Köln unterstehende Klinik begründete die Kündigung damit, dass die zweite Ehe nach Kirchenrecht ungültig sei. Dadurch habe er seine Loyalitätspflichten verletzt. Nach Einschätzung des Göttinger Religionsverfassungsrechtlers Hans-Michael Heinig ist das Urteil ein Einschnitt für das Arbeitsrecht der Kirchen. Der EuGH habe „das bisherige System des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland“ verworfen, schrieb Heinig in einem Blog. Die Entscheidung stärke Arbeitnehmerrechte und das Diskriminierungsverbot zulasten der religiösen Selbstbestimmung. Die langfristigen Folgen könnten gravierend sein, „wenn das Europarecht sich weigert, auf die Eigenarten des Religiösen überhaupt Rücksicht zu nehmen“, so Heinig (mehr).

2.6. Sönke Lorberg-Fehring neuer Referent für Christlich-Islamischen Dialog in der Nordkirche Der evangelische Pastor Sönke Lorberg-Fehring wird Referent der Nordkirche für den Christlich- Islamischen Dialog. Er folgt auf Axel Matyba, der 2017 als Auslandspfarrer an die deutsche evangeli- sche Gemeinde in Paris gegangen ist. Sein Amt tritt er vermutlich zum 1. Januar 2019 an. Derzeit ist der promovierte Theologe Studienleiter mit dem Schwerpunkt Interkulturelle Seelsorge an der Missionsakademie der Universität Hamburg (mehr).

2.7. Was sonst noch war – Neue muslimische Vereine wehren sich gegen „böswillige Kritik“ einer AKP-nahen Zeitung (mehr) – Ehemaliger Milli-Görüs-Mitarbeiter: Moscheen „verlieren qualifiziertes Führungspersonal“ (mehr) – Zentralrat der Juden kritisiert geplante Gründung der Vereinigung „Juden in der AfD“ (mehr) – Verfassungsschutz erwägt nach Medienberichten eine Beobachtung der DITIB (mehr) – Bundesinnenminister Seehofer: „Migrationsfrage als Mutter aller politischen Probleme“ (mehr).

Hannover, den 28.9.2018

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Mitteilungen 12, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Grüne: Land Niedersachsen soll Stiftung für Moscheen gründen Nach Auffassung der Grünen soll das Land die niedersächsischen Moscheen dabei unterstützen, unabhängiger zu werden. Die Mittel zur Ausbildung von Imamen sollten aus einer neu zu gründenden Landesstiftung kom- men, erklärte Grünen-Landeschef Stefan Körner. Es sei ein „erhebliches Integrationsproblem“, dass die türkische Religionsbehörde Diyanet Imame in die deutschen Ditib-Moscheen entsende. Die Imame sprächen oft zu wenig Deutsch und seien nicht mit der Kultur und Situation in Deutschland vertraut. Die Moscheen lebten ausschließlich von Spenden und könnten kaum eigenes Personal bezahlen. „Wenn wir wollen, dass in den niedersächsischen Moscheen ein liberaler Islam gepredigt wird, müs- sen wir sie dabei unterstützen“, so Körner. Zu einer künftigen Stiftung soll das Land nach Vorstellung der Grünen zunächst 500.000 Euro bei- steuern. Über die Vergabe der Mittel solle ein Gremium entscheiden, das paritätisch mit Vertretern des Landes und der muslimischen Verbände besetzt sei (mehr). Der Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück, Bülent Ucar, sagte der Tageszeitung, der Vorschlag sei aus seiner Sicht „wenig durchdacht“. Eine Stiftung sei zu statisch und die Summe von 500.000 Euro zu klein. Darüber hinaus bezweifle er, dass islamische Gemein- schaften das Angebot annähmen. Dass sich etwas ändern müsse, sei allerdings klar. „Wir brauchen Imame, die in Deutschland sozialisiert sind, weil nur sie die neue Generation der Muslime erreichen. Mit Imamen, die als Gastarbeiter in Deutschland sind, wird man das Problem nicht angehen können.“ Der Göttinger Staats- und Kirchenjurist Hans Michael Heinig sagte, es sei im Prinzip denkbar, dass der Staat das Personal religiöser Organisationen subventioniere. Die Grundsätze der Religionsfreiheit und der staatlichen Neutralität müssten allerdings gewahrt bleiben. „Eine gezielte Einflussnahme staatlicher Stellen auf die theologische Ausrichtung einer Gemeinde über Finanzierungsentscheidun- gen, wie sie die Grünen nun vorschlagen, verstieße gegen das Grundgesetz“, so Heinig (mehr).

1.2. Hildesheim: Bischof Wilmer wirft Amtsvorgänger Homeyer Versagen und Vertuschung vor Der römisch-katholische Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, hat seinen Vorvorgänger im Amt, Josef Homeyer, scharf kritisiert. Zu neuen Berichten über den Jesuitenpater Peter R., der als einer der Haupttäter im Missbrauchs- skandal am Berliner Canisiuskolleg gilt und der später im Bistum Hildesheim tätig war, sagte Wilmer: „Im Zusammenhang mit der Causa Peter R. hat der damalige Bischof Josef Homeyer mit seiner Bistumsleitung nicht nur versagt, sondern sie haben fürchterliche Dinge zugedeckt, und es ist eine Katastrophe.“ Er sei „sehr dafür, externen Sachverstand in das Bistum Hildesheim zu bringen“. Es sei „unmöglich, dass Kirche hier nur eine Binnenkultur pflegt“, sagte der Bischof im NDR-Fernsehen. Zuvor hatte ein Sprecher des Bistums erklärt, dass sich zusätzlich zu den bekannten Anschuldi- gungen weitere Betroffene äußern wollten. Der 2010 gestorbene Homeyer war von 1983 bis 2004 Bischof von Hildesheim (mehr).

