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BILDNACHWEIS

DEFA-Stiftung/Klaus Goldmann (S. 116); DEFA-Stiftung/Werner Bergmann (S. 11, 104); DEFA-Stiftung/Jörg Erkens (S. 107, 111); Sandor Domonkos (S. 25); A. Kowalski/SUPERillu (S. 38); Andreas Kurtz (S. 56, 59); Michael Matthes (S. 33); MDR (S. 6, 67, 144); MDR/Sandor Domonkos (S. 149); MDR/ Durniok-Film (S. 16); MDR/Steffen Junghans (S. 30 l., 41); MDR/Peter Krajewsky (S. 71); MDR/Rosa Reibke (S. 8, 20); MDR/Susan R. Skelton (S. 114); MDR/Andreas Wünschirs (S. 19, 30 r., 44, 136, 153, 157); Nobel-Press (S. 50, 120); Presseteam Thomas & Thomas (S. 2); SUPERillu (S. 80); U. Toelle/ SUPERillu (S. 46, 75, 122, 130)

ISBN 978-3-359-02363-0

© 2012 Eulenspiegel Verlag, Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin, unter Verwendung eines Motivs von Martin Jehnichen

Die Bücher des Eulenspiegel Verlags erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe. www.eulenspiegel-verlagsgruppe.de Mit dir möchte ich nicht verheiratet sein! Herbert & Herbert

Andreas Kurtz spricht mit Jaecki Schwarz & Wolfgang Winkler über Freundschaft, TV-Kommissare und das Leben

Eulenspiegel Verlag Inhalt

7 Siebzehn Jahre Mörderjagd 7

7 Spurensuche Marie Gruber erzählt 39

7 Hier wird es intim (oder doch wenigstens privat) 47

7 Theatergeschichten 85 7 Bei Film und Fernsehen 105

7 Ich musste ja berühmt werden Jaecki Schwarz erzählt aus seinem Leben 123

7 Spät kommst du ... Wolfgang Winkler erzählt aus seinem Leben 131

7 Im Dienst Unsere 50 »Polizeiruf«-Folgen. Ein ganz persönlicher Episoden-Guide 137 7 Schmücke greift nicht gern zur Waffe, aber manchmal muss ein Mann tun, was ein Mann (von der Polizei) tun muss. 7 Siebzehn Jahre Mörder-Jagd 6

Wie alles begann: Herbert trifft Herbert

Die erste Begegnung von Herbert Schneider und Herbert Schmücke in ihrer ersten gemeinsamen »«- Folge »Der Pferdemörder« ist laut Drehbuch ein Wieder­ sehen. Schmücke ruft über den Gartenzaun: »Immer noch der Alte. Schneider, Herbert – das Waschwunder unseres Studienjahres.« Ohne sich von der Wäscheleine abzuwenden – er hängt gerade Hemden auf –, erkennt Schneider den Ru- fer hinter sich: »Die Stimme! Schmücke, Herbert! Ja sag mal, Alter, gibt’s dich überhaupt noch?!« Sein Hinweis auf das Gartentor ist eine Einladung: »Vorne ist offen!« So begann die Ära von Herbert & Herbert beim Polizeiruf, die ungewöhnliche 17 Jahre und 50 Fälle dauern sollte. Am Anfang dieses ersten gemeinsamen Falls trägt Schneider noch die Uniform des Kontaktbereichsbeamten in einem Nest im Harz. Im Laufe der Ermittlungen wird er seine Uniform gegen ein ziviles Jackett austauschen und das zunächst damit be- gründen, dass die Dienstmontur schmutzig sei. Der Zuschau- er ahnt da aber schon, dass es Schneider in die Großstadt zur Kripo zieht. Am Ende wird er wirklich seinen Ex-Kommilito- nen Schmücke nach Halle begleiten. Dort muss er die Uni- formjacke, die im Bauchbereich sowieso schon zu einer span- nenden Angelegenheit geworden war, nicht mehr anziehen. Dass beide Ermittler denselben Vornamen tragen, kommt in Filmen eher nicht vor. Drehbuchautoren und Regisseure

7 7 Herbert, das »Waschwunder des Studienjahres«, trifft auf Herbert, seinen künftigen Kripokollegen. legen immer Wert auf die Unterscheidbarkeit ihrer Figuren. Gerade weil es unüblich ist, erscheint die Namensdopplung als raffinierter Kniff. Sendet man damit doch das Signal: Auch im richtigen Leben trifft man immer wieder Namens- vettern. In der Wirklichkeit ist es ja ebenfalls wurscht, wenn zwei Kommissare denselben Vornamen haben. Hauptsache, sie sind fähig. Der MDR als Heimatsender des Hallenser Polizeirufs hat an der ersten Folge des damals neuen Ermittlerduos nicht gespart und mit Matti Geschonneck einen erstklassigen Re- gisseur engagiert. Klaus Doldinger, Jazz-Legende und ge- fragter Filmkomponist, von dem auch die berühmte Titel- melodie der »Tatort«-Reihe stammt, schrieb die Musik. Geschonneck führt die beiden neuen Helden bodenständig und sympathisch, so gar nicht heldisch, auf dem Bildschirm ein. Schneider sagt in diesem Film zum ersten Mal am Tele-

