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CIMA Beratung + Management GmbH Goethestraße 2 50823 Köln Einzelhandelskonzept T 02234-92965-17 F 02234-92965-18 Stadt Vreden, www.cima.de Fortschreibung 2020

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Citymanagement Bearbeitung Marketing Dr. Wolfgang Haensch Immobilien Tim Köster Regionalwirtschaft Organisationsberatung Einzelhandel

Kultur Wirtschaftsförderung Köln, 21.09.2020 Tourismus Citymanagement

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Tourismus Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Nutzungs- und Urheberrechte

Die vorliegende Ausarbeitung ist durch das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) und andere Gesetze geschützt. Die Urheberrechte verbleiben bei der CIMA Beratung + Management GmbH (cima).

Der Auftraggeber kann die Ausarbeitung innerhalb und außerhalb seiner Organisation verwenden und verbreiten, wobei stets auf die angemessene Nennung der CIMA Beratung + Management GmbH als Urheber zu achten ist. Jegliche - vor allem gewerbliche - Nut- zung darüber hinaus ist nicht gestattet, sofern nicht eine gesonderte Vereinbarung getrof- fen wird.

Haftungsausschluss gutachterlicher Aussagen

Für die Angaben in diesem Gutachten haftet die cima gegenüber dem Auftraggeber im Rahmen der vereinbarten Bedingungen. Dritten gegenüber wird die Haftung für die Voll- ständigkeit und Richtigkeit der im Gutachten enthaltenen Informationen (u. a. Datenerhe- bung und Auswertung) ausgeschlossen.

Sprachgebrauch

Aus Gründen der Lesbarkeit wird bei Personenbezügen die männliche Form gewählt. Die Angaben beziehen sich jedoch immer auf Angehörige aller Geschlechter, sofern nicht aus- drücklich auf ein Geschlecht Bezug genommen wird.

HINWEIS:

Die vorliegende Fassung der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes wurde nach Durchführung eines Beteiligungsverfahrens der Träger Öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit am 29.10.2020 durch den Rat der Stadt Vreden als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossen.

2 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Inhalt 1 Einführung 7

1.1 Anlass und Aufgabenstellung 7 1.2 Projektansatz 8 1.3 Methodik 8 2 Allgemeine Trends im Einzelhandel 11

2.1 Steigender Wettbewerbsdruck 11 2.2 Veränderte Kundenansprüche 11 2.3 Herausforderung Online-Handel 13 2.4 Entwicklung der Betriebsformen 18 2.5 Chancen des Einzelhandels in Mittelzentren 21 2.6 Exkurs: Aktuelle Entwicklungen im Lebensmitteleinzelhandel 24 3 Zur rechtlichen Einordnung von Einzelhandelskonzepten 26

3.1 Grundsätzliche rechtliche Rahmenbedingungen 26 3.2 Inhalte kommunaler Einzelhandelskonzepte 28 4 Analyse Einzelhandelsstandort Vreden 2020 29

4.1 Strukturelle Rahmenbedingungen 29 4.2 Angebotssituation des Einzelhandelsstandortes Vreden 32 4.2.1 Methodik der Einzelhandelserhebung 32 4.2.2 Vorhandener Einzelhandelsbesatz in der Stadt Vreden 33 4.2.3 Vorhandener Einzelhandelsbesatz in der Innenstadt Vreden 35 4.2.4 Räumliche Verteilung des Einzelhandels im Vredener Stadtgebiet 38 4.2.5 Der großflächige Einzelhandel in der Stadt Vreden 39 4.2.6 Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Stadt Vreden 41

4.3 Regionale Wettbewerbssituation 43 4.4 Nachfragesituation des Einzelhandelsstandortes Vreden 2020 46 4.4.1 Marktgebiet des Einzelhandelsstandortes Vreden 46 4.4.2 Nachfragepotenzial im Einzugsgebiet 47 4.4.3 Einzelhandelszentralität in Vreden nach Warengruppen 49

3 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

5 Zentrale Zielsetzungen der zukünftigen Einzelhandelsentwicklung in Vreden 52

6 Konzeption 54

6.1 Zentren- und Standortkonzept für die Stadt Vreden 54 6.2 Zentraler Versorgungsbereich in Vreden 57 6.2.1 Abgrenzung Hauptzentrum Innenstadt Vreden 60 6.2.2 Handlungsempfehlungen für die Entwicklung der Innenstadt Vreden 62 6.2.3 Branchenmixoptimierung Innenstadt Vreden 66

6.3 Nahversorgungskonzept 70 6.3.1 Aktuelle Versorgungsstrukturen in Vreden 70 6.3.2 Bewertungen und Empfehlungen hinsichtlich des Nahversorgungsangebotes innerhalb der Versorgungsbereiche 74

6.4 Vredener Sortimentsliste 78 6.4.1 Vorbemerkung 78 6.4.2 Kriterien zur Bestimmung der Zentrenrelevanz einzelner Sortimente 79 6.4.3 Zur Ableitung der Vredener Sortimentsliste 80

6.5 Empfehlungen zur Bauleitplanung und die Genehmigungspraxis 87 6.5.1 Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplanes Nordrhein-Westfalen 87 6.5.2 Übergeordnete Empfehlungen zur Steuerung des Einzelhandels in der Stadt Vreden 91

7 Erforderliches Beteiligungsverfahren und förmliche Beschlüsse 95

4 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abbildungen

Abb. 1: Übersicht cima-Erhebungssystematik (31 Warengruppen) 9 Abb. 2: Übersicht cima-Hauptwarengruppen 10 Abb. 3: Flagship-Stores der Kölner Innenstadt: P&C-Weltstadthaus und Reisekaufhaus Globetrotter 12 Abb. 4: Umsatzentwicklungen des Online-Handels in Deutschland 14 Abb. 5: Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels (in Mrd. €) und Anteil des Online- Handels (in % des Gesamtumsatzes) 15 Abb. 6: Umsatzanteil nach Branchen am Gesamtonlinevolumen 2018 16 Abb. 7: Bevorzugte Einkaufswege nach Altersgruppen (in % der Altersgruppen) 17 Abb. 8: Umsatzveränderungen Offline & Online (in % nach Branchen im Jahr 2018) 18 Abb. 9: Marktanteile nach Vertriebsformen 2007 – 2018 (in %) 19 Abb. 10: Buch & Wein (Stadt Diez, Rheinland-Pfalz) 21 Abb. 11: Uhren, Schmuck & Schmiede Leonhardt (Stadt Bad Wildungen) (früheres und aktuelles Ladenlokal) 22 Abb. 12: Textilhaus Heinze (Stadt Frankenberg (Eder)) 22 Abb. 13: Schreib-Shop Marschallek (Erftstadt – Lechenich) 23 Abb. 14: Veränderungen im Konsumverhalten mit dem „Wegbrechen der Mitte“ 24 Abb. 15: räumliche Lage der Stadt Vreden und zentralörtliche Funktion 29 Abb. 16: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vreden 30 Abb. 17: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftszweigen in Vreden 31 Abb. 18: Entwicklung Kaufkraftindex 2015 - 2019 31 Abb. 19: Einzelhandelsbestand nach Warengruppen in der Stadt Vreden 2020 34 Abb. 20: Städtebauliches Erscheinungsbild in der Innenstadt Vreden 35 Abb. 21: Räumliche Verteilung des Einzelhandels in der Vredener Innenstadt 36 Abb. 22: Verkaufsfläche und Umsatz in der Vredener Innenstadt 37 Abb. 23: Räumliche Verteilung der Einzelhandelsbetriebe im Vredener Stadtgebiet 38 Abb. 24: Räumliche Verteilung des Einzelhandelsbestandes im Vredener Stadtgebiet (Innenstadt / restliches Stadtgebiet) 39 Abb. 25: Verteilung der großflächigen Einzelhandelsbetriebe im Vredener Stadtgebiet 40 Abb. 26: Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Gesamtstadt Vreden (2010 - 2020) 41 Abb. 27: Entwicklung des Einzelhandelbestandes Vreden im Vergleich zu anderen NRW-Mittelzentren 41 Abb. 28: Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Innenstadt Vreden (2010 - 2020) 42 Abb. 29: Kaufkraftkennziffer für ausgewählte Kommunen in der Region 43 Abb. 30: Marktgebiet des Vredener Einzelhandels 47 Abb. 31: Kaufkraftpotenzial in der Stadt Vreden 2020 48 Abb. 32: Umsatz, Kaufkraft und Handelszentralität in Vreden (Gesamtstadt) 49

5 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 33: Ranking: warengruppenspezifische Handelszentralitäten in Vreden 50 Abb. 34: Handelszentralitäten in der Region im cima-Vergleich 51 Abb. 35: Zentrenkonzept für die Stadt Vreden 55 Abb. 36: Zentraler Versorgungsbereich Hauptzentrum Innenstadt Vreden 60 Abb. 37: Einzelhandelsbestand im Hauptzentrum Innenstadt Vreden 61 Abb. 38: Stärken- / Schwächen- / Chancen- / Risiko-Analyse der Vredener Innenstadt 62 Abb. 39: Trading-Down-Prozess von Innenstadtlagen mit Lösungsansätzen 63 Abb. 40: Aktuelle Entwicklungen Markt Vreden 65 Abb. 41: Branchenmixanalyse für die Innenstadt Vreden 67 Abb. 42: Kennzahlen zur Versorgung der Stadt Vreden mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel 71 Abb. 43: Übersicht der wichtigsten Anbieter von Nahrungs- und Genussmitteln im Stadtgebiet Vreden 71 Abb. 44: Nahversorgungsstruktur in Vreden 72 Abb. 45: Maximale Ausstattung im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel 75 Abb. 46: Erstbewertung der Genehmigungsfähigkeit einer Erweiterung der Standortagglomeration Up de Hacke 76 Abb. 47: Verkaufsflächenanteile innerhalb und außerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches der Stadt Vreden auf Sortimentsebene 85 Abb. 48: Vredener Sortimentsliste 86 Abb. 49: Steuerungsschema zur Zulässigkeit bzw. Nicht-Zulässigkeit von Einzelhandels- nutzungen 94

6 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

1 Einführung

1.1 Anlass und Aufgabenstellung

Als Entscheidungsgrundlage zur planungsrechtlichen Steuerung der Einzelhandelsentwicklung in der Stadt Vreden dient bislang das „Einzelhandelskonzept für die Stadt Vreden“ aus dem Jahr 2010.1

Zwischenzeitlich haben sich nicht nur grundlegende Veränderungen in der Einzelhandelsstruktur von Vreden ergeben; auch auf Landesebene wurde mit dem Landesentwicklungsplan Nordrhein- Westfalen im Februar 2017 eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Handlungserfordernisse erge- ben sich schließlich auch durch die anhaltenden Anfragen des großflächigen Einzelhandels für Standorte außerhalb des für die Innenstadt von Vreden abgegrenzten Zentralen Versorgungsbe- reichs. Darüber hinaus erfordern weitere Veränderungen der allgemeinen Rahmenbedingungen des Einzelhandels (u. a. demographischer Wandel, Angebote des Online-Handels) eine aktuelle Ein- schätzung der Einzelhandelsstrukturen in der Stadt Vreden.

Die Inhalte eines kommunalen Einzelhandelskonzeptes leiten sich u. a. aus dessen Bedeutung als städtebauliches Entwicklungskonzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB ab. Wird das vorliegende Ein- zelhandelskonzept vom Rat der Stadt Vreden als städtebauliches Entwicklungskonzept förmlich be- schlossen, sind die darin enthaltenen Zielsetzungen im Rahmen der Bauleitplanung als Abwä- gungsgrundlage zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber hat den Kommunen hierbei umfangreiche Möglichkeiten eingeräumt, die Entwicklung des (großflächigen) Einzelhandels planungsrechtlich zu steuern. Ziele der Landesplanung sind u. a. die Erhaltung und die Weiterentwicklung der gewachse- nen Zentren und die Sicherstellung qualifizierter wohnungsnaher Angebote mit Waren des tägli- chen Bedarfs. Vorhaben an nicht integrierten Standorten, die dieser Zielsetzung widersprechen, können von den Kommunen bei Einsatz der entsprechenden planungsrechtlichen Instrumente ab- gelehnt werden.

Zudem soll das Einzelhandelskonzept sowohl Verwaltung und Politik als auch den ansässigen Un- ternehmen als Orientierungsleitfaden für die zukünftige Einzelhandelsentwicklung dienen; es soll hierbei räumliche und strukturelle Perspektiven aufzeigen, die im Sinne eines Entwicklungskonzep- tes den örtlichen Einzelhandel weiterzuentwickeln helfen.

Die CIMA Beratung + Management GmbH, Köln, wurde im Oktober 2016 von der Stadt Vreden mit der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes beauftragt. Nach Abstimmung mit der Stadt Vre- den erfolgten die Vor-Ort-Arbeiten im Zeitraum Dezember 2016 / Januar 2017. Die Bearbeitung des Einzelhandelskonzeptes wurde ab Sommer 2018 bis Januar 2020 aufgrund laufender Planungen und öffentlicher Diskussionen zu Einzelhandelsentwicklungen an ausgewählten Standorten unter- brochen. Mit Wiederaufnahme der Bearbeitung erfolgte im Februar 2020 eine Aktualisierung der Einzelhandelsvollerhebung vom Dezember 2016 / Januar 2017 für das gesamte Stadtgebiet.

1 CIMA Beratung + Management GmbH (2010): Einzelhandelskonzept der Stadt Vreden – Fortschreibung unter Berück- sichtigung des § 24a LEPro NRW, Köln.

7 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

1.2 Projektansatz

Dem vorliegenden Einzelhandelskonzept liegt der nachfolgend aufgezeigte Projektansatz zugrunde:

▪ Das kommunale Einzelhandelskonzept ist mittel- und langfristiger Orientierungsleitfaden für Politik, Verwaltung und Unternehmen: Wohin kann sich der Einzelhandel in der Stadt Vreden zukünftig entwickeln? Welche Fehlentwicklungen sollten vermieden werden? ▪ Das kommunale Einzelhandelskonzept ist Handlungskonzept für die Kommune: Wie kön- nen die Rahmenbedingungen des Einzelhandels verbessert werden? Welche Möglichkeiten gibt es zur Stärkung der Zentren und der wohnungsnahen Versorgung? Welche Standorte sind für den großflächigen nicht-zentrenrelevanten Einzelhandel gutachterlich zu befürworten? ▪ Das kommunale Einzelhandelskonzept ist Fachgutachten und Arbeitshilfe für die pla- nungsrechtliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung: Wie ist der Zentrale Versorgungs- bereich der Vredener Innenstadt begründet abzugrenzen? Welche Sortimente sind als nahver- sorgungs- bzw. zentrenrelevant einzustufen? Wie sollte mit Ansiedlungsgesuchen großflächiger Einzelhandelsbetriebe umgegangen werden? Ein Einzelhandelskonzept erfordert daher zum einen eine intensive Auseinandersetzung mit den ökonomischen Strukturen und Entwicklungen des Handels; zum anderen sind aber auch stadtent- wicklungspolitische Fragestellungen zu beachten.

1.3 Methodik

Das vorliegende Einzelhandelskonzept baut auf den folgenden Arbeitsschritten auf:

▪ Durchführung einer Angebots- und Nachfrageanalyse, u. a. durch eine Vollerhebung des Einzel- handelsbesatzes im gesamten Stadtgebiet im Dezember 2016 / Januar 2017 und der Ermittlung des aktuellen Kaufkraftpotenzials in Vreden. Diese Vollerhebung wurde im Februar 2020 aktuali- siert. ▪ städtebauliche und funktionale Bestandsaufnahme des Zentralen Versorgungsbereiches in Hin- blick auf die Eignung als Einzelhandelsstandort ▪ Ermittlung des aktuellen Kaufkraftpotenzials im Stadtgebiet Vreden auf der Grundlage aktueller Einwohnerzahlen, Kaufkraftkennziffern auf Gemeindeebene und bundesweiter Verbrauchsaus- gaben ▪ Ausarbeitung einer Einzelhandelskonzeption mit Maßnahmenempfehlungen (Zentrenkonzept mit einer begründeten Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche, Nahversorgungskonzept, Fortschreibung der Vredener Sortimentsliste, Empfehlungen zur planungsrechtlichen Steuerung des Einzelhandels, Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung der Innenstadt) ▪ Durchführung von projektbegleitenden Veranstaltungen und Arbeitssitzungen (u. a. Vorstellung der Analyseergebnisse im Arbeitskreis Innenstadt, Sitzungen des Bau-, Planungs- und Umwelt- ausschusses, Arbeitssitzungen mit Vertretern der Stadt Vreden, der Stadtmarketing Vreden GmbH, der Bezirksregierung Münster und der IHK Nord Westfalen)

8 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Die Angebotsanalyse basiert auf einer Vollerhebung der Einzelhandelsverkaufsflächen2 im gesam- ten Vredener Stadtgebiet. Die erhobenen Einzelhandelsdaten wurden entsprechend der differen- zierten cima-Systematik (31 Teilsortimente) erhoben und aufbereitet. Im Sinne einer besseren Les- barkeit und der Beachtung des Datenschutzes erfolgte im Rahmen der Berichtserstellung eine Zu- ordnung der insgesamt 31 Teilsortimente zu 14 Hauptwarengruppen (vgl. Abb. 2).

Abb. 1: Übersicht cima-Erhebungssystematik (31 Warengruppen)

Periodischer Bedarf Nahrungs- und Genussmittel Schnittblumen, Floristik Drogerie- und Parfümerieartikel Zeitschriften, Zeitungen Freiverkäufliche Apothekenwaren

Aperiodischer Bedarf Oberbekleidung Elektrogeräte, Leuchten Wäsche, sonst. Bekleidung Unterhaltungselektronik Schuhe Computer, Büro-/ Telekommunikation Lederwaren Foto Sportartikel Musikinstrumente, Sammelhobbies, Waffen Glas, Keramik, Porzellan, Hausrat Fahrräder Uhren, Schmuck Kfz-Zubehör Optik, Hörgeräteakustik Möbel med.-ortho. Bedarf (Sanitätsartikel) Antiquitäten, Kunstgegenstände Bücher Zoobedarf Schreibwaren Eisenwaren, Baumarktartikel Spielwaren Farben, Tapeten, Bodenbeläge, Lacke Heimtextilien Pflanzen, Gartenbedarf

Quelle: cima (2020)

2 Verkaufsfläche ist die Fläche, auf der die Verkäufe abgewickelt werden und die vom Kunden zu diesem Zwecke betreten werden darf, einschließlich der Flächen für Warenpräsentation (auch Käse-, Fleisch- und Wursttheken), Kassenvorraum mit „Pack- und Entsorgungszone“ und Windfang. Ebenso zählen zur Verkaufsfläche auch Pfandräume (ohne Fläche hin- ter den Abgabegeräten), Treppen, Rolltreppen und Aufzüge im Verkaufsraum sowie Freiverkaufsflächen. Nicht dazu ge- hören reine Lagerfläche und Flächen, die der Vorbereitung / Portionierung der Waren dienen sowie Sozialräume, WC- Anlagen etc. (vgl. hierzu auch BVerwG 4C 10.04 und 4C 14.04 vom 24.11.2005)

9 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 2: Übersicht cima-Hauptwarengruppen

Hauptwarengruppe Erläuterung

Periodischer Bedarf insgesamt Nahrungs- und Genussmittel Back- und Fleischwaren, Reformwaren, Getränke, Tabakwaren Gesundheits- und Körperpflege Drogerie- und Parfümeriewaren, freiverkäufliche Apothekenwaren (apothekenübliches Randsorti- ment, freiverkäufliche Arzneimittel) Schnittblumen, Zeitschriften Schnittblumen, Zeitungen, Zeitschriften Aperiodischer Bedarf insgesamt Oberbekleidung (Damen, Herren, Kinder), Berufsbe- Bekleidung, Wäsche kleidung, Wäsche, Hüte, Mützen Schuhe, Lederwaren Schuhe, Lederwaren, Koffer

Bücher, Schreibwaren Bücher, Schreib-, Papierwaren, Bastelbedarf Spielwaren inkl. Modellbau, Musikinstrumente, Mu- Spielwaren, Hobbybedarf sikalienbedarf, Briefmarken, Münzen Sportartikel (Kleingeräte wie Bälle, Hanteln, Schwimmbrillen, Gymnastikmatten sowie Großgerä- Sportartikel, Fahrräder te wie Heimtrainer, Laufbänder), Sportbekleidung, Sportschuhe, Fahrräder und Fahrradzubehör, Cam- pingartikel „weiße Ware“ (Haushaltsgeräte wie Spülmaschine, Kühlschrank, Waschmaschine), Telekommunikation Elektroartikel, Unterhaltungselektronik (Telefone, Smartphones), Computer, Drucker, Foto, Unterhaltungselektronik, Lampen / Leuchten, Bild- und Tonträger Uhren, Schmuck Uhren, Schmuck

Optik, Akustik, Sanitätsartikel Brillen, Sehhilfen, Hörgeräte, Sanitätsartikel Keramische Erzeugnisse, Glaswaren, Kochbesteck, Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat Kochzubehör wie Pfannen und Töpfe, Haushaltswa- ren wie Besen, Wäscheständer Möbel (inkl. Küchen-, Büro-, Gartenmöbel), Matrat- Einrichtungsbedarf zen, Heimtextilien (Bettwäsche, Gardinen, Handtü- cher, Stoffe), Antiquitäten und Kunstgewerbe Baumarktartikel, Eisenwaren, Farben, Tapeten, Bo- denbeläge, Baumaterialien, Elektroinstallationsbe- Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel darf, Kfz-Zubehör, Pflanzen, Gartenartikel und Gar- tengeräte Quelle: cima (2020)

10 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

2 Allgemeine Trends im Einzelhandel

2.1 Steigender Wettbewerbsdruck

Der Einzelhandel sieht sich seit Jahren mit neuen Herausforderungen und sich verändernden Rah- menbedingungen konfrontiert.

Die Bevölkerung wird in Deutschland trotz Zuwanderung langfristig zurückgehen und auf diese Weise auch die Nachfrage. Daneben verändert sich die Bevölkerungsstruktur vor allem im Bereich der älteren Bevölkerungsgruppen. Das sich erweiternde Marktsegment der „jungen Alten” wird da- bei zu einer neuen, wichtigen Zielgruppe für den Handel.

Bei nur leicht wachsendem Gesamtumsatz ist der Handel vor allem durch einen starken Verdrän- gungswettbewerb gekennzeichnet.

Der Preis (Discountorientierung, Stichwort „Geiz ist geil“) wird weiterhin ein Instrument zur Erhö- hung von Marktanteilen und Marktdurchdringung bleiben. Trotz der wieder zunehmenden Quali- tätsorientierung und den aktuell steigenden privaten Verbrauchsausgaben (gute Arbeitsmarktlage und steigende Gehälter) bleibt der Kaufpreis auf Verbraucherseite immer noch ein wichtiger Aspekt bei der Kaufentscheidung.

Weit wichtiger für die aktuelle und zukünftige Entwicklung und dem damit verbundenen Struktur- wandel innerhalb der Handelslandschaft ist die Zunahme des Online-Handels. Durch diese Entwick- lungen steht der mittelständische Handel nicht nur regionalen Wettbewerbern, sondern auch na- tionaler oder sogar internationaler Konkurrenz gegenüber. Der E-Commerce verzeichnet seit Jahren ein stetiges Umsatzwachstum (Kap. 2.3).

2.2 Veränderte Kundenansprüche

Sowohl Kunden als auch Einzelhändler reagieren unterschiedlich auf gesellschaftliche Trends. Kon- summuster verschwimmen zunehmend und der Konsument als solches wird für den Einzelhandel zunehmend „unberechenbarer“. Kennzeichen hierfür sind ein multi-optionales Verhalten des Ver- brauchers beim Einkauf sowie die hohe Wechselbereitschaft zwischen Produkten, Anbietern und Einkaufsstätten.

Die Ansprüche der Konsumenten steigen nicht nur in puncto Qualität. Über den reinen Versor- gungsaspekt hinausgehend soll das Einkaufen als Erlebnis und aktive Freizeitgestaltung fungieren (Erlebniseinkauf). Es besteht der Wunsch nach emotionaler Stimulierung, Unterhaltung und Service. In Anbetracht dieser Entwicklungen ist es wichtig, dass der stationäre Handel seinen Mehrwert dar- stellt und kommuniziert, was nur im direkten Kontakt möglich ist. Dies betrifft beispielsweise den direkten Kontakt mit dem Produkt und dem Berater vor Ort. Schlagworte wie Authentizität, Erlebnis, Emotion, Individualität / Personalisierung, Service und Convenience werden somit nicht nur für den Verbraucher beim Einkauf immer wichtiger, auch für den Handel steigt deren Bedeutung im Wett- bewerb mit dem Online-Handel.

Als Folge daraus resultieren verschiedene Trends, Entwicklungen und Strategien des Handels, um den hybriden Kunden anzusprechen.

11 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Inszenierung Aufgrund des zunehmenden Angebotes an Produkten und Vertriebskanälen sind eine gezielte In- szenierung der Waren und Räume sowie die Vermittlung von Erlebniswerten und zusätzlichen An- reizen für den Kunden von großer Bedeutung. Eine professionelle und individuelle Ladengestaltung spielt zunehmend eine wichtige Rolle, da das Produkt allein nicht mehr ausreicht, um Kunden in den Verkaufsraum zu lenken. Auch das Wecken von Sympathie durch regelmäßige und individuelle Aktionen und Aufmerksamkeiten gegenüber dem Kunden, kann oftmals einen entscheidenden Fak- tor zur Generierung eines emotionalen Mehrwertes darstellen. Die Möglichkeiten zu einer anspre- chenden Inszenierung sind dabei nicht nur auf den Verkaufsraum und die Warenpräsentation be- schränkt, auch der Online Auftritt bzw. Broschüren stellen wichtige Plattformen für eine gelungene Inszenierung dar.

Profilierung Durch gezielte Profilierung werden die Markenkerne des Unternehmens oder auch Einzelhandelsla- gen und Quartiere herausgearbeitet, um somit eine Abgrenzung und Positionierung im Vergleich zu Wettbewerbern zu verbessern. Dies kann durch die spezielle Betriebshistorie oder durch Spezia- lisierungen z. B. über Sortiment, Personal, Service erfolgen. Es gilt ein Bild in den Köpfen der Kon- sumenten zu hinterlassen.

Convenience Die Faktoren Zeit und Bequemlichkeit spielen eine wichtige Rolle im Konsumverhalten der heutigen Zeit. Convenience ist somit als Anspruch der Kunden sowohl an den Einkauf als auch an das Pro- dukt zu verstehen. Letzteres zeigt sich u. a. durch das individuelle und passgenaue Angebot in Frischtheken zum schnellen Verzehr direkt zum Mitnehmen. Ebenso findet sich das Prinzip der Con- venience in der Ladengestaltung, z. B. in Form von Kinderspielecken, Sitzmöglichkeiten etc.

Flagship-Stores In den „Vorzeigeläden“ der jeweiligen Handels- oder Dienstleistungsunternehmen geht es weniger um den Umsatz als um die Präsenz in den A-Lagen der Zentren. Ziel ist es durch Exklusivität die Be- kanntmachung der Marke bspw. bei Touristen voranzutreiben, weshalb in „Flaggschiffläden“ weder interaktive noch individuelle Elemente fehlen dürfen. Häufig werden die neuesten Produkte und Entwicklungen zunächst nur in Flagship-Stores präsentiert.

Abb. 3: Flagship-Stores der Kölner Innenstadt: P&C-Weltstadthaus und Reisekaufhaus Globetrotter

Quelle: cima (2020)

12 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Authentizität Neben den Trends zu großen Ketten und Internethandel gibt es auch eine Rückbesinnung zu Regi- onalität und Einzigartigkeit im Offline-Handel. Denn durch die große Konkurrenz sind kleine Einzel- handelsbetriebe zur Handlung gezwungen. Die Identifikation mit dem Produkt, das Vorweisen einer handwerklichen Tradition sowie glaubwürdiges Auftreten kann hier von Vorteil sein. Kunden legen dabei weniger Wert auf den „großen Auftritt“ als auf Transparenz, Echtheit und eine kompetente Beratung. Warenpräsentation und Ladendesign können dabei auch puristischer anmuten.

Mono-Label Store Als Mono-Label Stores werden Geschäfte bezeichnet, die auf ihrer Verkaufsfläche ausschließlich Produkte einer Marke verkaufen. War dieser Trend schon seit längerem in der Modebranche etab- liert, so sind nun Firmen verschiedener anderer Branchen mit aufgesprungen. Der zentrale Vorteil dieser Läden liegt in der Nähe zwischen Verkäufer / Unternehmen und Endverbraucher. Aufgrund dieser engen Bindung kann schneller auf Vorlieben, Trends und Gewohnheiten der Kunden reagiert werden. An den guten bis sehr gute Standorte der Großstädte nimmt das Platzangebot rapide ab. Mono-Label Stores können eine Antwort des Einzelhandels auf dieses Problem darstellen. Statt der großen Markenvielfalt in Multi-Label Stores wird hier eher eine kleinere Auswahl an Waren in enger Zusammenarbeit mit den Herstellern angeboten.

Cross-Selling Dem Kunden werden Zusatzangebote bereitet, die die Kundenbindung erhöhen. Dies kann durch die Ergänzung des eigenen Sortiments (Schuhe und Schuhputzcreme), durch ergänzende Service- leistungen im Geschäft (Café, Postfiliale etc.) oder durch das Angebot von Produkten / Leistungen anderer Unternehmen erfolgen. Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung von Cross- Selling innerhalb des stationären Einzelhandels ist der Vertrieb von Serviceleistungen oder Weiter- bildungsangeboten durch Elektro-Fachmärkte. Dies kann u. a. das Anbieten von Garantieverlänge- rungen, den Aufbau und die Installation des Gerätes sowie das Veranstalten von Kursen zur Bedie- nung der erworbenen Geräte einschließlich der installierten Software umfassen. Die Schaffung von Zusatzleistungen ergänzend zu den angebotenen Produkten ist für den stationären Einzelhandel eine Möglichkeit, sich gegenüber dem Online-Handel zu profilieren.

2.3 Herausforderung Online-Handel

Digitalisierung und E-Commerce Der Haupteinflussfaktor auf das Verbraucherverhalten ist aber die weiterhin zunehmende Digitali- sierung. Für den stationären Handel kann E-Commerce sowohl Risiko als auch Chance darstellen. Einerseits verschärft sich durch die wachsende Anzahl an digitalen Angeboten und die damit ein- hergehenden Vorteile für den Kunden die Wettbewerbssituation für den stationären Einzelhandel. Kunden möchten sich vor dem Kauf jederzeit, überall und über alle Kanäle informieren. Dies ge- schieht zum einen im Geschäft durch die Beratung vor Ort, zum anderen mit Laptop, PC, Tablet und Smartphone online auf Webseiten, Vergleichsportalen und in sozialen Netzwerken genauso wie analog über Printmedien. Dabei reicht es nicht mehr aus, nur einen Kanal als Händler zu bedienen; es müssen möglichst alle Kanäle genutzt und (gleichzeitig) bedient werden. Der Kunde kann beim sogenannten Multi-Channeling beim Kauf zwischen mehreren Vertriebskanälen wählen, z. B. zwi- schen Online-Shop, Katalog oder stationärem Handel. Beim Cross-Channeling kann der Kunde während des Einkaufes zwischen den Kanälen wechseln, z. B. das Produkt online bestellen und sta- tionär im Geschäft abholen.

13 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Andererseits eröffnen die Entwicklungen im E-Commerce auch kleinen Händlern eine Chance: So wird eine Kaufentscheidung oftmals online vorbereitet jedoch im stationären Handel tatsächlich ge- tätigt. Hierbei spricht man vom sogenannten ROPO-Effekt (= Research online, purchase offline (Su- che Online – Kaufe Offline) – eine Chance für den stationären, mittelständischen Handel vor Ort. Es- senziell für den stationären Händler ist dabei eine Online-Präsenz mit Informationen zum Ladenge- schäft, um digital vom Kunden aufgefunden zu werden.

Eine Webseite mit Informationen zum Geschäft, Öffnungszeiten und eine Darstellung der Produkte stellt dabei eine absolute Notwendigkeit dar. Darüber hinaus bieten Unternehmen Dienste für Händler, um sich digital zu positionieren und insbesondere bei regionalen Suchanfragen gefunden zu werden. Dies kann über Anbieter von lokalen und nationalen Online Marktplätzen (bspw. Atalanda, yatego) als auch über Plattformen globaler Internetdienstleister (Google Ad Words, Google My Business etc.) erfolgen. Ferner bieten Social Media-Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram und YouTube die Möglichkeit, Produkte, Aktionen etc. zu bewerben.

