Dossier Verwertungsgesellschaften , € November/ Dezember 6 

Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net In dieser Ausgabe: Markus Dröge Cornelia Füllkrug-Weitzel TTIP Kulturgutschutz Luther  Beilage Kultur bildet. Reiner Hoff mann Gerechter Welthandel? Welche Vorsorgen für Krisenzeiten: Das Reformationsjubiläum  Die neue Ausgabe zur Aiman A. Mazyek Auswirkungen haben TTIP und Entwurf eines -Punkte- rückt näher. Über die Bedeutung Bedeutung von kulturellen CETA auf Entwicklungs- und Programms für einen nach- des Reformators Martin Luther Wettbewerben in der Johanna Wanka Schwellenländer? haltigen Kulturgutschutz. im . Jahrhundert. Nachwuchsförderung. und viele andere Seiten ,  und  Seite  Seite  Seiten  bis  Wendepunkt Im September  startete Chris- toph Markschies die Luther- Kolumne in dieser Zeitung mit ei- ner Beschreibung der »wuchtigen Hammerschläge«, mit denen Martin Luther die Reformation vorantrieb. Damals waren die Feierlichkeiten  zum . Jahrestag des The- senanschlages noch ein Jahrzehnt entfernt. Jetzt sind wir schon so nah an den Termin herangerückt, dass die Sorge wächst, ob die nun noch verbleibende Zeit wirklich ausreicht, um ein angemessenes Programm für dieses außergewöhnliche Jubiläum zu gestalten. Zur Vorbereitung und Hinfüh- rung auf das Jubiläumsjahr startete ebenfalls  die Lutherdekade, die mit Themenjahren Lust auf das Wertedebatte Reformationsjubiläum machen soll. So spannend einige Themen, Ver- anstaltungen und Ausstellungen in den Dekadenjahren auch waren, so statt Leitkultur muss man doch feststellen, dass der Funke in der Breite der Gesellschaft für das Thema Reformation noch Seiten  bis  nicht übergesprungen ist. Am schwierigsten bei der Vorbe-

reitung des Reformationsjubiläums DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: hat sich aber die föderale Konkur- renz zwischen den Bundesländern und die unklare Rolle des Bundes, gepaart mit einem gefühlten Allein- vertretungsanspruch der Evangeli- schen Kirchen (EKD), gezeigt. Eine gemeinsame Anstrengung von Bund, Kunst und Kultur sind der Motor Ländern und EKD zur Vorbereitung der Reformationsfeierlichkeiten ist nur in Ansätzen zu erkennen. Noch gesellschaftlicher Entwicklung weitgehend außen vor sind die zi- vilgesellschaftlichen Kräfte aus Zur Bedeutung von kulturellem Schaff en für die Gewerkschaftspolitik und unsere Gesellschaft dem Kultur-, Sport-, Umwelt- und Sozialbereich, ohne die ein solches REINER HOFFMANN Arbeitslose« eingibt erhält . Ergebnisse. The- presse war in den er Jahren eine rege Landschaft: Jubiläum nur schwer stemmbar ist. atermacherinnen und Theatermacher gerade auch Deutschlandweit erreichten  Gewerkschaftszeitun- Doch neben diesen Alarmzeichen unst und Kultur sind kein Luxus. Entgegen der freien Szene beschäftigen sich nicht nur in ihren gen etwa sechs Millionen Leserinnen und Leser. Eine gibt es auch ermutigende Meldun- der Meinung mancher Ökonomen wissen Stücken mit Themen wie Entwicklung des Arbeits- kulturelle Einrichtung der Gewerkschaften aus jener gen. Der Bund ist die Instandsetzung die Gewerkschaften sehr wohl, dass Kultur marktes, Hartz IV und prekäre Lebensverhältnisse. Zeit feierte im vergangenen Jahr ihren . Geburtstag: der Luthergedenkstätten beherzt an- K einen unschätzbaren Eigenwert hat. Sie Es gibt mittlerweile in vielen Städten Projekte, die gegangen, die Evangelische Kirche stiftet Identität und ist für den sozialen Zusammen- arbeitslose Jugendliche, aber auch Erwachsene in die hat entschieden,  zur Unterstüt- halt und die Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft Theater holen und mit ihnen als Darsteller arbeiten. zung des Reformationsjubiläums in unerlässlich. Kunst und Kultur fi nden nicht abgeho- Hintergrund ist hier nicht nur die Thematisierung der Gewerkschaftspolitik und einen Kirchentag durchzu- ben von gesellschaftlichen und technologischen Ent- Lebensumstände, sondern vor allem, den Beteiligten Kulturschaff en bereichern und führen und die Vorbereitungen von wicklungen statt, sie sind vielmehr Teil davon und oft durch die Theaterarbeit und öff entlichen Auftritte bedingen sich gegenseitig wichtigen Großausstellungen im genug auch Motor. Kunst weist über das Bestehende wieder mehr Zu- und Selbstvertrauen zu geben. Das Land zum Thema laufen planmäßig. hinaus, lädt ein zu weiterführendem, phantasievollem ist kulturelle Bildung im besten Sinne und ohne die Sogar die Lutherbibel wird zum Ju- Denken, zu neuen Vorstellungen über die Möglichkei- engagierten Künstlerinnen und Künstler gäbe es sie biläum in einer neuen Übersetzung ten unseres Lebens und unserer Welt. Kulturpolitik nicht. die Büchergilde Gutenberg, die aus dem Buchdru- erscheinen. ist Teil einer Gesellschaftspolitik, die der Würde des Das Bewusstsein dafür, dass Kultur und Bildung ckerverband, der Gewerkschaft der Buchdrucker und Trotzdem, die Zeit wird nun sehr Menschen Geltung verschaff t und ihre Teilhabe am eine wichtige Grundlage für die Entwicklung der Ar- Schriftsetzer, hervorgegangen ist. Sie wollte keine knapp, das Reformationsjubiläum gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben beits- und Lebensverhältnisse sind, entstand in der auserlesenen Prunkstücke für Liebhaber erzeugen, als das zu feiern, was es ist – einer ermöglicht und fördert. Für den Deutschen Gewerk- Arbeiterschaft schon in den ersten Jahrzehnten des sondern »vom schaff enden Volk ausgehend sollen der fundamentalsten Wendepunkte schaftsbund und seine Mitgliedsgewerkschaften ste- . Jahrhunderts. Die Arbeiterbildungsvereine, deren sie für das schaff ende Volk vorbildliche Werte her- in der Weltgeschichte. Die politische hen die Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelt Ansätze schon vor  liegen, sind ein frühes Beispiel vorbringen und die solide Tradition Gutenberg’scher und religiöse Dimension dieser Um- im Mittelpunkt ihres (kultur-)politischen Interesses. dafür, wie wichtig Bildung und kulturelle Teilhabe Kunst wieder aufnehmen«. Mit der Zerschlagung der wälzung, die sich schon Jahrzehnte für die Entwicklung einer emanzipierten Arbeiter- Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten wurden vor dem Jahr  ankündigte und schaft ebenso wie für die der Gewerkschaften ist. Die auch die Gewerkschaftshäuser gestürmt. Viele von die nicht nur mit dem Namen Mar- Geschichte der Vorleser bei den Zigarrenmachern ihnen zeugten von einer modernen Architekturkultur, tin Luther verbunden ist, kann gar Kulturelles Schaff en ist wichtig zeigt ebenfalls gut, wie Bildung und Kultur zu poli- die den gesellschaftlichen Fortschritt widerspiegeln nicht hoch genug eingeschätzt wer- für die politische Entwicklung tischem Handeln führen. Sie lasen bereits Mitte des sollte. Ebenfalls ein Beispiel, wie sich eine fortschritt- den. Deshalb ist es notwendig, in der unserer Gesellschaft . Jahrhunderts ihren Arbeitskollegen während der liche gewerkschaftliche Politik in kulturellem Gut kurzen noch verbleibenden Zeit die Arbeitszeit aus Zeitungen, politischen und ökonomi- ausdrückt und umgekehrt Kultur den Rahmen dafür Kräfte von Staat, evangelischer Kir- schen Schriften vor. Alle gaben etwas von ihrem Lohn, setzen kann. che und Zivilgesellschaft zu bündeln, um so die Vorlesenden zu fi nanzieren. So erwarben Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand ein beson- um  eine breite Diskussion über Die Verbindung zwischen Gewerkschaften und Kul- die Zuhörer Wissen und Bildung. Sie organisierten deres Beispiel für die Verbindung zwischen gewerk- die Reformation und ihre Wirkungen turschaff enden ist vielerorts sehr lebendig und bringt sich und gründeten Ende  den »Allgemeinen schaftlichem und kulturellem Engagement: Direkt in der Gegenwart in die Kultur zu den Menschen. Andererseits zeigt sie Deutschen Cigarrenarbeiterverein«, ein Vorläufer der nach Kriegsende hatten Bergarbeiter den Hamburger der Gesellschaft zu auch, wie wichtig kulturelles Schaff en für die poli- heutigen Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Theatern mit Kohle geholfen, ihre Häuser zu behei- initiieren. tische Entwicklung unserer Gesellschaft ist. Immer der NGG. Bis heute ist die Figur des Vorlesers das Fortsetzung auf Seite  wieder greifen Künstler und Künstlerinnen Themen Symbol der NGG. Olaf Zimmermann auf, die oft genug nicht oder noch nicht den ihnen Bis  entwickelten sich auch spezifi sche Formen Nr. / ist Herausgeber zukommenden Stellenwert im politischen Diskurs von Arbeiterkultur: So gab es Arbeitersänger, Volks- ISSN - 4:V;r4:V;n von Politik & Kultur haben. Wer bei Google den Suchbegriff »Theater für bühnen, Arbeitersportvereine. Die Gewerkschafts- B   02 SEITE  www.politikundkultur.net

EDITORIAL Fortsetzung von Seite 

Wendepunkt Größtenteils touristisch zen. Unter dem Motto »Kunst für Kohle« fen: Es sind die Kreativen, die mit ihrer Olaf Zimmermann 01 erschlossen revanchierten sich diese mit Auff üh- Arbeit die kulturellen Güter schaff en, Helmut Lachenmann im Porträt – rungen in Recklinghausen. Am Ende die den Rohstoff »geistiges Eigentum« Andreas Kolb 16 stand die Gründung der Ruhrfestspie- generieren. Sie haben ebenso wie alle LEITARTIKEL le Recklinghausen durch die Stadt und anderen ein Recht darauf, hierfür an- Kaff eekultur den Deutschen Gewerkschaftsbund, die gemessen bezahlt zu werden. Kunst und Kultur sind der Georg Ruppelt 16 bis heute eines der bedeutenden Thea- Kultur trägt dazu bei, Menschen au- Motor gesellschaftlicher terfestivals in Deutschland sind. tonomer, urteilsfähiger und selbstkriti- Entwicklung »Kunst ist schön, macht aber viel Ar- scher zu machen. Gerade in Zeiten, die Reiner Hoff mann 01 WERTEDEBATTE beit« formulierte zutreff end der Kaba- von Globalisierung, Digitalisierung und rettist Karl Valentin bereits in der ersten Vernetzung geprägt sind, brauchen wir Kulturmensch Wertedebatte Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. deshalb eine Kulturpolitik, die sich als 02 Olaf Zimmermann 17 Welche Wertschätzung die Gesellschaft Gesellschaftspolitik versteht. Kultur ist den Künstlerinnen und Künstlern und für den Deutschen Gewerkschaftsbund 60 Millionen Menschen ihrer Arbeit entgegenbringt ist keine kein von seiner sonstigen politischen AKTUELLES auf der Flucht neue Frage. Aber sie stellt sich ange- Arbeit abgespaltener Bereich. Die Ver- Gabriele Schulz 18 sichts der Digitalisierung und den da- änderungen der Arbeitswelt sind eines Eins, zwei, drei, viele mit verbundenen Veränderungen heute der wichtigsten gewerkschaftlichen gegen TTIP Ratings Agentour mit zunehmender Schärfe. Dabei geht Themen: Wie soll die Arbeit der Zukunft

Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 03 Arnulf Rating 18 es konkret auch um die angemessene NEUMANN M. SIMONE / DGB FOTO: aussehen? Das ist ein Kernthema des Vergütung, die soziale Absicherung und Reiner Hoff mann Deutschen Gewerkschaftsbundes. Wie Brauchen wir eine neue die Lebensperspektiven der Künstle- gestalten wir die Arbeit der Zukunft so, LANDESKULTUR Leitkulturdebatte? rinnen und Künstler. Abgesehen von Und sie erleichtert die Bewahrung von dass die Menschen gut arbeiten und POLITIK Meinungen zum Thema 19, 22, 25, 27 den sehr bekannten, sehr berühmten, Kunstwerken, ermöglicht so, sie auch gut leben können? Dafür bedarf es sehr gut bezahlten können viele von für kommende Generationen zu sichern. auch der Anregung, der Unterstützung Kultur erhalten und Fördern und Fordern ihrer Arbeit nicht leben, müssen durch Andererseits trägt die Digitalisierung durch Kunst und Kultur. Der DGB sucht nicht kürzen Aiman A. Mazyek im Gespräch 20 zusätzliche Jobs ihren Lebensunter- dazu bei, dass künstlerische Arbeit deshalb zu diesen Themen auch den Sven Scherz-Schade 04 halt sichern und sind im Alter häufi g entwertet wird. Der Anspruch, im In- Dialog mit Künstlerinnen und Künst- Keine Integration ohne Bildung ternet solle alles kostenlos verfügbar lern, mit Kulturschaff enden. Kunst und Eine wirklich schöne Stadt Johanna Wanka 21 sein, schlägt auf die Urheberinnen und Kultur unterliegen anderen Grundprin- Peter Grabowski 05 Urheber durch. Die Digitalisierung ver- zipien als Politik und Wirtschaft. Die Eine große Chance für alle Die Digitalisierung ändert unsere Arbeits- und Lebenswelt Freiheit der Künste ist unverzichtbare Horst Hippler 21 erweist sich für viele so stark, wie es vor langer Zeit die in- Voraussetzung für eine demokratisch INLAND dustrielle Revolution getan hat. Dabei verfasste Gesellschaft. Kunst trägt zu Von der Willkommenskultur Kulturschaff ende dürfen wir nicht denjenigen die Inter- ihrer emanzipatorischen Entwicklung Wichtiger Mosaikstein zur zur Integration als eine janusköpfi ge pretationshoheit überlassen, die uns bei und fördert die Refl ektion der be- Verbesserung der Situation der Statements von , Thorsten Entwicklung weismachen wollen, es bedürfe nun stehenden Verhältnisse, ganz im Sinne freien Kulturszene Schäfer-Gümbel, , Claudia keiner Regulierung mehr. Hinter die- von Theodor W. Adorno: »Aufgabe von Barbara Foerster 06 Roth und Dorothee Bär 23 sen Argumentationen stehen knallhar- Kunst heute ist es, Chaos in die Ord- te ökonomische Interessen: Heute wie nung zu bringen«. Deshalb darf Kul- Vielfalt und Qualität Weckruf für die kulturelle nicht abgesichert. Die Einrichtung früher wird wieder behauptet, der Markt turpolitik nicht am materiellen Wert erhalten Bildung? der Künstlersozialkasse (KSK) in den werde es schon richten. Aber ohne sozi- von Kultur ausgerichtet sein, sondern 4 Fragen an 06 Christian Höppner 24 er Jahren hat zweifelsohne dazu ale Absicherung, ohne eine Regulierung beigetragen, die soziale Situation der Plattformen und ohne den Schutz Wir sind nicht hilfl os Der Spracherwerb ist der der Künstlerinnen und Künstler zu der Urheberinnen und Urheber auch in Markus Hilgert 07 Schlüssel verbessern. Aber die jährlich von der der digitalen Welt, bleiben diejenigen Kulturpolitik darf sich Barbara Schleihagen 24 KSK veröff entlichten Einkommen aus auf der Strecke, die mit ihren Inhalten nicht am materiellen künstlerischer Tätigkeit bewegen sich erst dafür sorgen, dass beispielswei- Wert von Kunst orien- EUROPA Anerkennung, Partizipation, in »Höhen«, die die prekäre Lage der se YouTube seinen Nutzerinnen und Verständigung Kunstschaff enden verdeutlichen. Das Nutzern Musikvideos anbieten kann. tieren, sondern an Ins Ausland spenden – Tom Braun 26 Jahresdurchschnittseinkommen aller Deshalb setzt sich der DGB dafür ein, ihrem gesellschaft- eine gute Idee?! in der KSK Versicherten betrug zum das Urheberrecht so zu modernisieren, lichen Mehrwert Christian Schreier 08 Inklusion durch .. . Euro – brutto wohlge- dass es auch für die digitale Verwer- Zirkusarbeit merkt. Und dabei verdienen Frauen in tung künstlerischer Arbeit greift. Das Gisela Winkler und Karl Köckenberger 26 der Regel deutlich weniger als Männer. Internet lebt von Inhalten, die von WEITE WELT Die Digitalisierung erweist sich Menschen erschaff en werden, die von auf die Förderung und Entwicklung der Initiativen ermöglichen ebenso wie in anderen Branchen auch ihrer Arbeit leben können müssen. Es künstlerischen Arbeit und ihren gesell- Ringen um den öff entlichen Stephan Schnell 26 für die Kulturschaff enden als eine ja- ist nicht nachvollziehbar, dass diejeni- schaftlichen Mehrwert. Kulturfi nanzie- Raum nusköpfi ge Entwicklung: Einerseits gen, die die Plattformen, die Technik, rung ist eine staatliche Pfl ichtaufgabe, Sarah Mersch 09 ermöglicht sie neue künstlerische betreiben mit diesen Inhalten Milliar- keine Kür. Dafür setzt sich auch der NETZKULTUR Ausdrucksformen, erleichtert den Zu- den verdienen, während die Urhebe- DGB ein. Auf eigene Stärken gang zu Kunstwerken und Kulturgütern rinnen und Urheber leer ausgehen. Es besinnen Hass force maasforsch und fördert den kulturellen Austausch gilt, hierfür auch ein Bewusstsein bei Reiner Hoff mann ist Vorsitzender des Ernst-Christoph Stolper 10 Ein Kommentar von Armin Conrad 28 zwischen Ländern und Kontinenten. den Nutzerinnen und Nutzern zu schaf- Deutschen Gewerkschaftsbundes

TTIP und der globale Süden POSITIONEN Cornelia Füllkrug-Weitzel 11 Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates 29-31 KULTURELLE Kulturmensch Wolfgang Thierse BILDUNG DAS LETZTE »Die Manns und wir« Bundestagspräsident a. D. Wolfgang und zählte zu den  von der Volks-  Vorsitzender des Kulturforums Birgit Mandel 12 Kurz-Schluss Thierse erhält im kommenden Früh- kammer gewählten Abgeordneten, der Sozialdemokratie. In den fast Theo Geiẞler 32 jahr für seine außergewöhnliche die am . Oktober  Mitglied des zwanzig Jahren als Vorsitzender des Qualität sichern kulturpolitische Lebensleistung den Deutschen Bundestages wurden.  SPD-Kulturforums hat Thierse die Susanne Keuchel im Gespräch 12 Karikatur 32 Kulturgroschen , die höchste Aus- bis  war Thierse stellvertretender Kulturprogrammatik seiner Partei zeichnung des Deutschen Kulturrates. Vorsitzender der SPD-Fraktion und maßgeblich geprägt. Die P&K-Nachrichten 32 Der  in Breslau geborene Thierse von  bis  Präsident des Deut- KULTURELLES wuchs im thüringischen Eisfeld auf schen Bundestages. LEBEN Impressum 32 und erlernte nach dem Abitur den Be- Als Abgeordneter ( – ) en- ruf des Schriftsetzers in Weimar.  gagierte sich Thierse in besonderer Empirische Erkenntnisse folgte ein Studium der Germanistik Weise für Kulturpolitik. Seine Auf- theologisch refl ektieren Offi zielle Stellungnahmen des und der Kulturwissenschaft an der merksamkeit galt – als Mitglied im Markus Dröge 13 Deutschen Kulturrates sind als Humboldt-Universität in Berlin. Ausschuss für Kultur und Medien des solche gekennzeichnet. Alle Vor dem Fall der Mauer war er in den Deutschen Bundestags und insbeson- Ohne Bilder keine anderen Texte geben nicht Jahren / Mitarbeiter im Minis- dere als Bundestagspräsident – so- Reformation unbedingt die Meinung des terium für Kultur der DDR und an- wohl der Erinnerungskultur als auch Olaf Zimmermann 13 Deutschen Kulturrates wieder. schließend bis  als wissenschaft- dem zeitgenössischen künstlerischen licher Mitarbeiter im Zentralinstitut Schaff en. Ein besonderes Augenmerk Bibliothekar ist einer der für Literaturgeschichte der Akademie richtete Thierse auf Kunst und Künst- schönsten Berufe DER AUSBLICK 1  der Wissenschaften der DDR tätig. ler in Ostdeutschland sowie auf die Gabriele Schulz im Gespräch mit Bis zur Wende parteilos, trat er  Rolle der Kultur in der Transforma- Georg Ruppelt 14 Die nächste Politik & Kultur dem Neuen Forum bei und wurde tion. Er hat sich fortwährend für die erscheint am . Januar . Anfang Januar  Mitglied der Kultur stark gemacht und war dabei

Die Jazz-Marxisten Im Fokus der nächsten Ausgabe steht SPD. Thierse gehörte der ersten frei stets eine moralische Instanz. THIERSE WOLFGANG FOTO: Felix Zimmermann 14 der Erhalt schriftlichen Kulturgutes. gewählten Volkskammer der DDR an Wolfgang Thierse war von  bis Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  AKTUELLES 03

Eins, zwei, drei, viele gegen TTIP Zu Novizen, Erfahrenen und wie es weitergeht

OLAF ZIMMERMANN UND GABRIELE SCHULZ

m . Oktober  fand nach der Demonstration gegen den Irak-Krieg im Jahr  A die zahlenmäßig größte De- monstration in Berlin statt. Und um die Superlative noch zu steigern, es gab bisher wohl kaum eine Demons- tration, die von einem so breiten und großen Bündnis ganz unterschiedlicher zivilgesellschaftlicher Organisationen getragen wurde. Angefangen von glo- balisierungskritischen Organisationen wie attac und neuen Organisationen wie campact, waren es vor allem die de- monstrationserfahrenen Gewerkschaf- ten sowie Umwelt- und Naturschutzver- bände, die dazu beitrugen, dass je nach Lesart ., so wir als Veranstalter, oder ., so die Polizei, Menschen nach Berlin kamen und »Stop TTIP, Stop CETA. Für einen gerechten Welthandel« riefen. Der Deutsche Kulturrat war als Demonstrations-Novize Mitveranstal- ter dieses Ereignisses. Erstmals hatte der Deutsche Kul- turrat in seiner immerhin -jährigen Geschichte zu einer Demonstration aufgerufen und sich einem Träger- bündnis von insgesamt  Organisati- onen angeschlossen. Dem Trägerkreis

gehören an: Deutscher Gewerkschafts- KULTURRAT DEUTSCHER FOTO: bund und seine Mitgliedsgewerkschaf- Der Kultur-Block bei der Großdemonstration »Stop TTIP, Stop CETA« am . Oktober in Berlin ten IG Bauen Agrar Umwelt, IG Berg- bau, Chemie, Energie, Eisenbahn- und Wenige Tage zuvor überreichte die des deutschen Buchhandels zu, dass • Im Kapitel regulatorische Koopera- men soll dem Abbau von Handelsbe- Verkehrsgewerkschaft, Gewerkschaft selbstorganisierte Europäische Bür- die Buchpreisbindung durch die TTIP- tion müssen Ausnahmen für Kultur schränkungen zwischen den genann- Erziehung und Wissenschaft, IG Me- gerinitiative .. Unterschriften Verhandlungen nicht angetastet, son- und Medien möglich sein. – Was ten Ländern dienen. Die Aufl istung tall, Gewerkschaft Nahrung-Genuss- aus ganz Europa, die in einem Jahr ge- dern vielmehr durch entsprechende schlussfolgern lässt, dass die regu- der Länder zeigt, dass es sich um sehr Gaststätten, Gewerkschaft der Polizei, sammelt wurden, symbolisch der EU- Maßnahmen geschützt werden soll. latorische Kooperation ein Einfallstor unterschiedliche Staaten, nicht nur ver.di-Vereinte Dienstleistungsge- Kommission in Brüssel. Die Europäische Kulturstaatsministerin Monika Grüt- zur Aushebelung von Schutzmecha- mit Blick auf ihre Größe, sondern vor werkschaft sowie Bund für Umwelt Bürgerinitiative war selbstorganisiert, ters MdB und Bundeswirtschaftsmi- nismen ist. allem auch hinsichtlich ihrer Brutto- und Naturschutz, attac, NaturFreun- weil die letzte Europäische Kommis- nister , MdB legten zwei • Im Kapitel Geistiges Eigentum muss wertschöpfung und wirtschaftlichen de Deutschlands, campact, Der Pari- sion die Europäische Bürgerinitiative Tage vor der Großdemonstration ein die Möglichkeit erhalten bleiben, Bedeutung im Weltmaßstab handelt. tätische, WWF, Deutscher Kulturrat, unter dem Hinweis, dass es sich bei den »Positionspapier der Bundesregierung eine Providerhaftung einzuführen. – Vielfach wurde insbesondere von Brot für die Welt, Oxfam, Mehr Demo- TTIP-Verhandlungen erst um die Vorbe- zu den TTIP-Verhandlungen der EU- Was aufzeigt, dass hier gegebenen- TTIP-Befürwortern angeführt, dass kratie, Naturschutzbund Deutschland, reitung einer Rechtssetzung und nicht Kommission mit den USA im Bereich falls Gestaltungsräume des europä- Europa nicht abgehängt werden dürfe greenpeace, Arbeitsgemeinschaft bäu- um die Rechtssetzung selbst handelt, Kultur und Medien« vor (http://bit. ischen und nationalen Gesetzgebers und daher schnell nach dem Abschluss erliche Landwirtschaft, Umweltinsti- abgewiesen hatte. Die Organisatoren, ly/Gdaxo). von vorneherein eingeschränkt wer- von TPP auch die TTIP-Verhandlungen tut München, foodwatch, Sum of us, darunter der Deutsche Kulturrat, lie- Die Vorlage dieses Positionspapiers den könnten. beendet werden müssen. Dem ist entge- Volkssolidarität, Katholische Arbeit- ßen sich aber nicht entmutigen und ist allein deshalb ein Erfolg, weil bis zu • Im Kapitel Zollvorschriften muss gen zu halten, dass es sich um verschie- nehmerbewegung, Bundjugend, DDIF, sammelten die genannte Zahl an Un- diesem Zeitpunkt speziell das Bundes- sichergestellt werden, dass weiter- dene Abkommen handelt und dass die digitalcourage, Solidarische Landwirt- terschriften. Noch nie wurden bei einer ministerium für Wirtschaft und Energie hin eine eff ektive Ein- und Ausfuhr- Ratifi zierung von TPP noch keineswegs Europäischen Bürgerinitiative so viele die Auff assung vertrat, Kultur und Me- kontrolle für Kulturgüter möglich gesichert ist. Hillary Clinton, demokra- Unterschriften geleistet. Auf den letz- dien seien von TTIP gar nicht berührt. ist. – Hier soll off enbar entgegen- tische US-Präsidentschaftsbewerberin, Der Protest gegen TTIP ten Metern wurde selbst in Polen, wo es Das Positionspapier macht deutlich, was gewirkt werden, dass dem gerade im erklärte bereits, dass sie TPP nicht über einen langen Zeitraum sehr schwer der Deutsche Kulturrat und viele seiner Gesetzgebungsprozess befi ndlichen zustimmen würde und auch von re- und CETA ist nicht mit war, für die Gefahren von TTIP und Mitglieder schon lange sagen, dass Kul- Kulturgutschutzgesetz über TTIP der publikanischer Seite waren ebenfalls Antiamerikanismus CETA zu sensibilisieren, das Quorum tur und Medien selbstverständlich fun- Garaus gemacht wird. durchaus kritische Stimmen zu hören. gleichzusetzen erreicht. – Bei einer offi ziellen Europäi- damental von TTIP betroff en sind. Als • Weiter sollen die bereits im Ver- Nichtsdestotrotz droht die Gefahr, schen Bürgerinitiative muss je nach Be- wichtige Maßnahmen nennt die Bun- handlungsmandat vorgesehenen dass die Politik die TTIP-Verhand- völkerungszahl des Mitgliedstaats eine desregierung in ihrem Positionspapier: Ausnahmen für den Medienbereich lungen schnell abschließen will, um schaft, NaturFreundeJugend, Verband bestimmte Stimmzahl erreicht werden, • Im Kapitel Telekommunikation muss zukunftsfest gemacht werden. – Wor- einem weiteren wachsenden Protest deutscher Schriftsteller, Forum und damit die Stimmen anerkannt werden klargestellt werden, dass nationale aus sich ergibt, dass dies vorher nicht vorzubeugen. Im kommenden Jahr Entwicklung. Darüber hinaus haben können. – Nur in den drei baltischen Regelungen für Meinungsvielfalt so sicher war, wie behauptet. fi nden die Präsidentschaftswahlen in  Organisationen die Demonstrati- Staaten, Estland, Lettland und Litauen, und Medienpluralismus nicht ein- Das Positionspapier der Bundesregie- den USA statt und im Jahr  stehen on unterstützt. Zu den Unterstützern sowie Malta wurde das Quorum nicht geschränkt werden dürfen. – Damit rung ist ein wichtiger Schritt, weil sie Präsidentschaftswahlen in Frankreich zählten aus dem Mitgliederspektrum erzielt. Die Europäische Bürgerinitiative wird letztlich anerkannt, dass Inhalte sich hier auf konkrete Maßnahmen und Bundestagswahlen in Deutschland des Deutschen Kulturrates: Bundes- belegt, dass der Protest gegen TTIP und von öff entlichem Interesse wie z. B. zum Schutz der kulturellen Vielfalt an. Bislang ist nicht zu erkennen, dass verband Bildender Künstlerinnen und CETA eben keine deutsche Angelegen- der öff entlich-rechtliche Rundfunk festlegt. Und es ist ein Zeichen, dass CDU oder SPD gesteigerten Wert darauf Künstler, Deutscher Komponistenver- heit allein ist, sondern die Bürger in auch unter Telekommunikation ge- das Insistieren auf Schutzmechanismen legen, TTIP zum Wahlkampfthema zu band, Deutscher Kunstrat, Deutscher allen EU-Mitgliedstaaten bewegt. regelt werden sollen. wirkt. Denn ohne das ständige Nerven machen. Denn der Protest gegen TTIP Musikrat, GEDOK, Illustratorenorgani- Dass der Protest gegen TTIP und • Im Kapitel zum elektronischen Ge- aus dem Kultur- und Medienbereich speist sich sowohl aus konservativen sation, Internationale Gesellschaft der CETA nicht mit Antiamerikanismus schäftsverkehr dürfen keine beste- wäre ein solches Positionspapier nicht wie progressiven Kreisen. So wäre eine Bildenden Künste und PEN-Zentrum gleichzusetzen ist, belegten die Ver- henden Bereichsausnahmen für Kul- zustande gekommen. Genauso wenig Variante, sich jetzt schnell zu verständi- Deutschland. anstalter der Demonstration am . tur und Medien unterlaufen werden. wie die Europäische Kommission noch gen, um das Abkommen rasch aus den Die verschiedenen Organisationen, Oktober dadurch, dass bewusst Redner Besondere Regelungen für digitale immer mit den Informationen hinter Diskussionen herauszuhalten. Zumal egal ob als Träger oder als Unterstützer, aus den USA und aus Kanada sprachen, Güter werden abgelehnt. – Darin wird dem Berg halten würde, wenn es nicht die französische Regierung bereits an- verbindet, dass sie TTIP und CETA für die die kritischen Stimmen aus jenen deutlich, dass die USA gerade mit die vielstimmige Forderung nach mehr klingen lassen hat, dass sie sich einen nicht geeignet halten, einen Beitrag Ländern einem großen Publikum prä- Blick auf digitale Güter, zu denen Transparenz gäbe. Der TTIP- und CETA- Abbruch der Verhandlungen vorstel- zum gerechten Welthandel zu leisten. sentierten. Und auch gegen Zuspruch insbesondere auch digitale Kultur- Protest ist damit auch ein Ruf nach po- len könne. Dieses nicht etwa, weil sie Daher soll CETA nicht ratifi ziert und von rechten und nationalistischen güter und -dienstleistungen gehören, litischer Gestaltung aus der Mitte der generell gegen TTIP ist, sondern weil die Verhandlungen von TTIP gestoppt Gruppierungen setzte sich das Trä- Sonderregelungen einfordern. Gesellschaft. die USA bislang keinerlei Bewegung bei werden. Diese große Gemeinsamkeit gerbündnis frühzeitig bewusst ab und • Im Kapitel Investitionsschutz sollen der Abschaff ung von Zugangsbarrieren wurde von denen geteilt, die sich am brachte dieses zusätzlich sowohl bei der Schutzmaßnahmen zum Schutz der für europäische Unternehmen auf dem Panikmache TPP . Oktober  »auf die Socken mach- Auftakt- als auch der Abschlusskundge- kulturellen und medialen Vielfalt US-Markt zeigen. ten« und ihren Protest auf die Straße bung zum Ausdruck. nicht als indirekte Enteignung an- Ebenfalls kurz vor der Demonstration Es bleibt also spannend in Sachen trugen. Wir Demo-Novizen aus dem gesehen werden dürfen. – Das zeigt wurde die Transpazifische Partner- TTIP. Deutschen Kulturrat beteiligten uns die Gefahr, dass möglicherweise in schaft (TPP) unterzeichnet. An diesem Wie geht es weiter? an der Demonstration mit einem ei- Investor-Staat-Streitschlichtungs- Abkommen sind die USA, Australien, Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer genen Kultur-Block. Deutlich sichtbar Wenige Tage vor der Großdemonstra- verfahren gegen Maßnahmen zum Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malay- des Deutschen Kulturrates. Gabriele mit gelben Schärpen, Großplakaten und tion sicherte EU-Handelskommissarin Schutz der kulturellen Vielfalt ge- sia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur Schulz ist Stellvertretende Geschäfts- verschiedenen Transparenten. Cäcilia Malmström dem Börsenverein klagt werden könnte. und Vietnam beteiligt. Dieses Abkom- führerin des Deutschen Kulturrates 04 LANDESKULTURPOLITIK www.politikundkultur.net

Kultur erhalten und nicht kürzen kulturelle Infrastruktur und die kulturpolitischen Herausforderungen

SVEN SCHERZSCHADE helfen.« Für die Zukunft wünscht sich nen Euro vom Land gefördert wird, hat die CDU-Politikerin deshalb ein Um- guten Zulauf, und Die Linke wünschte in kulturpolitisches Top-Thema denken. Kulturpolitik müsse von der in- sich, dass es im entsprechenden Gesetz schlechthin – das gibt es in Bran- stitutionellen Debatte zur inhaltlichen mitaufgenommen würde. Bislang aber Landeshauptstadt: Potsdam E denburg eigentlich nicht. Viel- Debatte kommen und aufzeigen, wel- ohne Erfolg. Der »Musischen Bildung mehr lautet die Top-Herausforderung che Funktion Kultur in der Gesellschaft für alle« fehlt die gesetzliche Grundlage. Gründung: 3. Oktober 1990 schlichtweg, die kulturelle Infrastruktur bekommt, wenn sich so viel verändert, Am gleichen »juristischen« Man- zu erhalten und den demographischen etwa in den schrumpfenden Regionen, gel leiden auch Brandenburgs Biblio- Einwohner: 2,458 Millionen Entwicklungen irgendwie zu entspre- die von Abwanderung geprägt sind. theken. Die Büchereien, größtenteils chen. Ein Entgegenwirken oder gar »Kultur dient der Identitätssuche«, sagt in kommunaler Trägerschaft, hätten Fläche: 29.654,16 km² Aufhalten ist bei jenen Entwicklun- Anja Heinrich, »das sind wesentliche gern eine sichere Förderung in Form gen ohnehin schier unmöglich. Das und größere Aufgaben, die eben nicht eines Gesetzes. Zwar ist die Versorgung Bevölkerungsdichte: 83 Einwohner pro km² Flächenland rund um die deutsche in zig gestellten Anträgen im Plenum der Medien-Ausleihe im Flächenland Hauptstadt erfährt anhaltend den bewältigt werden können.« Brandenburg recht gut, die Förderung Regierungschef: (SPD) Wegzug junger Menschen, sodass der Recht hat sie. Allein: Verteilungs- ist angemessen, es werden auch fah- allgemeine Altersdurchschnitt weiter fragen – ob Institution oder Projekt – rende Bibliotheksbusse eingesetzt, Regierende Parteien: SPD und Die Linke steigt. Brandenburg hat neben den gro- werden sich trotz etwaigem Umdenken allerdings fehlt dem ganzen System ßen Leuchttürmen wie die Theaterhäu- kaum verhindern oder abschaff en lassen. die gesetzliche Verankerung. Deshalb Nächste Wahl: Herbst 2019 ser in Potsdam und Cottbus oder das Das zeigt das Beispiel der Musik- und fordert die Kulturpolitik der Linken Filmorchester Babelsberg insgesamt Kunstschulen in Brandenburg, die frü- ein entsprechendes Bibliotheksgesetz, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Sabine Kunst (SPD) recht kleinteilige, vielfältige kulturel- her eher stiefmütterlich wahrgenom- die SPD aber konnte sich dazu bislang le Entwicklungsräume. Sie zu stabili- men wurden, nun aber wurde das ent- nicht durchringen und der Linke-Fi- Öff entliche Ausgaben für Kultur: , Millionen Euro/Jahr sieren und am Leben zu erhalten, ist sprechende Gesetz für sie novelliert. Im nanzminister wohl auch nicht… Das die Hauptaufgabe der Landespolitik. Unterschied zur SPD hätte sich Die Lin- wird noch zu klären sein. Aus seinem Kulturausgaben je Einwohner: , Euro/Jahr Darin sind sich, was die zukünftigen ke hier eine deutlich höhere Förderung Blickwinkel ergibt sich im Übrigen die Herausforderungen betriff t, die Kul- gewünscht. Den Regierungsfraktionen größte politische – und damit freilich Kommunalisierungsgrad: 56,0 % turpolitikerinnen und -politiker aller war es gelungen, den Etat für die Musik- auch kulturpolitische – Herausforde- Fraktionen einig, denn Kulturpolitik und Kunstschulen von , Millionen auf rung: Alle sind unsicher im Hinblick auf in Brandenburg fußt auf einem breiten  Millionen Euro zu erhöhen. Schulen die Haushaltsentwicklung! Wegen der ausschuss etwa Referenten bei Anhö- eine Verwaltungsstrukturreform an und Konsens. Kontroversen und Unterschie- in Trägerschaft der Kommunen sowie demnächst wegfallenden Europamittel rungen sprächen, mache sich der Unter- es werden möglicherweise Großkreise de liegen im Detail. auch freie Schulen werden, wenn sie und den wegfallenden Bundesmitteln, schied bemerkbar. Die Kulturpolitikerin gebildet. Innerhalb dieses Reformpro- Zusammen mit der SPD läuft es in bestimmten Kriterien entsprechen, ge- fällt Brandenburg in den nächsten Jah- will das ehrenamtliche Engagement zesses wird die Absicht der Exekutive der gegenwärtigen Regierung kulturpo- fördert. Das Land greift den Kommunen ren unter Mindereinnahmen. In punkto keinesfalls geringschätzen und sie verhandelt, die Denkmalpfl ege stärker litisch für Die Linke ganz gut. Davon ist somit unter die Arme. Die Förderung, Bibliotheksgesetz heißt das für Gerit weiß, dass es bei solcher Kritik immer auf die Landkreise zu verteilen. Das aber Gerit Große, kulturpolitische Sprecherin die im bestehenden Musik- und Kunst- Große: »Insofern sind wir vorsichtig, die Falschen triff t, nämlich diejenigen will die Kulturpolitik gar nicht! »Es ist der Linke-Fraktion im , über- schulgesetz geregelt ist, ist vorgesehen jetzt etwas gesetzlich zu verankern. Das Ehrenamtlichen, die bereits beste Vor- wichtig, dass die Denkmalpfl ege weiter- zeugt. Allerdings ist das Ministerium für für diese Legislaturperiode bis . Da- kann ich fi nanziell schon verstehen. arbeit erbracht haben. Aber dennoch: hin in professioneller Hand beim Land kulturelle Belange nicht in linker Hand. mit ist diese Förderung prinzipiell auch Aber bei Bibliotheken wäre es wichtig.« »Ich empfehle einen starken Verband, verbleibt«, sagt Gerit Große, die aus ih- »Das merkt man schon. Wir als Linke stabil. »Wir hätten sie allerdings gern Die CDU-Fraktion sieht das genauso ohne die Lobbyarbeit wird es schwer! rer schlechten Erfahrung keinen Hehl sind der kleinere Teil der Regierung«, höher gehabt«, sagt Gerit Große. Da- und sie wird eine Initiative erarbeiten, Gerade, weil die Bibliotheken regional macht. Wenn die Landkreise, bei denen gibt Gerit Große ehrlich zu: »Wir wür- rüber hinaus läuft in Brandenburg ein wie insbesondere die Bibliotheken auf als etwas Freiwilliges gelten.« die untere Denkmalschutzbehörde an- den bei manchen Sachen gern ein Stück- gesiedelt ist, im Zusammenhang mit chen mehr draufl egen als die SPD.« den Baubehörden Belange des Denk- Da wäre zum Beispiel die in der Ver- malschutzes klären müssen, werde oft gangenheit erarbeitete »kulturpoliti- nicht zugunsten der Denkmale, sondern sche Strategie« für Brandenburg, die aus anderen Motiven heraus entschie- noch in dieser Legislaturperiode zur den, so Große: »Das ist uns mehrfach Überprüfung und eventuellen Nach- passiert, wenn Denkmale in Gefahr wa- besserung evaluiert werden soll. Es ren.« In Seelow etwa sollte unlängst ein wurden Förderkriterien entwickelt, die altes Kaufhaus aus den er Jahren, stark auf Kultur mit regionalen Bezü- das Denkmalschutzbelangen entsprach, gen ausgerichtet sind und auf Kultur, nach dem Willen des Landkreises ab- die für den Tourismus bedeutsam ist. gerissen werden. »Das wurde glückli- Nicht zuletzt unter diesen Vorgaben cherweise verhindert«, sagt Gerit Große: hat in den letzten Jahren die Projekt- »Das Land muss hier stärker die Hand förderung sehr zugenommen, was drauf haben. Da sind sich die Kulturpo- Gerit Große mittlerweile aber kritisch litiker eigentlich alle einig.« sieht: »Wir stoßen dabei an Grenzen In der Tat müsse für den Denkmal- und müssen nachsteuern. Eine aus- schutz mehr getan werden, sagt Anja schließliche Projektförderung und Heinrich. Die Krux dabei: Wird für be- ein totaler Abbau der institutionellen stimmte Projekte nicht der notwendige Förderung führt dazu, dass einiges in Eigenanteil erbracht, so lassen sich die der Kulturlandschaft nicht ordentlich im Bund bereitgestellten Mittel nicht am Leben erhalten bleiben kann.« abrufen. »Das fi nde ich kritisch, zumal Kleinere Vereine, Musik- oder Kunst- am Denkmalschutz eine Menge Wirt- initiativen oder auch der Kulturbund schaft dranhängt vom Handwerk bis würden zwar nicht geschlossen oder in den Kulturbereich«, sagt die CDU- dicht gemacht, aber sie würden unter Politikerin: »Diese wichtigen Zusam- schlechter Personalausstattung leiden. menhänge fi nden sich nirgendwo im Halbe oder geschweige denn ganze Ar- Koalitionsvertrag wieder.« Allein  beitsstellen würden oft abgelehnt und historische Kirchengebäude im Bun- nicht bewilligt. »Das wäre aber wichtig desland sind von Bestandsgefährdung für die kulturelle Entwicklung«, sagt bedroht, bei  Kirchen besteht hoher Gerit Große, die sich in Brandenburg – Sanierungsbedarf. Von dem Gedan- abgesehen von den großen Orchestern ken, jede Kirche zu sanieren, haben und Theatern – mehr und mehr einer sich die Politiker weitgehend bereits sehr ausgefaserten Kulturlandschaft verabschiedet. Das sei utopisch. Den gegenüber sieht, die nicht mehr insti- Bestand zu sichern hingegen scheint tutionell gefördert wird. machbar, weshalb der Aufbau eines

Anja Heinrich, kulturpolitische KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: entsprechenden Fonds als große Her- Sprecherin der CDU-Fraktion, sieht ausforderung gilt. »Dann könnte man die politische Entwicklung der Pro- Programm »Musische Bildung für alle«, dem Land gestützt und gestärkt wer- Eine weitere Herausforderung stellt sich peu à peu sanieren«, sagt Anja Heinrich. jektförderung nicht ganz so skeptisch. bei welchem Musikschulen und Schulen den können. »Alle unsere Abgeordneten, in der Denkmalpfl ege. Brandenburg hat Wenn demnächst das Jubiläum  Sie kritisiert jedoch darüber hinaus in Tandem-Projekten kooperieren. D. h. die in der Kommunalebene unterwegs eine große Anzahl an Baudenkmälern, Jahre Reformation ansteht, könnten aus dem Blickwinkel der Politikerin ein Musikschullehrer und ein Lehrer ar- sind, setzen sich für die Bibliotheken Schlössern, Gärten, Kirchen, techni- die Zeichen für einen solchen Denk- allgemein, dass immerzu den Vertei- beiten zusammen, sodass etwa an Schu- ein«, sagt Anja Heinrich. Sie plädiert schen Denkmälern. Es war den kultur- malfonds gut stehen, wobei freilich lungsfragen so viel Aufmerksamkeit len Instrumentenunterricht gegeben in Zukunft für eine selbstbewusstere politischen Akteuren in den Koalitions- nicht nur Gotteshäuser auf der Liste gewidmet wird bzw. gewidmet werden werden kann. Brandenburg zählt inzwi- Lobbyarbeit. Brandenburgs Bibliothe- vereinbarungen nicht gelungen, einen der Denkmalrettung stehen. muss. Anja Heinrich: »Es geht zu oft schen  solcher Projekte, bei denen die ken sind gegenwärtig ehrenamtlich in stabilen Denkmalpfl ege-Fonds aufzule- nur darum, wer stellt wo den richtigen Kinder einer Schulklasse ein Instrument einem Landesverband vereint. »Das gen. »Wir haben zwar fi nanzielle Mittel Sven Scherz-Schade ist freier Antrag auf Gelder und welcher Antrag- (Streicher, Percussion etc.) lernen, und macht es den Bibliotheken schwer, so eingestellt, aber das wird nicht reichen«, Journalist in Karlsruhe und arbeitet steller ist schließlich mit so viel Pres- zwar Kinder, die vermutlich sonst nicht kraftvoll wie z. B. die Musikschulen zu sagt Gerit Große, die als zukünftige Her- unter anderem zu den Themen tige ausgestattet, dass man gar nicht den Weg in die Musikschule fi nden wür- agieren«, spricht Anja Heinrich aus ausforderung nun noch eine weitere Ge- Kultur und Kulturpolitik für den mehr anders kann, als fi nanziell zu den. Das Programm, das mit , Millio- Erfahrung. Wenn im Wissenschafts- fahr drohen sieht. In Brandenburg steht Hörfunk SWR Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  LANDESKULTURPOLITIK 05

Eine wirklich schöne Stadt Kultur und Kulturpolitik der bundesweit beachtete erste Kul- der off en stehen. Die größte Baustelle in Bremen turentwicklungsplan der Stadt für den bleibt das Museum Weserburg am Teer- Zeitraum  bis . Der war in der hof, der Spitze der Flussinsel zwischen dezidierten Beschreibung aller Ziele Alt- und Neustadt. Vor bald  Jahren als Landeshauptstadt: Bremen PETER GRABOWSKI und Maßnahmen für wirklich jede Insti- erstes »Sammlermuseum« der Republik tution und Initiative allerdings »viel zu gegründet, ist die Einrichtung nicht nur Gründung: 1947 remen ist eine sehr schöne kleinteilig«, wie der langjährige Bremer strukturell unterfi nanziert (es fehlen Stadt. Manchmal muss selbst Referent für Kulturplanung, Narciss . Euro jährlich, mindestens), sie Einwohner: 0,66 Millionen (Bremen 0,55 Mio., Bremerhaven 0,11 Mio.) das Off ensichtliche einfach Göbbel,  auf einem Fachkongress hat auch dringenden baulichen Sanie- B nur ganz deutlich gesagt in Köln einräumte: »Danach brauchten rungsbedarf (Minimum drei Millionen Fläche: 419,38 km² werden. Allerdings fällt einem oft erst wir erst mal ein paar Jahre Pause«. Euro, aber eigentlich …) und steckt als beim zweiten oder dritten Wiederholen Die Grundidee wurde allerdings eine Public Private Partnership in ei- Bevölkerungsdichte: 1.578 Einwohner pro km² vermeintlich simpler Sachen auf, dass nicht aufgegeben; für die Zeiträume ner veränderten Museumslandschaft dahinter viel mehr steckt, als es anfangs  bis  bzw.  bis  legte irgendwo zwischen Baum und Borke. Regierungschef: Dr. Carsten Sieling (SPD) so scheint. Deshalb noch mal: »Bremen man wieder Pläne auf. Um sich dabei  ließ der damalige Museumsdi- ist eine sehr schöne Stadt«. nicht noch mal in den Fallstricken zu rektor Carsten Ahrens dann sogar das Regierende Parteien: SPD und Bündnis 90/Die Grünen Der Kulturminister heißt in Bremen detaillierter Prognostik von oft schließ- Bild »Matrosen« von Gerhard Richter »Kultursenator«, und dieses Amt be- lich doch unvorhersehbaren Entwick- verkaufen, um Geld für die Sanierung Nächste Wahl: Mai 2019 kleidet seit der Bürgerschaftswahl im lungen zu verheddern, wich die Bremer des Hauses zu haben;  musste er Kulturbehörde auf den, eine Metaebene schließlich auch deshalb zurücktreten. Senator für Kultur: Dr. Carsten Sieling (SPD) höher angesiedelten Masterplan aus: Sein kommissarischer Nachfolger Pe- Wegbrechende Es sollten nur noch grobe Linien vor- ter Friese wurde jedoch erst zwei Jahre Öff entliche Ausgaben für Kultur: 105,0 Millionen Euro/Jahr Gewerbesteuern gegeben werden, eine Art Leitbild der und eine Bürgerschaftswahl später zum kulturellen Entwicklung. Fast erwart- regulären Direktor bestellt. Und sogar Kulturausgaben je Einwohner: 160,99 Euro/Jahr bei gleichzeitig bar schlug das Gefahren-Pendel nun in fünf Jahre erbarmungswürdigen Rum- steigenden die entgegengesetzte Richtung aus: Vor lavierens hat es gedauert, bis sich die Kommunalisierungsgrad: nicht erhebbar – Bremen ist ein Sozialleistungen allem der letzte »Masterplan  bis Politik zuletzt doch gegen einen Umzug Zwei-Städte-Staat « blieb in weiten Teilen ein ziem- des Museums und für den Verbleib in liches Geschwurbel kulturpolitischer den großfl ächigen Räumlichkeiten am vergangenen Mai Carsten Sieling. Der Allgemeinplätze und eher diff user Ab- Teerhof aussprach. Entscheidungen fal- ist zugleich auch Bürgermeister seiner sichtserklärungen. len aber erst im Dezember. dem zwar preisgekrönten, aber hoch eigenen Haus. Völlig richtig benannte Stadt und Senatspräsident, also Regie- Womöglich nicht zufällig wurden Beinahe zur gleichen Zeit wie die defi zitären Musical »Marie Antoinette« sie dabei als große Herausforderung: zu rungschef im kleinsten Bundesland – da gerade in dieser Phase einige Löcher Weserburg geriet auch das Bremer hatte Frey dem Haus in nur drei Jahren erkennen, wann und wo genau externer bleibt nicht viel Zeit für den Kulturjob. in die Bremer Kulturlandschaft gerissen, Theater unter Generalintendant Hans- fast fünf Millionen Euro Schulden be- Sachverstand dann eben doch mal hilf- Den erledigt deshalb traditionell eine die zum Teil bis heute mehr oder min- Joachim Frey in eine schwere Krise. Mit schert. Unter Michael Börgerding er- reich sein kann. Staatssekretärin, die in Bremen auch holt sich die Bühne seit  langsam Allerdings ein … nein, vermutlich anders heißt, nämlich «Kulturstaatsrä- wieder, doch nun stehen künstlerische sogar das Grundproblem Bremens tin». Amtsinhaberin Carmen Emigholz Aderlässe bevor: Der innovative Opern- bleibt: In der Bevölkerungs-Rangliste von der SPD ist eine erfahrene Frau chef Benedikt von Peter geht Mitte , der deutschen Großstädte rangiert Bre- auf dem kulturpolitischen Parkett: Vor Generalmusikdirektor Markus Poschner men – hinter den westdeutschen Metro- ihrem Wechsel auf den Posten im Jahr im Jahr drauf. Nachfolger stehen für polen Düsseldorf, Dortmund und Essen,  war sie bereits elf Jahre lang fach- beide noch nicht fest – im langfristig vor den ostdeutschen und Dres- politische Sprecherin ihrer Fraktion in planenden Musiktheaterbetrieb ver- den – auf Platz ; auch die Kulturetats der Bürgerschaft, dem Bremer Parla- heißt das nichts Gutes. aller sechs Kommunen sind etwa gleich ment. Dort heißt der Kulturausschuss Dazu kommen Untiefen im Kultur- hoch. Doch kein Mensch käme auf die übrigens »Kulturdeputation« und es etat der Stadt: Die Einkünfte aus der Idee, Düsseldorf oder zu ei- gibt ihn gleich zwei Mal: Einen für das »City Tax« genannten Bettensteuer nem Bundesland machen zu wollen Land, einen für die Stadt. Bremen ist – waren zuletzt höher als erwartet und – oder die traditionsreiche Hansestadt ceterum censeo – eine sehr schöne Stadt. fl ossen in dringend zu stopfende Lö- Gleichzeitig ist Bremen eine sehr cher bei den Kulturinstitutionen und arme Stadt. Der Strukturwandel, vor in die Freie Szene. Ob das im nächs- allem der Abzug von Industrie und ten Jahr auch so sein kann? Ist ebenso Bremen ist viel kleiner Hafengeschäft, sorgt seit Jahrzehnten unklar wie der Haushalt insgesamt: als viele andere Groß- für wegbrechende Gewerbesteuern bei Auch Bremen muss deutlich mehr für gleichzeitig steigenden Sozialleistun- Flüchtlinge ausgeben, während die bei städte in Deutschland, gen. Dieser Eff ekt hat schon so manche diesem Thema bemerkenswert aktiven aber dennoch ein Kommune bis an die Pleite getrieben, Kultureinrichtungen und -initiativen eigenes Bundesland analog gilt Bremen als das Armenhaus der Stadt dafür ebenfalls zusätzliche unter den deutschen Ländern. Dazu Mittel brauchen werden. Hier wie da kommt im Kulturbereich eine für alle wie dort wird Kulturstaatsrätin Emig- Stadtstaaten ähnlich ungünstige Kon- holz also ein paar ganz dicke Brocken Dortmund. Dass Bremen ein eigenes stellation: Viele ihrer Angebote und beiseite räumen müssen. Staatsgebilde ist, lässt sich historisch Einrichtungen werden auch von Bewoh- Jenseits dieses politischen Alltags natürlich schlüssig begründen. Warum nern des Umlandes stark genutzt, ohne fi nden sich interessante kulturpoliti- das allerdings auch im . Jahrhundert dass es dafür Geld aus deren Gemein- sche Ansätze: Seit  schließt die so bleiben sollte … ist bei nüchterner de- oder Landesetats gäbe. Schauspiel- Stadt mit einzelnen Institutionen För- Betrachtung unerklärlich. Die größte und Opernfreunde, Museumsbesu- derverträge über Zeiträume zwischen kulturpolitische Herausforderung an cher und Festivalfans aus Weyhe, Syke, zwei und fünf Jahren – »Contracting«. der Weser wird sein, sich früher oder Delmenhorst, aus Achim, Oyten und Sie verbinden verlässliche Mittelzusa- später ganz selbstbewusst mit dem zu Osterholz-Scharmbeck strömen in die gen mit der Vereinbarung konkreter bescheiden, was man schon sehr lange Bremer Theater und Philharmonien, in Ziele im wirtschaftlichen Bereich, bei ist: Eine sehr schöne Stadt. Aber eben Kunsthalle und Weserburg, zu Bremina- der Publikumsreichweite oder für die auch nicht mehr. le und La Strada. Auf dem öff entlichen Angebote kultureller Bildung. Dieses Finanzierungsanteil dieser Instituti- Steuerungsinstrument hat die Kultur- Peter Grabowski ist kulturpolitischer onen bleibt der klamme Zwei-Städte- behörde zusammen mit den Kultur- Reporter Staat aber allein sitzen. Das  Kilome- akteuren entwickelt; das staatliche ter entfernte Bremerhaven mit seinen Theater Bremen ist ebenso im Boot . Einwohner gehört auch zum wie das Kulturzentrum Schwankhal- LANDESKULTUR Bundesland; für diesen Artikel belassen le, eine große Einrichtung der Freien wir es bei dieser schmalen Erwähnung. Szene. Nordrhein-Westfalen hat die POLITIK Das Problem verdeutlicht sich beim Idee in seinem neuen Kulturförderge- Blick auf die Pro-Kopf-Ausgaben von setz aufgegriff en und vor kurzem eine Diese Reihe beleuchtet die aktu- Bremen und des die Stadt vollständig erste Vereinbarung mit dem gemein- elle Landeskulturpolitik. In acht umschließenden Niedersachsen: Wäh- samen Theater der Städte Krefeld und Ausgaben nehmen wir jeweils die rend die Wesermetropole  Euro pro Mönchengladbach abgeschlossen. In Kulturpolitik zweier Länder genau- Einwohner für Kultur aufwendet, sind Thüringen wird dem Vernehmen nach er unter die Lupe. Die angegebenen es im Bundesland drumherum nur , über ähnliche Modelle nachgedacht. Zahlen stammen aus Gründen der Euro. So sympathisch wie einleuchtend Vergleichbarkeit aus dem Kulturfi - Diese Situation ist nicht neu und hat wirkt auch der Bremer Abschied von nanzbericht . Aktuelle Zahlen mit dazu geführt, dass Bremen als eine der »Gutachteritis«. So geißelte Car- aus den Bundesländern können da- der ersten Kommunen in Deutschland men Emigholz vor einiger Zeit die weit von abweichen. gezielte Kulturentwicklungsplanung verbreitete Unsitte, lieber auf orts- und In den letzten Ausgaben haben wir betrieb.  hatten Karla Fohrbeck strukturunkundige Beratungsunterneh- bereits Baden-Württemberg, NRW, und Andreas Wiesand ihre empirische men und Consultants zu hören, statt Thüringen und Schleswig-Holstein Studie »Kulturelle Öff entlichkeit in auf die oft unterschätzte oder auch nur vorgestellt. In der nächsten Ausgabe:

Bremen« vorgelegt; daraus entstand KÖLN KOBERKÜMMERLY+FREY, KARTOGRAPHIE: falsch abgefragte Fachkompetenz im Sachsen-Anhalt und . 06 INLAND www.politikundkultur.net

Wichtiger Mosaikstein zur Verbesserung der Situation der freien Kulturszene Köln führt bei Kulturförderung freier Träger Festbetragsfi nanzierung als Regelfi nanzierung ein

BARBARA FOERSTER

ie Grenzen zwischen den drei Sektoren Staat, Gesellschaft D und Markt im Kulturbereich – also zwischen öff entlichem, interme- diärem (frei-gemeinnützigen Organi- sationen) und privatem Sektor (Kultur- und Krea tivwirtschaft) – werden immer durchlässiger. Zum einen wächst der Wille des Bürgers, die Kultur der Stadt aktiv mitzugestalten, zum anderen bie- tet der öff entliche Kultursektor durch die Zunahme von Zeitverträgen immer weniger gesicherte Beschäftigungsver- hältnisse. Eine Hybriderwerbsstruktur aus freier Dienstleistung, freier Pro- jektarbeit und Teilzeitanstellungen ist weniger Ausnahme als Regel. Wie kann und muss eine neue Kulturförderung darauf reagieren? Dies wird spätestens seit dem Bericht der Enquete‐Kom- mission des Deutschen Bundestages