8 fon »Wir kommen«. Dieses »Wir« meint ihn und Schmücke und soll – das kann zu diesem Zeitpunkt noch niemand wis- sen – bis zur Ausstrahlung ihres letzten gemeinsamen Falles im Frühjahr 2013 halten. Die Dame von der Spurensicherung heißt am Anfang noch Fräulein Rank und wird von Susanne Böwe gespielt. Marie Gruber als Rosamunde Weigand tritt erst in Folge 12 (»Böse Wetter«) im März 2000 in das Leben der beiden Hauptkommissare. Als eine Geschädigte des ersten Falls wird Opernregisseu- rin Edith Reger – ihr Pferd gehört zu den Opfern des Pferde- mörders – vorgestellt. Sie provoziert Schmücke mit der Be- merkung, er habe die ideale Figur für einen Operettenbuffo. Der antwortet gereizt: »Schade, dass Sie schon Regisseurin sind, Frau Reger. Als komische Alte wären Sie Spitze!« Wer am Ende der ersten knapp 90 Minuten des neuen Ermittler- duos bedauert, dass diese temperamentvolle, von Marita Böhme gespielte Dame der Amtsperson Schmücke nun nicht mehr zusetzen kann, irrt gewaltig. Sie wird »seine« Edith und bleibt ihm noch bis Folge 28 (»Vollgas«) erhalten. Herbert Schmücke & Herbert Schneider, gespielt von ­Jaecki Schwarz & Wolfgang Winkler, werden sich im Laufe ihrer Polizeiruf-Jahre als ganz besonderes Ermittlerpaar er- weisen. Keine Figuren, die wie das Papier von Drehbüchern rascheln, sondern Menschen, die sich angrummeln, -schnau- zen und -zicken. Die ihre schlechte Laune ausleben wie ihre gute. Zwei Typen, mit denen sich viele gern mal auf eine Tas- se Tee treffen würden. Dabei trinkt Schmücke im Film lieber Rotwein und Schneider vor der Kamera lieber Bier. Im rich- tigen Leben bevorzugt Schwarz Kaffee (schwarz) und Wink- ler Rotwein. Wer sie zu einer Lesung aus diesem Buch ein- lädt, sollte das wissen.

9 Seit wann kennen wir uns eigentlich?

Jaecki: Seit Konrad Wolfs Film »Ich war neunzehn«, der 1967 gedreht wurde, kennen wir uns nun schon. Du behaup- test immer, dass du meine Rolle in diesem Film, die Hauptrolle, schon fest im Sack hattest. Wolfgang: Nicht fest, fast! Jaecki: Was nicht stimmt, weil ich zehn andere kenne, die die Rolle auch schon fest hatten. Wolfgang: Das kann ja sein. Haben die anderen denn dann auch so eine bedeutende Rolle wie ich in dem Film ge- spielt? Jaecki: Alle, die konnten: Dieter Mann, Peter Ensikat ... Wolfgang: Aber nicht den Film angefangen, wie ich! Jaecki: Du wurdest gleich nach dem Vorspann erschossen. Ende der Rolle! Aber auch die kleinste Wurze ist wich- tig, nicht wahr, Mausi! Wolfgang: In dem Fall hatte ich gar nicht die Möglichkeit, gut zu spielen, weil ich nur im Dustern war. Man konnte nur einmal mein verkrampftes Gesicht sehen. Das hät- te auch ein guter Kleindarsteller hinbekommen. Jaecki: Stell doch dein Licht nicht unter den Scheffel! Du hast mir viel gegeben! Also mir als Hauptdarsteller. Wolfgang: Ich musste Schwäche spielen. Es war nicht zu se- hen, aber ich habe es gespielt. Jaecki: Damals haben wir uns jedenfalls kurz kennengelernt. Und dann kannte man sich eben. Wolfgang: Die DDR war ja ein kleines Land. Jaecki: In »Das Kaninchen bin ich« habe ich dich damals leider nicht gesehen, weil der Film verboten wurde. Dann lie- fen wir uns oft im Synchronstudio über den Weg. Ich kann mich an einen sowjetischen Film erinnern. Da wa- ren wir beide besoffen. In dem Film sangst du, obwohl du das wirklich nicht kannst. Und es war wunderschön. Wolfgang: Das habe ich wahrscheinlich deshalb so gut ge-

10 7 Bei ihrer ersten Begegnung vor der Kamera war es finster: Wolfgang Winkler und Jaecki Schwarz in »Ich war neunzehn«.

macht, weil du mich mit deiner Stimme hochgezogen hast. Jaecki: Du kannst ja keine Stimme halten ... Ich erinnere mich noch. In einer TV-Show zum Thema Krimi mussten wir »Jawoll, meine Herrn« singen. Vorsichtshalber wurde eine Playbackaufnahme davon gemacht. Gott sei Dank! Denn du warst immer wieder in meiner Stimme. Du hast am Theater in Halle den Quasi Riek in Her- mann Kants »Aula« gespielt und ich in Magdeburg. Wolfgang: Kannst du bitte erwähnen, dass ich den zuerst ge- spielt habe – in der Welturaufführung! Jaecki: Mein Gott ... Wolfgang: Und du hast dich nur drangehängt. Jaecki: Ich habe mir das nicht angeschaut, um künstlerisch frei zu sein. Wolfgang: Als ich damit mal am Theater in Magdeburg gas- tierte, hieß es dort, dass ich sehr gut spiele. Jaecki: Aber nicht besser als ich! Ich habe den Quasi im meck- lenburger Dialekt gesprochen. Du eigentlich auch?