Mit der wachsenden Bedeutung des Online-Handels wird der stationäre Handel immer häufiger zum reinen Ausstellungsraum: Beim sogenannten „Showrooming“ informieren sich die Interessen- ten im Laden, kaufen anschließend aber online. Die Herausforderung für den Handel besteht darin, die Vorteile aller Vertriebskanäle zu kombinieren und somit ein Ladengeschäft zum echten Fühlen, Erleben, Kontakt mit dem Produkt und anschließender Bestellmöglichkeit im Netz zu schaffen. Im Idealfall gelingt es dem stationären Händler, dass der Kunde am Ende bei ihm kauft – offline im La- den oder online.

Entwicklung des Online-Handels insgesamt Zwischen 2008 und 2018 ist der Umsatz im Online-Handel um ca. 40,7 Mrd. €, von etwa 12,6 Mrd. € im Jahr 2008 auf 53,3 Mrd. € im Jahr 2018 angestiegen. Dies entspricht in etwa einer Vervierfachung des Gesamtumsatzes. Für das Jahr 2019 wurde ein Anstieg auf 57,8 Mrd. € prognostiziert.

Abb. 4: Umsatzentwicklungen des Online-Handels in Deutschland

57,8 53,3 48,9 44,2 39,9 35,6 29,5 32,0 28,0 23,8 24,4

20,2 20,8 Umsatz Umsatz Mrd. in € 15,6 14,8 14,3 11,3 12,1 10,8 10,5 9,1 8,5 3,0 4,6 4,2 3,6 4,0 3,6 4,3 4,3 4,7 4,4 4,5

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 (p) Umsatz Online-Handel in Mrd. € (netto) Entwicklung zum Vorjahr in % Quelle: cima (2020); Datengrundlage: HDE Online-Monitor 2019

14 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Seit dem Jahr 2010 ist erkennbar, dass die relative Wachstumsrate des Online-Handels rückläufig ist. Dennoch wurde für das Jahr 2018 eine Wachstumsrate von 9,1 % verzeichnet. Das absolute Wachstum lag in den vergangenen Jahren jedoch konstant bei rd. 4 Mrd. € pro Jahr und stieg im Jahr 2018 auf rd. 4,4 Mrd. € an.

Auch der Anteil des Online-Handels am gesamtdeutschen Einzelhandelsumsatz ist in den vergan- genen zehn Jahren deutlich gestiegen. Während der Online-Handel im Jahr 2009 noch einen Anteil von ca. 3,7 % des gesamtdeutschen Einzelhandelsumsatzes ausgemacht hat, waren es im Jahr 2018 ca. 10,1 %. Aktuelle Prognosen zeigen, dass auch weiterhin von einem Anstieg der Bedeutung des Online-Handels auszugehen ist.

Abb. 5: Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels (in Mrd. €) und Anteil des Online- Handels (in % des Gesamtumsatzes)

537 513 527 478 493 445 451 458

419 427 438 Umsatz Umsatz Mrd. in €

3,7 4,7 5,6 6,3 7,1 7,8 8,3 9,0 9,5 10,1 10,8

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 (p)

Onlineanteil in % Umsatz im gesamtdeutschen Einzelhandel in Mrd. € (netto)

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: HDE Online-Monitor 2019

Entwicklung des Online-Handels nach Branchen Da sich die Marktbedeutung des Online-Handels branchenbezogenen sehr unterschiedlich darstellt, wird an dieser Stelle näher auf die Umsätze verschiedener Branchen eingegangen. Bei Waren aus dem Nonfood-Segment beträgt der Onlineanteil am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels 14,9 %. Demgegenüber weist die Sparte der sog. FMCG-Güter (Fast Moving Consumer Goods)3 ei- nen Umsatzanteil von 2,2 % auf. Berücksichtigt man ausschließlich den Onlineanteil in der Waren- gruppe Lebensmittel stellt man fest, dass dieser nach wie vor lediglich einen Umsatzanteil von 1,2 % am gesamtdeutschen Einzelhandelsumsatz ausmacht.4

3 Zu den FMCG zählen die Warengruppen Lebensmittel & Delikatessen, Wein & Sekt, Körperpflege & Kosmetik, Droge- riewaren und Heimtierbedarf 4 Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (2019): HDE Online-Monitor 2019. Berlin.

15 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 6: Umsatzanteil nach Branchen am Gesamtonlinevolumen 2018

Heimwerken & Büro & Schmuck und Uhren Garten Schreibwaren 1,7% | 0,9 Mrd. € 4,3% | 2,3 Mrd. € 1,6% | 0,9 Mrd. € Sonstiges Fashion & 4,3% | 2,3 Mrd. € Accessoires Gesundheit & 24,9% | 13,2 Mrd. € Wellness 6,3% | 3,3 Mrd. €

FMCG 8,4% | 4,5 Mrd. € Umsatz im Online-Handel 2018 53,3 Mrd. €

Wohnen & CE/Elektro Einrichten 24,3% | 13,0 Mrd. € 9,3% | 4,9 Mrd. €

Freizeit & Hobby 14,9% | 8,0 Mrd. €

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: HDE Online-Monitor 2019

Die Hälfte des Gesamtvolumens des Online-Handels im Jahr 2018 in Deutschland beläuft sich auf die Branchen Fashion & Accessoires (24,9 %) und CE5 / Elektro (24,3 %). Diese Branchen sind bereits seit vielen Jahren marktführend im Online-Handel. Weitere Branchen, die einen großen Anteil des Gesamtumsatzes im Online-Handel einnehmen sind die Branchen Freizeit & Hobby mit 14,9 % so- wie Wohnen & Einrichten (9,3 %). Im Zeitraum von 2010 bis 2018 verzeichnete hiervon insbesonde- re der Bereich FMCG-Güter hohe Wachstumsraten.

Wird der Anteil am Gesamtonlinevolumen mit dem Onlineanteil am jeweiligen Gesamtmarkt vergli- chen, lässt sich in einzelnen Branchen ein hoher Wettbewerbsdruck auch gegenüber dem stationä- ren Einzelhandel erkennen. Die jeweils größten Anteile am jeweiligen Gesamtmarkt nehmen die Branchen Consumer Electronic (=Unterhaltungselektronik) / Elektro (31,0 %), Fashion & Accessoires (27,7 %) und Freizeit & Hobby (26,4 %) ein. Es offenbart sich zusätzlich, dass auch in den Waren- gruppen Büro & Schreibwaren (22,6 %) und Schmuck & Uhren (18,1 %) der Onlineumsatz einen nennenswerten Anteil am jeweiligen Gesamtmarkt einnimmt, auch wenn die Anteile am Gesamton- linevolumen im Vergleich zu anderen Branchen als niedrig zu bezeichnen sind.

Der Online-Lebensmittelhandel befindet sich momentan noch in der Pionierphase und macht bis- her nur einen geringen Anteil am gesamtdeutschen Einzelhandelsumsatz in dieser Branche aus. Dennoch zählt der Lebensmittelhandel zu den dynamischsten Branchen im Online-Handel. Wäh-

5 Consumer Electronics (Unterhaltungs- und Haushaltselektronik)

16 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

rend das Nonfood-Segment im Online-Handel im Jahr 2018 verglichen zum Jahr 2017 einen Um- satzzuwachs von 8,9 % verzeichnen konnte (Offline: 2,1 %), weist die Food-Branche eine Steigerung um 13,5 % auf (Offline: 1,3 %)6.

Es ist zu erwarten, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln in den nächsten Jahren weitere Marktanteile gewinnen wird, voraussichtlich jedoch im Vergleich zu den anderen Bereichen im Ver- sandhandel auch zukünftig lediglich eine untergeordnete Rolle spielen wird.

Die Gründe für die geringen Onlinekäufe im Lebensmittelbereich sind u. a. das dichte Versorgungs- netz des Lebensmitteleinzelhandels und die langen verbraucherfreundlichen Öffnungszeiten. Insbe- sondere die flächendeckende Versorgung ist ein Grundbedürfnis der Verbraucher, das der stationä- re Handel beinahe vollständig deckt. Auch im Sortiment können nicht alle Online-Händler mit den stationären Lebensmittelhändlern mithalten. Vor allem Frischeprodukte werden bislang nicht flä- chendeckend online vertrieben7 und erschweren somit die Etablierung des Versandhandels im Le- bensmittelbereich.

Nutzerstruktur des Online-Handels Die nachfolgende Abbildung zu den Einkaufspräferenzen nach Altersgruppen verdeutlicht, dass On- line-Shoppen in Deutschland längst nicht mehr nur eine Sache der jüngeren Kunden ist. Über alle Altersklassen hinweg sind nur geringe Unterschiede aufzuweisen, wenngleich Art, Umfang und Häufigkeit der Online-Einkäufe wohl größere Schwankungen aufweisen können. Nach Angaben des HDE ist die Anzahl der tatsächlichen Online-Shopper von 2016 bis 2018 deutlich angestiegen und beträgt mittlerweile 65,7 %. Vor allem ist in der Altersgruppe 60+ ein starker Anstieg der Online- Shopper zu verzeichnen.8

Abb. 7: Bevorzugte Einkaufswege nach Altersgruppen (in % der Altersgruppen)

33,3% 39,4% 38,1% 45,9% 42,8%

66,7% 60,6% 61,9% 54,1% 57,2%

18 bis 29 Jahre 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 59 Jahre 60 bis 69 Jahre Klassischer Einzelhandel Online- und Versandhandel

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: Statista (2019)

6 Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (2019): HDE Online-Monitor 2019. Berlin. 7 IFH Institut für Handelsforschung (2018): Handelsreport Lebensmittel Online. Köln. 8 HDE Online-Monitor 2019

17 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Unmittelbare Auswirkungen auf den stationären Handel Aus städtebaulicher Sicht ist zunächst die Tatsache bedenklich, dass die umsatzstärksten Branchen des Online-Handels überwiegend als „zentrenrelevant“ zu klassifizieren sind. Es handelt sich somit um attraktivitätsbestimmende Sortimente unserer Einkaufsinnenstädte. Ein weiteres Anwachsen der Umsatzleistungen in diesen Branchen geht somit auch zulasten des Innenstadthandels und könnte in diesen sensiblen Standortbereichen zu einer Beschleunigung der Leerstandsentwicklung führen.

Abb. 8: Umsatzveränderungen Offline & Online (in % nach Branchen im Jahr 2018)

Fashion & Accessoires 8,1% -3,1%

CE/Elektro 6,4% -4,3%

Heimwerken & Garten 11,7% 0,9%

Wohnen & Einrichten 10,0% -4,3%

Freizeit & Hobby 10,8% -0,1%

FMCG 13,6% 1,3%

Online Offline

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: HDE Online-Monitor 2019

2.4 Entwicklung der Betriebsformen

Betrachtet man die Entwicklung der verschiedenen Vertriebsformen im deutschen Einzelhandel, so ist ein kontinuierlicher, über Jahre hinweg zu beobachtender Rückgang einzelner Formen (nicht- filialisierte Fachhandel, Kauf- und Warenhäuser) bei gleichzeitigem Bedeutungszugewinn anderer Vertriebswege (Discounter, Fachmärkte) festzustellen. Faktisch bedeuten diese Entwicklungstrends einen anhaltend hohen Verdrängungsdruck auf innerörtliche Einkaufslagen sowie integrierte Nah- versorgungsstandorte in den Stadtteilen.

Die Entwicklung führt dabei nicht nur zu einem Wechsel der Vertriebsformen, sondern auch zu Ver- änderungen der Betriebsformen, der Marktauftritte der Unternehmen etc. Folgende wesentliche Muster sind dabei marktbestimmend:

Generelle Entwicklungen ▪ Der Konkurrenz- und der Kostendruck im Einzelhandel steigen. Die Flächenproduktivität sinkt. ▪ Mit der aufgezeigten Flächenentwicklung geht eine Betriebstypenentwicklung einher, die durch einen andauernden Rückgang der Fachhandelsquote und eine Zunahme der Fachmärkte ge- kennzeichnet ist. Die Fachmärkte stoßen dabei in immer neue Bereiche vor und setzen so als „Category Killer“ spezialisierte Fachhandelssparten unter Druck (z. B. MediaSaturn im Bereich Elektro, Fressnapf im Bereich Zoobedarf).

18 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

▪ Weitere ausländische Anbieter werden versuchen, den deutschen Markt zu erschließen (Deutschland ist als Europas größter Einzelhandelsmarkt für internationale Händler attraktiv), z. B. Primark als sehr erfolgreiches Textil-Discount Konzept (v. a. in den Oberzentren). ▪ Trend zur Vertikalisierung: Anbieter beherrschen die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion bis zum Einzelhandel (z. B. Eigenmarken-Anbieter wie H&M). Handelsmarken neh- men zu (store branding). Abb. 9: Marktanteile nach Vertriebsformen 2007 – 2018 (in %)

100% Sonstige (Versender/ Online-/ 9,1 9,1 9,4 9,4 9,4 9,8 10,0 10,7 11,2 10,7 11,8 13,2 Convenience-/ Ambulanter Handel etc.) 8,9 8,7 8,9 9 9,1 9,4 9,6 Supermärkte/trad. LEH 9,6 9,7 9,8 9,8 80% 9,8

14,1 15,1 15,3 15,1 14,9 15,1 15,6 15,1 15,1 15 Discounter 15,3 15,3 3,3 3,2 2,9 2,9 2,8 2,7 2,7 2,7 2,7 2,6 2,5 60% 2,4 Kauf- und Warenhäuser 12,7 12,7 12,7 13,2 12,7 12,5 12,5 12,2 11,7 11,8 11,3 10,9 SB-Warenhäuser/ 14,8 15,1 15,8 15,8 15,7 15,7 Verbrauchermärkte 40% 15,9 16 16 16 16,4 16,2 Fachmärkte 11,7 11,7 12,5 13,5 14,1 14,2 14,4 15,3 15,5 15,8 15,8 16,1 20% Filialisten des Fachhandels

25,4 24,4 22 21,6 21,3 20,6 19,3 18,5 17,9 17,5 17,1 16,2 Fachhandel (nicht-filialisiert)

0% 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Quelle: IFH Retail Consultans (2019)

Notwendigkeit zur Profilierung ▪ Es ist eine weitere Spreizung zwischen discount- und premiumorientierten Angebotsformen zu beobachten. Die Profilierung der Anbieter wird weiter geschärft. ▪ Shopping mit Ambiente: Der Trend zum Erlebnishandel bleibt ungebrochen, Shopping-Center- Standards haben am Markt keine Chance mehr. Moderne Einkaufswelten, ob gewachsen oder geplant, müssen trotz aller Markengleichheit unverwechselbar sein und die Kunden auch emoti- onal ansprechen (z. B. Themen-Center). ▪ Die Präsentation von Marken und Labels wird immer wichtiger. Monolabel-Stores sind bis in die Ebene der Mittelzentren auf dem Vormarsch. In größeren Städten repräsentieren Flagship- Stores an wenigen Standorten das Prestige der Marke. ▪ Traditionelle Fachgeschäfte mit unklarem Profil und Multimarkenimage oder klassische Kaufhäu- ser verlieren weitere Marktanteile. Hersteller verlieren ihre Vertriebspartner und entwickeln eige- ne Handels- und Vertriebsnetze.

19 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Entwicklung der Filialisten und des kooperierenden Facheinzelhandels ▪ Der nicht kooperierende Fachhandel wird künftig weiter an Marktbedeutung verlieren. Der mo- derne Facheinzelhändler ist gleichzeitig Franchisenehmer der verschiedensten Anbieter in seiner Stadt oder Region. Einkaufskooperationen sind das Mindestmaß an Verbund. ▪ Viele Filialisten sind nach dem Top-down-Prinzip in ihrer Expansionsstrategie mittlerweile bei den Klein- und Mittelstädten angekommen. Immobilien-Experten sind sich einig, dass eine Mi- schung aus bekannten Marken und Labels (Filialisten) mit individuellen, lokalen Fachgeschäften der Schlüssel für einen attraktiven Innenstadt-Einzelhandel ist.

Branchenspezifische Entwicklungen ▪ Untersuchungen zeigen, dass die Modebranche der Top-Indikator für eine attraktive Kunden- bewertung der Innenstadt ist. Je vollständiger das Markenportfolio, desto mehr unterschiedliche Zielgruppen können angesprochen werden. ▪ Trading-up: Neue Qualitätsorientierung im Lebensmitteleinzelhandel bringt angepasste, neue Konzepte (spezialisierte Konzepte für verdichtete Großstadtlagen, Fachmarktzentrum oder länd- liche Strukturen), Aufwertung im Ladenbau (größerer Platzbedarf) und Serviceebene (Conve- nience, Ausbau des Ready-to-eat-Angebots), neue Angebotsphilosophien (gesunde, regionale Lebensmittel). Größe allein ist nicht mehr entscheidend. SB-Warenhäuser wachsen künftig nur noch langsam. Dafür folgen die Anbieter der zunehmenden Überalterung mit einer Dezentrali- sierungsstrategie. ▪ Auch die Lebensmitteldiscounter entwickeln sich über neue Sortimentsstrategien (zunehmende Etablierung von Markensortimenten, zunehmende Frischekompetenz und qualitative Aufwer- tung der Sortimente und des Ladendesigns, Convenienceprodukte etc.) und neue Konzepte im Ladenbau oder der Warenpräsentation weiter und nähern sich den Supermärkten in diesen Punkten an. ▪ Neue Konzepte im Segment Non-Food-Fachmärkte werden auch zukünftig für eine anhaltende Flächennachfrage sorgen. Alte Konzepte müssen in naher Zukunft revitalisiert werden oder scheiden wieder aus dem Markt aus.

Online-Handel ▪ Versandhändler in neuer Form mit einer Multi-Channel-Strategie (Versandkatalog und Online- Handel und stationärer Handel) werden sich weiter etablieren. ▪ Der Online-Lebensmittelhandel befindet sich momentan in der Pionierphase und wird über die nächsten Jahre weitere Marktanteile gewinnen. Die Konzepte reichen dabei von Online Shops der etablierten Lebensmittelhändler bis zu neuen, reinen Online-Anbietern wie picnic.

20 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

2.5 Chancen des Einzelhandels in Mittelzentren

Vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks durch national und international täti- ge Filialisten, des Online-Handels und in vielen Fällen auch des steigenden regionalen Wettbewerbs durch neue Handelsangebote in den Nachbarstädten stellt sich die Frage der Überlebensmöglich- keiten des örtlichen, meist inhabergeführten Einzelhandels in vielen Mittelzentren.

Die nachfolgenden Praxisbeispiele zeigen mögliche Optionen auf, mit denen einzelne Betriebe auf diese Herausforderung reagiert haben. Bewusst wurden Beispiele aus kleineren Mittelzentren aus- gewählt, die nur eine Größe von 15.000 – 20.000 Einwohner und weniger aufweisen.

Chance 01: Die ungewöhnliche Kombination von Sortimenten – Beispiel: Buch & Wein (Stadt Diez, Rheinland-Pfalz; 10.800 Ew.) Das inhabergeführte Fachgeschäft in der Diezer Innenstadt entstand als Filiale einer im nahe gele- genen Limburg bestehenden Buchhandlung. Der innovative Konzeptansatz bildet die Kombination einer Buchhandlung mit einem Weinhandel. Das Angebot an ausgewählter Literatur mit entspre- chenden Sonderaktionen wie Buchlesungen etc. wird kombiniert mit dem Verkauf von hochwerti- gen Weinen. Beide Segmente ergänzen sich und tragen maßgeblich zum Umsatz des Unterneh- mens bei. Das stationäre Angebot wird vervollständigt durch eine breite Online-Präsenz (Website mit Online-Shop, Facebook-Auftritt).

Abb. 10: Buch & Wein (Stadt Diez, Rheinland-Pfalz)

Quelle: www.facebook.de/schaeferbuech, cima

Chance 02: Den Generationswechsel mit der Neuaufstellung des Unternehmens verbinden – Beispiel: Uhren, Schmuck & Schmiede Leonhardt (Bad Wildungen, Hessen; 17.200 Ew.) Das Uhren- und Schmuckgeschäft Leonhardt gehört zu den klassischen inhabergeführten Fachge- schäften der Innenstadt von Bad Wildungen. Der 2003 vollzogene Generationswechsel wurde ver- bunden mit einer Neuaufstellung des Betriebes. Im Jahr 2014 erfolgte der Umzug in neue Räum- lichkeiten in zentrale Innenstadtlage. Das Unternehmen präsentiert sich heute als Uhren- und Schmuckgeschäft in der Kombination mit handwerklicher Goldschmiedearbeit. Gleichzeitig zeichnet den Betrieb eine konsequente Markenorientierung aus.

21 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 11: Uhren, Schmuck & Schmiede Leonhardt (Stadt Bad Wildungen) (früheres und ak- tuelles Ladenlokal)

Quelle: www.juwelier-leonhardt.de, cima (2017)

Chance 03: Das inhabergeführte Textilhaus als Innenstadtmagnet - Beispiel: Textilhaus Hein- ze (Stadt Frankenberg (Eder), Hessen; 18.300 Ew.) Als Beispiel für ein familiengeführtes Bekleidungshaus, das sich in der vom Online-Handel und der Filialisierung stark bestimmten Textilbranche behauptet hat, kann das Textilhaus Heinze im hessi- schen Frankenberg (Eder) gelten. Auf rd. 3.000 m² VKF bietet das Unternehmen Mode für Männer, Frauen und Kinder an. Eine eindeutig Markenorientierung wird kombiniert mit einem ergänzenden Angebot in Form einer Untervermietung (Schuhhaus Heinmüller). Zusätzliche Frequenz im Objekt wird durch das in Eigenregie betriebene Café ModeRN (Frühstücks- u. Mittagsbuffet) erzeugt, das sich im ersten Obergeschoss befindet. Das Textilhaus übernimmt eine eindeutige Magnetfunktion für die Frankenberger Innenstadt und verfügt über ein deutlich über das sonstige Einzugsgebiet der Innenstadtbetriebe hinausreichendes Kundeneinzugsgebiet.

Abb. 12: Textilhaus Heinze (Stadt Frankenberg (Eder))

Quelle: cima (2020)

22 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Chance 04: Die gezielte Weiterentwicklung und Ausbau des Unternehmens - Beispiel: Wajos – Die Genussmanufaktur (Cochem, Rheinland-Pfalz; 5.200 Ew.) Die Genussmanufaktur Wajos steht stellvertretend für ein Unternehmen, das sich von der ursprüng- lichen Rolle als Hersteller von hochwertigen Lebensmittelprodukten zu einem bundesweit tätigen Einzelhandelsunternehmen weiterentwickelt hat.

Das Unternehmen wurde 2002 in der Nähe von Cochem gegründet und war ursprünglich speziali- siert auf die Herstellung von Likören, Edelbränden, Essigen, Ölen, Kräutern und Senfen. Erste Ge- schäftseröffnungen erfolgten in Trier und Cochem. Über ein Partnerschaftsmodell gelang es dem Unternehmen zwischenzeitlich mit über 30 Geschäfte bundesweit präsent zu sein. Hierzu gehören auch mehrere Geschäfte in Einkaufszentren. Die Produkte des Unternehmens werden zudem über den Feinkosteinzelhandel und einen eigenen Online-Shop vertrieben.

Chance 05: Offline- und Online-Präsenz – Schreib-Shop Marschallek (Erftstadt - Lechenich, NRW; 11.200 Ew.) Das ursprünglich auf 50 m² Verkaufsfläche betriebene Schreibwarengeschäft in der Lechenicher In- nenstadt hat sich sukzessive zu einem modernen Schreibwaren- / Büro-Office-Geschäft entwickelt, das sich sowohl über das stationäre Einzelhandelsangebot als auch einen breit aufgestellten Onli- ne-Shop am Markt positioniert. In mehreren Schritten wurde das bestehende Ladenlokal erweitert und modernisiert, ohne dass damit der Standort aufgegeben und das Profil als am Standort Leche- nich ansässiges Schreibwarengeschäft aufgegeben wurde. Der Online-Shop wird davon unabhängig von einem überregionalen Kundenkreis in Anspruch genommen.

Abb. 13: Schreib-Shop Marschallek (Erftstadt – Lechenich)

Quelle: cima (2020)

Übereinstimmendes Merkmal aller beschriebenen Beispiele ist die klar erkennbare und umgesetzte Unternehmensstrategie. Die Betriebe reagieren damit auf das sich wandelnde Konsumverhalten und Veränderungen der Betriebstypen (s. Kap. 2.2 und 2.4). Das Konzept „Buch und Wein“ aus Diez und die Genussmanufaktur aus Cochem greifen z. B. den Trend zum Erlebniseinkauf auf; das Bei- spiel des Schreibwarengeschäfts aus Erftstadt zeigt, wie auch ein inhabergeführter örtlicher Einzel- händler von dem Trend zum Online-Handel profitieren kann.

23 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 14: Veränderungen im Konsumverhalten mit dem „Wegbrechen der Mitte“

Quelle: cima (2020)

2.6 Exkurs: Aktuelle Entwicklungen im Lebensmittel- einzelhandel

Vor allem beim Versorgungseinkauf, also der periodischen Bedarfsdeckung, spielen einerseits As- pekte wie Nähe und Erreichbarkeit, Zeit und Preisorientierung eine wichtige Rolle. Andererseits wird in zunehmendem Maße wieder auf Qualität und Regionalität beim Lebensmitteleinkauf geachtet. So sind mittlerweile auch in dezentralen Fachmarkt-Agglomerationen Bio-Supermärkte und Filialen lokaler Metzgereien anzufinden.

Der vor allem für die Nahversorgung so bedeutsame Betriebstyp des Supermarktes erlebte in den letzten Jahren eine Renaissance, sieht sich aber nach wie vor einigen Problemen gegenübergestellt. Eines der wesentlichen Probleme für die Supermärkte im Wettbewerb mit den Discountern liegt immer noch in ihrem größeren Flächenbedarf. Ein Vollsortiment beginnt bei 8.500 bis 12.000 Arti- keln und benötigt mindestens 1.200 bis 1.800 m² Verkaufsfläche. Bei Neugründungen sind Flächen über 2.500 m² keine Seltenheit mehr (sog. „Große Supermärkte“). Sind diese Flächen nicht verfüg- bar, müssen die Händler Kompromisse eingehen und verspielen auf den häufig zu kleinen Flächen ihren wichtigsten Trumpf gegenüber den Discountern: eine ansprechende Warenpräsentation und die Auswahl an Markenartikeln.

Generell ist die Ursache für den im Vergleich zur Vergangenheit gestiegenen Flächenbedarf im Le- bensmitteleinzelhandel in der Notwendigkeit zu einer verbesserten Warenpräsentation, neuen Ser- vice- und Angebotsbausteinen und in signifikanten Prozessveränderungen zu sehen:

▪ Die Ansprüche der Verbraucher an die Warenpräsentation steigen. Bei gleicher Artikelzahl ent- scheidet die Präsentation der Ware über die Attraktivität eines Marktes. Je großzügiger die Ware präsentiert werden kann, desto seltener muss das Regal aufgefüllt werden, wodurch das Perso- nal entlastet wird und mehr Zeit für den – bei Supermärkten besonders erwarteten – Kundenser- vice zur Verfügung hat.

24 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

▪ Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit der Märkte und als Reaktion auf Wünsche einer altern- den Kundschaft wurde bei vielen aktuellen Supermärkten die Höhe der Regale deutlich redu- ziert, sodass die Kunden bequem darüber hinwegblicken können und ein beschwerliches Greifen nach Waren über der eigenen Kopfhöhe entfällt. In Konsequenz muss die früher vertikal ange- ordnete Ware nun horizontal auf eine größere Fläche verteilt werden. ▪ Gesetzliche Vorgaben machen einen zusätzlichen Platzbedarf erforderlich. So zum Beispiel die Anforderungen der Verpackungsverordnung, nach der Kunden Verpackungsmaterial sofort im Laden entsorgen können. ▪ Serviceelemente, wie z. B. Automaten zur Rücknahme von Pfandflaschen und Getränkekästen oder Selbstbackautomaten für frische Backwaren, benötigen zusätzlich Fläche. ▪ Durch Änderungen in der Sortimentsstruktur, wie z. B. Obst sowie anderer „Ready-to-eat“ Con- venience-Produkte, die erst im Markt selbst aufgeschnitten und abgepackt werden, ergibt sich ein zusätzlicher Flächenbedarf für Kühltruhen, Kühlregale, Kühlzellen etc. ▪ Großzügigere Verkehrswege tragen zu einer effizienteren Bestückung des Ladens und zur Ver- einfachung von Betriebsabläufen bei. Grundsätzlich gilt für zukünftige Vorhaben, dass Standortgemeinschaften branchengleicher wie branchenungleicher Betriebe Agglomerationsvorteile bieten, die die Attraktivität und damit die Ak- zeptanz eines Nahversorgungsstandortes nachhaltig steigern können. Sie kommen auch dem Wunsch der Verbraucher nach einem „one-stop-shopping“ entgegen. Ein idealtypisches Nahver- sorgungskonzept in diesem Sinne könnte demnach einen Vollsortimenter und einen Discounter als Ankerbetriebe beinhalten, die entweder unmittelbar am Standort oder im weiteren Umfeld durch verschiedene Spezialisten (Bio-Markt, Obst, Feinkost, internationale Spezialitäten), Lebensmittel- Handwerker (Bäcker, Metzger) sowie einen Drogeriemarkt und weitere Branchen des kurzfristigen Bedarfsbereiches ergänzt werden. Bei aller Standardisierung kann jedoch je nach Standorttyp und Kundenstruktur der optimale, zielgruppenorientierte Angebotsmix sehr unterschiedlich sein: In Siedlungen mit hoher Sensibilität für Bio-Produkte haben sich etwa Bio-Supermärkte als „neue Form“ des Vollsortimenters bereits bewährt. Die sog. Soft-Discounter (z. B. Netto, Penny) haben da- gegen in stark verdichteten Gebieten und Bereichen mit niedrigerem Kaufkraftniveau erfolgreich die Funktion eines Nahversorgers übernommen. Bei diesen Betriebstypen gewinnt jedoch aufgrund der beschränkten Auswahl das individuelle Zusatzangebot im Umfeld an Bedeutung (Bäcker, Metz- ger, Obst, Gemüse, etc.).

Aus städtischer Sicht ist hinzuzufügen, dass eine kundenorientierte und leistungsfähige Nahversor- gung die stadträumlichen Nutzungsstrukturen ergänzt und insbesondere auch vor dem Hinter- grund des demografischen Wandels zu einer erheblichen Attraktivitätssteigerung der Wohnum- feldqualität beiträgt. Bei neu entstehenden Wohnquartieren oder wesentlichen Wohngebietserwei- terungen sind Nahversorgungsstrukturen zielgerichtet in den Stadtraum zu integrieren, um eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Sie dienen zugleich als sozialer Treff- punkt für Kinder, Jugendliche, Senioren (ohne Führerschein) und alle anderen Altersgruppen. Diese Zentren leisten auch einen wichtigen Beitrag im Sinne der „Stadt der kurzen Wege“ und der Ver- kehrsreduzierung.

25 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

3 Zur rechtlichen Einordnung von Einzelhandelskonzepten

3.1 Grundsätzliche rechtliche Rahmenbedingungen

Die Entwicklung des Einzelhandels ist ein mögliches Gestaltungsfeld kommunaler Entwicklungspla- nung. Sie ist maßgeblich durch die in Art. 28 GG verankerte Selbstverwaltung der Gemeinden9 ab- gesichert. Die konkreten räumlichen, funktionalen und strukturellen Steuerungsmechanismen leiten sich aus den Befugnissen des Bau- und Planungsrechtes ab. Dieses bewegt sich in seinen Regelun- gen zwischen den rahmensetzenden Bedingungen der kommunalen Selbstverwaltung und den strikten Schutzbedürfnissen des privaten Eigentums, das im Art. 14 GG verankert ist.10 Die maßgeb- lichen rechtlichen Instrumente sind dabei das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverord- nung (BauNVO). Die dort verankerten Steuerungsempfehlungen haben Bezug zur Raumordnung auf bundesstaatlicher Ebene (Raumordnungsgesetz – (ROG) sowie den jeweiligen Landesplanungs- gesetzen. Einzelne Bundesländer haben darüber hinaus Einzelhandelserlasse mit weiteren ausfüh- renden Bestimmungen in Kraft gesetzt.

Das grundgesetzliche Schutzgut des „privaten Eigentums“ hat maßgeblichen Anteil, dass aus der Raumordnung der Bundesrepublik Deutschland per se nicht auf eine konkrete Steuerung des Ein- zelhandels zu schließen ist. Lediglich in den Grundsätzen zur Raumordnung (§ 2 ROG) lassen sich indirekt Steuerungsanlässe hinsichtlich des Einzelhandels ableiten, in dem die Schutzbedürftigkeit von Zentrenlagen und eine Orientierung der Versorgung der Bevölkerung am Zentrale-Orte-Prinzip formuliert wird. Im § 2 Abs. 3 Satz (2) und (3) ROG heißt es:

„Die soziale Infrastruktur ist vorrangig in zentralen Orten zu bündeln; die Erreichbarkeits- und Trag- fähigkeitskriterien des Zentrale-Orte-Konzepts sind flexibel an regionalen Erfordernissen auszurichten. Es sind die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zen- tren als Zentrale Versorgungsbereiche zu schaffen.“

Sowohl aus § 1 Abs. 6 (4) BauGB (Abwägungsgebot), als auch § 2 Abs. 2 BauGB (nachbarliches Ab- stimmungsgebot) kann das Erfordernis zur Ausweisung von bzw. die Auseinandersetzung mit fakti- schen Zentralen Versorgungsbereichen abgeleitet werden.

Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 (4) BauGB fordert, dass „die Erhaltung, Erneuerung, Fortent- wicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung Zentraler Versorgungsbereiche“ bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen sind.

9 Art. 28 Abs. 2: Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln […]. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle. 10 Art. 14: (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze be- stimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt […].

26 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Darüber hinaus verweist das Abstimmungsgebot bei der Bewertung von Planvorhaben des großflä- chigen Einzelhandels (Planvorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO) auf eine Abstimmung von Planungen zwischen Gemeinden und den ihnen durch die Raumordnung zugewiesenen Funktionen:

„Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich die Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.“

Ausdrücklich sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nach § 1 Abs. 4 BauGB Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen sind. Dies bedeutet für die Kommunen in Nordrhein- Westfalen, dass die im Landesentwicklungsplan NRW enthaltenen einzelhandelsrelevanten Ziele und Grundsätze 6.5-1 – 6.5-10 zu beachten bzw. zu berücksichtigen sind. Eine ausführliche Darstel- lung dieser Vorgaben findet sich in Kap. 6.5.1.

Die Notwendigkeit einer Einzelhandelskonzeption für Städte und Gemeinden in Nordrhein- Westfalen erschließt sich außerdem unmittelbar aus dem in seiner Gesamtfassung am 08.02.2017 in Kraft getretenen Landesentwicklungsplan NRW. Die darin formulierten Ziele bzw. Grundsätze zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels enthalten Steuerungsempfehlungen, die den Grundsatz der Raumordnung aus dem § 2 ROG zur „Erhaltung der Innenstädte und örtlichen Zentren als Zent- rale Versorgungsbereiche“ ausfüllen. Sie sind nunmehr grundsätzlich im Kontext regionaler und kommunaler Planungen zu beachten.

Der Einzelhandelserlass Nordrhein-Westfalen vom 22.09.200811 empfiehlt den Städten und Ge- meinden durch städtebauliche Konzepte, insbesondere kommunale Einzelhandelskonzepte, Zentra- le Versorgungsbereiche auszuweisen.

Neben den grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene erge- ben sich durch das Visser-Urteil des EuGH aus dem Jahr 2018 auch rechtliche Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene, die es zu beachten gilt.12 Aus dem Urteil geht hervor, dass es sich beim Einzelhandel um eine Form der Dienstleistung im Sinne der als „EU-Dienstleistungsrichtlinie“ be- kannte Richtlinie 2006/123/EG handelt, die in Kapitel 3 die Niederlassungsfreiheit der Dienstleis- tungserbringer regelt. Bebauungspläne, die eine steuernde Wirkung auf Einzelhandelsansiedlungen festsetzen, fallen somit unter diese Richtlinie. Eine Steuerung des Einzelhandels in der Bauleitpla- nung ist jedoch weiterhin möglich, sofern sie gemäß Artikel 15 Abs. 3 nicht-diskriminierend, erfor- derlich durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses und verhältnismäßig ist.13 Der oh- nehin bereits bestehenden Pflicht zur Begründung einer Einzelhandelssteuerung kommt somit vor dem Hintergrund der EU-Dienstleistungsrichtlinie eine noch höhere Bedeutung zu. Dies bedeutet insbesondere, dass Einschränkungen möglicher Einzelhandelsnutzungen an bestimmten Standorten in kommunalen Einzelhandelskonzepten eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses, z. B. städtebauliche Gründe, bedürfen.

11 vgl. hierzu auch Einzelhandelserlass des Landes Nordrhein-Westfalen. Gem. RdErl. d. Ministeriums für Bauen und Verkehr u. d. Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 22.09.2008, S. 13. Eine Neufassung des Erlasses befindet sich derzeit in der Erarbeitung. 12 vgl. EuGH-Urteil vom 30. Januar 2018 C-360/15 13 vgl. Richtlinie 2006/123/EG der Europäischen Parlaments und des Rates

27 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

3.2 Inhalte kommunaler Einzelhandelskonzepte

Aus den Gestaltungsspielräumen der Bauleitplanung, den Vorgaben der Landesplanung und des Einzelhandelserlasses Nordrhein-Westfalen lassen sich insgesamt folgende Aufgaben zur Erstellung kommunaler Einzelhandelskonzepte ableiten14:

▪ Aufbereitung des relevanten Tatsachenmaterials (Beschreibung der Gemeinde als Einzelhandels- standort auch im Hinblick auf landes- und regionalplanerische Vorgaben, Ermittlung des kon- kreten Bestandes, Untersuchung der Entwicklungsmöglichkeiten im Hinblick auf potentielle Standorte und Erweiterungen, Kundenpotential im Einzugsbereich sowie zu erwartende generel- le Entwicklungen im Einzugsbereich) ▪ Entwicklung konzeptioneller Darstellungen für eine funktionsgerechte Zentrenstruktur (Lage, Ausdehnung und Funktion Zentraler Versorgungsbereiche, Darstellung sonstiger Einzelhandels- agglomerationen und Nahversorgungsstandorte)15 ▪ Ermittlungen und Vorschläge für eine ortstypische Sortimentsliste16 ▪ Ein von der Gemeinde nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB förmlich beschlossenes Einzelhandelskon- zept ist bei der Aufstellung von Bauleitplänen zwingend zu beachten. Dies bedeutet, dass von dem Konzept zwar keine unmittelbare Auswirkung auf Entscheidungen der Bauleitplanung aus- geht, das Konzept muss aber im Rahmen der Bauleitplanung im Zusammenhang mit der städte- baulichen Abwägung unterschiedlicher Belange (Versorgung der Bevölkerung, Verkehr, Land- schaftsschutz etc.) einbezogen werden.

Kommunale Einzelhandelskonzepte verlieren an Abwägungsrelevanz, je häufiger sie durchbrochen werden. Grundsätzlich geht aus der fehlenden rechtlichen Bindung hervor, dass sie durchbrochen werden dürfen. Konkret heißt es im BVerwG-Urteil vom 26.03.2009 (4 C 16.07):

„Das Ausmaß der Durchbrechungen eines städtebaulichen Konzeptes bestimmt unabhängig von ihrer städtebaulichen Rechtfertigung des Gewichts, das dem Konzept in der Abwägung zukommt: Je häufi- ger und umfangreicher das Konzept bereits durchbrochen worden ist, desto geringer ist sein Gewicht als Belang der Standortpolitik.“17

Wird im Rahmen der Bauleitplanung bei einzelhandelsrelevanten, textlichen oder zeichnerischen Festsetzungen auf ein schlüssiges, nachvollziehbares Einzelhandelskonzept Bezug genommen, so bedarf es keiner weiteren differenzierten Betrachtung.18

14 Die nachfolgende Auflistung dokumentiert U. Kuschnerus: Der standortgerechte Einzelhandel, Bonn 2007, S. 239. Außer- dem wird Bezug genommen auf vhw-Skript: Die Steuerung des Einzelhandels durch Landes- und Regionalplanung, kommunale Planung und interkommunale Kooperation, Hrsg. Olaf Bischopink und Ulrich Kuschnerus, Münster 2011, S. 11. Es besteht unmittelbarer Bezug zu BVerwG, Urt. V. 17.12.2009 – 4 C 1.08 und BVerwG, Beschluss vom 12.09.2009 – 4 B 5.09. 15 Zur Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche siehe entsprechenden Abschnitt im vorliegenden Gutachten. 16 Zur konkreten Ableitung der ortstypischen Sortimentsliste siehe Kapitel 9 im vorliegenden Gutachten. 17 BVerwG, Urteil vom 29.01.2009 – 4 C 16.07 18 BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 – 4 C 21.07

28 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4 Analyse Einzelhandelsstandort Vreden 2020

4.1 Strukturelle Rahmenbedingungen

Siedlungsstruktur und Lage im Raum Die Stadt Vreden lässt sich in eine Kernstadt, die fünf Kirchdörfer Ammeloe, Ellewick-Crosewick, Lünten, Zwillbrock und Wennewick-Oldenkott sowie verschiedene Bauernschaften gliedern. In der landesplanerischen Hierarchie des Landes Nordrhein-Westfalen wird die Stadt Vreden als Mittel- zentrum eingestuft. Die regionale Wettbewerbssituation wird neben dem rd. 65 km östlich gelege- nen Oberzentrum Münster im Wesentlichen durch die benachbarten Mittelzentren , Stadt- lohn, Gronau und geprägt. Auch das rd. 35 km nordöstlich gelegene Mittelzentrum Ochtrup verfügt mit dem dortigen „Designer Outlet Ochtrup“ über einen überregional ausstrahlenden Han- delsschwerpunkt der ebenfalls im direkten Wettbewerb mit dem Vredener Einzelhandel steht. Dar- über hinaus ist auf die niederländischen Städte (ca. 9 km südwestlich von Vreden) und Enschede (ca. 25 km nördlich von Vreden) hinzuweisen, die ebenfalls über ein umfassendes innen- stadtrelevantes Einzelhandelsangebot verfügt.

Abb. 15: räumliche Lage der Stadt Vreden und zentralörtliche Funktion

Quelle: cima (2020); Grundlage: © GeoBasis-DE / BKG (2019), LEP NRW (2017)

29 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Die verkehrliche Anbindung der Stadt Vreden an das regionale und überregionale Straßenverkehrs- netz erfolgt insbesondere durch die das Stadtgebiet in Nord-Süd-Richtung querende Bundesstraße B 70. Über einen eigenen Anschluss an das Bundesautobahnnetz verfügt die Stadt Vreden nicht. Die nächstgelegenen Anschlussstellen an die Bundesautobahn A 31 befinden sich ausgehend von der Innenstadt in rd. 21 - 23 km Distanz (Anschlussstellen / Coesfeld, / Ahaus, Heek). Eine direkte Anbindung an das Schienenverkehrsnetz kann die Stadt Vreden nicht vorweisen. Das vorhandene ÖPNV-Angebot sichert jedoch durch verschiedene Buslinien die Anbindung an öffent- liche Verkehrsformen. So bestehen über den Vredener Busbahnhof ÖPNV-Anbindungen über die Nachbarkommunen bis zum Oberzentrum Münster.

Nach Angaben der Stadt Vreden umfasst Vreden 23.120 Einwohner (Stand: Januar 2020)19. Zum Zeitpunkt der ersten Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes im Jahr 2010 betrug die Einwoh- nerzahl Vredens rd. 23.700 Einwohner20, sodass innerhalb der letzten 10 Jahre ein leichter Rück- gang der Einwohnerzahlen von rd. 2 % zu verzeichnen ist.

Nach der Gemeindemodellrechnung von IT.NRW ist auch für die Zukunft mit einem weiteren Rück- gang der Bevölkerung in der Stadt Vreden zu rechnen. Aufbauend auf dem Basisjahr 2018 (22.561 Einwohner lt. IT NRW) ist nach der Gemeindemodellrechnung von einem Rückgang der Bevölke- rung bis zum Jahr 2040 auf 20.438 Einwohnern auszugehen (- 9,4 %).

Wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsmarkt Am 31.12.2018 waren in der Stadt Vreden insgesamt 10.333 sozialversicherungspflichtig Beschäftig- te am Arbeitsort tätig. Im Vergleich dazu belief sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Be- schäftigten im Jahr 2008 zum selben Stichtag auf 7.925. Somit ist die Zahl der sozialversicherungs- pflichtig Beschäftigten vor Ort um rd. 30 % gestiegen (vgl. Abb. 16).

Abb. 16: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Vreden

Jahr Anzahl sozialversicherungspflichtige Beschäftigte 2008 7.925 2013 9.040 2018 10.333

Quelle: IT.NRW (2020), Stichtag jeweils 31.12.

Charakteristisch für die wirtschaftliche Struktur Vredens ist die starke industrielle Prägung. Im Jahr 2018 waren rd. 63,2 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe angestellt, gefolgt von 23,6 % im Wirtschaftszweig sonstige Dienstleistungen und 12,6 % im Han- del, Gastgewerbe und Verkehr sowie 0,7 % im Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft, Fischerei. Ein Vergleich zur durchschnittlichen Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen verdeutlicht die deutlich überdurchschnittliche Bedeutung des Produzieren- den Gewerbes Vreden: In Nordrhein-Westfalen weist der Wirtschaftsbereich sonstige Dienstleistun- gen zum Stand Dezember 2018 mit einem Anteil von 50,2 % den höchsten Anteil auf, gefolgt vom Produzierenden Gewerbe mit 26,8 %, Handel, Gewerbe, Verkehr mit 22,6 % sowie Land- und Forst- wirtschaft, Fischerei mit 0,4 %.

19 Quelle: Stadt Vreden (2020): Einwohner nach Hauptwohnsitz 20 Quelle: Stadt Vreden (2010): Einwohner nach Hauptwohnsitz. Stand: 23.07.2010

30 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Nichtsdestotrotz ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe von 66,6 % im Jahr 2008 auf 63,2 % im Jahr 2018 gesunken. Der Rückgang des Anteils im Produzierenden Gewerbe erfolgte sowohl zu Gunsten des Wirtschaftsbereiches Handel, Gastgewer- be und Verkehr (2008: 11,5%, 2018: 12,6%), als auch zu Gunsten der sonstigen Dienstleistungen (2008: 21,1 %, 2018: 23,6 %).

Abb. 17: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftszwei- gen in Vreden

100,0%

21,1% 22,8% 23,6%

75,0% 11,5% 11,7% 12,6%

50,0%

66,6% 64,8% 63,2% 25,0%

0,7% 0,6% 0,7% 0,0% 2008 2013 2018

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Produzierendes Gewerbe Handel, Gastgewerbe, Verkehr Sonstige Dienstleistungen

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: IT.NRW (2020), Stichtag jeweils 31.12.

Wie Abb. 18 zeigt, liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in der Stadt Vreden mit einem Kauf- kraftindex von 98,5 leicht unterhalb des Bundesdurschnitts (=100). Die Entwicklung des Kaufkraftin- dexes der Vredener Bevölkerung weist in den vergangenen fünf Jahren lediglich kleinere Schwan- kungen auf und ist als stabil zu bezeichnen. Im Vergleich zum Zeitpunkt der Erstellung der ersten Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes ist der Kaufkraftindex um 3,4 Punkte gestiegen (Kauf- kraftindex Stadt Vreden 2010 = 95,1).

Abb. 18: Entwicklung Kaufkraftindex 2015 - 2019

Jahr Kaufkraftindex (D=100) 2015 98,4 2016 98,9 2017 99,2 2018 98,8 2019 98,5

Quelle: Michael Bauer Research GmbH, Nürnberg

31 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.2 Angebotssituation des Einzelhandelsstandortes Vreden

4.2.1 Methodik der Einzelhandelserhebung

Im Zeitraum Dezember 2016 / Januar 2017 erfolgte eine Vollerhebung aller Einzelhandelsbetriebe innerhalb des Vredener Stadtgebietes, u. a. mit einer Aufnahme der Betriebe nach Standort, Ver- kaufsfläche, Branche und Betriebstyp. Aufgrund der im Laufe des Bearbeitungszeitraumes eingetre- tenen Veränderungen im Einzelhandelsbestand erfolgte im Februar 2020 eine Überprüfung und Anpassung der Bestandsdaten. Die Erhebungsmethodik wurde vorab mit der Stadt Vreden abge- stimmt. Die cima verwendet für die Bestandsaufnahme einen eigenen Schlüssel, der zwischen 31 Einzelsor- timenten differenziert. Um eine möglichst genaue Sortimentsverteilung zu ermitteln, erfolgte die Zuordnung nicht nur nach dem Hauptsortiment der Betriebe, sondern wurde auch innerhalb der Betriebe ggf. bei vorhandenen Rand- / Teilsortimenten differenziert. Aufgrund der besseren Lesbar- keit und zur Berücksichtigung des Datenschutzes werden die 31 Warengruppen in dem vorliegen- den Konzept zu 14 Hauptwarengruppen zusammengefasst (vgl. Kap. 1.3). Als Verkaufsflächen wur- den grundsätzlich alle Flächen aufgenommen, die den Kunden zugänglich bzw. vom Kunden ein- sehbar sind und auf denen der Verkauf üblicherweise abgewickelt wird. Diese Definition ist auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. November 2005 zurückzuführen, nach dem alle Flä- chen zu berücksichtigen sind, die dem Verkauf der Ware förderlich sind. Neben den Vorkassenzo- nen, Windfängen und Leergutrückgaben sind dies die Flächenanteile hinter den Bedienungstheken in Lebensmittelvollsortimentern bzw. Metzgereien und Bäckereien oder die Einkaufswagenzone im Gebäude. Dagegen werden Lagerflächen, Personalräume sowie die Verkehrsflächen in Passagen oder Einkaufszentren nicht berücksichtigt. Neben einer Aufnahme der Einzelhandelsbetriebe ist v. a. für die Abgrenzung Zentraler Versor- gungsbereiche sowie deren funktionale Bewertung zudem die Erfassung ergänzender innenstadtty- pischer Nutzungen von Bedeutung. Die Erhebung dieser Betriebe erfolgte innerhalb der Vredener Innenstadt. Als ergänzende Nutzungen wurden folgende Nutzungsarten aufgenommen: ▪ Dienstleistungen (z.B. Friseure, Reisebüros, Ärzte, Reinigungen) ▪ Gastronomie / Hotellerie ▪ Freizeit / Kultur ▪ Öffentliche Einrichtungen ▪ Sonstiges Gewerbe / Handwerk

Die einzelhandelsnahen Dienstleistungen und die weiteren genannten Nutzungen stiften einen zu- sätzlichen Nutzen für das Einkaufserlebnis, da sie die Funktionsvielfalt und -dichte innerhalb eines Zentrums erhöhen. Einige Dienstleistungsbranchen profitieren von den vorhandenen Passantenfre- quenzen des Einzelhandels oder sind gar von ihnen abhängig, andere generieren durch eigene Zielkundschaft eine zusätzliche Belebung.

32 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.2.2 Vorhandener Einzelhandelsbesatz in der Stadt Vreden

Im Rahmen der Vollerhebung des Einzelhandels in der Stadt Vreden wurden zum Stand Februar 2020 insgesamt 127 Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von insgesamt rd. 36.100 m² erhoben. Insgesamt erwirtschaften die Einzelhandelsbetriebe im Vredener Stadtgebiet nach einer cima-Umsatzschätzung einen jährlichen Einzelhandelsumsatz von rd. 104,1 Mio. € (brutto). In der nachfolgenden Abbildung werden die strukturellen Ergebnisse hinsichtlich Be- triebszahl, Verkaufsfläche und Umsatz, differenziert nach den 14 Hauptwarengruppen, zusammen- gefasst.

Die Berechnung der Umsätze erfolgte auf Basis von Flächenproduktivitäten (Brutto-Umsatz je m² Verkaufsfläche p. a.) für die insgesamt 31 Einzelbranchen gemäß cima-Systematik. Die Flächenpro- duktivitäten basieren auf den veröffentlichten Unternehmensdaten bundesweit tätiger Filialisten, relevanter Branchenreports, den Veröffentlichungen wissenschaftlicher Institute21 sowie einer cima- internen Datenbank, die im Rahmen der Vor-Ort-Arbeiten an die örtliche Situation in Vreden ange- passt wurde.

Folgende Befunde sind aus der Erhebung des Einzelhandelsbestandes hervorzuheben:

▪ In der Stadt Vreden sind 61 Betriebe in ihrem Kernsortiment dem periodischen Bedarf und 66 Betriebe dem aperiodischen Bedarf zuzuordnen. Während die Anzahl der Betriebe der beiden Bedarfsstufen somit auf einem vergleichbaren Niveau liegen, sind deutliche Unterschiede in der Verkaufsflächenausstattung und den erzielten Umsätzen festzustellen. Waren des aperiodischen bedarfs machen mit 23.350 m² Verkaufsflächen rd. 65 % der Verkaufsfläche in Vreden aus. Beim Einzelhandelsumsatz dominieren mit rd. 62,3 Mio. € und einem Anteil von rd. 60 % am Gesam- tumsatz hingegen Waren des periodischen Bedarfs. ▪ Die Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel stellt sowohl den Verkaufsflächen- als auch den Umsatzschwerpunkt im Stadtgebiet dar. Mit 43 Betrieben führen rd. 34 % aller Betriebe diese Warengruppe als Kernsortiment. Insgesamt beläuft sich die Verkaufsfläche der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel im Stadtgebiet auf 10.075 m², sodass auch hier mit einem Anteil von rd. 28 % das größte Angebot einer Warengruppe vorliegt. Der Umsatz, den die Vredener Einzelhandelsbetriebe mit Nahrungs- und Genussmitteln erwirtschaften, entspricht mit rd. 50,6 Mio. € rd. der Hälfte des gesamten Umsatzes im Vredener Einzelhandel. ▪ Einen ebenfalls großen Anteil am Vredener Einzelhandelsangebot nimmt die Warengruppe Bau- marktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel ein. 14 Betriebe sind dieser Warengruppe im Kernsorti- ment zugeordnet und die Verkaufsfläche stellt mit 7.915 m² rd. 22 % der Gesamtverkaufsfläche in Vreden. Durch den Verkauf von Waren dieser Warengruppe wird in Vreden mit rd. 10,2 Mio. € der zweitgrößte Anteil am Gesamtumsatz erwirtschaftet (rd. 10 %). Bei Anbietern mit Bau- und Gartenmarktartikel handelt es sich meist um flächenintensive Anbieter an autokundenorientier- ten Standortlagen, deren Umsatzleistungen je m² Verkaufsfläche (sog. Flächenproduktivität) aufgrund der vergleichsweise großen Verkaufsflächenansprüche z. T. deutlich unterhalb der meisten innenstadttypischen und / oder nahversorgungsrelevanten Warengruppen liegen.

21 u. a. EHI Retail Institute GmbH (2018): EHI Handelsdaten 2018, Köln und Hahn Gruppe (2019): Retail Real Estate Report 2018 / 2019, Bergisch Gladbach.

33 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 19: Einzelhandelsbestand nach Warengruppen in der Stadt Vreden 2020

Anzahl der Umsatz in cima Warengruppe VKF in m²** Betriebe* Mio. €**

Nahrungs- und Genussmittel 43 10.075 50,6 Gesundheits- und Körperpflege 9 1.875 9,7 Schnittblumen, Zeitschriften 9 825 1,9

Periodischer Bedarf insgesamt 61 12.775 62,3

Bekleidung, Wäsche 11 4.050 9,3

Schuhe, Lederwaren 5 1.105 3,1 Bücher, Schreibwaren 2 440 k. A. Spielwaren, Hobbybedarf 1 565 k. A.

Sportartikel, Fahrräder 4 1.480 3,6 Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 7 755 2,1

Uhren, Schmuck 3 125 0,9 Optik, Akustik, Sanitätsartikel 6 440 2,1

Glas, Porzellan, Keramik / Hausrat 5 2.160 2,3 Einrichtungsbedarf 8 4.345 5,6 Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 14 7.915 10,2

Aperiodischer Bedarf insgesamt 66 23.350 41,8

Einzelhandel insgesamt 127 36.155 104,1 * Zuordnung nach Hauptsortiment ** bereinigte Verkaufsflächen- und Umsatzwerte, Teilflächen von Mehrbranchenbetrieben wur- den den jeweiligen Warengruppen zugeordnet k. A.: aus Datenschutzgründen erfolgt kein Umsatzausweis bei weniger als 3 Betrieben Quelle: cima (2020); Erhebungsstand: Februar 2020

▪ Die typischen Innenstadtleitsortimente Bekleidung, Wäsche und Schuhe, Lederwaren führen in der Summe 16 Betriebe in Vreden als Kernsortiment. Das Angebot der Warengruppen beläuft sich zusammen auf 5.155 m² Verkaufsfläche im gesamten Vredener Stadtgebiet. Etwa 83 % der Verkaufsfläche dieser Warengruppen ist Einzelhandelsbetrieben innerhalb der Vredener Innen- stadt zuzuordnen. Die Bedeutung der Warengruppen Bekleidung, Wäsche und Schuhe, Leder- waren für die Vredener Innenstadt wird durch einen Verkaufsflächenanteil von rd. 41 % an der Gesamtverkaufsfläche der Innenstadt deutlich. ▪ Das nahversorgungsrelevante Sortiment Gesundheits- und Körperpflegeartikel ist bei neun Be- trieben Kernsortiment. Die Warengruppe nimmt insgesamt rd. 5 % der Gesamtverkaufsfläche ein und erwirtschaftet hierbei jedoch rd. 9 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Vreden.

34 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.2.3 Vorhandener Einzelhandelsbesatz in der Innenstadt Vreden

Städtebauliche Strukturen in der Vredener Innenstadt Der Zentrale Versorgungsbereich Hauptzentrum Innenstadt Vreden aus dem Jahr 2010 umfasst im Wesentlichen den historischen Altstadtbereich innerhalb des Butenwalls, der bereits aus stadthisto- rischer Sicht (ehemalige Wallanlage) die räumliche Abgrenzung der Vredener Innenstadt darstellt. Die Siedlungsstruktur innerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches ist mit einem Mix aus histori- scher Altstadtbebauung und z. T. typischer Nachkriegsarchitektur überwiegend kleinteilig geprägt. Als Mittelpunkt der Innenstadt ist der Marktplatz hervorzuheben, mit dem Domhof ist ein weiterer zentraler Platz vorhanden.

Die Innenstadt ist fußläufig nahezu barrierefrei erlebbar. Hierzu trägt neben der Größe der Innen- stadt auch die Fußgängerzone und die charakteristische Shared-Space Lösung bei, bei der durch den Bodenbelag weder eine visuelle Unterscheidung zwischen Gehweg und Fahrbahn festzustellen ist noch ein Niveauunterschied besteht. Der rotbraune Bodenbelag ist prägend für die Innenstadt.

In der Vredener Innenstadt gibt es neben verschiedenen konzentrierten Parkplätzen auch beglei- tend am Straßenrand Parkmöglichkeiten, sodass insgesamt eine ausreichende Anzahl an Parkmög- lichkeiten vorhanden ist. Der Busbahnhof am Wüllener Tor sichert zudem die Anbindung an das ÖPNV-Netz.

Abb. 20: Städtebauliches Erscheinungsbild in der Innenstadt Vreden

Quelle: cima (2020)

35 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Einzelhandelsbesatz Die stärksten Konzentrationen zentrenprägender Nutzungen (v. a. Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie) bestehen entlang der Hauptgeschäftslagen Wüllener Straße, Markt, Wassermühlen- straße und Domhof.

Abb. 21: Räumliche Verteilung des Einzelhandels in der Vredener Innenstadt

Quelle: cima (2020)

Zum Zeitpunkt der Einzelhandelserhebung im Februar 2020 gab es insgesamt 55 Betriebe innerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches aus dem Jahr 2010. Die Verkaufsfläche dieser Betriebe beläuft sich auf insgesamt 10.425 m². Die Einzelhandelsbetriebe der Innenstadt erwirtschaften zusammen einen Umsatz von rd. 30,3 Mio. €. Der Schwerpunkt des Angebotes liegt hierbei mit 75 % der Ver- kaufsfläche und 61 % des Umsatzes im aperiodischen Bedarf, doch auch Waren des periodischen Bedarfs nehmen mit insgesamt 2.630 m² Verkaufsfläche und einem Einzelhandelsumsatz von rd. 11,7 Mio. € eine bedeutende Rolle ein. Der Einzelhandelsbesatz lässt sich wie folgt charakterisieren:

▪ Das Sortiment Bekleidung, Wäsche stellt mit 35 % der Verkaufsfläche (3.640 m ²) und 27 % des Umsatzes (rd. 8,3 Mio. €) jeweils den größten Anteil eines einzelnen Sortiments in der Innenstadt dar. ▪ Die nahversorgungsrelevanten Sortimente Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheit, Kör- perpflege werden zusammen auf 2.400 m² Verkaufsfläche angeboten, was einem Anteil von 23 % an der Gesamtverkaufsfläche des Hauptzentrums entspricht. Gemeinsam erwirtschaften die Sortimente rd. 11,1 Mio. € (rd. 36 %). Dies verdeutlicht die Bedeutung der Innenstadt als Stand- ort der Nahversorgung. Den größten Teil des Angebotes bilden hier der K+K Markt am Domhof und die ROSSMANN Filiale in der Twicklerstraße. Hinzu kommen Betriebe des Lebensmittel-

36 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

handwerks, Apotheken sowie weitere kleinteilige Fachgeschäfte und auch Angebote in Form von Randsortimenten in Betrieben mit einem anderen Kernsortiment. ▪ Innerhalb der Vredener Innenstadt sind mit dem Anbieter WOOLWORTH (Wassermühlenstraße), dem Modegeschäft CEDE-TRENDLINE (Wüllener Straße) sowie dem K+K Lebensmittelmarkt drei großflächige Einzelhandelsbetriebe ansässig. Darüber hinaus sind weitere Einzelhandelsbetriebe größeren Zuschnitts (> 200 m² Verkaufsfläche) im Innenstadtbereich vorhanden (u. a. Haus- haltswaren MÜMKEN, SPORT NIEHUES, ROSSMANN, KODI, ABC SCHUHE). Diese Einzelhandels- betriebe sind für die Vredener Innenstadt als standortprägend einzustufen und sind in besonde- rem Maße für die im Innenstadtbereich vorhandene Grundfrequenz verantwortlich. ▪ Darüber hinaus wird das Einzelhandelsangebot durch eine Vielzahl kleinteiliger und häufig inha- bergeführter Fachgeschäfte ergänzt. ▪ Mit insgesamt 28 leerstehenden Ladenlokalen weist die Vredener Innenstadt eine erhebliche Anzahl an Leerständen auf. Abb. 22: Verkaufsfläche und Umsatz in der Vredener Innenstadt

cima-Warengruppe Verkaufsfläche Umsatz (in m²) (in %) (in Mio. €) (in %) Periodischer Bedarf insgesamt 2.630 25 % 11,7 39 % Nahrungs- und Genussmittel 1.675 16 % 7,4 24 % Gesundheit, Körperpflege 725 7 % 3,7 12 % Schnittblumen, Zeitschriften 230 2 % 0,6 2 % Aperiodischer Bedarf insgesamt 7.795 75 % 18,6 61 % Bekleidung, Wäsche 3.640 35 % 8,3 27 % Schuhe, Lederwaren 630 6 % 1,8 6 % Bücher, Schreibwaren 390 4 % 1,2 4 % Spielwaren, Hobbybedarf 130 1 % 0,3 1 % Sportartikel, Fahrräder 530 5 % 1,2 4 % Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 330 3 % 0,9 3 % Uhren, Schmuck 85 1 % 0,7 2 % Sanitätsartikel, Optik, Akustik 430 4 % 2,0 7 % Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 1.005 10 % 1,0 3 % Einrichtungsbedarf 365 4 % 0,8 3 % Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 260 2 % 0,4 1 % SUMME 10.425 100 % 30,3 100 % Quelle: cima (2020)

37 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.2.4 Räumliche Verteilung des Einzelhandels im Vredener Stadtgebiet

Bei der Betrachtung der räumlichen Verteilung des Einzelhandels im Vredener Stadtgebiet zeigt sich, dass sich der Einzelhandel vor allem auf die Kernstadt konzentriert. Bei den vereinzelt vorhan- denen Einzelhandelsbetrieben in den Kirchdörfern handelt es sich zumeist um Betriebe mit dem Hauptsortiment Nahrungs- und Genussmittel.

Abb. 23: Räumliche Verteilung der Einzelhandelsbetriebe im Vredener Stadtgebiet

Quelle: cima (2020)

Rd. 43 % der Betriebe auf Vredener Stadtgebiet liegen innerhalb der Innenstadt, während sich 57 % auf das restliche Stadtgebiet verteilen. Der Anteil der Innenstadt an der Gesamtverkaufsfläche und auch der Anteil des erwirtschafteten Umsatzes im Einzelhandel liegen jeweils bei rd. 29 %. Somit liegen im Gegensatz zur Anzahl der Betriebe sowohl der Verkaufsflächenschwerpunkt als auch der Schwerpunkt des Umsatzes deutlich außerhalb der Vredener Innenstadt. Ein entscheidender Punkt ist hierbei die Verteilung der häufig großflächigen und umsatzstarken Lebensmittelmärkte im Stadtgebiet zu nennen. Mit Ausnahme des K+K Marktes am Domhof liegen alle Lebensmittelmärkte außerhalb der Innenstadt. Auch weitere großflächige Anbieter sind vor allem außerhalb der Innen- stadt angesiedelt. Insgesamt zeigen die Werte trotz des Verkaufsflächen- und Umsatzschwerpunk- tes außerhalb der Innenstadt eine hohe Versorgungsbedeutung des Zentralen Versorgungsberei- ches.