»Kultur in Deutschland« von  bun- FOTOLIA.COM / SEANPAVONEPHOTO FOTO: desweit diskutiert. Konsens ist längst, dass Kulturpolitik darauf mit besseren erfolgt die Förderung in Form eines nanzierung bleibt weiterhin eine Zu- der Kulturverwaltung. Der Fokus der Das Kulturfördergesetz NRW führt in ordnungspolitischen Rahmenbedin- festgelegten Förderbetrags. Dieser schussart des Kölner Kulturamtes. Sie Zusammenarbeit zwischen Förder- seinen Richtlinien u. a. die Festbe- gungen reagieren und ihre fördernde Betrag verbleibt auch bei Einsparun- ist z. B. für Kulturschaff ende bedarfsge- nehmern und -gebern verschiebt sich tragsfi nanzierung als Regel für eine und ermöglichende Funktion gegen- gen und höheren Einnahmen in voller rechter, die über keine Projekterfahrung so weiter von formalen auf inhaltliche Mehrzahl an Landesförderungen ein. über freien gemeinnützigen Kulturak- Höhe beim Empfänger, es sei denn, sei- verfügen und bei denen sich das Projekt Förderziele. Wie die Umsetzung dieser Richtlinie im teuren qualifi zieren muss. ne Gesamtausgaben liegen unter dem zum Zeitpunkt der Bewilligungszusage Die Kölner Kulturpolitik ist den Weg Sinne einer Verschlankung der Zuwen- Damit entsteht ein konkreter Hand- Zuwendungsbetrag. Die Bewilligung noch stark im Wandel befi ndet. der Kurskorrektur in der Zuschussför- dungspraxis auf Landesebene gelingt, lungsbedarf für Veränderungen im einer Festbetragsfi nanzierung setzt al- Bei der Fehlbedarfsfinanzierung derung mit der Verwaltung zusammen ist sicherlich einer der ersten prakti- Zuwendungsrecht. Wie lässt sich ein lerdings unter anderem voraus, dass die dürfen Projektträger aber keine Über- gegangen. Das Kulturfördergesetz hat schen Stresstests des Gesetzes. Eine »Zuwendungsrecht« gestalten, das für Einnahmen- und Ausgabenpositionen schüsse erwirtschaften, derjenige, der dafür die Grundlage gebildet. Dieser Vereinfachung für Kommunen und Zu- einen partnerschaftlicheren Umgang des Kosten- und Finanzierungsplanes gut wirtschaftet und erfolgreich in kleine Mosaikstein Festbetragsfi nan- schussempfänger ergibt sich allerdings von Fördernehmer und -geber die verlässlich und nachvollziehbar durch der Drittmittelakquise ist, hat dabei zierung fügt sich stimmig in das Bild nur dann, wenn die Zuwendungspraxis Grundlage schaff t? Wie lässt sich darin die Verwaltung eingeschätzt werden ein Nachsehen. Neben dem Vorteil, der Kulturförderung Kölns, die bereits auf kommunaler und Länderebene im der fl ießende Übergang der Arbeit vieler können. Überschüsse und somit Eigenmittel durch den Kulturentwicklungsplan von Gleichklang erfolgt. Projektträger und Kulturschaff ender zwischen Ehrenamt, Bisher förderte das Kulturamt in der erwirtschaften zu dürfen, vereinfacht  und die unter breiter Beteiligung Kommunen sind gespannt. Unternehmertum und öff entlicher Ins- Regel in Höhe des Fehlbedarfs, der sich die Festbetragsfi nanzierung die Zu- der freien Kulturakteure entstandenen titution angemessen berücksichtigen? aus der Lücke der Summe aller Ausga- schussabwicklung und verringert den Förderkonzepte auf eine transparente Barbara Foerster ist seit  Das Kulturfördergesetz des Landes ben und aller Einnahmen des Trägers zeitlichen Aufwand, bei den Künst- und partnerschaftlich-schlanke Zuwen- Leiterin des Kulturamtes der NRW hat sich zu diesen Fragen viele für ein Projekt ergibt. Die Fehlbedarfsfi - lern und Kreativen – und ebenso bei dungspraxis setzt. Stadt Köln Gedanken gemacht und nach vielen Jahren an kulturpolitischer Diskussi- on bildet seine Verabschiedung  eine wichtige Grundlage, auf der es zu entscheidenden Veränderungen in der Kulturförderung kommen kann – von Vielfalt und Qualität erhalten Entbürokratisierung bis zur stärkeren Partizipation. Seit Juli dieses Jahres ist Carsten Sie- Stadt engagieren und einiges möglich im Bereich der Museen ist Bremen ßerdem soll niemand vom kulturel- Auch den Kommunen in NRW gibt ling Bürgermeister der Freien und Han- machen, was allein mit öff entlichen gut aufgestellt. Die Kunsthalle ver- len Leben der Stadt ausgeschlossen das Gesetz eine Schrift in die Hand, die sestadt Bremen und bekleidet, wie Mitteln nicht mehr zu fi nanzieren fügt über eine erstklassige Samm- sein, nur weil er gerade nicht so einige Kurskorrekturen in der Ausge- auch sein Vorgänger, gleichzeitig das wäre. Dies alles führt dazu, dass Bre- lung und macht mit ihren großen viel Geld hat. Mit niedrigen Ein- staltung des Zuwendungsverhältnisses Amt des Kultursenators. Politik & Kul- men seinen Bürgerinnen und Bürgern Sonderausstellungen immer wieder trittspreisen, Ermäßigungen oder mit freien Kunstschaff enden möglich tur stellte ihm vier Fragen zu seiner ein breit gefächertes Kulturangebot überregional auf sich aufmerksam. auch kostenfreien Veranstaltungen macht. Köln hat gerade eine Kurskor- kulturpolitischen Arbeit. anbieten kann. Sie gehört mit dem Übersee-Museum machen wir viele Angebote. Dazu rektur unternommen, die aus dem zu den meistbesuchten Museen gibt es niedrigschwellige Veranstal- Welches »Erbe« übernehmen Sie Bremen versteht sich als »vitale Deutschlands. Auch die Weserburg, tungen im Freien wie ein Straßen- als Senator für Kultur von Ihrem Kulturstadt«. Was zeichnet ihre das für die Landesgeschichte zu- theaterfestival oder das mehrtägige Entbürokratisierung Amtsvorgänger? Kulturlandschaft aus? ständige Focke-Museum, das Paula- Musikfestival Breminale, die Men- Ich übernehme von Senator Jens Vielfalt und Qualität. Das Theater Modersohn-Becker-Museum, das schen für Kultur begeistern können. und stärkere Böhrnsen ein sehr gut geführtes Bremen hat sich in den vergange- Gerhard-Marcks-Haus und einige Verstetigen sollen sich die Angebote Partizipation sind Ressort, das es geschaff t hat, für die nen Jahren erneuert und knüpft mit mehr verfügen über bemerkenswerte für Flüchtlinge und mit Flüchtlingen. die erklärten Ziele Kultureinrichtungen verlässliche seinen Produktionen im Schauspiel eigene Bestände und bieten regelmä- Auch hier bieten die Bremer Kultur- Rahmenbedingungen herzustellen. und in der Oper an die legendären ßig interessante Ausstellungen an. institutionen schon vieles an, das Sie können jetzt in Ruhe ihrer eigent- Jahre der Hübner-Ära an, als Bremen Gerade in Zeiten großer Heraus- wird aber noch mehr werden. Es ist Blickwinkel mancher vielleicht so klein lichen künstlerischen Arbeit nach- Zentrum für ein mutiges, experimen- forderungen kommt den Trägern großartig, dass die Einrichtungen so erscheint wie ein Wimpernschlag. Ich gehen. Mit Häusern wie dem Theater tierfreudiges Theater war. Die bremer kultureller Bildung eine besonde- aufgeschlossen und tatkräftig sind, halte ihn dagegen für einen entschei- Bremen, der Deutschen Kammer- shakespeare company, die Schwank- re Bedeutung zu. Stadtbibliothek, wenn es darum geht, gesellschaftli- denden Mosaikstein zur Verbesserung philharmonie Bremen, den Kunst- hall und die vielen kleinen und gro- Volkshochschule und Musikschule ches Engagement zu zeigen. der Arbeitssituation der freien Kultur- sammlungen Böttcherstraße und ßen Projekte der Freien Szene tragen leisten wertvolle Arbeit. szene – im Sinne einer verantwortungs- anderen wurden Fünfjahreskontrakte dazu bei, dass Bremen mit einem sehr Wenn Sie einen kulturpolitischen vollen Subsidiarität. abgeschlossen, die allerdings auch die abwechslungsreichen Kulturleben Welchen neuen Aufgaben und Wunsch frei hätten, was würden In Köln hat im August dieses Jahres Einhaltung strikter Vorgaben, etwa im punkten kann. Wir haben zwei unter- Herausforderungen stehen Sie Sie sich wünschen? der Ausschuss Kunst und Kultur für Personalbereich, beinhalten. Alle Ein- schiedlich profi lierte, hervorragende zurzeit gegenüber? Wünschenswert wäre es, wenn man die Förderung von Projekten der Frei- richtungen, egal, ob sie einen solchen Orchester in der Stadt: die traditi- Weil wir nicht unbegrenzte Mittel zur mehr wirtschaftliche Gerechtigkeit en Szene die Einführung einer soge- Kontrakt abgeschlossen haben oder onsreichen Bremer Philharmoniker, Verfügung haben, müssen wir Erneu- in der Kulturszene schaff en könn- nannten Festbetragsfi nanzierung als nicht, erhalten im laufenden Haushalt die mit ihren Philharmonischen erungen aus dem Bestand fördern te. Es sollte nicht das Privileg des Regelfi nanzierungsart für die überwie- ihre Förderung sicher. Selbst kleinere Konzerten und den Opern im Bremer und fordern. Beim Theater Bremen Bundes sein, Tarifsteigerungen und gende Anzahl der Projektzuschüsse be- Akteure, wie etwa ein Puppentheater, Theater den Menschen ein breites funktioniert das bereits sehr gut, In- Infl ationsausgleiche bezahlen zu schlossen. haben einen festen Haushaltstitel Angebot machen. Und die Deutsche tendant Michael Börgerding und sein können. Auch die Kommunen sollten Bisher wurden Zuschüsse des Kul- bekommen. Zudem wurden transpa- Kammerphilharmonie Bremen, ein Team öff nen das Haus für jüngere bessere Bedingungen zur Erfüllung turamtes der Stadt Köln zur Realisie- rente Verfahren entwickelt, mit denen weltberühmter Klangkörper, der Besuchergruppen und vernetzen sich ihres Auftrages haben. rung von Kunst- und Kulturprojekten Projektmittel an die freie Szene ver- als Botschafter für die Stadt wirbt. mit anderen Einrichtungen in der in der Regel in Form einer Fehlbedarfs- geben werden. Diese Verlässlichkeit Das Musikfest Bremen präsentiert Stadt. Kulturelle Bildung für junge Carsten Sieling ist Bürgermeister der fi nanzierung ausgezahlt. Ab  wird von unserer Seite hat dazu geführt, regelmäßig ein anspruchsvolles Menschen ist uns weiterhin wichtig, Freien Hansestadt Bremen. Die Fragen in Köln die Festbetragsförderung zur dass sich Sponsoren und Mäzene sehr Programm, zudem gibt es eine rege da leisten die Museen, Theater und stellte Verena Schmidt, Mitarbeiterin Regel. Bei der Festbetragsfi nanzierung großzügig für die Einrichtungen ihrer Jazz- und Popularmusikszene. Auch Orchester bereits Beachtliches. Au- des Deutschen Kulturrates Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  INLAND 07

Wir sind nicht hilflos Ein -Punkte-Programm . Comprehensive cataloguing . Civilian support networks: mit zivilgesellschaftlichen Unterstüt- chen und unbeweglichen Kultur- und für einen nachhaltigen and digitization: Ein nachhaltiger Schutz von Kultur- zungsnetzwerken (.) und Interventi- Naturgütern nicht nur langfristig ge- Eine der wichtigsten präventiven Maß- und Naturgütern in Krisensituationen onsteams (.) kooperieren. speichert, sondern in virtuellen oder Kulturgutschutz nahmen ist die umfassende Inventa- ist ohne zivilgesellschaftliche Exper- sogar analogen Rekonstruktionen für risierung und nach Möglichkeit Di- ten- und Unterstützungsnetzwerke vor . Cooperative funding models: unterschiedliche Zielgruppen erlebbar MARKUS HILGERT gitalisierung materieller Kultur- und Ort kaum vorstellbar. Die Konzeption, Die Kosten eines nachhaltigen Kultur- gemacht werden können. Damit wür- Naturgüter. Entsprechende Inventare Einrichtung und Ausbildung dieser und Naturgutschutzes können nicht al- de auch dem für viele Staaten wirt- almyra haben wir nicht schüt- in analoger oder digitaler Form sind Netzwerke sollten Bestandteil der hier lein von Staatsregierungen, IGOs oder schaftlich bedeutsamen touristischen zen können. Ebenso wenig den nicht nur bei der tatsächlichen oder geforderten Notfallplanung sein. NGOs aufgebracht werden. Vielmehr Potential entsprechender Kultur- und assyrischen Königspalast von virtuellen Rekonstruktion geplünder- sollten auch alternative oder koope- P Nimrud oder die Altstadt von ter Kultur- und Naturgutrepositorien . Cultural crisis rative Finanzierungsmodelle wie etwa Aleppo. Angesichts der unermesslichen unverzichtbar, sondern dienen auch der intervention teams: das crowd funding auf ihr Potenzial in humanitären und kulturellen Katastro- Identifi zierung geraubter und illegal Mitglieder eines solchen Interventi- diesem Zusammenhang überprüft wer- Wir müssen erkennen, phe in Ländern wie Irak, Syrien, Jemen gehandelter Objekte durch Ermittlungs- onsteams sind in erster Linie Expertin- den. Denn in Ergänzung zu unilateralen dass der Kulturgut- oder Libyen scheinen wir dazu ver- und Zollbehörden. Als Medium der nen und Experten, die je nach Situation Hilfsfonds bauen sie auf einer breiten schutz eine Heraus- dammt, ohnmächtige Zuschauer eines Wahl wird dabei die D-Digitalisierung über alle zur Dokumentation und zum Partizipation interessierter Personen- forderung globalen erbarmungslosen Zerstörungswerks an eine zunehmend wichtige Rolle spielen, optimierten Schutz von bestimmten gruppen auf und unterstützen damit die Menschen und ihren kulturellen Iden- nicht zuletzt deswegen, weil sie auch Kultur- und Naturgütern notwendigen zivilgesellschaftliche Verankerung des Ausmaßes ist titätsräumen zu sein. eine naturgetreue Dokumentation und Kompetenzen verfügen und in Krisen- Kultur- und Naturgutschutzes. Auch Doch der Schein trügt. Wir sind Reproduktion von nicht beweglichen situationen vergleichsweise schnell vor an eine weltweit operierende, unab- keineswegs hilfl os. Längst verfügt die Kultur- und Naturgütern ermöglicht. Ort sein können. Ihre Arbeit wird von hängige Stiftung speziell für den nach- Naturgüter Rechnung getragen. Cyber Weltgemeinschaft über das Wissen und Sicherheitsexperten begleitet. Das ge- haltigen Kultur- und Naturgutschutz heritage resorts wären also buchstäb- die Mittel, einen deutlich eff ektiveren, . Crime prevention and criminal samte Team besitzt eine hohe interkul- in Krisen- und Kriegssituationen ließe lich die letzte »Zufl ucht« für Natur- und nachhaltigen Schutz von Kultur- und justice: turelle Kommunikationskompetenz, die sich in diesem Zusammenhang denken. Kulturgüter in ihrer digitalisierten Form. Naturgütern auch in Krisensituationen Krisen- und Kriegssituationen bedingen es ihm erlaubt, sich möglichst schnell zu gewährleisten. Um einen solchen in der Regel eine starke Intensivierung in die lokal existierenden Experten- . Change management: Führende Rolle der UNESCO nachhaltigen Kulturgutschutz errei- von Plünderungen und Raubgrabungen. und Unterstützungsnetzwerke zu in- Change management ist deswegen ein Die Kompetenzen, Kapazitäten und chen zu können, müssen wir jedoch Ihr Ziel ist die Beschaff ung von Objek- tegrieren. grundlegendes Erfordernis, weil Kri- Ressourcen zur Umsetzung eines sol- zunächst anerkennen, dass er eine ten für den illegalen Handel mit Kultur- sensituationen stets mit tiefgreifen- chen Schutzprogramms sind heute Herausforderung globalen Ausmaßes gütern, der langfristig die größte Bedro- . Co-opting potential den Prozessen des Wandels einher- national wie international weitgehend und für die Menschheit insgesamt dar- hung für das Kulturerbe der Menschheit stakeholders: gehen, die vielfach alle Bereiche des vorhanden. Allein, es fehlt an einer glo- stellt. Denn nur diese Einsicht kann darstellt. Kriminalitätsprävention und Ein nachhaltiges Schutzkonzept wird in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen balen Strategie, die die Vernetzung und dazu führen, dass national wie inter- Kriminalitätsbekämpfung auf nationaler Krisen- und Kriegssituationen jedoch und kulturellen Lebens durchziehen. Koordinierung dieser Instrumente steu- national die notwendigen politischen wie internationaler Ebene sind daher nicht nur auf etablierte Interessengrup- Gesellschaften in Krisensituationen ert. Von ihren Mitgliedsstaaten entspre- Rahmenbedingungen für die Umset- eine entscheidende vorbeugende Maß- pen und Institutionen setzen, sondern stehen daher vor der Herausforderung, chend ausgestattet, sollte die UNESCO zung entsprechender Schutzkonzepte nahme für den nachhaltigen Kultur- und in einem ethisch verantwortbaren Rah- ihre Handlungsroutinen an neuen Ge- dabei eine führende Rolle übernehmen. geschaff en werden. Absolute Sicherheit Naturgutschutz auch in Krisensituatio- men auch den Versuch unternehmen, gebenheiten auszurichten. Dies gilt International abgestimmte, leis- können solche Schutzkonzepte gera- nen. Zu den in diesem Zusammenhang mögliche zukünftige Stakeholder – z. B. selbstredend auch für den Kultur- und tungsfähige Konzepte zum Umgang de in bewaff neten Konfl ikten natürlich relevanten Instrumenten gehören ne- militärische und lokale Autoritäten so- Naturgutschutz. Auf zwischenstaatli- mit der globalen Herausforderung des nie garantieren. Ihr Ziel sollte daher ben eff ektiven gesetzlichen Regelun- wie geistliche Führer – zu identifi zieren cher Ebene kann change management Kultur- und Naturgutschutzes sollten vielmehr ein erhöhtes Schutzpotenti- al für Kultur- und Naturgüter auch in Krisensituationen sowie eine größere Nachhaltigkeit der in diesem Bereich eingesetzten personellen und materi- ellen Ressourcen sein. Welche Instrumente und Maßnah- men kommen dabei konkret infrage? In Anlehnung an die im Jahr  von der UNESCO beschlossene  C-Strategie für eine eff ektivere und glaubwürdigere Umsetzung des Welterbeprogramms – die  C stehen für credibility, eff ec- tive conservation, capacity building, communication und community in- volvement – sei hier ein -Punkte- Programm (»Die  C«) für nachhal- tigen Kultur- und Naturgutschutz in Krisensituationen vorgeschlagen. Dieses Programm beinhaltet vorbeu- gende Maßnahmen (.‒.) ebenso wie konkrete Reaktionen auf akute Bedro- hungsszenarien (.‒.). Überdies zeigt es Möglichkeiten auf, die gesellschaft- lichen, infrastrukturellen und fi nanzi- ellen Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Schutz von Kultur- und Naturgütern auch in Krisensituationen insgesamt zu verbessern (.‒.).

. Criteria for Prioritizing Heritage Protection: Grundlage für jedes nachhaltige Schutz- konzept ist die sehr schwierige, aber un- vermeidliche Priorisierung der zu erhal-

tenden Kultur- und Naturgüter. Nur so FOTOLIA.COM / LINDACALDWELL FOTO: können die immer nur begrenzt verfüg- Ruinen der antiken Oasenstadt Palmyra, die der sogenannte Islamische Staat massiv zerstört hat baren und in Krisensituationen meist prekären materiellen und personellen gen auch Kampagnen zur politischen und mit ihnen in ein Gespräch zum Kul- jedoch nie ein top-down-Prozess sein, uns eine moralische Verpfl ichtung sein. Schutzressourcen möglichst eff ektiv gesellschaftlichen Bewusstseinsbildung. tur- und Naturgutschutz einzutreten. sondern lediglich Gegenstand eines Vergessen dürfen wir dabei jedoch nicht, eingesetzt werden. Im Einvernehmen Beratungsangebots an die betroff enen dass diese Konzepte nie mehr sein kön- mit der lokal ansässigen Bevölkerung . Coordinated intelligence . Core facilities: Gesellschaften. nen als ein Angebot zwischen gleichbe- sowie mit der Gruppe der regional und sharing: Ein zentrales Infrastrukturmodul für rechtigten Partnern, ein Angebot, das national relevanten Inter essengruppen Die jüngsten Ereignisse im Irak und in einen nachhaltigen Kultur- und Natur- . Cyber heritage resorts: auch ausgeschlagen werden kann. Mit muss jeder Staat dazu taugliche Kriteri- Syrien haben deutlich gemacht, wie gutschutz ist die Schaff ung von national Schon heute gilt es, eine Zukunftsvision dieser Grundhaltung, die jede Form en erarbeiten und verbindlich festlegen. wichtig die systematische Aufklärung oder supranational operierenden, mitei- davon zu entwickeln, wie bedeutende neo-kolonialer Bevormundung zu auch mit Hilfe von Satellitensystemen nander vernetzten Institutionen, in de- Kultur- und Naturgüter jenseits aller vermeiden sucht, leisten wir langfris- . Contingency planning: zum aktuellen Zustand von Kultur- und nen die für die Umsetzung der Schutz- Krisensituationen und unvermeidlicher tig vielleicht sogar den größten Beitrag Konkrete, auf den Einzelfall zugeschnit- Naturgütern ist. Ebenso notwendig wie maßnahmen erforderlichen Ressourcen Zerstörungen auch für nachfolgende zur nachhaltigen Sicherung unseres tene Notfallpläne sind ein weiteres un- die Aufklärung selbst ist eine zeitnahe und Kapazitäten koordiniert und von Generationen in jedem Fall erfahrbar gemeinsamen Kultur- und Naturerbes. verzichtbares Präventionsinstrument. Übermittlung entsprechender Infor- den beteiligten Staaten bzw. Organisati- bleiben und zumindest indirekt auch Sie legen unter anderem fest, welche mationen an betroff ene Staaten. Hier onen gemeinsam genutzt werden. Diese einen Beitrag zur Finanzierung dieser Markus Hilgert ist Altorientalist und Schutzmaßnahmen für welche Kultur- gilt es, Kommunikationsstrukturen zu core facilities für einen nachhaltigen globalen Herausforderung leisten kön- Direktor des Vorderasiatischen und Naturgüter ergriff en werden und entwickeln, die auch Geheimhaltungs- Kultur- und Naturgutschutz können nen. Zu erreichen wäre dies durch ein Museums im Pergamonmuseum, wer für die Durchführung dieser Maß- erfordernisse bei sensiblen Daten be- in Krisensituationen vergleichsweise weltweites Netzwerk von Repositorien, Staatliche Museen zu Berlin – nahmen verantwortlich ist. rücksichtigen. schnell vor Ort aktiv werden, wo sie eng in denen die D-Modelle von bewegli- Stiftung Preußischer Kulturbesitz 08 EUROPA www.politikundkultur.net

Ins Ausland spenden – eine gute Idee?! Das Musik-Kultur-Politik-TV-Programm der nmz Das Stiftungsnetzwerk Transnational Giving Europe ermöglicht Spenden in Europa und darüber hinaus

CHRISTIAN SCHREIER reitschaft für dieses Thema sowie ohne Betrachtet man jedoch das deutsche den Einsatz der organisierten Zivilge- Spendenaufkommen, wird schnell deut- ie die Hochrechnung des sellschaft, wären die gegenwärtigen lich, dass sich Auslandsspenden anteilig Deutschen Zentralinsti- Herausforderungen in keinster Weise im Promillebereich befi nden und selbst tuts für Soziale Fragen zu bewältigen. Dessen ist sich auch bei einem stetigen Anstieg noch über W (DZI) in Berlin ergeben die Politik bewusst. Das Bundeminis- Jahre keine maßgebliche Rolle einneh- hat, lag die Höhe der  geleisteten terium der Finanzen hat inzwischen men werden. Zentraler sollte in diesem Spenden in Deutschland bei rund , steuerliche Maßnahmen zur Förderung Zusammenhang jedoch die Stärkung Milliarden Euro und damit um etwa  der Hilfe für Flüchtlinge erlassen, wo- des europäischen bzw. des internatio- Millionen Euro höher als . Dies ist durch eine Reihe von Regelungen für insofern erstaunlich, da im bisherigen das Sammeln von Spenden für diese Spendenrekordjahr  aufgrund des Aufgaben auf Zeit vereinfacht wurden. Donaueschinger Musiktage 2015 Hochwassers in Deutschland ( Milli- Eine Maßnahme, die zuletzt für Hilfen Die Behinderung onen Euro) und des Taifuns Haiyan auf für Erdbebenopfer in Nepal ergriff en gelebter europäischer Das SWR-Festival für Zeitgenössische Musik den Philippinen ( Millionen Euro) wurde und zeigt, dass die gegenwärtige und weltweiter Die Donaueschinger Musiktage – erstmals unter der künstleri- eine etwa dreimal so hohe Summe Situation auch in dieser Hinsicht durch- schen Leitung von Björn Gottstein – präsentieren 2015 eine Ge- an Sonderspenden getätigt wurde als aus als Krisensituation begriff en wird. Solidarität ist gerade- neration von jungen Komponisten, deren Uraufführungen den . Die gute wirtschaftliche Lage in Mit den gewaltigen Aufgaben, die zu unverständlich klassischen Orchesterapparat auf höchst unterschiedliche Wei- Deutschland hat mitunter dazu beige- sich durch die Flüchtlingsströme den tragen, dass der Bereich der allgemei- Städten und Gemeinden stellen, setzt se als Klangkörper nutzen, so dass das SWR-Sinfonieorchester nen, nicht in direktem Zusammenhang sich jedoch auch mehr und mehr die Baden-Baden und Freiburg im Eröffnungs- sowie im Abschluss- mit einem Ereignis stehenden Spenden, Erkenntnis durch, dass mindestens mit nalen Solidaritätsgedankens sein. Unter konzert der Musiktage mit einer Reihe an äußerst vielseitigen um  Millionen Euro gestiegen ist. gleichem Einsatz an die Verbesserung diesem Gesichtspunkt ist die Behinde- Uraufführungen brillierte. Unter anderem standen hier Werke von Der Deutsche Spendenrat, der analog der Lebensumstände in den Herkunfts- rung gelebter europäischer Solidarität Yoav Pasovsky und Johannes Boris Borowski auf dem Programm zum DZI jährlich eine Bilanz des Spen- ländern der Gefl üchteten gedacht wer- geradezu unverständlich, steht sie doch sowie das Stück „über“ von Mark Andre, in dem der Klarinettist dens veröff entlicht, die traditionell et- den sollte. Hier kann man die Probleme der heutigen Lebenswirklichkeit vieler Jörg Widmann als Solist auftrat. was niedriger ausfällt, errechnet zwar bestenfalls verwalten, gelöst werden EU-Bürgerinnen und Bürger diametral nur ein Spendenaufkommen von knapp müssen sie in den Krisengebieten die- entgegen, die z. B. in Polen aufwachsen,  Milliarden Euro für , mit einer ser Welt. in England studieren und in Frankreich Steigerungsrate von , Prozent zum Zahlreiche Hilfsorganisationen sind sesshaft werden. Das hier der Wunsch Vorjahr zeigt aber auch diese Hochrech- unermüdlich dabei, den Menschen vor entstehen kann, Organisationen in an- nung einen deutlichen Anstieg. Dieser Ort Hilfe zukommen zu lassen. Heute deren Ländern zu unterstützen, lässt ist in erster Linie durch ein Wachstum hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, sich leicht nachvollziehen. dass neben den großen international Um grenzüberschreitendes Spen- aktiven Organisationen insbesondere den trotz der bestehenden Hürden zu die lokalen Organisationen unterstüt- ermöglichen, haben sich gemeinnüt- zenswert sind, da niemand so gut wie zige Organisationen in inzwischen  Besonders die sie die Bedarfe der Menschen vor Ort EU-Staaten zu dem  gegründeten kleinen lokalen Hilfs- kennen. Doch diese Erkentniss ist noch Netzwerk Transnational Giving Europe organisationen sind weit entfernt von der Verwaltungspra- (TGE) zusammengeschlossen. Die TGE- unterstützenswert xis deutscher Finanzbehörden. Sobald Partner beraten Spender und Empfän- Wie jedes Jahr richten die täglichen Videoberichte von den Donau- die Organisation, die eine Spende er- ger, prüfen die Eignung der Empfän- halten soll, ihren Sitz nicht im Heimat- gerorganisationen, leiten die Spenden eschinger Musiktagen ihre Aufmerksamkeit mit Interviews, Pro- land der Spender hat, sinkt die Attrak- an diese weiter, stellen Spendenquit- benszenen und Konzertausschnitten aber natürlich auch auf die tivität einer Unterstützungszahlung tungen aus und erfüllen alle weiteren Ensemblekonzerte, beispielsweise mit dem Stück „AST“ von Orm der durchschnittlichen Spendenhöhe sofort, da Zuwendungsbestätigungen Berichtspfl ichten. Finnendahl für Kammerensemble, 32 selbstspielende Maschinen, begründet. Die durchschnittliche Spen- von ausländischen Organisationen Ein deutliches Zeichen für den vor- Live-Elektronik und Zuspielung. Außerdem trägt vor allem die denhöhe lag demnach bei , Euro. durch die Finanzbehörden in der Re- handenen Bedarf eines solchen An- Klangkunst das Festival auch aus den Konzertsälen hinaus und Insgesamt spendeten , Prozent der gel nicht akzeptiert werden. Dies gilt gebots, ist die stetig steigende Zahl in den Schwarzwaldort hinein – in diesem Jahr mit Werken von Bevölkerung, wobei jeder Spender und nicht nur für Spenden, die an Organi- an Spendern und an Organisationen, Mario Verandi, Thomas Schulz oder José Antonio Orts. jede Spenderin nicht nur einmal son- sationen außerhalb Europas gerichtet die das Netzwerk nutzen. Seit seiner dern im Schnitt fünf Mal im Jahr aktiv sind, sondern genauso für Spenden in Gründung wuchs auch die Summe der wurde. alle Mitgliedsländer der Europäischen weitergeleiteten Spenden jährlich.  Der mit weitem Abstand am häufi gs- Union sowie an alle Sonderorganisati- wurden bereits über  Millionen Euro ten unterstützte Bereich ist mit etwa  onen der Vereinten Nationen, z. B. das weitergeleitet. Prozent des Gesamtspendenaufkom- Welternährungsprogramm. Das mit den Finanzverwaltungen mens die Humanitäre Hilfe. Darunter Trotz mehrerer Urteile des Europä- abgestimmte und mehrfach ohne Be- versammeln sich die Spendenzwecke ischen Gerichtshofs (EuGH), die einer anstandungen überprüfte Verfahren Kirche und Religion, Kinder- und Ju- Ungleichbehandlung von in- und aus- funktioniert innerhalb ebenso wie au- gendhilfe, Katastrophenhilfe und wei- ländischen Stiftungen und Vereinen ßerhalb Europas. tere. Auf den Bereich der Kultur und entgegenwirken sollen, ist grenzüber- Inzwischen nutzen zunehmend auch Denkmalpfl ege entfallen gerade ein- schreitendes Spenden nach wie vor im Ausland aktive inländische Stiftun- mal , Prozent, jedoch mit steigender problematisch. Die Ungewissheit, ob gen oder Vereine die Expertise von TGE. Tendenz. Um insgesamt  Prozent oder eine Auslandsspende später steuerlich Ihnen geht es nicht um die Spenden- knapp  Millionen Euro ist das Spen- abgesetzt werden kann, schreckt Privat- quittung, sondern um die Hilfe bei der denaufkommen für diesen Bereich von personen wie Unternehmen vielfach ab. Überprüfung von Empfängern vor der Rostocker Sommercampus  auf  gestiegen. Ein greifbares Spender müssen z. B. nachweisen, dass Auszahlung und bei der Berichterstat- Meisterkurse an der hmt Rostock Beispiel dafür ist der Wiederaufbau des tung danach. Die Maecenata Stiftung Berliner Stadtschlosses. Der eigens da- leitete als deutscher TGE-Partner  Jedes Jahr im Sommer lädt die Rostocker Musikhochschule Stu- für geründete Förderverein sammelte Die Ungewissheit, rund , Millionen Euro im Rahmen dierende aus der ganzen Welt dazu ein, eine Woche lang an Meis- bereits über  Millionen Euro an pri- des TGE-Netzwerks weiter; weitere terkursen der verschiedensten Fachrichtungen teilzunehmen. Das vaten Spendengeldern für die Rekons- ob Auslandsspenden , Millionen gingen aus Deutschland Besondere daran sind nicht nur die absolut hochkarätigen Dozen- truktion der historischen Fassade ein. steuerlich geltend in Länder ohne Netzwerkpartner, z. B. ten, sondern auch die Möglichkeit, dass die Studierenden ihr in Dabei hat sich das Spendenaufkommen gemacht werden USA oder in Länder in Asien, Afrika oder den Meisterkursen erarbeitetes Repertoire als Solis ten von  auf  fast verdreifacht und können, schreckt Lateinamerika. zusammen mit einem Sinfonieorchester allein  wurden über  Millionen Auch wenn die Rechtsprechung Euro aus aller Welt für dieses Projekt Spender vielfach ab in Europa darauf abzielt, innereuro- erproben und damit wich- gespendet. päische Spenden über Staatsgrenzen tige Bühnenerfahrung Ob sich der Spendenmarkt gegen- nicht zu benachteiligen, die Praxis sieht sammeln können. wärtig wieder zulasten der Kunst und die Organisation inländische Gemein- nach wie vor anders aus. Das Angebot Kultur verschieben wird, bleibt also ab- nützigkeitsvorgaben erfüllt und die des TGE-Netzwerks wird daher bis auf zuwarten. Spätestens mit den zuletzt zugewendeten Mittel korrekt einsetzt. weiteres benötigt werden, um den in- stark angewachsenen Flüchtlingsströ- Dadurch bestehen selbst bei Spenden ternationalen Entwicklungen der Ge- men sind die anhaltenden Krisenherde in andere deutschsprachige Länder ver- genwart ein Stück weit gerecht werden kostenlos unter: der Welt zumindest für jedermann auch gleichbare Probleme. zu können. in Deutschland gegenwärtig geworden. Die gängige Argumentation lautet, Exklusiv und kostenlos unter www.nmz.de Ohne das oft unkonventionelle und dass Spenden, für die in Deutschland Christian Schreier ist Leiter des www.nmzmedia.de spontane Engagement vieler Freiwil- Steuervergünstigungen gewährt wer- Programms Transnational Giving der liger und eine wachsende Spendenbe- den, auch im Inland verbleiben sollen. Maecenata Stiftung Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WEITE WELT 09 FOTO: JJMILLAN / FOTOLIA.COM / JJMILLAN FOTO: Blick ins Bardo-Museum in Tunis. Es versammelt die Spuren all jener Zivilisationen und Epochen, die Tunesien in den letzten . Jahren geprägt haben Ringen um den öffentlichen Raum Auseinandersetzungen um kulturelle Deutungshoheit und neugewonnene Freiheiten in Tunesien

SARAH MERSCH ausgerechnet dieses Museum angegrif- Bürger klein und ignorant halten.« Das dort ihre Spuren hinterlassen. »Am An- wollen, immer wieder Probleme mit den fen wurde, sei kein Zufall – und nicht gleiche Mittel, das heute die Terroristen fang waren die Bewohner misstrauisch. Behörden. »Acht Stunden habe ich im uten Tag. Zu wem wollen nur als Angriff auf den wirtschaftlich zu nutzen versuchten, um ihre Ziele Nach ein paar Tagen kamen sie, um uns Mai auf der Polizeiwache verbracht«, er- Sie?« fragt der Polizist skep- so wichtigen Tourismus zu verstehen. durchzusetzen. die Mauern ihrer Häuser anzubieten.« zählt The Inkman, »weil irgendjemand tisch, bevor er mit einem Den Ort Erriadh hat Ben Cheikh be- erzählt hat, ich würde Propaganda für Kopfnicken bedeutet, weiter wusst ausgewählt, denn dort steht auch den Islamischen Staat auf eine Mauer G »Angriff auf die universelle Kunst statt politischer Slogans zu gehen. Stacheldraht, Polizeikontrol- die La Ghriba-Synagoge, die älteste des sprühen.« In Wirklichkeit handelte es Humanität« len und eine Gedenktafel am Eingang Während Ben Moussa versucht, mög- Kontinents. Das Dorf ist Heimat für die sich um das Wort Musk, englisch für den erinnern ein halbes Jahr nach dem . Das Bardo-Museum versammelt die lichst viele junge Tunesier für das kul- größte jüdische Gemeinde des Landes. Moschus, ein in Tunesien traditionell März  noch an den Anschlag auf das Spuren all jener Zivilisationen und turelle Erbe des Landes zu sensibilisie- »Wir wollten damit die Besonderheit beliebter Duftstoff . Dass die Passanten Bardo-Museum in Tunis, der mehr als Epochen, die in den letzten dreitau- ren, nutzen andere die Möglichkeit, die der Insel aufzeigen, zeigen, dass fried- sein Spiel mit den Buchstaben nicht zwanzig Menschen das Leben kostete. send Jahren die Geschichte des Lan- Kunst aus den Museen und Galerien liches Zusammenleben von Juden und entziff ern können, ist der Künstler in- Im Inneren des modernen, lichtdurch- des am Nordostzipfel des afrikanischen auf die Straße zu bringen. Seit dem Muslimen keine Utopie ist, sondern seit zwischen gewohnt. »Die meisten denken, fl uteten Gebäudes wurden die Spuren Kontinents geprägt haben: Spuren der politischen Umbruch  erlebt die Jahrhunderten Normalität.« Die mehr ich mache arabische Kalligrafi e. Dabei längst beseitigt. Ein meterhohes Mosaik punischen Kriege, der Entwicklung Tu- Street-Art in Tunesien einen Boom. als zweihundert Kunstwerke haben im sind es lateinische Buchstaben, die nur dominiert die Eingangshalle. nesiens zur sogenannten Kornkammer »Früher konnte man Kunst nur für die Dorf auch wirtschaftlich ihre Spuren von der arabischen Schrift inspiriert »Wir können und wollen nicht ver- Roms, über die Gründung der wich- Regierung machen. Heute macht man hinterlassen. Mehrere Galerien, Ge- sind.« Von explizit politischen Botschaf- gessen, was passiert ist. Das hat tiefe tigsten islamischen Stätten in Afrika sie um der Kunst und um des Publikums schäfte und Restaurants haben eröff net, ten und Diskussionen hält sich der junge Wunden hinterlassen, aber wir müs- durch arabische Eroberer bis hin zur willen«, sagt Mohamed Kilani Tbib. Un- seit das Projekt die Touristen anzieht. Mann dabei bewusst fern, ihm gehe es sen nach vorne schauen«, sagt Moncef ältesten noch existierenden Synagoge ter seinem Künstlernamen The Inkman vielmehr darum, mit seiner Kunst Men- Ben Moussa, Kurator des Museums und des Kontinents durch jüdische Einwan- macht der -jährige Grafi kdesigner schenliebe und Respekt zu vermitteln. Aufhören, das kulturelles Erbe Hüter der größten Mosaikensammlung derer. »Wenn ein Tunesier das Museum Calligraffi ti, kalligraphische Graffi tis. »Der Akt, diese Kunst auf der Straße auf den Müll zu schmeißen weltweit. Eigentlich sei es zu erwarten betritt, dann ist er stolz, ein Teil dieser Meist sind es einzelne Worte oder Ge- zu machen, ist politisch, nicht die Kunst gewesen, dass ein Angriff irgendwann reichen Kultur zu sein. Und wenn ein dichtzeilen, die Tbib sprüht, »am liebs- In der Innenstadt von Tunis, zwischen an sich«, fi ndet Mehdi Ben Cheikh. Er das Museum treff en würde, nach den Ausländer es betritt, dann sieht er, dass ten an sehr belebten Orten, sodass alle Bahnhof, Autowerkstätten und einem hoff t, dass diese Form des politischen Zerstörungen von Kulturgütern in Af- auch in ihm ein kleines Stückchen Tu- Leute einen direkten, kostenlosen Zu- Großmarkt für Schmuggelgüter hat Ben Handelns auch in Zukunft möglich sein ghanistan, dem Irak und Syrien. »Viel- nesien steckt. Es ist diese universelle gang dazu haben.« Mal arbeitet er in Cheikh vor kurzem mit » bis« eine wird. Denn trotz der neuen tunesischen leicht haben wir die Alarmglocken nicht Humanität, die von den Terroristen einer verlassenen Fabrik, mal an einem zweite Galerie eröff net. Schon von au- Verfassung, die den Bürgern weitgehen- früh genug gehört«, räumt er ein. Dass angegriff en wurde.« Flugzeugwrack in einem leicht herun- ßen ziert ein meterhohes Graffi ti die de Rechte und Freiheiten einräumt, Nach dem Anschlag sind die Zahlen tergekommenen Park in einem Vorort ehemalige Fabrikhalle zwischen her- fürchten nicht wenige in Tunesien, der ausländischen Besucher eingebro- der Hauptstadt Tunis, manchmal auch untergekommenen Jugendstilhäusern dass repressive Kräfte angesichts der ZUR REIHE chen. Dafür kamen umso mehr Tunesier, an Wänden mitten in der Stadt. Seine aus der Kolonialzeit. Sein Ziel: die In- terroristischen Bedrohung wieder an viele zum ersten Mal, so Ben Moussa. Werke und die vieler Gleichgesinnter nenstadt dynamisieren. »Das Viertel Land gewinnen und die gerade erst In Kooperation mit der Deutschen Nach dem Anschlag seien es oft die gehören inzwischen in Tunesien zum verdient seinen schlechten Zustand mühsam erkämpfte Freiheit erneut ein- Welle gibt es seit Januar  in jeder Schüler, die nach einem Klassenausfl ug Straßenbild und haben oft hastig hin- nicht! Die Bürger müssen sich ihre schränken. Künstler und Medien seien Ausgabe einen Bericht zur Kultur- noch einmal ihre Eltern mit ins Muse- gesprühte politische Slogans abgelöst. Stadt endlich wieder aneignen und jetzt gefragt, das zu verhindern, so der politik aus einem anderen Land der um brächten, berichtet der Kurator mit Mal sind es dabei Moscheen, mal ein wertschätzen.« Befände sich dieses Galerist. »Noch können wir öff entlich Welt. In den bisherigen Beiträgen einem stolzen Lächeln. Haus der ehemaligen Herrscherfamilie, Viertel in London oder Paris, es wäre Kritik üben. Es liegt an uns, am ganzen dieser Reihe wurde über die Situ- »Den meisten Menschen meines Al- die so zum Kunstobjekt werden. längst eines der angesagtesten der Volk, dies auch in Zukunft möglich zu ation von Kunst und Kultur in der ters ist die Bedeutung der Kultur nicht Im Falle des Projekts Djerbahood ist Stadt, ist sich der Galerist sicher. »Wir machen, es liegt an den Journalisten, Türkei, Russland, Nigeria, Mexiko bewusst«, sagt der Kurator, denn unter es ein ganzes Dorf. Mehdi Ben Cheikh, müssen endlich aufhören, unser kultu- nie wieder zu schweigen.« und Indien berichtet. Die Deutsche der Diktatur war sie marginalisiert oder franko-tunesischer Galerist, hat Erri- relles Erbe auf den Müll zu schmeißen.« Welle sendet parallel dazu in der für Propagandazwecke instrumentali- adh auf der südtunesischen Insel Djerba Doch trotz der neuen Freiheit haben Sarah Mersch ist freie Korrespondentin Kultursendung K. eine Serie »Art siert worden. »Kultur ist ein Mittel der in eine Open-Air-Galerie verwandelt. die meist jungen Künstler, die mit ihrer in Tunis (Tunesien) und Trainerin für of Freedom. Freedom of Art«. Aufklärung, doch ein Diktator will den Künstler aus dreißig Ländern haben Arbeit den öff entlichen Raum erobern die Deutsche Welle Akademie 10 WEITE WELT www.politikundkultur.net

Auf eigene Stärken besinnen Ökologischer, sozialer und demokratischer Neuanfang in Europa statt TTIP und CETA

ERNSTCHRISTOPH STOLPER gen – diesmal der Europäischen Kom- mission und der US-Administration – m . Oktober haben eine hinter verschlossenen Türen gemacht. Viertelmillion Menschen im Die Herrschaft der Demokraten wird Berliner Regierungsviertel wieder durch eine Herrschaft der Bü- A ihren Protest gegen TTIP rokraten wie zu Zeiten der EG ersetzt. und CETA – die Handels- und Inves- Die Defi zite hinsichtlich Transpa- titionsabkommen der EU mit den USA renz und demokratischer Kontrolle, und Kanada – zum Ausdruck gebracht. die wir derzeit bei der Aushandlung In den Monaten zuvor hatten bereits von TTIP erleben, sind nur ein Vorge- über , Millionen Menschen in ganz schmack auf das, was uns im Rahmen Europa die selbstorganisierte Euro- der sogenannten Regulatorischen Ko- päische Bürgerinitiative »Stop TTIP« operation erwartet, wenn es darum geht unterzeichnet. alle Richtlinien und Verordnungen auf Im Zentrum dieser größten Bürger- ihre transatlantische Kompatibilität hin bewegung seit der Friedensbewegung zu überprüfen. stehen die Zukunft der Agrar-, Umwelt- Ein Parlament, das aber nur noch Ja und Sozialpolitik, die Gefährdung von oder Nein sagen kann zu bereits aus- Demokratie und Rechtsstaat durch In- gehandelten Richtlinien und Verord- vestitionsschutz und Regulatorische nungen, wird ernsthaft keine Autorität Kooperation ebenso wie die fl ächen- mehr beanspruchen können. deckende Liberalisierung von Dienst- leistungen und deren Auswirkung z. B. TTIP unterminiert die wirtschaftli- auf die Kultur und öff entliche Daseins- che Basis der Europäischen vorsorge. Integration Die Steigerung des transatlantischen Handels ist das erklärte Ziel von TTIP. TTIP wird die Wie hoch der Umleitungseff ekt dabei Gestalt Europas ist, darüber streiten die Gutachter. Aber nachhaltig verändern, dass es zu einer Reduzierung inner- mit unabsehbaren europäischer Handelsverfl echtungen kommen wird, steht außer Frage. Auch Folgen ist die Befürchtung, dass TTIP eher Vor- teile für die sowieso schon stärkeren und wettbewerbsfähigeren Mitglieds- Eher selten spielt dagegen in der Öf- länder bringen wird als für die Schwä- fentlichkeit eine Rolle, wie TTIP Ge- cheren nicht von der Hand zu weisen. sicht und Gestalt Europas verändern TTIP ist damit auch eine Operation am wird, obwohl das mittel- und langfristig off enen Herzen der Europäischen Inte- für uns mindestens ebenso bedeutsam gration, nämlich der wirtschaftlichen sein wird. Verfl echtung zwischen den Mitglied- staaten.

Bereits heute ist der Anteil deutscher KULTURRAT DEUTSCHER FOTO: TTIP höhlt die demokratische Exporte in die anderen Mitgliedstaaten Der Kultur-Block bei der Großdemonstration »Stop TTIP, Stop CETA« am . Oktober in Berlin Glaubwürdigkeit der EU aus der EU rückläufi g. Der Export-Anteil Dass wir heute in der Europäischen in die Länder der Europäischen Wäh- TTIP ist der unsinnige Versuch Im Übrigen ist es auch das gleiche Den- schaftlichen, sozialen und ökologischen Union ein politisches System haben, rungsunion ist sogar zwischen  und einer Konfrontation mit den Märk- ken, das jegliche Kritik an TTIP sofort Probleme in Europa selbst legen – ge- welches trotz aller noch bestehenden  von , Prozent auf , Prozent ten der Zukunft als antiamerikanisch zu entlarven rade auch in Süd- und Osteuropa. Hier Unzulänglichkeiten grundlegenden zurückgegangen. Vordergründig ein versucht wie es jetzt wieder nach der liegen ökonomische Potentiale brach, demokratischen Standards genügt, ist Ausweis gestiegener Wettbewerbs- Für die USA sind TTIP und das pazifi - großen Demonstration am . Okto- deren Bedeutung weit über alle Prog- keine Selbstverständlichkeit und war fähigkeit deutscher Produkte und sche Pendant TPP zwei Elemente ei- ber in Mode gekommen ist. Mehr als nosen von TTIP hinausgehen. Allein die auch keineswegs immer so. Lange Zeit – Dienstleistungen auf dem Weltmarkt, ner Eindämmungsstrategie gegenüber  Jahre nach dem Fall der Mauer sind Umstellung der Energiewirtschaft auf als die EU noch »Europäischen Gemein- entsteht hierdurch jedoch eine poli- China und gegebenenfalls weiteren die Mauern in den Köpfen off enbar wir- schaft (EG)« hieß – hatten Kommission tisch hochbrisante Situation: Einer aufstrebenden Schwellenländern. Ob kungsmächtiger als gedacht. und nationale Regierungen allein das aggressiv auf die Steigerung der Welt- aus dieser Eindämmungsstrategie ein Kooperation geht vor Sagen. Entscheidungen fi elen hinter markt-Wettbewerbsfähigkeit ausge- wirtschaftlicher oder gar politischer Für eine neue Politik in Europa Deregulierung und verschlossenen Türen. Die Einführung richteten deutschen Wirtschaftspolitik Konfl ikt wie seinerzeit im Kalten Krieg Liberalisierung des Europäischen Binnenmarktes und haben die anderen EU-Mitgliedstaaten erwächst, ist nicht ausgemacht. Er ist Neoliberale Handelspolitik à la TTIP, die die damit drastisch gestiegenen Kom- nichts entgegenzusetzen, weil negative aber aus Sicht der USA auch nicht aus- harte Durchsetzung der Austeritätspo- petenzen Europas trieben dieses De- nachfrageseitige Rückkopplungseff ekte geschlossen und würde gegebenenfalls litik gegenüber Griechenland sowie die Erneuerbare Energien oder der Ausbau mokratiedefi zit auf die Spitze. Beseitigt abnehmen. Anders ausgedrückt: Star- billigend in Kauf genommen. Die Wirt- bisherige auf Abschottung orientierte von Breitband-Telekommunikations- wurde es am Ende durch die Einführung ke Länder wie Deutschland können schaft Europas mit ihrer off enen und Flüchtlingspolitik haben die EU in eine strukturen würde jeweils ein Vielfaches der Politischen Union und die Stärkung schwächere in Grund und Boden kon- globalen Ausrichtung wäre hingegen massive Legitimationskrise gebracht, die der bei TTIP prognostizierten Wachs- des Europäischen Parlaments. kurrieren ohne dass sie ökonomisch eine der Haupt-Leidtragenden einer nur durch eine neue Bürgerbewegung für tums- und Arbeitsplatzeff ekte bringen. Es war nicht das erste Mal in der unmittelbar durch wegbrechende solchen konfrontativen Entwicklung. ein soziales, ökologisches und demokra- In der Außen- und Außenwirtschafts- Geschichte, dass politische Strukturen Märkte beeinträchtigt würden. TTIP ist tisches Europa bewältigt werden kann. politik sollte die Europäische Union ei- neu entstandenen Märkten gefolgt sind, darauf ausgerichtet, diese Orientierung Es ist nicht sichtbar, dass aus den nen Schwerpunkt auf die Ausweitung um eine demokratische Kontrolle zu auf außereuropäische Märkte noch zu Die Wirtschaft hat europäischen Institutionen oder den der wirtschaftlichen Kooperation mit gewährleisten. Und manche Protago- verstärken und stellt damit eine Gefahr Mitgliedstaaten die notwendigen Ini- den großen Schwellenländern wie z. B. nisten einer transatlantischen Freihan- dar, als echter Brandbeschleuniger zu nichts von einer tiativen für eine grundlegende Reform China, Indien, Brasilien legen. Ein zwei- delszone sind auch schnell bei der Hand wirken. Konfrontation mit der EU-Politik kommen. Nur eine sol- ter Schwerpunkt ist die Schaff ung sta- mit der Parallele zum Europäischen Die Sicherung des Zusammenhalts China che Bürgerbewegung ist in der Lage, die biler wirtschaftlicher Grundlagen in der Binnenmarkt. Sie verschweigen dabei der Europäischen Union würde damit notwendige Dynamik hervorzubringen. Region Nordafrika und Mittlerer Osten jedoch eins: Niemand ist auch nur an- von der wirtschaftlichen Verfl echtung Initiativen gegen TTIP und CETA, Akti- (MENA) ebenso wie auf dem afrikani- satzweise bereit, den Prozess der politi- in den Bereich der Sozialtransfers ver- Dennoch setzen große Teile von Po- onsgruppen gegen die Austeritätspoli- schen Nachbarkontinent. Dies alles hat schen Integration auf transatlantischer lagert. Man braucht nicht viel Phantasie, litik und Unternehmensverbänden in tik oder Gruppen für eine menschliche Vorrang vor einer allein auf Liberalisie- Ebene zu wiederholen. Selbst wenn wir um sich vorzustellen, wann aus dem Deutschland allein auf die transatlan- Flüchtlingspolitik sind hierfür wichtige rung und Deregulierung ausgerichteten Europäer uns dies vielleicht noch vor- Kreis der wirtschaftlich starken Mit- tische Karte. Sie schaff en es, in einem Kristallisationspunkte. neoliberalen Freihandelsagenda. stellen könnten, in den USA sind ein gliedsländer genau dies und damit auch Atemzug die gestiegene Bedeutung asi- Europa muss sich dabei auf seine gemeinsamer transatlantischer Präsi- die Existenz der Politischen Union ins- atischer Zukunftsmärkte zu beschwö- Stärken zurückbesinnen: die kulturelle Ernst-Christoph Stolper ist Sprecher dent oder ein transatlantischer Kon- gesamt in Frage gestellt würde. Der alte ren und als Rezept die Vertiefung der Vielfalt, das europäische Sozialmodell des Arbeitskreises Internationale gress außerhalb jeder politischen Vor- Konfl ikt, ob Europa eine Freihandelszo- transatlantischen Beziehungen durch einer nicht nur am Shareholder-Value Umweltpolitik des BUND, einer der stellungskraft. Nein: Der Weg zu einer ne oder eine Politische Union sein soll, TTIP zu empfehlen. Es ist diese er- orientierten Marktwirtschaft, die Ori- Sprecher der selbstorganisierten Euro- echten demokratischen Kontrolle eines wäre damit wieder neu aufgemacht und schreckende außen- und wirtschafts- entierung am Vorsorgeprinzip, wenn es päischen Bürgerinitiative »Stop TTIP« transatlantischen Marktes ist verbaut. Jahrzehnte europäischer Integrations- politische Phantasielosigkeit, die eine um den Schutz von menschlicher Ge- und der Demonstration »TTIP und Und so werden wieder, wie in der Zeit anstrengungen mit all ihren friedens- direkte Kooperationsstrategie mit sundheit und den Schutz der Umwelt CETA stoppen« am . Oktober  in vor der Europäischen Union, Gesetze und wohlstandsfördernden Eff ekten auf großen asiatischen Zukunftsmärkten geht. Eine solche Politik sollte den Berlin sowie des Bündnisses »ttip- und Verordnungen zwischen Regierun- dem Müllhaufen gelandet. zunehmend erschwert. Schwerpunkt auf die Lösung der wirt- unfairhandelba r« Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WEITE WELT 11

ten Standardsetzung um die Absicherung der bestehenden Wettbewerbsvorteile der TTIP und der globale Süden Handelspartner und nicht um die globale Durchsetzung von Sozial-, Menschen- Wie wirkt sich TTIP auf Entwicklungs- und Schwellenländer aus? rechts- und Umweltstandards.