1.3. Was sonst noch war – Reformationstag: Jüdisch-christlicher, ökumenischer und interreligiöser Dialog im Zentrum der Feiern zum Reformationstag (mehr) – Erschütterung über antisemitischen Anschlag auf Synagoge in Pittsburgh (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. EKD und Koordinationsrat der Muslime: Es gilt „Vertrauen zurückzugewinnen“ Der christlich-muslimische Dialog findet derzeit unter erschwerten Bedingungen statt. Darüber waren sich die Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Koordi- nationsrates der Muslime (KRM) einig, die zu ihrem Spitzentreffen in diesem Jahr in Köln zusammen- kamen. „Populistische Bewegungen und Parteien, aber auch extremistische Strömungen, die sich gegen die vorhandene religiöse Vielfalt richten, verschärfen das gesellschaftliche Klima insgesamt und tragen zur Polarisierung bei“, sagte der Sprecher des KRM, Erol Pürlü. „Auch die politischen Ent- wicklungen in anderen Ländern belasten die Dialogsituation in Deutschland“, erklärte der Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Eine politische Vereinnahmung von Religionen sei nicht förderlich für das Zusammenleben. Der Dialog befinde sich derzeit in einer Bewährungsprobe, in der es gelte, gegenseitiges Vertrauen zurückzugewinnen. 35

Bei dem Gespräch, das auf Einladung des KRM in Köln stattfand, wurde auch das Verhältnis der Religionsgemeinschaften zum Staat thematisiert. Pürlü bedauerte, dass das Gespräch zwischen den muslimischen Gemeinschaften und staatlichen Behörden derzeit stocke. Bedford-Strohm betonte die Notwendigkeit, sich für die Religionsfreiheit überall auf der Welt einzusetzen (mehr).

2.2. Ehemaliger DITIB-Justitiar: Ditib verabschiedet sich aus der deutschen Öffentlichkeit Nach Einschätzung des ehemaligen Syndikusanwalts im DITIB-Bundesverband, Murat Kayman, mar- kiert die Eröffnung der Kölner Moschee durch den türkischen Staatspräsidenten Erdoğan eine Zäsur in der Entwicklung des Ditib-Bundesverbands. Bereits im Vorfeld der Eröffnung sei sichtbar geworden, dass Ditib „allem äußeren Anschein nach keine eigenständige Autorität“ habe, darüber zu entschei- den, in welcher Form die Moschee eröffnet werde. Vielmehr habe allein der türkische Präsident das Sagen, und er habe entschieden, dass er selbst die Moschee eröffnen werde und niemand sonst. Ditib habe auf diese Weise „das Projekt einer transparenten deutschen Modellmoschee auf einen Akt politischer Gunsterweisung des türkischen Staatspräsidenten herunter gebrochen“. Damit sei „in letzter Konsequenz ausgesprochen worden, was die Entwicklung der Ditib in den letzten Jahren gekennzeichnet“ habe, so Kayman: „Die Bestrebungen, eine eigenständige deutsche Religionsgemeinschaft zu werden, die nur in religiösen Fragen mit der Diyanet kooperiert, sind ‚erfolg- reich‘ zurückgedrängt worden. Heute ist die Ditib das, was die türkische Politik will, dass sie sein soll: eine unter vollständiger Kontrolle der türkischen Regierung stehende Deutschland-Filiale der türki- schen Religionsbehörde.“ Diese Entwicklung werde „mit dem Auftritt Erdoğans in Köln für alle sichtbar manifestiert und gefeiert. Die Ditib feiert damit den Abschied aus der deutschen Öffentlichkeit“ (mehr).

2.3. Jüdische Organisationen verabschieden „Gemeinsame Erklärung gegen die AfD“ Jüdische Organisationen in Deutschland haben in einer gemeinsamen Erklärung zum Engagement gegen die AfD aufgerufen (hier). „Die AfD ist eine Partei, in der Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause hat“, heißt es in dem Text, der unter anderem vom Zentralrat der Juden verfasst wurde. Die AfD stelle eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland dar. Die AfD versuche seit geraumer Zeit, „mit ihrer vermeintlichen Verbundenheit mit dem Staat Israel und ihrer angeblichen Sorge um die Sicherheit der Jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zu punk- ten.“ Tatsächlich sei sie „antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal“. Anlass für die Erklärung ist die Gründung einer Gruppe „Juden in der AfD“ in Offenbach. Zentral- ratspräsident Josef Schuster sagte dazu: „Die AfD ist antisemitisch. Sie hetzt gegen Minderheiten und versucht, die Gesellschaft zu spalten. Das ist mit jüdischen Werten nicht vereinbar. Für uns ist die AfD keine Alternative.“ Zu den Unterzeichnern gehören neben dem Zentralrat unter anderem die jüdische Studierendenunion, die Jewish Claims Conference, die Rabbinerkonferenz, die Hochschule für jüdi- sche Studien in Heidelberg und der Sportverband Makkabi (mehr).

2.4. Humboldt-Universität Berlin: Neue Stiftungsprofessur zum christlich-jüdischen Dialog Auf Initiative der Evangelischen Kirche in Deutschland richtet die Berliner Humboldt-Universität eine Stiftungsprofessur für Geschichte und Gegenwart des jüdisch-christlichen Verhältnisses ein. Die Professur werde dem Institut „Kirche und Judentum“ der Theologischen Fakultät zugeordnet und zunächst von der Volkswagenstiftung und dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft finanziell gefördert, so Präsidentin Sabine Kunst bei einem Festakt zur Vorstellung der Professur. Der inhaltliche Schwerpunkt des Lehrstuhls soll auf der Neuzeit liegen. Insbesondere soll die Wirkung der evangelischen Kirchen und Theologien auf das christlich-jüdische Verhältnis erforscht werden. Die Stiftungsprofessur wird für zehn Jahre eingerichtet. Im Anschluss daran will die Universität die Profes- sur in die Theologische Fakultät überführen und so nachhaltig in der Universität verankern (mehr). Die Präsidentin der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer, erklärte, die Professur sei auch eine Folge des Reformationsgedenkens. Dabei sei die Forderung entstanden, die „schlimmen antijüdischen Ausfälle der Reformatoren, vor allem Luthers“ aufzuarbeiten. Zugleich sei die Professur ein gutes Mittel, Populisten und Antisemiten wissenschaftlich fundiert etwas entgegenzusetzen. Rechtspopulis- ten säßen nicht nur in staatlichen Organen wie dem Bundestag, sondern auch in Gemeindekirchen- räten, sagte die frühere FDP-Politikerin. Sie fürchte, bald seien sie auch in Synoden vertreten. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister verwies auf den Bildungsauftrag der evangelischen Kirche als Erbe der Reformation. Die Professur sei in diesem Sinne nicht nur eine gute Idee, sondern eine Notwendigkeit (mehr).