38 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 24: Räumliche Verteilung des Einzelhandelsbestandes im Vredener Stadtgebiet (Innen- stadt / restliches Stadtgebiet)

Anteil der Betriebe 43% 57%

Anteil der Verkaufsfläche 29% 71%

Anteil des Umsatzes 29% 71%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Anteil Innenstadt Vreden Anteil restliches Stadtgebiet

Quelle: cima (2020)

4.2.5 Der großflächige Einzelhandel in der Stadt Vreden

Innerhalb des Vredener Stadtgebietes weisen insgesamt 14 Betriebe (ca. 11 % aller Einzelhandels- betriebe) Verkaufsflächen von mindestens 800 m² auf. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundes- verwaltungsgerichtes sind diese Anbieter damit als großflächige Einzelhandelsbetriebe zu klassifi- zieren22. Insgesamt entfallen auf die großflächigen Einzelhandelsbetriebe rd. 20.070 m² bzw. rd. 56 % der gesamtstädtischen Verkaufsfläche sowie ein gesamtstädtischer Umsatzanteil in Höhe von rd. 56,3 Mio. € (bzw. ca. 54 %).

In Abhängigkeit der geführten Sortimente sind großflächige Betriebseinheiten für die Schaffung ei- ner Grundfrequenz von besonderer Bedeutung. Im Hinblick auf die durch solche Anbieter ausgelös- ten Verbundeffekte ist darauf hinzuweisen, dass sich mit dem K+K Markt am Domhof, dem Beklei- dungsgeschäft CeDe TRENDLINE und der Filiale der Firma WOOLWORTH gegenwärtig drei der ins- gesamt 14 großflächigen Einzelhandelsbetriebe innerhalb der Innenstadt und somit innerhalb des Hauptzentrums der Stadt Vreden befinden. Wie der nachfolgenden Abbildung zu entnehmen ist,

22 Einzelhandelsbetriebe sind großflächig im Sinne der Rechtsprechung ab einer Verkaufsfläche von 800 m² (vgl. Urteile vom 24.11.2005: BVerwG 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05 und 4 C 8.05).

39 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

verteilen sich die 14 Betriebe mit Ausnahme der GÄRTNEREI ST. ANTONIUSHEIM23 auf die Kern- stadt Vreden. Sieben großflächige Betriebe führen ein nahversorgungsrelevantes Kernsortiment, zwei Betriebe sind im Kernsortiment zentrenrelevant und fünf Betriebe sind im Kernsortiment nicht zentrenrelevant (vgl. Abb. 25).

Differenziert nach einzelnen Warengruppen stellen Betriebe mit dem Kernsortiment Nahrungs- und Genussmittel mit 43 % aller großflächigen Einzelhandelsbetriebe den größten Anteil dar, gefolgt von Betrieben mit den Kernsortimenten Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel (rd. 21 %) sowie Einrichtungsbedarf (rd. 14 %).

Abb. 25: Verteilung der großflächigen Einzelhandelsbetriebe im Vredener Stadtgebiet

Quelle: cima (2020); Kartengrundlage: OpenStreetMap-Mitwirkende (2018)

23 Bei der Gärtnerei St. Antoniusheim handelt es sich um einen Teil einer Sozialeinrichtung. Dies zeigt sich auch in der Dar- stellung des Standortes im Regionalplan der Bezirksregierung Münster als Allgemeiner Siedlungsbereich mit Zweckbin- dung

40 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.2.6 Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Stadt Vreden

Entwicklung auf gesamtstädtischer Ebene Im Rahmen der ersten Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes für die Stadt Vreden aus dem Jahr 2010 wurde wie bei der vorliegenden Untersuchung eine gesamtstädtische Verkaufsflächener- hebung durchgeführt. Somit ist eine vergleichende Betrachtung der Bestandssituationen der Jahre 2010 und 2020 möglich und die Entwicklung des Einzelhandelsbestandes der Stadt Vreden inner- halb der letzten rd. 10 Jahre darstellbar.

Abb. 26: Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Gesamtstadt Vreden (2010 - 2020)

Veränderungen 2010 - 2020 2010 2020 absolut relativ

Anzahl der Betriebe 175 127 - 48 - 27 % Verkaufsfläche in m² 39.010 36.155 - 2.855 - 7 % Ø - Verkaufsfläche je Betrieb in m² 223 285 + 62 + 28 % Verkaufsfläche je Einwohner in m² 1,65 1,56 - 0,09 - 5 % NuG-Verkaufsfläche je Einwohner in m² 0,40 0,44 + 0,04 + 10 % Quelle: cima (2020); Datengrundlage: cima (2020), cima (2010)

Auf der gesamtstädtischen Ebene ist seit 2010 ein Rückgang der Betriebsanzahl von 175 Betrieben im Jahr 2010 auf 127 Betriebe im Jahr 2020 festzustellen. Dies entspricht einem Rückgang von rd. 27 %. Der Rückgang der Anzahl der Betriebe ist ein bundesweiter Trend, der in vielen Mittelzentren von NRW zu erkennen ist (vgl. Abb. 27) und der vielfach diskutierten Krise des inhabergeführten Einzelhandels entspricht.

Abb. 27: Entwicklung des Einzelhandelbestandes Vreden im Vergleich zu anderen NRW- Mittelzentren

Stadt Zeitraum Entwicklung Entwicklung Anzahl Verkaufsfläche der Betriebe

Vreden (rd. 23.100 Ew.) 2010 – 2020 - 7 % - 27 %

Viersen (rd. 78.100 Ew.) 2009 – 2019 - 9 % - 25 %

Stolberg (rd. 56.700 Ew.) 2010 – 2017 - 12 % - 27 %

Troisdorf (rd. 76.100 Ew.) 2006 – 2019 +11 % - 25 %

Willich (rd. 51.200 Ew.) 2008 – 2017 - 6 % - 23 %

Neuss (rd. 153.000 Ew.) 2007 – 2015 - 1 % - 15 %

Marl (rd. 86.000 Ew.) 2007 – 2014 + 4 % - 22 %

Quelle: cima (2020); Datengrundlage: kommunale Einzelhandelskonzepte der betrachteten Städte

41 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Die Verkaufsfläche ist auf Vredener Stadtgebiet ebenfalls rückläufig, jedoch in einem deutlich ge- ringeren Umfang. Sie hat sich von 39.010 m² (2010) um rd. 7 % auf 36.155 m² (2020) reduziert. Die durchschnittliche Verkaufsfläche je Betrieb ist somit deutlich um 62 m² auf 285 m² gestiegen. Es liegt der Rückschluss nahe, dass Betriebsaufgaben überdurchschnittlich häufig bei kleineren Betrie- ben erfolgten.

Die Entwicklung der Verkaufsfläche pro Einwohner ist rückläufig. Während im Jahr 2010 noch 1,65 m² Verkaufsfläche auf einen Einwohner kamen, sind es im Jahr 2020 noch 1,56 m². Positiv zu bewerten ist hingegen die Entwicklung der Verkaufsflächenausstattung im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel: die bereits im Jahr 2010 gute Ausstattung von 0,4 m² je Einwohner konnte bis zum Jahr 2020 auf 0,44 m² je Einwohner ausgebaut werden. Hiermit erzielt die Stadt Vreden einen Wert, der am oberen Rand einer Kommune mit einer durchschnittlichen NuG-Verkaufsflächenaus- stattung liegt (0,35 – 0,45 m² NuG / Ew.).

Entwicklung in der Innenstadt In dem Zeitraum von 2010 bis 2020 hat die Anzahl der Betriebe innerhalb der Innenstadt Vreden um rd. 35 % abgenommen. Der Vergleich zum Rückgang der Betriebszahlen in der Gesamtstadt von rd. 27 % zeigt, dass die Innenstadt stärker betroffen ist als das übrige Stadtgebiet. Auch die Abnahme der Verkaufsfläche ist mit einem Rückgang von rd. 19 % im Vergleich zur Gesamtstadt (- 7 %) stärker ausgeprägt.

Abb. 28: Entwicklung des Einzelhandelsbestandes in der Innenstadt Vreden (2010 - 2020)

Veränderungen 2010 - 2020 2010 2020 absolut relativ

Anzahl der Betriebe 85 55 - 30 - 35 % Verkaufsfläche in m² 12.800 10.425 - 2.375 - 19 % Quelle: cima (2020); Datengrundlage: cima (2020), cima (2010)

Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf folgende Ursachen zurückzuführen:

▪ Rückzug des inhabergeführten Facheinzelhandels (u. a. wegen ungeklärter Nachfolge und zunehmenden Wettbewerbsdruck) ▪ Wegbrechen lokaler Versorgungsangebote (z. B. Insolvenz der Fa. Schlecker, Entfall von La- denhandwerksbetriebe (Bäckereien, Metzgereien)) zugunsten des Verkaufs in Lebensmittelmärk- ten ▪ Neuansiedlungen erfolgen häufig in Form flächenintensiver Fachmarktnutzungen ▪ Verdrängung von Einzelhandelsflächen durch Dienstleistungs- oder Gastronomiebetriebe

42 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.3 Regionale Wettbewerbssituation

Die regionale Wettbewerbssituation Vredens wird vor allem durch die angrenzenden Mittelzentren des Kreises Borken, das Oberzentrum Münster sowie durch das Designer Outlet in der Stadt Och- trup geprägt. Zudem besteht durch die Lage an der Grenze zum Nachbarland Niederlande eine Wettbewerbssituation zu den angrenzenden niederländischen Städten. Bevor auf einzelne regionale Wettbewerbsstandorte detaillierter eingegangen wird, wird ein Überblick über die regionale Nach- fragesituation gegeben.

Regionale Nachfragesituation Anhand des Kaufkraftniveaus des regionalen Umfeldes der Stadt Vreden lässt sich in Kombination der jeweiligen Einwohnerzahlen der Kommunen die regionale Nachfragesituation einschätzen.

Die Analyse der regionalen Kaufkraft erfolgt anhand der Kaukraftindexwerte der Fa. MB Research, Nürnberg, die für jede Kommune anhand verfügbarer einkommensrelevanter Statistiken (amtlichen Lohn- und Einkommenssteuerstatistik, Statistiken zu den sonstigen Erwerbseinkommen, Renten und Pensionen, Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II, Kindergeld, Sozialhilfe, BAföG (ohne Dar- lehen) und Wohngeld) ermittelt werden. Der Index ist normiert auf den Bundesdurchschnitt (Bund = 100); Werte unter 100 signalisieren, dass die Kaufkraft in der jeweiligen Kommune unter dem Bundesdurchschnitt liegen, Werte über 100 belegen eine überdurchschnittliche Kaufkraft je Einwohner.

Die Kaufkraftkennziffer im Kreis Borken liegt im Durchschnitt bei 97,2 und somit unterhalb des Bundesdurchschnitts. Die Kaufkraftkennziffern der dem Kreis angehörigen Städte liegen zwischen 87,1 in Gronau und 101,6 in . Die Kaufkraftkennziffer der Stadt Vreden liegt mit 98,5 leicht über dem Durchschnitt des Kreises Borken, jedoch ebenfalls unterhalb des Bundesdurchschnitts. Münster weist mit einer Kaufkraftkennziffer von 104,5 eine überdurchschnittliche Kaufkraft auf.

Abb. 29: Kaufkraftkennziffer für ausgewählte Kommunen in der Region

110 104,5 101,6 100,0 100,0 100,9 98,5 100 97,2 96,5 96,8 93,6 92,9

90 87,1

80

70

60

Umsatzkennziffer durchschnittliche Umsatzkennziffer

Quelle: MB Research, Nürnberg (2019)

43 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Stadtlohn Die Innenstadt der Nachbarstadt ist rd. 10 km von der Vredener Innenstadt entfernt und in rd. 10 Min. PKW-Fahrtzeit zu erreichen. Stadtlohn verfügte gemäß dem aktuellen Einzelhandels- konzept aus dem Jahr 2018 über 125 Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsflächenausstattung von insgesamt 63.570 m². In etwa die Hälfte der gesamten Verkaufsfläche liegt mit 30.950 m² Ver- kaufsfläche im Sortiment Einrichtungsbedarf. Ausschlaggebend hierfür ist vor allem der Betrieb MÖBEL STEINBACH.24

Ein Vergleich des Einzelhandelsbestandes der Städte Stadtlohn und Vreden zeigt, dass Vreden bei einer vergleichbaren Anzahl an Einzelhandelsbetrieben insgesamt nur in etwa rd. die Hälfte der Stadtlohner Verkaufsfläche vorweisen kann. Ausschlaggebend ist hierfür v. a. der Betrieb MÖBEL STEINBACH. Eine weitere Branche in der Stadt Stadtlohn mit mehr als 3.000 m² Verkaufsfläche bil- det das Sortiment Bekleidung, Wäsche, das vor allem in der Innenstadt angesiedelt ist (u. a. MODE DEMES).

Als Magnetbetriebe der Stadtlohner Innenstadt können u. a. MODE DEMES und der Drogeriefach- markt der Firma DM an der Stegerstraße sowie der EDEKA-Markt an der Burgstraße genannt wer- den.

Ahaus In der Stadt Ahaus waren zum Zeitpunkt der Erhebung im Rahmen der Erstellung des aktuellen Ein- zelhandelskonzeptes im Februar 2015 273 Einzelhandelsbetriebe vorhanden, die über eine Gesamt- verkaufsfläche von 101.900 m² verfügen.25

Die Ahauser Innenstadt ist ausgehend von der Vredener Innerstadt mit dem PKW in rd. 15 Minuten zu erreichen (Entfernung rd. 14 km). Das innerstädtische Einzelhandelsangebot belief sich im Jahr 2015 laut Einzelhandelskonzept auf 90 Betriebe mit einer Verkaufsfläche von 18.300 m². Der Einzel- handelsbestand in der Innenstadt ist überwiegend kleinteilig strukturiert und zu einem Teil inha- bergeführt, aber auch durch Filialisten wie u. a. ERNSTINGS FAMILY, C&A, BONITA und ENGBERS geprägt.

Seit der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes gab es mit der Eröffnung des Kaufhauses BER- KEN eine zentrale Angebotserweiterung in der Ahauser Innenstadt. Auf 5.400 m² Verkaufsfläche bietet BERKEN seit dem Frühjahr 2019 vor allem Bekleidung an. Folglich ist davon auszugehen, dass das Vorhaben den bereits vorher hohen Verkaufsflächenanteil des Sortimentes Bekleidung von 60 % an der Gesamtverkaufsfläche weiter ansteigen lässt.

Mit den Bekleidungsgeschäften HAVERKAMP MODE und STEINGRUBE zählen zwei weitere Beklei- dungsgeschäfte als Magnetbetriebe der Innenstadt. Zudem ist der Vollsortimenter der Firma K+K im Nordosten der Innenstadt als wesentlicher Frequenzbringer zu nennen.

Oberzentrum Münster Der Prinzipalmarkt in Münster als Mittelpunkt des Hauptzentrums der Stadt Münster liegt ausge- hend vom Vredener Hauptzentrum in rd. 70 km Entfernung östlich von Vreden. Mit dem PKW be- trägt die Fahrtzeit rd. eine Stunde. Eine Busverbindung ermöglicht das Erreichen des Hauptbahnho-

24 CIMA Beratung + Management GmbH (2018): Einzelhandelskonzept Stadtlohn (Fortschreibung 2018), Köln 25 Junker + Kruse (2016): Einzelhandelskonzept für die Stadt Ahaus (Fortschreibung), Dortmund

44 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

fes in Münster innerhalb von einer Stunde und 40 Minuten. Die Universitätsstadt Münster ist mit rd. 315.300 Einwohnern26 die mit Abstand größte Stadt des Münsterlandes und sowohl wirtschaft- lich als auch kulturell eindeutiges Zentrum der Region.

Innerhalb des historisch geprägten Hauptzentrums befanden sich zum Zeitpunkt der Erhebung des aktuellen Einzelhandelskonzeptes 619 Betriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von 179.400 m². Der Angebotsschwerpunkt des Einzelhandels liegt mit rd. 134.700 m² VKF im mittelfristigen Bedarf (rd. 75 % der Gesamtverkaufsfläche im Hauptzentrum). Vor allem ist das Angebot im Sortiment Beklei- dung hervorzuheben, rd. 94.600 m² und somit rd. 53 % der Gesamtverkaufsfläche entfallen auf die- ses Sortiment. Das Angebot im Bereich des kurzfristigen Bedarfs (rd. 13 % der VKF) sowie des lang- fristigen Bedarfs (rd. 12 % der VKF) ist im Vergleich deutlich untergeordnet.27

Als Magnetbetriebe der Innenstadt sind die Warenhäuser GALERIA KAUFHOF und KARSTADT zu nennen. Auch im Bekleidungssegment sind unter anderem mit Filialen der Betreiber APPEL- RATHCÜPPER, P&C oder C&A verschiedene großflächige Anbieter im Hauptzentrum vorhanden.

Innerhalb des Hauptzentrums befindet sich seit dem Jahr 2006 in der Fußgängerzone mit den Münster Arkaden ein Einkaufszentrum mit rd. 40 Shops, in dem sich u. a. die P&C-Filiale sowie der Elektrofachmarkt SATURN befindet. Seit 2020 ist auch eine Filiale des Manufactum Warenhauses dort ansässig. Mit dem Ensemble Stubengasse / Hanse Carré hat die Innenstadt 2009 nicht nur ei- nen weitere und interessante Handelslage erhalten, das Projekt wurde auch mehrfach aufgrund sei- ner städtebaulichen Qualitäten ausgezeichnet.

Designer Outlet Ochtrup Das zur McArthurGlen Group gehörende Designer Outlet in der Stadt Ochtrup ist ausgehend vom Hauptzentrum Vreden in rd. 35 Minuten mit dem PKW zu erreichen (Entfernung rd. 39 km). Das Outlet Center wurde im Jahr 2004 eröffnet und firmierte im Laufe der Jahre sowohl unter den Na- men Euregio Outlet Center als auch Factory Outlet Center. Im Jahr 2012 erfolgte eine Erweiterung der Verkaufsfläche von 3.500 m² auf 11.500 m².

Insgesamt gibt nach offiziellen Angaben des Betreibers 65 Geschäfte, die über 100 reduzierte Mar- ken führen. Ergänzt wird das Einzelhandelsangebot durch sechs gastronomische Betriebe.

Der Betreiber strebt eine weitere Erweiterung der Verkaufsfläche auf rd. 19.000 m² an. Der Pla- nungsstand hierzu ist fortgeschritten, die Stadt Ochtrup hat im März 2018 einen Bebauungsplan als Satzung beschlossen, der eine Erweiterung der Verkaufsfläche auf max. 19.050 m² VKF festsetzt. Mit max. 10.300 m² VKF kommt dem Sortiment Bekleidung der mit Abstand größte Verkaufsflächenan- teil zu.

Die im Bebauungsplan Nr. 80 „Umsetzung Rahmenplan van Delden“ Teilbereich I A, 9. Änderung und Erweiterung der Stadt Ochtrup festgesetzten zulässigen Warengruppen zeigen, dass vor allem Be- kleidung, aber auch Schuhe und Sportartikel / Sportbekleidung der größte Verkaufsflächenanteil ermöglicht werden soll. Diese Sortimente sind auch im Vredener Hauptzentrum prägend, sodass aufgrund der preislichen Vorteile in Kombination mit dem speziellen Shoppingerlebnis eines Out- let-Centers für einzelne Geschäfte der Vredener Innenstadt von einer direkten Konkurrenzsituation auszugehen ist.

26 Quelle: IT.NRW (2020); Stichtag 31.12.2019 27 Stadt + Handel (2018): Fortschreibung des Einzelhandels- und Zentrenkonzept für die Stadt Münster, Dortmund.

45 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.4 Nachfragesituation des Einzelhandelsstandortes Vreden 2020

4.4.1 Marktgebiet des Einzelhandelsstandortes Vreden

Als Marktgebiet des Einzelhandelsstandortes Vreden wird derjenige Bereich definiert, innerhalb dessen die Einwohner den Handelsstandort Vreden regelmäßig aufsuchen. Das Marktgebiet des Einzelhandelsstandortes wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Diese sind vor allem:

▪ Struktur und Verteilung des Einzelhandelsangebotes in Vreden ▪ Branchenmix ▪ Anziehungskraft und Attraktivität ansässiger (Groß-)Betriebe ▪ Nähe zu Konkurrenzorten ▪ Angebot an Wettbewerbsstandorten ▪ Überschneidungen der Marktgebiete mit den Marktgebieten anderer Mittel- und Oberzentren in der Region ▪ Verteilung der Bevölkerung im Raum ▪ Verkehrsinfrastruktur ▪ Pendlerbewegungen (arbeits- und ausbildungsbedingt)

Mit Blick auf die im Vredener Einzelhandel bestehende Angebotsstruktur sowie der zum Teil ausge- prägten Angebotssituation in benachbarten Mittelzentren in der Region ist davon auszugehen, dass sich das Marktgebiet des Vredener Einzelhandels im Wesentlichen auf das eigene Stadtgebiet mit seinen rd. 23.100 Einwohnern bezieht.

Aufgrund der Angebotsunterschiede in den Sortimenten und den Preisen besteht ein signifikanter Kaufkraftzufluss aus dem niederländischen Grenzgebiet, ohne dass jenseits der Grenze von einer Marktdominanz der Stadt Vreden auszugehen ist. Es sei an dieser Stelle auch auf die Einkaufsange- bot in der Gemeinde Winterswijk (28.900 Ew.) verwiesen (u. a. HEMA, C&A, H&M, SPORT 2000, MODECENTRUM LÜCKMAN).

Bei der Abgrenzung des Marktgebietes des Vredener Einzelhandels ist zudem zu berücksichtigen, dass nicht alle Betriebe in gleichem Maße in den Raum ausstrahlen. Wie eine frühere Untersuchung der Grenzverflechtungen im deutsch-niederländischen Grenzraum28 gezeigt hat, kaufen die nieder- ländischen Kunden bevorzugt Waren des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Drogerieartikel) in Deutschland ein. Hier zeigt sich insbesondere die Besonderheit des deutschen Einzelhandels in Form der Lebensmitteldiscounter. 8,6 % der befragten niederländischen Kunden gab an, Lebensmit- tel, Drogerieartikel und Getränke in Vreden bevorzugt einzukaufen. Nach Borken, Gronau, Ahaus und Bocholt war dies der höchste Prozentwert.

28 BBE Standort- und Kommunalberatung Münster (2013): Einkaufsverflechtungen im deutsch-niederländischen Grenz- raum. Münster. Die Untersuchung bezog sind auf die niederländischen Kommunen, die unmittelbar an den IHK Nord Westfalen-Bezirk angrenzen.

46 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Die Stadt Vreden weist für das Jahr 2018 ein ausgeglichenes Pendlersaldo auf (5.516 Einpendler / 5.531 Auspendler)29. Aus den Pendlerbewegungen lassen sich somit keine besonderen Erklärungen für den Kaufkraftabfluss ableiten.

Auf deutscher Seite ist zwar auch von Kaufkraftzuflüssen aus dem südöstlich gelegenen Kommunen Stadtlohn, Südlohn etc. auszugehen. Wie auch für den niederländischen Grenzraum ist jedoch keine Kommune dem direkten Marktgebiet von Vreden zuzuordnen. Kaufkraftzu- und -abflüsse zwischen den entsprechenden Mittelzentren im Kreis Borken (Vreden, Stadtlohn, Ahaus etc.) dürften sich in vielen Fällen gegenseitig ausgleichen. Alle Zentren sind von Kaufkraftabflüssen in das gut erreich- bare Oberzentrum Münster betroffen.

Abb. 30: Marktgebiet des Vredener Einzelhandels

Quelle: cima 2020, Kartengrundlage: OpenStreetMap-Mitwirkende (2020), © GeoBasis-DE / BKG (2020)

4.4.2 Nachfragepotenzial im Einzugsgebiet

Das Marktpotenzial des Vredener Einzelhandels ergibt sich im Wesentlichen aus der vorhandenen Nachfrage innerhalb des eigenen Stadtgebietes.

Die Berechnung des Nachfragepotenzials30 erfolgt auf der Basis der gemeindescharfen Einwohner- zahlen und der spezifischen einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffer31. Es wird ein Ausgabesatz

29 IT. NRW 2020: Pendleratlas NRW

47 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

pro Kopf im Einzelhandel von 5.565 € für das Jahr 2020 zugrunde gelegt (Bundesdurchschnitt)32, der an das Niveau der Stadt Vreden mit Hilfe der örtlichen Kaufkraftkennziffer angepasst wurde. Nach Angaben von Michael Bauer Research (2019) beträgt die Kaufkraftkennziffer für die Stadt Vreden 98,5 d.h., die Kaufkraft liegt um 1,5 % unter dem Bundesdurchschnitt.

Der Ausgabesatz eines jeden Einwohners der Stadt Vreden entspricht damit über alle Warengrup- pen hinweg 5.482 € im Jahr. Insgesamt beläuft sich das Nachfragepotenzial innerhalb des Vredener Stadtgebietes auf rd. 126,7 Mio. €. Davon entfallen etwa 63,0 Mio. € auf den periodischen Bedarf. Im aperiodischen Bedarfsbereich beläuft sich das Nachfragepotenzial auf rd. 63,8 Mio. € (s. auch Abb. 31).

Abb. 31: Kaufkraftpotenzial in der Stadt Vreden 2020

Kaufkraftpotenzial cima-Warengruppe Stadtgebiet Vreden in Mio. €

Periodischer Bedarf insgesamt 63,0 Nahrungs- und Genussmittel 51,0 Gesundheits- und Körperpflege 10,0

Schnittblumen, Zeitschriften 1,9

Aperiodischer Bedarf insgesamt 63,8

Bekleidung, Wäsche 12,0 Schuhe, Lederwaren 3,8 Bücher, Schreibwaren 2,3 Spielwaren, Hobby 1,6

Sportartikel, Fahrräder 4,4 Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 10,9 Uhren, Schmuck 1,7

Optik, Akustik, Sanitätsartikel 3,8

Glas, Porzellan, Keramik / Hausrat 2,0 Einrichtungsbedarf 9,2 Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 12,1

Einzelhandel insgesamt 126,7

Quelle: cima (2020)

30 Das Nachfragepotenzial entspricht den Ausgaben (in €) der Bevölkerung der Stadt Vreden, die dem Einzelhandel zur Verfügung stehen (statistischer Wert). 31 Quelle: Michael Bauer Research GmbH (2019) 32 Quelle: cima (2020)

48 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

4.4.3 Einzelhandelszentralität in Vreden nach Warengruppen

Die Einzelhandelszentralität eines Ortes beschreibt das Verhältnis des am Ort getätigten Einzelhan- delsumsatzes zu der am Ort vorhandenen Kaufkraft. Zur Berechnung der Einzelhandelszentralität gilt die folgende Formel:

Handelszentralitäten von über 100 signalisieren Kaufkraftzuflüsse, d. h.; der Handelsstandort zieht per Saldo Kaufkraft von umliegenden Kommunen an, Handelszentralitäten von unter 100 bedeuten per Saldo Kaufkraftabflüsse aus der betreffenden Raumeinheit. Handelszentralitäten werden für den Einzelhandel insgesamt sowie für einzelne Warengruppen ermittelt. Je größer die Zentralität eines Ortes ist, desto größer ist die Anziehungskraft auf Kunden aus dem Umland. Die Zentralität eines Ortes wird z. B. durch die Qualität und Quantität an Verkaufsfläche, den Branchenmix, die Verkehrs- anbindung, die Kaufkraft im Marktgebiet sowie die regionale Wettbewerbssituation beeinflusst.

Abb. 32: Umsatz, Kaufkraft und Handelszentralität in Vreden (Gesamtstadt)

cima Warengruppe Umsatz Nachfrage- Handels- (in Mio. €) volumen zentralität (in Mio. €) Periodischer Bedarf insgesamt 62,3 63,0 99 Nahrungs- und Genussmittel 50,6 51,0 99 Gesundheits- und Körperpflege 9,7 10,0 98

Schnittblumen, Zeitschriften 1,9 1,9 100

Aperiodischer Bedarf insgesamt 41,9 63,8 66 Bekleidung, Wäsche 9,3 12,0 77 Schuhe, Lederwaren 3,1 3,8 82

Bücher, Schreibwaren 1,3 2,3 58 Spielwaren, Hobby 1,5 1,6 90 Sportartikel, Fahrräder 3,6 4,4 83 Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 2,1 10,9 19

Uhren, Schmuck 0,9 1,7 50 medizinisch-orthopädischer Bedarf 2,1 3,8 55 Glas, Porzellan, Keramik / Hausrat 2,3 2,0 116 Einrichtungsbedarf 5,6 9,2 61

Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 10,2 12,1 84

Einzelhandel insgesamt 104,1 126,7 82 Quelle: cima (2020)

49 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

In Vreden steht einem Einzelhandelsumsatz von 104,1 Mio. € eine lokale Einzelhandelskaufkraft von 126,7 Mio. € gegenüber. Die ermittelte Handelszentralität in Vreden beträgt im Jahr 2020 über alle Warengruppen hinweg im Durchschnitt 82. Somit ist auf gesamtstädtischer Ebene per Saldo ein Kaufkraftabfluss festzustellen.

Die Handelszentralitäten der einzelnen Warengruppen fallen sehr unterschiedlich aus. In den Sorti- menten des periodischen Bedarfs zeigt die durchschnittliche Handelszentralität von 99, dass die vorhandene Kaufkraft nahezu deckungsgleich mit den Umsätzen der Vredener Einzelhandelsge- schäfte ist. Dies gilt nicht nur für den Durchschnitt der Warengruppen des periodischen Bedarfs, sondern auch einzeln für die jeweiligen Warengruppen: Nahrungs- und Genussmittel weisen eine Handelszentralität von 99 auf, Gesundheits- und Körperpflege von 98 und die Handelszentralität von Schnittblumen, Zeitschriften beträgt 100. Vor allem in Bezug auf die Handelszentralität im Be- reich Nahrungs- und Genussmittel ist jedoch zu bedenken, dass die Handelszentralität nicht allein als Ausdruck für die Qualität des Nahversorgungsangebotes gelten kann. Weitere Faktoren, die für eine Beurteilung berücksichtigt werden müssen, sind u. a. die Verteilung der Nahversorgungsstruk- turen innerhalb des Stadtgebietes, die fußläufige Erreichbarkeit und die Zukunftsfähigkeit einzelner Märkte (vgl. Kap. 6.3).

Abb. 33: Ranking: warengruppenspezifische Handelszentralitäten in Vreden

Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 116 Schnittblumen, Zeitschriften 100 Nahrungs- und Genussmittel 99 Gesundheit, Körperpflege 98 Spielwaren, Hobbybedarf 90 Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 84 Sportartikel, Fahrräder 83 Durchschnitt aller Sortimente 82 Schuhe, Lederwaren 82 Bekleidung, Wäsche 77 Einrichtungsbedarf 61 Bücher, Schreibwaren 58 Sanitätsartikel, Optik, Akustik 55 Uhren, Schmuck 50 Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 19

0 25 50 75 100 125

Quelle: cima (2020)

Die Sortimente des aperiodischen Bedarfs weisen eine Handelszentralität von 66 auf, sodass es hier anders als bei den Sortimenten des periodischen Bedarfs eindeutig zu Kaufkraftabflüssen von ins- gesamt 21,9 Mio. € kommt. Die einzige Warengruppe, die eine Handelszentralität von über 100 vorweisen kann, ist die Warengruppe Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat. Deutlich unterhalb der durchschnittlichen Handelszentralität von 82 liegen die Handelszentralitäten der Warengruppen

50 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Elektroartikel, Unterhaltungselektronik (19), Uhren, Schmuck (50), Sanitätsartikel, Optik, Akustik (55), Bücher, Schreibwaren (58) und Einrichtungsbedarf (61). Ebenfalls unterhalb des Vredener Durch- schnitts liegt die Handelszentralität der innenstadtprägenden Warengruppe Bekleidung, Wäsche mit einer Handelszentralität von 77.

Ein Vergleich der Zentralitätskennziffern zeigt, dass andere Kommunen in der Region in vergleich- baren Größenordnungen per Saldo z. T. einen höheren Anteil der örtlichen Kaufkraft binden können und sogar Kaufkraftzuflüsse verzeichnen. In diesem Zusammenhang sind jedoch immer auch jewei- ligen Rahmenbedingungen des örtlichen Einzelhandels zu berücksichtigen. Während die Nachbar- schaft der Stadt Vreden eindeutig durch Mittelzentren geprägt ist, wird das Umfeld der Städte Ah- aus, Stadtlohn und Bocholt zu erheblichem Maße durch Grundzentren geprägt, aus denen Kaufkraft gebunden werden kann.