CORNELIA FÜLLKRUGWEITZEL Ende des Zweiten Weltkrieges globale Re- Verhandlungsmandat die Rede, noch ist TTIP schaff t Entwicklungsländer als Gewinner? geln multilateral gesetzt und allen Staaten bisher vorgesehen, eine Menschenrechts- unfaire Voraus- Fehlanzeige! ür die lange vernachlässigte Frage, – mindestens formal – eine Mitsprache ein- klausel in dem Abkommen vorzusehen, die Niemand hat bisher ernsthaft belegen kön- wie TTIP sich auf die Entwicklungs- geräumt. Die WTO-Verhandlungen waren ermöglicht, Vertragsbestimmungen, die setzungen für nen, dass es durch TTIP einen positiven F und Schwellenländer und auf das allerdings im Sinne der Industrienationen zur Verletzung von Menschenrechten füh- die künftigen Eff ekt auf Entwicklungsländer – besonders multilaterale Handelsregime auswirken immer weniger erfolgreich. Diese extensive ren können, auszusetzen oder zu ändern. Handelschancen auf die ärmsten – gibt. Stattdessen wird wird, ist es interessant, einen Blick zu- Handelsagenda markiert eine höchst be- Ganz zu schweigen von der Schaff ung »erst einmal« von einem Sinken der Real- rückzuwerfen. Lange bevor Brüssel und denkliche Abkehr vom Multilateralismus eines unabhängigen transparenten Be- Dritter und einkommen, also mehr Armut, ausgegan- Washington Verhandlungen über die Er- – nicht nur auf Kosten der BRICS-Länder, schwerdemechanismus für den Fall, dass zementiert gen – vor allem wegen verringerter Export- richtung einer transatlantischen Freihan- deren weiterer Aufstieg verhindert werden Investitionen zu Menschenrechtsverlet- damit die chancen in die EU und USA, weil die künf- delszone aufnahmen, beschäftigte sich der soll, sondern auch auf Kosten armer Staa- zungen in Drittstaaten führen. Beschweren bestehende tig nicht mehr die armen Länder, sondern schon einmal mit dieser Frage. ten, und deren Forderungen nach einem dürfen sich nur Unternehmen – nämlich sich gegenseitig mit Handelspräferenzen Auf eine Anfrage der Opposition, wie die Handelssystem, das auch ihnen Chancen wenn die Politik Menschenrechte und globale begünstigen. Die bestehenden Marktprä- Regierung ein mögliches Freihandelsab- einräumt, die sie für eine erfolgreiche Ent- Umwelt vor ihnen schützt und sie dies Ungleichheit ferenzen – im Falle von TTIP für Importe kommen zwischen der EU und den USA wicklung dringlich benötigen. Anstatt mit als »Handelshemmnis« deuten! aus Entwicklungsländern in die USA und beurteile, antwortete die Bundesregierung allen Staaten gemeinsame Anstrengungen die EU – werden durch gegenseitige Zoll- im Frühjahr : »Die Bundesregierung zu unternehmen, um einen fairen und öko- Progressive Standardsetzung? senkungen in beiden Wirtschaftsräumen hält ein (solches) Freihandelsabkommen logisch nachhaltigen Welthandel zu schaf- Fehlanzeige! faktisch erodieren. Mögliche Positiveff ek- für nicht realistisch, … (da) es von anderen fen, der die Grundlage für einen Wohlstand TTIP-Befürworter preisen die Idee globa- te werden (nur) in dem indirekten Eff ekt Ländern als Abwendung der beiden größ- aller Menschen bildet, versuchen EU und le Standardsetzung durch TTIP als sinn- gesehen, dass Europäer und Amerikaner ten Handelspartner vom multilateralen USA sich unilateral Wettbewerbsvorteile vollen Versuch der Europäer, den Welt- aufgrund des vermuteten höheren Ein- Handelssystem aufgenommen würde. Es zu verschaff en. handel nach europäischen Maßstäben kommens nach der Einführung von TTIP würde die WTO nachhaltig schwächen Dabei ist die Förderung von ökologi- und Vorstellungen zu formen und dabei mehr Geld für Tourismus im Süden haben und auf absehbare Zeit alle Bemühungen schen und sozialen Handelsbeziehungen assoziieren die meisten den Menschen- ( Euro im Jahr!)… zur multilateralen Handelsliberalisierung das Gebot der Stunde. In den vergangenen rechts- und Umweltschutz. Nicht zuletzt TTIP schaff t unfaire Voraussetzungen beeinträchtigen. Ein (solches) Freihan-  Jahren hat sich der Welthandel verne- die TTIP-Regelungen zum Rohstoff bereich für die künftigen Handelschancen Dritter delsabkommen würde außerdem an den unfacht. Trotz – oder gerade wegen – die- machen aber deutlich, was EU und USA und zementiert damit die bestehende glo- Erfordernissen der transatlantischen ser enormen ökonomischen Zuwachsra- unter globaler Standardsetzung wirklich bale Ungleichheit. Handelsbeziehungen vorbeigehen…..«. ten, profi tiert nur ein begrenzter Teil der verstehen und was nicht: Grundsätzlich Bei dieser kritischen Einschätzung ging Menschen von den um den Globus zirku- wäre der Rohstoff bereich ein Thema par Stärkung und Reform des multilate- die damalige Bundesregierung aber noch lierenden Waren und Dienstleistungen. Ein excellence, um weltweit bessere und ver- ralen Handelsregimes davon aus, dass eine transatlantische beträchtlicher Anteil der Weltbevölkerung bindliche Umwelt- und Menschenrechts- Die Weltgemeinschaft benötigt aber kei- Freihandelszone (lediglich) dazu diene, ist hingegen von dieser Entwicklung ausge- standards zu setzen. Die bisher bekannten ne privilegierten Handelsblöcke, sondern Regelungen für den Handel innerhalb der schlossen. Millionen von Menschen in Afri- Verhandlungstexte zu TTIP lassen jedoch die Wiederbelebung und Reform eines Freihandelszone zu treff en, wie dies bei ka, Asien und Lateinamerika wurden in den ein solches Bestreben schmerzlich vermis- multilateralen Handelssystems. Ein mul- bilateralen Abkommen üblich ist. vergangenen drei Jahrzehnten noch wei- sen. Der EU geht es vielmehr darum, ihre tilaterales System ist der richtige Ort um ter an den Rand der Gesellschaft gedrängt. einheimischen Industrien durch den »si- Standards zu setzen und weiter zu entwi- Neue Regeln für den Welthandel des Viele von ihnen haben ihre Existenz- und cheren Import von günstigen« natürlichen ckeln. Dies gilt zum einen für Produkt- und . Jahrhunderts – unter Ausschluss Lebensgrundlage verloren. Betroff en sind Rohstoff en abzusichern. Schon seit langem Produktionsstandards. Damit die Länder der Entwicklungsländer vor allem ohnehin benachteiligte Men- fordert die EU, zur Sicherstellung ihres Zu- des globalen Südens und ihre Interessen Die gegenwärtigen Verhandlungen über die schen wie Kleinbauern und Fischer. gangs zu Rohstoff en von den Staaten, die mitberücksichtigt werden, müssen sie bei Errichtung von TTIP gehen aber weit über Indem TTIP eine weitere Besserstellung über große Rohstoff vorkommen verfügen, Festlegung dieser technischen Standards die Regelungen von bilateralen Abkommen der EU und der USA anstrebt, verschärft das Verbot von Ausfuhrzöllen auf natürli- mit eingebunden werden. Zum anderen hinaus. Mit TTIP wollen EU und USA dezi- es den Verdrängungsprozess. Die Sche- che Ressourcen wie Erz oder Kupfer, sowie gilt dies auch für die (Weiter-)Entwicklung diert anstelle der WTO die künftige Blau- re zwischen armen und reichen Ländern die Liberalisierung von Investitionen und von Standards in den Bereichen Menschen- pause für den Welthandel setzen, wollen wird noch größer. Ein solches Vorgehen Stärkung von Investoren. rechte und Umwelt. Hier ist eine Reform »Regeln und Standards vorantreiben, die widerspricht den europäischen Prinzipien. Die TTIP-Verhandlungen sollen nun der Welthandelsorganisation WTO drin- die Grundlage für zukünftige internationa- Im Vertrag von Lissabon hat sich die Euro- dazu dienen, die dort getroff enen marktli- gend notwendig. Gehörte es doch zu den le Abkommen bilden können«, so der frü- päische Union verpfl ichtet, ihr außenpoli- beralen Regelungen langfristig zu globalen Geburtsfehlern der WTO, dass sie nicht in here EU-Handelskommissar Karl De Gucht. tisches Handeln so auszurichten, dass es Regeln zu machen. Einigen sich EU und das UN-System eingebunden wurde, und Mit anderen Worten: Die transatlantische den Anstrengungen der europäischen Ent- USA bei TTIP auf ein strenges Verbot von die Menschen- und Umweltrechte der Ver- Freihandelszone, sie stellt den Versuch ei- wicklungszusammenarbeit nicht nur nicht Exportbeschränkungen bei Rohstoff en, so einten Nationen damit nicht die entspre- ner »Neuformulierung der Regeln für die zuwiderläuft, sondern sie im Gegenteil för- steht zu befürchten, dass langfristig Ex- chende Verbindlichkeit entfalten konnten. Weltwirtschaft des . Jahrhunderts« (Ba- dert. Laut EU-Lissabon-Vertrag ist die EU portsteuern kaum noch zugelassen wer- Handel ist aber nur dann zukunftsfähig, rack Obama) nach dem Gusto mächtiger ferner verpfl ichtet, die Menschenrechte den. Kurzum: Es geht ihnen nicht um die wenn er den Menschenrechten und dem Handelsmächte, die um ihre Vorrangstel- in ihrer nach außen gerichteten Politik zu Schaff ung eines nachhaltigen und fairen Schutz globaler Güter Vorrang einräumt. lung bangen, dar. Ein solches Anliegen achten und zu fördern. Von Entwicklungs- Rohstoff handels, sondern um die Absi- kommt einem handelspolitischen Para- und Menschenrechtsverträglichkeitsprü- cherung ihrer Versorgung mit Rohstoff en. Cornelia Füllkrug-Weitzel ist Präsidentin digmenwechsel gleich, wurden doch seit fungen oder -vorgaben war aber weder im Generell gilt: Es geht bei der viel gerühm- von Brot für die Welt FOTO: DEUTSCHER KULTURRAT DEUTSCHER FOTO: 12 KULTURELLLE BILDUNG www.politikundkultur.net

Qualität sichern

Susanne Keuchel zieher und Lehrkräfte nachteilig ist für im Gespräch männliche Schülergruppen. Eine Iden- tifi kation mit Lehrkräften kann auch bezogen auf weitere Faktoren, nicht Vor knapp zwei Jahren haben Sie nur das Geschlecht, diskutiert werden, das Amt der Direktorin an der Aka- beispielsweise bezogen auf Migrati- demie Remscheid übernommen. onshintergründe, unterschiedlichste Was hat sich in dieser Zeit verän- Milieus oder Generationen. Hier wäre dert? Wie ist es Ihnen ergangen? eine bessere Durchmischung der Lehr- Eine große Einrichtung mit einer kräfte des gesamten Bildungsbereichs langen Tradition wie die Akademie wünschenswert. Remscheid ändert sich nicht von heu- te auf morgen und das ist positiv her- In der Diskussion ist zurzeit häufi g vorzuheben. Der langjährige Erfah- die notwendige Integration von rungsschatz ist ein kostbares Gut, ein gefl üchteten Menschen in Ausbil- großer Wettbewerbsvorteil, und den dung und Arbeitsmarkt. Inwiefern wirft man nicht spontan über Bord. betriff t diese Entwicklung auch die Aber natürlich haben sich Verände- Angebote der Akademie Remscheid rungsprozesse in den letzten zwei als Weiterbildungsinstitution? Jahren ergeben. Die Aktivitäten, die Diversität ist aktuell bei uns in der in dieser Zeit auf meine Initiative Akademie ein wichtiges Thema, das zurückzuführen sind, lassen sich vor sehr viel Raum in allen Arbeitsfeldern allem drei Zielrichtungen zuordnen: einnimmt: Wir haben jüngst eine a) das Sichtbarmachen des span- Studie zur Internationalität von kul- nenden Profi ls der Akademie in der turellen Bildungsinhalten erstellt. Der Außendarstellung einer sich in den erste Band unserer neuen Schriften- letzten Jahren stark verändernden reihe beim transcript-Verlag widmet

FOTO: FREEPENGUIN FOTO: kulturellen Bildungslandschaft, die sich dem Thema Diversität und wir Das Buddenbrook-Haus in Lübeck zunehmend unübersichtlich wird entwickeln aktuell auch eine Fortbil- durch eine Vielzahl an neuen Akteu- dung zur »Diversitätsbewussten Kul- ren und Tätigkeitsfeldern, turellen Bildung« (DiKuBi) zusammen b) damit einhergehend eine Auswei- mit der Universität Münster mit För- tung der schon bestehenden interna- dermitteln des Bundesministeriums tionalen Netzwerke und für Bildung und Forschung (BMBF). »Die Manns und wir« c) eine stärkere interne Vernetzung Diese soll vor allem Vermittler unter- der unterschiedlichen Arbeitsfelder stützen im Umgang mit heterogenen Kultureinrichtungen verändern durch neue Nutzer: Wie das Lübecker Buddenbrook und Einrichtungen innerhalb der Aka- Zielgruppen, die sich aus unterschied- Museum sich gemeinsam mit jugendlichen Kuratoren neu aufstellt demie, um Potenziale und Synergie- lichsten kulturellen Hintergründen eff ekte eff ektiver nutzen zu können. zusammensetzen. Diese Fortbildung BIRGIT MANDEL Partizipative Projekte der kulturellen schiedlicher Zielgruppen zu hinterfra- Und zu der Frage nach den persönli- gewinnt angesichts der aktuellen Bildung mit Jugendlichen gibt es in- gen und diese für kulturelle (Selbst-) chen Erfahrungen in dieser Zeit: Nicht Flüchtlingssituation an Bedeutung. as könnte junge Men- zwischen in vielen Museen. Außerge- Bildungsprozesse neu zugänglich zu nur die Akademie hat sich verändert, Langfristig werden wir natürlich nicht schen  an der wöhnlich an diesem Projekt ist, dass machen. Voraussetzung für die Förde- sondern die Akademie hat auch mich nur bezogen auf die Zielgruppen, wechselvollen Lebens- die jugendlichen Kuratoren nicht ihre rung ist es, dass Vermittlung dabei von verändert und bereichert: Als sehr sondern auch auf der Multiplikatoren- W geschichte der groß- eigenen Lebensgeschichten einbrin- Anfang an konzeptionell mitgedacht positive Bereicherung erlebe ich die ebene prüfen, ob es neuer Fortbil- bürgerlichen Lübecker Kaufmann-und gen, sondern sich mit Fragen der rele- wird im Rahmen eines partizipatori- Möglichkeit, Forschungskontexte dungsformate für Flüchtlinge bedarf, Künstlerfamilie Mann interessieren? vanten Präsentation und Vermittlung schen und dialogorientierten Ansatzes. konkret an Fortbildung und Praxis an- die in ihrer Heimat professionelle Was kann der Nobel-Preis gekrönte literatur- und kulturhistorischer Do- In Deutschland wird zwar im inter- zubinden und mich hier auch neuen Erfahrungen gemacht haben im Feld Roman über die Familienära der Bud- kumente und Artefakte auseinander- nationalen Vergleich sehr viel in den Themenfeldern und interdisziplinären der Kulturellen Bildung. Auf unserem denbrooks und die darin verarbeiteten setzen und damit zu Kollegen werden. Erhalt kulturellen Erbes und kulturel- Diskursen zu öff nen. Spielmarkt , der größten päda- Geschichten einer Familie im politi- Sie sind nicht nur als »Experten ihres gogischen Fachmesse in Deutschland schen und gesellschaftlichen Wandel eigenen Alltags« gefragt, sondern zu- In der Akademie Remscheid fi ndet zum Thema Spiel, wird es beispiels- bieten – außer als »kulturelles Erbe« gleich als Sachverständige für die Neu- Das Projekt erfordert seit gut zwei Jahren ein Genera- weise erstmals ein Forum geben, auf Wertschätzung zu erfahren? Interpretation des Themas aus Sicht Off enheit und den tionswechsel statt. Was bedeutet dem Flüchtlinge Fachkräften aus der Wie wird Literatur aus einer ande- junger Zielgruppen. Bemerkenswert dies für die Akademie? Wie gestal- Jugend- und Kulturarbeit Spiele aus ren Zeit zu einem Ereignis für junge ist auch, dass die Projektergebnisse Mut der Institution ten Sie diesen Wechsel? ihren Herkunftsländern vorstellen. Menschen heute, ein Ereignis, das mehr nicht ausgelagert in einer Sonderaus- Museum Generationswechsel sind immer span- noch neue kulturelle Erfahrungen und stellung präsentiert werden, sondern nende Herausforderungen. Ich sehe Abschließend ein Blick in die Zu- nachhaltige individuelle, kulturelle Bil- in die Dauerausstellung eingehen, die den Generationswechsel als gelungen kunft: Welche Pläne haben Sie für dungsprozesse initiieren kann? sich damit sicherlich stark verändern ler Institutionen investiert, die Frage an, wenn gute Tradition bewahrt und die kommenden Jahre? Welchen In dem Mitte September  ge- wird. Die Vermittlung ist von Anfang danach, wie sich Inhalte und Artefakte zugleich Raum geschaff en wird für Herausforderungen sehen Sie sich starteten Projekt »Die Manns und wir« an in die Gesamtkonzeption eingebun- für ganz unterschiedliche Nutzer über neue Innovationen. Ich sehe mich hier gegenüber? werden nicht nur Vermutungen darü- den und nachhaltig angelegt. fachspezifi sche Perspektiven hinaus, als Moderator und Prozessgestalter, Neben den eingangs schon genann- ber angestellt, was für potenzielle jun- Zwangsläufig wird es zu kontro- so vermitteln lassen, dass sie relevant diesen Balanceakt innerhalb der Aka- ten Zielen, die vielfältigen Ressour- ge Besucher des Buddenbrook Hauses versen Diskussionen zwischen den und bedeutsam werden, wird noch zu demie zu ermöglichen. cen der Akademie besser zu bündeln mit seiner kulturhistorischen Ausstel- jungen Kuratoren und den Profi s des wenig gestellt. und die Aktivitäten der Akademie lung über die Familie Mann relevant Museums darüber kommen, wie die Traditionelle Kultureinrichtungen Zuvor gehörten viele Mitglieder stärker nach außen zu tragen, wird sein könnte. Vielmehr macht sich das Geschichte erzählt werden soll: Was stehen vor der großen Herausforde- des Kollegiums einer Alterskohorte es ein wichtiges Anliegen der Akade- Museum gemeinsam mit  Schülerin- gilt als literaturwissenschaftlich oder rung sich im Zuge der Veränderungen an. Wollen Sie dies ändern? Und mie sein, Qualität in der kulturellen nen und Schülern der . und . Klasse kunsthistorisch »richtige« Lesart, was in der Bevölkerung neu aufzustellen, wenn ja, wie? Bildung und hier auch konkret in einer Lübecker Gemeinschaftsschule ist ausstellungswürdig und was sind um auch für nachwachsende Generati- Ich würde Personalstrategien niemals der Weiterbildung zu sichern. Dies auf den Weg, Berührungspunkte zwi- für wen relevante Themen und auf onen und für neue Bevölkerungsgrup- von einem soziodemographischen wird künftig verstärkt nötig sein schen den Welten zu identifi zieren und welche Weise vermittelt man diese pen aus anderen Kulturräumen attrak- Merkmal, wie dem Alter, abhängig ma- angesichts zunehmender prekärer, sich dabei zugleich als Museum neu am besten? Diese Auseinanderset- tiv und relevant zu sein. Diese insti- chen. Entscheidend ist für mich immer freiberufl icher und kurzweiliger Be- zu erfi nden. zungen werden viel zusätzliche Zeit tutionellen Transformationsprozesse die Qualifi kation und Motivation eines schäftigungsverhältnisse, aber auch Insgesamt drei Jahre werden die kosten, und sie werden »interkulturel- werden ihnen vermutlich am ehesten Bewerbers, die für mich einhergeht mit unter dem Aspekt der zunehmenden Schülerinnen und Schüler gemeinsam le« Lernprozesse bei allen Beteiligten gelingen, wenn sie auch konzeptionell der Leidenschaft für Inhalte. Funktionalisierung von Bildung unter mit einer dafür engagierten Projekt- herausfordern. mit denjenigen zusammen arbeiten, ökonomischen Gesichtspunkten. Hier leitung sowie den Wissenschaftlern, Das Projekt erfordert die Off enheit die sie für sich gewinnen möchten. Im Bereich der kulturellen Bildung gilt es, gemeinsam Strategien zu ent- Kuratoren, Gestaltern und Vermitt- und den Mut der Institution Museum, Das Projekt »Wir und die Manns« ist häufi g von einer »Feminisierung wickeln, um Qualitätsstandards nicht lern des Museums gemeinsam daran sich auch jenseits traditioneller litera- kann beispielhaft sein für eine zu- des Arbeitsfeldes« die Rede. Spielt nur zu sichern, sondern auch konse- arbeiten, die Dauerausstellung des turwissenschaftlicher und kulturhisto- kunftsfähige Vermittlungsarbeit von dieser Aspekt bei den zukünftigen quent weiterzuentwickeln im Sinne Museums neu zu kuratieren, die  rischer Kategorien und Standards auf Museen, indem es jungen Menschen Neubesetzungen eine Rolle? der Persönlichkeitsbildung. nach grundlegender Renovierung des neue Perspektiven einzulassen, diese die Möglichkeit gibt, ihre Interessen Bezogen auf das Geschlecht gilt für Allgemein muss das Feld der Kultu- Buddenbrook Hauses neu eröff net wird. tatsächlich ernst zu nehmen und auch am Ausstellungsthema selbst einzu- mich dasselbe wie für das Alter: Einzig rellen Bildung künftig wieder stärker Dabei steht die gesamte Ausstellung umzusetzen. bringen und ästhetisch mitzugestalten, die Qualifi zierung der Bewerber zählt! gesellschaftspolitisch agieren. Wir zur Disposition. Ermöglicht werden der zusätzliche um den lohnenden Preis, dass dies zu Aber Sie haben natürlich Recht, was können nicht mit dem Anspruch an- In die Ausstellung sollen auch Er- Personalaufwand sowie Ressourcen für Auseinandersetzungen, Infragestel- die Feminisierung des Arbeitsfeldes treten, Kinder und Jugendliche mit fahrungen von jungen Flüchtlingen in die Umsetzung durch die Förderung lung eigener Qualitätsmaßstäbe und angeht. Das bestätigen auch aktuelle kultureller Bildung zu stärken und Lübeck integriert werden, mit denen der Commerzbank-Stiftung. Diese hat zu Veränderungen des Museums füh- Studien der Akademie. Für junge Ziel- gleichzeitig die Augen verschließen, die Jugendlichen über Vorstellungen ihre Kulturförderung auf beispielhafte ren wird. gruppen wäre es natürlich vorteilhaft, wenn sich gesellschaftliche Rahmen- von »Heimat« und »Familie«, den gro- Projekte der (Neu-)Vermittlung kul- wenn sich vielfältige Identitätsbezüge bedingungen für viele junge Men- ßen Themen des Buddenbrook Ro- turellen Erbes fokussiert, mit denen Birgit Mandel ist Professorin für zu Vermittlern ergeben. In Grundschu- schen verschlechtern. mans, refl ektieren und dabei neben es gelingt, die Bedeutung der tradi- Kulturmanagement und Kultur- le und Kindertagesstätten wird aktuell Ausstellungsinhalten auch Stadtrund- tionellen Kunst- und Kulturgüter für vermittlung an der Universität sehr intensiv diskutiert, inwieweit die Susanne Keuchel ist Direktorin gänge durch Lübeck erarbeiten wollen. die eigene Lebenswirklichkeit unter- Hildesheim starke Feminisierung im Feld der Er- der Akademie Remscheid Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  KULTURELLES LEBEN 13

Empirische Erkenntnisse theologisch reflektieren

Gewissen und beträchtlichen Teil der Einnahmen ein, für alle ein, die euren Beistand brau- gen, welche Wellen und Wirkungen von einmaligen, gesetzlichen Feiertag am Zivilcourage stärken um seine Schulden beim Bankhaus Fug- chen«. Dieses Versprechen legen evan- der Reformation ausgegangen sind. Die . Oktober  gestellt: »Weshalb sol- ger zu begleichen. Luther stellte das gelische Pfarrerinnen und Pfarrer bei »Methode« Luthers ist dabei selbstver- len Muslime das Reformationsjubiläum Ergebnis seiner Analyse dann in The- ihrer Ordination ab. Luthers  The- ständlich auch gegen ihn selbst anzu- in einem angemessenen Rahmen bege- MARKUS DRÖGE senform zur Disputation. Wo immer er sen zeigen, welche immensen Auswir- wenden: Wir haben zu analysieren, hen? Das ist mir irgendwie schleierhaft, sie angeschlagen hat, allein wichtig ist kungen es haben kann, wenn auch nur wo die Reformation nicht nur Segen wenn nicht gleichzeitig zumindest das b es historisch wahrscheinlich die Tatsache, dass sie tatsächlich wis- einer den Mut hat, das zu sagen, was gebracht hat, wo Luthers Denken, Re- Zuckerfest als gesetzlicher Feiertag in ist, dass die  Thesen Martin senschaftlich diskutiert wurden. So Sache ist – so wie das Kind im Märchen den und Tun menschenverachtende Berlin eingeführt wird. Dasselbe triff t O Luthers an die Tür der Schloss- bezeugt es ein Gutachten »Des Kaisers neue Kleider«. und menschenzerstörende Wirkun- für die Anhänger der mosaischen Re- kirche zu Wittenberg geschlagen wur- der Wittenberger Univer- Natürlich war diese Zivil- gen gezeitigt hat; am gravierendsten ligion, Hindus, Feueranbeter und was den, ist für meinen persönlichen Zu- sität vom Dezember . courage nicht nur Martin in seinen unsäglichen Aussagen über es sonst nicht alles noch gibt, zu […].« gang zur Reformation unwesentlich. Politisch brisant war, dass Luther zu eigen. Die re- das Judentum. Wir haben Freiheit und (Protokoll des Abgeordnetenhauses Etwas anderes bewegt mich an diesem Luther die Thesen am . formatorische Bewegung Menschenwürde auch gegen Luther von Berlin, . Wahlperiode, Plenar- epochemachenden Text: Die innere Oktober  zusätzlich an hat viele mutige Bekenner selbst zu verteidigen. Gerade darin wird protokoll /, S. ). Motivation, die den Augustinermönch Albrecht von Mainz schick- hervorgebracht. Und die sich die Botschaft der Reformation zu So klingt es, wenn alles, was irgend- getrieben hat, diese Thesen zu verfas- te, wohl wissend, dass sie Freiheit des Gewissens bewähren haben. wie Religion ist, ohne Beachtung der sen. Als Seelsorger und Theologe hatte dessen Ablassinstruktion ist auch nicht ein christ- Mein Zugang zur Reformation führt Inhalte in einen Topf geworfen wird. er in vertraulichen Beichtgesprächen deutlich widersprachen. liches Privileg. Menschen mich konsequenterweise dazu, die Fei- Bei ernsthafter Betrachtung aber dürf- erfahren, welche seelischen Belastun- Ein unbekannter Dozent Mit dieser Kolumne aller Weltanschauungen, er des Reformationsjubiläums nicht nur te es keinem, gleich welcher Religion gen und Gewissensqualen der damalige in der Provinz tut, was sein begleiten wir das die einem ethisch gebun- als Aufgabe und Herausforderung für oder Weltanschauung, schwerfallen, Missbrauch der Buße bewirkte. Buße Gewissen ihm aufträgt, um Reformationsjubiläum. denen Gewissen folgen, evangelische Christinnen und Chris- die Chance des Reformationsjubilä- soll Menschen befreien. Wenn die Buß- der Menschen willen, de- haben diese »Methode« ten zu sehen. Wir brauchen  keine ums zu erkennen, um Gewissensfrei- praxis der Kirche aber den weltlichen ren Bedrückung er erkannt hat – das immer wieder angewandt. Heute sind Protestantenparty. Wir brauchen ein heit und Zivilcourage stark zu machen. Interessen der Regierenden dienen ist der Punkt, an dem ich meinen Zu- es in vielen Weltgegenden Menschen- vertieftes Nachdenken über Gewis- Auch ein Feueranbeter tut gut daran, muss, wird sie zum Instrument der gang zur Reformation gefunden habe. rechtsaktivisten, die unerschrocken sensfreiheit und Menschenwürde als sich eine der wesentlichen Traditionen Unterdrückung. Diese »Methode« Luthers, empirische und unbestechlich der Wahrheit die Grundlage unserer Gesellschaft. Dies bewusst zu machen, die das Wertesys- Luther reflektierte die Buße neu Erkenntnisse theologisch zu refl ektie- Ehre geben. an der Reformation festzumachen, ist tem unserer freiheitlichen Gesellschaft und setzte sich auseinander mit der ren und dann in die gesellschaftliche Obwohl die Reformation nicht die manchem nicht auf den ersten Blick trägt. Ablassinstruktion des Albrecht von Öff entlichkeit hinein auf Veränderung einzige Traditionsquelle heutiger Ge- einsichtig. Zugespitzt hat der Abgeord- Brandenburg, Erzbischof und Kurfürst zu drängen, ist für mich vorbildhaft. Bis wissensfreiheit und Zivilcourage ist, nete Wolfgang Brauer von der Fraktion Markus Dröge ist Bischof von Mainz. Dieser hatte einen Jubelab- heute gehört es zum geistlichen Auf- haben wir im Jahr  guten Grund der Linken am . Juni  im Abge- der Evangelischen Kirche lass für den Neubau der Peterskirche trag, nach dieser Maxime zu handeln. das Jubiläum gesamtgesellschaftlich ordnetenhaus von Berlin die Frage in Berlin-Brandenburg-schlesische in Rom ausgerufen, behielt aber einen »Tretet vor Gott und vor den Menschen zu begehen. Es gilt kritisch zu würdi- der Debatte um einen bundesweiten, Oberlausitz Ohne Bilder keine Reformation Lutherbildnisse –  Jahre Verherrlichung und Spott

OLAF ZIMMERMANN Jahrhundert wird Luther in Bildwerken immer mehr zum deutschen Patrioten enn über die Reforma- stilisiert. Ein wahrer Lutherkult setzte tion gesprochen wird, ein, der unter anderem in fast zahllosen wird die besondere Be- Lutherdenkmahlen seinen Ausdruck W deutung des Wortes her- fand. Zur selben Zeit wurde Luthers vorgehoben. Der Kernsatz aus dem Jo- Familienleben als kleinbürgerliches hannesevangelium ( Joh ,) »Im Anfang Ideal auf Lithografien festgehalten war das Wort, und das Wort war bei Gott, und in sehr hohen Stückzahlen unters und Gott war das Wort« wurde von der Volk gebracht. Bilder der Familienidylle Evangelischen Kirche und dem Staat zur bei den Luthers zu Weihnachten waren »Dachmarke« für das Reformationsjubi- damalige Bestseller. Besonders von der läum  erklärt. Bei der Orientierung Reichsgründung  bis zum Ende des auf die Bedeutung des Wortes wird oft Ersten Weltkrieges  wurde Martin vergessen, dass die Reformation als po- Luther auf Bildern politisch instrumen- litische Aktion schon damals durch eine talisiert.  kann man Martin Luther äußerst erfolgreiche Werbekampagne auf einer Konfi rmationsurkunde die  begleitet wurde, bei der Wort und Bild Thesen anschlagen sehen und direkt gemeinsam über ein neues Medium, der neben ihm ringt ein deutscher Land- Drucktechnik, weit verbreitet wurden. ser das aus der Hölle steigende Untier Heute leben wir in einer Zeit der Bil- mit seinem Bajonett nieder. Nach dem derfl ut. Bilder bestimmen unser Leben. ersten Weltkrieg fi ngen bedeutende Fernsehen, Werbung, Filme, Internet, Bildende Künstler an, sich mit Martin eine Welle von visuellen Eindrücken. Luther auseinander zu setzen. Lovis Co- Schon lange werden wir von diesem rinth, Ernst Barlach, Gerhard Marcks Bildermeer nicht mehr zerdrückt, wir sind einige der Maler und Bildhauer, die haben uns an diese Überfl utung, mehr in ihrer Kunst mit der Verherrlichung

oder weniger erfolgreich, gewöhnt. In DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: Luthers brachen. Mit dem Film war ein Millisekunden sind wir in der Lage, den Magneten mit einem Porträt Luthers aus einem Cranach-Gemälde bei der Wiedereröff nung des Luther-Hauses Eisenach neues bildnerisches Mittel erfunden, visuellen Reizen über unsere Augen und das für die Luther-Rezeption wie ge- Gehirn die relevanten Informationen Sie waren einer der Vorboten der kom- fi gsten bildlich dargestellte Person der Gegner der Reformation bedienten sich schaff en ist. Schon  ist der erste zu entlocken. Vor  Jahren in der menden Bildzeit. deutschen Geschichte. Lucas Cranach der bildnerischen Darstellung um ihren Stummfi lm »Die Wittenberger Nach- Zeit des Beginns der Reformation war Die aufkommende Reformation er- d. Ä. schuf  das erste Portrait des Spott zu verbreiten. Im Holzschnitt von tigall« über das Leben Martin Luthers das noch ganz anders. Eine visuelle kannte die Kraft des Visuellen. Der fal- Reformators. Von da an hat die bildne- Abraham Nagel »Der Ketzerbaum« aus entstanden. Seit dieser Zeit ist der Re- Reizüberfl utung gab es nicht. Nachts sche und richtige Gebrauch der Bilder in rische Darstellung Martin Luthers jede dem Jahre  wird Martin Luther mit formator auch ein Filmstar in vielen Kerzenlicht oder absolute Dunkelheit, der Verkündigung war ein Streitpunkt, bis dahin gekannte Grenze gesprengt. sieben Köpfen als Stamm des Baumes Produktionen. Besonders spannend dafür aber ein Sternenhimmel, der uns auch unter den großen Reformatoren. Kein weltlicher Herrscher der damaligen dargestellt. In den Wurzeln wimmelt es sind die zum . Geburtstag Martin in unserer lichtverschmutzten Zeit un- Martin Luther gehörte zu den Gemä- Zeit hat auch nur eine entfernte visuelle von Höllentieren und dem Teufel. Im Luthers entstandenen Spielfi lme. ARD, bekannt ist. Tagsüber nur wenige Far- ßigten unter den Bildkritikern. Für ihn Präsenz wie Luther. Luther als Mönch, Baum selbst wird Luthers Lebenswandel ZDF und die DEFA produzierten jeweils ben, prächtige farbige Stoff e waren der waren Bilder als pädagogisches Mittel als Junker Jörg, als Ehemann, als Pro- und die Zerstrittenheit der Reformato- eigene mehrteilige Filme, die die un- Oberschicht vorbehalten. Wie müssen sinnvoll. Anders Andreas Bodenstein fessor, als Kirchenvater, abgebildet in ren heftig karikiert. terschiedlichen Ost-West Sichtweisen in dieser Zeit aufwändig ausgemalte von Karlstadt, Ulrich Zwingli und Jo- Druckschriften, auf Gemälden, Grafi ken, Die Lutherverehrung hat in den deutlich zu Tage treten lassen. Kirchen auf die Besucher gewirkt haben. hannes Calvin, sie urteilen strenger Medaillen, Teller, Tassen, Gläsern. Das folgenden Jahrhunderten stetig zu- Das . Reformationsjubiläum Bei den damals üblichen Flügelaltären als Luther. Der reformatorische Bil- geht fünf Jahrhunderte weiter, bis heute. genommen. Im . Jahrhundert wurde  steht nun vor der Türe. In unserer gab es eine Alltagsseite, die Türen wa- dersturm, vergleichbar mit den bar- Die bildnerische Lutherverehrung der Papst auf Bildern oft mit dem An- bilderdominierten Welt wird das ge- ren geschlossen und eine Feiertagsseite barischen Kulturzerstörungen durch und Lutherverdammung lagen bereits tichrist gleichgesetzt. Luther dagegen schichtliche Ereignis Reformation und mit geöff neten Flügeln. Die Außenseite den sogenannten Islamischen Staat zu Beginn der Reformation eng beiein- als Engel mit Posaune. Die Gegner ihre Protagonisten in erster Linie durch war meist schlicht gehalten, oftmals mit in der heutigen Zeit, vernichtete tau- ander. In der Radierung »Lutherus tri- Luthers zeigten den Reformator ger- Bilder und Filme einer breiten Bevöl- einer sehr reduzierten Farbpalette. Im sende hervorragende Altäre, Gemälde, umphans« aus dem Jahre  hält Mar- ne als fetten Trinker und Frauenheld. kerung vermittelt werden. Ohne Bilder Gegensatz dazu standen die aufwändi- Skulpturen und Kirchenfenster. tin Luther Papst Leo X. triumphierend Im . Jahrhundert wandelte sich das keine Reformation – das galt schon vor gen, farbenprächtigen, teils vergoldeten Spannend ist zu sehen, dass die die geöff nete Bibel entgegen. Der durch Lutherbild. In den Portraits wird der  Jahren und das gilt auch noch heute. Innenseiten. Wurden sie geöff net, muss Reformation, die den Bildersturm zu die Reformation geschwächte Papst Reformator jetzt gerne als Aufklärer, es den damaligen Betrachtern wie ein verantworten hat, selbst eine Bilderfl ut muss auf dem Druck von seinen Anhän- der den mittelalterlichen Aberglau- Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer visuelles Feuerwerk vorgekommen sein. auslöste. Martin Luther ist die am häu- gern gestützt werden. Doch auch die ben überwunden hat, dargestellt. Im . des Deutschen Kulturrates 14 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Bibliothekar ist einer der schönsten Berufe Gabriele Schulz im Gespräch mit Georg Ruppelt

Herr Ruppelt, ab November  sind Sie im Ruhestand. Sie haben vieles berufl ich erreicht, blicken Sie mit Freude auf Ihre Berufslauf- bahn zurück? Das kann man wirklich sagen: Ich habe  Jahre im öff entlichen Dienst zugebracht und davon  Jahre das Glück und die Freude gehabt, Pfl icht und Neigung verbinden zu können. Ich bin dankbar, dass ich nie ganz zwischen Arbeit und Freizeit trennen musste.

Sie haben Geschichte und Ger- manistik studiert und mit dem ersten Staatsexamen abgeschlos- sen. Dann ist normalerweise eine Lehrerlaufbahn vorgezeichnet. Wie kam es dazu, dass Sie Biblio- thekar wurden? Eigentlich sollte ich nach Meinung meiner Lehrerinnen Theaterwis- senschaft studieren oder auf eine Schauspielschule gehen. Ich selbst wollte Journalist werden. Dann waren meine Eltern der Meinung, es sollte zunächst etwas sein, das eine gewisse Sicherheit bietet. FOTO: JUTTA WOLLENBERG, GWLB WOLLENBERG, JUTTA FOTO: Was Solides sozusagen. Georg Ruppelt vor der Georg Wilhelm Leibniz Bibliothek Genau. Ich hatte nach dem Studium auch schon einen Referendariatsplatz mit Bibliothekswesen beschäftigten Wilhelm Leibniz, einem der größten gehört zur Bibliothek. In Zukunft für meine eigene berufl iche Laufbahn an einem Gymnasium. Dann habe ich und so eine Menge von Menschen an- menschlichen Geister, die jemals ge- werden Bibliotheken mehr Raum für immer eine Bereicherung. Auf der an- über eine ehemalige Kommilitonin, gezogen. Natürlich war und ist Wol- lebt haben – . eigenhändige Menschen haben – für Menschen, die deren Seite konnte ich auf diese Wei- die an der Herzog August Bibliothek fenbüttel vor allem eine Forschungs- Manuskriptseiten, . Briefe an sich unterhalten wollen, die nicht se auch zum Nutzen der Bibliotheken, arbeitete, Paul Raabe kennengelernt. bibliothek – eine, die die Idee der For- und von mehr als . Korrespon- ausschließlich den Kontakt zu ande- in denen ich arbeiten durfte, diese mit Nachdem ich eine halbe Stunde bei schungsbibliothek für Deutschland denten nahezu weltweit. Sie gehören ren über den Bildschirm suchen. Das einer Klientel bekanntmachen und, ihm in der Handschriftensammlung, geprägt hat und nach deren Vorbild seit  zum UNESCO-Welterbe. wird in einer Weise zur Zeit gefordert wie es heute so schön heißt, Netz- die einer der schönsten Räume des z. B. Weimar entstanden ist. Wolfen- Mein Ziel war von Anfang an, diesen und auch gefördert, die man sich vor werke stricken, die über den eigenen ganzen Hauses ist, gesessen habe und büttel ist eine kleine Stadt, aber die bedeutenden Mann, der in einigen vielleicht  Jahren, wo es immer Gesichtskreis hinausgehen. Ich habe diesem großartigen Gelehrten, Bib- geisteswissenschaftliche Welt kam Teilen der Bevölkerung für einen hieß, das Ende des Buches, das Ende dies nie bereut. liothekar und charmanten Plauderer dorthin. Keksbäcker gehalten wurde, wieder der Bibliothek drohe, nicht hat vor- zugehört hatte, war klar, dass ich in das Ansehen zurückzuheben, das stellen können. Man hat in diesem Ich möchte noch zu einer weiteren mich um ein Bibliotheksreferendariat Diese Off enheit, die Sie gerade ihm gebührt, und zwar nicht nur Zusammenhang auch von der »Dorf- Seite von Georg Ruppelt kommen. bewerbe. Das habe ich auch getan und beschrieben haben, die in Wolfen- in der Wissenschaft. Ein anderer brunnenfunktion« der Bibliotheken Sie haben ja eingangs gesagt, dass nie bereut. Das ist für mich einer der büttel herrschte, haben Sie auch Schwerpunkt ist natürlich alles, was gesprochen, die Räume zur Verfügung Ihr erster Berufswunsch war, Jour- schönsten Berufe, den ich mir vorstel- nach Hannover mitgenommen und mit Niedersachsen zu tun hat. Von stellen für die Diskussion und Grup- nalist zu werden. Das haben Sie len kann. damit die Gottfried Wilhelm Leib- Anfang an habe ich einen großen penarbeit. Sie nehmen das alte grie- auch eingelöst, indem Sie ein aus- niz Bibliothek geprägt. Wert auf die Erforschung und die chische Wort ernst, dass der Mensch gesprochen vielseitiger Autor sind. Konnten Sie auch in Wolfenbüttel Ich denke schon. Natürlich müssen öff entlichkeitswirksame Darstel- ein »Zoon politikon« sei, also ein Sie haben ein Gespür für, ich sage ihre Ausbildung machen? Bibliotheken Bücher ausleihen oder lung der Arbeit auf der Suche nach Gemeinschaftswesen. Denn dieses mal, abseitige Themen haben. Was Ich habe in Wolfenbüttel unter Paul zum Lesen bereitstellen, aber das NS-verfolgungsbedingt entzogenem Wesen sucht nicht nur den Kontakt reizt Sie daran? Raabe angefangen, und zwar am . kann nicht ihr einziger Zweck sein. Schriftgut gelegt. Ein weiterer sehr zur Maschine, sondern auch zu seinen Es hat mir immer schon Spaß ge- Oktober . Das war mein . Ge- Sie sind aufzumachen, öff entlich zu spannender Schwerpunkt ist jetzt Mitmenschen. macht, mich nicht nur mit Main- burtstag. Es war zufällig ein sonntäg- machen für vieles. In Hannover ge- dazugekommen. Das sind die Bücher Es gibt eine Rückbesinnung auf die stream-Literatur, sondern tatsächlich licher Tag der off enen Tür, und ich hört die  gegründete Akademie und Zeitschriften, die in Displaced Buchkultur. Die Digitalisierung ist auch mit Abseitigem zu beschäftigen, durfte mittelalterliche Handschriften für Leseförderung dazu, um die uns Persons-Camps (DP-Camps) gedruckt kein Feind des alten Buches. Ganz im etwa mit Sprachspielen. So bin ich erklären, von denen ich überhaupt manche beneiden. Die Zahl der kul- wurden. Eines der größten jüdischen Gegenteil. Dass man sie jetzt digital eine Zeitlang zum Beispiel versteck- keine Ahnung hatte. Das klappte aber, turellen Veranstaltungen wurde seit DP-Camps war in Bergen-Belsen, mit überall verfügbar hat, macht das ten Imperativen hinterhergestiegen weil man doch sehr schnell einen ge-  fast verzehnfacht, und so konn- deren Gedenkstätte wir eng zusam- Original noch wertvoller, denn vieles, (Nieder, Sachsen!). Außerhalb des wissen Wissensvorsprung bekommt. ten wir auch ein nicht-studentisches, menarbeiten. Hier konnten wir im was die Digitalisierung bringt, kann normalen Fahrwassers Liegendes hat Ich war nach dem ersten Jahr in Wol- nicht-akademisches Publikum an- letzten Jahr eine große Sammlung er- die Kopie gar nicht rüberbringen. mich schon immer fasziniert. Und fenbüttel ein Jahr in Köln und bin von sprechen. werben. Diese Drucke sind schwer zu Eine historische Buchforschung wird dann habe ich aus reinem Spaß auch dort dann nach gegangen. bekommen. Sie sind nicht bibliophil immer auch das Original und seine das eine oder andere publiziert. Ich  ist Paul Raabe auf mich zuge- Was war das Besondere an der Ar- im ästhetischen Sinne, weil natürlich Provenienz benötigen. Bücher haben habe mich mit kurioser Küchenlite- kommen und hat gefragt, ob ich sein beit in Hannover – auch im Unter- wenig oder schlechtes Papier vorhan- wie Menschen ihre Schicksale, sind ratur beschäftigt und habe ein Koch- Stellvertreter werden möchte. Meine schied zu Wolfenbüttel? den war, aber sie sind selten, weil es, Individuen. Ich glaube, da sind die Bi- buch geschrieben, das Sie verwenden Antwort war: Ja. Zunächst hat eine Landesbibliothek als die Juden Deutschland nach und bliotheken auf einem guten Weg. können, wenn Sie Ihre Erbtante um- ganz andere Aufgaben als eine Uni- nach verließen, hieß: Nehmt eure bringen wollen. Und verschiedenes Was war das Besondere der Arbeit versitäts- oder kleinere Regionalbibli- Bücher mit und lasst sie nicht in dem Ich möchte noch zu einer anderen andere. Und natürlich mit Science- in Wolfenbüttel? othek. Hier laufen alle im Bundesland Land der Mörder und der Scheiter- Seite des Georg Ruppelt kommen. Fiction – für mich eine großartige Das Besondere waren und sind die gedruckten Bücher, alle Zeitungen, haufen. Dem Verbandspolitiker. Sie haben Literaturgattung. wunderbaren Bestände. Der Begrün- alle Zeitschriften, alle Pornohefte, sich sehr früh auch in Verbänden der der Bibliothek Herzog August d. alle Schulbücher, alle Kirchenzeit- Sie haben über die Bibliotheken engagiert, was war eigentlich Ihr Mich freut, dass das Interview so Jüngere war selbst ein Gelehrter. Das schriften usw. in einem Exemplar ein. gesprochen, in denen Sie tätig wa- Beweggrund? endet. Denn zu Beginn meiner be- merkt man natürlich seiner Samm- Das ist das sogenannte Pfl ichtexem- ren. Wenn Sie so einen Blick in die Der Beweggrund war, dass man, rufl ichen Laufbahn lernte ich Sie lung, der Grundlage der Bibliothek, plar. In diesem Querschnitt ist alles Zukunft werfen, wo sehen Sie die glaube ich, wenn man sich auf eine in einem Beirat für ein Nachschla- an. Es war aber auch die Off enheit der da, von wissenschaftlichen Büchern Bibliothek der Zukunft? einzige Einrichtung konzentriert, ein gewerk zum Literaturbetrieb ken- Bibliothek, die durch Paul Raabe ent- aus Göttingen bis zur Schülerzeitung Ja, ich blicke gerne in die Zukunft, wie bisschen den Blick über den Teller- nen, in dem Sie Science-Fiction- schieden geprägt worden ist. Off en- aus Duderstadt. Seit die Universitäts- Sie wissen, und befi nde mich da in rand vermisst. Ich habe immer Wert Literatur, teils zum Stirnrunzeln heit hieß damals, man setzt sich nicht bibliothek die Literaturversorgung guter Gesellschaft mit vielen Science- darauf gelegt, dass ich in Verbänden einiger Anwesender, als wichtig in einen Elfenbeinturm und lässt der geisteswissenschaftlichen Fakul- Fiction-Fans. Also ich denke, dass tätig sein konnte, die nicht nur bib- bezeichneten. Herzlichen Dank für die schnöde, nicht-geisteswissen- täten in Hannover ganz übernommen die Bibliothek eine nach wie vor ganz liothekarisch oder berufspolitisch be- das Gespräch. schaftliche Welt draußen passieren, hat, konnte sich unsere Bibliothek außerordentlich wichtige Rolle für deutsam waren, sondern auch für die sondern man öff net die Bibliothek auf als ehemalige Königliche Bibliothek das Gedächtnis der Menschheit, für Kultur allgemein. Der Deutsche Kul- Georg Ruppelt ist Literaturwissen- eine Weise, wie es bis dahin nicht der profi lieren. Die wertvollen Bestände das »Memory of the World«, spielen turrat ist das beste Beispiel dafür, aber schaftler und Historiker.  bis  Fall war. Die Bibliothek war auch für hat sie vor allem aus einer Zeit, als wird. Es sind jetzt schon Hybrid- auch in der Stiftung Lesen konnte ich war er Leitender Bibliotheksdirektor die Stadt und die Region da. Es gab Hannover noch eigenständiges Kur- Bibliotheken, in denen Sie die alten mitwirken, im Deutschen Literatur- der Gottfried Wilhelm Leibniz Biblio- eine Fülle von Veranstaltungen. Wir fürstentum bzw. Königreich (bis ) Handschriften aus dem . Jahrhundert fonds, in geistes- und kulturaffi nen thek in Hannover. Gabriele Schulz ist haben wunderbare Feste gefeiert, die war. Ihr bedeutendster Bestand ist der ebenso fi nden wie alle möglichen Bereichen, die auch auf Bibliotheken Stellvertretende Geschäftsführerin des sich immer irgendwie mit Buch und ungeheure Nachlass von Gottfried anderen Speichermedien. Alles das einen anderen Blick haben. Das war Deutschen Kulturrates Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  KULTURELLES LEBEN 15

Die Jazz-Marxisten Der Jazz in der DDR-Kulturpolitik der er Jahre

FELIX ZIMMERMANN sondern die Waff e des Klassenfeindes, riert wurde, offi ziell anerkannt war sie Bruch. Hatte man noch einigen Nähr- westlichen Einfl üssen auf den Punkt. der mit diesem schleichenden Gift die nicht. Die Jazzszene blieb Ziel stän- boden für politische Diskussionen Die Arbeit der »Jazz-Marxisten« er- s ist der . August , als Gesellschaft der DDR infi ltrieren wollte. diger Überwachung, die Freunde der aus dem Film entfernt, an dem Rudorf öff net den Blick auf ein turbulentes der Dokumentarfi lm »Vom Le- Die führenden Köpfe der DDR- improvisierten, in der amerikanischen selbst federführend mitgearbeitet hat- Jahrzehnt für den Jazz in der DDR. Die bensweg des Jazz« seine Pre- Kulturpolitik suchten zu Beginn der Geschichte verwurzelten Musik wur- te, schädigte Lukasz‘ Rede das Vertrau- Jazzszene der DDR war keine genuin E miere im Leipziger Kino Capi- er Jahre verzweifelt nach einer den als politisch bedenklich eingestuft, en der DDR-Kulturpolitik in die Szene politische Szene, doch die Suche nach tol feiert. Hohe Parteifunktionäre der Musik, die den Aufbau des Sozialis- allerdings toleriert, solange sie nicht um Rudorf und Lukasz nachhaltig. Zur Anerkennung in offiziellen Kreisen SED besuchen die Veranstaltung, auch mus in der noch jungen DDR begleiten aktiv wurden. Auf einer Tagung im Ok- gleichen Zeit schlug die Sowjetarmee machte Teile von ihr zu einem poli- aus dem Westen fi nden Besucher und konnte. Eine Musik, die nicht von den in Ungarn den Volksaufstand nieder. tischen Faktor. Der Einsatz des Netz- Pressevertreter ihren Weg in die Stadt. imperialistischen Amerikanern geprägt Die SED verschärfte ihren Kurs, ging werks um Reginald Rudorf und Heinz Heinz Lukasz, ein Leipziger Journalist, wurde und die den Charakter des So- rigoros gegen politische Feinde vor. Lukasz hatte dem Jazz Räume geöff net, tritt vor das Publikum. Er berichtet von zialismus widerspiegeln konnte: eine Und zu einem solchen war die Jazz- doch dass die ideologischen Gräben den Versuchen verschiedener Partei- »Volkstanzmusik«. Die Zeit drängte, Die Jazzszene der DDR szene oder waren wenigstens deren nie geschlossen wurden, mussten bei- funktionäre der SED, die Produktion denn viele Jugendliche wandten sich führende politische Köpfe Reginald de Ende der er Jahre schmerzlich des Films zu stoppen. Er berichtet von der Jazzmusik zu. Die Feindsender zu war keine genuin Rudorf und Heinz Lukasz geworden, die erfahren. Erst im Laufe der er und den Hürden bis zur Fertigstellung des stören und Schallplatten an der Gren- politische Szene auch noch bei weiteren Vorträgen nach er Jahre sollte der Jazz in der DDR Films, der, als -minütige Produktion ze zu konfi szieren, reichte nicht. Das der Premiere mit SED-Funktionären die Akzeptanz erhalten, die ihm in den erdacht, in seiner fi nalen Fassung auf Netzwerk der Jazzenthusiasten war aneinander gerieten. Nachdem beide ern noch verwehrt geblieben war. knapp  Minuten gekürzt worden war. zu dicht. Eine Musik war gesucht, die – vermutlich auf Veranlassung der Und dann schließt er seine Rede: Man man dieser verrohenden Welle aus dem Leipziger SED – zusammengeschla- Felix Zimmermann studiert Public würde sich nicht mehr von verbohrten Westen entgegenstellen konnte. Regi- tober  in Leipzig unter dem Titel gen worden waren und in den Westen History in Köln und hat seine nald Rudorf und Heinz Lukasz sahen »Jazz und Weltanschauung« einigten fl iehen mussten, hatte Lukasz die Hoff - Bachelorarbeit zum Jazz in der in dieser verzweifelten Suche nach sich die anwesenden ostdeutschen nung auf eine Legalisierung des Jazz in DDR-Kulturpolitik der er Jahre einer Volkstanzmusik die Chance, der Jazzfreunde darauf, aus Illegalität und der DDR aufgegeben. geschrieben Jazzmusik eine Nische zu schaff en, in Halblegalität herauszutreten und sich Rudorf kehrte zurück und bezahlte Man suchte verzweifelt der sie sich auch in der DDR entfalten für eine vollständige Legalisierung der seinen Optimismus mit einer zwei- nach einer Musik, die konnte: Der Jazz selbst sollte Basis für Jazzmusik und der bestehenden Jazz- jährigen Haft im Arbeitslager Rück- den Aufbau des eine sozialistische Volkstanzmusik sein. gruppen einzusetzen. Das nun greifbar nitz.  verließ er die DDR und BUCHTIPPS Sozialismus Die von Rudorf als »marxistische werdende politische Potential wurde kehrte nicht wieder zurück. Noch be- Jazz-Theorie« bezeichnete Argumen- von Funktionären im Kulturministe- stehende halblegale Jazzformationen begleiten konnte tationslinie sollte die Grundlage sein, rium registriert. Man lud Rudorf zu waren in dieser Zeit vom Wohlwollen Jazz im Film um Akzeptanz für den Jazz in der DDR- einem ernsten Gespräch. Dieser versi- der jeweiligen regionalen Behörden Beiträge zu Geschichte und Theorie Kulturpolitik zu schaff en. Kern dieser cherte, man habe nicht die Absicht, die abhängig. Die rigorose Verbotspoli- eines intermedialen Phänomens Theorie war es, den Jazz stärker aus- Jazzszene zu politisieren, doch die Po- tik der frühen er Jahre kehrte in Willem Strank, Claus Tieber (Hg.) Stalinisten traktieren lassen. Jubel, Ent- zudiff erenzieren. Statt die Jazzmusik sition der Kulturfunktionäre war klar: Form von Durchsuchungen und Be- LIZ Verlag,  setzen, Empörung. Die Jazzfreunde im in ihrer Gänze als Produkt des imperi- Es würde zum Eklat kommen, sollten schlagnahmung von Jazzplatten und ISBN ---- Publikum sind begeistert, auch vom alistischen Klassenfeindes zu begreifen, die »Jazz-Marxisten« den Jazz gegen -literatur aus dem Westen zurück. Ein Film. Die SED-Bezirksleitung in Leip- sollte zwischen eben diesem Produkt, die Kulturpolitik ausspielen. Gesetz, das den Anteil an westlichen Freie Töne zig triff t sich schon am nächsten Tag. dem »kommerzialisierten Jazz«, und Bis zum Endes des Jahres  sollte Produktionen in Rundfunk und auf Die Jazzszene in der DDR Die Jazzbewegung um den Gesell- dem wahren, aus der Jazzgeschichte sich diese Drohung nicht bewahrheiten. Konzerten auf maximal  Prozent Rainer Bratfi sch (Hg.) schaftswissenschaftler Reginald Rudorf erwachsenen, »authentischen Jazz« Erst die Premiere des Dokumentarfi lms aller Stücke beschränkte, brachte das Christoph Links Verlag,  und den Journalisten Heinz Lukasz hat- unterschieden werden. Um die Wen- »Vom Lebensweg des Jazz« brachte den wiedererstarkte Misstrauen gegenüber ISBN: ---- te an diesem Abend den Bogen über- de von . zum . Jahrhundert in New spannt. Der Film verschwand aus dem Orleans entstanden und vor allem von Vorprogramm der DDR-Kinos, bevor er schwarzen Arbeitern geprägt – so die wirklich anlaufen konnte. Noch im De- Argumentation –, war der Jazz in seiner zember  wurden Rudorf und Lukasz ursprünglichen Form die Musik eines wdr3.de bei einem Vortrag krankenhausreif ge- »schwarzen Großstadtproletariats«. Die schlagen und fl ohen in den Westen. Die frühen Stile wie der New Orleans-Jazz seit Bestehen der DDR kritisch beäugte oder der Swing seien damit nicht als Jazzszene war politisch geworden. Die Waff e des Klassenfeindes zu begreifen, beiden führenden Köpfe landeten auf sondern könnten vielmehr aufgrund der Abschussliste der SED. ihrer proletarischen Herkunft und ihres wdr 3 Konzertplayer Die Jazzmusik, vor allem von den Charakters als großstädtische Volksmu- US-Amerikanern nach dem Zweiten sik auch im ideologischen Gerüst der Weltkrieg ins Nachkriegsdeutschland DDR ihren Platz fi nden. Diese Theorie, getragen, erlebte bis zur Gründung der die Rudorf und Lukasz den spöttischen Konzerte hören, wo DDR  eine rasante Verbreitung, Namen »Jazz-Marxisten« einbrachte, die selbst in der Sowjetischen Besat- fand bei Vertretern der SED, der FDJ und zungszone von der Militäradministra- des Kulturbundes in der DDR großen und wann Sie wollen! tion vorangetrieben wurde. Der Jazz, Anklang, auch weil man sich von ei- von den Nationalsozialisten noch als ner Tolerierung einiger Jazzstile einen »entartete Musik« diff amiert und damit besseren Zugriff auf die jugendliche logischerweise als ideologisch unbe- Bevölkerung erhoffte. Der forcierte denklich einzustufen, sollte die kul- Entspannungskurs der SED nach dem turelle Wiederbelebung im zerstörten Tod Stalins  tat sein Übriges. Rudorf Deutschland forcieren. Der Jazz sollte und Lukasz konnten Radiosendungen Unterhaltungsmusik sein für die vom zur Jazzgeschichte produzieren und Krieg Traumatisierten. Über die off enen Jazzveranstaltungen und sogar Jazz- Grenzen und vor allem über das Radio clubs wurden zugelassen. fand der Jazz seine Anhänger in allen Teilen Deutschlands. Doch wurde die Jazzmusik in der Sowjetischen Besat- zungszone noch im Zuge der antifa- schistisch-demokratischen Leitlinie Jazzmusik war vom der Militäradministration gefördert, Regime toleriert, wurden die Freiheiten der Jazzanhänger wirklich anerkannt mit einer Hinwendung zum Antiameri- kanismus und zum sozialistischen Rea- war sie jedoch nie lismus in der östlichen Besatzungszone immer stärker eingeschränkt. Mit der Gründung der DDR und besiegelt auf dem III. SED-Parteitag  spaltete Im November gründeten die »Jazz- sich die Jazzentwicklung Deutschlands Marxisten« um Rudorf und Lukasz die in eine Entwicklung des BRD-Jazz und »Redaktion«, die eine Art Büro für den eine des DDR-Jazz auf. Während die Jazz in der DDR darstellen sollte. Kon- Jazzmusik in der BRD Unterstützung takte mit Veranstaltern, Musikern und erfuhr und sich schon in den er Jazzfreunden – auch aus dem Westen – Jahren von den US-amerikanischen sollten gepfl egt und die Legalisierung Jetzt informieren Vorbildern emanzipieren konnte, verzö- des Jazz weiter vorangetrieben werden. gerte sich diese Entwicklung in der DDR Denn auch wenn die Jazzmusik in einer durch die restriktive Kulturpolitik stark. Unterscheidung zwischen »kommerzi- Die Jazzmusik war nun nicht mehr an- alisiertem Jazz« und »authentischem tifaschistische Unterhaltungsmusik, Jazz« von der DDR-Kulturpolitik tole- 16 KULTURELLES LEBEN www.politikundkultur.net

Größtenteils touristisch erschlossen Der Komponist Helmut Lachenmann wird achtzig

ANDREAS KOLB Musik heute von einer neuen Diessei- Dass ihm dies nicht immer gelun- Am . November  begeht der liebgewordene instrumentaltechnische tigkeit geprägt ist, junge Komponisten gen ist, zeigt paradoxerweise die Tat- Komponist Helmut Lachenmann sei- Versiertheit aufgeben und sich mit völ- n seinem Musiktheater »Das Mäd- sich wieder mehr gesellschaftskritisch- sache, dass inzwischen selbst in ame- nen . Geburtstag und das Musik- lig unkonventioneller Klangerzeugung chen mit den Schwefelhölzern«, außermusikalisch inspirieren lassen rikanischen Kinofi lmen, etwa im Sound- land Deutschland übertrifft sich in auseinandersetzen musste. Zu jedem das  als Auftragswerk der und mit ihrer Musik von unserem Le- track von Don Davis für den Film »Ma- Aufführungen seiner Werke. Neben Werk Lachenmanns gehört eine Tabel- I Hamburgischen Staatsoper ur- ben, unserer Welt, unserer Zeit erzählen, trix«, Lachenmann-Geräuschtechni- anderen größeren und vielen kleine- le mit  bis  der jeweils benötigten aufgeführt wurde, verwendet Helmut sagt Helmut Lachenmann: »Musik ist ken so populär sind, wie es in den er ren Veranstaltungen in Deutschland Spieltechniken, die oftmals neu und Lachenmann politische Sujets, etwa nicht dazu da etwas zu sagen. Das kann und er Jahren in amerikanischen und Europa liegt der Schwerpunkt der ungebräuchlich sind. einen ins Libretto montierten Brief der Bob Dylan besser, da funktioniert das. Filmen die Musik von Krzysztof Pende- Lachenmann-Feierlichkeiten natürlich Das Beispiel gepresster Bogenstrich RAF-Terroristin Gudrun Ensslin. Das So wie Karl Kraus die Sprache vor den recki war. Seine klanglichen Verfrem- in dessen Heimatstadt Stuttgart, wo mag verdeutlichen was gemeint ist: hindert den Komponist nicht, vehement Nazis in Sicherheit bringen wollte, ist dungen und neuen Spieltechniken be- ihm ein großes Festival gewidmet wird. Gepresster Bogenstrich mit Bogenverla- den Standpunkt zu vertreten, dass Mu- das Höchste, was der Künstler tun kann, zeichnet Helmut Lachenmann darum Unter dem Titel »Lachenmann Perspek- gerung parallel zum Griff brett / gepress- sik an und für sich keine politische Bot- die Musik vor den Medien, vor der Kul- heute gern als »bereits touristisch er- tiven« werden dort vom . November bis ter Bogenstrich mit Auf- und Abstrich / schaft habe. Während zeitgenössische turindustrie in Sicherheit zu bringen.« schlossen«. . Dezember  Teile seines Oeuvres, gepresster Bogenstrich hinter dem Steg aber auch das von Weggefährten und / gepresster Bogenstrich hinter dem Steg Schülern präsentiert. mit Verlagerung / gepresster Bogenstrich Für die einen ist er ein Genie, für »wahwah« / gepresster Bogenstrich wo- die anderen ein »Instrumentenquä- anders als auf den Saiten … ler« – Lachenmanns Vision einer ‚mu- Unbestritten ist: Helmut Lachen- sique concrète instrumental‘ hat über mann hat die Musikwelt revolutioniert. Jahrzehnte sein Schaff en geprägt und Er selbst beschreibt seine Vorgehens- stieß zu Beginn – Lachenmann trat  weise so: »Komponieren heißt, ‚ein erstmals öff entlich als Komponist bei Instrument bauen‘: also die vorhan- der Biennale in Venedig und bei den denen klangtechnischen Mittel aus Darmstädter Ferienkursen für Neue ihrem vertrauten Kontext lösen und Musik auf – weder bei Musikern, noch in einen neuen bringen. Und dann bil- beim Publikum auf off ene Ohren. den sie eine Landschaft von klingen- Es ist nicht übertrieben zu sagen, den Ereignissen, die sich gegenseitig dass er in den er und er Jah- neu bestimmen und dabei durchaus ren zu den von Orchestermusikern ihre alten Qualitäten mitbringen, sie am meisten gehassten Komponisten aber zugleich verwandeln. Wenn ich so zählte. Denn er steht wie kein anderer ein imaginäres Instrument geschaff en für neue Spieltechniken, von denen habe, egal aus welchen Klängen, die die meisten Musiker in ihrem Leben jetzt neu gepolt sind und trotzdem nichts gehört hatten, geschweige dass auch an ihre Herkunft erinnern, dann sie die Chance gehabt hätten, sie wäh- kann ich beim Komponieren nichts rend ihrer Ausbildung kennenzuler- mehr falsch machen, kann angstlos nen, wie dies der heutigen Generation arbeiten, denn ich spiele auf ‚meinem‘ von Musikern ganz selbstverständlich Instrument.« möglich ist. Was den Orchestermusiker