2.5. UN-Menschenrechtsausschuss: Nikab-Verbot verstößt gegen Menschenrechte Ein Verbot des islamischen Gesichtsschleiers in der Öffentlichkeit verstößt gegen die Menschenrechte. Zu diesem Schluss kommt der UN-Menschenrechtsausschuss in Genf. Er rügte Frankreich, das 2010 ein allgemeines Nikabverbot erlassen hatte. Geklagt hatten zwei Musliminnen, die den Nikab tragen. Sie waren 2012 verurteilt worden, weil sie verschleiert in der Öffentlichkeit aufgetreten waren. Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Haus kirchlicher Dienste, Kirche und Islam Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, [email protected], 0511 – 1241-972 www.kirchliche-dienste.de ISSN 2191-6772 36

Frankreich habe das Recht der Frauen, ihre religiösen Überzeugungen zu offenbaren, verletzt, urteilte der Ausschuss. Dass das Verbot aus Gründen der Sicherheit und des Zusammenhalts der Gesellschaft nötig sei, sei nicht überzeugend. Zwar sei anzuerkennen, dass ein Staat darauf bestehen müsse, dass Menschen in bestimmten Situationen ihr Gesicht zeigen. Ein allgemeines Nikab-Verbot sei allerdings zu weitreichend. Darüber hinaus könne das Verbot dazu führen, dass verschleierte Frauen sich nicht mehr öffentlich zeigten und so an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden. Der Ausschuss besteht aus 18 unabhängigen Experten. Sie überwachen die Menschenrechtslage in den 172 Unterzeichnerstaaten des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Die Länder sind verpflichtet, Empfehlungen umzusetzen. Frankreich hat dazu 180 Tage Zeit und muss die Frauen entschädigen. Ein Verschleierungsverbot gilt auch in Belgien, Österreich, Dänemark, Bul- garien und in Teilen der Schweiz (mehr).

2.6. Was sonst noch war – AfD verlangt Grundgesetzänderung zur Einschränkung der Religionsfreiheit (mehr) – Bundesarbeitsgericht: Forderung der Kirchenzugehörigkeit von Mitarbeitern evangelischer Einrich- tungen kann eine verbotene Diskriminierung sein (mehr) – Bundesverfassungsgericht weist Klage der „Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters“ ab (mehr) – Dortmund: Gymnasium erprobt gemeinsamen Religionsunterricht für katholische, evangelische und muslimische Schüler/innen (mehr) – Hamburg: Marion Dönhoff Preis für Moscheegründerin Seyran Ateş (mehr) – Köln: Generalbundesanwalt sieht „zureichende Anhaltspunkte für einen radikal-islamistischen Hin- tergrund“ des Attentats am Kölner Hauptbahnhof (mehr) – Moskau: Russisch-orthodoxe Kirche bricht mit dem ökumenischen Patriarchat in Istanbul (mehr) – Pakistan: Straßenproteste nach Freispruch für zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi (mehr).

3. Veranstaltungen 3.1. Moschee DE Filmvorführung und Diskussion 19. November 2018, 18.30 Uhr, Ahmadiyya Muslim Jamaat, Alter Damm 47, Hannover Gesprächspartner/innen: Landessuperintendentin Petra Bahr, Rainer Frank, Mathias Max Herrmann, Michał Honnens, Imam Sadaqat Ahmed u.a. Veranstalter: Haus kirchlicher Dienste, Schauspiel Hannover, Ahmadiyya Muslim Jamaat u.a. (mehr).

3.2. Moscheen in Deutschland. Wohin kann die Entwicklung gehen? Eine Werkstatt 14.–16. Dezember 2018, Evangelische Akademie Loccum Referent/innen: Daniel Abdin, Ali Mete, Lydia Nofal, Mohamed Taha Sabri, Christof Schiene, Roman Singendonk, Betül Karakoç, Esra Ayari, Akif Şahin, Recep Bilgen, Laura Haddad u.a. (mehr).

4. Literatur: Neuerscheinungen P. Antes/H. de Wall (Hg.), Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Verfassungsrechtliche Grundlagen und konfessionelle Perspektiven, Stuttgart 2018 S. El Masrar, Muslim Men. Wer sie sind, was sie wollen, Freiburg 2018 Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (Hg.), Protestantische Perspektiven zur religiösen Pluralität in Europa, Basel 2018 (hier) A. A. Kamouss, Wem gehört der Islam? Plädoyer eines Imams gegen das Schwarz-Weiß-Denken, München 2018 M. Khorchide, Gottes Offenbarung in Menschenwort. Der Koran im Licht der Barmherzigkeit, Herders theologischer Koran-Kommentar 1, Freiburg 2018 A.-H. Ourghi, Ihr müsst kein Kopftuch tragen. Aufklären statt Verschleiern, München 2018 M. Schulten, Religiöse Kleidung und Symbolik als Rechtsproblem. Eine Übersicht zu aktuellen Streit- fragen, Münster 2018.