Abb. 34: Handelszentralitäten in der Region im cima-Vergleich

Handelszentralität (Jahr der Untersuchung) Vreden (rd. 23.100 Einwohner) 82 (2020) Ahaus (rd. 39.200 Einwohner) 121 (2016) Stadtlohn (rd. 20.300 Einwohner) 106 (2018) Bocholt (rd. 71.100 Einwohner) 119 (2018) Quelle: cima–Auswertung verschiedener Einzelhandelsuntersuchungen (2020)

51 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

5 Zentrale Zielsetzungen der zukünfti- gen Einzelhandelsentwicklung in Vreden

Vor dem Hintergrund der landesplanerischen und der kommunalentwicklungspolitischen Zielset- zungen sowie der Ergebnisse der eigenen IST-Analyse wird der Stadt Vreden empfohlen, sich hin- sichtlich der zukünftigen Entwicklung des Einzelhandelsstandortes Vreden an den nachfolgend auf- geführten zentralen Zielsetzungen zu orientieren:

Oberziel A: Sicherung der mittelzentralen Versorgungsfunktion der Stadt Vreden

▪ Festigung und ggf. Erhöhung der Kaufkraftbindung im eigenen Stadtgebiet ▪ stärkere regionale Positionierung als Mittelzentrum mit einer attraktiven Innenstadt als Haupt- zentrum

Oberziel B: Stärkung der Innenstadt als Hauptzentrum der Stadt Vreden ▪ Festhalten an der Konzentration der Einzelhandelsentwicklung auf die Vredener Innenstadt als wichtigstem Einkaufsstandort im Stadtgebiet mit gesamtstädtischer und z. T. überörtlicher Ver- sorgungsfunktion ▪ Förderung der Funktionsvielfalt für eine lebendige Innenstadt

Oberziel C: Sicherung einer flächendeckenden Nahversorgung im gesamten Stadtgebiet ▪ Sicherung bzw. Ausbau der Nahversorgungsfunktion des Zentralen Versorgungsbereiches auch unter Beachtung der Magnetfunktion der Nahversorgungsbetriebe für die Innenstadt ▪ Sicherstellung eines möglichst flächendeckenden, fußläufigen Nahversorgungsangebotes im Stadtgebiet mit Waren des täglichen Bedarfes durch den Zentralen Versorgungsbereich ergän- zende und im Zentrenkonzept definierte Nahversorgungsstandorte in integrierten Lagen

Oberziel D: Sicherung des funktional gegliederten Standortkonzeptes der Stadt Vreden ▪ Sicherung des Hauptzentrums Innenstadt Vreden als Standort mit der größten Angebots- und Nutzungsdichte ▪ gezielte Sicherung der definierten ergänzenden Nahversorgungsstandorte in städtebaulich inte- grierten Lagen ▪ Begrenzung der ergänzenden Versorgungsfunktion von Fachmarktstandorten ausschließlich auf Angebote mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten ▪ Konzentration der Fachmarktstandorte auf die bestehenden Standortlagen (u. a. Bündelung des Verkehrs, Reduzierung des Flächenverbrauchs) ▪ Vorbehalt der Gewerbe- und Industriegebiete für Handwerk und Produzierendes Gewerbe

52 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Oberziel E: Schaffung von Planungs- und Investitionssicherheit ▪ Schaffung von Investitionssicherheit durch die verbindliche Bauleitplanung ▪ planungsrechtliche Steuerung des großflächigen Einzelhandels im gesamten Stadtgebiet ▪ Überprüfung bestehender Bebauungspläne und deren Festsetzungen entsprechend der Zielset- zungen des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Vreden

Aufbauend auf diesen Zielvorstellungen kann der Einzelhandel einen wichtigen Beitrag zu einer raumordnerisch, stadtplanerisch, städtebaulich und zugleich wirtschaftlich wünschenswerten Ge- samtentwicklung der Stadt Vreden leisten, u. a. sind zu nennen:

▪ Einfügen der Stadt Vreden in das bestehende System der zentralen Orte mit der im Rahmen des Regionalplans Münsterland formulierten Zentrenhierarchie, ▪ Förderung der Stadt Vreden auch als attraktiver Wohnstandort, ▪ geordnete Weiterentwicklung der Siedlungsstruktur, ▪ Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen und Planungssicherheit für die wirtschaftliche Entwicklung vorhandener Betriebe.

53 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

6 Konzeption

6.1 Zentren- und Standortkonzept für die Stadt Vreden

Allgemeine Typisierung der Zentrenstruktur Häufig verfügen die Kommunen über eine Siedlungs- und Standortstruktur, aus der sich die fol- genden gängigen Typen Zentraler Versorgungsbereiche ableiten lassen:

▪ Hauptzentrum: Das Hauptzentrum übernimmt gesamtstädtische und regionale Versorgungs- funktionen mit Waren aller Art (Waren des kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfs) und zugleich auch die Aufgabe der Nahversorgung für die Anwohner des jeweiligen Stadtteils. Damit sind in dem Hauptzentrum grundsätzlich alle Betriebe mit zentren- oder nahver- sorgungsrelevanten Sortimenten zulässig, sofern sie nicht zu einer Beeinträchtigung anderer Zentraler Versorgungsbereiche in Nachbargemeinden bzw. der wohnungsnahen Versorgung führen. Das Hauptzentrum wird räumlich als Zentraler Versorgungsbereich abgegrenzt.

▪ Nebenzentrum: Ein Nebenzentrum dient überwiegend der Nahversorgung des zugeordneten Stadtteils, darüber hinaus aber auch der Grundversorgung mit Waren des mittel- und langfristi- gen Bedarfs weiterer Stadtbereiche, die sonst nur über ein Nahversorgungsangebot verfügen Die in einem Nebenzentrum zulässigen Betriebe richten sich in Art und Umfang nach der Funk- tion des Zentrums. Eine Gefährdung anderer Zentren innerhalb und außerhalb des Gemeinde- gebietes ist auszuschließen.

Hieraus folgt, dass ein Nebenzentrum entsprechend seiner Versorgungsfunktion auch über großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungs- oder zentrenrelevanten Kernsortimen- ten verfügen kann. Gerade in Großstädten übernehmen die Nebenzentren häufig Versor- gungsaufgaben für einwohnerstarke Stadtteile, die einen entsprechenden Geschäftsbesatz er- forderlich machen. Nicht zulässig sind jedoch z. B. großflächige Einzelhandelsbetriebe in Neben- zentren mit zentrenrelevanten Kernsortimenten, die ein gesamtstädtisches oder unter Umstän- den sogar regionales Einzugsgebiet aufweisen.

Nebenzentren werden räumlich als Zentrale Versorgungsbereiche begründet abgegrenzt, sie genießen, wie das Hauptzentrum, einen planungsrechtlichen Schutzanspruch.

▪ Nahversorgungszentrum: Ein Nahversorgungszentrum dient ausschließlich der Versorgung der Bürger im Einzugsgebiet mit Gütern des täglichen Bedarfs; ein leistungsfähiger Lebensmittelan- bieter (Discounter (ca. 800 – 1.200 m² VKF) oder Supermarkt (800 – 1.800 m² VKF)) ist vorhanden sowie mindestens ein Betrieb des Lebensmittelhandwerks (Bäckerei, Metzgerei). Ergänzend fin- det sich meist ein weiteres Angebot des täglichen Bedarfs (Drogerie, Zeitungen etc.). Hingegen sind im mittel- und langfristigen Bedarf nur einzelne Angebote mit geringer Tiefe und Breite vorhanden oder fehlen häufig gänzlich. In Nahversorgungszentren sind damit grundsätzlich auch in begrenztem Umfang bestimmte zentrenrelevante Sortimente zuzulassen, um die Ver- sorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Auch für die Nahversorgungszentren werden Zentrale Versorgungsbereiche räumlich abgegrenzt. Es gehört zu den Besonderheiten des Vredener Zentrenkonzeptes, dass im gesamten Stadtgebiet kein Neben- und kein Nahversorgungszentrum in der angeführten Ausstattung und Versorgungs- funktion vorhanden oder geplant ist. Diese Ebenen des hierarchischen Zentrenkonzeptes bleibt da- her unbesetzt.

54 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Zentren- und Standortkonzept für die Stadt Vreden Aus der Analyse und den entwickelten Zielvorstellungen zur zukünftigen Einzelhandelsentwicklung innerhalb der Stadt Vreden lässt sich ein räumliches Konzept der wesentlichen Einzel- handelsstandorte im Stadtgebiet ableiten. Es handelt sich um ein hierarchisches Netz verschiedener Standorte unterschiedlicher Wertigkeit mit unterschiedlichen Funktionszuweisungen.

Abb. 35: Zentrenkonzept für die Stadt Vreden

Quelle: cima (2020)

Die Innenstadt Vreden wird im Rahmen des vorliegenden Zentrenkonzeptes als Zentraler Versor- gungsbereich mit der Funktion eines Hauptzentrums abgegrenzt. Mit der Darstellung des Haupt- zentrums Innenstadt Vreden entspricht das Zentrenkonzept den Aussagen des Einzelhandelskon- zeptes 2010. Der Innenstadtbereich weist die größte Einzelhandelsdichte im Stadtgebiet auf. Der Zentrale Versorgungsbereich Hauptzentrum Innenstadt Vreden übernimmt eine gesamtstädtische Versorgungsfunktion mit Waren des kurz-, mittel- und langfristigen Bedarfs und zugleich eine Nah- versorgungsfunktion. Der Zentrale Versorgungsbereich Vredens wird in Kapitel 4.2.3 und den Kapi- teln 6.2.2 und 6.2.3 detailliert vorgestellt und analysiert, zudem werden Empfehlungen zur zukünfti- gen Entwicklung der Vredener Innenstadt als Einzelhandelsstandort gegeben.

Im Zentrenkonzept für die Stadt Vreden werden, wie bereits dargestellt wurde, keine Neben- oder Nahversorgungszentren ausgewiesen.

Ergänzend zu dem Zentralen Versorgungsbereich sind im Vredener Stadtgebiet bestehende Nah- versorgungsstandorte Bestandteil des Zentrenkonzeptes. Die Nahversorgungsstandorte werden hierbei unterschieden in Nahversorgungsagglomerationen in integrierter Lage, solitäre Nah- versorgungsstandorte in integrierter Lage und solitäre Nahversorgungsstandorte in nicht in-

55 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

tegrierter Lage. Die Ausweisungen entsprechen mit leichten Abweichungen den Aussagen des Ein- zelhandelskonzeptes aus dem Jahr 2010.

Als Nahversorgungsagglomeration in integrierter Lage werden die beiden Einzelhandelsagglo- merationen Ottensteiner Straße / Wüllener Straße (mit ALDI, K+K, DM) sowie Up de Hacke (mit ALDI, K+K) ausgewiesen. Solitäre Nahversorgungsstandorte in integrierter Lage bilden die Anbieter EDEKA (Zwillbrocker Straße) und LIDL (Winterswyker Straße). Ein Ausbau der Stand- orte zu funktionstüchtigen Nahversorgungszentren ist wirtschaftlich nicht tragfähig oder planerisch nicht gewünscht, um die Entwicklung benachbarter Zentren nicht zu gefährden.

Für die genannten Standorte werden keine Zentralen Versorgungsbereiche räumlich abgegrenzt; sie genießen daher nicht den besonderen planungsrechtlichen Schutzanspruch eines Zentralen Ver- sorgungsbereiches. Da diese überwiegend langjährig etablierten Standorte für die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung eine zentrale Bedeutung haben, ist die Einbeziehung dieser Standorte in das Zentrenkonzept der Stadt Vreden jedoch geboten.

Eine Erweiterung dieses Angebotes ist im Rahmen einer Einzelfallbewertung des Vorhabens auf der Grundlage einer entsprechenden Verträglichkeitsuntersuchung möglich (s. Kap. 6.3.2 und 6.5.2). In Hinblick auf die weitere Entwicklung dieser Standorte sei insbesondere auf die Empfehlungen in Kap. 6.3.2 verwiesen.

Mit der Filiale der Firma NETTO (Ottensteiner Straße) ist ein Standort als solitärer Nahversor- gungsstandort in nicht integrierter Lage Bestandteil des Zentrenkonzeptes. Es handelt sich hier- bei um einen Standort, der aufgrund des Planungsrechts (u. a. GIB-Bereich lt. Regionalplan) und der fehlenden städtebaulichen Integration im Gegensatz zu den anderen Nahversorgungsstandorten einen untergeordneten Beitrag zur verbrauchernahen Versorgung leistet.

Ebenfalls eine ergänzende Funktion übernehmen die ausgewiesenen Sonderstandorte des großflä- chigen Einzelhandels. Es handelt sich hierbei um befürwortete Standorte für großflächigen Einzel- handel mit nicht zentren- oder nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten. Die Ausweisung von Sonderstandorten des großflächigen Einzelhandels für Betriebe mit nicht zentren- oder nahversor- gungsrelevantem Kernsortiment ist eine Neuerung im Vergleich zum Einzelhandelskonzept aus dem Jahr 2010. Bei den ausgewiesenen Sonderstandorten des großflächigen Einzelhandels handelt es sich um Standorte, an denen derzeit bereits großflächige Anbieter mit nicht zentren- oder nah- versorgungsrelevantem Kernsortiment vorzufinden sind, bzw. an denen ehemals ein solcher Betrieb angesiedelt war.

Zu den Sonderstandorten des großflächigen Einzelhandels zählen folgende Standorte, an denen derzeit bereits großflächige Anbieter mit nicht zentren- oder nahversorgungsrelevantem Kernsor- timent angesiedelt sind: BAUFUCHS PLEWA (Wüllener Straße), POLSTERHAUS (Windmühlen- tor), RAIFFEISEN MARKT (Zwillbrocker Straße), GÜNTER GAWER WOHNSTUDIO (Up de Bookholt).

Ausgehend von den vorhandenen Einzelhandelsstrukturen in Vreden und unter Berücksichtigung der vorgestellten Zielvorstellungen ist aus gutachterlicher Sicht anzuraten, die zukünftige Entwick- lung der gesamtstädtischen Versorgungsstrukturen an dem in Abb. 35 dargestellten Zentrenkon- zept auszurichten.

56 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

6.2 Zentraler Versorgungsbereich in Vreden

Bedeutung Zentraler Versorgungsbereiche für die planungsrechtliche Steuerung des Einzel- handels

Der Begriff des „Zentralen Versorgungsbereiches“ erfuhr mit der Novellierung des Baugesetzbuches und der Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB in das Baurecht einen erheblichen Bedeutungszuwachs. Demnach ist für die Genehmigung von Ansiedlungsvorhaben im sogenannten unbeplanten Innen- bereich nicht nur das Einfügen in die nähere Umgebung Voraussetzung. Es wurde auch festgesetzt, dass „keine schädlichen Auswirkungen“ auf Zentrale Versorgungsbereiche in der Standortgemeinde oder benachbarten Gemeinden zu erwarten sein dürfen.

Der Begriff des Zentralen Versorgungsbereiches findet sich darüber hinaus in weiteren (Schutz-) Normen wieder. So weist § 11 Abs. 3 BauNVO großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige ver- gleichbare großflächige Handelsbetriebe, die sich u. a. auf die Entwicklung Zentraler Versorgungs- bereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden nicht nur unwesentlich auswirken können, ausdrücklich nur Kerngebieten und speziell für diese Nutzungen festgesetzten Sondergebieten zu.

§ 9 Abs. 2a BauGB ermöglicht es den Gemeinden, für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile im Sinne von § 34 BauGB „zur Erhaltung oder Entwicklung Zentraler Versorgungsbereiche“ mit einem einfachen Bebauungsplan die Zulässigkeit bestimmter Arten baulicher Nutzungen nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB zu steuern.

Begriffsdefinition und Kriterien zur räumlichen Abgrenzung Zentraler Versorgungsbereiche

Was Zentrale Versorgungsbereiche konkret sind, wie sie abzugrenzen sind und worin sie sich kon- kret manifestieren, wurde vom Gesetzgeber nicht vorgegeben. Verwiesen wird auf die Planungspra- xis und die Kommentierung durch die Rechtsprechung. Gesetzgebungsinitiativen einzelner Bundes- länder bzw. die Verankerung des Begriffes Zentraler Versorgungsbereich in Landesentwicklungs- programmen oder Einzelhandelserlässen haben ebenfalls zu einer weiteren Ausgestaltung dieses planungsrechtlichen Instrumentariums geführt.

Das Bundesverwaltungsgericht verwendet eine Definition des Begriffs Zentraler Versorgungsbe- reich, die bereits in zahlreichen Urteilen und Beschlüssen zitiert wurde und daher als allgemeingül- tig gelten kann:

„Zentrale Versorgungsbereiche i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB sind nach der Rechtsprechung des Senats räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzun- gen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine Versor- gungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt. Bei der Beurteilung, ob ein Ver- sorgungsbereich einen zentralen Versorgungsbereich i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB bildet, bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung der städtebaulich relevanten Gegebenheiten. Auch eine räumlich kon- zentrierte Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben, die darauf angelegt ist, einen fußläufigen Einzugs- bereich zu versorgen, kann einen zentralen Versorgungsbereich i. S. d. § 34 Abs. 3 BauGB bilden. Ent- scheidend ist, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für die Versor- gung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale Funktion hat. Der Begriff ist nicht

57 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

geografisch im Sinne einer Innenstadtlage oder Ortsmitte, sondern funktional zu verstehen. Zentralität kann durchaus kleinteilig sein“.33

Die Rechtsvorschriften und vorliegende Rechtsurteile liefern weitere Vorgaben für die Abgrenzung der Zentralen Versorgungsbereiche:

▪ Innerhalb eines Gemeindegebiets sind für die festgelegten Zentren die Zentralen Versorgungs- bereiche räumlich abzugrenzen. ▪ Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass eine Stadt mehrere Zentrale Versorgungsbereiche ausweisen kann. Dies gilt insbesondere für polyzentrisch strukturierte Städte mit eigenständigen Stadtteilen und Siedlungsbereichen oder Städte mit ausgeprägten Stadtteilstrukturen und deut- licher Aufteilung von Versorgungsbereichen.34 ▪ Zentrale Versorgungsbereiche müssen eindeutig bestimmt sein. Es reicht nicht aus, sie vage, z. B. als kreisförmige Markierung, zu definieren. Es hat eine an den Grundstücksparzellen orientierte Abgrenzung zu erfolgen, um eindeutig zu definieren, welche Betriebe oder Grundstücke im Zentralen Versorgungsbereich liegen und somit schützenswert sind. „Parzellenorientiert“ bedeu- tet in diesem Zusammenhang, dass einzelne Grundstücke, die sich aufgrund ihres Zuschnittes und der kleinräumigen Gegebenheiten nicht vollständig einem Zentralen Versorgungsbereich zuordnen lassen, nur in Teilen einem Zentralen Versorgungsbereich zugeordnet werden können. ▪ Für die Abgrenzung der Zentralen Versorgungsbereiche sind die nachfolgend aufgeführten Kri- terien zu beachten: Vielfalt und Umfang der Angebote, Nutzungsmix, integrierte Lage, verkehrli- che Erreichbarkeit. Zentrale Versorgungsbereiche zeichnen sich somit idealtypisch durch ein gemischtes Angebot an öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, Handwerksbetriebe, Büronutzungen (auch Verwaltungen / Be- hörden), Wohnungen) aus, die städtebaulich und funktional eine Einheit bilden. ▪ Neben den vorhandenen Strukturen sind Darstellungen und Festsetzungen in Bauleitplänen bzw. in Raumordnungsplänen ebenso wie sonstige raumordnerische oder städtebauliche Kon- zeptionen zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass Zentrale Versorgungsbereiche zum Zeit- punkt der Festlegung nicht bereits vollständig als Zentrale Versorgungsbereiche entwickelt sein müssen; sie sollten zum Zeitpunkt der Festlegung jedoch bereits als Planung eindeutig erkenn- bar sein. ▪ Die Vielfalt der erforderlichen Angebote hängt von der Funktion eines Zentralen Versorgungs- bereiches ab. In dem Hauptzentrum einer größeren Gemeinde ist das Angebot vielfältiger als in dem Hauptzentrum einer kleineren Gemeinde. Neben- und Nahversorgungszentren ordnen sich hinsichtlich ihrer Ausstattung mit Versorgungsangeboten dem Hauptzentrum einer Gemeinde unter. Bei der Beurteilung des Einzelhandelsangebotes sind die Betriebsformen, die nach Bran- chen differenzierten Angebote sowie die Sortimentsbreite und -tiefe zu beachten. ▪ Eindeutig nicht als Zentraler Versorgungsbereich abzugrenzen ist die bloße Agglomeration mehrerer Einzelhandelsbetriebe in städtebaulich nicht integrierten Lagen (z. B. der häufige Fall eines Vollsortimenters, eines benachbarten Discounters und weiterer Fachmärkte an einer Aus- fahrtsstraße). ▪ Grundsätzlich gilt es, die aktuelle Situation und die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten gleichermaßen zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung vor Ort, ob ein Einzelhandelsstandort als

33 BVerwG Urteil vom 17.12.2009 – 4 C 2.08 34 Vgl. auch Berkemann, Halama (2005, S. 361): Erstkommentierung zum BauGB 2004. Bonn.

58 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Zentraler Versorgungsbereich einzustufen ist, hat die cima in Anlehnung an die angeführten Rechtsvorschriften folgende Bewertungsmaßstäbe angelegt: - Vielfalt und Umfang des vorhandenen Einzelhandelsbesatzes,

- Vielfalt und Umfang des vorhandenen Dienstleistungsbesatzes,

- städtebaulich integrierte Lage,

- Erreichbarkeit (insbesondere ÖPNV, fußläufige Erreichbarkeit),

- vorhandene funktionale, städtebauliche und räumliche Strukturen,

- heutige und geplante Versorgungsfunktion,

- städtebauliche Planungen der Kommune.

In der aktuellen Praxis der Abgrenzung von Zentralen Versorgungsbereichen ist dabei gegenüber Abgrenzungen in früheren Einzelhandelskonzepten vielfach eine Veränderung in der Form zu be- obachten, dass randlich gelegene Grundstücke mit größeren Kultur-, Freizeit-, Verwaltungs- oder Wohnnutzungen nicht mehr in den Zentralen Versorgungsbereich einbezogen werden.

Auch in der Vergangenheit waren dies Grundstücke, die in der Regel nicht als Entwicklungsflächen des Handels in Betracht kamen. Die Verfasser früherer Einzelhandelskonzepte folgten damit den Vorgaben des § 24 a Landesentwicklungsplan (LEPro) aus dem Jahr 2007, nach denen sich Zentrale Versorgungsbereiches durch „ein vielfältiges und dichtes Angebot an öffentlichen und privaten Ver- sorgungs- und Dienstleistungseinrichtungen der Verwaltung, der Bildung, der Kultur, der Gesundheit, der Freizeit und des Einzelhandels“ auszeichnen. Im Vergleich dazu reduziert sich die Beachtung er- gänzender Nutzungen im aktuellen Landesentwicklungsplan (Erläuterungen zu Ziel 6.5-2) auf fol- genden Absatz: „Zentrale Versorgungsbereiche sind demnach räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen aufgrund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt.“. Die Formulierung der Verordnung im aktuellen Landesentwicklungs- plan zeigt eine nachgeordnete Bedeutung der ergänzenden Nutzungen bei der Abgrenzung Zent- raler Versorgungsbereiche. Kulturelle Nutzungen, Einrichtungen der Bildung und Verwaltungsge- bäude werden in Ziel 6.5-2 des Landesentwicklungsplans nicht mehr genannt.

Dies wird in der einschlägigen Fachliteratur aufgegriffen: „Nach alledem setzt ein Zentraler Versor- gungsbereich das Vorhandensein diverser Einzelhandelsnutzungen voraus, die aufgrund ihrer räumlichen Konzentration im Sinne eines Zentrums einen weitreichenden Versorgungsbedarf de- cken können (…). Das Vorhandensein von Dienstleistungsbetrieben – etwa Bank, Poststelle, Lotto / Toto, Friseur, Reinigung u.a.m. – wie auch gastronomischen Angeboten – Imbiss, Café, Eissa- lon, Restaurant u.a.m. – ist zwar nicht unabdingbare Voraussetzung für das Vorliegen eines Zentra- len Versorgungsbereichs; eine entsprechende Nutzungsmischung vermag die Qualifizierung (…) aber regelmäßig zu verstärken.“35

35 Kuschnerus, Ulrich, Bischopink, Olaf, Wirth, Alexander (2018, S. 92): Der standortgerechte Einzelhandel. Bonn.

59 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

6.2.1 Abgrenzung Hauptzentrum Innenstadt Vreden

Die Innenstadt ist nach wie vor der eindeutige Handelsschwerpunkt der Stadt Vreden. Sie weist den dichtesten und umfangreichsten Einzelhandelsbesatz innerhalb der Stadt Vreden auf und wird so- mit in ihrer Funktion als Hauptzentrum der Stadt Vreden bestätigt.

Im Vergleich zur Abgrenzung des Zentralen Versorgungsbereiches aus der ersten Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes aus dem Jahr 2010 werden im Rahmen dieser zweiten Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Vreden kleinere räumliche Anpassungen des Zentralen Ver- sorgungsbereiches vorgenommen. Nicht mehr Bestandteil des Zentralen Versorgungsbereiches sind v. a. einzelne Randbereiche des Zentralen Versorgungsbereiches 2010, deren Nutzungsstruktur überwiegend durch Wohnnutzungen geprägt ist und die keine handelsseitigen Entwicklungspoten- ziale aufweisen. Es sind keine Einzelhandelsnutzungen in den nicht mehr berücksichtigten Bereichen vorhanden und auch ergänzende zentrenprägende Nutzungen sind nur in sehr geringem Umfang vorhanden. Der Zentrale Versorgungsbereich gewinnt durch die veränderte Abgrenzung an Kom- paktheit (vgl. Abb. 36).

Abb. 36: Zentraler Versorgungsbereich Hauptzentrum Innenstadt Vreden

Hinweis: Außerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches wurden die ergänzenden Nutzungen nicht flächendeckend erhoben. Quelle: cima (2020)

Der Zentrale Versorgungsbereich greift in seiner räumlichen Abgrenzung nicht nur den vorhande- nen Besatz an Einzelhandelsbetrieben und ergänzenden Nutzungen auf; der Bereich entspricht auch der städtebaulichen und historisch gewachsenen Struktur der Innenstadt. Gleichzeitig greift der Zentrale Versorgungsbereich auch die wichtigsten Rundwege und Funktionsbeziehungen in- nerhalb der Innenstadt auf. Nicht dem Zentralen Versorgungsbereich zugeordnet ist nach einer in-

60 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

tensiven politischen Diskussion in den zuständigen Gremien der Stadt Vreden das östlich an die In- nenstadt angrenzende Bierbaum-Gelände.

Da sich innerhalb der durch die veränderte Abgrenzung nicht mehr berücksichtigten Bereiche keine Einzelhandelsnutzungen befinden, ist der Einzelhandelsbesatz des neu abgegrenzten Zentralen Ver- sorgungsbereich identisch zu dem Einzelhandelsbesatz innerhalb der Grenzen des bisherigen Zent- ralen Versorgungsbereiches (vgl. Abb. 22 und Abb. 37). Abb. 37: Einzelhandelsbestand im Hauptzentrum Innenstadt Vreden

cima-Warengruppe Verkaufsfläche Umsatz (in m²) (in %) (in Mio. €) (in %) Täglicher Bedarf insgesamt 2.630 25 % 11,7 39 % Nahrungs- und Genussmittel 1.675 16 % 7,4 24 % Gesundheit, Körperpflege 725 7 % 3,7 12 % Schnittblumen, Zeitschriften 230 2 % 0,6 2 % Aperiodischer Bedarf insgesamt 7.795 75 % 18,6 61 % Bekleidung, Wäsche 3.640 35 % 8,3 27 % Schuhe, Lederwaren 630 6 % 1,8 6 % Bücher, Schreibwaren 390 4 % 1,2 4 % Spielwaren, Hobbybedarf 130 1 % 0,3 1 % Sportartikel, Fahrräder 530 5 % 1,2 4 % Elektroartikel, Unterhaltungselektronik 330 3 % 0,9 3 % Uhren, Schmuck 85 1 % 0,7 2 % Sanitätsartikel, Optik, Akustik 430 4 % 2,0 7 % Glas, Porzellan, Keramik, Hausrat 1.005 10 % 1,0 3 % Einrichtungsbedarf 365 4 % 0,8 3 % Baumarktartikel, Gartenbedarf, Zooartikel 260 2 % 0,4 1 % SUMME 10.425 100 % 30,3 100 % Quelle: cima (2020)

61 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

6.2.2 Handlungsempfehlungen für die Entwicklung der Innenstadt Vreden

Die nachfolgenden Empfehlungen zur Förderung des Einzelhandels in der Vredener Innenstadt bauen auf den durchgeführten Erhebungen auf und verfolgen folgendes Ziel:

▪ Sicherung und Stärkung der Vredener Innenstadt als Hauptzentrum mit gesamtstädtischer und z. T. überörtlicher Versorgungsfunktion.

Abb. 38: Stärken- / Schwächen- / Chancen- / Risiko-Analyse der Vredener Innenstadt

STÄRKEN SCHWÄCHEN ▪ kompakter Stadtkern, mit dem Markt als zent- ▪ mit 28 leerstehenden Ladenlokalen ist eine ralem Platz und einer geschlossenen städte- hohe Anzahl an Leerständen vorhanden baulichen Grundstruktur ▪ Leerstände sind nicht nur in den Randlagen, ▪ vorhandener Branchenmix: die Innenstadt sondern v. a. auch in der Hauptgeschäftslage bietet nahversorgungsrelevante Sortimente zu finden (14 Leerstände verteilen sich auf und gleichzeitig ein Grundangebot des mit- den Markt, die Wüllener Straße und die Was- tel- und langfristigen Bedarfs sermühlenstraße) ▪ verschiedene Magnetbetriebe sind vorhanden ▪ das Erscheinungsbild und Flair der Innenstadt ▪ das Einzelhandelsangebot wird durch eine werden durch die Leerstände deutlich beein- Vielzahl an Gastronomie- und Dienstleis- trächtigt tungsbetrieben sowie weitere Nutzungen er- ▪ vor allem in prominenten Lagen sind die gänzt freien Ladenlokale vielfach in einem schlech-

ten baulichen Zustand CHANCEN RISIKEN ▪ ISEK Innenstadt Vreden als Leitfaden und ▪ der Trading-Down-Prozess im Handel setzt Handlungskonzept zur Attraktivierung der In- sich schleichend fort nenstadt ▪ der Marktplatz verliert weiter an Anziehungs- ▪ Entwicklung marktkonformer Ladenlokale kraft durch Baumaßnahmen am Domhof ▪ eine Profilierung der verschiedenen Innen- ▪ mit einem aktiven Geschäftsflächenmanage- stadtlagen gelingt nicht ment kann dem Trading-Down-Prozess ent- ▪ die Digitalisierung wird nicht als Chance er- gegengesteuert werden kannt; Vreden findet keine Antworten auf den ▪ die Citymarketingaktivitäten sind weiter aus- Online-Handel zubauen (z. B. vorgesehener digitalisierter Einkaufsgutschein) ▪ die Handelsfunktion der Innenstadt wird er- gänzt durch neue Impulsprojekte (Kultur- historischen Zentrum Westmünsterland, Gast- ronomie) ▪ die Förderung der Innenstadt als Wohnstand- ort bzw. touristisches Ziel ▪ die städtebauliche Aufwertung der Innenstadt ist fortzusetzen

Quelle: cima (2020)

62 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Die aktuelle Bestandsaufnahme der Innenstadt von Vreden und die Entwicklung des Einzelhandels- bestandes im Zeitraum 2010 - 2020 zeichnet ein Bild, das in gleicher oder ähnlicher Form in vielen deutschen Innenstädten zu beobachten ist. Dieser als Trading-Down bezeichnete Prozess äußert sich durch eine „spiralförmige“ Abwärtsbewegung der Einzelhandels- und Immobilienentwicklung, die im Endeffekt zu einer umfassenden Krise der jeweiligen Innenstädte führen kann. Auslöser der Entwicklung ist die seit Jahren anhaltende Krise des inhabergeführten Einzelhandels, die mit Ge- schäftsaufgaben und damit vermehrten Leerständen in den Zentren verbunden ist. In Folge dieser Entwicklung kommt es zur Abwertungsprozessen in den entsprechenden Geschäftslagen, die wie- derum zum Verlust von Immobilienwerten und darauf aufbauend zu nachlassenden Investitionen in die Gebäude führt. Die Abwärtsbewegung setzt sich fort, wenn in dieser Situation weder öffentliche noch private Investitionen in den öffentlichen Raum bzw. in neue Projekte erfolgen.

Stadtplanung, Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und die privaten Akteure sind gleichermaßen gefordert, den skizzierten Prozess zu durchbrechen. Abb. 39 bildet diese Entwicklung ab und zeigt gleichzeitig Lösungsansätze für das Durchbrechen jeder einzelnen Etappe auf. In einem frühen Sta- dium kann dies durch wenige Maßnahmen (z. B. ein aktives Geschäftsflächenmanagement zur Be- seitigung von Leerständen) gelingen. Häufig ist aber ein umfassenderer Ansatz erforderlich.