FOTO: CHARLOTTE OSWALD / BREITKOPF & HÄRTEL & BREITKOPF / OSWALD CHARLOTTE FOTO: damals zur Verzweifl ung brachte, war, Andreas Kolb ist Redakteur von Der Komponist Helmut Lachenmann hat die Musikwelt revolutioniert dass der Musiker seine ihm vertraut und Politik & Kultur Kaffeekultur Lob und Tadel für ein seien. Im Jemen wurde die Kaff eepfl an- gegen die in den öff entlichen Häusern nieder, Und stehn mit schwehren Häup Kaff ee und Sex Heißgetränk ze im Hochmittelalter domestiziert und verbreitete Prostitution und deren oft tern auf; Doch niemand, der Caff ee ge- Kontradiktorische Meinungen exis- ihre Bohnen wurden geröstet und auf- zwielichtige Kundschaft – Vorgänge, die trunken, Ist je berauschet hingesun- tierten hinsichtlich der sexuellen Wir- gebrüht. Von dort verbreitete sich der sich in Europa später in ganz ähnlicher ken... kungen des Kaff eegenusses. Die einen GEORG RUPPELT Kaff ee in die gesamte islamische Welt Weise wiederholen sollten. . Er dient zur Stärckung den Gesun- behaupteten, er mache den Mann impo- und im . Jahrhundert auch in Europa, Paul Jacob Marperger schreibt  den, Den Krancken zu der Artzeney: tent und zeugungsunfähig, die anderen ottfried Wilhelm Leibniz war um schließlich seinen Siegeszug auf in seinem voluminösen »Küch- und Verkürzt die mißvergnügten Stunden, waren genau gegenteiliger Meinung. ein Freund des Kaffees.  dem ganzen Planeten fortzusetzen. Keller-Dictionarium«: »In unseren Und macht das Herz von Schwermuth Liselotte von der Pfalz war eine über- G schreibt Kurfürstin Sophie aus Der Name »Kaff ee«, »Café« etc. in Kaff eehäusern (deren viele heutigen frey;« zeugte Kaff eegegnerin: »Kaff ee ist nicht Hannover an den in Berlin weilenden den europäischen Sprachen geht nicht Tages nicht eine allzu gute Renomee Der Bibliothekar der Herzoglichen Öf- so nötig für Pfarrer als für katholische Leibniz: »Ich wünschte, Sie befänden zurück auf die Provinz Kaff a, sondern haben, in dem unterschiedlich darunter fentlichen Bibliothek in Stuttgart und Priester, so nicht heiraten dürfen, denn sich in Ihrem Bett in Berlin ebenso stammt vom arabischen »Kahwe« zu off enbaren Hurenhäusern worden) Jugendfreund Schillers, Johann Wil- er solle keusch machen.« Im Marperger- wohl; aber Sie haben dort Kaff ee ge- oder »qahwa« ab, was ursprünglich wird eben wie in Persien Tobak dabei helm Petersen (–), hingegen Lexikon wird ein persisches Sprichwort trunken, doch ich trinke nur Schokolade, gerauchet, und weil zugleich allerhand verdammte in seiner  anonym er- ins Deutsche übersetzt: »Cahwä, du denn ich fürchte mich vor einem Kloß Zeitungen und Avisen zu hören und zu schienenen »Geschichte der deutschen schwarzes Angesicht, daß man dich doch im Gehirn. « lesen vorkommen, also ist seit einigen National=Neigung zum Trunke« das mag leiden/Wo du hinkommst, muß man Aus dem Satz wird in schönster Ein- »...ich trinke nur Jahren das Besuchen der Kaff eehäuser Kaff ee-, Tee- und Schokoladetrinken da nicht die Lust des Beischlafs meiden.« deutigkeit klar, dass das hannoversche Schokolade, denn ich so eingerissen, dass an vielen Orten auch aus patriotischen Gründen: Universalgenie ein Kaff ee-Genießer war. ihr Numerus hat müsset einschränket »Allein seit  Jahren, da französi- Kaff ee und Geist Deutlich werden aus dem Brief aber fürchte mich vor und defi nieret werden.« Der Weg des sche Heere kamen, Komödianten und Ohne Zweifel galt Kaff ee aber immer auch off ensichtliche Vorbehalte der einem Kloß im Kaff eehauses ist eine spannende Ge- Gouvernanten und Servanten ihr Licht als Stimulans für geistiges und krea- Fürstin gegenüber dem Kaff ee-Genuss. Gehirn.« schichte, die über die Wiener Kaff ee- leuchten ließen, Weichlichkeit und Le- tives Tun. Und Kaff eefreunde oder gar Diese Vorbehalte dürfte sich die hoch häuser und ihre Literaten, über Kaff ee- ckerei überhaupt stärker hereindrangen, Kaff eesüchtige fi nden sich in der Kul- gebildete und belesene Sophie aus der kränzchen und Wirtschaften, in denen rissen dies warmen Getränke auch in tur- und Geistesgeschichte zuhauf. Von Literatur angeeignet haben, denn seit »Familien Kaff ee kochen können«, bis Oberdeutschland ein, und herrschen Bach, der die selbstironische Kaff eecan- dem . Jahrhundert wurde der Kaff ee- »Wein« bedeutete. Zu Anfang wurde in unsere Zeit der coolen Kaff ee-Loun- jetzt allenthalben. tate komponierte, über Voltaire, der, als Genuss aus medizinischen Gründen die stimulierende Wirkung des neuen ges führt. Wie ehemals der Hirnschädel hieß, er auf den Kaff ee als »langsames Gift« kritisiert. Gesellschaftsgetränkes mit dem Mus- aus dem der Blutbespritzte Kriegsheld angesprochen wurde, antwortete, dass limen verbotenen Alkohol verglichen. Kaff eelob und -kritik Bier trank, so heißt nun das Gefäß, aus dies wohl stimmen möge, denn er trän- Etwas Kaff eegeschichte Die Legendenbildung machte auch vor Die Kritik am Kaff eegenuss wurde aber welchem das Mädchen Kaff e schlürff et, ke ihn schon seit  Jahren, bis hin zu Kaff ee ist wohl seit dem frühen Mit- Mohammed nicht Halt. So erzählte man nicht nur am Kaff eehaus exekutiert, Schaale. König Friederich ward noch Balzac mit seinen  Tassen am Tag bzw. telalter im arabischen Raum präsent. sich in Persien eine Geschichte, in der sondern sie wurde schon sehr früh mit Biersuppen erzogen, aber die Kin- bei Nacht. Wir können sie hier nicht alle Sein eigentlicher Ursprung ist weitge- der kranke Prophet vom Erzengel Gab- auch aus medizinischen Gründen ge- der von tausend seiner Unterthanen aufzählen. Unseren Kaff eefreund Leib- hend unbekannt. So sollen im abessi- riel mit Hilfe von Kaff ee geheilt worden übt. Andererseits empfahlen Medizin schon mit Kaff e. Die Seuche blieb nicht niz, dessen Briefwechsel  Eingang nischen Hochland in der Provinz Kaff a sei. Mohammed soll nach dem Genuss und Volksmedizin Kaff ee auch als Heil- nur in den Städten, sondern steck- in das UNESCO-Welterbe gefunden hat, die Kaff eekirschen der Wildpfl anze roh von Kaff ee  Männer vom Pferd gesto- mittel für alles Mögliche. Kurz gesagt, te sogar Bauern und hartarbeitende hätte wohl die Nachricht über die Auf- verzehrt oder die grünen Kaff eebohnen ßen und mit  Frauen Geschlechtsver- man hatte keine Ahnung von Ursache Taglöhner an. Und so ward allmählich nahme des türkischen Kaff ees in das getrocknet und gekaut worden sein, um kehr gehabt haben. und Wirkung. In der  Strophen langen diese Thee= und Kaff esäuferei zu ei- immaterielle UNESCO-Kulturerbe im sich in einen Rauschzustand zu verset- Ode des Arztes Daniel Wilhelm Triller nem Verderber, welcher die Gesund- Jahr  gefreut. zen. Nach einer Legende soll ein Hirte Kaff eehäuser »Lob des Caff ee« von  wird diese heit schwächte, weibische Schlappheit auf die Pfl anze aufmerksam geworden Doch schon Anfang des . Jahrhun- unterschiedliche Sichtweise mehrfach und Empfindelei ausbreitete, viele Georg Ruppelt ist Literaturwissen- sein, als er bemerkte, wie seine Ziegen derts wurden die allerorts entstande- thematisiert: Haushaltungen mit zu Grunde rich- schaftler und Historiker.  bis  nach dem Genuss von Blättern des nen Häuser, in denen Kaff ee angeboten ». Der Wein erhitzt und schwächt die tete, das Mark der Nation anfraß und war er Leitender Bibliotheksdirektor Kaff eebaumes die ganze Nacht über wurde, in der arabischen Welt bisweilen Glieder; Das Bier verdickt des Blutes jährlich gegen  Millionen Gulden aus der Gottfried Wilhelm Leibniz Biblio- quietschvergnügt umhergesprungen verboten. Dies richtete sich vor allem Lauf; Viel Menschen fallen taumelnd Teutschland schleppet.« thek in Hannover Politik & Kultur | Nr.  /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 17

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und was noch? Seiten  bis  FOTO: PICTURE ALLIANCE / AKGIMAGES / ALLIANCE PICTURE FOTO: Blick in die Paulskirche. Ringen um Freiheit und Demokratie Wertedebatte Verfassungspatriotismus alleine schaff t keine Integration

OLAF ZIMMERMANN Land, in dem sie zum ersten Mal EU- die von einigen eingeforderte Verfas- in größerem Umfang Flüchtlinge auf- denn nur er wird es den Ländern des Sü- Boden betreten haben, den Asylantrag sungsdiskussion statt, noch wurde eine zunehmen. Sie scheinen in erster Linie dens ermöglichen, mit ihren Waren und enn gestandene Kon- zu stellen, konnte in Deutschland die ehrliche Wertedebatte geführt. Über- an der ökonomischen Integration inte- Dienstleistungen auf dem Weltmarkt servative, die sich bis- »Moralkeule« mit leichter Hand ge- wältigt von der Chance vierzig Jahre ressiert zu sein und weniger an einem zu prosperieren. Aus ganz egoistischen lang stets gegen die schwungen werden. deutsche Teilung zu überwinden und Europa, das auf einem gemeinsamen Gründen müssten Deutschland und Eu- W Gleichstellung gleich- Dies alles änderte sich mit der Ent- angetrieben von schnell erforderlichen Wertefundament beruht. Da hilft auch ropa sich für einen fairen Welthandel geschlechtlicher Paare gewehrt haben scheidung von Bundeskanzlerin Merkel, politischen und wirtschaftlichen Ent- der Verweis auf die Europäische Grund- stark machen, um den Menschen im und die verbindliche Quoten für mehr das Dublin-Abkommen aufzuweichen scheidungen wurde im Kern erwartet, charta wenig, wenn Mitgliedstaaten es Süden Perspektiven zu bieten, damit sie Geschlechtergerechtigkeit in Füh- und syrischen Flüchtlingen den Weg dass westdeutsche Werte gleicherma- sich erlauben können, Grundrechte, wie dort leben, ihre Gesellschaft entwickeln rungsetagen der Wirtschaft für über- nach Deutschland zu öff nen, weil of- ßen in Ostdeutschland zum common Meinungsfreiheit und Recht auf Asyl, und zu Wohlstand kommen. Auch hier flüssig halten, auf einmal von dem fenkundig die ungarische Regierung sense gehören. Dass dies voreilig war, mit Füßen zu treten. Will Europa in tut eine Wertedebatte Not. Problem reden, dass Flüchtlinge aus überfordert und unwillig war und eine war bereits in den er Jahren zu er- der Zukunft glaubwürdig in der Welt Nötig ist meines Erachtens auch eine muslimisch geprägten Ländern weder humanitäre Katastrophe drohte. Seit- kennen und wird nun off enkundig. Man für Werte eintreten, ist eine innereuro- Wertediskussion in Deutschland. Eine die Gleichberechtigung von Mann und her erreichen nicht nur täglich sehr mag zwar den Kopf schütteln, dass in päische Debatte zu den gemeinsamen Verkürzung der Wertediskussion auf das Frau noch die gleichgeschlechtlicher viele Menschen Deutschland, seither Gegenden, in denen so gut wie keine Werten von Nöten. Grundgesetz wäre meines Erachtens Paare anerkennen, haben sie entweder stellt sich auch für Deutschland die Muslime leben und ein erheblicher Teil Dieses gilt auch mit Blick auf die fahrlässig. Sicher der Begriff der »Leit- ihre Ansichten radikal geändert oder ganz praktische Frage, wo die Men- der Bevölkerung keiner Glaubensge- Außenbeziehungen und damit ist kultur«, fast bin ich versucht zu sagen es ist eine Menge Bigotterie im Spiel. schen untergebracht werden, wie ihre meinschaft angehört, auf einmal von die Verantwortung Europas und auch »Leidkultur«, hat ausgedient und ist Seit gut zwei Monaten beherrscht Asylanträge, so sie denn welche stellen, einer Islamisierung und der Bedrohung Deutschlands für die Welt angespro- politisch verbrannt. Dennoch wäre es ein Thema die politischen Diskussio- bearbeitet werden, wie Kinder beschult des Christentums die Rede ist, dennoch chen. Dazu gehört z. B. auch, sich nach- meiner Meinung nach verkürzt, allein nen: wohin mit den Flüchtlingen und werden können und wie Integration ge- wäre es kurzsichtig, daraus den Schluss haltig für Lösungen im syrischen Bür- die Verfassung als Leitschnur hoch zu wie viele mögen wohl noch kommen? lingen kann. Die Diskussionen fi nden zu ziehen, sich mit dem off enkundigen gerkrieg einzusetzen. Es ist fast zynisch halten und damit die Diskussion zu be- Deutschland als Land in der Mitte Eu- im breiten Spektrum zwischen Angst Gefühl vieler ostdeutscher Menschen festzustellen, dass diese Lösungen erst enden. Verfassungspatriotismus alleine ropas ohne EU-Außengrenzen, ohne vor einer »Überfremdung« und rosa- zu kurz gekommen zu sein, nicht aus- in dem Moment dringlicher wurden, schaff t keine Integration. Es muss doch unmittelbare Nachbarschaft zu Kri- roten Träumen einer »Transkultur« einandersetzen zu müssen. Hier ist eine als Zehntausende Menschen auf ihrer vielmehr darum gehen, zu debattieren, senregionen blieb über viele Jahre statt. So absurd manche Äußerungen Wertedebatte notwendig. Zu der auch monatelangen Flucht Deutschland was es bedeutet, in einer multireligi- verschont von der Anforderung, eine auch sein mögen, eines wird deutlich: die Verteidigung der Meinungsfreiheit erreichten. Oder um es drastisch zu ösen und von vielen verschiedenen Antwort auf die Fluchtbewegungen aus Es bedarf einer Wertedebatte. Einer gehört, selbst wenn einem die Meinung formulieren: Der syrische Bürgerkrieg Kulturen geprägten Gesellschaft zu den Ländern des Südens zu geben. Mit Wertedebatte, die weder im Zuge der der anderen nicht passt. war so lange kein drängendes Prob- leben. Die Menschen, die in Deutsch- Schaudern und Entsetzen konnte sich deutschen Einheit noch in der Verwirk- Ebenso wichtig ist aus meiner Sicht lem, wie Flüchtlinge in jordanischen, land Obdach und ein Zuhause suchen, empört werden, wenn Menschen im lichung des Binnenmarkts und schon eine Wertediskussion in der Europä- libanesischen und türkischen Flücht- haben Werte. Sie ernst zu nehmen Mittelmeer ertranken, weil ihre Boote gar nicht im Zuge der Erweiterung der ischen Union. Zwar mag noch so oft lingslagern ausharrten. Eines ist klar, und zu integrieren, heißt sich damit nicht seetüchtig waren. Die italieni- Europäischen Union geführt wurde. Ei- beschworen werden, dass Europa mehr Lösungen bedürfen Geduld und viel auseinanderzusetzen und die eigenen sche Regierung konnte als unfähig ge- ner Wertedebatte, die auch refl ektiert, ist als ein Binnenmarkt und eine große Überzeugungskraft. Schnelle Erfolge Werte selbstbewusst in die Diskussion scholten werden, wenn vor Lampedusa welche Verantwortung das wiederverei- Verteilungsmaschinerie von Subven- sind kaum zu erwarten. Aber auch hier einzubringen. Wir werden klären müs- Menschen starben oder aber die Grenz- nigte Deutschland in der Welt annimmt. tionen. Dennoch ist das gemeinsame würde eine Wertedebatte bei der Lö- sen, welche Werte wir, neben den in der organe weder mit der Unterbringung Im . Jahr der deutschen Einheit Wertefundament, wie sich aktuell in sung von Konfl ikten helfen. Verfassung garantierten Grundrechten, geschweige denn der Erfassung von rächt sich, dass die Vereinigung der der Flüchtlingsverteilungsdebatte Verantwortung für die Welt zeigt sich als kulturelles Fundament unserer Ge- Flüchtlingen nachkamen. Geschützt beiden deutschen Staaten vor allem zeigt, sehr dünn. Es zeichnet sich ein aber auch in den Handelsbeziehungen. sellschaft für konstitutiv halten. Sich in durch das Schengen-Abkommen, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Gegensatz zwischen westeuropäischen Der Einsatz für einen fairen und gerech- eine solche Wertedebatte einzubringen, die Sicherung der EU-Außengrenzen betrachtet wurde, dass vorschnell aus Staaten, dem sogenannten Kerneuropa, ten Welthandel ist eben nicht nur eine steht dem Kulturbereich gut an. jenen Mitgliedstaaten zuweist, die der gemeinsamen deutschen Sprache Großbritannien und den neuen Mit- Formel für Kirchentage oder Eine-Welt- eine EU-Außengrenze haben, und ab- geschlossen wurde, es gäbe tatsäch- gliedstaaten aus Osteuropa ab. Jene Läden. Es sollte das ureigenste Inter- Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer gesichert durch das Dublin-Abkommen, lich eine gemeinsame Sprache mit Länder sehen sich off enbar weder in esse der Politik sein, für einen fairen des Deutschen Kulturrates und dass Flüchtlinge verpfl ichtet, in jenem einer gleichen Semantik. Weder fand der Verantwortung noch in der Pfl icht und gerechten Welthandel einzutreten, Herausgeber von Politik & Kultur 18 WERTEDEBATTE www.politikundkultur.net

 Millionen Menschen auf der Flucht Weltweite Solidarität ist eine Facette der Wertedebatte

GABRIELE SCHULZ tutionen sowie -verbände engagieren sich in Flüchtlingsunterkünften oder an sollte daran erinnern, öff nen ihre Türen gezielt für Flüchtlin- dass es schon einmal ge. Sie schaff en Begegnungsräume und eine Zeit gab, in der in erlauben für einige Stunden Ablenkung M Deutschland Millionen von Enge, Sorge vor der Zukunft und von Menschen Zufl ucht suchten. Un- ganz banaler Langeweile. mittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg Trotz verschiedener Bemühungen ist lebten rund neun Millionen Displaced es bislang nicht gelungen, eine europä- Persons aus  Nationalitäten in ische Lösung für die nach Europa kom- Deutschland. Sie hatten die Konzen- menden Menschen zu fi nden. Kleinere trations- und Arbeitslager des Natio- EU-Mitgliedstaaten verfügen kaum über nalsozialismus überlebt. Insgesamt , die Ressourcen, um Flüchtlinge unter- Millionen Deutsche aus den sogenann- zubringen. Manche EU-Mitgliedstaaten ten deutschen Ostgebieten fl ohen in die ducken sich einfach weg und hoff en viel- vier Besatzungszonen, darunter waren leicht, dass sie nicht gesehen werden. auch Deutsche, die als Minderheiten Andere EU-Mitgliedstaaten zeigen auf in anderen Staaten gelebt hatten. Das Deutschland und sehen hier die Verant- von Krieg und Zerstörung gezeichne- wortung für steigende Flüchtlingszah- te Deutschland bot diesen Menschen len. Die Sprecherin des UN-Flüchtlings- zunächst Zufl ucht. Wer mit Menschen werks Melissa Fleming mahnte Mitte spricht, die selbst Flucht oder Vertrei- Oktober dieses Jahres eine europäische bung erlebt haben, erfährt, dass die Lösung an und sah insbesondere in Grie- Aufnahme durch jene, die ihre Heimat chenland den Schlüssel zur verbesserten nicht verloren hatten, keineswegs im- Registrierung und späteren Verteilung mer freundlich war. Zusätzlich zu jenen von gefl üchteten Menschen. Griechen- Flüchtlingen der unmittelbaren Nach- land, war da nicht etwas? Genau jener kriegszeit fl üchteten zwischen  und Mitgliedstaat, der in der ersten Jahres-  etwa , Millionen DDR-Bürger in hälfte  eher wie ein störrisches Kind die Bundesrepublik. behandelt wurde, das seine Hausaufga-

Schätzungen zufolge befi nden sich ben nicht macht, soll nun eine Schlüs- DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: derzeit rund  Millionen Menschen selrolle in der europäischen Flüchtlings- Streit um den §  in der Bundesrepublik, ein wichtiges Thema der Frauenbewegung in der er Jahren weltweit auf der Flucht. Mehr als die politik übernehmen? Hälfte dieser Flüchtlinge stammen Es ist schon ein wenig Ironie dabei, aus fünf Staaten: Syrien, , dass, nachdem die Türkei über Jahre RECHTLICHE GRUNDLAGEN Somalia, Sudan und Südsudan. Eine hinweg bei den Beitrittsverhandlungen Hauptursache der Flucht ist Krieg. Laut am langen Arm der EU verhungerte, sie Genfer Flüchtlingskonvention en, Irland, Bulgarien, Kroatien und schenrechtskonvention sichergestellt UNHCR nahmen, bezogen auf die Ein- nun an Bedeutung gewinnt. Frei nach Die Genfer Flüchtlingskonvention wur- einschließlich Norwegen, Island, der sind. Asylbewerber aus diesen Staaten wohnerzahl im Jahr , Libanon und dem Motto: Jeder Flüchtling, der bei de  verabschiedet und trat  in Schweiz, Lichtenstein) fi nden keine können ohne Prüfung des Asylantrags Jordanien die meisten Flüchtlinge auf. euch bleibt, kommt nicht zu uns. Viel- Kraft. Kernpunkte sind: Schutz von Kontrollen an den Binnengrenzen dorthin abgeschoben werden. Beides sind Nachbarländer zu Syrien. leicht werden wir uns in den nächsten Flüchtlingen, die aufgrund von Rasse, statt. Staaten, die eine Grenze zu Die Türkei, ebenfalls ein Nachbarstaat Wochen noch wundern, wie freundlich Religion, Herkunftsland, Zugehörigkeit Nicht-Schengen-Staaten haben, über- Sichere Herkunftsstaaten zu Syrien, ist der Einzelstaat, der nach auf einmal mit Griechenland umgegan- zu einer sozialen Gruppe oder politi- nehmen die Grenzsicherung für den Sichere Herkunftsstaaten sind Länder, UNHCR-Statistiken mit  Prozent die gen werden kann, wenn es dazu dient, scher Überzeugung verfolgt werden. In- Schengenraum. bei denen grundsätzlich vermutet wird, meisten Flüchtlinge weltweit aufnahm, dass weniger gefl üchtete Menschen zwischen sind  Staaten der Genfer dass dort keine politische Verfolgung gefolgt von mit , Prozent nach Deutschland kommen. Flüchtlingskonvention beziehungswei- Deutsches Asylrecht oder unmenschliche bzw. erniedri- aller Flüchtlinge.  Millionen Menschen weltweit auf se dem Protokoll von  beigetreten. Nicht zuletzt aufgrund der durch Na- gende Behandlung oder Bestrafung In Deutschland treffen seit Som- der Flucht: Das ist Anlass zu handeln. tionalsozialismus und Krieg hervor- stattfi ndet. mer dieses Jahres in großem Umfang Zu handeln, um Bürgerkriegen entge- Gemeinsames Europäisches gerufenen großen Flucht in Europa Flüchtlinge ein. Täglich sind Bilder von genzuwirken, um Hunger und Unge- Asylsystem wurde im Grundgesetz Art.  »Poli- Menschen zu sehen, die inzwischen auf rechtigkeit zu beseitigen, um Menschen Ein gemeinsames europäisches Asyl- tisch Verfolgte genießen Asylrecht.« der sogenannten Balkan-Route nach Perspektiven für ihr Leben und ihr recht sowie eine gemeinsame Liste verankert. Diese Aussage galt bis  ZU DEN Deutschland kommen. Erschöpft errei- Glück zu geben. Denn Menschenrechte, sicherer Drittstaaten gibt es nicht. ohne Einschränkungen. Im Jahr  chen sie die österreichische und später Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit Ein Kernelement des gemeinsamen wurde das Asylrecht mit dem Konzept BILDERN die deutsche Grenze, um hier zu bleiben gelten nicht nur im Geltungsbereich Europäischen Asylsystems ist die Dub- der sicheren Drittstaaten und sicheren oder weiter nach Schweden zu ziehen. des Grundgesetzes, sondern sind uni- lin-Verordnung, die besagt, dass der Herkunftsstaaten eingeschränkt. Die Bilder des Schwerpunktes »Wer- Sehr viele Menschen engagieren sich verselle Werte. Die weltweite Solidarität Staat, in dem die Ersteinreise erfolgt, tedebatte« stehen für große Umbrü- in Deutschland für Flüchtlinge. Die so ist auch eine Facette der Wertedebatte. für Asylanträge zuständig ist. Sichere Drittstaaten che der Zeitgeschichte, die kulturelle oft als Dinosaurier gescholtenen Wohl- Unter sicheren Drittstaaten werden und gesellschaftliche Veränderun- fahrtsverbände helfen bei der Unter- Gabriele Schulz ist Stellvertretende Schengen-Raum Länder verstanden, in denen die Ein- gen bewirkten und Ausdruck des bringung, stellen Kleidung, Decken usw. Geschäftsführerin des Deutschen Innerhalb des Schengen-Raums (EU- haltung der Genfer Flüchtlingskon- Selbstverständnisses unserer Ge- zur Verfügung. Auch viele Kulturinsti- Kulturrates Mitgliedstaaten ohne Großbritanni- vention und der Europäischen Men- sellschaft sind.

hard Miegel rechnen, wir bräuchten Antiterrorterror vernichtet Millionen Seit dem Ersten Weltkrieg, als das Öl Das geht nicht? Wir haben eine Spar- . möglichst junge Zuwanderer Menschen. Die Waff en sind präzise. kriegsentscheidend wurde, sucht der spülung am Klo und eine Energie- im Jahr, damit die ausgelutschte Ren- Aber  Prozent der Opfer des Krieges Westen die arabische Welt heim. Es sparlampe in jeder Birne! Aber im te weiter funktioniert? Wir brauchen gegen den Terror sind keine Terroris- ging nie um Menschenrechte oder Antiterrorkampf gilt das nicht. Da nützliche Idioten? Auf einmal geht ten. Es sind Zivilisten. Demokratie. Wenn Demokratie störte, kann man foltern, töten, Hochzeiten es. Wir sind reich: Wer mal eben  Und doch: Es gibt einige, die diesen wurde sie beseitigt. Wie im Iran . beschießen, wie es gerade passt. Men- Milliarden für die Bankenrettung hat, Terror und Antiterrorterror überlebt Es ging stets um Öl. Das wird jetzt schenrechte hin, Völkerrecht her. Wir Politik und Kultur haben bei uns der hat auch  Milliarden für die haben! Die genug haben von Fass- knapp. Doch wir fahren weiter darauf bekämpfen die Schlepper. Doch wieso wundersam zusammengewirkt und Flüchtlingswelle. Wir schaff en das! bomben. Genug vom aufgeputschten ab. Alle Maschinen laufen damit. Alle schaff en wir es nicht, die Kriegs- eine neue politische Kultur geboren: Willkommenskultur! religiösen Wahn. Oder schlicht vom Flieger. Die Autos. Ohne Öl kein As- treiber vor ein Gericht zu bringen? die Willkommenskultur. Kulturorte Da stehen wir, besoff en von unse- ständigen Sirren der Drohnen, dieser phalt, keine Chemie, keine Medizin. Wozu haben wir den Internationalen wurden Willkommenskulturorte. Das rem Gutmenschentum. Und fragen Weiterentwicklung von Hitlers V. Kein Joghurtbecher. Keine Drucker- Strafgerichtshof? Was ist mit Assad? Hamburger Schauspielhaus nahm kaum noch nach den Ursachen der Bei uns in Ramstein, dem größten schwärze. Ohne Öl können wir nicht. Warum müssen sich die Bushs und Flüchtlinge auf. Im Ruhrpott wurde Flucht. Die Verbrecher sind für uns US-Stützpunkt außerhalb der USA, Wir sind süchtig danach. Und wir Obama nicht dort verantworten? die Emscher-Lippe-Halle ihr Lager. die Schlepper. Die jagen wir mit der stehen die Antennen. Von dort be- beschaff en uns den Stoff . Wie? Das ist Ja, wir haben den Internationalen Auf einmal war das Thema Flüchtlin- Bundeswehr. Was da sonst passiert, kommen alle Drohnen ihre Signale. Beschaff ungs kriminalität. Öl ist der Strafgerichtshof. Aber es gibt eini- ge omnipräsent. Dabei waren Flücht- wo diese Leute herkommen? Es ist In den USA sitzt der Drohnenlenker Wert, der unsere Wertegemeinschaft ge Länder, die da nicht mitmachen. linge schon immer da. Doch es war halt der jahrelange Krieg gegen den im Drehstuhl. Ein Foto von seinen kittet. Das können wir nicht übertün- Schurkenstaaten wie Nordkorea. Oder egal. Sie wurden vor der Festung Eu- Terror, der ganze Länder destabili- Lieben vor sich, links der Coff ee-to- chen. Auch wenn wir die Abgaswerte Syrien. Und die USA. ropa von Frontex behandelt wie Dreck, siert hat. Der geführt wird für eine go, rechts der Joystick. So wird die unserer Autos noch so sehr fälschen. Dafür haben wir unsere Willkom- gingen vor Lampedusa unter oder süchtige Kriegsmaschinerie, die Liste abgearbeitet, die auch deutsche Ja, wir sind umweltbewusst. Wir menskultur, begrüßen Flüchtlinge verbrannten in der Polizeizelle wie in den USA bisher vier Billionen Dienste erstellt haben. Wer wartet da, trennen den Müll. Wir recyceln die mit Beifall. Die Kanzlerin lächelt für Oury Yallo in Dessau. Und erst nach Dollar verschlang. Ja: Terror ist ein bis er dran ist? Die Menschen fl iehen Flaschen – in der Politik selbst Fla- sie auf Selfi es. Hier, wo Lebensmittel  Brandanschlägen auf Flüchtlings- Geschäftsmodell. Kriege und Angst mit einem Foto von Mutti Merkel ins schen wie Pofalla. Leere Flaschen wie billiger sind als Hundefutter. Respekt! heime allein in diesem Jahr hat sich vor Anschlägen sind der Motor der Mutterland des Drohnenterrors. Ohne Ex-Minister Niebel, der seine Despo- Doch so, wie es läuft, kann es nicht die Kanzlerin vor Ort bequemt. Um US-Wirtschaft. Das hochverschulde- Ramstein kein Drohnenkrieg! Warum tenkontakte beim Rüstungs konzern weitergehen: Wir werden die Proble- nach dem Rechten zu sehen. Warum te Land kann sich Frieden gar nicht lassen wir das zu? Wo von deutschem Rheinmetall versilbert. Warum gibt es me nicht lösen mit dem Denken, das jetzt? Weil dem Bundesverband der leisten! Was die Bushs entfesselten, Boden nie wieder Krieg ausgehen da keine Abwrackprämie? Warum kei- diese Probleme hervorgebracht hat. Deutschen Industrie Zuwanderung das hat Friedensnobelpreis träger sollte? In welcher Wertegemeinschaft ne Abwrackprämie für Panzer? Wieso zusagt? Weil Lobbyisten wie Mein- Obama alltagstauglich gemacht. Der leben wir? keine Flüchtlingsabgabe auf Waff en? Arnulf Rating ist Kabarettist Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 19

Brauchen wir eine neue Leitkulturdebatte?

»Wir brauchen viele Beiträge und Beispiele für die Bereicherung durch »Wir brauchen keinen deutschen Schlagwortaustausch aber eine andere Kulturen – um Gottes willen keine »Leitkulturdebatte« – unsere internationale Debatte über kulturelle Gemeinsamkeiten als Basis und Leitlinie ist das Grundgesetz – das muss jeder respektieren, der Grundstein eines einvernehmlichen Werte- und Ordnungsrah- hier leben will – nichts anderes!« mens.« Paul Leo Giani ist Rechtsanwalt Colin Hoff mann ist Vertreter der Deutschen Welle beim Deutschen Kulturrat

»Leitkultur klingt nach Dominanz und Unterwerfung und nicht nach Respekt vor Ver- »Wir brauchen keine neue Debatte über Leitkultur, sondern schiedenheit und gemeinsamen Regeln. Die meisten, insbesondere die, die von »deut- eine Besinnung auf die Werte, die unser Gemeinwesen tra- scher Leitkultur« sprechen, erzählen zwar etwas vom Grundgesetz, meinen aber Leder- gen. Sie sind im Grundgesetz klar beschrieben. Das ist die hosen, Weißbier und Fingerhakeln.« DNA unseres Gemeinwesens, basierend auf dem Geist der Aufklärung, dem Schutz der Freiheit des Individuums und MdB ist innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis /Die Grünen der Toleranz. Diese Werte muss jeder Einzelne akzeptieren und anerkennen.« , MdL ist Generalsekretärin der FDP

»Nein! Denn wer eine Leitkulturdebatte braucht, will eine Leitkultur. Und wer Kul- tur leiten will, braucht vor allem eins: mehr »Wir haben eine Leitkultur: die Menschenrechte und unsere Kultur!« »Die Kultur des Zusammenlebens in Verfassung, respektive die darin kodifi zierten Werte. Es gilt, die- unserer Gesellschaft ist nichts Stati- Jens R. Nielsen, Zeichner und Publizist und Beirat se allen Menschen und insbesondere denjenigen, die sie nicht sches, sondern von der aktiven Um- der Illustratoren Organisation kennen, zu vermitteln. Dafür brauchen wir mehr und vielleicht setzung derer geprägt, die in unserem auch eine andere politische Bildung in allen öff entlichen Ein- Land und in einer bestimmten Zeit richtungen, die einen diesbezüglichen Auftrag haben. Wenn leben. Die gemeinsame Grundlage Kunst und Kulturarbeit dabei behilfl ich sein können, umso bes- sind die universellen Menschenrech- ser.« te und deren Ausformung etwa in Norbert Sievers ist Hauptgeschäftsführer der Kulturpolitischen Gesellschaft der UN-Behindertenrechtskonventi- »Jede Debatte um eine angebliche Leitkultur on. Jede Generation muss sich erneut schürt Vorurteile und grenzt Migrantinnen damit auseinandersetzen, ohne die und Migranten aus. Mit kultureller Vielfalt Werte und Normen deshalb neu zu er- und off ener Migrationspolitik hat das nichts fi nden.« zu tun. Wir müssen über faire Asylpolitik Eva-Maria Stange ist Sächsische und Integration reden, über soziale und de- Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst mokratische Teilhabe durch gleiche Rechte.« ist innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke »Nein. Integration und Teilhabe erreichen wir nicht durch einen einseitigen Anpassungspro- zess, sondern mit einer werteorientierten De- batte, die die Zugewanderten als Mitgestalter begreift. Nur so nutzen wir die Chancen, die »Unser Grundgesetz bestimmt Rechte und der Zuzug der Flüchtlinge unserer Gesellschaft Pfl ichten aller Bürger. Es hat bisher alle ge- eröff net.« sellschaftlichen Entwicklungen der Republik »Die liberale und soziale Demokratie in Deutschland Gabriele Heinen-Kljajić ist Niedersächsische Ministerin getragen; dies wird auch in Zukunft gelingen. bedarf eines gemeinsamen kulturellen Fundamentes für Wissenschaft und Kultur Wir sollten darauf drängen, dass das Grund- im Alltag gelebter Normen und Werte: Der Respekt gesetz von allen geachtet und beachtet wird. gegenüber jeder Person, unabhängig von Herkunft, Eine Diskussion um eine Leitkultur brauchen Religion, Geschlecht, Hautfarbe gehört wesentlich wir nicht.« dazu. »Humanismus als Leitkultur« () ist für eine Gerhard Pfennig ist Vertreter der VG Bild-Kunst multikulturelle Gesellschaft unverzichtbar.« im Deutschen Kulturrat Julian Nida-Rümelin ist Kulturstaatsminister a. D.

»Unser Wertekonsens basiert auf dem Grundgesetz und Werten, die sich aus dem christlich-jüdischen Erbe über die Aufklärung bis heute entwickelten. Dieser Rechts- und Werteordnung, die unsere Gesell- »Zurückgefragt und um auf Bassam Tibis schaft zusammenhält, zeigen wir »Gerade die kulturelle Vielfalt macht das Leben in un- ursprüngliche Formulierung »europäische Respekt und sie muss auch von je- serem Lande bunt, interessant und dadurch lebens- Leitkultur« zurückzukommen: Ist die deutsche nen Anerkennung fi nden, die zu uns wert. Eine Debatte über eine Leitkultur würde dabei Öff entlichkeit bereits so weit, in Weiterführung kommen.« nur störend wirken. Wichtiger ist, dass allen Gesell- der Empfehlung der Enquete-Kommission einen , MdB ist Vorsitzende des schaftsschichten die Teilhabe an diesem reichen kul- Art. b »Der Staat schützt und fördert die euro- Ausschusses für Bildung, Forschung und turellen Schatz ermöglicht wird, von der päische Kunst und Kultur« in einem deutschen Technikfolgenabschätzung Kita bis ins hohe Alter.« Grundgesetz zu akzeptieren?« Hartmut Karmeier ist Orchestermusiker und Vizepräsident des Matthias Theodor Vogt ist Direktor des Instituts für Deutschen Musikrates. kulturelle Infrastruktur Sachsen 20 WERTEDEBATTE www.politikundkultur.net

Fördern und Fordern Andreas Kolb im Gespräch mit Aiman A. Mazyek

Aiman A. Mazyek ist deutscher Me- Als der Verband mit den meisten ara- nem Agnostiker und gleicht eher der Ist es nicht Zeit für einen muslimi- tur und Gesellschaft, entsprechend dienberater, Publizist und Vorsitzen- bisch sprechenden Moscheen waren christlichen oder jüdischen Ideenleh- schen Wohlfahrtsverband? anzuwenden. Ich glaube da sollten wir der des Zentralrates der Muslime in wir ein Stück weit vorbereitet, bevor re. Problematisch sehe ich dagegen Ja, aber das geht nicht automatisch. Muslime uns fundamental von Ideo- Deutschland. Der Zentralrat gilt neben die große Zahl der Flüchtlinge hier- die Frage der Adressierung: Zunächst Es geht natürlich auch um gewach- logen jeder Art unterscheiden. Bun- der zahlenmäßig größeren Türkisch- hergekommen ist. Der Zentralrat hat gab es eine öff entliche Diskussion da- sene Strukturen. Dieser Prozess ist deskanzlerin Merkel sagte im Inter- Islamischen Union der Anstalt für Reli- seit Anfang  einen Sport- und rüber, was die Moscheen angesichts bereits im Gange, spätestens seit die view zum Thema Flüchtlingsproblem: gion, dem Verband der Islamischen Kul- Flüchtlingsbeauftragen. Wir haben des Flüchtlingszustroms machten. Islamkonferenz das Thema Wohlfahrt »Wir sind eine christliche Partei.« turzentren, der alevitischen Gemeinde aber nicht die Möglichkeiten und Man stellte fest: Die Muslime leisten und Seelsorge auf die Tagesordnung Was heißt das als Christ gesprochen Deutschland und dem Islamrat für die Strukturen wie die großen Wohl- viel. Dann kam die Frage auf, was der gesetzt hat. Dass es eines Tages zu für den Umgang mit Asylsuchenden? Bundesrepublik Deutschland als einer fahrtsverbände und die Kirchen – In Zentralrat tut, damit Extremisten die einem muslimischen Wohlfahrtsver- Rein pragmatisch und sachlich könn- der wichtigsten islamischen Dachver- der Zeit des Ramadan haben wir eine neue Freizügigkeit nicht ausnutzten. band kommen wird, das ist jedem klar. bände in Deutschland. Aiman Mazyek große Aktion gestartet »Deutschland Schon wieder war die Adresse die Schon heute haben wir verschiedene wurde  als Sohn eines syrischen sorgt für Flüchtlinge« bei der viele muslimische Moschee. Gemeinschaftsprojekte mit unter- So früh wie möglich Ingenieurs und einer deutschen Jour- Gemeinden Flüchtlinge eingeladen Jetzt wo wir konkret Hilfe anbieten, schiedlichen Akteuren wie Arbei- die eigenen Talente nalistin geboren. Er studierte in Aachen haben, egal welche Religionszugehö- da geht die Politik den bequemen Weg terwohlfahrt, Diakonie und Caritas. in die deutsche und Kairo. Zu seinen zahlreichen ehren- rigkeit sie besaßen. Was mich persön- und sagt: Wir haben Netzwerke wie Bestimmte Bereiche, ich denke da an amtlichen Tätigkeiten zählen u.a. die lich angeht: Dadurch, dass ich einen etwa die Wohlfahrtsverbände, mittels Palliativmedizin, Sterbebegleitung Gesellschaft Gründung der Organisation Grünhelme, syrischen Vater habe, habe ich den deren Strukturen die Hilfe dann ver- oder Seelsorge, werden die muslimi- einbringen in der insbesondere junge Christen und Puls nochmals näher an dem Land teilt wird. In diesem Moment werden schen Religionsgemeinschaften dann Muslime beim Wiederaufbau von durch selber. Es war abzusehen, dass da et- wir nicht mehr adressiert. sicher selber übernehmen. Krieg und Naturkatastrophen zerstör- was passieren wird. Ich erlebte haut- te man als Politiker sagen: Wenn ich ten Schulen helfen. Von  bis  nah wie viele syrische Familien schon Welches sind die Hilfen, die Gewinnt der Zentralrat der Mus- mehr Flüchtlinge hier reinlasse, dann war Mazyek Stadtverbandsvorsitzender  und  über . syrische der Zentralrat der Muslime lime durch den Zuzug vieler sy- kollabiert diese Gesellschaft oder die- der FDP in Alsdorf bei Aachen. Heute ist Flüchtlinge mittels Bürgschaften anbietet? rischer Asylsuchender auch eine se Wirtschaft. Nüchtern betrachtet, ist Mazyek parteilos. Andreas Kolb unter- nach Deutschland geholt haben. Es ist die ganze Klaviatur: Integra- stärkere Position innerhalb der die Gefahr nicht ganz von der Hand hielt sich für Politik & Kultur mit Aiman tionslotsen, Übersetzer, Imame, die diversen muslimischen Dachver- zu weisen. Aber nein, Frau Merkel Mazyek über die Folgen der Massenein- »Nicht alle muslimischen Gemein- als Seelsorger und Tröster unterwegs bände in Deutschland? fragt sich: Was ist meine christliche wanderung für unsere Gesellschaft. den helfen Flüchtlingen aus isla- sind, Schlafplätze in den Moscheen, Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Verantwortung? Und das bedeutet in mischen Ländern – zum Ärger der- Essen und Informationsveranstal- Fakt ist, dass viele unserer Moscheen diesem Fall Nächstenliebe – ein Prin- Herr Mazyek, wie haben Sie den jenigen, die sich umso mehr küm- tungen für Flüchtlinge, bis hin zu seitdem voller geworden sind. zip und eine Haltung, die ein Muslim Tag der Off enen Moschee am . Ok- mern.« Diesen Satz titelte die FAZ Deutschkursen in den Gemeinden beispielsweise aus dem Gedanken tober verbracht? am . Oktober auf der Politikseite. und Geschenkeverteilung für Flücht- Sie haben bereits , also zu der Barmherzigkeit ableitet, ja ab- Der Tag der Off enen Moschee ist in- Ich kann das nicht bestätigen. Die lingskinder zum Opferfest. Der Zent- einer Zeit, wo noch nicht viele leiten muss, will er ein guter Muslim zwischen ein fester Bestandteil des meisten Gemeinden leisten Hilfe. ralrat setzt sich zudem über verschie- online unterwegs waren, sehr mo- sein. Einige Muslime haben insofern deutschen Kulturinventars. Ich war Solidarität und Mitmenschlichkeit dene Projekte speziell für unbegleite- dern gedacht, und eine wichtige tatsächlich eine Aufklärung vor sich: am . Oktober in Berlin und habe sind der Religion inhärente Impe- te Flüchtlingskinder und Waisen ein, Internetplattform initiiert, deren Sie müssen ihre Religion aus der Ver- sowohl einige Moscheen besucht, als indem diese z.B. über unser Netzwerk Chefredakteur Sie viele Jahre wa- schüttung wieder entdecken! Vieles ist auch die Einheitsfeier. Die beiden Pfl egeeltern vermitteln werden. Wir ren: www.islam.de. davon verschüttet und wir erleben ja Veranstaltungen am selben Tag gehö- leisten eine ganze Menge, insbeson- Mit dem Portal hatten wir viele Jahre gerade in der muslimischen Welt kein ren für uns Muslime zusammen: Der Muslimische dere über unsere Moscheen vor Ort, ein Alleinstellungsmerkmal. Aufbegehren oder ein Aufbäumen der Tag der Off enen Moschee zeigt unsere Einrichtungen haben wo Ehrenamtliche seit Monaten bis Heutzutage – Gott sei Dank – haben Muslime, sondern eine tiefe Resig- Haltung gegenüber der friedlichen eine Schlüsselfunktion am Rand ihrer Erschöpfung arbeiten. wir eine ganze Reihe von muslimi- nation, auch religiös gesehen. Das ist Revolution der Deutschen, und er bei der Integration Leider gibt es dennoch immer einen schen Internetpräsenzen, die jeweils ein Ergebnis davon, dass wir unseren zeigt, dass wir ein Teil dieser Gesell- Vorbehalt gegenüber den muslimi- unterschiedliche Schwerpunkte ha- Glauben nicht als Haltung begreifen, schaft und dieses Landes sind. von Flüchtlingen schen Einrichtungen und sie sind ben und auch Spezialisierungen. sondern als ein ideologisches, abge- strukturell gegenüber den beispiels- schlossenes System. Dabei kennt die Welche Folgen hat der verstärkte weise christlichen Wohlfahrtsverbän- Sie sind kein Ingenieur geworden islamische Welt durchaus eine eigene Zuzug von Muslimen aus der ara- rative. Immanuel Kant hat in »Der den benachteiligt. Bisher haben wir wie ihr Vater, sondern Publizist. Zeit der »Aufklärung«, die bis zum bischen Welt nach Deutschland für ewige Frieden« geschrieben, dass der da keine richtigen Weg gefunden. Ei- Was hat Sie geprägt? Beginn der Neuzeit zur wissenschaft- den Zentralrat der Muslime? Und Hilfesuchende ein Recht auf Hilfe hat. nerseits ist allen klar, dass wir da eine Ich liebe die Klassik der deutschen lichen Blüte der islamischen und auch inwiefern hat das Thema Flücht- Außer wenn er die Hand gegen seine Schlüsselfunktion üben, andererseits Literatur. Wir hatten in der . Klasse der christlichen Länder beitrug. lingswelle Einfl uss auf Ihr persön- Helfer erhebt. Die Herleitung ist im wird diese aber bisher nicht entspre- einen so begnadeten Deutschlehrer, liches Leben? Islam ein bisschen anders als bei ei- chend gewürdigt. der uns »Faust I« so fantastisch im »Wir dürfen Flüchtlinge nicht in Unterricht nahebrachte, dass mich Watte packen« zitiert Sie die Berli- diese Zeilen, aber auch die Werke ner Zeitung. Wie ist das gemeint? anderer Klassiker wie Schiller, Herder Das Prinzip heißt einfach »Fördern oder Lessing nicht mehr losgelassen und Fordern«. Die Menschen, die her- haben. Ich habe damals angefangen, kommen, sollten so früh wie möglich mehr schlecht als recht Gedichte die Chance erhalten, ihre Talente in zu schreiben. Auch das hat mich bis die Gesellschaft mit einzubringen, ge- heute nicht losgelassen. Eine weitere rade auch in die Arbeitswelt. Liebe ist die klassische Musik, neben Das Schlimmste wäre, durch lange Schubert oder Beethoven schätze Wartezeiten zu befördern, dass die ich insbesondere Tschaikowsky. Hier Motivation der Asylsuchenden ver- wäre der Einfl uss meiner Mutter zu schüttet wird, ihre Talente verkom- nennen, die die großen russischen men und sie dann nicht mehr in der Komponisten geliebt hat. Lage wären, sie zu nutzen. Das darf nicht passieren. Das ist damit gemeint. Waren Sie schon in Konzerten des in Bremen neu gegründeten Syrian Erleben viele Menschen, die Expat Philharmonic Orchestra? jetzt neu in Deutschland und Da war ich noch nicht. Aber ich habe Europa ankommen, nicht einen mehrfach Daniel Barenboims West- Kulturschock? Welche Aufgaben Eastern Divan Orchestra live gehört. wachsen den Künsten, und insbesondere der Kulturpolitik Sie selbst sind geprägt vom auf- hier neu zu? klärerischen Geist der deutschen Dadurch, dass wir Neues zulassen, Klassik, insbesondere dem soge- haben wir auch die Chance, unsere nannten Sturm- und Drang. Hat alten verkrusteten Strukturen zu der Islam die Aufklärung noch vor revitalisieren. Ein Mehr an Vielfalt sich? Entsteht durch die Migrati- ist natürlich auch anstrengend, aber onsbewegungen dieser Tage nicht am Ende macht es einen auch stärker. die Chance, Aufklärung außerhalb Deutschland wird durch die Flücht- der Kernländer des Islam neu zu linge am Ende nicht nur ökonomisch wagen? stark profi tieren, die anderen europä- Dazu will ich etwas ausholen. Ich ischen Staaten werden noch staunen verstehe den Islam nicht als System, und dann wieder fragen: Wie hat das sondern als eine Frage von Prinzipi- Deutschland nur gemacht? en. Ich denke an das Gerechtigkeits- prinzip, auch an moralische Codexe, Aiman A. Mazyek ist deutscher Medien- die Sie auch im Christen- und Juden- berater, Publizist und Vorsitzender des tum wiederfi nden. Unsere Aufgabe Zentralrates der Muslime in Deutsch-

FOTO: PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS ASSOCIATED / ALLIANCE PICTURE FOTO: liegt darin, diese Prinzipien in der land. Andreas Kolb ist Redakteur von Unterzeichnung des Grundgesetzes. Ein wichtiger Markstein in der Geschichte der Bundesrepublik jeweiligen Zeit, in der jeweiligen Kul- Politik & Kultur Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 21

Keine Integration ohne Bildung Die größte politische Aufgabe der Zukunft

JOHANNA WANKA

s ist eine humanitäre Aufgabe, Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen und sie rasch zu E integrieren. Auch wenn derzeit die akuten Fragen der Unterbringung und Versorgung im Mittelpunkt unserer Anstrengungen stehen, so ist doch al- len klar, dass Integration ohne Bildung nicht funktionieren kann. Wir wissen, dass über die Hälfte der Flüchtlinge jünger als  Jahre ist, also in einem Alter, in dem sie zur Schule gehen müs- sen oder eine Ausbildung benötigen. In- tegration durch Bildung wird daher in den nächsten Jahren zum Schwerpunkt von Politik werden müssen. Dies ist vor dem Hintergrund der de- mographischen Entwicklung und des prognostizierten Fachkräftemangels auch eine Chance für Deutschland! Um diese Chance zu nutzen, bedarf es gro- ßer Anstrengungen. Wenn Integration in Ausbildung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft gelingt, profi tieren wir alle davon. Dazu brau-

chen wir eine gemeinsame Anstren- DPADPAWEB / ALLIANCE PICTURE FOTO: gung von Bund, Ländern, Kommunen Christopher Street Day: Ausdruck selbstbewussten Auftretens von Schwulen und Lesben und auch der Zivilgesellschaft, also der vielen Ehrenamtlichen, die in den letz- schnell und unkompliziert nutzen kön- dafür gerüstet: es bietet die Möglichkeit, »qualiboxx« angeboten werden. In den lichen Sprach- und Kulturtechniken ten Wochen Enormes geleistet haben. nen. Für Flüchtlingskinder werden wir in solchen Fällen zum Beispiel durch Kommunen gibt es viel Engagement für vermittelt, die bei der Integration hel- Ich danke den Menschen in unserem ab Dezember ein Sonderprogramm »Le- Arbeitsproben und Fachgespräche die Flüchtlinge. Die Integration läuft vor fen und einen wesentlichen Beitrag zur Land für dieses Engagement! sestart« umsetzen und ehrenamtliche vorhandenen Kompetenzen zu klären. Ort – und ob sie gelingt, entscheidet Schaff ung einer Willkommenskultur Das Bundesbildungsministerium Vorlesepaten unterstützen. Außerdem Was für deutsche Jugendliche und sich dort. Zur Organisation und Koor- leisten. Diese Angebote will ich bei den wird mit gezielten Maßnahmen Inte- werden wir ehrenamtliche Lernbeglei- Jugendliche mit Migrationshintergrund dinierung von Bildungsangeboten für Flüchtlingen auch auf junge Erwach- gration durch Bildung voranbringen. ter qualifi zieren, damit sie neben den gilt, gilt auch für die neu hinzukom- Flüchtlinge werden wir allen rund  sene ausweiten. Dazu wird mein Haus rund  Millio- hauptamtlichen Lehrkräften den Ein- menden Flüchtlinge: Eine frühe Be- Kreisen oder kreisfreien Städten mit Wie Sie alle wissen: National und nen Euro zusätzlich investieren für die stieg in die deutsche Sprache unterstüt- rufsorientierung und eine Begleitung Beginn  ermöglichen, einen Koor- international laufen die Bestrebun- zentralen Ziele zen können. Mit der Stiftung Lesen und hin zu einem Ausbildungsplatz sind dinator zu fi nanzieren. Unsere Bünd- gen, die mit dem Flüchtlingsproblem • Erwerb der deutschen Sprache, dem Deutschen Volkshochschulverband entscheidend für einen erfolgreichen nisse für Bildung im Programm »Kultur verbundenen Herausforderungen zu • Erkennen von Kompetenzen und haben wir für diese Maßnahmen starke Einstieg in Ausbildung. Deshalb bauen macht stark« erreichen derzeit . bewältigen, auf Hochtouren. Wir kön- Potenzialen von Flüchtlingen, und erfahrene Partner gewonnen. wir erfolgreiche Instrumente aus, be- Kinder und Jugendliche. Unsere Partner nen in Deutschland zuversichtlich sein: • Integration in Ausbildung und Beruf. Viele Flüchtlinge bringen Berufs- sonders in den Regionen, die verstärkt können ab sofort zusätzliche Angebo- Unsere Gesellschaft ist insgesamt inte- Das Erlernen der deutschen Spra- qualifi kationen mit, die wir erkennen Flüchtlinge aufnehmen, und stellen te für junge Flüchtlinge durchführen. grationsbereit und – das zeigt auch die che ist die wichtigste Voraussetzung und anerkennen müssen. Mit dem so- zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung. Der Deutsche Volkshochschulverband Geschichte – integrationserfahren. Für für die gesellschaftliche Integration der genannten Anerkennungsgesetz haben Unumgänglich wird sein, die inter- hat sein Angebot bereits erweitert und diejenigen, die hier sind und eine Pers- Flüchtlinge in Deutschland. Zusätzlich wir dafür eine sehr gute Basis. Bei den kulturelle Kompetenz der Ausbilder und bietet Maßnahmen für junge Flücht- pektive haben, hier bleiben zu können zu den etablierten und notwendigen jetzt ankommenden Flüchtlingen ist ein Ausbilderinnen in den Betrieben und der linge an, die sowohl Kompetenzerwerb, und zu wollen, gibt es für mich ein zen- Instrumenten wie Integrations- und besonderes Problem zu bewältigen: Vie- Berufsschullehrkräfte zu fördern. Dazu insbesondere Sprache, und kulturelle trales Ziel: Integration durch Bildung! Sprachkursen werden wir passgenaue le können wegen Krieg und Flucht die wird ein niedrigschwelliges, interkultu- Bildung, wie Tanz, Theater, Bewegung Instrumente, wie beispielsweise Lern- notwendigen Unterlagen nicht vorlegen. relles Training zur Sensibilisierung ent- oder Medienbildung, umfassen. In den Johanna Wanka ist Bundesministerin Apps anbieten, die die Flüchtlinge Das Anerkennungsgesetz ist aber auch wickelt und über die bekannte Plattform Bildungsbündnissen werden Jugend- für Bildung und Forschung Eine große Chance für alle Ist eine Integration von Flüchtlingen in das Hochschulsystem umsetzbar und welche Voraussetzungen müssen dafür geschaff en werden?

HORST HIPPLER Beispiele, Initiativen und Projekte zur und Sprachenvermittlung. Die Hoch- sein, sie können aber das Lernen in der über, wie Studierfähigen ohne oder mit Integration von Flüchtlingen an über schulrektorenkonferenz unterstützt die Gruppe nicht ersetzen. Gerade durch nur unvollständigen Bildungsnachwei- n den letzten Monaten ist mit der  Hochschulen. Hochschulen, indem sie Informationen Kriegs- und Fluchterlebnisse belastete sen der Zugang zur Hochschule ermög- enormen Zahl von Flüchtlingen aus Die Hochschulen haben große Erfah- sammelt, den Erfahrungsaustausch för- Studieninteressenten brauchen persön- licht werden kann. Eine Rekonstruktion I Bürgerkriegsregionen eine Heraus- rung im Umgang mit Menschen, die aus dert und die Bedarfe zu identifi zieren liche Ansprache und Begleitung. der Bildungsbiografi en in Ergänzung forderung auf Deutschland zugekom- dem Ausland zu uns kommen und se- versucht. Wir haben zu diesem Zweck mit Studierfähigkeitstest könnte ein men, wie sie bislang kaum vorstellbar hen die Vielfalt der Studierendenschaft Ende September ein Werkstattgespräch Lösungsweg sein. war. Die Bürgergesellschaft hat mit gro- und des wissenschaftlichen Personals mit gut  Teilnehmerinnen und Teil- Bei den zu erwartenden hohen Zah- ßem Engagement und einer nie dage- als Chance für alle. Im Fall der Flücht- nehmern organisiert. Themenschwer- Regionale Vernetzung len an studierfähigen Flüchtlingen wesenen Willkommenskultur reagiert. linge aber stehen sie vor besonderen punkte waren die Studienvorbereitung, und eine frühzeitige muss die vorhandene Infrastruktur Es ist beeindruckend, wie schnell Aufgaben. Fehlende Unterlagen, man- der Hochschulzugang und die fi nanzi- deutlich ausgebaut werden. Die Hoch- sich auch in den Hochschulen Initiati- gelnde Sprachkenntnisse und auch un- elle Unterstützung von Flüchtlingen. Bildungsberatung schulen brauchen hier die Unterstüt- ven gebildet haben, die zunächst einmal terschiedliche Lernkulturen sind meist Dabei wurde deutlich, dass die regio- sind unabdingbar zung von Ländern und Bund. Es gibt auf die elementaren Bedürfnisse der die größten Hürden. Wir müssen davon nale Vernetzung mit allen Akteuren bereits entsprechende positive Signale, ankommenden Flüchtlinge reagierten ausgehen, dass wir eine stufenweise, (Bundesagentur für Arbeit, Aufnahme- die den Hochschulen Mut machen, die und mit Empathie und Initiative an den den jeweils individuellen Vorausset- einrichtungen, Flüchtlingsräte, kom- neuen Aufgaben anzugehen. Um die nächstliegenden Stellen zu helfen ver- zungen angepasste Integration zu or- munale Initiativen, Wohlfahrtverbände Es gehört auch zur Verantwortung für begonnene Arbeit erfolgreich weiter- suchten. Insbesondere das großartige ganisieren haben. etc.) und eine frühzeitige Bildungsbera- die studierwilligen Flüchtlinge, dass zuführen, sind ein Monitoring und eine Engagement von Studierenden verdient Hochschulleitungen und Verwaltun- tung wichtige Grundlagen bilden. für sie die gleichen Qualitäts- und wissenschaftliche Begleitung erforder- Anerkennung. gen, Lehrende und Studierende sind Dann muss eine passgenaue Studi- Leistungsstandards beim Hochschul- lich. Die Hochschulrektorenkonferenz Diese Reaktionen können zuver- gefordert. Es wird auch um Wissen- envorbereitung folgen, um die Chan- zugang und während des Studiums wird den Hochschulen weiterhin eine sichtlich stimmen, wenn es um die Auf- schaftlerinnen und Wissenschaftler ce für ein erfolgreiches Studium zu gelten müssen wie für alle anderen Plattform für Austausch, Vernetzung gabe geht, Flüchtlinge in die Hochschu- gehen, die Entwicklungsmöglichkeiten gewährleisten. Mit Sprachkenntnis- Studierendengruppen. Die Zulassung und Beratung bieten. Wir sehen uns ge- len selbst zu integrieren und ihnen die und neue Aufgaben suchen. Vor allem sen, die ein akademisches Studium der gefl üchteten Studierenden zu NC- meinsam mit den Hochschulen in der Möglichkeit zu geben, ihre Potenziale aber müssen wir uns um die Studien- ermöglichen, sollten auch kulturelle Studiengängen fällt unter die seitens Verantwortung, nachhaltige Lösungen für ihren persönlichen Bildungsweg und interessenten unter den Flüchtlingen und gesellschaftliche Werte vermit- der Länder festgelegten Drittstaaten- zu fi nden mit dem vordringlichen Ziel, zum Vorteil der gesamten Gesellschaft kümmern. Es braucht Beratung, Be- telt werden, um die Integration der quotenregelungen. adäquate Bildungschancen zu bieten. weiterzuentwickeln. Und tatsächlich gleitung bei Behördengängen, Hilfe Flüchtlinge erfolgreich zu befördern. Es stellen sich auch rechtliche Fra- ergab eine Umfrage der Hochschulrek- bei der Wohnraumsuche bis hin zu Digitale Lernformen können eine gute gen, die schnellstmöglich zu klären sind. Horst Hippler ist Präsident der torenkonferenz bereits im Frühsommer studienvorbereitenden Programmen Ergänzung zu bestehenden Strukturen So besteht nach wie vor Unklarheit dar- Hochschulrektorenkonferenz 22 WERTEDEBATTE www.politikundkultur.net

Brauchen wir eine neue Leitkulturdebatte?