Hannover, den 5.11.2018

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Mitteilungen 13, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Vorstand des DITIB-Landesverbands Niedersachsen-Bremen tritt geschlossen zurück Der langjährige Vorsitzende der niedersächsischen DITIB-Moscheen, Yilmaz Kilic, ist von seinem Amt zurückgetreten. „Wegen der wachsenden Einmischung habe ich jetzt die Reißleine ziehen müssen“, sagte der Osnabrücker Kaufmann der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Er habe sich immer wieder gegen die Einmischung der Ditib-Zentrale in Köln und des türkischen Religionsattachés wehren müssen. „Wir haben als niedersächsischer Landesverband immer einen eigenständigen Weg gehen wollen, doch hier leider keine Unterstützung aus Köln bekommen.“ Mit Kilic trat der gesamte Vorstand des Landesverbands Niedersachsen-Bremen zurück. Auch die Vor- stände des Jugend- und Frauenverbands traten zurück. Kilic war seit 2011 Ditib-Landesvorsitzender und im vergangenen Jahr für weitere drei Jahre in seinem Amt bestätigt worden. „Ditib ist eine gute Organisation, wir brauchen sie, weil sie einen Islam der Mitte vertritt“, sagte Kilic der HAZ. Aber die Landesverbände bräuchten auch Eigenständigkeit. Die habe es anfangs auch gegeben. Doch in den letzten Jahren habe es immer mehr Versuche gegeben, die niedersächsische Ditib zu kontrollieren. „Das war bei Wahlen als auch bei Gemeindeversammlun- gen. Ich kann als ehrenamtlicher Vorsitzender auch nicht täglich einen Bericht abgeben.“ Problema- tisch sei auch, dass Ditib über die aus der Türkei entsandten Imame Einfluss auf die Gemeinden nehme. „Das sind theologisch hoch qualifizierte Leute, die aber nicht wissen, wie wir Muslime hier in Niedersachsen fühlen und denken.“ Der Rücktritt schlägt in Niedersachsen hohe Wellen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, er empfinde Kilic’ Rückzug als „echten Rückschlag“ für die Bemühungen, mit den Muslimen auf eine vertiefte Gesprächsebene zu kommen. „Herr Kilic war für uns ein enger, seriöser Gesprächspartner. Es ist zu befürchten, dass der niedersächsische Landesverband auf Linie gebracht worden ist. Die weitere Zusammenarbeit wird nun zu überprüfen sein.“ Der Vorsitzende der Schura, Recep Bilgen, erklärte, es sei „sehr bedauerlich, dass sich das so entwickelt hat“. Er hoffe, dass Kilic’ Schritt keine negativen Auswirkungen auf die muslimische Gemeinschaft in Niedersachsen haben werde. Avni Altiner, der langjährige Vorsitzende der Schura, der mit Kilic und der Landesregierung über den Staatsvertrag verhandelt hatte, sagte: „Für seine Person ist der Schritt richtig, für uns Muslime ein Tiefschlag“. Das Scheitern der Vertragsverhandlungen habe „die eher liberalen Kräfte“ geschwächt, erklärte der Grünen-Landtagsabgeordnete Belit Onay. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister bedauerte den Rücktritt von Kilic. „Ich habe immer mit ihm Kontakt gehalten“, sagte er der HAZ. „Aber vielleicht eröffnet der Rückzug auch Gespräche darüber, ob es einen dritten Weg geben kann, einen unabhängigen Verband“ (mehr). Der Moscheeverband Ditib ist der größte in Niedersachsen und Bremen. Er vertritt nach eigenen Angaben mit 85 Gemeinden etwa 160.000 Muslime. Zum neuen Vorsitzenden wurde Kilic‘ Vorgänger Dr. Ali Ihsan Ünlü gewählt (mehr).

1.2. Landesregierung plant Verbot religiöser Symbole im Gerichtssaal Richterinnen und Staatsanwälte sollen in Niedersachsen künftig keine religiösen Symbole wie Kreuze oder Kopftücher bei öffentlichen Verhandlungen tragen dürfen. Ein entsprechendes Gesetz solle noch in diesem Jahr im Kabinett beschlossen werden und danach in die Verbandsanhörung gehen, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Es gehe darum, „eine Religion nicht so offensiv und offensichtlich in einen Gerichtssaal zu tragen, dass derjenige, über den geurteilt wird, auf die Idee kommen könnte, die Religion sei irgendeine Leit- oder Richtschnur für das entsprechende Urteil“, erklärte Justizministerin Barbara Havliza (CDU) gegenüber dem NDR. Solche Symbole seien mit dem Neutralitätsgebot nicht vereinbar. Anders sei es mit Kreuzen, die derzeit noch in einigen Räumen der Amtsgerichte Vechta und Cloppenburg hingen. Das Recht werde „durch Menschen gesprochen und nicht durch Säle“, so Havliza. Wenn jemand damit ein Problem habe, könnten die Kreuze abgehängt oder der Prozess in einen anderen Raum verlegt werden (mehr). Der Vorsitzende des muslimischen Landesverbands Schura, Recep Bilgen, kritisierte den Gesetz- entwurf. Muslimische Frauen würden dadurch in ihrer Berufsfreiheit eingeschränkt. „Du kannst dich integrieren, jeden Beruf ergreifen, nur Richterin kannst du nicht werden.“ Das sei die Botschaft, die von dem Gesetzesentwurf ausgehe. Ähnlich äußerte sich die Juristin und Theologin Hamideh Mohagheghi. „So hindert man durch Verbote Frauen daran, dass sie bestimmte Berufe ausüben“, sagte sie dem NDR (mehr). 38

Kritisiert wurde der Entwurf auch von dem Landtagsabgeordneten (Grüne). Tatsächlich seien in Niedersachsen derzeit keine Fälle bekannt, in denen Staatsanwältinnen oder Richterinnen ein Kopftuch tragen wollten. Wenn sich Verfahrensbeteiligte durch ein religiöses Symbol gestört fühlten, könne man im Einzelfall nach Lösungen suchen und im Zweifel einen Befangenheits- antrag stellen. Sollte es allerdings zu dem Gesetz kommen, sei es wichtig, dann auch die Kreuze in den Sälen zu verbieten, wie es die Justizministerin ursprünglich angekündigt habe, so Limburg gegenüber der Tageszeitung. Grundsätzlich begrüßt wurde der Gesetzentwurf demgegenüber von dem Landtagsabgeordneten Stefan Birkner (FDP). Es sei richtig, „dass die Vertreter des Gerichts als Organe der Rechtspflege keine religiösen Symbole zeigen.“ Die Neutralität müsse gewährt sein. „Nicht ohne Grund tragen Prozessbeteiligte Roben“, so Birkner. Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und der Deutsche Richterbund begrüßten die Pläne der Landesregierung. „Ein Gericht entscheidet unabhängig von religiösen Einstellungen. Diese Neutralität muss auch nach außen sichtbar werden“, sagte Barley der Neuen Osnabrücker Zeitung. Das entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (mehr). Die Präsidentin des evangelischen Landeskirchenamts in Hannover, Stephanie Springer, mahnte an, dass das Verbot religiöser Symbole mit der individuellen Religionsfreiheit sorgfältig in Abwägung gebracht werden müsse. Diskrete Zeichen wie ein kleines Kreuz, ein Davidstern oder das Zeichen einer anderen Religion an einer Kette sollten weiter erlaubt bleiben, so Springer (mehr).