Abb. 39: Trading-Down-Prozess von Innenstadtlagen mit Lösungsansätzen

Quelle: cima (2020)

Die Stadt Vreden verfolgt bereits verschiedene Lösungsansätze, um die Innenstadtentwicklung vo- ranzutreiben. Im Jahr 2012 wurde das Integrierte Handlungskonzept (IHK) Innenstadt Vreden be- schlossen, in dessen Rahmen verschiedene Maßnahmen wie etwa die Schaffung des Kulturhistori- schen Zentrum Westmünsterland (kult) als Ausstellungs- und Veranstaltungsort oder der Neubau des Busbahnhofes am Wüllener Tor realisiert wurden. Mit dem Integrierten Städtebaulichen Ent- wicklungskonzept (ISEK) Innenstadt Vreden aus dem Jahr 2018 wurde eine Fortschreibung des IHK erarbeitet, die weitere Maßnahmen zur Stärkung und Sicherung der Innenstadt enthält.

Für die Stadt Vreden ergeben sich fünf konkrete Handlungsempfehlungen um das Ziel der Siche- rung und Stärkung der Vredener Innenstadt als Hauptzentrum mit gesamtstädtischer und z. T. überörtlicher Versorgungsfunktion zu erreichen.

63 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Handlungsempfehlung 1: Setzt das ISEK konsequent um! Die Analyse der Vredener Innenstadt hat gezeigt, dass es vielfältiger Impulse bedarf, um aus diesem Abwärtsprozess auszubrechen. Umso wichtiger ist es, die im ISEK Innenstadt Vreden enthaltenen Maßnahmen konsequent umzusetzen. Das ISEK Innenstadt Vreden bildet insgesamt 34 Projekte sowie sieben Ausblickprojekte ab, von denen 13 Projekte und vier Ausblickprojekte innerhalb der Grenzen des Zentralen Versorgungsbereiches liegen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf städte- baulichen Maßnahmen, doch auch begleitende Projekte, wie etwa die Fortführung des Citymana- gements sind Bestandteil des ISEKs. Durch das ISEK wurde eine individuelle Grundlage zur Stärkung und Sicherung der Innenstadt geschaffen, die es als Grundlage für die Beantragung von Fördermit- teln zu nutzen gilt.

Handlungsempfehlung 2: Lagenprofilierung - Konzentriert den Handel auf den zentralen Kern: Wassermühlenstraße Wüllener Straße und Markt sind die Hauptlagen, Domhof ist das Zentrum der Nahversorgung. Der Rückgang des Einzelhandelsbestandes in der Vredener Innenstadt macht eine stärkere Kon- zentration des Einzelhandels auf den Kernbereich des Zentrums notwendig. Der Einzelhandel sollte zukünftig vor allem in der Fußgängerzone und somit in der Hauptlage des Einzelhandels (Wasser- mühlenstraße, Wüllener Straße und Markt) angesiedelt werden. Nahversorgungsrelevante Angebo- te sollten sich zukünftig noch stärker auf den bestehenden Nahversorgungsschwerpunkt Domhof konzentrieren.

Gerade die Fußgängerzone weist eine beachtliche Anzahl an leerstehenden Ladenlokalen auf. Hier gilt es durch ein aktives Geschäftsflächenmanagement die Hauseigentümer frühzeitig zu beraten und bei der Neubelegung zu unterstützen. Die Maßnahmen sollten die Themen „Markttransparenz (Informationen über vorhandene Objekte, marktübliche Mietpreise etc.)“, „Beratung (Hauseigentü- mer, Mieter)“, „Fördermöglichkeiten“, „aktive Nutzeransprache“ und „Zwischennutzungen (Pop-Up- stores etc.)“ abdecken. Kommunale Förderprogramme für Existenzgründungen im Handel oder zur Modernisierung von Ladenlokalen können dabei wirksame, zusätzliche Hilfen darstellen.

Handlungsempfehlung 3: Lagenprofilierung - Wohnen, Gastronomie und Dienstleistungen beleben die anderen Lagen. Außerhalb der Hauptlagen des Vredener Zentrums gilt es die Entwicklung stärker auf andere Nut- zungen zu fokussieren. Bereits heute ist in Randlagen des Zentrums ein hoher Anteil an ergänzen- den Nutzungen vorzufinden. Außerhalb der Hauptlage sollten für ungenutzte Gastronomie- und Dienstleistungsbetrieben im Falle von dauerhaften Leerständen der Umbau zu Wohnnutzungen in Betracht gezogen werden. Dies kann nicht nur einen positiven Einfluss auf das Erscheinungsbild der Innenstadt haben, sondern auch einen Beitrag zur Belebung der Lagen leisten.

In diesem Zusammenhang ist das im ISEK Innenstadt Vreden als Projekt 08 genannte Umbaupro- gramm für Ladenlokale zu nennen, welches die Bezuschussung der Umwandlung leer stehender Ladenlokalen außerhalb der Fußgängerzone zu Wohnungen sowie die Bezuschussung der Zusam- menlegung benachbarter Ladenlokale zu größeren Einheiten vorsieht.

Handlungsempfehlung 4: Lagenprofilierung - Fördert den Marktplatz als Mittelpunkt der In- nenstadt. Für die Lagenprofilierung innerhalb der Vredener Innenstadt ist die Förderung des Marktplatzes als Mittelpunkt der Innenstadt essenziell. Der Marktplatz wird derzeit geprägt durch einzelne Einzel- handelsnutzungen, ergänzende Nutzungen aus dem Bereich der Dienstleistung und durch dominie-

64 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

rende Leerstände. Die Belebung des Platzes als Treffpunkt der Vredener Bevölkerung und als Gast- ronomiestandort ist von hoher Bedeutung.

Die Entwicklungen am Marktplatz durch die Baumaßnahme Markt / Domhof (Projekt 13 des ISEK Innenstadt Vreden) und die Nachnutzung des leerstehenden Erdgeschosses in der Immobilie Markt 10 in Form eines Gastronomiebetriebes und einer Weinhandlung zeigen den richtigen Weg auf.

Abb. 40: Aktuelle Entwicklungen Markt Vreden

Quelle: Stadt Vreden (2020)

Seit 2015 findet nach mehreren gescheiterten Versuchen kein Wochenmarkt mehr auf dem Markt- platz der Stadt Vreden statt. Durch die z. T. geplanten und z. T. kurz vor der Vollendung stehenden Entwicklungen am Marktplatz erhält dieser neue städtebauliche Qualitäten und gewinnt nicht nur durch die entstehende Gastronomie an Nutzungsvielfalt. Die Innenstadt und vor allem der Markt- platz gewinnen hierdurch an Belebung. Diese Entwicklung sollten genutzt werden, um einen erneu- ten Anlauf für Rückkehr des Wochenmarktes zu unternehmen. Ein regelmäßig stattfindender Wo- chenmarkt kann nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten, sondern auch die Nahversorgungsfunktion des Zentrums stärken.

Attraktive Stadtfeste und Events stellen einen weiteren Ansatz zur Innenstadtförderung dar. Neben der Vredener Kirmes gehören hierzu das EUREGIO Neujahrsmarkt, der Frühlingsmarkt, das Ber- kelfestival, der Hamalandtag oder der Vredener Adventsmarkt. Hier gilt es immer wieder die Veran- staltungen in Hinblick auf ihre Qualität zu überprüfen, und neue Trends im Veranstaltungsbereich zu berücksichtigten. Hierzu gehören u. a. die folgenden Aspekte:

▪ Stadtfeste sind als integrierter Bestandteil des Stadtprofils und Teil der Außendarstellung einer Stadt zu verstehen. ▪ Einfach Stadtfeste, die sich ausschließlich auf den Verzehr von Getränken und Speisen beschrän- ken, ziehen nicht mehr. Die aktive Einbindung der Besucher wird zum belebenden Element vieler Stadtfeste. ▪ Die Straße ist die Bühne und ersetzt die große Hauptbühne am Marktplatz.

65 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

▪ Kulturelle Veranstaltungen an Orten, an denen sie keiner erwartet, erfreuen sich hoher Beliebt- heit. Die musikalische Hochkultur hält Einzug in den öffentlichen Raum.

Handlungsempfehlung 5: Seid offen für neue Lösungen – als Unternehmer und als Gemein- schaft der Innenstadtakteure. Die Krise der Innenstädte bietet auch in der Stadt Vreden viele Chancen für neue, kreative Ansätze. Hierbei ergeben sich nicht nur für einzelne Akteure Möglichkeiten, sondern für alle Akteure der In- nenstadt – sowohl einzeln als auch in der Gemeinschaft.

Für Händler ergeben sich Möglichkeiten durch individuelle Unternehmenskonzepte. Viele Konzepte sind zum Beispiel auf spezielle Zielgruppen ausgerichtet und suchen sich ggf. eine Nische. Das Kon- zept kommt dann sowohl in der Aufmachung des Geschäfts als auch in besonderen Serviceangebo- ten und in der werblichen Darstellung zum Ausdruck. Exemplarisch für das erfolgreiche Besetzen von Nischen kann z. B. das bereits in Kap. 2.5 genannte Konzept Buch und Wein in Diez (Rheinland- Pfalz) angeführt werden.

Innovative Lösungen für leerstehende Ladenlokale wurden zum Beispiel im Viersener Stadtteil Dül- ken oder in der Stadt Warburg gefunden. Im Viersener Stadtteilzentrum Dülken wurde in einem leerstehenden Ladenlokal das Projekt „Der Raum“ umgesetzt. Jugendliche haben in einem ehemals leerstehenden Objekt in der Fußgängerzone einen Treffpunkt für ihre Altersgruppe eingerichtet. Sie planen Ausstellungen, Workshops oder Bandauftritte. Der Raum wird durch einen privaten Investor zur Verfügung gestellt. In der Stadt Warburg wurde mit Hilfe des Pop-Up-Projektes „Mach Mit! Set- ze neue Impulse“ innerhalb eines Jahres fünf Leerstände dauerhaft und zwei temporär vermietet. Um dies zu erreichen, wurden flexible Laufzeiten und Sonderkonditionen mit Vermietern vereinbart, um die Schwelle für neue Betriebskonzepte gering zu halten.

Ebenso gilt es, auf die Herausforderungen des Online-Handels Vreden-spezifische Antworten zu finden: Fakt ist, dass heutzutage kein Handelsbetrieb mehr ohne einen guten Internet-Auftritt aus- kommt. Dabei muss es nicht zwingend der Online-Shop sein. Erforderlich sind aber aktuelle und an- sprechend aufbereitete Informationen über Standort, Waren, Angebote und Öffnungszeiten. Viele kleine, alteingesessene Betriebe können dies nicht ohne Weiteres leisten. Daher sind gute Kommu- nikation und Kooperation wichtig. In der Gemeinschaft können so manche Projekte einfacher um- gesetzt und eine höhere Aufmerksamkeit erreicht werden. Über eine verbesserte Onlinepräsenz ei- nes einzelnen Betriebes hinaus ist die Einkaufsstadt Vreden im Rahmen des Stadtmarketings auch digital zu vermarkten.

6.2.3 Branchenmixoptimierung Innenstadt Vreden

In der Vergangenheit stand in fast allen Städten die Entwicklung neuer Einzelhandelsstandorte in Form von Shopping-Centern und Fachmärkten im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion um die Zukunft des Einzelhandels. Insolvenzen namenhafter Handelsunternehmen, Unternehmenskonzep- te, die auf deutlich reduzierten Verkaufsflächen aufbauen, und zunehmende Vermarktungsschwie- rigkeiten von Handelsflächen, auch in nachgefragten Citylagen, haben bei Stadtplanung, Einzelhan- del und Immobilienwirtschaft gleichermaßen zu neuen Zielformulierungen und Handlungsschwer- punkten geführt. Flächenerweiterungen bzw. die Entwicklung neuer Handelsstandorte sind gegen- über der Revitalisierung von bestehenden Handelsobjekten und der Sicherung bestehender Ein- kaufslagen zurückgetreten.

66 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Zukünftig wird es deutlich stärker als in der Vergangenheit darum gehen, den örtlichen Einzelhan- del in seinen Qualitäten zu sichern und auszubauen; Gewinner werden die Innenstädte sein, die durch einen entsprechenden Geschäftsbesatz überzeugen.

Die in Abb. 41 dargestellte Branchenmixanalyse verdeutlicht die vorhandenen Entwicklungsper- spektiven und Potenziale für gezielte Neuansiedlungen in dem Hauptzentrum der Stadt Vreden. Sie zeigt, auf welche Warengruppen bei der Neuansiedlung der Fokus gelegt werden sollte. Grundsätz- lich gilt jedoch, dass alle Neuansiedlungen zu befürworten sind, die zu einer Aufwertung des Ein- zelhandelsangebotes und der Frequenzsteigerung der Innenstadt beitragen:

Abb. 41: Branchenmixanalyse für die Innenstadt Vreden

Warengruppe heutiges Angebot Bewertung / Empfehlung

K+K Vollsortimenter am Standort Ansiedlung zusätzlicher Lebensmittelmärkte im Domhof als Hauptanbieter, Ergän- Zentralen Versorgungsbereich mit Blick auf zung durch Betriebe des Lebens- eingeschränkte Flächenverfügbarkeiten derzeit mittelhandwerks (Bäcker, Metz- nicht zu erwarten. Eines der Ziele der Innen- ger) und Spezialanbieter (Kiosk, stadtentwicklung sollte die Sicherung (und ggf. Nahrungs-/ Obst und Gemüse, Spirituosen) Optimierung) des bestehenden K+K-Marktes Genussmittel bestehen. als wichtiger Frequenzbringer am Standort Domhof sein; er ergänzt das kleinflächige Nah- versorgungsangebot der Innenstadt. Der Nah- versorgungsstandort Domhof kann durch die Ansiedlung eines Biomarktes als im gesamten Stadtgebiet fehlenden Betriebstyp profitieren. Es ist ein differenziertes Angebot Kein akuter Handlungsbedarf hinsichtlich eines durch Drogeriemarkt ROSSMANN, Angebotsausbaus vorhanden. Mit Blick auf die Parfümerie BALSTER, mehrere vergleichsweise geringe Verkaufsflächendi- Apotheken mit einem entspre- mensionierung (< 500 m²) sowie des Standor- chenden apothekentypischen tes (Nebenlage Twicklerstraße) des bestehen- Randsortiment sowie durch weite- den Drogeriemarktes ist davon auszugehen, re Randsortimente vorhanden. dass der Markt derzeit nur unzureichend als Frequenzbringer für die Hauptgeschäftslage Gesundheit- (Wüllener Straße, Markt, Wassermühlenstraße, und Domhof) wirkt. Für den Fall einer baulichen Körperpflege Umsiedlung des Marktes zum Standort Dom- hof ergibt sich eine Option zur Stärkung des Nahversorgungsstandortes Domhof. Es ist zu erwarten, dass die räumliche Konzentration frequenzstarker Einzelhandelsbetriebe in zent- raler Lage deutlich stärker zur Attraktivität des bereits heute kompakten Hauptgeschäftsbe- reichs der Vredener Innenstadt beitragen kann. Es sind drei Blumengeschäfte vor- Die Angebotssituation ist als angemessen zu handen, das Sortiment Zeitschrif- bewerten. Derzeit besteht kein Handlungsbe- Schnittblumen, ten wird als Rand- bzw. Teilsorti- darf zum Ausbau des vorhandenen Angebotes. Zeitschriften ment (z. B. im Kiosk, K+K) ange- boten.

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Warengruppe heutiges Angebot Bewertung / Empfehlung

Durch vorhandene Anbieter CEDE- Insgesamt ist das Angebot für die Innenstadt Mit TRENDLINE, WOOLWORTH, eines kleinen Mittelzentrums als gut zu bewer- TRENDBOX, ERNSTINGS FAMILY, ten. Im Fokus sollten die Sicherung und Stär- RITTER, ENGBERS, KIDS CORNER, kung des bestehenden Angebotes als Innen- MODE AM MARKT ist ein Mix aus stadtleitsortiment und damit als Frequenzbrin- Bekleidung, inhabergeführten und filialisierten ger für die Innenstadt stehen. Mit Blick auf die Wäsche Angebotsformen gegeben, groß- bestehenden Kaufkraftabflüsse (Handelszentra- flächigen und kleinflächigen Be- lität von 77) ist auch ein Ausbau des Angebo- trieben mit unterschiedlichem tes denkbar, jedoch ohne akuten Handlungs- Zielpublikum sind vorhanden. bedarf.

Vier Schuhfachgeschäfte sind an- Insgesamt angemessene Ausstattung, kein sässig, durch die ein breites Sor- akuter Handlungsbedarf gegeben. Sicherung Schuhe, Leder- timent unterschiedlicher Preis- des bestehenden Angebotes und restriktive waren und Qualitätsstufen angeboten Handhabung von Ansiedlungsvorhaben außer- wird. halb der Vredener Innenstadt empfohlen.

Bücher und Schreibwaren werden Es besteht kein ausgeprägter Ergänzungsbe- in Form jeweils eines qualifizierten darf, die Sicherung des bestehenden Angebo- Bücher, Fachgeschäftes angeboten, tes im Innenstadtbereich sollte im Fokus ste- Schreibwaren Schreibwaren zusätzlich als Rand- hen. sortiment bei weiteren Anbietern.

Kein klassisches Spielwarenge- Etablierung eines Spielwarengeschäftes in der schäft vorhanden, die Angebotssi- Vredener Innenstadt ist wünschenswert und tuation beschränkt sich auf Rand- potenzialseitig darstellbar; aufgrund aktueller sortimente der Mehrbranchenbe- Marktentwicklung bei Spielwaren jedoch ge- Spielwaren, triebe (u. a. WOOLWORTH). ringe Ansiedlungschancen eines Fachgeschäf- Hobbybedarf tes. Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich auch durch Ausbau der Randsortimente beste- hender Anbieter.

Mit SPORT NIEHUIS ist standort- Sicherung und bei Bedarf Stärkung des beste- Sportartikel / prägender Anbieter für Sportarti- henden Angebotes im Innenstadtbereich. Fahrräder kel vorhanden.

Kleinteiliges Fachangebot im Be- Vor dem Hintergrund sehr hoher Kaufkraftab- reich der weißen Ware (ELEKTRO- flüsse ist ein Ausbau des Innenstadtangebotes TECHNIK DANOWSKI) sowie Foto insbesondere im Bereich der Unterhaltungs- (GEWERS) vorhanden; darüber elektronik anzustreben. Die Etablierung eines hinaus ergänzendes Angebot als bundesweit tätigen Handelsunternehmens Elektroartikel, Randsortiment. könnte erheblich zur Attraktivitätssteigerung Unterhaltungs- der Vredener Innenstadt beitragen. Aufgrund elektronik des allgemeinen Standortverhaltens der bun- desweiten bzw. der regionalen Betreiber sind die Chancen zur Umsetzung allerdings realis- tisch einzuschätzen.

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Warengruppe heutiges Angebot Bewertung / Empfehlung

Innenstadtangebot umfasst zwei Qualitativ ansprechendes Angebot ist vorhan- Uhren, klassische Juweliergeschäfte den. Eine Angebotsergänzung ist im Segment Schmuck, (LOOSE, REHAAG). des preisgünstigen Modeschmucks möglich.

Mehrere Optiker, ein Gehörgerä- Gute Ausstattung vorhanden und gegenwärtig teakustiker sowie zwei Sanitäts- kein Bedarf weiterer Angebote. Die Sicherung Optik, Akustik, häuser sind ansässig. der bestehenden Angebotsstrukturen ist anzu- Sanitätsartikel streben.

Insbesondere als Teilsortimente Aufgrund des vorhandenen Angebotes besteht von Mehrbranchenunternehmen kein akuter Handlungsbedarf zur Etablierung Glas, Porzellan, ist ein umfangreiche Angebots- weiterer Angebote. Keramik / struktur verschiedener Qualitäts- Hausrat stufen vorhanden (v. a. MÜMKEN, WOOLWORTH, KODI).

Angebot ergibt sich v. a. durch Ausbau des bestehenden Angebotes im zen- kleinteilige Angebote aus dem trenrelevanten Teilsortiment Heimtextilien so- Einrichtungs- Teilbereich Heimtextilien in Form wie im Bereich Antiquitäten / Kunstgewerbe bedarf von Teilsortimenten. sind zu empfehlen. Angebotsentwicklung im nicht zentrenrelevanten Sortiment Möbel ist aus städtebaulicher Sicht nicht zu empfehlen. Baumarktsortimente und Zooarti- Baumarktartikel etc. gehören zu den nicht zen- kel sind in Form von Rand- bzw. trenrelevante Warengruppen, ein Ausbau des Baumarktarti- Teilsortimenten verglichen zur Ge- innerstädtischen Angebotes wird daher nicht kel, Gartenbe- samtstadt in geringem Umfang aktiv verfolgt. darf, Zooartikel vorhanden.

Quelle: cima (2020)

Voraussetzung für Erfolge bei der Verbesserung des Branchenmixes / Ratsbeschluss vom 24.06.2020 zum Ausschluss eines Drogeriemarktes außerhalb des Zentralen Versorgungsbe- reichs

Ausdrücklich sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass alle Anstrengungen zur Verbesserung des Branchenmixes durch ansässige Unternehmen, Hauseigentümer und das Stadtmarketing Vre- den zum Scheitern verurteilt sind, wenn gleichzeitig nicht durch entsprechende planungsrechtliche Schritte verhindert wird, dass zentrumstypische Einzelhandelsnutzungen außerhalb der Innenstadt genehmigt werden. Ausdrücklich befürwortet wird daher der im Zusammenhang mit der Beratung des vorliegenden Einzelhandelskonzeptes gefassten Beschluss des Rates der Stadt Vreden vom 24.06.2020, mit dem klargestellt wird, dass die Ansiedlung eines Drogeriemarktes außerhalb des Zentralen Versorgungsbereichs zum Schutz des Hauptzentrums unerwünscht ist und diese städte- bauliche Zielvorstellung sowohl in die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes als auch in die Bauleitplanung Eingang finden soll.

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6.3 Nahversorgungskonzept

Eine der wesentlichen übergeordneten Zielsetzungen der Vredener Einzelhandelsentwicklung ist die Sicherung und Weiterentwicklung einer möglichst flächendeckenden Nahversorgung für die Bürger im Vredener Stadtgebiet.

Unter Nahversorgung wird die Versorgung der örtlichen Wohnbevölkerung mit Waren des tägli- chen Bedarfs, aber auch ergänzenden Dienstleistungsangeboten (z. B. Banken, Post, Friseur) ver- standen. Diese sollte möglichst wohnortnah erfolgen. Da die Versorgung mit Lebensmitteln den wichtigsten Baustein der wohnortnahen Versorgung darstellt, wird sich im folgenden Nahversor- gungskonzept ausschließlich auf den Lebensmitteleinzelhandel konzentriert.

Neben zahlreichen kleineren Lebensmittelangeboten (u. a. Bäcker, Metzger), die für die umliegende Wohnbevölkerung oft eine sehr bedeutende kleinteilige Grundversorgungsfunktion übernehmen, stellen die klassischen Lebensmittelmärkte in Form von Discountern, Supermärkten oder SB- Warenhäusern in der Regel die Hauptträger einer umfassenden Nahversorgung dar.

Das Nahversorgungskonzept der Stadt Vreden formuliert die Leitlinien zur Sicherung der woh- nungsnahen Nahversorgung sowie die konzeptionellen Ansätze mit der Konzentration der Nahver- sorgungsangebote auf das Hauptzentrum, die solitären Nahversorgungsstandorte und Nahversor- gungsagglomerationen in integrierter Lage; hierzu gehören insbesondere die Vorgaben

▪ Nahversorgungsstandorte und Nahversorgungsagglomerationen in städtebaulich integrierten Lagen zur Sicherung der wohnungsnahen Versorgung zu erhalten und ▪ auf die Ausweisung zusätzlicher Nahversorgungszentren zu verzichten, um keine unerwünschte Konkurrenzsituation zur Versorgungsfunktion der fünf Zentren aufzubauen. Einleitend wird anhand zentraler Indexwerte die derzeitige Versorgungssituation der Gesamtstadt Vreden mit der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel aufgezeigt. Hierbei werden alle Anbieter der Warengruppe berücksichtigt, d.h.; auch das Angebot in Form der Randsortimente von Einzel- handelsbetrieben findet in den Kennzahlen Berücksichtigung. Anschließend werden Empfehlungen zur Sicherung der Nahversorgungsstrukturen in der Stadt Vreden ausgesprochen.

6.3.1 Aktuelle Versorgungsstrukturen in Vreden

Die Bestandsaufnahme des Einzelhandels hat ergeben, dass die Stadt Vreden auf gesamtstädtischer Ebene über eine gute Nahversorgungsausstattung verfügt. Insgesamt werden Nahrungs- und Ge- nussmittel von 43 Betrieben als Hauptwarengruppe geführt, die Verkaufsfläche in dem Sortiment beläuft sich insgesamt auf 10.075 m².

Dem mit Nahrungs- und Genussmitteln in Vreden erwirtschafteten Umsatz von rd. 50,6 Mio. € steht ein Kaufkraftpotenzial von 51,0 Mio. € gegenüber, sodass sich die warengruppenspezifische Zentra- lität auf 99 beläuft. Dies bedeutet, dass bereits heute der überwiegende Teil der Vredener Kaufkraft in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel in Vreden gebunden werden kann.

Als Indikator zur Bewertung der Verkaufsflächenausstattung kann die sog. Verkaufsflächendichte in einer Raumeinheit herangezogen werden. Die Verkaufsflächendichte beschreibt die Relation der Flächenausstattung bei Nahrungs- und Genussmitteln zu den Einwohnern in der Stadt Vreden. Eine angemessene Versorgungsstruktur kann bei Werten zwischen 0,35 – 0,45 m2 Verkaufsfläche je Ein- wohner angenommen werden. Während die Versorgungskennziffern in kleineren Mittelstädten im

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ländlichen Raum nicht selten bei Werten von rd. 0,50 m² je Einwohner liegen, erreichen viele Groß- städte häufig Werte, welche unter 0,40 m² je Einwohner liegen. Hintergrund ist die Versorgungs- funktion der Mittelstädte im ländlichen Raum auch für Teile der Umlandkommunen, während sich das Nahversorgungsangebot der größeren Städte i.d.R. ganz überwiegend an die eigene Wohnbe- völkerung richtet. In der Stadt beträgt die derzeitige Verkaufsflächendichte 0,44 m² je Einwohner. Damit verfügt die Stadt Vreden aktuell bereits über eine auch dem Bundesdurchschnitt entspre- chenden Verkaufsflächenausstattung im Lebensmittelsegment.

Abb. 42: Kennzahlen zur Versorgung der Stadt Vreden mit dem Sortiment Nahrungs- und Genussmittel Anzahl Verkaufs- Umsatz Kaufkraft Zentralität NuG-VKF Betriebe fläche 43 10.075 m² 50,6 Mio. € 51,0 Mio. € 99 0,44 m² / Ew. Quelle: cima (2020)

Das Angebot im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel wird im wesentlich durch die vorhandenen vier Lebensmitteldiscounter und vier Supermärkte bestimmt.

Abb. 43: Übersicht der wichtigsten Anbieter von Nahrungs- und Genussmitteln im Stadtge- biet Vreden

Verkaufs- Standorttyp Betreiber Betriebstyp Standort fläche

Domhof Hauptzentrum Innenstadt K+K Vollsortimenter ca. 1.400 m² (Innenstadt)

Ottensteiner K+K Vollsortimenter ca. 1.800 m² Nahversorgungsagglomeration Straße Ottensteiner Straße / Wüllener Straße Wüllener ALDI NORD Discounter ca. 960 m² Straße

K+K Vollsortimenter Up de Hacke ca. 940 m² Nahversorgungsagglomeration „Up de Hacke“ ALDI NORD Discounter Up de Hacke ca. 600 m²

Zwillbrocker EDEKA Vollsortimenter ca. 1.455 m² Straße Solitäre Nahversorgungsstan- dorte in integrierter Lage Winterswyker LIDL Discounter ca. 950 m² Straße

Solitärer Nahversorgungs- Ottensteiner standort in nicht integrierter NETTO Discounter ca. 799 m² Straße Lage

Quelle: cima (2020)

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Der nachfolgenden Abbildung ist die übergeordnete Versorgungsstruktur im Lebensmittelbereich36 in Vreden zu entnehmen. Um die Nahversorgungsstruktur im Stadtgebiet darzustellen, wurden schematisch fußläufige Einzugsbereiche mit einem Radius von 1.000 m dargestellt.

Abb. 44: Nahversorgungsstruktur in Vreden

Quelle: cima (2020), Kartengrundlage: OpenStreetmap-Mitwirkende 2017

Abb. 44 verdeutlicht, dass für weite Teile der Vredener Kernstadt eine fußläufige Nahversorgungs- struktur vorgehalten werden kann. Lediglich aus einzelnen Teilbereichen sind die fußläufigen Dis- tanzen zu den nächstgelegenen Lebensmittelmärkten größer als 1.000 m.

Aus der alleinigen Betrachtung dieser Versorgungsbereiche der bestehenden Lebensmittelmärkte im Vredener Stadtgebiet lassen sich jedoch keine abschließenden Handlungsempfehlungen für eine nachhaltige Sicherung bzw. einen angemessenen Ausbau der örtlichen Nahversorgungsstruktur ab- leiten. Zum einen lässt die Betrachtung der Nahversorgungsradien keinen Rückschluss auf die Qua- lität der jeweiligen Versorgungseinrichtung zu; zum anderen bleiben bei dieser Betrachtungsweise auch städtebauliche Zäsuren oder die örtlichen naturräumlichen Gegebenheiten unberücksichtigt.

Die Analyse der Nahversorgungssituation unter Einbeziehung der räumlichen Verteilung der Le- bensmittelmärkte in Vreden verdeutlicht, dass in weiten Teilen der Kernstadt eine angemessene Netzabdeckung mit Lebensmittelanbietern dargestellt werden kann. Die Betrachtung der Gesamt- ausstattung zeigt zudem, dass mit vier Vollsortimentern und vier Lebensmitteldiscountern die gän- gigen Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels im Stadtgebiet mehrfach vorhanden sind. Er-

36 Die Darstellung umfasst alle Lebensmitteldiscounter und Supermärkte

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gänzt wird das Angebot u. a. durch Betriebe des Lebensmittelhandwerks (v. a. Bäckereien), welche z. T. in die vorhandenen Lebensmittelmärkte integriert sind (Vorkassenzonen).

Handlungsbedarf ergibt sich durch die folgend aufgeführten Aspekte dennoch: ▪ Mit Blick auf die Verteilung der größeren Lebensmittelanbieter im Vredener Stadtgebiet wird zudem die räumliche Konzentration der Angebote auf den Bereich der östlichen und südlichen Kernstadt deutlich. Entsprechend dieser Konzentration bestehen auch deutliche Überschneidun- gen der Kerneinzugsgebiete (Nahbereiche). ▪ Einige Betriebe weisen objektseitige Defizite auf. Die objektseitigen Defizite sind z. T. auf deren aktuelle Verkaufsflächendimensionierung und der damit zusammenhängenden Möglichkeit ei- ner zeitgemäßen Warenpräsentation zurückzuführen, andere Lebensmittelmärkte entsprechen trotz einer angemessenen Verkaufsflächendimensionierung nicht den aktuellen Standards, so- dass die objektseitigen Defizite unabhängig von der Verkaufsflächengröße sind. Vor allem die Märkte der Betreiber K+K und ALDI am Standort Up de Hacke entsprechen sowohl hinsichtlich der Verkaufsflächenausstattung als auch hinsichtlich der Warenpräsentation sowie der Architek- tur nicht mehr aktuellen, bzw. marktüblichen Standards. Auch die K+K Märkte in der Innenstadt und an der Ottensteiner Straße sind zu nennen. Beide Märkte verfügen zwar über marktübliche Verkaufsflächenausstattungen, jedoch weisen sowohl Warenpräsentation als auch Architektur Defizite auf, sodass auch hier Modernisierungsbedarf besteht. Es ist zu beachten, dass für den K+K Markt an der Ottensteiner Straße konkrete Planungen für eine Modernisierung laufen (vgl. Kap. 6.3.2). ▪ Aktuell liegen der Stadt Vreden Erweiterungsplanungen der vorhandenen Märkte am Standort Up de Hacke vor (ALDI und K+K).