»In unserem Land muss sich Jede und Jeder in seinem Handeln von unserem Grundgesetz »Bitte keine Debatte um diesen und dem Bekenntnis zur freiheitlich-demo- missverständlichen Begriff . Wich- kratischen Grundordnung leiten lassen. Die tig ist eine schnelle Integration »Nein. Wir brauchen eine Verständigung darüber, was Europa, Bereitschaft zur Akzeptanz unserer Kultur und in die Werte unserer Demokratie: was Deutschland in seiner ganzen Vielfalt ausmacht und welches Sprache ist Voraussetzung für Integration. Ver- Respekt und Toleranz für Anders- die verbindenden Werte des Zusammenlebens sind – basierend bindliche Leitlinie bleibt unser gewachsenes Denkende und -Glaubende, gleiche auf Rechtsstaatlichkeit und Religionsfreiheit. Menschlichkeit, christlich-jüdisches Werte- und Traditionsfun- Wertschätzung für Frauen und Nächstenliebe, Solidarität gehören da essentiell dazu.« dament.« Männer. Das Grundgesetz und die Sigrid Hupach ist Kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Menschenrechte gelten für alle – DIE LINKE , MdB ist kultur- und ohne Einschränkung.« medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag ist Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland

»Wer sich der eigenen Kultur be- wusst ist, kann anderen Kulturen »Deutschland hat eine Leitkultur: das Grundge- »Kultur ist nie statisch, sondern ein kontinuierlicher off en begegnen. Das Kulturkonzept setz. An diese Leitkultur muss sich jeder halten. Prozess der Zuschreibung und Aushandlung, der ganz unseres Landes sagt, dass Integrati- Daneben gibt es unverbindliche und sich stets konkret an bestimmten Orten und zu bestimmten on eine wichtige Rolle in Schleswig- ändernde kulturelle Inhalte und Werte, über die Zeiten stattfi ndet. Sozialkulturelle Leitwerte einer sol- Holstein spielt. Migrantinnen und es immer wieder zu debattieren lohnt, privat, chen Aushandlung können dabei immer nur Off enheit, Migranten tragen erheblich zur in den Medien, zum Beispiel auch in Compu- Respekt, Flexibilität, Entschlossenheit und Zuversicht kulturellen Vielfalt im Land bei terspielen. Sofern eine solche Debatte nicht als sein.« und fördern die Sichtbarkeit unter- Vorwand für Zuschreibungen genutzt wird, wie Markus Hilgert ist Altorientalist und Direktor des schiedlicher Identitäten.« jemand denken oder sein soll, ist sie jederzeit Vorderasiatischen Museums im Pergamonmuseum, Staatliche willkommen.« Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz Anke Spoorendonk ist Ministerin für Justiz, Kultur und Europa des Landes Maximilian Schenk ist Geschäftsführer des BIU Schleswig-Holstein

»Eine Wertediskussion auf der Basis der UNESCO- »Wir brauchen keine neue Leitkul- Konvention zur kulturellen Vielfalt in Verbindung mit turdebatte. Vielmehr sollten wir einer Neujustierung von Kultur und Gesellschaft ist »Als permanenter Entwicklungsprozess zwischen off en sein und von anderen Kultu- längst überfällig, erhält aber nun eine besondere Dring- Resilienz und Disruption gehört eine Weiterent- ren lernen. Diese Chance gibt uns lichkeit.« wicklung unserer kulturellen Traditionen zur De- die Ankunft der Migranten. Unsere Eckart Lange ist Präsident des Kulturrats Thüringen batte um die Weltgesellschaft des . Jahrhunderts. »Leitkultur« sind das Grundgesetz Eine Leitkulturdebatte macht dagegen mangels und die demokratischen Freiheits- Leitkultur keinen Sinn.« rechte.« Rupert Graf Strachwitz ist Vorstand der Maecenata Stiftung Jeanine Meerapfel ist Präsidentin der Akademie der Künste

»Der Begriff Leitkultur ist zu negativ aufgeladen; eine neuerliche Debatte würde Fliehkräfte verstärken und jenen Auftrieb geben, die montags spazieren gehen. Wir müssen jedoch klar machen, »Wenn mehr Menschen aus anderen Ländern zu dass Werte, die uns leiten, nicht verhan- uns kommen und bleiben, wird sich unser Land delbar sind: Menschenwürde, Gleichbe- »Nein, die Antwort haben Hunderttausende verändern. Diesen neuen Mitbürgern müssen rechtigung, Religionsfreiheit etc.« von Menschen mit ihrer Solidarität und wir erklären, welche Werte unsere Heimat prä- Hilfsbereitschaft für Gefl üchtete bereits ge- Hans Fleisch ist Generalsekretär des gen, wie das Zusammenleben hier funktioniert. geben. Und Deutschland ist längst ein Ein- Bundesverbandes Deutscher Stiftungen Ich erwarte, dass sie sich diese Werte zu eigen wanderungsland. Nutzen wir deshalb die vor machen. Und darüber müssen wir immer wieder uns liegende Chance, endlich auch eine reden.« Migrationsgesellschaft zu werden mit einem ist CDU-Generalsekretär »neuen Wir« und einem pluralistischen Kul- turverständnis.« ist Sprecherin für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis /Die Grünen »Der Begriff der Leitkultur ist wenig hilfreich. Was wir brauchen, ist die Debatte über die Fra- ge, was die im Grundgesetz normierten Werte der Freiheit(en) vor dem Hintergrund der aktuellen Situation bedeuten. Die Auseinandersetzung darü- ber kann und darf in einer off enen Gesellschaft nie enden. Gute Kulturpolitik leistet einen wichtigen Beitrag dazu, indem sie gesellschaftspolitische »Leitkulturdebatte? Warum? Was wollen wir damit erreichen in einer Zeit, in der wir Men- Räume ermöglicht, in denen mit den Mitteln von schen aus anderen Kulturen hierzulande aufnehmen müssen und wollen? Eine neue, eine Kunst und Kultur genau diese Auseinandersetzung rechtzeitige Ausgrenzung? Auf keinen Fall. Vielmehr geht es doch nur um Eines: Um Hu- geführt werden kann.« manität. Um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Und nicht um irgendeinen verschwur- belten Wertekanon.« Marc Grandmontagne ist Geschäftsführer der Kulturpolitischen Gesellschaft Rolf Bolwin ist Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 23

FOTOS: LAMMERT: DEUTSCHER BUNDESTAG, ACHIM MELDE / SCHÄFERGÜMBEL: SPD HESSEN / WAGENKNECHT: NICOLE TEUBER / : LAURENCE CHAPERON / BÄR: DOROTHEE BÄR, TOBIAS KOCH

Norbert Lammert Thorsten Schäfer-Gümbel Sahra Wagenknecht Claudia Roth Dorothee Bär Von der Willkommenskultur zur Integration Wie kann die langfristige Einbindung der ankommenden Flüchtlinge in unsere Gesellschaft funktionieren?

Deutschland wird Dialog zwischen Integration gibt es Der Kulturbetrieb Eine Bereicherung sich verändern den Kultur(en) nicht zum Nulltarif muss sich öffnen für unsere Kultur

NORBERT LAMMERT THORSTEN SCHÄFERGÜMBEL SAHRA WAGENKNECHT CLAUDIA ROTH DOROTHEE BÄR

Dass heute so viele Menschen in Not Dari, Paschtu, Mazedonisch, Urdu, So- Integration gibt es nicht zum Nulltarif. Die Welt befi ndet sich im dramatischen Eine Gesellschaft verändert sich. Stän- in unserem Land den freien und siche- mali, Haussa – nur eine Auswahl der Sie kann und wird nur gelingen, wenn Umbruch. Über  Millionen Menschen dig. Und nicht erst seit heute. Sie ist ren Ort erkennen, der ihnen Schutz und Sprachen, die aktuell in Flüchtlingsauf- massiv in Sozialwohnungen, Schulen, sind weltweit auf der Flucht, so viele, heute eine andere als vor  oder gar Hilfe gewährt, ist angesichts der deut- nahmen gesprochen werden. Für viele Kitas und Krankenhäuser sowie in wie noch nie zuvor gezählt wurden. Das vor  Jahren. Damals wurde meine schen Geschichte ebenso erstaunlich von uns völlig fremde Sprachen – so Studien- und Arbeitsplätze investiert bedeutet auch für uns in Europa Verän- Großmutter von ihrem späteren Ehe- wie ermutigend. Ein wirklicher Grund, wie Deutsch für viele der Gefl üchteten. wird. Schon lange gibt es in Deutsch- derungen, für die wir Verantwortung mann in der Tanzstunde noch mit stolz zu sein, ist die imponierende Be- Sprachkurse werden zum zentralen land einen gewaltigen Investitionsstau. übernehmen müssen. Die letzten Wo- »Fräulein« angesprochen und beide wa- reitschaft der in Deutschland lebenden Element für Integration. Sprache ist Vor allem in den Großstädten fehlt chen haben eindrücklich gezeigt, dass ren selten allein. Heute bewertet man Menschen, diese humanitäre Heraus- der Schlüssel für Verstehen, kulturelle bezahlbarer Wohnraum, in Kranken- die Menschen in Deutschland dazu be- sich bei Tinder gegenseitig im Netz und forderung anzunehmen – trotz aller Bildung ist der Schlüssel für Verständ- häusern und Pfl egeheimen, in Schulen reit sind. Bewegend ist die Solidarität wenn man heiraten möchte, fragt man berechtigten Sorgen, wie wir mit dem nis. Über sie können wir die Kultur des und Kitas fehlt qualifi ziertes Personal, vieler Menschen im ganzen Land, die sicher nicht mehr die Eltern um Erlaub- anhaltenden Zustrom in unseren Kom- anderen sehen, demokratische Grund- unzählige öff entliche Gebäude, Brü- spontan dort helfen, wo Gefl üchtete an- nis. Was wir lapidar mit »Das war eine munen fertig werden und die Kontrolle werte vermitteln und bestmöglich »zu- cken, Straßen und Schienen sind sa- kommen und versorgt werden müssen. andere Zeit« abtun, war in Wirklichkeit über das eigene Land, seine Grenzen sammenwachsen«. nierungsbedürftig. Doch die meisten, die vor Krieg, Aus- ein ganz anderes Gesellschaftsbild. und seine Rechtsordnung behaupten Mit der aktuellen Flüchtlingssitua- Wenn sich an diesen Zuständen grenzung und Verfolgung zu uns fl iehen, Der gesellschaftliche Wandel – und können. tion stehen wir sogar vor einer mehr- nichts ändert, wird die Aufnahme werden dauerhaft bleiben. Mindestens damit auch die sich ändernde Kultur Die spontane, freiwillige und ehren- fachen Integrationsaufgabe: Die Auf- von Flüchtlingen an vielen Orten zu so wichtig wie die Erstversorgung ist – ist also erstmal nichts, was uns be- amtliche Hilfe der Bevölkerung ist die nahme Hunderttausender aus den Konfl ikten führen. Damit Integration deshalb die Frage, wie wir ihnen hel- unruhigen muss oder vor dem wir gar überzeugendste Antwort auf dumpfe unterschiedlichsten Kulturen der Welt. gelingt, müssen wir die Interessen der fen können, sich in ihrer neuen Heimat Angst haben müssten. Die hohe Zahl der Vorbehalte und off enen Fremdenhass, Gleichermaßen gilt es die mitzunehmen, Flüchtlinge mit allgemeinen Interes- schnell einzuleben, die Traumata der in Deutschland ankommenden Flücht- die leider auch zur gesellschaftlichen die sich auf dem Bildungs- und Arbeits- sen verbinden. Zusätzliche Ausgaben Flucht zu überwinden und gleichbe- linge stellt uns aber vor eine besondere Realität gehören. Europa steht in der markt abgehängt fühlen. Nur durch ech- für Flüchtlinge sind unabdingbar, sie rechtigte Teilhabe zu erfahren. Herausforderung. Der gesellschaftliche Pfl icht. Es kann weder seine Grenzen te Teilhabe unabhängig von Herkunft, dürfen aber weder zur Kürzung von Gerade hier können Kunst und Kultur Wandel wird einerseits beschleunigt hermetisch abriegeln, noch die Grenzen Religion, fi nanziellen oder körperlichen anderen sinnvollen Leistungen füh- eine wichtige Funktion übernehmen. und schlägt andererseits eine Richtung für alle öff nen. Nicht jeder, der vor Not Möglichkeiten schaff en wir gesellschaft- ren, noch dürfen sie auf überschuldete Kultur hat die Kraft, unterschiedliche ein, die für die meisten Menschen nicht und Armut fl üchtet, wird nach Deutsch- lichen Zusammenhalt. Wir brauchen Kommunen abgewälzt werden, die mit Erfahrungen, Sozialisationen und Ver- vorhersehbar war. land kommen oder hier bleiben können. langfristige Lern- und Begegnungskultu- ihren bisherigen Aufgaben schon über- haltensweisen darzustellen, für jeden Die Flüchtlinge bringen ihre eige- Das Asylrecht ist und bleibt aber die ren auf allen gesellschaftlichen Ebenen. fordert sind. erfahr- und erlebbar zu machen und ne Kultur nicht nur für sich selbst mit, unantastbare Selbstverpfl ichtung unse- Integration ist kein Drei-Jahres-Projekt. Wir dürfen auch nicht zulassen, dass so die Verschiedenheit in einer Gesell- sondern mittelfristig auch in unsere rer Verfassung und unserer Geschichte Viele haben sich in der kulturellen Arbeit die Not der Flüchtlinge ausgenutzt schaft produktiv zu verhandeln. Men- Gesellschaft ein. Das kann unser Land, und die Menschenwürde gilt ausnahms- und Bildung auf den Weg gemacht und wird, um Löhne zu drücken, im Gegen- schen, die hier eine neue Heimat suchen, das kann Deutschland vielseitiger ma- los für alle, die hier leben, unabhängig entwickeln kreative Ideen. Ansätze wie teil: Wer eine Willkommenskultur will, können mit Hilfe von Kunst und Kultur chen. davon, wie lange sie hier sind und wie das Berliner Projekt »Interventionen« muss für gute Arbeit und ein soziales vergangene Erlebnisse bearbeiten und Doch es führt auch dazu, dass wir als lange sie bleiben können. holen nicht nur die Geschichten der Netz sorgen, dass allen hier lebenden ihre Erfahrungen des Ankommens in Gesellschaft deutlich machen müssen, Die humanitäre Ausnahmesituation Gefl üchteten aus der Anonymität, son- Menschen Sicherheit bietet. einer für sie fremden Umgebung in den welche Prinzipien für uns unverrückbar wird nicht schnell vorübergehen, wir dern erzeugen Begegnungen mit jungen Geld für diese Aufgaben ist ausrei- öff entlichen Diskurs einspeisen. sind, beispielsweise die Gleichberech- werden deshalb staatlichen Behörden Menschen ohne Fluchthintergrund. Die chend vorhanden, schließlich verfügen Das bedeutet auch für den Kultur- tigung von Frau und Mann, Religions- und gesellschaftlichen Einrichtungen in Idee der Kulturmittler, die als Deutsche allein die in Deutschland ansässigen betrieb notwendige Veränderungen. freiheit und Meinungsfreiheit. Um diese den nächsten Monaten einiges abver- mit Migrationshintergrund zum Kultur- Millionäre über ein Vermögen von , Kulturinstitutionen werden sich nicht Prinzipien unseres Zusammenlebens langen müssen – im Übrigen auch den übersetzer zwischen Flüchtlingen und Billionen Euro. Nirgendwo sonst in der nur für neue künstlerische Akteure öff - nach außen zu vertreten, müssen wir Flüchtlingen, wenn über den Tag hinaus eigenen Freunden, Arbeitskollegen und Eurozone ist die Kluft zwischen Arm nen müssen, sondern sie haben auch uns vorher nach innen einigen. Wir Integration gelingen soll. Die vielerorts Nachbarn werden, ist ebenfalls ein gu- und Reich so groß wie in Deutschland. die Verantwortung, für ein vielfältiges brauchen eine deutsche Leitkultur, anzutreff ende Willkommenskultur baut tes Beispiel für den Dialog der Kulturen. Dies können wir ändern, wenn wir das Publikum attraktiv zu werden. Auch die unser Selbstverständnis defi niert, auf unseren Werten und Prinzipien, auf Hürden werden abgebaut, Ängste wan- Schicksal der Flüchtlinge zum Anlass wird die derzeitige Förderpolitik im die das gesellschaftliche Leben in unseren Vorstellungen von Humanität, deln sich zu (inter)kultureller Verstän- nehmen, über Gerechtigkeit und Um- Kulturbereich sich die Frage gefallen Deutschland charakterisiert und die Demokratie und Menschenrechten. Sie digung. Ein Ziel, was uns für Integration verteilung neu nachzudenken. lassen müssen, ob sie angemessen Grenzen unserer Toleranz aufzeigt. Wir ist Ausdruck eines Verfassungs- und Ge- und Inklusion grundsätzlich vor Augen Die Willkommenskultur, die an vie- auf die stattfi ndende Veränderung der sollten die große Herausforderung der sellschaftsverständnisses, das wir auch liegen muss. len Orten gelebt wird, ist ein Lichtblick Gesellschaft vorbereitet ist und aus- Flüchtlingsbewegung daher als Chan- von den Flüchtlingen erwarten dürfen. Kulturelle Bildung gehört in den in ein helleres Deutschland, in eine bes- reichend zur Förderung künstlerischer ce begreifen, uns bewusst zu werden, Die große humanitäre, politische Fokus. Kultur- und Bildungspolitiker sere Gesellschaft, die allen Menschen Arbeit und kultureller Verhandlung in was für einer Gesellschaft wir leben und kulturelle Herausforderung wird müssen verstärkt an einem Strang ein Leben in Würde ermöglicht. Um neuer Wirklichkeiten beiträgt. Politik möchten. Welche Werte sind für uns Deutschland verändern. Ich bin sicher, ziehen. Das Kooperationsverbot muss dorthin zu gelangen, müssen wir wirk- und Kulturschaff ende müssen sich nun unverrückbar? Was ist die deutsche dass dies letztlich zum Vorteil unseres fallen, um den Bund stärker in die Ver- sam verhindern, dass mit Waff enexpor- dringend der Aufgabe widmen, die Kul- Identität im Jahre , was macht uns Landes geschieht, wenn wir so mutig antwortung zu nehmen, Länder und ten und Kriegen weiterhin glänzende tur zu stärken und ihre streitbare Kraft als Deutsche aus? und entschlossen handeln, wie das auch Kommunen besser in ihren Aufgaben Geschäfte gemacht werden können. Das zur Ermöglichung eines friedlichen Zu- Wenn wir diese Debatte konstruktiv bei anderen großen Herausforderungen, zu unterstützen. Es geht um mehr als würde auch dafür sorgen, dass weniger sammenlebens und einer gleichberech- führen, können die Gefl üchteten uns in zuletzt bei der Finanz- und Bankenkrise, Investitionen in Gebäude und For- Menschen fl iehen müssen. tigten Teilhabe aller zu fördern. Belohnt doppelter Hinsicht bereichern: durch geschehen ist. schungsmittel. Es geht um Investitio- wird diese Öff nung dann sicher auch kulturelle Anregungen. Aber besonders nen in Menschen und die bestmögliche Sahra Wagenknecht, MdB ist mit neuen Rezipienten, die mithelfen durch ein stärkeres Bewusstsein für die Norbert Lammert, MdB ist Präsident Gestaltung unseres Zusammenlebens. Vorsitzende der Fraktion Die Linke können, Kultur dort zu erhalten, wo sie eigenen Werte und die eigene Identität. des Deutschen Bundestages im Deutschen Bundestag vom demographischen Wandel bereits Thorsten Schäfer-Gümbel, MdL ist bedroht ist. Dorothee Bär, MdB ist Parlamentari- Fraktionsvorsitzender der hessischen sche Staatssekretärin beim Bundes- SPD und stellvertretender Bundes- Claudia Roth, MdB ist Vizepräsidentin minister für Verkehr und digitale vorsitzender der SPD des Deutschen Bundestages Infrastruktur 24 WERTEDEBATTE www.politikundkultur.net

Der Spracherwerb ist der Schlüssel

Integration durch Bibliotheken organisierten Konver- sationsrunden »Dialog in Deutsch« Bibliotheksarbeit durch ehrenamtlich tätige Mitarbei- BARBARA SCHLEIHAGEN ter. Manche Bibliotheken stellen, wie der »sprachraum« der Stadtbibliothek ie Stadtbibliothek Osnabrück Köln, Räume für Integrationsgruppen wurde kürzlich für ihr überzeu- sowie Deutsch- und Integrationskur- D gendes Konzept der Integration se zur Verfügung. Mit »Zeigebildern« von Zuwanderern mit dem Bibliotheks- wird sprachunabhängig die Bibliotheks- preis der VGH-Stiftung ausgezeichnet. nutzung bei speziellen Führungen für Dies signalisiert, welchen Beitrag Deutschlernende und Teilnehmer von Bibliotheken zur Teilhabe und gelin- Integrationskursen erklärt. Auch wird genden Integration von Zuwanderern Material für Multiplikatoren, zum Bei- aber auch von gefl üchteten Menschen und Asylbewerbern leisten können. Der Schlüssel zur Integration liegt in der Beherrschung der deutschen Sprache Bibliotheken leisten und in der Bildung. Speziell konzipier- einen wirksamen te Bibliotheksangebote für Flüchtlinge unterstützen beides. Sie bilden einen Beitrag zur

FOTO: PICTURE ALLIANCE / AKGIMAGES / ALLIANCE PICTURE FOTO: wichtigen Baustein im langjährigen in- Willkommenskultur Französische Revolution: Kampf für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit terkulturellen Angebot und Programm und stützen nachhaltig der Bibliotheken für Migranten, deren die Integration Schwerpunkte jetzt angepasst und auf andere Sprachen erweitert werden. Gefl üchtete Menschen haben kaum Weckruf für die Geld, aber viel (Warte-) Zeit. Kommu- spiel für die Alphabetisierung bereit- nale Bibliotheken haben die Aufgabe, gehalten. Zusätzlich werden sprachun- Zugang zu Informationen, Bildung und abhängige Veranstaltungen organisiert, kulturelle Bildung? Kultur für Menschen jeden Alters und beispielsweise ein Bilderbuchkino für jeder Herkunft zu gewährleisten. Sie Kinder oder Kreativnachmittage für Er- Von der Willkommenskultur zur Integrationskultur bilden daher einen wichtigen Teil im wachsene. Bibliotheken bieten Leseför- kommunalen Netz und richten ihre An- deraktivitäten für Kinder und Jugend- CHRISTIAN HÖPPNER Wahrnehmung zu erkennen ist eine von nachhaltiger Impulsgebung dann gebote an Gefl üchtete, Ehrenamtliche liche in gemischten Gruppen und mit Kernaufgabe von Kultur und damit Wirkung entfalten kann, wenn sie eine und Multiplikatoren. mehrsprachigen Büchern, auch unter undestagspräsident Norbert auch von kultureller Bildung. Kultur Fortsetzung und konzeptionelle Aktu- Bibliotheken arbeiten dazu mit Einsatz von TING- oder Tiptoi-Stiften Lammert spricht seit vielen steht hier für den Verbindungszusam- alisierung erfährt. Nachhaltig Impulse Flüchtlingsunterkünften und Will- an. Durch diese vielfältigen Möglich- Jahren von dem »lausigen menhang von Bildung, Wissenschaft setzen zu wollen, bedarf eines länge- kommensinitiativen vor Ort zusammen. keiten können gefl üchtete Menschen B Zustand« der kulturellen und Kultur. ren Atems als den einer Projektperiode. Einige, wie die Stadtbibliothek Bremen, die kulturellen Bildungsangebote ihrer Bildung. Er meint damit nicht die Eine der größten Herausforderun- Nachhaltigkeit in der kulturellen Bil- stellen Medienkisten als Dauerleihgabe unmittelbaren Umgebung wahrneh- explosionsartige Vermehrung von gen seit Bestehen der Bundesrepublik dung muss den Entwicklungsverlauf für die Unterkünfte bereit und organi- men und durch aktive Mitgestaltung Publikationen zum Thema kulturel- Deutschland wird sich ohne das Mit- von Kindern und Jugendlichen im Blick sieren von Ehrenamtlichen begleitete und Begegnungen Teil der Gesellschaft le Bildung, sondern die zu häufi ge denken von Kultur nicht bewältigen haben. Nachhaltigkeit in der kulturel- erste Bibliotheksbesuche, damit die werden. Abwesenheit von kultureller Bildung lassen – und zwar von Anfang an. Auf len Bildung bemisst sich nicht in erster Flüchtlinge Kontakte in ihre neue Um- Darüber hinaus unterstützen Biblio- gerade in den prägenden Kinder- und der Grundlage des weiten Kulturbe- Linie an Kennzahlen und Messgrößen, gebung knüpfen können. Gefl üchtete theken mit themenorientierten Medi- Jugendjahren. Ob Darstellendes Spiel, sondern an dem oft erst viele Jahre Menschen erleben die Bibliothek als enkisten, die sie an Schulklassen entlei- Kunst- oder Musikunterricht – oft tau- später erkennbaren Zuwachs kultu- einen frei zugänglichen Bildungsort hen, die wichtige Sensibilisierung von chen diese Fächer, wenn überhaupt, reller Kompetenzen und Zuwachs an mit hoher Aufenthaltsqualität, der das Schülergruppen für die Themen »Flucht nur sporadisch im Unterrichtsalltag Kulturelle Bildung kultureller Vielfalt. Nachhaltigkeit in Ankommen in der neuen Heimat för- und ihre Auswirkungen« sowie »Meine der Schülerinnen und Schüler auf. So muss von Anfang an der kulturellen Bildung kann nur dann dern kann. Gerade für minderjährige, Klasse ist bunt«. fällt zum Beispiel das Fach Musik in »mitgedacht« werden gelingen, wenn die auf Kontinuität an- unbegleitete Flüchtlinge werden sie Der Deutsche Bibliotheksverband der Grundschule, je nach Bundesland gelegten Strukturen für ihre Aufgaben wichtige Treff punkte. Sie können die und seine Kommission interkulturelle unterschiedlich, bis zu  Prozent aus ertüchtigt werden. Computerarbeitsplätze und in vielen Bibliotheksarbeit ermutigt und unter- und bei den kommunalen Musikschu- Deshalb sollte jetzt die Bundesre- Bibliotheken mit ihren Smartphones stützt diese Bibliotheksangebote mit len warten . Schülerinnen und griff es, wie ihn die UNESCO  in gierung mit Kultur macht stark . über das kostenfreie WLAN auch das zentralen Dienstleistungen wie z. B. Schüler auf einen Unterrichtsplatz. ihrer Erklärung von Mexiko-City ge- eine modifi zierte Fortsetzung ihres er- Internet nutzen. die Erweiterung seines Förderprojektes Unsere Gesellschaft befi ndet sich prägt hat. Damit würde sich manche folgreichen Programmes beschließen. Ein ausgewählter Medienbestand für »Lesen macht stark« für junge Flücht- in der kuriosen Situation, dass wir so Schleife in der wieder auffl ammenden Modifi ziert bedeutet: konzeptionelle die Erstorientierung, das Lernen der linge, der Möglichkeit zum Download viel über kulturelle Bildung und deren Leitkulturdebatte erübrigen. Kultur Erweiterung um die Themen trans- deutschen Sprache und zur Freizeitge- eines Willkommensplakates und ei- Bedeutung für das Individuum und die hat eine Schlüsselfunktion auf dem kultureller Dialog und intergenerati- staltung bestehend aus Wörterbüchern nes interkulturellen »Wimmelbildes«, Gesellschaft wie noch nie wissen und weiten Weg vom Willkommen zur oneller Dialog, Entbürokratisierung in vielen Sprachen, Sprachkursen zum durch Textbausteine in vielen Sprachen, zugleich immer weniger Kinder und Integration. Integration – nicht Assi- der Antragsverfahren und stärkere Selbstlernen für alle Altersstufen und Medien- und Linklisten, Hinweise auf Jugendliche teilhaben können an der milation! Das Grundgesetz setzt ge- Unterstützung – auch in fi nanzieller landeskundliche Medien zum Thema lokale und regionale Fördermittel, ei- ganzen Bandbreite kultureller Vielfalt. nau jenen Rahmen, innerhalb dessen Hinsicht – der Umsetzungsstrukturen »Leben und Alltag in Deutschland« wird ner Sammlung guter Praxisbeispiele Der Versuch, über zeitlich begrenzte Begegnung, transkultureller Dialog vor Ort. vielerorts mit Fördermitteln ausgebaut. oder mit einem Bibliotheksfi lm ohne Projekte diese Defi zite aufzufangen, und eine gelingende Zukunftsgestal- Weiterhin gilt es die Haushaltsmit- Viele Bibliotheken geben mit Spenden- Sprache. Er plant, weitere Fördermittel kann die Neugierde wecken und für tung gemeinsam gelingen kann. Die tel für die bildungskulturellen Infra- mitteln fi nanzierte Büchereiausweise zu akquirieren. die schöne Welt kultureller Selbster- mit dem Grundgesetz verbundenen strukturen auf Bundes-, Länder- und Auf Länderebene werben zum fahrung entfl ammen. Diese Flamme Freiheiten und Grenzen sind nicht kommunaler Ebene signifikant zu Beispiel die Büchereizentralen in erlischt spätestens dann, wenn im verhandelbar. Ebenso wenig wie die erhöhen und die dafür vorgesehenen Schleswig-Holstein und Niedersach- schulischen und außerschulischen Anerkennung und praktische Umset- Haushaltsansätze einer Bindungs- Bibliotheken arbeiten sen zusätzliche Mittel für Bücher und Alltag diese Türen wieder verschlos- zung der UNESCO-Konvention Kultu- pflicht zu unterwerfen. So könnte eng mit Flüchtlings- Spiele ein, es werden Mitarbeitenden sen sind. Ein Armutszeugnis für die relle Vielfalt. beispielsweise eine solche Bindungs- und Ehrenamtlichen in Schulungen viertstärkste Industrienation der Welt. Wie kann Integration gelingen, pfl icht bei der Mittelzuweisung des unterkünften und interkulturelle Kompetenz vermittelt Die Diskrepanz zwischen Sonntagsre- wenn eine Grundvoraussetzung, kul- Bundes an die Länder sicherstellen, mit Willkommens- oder Fachsymposien zu Angeboten der den und Montagshandeln ist evident. turelle Bildung von Anfang an, nicht dass die für die kulturelle Bildung initiativen vor Ort Büchereien für Flüchtlinge und Mig- In dieser Situation wächst uns mit mitgedacht wird? Wie kann Integrati- vorgesehen Mittel nicht nur in den zusammen ranten organisiert. den Menschen, die aus Kriegsgebieten on gelingen, wenn der seit Jahren be- Haushaltsansätzen der Ländern stehen, Bibliotheken leisten einen wirksa- bei uns Zufl ucht suchen und die unse- kannte »lausige Zustand« kultureller sondern im Haushaltsvollzug tatsäch- men Beitrag zur Willkommenskultur rer Fürsorge bedürfen, ein immenser Bildung auch nicht im Ansatz erkennen lich dort ankommen. und unterstützen mit ihren niedrig- Schatz an kultureller Vielfalt zu. Eine lässt, wie die Herausforderungen perso- Vorhandene Strukturen in der kul- aus oder, wie die Hamburger Bücher- schwelligen Angeboten nachhaltig die Hochkultur, wie sie beispielsweise vor nell und strukturell zu meistern sind? turellen Bildung für ihre Aufgaben zu hallen, eine kostenfreie Bibliothekskar- Integration von geflüchteten Men- dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Konzeptionell ist die kulturelle Bil- ertüchtigen ist ein Mosaikstein, um te, die den WLAN-Zugriff ermöglicht schen. Dazu benötigen sie dringend Syrien bestand, bringen nicht nur die dung mit allen ihren inhaltlichen Spar- den Weg von der Willkommenskultur sowie die Ausleihe fremdsprachiger zusätzliche Förderung zum Ausbau Kreativschaff enden mit. Navid Kerma- ten so gut aufgestellt wie nie. Es gibt zur Integrationskultur beschreiten zu E-Books, die Nutzung der E-Learning- von entsprechenden Strukturen. Für ni hat mit seiner Dankesrede zur Ver- kein Erkenntnisproblem, sondern ein können. Das Bewusstsein für den Wert Angebote oder die Musik-Streaming- Menschen, die hier Schutz suchen, leihung des Friedenspreises des Deut- Umsetzungsproblem. Deshalb bedarf kultureller Vielfalt für unsere Gesell- Dienste zur Entspannung. Einige Bib- bleiben Bibliotheken verlässliche und schen Buchhandels  einmal mehr es jetzt eines grundlegenden Wandels schaft wie für den Einzelnen wird sich liotheken bieten elektronischen Zugriff sichere Orte auch in deren weiterer deutlich gemacht, welche Potentiale in den Förder- oder besser Investitions- nur auf dem Weg ganz realer Wahrneh- auf Tageszeitungen aus vielen Ländern Biografi e. in der diff erenzierten Wahrnehmung politiken der Länder und des Bundes. mung und Erfahrung ausbauen lassen. der Welt. Es können zusätzlich bis zu des je Anderen liegen. Die Neugierde Der Bund hat mit seinem Programm drei physische Medien ausgeliehen Barbara Schleihagen ist Geschäfts- auf das je Eigene und das je Andere zu »Kultur macht stark« eine gute Platt- Christian Höppner ist Präsident werden. Leicht verständliche Lektüre führerin des Deutschen Bibliotheks- wecken und den Wert diff erenzierter form geschaff en, deren Versprechen des Deutschen Kulturrates und textfreie Bücher ergänzen die in verbandes Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 25

Brauchen wir eine neue Leitkulturdebatte?

»Nein. Wer angesichts des verstärkten Flüchtlingszuzugs eine »Wir brauchen keine Debatte um Leitkultur lostreten will, hat wenig Vertrauen in die Leitkultur(Debatte), sondern eine Re- »Die deutsche Sprache ist die gemeinsame Verständi- Kraft und Verbindlichkeit unseres Grundgesetzes.« vitalisierung, ein Wiederaufl eben und gungsbasis. Die deutsche Geschichte ist die gemein- same Freude und schwere Last, von der Reformation Hortensia Völckers ist Künstlerische Direktorin Kulturstiftung des Bundes sich Durchsetzen der Werte und Ziele der Aufklärung für alle Menschen, die über die Kriege und den Holocaust bis zu den demo- in diesem Europa miteinander leben kratischen Grundrechten. Jeder Zuwanderer soll diese wollen und sollen.« Sprache und diese Geschichte zu einem Teil seiner eigenen Kultur machen.« Heinrich Bleicher-Nagelsmann ist Bereichsleiter für Kunst und Kultur bei ver.di Olaf Zimmermann ist Herausgeber von Politik & Kultur und Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates »Statt darüber zu diskutieren, was alles nicht funktionieren könnte, sollten wir uns darauf konzentrieren, wie es funktionieren kann. Der beste Weg, um Ängste abzubauen, ist der direkte Kon- takt. Unsere Schulen sind hier Vorbil- der. Sie leisten täglich Integration.« Andreas Stoch ist Minister für Kultus, Jugend »Schule ist ein wichtiger Ort für das Gelingen von Integration. Vielfalt wird hier täglich und Sport des Landes Baden-Württemberg gelebt. Dringendste Aufgabe ist es, allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft gute Bildungschancen und Perspektiven zu eröff nen. Das ist für mich wichtiger als eine Leitkulturdebatte.« Frauke Heiligenstadt ist Kultusministerin des Landes Niedersachsen

»Nein! Unsere Gesellschaft wird seit langem durch unterschiedentliche kulturelle Einfl üsse geprägt. Entscheidend ist, dass die Regeln des Grundgesetzes geachtet werden. Geschieht dies, wird ein rücksichtsvol- ler, gesellschaftlicher Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher kul- »Wir brauchen eine Debatte darüber, wie wir Vertriebene und Mi- tureller Traditionen gelingen.« granten in unsere Städte integrieren, wie wir ihnen ein Zuhause schaff en können. Integration passiert beim Wohnen. Dass ein Siegmund Ehrmann, MdB ist Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien ethnisch und religiös vielfältiges Zusammenleben gelingt, dass die berührende Akzeptanz und Off enheit der ersten Tage zu dauerhaf- ten Begleitern werden, dafür brauchen wir eine konsequent sozial ausgerichtete Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.« Olaf Bahner ist Referent für Baukultur und Berufspolitik beim Bund Deutscher Architekten (BDA) und Sprecher des Rates für Baukultur und Denkmalkultur »Nein. Wir brauchen eine sachliche Diskussion über die Herausforderungen und ihre Bewältigung, wir brauchen ein positives Zusammenwirken von Politik, Staat, Zivilgesellschaft und Gefl üchteten. Kunst und Kultur können hier eine wichtige Ver- mittlerrolle spielen. Den Begriff der Leitkultur »Aus aktuellem Anlass entsteht vermehrt die Aufgabe und Chan- brauchen wir jedoch nicht.« ce, die Integration neuer Mitbürgerinnen und Mitbürger verstärkt Annemarie Helmer-Heichele ist Sprecherin des Deutschen mit den Mitteln der Kunst und Kultur zu gestalten. Respekt und Kunstrates und Vorsitzende BBK-Bundesverbandes Off enheit werden dabei Schlüsselworte sein, Misstrauen und refl exhafte Ablehnung waren noch nie eine »Gewinnwährung«. Es geht nach wie vor darum, Strukturen aufzubauen und zu stär- ken – dafür brauchen wir nicht zwingend eine neue Debatte, es geht schließlich nicht um neue Themen.« Barbara Kisseler ist Kultursenatorin der Freien und Hansestadt Hamburg »Unsere gemeinsame Gesellschaft wird nur dann positiv gestaltet, wenn wir über Werte sprechen. Wenn wir miteinander auf Augenhöhe über diese streiten und sie aushandeln. Wenn wir Interesse aneinander haben, Neugierig sind. Nur unsere freiheit- liche demokratische Grundordnung ist un- »Derzeit brauchen wir dringend Unterkünfte für »Unser Umgang mit der Flüchtlingsfrage zeigt: verhandelbar.« Flüchtlinge, Sprachkurse und gute Integrations- Das Grundgesetz bietet uns die bestmögliche Andreas Bialas, MdL ist Kulturpolitischer Sprecher konzepte! Unsere Leitkultur in Deutschland ist Orientierung. Wenn wir uns von den darin ent- der SPD-Landtagsfraktion NRW das Grundgesetz, vor allem die Artikel  bis : haltenen moralischen Prinzipien leiten lassen Menschwürde, Religionsfreiheit oder Gleichbe- – und diesen Anspruch auch von den zu uns handlungsgrundsatz. Diese Werte gelten zwingend kommenden Menschen einfordern – sind wir für Uschi aus Dresden wie für Mohamad aus Da- hervorragend aufgestellt.« maskus.« ist SPD-Generalsekretärin , MdB ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

»Nun soll es gemäß einem neuen Nützlich- keitsparadigma die Leitkultur richten? Die dürfte bei der Kompensation der zu erwarten- den gesellschaftlichen Aporien hoff nungslos überfordert sein und wird im Gegenteil – an- gesichts der aktuellen Situation der Kommu- nen – massiv unter Druck geraten. Wie war »Wir brauchen keine neue Leitkulturdebatte! Die aktuellen Ereignisse überrennen uns derart, dass wir in das doch schön, als man noch über Leitkultur den nächsten Monaten gar keine Zeit haben werden herauszufi nden, wer wir – vielleicht – waren, sondern streiten konnte.« vielmehr eine Vorstellung entwickeln müssen, wer wir sein wollen. Und zwar alle, die wir hier und jetzt leben. Und wenn jeder nach seiner Fasson glücklich sein möchte, dann werden wir auch darüber reden müssen.« Steff en Höhne ist Sprecher des Rates für Soziokultur und kulturelle Bildung des Deutschen Kulturrates Juergen Boos ist Direktor der Frankfurter Buchmesse 26 WERTEDEBATTE www.politikundkultur.net

Anerkennung, Partizipation, Initiativen ermöglichen Theaterprojekte als Chance Daraus entstand ein breites Netzwerk zur Integration an neuen Theatergruppen, lokalen In- Verständigung itiativen und gemeinsamen Projekten. Eigentlich selbstverständlich, aber Kulturpolitik in gesellschaftlicher Verantwortung STEPHAN SCHNELL doch bemerkenswert schließen sich ganz individuell und nicht organisiert TOM BRAUN ten, sich an ihrem neuen Lebensort als gefl üchteter Kinder, Jugendlicher und «…das Zusammenleben mit fremden, Flüchtlinge Amateurtheaterbühnen Personen verstehen können, die sich Erwachsener wirft damit abermals nicht immer freundlich gesinnten an. Das Selbstverständliche ist freilich ie Bundesvereinigung Kultu- dem Zusammenleben in ihrer neu- Fragen nach in unserer Gesellschaft Menschen sind eine kaum zu nur scheinbar, und so arbeiten Theater- relle Kinder und Jugendbil- en Heimat Deutschland verpfl ichtet bestehenden sozialen, kulturellen bewältigende Herausforderung.» gruppen insbesondere mit Jugendlichen D dung (BKJ) hat ihre Stellung- fühlen. Ankommen in Deutschland ist und ökonomischen Teilhabehürden an einem Wechsel der Perspektive in der nahme zur Situation geflüchteter jedoch nicht in einer automatisierten auf. Die Akteure in Kulturpolitik und as klingt wie eine Pegi- Aufnahmegesellschaft. Gleichsam als Jugendlicher und Kinder aus gutem Anwendung oder Befolgung rechtlicher kultureller Bildung sind deshalb dazu da oder AfD Provokati- Prävention diese nicht den xenophoben Grund unter den Titel gestellt »Recht Rahmenbedingungen zu erreichen. aufgefordert, sich stärker mit Akteuren on, stammt aus Nikolaus Angstmachern der rechten Politikszene auf Bildung und kulturelle Teilhabe Ankommen ist darüber hinaus darauf W von Wolff s und Ameen zu überlassen, sondern sie durch empa- geflüchteter Kinder und Jugendli- angewiesen, dass Menschen sich in der Alkutainys E-Book »Wir schaff en das.  thiefördernde Theaterarbeit zu einem cher umsetzen!«. Denn ein gelingen- Begegnung mit anderen wiedererken- Vernetzung der Tipps und Fakten für Zuwanderer und bewussten Begreifen der Dimensionen des Ankommen von Gefl üchteten in nen und ihre Erfahrungen gemeinsam Institutionen ist Einheimische« und lautet im ganzen von Migration zu veranlassen. Deutschland ist in gleich mehrfacher erweitern können. Dem Aufruf zur In- unabdingbar Satz : »Sehr lange Wartezeiten für Ihre Vieles geschieht im Windschatten Weise unmittelbar mit der Frage nach tegration ist daher als Gegenkonzept Aufenthaltsunterlagen, die Unterbrin- des örtlichen Alltags, aber es gibt auch der Möglichkeit verbunden, geltende die Ermöglichung von Partizipation gung in Lagern, das Zusammenleben jene Leuchtturmprojekte, wie der Stage Rechte vollumfänglich in Anspruch als Aufgabe gegenüberzustellen. Par- anderer Politikbereiche als Verantwor- mit fremden, nicht immer freundlich Divers(e) aus Esslingen, die ihre künst- nehmen zu können. tizipation bedeutet nicht nur, an etwas tungsgemeinschaft aufzustellen, und gesinnten Menschen sind eine kaum lerische Arbeit kontinuierlich auf die Die Rechte junger Menschen, die teilzuhaben. Partizipation bedeutet eine gerechte, demokratische und zu bewältigende Herausforderung. Den- Kooperation mit Flüchtlingen fokussie- nach einer Flucht in Deutschland an- vielmehr, das Ganze, an dem ich Anteil inklusive Gesellschaft auch als einen noch bringt eine Registrierung viele ren. Und die dabei Methoden entwickelt kommen, sind sowohl im deutschen nehme, als solches auch erfahren zu kulturpolitischen Gestaltungsauftrag Vorteile. Es bringt keine, eine Regist- und konkretes Wissen erworben haben, Sozialgesetzbuch als auch in inter- können, damit ich es anerkennen kann. anzunehmen. Als Akteure haben wir im rierung nachzuholen.« wie Kulturarbeit mit traumatisierten nationalen Übereinkommen festge- Während die Anerkennung und Umset- Zuge dessen unter anderem dafür zu Aus dem Kontext gerissen, in ei- Flüchtlingen gelingen kann. schrieben. Dies betrifft z. B. die in zung der Rechtsansprüche die Voraus- sorgen, dass Kultureinrichtungen ih- nen neuen Zusammenhang gestellt Als Bundesverband des bürger- der UN-Kinderrechtskonvention ver- setzungen schaff en, als Person in dieser ren gesellschaftlichen Auftrag als Orte begegnen sich missverstanden und schaftlichen Engagements versteht ankerten Rechte auf freie Teilnahme Gesellschaft anzukommen, sind wir da- der Verständigung und Anerkennung missverstehend Flüchtlinge und Bür- der BDAT seine Aufgabe darin, mitzu- am kulturellen und künstlerischen rüber hinaus gefordert, gefl üchteten nachkommen können. Dafür brauchen gergesellschaft. Es ist ein Irrglaube an- arbeiten dieses Wissen zu kommuni- Leben, das Recht auf Bildung sowie Kindern, Jugendlichen und Erwach- die Akteure eine Kultur-, Bildungs-, Ju- zunehmen, dass der Kultursektor davon zieren und bestehenden Praktiken der das Recht, vor Gefahren für das eige- senen die Möglichkeit zu erschließen, gend- und Sozialpolitik, die sie in der ausgenommen sei. Es sind vor allem Kulturarbeit im Lokalen mit existenten ne Wohl geschützt zu werden. Diese sich mit ihren individuellen Stärken Wahrnehmung ihres Auftrags in der konkrete Projekte des Zusammenle- und zukünftigen Fördermöglichkeiten Rechtsansprüche anzuerkennen und und Bedürfnissen in diese Gesellschaft Vernetzung, Beratung und Entwicklung bens und des Zusammenarbeitens, die zu stabilisieren, neue Initiative zu er- ihre Wahrnehmung auch für gefl üch- einbringen zu können. Gesellschaftli- tragfähiger Konzepte im Zusammen- die Kulturarbeit mit und von Flüchtlin- möglichen und über das Beispielhafte tete Kinder, Jugendliche und Erwachse- che Partizipation ist ein Prozess, den wirken von Kommunen, Ländern, Bund gen im Kontext des Bundes Deutscher hinaus künftig noch stärker in die Brei- ne durchzusetzen stellt nicht nur eine es kulturell zu gestalten gilt. Partizi- und Zivilgesellschaft unterstützt. Amateurtheater (BDAT) schon heute te zu tragen. Voraussetzung für eine aktive Teilhabe pation ist an die Frage gebunden, wie prägen. am gesellschaftlichen Leben dar. Son- alle hier lebenden Menschen – und Tom Braun ist Geschäftsführer der Ohne mediale Vermarktung haben Stephan Schnell ist Bildungsreferent dern mit der Umsetzung der Rechts- darin liegt der entscheidende Unter- Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- bereits im Juni zahlreiche Flüchtlinge und Referent für Internationales und ansprüche werden unentbehrliche schied zum Konzept der Integration und Jugendbildung (BKJ) und des an den Workshops des internationa- Stellverstretender Geschäftsführer Voraussetzungen gewährleistet, damit – dieses Ganze gemeinsam gestalten Rates für Soziokultur und Kulturelle len Festivals »Theaterwelten« im thü- des Bund Deutscher Amateurtheater junge Menschen die Möglichkeit erhal- können. Die Frage des Ankommens Bildung im Deutschen Kulturrat ringischen Rudolstadt teilgenommen. (BDAT) Inklusion durch Zirkusarbeit Artistik als Mittel zur kuskursen für Kinder in der Gefl üchte- ligte sich außerdem an  weiteren Fe- bei den Kursen wie bei Projektwochen Traglufthalle Poststadion in Moabit – nonverbalen Verständigung tenunterkunft Neustart Berlin GmbH in rienschulen in verschiedenen Bezirken. in den verschiedenen Zelten eine ge- und bietet Kindern und Jugendlichen Kooperation mit der Peter-Pan-Grund- Andere »Refugees Welcome«-Projekte meinsame artistische Arbeit von Berli- mit vielfältigen artistischen Angeboten schule in Marzahn. Im Sommer  sind Zirkuskurse für Kinder in den Ein- ner Kindern mit den neuangekommenen die Möglichkeit, das eigene Können po- GISELA WINKLER UND trafen in einer Feriensprachschule in richtungen für gefl üchtete Menschen, Kindern mit Fluchterfahrung, beispiels- sitiv zu erfahren, sich im sozialen Ver- KARL KÖCKENBERGER Treptow  unbegleitete minderjährige beispielsweise seit zwei Jahren in der weise mit Willkommensklassen, um eine bund zu erleben und nicht zuletzt Trau- Jugendliche mit Fluchterfahrungen des Gemeinschaftsunterkunft Marienfelde Inklusion zu befördern. mata der Kriegs- und Fluchterlebnisse er Kinder- und Jugendzirkus Trägers Alep e. V. auf  Kinder aus Alt- und in den Einrichtungen Allende I und Ein eigens gebildetes Team »CABU- durch die eigene Wertschätzung und CABUWAZI ist an allen fünf Treptow und erlebten im Juli zwei Wo- Allende II in Treptow-Köpenick. Eini- WAZI Beyond Borders« geht mit mehre- Persönlichkeits- wie Kompetenzent- D Standorten in Berlin schon seit chen mit Artistik und Sprachvermittlung. ge der Maßnahmen werden gefördert ren Zirkustrainern in die unterschiedli- wicklung besser zu verarbeiten. einigen Jahren in der Arbeit mit Kin- Schwerpunkte waren das Kennenlernen vom Programm »Kultur macht stark« des chen Einrichtungen – Notunterkünfte, Zirkus bietet dafür die besten Voraus- dern und Jugendlichen aus gefl üchteten verschiedener Kulturen, Integration und Bundesministeriums für Bildung und Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemein- setzungen: Er ist in erster Linie nonver- Familien aktiv, beispielsweise mit Zir- Aufbau von Vertrauen. CABUWAZI betei- Forschung (BMBF). Wichtig ist sowohl schaftsunterkünfte, beispielsweise die bal, aber in der gemeinsamen Arbeit er- werben die Neuankömmlinge auf einfa- che Weise Sprach kenntnisse. Die Artistik ist nicht nur ein relativ niedrigschwelli- ges Angebot, sondern vor allem äußerst vielseitig: Jeder und jede fi ndet etwas, was ihm oder ihr besonderen Spaß macht, kann seine und ihre Stärken und Talente entdecken. Die Konzentration auf die artistische Übung blendet die Er- innerung an schreckliche Geschehnisse aus und hilft so, sie zu verarbeiten. Das Erfolgserlebnis der gelungenen Übung, insbesondere in der Auff ührung vor Pu- blikum, stärkt das Selbstbewusstsein. In der Durchmischung der Zirkusgruppen mit gefl üchteten und hier beheimateten Kindern wird das gemeinsame, partner- schaftliche Erleben zur Normalität. Zir- kus macht die Kinder stark für den Start in der neuen Heimat. Aber auch für den Kinder- und Jugendzirkus CABUWAZI, der schon immer für alle off en war, stellt die Erweiterung des Programms durch die Arbeit mit Kindern aus gefl üchteten Familien einen Zugewinn dar, denn noch stärker als bisher werden andere Kultu- ren erfahren, die das eigene kulturelle Umfeld bereichern.

Gisela Winkler ist Fachpublizistin.

FOTO: PICTURE ALLIANCE / DPA / ALLIANCE PICTURE FOTO: Karl Köckenberger ist Geschäftsführer Freude über den Fall der Mauer von CABUWAZI - GrenzKultur gGmbh Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  WERTEDEBATTE 27

Brauchen wir eine neue Leitkulturdebatte?

»Wir brauchen eher eine »Leitdemokratiedebatte«, in der es um unsere politische Kultur und Selbstver- »Die deutsche Leitkulturdebatte bildet ständnis geht. Die Inhalte und Werte des Grundgeset- Hierarchien: »die« und »wir«. Ich lebe oft zes wie z. B. das Asylrecht, Toleranz gegenüber dem »Zielführender als eine neue Leitkulturdebat- in Frankreich, dort wird aus »die« und Anderen und anderen Religionen sowie die Würde te, die per se Konfl ikte schürt, scheint mir die »wir« ein »uns« – Immigranten und ihre des Menschen müssen Leitmotive unseres politischen Frage: Wie wollen wir in ,  oder  Jahren kulturellen Leistungen werden inner- Handelns bleiben und sind nicht verhandelbar. « leben? Wie sollte die demografi sche Zusammen- halb einer Generation zur französischen Arne Lietz ist SPD-Europaabgeordneter für Sachsen-Anhalt setzung dann aussehen und was müssen wir tun, Kultur hinzugefügt. Darüber sollten wir um friedlich dorthin zu gelangen?« sprechen: nicht was wir verlieren könn- Matthias Burkart ist Architekt und Mitglied im Rat für ten. Sondern gewinnen.« Baukultur und Denkmalkultur Nina George ist Schriftstellerin und Sprecherin der Initiative Fairer Buchmarkt

»Wir sollten uns lieber die Frage stellen, ob so viel kollektives Identitätsempfi nden überhaupt »Was wir brauchen, ist eine off ene Debat- »Wenn, dann nicht als Abgrenzung, wie vor ei- nötig und zeitgemäß ist und ob die Zustim- te über die kulturelle Dimension der Ver- nigen Jahren, sondern als Diskussion über das mung zu den Grundgesetzen nicht ausreichen änderungen, die wir erleben. Wie kann gemeinsame Wertefundament unserer Gesell- könnte. Identität ist zuvörderst etwas Individu- es gelingen, dass diese Begegnung der schaft, wie es seinen Niederschlag im Grundge- elles, Singuläres, Privates. Es gibt  Millionen Kulturen sowohl von denen, die schon setz gefunden hat. Dieses geht von der Würde verschiedene Weisen, »deutsch« zu sein.« hier sind, wie auch von denen, die neu und Freiheit des einzelnen Menschen aus, die Tanja Dückers ist Schriftstellerin und dazukommen, als Gewinn und nicht als sich gerade auch in kultureller Vielfalt ausdrü- Publizistin Verlust wahrgenommen wird?« cken kann.« Eva Leipprand ist Vorsitzende des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Martin Dörmann MdB ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

»Nur das nicht! An dem Begriff Leitkultur haftet das Bedürfnis nach nationalistischer Selbst- »Die Frage nach der Notwendigkeit einer neuen Leit- vergewisserung. Er besitzt nichts integrierendes, sondern lediglich ausschließendes. Wir kulturdebatte erübrigt sich, denn wir haben bereits brauchen Menschen, die ihre je eigene Kultur ganz selbstverständlich leben können. Dann eine Leitkultur. Unsere Leitkultur ist das Grundgesetz werden sie auch frei genug sein, den Reichtum anderer Kulturen anzuerkennen. « insbesondere mit den Grundrechten, das verbindlich Jürgen Israel ist Publizist im Zentrum unseres gesellschaftlichen Zusammenle- bens steht und auf das wir mit Stolz blicken können.« Eva Högl, MdB ist Stellvertretende Vorsitzende der SPD- Bundestagsfraktion

»Mit dem Begriff »Leitkultur« kann ich »Für mich stellt sich diese Frage nicht. Menschen wenig anfangen. Einer Kultur, die eine vor Tod und Vertreibung Asyl zu gewähren, ist Art Herrschaftsanspruch formuliert, Ausdruck unserer humanistischen Kultur, die im fehlt die Off enheit, die für mich zur Grundgesetz verankert ist. Selbstverständlich gel- »Literatur kennt keine Leitkultur. Die Wer- Kultur gehört. Kultur lebt von Vielfalt ten das Grundgesetz und seine Werte dann auch ke der Autoren aus der arabischen, afrika- und nicht von Grenzen. Eine Debatte für diejenigen, die auf seiner Grundlage bei uns nischen und asiatischen Literatur stehen über Werte hingegen ist für jede Ge- Schutz fi nden.« gleichberechtigt neben europäischen oder sellschaftskultur wichtig, gerade für Mathias Brodkorb ist Minister für Bildung, Wissenschaft amerikanischen Autoren in unseren Buch- eine, die dabei ist, noch vielfältiger zu und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern regalen. So sollte es auch im praktischen werden.« Leben sein.« Lutz Marmor ist Vorsitzender der ARD Christoph Links ist Verleger

»Nein, denn die Idee einer Leitkultur beruht auf Abgren- zung und innerer Homogenität. Kultur aber ist ein stän- diger Aushandlungsprozess von Menschen, auf der Suche »Kulturelle Vielfalt ist Chance und Bereicherung »Welchen Begriff wir auch verwenden – wir müs- nach einem System der Selbstvergewisserung. Dieser des Zusammenlebens in einer Gesellschaft. Denn sen uns darüber verständigen, wie die Identität kann nicht abgeschlossen werden, er wird nie ‚fertig‘ – Kommen und Gehen sind Teil menschlichen All- unserer demokratischen Gesellschaft mit den was die Idee der Leitkultur jedoch zu versprechen scheint. tagshandelns, Austausch und Migration ebenso vielfältigsten kulturellen Lebensentwürfen und Was wir daher anstelle einer neuen Leitkulturdebatte der »Normalfall« gesellschaftlichen und kulturel- Biographien aussieht. Kunst und Kultur sind in brauchen, ist eine Verständigung auf die einzig denkbare len Wandels, dies spiegelt sich auch im Bau- und besonderer Weise geeignet, Impulse für diese globale »Leitkultur«: die Orientierung an den Menschen- Denkmalbestand wieder.« Verständigung zu liefern.« rechten, mit der wir unser Zusammenleben im Sinne ei- Barbara Seifen, Vereinigung der Landesdenkmalpfl eger, Theresia Bauer ist Ministerin für Wissenschaft, Forschung ner transkulturellen, von Vielfalt geprägten Gesellschaft VdL, im Rat für Baukultur und Denkmalkultur des und Kunst Baden-Württemberg gestalten können.« Deutschen Kulturrates Hildegard Bockhorst ist Projektreferentin Kulturelle Bildung Online und Sprecherin des Rats für Soziokultur und kulturelle Bildung im Deutschen Kulturrat 28 NETZKULTUR www.politikundkultur.net

Hass force maasforsch Zur Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und Facebook zur Löschung von Daten

EIN KOMMENTAR VON menschlichen Miteinander wegzuad- sieht »Hassreaktionen« dann, wenn nicht mal mehr neu und doch will der und rechtsradikaler Propaganda ste- ARMIN CONRAD ministrieren. Ob darüber hinaus die es Angriff e »auf mein Leben, meine Justizminister da weitermachen. hen bleiben wird. Vor dem Gesetz sind Urheber dieser Botschaften mittels Sicherheit, meine Ideale, meine Ge- Nun wird man einwenden, dass diese alle gleich, auch der pointiert und gut Man muss sich nicht lange dabei dieses »Kompetenzzentrums Hass« liebten« gibt. Die Hirnforschung hat Dinge doch für die Task-Force gar argumentierende Kabarettist, der in aufhalten, dass dem Bundesjustizmi- einer geeigneten strafrechtlichen festgestellt, im menschlichen Gehirn kein Thema seien, sondern nur der seinem Vortrag begreifl iche Schimpf- nister die Namensgebung gründlich Behandlung zugeführt werden sollen, gibt es Areale, in denen Hass entsteht nackte, blanke, gewalterzeugende worte benutzt, ist davon betroff en. missraten ist. Task-Forces retten ist off en. und sich reguliert. Aber egal, wie man Hass auf islamischen und rechtsradi- Es ist abzusehen, dass eine solche Menschen und gewinnen Kriege, Eine breite parlamentarische Mehr- ihn erklären mag: Hass drängt danach, kalen Seiten gemeint sei. Task-Force stark übergriffi g in die Task-Forces braucht man in akuten heit für ein von Entschlossenheit sich auszudrücken. Das macht Heiko Gegeneinwand: Halten wir, hält die gesellschaftlichen Diskurse hin- Krisensituationen, ob in Zürich bei geprägtes Maßnahmenpaket scheint Maas’ Anti-Hass-Politik so schwierig, Gesellschaft das wirklich nicht aus? einwirken wird. Sprachgebrauch der FIFA oder am Mittelmeer oder sicher. Frau Göring-Eckhardt von den dass man ihm raten möchte, beson- Hat die Zivilgesellschaft kein Selbst- hat immer auch ein sittliches Profi l, sonst wo, aber bitte nicht zur Rege- Grünen regt an, eine Bundeslöschbe- nenere Instrumente zu fi nden, als das, bewusstsein, das sich in souveräner aber inzwischen wird hier einiges lung des Sprachgebrauchs im Internet. hörde einzuführen. Ich muss zuge- was ich jetzt mal nur T-Wort nennen Gegenrede ausdrücken könnte? Wol- verwechselt: Man redet über Mensch- Ein Regierungsinstrument zu schaf- ben: Dass es gerade von dort kommt, möchte. len wir uns da wirklich als Opfer von lichkeit und meint eigentlich seine fen, das verordnet, welche Inhalte in hat mich überrascht. Schon jetzt werden wir von mo- Verbalkrawall gerieren, angewiesen eigene Überempfindlichkeit. Wer hat den sozialen Medien gelöscht werden ralintriefenden Sprachregelungen auf staatlichen Schutz? Mir scheint, wen wie stark in seinen Gefühlen und welche nicht, daran klebt schon überzogen. Einige Beispiele aus den dass Facebook mit seinen Vorschlä- verletzt? Gewinner ist »der, der als genug Fragwürdigkeit. Dies Task- USA sind gespenstisch. Dass sich Ju- gen, wie es Hassbotschaften in sei- erster schreit.«, schreibt die NZZ . Ob Force zu nennen, ist verräterisch. Die- Wie sieht die Zukunft rastudenten mit Erfolg dagegen wehr- nem Netz begegnen will, nämlich sich diese nicht mehr neue Erkennt- ses Verräterische, in dem sich die im- aus? Eine Task-Force, ten, mit dem Verb »to violate« und eigene humane Positionen dagegen nis auch bei den staatlichen Stellen mer häufi ger werdenden hysterischen seinen Konjugationsformen konfron- zu setzen, ein gutes Stück mehr auf und den Autoren einschlägiger Gesinnungsdebatten rund um die die stark übergriffi g in tiert zu werden, weil es ihre Gefühle dem Boden des Grundgesetzes steht, Verordnungen einstellt? sogenannte »politische Korrektheit« gesellschaftliche zu stark verletze, scheint unglaublich. als der Justizminister selbst. Aber vielleicht ist das ja nur ein bü- spiegeln, ist das einzige Verdienst Diskurse eingreift? Und deutet doch darauf, dass sich Im Übrigen: Es gibt bestehende Re- rokratisches Missverständnis unseres dieser Wortwahl, die hoff entlich nicht »Gekränktsein« zum Machtinstru- gelungen für die Gefährdung des schneidigen Justizministers, der, wie lange Bestand hat. ment entwickelt hat: »Es könnte Sprachverkehrs. Wer den Holocaust wir wissen, die Rangelei nicht fürchtet. Aber kommen wir zur Sache an sich, jemand traumatisiert werden«. Op- leugnet, macht sich auch ohne Task- »Sprache ist eine Waff e« formulierte der Vereinbarung zwischen der Bun- Hass. Was ist das? Eine »leidenschaft- ferdruck regelt den Sprachgebrauch. Force strafbar. Was da gerade ins es einst Kurt Tucholsky. Sprache ist desregierung und Facebook, der sich liche Abneigung« eine »menschliche Die Universität von California – so Leben gerufen wird, ist gefährlich. eine Waff e, das sagt auch heute noch alle anderen anschließen sollen. Emotion«, eine »scharfe und anhal- steht es in der Neuen Zürcher Zeitung Die Einsicht, dass Sprache als Kultur- die Philosophin Sybille Krämer. Entschlossen und zielsicher sollen tende Antipathie«. Dass diese Erklä- (NZZ am Sonntag ..) – mag technik nicht nur zur Verständigung, Und wer ist in diesem Land für Waff en alle Botschaften, in denen man Hass rungsversuche vom deutschen Phi- mir nicht erlauben, zu sagen, dass ich unter anderem auch zum Ausdruck zuständig? Na? Womit wir dann wie- und Diskriminierung entdeckt, der losophen Friedrich Kirchner (- nicht an rassisches Denken glaube, von Hassgefühlen benutzt wird, ja, der bei der eigentlichen Zuständigkeit »Delete«-Taste zugeführt werden. Bis ) stammen, aus einer Zeit des denn: Damit leugne ich die Erfahrun- dass sie in diesem Regelkreislauf von Task-Forces wären. Weihnachten dieses Jahres will man wachsenden Nationalismus in Europa, gen und die Geschichte der rassischen menschlicher Gefühle eine Funktion Einzelheiten präsentieren. Vielleicht macht sie nicht falsch oder marginal. Identität. Political Correctness, zu hat, sollte den Staat erreichen, b evor Armin Conrad war bis Ende August ja auch mit der Vorstellung, den Erich Fromm, des rechtsreaktionä- diesem Schluss kommt die NZZ, ist er was regelt. Das Risiko existiert, Subkoordinator Kultur bei Sat und Hass an sich ganz und gar aus dem ren Nationalismus unverdächtig, völlig aus dem Ruder gelaufen. Das ist dass das alles nicht bei muslimischer Redaktionsleiter Kulturzeit

Die Herbstkollektion! Herausgegeben von Olaf Zimmermann und Theo Geißler.