1.3. Northeim: Landesbischof Meister verurteilt Schändung muslimischer Gräber In Northeim ist das 2011 angelegte muslimische Gräberfeld auf dem Stadtfriedhof geschändet wor- den. Unbekannte hätten zwölf der dreizehn Grabsteine unter anderem mit Hakenkreuzen besprüht, teilte die Polizei mit. Der Staatsschutz ermittle wegen Sachbeschädigung, Störung der Totenruhe und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Landesbischof Ralf Meister und der Northeimer Superintendent Jan von Lingen verurteilten die Schändung. „Diese unsägliche Verunstaltung verletzt die Angehörigen der Verstorbenen und richtet sich auch gegen gelungene Integration“, erklärte Meister. Die evangelische Kirche setze sich ent- schieden für den interreligiösen Dialog, gegenseitigen Respekt und die Achtung von Religionen ein. Von Lingen sagte dem Evangelischen Pressedienst, mit der Grabschändung sei ein Ort der Trauer und Heimat „auf übelste Weise angegriffen und beschädigt“ worden. „Die Schmierereien auf dem Northeimer Friedhof beschämen uns zutiefst.“ In Northeim versammelten sich mehr als 200 Menschen zu einer Mahnwache auf dem Friedhof. Zu der Aktion hatten unter anderem Bürgermeister Simon Hartmann (SPD), der Bundestagsabgeordnete Roy Kühne (CDU), Vertreter der Northeimer Ditib-Moschee und der ökumenische Arbeitskreis Nort- heim aufgerufen (mehr). Die muslimischen Landesverbände Schura und DITIB erklärten, die Islamfeindlichkeit nehme ins- gesamt zu. Mehrfach seien 2018 auch Moscheen angegriffen worden, etwa in Nordenham und Stade. Auch der Verfassungsschutz betrachtet die wachsende Islamfeindlichkeit mit Sorge (mehr).

1.4. Was sonst noch war – Landesbischof Ralf Meister zum neuen Leitenden Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gewählt (mehr) – Landeskirche und Ahmadiyya diskutieren über den Film „Moschee DE“ in der Moschee (mehr) – Landtag: SPD und CDU wollen Umbau des Hauses der Religionen in Hannover unterstützen (mehr) – Hannover: Ahmadiyya-Muslim-Gemeinschaft spendet Silberahorn für den Maschpark (mehr) – Peine: Christen und Muslime beten gemeinsam für den Frieden (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Erfurt: Grundstein für Bau einer Ahmadiyya-Moschee in Thüringen gelegt In Erfurt ist der Grundstein für den ersten Neubau einer Moschee in Thüringen gelegt worden. Beglei- tet wurde der Festakt durch Proteste von Befürwortern und Gegnern des Baus. Die Polizei sicherte den Festakt mit einem großen Aufgebot. Der Bundesvorsitzende der Ahmadiyya-Gemeinde, Uwe Wagishauser, sagte, die Moschee sei kein Symbol der Provokation oder der Landnahme, sondern schlicht ein Ort, an dem die 70 Erfurter Gemeindemitglieder in Zukunft beten könnten. Die Moscheekritiker rief er zum Dialog auf. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) begrüßte den Neubau. Eine Moschee gehöre genauso wie eine Synagoge oder eine Kirche zu unserer Gesellschaft. „Die Religionsfreiheit und die Religions- gewährung sind wichtige Prinzipien unserer offenen Gesellschaft“, so Ramelow. Zugleich warnte er vor jeder Form des religiösen Extremismus und des Antisemitismus.

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Haus kirchlicher Dienste, Kirche und Islam Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, [email protected], 0511 – 1241-972 www.kirchliche-dienste.de ISSN 2191-6772 39

Beschämt zeigte sich der thüringische Ministerpräsident über die zum Teil extremen Proteste gegen den Moscheebau. So hatten Unbekannte im Mai 2017 Schweinekadaver auf Pflöcke gespießt. Die Anfeindungen gegen den Sprecher der Thüringer Ahmadiyya-Gemeinde, Suleman Malik, machten ihn betroffen, sagte Ramelow. Die religionspolitische Sprecherin der AfD im thüringischen Landtag, Corinna Herold, bezeichnete die Grundsteinlegung als Paradebeispiel für Ignoranz und Demokratieverachtung. Bürgerproteste und das Verlangen nach Bürgerbegehren seien zur Seite gewischt und ein Verfahren vor dem Verwal- tungsgericht Weimar nicht terminiert worden. Die Moschee soll etwa 600.000 Euro kosten. Sie werden nach Angaben der Gemeinde durch Spenden aus ganz Deutschland aufgebracht (mehr).

2.2. Berlin: Deradikalisierungsprojekt in DITIB-Moschee nach Eklat vorzeitig beendet Der Verein Violence Prevention Network (VPN) hat die Zusammenarbeit mit der Berliner Sehitlik- Moschee nach einem Eklat für beendet erklärt. Die Mitarbeiterin eines Deradikalisierungsprojekts sei massiv bedrängt und schließlich aus der Moschee geworfen worden, sagte der Leiter Thomas Mücke dem Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb). „Das ist inakzeptabel. Wir mussten als Träger des Projekts sofort reagieren und die Zusammenarbeit beenden.“ Damit ist das letzte mit Bundesmitteln geförderte Projekt, an dem der Moscheeverband DITIB noch beteiligt war, gescheitert. Die Beratungsstelle „Bahira“ war seit 2015 im Rahmen des Pro- gramms „Demokratie leben!“ vom Bundesfamilienministerium und vom Berliner Senat mit rund 160.000 Euro jährlich gefördert worden. Das Kooperationsprojekt von VPN und der Sehitlik-Moschee wandte sich an Jugendliche, die in den islamisch begründeten Extremismus abzugleiten drohen. Die Politologin Pinar Cetin sagte dem rbb, das Klima in der einstigen Vorzeige-Moschee sei nach dem Putsch-Versuch in der Türkei im Sommer 2016 immer rauer geworden. Bereits 2017 habe sich abgezeichnet, „dass wir da nicht so die gewünschten Gäste sind“. Am 27. September hätten der Kultur-Attaché der Türkischen Botschaft Ahmet Fuat Candir und andere führende Ditib-Funktionäre sie schließlich umringt und lautstark der Moschee verwiesen. Man habe ihr vorgeworfen, unzulässig eine Moscheeführung durchgeführt zu haben und ein falsches Islam-Bild zu vermitteln. Die Sprecherin für Religionspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grüne im Berliner Abgeordneten- haus, , sagte dem rbb, die Einflussnahme der Türkei auf die Ditib-Moscheen werde immer stärker. „Die Fixierung auf die Verbände war ein Fehler, denn sie sind keine religiösen, sondern politische Organisationen.“ Es gebe viele junge Muslime, die hier geboren und aufgewachsen seien und die einen europäischen Islam leben wollten. Dies seien die richtigen Partner für die Zukunft. Das Bundesfamilienministerium teilte dem rbb mit, dass bereits seit Ende 2017 keine Projekte der Ditib in alleiniger Trägerschaft mehr gefördert werden. Die an der Finanzierung von Bahira beteiligten Senatsverwaltungen kündigten auf rbb-Anfrage an, das VPN-Projekt weiter unterstützen zu wollen. Allerdings müsse sich der Trägerverein nun nach neuen Kooperationspartnern umschauen. Der Dachverband Ditib reagierte auf eine rbb-Anfrage nicht (mehr).