Über die Sicherstellung der Nahversorgung durch Lebensmitteldiscounter und -supermärkte mit 800 m² Verkaufsfläche und mehr, spezialisierte Fachgeschäfte (Obstläden, Fischläden etc.) und das Ladenhandwerk (Bäckereien, Metzgereien) hinaus sind zur Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung auch die nachfolgenden Sonderformen zu beachten, die für den ländlichen Raum mit Gemeinden bzw. Ortsteilen unter ca. 4.000 Einwohner geeignete Alternativen zum klassischen stati- onären Einzelhandel darstellen können: ▪ Alternative Konzepte der Nahversorgung: in der Vergangenheit wurden bundesweit Modell- projekte zur Förderung alternativer Formen der Nahversorgung erprobt. Beispiele dafür finden sich in den schleswig-holsteinischen MarktTreffs oder dem Franchise-System „Um’s Eck“, wel- ches bereits in mehr als 150 süddeutschen Gemeinden besteht. Unerlässlich für die Betriebe ei- nes solchen alternativen Konzeptes ist die Bereitstellung geeigneter Räumlichkeiten seitens der Gemeinde, das ehrenamtliche Engagement einzelner Bürger sowie die Bündelung verschiedener Angebote in einem Ladenlokal (Einzelhandel, Dienstleistungen (Post, Textilreinigung etc.), Café, Verwaltung). ▪ Hofläden: Hofläden haben sich bundesweit als nachgefragte Form der Nahversorgung etabliert. Mit ihren lokal gefertigten Produkten und einer Betonung der gesundheitsbewußten Ernährung greifen sie wichtige Trends des Konsumverhaltens auf und können zumindest ein Grundangebot der Nahversorgung bieten. ▪ Mobiler Einzelhandel: Für den ländlichen Raum bildet der mobile Einzelhandel traditionell eine gute Möglichkeit ein Mindestgrundangebot für die wohnungsnahe Versorgung mit Waren des periodischen Bedarfs zu gewährleisten. Für Vreden stellt sich die Frage einer möglichen Nahversorgung in den Ortsteilen, u. a. Ammeloe (ca. 1.100 Ew.), Doemern (ca. 1.100 Ew.), Großemast ca. 1.500 Ew.), Köckelwick (ca. 1.500 Ew.) und Lünten (ca. 1.400 Ew.). Die genannten Ortsteile verfügen alle über keinen Lebensmittelmarkt markt-

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üblicher Größe. Geht man für die Tragfähigkeit von Lebensmitteldiscountern und -supermärkten mit 800 m² und mehr von einer Versorgungsgebiet aus, dass mindestens ca. 4.000 Einwohner um- fasst, wird deutlich, dass eine Nahversorgung in Form eines Discounters oder eines Supermarktes mit mindestens 800 m² VKF rein marktwirtschaftlich betrachtet auch zukünftig nicht zu erwarten ist. Es ist im Einzelfall die Realisierung einer der o. g. alternativen Versorgungseinrichtungen zu prüfen. Die Bereitschaft der örtlichen Bevölkerung diese Angebote dauerhaft anzunehmen, bestimmt maß- geblich den Erfolg der zumeist bürgerschaftlich getragenen Einrichtungen. Als Hemmnis kann sich die geringe PKW-Fahrentfernung zu den vorhandenen Märkten im Kernort herausstellen.

6.3.2 Bewertungen und Empfehlungen hinsichtlich des Nahversorgungsan- gebotes innerhalb der Versorgungsbereiche

Da bundesweit Veränderungen der Betreiberkonzepte zu beobachten sind, die häufig mit Flächen- erweiterungen einhergehen, ist vor dem Hintergrund der nachhaltigen Sicherung der vorhandenen Nahversorgungsstruktur in Vreden auf gesamtstädtischer Ebene ein Entwicklungskorridor für die Lebensmittelmärkte festzulegen. Dies entspricht auch einer Forderung der Träger öffentlicher Be- lange aus den projektbegleitenden Sitzungen.

Hierzu gelten folgende Ziele und Grundsätze der Nahversorgung in Vreden:

Ziele und Grundsätze der Nahversorgung

Um das übergeordnete Ziel der Sicherstellung der wohnortnahen Grundversorgung der Vredener Bevölkerung zu erreichen, sind folgende Grundsätze zu beachten:

Grundsatz 1: Neuansiedlungen oder Erweiterungen sind ausschließlich innerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt oder der im Zentrenkonzept definierten ergänzen- den Nahversorgungsstandorte in integrierten Lagen zulässig. Die wohnortnahe Grundversorgung mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten wird somit über die im Zentrenkonzept der Stadt Vreden (vgl. Abb. 35) definierten Standorte sichergestellt.

Grundsatz 2: Zur Sicherstellung der Regionalverträglichkeit sollte die NuG-Zentralität für die Stadt Vreden insgesamt einen Index von 105 – 110 nicht überschreiten (Mittelwert: 107,5).

Der im Grundsatz 2 gewählte Ansatz ist unter anderem durch die Nähe zu den Niederlanden und somit bestehende Einkaufsverflechtungen zu begründen. Die begrenzte Überschreitung eines NuG- Zentralitätswertes von 100 ist regionalplanerisch zu vertreten, da zum einen mit dem vorgeschlage- nen Ansatz einem übermäßigen Kaufkraftzufluss aus den Nachbarorten entgegengewirkt wird und zum anderen die erforderliche Flexibilität geschaffen wird, um auf lokale Versorgungsdefizite bzw. betriebswirtschaftlich gebotene Erweiterungen planerisch befürworteter Anbieter reagieren zu kön- nen.

Die maximale NuG-Zentralität von 107,5 entspricht einem NuG-Umsatz von max. 54,8 Mio. € und somit einem zusätzlichen NuG-Umsatz von 4,2 Mio. € im Vergleich zum derzeitigen Umsatz. Unter

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Berücksichtigung des Kannibalismus-Effektes37 entspricht dies einer zusätzlichen NuG-Verkaufs- fläche von max. 1.400 m² 38– 2.600 m² 39.

Abb. 45: Maximale Ausstattung im Sortiment Nahrungs- und Genussmittel

IST-Situation maximale NuG-Ausstattung

NuG-Zentralität 99 107,5

Entsprechender NuG-Umsatz 50,6 Mio. € max. 54,8 Mio. €

Quelle: cima (2020)

An verschiedenen Standorten gibt es planungsrechtlich gesicherte und von den Betreibern bisher nicht ausgeschöpfte Spielräume zur Verkaufsflächenerweiterung. Hierzu zählen der Standort K+K an der Ottensteiner Straße mit einem Potenzial von rd. 290 m² VKF, der Standort LIDL mit einem bisher nicht ausgeschöpften Potenzial von zusätzlich rd. 250 m² VKF und der Standort EDEKA mit einem verbliebenen Potenzial von rd. 350 m² VKF. Während der Betreiber K+K einen Bauantrag mit Ausschöpfung der maximalen Verkaufsfläche (rd. 2.090 m²) eingereicht hat, handelt es sich bei den Anbietern LIDL und EDEKA um theoretisch verfügbare Potenziale. Unter Berücksichtigung der planungsrechtlich gesicherten Verkaufsflächenerweiterungen verbleiben von den o.g. 1.400 – 2.600 m² Verkaufsfläche max. rd. 900 – 1.600 m².

Eine Zuordnung des verbleibenden Entwicklungsspielraums für eine gesamtstädtisch verträgliche Verkaufsflächenentwicklung für das Sortiment Nahrungs- und Genussmittel auf einzelne Standorte ist nicht Gegenstand des vorliegenden Einzelhandelskonzeptes. Neuansiedlungen und Erweite- rungen von Lebensmittelmärkten sind jedoch gemäß dem Zentrenkonzept in Kapitel 6.1 ausschließ- lich innerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches sowie an den ausgewiesenen ergänzenden Nah- versorgungsstandorten in integrierten Lagen zu realisieren.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass auch an diesen Standorten die Vorgaben des LEP NRW einzu- halten sind. So ist gemäß Ziel 6.5-2 des LEP NRW unter anderem zu beachten, dass die Vorhaben außerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches der Gewährleistung einer wohnortnahen Versor- gung dienen. In den projektbegleitenden Sitzungen mit den Trägern öffentlicher Belange wurden ausführlich die Kriterien für eine wohnortnahe Versorgung und damit die Ansätze zur Ermittlung ei- einer stadt- und regionalverträglichen Verkaufsflächendimensionierung diskutiert. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Diskussion schlägt die cima vor, dass zur Sicherstellung des Nahversor- gungscharakters eines Lebensmittelmarktes der Umsatz des Vorhabens maximal 45 % der projekt- relevanten Kaufkraft der Bevölkerung im Nahbereich betragen darf. Zum Nahbereich eines Standor- tes zählen die Einwohner im 1.000 m Radius des Vorhabenstandortes. Hierbei können ebenfalls in absehbarer Zeit genutzte Wohnbauflächenpotenziale berücksichtigt werden. In jedem Fall ist eine Betrachtung des Einzelfalls notwendig. Abb. 46 zeigt die Ergebnisse einer Erstprüfung der Erweite- rung vorhandener Märkte am Standort Up de Hacke.

37 Es wird davon ausgegangen, dass durchschnittlich 60 % des Umsatzes von Neuansiedlungen und Flächenerweiterungen durch innerörtliche Verlagerungen von Kaufkraftströmen generiert werden. 38 bei einer angenommenen Flächenleistung eines leistungsstarken Discounters (7.200 € / m²) 39 Bei einer angenommenen Flächenleistung eines Supermarktes (4.200 € / m²)

75 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 46: Erstbewertung der Genehmigungsfähigkeit einer Erweiterung der Standortagglo- meration Up de Hacke

Aktuelle Planung

Bestand Planung der Betreiber

Gesamt-VKF NuG-VKF Gesamt-VKF NuG-VKF

K+K 940 m² 800 m² 1.600 m² rd. 1.350 m²

ALDI 600 m² 500 m² 1.267 m² rd. 1.000 m²

Erstprüfung der Genehmigungsfähigkeit

Zu prüfen sind sowohl die Vorgaben des kommunalen Einzelhandelskonzeptes (Grundsatz 1 und Grundsatz 2 des Nahversorgungskonzeptes), als auch die Vorgaben des LEP. Vorgaben des kommunalen Einzelhandelskonzeptes: Grundsatz 1 (Lage in einem ZV bzw. in einem integrierten Nahversorgungsstandort): wird erfüllt Grundsatz 2 (max. 900 – 1.600 m² NuG zusätzlich): wird erfüllt

Vorgaben des LEP NRW:40 Ausnahmsweise kann vom Ziel 6.5-2 („Standorte des großflächigen Einzelhandels mit zentrenrele- vanten Kernsortimenten nur in Zentralen Versorgungsbereichen“) abgewichen werden, wenn ein Vorhaben die wohnortnahe Versorgung gewährleistet. ▪ innerhalb des Nahbereichs (1.000 m Radius) leben 8.000 Einwohner (einschl. Randbereiche und Wohnbauflächenpotenzialen) ▪ NuG-Kaufkraftpotenzial im Nahbereich: 17,7 Mio. € ▪ 45 % des NuG-Kaufkraftpotenzial im Nahbereich: 7,9 Mio. € ▪ max. NuG-Umsatz von 7,9 Mio. € genehmigungsfähig (derzeitiger NuG-Umsatz beläuft sich auf rd. 6,3 Mio. €) Ein maximaler NuG-Umsatz von 7,9 Mio. € entspricht entweder einer Verkaufsflächenerweiterung des K+K-Marktes auf bis zu 1.300 m² Gesamt-VKF oder einer Verkaufsflächenerweiterung des AL- DI-Marktes auf bis zu 850 m² Gesamt-VKF. Am Standort Up de Hacke ist nach der Erstprüfung alternativ eine Erweiterung des K+K- Marktes auf 1.300 m² oder die Erweiterung des ALDI-Marktes auf 850 m² VKF genehmi- gungsfähig.

Quelle: cima (2020)

40 Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass über das nachfolgend behandelte Ziel 6.5-2 hinaus ein Vorhaben auch alle weiteren Ziele und Grundsätze des LEP NRW erfüllen muss. So sind gemäß Ziel 6.5-8 Einzelhandelsagglomerationen (= mehrere selbständige, je für sich nichtgroßflächige Einzelhandelsbetriebe bei einer räumlichen Konzentration) auch in Hinblick auf die Stadt- und Regionalverträglichkeit zu prüfen.

76 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Ausschluss von Lebensmittelmärkten an diskutierten Standorten In der Vergangenheit gab es in Vreden für zwei Standorte Ansiedlungswünsche von Lebensmittel- märkten, die kommunalpolitisch intensiv diskutiert wurden. Es handelte sich hierbei um ein Ansied- lungsgesuch der Firma KAUFLAND auf dem ehemaligen Baywa-Gelände am Berkelsee sowie um die Planungen zur Ansiedlung eines EDEKA-Marktes auf dem Bierbaum-Gelände an der Ottensteiner Straße.

In beiden Fällen handelt es sich um ein Vorhaben des großflächigen Einzelhandels mit einem nah- versorgungsrelevanten Kernsortiment. Eine Genehmigung erfordert eine Übereinstimmung des Vorhabens sowohl mit den Zielen und Grundsätzen des Landeswicklungsplans NRW als auch mit den Zielen des kommunalen Einzelhandelskonzeptes.

Standort ehem. Baywa-Gelände (KAUFLAND-Ansiedlung) Die Firma Kaufland plante in der Vergangenheit, auf dem ehemaligen Baywa-Gelände einen Ver- brauchermarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 3.000 m² zu errichten. Der Kreis Borken hatte 2018 eine Bauvoranfrage abgelehnt.

Im Einzelhandelskonzept für die Stadt Vreden (2010) war das Plangrundstück bereits als Entwick- lungsfläche für einen Lebensmittelmarkt abgelehnt worden. Im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes wurde der Planstandort im Süden der Kernstadt erneut gutachterlich ge- prüft und auch in den projektbegleitenden Sitzungen mit den Trägern öffentlicher Belange sowie im Arbeitskreis Innenstadt diskutiert. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass eine Einzelhandelsnutzung planerisch nicht zu befürworten ist und der vorliegenden Entwicklungskonzeption widerspricht. Im Einzelnen ist auf der Grundlage einer Erstprüfung des Vorhabens auf folgende Aspekte zu verwei- sen:

▪ Bei dem ehemaligen Baywa-Gelände handelt es sich um einen städtebaulich nicht integrierten Standort, der im Regionalplan als GIB dargestellt wird. ▪ Das Vorhaben widerspricht Zielen des Landesentwicklungsplans NRW (Ziel 6.5-1 (Lage im All- gemeinen Siedlungsbereich) und Ziel 6.5-2 (Lage in einem Zentralen Versorgungsbereich)) bzw. es ist ohne eine vertiefende Auswirkungsanalyse nicht von einer Genehmigungsfähigkeit auszu- gehen (Ziel 6.5-3 (Beeinträchtigungsverbot)). ▪ Das Vorhaben steht nicht im Einklang mit zentralen Vorgaben der Fortschreibung des Einzel- handelskonzeptes: ▪ Das ehemalige Baywa-Gelände liegt nicht innerhalb des Zentralen Versorgungsbereichs und zählt nicht zu den im Zentrenkonzept definierten Nahversorgungsstandorten in integrierter Lage; das Vorhaben widerspricht somit Grundsatz 1 des Nahversorgungskonzeptes. ▪ Auch der Grundsatz 2 wird nicht erfüllt, da die Verkaufsfläche oberhalb der für die Gesamt- stadt Vreden planerisch befürworteten zusätzlichen Verkaufsfläche von max. 900 – 1.600 m² VKF Nahrungs- und Genussmittel liegt. Die Ansiedlung eines Verbrauchermarktes auf dem Baywa-Gelände widerspricht daher den Zielen und Empfehlungen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes.

77 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Standort Bierbaum-Gelände (EDEKA-Ansiedlung) Konkrete Planungen eines Projektentwicklers sehen für den Standort einer ehemaligen Spinnerei an der Ottensteiner Straße (sogenanntes „Bierbaum-Gelände“) die Realisierung eines ca. 2.900 m² VKF umfassenden EDEKA-Marktes vor.

Planungen für eine Einzelhandelsnutzung auf dem Bierbaum-Gelände werden bereits seit mehreren Jahren verfolgt, die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes war dabei immer Bestandteil der Pla- nung. Aufgrund seiner räumlichen Nähe zur Innenstadt und der städtebaulich unbefriedigenden Si- tuation einer Brache in zentraler Kernstadtlage wurden die Planungen mehrfach in den zuständigen Gremien diskutiert und waren auch Gegenstand des Einzelhandelskonzeptes Vreden 2010. Das städtische Konzept stufte die Ansiedlung 2010 als nicht stadtverträglich ein.

Im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes wurde eine erneute Überprüfung des Standortes vorgenommen. Im Ergebnis ist festzuhalten:

▪ Eine mit dem Vorhaben verbundene massive Erweiterung des Angebotes mit Nahrungs- und Genussmittel an einem Standort wird aufgrund des aufgezeigten gesamtstädtischen Entwick- lungskorridors nicht befürwortet. ▪ Eine Erweiterung des Zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt wird mit Bezug auf den pro- jektbegleitenden Diskussionsprozess zu den Entwicklungspotenzialen der Innenstadt nicht be- fürwortet. ▪ Eine Genehmigung des Vorhabens außerhalb des Zentralen Versorgungsbereichs widerspricht den Grundsatz 1 des vorliegenden Nahversorgungskonzeptes, da der Standort außerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches liegt und es sich nicht um einen im Zentrenkonzept definierten Nahversorgungsstandort in integrierter Lage handelt. Es kommt hinzu, dass das Vorhaben nicht mit den Grundsatz 2 in Einklang steht, der für die Gesamtstadt Vreden eine Erweiterung der NuG-Verkaufsfläche von max. rd. 900 – 1.600 m² empfiehlt.

Der Rat der Stadt Vreden hat sich zudem am 13.12.2019 gegen die Realisierung des Vorhabens ausgesprochen, so dass die Planungen für das Bierbaum-Areal sowohl der Zielvorstellung der Stadt Vreden als auch der vorliegenden Fortschreibung des kommunalen Einzelhandelskon- zept widersprechen.

6.4 Vredener Sortimentsliste

6.4.1 Vorbemerkung

Im Rahmen der Herleitung einer Sortimentsliste für die Stadt Vreden sind die aktuellen landespla- nerischen Vorgaben (u. a. Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen) zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass ein pauschaler Hinweis auf die Auflistung der nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimente des LEP NRW oder auch der Rückgriff auf andere Listen (z. B. soge- nannte „Kölner Liste“) im Rahmen der baurechtlichen Steuerung nicht ausreicht und rechtsfehler- haft ist.

Das OVG Münster hat mit seinen Urteilen vom 09.10.2003 und 22.04.2004 deutlich gemacht, dass baurechtliche Festsetzungen in Bezug auf Sortimentsfestsetzungen „nicht unbestimmt“ bleiben dürfen und baurechtliche Festsetzungen sich auf aus der Örtlichkeit abgeleitete Sortimentslisten beziehen müssen. Gleichermaßen sind Ausschlüsse von Einzelhandelsnutzungen in Teilen des

78 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Stadtgebietes nur fundiert zu begründen, wenn sie auf nachvollziehbaren kommunalen Einzelhan- delskonzepten bzw. städtebaulichen Entwicklungskonzepten beruhen.41

Die nachfolgend ausgeführte Sortimentsliste definiert die nahversorgungs-, zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimente für die Stadt Vreden. Sie ist aus den aktuellen, örtlichen Stand- ortstrukturen abgeleitet und somit eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage zur örtlichen Einzel- handelssteuerung. Sie erfüllt damit die Bedingungen der aktuellen Rechtsprechung der Oberver- waltungsgerichte.

Die Liste der zentrenrelevanten Sortimente für die Stadt Vreden dient der Stärkung, dem Schutz und der Entwicklung der Zentralen Versorgungsbereiche im Stadtgebiet. Die damit verbundene Einzelhandelssteuerung soll nicht den Wettbewerb behindern, sondern eine räumliche Zuordnung vornehmen, wo dieser Wettbewerb stattfinden soll.

6.4.2 Kriterien zur Bestimmung der Zentrenrelevanz einzelner Sortimente

Die Fortschreibung der Sortimentsliste für die Stadt Vreden soll transparent und nachvollziehbar sein. Dabei sind zum einen allgemeine Kriterien zu beachten und zum anderen ortsspezifische Ent- wicklungen bzw. Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Einordnung der Sortimente hinsichtlich der Zentrenrelevanz kann auch vom Planungswillen der Stadt geprägt sein.

Für die Zentrenrelevanz sind folgende Faktoren mitentscheidend:

Rechtliche Rahmenbedingungen Der Verordnungsgeber hat im aktuellen Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen eine Sorti- mentsliste formuliert, welche einen verbindlichen Kern zentren- und nahversorgungsrelevanter Sor- timente darstellt.42 Diese Sortimente wurden im Rahmen der Aktualisierung des Landesentwick- lungsplans auf Grundlage einer landesweiten Analyse der Verteilung der Sortimente nach Lagen in- nerhalb und außerhalb der nordrhein-westfälischen Innenstädte ermittelt und festgelegt.

Aktueller Bestand Die Flächenverteilung des aktuellen Bestandes im Stadtgebiet dient als ein wichtiger ortsbezogener Anhaltspunkt für die Zentrenrelevanz von Sortimenten. Die aktuelle Standortverteilung (Verkaufs- fläche in m²) dient dabei als eine Grundlage für die Bewertung der Zentrenrelevanz. Es ist jedoch zu beachten, dass die Zuordnung der Sortimente darüber hinaus auch die nachfolgenden Faktoren be- rücksichtigt. Selbstverständlich können solche Warengruppen, die derzeit nicht im Vredener Zent- rum vorhanden sind bzw. dort nicht den Verkaufsflächenschwerpunkt aufweisen, als zentrenrele- vant klassifiziert werden, sofern sie z. B. maßgeblich zur Attraktivität eines innerstädtischen Einzel- handelsstandortes beitragen.

Nachfrage im Zusammenhang mit anderen Nutzungen Kopplungsmöglichkeiten mit anderen Nutzungen, die zumeist in der Innenstadt angeboten werden, sind für die Abwägung der Zentrenrelevanz mit zu berücksichtigen. Als Beispiele sind hierbei öf-

41 OVG Münster vom 09.10.2003 AZ 10a D 76/01.NE. Nichtigkeit eines Bebauungsplanes aufgrund nicht konkreter Sorti- mentsfestsetzungen in der Gemeinde Rhede; OVG Münster vom 22.04.2004 AZ: 7a D 142/02.NE: Bestätigung der bau- rechtlichen Festsetzungen in der Stadt Sundern auf Basis eines nachvollziehbaren Einzelhandelskonzeptes. 42 Anlage 1 des LEP NRW

79 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

fentliche Einrichtungen (Rathaus, Bürgerbüro etc.) oder auch konsumnahe Dienstleistungsbetriebe (u. a. Banken, Friseure, Reisebüros, Gastronomiebetriebe) zu verstehen.

Darüber hinaus sollte der Branchenmix des Zentralen Versorgungsbereiches in Vreden attraktiv und möglichst komplett sein. Daher können auch Branchen, die aufgrund der jeweiligen Kundenfre- quenz auf den ersten Blick nicht zentrenrelevant erscheinen, ebenfalls dem Zentrum vorbehalten sein, um für den Kunden einen attraktiven, vollständigen Branchenmix zu gewährleisten.

Beratungsintensität Die Angebotsformen der Innenstadt umfassen in erster Linie beratungsintensive Fachgeschäfte, die den Kunden einen Mehrwert beim Einkauferlebnis bieten können. Aus diesem Grund sind solche Betriebsformen für einen Zentralen Versorgungsbereich besonders wichtig.

Frequenzbringer Je nach Stadtgröße und Zentrentyp fungieren unterschiedliche Sortimente als Frequenzbringer. In Hauptzentren sind vornehmlich die etablierten Nahversorger sowie größere Filialunternehmen Fre- quenzbringer. In Stadtteilzentren haben vor allem Nahversorger und weiterführende, kleinteilige Angebote eine frequenzbringende Wirkung. Die Frequenz in Nahversorgungszentren wird vor allem durch Anbieter mit Gütern des täglichen Bedarfs erzeugt.

Einfacher Warentransport und geringer Flächenanspruch Die Größe und Transportfähigkeit der Waren spielt eine weitere Rolle bei der Zentrenrelevanz von Sortimenten. Großformatige Waren, die einen gewissen Ausstellungsbedarf haben und meist per Auto transportiert werden müssen, sind möglicherweise für die zentralen Standorte weniger geeig- net, da der Flächenbedarf und die Warenlogistik von Betrieben mit einem solchen Sortiments- schwerpunkt oftmals nicht in der Innenstadt erfüllt werden können (z. B. Baumärkte). Im Gegensatz dazu stehen sogenannte „Handtaschensortimente“. Diese Waren sind kleinformatig und können leicht transportiert werden (z. B. Bekleidung, Schuhe).

Planungswille der Stadt Die aktuelle Rechtsprechung in Deutschland verlangt bei einer planungsrechtlichen Steuerung die Entwicklung einer ortsspezifischen Sortimentsliste. Der Planungswille der Stadt kann dabei Auswir- kungen auf die Zentrenrelevanz von Sortimenten haben. Der Kommune sind hierfür im Rahmen der Selbstverwaltung weitreichende Kompetenzen zugesagt. Die Planungshoheit wird insoweit bestärkt. Die Herleitung und Begründung einer ortsspezifischen Sortimentsliste muss allerdings mit Bezug auf die aufgeführten Abwägungsmerkmale erfolgen. Folglich können auch Sortimente zentrenrele- vant sein, die bisher nur geringe Verkaufsflächenanteile in den Zentren aufweisen.

6.4.3 Zur Ableitung der Vredener Sortimentsliste

Die Stadt Vreden verfügt bereits über eine eigene Sortimentsliste aus dem Jahr 2010, die aufgrund der sich veränderten Gegebenheiten im Einzelhandel sowie der aktualisierten Vorgaben auf landes- planerischer Ebene nun fortgeschrieben wird. Im Unterschied zur Sortimentsliste des LEP NRW wer- den in der nachfolgenden Sortimentsliste zur Klarstellung auch die nicht zentrenrelevanten Sorti- mente aufgeführt. Die Vredener Liste ist in Hinblick auf die nicht zentrenrelevanten Sortimente nicht abschließend; nicht aufgeführte Sortimente sind gegebenenfalls anhand der Kriterien aus Kap. 6.4.2 nach ihrer Zentrenrelevanz einzustufen und entsprechend planungsrechtlich in den Bebau- ungsplänen als zulässig bzw. unzulässig festzusetzen. Für die textlichen Festsetzungen in Bebau- ungsplänen kann auf die Sortimentsliste in der vorliegenden Fassung zurückgegriffen werden.

80 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Definition der nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimente Nahversorgungsrelevant sind Sortimente, die täglich oder wöchentlich nachgefragt werden (peri- odischer Bedarf). Nahversorgungsrelevante Sortimente sind als Teilmenge der zentrenrelevanten Sortimente zu betrachten. Ihre herausgehobene Bedeutung für die wohnortnahe Versorgung des täglichen und wöchentlichen Bedarfs kann eine Ansiedlung ausnahmsweise auch außerhalb von Zentralen Versorgungsbereichen rechtfertigen, um in integrierten Lagen eine fußläufige Nahversor- gung sicherstellen zu können.

Mit Blick auf die Einzelhandelsstrukturen in der Stadt Vreden sowie die allgemeinen Einkaufsge- wohnheiten der Bevölkerung sind folgende Sortimente als nahversorgungs- und gleichzeitig zen- trenrelevant einzustufen:

▪ Nahrungs- und Genussmittel (inkl. Reformwaren, Backwaren, Fleischwaren, Tabakwaren, Geträn- ke) ▪ Gesundheits- und Körperpflegeartikel (inkl. Drogerie- und Parfümeriewaren, Wasch- / Putz- und Reinigungsmittel) ▪ Schnittblumen ▪ Zeitungen, Zeitschriften Der Einordnung der genannten Sortimente liegen folgende Aspekte zugrunde:

▪ Die Sortimente Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheits- und Körperpflegeartikel wer- den in der Anlage 1 des aktuellen LEP als nahversorgungs- und zentrenrelevant definiert. ▪ Alle Sortimente stellen Waren des täglichen Bedarfs dar. Die über das Sortiment Nahrungs- und Genussmittel hinausgehenden Sortimente werden häufig mit dem Lebensmitteleinkauf verbun- den. ▪ Die aufgeführten Sortimente tragen als Waren des täglichen Bedarfs maßgeblich zur Versor- gungsfunktion der Zentren bei. ▪ Die Sortimente Nahrungs- und Genussmittel, Zeitungen, Zeitschriften sowie Gesundheits- und Körperpflegeartikel mit Ausnahme kosmetischer Erzeugnisse und Körperpflegeartikel waren auch in der Vredener Sortimentsliste aus dem Jahr 2010 als nahversorgungsrelevant gelistet. Änderungen im Vergleich zu 2010 gibt es bei zwei Sortimenten. Kosmetische Artikel und Kör- perpflegeartikel werden nicht mehr als zentrenrelevant eingestuft, sondern u. a. zusammen mit Drogeriewaren, Wasch- / Putz- und Reinigungsmitteln zu dem Sortiment Gesundheits- und Kör- perpflegeartikel zusammengefasst und gelten fortan als nahversorgungs- und zentrenrelevant. Hiermit werden die neuen LEP-Vorgaben berücksichtigt. ▪ Tiernahrung wird nicht mehr als nahversorgungs- und zentrenrelevant eingestuft, da die aktuel- len Einzelhandelsentwicklungen eine Konzentration dieser Sortimente an Fachmarktstandorten zeigen. ▪ Ebenso werden Apothekenwaren nicht mehr als nahversorgungsrelevant, sondern als zentrenre- levant eingestuft. Damit wird eine Vorgabe des LEP aufgegriffen und zugleich die Innenstadt als Einzelhandelsstandort gestärkt.

81 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Definition der zentrenrelevanten Sortimente Zentrenrelevant sind Sortimente, die

▪ eine bestimmte, zentrenprägende Funktion am Standort erfüllen (z. B. als Frequenzbringer), ▪ vom Kunden ohne Probleme transportiert werden können, ▪ i. d. R. einer zentralen Lage bedürfen, da sie auf eine gewisse Kundenfrequenz angewiesen sind, ▪ von Kopplungseffekten durch die räumliche Nähe zu vergleichbaren Anbietern profitieren und ▪ vorwiegend in Zentralen Versorgungsbereichen angeboten werden. Die nachfolgenden Sortimente werden vom Gesetzgeber als zentrenrelevant eingestuft und gelten daher als Grundlage für die zentrenrelevanten Sortimente der Vredener Sortimentsliste:

▪ Bekleidung / Wäsche ▪ Schuhe / Lederwaren (Koffer, Taschen) ▪ Glas / Porzellan / Keramik ▪ Haushaltswaren ▪ Bücher ▪ Papier / Bürobedarf / Schreibwaren ▪ medizinische, orthopädische Artikel (inkl. Sanitätswaren), pharmazeutische Artikel ▪ Spielwaren ▪ Sportbekleidung, Sportschuhe, Sportartikel (ohne Angelartikel, Fahrräder und Zubehör, Reitarti- kel und Sportgroßgeräte) ▪ Uhren, Schmuck ▪ Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, Computer, Foto ▪ Elektrokleingeräte (Haushaltsgeräte wie Mixer, Bügeleisen, Staubsauger) Zusätzlich zu den vom Gesetzgeber vorgegebenen Sortimenten werden in der Vredener Sorti- mentsliste weitere Sortimente als zentrenrelevant eingestuft:

▪ Campingartikel ▪ Jagdartikel ▪ Musikinstrumente und Musikalien ▪ Heimtextilien (inkl. Stoffe, Gardinen, Haus- und Tischwäsche) ▪ Handarbeitsartikel, Strickwaren, Kurzwaren ▪ Bastelartikel / Künstlerbedarf ▪ optische und akustische Geräte ▪ Antiquitäten, Kunstgegenstände, Bilder und Bilderrahmen ▪ Lampen / Leuchten

Die Einstufung der zentrenrelevanten Sortimente lässt sich wie folgt begründen:

▪ Die in der Anlage zum LEP NRW aufgeführten zentrenrelevanten Sortimente lassen sich durch die Einzelhandelserhebung in der Stadt Vreden bestätigen. Es handelt sich bei vielen aufgeführ- ten Sortimenten um Sortimente, die zu einem hohen Anteil der Verkaufsflächen innerhalb des

82 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Hauptzentrums aufzufinden sind (u. a. Bekleidung / Wäsche, Schuhe / Lederwaren, Uhren / Schmuck). Sie sorgen zudem für Frequenz innerhalb des Zentrums, stellen strukturprägende Be- triebe und sind leicht zu transportieren. ▪ Bei den zusätzlich in der Vredener Sortimentsliste als zentrenrelevant aufgenommenen Sorti- mente handelt es sich um Sortimente, die bereits in der Vredener Sortimentsliste aus dem Jahr 2010 als zentrenrelevante Sortimente gelistet waren (Ausnahme Musikinstrumente und Musika- lien). Alle Sortimente sind auf eine gewisse Kundenfrequenz angewiesen, ohne PKW transpor- tierbar und haben in der Regel einen hohen Beratungsbedarf (z. B. optische und akustische Ge- räte).