Vorwort VorwortVon der Ausländer- zur Integrationspolitik Vorwort– Barbara und Haack: Einleitung Vom Verlag zum Medien-Unternehmen. Vorwort– Sabine und Kunst: Einleitung Mut und Gewissensbindung. Was VorwortMuslimisches Leben Vorwort– Einfluss und / dS. 77 EinleitungEinnleitung – : Grußwort der Bundesministerin – –Olaf Gabriele Zimmermann: Schulz: Einleitung Vom Nischenmarkt / S. 111 – Olaf Rolle Zimmermann: und Aufgaben Vorwortvon Verlagen / S. 13 im digitalen Zeitalter aus – Olaf Luthers Zimmermann: Fähigkeit, sich Die trotz beste aller Pizza Gefahr von Jerusalem für seine Überzeu- / S. 19 – –Christian Gabriele Höppner: Steffen:Stadtteilentwicklung als gesell- – –Olaf Medienmacht Zimmermann:erm /aann: S. 79 Die MarktfähigmachungMarktfähigmmachung für Bildung und Forschung / S. 15 –zur Olaf Boombranche Zimmermann: / S. 15 Feuerwehr sucht Migranten / S. 113 – Gabriele Sicht eines Schulz: kleinen Zu Fachverlags diesem Buch / S. 110/ S. 15 – Gabriele gungen einzusetzen,Schulz: Einleitung uns heute / S. 20 noch sagen kann / S. 76 Kaleidoskopschaftliches der Projekt Kulturpolitik / S. 105 / S. 11 –der Transparenz Welt / S. 1515 / S. 80 – Max Fuchs: Zum kontinuierlichen Dialog Einleitung– Wolfgang Barth: Pisa-Schock und ein veränderter Der– Barbara lange Weg Haack zum im Reformationsjubiläum Gespräch mit Alexander Skipsis: Wie– Hartmut alles anfing Lehmann: … und Luther dann in fortgesetzt der Welt heute wurde Die– Reinhold Editorials Zemke: Die Moschee als Aufgabe der – –Gabriele Gottesbezug Schulz:chulz / S. 81z: GloGlobalisierungbalisierung und SSchuSchutztz beitragen. Strukturbedingungen für nachhaltige – Gabriele Bildungsbegriff. Schulz: ZuKulturelle diesem BuchBildung / S. 19 in einer – Stefan Aus den Rhein: Fehlern Vom der Thesenanschlag Musikindustrie zur lernen / S. 113 – Olaf sehen. Zimmermann: Das Reformationsjubiläum Zweifellos / S. 29  als einzig- – Mangas Stadtplanung. / S. 13 Zwischen Hinterhof und Boulevard, –der Sommertheater kulturellenlen VVielVielfalt / S. 82falt – eeinin DDauerthemaauerthemma / S. 17 kulturelle Bildung / S. 16 ArbeitsmarktEinwanderungs Kultur:gesellschaft, Eine erste die eigentlich Annäherung keine –Lutherdekade. Werner Schaub: Das ReformationsjubiläumKunst für die Öffentlichkeit.  – Olaf artige Hahn: Chance Einladung / S. 78 zur konstruktiven Ausein- – Reichtum Zentrum / undS. 14 Stadtrand / S. 108 Der– Verrat Welthandel / S. 83ndel uundnd dderer GGATS-SchockATS-Schoock 8 Einleitung 9 – Max sein Fuchs: möchte Kulturberufe / S. 117 und der flexible  alsDer Einladung Bund und zum die Diskurs Kunst am / S. 21 Bau / S. 118  –andersetzung. Volker Leppin: Was Luther ein Dossier  – »Islam eine ökumenische · Kultur · Politik«  – –Exoten Stefanie / S. 15 Ernst im Gespräch mit Erol Pürlü:  – – Martin Mythos Hufner: / S. 84fner: Identität,Identität, NatiNationon uundndd GGlobalisielobalisie – Olaf Kulturelle Zimmermann und Gabriele Schulz: – Kapitalismus. Roberto Arbeitsmarkt Alborino: Notizen Grundlagen zum Arbeitsmarkt von Kultur – –Stephan Bogislav Disputationen: Dorgerloh: von Wentzel: Von Galeristen:freien Christen Viel undGlanz – viel leistenChanceIslam · Kultur · Politik kann / S. 81 / S. 31 – Sonnenschutz NormalitätKulturpolitik im / S. 16 Zusammenleben ist das Ziel / S. 111 – Notwendige Think TTIP, CET big! /VVerwicklungen S. 85 erwwi cklungen zwizwischenschen GeGGeschichteschichte Kulturelle Vielfalt leben. Chancen und Herausforde - undIntegrations Leseempfehlungen prozessen / / S. 23 S. 121 mündigenSchatten. Bürgern. Im Alter Lutherszu oft Havarie Reformation – Schluss / S. 24 mit lustig / S. 121 – –Olaf Athina Zimmermann Lexutt: Das und Lob Olaf der Anfechtung Hahn: / S. 83 – –Obsession Abdulla /Elyas: S. 17 waymo – Plattform für junge –und Exoten Gesellschaft / S. 86chaftt / S. 23S23 rungen interkultureller Bildung – Rückblick auf – –Max Andreas Fuchs: Damelang: Die Entdeckung Die Potenziale der Kreativität der in der – –Gabriele Stefanie Schulz Ernst im Gespräch mit KlausUdo Dahmen: Gerrit Friese: –Zwei Hiltrud Jahre Lotze: spannende Politisches Debatten. Handeln Die Dossiers – Wettbewerb Muslime / S. 115 / S. 18 – –Bernhard Feiertag / FreFreiherr S. 87ihherr vovonn LoLoeffelholz:effelholz: Zur BedBedeueu das Projekt »Strukturbedingungen für nachhaltige Kulturpolitik.Zuwanderung Hinweise nutzen /zur S. 124 Karriere einer politischen ReformationQualität statt und Hype. Musik Spitzenstellung als Chance / S. 27 deutscher »Islambraucht · Kultur Gewissen · Politik« / S. 86 / S. 33 – –Sinnkrise Götz Nordbruch: / S. 19 Muslim, deutsch und aktiv. –der Gedanken Kultur fürür / S. 88 diediee globaleglobale Ordnung.Ordnung. GeGedankendanken zu interkulturelleVielfalt Bildung« / S. 21 leben:– Leitformel Kristin Kultur: Bäßler: / S. 26 Es geht um die Gemeinsamkeiten. – Dieter GalerienReflexionen Georg / S. 123 Herbst: Am Anfang war das Wort – Islam– Christoph in Deutschland Markschies: Womöglich mit – Feuerwehr Muslimischeauf / S. 20 Jugendkulturen den in Deutschland / S. 117Punkt–UNESCO-Konvention Wunden Die /onve S. 89 nntio n zuzum Auswm ScSchutzhutz kulkulturellertuureller VieViell Stellungnahmen – Gabriele Resultate Schulz des . Integrationsgipfelsim Gespräch mit Karla im Kanzleramt Fohrbeck / S. 127 –und Klaus was Gerritkommt Friese: danach? Was / S. 29 sich alles ändern muss. – Katajun wuchtigen Amirpur: Hammerschlägen Gleichberechtigung / S. 88 für Muslime – –Mängelexemplare Sawsan Chebli: /Jung, S. 21 muslimisch, aktiv. – –Max Nützlich Fuchs: / :S. 90 CulCulturetture unlimited.unlimiteded. AnmerkungenAnmerrkungeng zu – Lernorte interkultureller Bildung. Außerschulische Kultur- –und Max Andreas Fuchs: Joh.Vom Wiesand:NIP zum NAP. Wie Eine alles Bewertung begann: des – ArneEin PlädoyerLietz: Pluralismus aus Galeristensicht als gemeinsame / S. 129 Signatur. – schaffen. Reinhard Über Kardinal unsägliche Marx: Debatten Einssein und mit positive Christus. Ent- – Wunderglaube Das JUMA-Projekt / S. 22 in Berlin / S. 120 –Kulturpolitik Wächter / S. 91k in ZZeiZeitenten der GlobGlobalisierungalisieruung / S. 30 und Bildungsorte. Stellungnahme vom .. / S. 35 Zwei. Integrationsgipfels Blicke auf die Gründerjahre der Bundesregierung / S. 30 / S. 131 –Europäische Ulla Walter: Perspektiven Was sich alles in der ändern Luther muss dekade – Eine Replik. wicklungenInwieweit sindin Deutschland die Konfessionen / S. 37 bereits »eins«? / S. 90 – –Fragen Nadjib / S. 23 Sadikou: Erziehung zwischen den Kulturen. – –Thomas Obrigkeit Krüger: /üge S. 92rr: KulturelleKulturelle Verschmelzungs-Verschmeelzungs- – Lernorte Chancen interkultureller Bildung im vorschulischen und und – –Hans-Jürgen Memet Vom Heraus-Kılıç: Blinn: Interkulturalität Die Zukunft Nischenmarkt ist unserer Zukunft Arbeit. und Heraus- undEine zum Künstlersicht . Reformationsjubi auf eine Reformations-Galeristensichtläum im Jahr / S. 132 – –Patrick Christoph Bahners: Matschie: Der Aufklärung Die Reformation verpflichtet. war eine – Effizienz Werteweltengebracht: / S. 25 muslimischer Jugendlicher im –und Likrat Synchronisationsprozesse.der / S. 93onisaations pprozFreihesse. DaDass WoWortort dderer KKultult schulischen Kontext. Stellungnahme vom .. / S. 40 Kulturdienstleistungen forderung. Zu den Aufgaben in Zeiten des der Bundeszuwanderungs- Globalisierung / S. 39 –stärken Werner / S. 31 Schaub: Wer gegen wen? Eine Antwort auf DieBildungs-Bewegung. Kritik der Islamkritik Philipp / S. 39 Melanchthon – – Wegducken Klassenzimmer / S. 26 / S. 123 Anhangerheben: lautstark,utstarrk, kräfkräftigtigg und strastrategischtegigisch / S. 35 Vielfalt als Reichtum – Olaf und Zimmermann: Integrationsrates Wachstumsbranche / S. 134 Kultur – Reformationsjubiläumeinen Text von Klaus Gerrit – Friese in Politik & Kultur – Kristin Weggefährte Bäßler Luthers im Gespräch und »praeceptor mit Hilal Germaniae« Sezgin: / S. 92 – –Schuld Haci Halih/ S. 28 Uslucan: Muslime als gewalttätige – –Heinrich Kulturpolitisches Bleicher-Nagelsmann:leichher-Na Glossargels /mann S. 94 : Auss dem BliBlickck – Gabriele Schulz: Einleitung / S. 47 –aber Sidar unter A. Demirdögen:welchen Bedingungen Ein Koffer / S. 43 voller Hoffnungen. auch/ gegen / S. 134 den Strich gebürstet –Deutschland Regine Möbius: muss sichMein neu Luther erfinden – ihr / Luther? S. 42 / S. 94 – Ein-Euro-Digitalisierer Machos? Zum Zusammenhang / S. 29 von Geschlecht, Gewalt –weltweiter Begriffsregister LiberLiberalisierung.aalis / S. 134ierung. SchrSchrankenanken dederr HaHandelndel – Christine forderungen M. Merkel: Brücke oder Dynamit? – Olaf Aktuelle zur Zimmermanninter- Integrationspolitik undBoombranche Gabriele in Deutschland Schulz: / S. 137 – –Petra Olaf jubiläum Bahr:Zimmermann: Lob des Geheimnisses Mehr Gerechtigkeit – Luther für lesen! die Galerien!  – –Ronald Johann Grätz: Michael Wer Möller: lernt von Die wem? Präsenz der – Schamhaftes undKommentare Religion Schweigen / S. 126 / S. 30 –sierung Namensregister abkomme und SichSicherungherun / S. 138g dederr InInfor for matimations onnsfreifreiheit heit / Provokation zum interkulturellen Dialog. –Wert Ergun der Can:Kreativität. Gesellschaftliche Kulturwirtschaft Teilhabe muss ermöglichen in Künstler- / S. 141 VomGaleristen »falsch sind:Zeugnisreden«: gnadenlose Medienrevolutionen Individualisten, schlechte IslamReformation in Deutschland / S. 97 / S. 46 – –Kakaopulver Stephanie /Doetzer: S. 31 »Mein Gesicht ist privat« – Pascal Lamy:my:y KuKulturultur ist kein ggewöhnlichesgewöhnliiches GuGut.t. Weltgipfel Kunst und Kultur tagte in Afrika / S. 49 –innen Birgit und Jagusch: Künstler Rechtliche investieren Grundlagen / S. 49 für undUnter ihre nehmer Folgen und / S. 35 absolut unverzichtbar / S. 136 – –Michael Michael Blume: Müller: Wie Martin können Luther Muslime und Berlin unsere / S. 99Gesellschaft – Expansion Warum manche / S. 32 Frauen Gesichtsschleier tragen und Zur Liberalisierungsieruung des inteinternationalenrnationalenn HandHandelsels / – Max Fuchs: Kulturelle Bildung hat Fahrt aufge- – Gabriele Ausländervereine Schulz im / S. 144Gespräch mit Gerhard Pfennig: – –Heinrich Birgit Maria Bedford-Strohm: Sturm im Gespräch Der Herzschlag mit Michael Werner: –mitgestalten? : Antworten Das Reformationsjubiläum aus der Lebensrealität / S. 51 als – Offenheit Deutschland / S. 33 sich eine Burka-Debatte sparen sollte / S. 129 – Olaf Zimmermann:ermaann: SonnenschutzSonnenschutz / SS. 46. 46 nommen.kultureller Eine gute Bilanz der zweiten UNESCO- Welt- BildungVonDen Wertanderen der Kreativität lernen in Heller und Pfennig von»Ich Gemeinschaft wollte meine / S. 37eigenen Hierarchien« / S. 139 – Gabriele Chance begreifen.Hermani: Das Die kirchlicheDeutsche IslamKulturengagement Konferenz  – –Wissenslücken Reinhard Begriffe Baumgarten: / S. 34 Verhängte Ansichten. von– Hans-Jürgen und en BlBlinn:inn: BesondererBes ondeMedirer AusschussAusschuss konferenz für kulturelle Bildung in Seoul / S. 52 –bemessen Gabriele / Schulz:S. 52 Einleitung / S. 149 – –Wolfgang Thomas Welter:Böhmer: Arbeitsmarkt Luthers Wirkungsspur Baukultur: ist Wie breit. sieht bisrückt . stärker Zusammensetzung ins öffentliche und Bewusstsein Ergebnisse / S. 102 / S. 53 – Jahresrückblick Was steckt oder / S. 35 besser wer steckt eigentlich hinter nach Artikell  EEG-EG-VertragVertrag / S. 48 – Joachim Reiss: Vielfalt und Gegensätze in Belem. – –Thomas Olaf Zimmermann: Flierl: Initiative Nachhaltige für Kulturarbeit interkulturelle in Berlin. Voner wirklichder Reformation aus? Hintergründe zum Kulturprotestantismus und Analysen / S. 148 / S. 39 – –Sonja Cornelia Haug: Pieper: Herkunft, Von Glaubensrichtung,Wittenberg in die Welt. Bildung, – Leitkulturstandards einem Niqab oder einer / S. 36 Burka? / S. 132 – Max Fuchs:: Vomm WertWert kulturellerkultureller Vielfalt.Viellfalt. KulturKultur Weltkongress theaterpädagogischer Organisationen DerBildung öffentliche / S. 152 Beschäftigungssektor Kultur, ÖBS / S. 58 – – André Nicoline-Maria Brie: Für einen Bauers Häretiker und Titus / S. 41 Kockel: Partizipation.Die Lutherdekade Vom Eins-Werden in der Auswärtigen und vom Kultur- Einssein und / S. 58 – –Spannungsverlust Stefanie Ernst im / S. 38 Gespräch mit Melih Kesmen: globale Märktekte uundnd GGATSATS / S. 51 in Brasilien / S. 57 – –Johannes Susanne Klapper: Huth: Interkulturelle Künstler vermitteln Perspektive. Künstler. Dialog und – Tom Arbeitsmarkt Buhrow: InDenkmalpflege weiter Ferne und/ S. 151 doch nah? – Wolfgang Bildungspolitik Benz: /Wie S. 105 die Angst vor dem Islam die – Unfair I love Olaf / myS. 39 prophet / S. 134 Zimmermann– Wolfgang CleClement:mment: CanCancúncún und die FFolgFolgen.en. – Max Fuchs: Risse im Paradies? Integrationsprobleme DieKooperation Zentrale Bühnen-, mit Migrantenorganisationen Fernseh- und Filmvermittlung / S. 155 (ZBF) –Reformationsjubiläum Michael C. Recker: Kulturberuf – das ist doch zwischen erst , für –Demokratie Peter Reifenberg: gefährdet. … Fehlende ein glühender Kenntnisse Backofen über den – –Kurzgeschichte Ingrid Pfluger-Schindlbeck: / S. 41 Zur Symbolik Zur Liberalisierungsieruung des inteinternationalenrnationalenn DienDienst-st- in Kanada und eine politische Antwort / S. 60 –und Karin die KünstlerdiensteHaist: Partizipation (KD) =/ S. 61Dazugehören. einenWissenschaft aktiven Medienmenschen und Kunst. Fällt diedes Berufsgruppe . Jahr- Islamvoller produzieren Liebe / S. 107 Vorurteile und Ablehung / S. 61 – Ort des / S. 42 Kopfhaares / S. 137 leistungshandelsndelss / S. 56 – Barbara Gessler-Dünchem: Zur Vielfalt in Europa – Olaf Über Zimmermann die Integrationsaktivitäten und Gabriele der Schulz: Körber-Stiftung Bundeskultur- / S. 159 hundertsder Restauratoren eigentlich eindurchs Datum Raster? in weiter / S. 155 Ferne. / S. 43 – –Heinz Georg Fromm: Ruppelt: Der Thron Islam und aus AltarSicht / des S. 110 Verfassungs- – –Kultureller Reinhard Takt Baumgarten / S. 43 Die Last der langen Nase. – Max Fuchs:: CanCancúnncún und die FolgFolgenen ffürüür ddieie KKultuultu stehen. Das Europäische Jahr für den Interkulturellen –wirtschaftsbericht. Harald Löhlein: EinZusammenarbeit Anfang wurde mit gemacht Migranten- / S. 64 – –Stephan Volker Schaible:Dorgerloh: Auseinandersetzung Zum Melanchthonjahr. mit dem Original. –schutzes. Stephan Ein Schaede: friedliches Luther Zusammenleben gehört uns nicht braucht / S. 112 sachli- – Wiedergutmachung Neuer Trend zur Schönheitschirurgie / S. 44 im Iran / S. 140 Neun Anmerkungenrkungen zu den WTO-VerhandlungenWTO-Verhhandlungen Dialog  / S. 64 Kulturberufeorganisationen. – Ein Erfahrungen Blick in die im Sparten Paritätischen Wohl- DieZur Lutherdekade Situation der eröffnet Restauratoren ihr nächstes in Deutschland Themenjahr / S. 158 –che Olaf Auseinandersetzung Zimmermann: Luther / S. 64 gehört euch wirklich – MuslimischeKunstgeschmack Zivilgesellschaft / S. 45 in Mexiko / S. 58 – Max Fuchs: Vielfalt als Reichtum? – Gerald fahrtsverband Mertens: / S. 162 Die Orchesterlandschaft in Deutschland. –»Reformation Mechthild Noll-Minor: und Bildung« Erhaltung / S. 45 und Pflege – Detlef nicht! Pollack: Die Evangelische Akzeptanz Kirche und Wahrnehmung sollte ihre Tore des weit, – –Aufgeräumt Olaf Zimmermann: / S. 47 Nutzen für alle. Starke islamische – Fritz Pleitgen:gen: EErfErfolgolg und Ambivalenz.Ambivalenzz. ResüResümeemee Über den Zusammenhang von Vielfalt, Migration –Überlegungen Martin Affolderbach: zu Stand undIch künftiger singe mein Entwicklung Lied in / S. 73 – Markus des Kulturerbes. Dröge: Empirische Der Beruf desErkenntnisse Restaurators / S. 161 Islams.sehr weit Zu denöffnen Ergebnissen / S. 115 einer Studie der – Kunstdinge Zivilgesellschaft / S. 48 / S. 143 der WTO-Ministerkonferenzinisteerkonferenz in CancúnCancúnn aus der au und Integration / S. 67 – Gerald fremdem Mertens: Land. Kultur Philharmonisches und Migrationsgemeinden Paradies? Arbeits- / S. 165 –theologisch Henning Krause: reflektieren Wir /nennen S. 49 es Armut. –Westfälischen Heinz Schilling: Wilhelms-Universität Luther historisch Münster einordnen / S. 67 / S. 117 – –Turbokinder Rupert Graf / S. 49 Strachwitz: Muslimische Strukturen visuellen Wartearte / S. 61 – Christian Höppner: Transkulturalität: Fata Morgana –markt- Ritva und Prinz: Berufssituation Kulturvermittlung von Orchestermusikern braucht / S. 77 – Torsten Zum Einkommen Ehrke: Schluss von Kommunikationsdesignern mit der Luther-Apologie / S. 51 / S. 164 – –Aiman Carsten A. »Storch«Mazyek: Islam-BashingSchmelzer: Luther / S. 69 und die – Nörgeln im Stiftungswesen. / S. 50 Eine jahrtausendealte Tradition im – Sebastian FoFohrbeck:hrbbeck: GlobalerGlobaler Bildungshandel.Bildunngshandel. oder Realität? / S. 70 – Wolf Gemeinschaft Steinweg: / S. 168Ein problematischer Königsweg. – –Volker Marjan Faigle: Parvand: Die Reformatoren Neue Deutsche waren Medienmacher nie in Afrika. / S. 167 – Sabine Hölle. Schiffer:Oder: ÜberIslamfeindlichkeit die Abschaffung indes Deutschland. Fegefeuers / S. 121 – Frischzellenkur Wandel der Zeit / S. 51 / S. 145 Deutsche Hochschulenochscchulen und das GenGeneraleraal AgrAgreemeneemen – Christian Höppner: Transkulturelle Kommunikation: –Die Maria arbeitsrechtlichen Ringler: International, Auswirkungen binational der Privatisierung und –Streiflicht Ulrich Blum zur Entwicklung und Andrea der Meyer: lutherischen Der Weg Kirchen des Spiels auf –Ausgrenzende André Schmitz: Strukturen Reformationsjubiläum ernst nehmen / S. 71als Fest – –Agendasetzung Olaf Zimmermann: / S. 52 Muslimische Zivilgesellschaft – on Trade in ServServicesiices ((GATS)GATS) / S. 64 Ich und Du. Containerland Deutschland / S. 74 vonmulti Musikschulenkulturell. Beziehungen / S. 80 und Partnerschaften inden Afrika Spieltisch. und zu gegenwärtigenDas Spiel auf dem Herausforderungen Weg zum Spieler // S. 55S. 170 Derder Bruch Standhaften des . September/ S. 123  – Uneinigkeit gibt es sie eigentlich?/ S. 53 / S. 148 – Gabriele Schulz:chulzz: KulturKultur und MediMedienen bbislangislang nocnoc – Andreas Freudenberg: Plädoyer für die Stadt – Christian über Grenzen Handke hinweg und / S. 171Peter James: Ein starker Partner – –Kerstin Michael Griese: Bhatty: Reformation Dramaturgie und der Bildung? Gewalt. – –Olaf Friedrich Zimmermann Schorlemmer: und Gabriele »Die ganze Schulz: Welt ist in der – –Disputationen Matthias Kortmann: / S. 55 Mühsames Ringen um vor. GATS-Verhandlungenerhanndlungen gewinnengewinnen ann DynaDynamikmik der Diversität.  Jahre Einwanderungsgesellschaft –der Valentina heimischen L’Abbate: Kreativen. Die Die Muttersprache Independents ist / einS. 83 ReformationBetrachtungen durch eines Bildung! Computerspiele-Entwicklers / S. 58 / S. 173 KeinHabsucht Märchen ersoffen aus tausendundeiner wie in einer Sintflut«. Nacht. DerÜber Bruch – Märchenstunde Anerkennung. /Muslimische S. 56 Dachverbände als zivil- – Hans-Jürgen en BlBlinn:inn: Kultur,Kultur, die besbesondereonndere DDiensiens beginnen in Deutschland zu wirken / S. 77 – Günter kultureller Jeschonnek: Schatz. Das Förderstrukturen CGIL-Bildungswerk: des Freien Integration – –Hermann Andreas Gröhe:Kämpf: Die Großer Gegenwartsbedeutung Erfolg auf tönernen desgemeinen . September Nutz und  Wucher enthält bei die Martin Chance Luther eines / S. 125 – Visionen gesellschaftliche / S. 57 Akteure in Deutschland / S. 151 leistung. Freihandelsabkommeneihanndelsabkommen mimitt ZuZusatzprotokusatzprotok Migrationsgeschichte Theaters.von Migrantenfamilien Deutlichere Unterstützung erleichtern /durch S. 175 die Politik derFüßen. Losungen. Karriere Zum im . Soziokulturellen Todestag Nikolaus Zentrum Ludwig setzt –kulturellen Irmgard Schwaetzer: Aufbruchs / S. 75 Frauen ins Pfarramt / S. 128 – –Nerverei Mohammed / S. 58 Abdulazim: Organisation zur kulturellenlen ZZusaZusammenarbeitmmenarbeit zzwischenwiscchen der EU – Gabriele Schulz: Einleitung / S. 83 –gefordert Sidar A. / Demirdögen:S. 86 In mehreren Kulturen von Risikofreude Zinzendorfs voraus / S. 60 / S. 177 – –Petra Thomas Bahr: Sternberg: Gegenbilder Luther entgegensetzen und die Folgen / S. 79 für – Spielsucht muslimischer / S. 59 Jugendlicher in Verbänden. Das Beispiel und Südkoreaea ununterzeichnetnterzeichnet / S. 69 – Katrin Göring-Eckardt: Heimat – Wir suchen noch / S. 85 – Azadehzuhause. Sharifi: Bundesverband Akademie der postmigrantischer Migrantinnen Theater- – –Thies Birgit Gundlach: Mandel und Erinnerungskultur Nicole Kubasa: und Strategien Jubiläums- zeit- – Aiman die Kunst. A. Mazyek: Martin Luther Um Jahre nahm zurückgeworfen. die Bilderfrage / nicht und – Zukunftswillen der Muslimischen / S. 60 Jugend in Deutschland / S. 154 Was bringt ddieie KKonventiononvention KuKulturelleltureelle VieVielfallfal – Rita Süssmuth: Eingewandert nach Deutschland. kunst.in Deutschland Ein Plädoyer e.V. für / S. 178 mehr Teilhabe / S. 89 gestaltung.genössischer Wie Kunst. entsteht »Mobiles Geschichtsbewusstsein Atelier – Kunstprojekte und was für dieso Folgen ernst und für Völkerverständigunghat dadurch die freie Entwicklungund Integration der / S. 82 – –Ungehorsam Thomas Klie / S. 62 und Julia Schad: Brachliegendes – Wilhelm Neufeldt:eufelldt: KonventionKonvention zum SSchuSchutztz dderer Anfragen an eine Kultur des Zusammenlebens / S. 88 – –Michael Berrin Alpbek:Freundt: Vereint Mobilität für TanzEltern – undein Politikum. Kinder. bedeutet Kindergärten« es für das in HannoverReformationsjubiläum / S. 180  / S. 63 – Herfried Kunst befördert Münkler: / S. 130 Sicherheitssorge statt – Entfremdung Engagementpotenzial. / S. 63 Zugangshemmnisse und -chancen kulturellen VielVielfalt.fafalt. BeBewertungwertung des UNUNESCO-AbkoNESCO-Abko – Vural Öger:  Jahre Migration aus der Türkei / S. 92 DerDie Tanzbereich Föderation mussder Türkischen sich in den Eltern Dialogvereine mit der in Politik – AusbildungWolfgang Huber: in Kulturberufen Die Ambivalenz des Reformators / S. 65 –Bedrohungsangst. Rupert Graf Strachwitz: Der . September Luther und und der seine Staat. Folgen – Kooperationsverbot für junge Muslime /zu S. 64 Freiwilligendiensten / S. 156 aus Sicht derr KuKultusministerkonferenzlltusministerkonferenz / S. 75 – Max Fuchs: Viel wurde erreicht / S. 95 begeben Deutschland / S. 92 / S. 181 – –Margot Angelika Käßmann: Bühler: TalentIm Kontext allein unserer genügt Zeit. nicht. ausKann politikwissenschaftlicher sich die Kirche der Reformation Sicht / S. 85 zur Zivilgesell- – –Elite Jens / S. 66Kreuter: Bundesfreiwilligendienst und Muslime. – Adolf Dietz: Kulturelle Vielfalt und internationarnationa – Gülay Kizilocak: Etappen der türkischen – –Cornelia Vicente Dümcke: Riesgo Alonso: Transition Selbstorganisation Zentrum TANZ. als DasWie Reformationsjubiläum Künstler erfolgreich Karriere  und machen die politische / S. 185 – Wolfgang schaft bekennen? Schmidbauer: / S. 132 Die Sehnsucht nach neuen – Prügeln Erfahrungen / S. 67 und Entwicklungen / S. 159 berrecht. Zur Definition von kulturellen GüteGüternrn Migrations geschichte / S. 97 GründungsinitiativeGrundlage des Erfolgs. zur BundUmsetzung der Spanischen einer Empfehlung Eltern- der –Dimension Gabriele Schulzdes Freiheitsbegriffes im Gespräch mit/ S. 67 Karl Ermert: –Idealen. Johannes Von Süßmann: der Psychologie Heute des würde Terrors Luther / S. 88 twittern. – –Beton Christoph / S. 68 Müller-Hofstede: Zivilgesellschaft von und Dienstleistungen / S. 79 – Olaf Zimmermann: Türkische Migranten. Teilhabe Enquete-Kommissionvereine in Deutschland »Kultur / S. 184 in Deutschland« / S. 95 – Stephan Vom Bohren J. Kramer: dicker Bretter.Und willst Von Du der nicht Erfolgsgeschichte mein – Almut Reformation S. Bruckstein und Neue Çoruh: Medien Augen / S. 135 ohne Gedächtnis – Vordemokratisch morgen. Vorstellung / S. 69 eines Modellprojekts / S. 162 – Verena Metze-Mangold: Vor der Entscheidung.heidung. an Kunst und Kultur und die Last der deutschen – –Imre Witold Török: Kaminski: Zwischen Szenenwechsel. Melonen und Kulturen.Jugendliche Bruderder Bundesakademie sein … Gedanken Wolfenbüttel zum Reformationsjahr / S. 188 aus – sehen Peter nichts. Tauber: Persönliche Von der Wartburg Reflexionen in die zu /Moderne. / S. 91 Zur – –Schweigenbrechen Aiman A. Mazyek / S. 70 im Gespräch mit Ali Dere: UNESCO-Staaten stimmen über Kulturkonventiononvention Geschichte / S. 100 Istim die interkulturellen »Gastliteratur« und in den interreligiösen deutschen Literaturbetrieb Dialog / S. 188 –jüdischer Olaf Zimmermann: Sicht / S. 70 Vom Nutzen der Nutzlosigkeit / S. 193 – Friedrich weltgeschichtlichen Wilhelm Graf: Bedeutung Nine eleven der Reformation und / S. 137 – Opposition Wir brauchen / S. 71 heute mehr Dialog als je zuvor / S. 165 – Peter Jetzt S. Grant: bestellen Der kulturelle Werkzeugkasten. kasten. – Didem Yüksel: Herzlichen Glückwunsch! – integriert Kenan Küçük: worden? Jenseits / S. 98 von Folklore und Tee. – –Michael Margret Kretschmer: Wintermantel: Ein Ereignis Hohe Sichtbarkeit. von internationaler Die Situation –die Wolfgang Christen /Thierse: S. 94 Wir Kinder der Reformation. – –Eigenständigkeit Nurhan Soykan: / S. 72 Tag der offenen Moschee. Gespräche mit Warum unterscheiden sich audiovisuelle GGüterüter vo Sie sind Teil der Gesellschaft / S. 103 – Barbara Interkulturelle Haack imBildung Gespräch in Migrantenorganisationen mit Imre Török: Relevanz.der Geisteswissenschaften Das Reformationsjubiläum in Deutschland  / S. 72 / S. 195 – Petra Über Klug:den Folgenreichtum Die Kulturalisierung der Reformation der deutschen / S. 139 Integra- – Naturbildung Muslimen sind / S. 73 effektiver als Gespräche über sie / S. 168 www.kulturrat.de/ anderen? / S. 88 Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von Aus Politik & Kultur Olaf Zimmermann und Theo Geißler Herausgegeben von – Mehmet Çalli: Eine Erfolgsgeschichte. Fremde Dieam Verlage Beispiel sind des nicht Multikulturellen unser Feind /Forums S. 102 / S. 191 – –Cornelia Marcus Kulawik:Beiner: Reflexion Eingeübte und Regelmäßigkeit Spitzenleistung. –tionspolitik. Ellen Ueberschär: Grundannahmen Gesellschaftlicher der politischen Resonanzraum. Ausein- – –Demografie Gabriele Schulz gerechtigkeit im Gespräch / S. 74 mit Aiman A. – Verena shop.phpWiedemann: Die UNESCO-Konventionvention u wird zur neuen Heimat / S. 106 – –Carla Heike Meyer: Kübler Herausforderungen und Rüdiger Stenzel: und Fährnisse Integration eines durch undVier feste Wissenschaftsförderer Rituale. Was bedeutete schaffen das Gebet Erfolgsbedingungen für Martin andersetzungDeutscher Evangelischer im Bundestag Kirchentag nach dem . September in Berlin / S. 97 – Jubiläumsgeschenk Mazyek: Die Gründung / S. 75 eines muslimischen Wohl- Medien. Kulturelle Vielfalt in neuen Märktenkten gesgesii – Kristin Bäßler: Türkische Migration heute / S. 108 Berufs.Sport Gedankenund Musik. zum Ein Freienkreativer Lektorat Lösungsansatz/ S. 107 / S. 194 Luther»pro Geisteswissenschaft« in seinem Glaubensleben?/ S. 198/ S. 74 – Larsund Klingbeil: Wittenberg?// S. und 141 die Welt danach / S. 100 – Klein-Kleinfahrtsverbandes/ S. 76 ist überfällig / S. 171 Mindestens  Staaten müssen ratifizierenen / S. 96

Kulturelle Vielfalt leben: Arbeitsmarkt Kultur: Disputationen: Islam · Kultur · Politik Kulturpolitik auf den TTIP, CETA & Co.: Chancen und Herausforderungen Vom Nischenmarkt zur Refl exionen zum Punkt gebracht: Die Auswirkungen der interkultureller Bildung Boombranche Reformationsjubiläum  Kommentare und Begriff e Freihandelsabkommen auf . erweiterte Aufl age! von Olaf Zimmermann Kultur und Medien ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ---- ISBN: ----  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € ,  Seiten für € , Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  POSITIONEN 29

Zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Kulturgutschutzrechtes Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den ... Der Deutsche zu mehr Transparenz beim Kultur- • dass an die Eintragung von Werken Der Deutsche Kulturrat bedauert, dass Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass Kulturrat, der Spitzenverband der Bun- gutschutz sowohl mit Blick auf die in ein Verzeichnis national wertvol- in §  Beschädigungsverbot nicht mehr bei den Sorgfaltspfl ichten beim Verkauf deskulturverbände, positioniert sich Ausfuhr wie auch die Einfuhr beitra- len Kulturguts hohe Anforderungen vom Substanzerhalt des eingetragenen von Kulturgut (§  Allgemeine Sorg- mit dieser Stellungnahme zum »Refe- gen. gestellt und diese auch beschrieben Kulturguts die Rede ist, sondern unspe- faltspfl ichten, §  Sorgfaltspfl ichten rentenentwurf eines Gesetzes zur Neu- werden. Sowohl aus dem Gesetzestext zifi sch formuliert wird, dass es verboten beim gewerblichen Inverkehrbringen, § regelung des Kulturgutschutzrechts«. Der Deutsche Kulturrat regt an, als auch der Begründung geht hervor, sei, das Kulturgut zu beschädigen bzw.  Erleichterte Sorgfaltspfl ichten beim Im Dezember  hatte der Deutsche • dass in dem Internetportal neben den dass einem infl ationären Gebrauch sein Erscheinungsbild »nicht nur uner- gewerblichen Inverkehrbringen) zwi- Kulturrat erstmals zur geplanten No- Verzeichnissen national wertvollen dieses besonderen Schutztitels vor- heblich« zu verändern. Es wird der Ein- schen Privatpersonen und dem Handel vellierung des Kulturgutschutzes in Kulturguts und den Eintragungsan- gebeugt und die Eintragungshürden druck erzeugt, dass es dem Eigentümer unterschieden wird. Es ist wichtig, Deutschland Stellung genommen. forderungen für national wertvolles hoch gelegt werden sollen. bzw. Besitzer des Kulturguts überlassen • dass für Privatpersonen zwar weniger Grundlage war der Fragenkatalog Der Kulturgut auch Ansprechpartner in wird, selbst zu entscheiden, wann eine Pfl ichten beim Verkauf von Kulturgut Beauftragten der Bundesregierung für Bund und Ländern sowie die Mitglie- Der Deutsche Kulturrat gibt zu bedenken, Veränderung »nicht nur unerheblich gelten, zugleich aber einige vertret- Kultur und Medien (BKM) zur Novellie- der der Sachverständigengremien zur • dass bei der Bewertung von Kulturgut ist«. Die Einschätzung, wann eine Ver- bare Sorgfaltspfl ichten im Gesetz rung des Kulturgutschutzes. Der Deut- Eintragung von national wertvollem als für Deutschland bedeutsam und änderung des Erscheinungsbildes des genannt sind; sche Kulturrat hat in der Stellungnahme Kulturgut verzeichnet werden. identitätsstiftend nicht nur histori- Kulturguts erheblich ist, muss Fach- • dass für den professionellen Han- vom Dezember  grundsätzlich eine sche oder gesellschaftliche, sondern leuten vorbehalten bleiben. del strengere Maßstäbe gelten, die Reform des Kulturgutschutzes und die Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass auch künstlerische bzw. gestalteri- sich an den Verhaltenskodices der Zusammenführung der bestehenden in §  Nationales Kulturgut klargestellt sche Aspekte herangezogen werden Der Deutsche Kulturrat fordert daher, einschlägigen Verbände orientieren. Vorschriften in einem Gesetz begrüßt. wird, müssen. Hierzu wäre es erforderlich, • dass der Begriff der »nicht nur un- Dies unterstreicht die Relevanz des Im geplanten Kulturgutschutzgesetz • dass neben dem nationalen Kultur- die bestehende Begriff sdefi nition von erheblichen« entweder in §  Abs. professionellen Handels und schaff t sollen bisher in unterschiedlichen Nor- gut, das in ein Verzeichnis national Kulturgut, um den gestalterischen  gesetzlich defi niert wird oder die Rechtssicherheit für Käufer; men fi xierten Regeln zusammengeführt wertvollen Kulturguts eingetragen Bereich zu erweitern. Dieses kommt Einschränkung auf »nicht nur uner- • dass erleichterte Sorgfaltspfl ichten und die EU-Richtlinie zum Kulturgut- ist, Kulturgut, das sich in öffent- zwar in der Begründung zum Aus- hebliche« Veränderungen aus dem für den Handel mit zeitgenössischer schutz vom Mai  in nationales lichem Eigentum einer Kulturgut druck, sollte aber auch im Gesetz Gesetz gestrichen wird. Kunst eingeführt werden sollen. Da- Recht übersetzt werden. Ein weiteres bewahrenden Einrichtung oder in selbst klargestellt werden. mit wird nochmals untermauert, dass Ziel ist es, insbesondere die Regeln zur einer Einrichtung, die überwiegend Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass in die zeitgenössische Kunst nicht im Einfuhr von Kulturgut klarer zu fassen durch Zusagen der öff entlichen Hand Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass §  Unrechtmäßige Einfuhr von Kul- Fokus des Kulturgutschutzgesetzes und auf die Kulturgutschutzpraxis in fi nanziert wird, befi ndet, als nationa- in §  Steuerliche Begünstigung von turgut klargestellt wird, steht. anderen Ländern besser zu reagieren. les Kulturgut betrachtet wird. Dies national wertvollem Kulturgut, Aus- • dass beim Einfuhrverbot die gel- Mit dem Kulturgutschutzgesetz soll die entlastet die Verantwortlichen der gleich bei Verkauf infolge wirtschaftli- tenden Rechtsvorschriften des Her- Der Deutsche Kulturrat kann nach- Aus- und die Einfuhr sowie die Rück- angeführten Sammlungen von der cher Notlage klar benannt wird, kunftslandes zugrunde gelegt werden vollziehen, dass mit Blick auf das Ziel, gabe von Kulturgut in einem Gesetz Entscheidung, für einzelne Samm- • dass eine Eintragung in ein Verzeich- sollen und dabei auch darauf abgeho- künftig die Provenienz eines Werks geregelt werden. Diesen zusammenfüh- lungsstücke eine Eintragung in eine nis national wertvollen Kulturguts ben wird, dass bei archäologischem nachweisen zu können, Vorschriften renden Ansatz begrüßt der Deutsche Liste national wertvollen Kultur- steuer-und erbschaftsrechtliche Pri- Kulturgut das Herkunftsland teil- zu §  Aufbewahrungs- und Aufzeich- Kulturrat ausdrücklich. guts zu beantragen. Darüber hinaus vilegierungen zur Folge hat; weise nicht zweifelsfrei festgestellt nungspfl ichten normiert werden. Der Der Deutsche Kulturrat unterstreicht ist dies insbesondere mit Blick auf • dass ein Eigentümer von national werden kann und hier Ländergruppen Deutsche Kulturrat gibt allerdings zu mit dieser Stellungnahme, dass die Ansprüche auf Rückgabe im Fall von wertvollem Kulturgut, sollte er aus herangezogen werden können. Die bedenken, »UNESCO-Konvention zum Schutz und abhanden gekommenem Kulturgut wirtschaftlichen Gründen zum Ver- bisherigen Bestimmungen hinsicht- • dass vom Kunst- und Antiquitäten- zur Förderung der Vielfalt kultureller bedeutsam; kauf gezwungen sein und aufgrund lich der unrechtmäßigen Einfuhr sind handel durch das neue Gesetz Aufbe- Ausdrucksformen« auch bei diesem • dass Leihgeber von Kulturgütern an der Eintragung einen geringeren Er- ins Leere gelaufen, weil auf ein in an- wahrungspfl ichten verlangt werden, Gesetzesvorhaben zur Richtschnur ge- öffentliche oder überwiegend öf- lös erzielt, einen billigen Ausgleich deren Staaten nicht übliches Listen- die über die Aufbewahrungspfl ichten nommen werden muss. Das bedeutet fentlich fi nanzierte Kultureinrich- beantragen kann. Hier wird die Regel prinzip abgehoben wurde. Strenge eines Kaufmanns deutlich hinausge- u.a., die Kulturwirtschaft nicht durch tungen die Möglichkeit erhalten, für aus dem geltenden Kulturgutschutz- Einfuhrbestimmungen für archäo- hen. Off en ist, was mit den  Jahre überbordende bürokratische Vorschrif- die Dauer der Leihgabe das Kulturgut gesetz übernommen. logisches Kulturgut sind gerade mit aufzubewahrenden Dokumenten pas- ten zu belasten. Der Handel mit Kunst, ebenfalls unter den Schutz als nati- Blick auf die vielfach schwierige po- siert, wenn eine Firma aufgegeben mit Kulturgütern, aber auch mit wert- onal bedeutsames Kulturgut stellen Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass litische Situation in den Herkunfts- wird und kein Nachfolger die Fima vollen Büchern, Handschriften usw. ist zu lassen. Damit wird auch klarge- in §  Löschung der Eintragung die ländern archäologischen Kulturguts übernimmt. Hierfür gilt es, bundes- ein essentieller Teil des Kulturbetriebs. stellt, dass die entliehenen Kultur- besondere Verantwortung für NS-ver- von sehr großer Bedeutung. einheitliche Regeln für geeignete Ebenso gehört zum Kulturbetrieb, dass güter nicht automatisch dem Kultur- folgungsbedingt entzogenes Kulturgut Aufbewahrungsorte vorzugeben, bei Privatpersonen sowie Unternehmen gutschutz unterliegen und private berücksichtigt wird, Der Deutsche Kulturrat sieht das Er- denen sichergestellt ist, dass Ge- Kulturgüter kaufen und sammeln. Von Leihgeber nicht gezwungen werden • dass für Eigentümer oder deren fordernis, schäftsgeheimnisse Konkurrenten diesem privaten Engagement können können, ihr Eigentum unter Schutz Rechtsnachfolger von NS-verfol- • dass einem möglichen Generalver- nicht zugänglich gemacht werden. auch öff entliche Kultureinrichtungen stellen zu müssen. gungsbedingt entzogenem Kulturgut dacht gegenüber Händlern von ar- Bei der Entwicklung einer entspre- bzw. mehrheitlich öff entlich geförderte die Eintragung von national wert- chäologischem Kulturgut entgegen- chenden Vorschrift sowie Auswahl Kultureinrichtungen profi tieren, wenn Der Deutsche Kulturrat sieht allerdings vollem Kulturgut in ein Verzeichnis getreten werden muss, mit illegalem eines entsprechenden Archivs sollte ihnen beispielsweise Kunstwerke und nach wie vor das Erfordernis, gelöscht wird, wenn der NS-verfol- Kulturgut zu handeln. Die beste- die Sachkenntnis der Fachverbände Kulturgüter als Leihgaben zur Verfü- • dass praktikable Lösungen für den gungsbedingte Entzug festgestellt henden Stichtagsregeln (.. genutzt werden. Die örtlichen Indus- gung gestellt werden. Darum begrüßt Schutz von Sammlungen in privater wird. Das hat zur Folge, dass dieses Inkrafttreten der UNESCO-Konven- trie- und Handelskammern wären der Deutsche Kulturrat ausdrücklich Trägerschaft, die eine öffentliche Kulturgut an den Eigentümer oder tion von  in Deutschland und kein geeigneter Aufbewahrungsort die Klarstellung, dass Leihgaben in Aufgabe wahrnehmen, wie beispiels- dessen Rechtsnachfolger ausgeführt .. Inkrafttreten der entspre- für diese sensiblen Unterlagen; Museen nicht automatisch unter Kul- weise der Murnau-Stiftung, entwi- werden kann. Hiermit wird eine ge- chenden EU-Richtlinie) gilt es stär- • dass auf die Verbände des Kunst- und turgutschutz gestellt werden. Diese ckelt werden müssen. setzliche Lücke geschlossen. ker zu kommunizieren. Nicht von der Antiquitätenhandels ein erhöhter Unterschutzstellung muss vom Leihge- Hand zu weisen ist, dass Händler, die Beratungsbedarf ihrer Mitglieder ber ausdrücklich gewünscht und kann Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass archäologisches Kulturgut anbieten, zukommen wird, weil ihnen über jederzeit widerrufen werden. Handelt in §  Eintragung in ein Verzeichnis in §  Eintragungsverfahren festgelegt strengen Nachweisregeln unterliegen. die kaufmännischen Vorschriften es sich um Werke lebender Künstler so national wertvollen Kulturgutes aus- wird, Bei einer Regelung ist zu beachten, hinausgehende Nachweispfl ichten müssen sie der Unterschutzstellung zu- geführt wird, • dass für das Eintragungsverfahren in dass der An- und Verkauf von Kultur- auferlegt werden. Hier sollte analog stimmen. • dass Werke lebender Urheber nur ein Verzeichnis national wertvollen gut eine geschäftliche Angelegenheit der Unterstützung von öff entlichen Der Deutsche Kulturrat geht davon mit deren Zustimmung eingetragen Kulturguts ein mindestens fünfköp- ist und Geschäftsbeziehungen nicht Einrichtungen bei der Provenienzre- aus, dass außerhalb von Museen nur werden. Diese Klarstellung sollte ins- fi ges Expertengremium zu beteiligen veröff entlicht werden müssen; cherche eine fi nanzielle Unterstüt- wenige Arbeiten in ein Verzeichnis besondere Bedenken von Künstlern ist; • dass eine unkompliziert handhabbare zung für diese zusätzliche Aufgabe national wertvollen Kulturgutes auf- zerstreuen, dass gegen ihren Willen • dass in der Begründung davon aus- Lösung für private Sammler gefunden beantragt werden können. zunehmen sind. Angesichts aktueller Werke als national wertvolles Kul- gegangen wird, dass die Länder die werden muss, die ihre Sammlungen Debatten und Missverständnisse zum turgut eingetragen werden. Dies gilt entsprechenden Landesverbände vor  erworben haben. Begriff des national wertvollen Kul- unabhängig davon, ob die Werke nach aus dem Museumsbereich und des turguts regt der Deutsche Kulturrat wie vor Eigentum der Urheber sind Kunsthandels, um Vorschläge für das einen kulturpolitischen Diskurs zu oder ob sie an einen privaten Dritten Expertengremium bitten. diesem Thema an. Hierfür könnte ein veräußert wurden. Kongress mit internationaler Beteili- Der Deutsche Kulturrat geht davon aus, Das Wichtigste gung den Austausch und die Diskussion Der Deutsche Kulturrat sieht das Er- • dass der Bund bei der Besetzung sei- befördern. fordernis, in der Begründung zu präzi- nes »Platzes« in den Sachverständi- zur Kulturpolitik Jetzt sieren und entsprechend zu kommu- genausschüssen der Länder ebenfalls testen! Nachfolgend äußert sich der Deut- nizieren, auf die Fachkompetenz aus den Kul- Abonnieren Sie jetzt für  Euro im Jahr sche Kulturrat zu ausgewählten Sach- • dass Werke lebender Künstler, die turverbänden zurückgreifen wird. inkl. Versandkosten! verhalten des Entwurfs eines Gesetzes sich im Eigentum der öff entlichen Per Telefon:  .   , Fax:  .  .    zur Neuregelung des Kulturgutschutz- Hand befi nden, wie z.B. Kunstsamm- Der Deutsche Kulturrat fordert, dass oder E-Mail: [email protected][email protected]. rechts: lung des Bundes, automatisch unter hinsichtlich der in §  Mitwirkungs- Dossier Verwertungsgesellschaften den Kulturgutschutz öffentlicher pfl ichten während des Eintragungsver-

, € November/ Der Deutsche Kulturrat begrüßt, Sammlungen fallen. fahrens beschriebenen Rechteeinräu- Dezember 6  dass in §  Internetportal zum Kultur- mung bzw. -übertragung klargestellt www.politikundkultur.net Zeitung des Deutschen Kulturrates Beilage Kultur bildet. In dieser Ausgabe: gutschutz geregelt werden soll, Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass wird, Luther  )%.%4% 42'!"%941 Markus Dröge Kulturgutschutz TTIP !2%&/1-!3)/.2*4"),B4-LKJF %$%434.'5/.+4,341%,,%. /12/1'%.&D11)2%.9%)3%. 1D#+3.B(%1A"%1$)% %$%434.' %33"%6%1"%.).$%1 Cornelia Füllkrug-Weitzel %1%#(3%1 %,3(!.$%,  %,#(% .3641&%).%2JL4.+3% Reiner Hoffmann $%2%&/1-!3/12!13).43(%1 !#(64#(2&C1$%14.' • dass der Bund ein zentrales Internet- in §  Eintragung in ein Verzeichnis na- • dass entstehende Kosten für den Ei- 426)1+4.'%.(!"%.4.$ 1/'1!--2&D1%).%..!#( )-LJ!(1(4.$%13 Seiten  bis  Aiman A. Mazyek  !4&.36)#+,4.'24.$ (!,3)'%.4,341'432#(439 Seite  Johanna Wanka #(6%,,%.,B.$%1 Seite  Seiten ,  und  portal zum Kulturgutschutz errichtet tional wertvollen Kulturgutes deutlich gentümer aus Ziff er  von der öff ent- und viele andere Wendepunkt und unterhält. Ein solches Portal wird gemacht wird, lichen Hand erstattet werden.  KE 3 13%3% (1)2 30 POSITIONEN www.politikundkultur.net

Zum Referentenentwurf eines VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes Stellungnahme des Deutschen Kulturrates