2.3. Prominente Muslime gründen „Initiative säkularer Islam“ Eine Gruppe um den Grünen-Politiker Cem Özdemir und die Rechtsanwältin Seyran Ateş hat eine „Initiative säkularer Islam“ gegründet. Die Initiative tritt ein für „einen aufgeklärten, demokratiefähigen Islam, der selbstkritisch und offen für Kritik von außen ist.“ Ein „zeitgemäßer ‚deutscher‘ Islam“ müsse „in jeder Hinsicht unabhängig von ausländischen Regierungen und Organisationen sein. Aus diesem Grund, aber auch aufgrund demokratischer Vorbehalte lehnen wir die Anerkennung der Islamverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts ab.“ Der beste Weg, der zunehmenden Muslimfeindlichkeit entgegenzuwirken, sei, einen Islam zu entwickeln, „der mit den Menschenrechten vollumfänglich ver- einbar ist“. Der Initiative gehören unter anderen der Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad, die Soziologin Necla Kelek und der Psychologe Ahmad Mansour an (mehr).

2.4. Was sonst noch war – Berlin: Bund fördert Islamische Theologie an der Humboldt-Universität mit 5,5 Mio Euro (mehr) – Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) klagt gegen Volker Beck auf Unterlassung der Behaup- tung, der Verband werde aus Ankara gesteuert (mehr) – „Islamische Gemeinschaft in Deutschland“ (IGD) ändert ihren Namen in „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ (mehr) – Kabul: Erneuter Bombenanschlag auf afghanischen Ulema-Rat, mehr als 50 Tote (mehr).

Hannover, den 26.11.2018

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Mitteilungen 14, 2018

1. Niedersachsen 1.1. Ehemaliger Schura-Vorsitzender kündigt Gründung eines neuen Landesverbands an Der ehemalige Vorsitzende des Landesverbands der Muslime (Schura), Avni Altiner, hat die Gründung eines dritten muslimischen Landesverbands angekündigt. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (hier) bestätigte Altiner, dass ein dritter Verband im Entstehen begriffen sei. Er solle unabhängig sein und allen Muslimen und Moscheen offenstehen. Ziel sei es, dass die in langjähriger Arbeit erzielten Erfolge und Absprachen zur Integration der Muslime in Niedersachsen „nicht den Bach heruntergingen“, sagte Altiner, der mehr als ein Jahr- zehnt Vorsitzender der Schura war und die Planungen zum islamischen Religionsunterricht und zum Islamvertrag maßgeblich vorangetrieben hatte (mehr). „Wir möchten ein Verband sein, der autonom ist, keine Gelder vom Ausland bekommt und sich nur nach Niedersachsen orientiert.“ DITIB und Schura warf Altiner vor, nicht unabhängig zu agieren. Der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung sagte er, der Einfluss der an der Türkei orientierten Millî Görüş (IGMG) innerhalbe der Schura werde immer stärker. Dieser Einfluss reiche bis ins Ausland. So seien in Bosnien lebende Verwandte von niedersächsischen Muslimen kürzlich „besucht“ worden. Man habe sie gebeten, auf ihre Angehö- rigen einzuwirken, damit die bosnischen Moscheen in Niedersachsen die Schura nicht verließen. Zurzeit stünden 7 der nach eigenen Angaben 97 Schura-Moscheen hinter ihm, sagte Altiner. Unterstützt wird die Initiative unter anderem vom früheren Schura-Sprecher Firouz Vladi und der Vorsitzenden der „Muslimischen Jugendcommunity Osnabrücker Land“, Dua Zeitun. Sie sagte dem Evangelischen Pressedienst: „Wir brauchen einen neutralen Verband, der die Vielfalt des Islam in Deutschland widerspiegelt und unabhängig ist von jeglicher Nationalität.“ Der Verband müsse sich klar zu Deutschland bekennen und die unterschiedlichen muslimischen Richtungen berücksichtigen. Sie erwarte eine gleichberechtigte, partnerschaftliche und an den jeweiligen Kompetenzen orientierte Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männern. „Ich sehe mich zum Beispiel als deutsche Muslimin und möchte mich als solche von einem Verband repräsentiert fühlen“, sagte Zeitun, die als Tochter eines syrischen Imams in Osnabrück aufwuchs und sich seit Jahren haupt- und ehrenamtlich für den interreligiösen Dialog engagiert.