Im Vergleich zur Sortimentsliste aus dem Jahr 2010 hat es fünf wesentliche Änderungen gegeben: ▪ Tiernahrung wir zukünftig als nicht zentrenrelevant gelistet (bisher zentren- und nahversor- gungsrelevant), da nur ein geringer Anteil der Verkaufsfläche innerhalb des Zentralen Versor- gungsbereiches liegen und generell die Bedeutung von Zoofachmärkten zunimmt ▪ Kosmetische Erzeugnisse und Körperpflegeartikel (bislang zentrenrelevant) sind nun nahversor- gungsrelevant (Warengruppe „Gesundheits- und Körperpflegeartikel“ zusammen mit Drogerie- waren, Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln) ▪ Pharmazeutische Artikel (Apothekenwaren) (bislang nahversorgungsrelevant) sind nun zentren- relevant; hiermit wird die Vorgabe des LEP aufgegriffen und die Innenstadt weiter gestärkt ▪ Erotikartikel werden nicht mehr gesondert ausgewiesen, da sie den übrigen Warengruppen zu- geordnet werden können (u. a. Bücher, Wäsche, Unterhaltungselektronik) Einzelne Sortimente wurden in Anlehnung an LEP-Vorgaben z. T. zusammengefasst bzw. begrifflich neu gefasst, ohne dass eine Änderung an der Einstufung vorgenommen wurde.

Definition der nicht-zentrenrelevanten Sortimente (nicht abschließend) Im Unterschied zur Sortimentsliste des LEP NRW werden in der nachfolgenden Vredener Sorti- mentsliste auch die nicht zentrenrelevanten Sortimente aufgeführt. Für die textlichen Festsetzungen in Bebauungsplänen kann auf die Sortimentsliste in der vorliegenden Fassung zurückgegriffen wer- den.

Nicht-zentrenrelevant sind vor allem Sortimente,

▪ die aufgrund ihres hohen Flächenbedarfs nicht für zentrale Standorte geeignet sind, ▪ die nur sehr schwer zu transportieren sind oder eines zusätzlichen „Transportmittels“ bedürfen und ▪ überwiegend an nicht integrierten Standorten angeboten werden. Zudem verfügen die Betriebe, die diese Sortimente anbieten, auf den jeweiligen Verkaufsflächen in der Regel nur über eine im Vergleich zu nahversorgungs- oder zentrenrelevanten Sortimenten ge- ringe Flächenproduktivität.

Folgende Sortimente werden als nicht-zentrenrelevant eingeordnet:

▪ Fahrräder und Zubehör ▪ Tiernahrung, Zooartikel (inkl. lebende Tiere) ▪ Elektrogroßgeräte (sog. „weiße Ware“ wie Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen) ▪ Möbel (inkl. Büromöbel, Küchenmöbel), Matratzen

83 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

▪ Baumarktsortimente (u. a. Eisenwaren, Farben, Tapeten, Bodenbeläge (z. B. Fliesen, Laminat, Teppiche (ohne handgefertigte Teppiche)), Werkzeuge, Sanitärartikel) ▪ Gartenmarktsortiment (u. a. Gartengeräte, Topfpflanzen, Düngemittel, Pflanzgefäße) ▪ Angelartikel, Reitartikel und Sportgroßgeräte

Zur Einordnung der angeführten Sortimente werden folgende Hinweise gegeben:

▪ Es handelt sich bei vielen der aufgeführten Sortimente um Sortimente, die aufgrund ihrer hohen Flächenansprüche nicht für die Zentren geeignet sind und zudem aufgrund der Größe der ein- zelnen Artikel auf ein Transportmittel angewiesen sind (v. a. Möbel, Gartenmarktsortiment, Elekt- rogroßgeräte). ▪ Bei den Sortimenten, die auf Grundlage der angewendeten Erhebungssystematik gesondert ausgewiesen werden können, lässt sich ein nur geringer Anteil innerhalb der Zentren erkennen (Fahrräder und Zubehör, KFZ- und Motorradzubehör, Zooartikel inkl. Tiernahrung, Baumarktarti- kel, Gartenmarktsortiment (vgl. Abb. 47)). ▪ Die Anlage 1 des LEP NRW wurde bei der Zuordnung beachtet. Sie erlaubt u. a. ausdrücklich Fahrräder und Zubehör und Elektrogroßgeräte als nicht-zentrenrelevant einzustufen.

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Abb. 47: Verkaufsflächenanteile innerhalb und außerhalb des Zentralen Versorgungsberei- ches der Stadt Vreden auf Sortimentsebene

Sanitätsartikel 100% Bücher 100% Foto 100% Optik, Hörgeräteakustik 97% 3% Oberbekleidung 91% 9% Schreibwaren 77% 23% Uhren, Schmuck 68% 32% Heimtextilien 68% 32% Sportartikel 64% 36% Spielwaren 60% 40% Schuhe 57% 43% Computer, Büro-/ Telekommunikation 55% 45% Glas, Keramik, Porzellan, Hausrat 47% 53% Gesundheit und Körperpflege 39% 61% Elektrogeräte, Leuchten 39% 61% Zeitschriften, Zeitungen 35% 65% Schnittblumen, Floristik 27% 73% Nahrungs- und Genussmittel 17% 83% Zoobedarf 9% 91% Unterhaltungselektronik 5% 95% Eisenwaren, Baumarktartikel 5% 95% Pflanzen, Gartenbedarf 3% 97% Möbel 99% Wäsche, sonstige Bekleidung 100% Farben, Tapeten, Bodenbeläge, Teppiche 100% Musikinstrumente, Waffen, Sammelhobbies 100% Fahrräder 100% Kfz-Zubehör 100%

ZVB Innenstadt Vreden sonstige Lagen

Quelle: cima (2020)

85 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Abb. 48: Vredener Sortimentsliste

Zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente (abschließend) ▪ Nahrungs- und Genussmittel (inkl. Reformwaren, Backwaren, Fleischwaren, Getränke, Tabak- waren) ▪ Gesundheits- und Körperpflegeartikel (inkl. Drogerie- und Parfümeriewaren, Wasch- / Putz- und Reinigungsmittel) ▪ Schnittblumen ▪ Zeitungen / Zeitschriften Zentrenrelevante Sortimente (abschließend) ▪ pharmazeutische Artikel (Apothekenwaren) ▪ Bekleidung / Wäsche ▪ Schuhe / Lederwaren (Koffer, Taschen) ▪ Glas / Porzellan / Keramik ▪ Haushaltswaren ▪ Heimtextilien (inkl. Stoffe, Gardinen, Haus- und Tischwäsche) ▪ Handarbeitsartikel, Strickwaren, Kurzwaren ▪ Bücher ▪ Papier / Bürobedarf / Schreibwaren ▪ Bastelartikel / Künstlerbedarf ▪ medizinische, orthopädische Artikel (inkl. Sanitätswaren) ▪ optische und akustische Geräte ▪ Spielwaren ▪ Sportbekleidung, Sportschuhe, Sportartikel (ohne Angelartikel, Fahrräder und Zubehör, Reitartikel und Sportgroßgeräte) ▪ Campingartikel ▪ Jagdartikel ▪ Uhren, Schmuck ▪ Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik, Computer, Foto ▪ Lampen / Leuchten ▪ Elektrokleingeräte (Haushaltsgeräte wie Mixer, Bügeleisen, Staubsauger) ▪ Antiquitäten, Kunstgegenstände, Bilder und Bilderrahmen ▪ Musikinstrumente und Musikalien Nicht zentrenrelevante Sortimente (nicht abschließend) ▪ Fahrräder und Zubehör ▪ Tiernahrung, Zooartikel (inkl. lebende Tiere) ▪ Elektrogroßgeräte (sog. „weiße Ware“ wie Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen) ▪ Möbel (inkl. Büromöbel, Küchenmöbel), Matratzen ▪ Baumarktsortimente (u. a. Eisenwaren, Farben, Tapeten, Bodenbeläge (Auslegewaren wie Tep- piche, Parkett, Fliesen), Werkzeuge, Sanitärartikel) ▪ Gartenmarktsortimente (u. a. Gartengeräte, Topfpflanzen, Düngemittel, Pflanzgefäße) ▪ Angelartikel, Reitartikel und Sportgroßgeräte Hervorgehobene Schrift: zentrenrelevante Leitsortimente gemäß LEP NRW Quelle: cima (2020)

86 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

6.5 Empfehlungen zur Bauleitplanung und die Genehmigungspraxis

6.5.1 Ziele und Grundsätze des Landesentwicklungsplanes Nordrhein- Westfalen

Eine zentrale Vorgabe für die Bauleitplanung und die Genehmigung von Vorhaben des großflächi- gen Einzelhandels bildet der am 08.02.2017 in Kraft getretene und am 19.02.2019 geänderte Lan- desentwicklungsplan NRW. In den nachfolgend aufgeführten und erläuterten Zielen und Grundsät- zen 6.5-1 – 6.5-10 sind die zentralen einzelhandelsrelevanten Vorgaben der Landesplanung und Raumordnung von Nordrhein-Westfalen enthalten.

Ziel 6.5-1: Standorte des großflächigen Einzelhandels nur in allgemeinen Siedlungsbereichen Kerngebiete und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung dürfen nur in regionalplanerisch festgelegten Allgemeinen Siedlungsbereichen dargestellt und festge- setzt werden.

Mit diesem Ziel sollen die Gestaltungsspielräume für eine ressourcenschonende Flächennutzung abgesichert werden. Eigentlich für gewerbliche Nutzung vorgesehene Standortareale sollen sich nicht schleichend zu Einzelhandelsagglomerationen entwickeln. Damit werden auch die Entwick- lungsspielräume für Industrie und Gewerbe abgesichert bzw. erhalten.

Ziel 6.5-1 formuliert eindeutig, dass die Gebietstypen Kern- und Sondergebiete grundsätzlich nur im Bereich der im Regionalplan als Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) ausgewiesenen Standorte dargestellt und festgesetzt werden dürfen.

Ziel 6.5-2: Standorte des großflächigen Einzelhandels mit zentrenrelevanten Kernsortimenten nur in Zentralen Versorgungsbereichen Dabei dürfen Kern- und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverord- nung mit zentrenrelevantem Kernsortiment nur

- in bestehenden Zentralen Versorgungsbereichen sowie - in neu geplanten Zentralen Versorgungsbereichen in städtebaulich integrieren Lagen, die aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung sowie verkehrsmäßigen Anbindung für die Versorgung der Bevölke- rung zentrale Funktionen des kurz-, mittel- oder langfristigen Bedarfs erfüllen sollen, dargestellt und festgesetzt werden.

Zentrenrelevant sind - die Sortimente gemäß Anlage 143 und

43 Anlage 1 weist folgende Sortimente als zentrenrelevant aus: Papier / Bürobedarf / Schreibwaren; Bücher; Bekleidung, Wäsche; Schuhe, Lederwaren; medizinische, orthopädische Artikel; Haushaltswaren, Glas / Porzellan / Keramik; Spielwa- ren; Sportbekleidung, Sportschuhe; Sportartikel (ohne Teilsortimente, Angelartikel, Campingartikel, Fahrräder und Zube- hör, Jagdartikel, Reitartikel und Sportgroßgeräte); Elektrogeräte, Medien (Unterhaltungs- und Kommunikationselektro- nik, Computer, Foto – ohne Elektrogroßgeräte, Leuchten), Uhren, Schmuck sowie die gleichzeitig nahversorgungsrele- vanten Sortimente Nahrungs- und Genussmittel, Gesundheits- und Körperpflegeartikel. Siehe hierzu auch den Abschnitt zur Ableitung der ortstypischen Sortimentsliste im vorliegenden Konzept.

87 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

- weitere von der jeweiligen Gemeinde als zentrenrelevant festgelegte Sortimente (ortstypische Sor- timentsliste). Ausnahmsweise dürfen Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverord- nung mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten auch außerhalb zentraler Versorgungsbereiche dar- gestellt und festgesetzt werden, wenn nachweislich: - eine Lage in den zentralen Versorgungsbereichen aus städtebaulichen oder siedlungsstrukturellen Gründen, insbesondere der Erhaltung gewachsener baulicher Strukturen oder der Rücksichtnahme auf ein historisch wertvolles Ortsbild, nicht möglich ist und - die Bauleitplanung der Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung mit nahversorgungsrele- vanten Sortimenten dient und - zentrale Versorgungsbereiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

In Ziel 6.5-2 erfolgt die Zuweisung von Kern- und Sondergebieten für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO auf die Zentralen Versorgungsbereiche. Darüber hinaus erfolgt für Vorhaben i. S. des § 11 Abs. 3 BauNVO mit nahversorgungsrelevantem Sortiment eine Ausnahmeregel. Diese Vorhaben können auch außerhalb von Zentralen Versorgungsbereichen dargestellt werden, wenn die in der Zielfassung beschriebenen Rahmenbedingungen erfüllt sind.

Somit können Einzelhandelskonzepte zusätzlich zu Zentralen Versorgungsbereichen auch integrier- te Nahversorgungsstandorte ausweisen. Dabei sind auch bereits existierende Standorte außerhalb von Zentralen Versorgungsbereichen zu berücksichtigen. Für neue Standorte ist jeweils die Verträg- lichkeit in Bezug auf die Versorgungsfunktion der Zentralen Versorgungsbereiche in der Standort- kommune und bei regionalbedeutsamen Vorhaben der Umlandkommunen zu berücksichtigen. Ausdrücklich wird hier ein Gestaltungsspielraum für Städte mit kleinparzellierter Struktur bestehen- der Zentraler Versorgungsbereiche oder mit historischen Ortskernen definiert.

Ziel 6.5-3: Zentrenrelevante Kernsortimente: Beeinträchtigungsverbot Durch die Darstellung und Festsetzung von Kern- und Sondergebieten für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit zentrenrelevanten Sortimenten dürfen zentrale Versorgungsbe- reiche von Gemeinden nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Eine grobe Erstprüfung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung Zentraler Versorgungsbereiche ge- geben sein könnte, stellt die Ermittlung der Umsatz-Kaufkraft-Relation dar. Dabei wird die waren- gruppenspezifische Umsatzerwartung eines Projektvorhabens dem warengruppenspezifischen Nachfragevolumen im relevanten Einzugsbereich (Stadtgebiet oder Stadtteil) gegenübergestellt. Liegt die Umsatz-Kaufkraft-Relation deutlich unter 100, kann häufig von einer verträglichen Dimen- sionierung eines Projektvorhabens ausgegangen werden, die die Versorgungsfunktion Zentraler Versorgungsbereiche nicht wesentlich beeinträchtigt. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich da- bei lediglich um eine grobe Erstprüfung handeln sollte.

Vertiefend ist der Nachweis der städtebaulichen Verträglichkeit über ökonometrische Modellrech- nungen zu warengruppenspezifischen Umsatzverlagerungen gegenüber Zentralen Versorgungs- bereichen (Standortkommune und ggf. Umlandkommunen) in Kombination mit einer Bewertung der städtebaulichen Auswirkungen der ermittelten Umsatzverlagerungen durch das jeweilige Plan- vorhaben zu erbringen.

88 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Grundsatz 6.5-4: Nicht zentrenrelevante Sortimente - Dimensionierung Bei der Darstellung und Festsetzung von Sondergebieten für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten soll der zu erwartende Gesam- tumsatz der durch die jeweilige Festsetzung ermöglichten Einzelhandelsnutzungen die Kaufkraft der Einwohner der jeweiligen Gemeinde für die geplanten Sortimentsgruppen nicht überschreiten.

Grundsatz 6.5-4 fordert die maßstäbliche Dimensionierung auch von Betriebstypen mit nicht zen- trenrelevanten Sortimenten ein. Die Regelungen treffen insbesondere Baufachmärkte und Möbel- häuser. Der Umsatz der jeweiligen nicht zentrenrelevanten Sortimente soll das sortimentsspezifi- sche Nachfragevolumen der Standortkommune nicht überschreiten. Bezugnehmend auf eine zu de- finierende Verträglichkeitsschwelle sind die potenziellen Verkaufsflächenobergrenzen zu formulie- ren.

Ziel 6.5-5: Nicht zentrenrelevante Kernsortimente: Standort, Beeinträchtigungsverbot, relati- ver Anteil zentrenrelevanter Randsortimente Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht zentrenre- levanten Kernsortimenten dürfen nur dann auch außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen dar- gestellt und festgesetzt werden, wenn der Umfang der zentrenrelevanten Sortimente maximal 10 % der Verkaufsfläche beträgt und es sich bei diesen Sortimenten um Randsortimente handelt.

Ziel 6.5-5 bezieht sich auf den großflächigen Einzelhandel mit nicht zentrenrelevantem Kernsorti- ment. Für neue Standortentwicklungen oder Erweiterungen ist die Verträglichkeit in Bezug auf die Versorgungsfunktion der Zentralen Versorgungsbereiche nachzuweisen. Dies gilt insbesondere hin- sichtlich der zentrenrelevanten Randsortimente.

Das Ziel 6.5-5 enthält den Prüfauftrag für Ansiedlungsvorhaben des großflächigen Einzelhandels mit nicht zentrenrelevantem Kernsortiment in Bezug auf die Stadt- und Regionalverträglichkeit der zentrenrelevanten Randsortimente. Dieser Anteil darf 10 % der Gesamtverkaufsfläche nicht über- schreiten.

Grundsatz 6.5-6: Verkaufsfläche zentrenrelevanter Randsortimente Der Umfang der zentrenrelevanten Randsortimente eines Sondergebietes für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung mit nicht zentrenrelevanten Kernsortimenten soll außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen 2.500 m² Verkaufsfläche nicht überschreiten.

Der Grundsatz 6.5-6 enthält die Empfehlung, dass das zentrenrelevante Randsortiment innerhalb von großflächigen Einzelhandelsnutzungen mit einem nicht zentrenrelevantem Kernsortiment 2.500 m² nicht überschreiten soll. Die Orientierung an diesem Richtwert ist im Kontext der Prüfung einer möglichen wesentlichen Beeinträchtigung Zentraler Versorgungsbereiche zu erörtern.

Ziel 6.5-7: Überplanung von vorhandenen Standorten mit großflächigem Einzelhandel Abweichend von den Festlegungen 6.5-1 bis 6.5-6 dürfen vorhandene Standorte von Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverordnung als Sondergebiete gemäß § 11 Absatz 3 Baunut- zungsverordnung dargestellt und festgesetzt werden. Dabei sind die Sortimente und deren Verkaufs- flächen in der Regel auf die Verkaufsflächen, die baurechtlichen Bestandsschutz genießen zu begren- zen. Wird durch diese Begrenzung die zulässige Nutzung innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit aufgehoben oder geändert, sind die Sortimente und deren Verkaufsflächen auf die zuläs- sigen Verkaufsflächenobergrenzen zu begrenzen. Ein Ersatz zentrenrelevanter Sortimente durch nicht zentrenrelevante Sortimente ist möglich.

89 Einzelhandelskonzept Stadt Vreden, Fortschreibung 2020

Ausnahmsweise kommen auch geringfügige Erweiterungen in Betracht, wenn dadurch keine we- sentliche Beeinträchtigung Zentraler Versorgungsbereiche von Gemeinden erfolgt.

Ziel 6.5-7 führt in den meisten Kommunen zu Planungserfordernissen. Das landesplanerische Ziel fordert die Begrenzung von Einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten Sortimenten au- ßerhalb von Zentralen Versorgungsbereichen. Rückbau steht in jedem Fall vor einer Weiterentwick- lung. In den meisten Städten und Gemeinden sind hier Bauleitpläne anzupassen oder neu aufzu- stellen.

Im Rahmen des Bestandsschutzes sollen „geringfügige Erweiterungen“ zur nachhaltigen Bestands- sicherung erlaubt sein. Was diese „geringfügigen Erweiterungen“ einschließt, ob z. B. die derzeit zu beobachtenden Verkaufsflächenanpassungen von Lebensmitteldiscountern darin einzuschließen sind, ist im Rahmen einer Einzelfallprüfung darzustellen.

Werden im Rahmen eines Einzelhandelskonzeptes oder diesem zuzuordnenden ergänzenden gut- achterlichen Stellungnahmen Erweiterungen in Bestandsagglomerationen des großflächigen Einzel- handels zugelassen bzw. empfohlen, so ist der Nachweis zu erbringen, dass keine wesentliche Be- einträchtigung der Zentralen Versorgungsbereiche erfolgt.

Ebenso zu identifizieren sind in kommunalen Einzelhandelskonzepten Ansätze und Gefährdungspo- tenziale durch etablierte oder in Ansätzen vorhandene Einzelhandelsagglomerationen. Diese kön- nen sich auch durch eine Agglomeration von Betrieben mit Verkaufsflächen unterhalb der Großflä- chigkeit entwickeln. Solche Agglomerationsansätze dürften teilweise eine ähnliche Sogwirkung entwickeln wie Standortagglomerationen des großflächigen Einzelhandels und somit ebenfalls eine potenzielle Gefährdung der Versorgungsfunktion Zentraler Versorgungsbereiche darstellen.

Ziel 6.5-8: Einzelhandelsagglomerationen Die Gemeinden haben dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung bestehender Ein- zelhandelsagglomerationen außerhalb Allgemeiner Siedlungsbereiche entgegenzuwirken. Darüber hinaus haben sie dem Entstehen neuer sowie der Verfestigung und Erweiterung bestehender zentren- schädlicher Einzelhandelsagglomerationen mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb zentraler Versorgungsbereiche entgegenzuwirken. Sie haben sicherzustellen, dass eine wesentliche Beeinträch- tigung Zentraler Versorgungsbereiche von Gemeinden durch Einzelhandelsagglomerationen vermie- den wird.

Ziel 6.5-8 regelt den planungsrechtlichen Umgang mit mehreren Betrieben außerhalb Allgemeiner Siedlungsbereiche bzw. außerhalb Zentraler Versorgungsbereiche, die für sich allein betrachtet un- terhalb der Grenze zur Großflächigkeit liegen, in der Summe aber zu Auswirkungen führen können, die mit Vorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO vergleichbar sind. Der LEP fordert die Gemein- den auf, der Verfestigung und Erweiterung entgegenzuwirken. In den Erläuterungen zu den Zielen und Grundsätzen wird klargestellt, dass für die Gemeinden ein gewisser Ermessensspielraum be- steht, in welchen konkreten Fällen ein aktives Entgegenwirken erforderlich ist. Eine Handlungs- pflicht besteht bei den Gemeinden, soweit Änderungen der Sortimente bestehender Betriebe oder die Neuansiedlung weiterer Einzelhandelsbetriebe bei bestehenden Einzelhandelsagglomerationen außerhalb Allgemeiner Siedlungsbereiche bzw. außerhalb Zentraler Versorgungsbereiche geplant sind.

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Grundsatz 6.5-9: Regionale Einzelhandelskonzepte Regionale Einzelhandelskonzepte sind bei der Aufstellung und Änderung von Regionalplänen in die Abwägung einzustellen.

Der Grundsatz 6.5-9 des Landesentwicklungsplanes Nordrhein-Westfalen fordert das Einstellen von Regionalen Einzelhandelskonzepten in die Abwägung bei Aufstellung und Änderung von Regio- nalplänen. Für die Fortschreibung von kommunalen Einzelhandelskonzepten in Regionen mit be- schlossenen regionalen Einzelhandelskonzepten bedeutet dies die Berücksichtigung der in der Re- gion vereinbarten „Spielregeln“ zur Einzelhandelssteuerung.

Ziel 6.5-10: Vorhabenbezogene Bebauungspläne Vorhabenbezogene Bebauungspläne für Vorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 Baunutzungsverord- nung sind, soweit von § 12 Absatz 3a Satz 1 Baugesetzbuch kein Gebrauch gemacht wird, nur zuläs- sig, wenn sie den Anforderungen der Festlegungen 6.5-1, 6.5-7 und 6.5-8 entsprechen; im Falle von zentrenrelevanten Kernsortimenten haben sie zudem den Festlegungen 6.5-2 und 6.5-3, im Falle von nicht zentrenrelevanten Kernsortimenten den Festlegungen 6.5-4, 6.5-5 und 6.5-6 zu entsprechen.

Ziel 6.5-10 des Landesentwicklungsplanes Nordrhein-Westfalen bindet die Ziele bzw. Grundsätze 6.5-1 bis 6.5-8 auch an vorhabenbezogene Bebauungspläne, sofern nicht von der strikten Bindung der Regelungen an einen Durchführungsvertrag (§ 12 Abs. 3a Satz 1 BauGB) Gebrauch gemacht wird.

6.5.2 Übergeordnete Empfehlungen zur Steuerung des Einzelhandels in der Stadt Vreden

Zur Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes in der Praxis der Bauleitplanung und der Baugenehmi- gungen empfiehlt die cima folgende grundsätzlichen Prinzipien anzuwenden:

▪ Großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten sind nur innerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt Vreden zulässig. Ausnahmen sind nur für die definierten Nahversorgungsagglomerationen in integrierter Lage und die solitä- ren Nahversorgungsstandorte in integrierter Lage möglich, wenn entsprechend der Vorgaben des LEP NRW der Nachweis erbracht wird, dass keine negativen Auswirkungen auf das Haupt- zentrum zu erwarten sind, die Bauleitplanung der Gewährleistung der wohnortnahen Versor- gung dient und innerhalb des als Alternative in Frage kommenden Zentralen Versorgungsberei- ches keine entsprechende Entwicklungsfläche verfügbar ist.

▪ Großflächige Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten sind nur in- nerhalb des Zentralen Versorgungsbereiches Innenstadt Vreden zulässig.

▪ Um die Industriegebiete denjenigen Betrieben vorzubehalten, die wegen ihres hohen Störgrades durch Emissionen in anderen Gebieten nicht zulässig sind, sind Einzelhandelsbetriebe sowie Verkaufsstellen von Handwerksbetrieben und anderen Gewerbebetrieben, die sich ganz oder teilweise an Endverbraucher wenden, in Bebauungsplangebieten mit GI-Festsetzung nach § 9 BauNVO grundsätzlich ausgeschlossen.

▪ In GE-Gebieten sind Einzelhandelsbetriebe und sonstige Gewerbebetriebe mit Verkaufsflächen für den Verkauf an letzte Verbraucher nicht zulässig, wenn das angebotene Kernsortiment eines zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimentes gem. Vredener Sortimentsliste entspricht. Zulässig sind die in der Liste der zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimente aufgeführ-

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ten Sortimente in GE-Gebieten nur als einem bestimmten Kernsortiment sachlich zugeordnete und hinsichtlich des Angebotsumfangs deutlich untergeordnete Nebensortimente sein. Die cima empfiehlt in diesem Zusammenhang eine Orientierung an den Vorgaben des Landesentwick- lungs-plans; demnach sollten die zentrenrelevanten Randsortimente44 maximal 10 % der Ge- samtverkaufsfläche betragen.

Gemäß der BauNVO sind in Gewerbegebieten nach § 8 BauNVO Einzelhandelsbetriebe, die die Grenze der Großflächigkeit überschreiten, unabhängig von der Zentrenrelevanz der Sortimente nicht zulässig. Ist die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes oder die Erweite- rung eines bestehenden Betriebes mit Überschreitung der Grenze der Großflächigkeit geplant, ist im Allgemeinen eine Bauleitplanverfahren mit der Ausweisung eines Sondergebietes erfor- derlich. Voraussetzung für die Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben in ausge- wiesenen Sondergebieten ist die Darstellung des Standortes im Regionalplan als Allgemeiner Siedlungsbereich (ASB).

In jedem Fall sind Einzelhandelsvorhaben in Gewerbegebieten in Hinblick auf ihre Zentrenver- träglichkeit im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen; ggfs. ist eine vertiefende Verträglichkeitsprüfung angeraten.

Ebenfalls zulässig sind in GE-Gebiete die in der Liste der zentren- bzw. nahversorgungs- relevanten Sortimente aufgeführten Sortimente als Kernsortimente bei Handwerksbetrie- ben und produzierenden Unternehmen mit Verkaufsflächen für den Verkauf an letzte Verbraucher („Handwerkerprivileg“), wenn

- die Verkaufsfläche dem Hauptbetrieb räumlich zugeordnet

- und in betrieblichem Zusammenhang errichtet ist,

- die angebotenen Waren aus eigener Herstellung auf dem Betriebsgrundstück stammen oder im Zusammenhang mit den hier hergestellten Waren oder mit den angebotenen Handwerksleistungen stehen,

- die Verkaufsfläche und der Umsatz dem Hauptbetrieb deutlich untergeordnet sind und

- die Grenze der Großflächigkeit nach § 11 (3) BauNVO nicht überschritten wird.

▪ In MI-Gebieten sind Einzelhandelsnutzungen bis 800 m² Verkaufsfläche im Allgemeinen zulässig. Wie bei GE-Gebieten kann in begründeten Einzelfällen ein genereller Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen oder eine Begrenzung des Einzelhandels auf bestimmte Ver- kaufsflächen geboten sein. Als Beispiel für derartige Sonderregelungen sei das Umfeld von frequenzstarken Einzelhandelsbetrieben außerhalb der Ortskerne genannt. In der Praxis führen diese Betriebe häufig zur Ansiedlung von weiteren Einzelhandelsbetrieben in direkter Nachbar- schaft. Liegt eine Mischgebietsausweisung vor, sind grundsätzlich Einzelhandelsbetriebe un-

44 Als Randsortimente sind solche Waren zu verstehen, die das Kernsortiment ergänzen und eine gewisse funktionale Be- ziehung zu den Waren des Kernsortimentes aufweisen. Darüber muss das Angebot der Randsortimente hinsichtlich des Umfangs (bezogen auf den Verkaufsflächenanteil) und der Gewichtigkeit (bezogen auf den Umsatzanteil) deutlich ge- genüber dem Kernsortiment untergeordnet sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.01.2000, 7 B 2023/99).

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terhalb der Großflächigkeit hier unabhängig vom Sortiment zulässig. Um der Entwicklung einer Einzelhandelsagglomeration mit zentrenrelevanten Fachmärkten außerhalb der Zentralen Ver- sorgungsbereiche vorzubeugen, kann ein Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen in diesen Fäl- len geboten sein.

▪ Bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben, die keine zentren- oder nahversorgungsrelevanten Kernsortimente aufweisen, ist der Umfang der zentren- und nahversorgungsrelevanten Randsortimente auf max. 10 % der Gesamtverkaufsfläche zu beschränken. Es wird empfohlen, die Dimensionierung einzelner Randsortimente im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu analysieren und zu bewerten. Damit wird sichergestellt, dass die ma- ximal zulässigen Randsortimentsflächen nicht durch ein einzelnes Sortiment belegt werden kön- nen.

▪ Maximale Verkaufsflächenfestsetzungen in den Bebauungsplänen sind bei der Begrün- dung des Bebauungsplans durch Verweise auf die entsprechende Verträglichkeitsuntersu- chung sachlich zu belegen. Die unbegründete Verwendung von maximalen Verkaufsflächen- festsetzungen ist zu vermeiden. Nur die 800 m² Verkaufsgrenze ist in der Rechtsprechung zur Bestimmung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben allgemein anerkannt.

▪ Die Stadt Vreden ist aufgefordert, gezielt die vorhandenen Bebauungspläne in Hinblick auf die Übereinstimmung mit den Zielen des Einzelhandelskonzeptes und ihre Rechtssi- cherheit hin zu überprüfen; ggf. ist auch für ausgewählte Standorte im unbeplanten Innenbe- reich ein Bauleitplanverfahren einzuleiten, um Fehlentwicklungen im Sinne einer möglichen Schädigung der Zentralen Versorgungsbereiche planungsrechtlich abwehren zu können.

Das nachfolgende Steuerungsschema fasst die Empfehlungen zur Zulässigkeit bzw. Nicht- Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen an den verschiedenen Standorten in einer Übersicht zu- sammen.

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Abb. 49: Steuerungsschema zur Zulässigkeit bzw. Nicht-Zulässigkeit von Einzelhandelsnut- zungen

* ggf. Nachweis der fehlenden Beeinträchtigung Zentraler Versorgungsbereiche erforderlich (Einzelfallprüfung) ** neben dem Nachweis der städtebaulichen Verträglichkeit sind großflächige Betriebe nur im Rahmen der Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung zulässig (entsprechend LEP NRW, Ziel 6.5-2). Quelle: cima (2020)

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7 Erforderliches Beteiligungsverfahren und förmliche Beschlüsse

Abschließend sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass das vorliegende Einzelhandelskonzept vom Rat der Stadt Vreden förmlich beschlossen werden muss, damit es als Grundlage für zukünftige Bauleitverfahren und Ansiedlungsentscheidungen dienen kann.

Im Einzelnen sind folgende Schritte zu empfehlen:

▪ Durchführung eines geeigneten Beteiligungsverfahrens der Nachbarkommunen, der relevanten Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit

▪ förmlicher Beschluss des Einzelhandelskonzeptes durch den Rat der Stadt Vreden als städtebau- liches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB

▪ förmlicher Beschluss des Zentralen Versorgungsbereiches in der vorgeschlagenen räumlichen Abgrenzung durch den Rat der Stadt Vreden

▪ förmlicher Beschluss der Vredener Sortimentsliste in der vorgeschlagenen Fassung durch den Rat der Stadt Vreden

Unabhängig von diesen Empfehlungen zur Umsetzung des planungsrechtlichen Teils des Einzel- handelskonzeptes sind die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Vredener Innenstadt durch akti- ves Handeln von Politik, Verwaltung und Unternehmen aufzugreifen.

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