Berlin, den ... Der Deutsche Verwertungsgesellschaften als „Selbst- Verwertungsgesellschaftengesetzes richtig, dass die Verwertungsgesell- stimmberechtigt an Entscheidungen Kulturrat, der Spitzenverband der Bun- hilfeorganisationen“ der Urheber und veranschlagten Kosten sehr niedrig schaften selbst die Bedingungen der der Gesellschafterversammlung mit- deskulturverbände, positioniert sich Rechteinhaber besonders deutlich zum angesetzt sind. Die vom europäischen Einräumung von Rechten zur nicht- wirken können. Stattdessen könnte hiermit zum Referentenentwurf des Ausdruck. und dem deutschen Gesetzgeber ge- kommerziellen Nutzung festlegen kön- die Schaff ung eines eigenen Gremiums Bundesministeriums der Justiz und für Der Deutsche Kulturrat sieht fer- forderten Änderungen in den Statuten, nen. Der Deutsche Kulturrat geht davon der Delegiertenversammlung erwogen Verbraucherschutz eines „Gesetzes zur ner das Erfordernis, dass nicht nur in der Arbeitsweise und der Transparenz aus, dass die Norm nicht auf gesetzliche werden. Umsetzung der Richtlinie //EU §  Abs.  VGG-E auf die Förderung der Verwertungsgesellschaften erfor- Vergütungsansprüche Anwendung fi n- über die kollektive Wahrnehmung von kulturell bedeutender Werke und Leis- dern umfängliche Maßnahmen und det. Dieses sollte aus der Begründung §  Aufsichtsgremien Urheber- und verwandten Schutzrech- tungen abgestellt wird, sondern dass Entscheidungsprozesse, die nach den hervorgehen. Diese Regelung stellt eine erhebli- ten und die Vergabe von Mehrgebietsli- diese Förderung nach wie vor über den Vorausschätzungen der Verwertungsge- che Gefährdung des ehrenamtlichen zenzen für Rechte an Musikwerken für Verteilungsplan möglich sein muss, so sellschaften den veranschlagten Betrag §  Voraussetzungen für die Engagements innerhalb der Verwer- die Online-Nutzung im Binnenmarkt dass den Verwertungsgesellschaften deutlich übersteigen werden. Die ent- Mitgliedschaft tungsgesellschaften dar. Mitglieder ei- sowie zur Änderung des Verfahrens mindestens zwei gesetzlich festgelegte stehenden Kosten werden zu Lasten der Auch die Regelungen zur Mitgliedschaft ner Verwertungsgesellschaft (Urheber, betreff end die Geräte- und Speicher- Instrumente zur Förderung kulturell Ausschüttungen an die Urheber, Leis- und zu den Rechten der Mitgliederver- Verlage etc.) sind erfahrungsgemäß medienvergütung“ (VG-Richtlinien- bedeutender Werke und Leistungen an tungsschutzberechtigten und anderen sammlung in den §§  ff . VGG-E sollten nicht bereit, ihren versammelten Kol- Umsetzungsgesetz). Der Deutsche Kul- die Hand gegeben werden. Rechteinhaber gehen. rechtsformneutral ausgestaltet werden legen (Wettbewerbern) Auskunft über turrat hat sich am .. – noch vor Weiter hält es der Deutsche Kulturrat, Im Folgenden meldet der Deutsche und mit deutschem GmbH-Recht ver- ihr Tantiemenaufkommen zu geben. der Verabschiedung der VG- Richtlinie wie schon in seiner Stellungnahme vom Kulturrat zu weiteren einzelnen Nor- einbar sein, das insbesondere keinen Die Regelung steht damit auch im – zu dem Richtlinienvorschlag geäußert .. formuliert, für erforderlich, men und Begründungen Änderungs- Aufnahmezwang kennt. Widerspruch zum Ziel der Richtlinie, und Verbesserungen eingefordert. In klarzustellen, dass die Verwertungsge- bzw. Klarstellungsbedarf an: die Teilhabe der Berechtigten an den seiner Stellungnahme vom .. sellschaften auch kulturpolitische Ini- §  Durchführung der Mitglieder- Belangen der Verwertungsgesellschaft „Kollektive Wahrnehmung von Urheber- tiativen sowie Initiativen zur Stärkung §§ , ,  Verwertungsgesellschaft, versammlung; Vertretung zu stärken. und verwandten Schutzrechten“ hat der des Urheberrechts unterstützen können. Abhängige Verwertungseinrichtung, Der Deutsche Kulturrat erkennt an, Bei den verlangten Auskünften Deutsche Kulturrat ferner auf den Fra- Unabhängige Verwertungseinrichtung dass mit §  Abs.  VGG-E eine grö- handelt es sich nicht nur für jedes genkatalog des Bundesministeriums . Erlaubnispfl icht Die vorgeschlagene Defi nition einer ßere Beteiligung der Mitglieder an Ent- einzelne Mitglied um höchst sensib- der Justiz und für Verbraucherschutz In seiner Stellungnahme vom .. Verwertungsgesellschaft lehnt sich eng scheidungsprozessen der Mitglieder- le personenbezogene Daten, sondern zur Umsetzung der zwischenzeitlich hat sich der Deutsche Kulturrat für die an das bisherige Recht und die Vorga- versammlung intendiert ist. Er ist der speziell bei Verlagsmitgliedern auch verabschiedeten VG-Richtlinie geant- Beibehaltung der in Deutschland be- ben der EU-Richtlinie an und ist nicht Meinung, dass mit einem Live-Stream um unmittelbar wettbewerbsrelevan- wortet. Die vorliegende Stellungnahme währten Erlaubnispfl icht für Verwer- zu beanstanden. Der Deutsche Kultur- der Mitgliederversammlung dieser Be- te Informationen. Hier sollte deshalb baut auf den bereits verabschiedeten tungsgesellschaften ausgesprochen. Im rat begrüßt darüber hinaus, dass auch teiligung hinreichend Rechnung getra- geprüft werden, inwieweit es mit der Stellungnahmen des Deutschen Kul- VG-Richtlinie-Umsetzungsgesetz wird unabhängige Verwertungseinrichtun- gen werden könnte. Eine elektronische VG-Richtlinie vereinbar ist, Auskünfte turrates auf. diese Erlaubnispfl icht für deutsche Ver- gen erfasst werden. Als problematisch „Live“-Beteiligung von Mitgliedern lediglich in bestimmten Größenord- Dem Deutschen Kulturrat gehören wertungsgesellschaften vorgeschrieben. erachtet der Deutsche Kulturrat aller- dürfte dagegen zu unabsehbaren or- nungen zu erteilen. Verbände und Institutionen aller künst- Für Verwertungsgesellschaften aus dem dings, dass diese gewinnorientierten ganisatorischen Schwierigkeiten und lerischen Sparten, der Künstler, der Kul- EU-Ausland ist hingegen keine Erlaub- Organisationen, die mit Verwertungs- enormen zusätzlichen Kosten führen. §  Anlage der Einnahmen turwirtschaft, der Kultureinrichtungen nispfl icht vorgesehen, vielmehr gilt das gesellschaften in einem unmittelbaren Art.  () und Erwgr  der Wahrneh- aus den Rechten und der Kulturvereine an. Er repräsen- Sitzlandprinzip. Dem Deutschen Patent- Wettbewerb stehen können, deutlich mungsrichtlinie enthalten gerade keine Ob Verwertungsgesellschaften über- tiert damit ein breites Spektrum an In- und Markenamt wird die Aufgabe zu- weniger Vorgaben unterliegen als Ver- zwingende Verpfl ichtung der Verwer- haupt verpfl ichtet sind, Einnahmen teressen aus dem kulturellen Leben in gedacht, dass es überprüft, ob Verwer- wertungsgesellschaften. Wichtig ist in tungsgesellschaften, ihren Mitgliedern mündelsicher anzulegen, ist derzeit Deutschland. Er vertritt Urheber und tungsgesellschaften aus dem EU-Aus- diesem Zusammenhang zunächst, dass die Ausübung aller Mitgliedschafts- stark umstritten. Sofern an der Be- andere Rechteinhaber sowie Nutzer land, die in Deutschland tätig werden, der Hinweis in der Begründung zu §  rechte im Wege der elektronischen stimmung des §  VGG-E festgehalten künstlerischer Werke. möglicherweise gegen das im Sitzland VGG-E, wonach diese Verwertungsein- Kommunikation zu ermöglichen. Die wird, hält der Deutsche Kulturrat den Aus Sicht des Deutschen Kulturrates geltende Recht verstoßen. Diese Re- richtungen keine erhebliche Rolle für als Vorlage dienende Regelung in §  Verweis in Satz  auf die in §  Abs. handelt es sich beim vorliegenden Re- gelung erscheint wenig praxistauglich. den deutschen Markt spielen, nicht den () Satz  AktG ist aus gutem Grund nur  Nr.  BGB genannten Kreditinstitute ferentenentwurf insgesamt um einen Der Deutsche Kulturrat fordert daher, Tatsachen entspricht (vgl. nur Bereiche eine „Kann-Vorschrift“ und sieht vor, aber für zu eng. Vor dem Hintergrund systematisch ausgewogenen Entwurf, dass auch Verwertungsgesellschaften wie Hintergrundmusik, Werbung oder dass die elektronische Kommunikati- der Überprüfbarkeit durch den Wirt- der die verbindlichen Vorgaben der VG- aus dem EU-Ausland zumindest für Games). Daher wird es für die Funkti- on auf einzelne Rechte eingeschränkt schaftsprüfer gem. §  Abs.  VGG-E Richtlinie umsetzt und vielfach Hand- den von der Richtlinie nicht erfassten onsfähigkeit und Relevanz der euro- werden kann. Die elektronische Aus- sollte eine Lösung gefunden werden, lungsspielräume sinnvoll ausschöpft. Bereich, etwa die Wahrnehmung von päischen Verwertungsgesellschaften übung des Stimmrechts und sonstiger die einen angemessenen Ausgleich Das gilt bereits für die Bezeichnung der verwertungsgesellschaftspfl ichtigen essentiell sein, dass die kommerziellen Teilnahmerechte ist mit zahlreichen zwischen Anlagensicherheit und Fle- Verwertungsgesellschaften, die erfreu- Rechten eine Erlaubnis des Deutschen Verwertungseinrichtungen zumindest technischen und rechtlichen Schwierig- xibilität schaff t. licherweise ihren eingeführten Namen – Patent- und Markenamtes benötigen. insofern, als sie wie Verwertungsgesell- keiten und einem hohen Missbrauchs- „Verwertungsgesellschaften“ - behalten Der Deutsche Kulturrat stützt sich bei schaften agieren, ebenso wie diese re- und Manipulationsrisiko verbunden, §  Verteilungsplan können und nicht als „Organisationen dieser Forderung auf Erwägungsgrund guliert werden. Das BMJV wird deshalb die sich bei politischen Parteien und Hier wäre aus Sicht des Deutschen Kul- für die kollektive Rechtewahrnehmung“  der EU-Richtlinie, der weitergehende dringend gebeten zu prüfen, inwieweit Aktiengesellschaften in der Vergangen- turrates eine Klarstellung erforderlich, tituliert werden müssen. An einigen Spielräume eröff net. noch weitere Vorgaben des VGG auf un- heit immer wieder als unüberwindbar dass weiterhin mit Hilfe des Vertei- Stellen besteht allerdings noch deut- Sollte das BMJV eine Erlaubnis- abhängige Verwertungseinrichtungen herausgestellt hat. Unserer Kenntnis lungsplans kulturell bedeutsame Wer- licher Klarstellungs- bzw. Ergänzungs- pflicht für Verwertungsgesellschaf- Anwendung fi nden können. nach gibt es aktuell keine einzige grö- ke und Leistungen besonders berück- bedarf. ten aus dem EU-Ausland für europa- ßere Aktiengesellschaft, die von der sichtigt werden können. Zum anderen Bevor nachfolgend auf einzelne Nor- rechtlich bedenklich halten, so sollte §  Rechtsinhaber Möglichkeit des §  () Satz  AktG sollte klargestellt werden, dass Verwer- men und deren Begründung eingegan- zumindest klargestellt werden, dass Der Deutsche Kulturrat geht davon Gebrauch macht und ihren Aktionären tungsgesellschaften, die Urheber und gen wird, sollen zunächst vier aus kul- die Vermutungsregeln im VGG-E für aus, dass §  Abs.  VGG-E auch Ver- die elektronische Ausübung sämtlicher Verlage vertreten, die Verteilung nach turpolitischer Sicht besonders wichtige Verwertungsgesellschaften mit Sitz in lage erfasst und diese aufgrund des Mitbestimmungsrechte ermöglicht. einheitlichen Quoten – und unabhängig Aspekte hervorgehoben werden: Deutschland gelten. Verlagsvertrages in angemessener Sinnvoll wäre dagegen, wenn die Ver- von der Frage, wer die Rechte bei der Weise an den Einnahmen der Ver- wertungsgesellschaften Einzelheiten Verwertungsgesellschaft eingebracht . Soziale und kulturelle Zwecke . Sicherheitsleistung wertungsgesellschaften aufgrund von dazu in ihren Statuten selbst festlegen. hat – vornehmen können. Das bestehende Urheberrechtswahr- Die gerichtliche Durchsetzung der Ge- Nutzungsrechten oder gesetzlichen Mit Blick auf §  Abs.  VGG-E sollte nehmungsgesetz sieht vor, dass kultu- räte- und Speichermedienvergütung Vergütungsansprüchen partizipieren der Gesetzgeber es den Verwertungs- §  Verteilungsfrist rell bedeutende Werke und Leistungen dauert häufig viele Jahre. Während können. Vor dem Hintergrund von gesellschaften überlassen, Beschrän- Der Deutsche Kulturrat hatte bereits in zu fördern sind und Verwertungsgesell- dieser Zeit zahlen die Hersteller und bereits mehrjährigen gerichtlichen kungen der Vertretungsbefugnis in seiner Stellungnahme vom .. schaften „Vorsorge- und Unterstüt- Importeure keinerlei Vergütungen, ob- Auseinandersetzungen und der damit ihren Satzungen vorzusehen. Das gilt darauf hingewiesen, dass der Zeitrah- zungseinrichtungen“ einrichten sollen. wohl ihre Geräte- und Speichermedien verbundenen Rechtsunsicherheit für insbesondere für die Möglichkeit der men von neun Monaten, innerhalb de- Diese „Soll-Vorschrift“ im geltenden für gesetzlich erlaubte Vervielfältigun- Verwertungsgesellschaften hält es der Beschränkung der Zahl der Vollmach- rer die Verteilung erfolgen muss, sehr Recht wird durch die vorgeschlagene gen genutzt werden können. Es kommt Kulturrat aber für unerlässlich, diese ten sowie für die Vorgabe, dass sich nur knapp bemessen ist. In jedem Fall sollte Regelung in §  VGG-E, die als bloße hinzu, dass die Gefahr besteht, dass zentrale Frage in dem Gesetzentwurf Mitglieder derselben Berufsgruppe ge- aus Sicht des Deutschen Kulturrates „Kann-Vorschrift“ ausgestaltet ist, deut- Vergütungsschuldner am Ende eines unmissverständlich zu regeln. genseitig vertreten können. Ansonsten klargestellt werden, dass wie bisher län- lich herabgestuft. erfolgreich geführten Prozesses zah- werden in den Verwertungsgesellschaf- gere Meldezeiträume der Rechtsinhaber Der Deutsche Kulturrat fordert, die lungsunfähig sind. Bereits seit vielen §  Zustimmung zur ten, in denen bisher ein ausgewogenes bei Verwertungsgesellschaften möglich bisherige – weitgehend verbindliche Jahren wird deshalb vom Deutschen Rechtswahrnehmung Verhältnis zwischen den einzelnen Mit- sind. Ferner darf das Gebot einer zeit- – Vorgabe für Verwertungsgesellschaf- Kulturrat gefordert, eine Hinterle- Aus Sicht des Deutschen Kulturrates gliedergruppen herrscht, deutliche Un- nahen Ausschüttung nicht dazu führen, ten beizubehalten. Verwertungsgesell- gungspflicht für gesetzliche Vergü- sollte in der Begründung klargestellt gleichgewichte entstehen. dass die Kosten für Ausschüttungen schaften in Deutschland sind mehr als tungsansprüche einzuführen. Im Koa- werden, dass bei gesetzlichen Fiktionen, Weiterhin sollten die Verwertungs- unverhältnismäßig ansteigen und im Inkassoeinrichtungen zur Einziehung litionsvertrag von CDU, CSU und SPD wie bei der Kabelweitersendung nach gesellschaften, wie in der VG-Richtlinie schlimmsten Fall die Einnahmen voll- von Vergütungsansprüchen aus der wurde eine entsprechende Regelung §  VGG-E, eine Zustimmung nicht vorgesehen, nach wie vor die Möglich- ständig nivellieren. Nutzung urheberrechtlich geschützter zugesichert. Der Deutsche Kulturrat erforderlich ist. keit haben, die Stimmrechte nach Aus- Werke. Verwertungsgesellschaften ha- ist deshalb sehr erfreut, dass mit der schüttung und Dauer der Zugehörigkeit §  Hinterlegung; Zahlung unter ben traditionell auch einen kulturpoli- in §  VGG-E neu eingeführten „Si- §  Nutzungen für nicht zu gewichten. Vorbehalt tischen Auftrag. Die Vorsorge- und Un- cherheitsleistung“ dem vorgetragenen kommerzielle Zwecke Der Gesetzentwurf sieht davon ab, eine terstützungseinrichtungen der Verwer- Anliegen Rechnung getragen wird. Der Deutsche Kulturrat erachtet es als §  Mitwirkung der Berechtigten, Hinterlegungspfl icht für gesetzliche tungsgesellschaften besitzen darüber positiv, dass von einer gesetzlichen die nicht Mitglieder sind Vergütungsansprüche zu schaff en. Für hinaus eine wichtige staatsentlastende . Kosten Defi nition der nicht-kommerziellen Der Deutsche Kulturrat bittet zu prü- den Bereich der Geräte- und Speicher- Funktion. Gerade durch die kulturellen Der Deutsche Kulturrat gibt zu beden- Nutzung abgesehen wurde. Er hatte fen, inwieweit Delegiertenvertreter medienvergütung bietet §  VGG-E und sozialen Aufgaben kommt der Cha- ken, dass die bei den Verwertungsge- dieses in seiner Stellungnahme vom bei einer als GmbH verfassten Verwer- eine sinnvolle Lösung an. Off en bleibt, rakter und das Selbstverständnis von sellschaften mit der Umsetzung des .. auch so formuliert. Es ist tungsgesellschaft rechtlich zulässig Fortsetzung auf Seite  Politik & Kultur | Nr. /  | November — Dezember  POSITIONEN 31

Fortsetzung von Seite  wie bei sonstigen gesetzlichen Vergü- Der Deutsche Kulturrat ist der Auf- ben. Möglich wäre, dass, analog zu der §  Empirische Untersuchung zu schaften in verschiedenen Bereichen tungsansprüchen zu verfahren ist. Der fassung, dass die gesetzlichen Vermu- zu veröff entlichenden Liste von Gegen- Geräten und Speichermedien auf elektronische Kommunikation Kulturrat bittet, dies im weiteren Ge- tungs- und Fiktionsregelungen nach seitigkeitsverträgen, auch eine Liste der Der Deutsche Kulturrat ist sehr erfreut, verlagert. Dieses ist zu begrüßen und setzgebungsverfahren zu prüfen. §§  ff . VGG-E nur auf Verwertungs- Gesamtverträge veröff entlicht würde. dass seine Monita an den geltenden entspricht dem gegenwärtigen Stand gesellschaften mit Sitz in Deutschland Eine Off enlegung der Verträge ist auch Vorschriften im vorliegenden Referen- der Technik. Der Deutsche Kulturrat §  Tarife Anwendung fi nden dürfen. Zugleich zur Wahrung von Geschäftsgeheimnis- tenentwurf aufgenommen und einer regt an, zusätzlich in §  UrhG zu Diese Regelung muss aus Sicht des muss auch sichergestellt werden, dass sen nicht geboten. Die geschlossenen Lösung zugeführt wurden. regeln, dass auf das Schriftformer- Deutschen Kulturrates mit Blick auf die Vermutungs- und Fiktionsregelung Gesamtverträge müssen darüber hinaus fordernis bei Verträgen über künftige den intendierten Wettbewerb auch auf zugunsten der deutschen Verwertungs- ohnehin dem DPMA vorgelegt werden. §  Übergangsvorschrift Werke ausschließlich im Hinblick auf Verwertungsgesellschaften aus dem EU- gesellschaften nicht durch das Auftre- Der Deutsche Kulturrat ist der Auff as- Wahrnehmungsverträge von Verwer- Ausland und auf unabhängige Verwer- ten einer Verwertungsgesellschaft aus §  Befugnisse der Aufsichtsbehörde sung, dass die gewählten Fristen zur tungsgesellschaften verzichtet werden tungseinrichtungen angewandt werden. dem EU-Ausland entfällt. Der Deutsche Kulturrat sieht das Erfor- Umsetzung des Gesetzes in den Ver- kann. Dieses würde einen Beitrag zum dernis, dass die Befugnisse in §  auch wertungsgesellschaften sehr knapp Abbau von Bürokratie leisten. §  Auskunftspfl icht der Nutzer §  Informationen für die gegenüber Verwertungsgesellschaften bemessen sind. Die Umsetzung wird Der Deutsche Kulturrat teilt die Ein- Allgemeinheit aus dem EU-Ausland sowie unabhän- mit erheblichen Kosten verbunden sein. § a Gesetzliche schätzung, dass Endverbrauchern keine Der Deutsche Kulturrat sieht die gesell- gige Verwertungseinrichtungen An- Gerade mit Blick auf die entstehenden Vergütungsansprüche Auskunftspfl ichten auferlegt werden schaftlichen und politischen Anforde- wendung fi nden müssen, sofern eine Kosten, die zu Lasten der Rechtsinhaber Hier sollte die Gelegenheit zur Klar- sollten. Er hält eine Begrenzung der rungen nach mehr Transparenz bei Erlaubnispfl icht besteht. gehen, wäre die Verlängerung der Frist stellung ergriff en und formuliert wer- Auskunftspfl ichten auf kommerzielle Verwertungsgesellschaften. Einige Ver- auf zwölf Monate angemessen. den, dass Verleger an gesetzlichen Ver- Nutzer, wie es in der Begründung an- wertungsgesellschaften haben hierzu in §  Zuständigkeit für Streitfälle nach Im Zuge des laufenden Gesetzge- gütungsansprüchen partizipieren kön- klingt, aber jedenfalls für unzureichend. den letzten Jahren bereits deutliche An- dem Urheberrechtsgesetz und für Ge- bungsverfahrens regt der Deutsche Kul- nen. Die Frage, wer Nutzer ist, richtet sich strengungen unternommen und Verbes- samtverträge turrat die nachfolgenden Änderungen Darüber hinaus sieht der Deutsche auch weiterhin nach den Regeln des serungen erreicht. Es besteht deshalb Bereits in seiner Stellungnahme vom im Urheberrechtsgesetz an: Kulturrat Handlungsbedarf zur Identi- materiellen Urheberrechts. Dies sollte aus Sicht des Kulturrats kein Anlass, .. hat der Deutsche Kulturrat tätsfeststellung von Berechtigten, um klargestellt werden. über die Vorgaben der VG-Richtlinie hi- formuliert, dass er die Schiedsstelle als §  Verträge über künftige zu verhindern, dass Wahrnehmungs- nauszugehen und eine Veröff entlichung geeignete Stelle ansieht. Er hat zugleich Werke verträge für „fi ktive“ Rechteinhaber §§ , ,  Vermutung bei gesetzlichen von vollständigen Gesamtverträgen, die gefordert, dass deren Ressourcen deut- Mit dem Verwertungsgesellschaftenge- geschlossen werden. Hierbei sollte sich Vergütungsansprüchen/Außenseiter bei Geschäftsgeheimnisse enthalten kön- lich erhöht werden. Letzteres gilt auch setz wird die Kommunikation zwischen der Gesetzgeber an den Vorschriften Kabelweitersendung/Vergriff ene Werke nen, auf der Internetseite vorzuschrei- für nachfolgende gerichtliche Instanzen. Rechtsinhaber und Verwertungsgesell- von §  Absatz  TKG orientieren.

Nothilfe jetzt, Integration als langfristige Aufgabe Deutscher Kulturrat zur aktuellen Flüchtlingssituation und der kulturpolitischen Verantwortung für die kulturelle Vielfalt

Berlin, den ... Die weltweiten Sowohl die Stellungnahme „Lernorte ordnungsgemäßen Prüfung führen, das Ankommen in Deutschland zu Ursachen für Flucht sind Bürgerkriege Krisen, Bürgerkriege und wirtschaft- interkultureller Bildung im vorschuli- da das verfassungsrechtlich zugesi- erleichtern. wie aktuell in Syrien, politische Insta- liche Ungleichheit führen dazu, dass schen und schulischen Kontext“ vom cherte Asylrecht ein hohes Gut ist, • einen sensiblen Umgang mit Sprache bilität vieler Länder, die Verfolgung An- mehr und mehr Menschen ihre Heimat .. als auch die Stellungnahme • fremdenfeindlichen und rassistischen und Bildern, wenn von gefl üchteten dersdenkender sowie ein ungerechter verlassen, fl üchten oder auch vertrieben „Lernorte interkultureller Bildung“ vom Äußerungen und Angriff en muss ent- Menschen die Rede ist. Hier sind Welthandel. Bilaterale Freihandelsab- werden. Weltweit befi nden sich nach .. haben an Bedeutung nicht schieden entgegen getreten werden. insbesondere die Medien, Zeitungen kommen zwischen entwickelten Indus- Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfs- verloren. Der Deutsche Kulturrat fordert: und audiovisuelle Medien gefordert. trienationen bergen die Gefahr, dass der werks (UNHCR) derzeit rund  Millio- Mit Blick auf die aktuelle Ankunft • verstärkt in Flüchtlingsunterkünften Der öff entlich-rechtliche Rundfunk Marktzugang für Schwellen- und Ent- nen Menschen auf der Flucht. sehr vieler Menschen, die in Deutsch- mit Mitteln von Kunst und Kultur zu könnte hier beispielhaft wirken, wicklungsländer noch mehr erschwert Deutschland war noch bis zur Mit- land Zufl ucht suchen, stellt der Deut- arbeiten, • die Verankerung von Deutsch als wird. In diesem Sinne kann sich das ge- te des letzten Jahrhunderts ein Aus- sche Kulturrat fest: – denn künstlerische Ausdrucksfor- gemeinsamer Sprache im Grundge- plante Freihandelsabkommen zwischen wanderungsland. Wirtschaftliche Not, • das große bürgerschaftliche Enga- men bieten die Möglichkeit trau- setz. Die deutsche Sprache ist ein der EU und den USA TTIP besonders politische oder religiöse Verfolgung gement beim Empfang, der Unter- matische Erlebnisse zu verarbeiten, wesentliches kulturelles Bindeglied negativ auswirken. haben dazu geführt, dass Menschen bringung und den Hilfeleistungen – denn die aktive Beschäftigung mit in Deutschland und sollte daher eine Über die aktuelle Situation der aus Deutschland ausgewandert sind. für Gefl üchtete beweist die Stärke Kunst und Kultur vertreibt die Lan- besondere Beachtung erfahren. Aufnahme und Unterbringung von Die Verfolgung von Juden, Sinti und der Zivilgesellschaft und zeigt, dass geweile und das Warten in Flücht- Der Deutsche Kulturrat fordert Bund, Flüchtlingen sowie der Durchführung Roma, von Andersdenkenden und von insbesondere die organisierte Zivil- lingsunterkünften, Länder und Kommunen auf, die Bil- von deren Asylverfahren hinaus ist Künstlern und Kulturschaff enden durch gesellschaft einen unverzichtbaren – denn künstlerische oftmals auch dungs- und Kultureinrichtungen in die Integration der nach Deutschland die Nationalsozialisten stehen für ein Beitrag für das Gemeinwesen leistet, nonverbale Mittel können zur Ver- die Lage zu versetzen, die Chancen und kommenden Menschen eine langfris- besonders düsteres Kapitel der deut- • das Engagement vieler Bildungs- und ständigung beitragen Herausforderungen im Zusammenle- tige Aufgabe. schen Geschichte. Das Asylrecht (Poli- Kultureinrichtungen belegt, wie sehr • bereits bestehende Aktivitäten aus- ben von Menschen unterschiedlicher Sehr viele Menschen, die derzeit als tisch Verfolgte genießen Asyl. Art. a sich auch der Kulturbereich gefordert zubauen und Künstler sowie Kultur- Herkunftskulturen mitzugestalten bzw. Flüchtlinge nach Deutschland kommen, () GG) der Bundesrepublik Deutschland sieht, seinen Beitrag zur Teilhabe und und Bildungseinrichtungen gezielt bewältigen zu können. Hierzu gehört werden dauerhaft in Deutschland blei- steht in direktem Zusammenhang mit Integration von Flüchtlingen zu leis- zu ermutigen, sich in ihren Instituti- auch die Bereitstellung zusätzlicher ben. Sie werden unsere Kultur und un- der Verfolgung im Nationalsozialismus. ten, onen und in Flüchtlingsunterkünften Mittel für qualifi ziertes Personal und ser Zusammenleben bereichern und Unmittelbar nach dem Ende des • die vergleichsweise hohe Zahl an zu engagieren, Sachmittel. verändern. Diesen Veränderungsprozess . Weltkriegs hat die Bundesrepublik Asylanträgen und die hohe Belas- • die eigenen Mitglieder auf, geeigne- Neben der aktuellen Hilfe für jetzt gilt es aktiv zu gestalten. Der Kulturbe- Deutschland in großem Umfang Ver- tung der damit betrauten Behörden te Angebote für Zufl ucht suchende Flüchtende dürfen die Fluchtursachen reich ist hier besonders gefordert und triebene und Flüchtende aufgenommen. dürfen nicht zu einer Absenkung der Menschen zu entwickeln, um ihnen nicht aus den Augen verloren werden. stellt sich dieser Herausforderung. Auch in den nachfolgenden Jahrzehnten fl üchteten in jeweils unterschiedlicher Stärke Menschen in die Bundesrepub- lik Deutschland bzw. reisten in diese Vorwort und Einleitung – S abine Kunst: Mut und Gewissensbindung. Was ein. Zu nennen sind etwa Menschen, – Olaf Zimmermann: Vorwort / S. 13 Luthers Fähigkeit, sich trotz aller Gefahr für seine Überzeu- – Gabriele Schulz: Zu diesem Buch / S. 15 gungen einzusetzen, uns heute noch sagen kann / S. 76 die die DDR verließen, Spätaussiedler Neu aufgelegt! Der lange Weg zum Reformationsjubiläum – Hartmut Lehmann: Luther in der Welt heute aus Russland, Rumänien oder auch – Stefan Rhein: Vom Thesenanschlag zur sehen. Das Reformationsjubiläum  als einzig- Lutherdekade. Das Reformationsjubiläum  artige Chance / S. 78 Polen, die sogenannten Boat People  als Einladung zum Diskurs / S. 21 – Volker Leppin: Luther  – eine ökumenische der er Jahre aus Vietnam, russi- Im Jahr  jährt sich zum sten Mal der Thesenanschlag – Stephan Disputationen: Dorgerloh: Von freien Christen und Chance / S. 81 mündigen Bürgern. Luthers Reformation / S. 24 – Athina Lexutt: Das Lob der Anfechtung / S. 83 sche Juden in den er Jahren und Martin Luthers an die Schlosskirche in Wittenberg. Anlass – Gabriele Schulz im Gespräch mit Udo Dahmen: – : Politisches Handeln andere mehr. Rückblickend zeigt sich, genug, sich mit dem Reformator, seinen Weggefährten und Reformation und Musik als Chance / S. 27 braucht Gewissen / S. 86 – Dieter Reflexionen Georg Herbst: Am Anfang war das Wort – – Christoph Markschies: Womöglich mit dass trotz nach wie vor im Einzelnen Gegnern sowie den Wirkungen der Reformation auf Politik, und was kommt danach? / S. 29 wuchtigen Hammerschlägen / S. 88 bestehender Defi zite im Großen und – Arne Lietz: Pluralismus als gemeinsame Signatur. – Reinhard Kardinal Marx: Einssein mit Christus. Gesellschaft und vor allem Kultur auseinanderzusetzen. Europäische Perspektiven in der Luther dekade Inwieweit sind die Konfessionen bereits »eins«? / S. 90 Ganzen die Zuwanderung gelungen und zum . Reformationsjubi Reformations- läum im Jahr  – : Die Reformation war eine ist und Deutschland faktisch ein Ein- stärken / S. 31 Bildungs-Bewegung. Philipp Melanchthon – In dieser zweiten, überarbeiteten und erweiterten Ausgabe Reformationsjubiläum – Weggefährte Luthers und »praeceptor Germaniae« / S. 92 wanderungsland ist. Dies erfordert die des Bandes mit Beiträgen zum Reformationsjubiläum nähern auch gegen den Strich gebürstet – Regine Möbius: Mein Luther – ihr Luther? / S. 94 Bereitschaft zum Leben in kultureller – Petra jubiläum Bahr: Lob des Geheimnisses – Luther lesen! – Johann Michael Möller: Die Präsenz der sich wiederum die Autorinnen und Autoren auf jeweils ganz Vom »falsch Zeugnisreden«: Medienrevolutionen Reformation / S. 97 Vielfalt und den toleranten Umgang und ihre Folgen / S. 35 – Michael Müller: Martin Luther und Berlin / S. 99 miteinander. individuelle Weise der Reformation. Sie setzen sich mit dem – Heinrich Bedford-Strohm: Der Herzschlag – Bernd Neumann: Das Reformationsjubiläum  als von Gemeinschaft / S. 37 Chance begreifen. Das kirchliche Kulturengagement Der Deutsche Kulturrat, der Spit- historischen Luther, mit den Wirkungen der Reformation – Wolfgang Böhmer: Luthers Wirkungsspur ist breit. rückt stärker ins öffentliche Bewusstsein / S. 102 zenverband der Kulturverbände, hat in Vergangenheit und Gegenwart und vor allem damit ausein- Von der Reformation zum Kulturprotestantismus / S. 39 – : Von Wittenberg in die Welt. – André Brie: Für einen Häretiker / S. 41 Die Lutherdekade in der Auswärtigen Kultur- und in einem mehrjährigen Dialogprozess ander, was  Jahre Reformation heute bedeuten. – Tom Buhrow: In weiter Ferne und doch nah? Bildungspolitik / S. 105 mit Migrantenverbänden zwei Stel- Reformationsjubiläum – das ist doch erst , für – Peter Reifenberg: … ein glühender Backofen einen aktiven Medienmenschen des . JJahr- voller Liebe / S. 107 lungnahmen zur interkulturellen Bil- ISBN: ----,  Seiten, € , hundertshunderts eigenteigentlichlich ein Datum in weiter Ferne. / S. 43S. 43 – Georg RuppeRuppelt:lt: TThronhron undund AlAltartar / S. 110S. 110 dung erarbeitet, in denen der konkrete – Stephan Stephan Dorgerloh:Dorgerloh: ZumZum Melanchthonjahr.Melanchthonjahr. – SteStephan phan Schaede:Schaede: LutherLuther gehörtgehört uns nichtnicht / S. 112S. 112 Die LutherdekadeLutherdekade eröffneteröffnet iihrhr näcnächsteshstes ThThemenjahremenjahr – OOlaf laf Zimmermann: LutherLuther gehörtgehört eucheuch wirklichwirklich Handlungsbedarf von Bund, Ländern, »Reformation und Bildung«Bildung« / S. 4S. 455 nicnicht!ht! Die EvangeEvangelischelische KircKirchehe sosolltellte iihrehre Tore weit,weit, Kommunen, Verbänden und Kulturein- – Markus Markus DröDröge:ge: EmpirischeEmpirische ErkenntnisseErkenntnisse sesehrhr weweitit ööffnenffnen / S. 115 www.kulturrat.de/shop.php theologischtheologig sch reflektierenreflektieren / SS. 49. 49 – Heinz ScSchilling:hilling:g LLutheruther historischhistorisch eeinordneninordnen / S. 117S. 117 richtungen zur kulturellen Bildung in – Torsten Torsten Ehrke:Ehrke: SchlussSchluss mit derder Luther-ApologieLuther-Apologie / S. S. 5151 – CaCarsten rsten »»Storch«Storch« ScSchmelzer:hmelzer: LLutheruther uundnd ddieie einer von kultureller Vielfalt gepräg- – Volker Volker Faigle:Faigle: DieDie ReformatorenReformatoren warenwaren nienie in Afrika.Afrika. HHölle.ölle. Oder: ÜÜberber die Abschaffung des FegefeuFegefeuersers / S. 121S. 121 StreiflichtStreiflicht zur zur Entwicklung Entwicklung der der lutherischen lutherischen KircKirchenhen – Andr AndrééScé ScSchmitz:hmitz: ReformationsjubiläumReformationsjubiläum als FestFest ten Gesellschaft zusammengeführt ist. nd Theo Geißler in AfrikaAfrikaun unddzu zugeg gegenwärtigenenwärtigen HerausforderungenHerausforderungen / S55 der StandhaftenStandhaften / S 123 u 32 DAS LETZTE www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss Wie ich einmal das Meinige zur Integration von Flüchtlingen in Bayern beitrug

THEO GEIẞLER »Wir schaffen das – schmarrt die nach einigen Halben und zuneh- ner Leithammel-Kultur im besten Sinn Euro mit. Die von Zwiesel bis Lindau Schnepfe« (und ich enthalte Ihnen die mender Fröhlichkeit Themenwechsel des Begriff es entwickelt hätte. Schlau ohnedies gültige »Herdprämie« kommt Eigentlich nicht verwunderlich, dass wirklich vielfältigen üblen Bezeichnun- stattfanden. Zum Beispiel dass man griff ich die Schutz- und sonstigen angesichts des zu erwartenden Kinder- mich beim gegenwärtigen Zustand un- gen schonend vor) – »Rausgschafft beim Vietnamesen, wo kürzlich der Sehnsüchte meiner Abhör-Ergebnisse segens als Sahnehäubchen obendrauf. seres Landes ein natürlich klandesti- ghörts, des Terroristengschwerl, die »Schmock-Bräu« pleite gegangen sei, auf. Zunächst pries ich die Idee unse- Und dank der materiellen Klugheit un- ner Kleinauftrag seitens einer niederen ruinieren unser ganzes Sozialsystem, sehr günstig und anständig essen rer Heimat- und Justizminister, dank seres Bayernvolkes dürfte ein Maximum Charge des bajuwarischen Heimatmi- unsere Volkswirtschaft. Und wie die könne. Oder beim Dönerstand am Zäunen und Schleusen strenge Zuwan- an spontaner, humaner Integrations- nisteriums erreichte. Bekanntlich stützt ausschaun – zum Fürchten. Und wenns Marktplatz, wirklich feines Fleisch, derungskontrollen samt hochdiff eren- bereitschaft im familiären Rahmen sich die Macht unseres schwarzen Impe- dunkel wird, siehst du die gar nicht mit sehr sättigend – und die Halbe Becks zierten Einlass-Kriterien zu installieren. aufblühen. Zur Vorbeugung jeglicher riums zu München auf die Hoheit über ihrer schwarzen Haut, bevor sie dich nur ein Euro. Daraufhin schwärmte Dies als Captatio benevolentiae. furchtbesetzter Überfremdung dürfen die Stammtische. Gewissermaßen als ausrauben. Geld genug zum Taxifah- einer von Billigfl ügen nach Pukhet, Ferner riet ich dringend zu einer ferner Pegida-Freaks und Personen Stimmungs-Barometer wurde ich gegen ren hams, die Wirtschaftsfl üchtlinge. all inclusive, Vier-Gänge-Menüs, wo kleinen Abänderung des Grundgeset- ähnlicher Gesinnung zu ähnlichen Naturalien (drei Weißbier, ein Bärwurz Aber dafür sorgen, dass mein Hartz IV man grade den Mädels noch einiges zes in ein Bayerisches. Nachdem – dies Bedingungen nach Gewissensprüfung pro Bericht) beauftragt, ein aktuelles demnächst bestimmt gerupft wird. Bald beibringen könne. Noch preiswerter hinter vorgehaltener Hand – die Po- einwandern, um den Neidfaktor von Meinungsbild dieser Zentren demokra- muss mei Kathi dann in der Burkha zum seis in der Tschechei – wussten ande- litik bislang in Sachen Eingliederung Beginn an zu stoppen. Die Antwort des tischer Willensbildung abzuliefern. Einkaufen. Gottseidank ham mir den re Stammes-Brüder. »Vielleicht krie- von Flüchtlingen nur lauen verbalen Innen- und Heimat-Ministeriums warte Selbst leider keinem dieser erlesenen Seehofer Horst, den Herrmann Joachim gen wir hier mit dem vielen syrischen Wind produziert hat, liegen konkrete ich Feigling lieber in Berlin ab. Zirkel angehörend startete ich unauff äl- und den Söder Markus. Die werden die Frischfl eisch, was bei uns reindrückt, Maßnahmen nah: Wo findet Inklu- lig als japanischer Tourist mit Kamera Mauer wieder aufbauen, aber diesmal bald auch solche günstigen Zustände« – sion am innigsten, am intensivsten und Lederhose verkleidet meine Ex- als Schutzwall rund um Bayern. Und röhrte der allstammtisch-gegenwärtige statt? Natürlich in der Großfamilie. In ploration in die überraschend wenigen am schlimmsten sind diese protestan- Obergschaftel unter dem dröhnenden Anlehnung an gewisses muslimisch- original bayerischen Wirtshäuser umlie- tischen Gutmenschen, die als depperte Gelächter seiner Kumpel – »man muss islamisches Brauchtum wird die Viel- gender Städte und Dörfer. Nachdem ich freiwillige Helfer planlos mit Wasser- halt an der Grenze gut aussuchen…« Ehe gestattet. Willkommens-Kultur ist mich englisch radebrechend durch die fl aschen rumrennen, ihre Arbeitgeber Bin weder Hagestolz weder prüde – schließlich keine Einbahnstraße. Auch Bestellung lauwarmen Reisweines (meist schädigen, weil sie dauernd müde sind aber diese off ensichtlich verbreitete wir sind aufgerufen, wie beispielsweise wurde dann Cola geliefert) hinlänglich oder gar Urlaub nehmen. Auch noch Super-Macho-Haltung meiner Landes- in Kunst und Kultur längst üblich und unauff ällig gemacht hatte, war ich in faules Studentenpack auf Kosten unse- und Geschlechtsgenossen fand ich so erfolgreich, nur auf den ersten Blick Stammtisch-Nähe rasch unbeachtet ge- rer Steuergelder. Dann meinen sie noch, eklig, dass ich speziell für das bayeri- Fremdes, Ungewohntes kennenzuler- duldet. Was ich zu hören bekam, schock- sie san die Besseren – zum Speibn…« sche Heimatministerium einen leicht nen und zu akkommodieren. te selbst mich, den apolitisch korrupten, So, kurz zusammengefasst, das »ge- subversiven Problemlösungs-Katalog Statt Schafen und Ziegen bringen haltungslosen Agnostiker und Kompro- sunde Stammtisch-Volksempfi nden« ablieferte. Dabei ging ich von der Be- die »Heiratswilligen« das von der Bun- miss-Fetischisten zutiefst. Hasstiraden vor allem zu Beginn der Dimpfel- hauptung aus, dass sich politisch die desregierung bereits zugesagte Kopf- Theo Geißler ist Herausgeber von auf die Kanzlerin und Gabriel. Treffen. Auch spannend aber, dass bajuwarisch-ökonomische Leit- zu ei- geld von monatlich ca. siebenhundert Politik & Kultur

MÖHRENSALAT  DIE P&KNACHRICHTEN

München: Die Staatskanzlei richtet ei- Lösung, die Google anbietet. Dem Kind nen weiteren Sonderstab für die Flücht- wird bei Geburt ein kleiner Chip in die lingskrise ein. Leiter wird der bisherige Fontanelle gepfl anzt, der Gesundheits- Pressesprecher Rainer Riedl. Er soll da- daten sendet und mit dem man die Ge- für sorgen, dass Bayerns Flüchtlingspo- danken des Sprösslings steuern kann. litik, vor allem die geplanten Transit- Zonen und sonstigen Einwanderungs- Hamburg, Berlin: Die BILD-Zeitung will Beschränkungen weltweit in einem gu- die Alphabetisierungsquote unter Pegi- ten Licht dastehen. Auch soll verhindert da-Demonstranten mit der Herausgabe werden, dass die mangelnde Eff ektivität eines Liederheftes steigern. Als Auto- der bereits im vergangenen Jahr von ren konnten Liedermacher wie Frank Ministerpräsident ein- Rennicke und Annett Müller gewonnen gesetzten Krisenstäbe (zum Beispiel werden. Probleme bereitet allerdings beim Oktoberfest) bekannt wird. Für das Format des Liederheftes: »Die Texte die durch Grenzkontrollen genervten und Notenrunen müssten schließlich bayerischen Autofahrer senkt das Wirt- noch mit getrecktem und erhobenem schaftsministerium die Dieselsteuer um rechten Arm lesbar sein«. achtzig Prozent. Schwerin: Dank einer genialen Einge- Silicon Valley: Der Traum aller Helikop- bung will Mecklenburg-Vorpommerns ter-Eltern: Mit Tracking-Apps kann der Kulturminister Mathias Brodkorb den Nachwuchs jederzeit geortet und über- Etat seiner materiell gefährdeten Kultur- wacht werden. Facebook-Freundschaf- institutionen verdoppeln. »Soft-Trans- ten und Instagram-Bilder durchstöbern fer« heißt die Aktion, dank derer Flücht- oder das Handy aus der Ferne für ande- linge in Kooperation mit renommierten re Funktionen sperren, bis der Sohn, die Speditionen wie Uber sowie Mitfahr- Tochter zurückruft: Mit Hilfe diverser zentralen direkt von der Landesgrenze Apps können Eltern ihren Nachwuchs an die Ostseeküste verbracht werden. auf Schritt und Tritt überwachen. Und Die Fahrt kostet nur hundert Euro pro der »Unsichtbar-Modus« sorge dafür, Person. In verschiedenen kleinen Häfen dass das Kind die Kontrolle gar nicht warten dann Schlauchboote mit präzi-

KARIKATUR: KLAUS STUTTMANN KLAUS KARIKATUR: mitbekomme. Noch präziser ist eine sen Seekarten der schwedischen Küste.

IMPRESSUM

Politik & Kultur – REDAKTIONSASSISTENZ LAYOUT UND SATZ auch als PDF geladen werden. Ebenso kann des Deutschen Kulturrates sind als solche Zeitung des Deutschen Kulturrates Jessica Föller, Patricia Lengyel, Petra Pfaff enheuser, der Newsletter des Deutschen Kulturrates gekennzeichnet. Alle anderen Texte geben c/o Deutscher Kulturrat e.V. Jana Prigge, Judith Sobczak ConBrio Verlagsgesellschaft mbH Regensburg (- mal pro Woche) unter www.kulturrat.de nicht unbedingt die Meinung des Deutschen Mohrenstraße , abonniert werden. Kulturrates e.V. wieder. Aus Gründen der  Berlin ANZEIGENREDAKTION Politik & Kultur erscheint  mal im Jahr. besseren Lesbarkeit wird manchmal auf die Telefon:  .   , Martina Wagner, HAFTUNG zusätzliche Benennung der weiblichen Form Fax:  .   , Telefon:  .  -, Fax: - ABONNEMENT Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte verzichtet. Wir möchten deshalb darauf hin- www.politikundkultur.net [email protected]  Euro pro Jahr (inkl. Zustellung im Inland) und Fotos übernehmen wir keine Haftung. weisen, dass die ausschließliche Verwendung [email protected] Alle veröff entlichten Beiträge sind urheber- der männlichen Form explizit als ge- VERLAG BESTELLMÖGLICHKEIT rechtlich geschützt. Politik & Kultur bemüht schlechtsunabhängig verstanden werden soll. HERAUSGEBER ConBrio Verlagsgesellschaft mbH Politik & Kultur , sich intensiv um die Nennung der Bildautoren. Olaf Zimmermann und Theo Geißler Brunnstraße ,  Regensburg Mohrenstraße ,  Berlin Nicht immer gelingt es uns, diese ausfi ndig zu FÖRDERUNG www.conbrio.de Tel.:  .   , Fax:  .    machen. Wir freuen uns über jeden Hinweis Gefördert aus Mitteln Der Beauftragten REDAKTION [email protected] und werden nicht aufgeführte Bildautoren in der Bundesregierung für Kultur und Medien Olaf Zimmermann (Chefredakteur DRUCK der jeweils nächsten Ausgabe nennen. auf Beschluss des Deutschen Bundestages. v.i.S.d.P), Gabriele Schulz (Stv. Freiburger Druck GmbH & Co. KG VERKAUFSSTELLEN Chefredakteurin), Verena Schmidt www.freiburger-druck.de Politik & Kultur ist im Abonnement, in HINWEISE BEILAGENHINWEIS (Chefi n vom Dienst), Barbara Haack, Bahnhofsbuchhandlungen, großen Kiosken Der Deutsche Kulturrat setzt sich für Dieser Ausgabe der Politik & Kultur liegt Andreas Kolb , Carolin Ries, Tim Schneider, GESTALTUNGSKONZEPT sowie an Flughäfen erhältlich. Alle Ausgaben Kunst-, Publikations- und Informations- das Dossier Verwertungsgesellschaften bei. Andrea Wenger Ilja Wanka und S Design können unter www.politikundkultur.net freiheit ein. Offi zielle Stellungnahmen Ausgabe Nr. 8 – November 2015 ISSN 2191-5792

Einfach Spitze! Und, wie war’s? 6 Beiträge zur Christina Schulz 2 Friedlicher Kampf! kulturellen Bildung Seltene Talente Regula Rapp 8 Ulrich Wüster 3 Nachgefragt bei Edgar Auer 8 Kompass Katja Eder & Carolin Kramer 4 Chance Wettbewerb? Herbert Grüner 9 Auf die Plätze, fertig, los! Kornelia Haugg 4 Die jungen Wilden Kristian Jarmuschek 10 Höher, schneller, weiter – warum nicht? Panorama der Kunst Olaf Zimmermann 5 Anne Renner 11

Der frühe Vogel Lernen, eine Stimme zu haben Im Gespräch mit Dennis Gansel 5 Gabi Beier 11

Kurz und knapp 12

Impressum 12

Wettbewerbe in der kulturellen Bildung sind heute keine Seltenheit mehr. In allen künstlerischen Sparten erhalten junge Talente die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Aber worum geht es Teilnehmern, Ausrichtern und Förderern eigentlich dabei? Antworten darauf in diesem Heft. Kultur bildet. Beiträge zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 2

Einfach Spitze!

Die Berliner Festspiele richten jedes Jahr vier kulturelle Bundeswettbewerbe für Kinder und Jugendliche aus und fördern herausragende künstlerische Leistungen � Christina Schulz

ie Berliner Festspiele führen seit vielen Jahren tationsmöglichkeiten für ehemalige Preisträgerinnen können. Öffentliche Plattformen für junge Künstler fin- kulturelle Bundeswettbewerbe in den Sparten und Preisträger tragen ebenfalls dazu bei. Zudem wer- den sich auch in den anderen Festivals der Berliner Fest- Theater, Tanz, Literatur und Musik durch. Sie den bei den Treffen immer auch Teilnehmerinnen und spiele mit ihren exzeptionellen Programmen. Drichten sich an Kinder und Jugendliche im Alter von elf Teilnehmer der jeweils anderen Kunstsparten eingebun- Eine Frage, die immer wieder aufs Neue an mich bis 21 Jahren, die an Schulen oder in der freien Szene, ge- den, um Berührungspunkte zwischen den Künsten zu gerichtet wird, ist, welchen Beitrag denn Wettbewer- gebenenfalls unter Anleitung, eigenständig künstlerisch ermöglichen und weitere fruchtbare Impulse zu setzen. be überhaupt für die kulturelle Bildung haben. Schnell arbeiten. Eigenständigkeit ist ein wesentliches Kriteri- Die Förderphilosophie der Bundeswettbewerbe be- steht der Vorwurf im Raum, dass mit den Wettbewerben um der Wettbewerbe, denn sie wollen in ihrer jeweili- ruht also auf der Anerkennung der jugendlichen Krea- ohnehin wieder nur diejenigen gefördert würden, die gen Sparte zu eigener künstlerischer Aktivität in mög- tivität, ihrem Anspruch auf Unversehrtheit und Fürsor- bereits Zugang zu kulturellen Angeboten haben, aus bil- lichst jungen Jahren anregen. Die Auswahl will also de- ge, der Etablierung einer konkurrenzfreien Atmosphäre dungsnahen Familien kommen, in der Regel eher Gym- zidiert Arbeiten präsentieren und fördern, in denen die und vollkommenen sozialen Offenheit: Jeder kann teil- nasiasten sind, wieder nur die Elite gefördert wird. Die Jugendlichen nicht Erfüllungsgehilfen oder Medien der nehmen, die Besonderheiten werden gefördert und die öffentlichen Mittel, die für die Wettbewerbe zur Ver- Phantasie Erwachsener oder professioneller Ansprüche Bundeswettbewerbe sind sich zugleich bewusst, dass fügung gestellt würden, könnten doch besser in ande- sind. Gesucht wird nach der Sprache, den Standpunkten, die Teilnahme an ihren Veranstaltungen immer auch re Projekte fließen, die an der Basis wirken, Zugangs- Haltungen und Ausdrucksmöglichkeiten der Jugendli- eine biografische Bedeutsamkeit besitzen kann, die Le- schranken abbauen, Chancen ermöglichen. Ich denke, chen selbst. Die Wettbewerbe sind bewusst thematisch benswege lenkt und in jedem Fall der Reifung der eige- es braucht beide Wege, wenn man in Kategorien wie und stilistisch offen ausgeschrieben, um der Vielfalt der nen Persönlichkeit dient. Auch wenn es nicht primäre Spitzen- und Breitenförderung denken will. Das eine Möglichkeiten Rechnung zu tragen, die die Sparten in Aufgabe der Wettbewerbe ist, die Künstler von morgen zugunsten des anderen zu lassen, ist meines Erachtens sich bergen – also nicht Reizwortgeschichten, Themen- zu finden und zu fördern, so ist es dennoch nicht selten keine Option. Eher stellt sich die Frage nach einer ega- schwerpunkte oder stilistische Vorgaben sind gefragt, der Fall, dass junge Menschen, auf dem Weg in eine ei- litären Konzeption der Treffen der Preisträger, die aus sondern ein Bewusstsein dafür, dass die Jugendlichen den Wettbewerben hervorgehen und nach Bewertungs- selbst Themen setzen. Jenseits der Castingshows und kriterien der Jury, die neben künstlerischer Bewertung der Suche nach dem Superstar unterbreiten die Bun- Sie treten in einen direkten immer auch andere Dimensionen, bezogen auf die Rah- deswettbewerbe also ein alternatives Angebot – es geht Kontakt mit einem überwiegend menbedingungen, unter denen gearbeitet wird, einbe- um die Förderung junger Talente, die Anerkennung ih- ziehen muss. rer eigenständigen Leistungen. Konkret sind zum »The- gleichaltrigen Publikum. Ja, die Bundeswettbewerbe der Berliner Festspiele atertreffen der Jugend« Stückentwicklungen bzw. Ei- fördern Talente an der Spitze, denn sie belohnen bemer- genproduktionen genauso zugelassen, wie Produktio- gene künstlerische Identität, Orientierung und Bestär- kenswerte Leistungen. Aber sie wirken gleichzeitig in nen, die auf (dramatischen) Textvorlagen basieren. Das kung aus der Teilnahme am Wettbewerb und den Tref- die Breite, da sie ein Fortbildungsangebot und die Ver- »Tanztreffen der Jugend« setzt seinen Fokus auf zeitge- fen ziehen. Nicht zuletzt deshalb wurden weiterführen- netzung der Akteure in der jeweiligen Szene evozieren. nössische Ensembleproduktionen unabhängig der Sti- de Formate entwickelt, die sich an diejenigen früheren Die Bundeswettbewerbe sind also ein Schaufenster die- listik. Für das »Treffen junger Autoren« sind Bewerbun- Teilnehmer richten, die sich durch kontinuierliche Wei- ser Szene: Hier zu erscheinen, ist sowohl Auszeichnung gen aus den Genres Prosa, Lyrik und Drama möglich. Das terentwicklung auszeichnen und bereits erste Schritte und dient zugleich der Definition wesentlicher Quali- »Treffen junge Musik-Szene« folgt dem Motto »Texte in Richtung Professionalität gehen. tätsansprüche. Die Mischung aus öffentlicher Plattform, treffen Töne« und bezieht alle populären Musikstile ein, In der Durchführung von gleich vier Wettbewerben in kollegialem Erfahrungsaustausch in Gesprächen und ge- solange Text und Musik selbst geschrieben sind. unterschiedlichen Sparten liegt der Reiz und die Chance, meinsamer praktischer Arbeit in Workshops folgt der Nach der Auswahl durch die entsprechende Jury ist diese miteinander zu verzahnen, die Grenzen zwischen Idee, Impulse für die eigene Arbeit zu geben, Fortbildung der jeweilige Wettbewerb abgeschlossen, bevor das Tref- den Wettbewerben bzw. Treffen hin und wieder aufzu- und Vernetzung zu ermöglichen. Im besten Falle flie- fen beginnt. Das Treffen der ausgewählten Teilnehmer lösen, Begegnungen zwischen den Teilnehmenden der ßen z. B. aus den jahrelangen Erfahrungen auch Hand- unter höchst professionellen Bedingungen im Haus der vier Sparten zu ermöglichen, die den Blick öffnen und lungsempfehlungen und Best-Practice-Transfers zurück Berliner Festspiele ist also der Preis: Hier begegnen sich das eigene Kunstverständnis erweitern. Über verschie- in die Basisarbeit an Schulen, Jugendkultureinrichtun- die Gewinner auf Augenhöhe und erleben ein durch ihre dene Formate, in denen z. B. Musiker mit Autoren arbei- gen und Theatern. Und vor allem stehen bei den öffent- eigenen Arbeiten geprägtes Festivalprogramm und zu- ten, Theaterleute auf Schreibende treffen, Tanzende -an lichen Präsentationen der eingeladenen jungen Künst- gleich eine nachhaltige, auf die jeweiligen Sparten zuge- dere Ausdrucksmöglichkeiten entdecken, die jenseits des ler Jugendliche auf der Bühne, mit ihren Texten, The- schnittene Förderstruktur. So ist es in den vergangenen eigenen Körpers liegen, gelingt dieses auf wunderbare men, Lebenswelten, Ideen von Zukunft, Ängsten, Wün- Jahren gelungen, eine einzigartige Stimmung von Offen- und eindrucksvolle Weise. Immer wieder entstehen aus schen, Unsicherheiten und Utopien. Sie treten in einen heit und Neugier zu kreieren, frei von Konkurrenzden- der Begegnung Projekte oder auch Arbeitsbeziehungen, direkten Kontakt mit einem überwiegend gleichaltri- ken und Abgrenzungen. Die Förderung der Preisträger die lange nach der Wettbewerbsteilnahme Bestand ha- gen Publikum. Künstlerische Prozesse auf Augenhöhe hört mit der Teilnahme am Treffen nicht auf. Ein System ben. Aber auch direkt versuchen die Berliner Festspiele auf verschiedenen Ebenen sichtbar zu machen, dafür aus weiteren Veranstaltungen und das Einbinden in fol- Chancen zu ermöglichen, indem aus früheren Teilneh- stehen die Bundeswettbewerbe der Berliner Festspiele. gende Treffen fördert die langjährige Verbundenheit der mern z. B. Juroren oder Workshopleiter werden. Wesent- Teilnehmer mit den Wettbewerben. Ein Netzwerk von liches Merkmal der Bundeswettbewerbe ist zudem, dass Christina Schulz ist Leiterin der Ehemaligen, weitere Workshops und öffentliche Präsen- frühere Teilnehmer in ein Alumni-Netzwerk eintreten Bundeswettbewerbe der Berliner Festspiele Mehr zum T‌hema kulturelle Bildung finden Sie im Internet →www.kultur-bildet.de 3

Seltene Talente

Wer am Bundeswettbewerb »Jugend komponiert« teilnimmt, beginnt im Anschluss nicht selten ein Kompositionsstudium. Eine Schmiede für die Komponisten von morgen? � Ulrich Wüster

eit 1986 schreibt die Jeunesses Mu- ländischer Musikgeschichte, die Menschen schlusskonzert mit mustergültigen (zumeist sicales Deutschland (JMD) den Bun- auch heute noch »von Hand« (und oft genug Ur-)Aufführungen der Kompositionen vor ei- deswettbewerb »Jugend kompo- auch mit Papier und Bleistift) und »nach allen nem interessierten Publikum. Alle Preisträge- niert« aus, der seitdem auch vom Regeln der Kunst« anwenden. Darum, ob die- rinnen und Preisträger erhalten zudem eine Bundesministerium für Bildung und se »neue« auch immer und gleich als »Neue« Studioaufnahme ihrer Arbeiten, produziert von Forschung (BMBF) gefördert wird. Beim 2015 Musik klassifizierbar ist, geht es beim Bundes- einem jungen Grammy- und Echopreis gekrön- Sstattfindenden 30. Jahrgang haben sich bundes- wettbewerb »Jugend komponiert« nicht. Viel- ten Tonmeister; den Bundespreisträgern winkt weit 90 Jugendliche im Alter zwischen 12 und mehr ist Orientierung wichtig: So lädt die JMD eine CD, die zugleich die offizielle Dokumen- 22 Jahren mit etwa 200 eingereichten Werken die insgesamt 30 Preisträgerinnen und Preis- tation des Bundeswettbewerbs darstellt. Eine beteiligt – der neue Rekord bei den Teilnehmer- träger in die »Kompositionswerkstatt« in der Mehrfachteilnahme ist immer dann möglich, zahlen setzt eine in letzter Zeit zu bemerken- Musikakademie Schloss Weikersheim ein und wenn junge Talente sich durch erneute Arbei- de Tendenz fort. Dass Komponieren bei jungen bietet damit – neben der fachlichen Förderung ten wieder als Preisträger qualifizieren können. Leuten neuerdings »im Kommen« sei, kann – auch eine Begegnungs- und Austauschsituati- Eine persönliche Aussage wie die des heu- man kaum daraus schließen. Auch die Fach- on an, welche die monadische Isolation der jun- te renommierten Komponisten Benjamin diskussion über eine eigenständige »Kompo- gen Komponistinnen und Komponisten in ein Schweitzer zur Wirkung oder gar Langzeitwir- sitionspädagogik«, die von der JMD mit »Jugend beginnendes Netzwerk überführt, das gegen- kung solcher Förderimpulse ist eher symptoma- komponiert« mit angeführt wird, trägt kaum seitige Ermutigung und lohnenden Austausch tisch als exzeptionell: »Weikersheim verdanke jetzt schon Früchte. bietet. »Ich habe diesen Kursen immer entge- ich die erste öffentliche Aufführung eines Stü- Aber der Wettbewerb hat jüngst seine Aus- gengefiebert«, so schreibt die heute beruflich ckes von mir, unzählige Diskussionen und An- schreibungsstruktur reformiert, erlaubt nun arrivierte Komponistin Charlotte Seither. »Es regungen, Freundschaften mit Kollegen, die bis mit neuen Altersklassen eine differenziertere war eine wichtige Anregung, weil man als kom- heute gehalten haben, und die Erinnerung an und durch anonyme Bewertung auch fairere ponierende Jugendliche in der Regel kaum ei- einige der geistig und künstlerisch intensivs- Jurierung und wird mit der Unterscheidung in nen Ansprechpartner hat. Aber aus jedem die- ten Wochen, die ich je erlebt habe«. Seine Er- »Förderpreisträger« und »Bundespreisträger« ser Menschen kann irgendwann einmal eine innerung lässt noch immer die Inspiration le- und der Differenzierung seiner Förderinstru- Musik hervor brechen, von der er selbst noch bendig werden, die er als mehrfacher Preisträ- mente auch attraktiver. Jedenfalls ist das Kon- gar nichts weiß.« ger aus den Kompositionswerkstätten mitge- zept seines Gründers und seitherigen Künst- nommen hat. lerischen Leiters Prof. Martin Christoph Redel Wer von den jugendlichen Preisträgerinnen Der Wettbewerb als Förderung nach wie vor voller Leben und beweist gera- und Preisträgern einmal »Komponist« als Be- de in der jetzigen Phase seine Zukunftsfähig- Der Bundeswettbewerb »Jugend komponiert« ruf angeben wird, das darf in dem Lebensal- keit, in der sein Nachfolger Philipp Vandré an- setzt nicht auf eine gewissermaßen »abfinden- ter, in dem sie durch den Bundeswettbewerb tritt, weitere Potenziale dieses Projekts zu er- de« Belohnung mit Geldpreisen und verzich- »Jugend komponiert« gefördert werden, ru- schließen. tet auf eine Siegertreppchen-Platzierung mit hig noch unentschieden bleiben. Doch führt einem »Gewinner«. Seine Wertschöpfung er- bei dem Einen oder der Anderen in dem Alter, zielt er durch die Vergabe hochwertiger Sti- in dem sie dem Wettbewerb entwachsen und Der Wettbewerb als Motivation pendien, setzt auf den »Sachpreis« einer För- schon sehr dezidierte Personalstilmerkmale, Im Vergleich zu den Wettbewerben »Jugend derung und Entwicklung der Preisträgerinnen handwerkliche Fertigkeit und klaren Aussa- musiziert« mit jährlich Zehntausenden jun- und Preisträger und damit auf die individuelle gewillen zeigen, der Weg oft erst einmal in ein ger Teilnehmerinnen und Teilnehmer nimmt Zuwendung zu den jungen Künstlern. Bis zu 15 Kompositionsstudium. sich »Jugend komponiert« bescheiden aus. »Förderpreisträger« und 15 »Bundespreisträ- Doch ist Musik zu erfinden ein sehr viel sel- ger« werden zu je einer einwöchigen Komposi- Der Wettbewerb als Impulsgeber teneres Talent, das auch bei einem – trotz ei- tionswerkstatt nach Schloss Weikersheim ein- nes kleinen Netzwerks von circa 35 Schüler- geladen. Mit einem Dozententeam erfahrener Schon seit dem 25. Jubiläum des Bundeswett- kompositionsklassen in Deutschland – immer Komponisten und Kompositionslehrer werden bewerbs »Jugend komponiert« führt die JMD noch unterentwickelten Unterrichtsangebot ihre Arbeiten eingehend besprochen; sie erhal- dessen kompositionspädagogische Mission … hier werden komplexe oder auch sehr viel schwieriger »ins Werk« zu set- ten Orientierung in den kompositorischen Kon- mit großer Resonanz der Fachöffentlichkeit ins zen ist. Wenn man sich als junger Komponie- zepten und Techniken quer durch die Musik- Feld. Ein Symposion »musik erfinden« und des- auch fundamental einfache Fragen render in seinem Umfeld überhaupt mit diesem geschichte; hier werden wegweisende Werke sen Publikation »Komponieren mit Schülern« des Komponierens aufgeworfen … ausgefallenen Hobby »outet«, kann man gera- berühmter Komponistinnen und Komponisten (2011) erfährt zum 30. Jubiläum eine gleich- de noch auf die Akzeptanz seiner Klassenka- kennengelernt und besprochen; hier werden namige Folgeveranstaltung. Dann erscheinen meraden hoffen, aber kaum verständnisvolle komplexe oder auch fundamental einfache Fra- auch die inzwischen mit Expertinnen und Ex- Resonanz finden. Nicht dennoch, sondern ge- gen des Komponierens aufgeworfen und nicht perten geführten »Weikersheimer Gespräche rade deswegen war die vor kurzem getroffene selten in kompakten praktischen Übungen an- zur Kompositionspädagogik« in Buchform. Entscheidung richtig, den Wettbewerb stilis- gegangen. Mit der Website »www.musik-erfinden.de« tisch nicht weiter zu öffnen, sondern auf sei- Ein zentrales Element ist die Einstudierung baut die JMD die Information, die Vernetzung ne Kernzielgruppe zu fokussieren. Wer sich der Kompositionen von Preisträgern des Deut- und den Austausch rund um den Bundeswett- hier bewirbt, weiß, dass er oder sie – gibt es schen Musikwettbewerbs, hoch motivierten, bewerb »Jugend komponiert« und sein Anlie- doch in der kulturhistorisch etablierten Män- ebenfalls noch jungen Musikerinnen und Mu- gen weiter aus. Aktuell wird unter dem Namen nerdomäne »Komposition« immer mehr mu- sikern, Stipendiaten der Bundesauswahl Kon- »Kompäd« in Kooperation mit der Universität tige junge Damen – hier richtig ist mit seinem zerte Junger Künstler, die der Deutsche Musik- zu Köln und weiteren Partnern eine pädago- »Werk«, wie die Arbeiten hier auch selbstver- rat als Partner des Wettbewerbs zur Verfügung gische Fortbildung für Komponistinnen und ständlich genannt werden. Ganz explizit for- stellt. Sie konfrontieren die jungen Komponis- Komponisten entwickelt und erprobt. dert »Jugend komponiert« Kompositionen der tinnen und Komponisten in kollegialer Weise »Ernsten Musik«, also in der Tradition einer mit spielpraktischen und klanglichen Gren- Ulrich Wüster ist Generalsekretär der gut eintausendjährigen Kulturtechnik abend- zen und Möglichkeiten. Am Ende steht das Ab- Jeunesses Musicales Deutschland Kultur bildet. Beiträge zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 4

Auf die Plätze, fertig, los!