1.2. Ministerpräsident Weil: Islamvertrag nach DITIB-Rücktritt in weite Ferne gerückt Der angestrebte Vertrag des Landes Niedersachsen mit den muslimischen Verbänden ist aus Sicht von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) „deutlich weiter in die Ferne gerückt“. Der Rücktritt von Yilmaz Kilic als Chef des niedersächsischen DITIB-Landesverbands habe die Frage nach der Unabhängigkeit des Verbands „sehr eindeutig“ geklärt, leider „in die falsche Richtung“, sagte Weil. Die Landesregierung wisse, dass sie es bei Ditib künftig mit einer anderen Linie zu tun haben werde. Ihm fehle die Fantasie dafür, wie die Gespräche über den Islamvertrag unter diesen Bedingungen wieder in Gang kommen könnten. „Eine von einem fremden Staat ferngesteuerte Orga- nisation kann kein Partner für die niedersächsische Landesregierung sein“, so der Ministerpräsident (mehr). Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Dirk Toepffer: „Alle Koopera- tionen der niedersächsischen Landesregierung mit Ditib gehören auf den Prüfstand.“ Nach Einschätzung des Direktors des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, Bülent Ucar, steht DITIB mittlerweile für einen „zentralistisch organisierten und ferngesteuerten“ Islam. Wenn Ditib diese Politik weiter verfolge, werde der Verband sich zunehmend selbst zersetzen, sagte Ucar dem Evangelischen Pressedienst. „Wir brauchen als muslimische Community in Deutsch- land im eigenen Interesse autonom agierende Vorstände und Imame“ (mehr). Ähnlich äußerte sich der Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister. „Der Staat, wir als Kirchen und die gesamte Zivilgesellschaft brauchen auch in Zukunft ein unabhängiges Gegenüber auf muslimischer Seite. Ich hoffe sehr, dass den Muslimen in Niedersachsen jetzt der Neuanfang gelingt, damit wir den Dialog fortsetzen und hoffentlich weiter intensivieren können“, so Meister. Der neue Vorsitzende Ali Ihsan Ünlü erklärte demgegenüber, es gebe „keinen Machtwechsel, auch keinen neuen Kurs beim Landesverband Niedersachsen“. Kilics Rücktritt und der seiner Mannschaft habe „nichts mit der Türkei-Politik oder der Religionsbehörde zu tun, sondern mit inneren Auseinan- dersetzungen, in denen einige ihre Kompetenzen überschritten haben.“ Es habe einen Konflikt gege- ben, „der uns geschadet hat. Der Konflikt fand eher in Hannover als in Köln statt“, so Ünlü im Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (mehr). In der Ditib-Moschee in Hannover wollte sich der Vorstand nicht zu der Angelegenheit äußern. Ein Besucher erklärte gegenüber der HAZ, unter Kilic sei es nicht gelaufen. „Wir hatten große Erwartungen an ihn, aber er hat nichts erreicht. Wir wollen eine neue Moschee hier in Hannover, aber Herr Kilic hatte andere Interessen“ (mehr). 41

Der Vorsitzende der Schura, Recep Bilgen, sagte, er hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Vorstand. Der neue und alte Vorsitzende habe den Landesverband mit aufgebaut und sei maßgeblich dafür verantwortlich, dass es in Niedersachsen islamischen Religionsunterricht gebe. Dem neuen Ditib-Vorstand gehören neben Kilic‘ Vorgänger Ünlü an: Fatih Kurutlu, Ahmet lrmak, Hüsnü Kortak, Ertan Ünlü, Mehmet Zengin, Nurettin Polat und Harun Sapmaz. Die in der Satzung vorgesehenen Sitze des Landesfrauenverbands und des Landesjugendverbands wurden nicht besetzt.

1.3. Hannover: Projekt „Junge Muslime als Partner“ endet vorzeitig Nach dem Rücktritt des DITIB-Landesjugendvorstands hat die Evangelische Jugend der hannover- schen Landeskirche die Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts „Junge Muslime als Partner“ vor- zeitig beendet. Die beiden langjährigen Vorsitzenden des Ditib-Jugendverbands, Sümeyra Kilic und Nasuh Bellikli, seien „auf eigenen Wunsch aus der aktiven Jugendverbandsarbeit in Niedersachsen ausgeschieden“, teilte die Evangelische Jugend mit. Durch den Rücktritt ende die Kooperation ein Jahr vor dem ursprünglichen Laufzeitende des Projekts (mehr).

1.4. „Religionen im Gespräch“ wird fortgesetzt Das Talkformat Religionen im Gespräch startet mit multimedialen Erweiterungen in die zweite Staffel. Das teilten der Evangelische Kirchenfunk Niedersachsen-Bremen und das Haus kirchlicher Dienste in Hannover mit. Einmal im Monat diskutiert der Beauftragte für Kirche und Islam in der Evangelisch- lutherischen Landeskirche Hannovers, Wolfgang Reinbold, mit einer Expertin oder einem Experten über ein aktuelles Thema mit interreligiösem Bezug. Gesprächsgast des ersten Gesprächs der neuen Staffel ist der Islamische Theologe und Imam Esnaf Begic vom Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück. Mit ihm diskutiert Rein- bold über die Frage: „Wie studiert man Imam?“. Im Unterschied zur ersten Staffel, die das Format einer Talkrunde hatte, besucht der Moderator in den neuen Folgen seine Gesprächspartner vor Ort. Die Gespräche werden jeweils am 15. des Monats veröffentlicht. Sie sind auch als Podcast und über „Alexa“ verfügbar. Der hannoversche Fernsehsender „h1“ strahlt sie jeweils am 4. Donnerstag im Monat um 19:30 Uhr aus (mehr).

1.5. Was sonst noch war – Verden: Verhältnis von Christen und Muslimen Thema beim Kirchenkreisempfang (mehr) – Hannover: Christen, Juden und Muslime unterzeichnen Charta für würdevolles Sterben (mehr). – Hannover: Umbau des Hauses der Religionen rückt näher (mehr).