11 Wolfgang: Nein, ich habe keinen Schwank daraus gemacht! Ich habe das ernsthaft gespielt. Jaecki: Weil du keinen Dialekt kannst! Außer deinem schle- sisch rrrrrollenden »R« aus Görlitz. Ich habe dann damit am Deutschen Theater in Berlin gastiert. Und du nicht! Wolfgang: Mich hatte man vorher gefragt. Ich konnte nicht. Jaecki: Das glaube ich dir nicht. Wolfgang: Ich konnte wirklich nicht. Und habe dann noch ge- sagt: Nehmt den Schwarz, der ist zwar nicht so gut … Jaecki: Jetzt hat er mich auch noch empfohlen! Später gab es diesen Siebenteiler »Gefährliche Fahndung«, da spiel- test du doch auch mit. Wolfgang: Eine ganz kleine Rolle. Jaecki: Weil die Hauptrolle schon von mir gespielt wurde. Aber wir hatten keine gemeinsamen Szenen, die hatten wir erst beim Polizeiruf. Wolfgang: Nein, schon vorher. 1996 bei der »Kurklinik Rose- nau«. Jaecki: Ach ja, da hatte ich im Pilotfilm eine ganz kleine Rolle. Du gehörtest zur Stammbesetzung und ich war die klei- ne Wurze. War aber schön in Wiesbaden. Die Gegend. Wolfgang: Als du dort bei den Dreharbeiten für »Kurklinik Rosenau« warst, las man, dass der MDR eine neue Be- setzung für den Polizeiruf sucht. Für Günter Naumann, der damals den Kommissar spielte, war das tragisch, denn der erfuhr es aus der Zeitung. Da du gerade bei uns drehtest, sagte ich noch: Wenn du da den Kommis- sar übernimmst, kannst du mir ja mal eine Rolle besor- gen, so wie ich dich hier reingebracht habe. Letzteres war ein Scherz. Jaecki: Ich kann mich an dieses Gespräch nicht erinnern. Aber es kann durchaus stattgefunden haben. Wolfgang: Das war so. Und dann hast du erfahren, dass du den Kommissar spielen wirst. Und ich habe zu dir ge- sagt: Nun mach, dass ich auch mal den Mörder spielen

12 kann. Dann war ich am freien Wochenende zu Hause und wusste noch gar nicht, dass mir der Regisseur Mat- ti Geschonneck, mit dem ich befreundet war, eine klei- ne Rolle im ersten Polizeiruf mit dir zugedacht hatte. Der hat mir dann hinterher erzählt, dass er die Redak- tion immer fragte: Wer ist denn nun der zweite Kom- missar? Da hatte er mich vorgeschlagen. Worauf es hieß: Nein, Winkler nicht. Die haben weitergesucht. Peter Bause und Günter Schubert – alle möglichen Na- men waren im Gespräch. Der erste Drehtag rückte im- mer näher. Matti drängte die Redaktion, ihm zwei oder drei Wochen vor dem ersten Drehtag endlich den zwei- ten Kommissar zu benennen. Und auf seine nochmali- ge Frage: »Warum nehmt ihr eigentlich nicht den Wink- ler?« hieß es plötzlich: »Ja, warum eigentlich nicht?! Klar, der Winkler!« Dann haben sie dich angerufen, ob du dir vorstellen kannst, mit dem Provinzschauspieler Winkler zu arbeiten. Da hast du dir bestimmt gesagt: Prima, dem kann ich immer schön erzählen, dass ich in Berlin engagiert war und er nur in der Provinz. Jaecki: Und dass ich Abitur habe und du nicht! Wolfgang: So ist es! Ich hatte gerade bei der Saxonia, wo man die Fernsehschwänke wieder aufleben lassen wollte, begeistert zugesagt und freute mich schon, dass dieser Heidenspaß wieder losgeht. Plötzlich spiele ich aber mit Herrn Schwarz zusammen Polizeiruf. Jaecki: Das stimmt alles. Ich hatte auch einen Kollegen vor- geschlagen. Uwe Karpa hieß der. Ich dachte, der ist klein. Das ist schon mal gut. Mit dem konnte ich auch menschlich. Den wollte ich eigentlich haben. Aber dann kamen sie mit dir. Da dachte ich: Klar, der ist auch klei- ner. Und der ist proletarisch. Also lautete meine Ant- wort: Mit dem Winkler, das kann ich mir vorstellen.

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