2. Allgemeine Lage 2.1. Bundesinnenminister Seehofer eröffnet 4. Deutsche Islam Konferenz Innenminister Horst Seehofer (CSU) hat mit einer Grundsatzerklärung die vierte Deutsche Islam- Konferenz eröffnet. Er forderte die Moscheegemeinden dazu auf, ihre Organisation und Finanzierung „weitgehend selbst“ zu stemmen und sich von ausländischen Geldgebern zu lösen. Zentrale Aufgabe der Konferenz sei es, zu klären, wie ein Islam gefördert werden könne, „der in unserer Gesellschaft verwurzelt ist“. Muslime in Deutschland hätten selbstverständlich „die gleichen Rechte und gleichen Pflichten wie jeder hier in Deutschland“, so Seehofer. „Muslime gehören zu Deutschland.“ Bereits im Vorfeld der Konferenz gab es Diskussionen über die Ausbildung von Imamen und die Rolle der deutschen Islamverbände. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sprach sich für eine Ausbildung der Imame in Deutschland aus und beklagte, dass es dafür kaum Unterstützung aus der Politik gebe. Die Türkei überweise Hunderttausende Euro, um Imame in Deutschland zu finanzieren. Es sei wohlfeil von der Politik, zu sagen, man wolle dies nicht, ohne kon- krete Alternativen anzubieten. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte einen „Neuanfang“ der Islamkonferenz. „Dazu gehört, dass bei uns in Deutschland mehr Imame ausgebildet werden. Und es braucht endlich konkrete Vorschläge zur Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften“, so Göring-Eckardt. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir kritisierte die bisherige Politik gegenüber den Islamverbänden als „zu nachgiebig“. Alle Parteien im Bund und in den Ländern hätten die Reformbereitschaft der Islamver- bände „völlig überschätzt“. Das gelte insbesondere für DITIB. Die Verbände müssten sich „von Orga- nisationen ausländischer Mächte zu deutschen Vertretungen inländischer Muslime transformieren“, forderte Özdemir. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), warb dafür, die Gesprächsfäden zu Ditib nicht abreißen zu lassen. „Innerhalb Ditibs gibt es Veränderungen. Gerade in den jüngsten Tagen haben wir bemerkt, dass sich die Gemeinden in Deutschland auch emanzipieren wollen. Ich glaube, wir müssen diesen Prozess unterstützen“. sagte Widmann-Mauz.

Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Haus kirchlicher Dienste, Kirche und Islam Prof. Dr. Wolfgang Reinbold, [email protected], 0511 – 1241-972 www.kirchliche-dienste.de ISSN 2191-6772 42

Die Staatssekretärin im nordrhein-westfälischen Integrationsministerium, Serap Güler (CDU), sprach sich für eine vom Ausland unabhängige Finanzierung muslimischer Gemeinden aus. Denkbar sei beispielsweise eine Moscheesteuer. Allerdings sei es bis dahin noch ein weiter Weg. Bis dahin sollten sich muslimische Gemeinden über eigene Mitgliedsbeiträge oder Spenden finanzieren. „Warum sollte es nicht ein ähnliches Modell zur Finanzierung der Imame geben?“, sagte Güler (mehr). Der Direktor des Instituts für Islamische Theologie der Universität Osnabrück, Bülent Ucar, sagte, er sehe in der Islam Konferenz kaum Potenzial zur Lösung der drängenden Probleme. Seit Jahren würden immer wieder Diskussionsrunden abgehalten und Absichtserklärungen abgegeben. „Ich bin inzwischen ratlos. Es wird geredet, ohne dass gehandelt wird“, so Ucar in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Stattdessen handle jetzt der türkische Staat. So habe die Religions- behörde in Ankara gerade 400 Imamstellen für das Ausland ausgeschrieben (mehr). Der Göttinger Religionsverfassungsrechtler Hans Michael Heinig forderte neben der Konferenz noch ein anderes Format für religionspolitische Diskussionen. Die Politik müsse das Politikfeld „sehr viel ernster nehmen als bislang“, so Heinig. „Ein wichtiger Schritt wäre die Etablierung einer Minister- konferenz für Religionsfragen analog zur Kultusministerkonferenz“, schlug er vor (mehr).

2.2. Rheinland-Pfalz: Arab Nil-Rhein-Verein zieht Konsequenzen aus Salafismus-Vorwürfen Der Mainzer Arab-Nil-Rhein-Verein hat angekündigt, sich aus dem Arbeitskreis Mainzer Muslime (AKMM) zurückzuziehen. Auf diese Weise will er den Weg für weitere Verhandlungen mit dem Land Rheinland-Pfalz freimachen. Zwei Gutachten für die Landesregierung hatten darauf verwiesen, dass der Verfassungsschutz Bezüge des Vereins zur Muslimbruderschaft und zum gewaltfreien Salafismus sehe. Für eine weitere Zusammenarbeit beim islamischen Religionsunterricht in Mainzer Schulen hatte das Land gefordert, dass der AKMM den Arab-Nil-Rhein-Verein als Mitglied ausschließt oder den Kontakt ruhen lässt. Der Verein ist zudem Träger des einzigen muslimischen Kindergartens in Rheinland-Pfalz. Das Ministerium hat angedroht, ihm die Betriebserlaubnis zu entziehen. Der Verein weist die Vorwürfe zurück (mehr).

2.3. Was sonst noch war – Deutsche Muslimische Gemeinschaft (ehemals: Islamische Gemeinschaft in Deutschland, IGD) weist schwere Vorwürfe des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes zurück (mehr) – Leinfelden-Echterdingen: Gemeinderat lehnt geplantes VIKZ-Schülerheim ab, VIKZ protestiert gegen die Behauptung, man betreibe „statt Integration eine abgeschottete Erziehung“ (mehr) – Berlin: Bund stellt unter Bedingungen 10 Millionen Euro für „House of One“ in Aussicht (mehr).

3. Meinungsforschung Studie der Bertelsmann Stiftung zur Frage, was einen „guten Bürger“ ausmacht Menschen mit und ohne ausländische Wurzeln unterscheiden sich kaum in ihren Erwartungen an einen guten Staatsbürger. Das ist das Ergebnis einer Meinungsumfrage der Bertelsmann Stiftung. Für die große Mehrheit könne jeder ein guter Bürger sein – unabhängig davon, ob er in Deutschland geboren ist oder nicht. Bei 90 Prozent der Befragten herrsche zudem Einigkeit darüber, was einen guten Bürger ausmacht (mehr).

4. Videos Wie studiert man Imam? Religionen im Gespräch Gast: Esnaf Begic, Institut für Islamische Theologie der Universität Osnabrück Moderation: Wolfgang Reinbold, Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers (mehr).

Wir wünschen unseren christlichen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten. Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein gesegnetes neues Jahr.

Den Interreligiösen Kalender 2019 finden Sie hier.

Hannover, den 20.12.2018

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