Warum das Bundesministerium für Bildung und Forschung in den künstlerischen KOMPASS Nachwuchs investiert � Kornelia Haugg

as Bundesministerium für Bildung und Forschung Der Bundeswettbewerb für junge Dichterinnen und (BMBF) fördert mit zehn kulturellen Bundeswettbewer- Dichter und seine Bedeutung für Nachwuchspoeten sowie ben junge Komponisten, Autoren und Schauspieler sowie die Verbreitung von Lyrik � Katja Eder & Carolin Kramer DNachwuchstalente aus den Bereichen Tanz, Literatur und Mu- sik, Film und bildender Kunst. Die bundesweiten Wettbewerbe sollen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie den Preis- 008 wurde »lyrix« von Deutschlandfunk und dem Verleiten die Schreibwerkstätten auch Schülerinnen und Schüler trägerinnen und Preisträgern die Möglichkeit zur Darstellung Deutschen Philologenverband initiiert. Das Projekt zum Schreiben, die ansonsten kaum Gedichte verfassen würden, und Weiterentwicklung ihrer künstlerischen Begabungen er- wird vom Bundesministerium für Bildung und For- schätzen die angehenden Schreibprofis vor allem den Austausch öffnen. Zugleich dienen die Wettbewerbe der Verbesserung des schung gefördert, seit 2013 als Bundeswettbewerb. und die Begegnung zwischen Gleichgesinnten. Eine wichtige Freizeitangebots im künstlerischen Bereich für junge Menschen Neben dem Wettbewerb für junge Dichterinnen Komponente von »lyrix« bilden die Buchmessen, gerade als Platt- zwischen zwölf und 26 Jahren. Durch die breite interkulturel- und Dichter bietet »lyrix« bundesweit Schreib- formen für die Anbindung an Netzwerke junger Lyrik und Prosa le Ausrichtung der Wettbewerbe wird auch die Integration von werkstätten, Lesungen und begleitende Unterrichtsmaterialien wie »Treffen junger Autoren«, »Babelsprech« oder »open mike«. Menschen mit Migrationshintergrund gefördert. 2an. »lyrix« verfolgt dabei im Wesentlichen zwei Ziele: Das Pro- Auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig präsentieren seit Mit der Veranstaltung der Bundeswettbewerbe verfolgt das jekt fördert zum einen Nachwuchsdichter, zum anderen macht einigen Jahren aktuelle und ehemalige Preisträger eigene Texte. BMBF darüber hinaus langfristige Ziele zur Unterstützung von es zeitgenössische Lyrik unter Jugendlichen bekannt und ver- So war »lyrix« auch im März 2014 wieder zu Gast auf der Leip- jungen Talenten und Studierenden. Im Rahmen der verschiede- mittelt ihnen Poesie als Sprache und Ausdrucksform auch ih- ziger Buchmesse. Neben Schreibwerkstätten in Museen oder im nen Wettbewerbe besteht die Gelegenheit zum künstlerischen rer Generation. Und so funktioniert der Wettbewerb: Jeden Mo- Deutschen Literaturinstitut Leipzig fanden beispielsweise in der Austausch in den jeweiligen künstlerischen Sparten und die Mög- nat bieten je ein zeitgenössisches Gedicht und ein Exponat aus Moritzbastei oder auf der Veranstaltungsbühne des Deutsch- lichkeit zu künftiger beruflicher Orientierung sowie der persön- einem Museum Inspiration für interessierte Jugendliche. Die landradio Lesungen und Gespräche rund um »lyrix« und das lichen künstlerischen Weiterentwicklung. So gibt es während Klammer bildet je ein Leitmotiv wie »TraumFrau«, »Zerstö- Kreative Schreiben statt. der Wettbewerbe ein breites Angebot an kulturellen Veranstal- rung« oder »Perspektivwechsel«. Dazu passend senden bun- Von Beginn an war der Preis für die Jahresgewinner mehr tungen, Gesprächsrunden und Workshops. Dabei werden junge desweit Teilnehmer im Alter zwischen zehn und 20 Jahren ihre als ein verlängertes Wochenende in Berlin. Die »lyrix«-Initia- Nachwuchskünstler von erfahrenen Kunst- und Kulturschaffen- Gedichtvorschläge ein. Aus allen Einsendungen wählt eine Jury toren beschlossen, die Preisträgerinnen und Preisträger nicht den beraten und betreut. Die Kombination von Wettbewerb und jeden Monat fünf Gewinner aus. Unter den Monatsgewinnern mit Sachwerten, sondern mit einer Erfahrung zu honorieren: Weiter- bzw. Fortbildung ermöglicht allen Akteuren, ihr künst- werden dann zwölf Jahresgewinner gekürt und zu einer Reise »lyrix« kooperiert dazu unter anderem mit dem Literarischen lerisches Potenzial durch innovative Lehr- und Lernformen wei- nach Berlin eingeladen. Colloquium Berlin und ermöglicht den Gewinnerinnen und Ge- ter zu entfalten und sich persönlich und beruflich weiterzuent- Die mehrfache »lyrix«-Preisträgerin Benita Salomon bezeich- winnern professionelle Schreibworkshops unter der Leitung wickeln. net die Berlinreise als »Auszeit vom Alltag«. Die Preisträgerreise von Norbert Hummelt und anderen namhaften Lyrikern. Nor- Qualitativ hochwertige kulturelle Bildung braucht qualifizier- ist ein Höhepunkt des Wettbewerbs. Auf ihr findet nicht nur die bert Hummelt hat in seinem Beitrag »Weitergabe« in einer der te Vermittler mit künstlerischen und pädagogischen Kompeten- alljährliche Preisverleihung statt, dort treffen junge Nachwuchs- »lyrix«-Anthologien, die jährlich erscheinen, das Prinzip der zen. Deswegen fördert das BMBF außerdem 14 Projekte bis in das dichter aufeinander und nehmen an einem li- Förderung von Nachwuchspo- Jahr 2016, die wissenschaftlich fundierte Vermittlungskonzep- terarischen Rahmenprogramm teil: Schreib- eten, aber auch die Förderung te für Kunst- und Kulturschaffende entwickeln und erproben. werkstatt im Literarischen Colloquium Ber- fotosynthese der Lyrik selbst umrissen: »Der Praktisch tätige Künstlerinnen und Künstler der verschiedensten lin am Wannsee, Sprechtraining im Deutsch- zähne verbeißen sich in wolkenfabriken Funke allerdings, der das ural- Kulturbereiche sollen so pädagogische und methodisch-didakti- landradio und Performance-Workshop. In einer genmanipulierte fingerspitzen spritzen te Feuer der Dichtung seit Jahr- sche Kenntnisse und Fertigkeiten erhalten, die notwendig sind, knappen Woche erleben Jugendliche alles, was besseres blut gott weiß nicht mehr tausenden in Gang hält (…) um ihre Kunst Kindern und Jugendlichen vermitteln zu können. »lyrix« ausmacht. was er tut er mischt mehr farben springt immer nur auf Einzel- Die Bundeswettbewerbe enthalten neben der wettbewerbli- Um möglichst viele und unterschiedliche wir wollen auf schnelleren wellen ne über, und er braucht Ein- chen Komponente daher immer auch einen wesentlichen Anteil Jugendliche zu erreichen, kooperiert »lyrix« reiten brechen höchstgeschwindig- zelne, die ihn weiterreichen an Weiterbildungs- und Fortbildungsangeboten für Akteure so- seit 2012 mit dem Deutschen Museumsbund keiten wollen rattern wollen rollen (…). Zu einer solchen Weiter- wie Kunst- und Kulturschaffende und Dozenten. Dies ist wichtig, und besucht jedes Jahr zwölf deutsche Museen. es blitzt gabe bieten die Workshops, die um Künstlerinnen und Künstlern auch praktische Unterstützung Gemeinsam mit den Museen und professionel- erinnerungsfotos entwickeln rund um den Bundeswettbe- in Fragen der beruflichen Laufbahn, Lebensplanung und Ent- len Lyrikern werden die monatlichen Leitmoti- bei dm dauert es zu lange werb »lyrix« angeboten wer- wicklung der eigenen Interessen und Fähigkeiten an die Hand ve für den Online-Wettbewerb konzipiert. Zu- an der kasse den, unschätzbare Gelegen- zu geben. Viele Teilnehmer empfinden diese fachliche Begleitung sätzlich finden in den Partnermuseen beglei- ruft jemand: heiten.« und Unterstützung als besonders hilfreich. Dies ergibt sich aus tende Schreibwerkstätten statt, an denen in- »nimm dir noch atem Auf der einen Seite gibt es den zahlreichen positiven Rückmeldungen der vergangenen Jah- teressierte Schülerinnen und Schüler aus der nach hause!« mittlerweile einige Alumni des re. Aber auch für die erfahrenen Künstler und Leiter der Work- Region teilnehmen können. aber du wohnst nicht mehr Wettbewerbs, die sich auch im shops, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben, bedeutet Über die Schreibwerkstätten erreicht »ly- Rahmen anderer Lyrik- und Po- der Austausch mit den jungen Teilnehmern und Teilnehmerin- rix« ganz unterschiedliche Jugendliche. Das etry Slam-Wettbewerbe einen nen der Bundeswettbewerbe eine Bereicherung ihrer Perspek- Besondere dabei ist, dass die professionellen (Preisträgergedicht 2014 von Benita Salomon Namen gemacht haben, unter tiven und gibt ihnen viele neue Impulse für die eigene Arbeit. Lyrikerinnen und Lyriker, welche auch ihre aus Schriesheim, Jahrgang 1993) ihnen Josefine Berkholz und In den bisherigen Wettbewerben wurden mehr als 8.000 Ju- Gedichte auf der Webseite passend zu den The- Martin Piekar. Einige studie- gendliche direkt erreicht, die zum Teil als Preisträger und Preis- men zur Verfügung stellen, selbst die Werkstät- ren »Kreatives Schreiben«, an- trägerinnen ihre Erfahrungen aus dem jeweiligen Wettbewerb in ten durchführen. So begegnen die Schüler nicht nur der aktuel- dere haben bereits erste Schritte in Richtung eigener Veröffent- einer späteren beruflichen Laufbahn umgesetzt haben. Es wur- len Literatur, sondern auch den Autorinnen und Autoren. Gro- lichungen gemacht. »lyrix« beschreiben sie als Begleiter, Kom- den darüber hinaus zahlreiche kulturelle Netzwerke in verschie- ße Unterstützung erhält der Wettbewerb dazu von Daniela Seel, pass und Raum für Begegnungen mit Gleichgesinnten. Auf der denen Kunst- und Kultursparten aufgebaut, die den Teilnehmern Autorin und Lyrik-Verlegerin (kookbooks-Verlag). Aber auch anderen Seite gibt es über 6.500 Einsendungen von Jugendli- der Bundeswettbewerbe auch über den betreffenden Wettbe- Sonderprojekte, zum Beispiel zum Thema »Krieg und Frieden«, chen, die oft überrascht waren, dass sie selbst ausgerechnet ein werb hinaus einen bereichernden Austausch ermöglichen und beziehen über Schulen, Jugendclubs und andere soziale Ein- Gedicht verfasst haben – und darüber der Welt etwas von sich das Knüpfen neuer Kontakte erleichtern. richtungen ganz unterschiedliche Jugendliche mit ein. Ein wei- erzählen. terer Kooperationspartner ist hier der Bundesverband der Fried- Kornelia Haugg ist Leiterin der Abteilung »Berufliche Bildung; Lebens­ rich-Bödecker-Kreise, der über den Wettbewerb hinausgehende Katja Eder & Carolin Kramer sind Geschäftsführerinnen langes Lernen« im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Schreibwerkstätten und Veranstaltungen organisiert. des Bundeswettbewerbs »lyrix« Mehr zum T‌hema kulturelle Bildung finden Sie im Internet →www.kultur-bildet.de 5

Höher, schneller, weiter – warum nicht? Der frühe Vogel Seit 1991 zeichnet das Internationale Nachwuchsfilmfestival »up-and-coming« die Filmschaffenden von morgen aus. Einer von ihnen war Dennis Gansel und der dreht heute in Hollywood

Was bringt die Teilnahme an einem Wettbewerb wie »up-and-coming«? Sollten junge Menschen, die be- reits wissen, dass sie Filme drehen wollen, möglichst viele ­solcher Wettbewerbe wahrnehmen? ― Die Teilnahme an einem Wettbewerb wie »up-and- coming« bringt sehr viel. Ich war das erste Mal gar kein Teilnehmer, sondern nur Mitarbeiter beim Festival TV. So hatte ich Gelegenheit, hinter die Kulissen eines kleinen TV-»Studios« zu blicken und junge Filmemacher zu interviewen. Zudem schaute ich natürlich viele Filme an. Eine aufregende Woche. Unglaublich motivierend, denn man wollte ja auch irgendwann einen Film im Wettbewerb haben. Später lief ich dann mit meinem ersten Kurzfilm auf dem Festival und fand es für alle Belange des angehen- den Regielebens sehr hilfreich. Man lernte sowohl Filme- macher, als auch Produzenten und Redakteure kennen. Man konnte die Wirkung des eigenen Films bei Publikum Zu den künstlerischen Wettbewerben � Olaf Zimmermann und Jury beobachten. Bekam enorm viel Feedback. Übte sich in ersten Interviews. Und lernte – wenn man es nicht öher, schneller, weiter: Dieser Dreiklang bei Insofern gehört es neben der Bedeutung, die der Austausch schon vorher konnte – Unmengen an Alkohol in sich sportlichen Wettbewerben konnte mich als be- untereinander hat, der Begegnung mit anderen Kindern und hinein zu schütten und trotzdem einigermaßen klar zur kennenden Sportmuffel nie begeistern. Ich ge- Jugendlichen, die ebenfalls einem so »komischen« Hobby nächsten Masterclass zu erscheinen. Wenn man einen hörte stets zu jenen, die froh waren, das Ziel bei nachgehen wie beispielsweise dem Komponieren, auch dazu, Kurzfilm präsentiert und obendrein auch schon die Idee HSportwettbewerben, wie den mir äußerst verhassten Bun- einen guten Platz zu erreichen und den Wettbewerb mög- für den ersten Langfilm im Kopf hat, ist es noch besser. desjugendspielen, überhaupt zu erreichen. Höher, schneller, lichst zu gewinnen. Die Erfahrung und Freude des Gewinnens Man ist gezwungen, seine Idee knackig zu pitchen und ge- weiter, so könnte man meinen, wenn man die Beiträge zu den gehört zum Reifen gerade künstlerischer Persönlichkeiten gen viele Konkurrenzideen an den Mann zu bringen. künstlerischen Wettbewerben in diesem Heft liest, ist genau ebenso dazu wie die »Niederlage« bzw. die Erfahrung, eben Das ist auch das tägliche Brot im späteren Berufsleben. das Gegenteil dessen, was die Ausrichter der künstlerischen nicht zu den ersten zu gehören. Pädagogisch wertvoll ist es, Und nicht zuletzt ist es einfach super motivierend, die Jugendwettbewerbe erreichen wollen. Und dennoch scheint die Teilnahme in den Vordergrund zu rücken und zu unter- Tage mit Gleichgesinnten zu verbringen. mir notwendig, hinter dieser wettbewerbskritischen Einstel- streichen, dass es neben dem Wettbewerb doch so viel ande- lung ein großes Fragezeichen zu machen. res zu gewinnen gilt. Für die künftige Berufslaufbahn, egal Wie bewertet die Filmbranche Wettbewerbe wie Selbstverständlich sind die künstlerischen Wettbewer- ob als Künstler oder in einem ganz anderen Feld, werden bei- »up-and-coming«? Helfen sie dabei, schon früh die be wie »Jugend musiziert«, »Jugend komponiert«, »Treffen de Erfahrungen, sowohl die Freude des Gewinnens als auch künstlerische Spreu vom Weizen zu trennen und ­ junger Autoren«, »Treffen junge Musik-Szene« und so wei- das Verarbeiten, nicht gewonnen zu haben, von großer Be- Talente zu entdecken? ter etwas anderes als Fernsehformate wie »Deutschland sucht deutung sein. Künstler stehen in harter Konkurrenz zuein- ― Die Filmbranche achtet sehr genau auf solche Wett- den Superstar«, »The Voice of «, »Germanys Next ander. Eine Hauptrolle gibt es in einem Theaterstück zumeist bewerbe. Regisseure von dort erfolgreichen Kurzfilmen Top Model« und andere mehr. Die künstlerischen Jugend- nur einmal, die erste Geige spielt nur einer und das Ziel bil- werden oft von etablierten Produzenten und Redakteuren wettbewerbe, die vom Bundesministerium für Bildung und dender Künstler ist zumeist, die Einzel- und nicht die Grup- angesprochen und nach ihren Stoffideen befragt. Hier Forschung oder auch vom Bundesministerium für Familie, penausstellung zu haben, bei der jeder Künstler einer unter bieten sich gute Möglichkeiten, zukünftige Partner zu Senioren, Frauen und Jugend gefördert und von unabhängi- vielen ist. Bei den künstlerischen Wettbewerben üben junge finden. gen Dritten wie dem Deutschen Musikrat, den Berliner Fest- Menschen – neben vielem anderen – genau das ein: Wie schaf- spielen, Jeunesses Musicales, dem Deutschen Studentenwerk fe ich es, mich immer wieder zu motivieren, auch wenn ich Was würden Sie jungen Filmschaffenden heute aus und anderen durchgeführt werden, zielen nicht auf die gro- nicht gewonnen habe und wie gehe ich mit dem ersten Platz ­erfahrener Perspektive mit auf den Weg geben? ße Show, es geht nicht um Unterhaltung eines breiten Publi- um. Beides muss verarbeitet, erlernt und eingeübt werden. ― Fangt so früh es geht an, zu schreiben und an euren Gut, wenn es im schonenden Rahmen von künstlerischen Spielfilmideen zu arbeiten. Kurzfilme sind super als Wettbewerben für junge Menschen stattfindet. Fingerübung, aber der Langfilm ist ja das eigentliche Ziel. Wie schaffe ich es, mich immer Und noch ein weiterer Aspekt sollte nicht vernachlässigt Auch wenn einem das Schreiben zunächst schwer fällt – wieder zu motivieren, auch wenn werden: Die künstlerischen Wettbewerbe sind auch eine fangt früh damit an. Und wenn es nur dazu dient, sich Form der Nachwuchsförderung. Dabei ist es ähnlich »Ju- klar zu werden, in welche Richtung man will. Dann kann ich nicht gewonnen habe? gend forscht« zunächst unerheblich, ob viele Teilnehmer eine man sich ja noch Autoren dazu holen. Aber die ganze künstlerische Laufbahn einschlagen. Wichtiger ist vielmehr, Arbeit ist zielgerichteter, wenn die Vision einmal fest kums, es wird nicht die Familiengeschichte der Teilnehmen- Talente zu entdecken, sie zu fördern, so dass aus einer breiten steht. Für diejenigen, die nicht selber schreiben wollen: den breit getreten, es geht vielmehr um den Austausch und Gruppe an jungen Menschen, die an Wettbewerben teilneh- Tut euch frühzeitig mit Autoren zusammen, die ihr mögt das ehrliche Kräftemessen in künstlerischer Hinsicht, aber men, eine kleine Gruppe hervorgeht, die einmal einen künst- (und die euch mögen) und mit denen ihr einen Filmge- letztlich und im Kern dreht sich doch alles um das Gewinnen. lerischen Beruf ergreift, und sich hieraus in der Berufslauf- schmack teilt. Trefft euch regelmäßig und treibt die Ent- Egal, ob es am Ende Gewinner oder Preisträger heißt. bahn eine noch kleinere Gruppe herauskristallisiert, die tat- wicklung der Geschichten konsequent voran. Es dauert Der Wunsch und das Ziel zu gewinnen sind meines Erach- sächlich Spitzenleistungen erbringt und national, sowie ge- in der Regel immer länger als geplant, oft mehrere Jahre, tens allen Wettbewerben inhärent und werden für die Teil- gebenenfalls auch international, Karriere macht. deshalb sollte man hier so früh wie möglich anfangen, nehmenden ein wichtiger Beweggrund sein, sich dem Wettbe- Insofern sollte meines Erachtens bei den künstlerischen zu entwickeln. werb mit anderen überhaupt zu stellen. Wer auf sich nimmt, Wettbewerben für Jugendliche und Studierende selbstbe- tage-, wochen-, monatelang zu üben, um ein Instrument zu wusst vertreten werden, dass es auch um die Gewinnung des Dennis Gansel ist Regisseur und Drehbuchautor. Er studierte Regie beherrschen, wer seine Kompositionen anderen vorstellt, wer künstlerischen Nachwuchses geht. Das »Höher, Schneller, an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Bekannt wurde seine Texte anderen vorträgt, wer Kunst oder Schauspiel stu- Weiter« eines Wettbewerbs gehört einfach dazu. er u. a. mit Filmen wie »Mädchen, Mädchen«, »Die Welle« oder »Napo­ diert, um als professioneller Künstler zu arbeiten, wird be- la«. Zurzeit befindet er sich in Postproduktion zu seinem US-Filmdebüt strebt sein, ganz vorne mitzuspielen. Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates »The Mechanic: Resurrection« mit Jason Statham und Jessica Alba í µ ∏ í

Kultur bildet. Beiträge zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 6

Und, wieAn den Wettbewerben, die war’sdas Bundesministerium für Bildung ? und Forschung fördert, haben über die Jahre tausende junge Menschen teilgenommen. »Kultur bildet.« hat zehn von ihnen nach ihren persönlichen Erfahrungen gefragt.

lyrix Jugend komponiert Treffen junge Musik-Szene Treffen junger Autoren Tanztreffen der Jugend ⇣ ⇣ ⇣ ⇣ ⇣ Benita Salomon Parvis Hejazi Luis Schwamm Sirka Elspaß Ben Hasan Al-Rim

»lyrix« war beim Schreiben immer ein »Jugend komponiert« hat für mich eine Als ich zum ersten Mal zum Treffen jun- Wer von den Berliner Festspielen ein- Früh aufstehen, lange wach bleiben, guter Begleiter, denn die monatlichen besondere Stellung unter den deut- ge Musik-Szene kam, habe ich erst ent- geladen wird, in ihrem roten Rechteck nachts oder früh morgens geweckt wer- Leitmotive boten eine Orientierung, schen Jugendmusikwettbewerben. Mei- deckt, dass Popmusik für mich mehr aus der Reihe zu tanzen, darf sich freu- den von Zimmerpartnern, die endlich wenn ich gerade keine konkrete Idee ne bisher vierfache Teilnahme an die- sein kann, als ein kleines Hobby ne- en, endlich ernst genommen zu werden. den Weg zur Ruhe fanden, Proben, Büh- hatte und der Einsendeschluss am Ende sem Wettbewerb und dem daraus für ben der Schule. Ich war umgeben von 2010, Klappe die Erste. Zum ersten Mal nenauftritte, Zuschauer sein und ein des Monats den nötigen Druck brachte, die Bundespreisträger resultierenden Preisträgern, von denen alle ihre Mu- fand ich mich mit anderen Schreiben- Workshop, ein Austausch der Bewegung mal etwas zu Ende zu bringen. Die Reise Kurs auf Schloss Weikersheim bedeu- sik mit großer Begeisterung und vie- den konfrontiert, die wir alle auf einem nach dem anderen. Eine nicht enden- nach Berlin war für mich jedes Mal eine tet für mich vor allem eines: die ständi- le schon mit ganz anderem Gewissen ähnlichen Niveau arbeiteten. Nebst Le- de Bewegung über sieben Tage. Es fühl- gelungene Auszeit vom Alltag, Motiva- ge Motivation zur Selbstreflexion, die und Engagement machten. Es gab Ju- seproben, Kritik, Workshops und Preis- te sich an wie Urlaub! Der Wunsch am tion weiter zu schreiben und Spaß mit ja eines der zahlreichen Geschenke ist, rymitglieder, die inner- und außerhalb trägerlesung, tat sich plötzlich eine letzten Tag: nochmal oder verlängern! vielen neuen interessanten Menschen welche aus der Musik zu schöpfen, mit- von Workshops handfestes Wissen zum Plattform auf, die über die Begeiste- Besonders geprägt oder mitgerissen hat zu haben. Besonders der Austausch mit zunehmen wir immer und immer wie- Schreiben, Spielen und Präsentieren rung und Kritik meiner Mutter hinaus- mich die herzliche Art des Umgangs anderen Schreibbegeisterten war viel- der im Stande sind. Diese kritische Re- von Musik anzubieten hatten, und mir ging. Das Treffen junger Autoren (TjA) miteinander. Keine Ausgrenzung, kein leicht das beste Mittel, um die eigenen flexion und Selbstreflexion gipfelt dann eine Ahnung von etwas Kreativem im war das Fußballcamp für eine junge Ly- schlechtreden der Anderen, kein Neid, Texte kritisch zu betrachten. Bei den Le- auf dem Kompositionskurs in Weikers- Handwerklichen und etwas Handwerk- rikerin wie mich, das es bis dato nicht der nach außen gerichtet wurde, keine sungen in Berlin oder auch auf Buch- heim. Ich habe an vielen Jugendmusik- lichem im Kreativen vermittelt haben. gab. Abgesehen davon war es ein Preis, Gewalt und keine Langeweile. Es wur- messen hatte ich die Chance, meine Ge- wettbewerben mit Freude, Dankbarkeit Damit einher ging auch, dass nach dem eine Auszeichnung, eine Erleichterung de akzeptiert, respektiert und gefördert. dichte mit anderen zu teilen. Dabei bin und Erfolg teilnehmen dürfen, so gibt ersten Vertrautmachen zunächst ein- zu wissen: Es könnte eventuell wirklich Eine Hand, die in die nächste Griff. So ich auch sicherer geworden, was das zum Beispiel der Bundeswettbewerb mal frei heraus kritisiert wurde, was zu gut sein, was ich mache. Endlich wur- konnten sich auch ältere Generationen Sprechen vor Menschen betrifft. Das »Jugend musiziert« seinen Teilneh- kritisieren war. Was erst unangenehm, de angepackt und kritisiert. 2012, zur Inspirationen bei den Jüngeren abholen. hat mir nicht nur in der Schule, son- mern eine großartige Atmosphäre, die weil ungewohnt war, stellte sich bald als zweiten Klappe, war es noch ein biss- Für mich ein sehr dynamisches Festi- dern jetzt auch im Studium geholfen. in den Räumlichkeiten, den Preisträger- sehr fruchtbar und motivierend heraus. chen besser: fast so, als würde ich in val, welches junge tanzende Menschen Dank der anderen Preisträgerinnen konzerten und Förderungen zum Aus- Wie es bei einem Treffen lauter Gleich- eine gerade lieb gewonnene Familie zu- auf dem Weg zu professionellen En- und Preisträger habe ich vom »Poe- druck kommt. Und dennoch: »Jugend gesinnter kaum vermeidbar ist, sind rückkehren. Dieses Gefühl hat sich in gagements nicht missen sollten. Doch try Slam« erfahren. Kurze Zeit später komponiert« ist inzwischen ein unver- schnell Kontakte entstanden, aus de- den letzten Jahren verstärkt. Wer in die bleibt das Festival dabei offen für jeden stand auch ich dabei auf der Bühne. Es zichtbarer Teil der deutschen Neue-Mu- nen sich für mich Freundschaften, ge- Hallen der Berliner Festspiele zurück- Menschen. war faszinierend, in verschiedenen Le- sik-Szene. Nie kann ich die inhaltsrei- meinsame Konzerte und Projekte und kehrt – sei es zum TjA oder einem an- benslagen – als Schülerin, als frischge- chen Gespräche und die Inspirationen, weiterführende Fördermöglichkeiten deren Festival – weiß, dass er willkom- Ben Hasan Al-Rim nahm 2014 als Mitglied backene Abiturientin und als Studen- die insbesondere in den Weikersheimer ergeben haben. men ist und wenn er weggeschickt wird, der TanzZeit Jugendcompany Evoke aus Ber- tin – bei dem Programm dabei zu sein Kursen, aber auch im Wettbewerb ihren dann nur auf eine Lesung nach Frank- lin mit dem Stück »Kellerkind« am »Tanz- und immer wieder an die gleichen Orte, Höhepunkt fanden, nur annähernd ver- Luis Schwamm lebt und studiert in Köln. Er furt oder Leipzig. Es ist der beste Ort, treffen der Jugend« teil. Der Tanz ist seine wie das Kino »Sputnik«, zurückzukeh- gessen. begann bereits mit 14 Jahren, Lieder zu sch- um kreative Bekannte und gute Freun- Leidenschaft, eine »Liebe in tausend Farben, ren und zu sehen, wie sich alles entwi- reiben. Im Jahre 2012 wurde er mit seiner de wiederzutreffen, beinah eine eigene Formen und Gesichtern«. Al-Rims Ziel ist es, ckelt hat. Das Wichtigste sind mir die Parvis Hejazi lebt in Bremen. Er erhielt be- damaligen Band »Flux« erstmals zum Tref- kleine Szene. Als ich 2010 ehrfürchtig eines Tages vom Tanzen leben zu können Begegnungen, die ich durch »lyrix« ma- reits mit sechs Jahren Klavier-, Komposi- fen junge Musik-Szene eingeladen, ein Jahr den jungen Schreibstudenten lauschte, und »ein wenig kunstvoll verzierte Verän- chen konnte. tions- und ab dem siebten Lebensjahr Or- später solo als Singer-Songwriter. Im Okto- war mir nicht klar, dass ich nach dem derung in die Norm zu bringen«. Dabei hat gelunterricht. In den Jahren 2012, 2013, 2014 ber hat er im Rahmen einer Wohnzimmer- Abitur selbst ans Literaturinstitut nach er sich ganz Pinas Worten verschrieben: Benita Salomon ist »lyrix«-Preisträgerin und 2015 war er Bundespreisträger des Bun- tour durch Deutschland seine erste Live-CD Hildesheim gehen würde. Heute weiß »Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren!« der Jahre 2010, 2011, 2012 und 2014. In die- deswettbewerbes »Jugend komponiert« und aufgenommen: »Es wäre toll, wenn ich ei- ich: Ohne das Treffen junger Autoren sem Jahr hat sie ein Praktikum bei der Gie- mehrfacher erster Bundespreisträger des nes Tages gut davon leben könnte …« wäre ich niemals dort gelandet. In ei- ßener Allgemeinen Zeitung absolviert und Bundeswettbewerbs »Jugend musiziert«, nigen tollen Anthologien und Magazi- arbeitet seither als freie Mitarbeiterin. Ger- unter anderem in den Kategorien Orgel nen übrigens auch nicht. Bis heute ist ne würde sie Studium und Schreiben mitei- solo (2012), Klavier solo (2014) sowie in der das Treffen ein wichtiger Knotenpunkt nander verbinden. Das kreative Schreiben Kategorie Klavierduo (2015). Seit 2013 ist er für mich, den ich nicht mehr missen und die Poetry Slam-Auftritte bleiben je- Jungstudent an der Hochschule für Künste möchte. doch wichtige Freizeitbeschäftigungen. Ei- Bremen mit den Hauptfächern Klavier und nes Tages, so hofft sie, würde sie gerne mal Komposition. Darüber hinaus gilt sein be- Sirka Elspaß lebt, arbeitet und studiert Kre- etwas veröffentlichen … sonderes Interesse der Kammermusik, vor atives Schreiben und Kulturjournalismus in allem dem Klavierduo. Hildesheim. Seit Dezember 2014 ist sie Mit- herausgeberin des Literaturmagazins »BEL- LA triste« und hat bereits in Zeitschriften und Anthologien, zum Beispiel im »STILL Magazin«, der »Landpartie 15« sowie im dritten Band von »Lyrik von Jetzt« (Wall- stein Verlag), veröffentlicht. Neben der Ly- rik will sie jedoch auch weiter in die jour- nalistische Tätigkeit einsteigen. Als freie Mitarbeiterin im Feuilleton einer Lokal- zeitung träumt sie davon, »endlich einmal über den Tellerrand zu schreiben, das wäre großartig!« › Ç P ›

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Kunststudentinnen und Theatertreffen Deutschsprachiger Theatertreffen der Jugend up-and-coming Festival Biennale Tanzausbildung: Kunststudenten stellen aus Schau­spielstudierender ⇣ ⇣ ⇣ ⇣ ⇣ Julia Gräfner Volker Engel Ioanna Angelopoulou Annika Kahrs Raphaela Möst

Die Teilnahme am Theatertreffen der Als jugendlicher Filmemacher war ich Für mich war die Biennale Tanzausbil- Die Teilnahme am Wettbewerb »Kunst- Meine Klasse des Studiengangs Schau- Jugend (TTJ) als Spielerin sowie meine es gewohnt, meine ersten Filmexperi- dung 2014, die zum vierten Mal in Dres- studentinnen und Kunststudenten stel- spiel der Universität der Künste Berlin Arbeit als Festivalzeitungsredakteurin, mente lediglich Verwandten und Freun- den stattgefunden hat, viel mehr ein len aus« war eine der seltenen Gelegen- hat 2010 am Theatertreffen Deutsch- Jungjurorin und Workshopleiterin hat den vorzuführen. Dabei handelte es sich Treffen und eine Gelegenheit der Begeg- heiten während meiner Studienzeit, sprachiger Schauspielstudierender teil- die letzten sieben Jahre meines Lebens weder um ein wirkliches Zielpublikum nungen als ein Wettbewerb. Sie konn- meine künstlerische Arbeit im profes- genommen, was in diesem Jahr in Ham- immens geprägt. Der Austausch mit noch um unvoreingenommene Kom- te zum Fairplay und dem kreativen Zu- sionellen Rahmen und auf institutionel- burg stattfand. Mit unserem Ensemble- den teilnehmenden Schülern und Leh- mentatoren meiner Arbeit. Erst bei der sammenkommen der Künstler im Tanz- ler Ebene einem größeren Publikum zu projekt »Wir schlafen nicht« (Kathrin rerinnen, mit Theaterpädagogen und Vorführung vor 400 Filmbegeisterten bereich beitragen. Im Gegensatz zum zeigen. Diese Ausstellung und der Aus- Röggla) unter der Regie von Hermann Spielwütigen, mit Festivalbesucherin- Amateurfilmern zeigte sich, ob der In- Karrieredruck und Wettbewerb im be- gang des Wettbewerbs kurz vor dem Schmidt-Rahmer gewannen wir den nen, seinen Zeitungsredakteuren und halt klar erzählt, der Schnitt stimmig ruflichen Kontext eröffnet die Bienna- Ende meines Studiums waren für mich 1. Ensemblepreis. Ich denke, alle von Mitarbeiterinnen ist einmalig in seiner war und die Musik treffend eingesetzt le den Raum und die Zeit für Kommu- sehr wichtig – und die äußere Wahrneh- uns haben das Theatertreffen als eine Ehrlichkeit, Direktheit, Verspieltheit wurde. Mein kurzer Trickfilm »Das nikation, für Austausch von Ideen und mung dessen deutlich größer, als ich auf- und anregende Zeit in Erinne - und Uneitelkeit. Theater spielen, The- Wüstenrennen« war zunächst nicht für das Interesse an der Arbeit der An- zuvor angenommen hatte. Aber, unab- rung. Klar, so viele Schauspielstuden- ater machen, Theater gucken, Theater mehr als ein Fragment, als meine Mut- deren. Die Erfahrung, wie all diese Tän- hängig von der Wettbewerbssituation, ten aus Deutschland, Österreich und der besprechen – »Theater« wird im Rah- ter im Radio vom »Ersten Bundesweiten zerinnen und Tänzer mit unterschied- sticht die Ausstellung in all ihrer Hete- Schweiz auf einem Haufen – das muss men des Festivals zum demokratischen Schülerfilmfestival« hörte. Daraufhin lichstem Ausbildungshintergrund zu- rogenität eben dadurch hervor, dass sie ja lustig sein. Aber ich glaube, der Spaß Medium, zum politischen Instrument. begann ich mit der Fertigstellung des sammenkamen, war sehr intensiv. Die einen extrem breiten Querschnitt der entstand vor allem auch daraus, dass Das TTJ ist kein Vorsprechen, kein Tal- 4-Minuten langen Stop-Motion Trick- Aufregung war groß und ich glaube sie unterschiedlichen Arbeitsweisen der man sich »in der Arbeit« getroffen hat: entwettbewerb, es ist keine Jobbörse. Es films, wissend dass der Film vor einem führte zu einem weiteren Schub und Studenten zeigt. Dies schafft nochmals Abends zeigten wir uns gegenseitig un- ein furchtloser Ort, an dem es wie an großen Publikum bestehen musste. Als zu mehr Spaß in dem Bildungspro - einen ganz anderen Einblick, als die sere Produktionen, am nächsten Mor- kaum einem anderen darum geht, sich bei der Vorführung nach der ersten Mi- zess. Der Workshop des Choreografen einzelnen Jahresausstellungen an den gen wurde das Gesehene in einem stu- beherzt um den Verstand zu spielen und nute Film das Festival-Publikum nicht Frédéric Flamand war für mich im Rah- jeweiligen Hochschulen geben können. dentischen Forum ausgiebig bespro- eine Geschichte, eine Haltung zur Welt nur Szenenbeifall gab, sondern auch men der Biennale die prägendste Erfah- chen. Dabei kamen auch immer wieder spielend zu artikulieren und mit aller begeistert mit den Füssen trampelte, rung. Ich hatte die Gelegenheit zu se- Annika Kahrs studierte Freie Kunst in Wien, Fragen auf, wie: Was ging schief in der jugendlichen Potenz zur Debatte zu stel- war ich vom Filmvirus infiziert. Die- hen, wie ein anerkannter Choreograph Hamburg und Braunschweig. Ihre künstle- Probenphase? Wie hätte man das ver- len, zu verteidigen, zu hinterfragen und ser eine Moment und die Tatsache, von ein Projekt vorbereitet und wie er al- rischen Schwerpunkte bilden Film- und Fo- hindern können? Wie kann Kommuni- – wenn die Argumente stimmen – zu än- Festivalleiter Burkhard Inhülsen mit 16 les Relevante organisiert. Darüber hin- tografieprojekte sowie Performances. 2011 kation innerhalb des (meist nervenauf- dern. Jahren wie ein »Kollege vom Film« be- aus hatte ich die Möglichkeit Teil einer gewann sie mit ihrer Videoarbeit »Strings« reibenden) Probenprozesses aussehen? handelt zu werden, gab mir die Bestäti- interaktiven Installation zu sein, die in den Hauptpreis beim 20. Bundeskunstwett- Fragen, vor denen ich – nun den Beruf Julia Gräfner wurde 2008 mit der Schweri- gung, etwas richtig gemacht zu haben. einem sehr interessanten Raum, dem bewerb »Kunststudentinnen und Kunststu- ausübend – immer wieder mal stehe. ner Schultheatergruppe TaGGS und der Pro- Heute weiß ich, dass dieses Erlebnis Deutschen Hygienemuseum in Dresden, denten stellen aus«. Kahrs stellte bereits im Nur ist man dann meist sich selbst über- duktion »hamlet.net« zum »Theatertreffen die Grundsteinlegung für meine späte- aufgeführt wurde. Solche Treffen wie In- und Ausland aus. Im Sommer 2015 nahm lassen oder hat höchstens ein paar Pro- der Jugend« eingeladen. Sie hat Schauspiel re Karriere war. die Biennale Tanzausbildung 2014 soll- sie beispielsweise an der 5. Thessaloniki Bi- duktionsbeteiligte, um darüber zu spre- an der Hochschule der Künste Bern studiert. ten in Zukunft viel öfters stattfinden! ennale teil. Seit November ist sie Stipendi- chen. Diese moderierten, konstruktiven, Nach Engagements in Luzern, Berlin, Dres- Volker Engel nahm Anfang der 1980er-Jah- Sie bieten den Studierenden vor allem atin in der Cité internationale des Arts in kollektiven Diskussionen unter Mitwir- den, München, Weimar und Prishtina ar- re zweimal am »up-and-coming Festival«, die Möglichkeit, verschiedene Arbeits- Paris. kenden und (Fach-)Publikum sind mir beitet Gräfner seit der Spielzeit 2015/2016 dem damaligen »Bundesweiten Schüler- weisen und -stile zu erfahren, insbeson- bis heute eine wichtige und einmalige am Schauspielhaus Graz als festes Ensem- filmfestival« teil, zuerst mit dem Super- dere durch den Austausch mit den vie- Erfahrung. blemitglied. Sie wünscht sich »Kraft, Lust, 8-Trickfilm »Das Wüstenrennen« und ein len anwesenden Choreografen, die alle Wachheit, Aufmerksamkeit und die richti- Jahr später mit einem Trickfilm namens sehr unterschiedliche Ansätze im Tanz Nach ihrem Abschluss an der Universi - gen Fragen an der richtigen Stelle«. Dann »Countdown«. Bereits Ende der 1980er-Jah- verfolgen. Dies sehe ich als sehr wich- tät der Künste Berlin war Raphaela Möst könnte es auch mit großen Theatertraum re kam es zu einer ersten Zusammenarbeit tig an für die berufliche aber auch per- von 2011 bis 2014 festes Ensemblemitglied klappen: gesund bleiben und die Chance, mit Roland Emmerich – als Visual Effects Su- sönliche Entwicklung von Tänzern und am Theater in der Josefstadt in Wien. Da- sich möglichst lang »um den Verstand zu pervisor. 1995 lud Emmerich ihn ein, die Lei- Choreografen. nach folgten Rollen am Residenztheater spielen«. tung der Abteilung für die Visuellen Effek- München sowie erste Regiearbeiten in der te für »Independence Day« zu übernehmen. Ioanna Angelopoulou hat – nach ihrer Aus- Schweiz. Im November 2014 wurde ihr für Ein Jahr später erhielt er für seine Arbeit bildung zur Tanzpädagogin für klassischen die Rolle der Agnes Pollinger in »Die Ge - einen Academy Award, den »Oscar«. Von und zeitgenössischen Tanz sowie ihrem Stu- schichte vom Fräulein Pollinger« der Wie- Präsident Roman Herzog wurde Engel 1998 dium im Fachbereich Vermessungsingeni- ner Theaterpreis NESTROY als Beste Nach- als »Vorbild für den deutschen Filmnach- eurwesen und Restauration von architek- wuchsschauspielerin verliehen. Seit Okto- wuchs« mit dem Bundesverdienstkreuz tonischen Denkmälern an der Aristotles ber 2015 ist sie in »Ich habe nichts zu ver- ausgezeichnet. Zurzeit arbeitet er mit Em- Universität in Thessaloniki – im Juni 2015 bergen« am Schauspiel Essen zu sehen. merich als Koproduzent und Visual Effects ihren Master im Studiengang Choreogra- Supervisor an der 200 Millionen Dollar teu- fie an der Palucca Hochschule für Tanz in ren Fortsetzung zu »Independence Day«, Dresden absolviert. Zurzeit arbeitet sie als die 2016 in die Kinos kommen soll. Außer- freischaffende Choreografin, Tänzerin und dem hat er die Drehbuchadaption zu einem Tanzlehrerin in Athen und hofft, ihre Stü- Roman von Stanislaw Lem fertiggestellt. cke auf Tanzfestivals in Griechenland und im Ausland zu präsentieren. Kultur bildet. Beiträge? zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 8

Nachgefragt bei Edgar Auer

Der traditionsreichste Wettbewerb in der kulturellen Bildung hat schon mehr als einmal die Weichen für eine musikalische Laufbahn gestellt. Zu viel des Lobes? Wie erklären Sie sich den anhaltenden Erfolg des Wett- bewerbs und das anhaltende Interesse junger Talente, sich mit anderen musikalisch messen zu können? ― 1964 vom Deutschen Musikrat ins Leben gerufen, um den Mangel an Orchesternachwuchs zu beheben, ist aus dem drei- stufig angelegten Wettbewerb eine von Bund, Ländern und Gemeinden getragene kulturelle Bildungsmaßnahme erwach- Friedlicher sen, an der mittlerweile beinahe 700.000 junge Musikerin- nen und Musiker teilgenommen haben. »Jugend musiziert« möchte ihnen ermöglichen, ihren künstlerischen Standort zu bestimmen, indem sie sich mit anderen vergleichen und Kampf! auch neue Impulse durch die Bewertung und das Gespräch mit der Jury erhalten. Das ist ein enormer Anreiz! Reizvoll ist auch die Offenheit des Wettbewerbs: Das beginnt mit der Tatsache, dass es für die Teilnahme unerheblich ist, wo die musikalische Ausbildung erfolgt. Schülerinnen und Schüler Einige Anmerkungen zu Wettbewerben in Musikhochschulen � Regula Rapp kommunaler Musikschulen sind ebenso willkommen wie die privater Institutionen oder Jugendliche, die sich ohne Leh- as ist er nun wirklich: anthropologische Konstan- Doch was erwarten wir eigentlich? Wir leben in einer Gesell- rer vorbereiten. Dazu kommt, dass »Jugend musiziert« kei- te oder tradierte kulturelle Praxis? Gesang zur Ki- schaft, die durch Wettbewerb und Konkurrenz als ubiquitä- ne Pflichtwerke verlangt, sondern nur Vorgaben zur Epoche thara war die erste Disziplin, dazu kamen später res Organisationsprinzip geprägt ist. Schließlich ist der Wett- macht. Das erlaubt jedem Teilnehmenden eine individuelle WGesang zur Flöte und Soloflötenspiel. Der wohl allererste mu- bewerb nicht nur ein Motor unserer Zeit und damit letzt- Zusammenstellung des Wertungsprogramms. Offenheit gilt sikalische Wettbewerb ist aus der griechischen Antike über- lich eine Erscheinungsform des ökonomischen Prinzips, er auch hinsichtlich der Teilnahme von Kindern und Jugend- liefert: Die Zeit der Pythischen Spiele beginnt 582 v. Chr. in ist auch eine zentrale Kategorie im hochschulpolitischen Dis- lichen, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben. Sofern Delphi. Seither wurden diese alle vier Jahre abgehalten, im kurs geworden. Das New University Management als Sonder- sie bei Anmeldeschluss am 15. November in Deutschland le- Wechsel mit den Olympischen Spielen. Man darf davon aus- form des berühmten New Public Managements zielt darauf, ben oder eine deutsche Schule im Europäischen Ausland be- gehen, dass sich da Meisterinstrumentalisten und Meister- dass die Hochschule als Organisation um die besten Dozie- suchen, können sie sich an »Jugend musiziert« beteiligen. singer gemessen haben. Im Unterschied dazu und im Unter- renden und Studierenden kämpft und in der Hochschule je- schied zum Spitzensport ist die musikalische Wettbewerb- der sein eigener Unternehmer ist. Die Career Services wach- Was bedeutet die Teilnahme an »Jugend musiziert« für skultur heute eine Qualifizierungskultur. Seit Jahrzehnten sen aus dem Boden und beraten und unterstützen. Für die Nachwuchstalente im Hinblick auf eine professionelle verbinden Wettbewerbe den professionellen und semipro- wissenschaftlichen Hochschulen ist dies bereits beschrieben Laufbahn? Was ist das Anliegen des Wettbewerbs? fessionellen Bereich mit dem Laienbereich. Die 1957 gegrün- worden: »Nicht nur Selbst­optimierung, sondern auch Pub- ― Die Teilnahme an »Jugend musiziert« ist eine Heraus- dete »World Federation of International Music Competitions lic Relation-Arbeit, Impression Management und Lobbying forderung, vermittelt Erfolgserlebnisse und belohnt die er- (WFIMC)« listet buchstäblich hunderte von Wettbewerben gehören zum Handlungsrepertoire eines akademischen Ar- brachte Leistung mit einer Reihe von anschließenden För- auf. beitskraftunternehmers …« (Martin Winter, Wettbewerb im derprojekten. Die 170 Regionalwettbewerbe erlauben den Hochschulwesen, 2012) – das gilt längst auch für Musikerin- Teilnehmenden eine erste Einordnung mit Gleichgesinnten nen und Musiker. des eigenen Landkreises. Wer zum Landeswettbewerb dele- In der Wettbewerbsgesellschaft: Die Ambivalenz giert wird, stellt sich dem Vergleich mit Gleichaltrigen seines zwischen Wettbewerb und Zusammenspiel Bundeslandes und er vergrößert das Forum nochmals, sobald Eine andere Sicht auf die Dinge? Ob Solo, Duo oder Orchester: Die Ambivalenz zwischen Wett- er sich für den Bundeswettbewerb qualifiziert hat. Die eige- Der Wettbewerb als Kulturaustausch bewerb und Zusammenspiel prägt auch die Arbeit in jeder nen musikalischen Fähigkeiten, Lampenfieber, Präsenz, Fo- Musikhochschule. In Musikhochschulen finden Wettbewer- Sowie die Idee des Wettbewerbs unsere Gesellschaft prägt, kussierung auf den Moment des Vorspiels, den Umgang da- be für vielerlei Instrumente, für Gesang und diverse Ensem- so ist das Marketing inzwischen zu einem ihrer wichtigs- mit und die Bewältigung dieser Herausforderungen kann bles statt, und in der Musikhochschule wird auf die Wettbe- ten Instrumente geworden. Ein Wettbewerb läuft nicht rich- man bei »Jugend musiziert« im geschützten Raum erpro- werbe draußen vorbereitet. Bereits ganz am Anfang steht im- tig? Dann muss die Werbung verbessert werden. Eine Eh- ben und so einschätzen, ob man den Weg hin zum Profi-Mu- mer und für jede und jeden ein Wettbewerb: Die internatio- renrettung des Wettbewerbs ist meiner Meinung nach eine siker bzw. zur Profi-Musikerin weiter gehen will oder kann. nal zusammengesetzte Studierendenschaft kommt über den spezifische Sicht auf den Wettbewerb, die der Hochschulty- Wettbewerb der Aufnahmeprüfung in die Hochschule. Und pus Musikhochschule leisten kann – besser als jeder andere Welche Eigenschaften weisen die prototypischen dann gilt für die klassischen Instrumente: Solist sein oder Hochschultypus. Die Musikhochschulen sind nicht nur Bil- Gewinner und Gewinnerinnen des Wettbewerbs auf? einen Platz in einem renommierten Orchester bekommen dungsstätten und Veranstalter, sie sind international – so ― Zunächst einmal sprechen wir bei »Jugend musiziert« ist oberstes Ziel, und auf dem Weg dahin sollte man sich Fä- international, wie es viele Universitäten hierzulande gerne nicht von »Gewinnern«, sondern von Preisträgerinnen und higkeiten im Ensemblespiel aneignen, denn der »Ensemble- wären. Hier studieren künstlerische Individuen aus den un- Preisträgern. Denn die Jurygremien können Punkte und Prei- starke« Musiker ist – das weiß man längst – auch der bessere terschiedlichsten Ländern, die sich der Kunst verschrieben se mehrfach vergeben. Der Reiz dieses Jugendwettbewerbs be- Solist oder Orchestermusiker. Nun sind Hochschulen nicht haben und dafür bereits viel Handwerk, Können, Kreativi- steht gerade darin, dass sich hier ein breites Spektrum mu- nur Bildungsstätten, sondern auch Veranstalter. Je kleiner die tät mitbringen. Klasse statt Masse: Es geht um sorgsam aus- sikinteressierter Jugendlicher versammelt: Hobbymusiker Heimatstadt der Hochschule, desto wichtiger ihre Konzer- gewählte Wettbewerbe, in denen sich die Studentinnen und ebenso wie diejenigen, die sich längst für einen Musikberuf te. In größeren Städten wird die Konkurrenz der Veranstal- Studenten begegnen und voneinander lernen und bei denen entschieden haben. Neugier, Teamgeist, Empathie sind bei ter zur Herausforderung. Auf der Bühne und im Graben der in die Überlegungen der Jurys pädagogische Erwägungen »Jugend musiziert« häufig anzutreffende Tugenden. Ein paar Musikhochschule »zählt« jedes Mal, und jedes Mal erwartet einfließen können. Jede und jeder Einzelne soll als künstle- Eigenschaften sind es jedoch, die besonders in der Leistungs- das Publikum »Präsenzeffekte« (Hans Ulrich Gumbrecht), rische Persönlichkeit wahrgenommen werden. Ausgewählte spitze vertreten sind: ein überdurchschnittlicher Leistungs- die sich einprägen. Der Wettbewerb um einen Geldpreis, eine Wettbewerbe und die Diskussion über das Wettbewerbswe- wille, eine hohe Frustrationsgrenze, eine auffallende Struk- CD-Aufnahme, ein Konzert, ein Vorspiel prägt den Tag und sen selbst, dafür sind die Musikhochschulen und ihre Mu- turiertheit und die Bereitschaft, sich ausdauernd und inten- das Ensemble, das Zusammenspiel den Abend? Max Weber sikprofessoren eben auch da. siv mit der Musik auseinanderzusetzen und sich geradezu in hat Konkurrenz »den friedlichen Kampf« genannt. Der hat sie zu versenken. in Wahrheit in einzelnen Klassen oft auch eine andere Seite: Regula Rapp ist Musikwissenschaftlerin Es gibt Autoritätsprobleme und Abhängigkeiten, entmutigen- und Rektorin der Staatlichen Hochschule für Musik Edgar Auer ist Musikwissenschaftler, seit 1983 Mitarbeiter in der de Konkurrenz, Ängste und Beruhigungsmittel. und Darstellende Kunst Stuttgart Bundesgeschäftsstelle »Jugend musiziert« und seit 2008 Projektleiter ? Mehr zum T‌hema kulturelle Bildung finden Sie im Internet →www.kultur-bildet.de 9

Cha b? nce Wettbewer

Sollten angehende Künstler und Musiker im Studium an Wettbewerben teilnehmen? Auf die richtige Auswahl kommt es an � Herbert Grüner

er sich für ein künstlerisches Studium Es gibt eine enorme Anzahl von Wettbewerben un- nutzen wie beispielsweise – in Anlehnung an Ar- Neben der Wahl des richtigen Wettbewerbs ist die entscheidet, entscheidet sich auch da- terschiedlicher Ausrichter, Zielgruppen, Bedin- nold Jacobshagen: Musikwettbewerbe, Preise und konkrete künstlerische Vorbereitung auf den aus- für, zukünftig in einer Wettbewerbsa- gungen und Ziele. Alleine sich darüber zu infor- Stipendien, 2011: gewählten Wettbewerb und dessen Bedingungen Wrena zu agieren. Ob diese Arena profit- (Kreativ- mieren, ist eine zeitaufwändige Angelegenheit, (räumliche, zeitliche, personelle etc.) die nächste wirtschaft) oder non-profit-orientiert (öffentli- auch wenn es eine Reihe von informativen Platt- ▶▶Ausschreibungsradius: regional, national, Herausforderung. Handreichungen und Checklis- cher oder zivilgesellschaftlicher Kulturbetrieb) formen gibt, wie z. B. www.artports.com, www.miz. international (gibt nicht zuletzt Auskunft ten können hierbei Hilfe leisten (u. a. www.kultur- ist, stets weist sie eine Gemeinsamkeit auf: es gibt org, www.bbk-bundesverband.de. Das ersetzt je- über die zu erwartende Breite und Tiefe der preise.de, World Federation of International Music eine Vielzahl von Wettbewerbern! Sie alle haben doch nicht die eigene Entscheidung: Ist es für mich Konkurrenzsituation) Competition www.wfimc.org). Schließlich ist auch ein Ziel – sich im Wettbewerb um Wahrnehmung, der richtige Wettbewerb zum richtigen Zeitpunkt? ▶▶Altersstufen (gibt Auskunft über künstleri­- der Umgang mit dem Ergebnis zu erlernen. Sowohl Anerkennung, Wertschätzung, Kunden, Rezipien- An dieser Stelle sei auf die eingangs skizzierten sche Erfahrung von Wettbewerbern) das Gewinnen als auch das Verlieren ist absolut ten, Zuhörer, Kuratoren, Journalisten, materielle kulturellen Unterschiede der künstlerischen Fach- ▶▶Leistungsniveaus (nehmen Profis, gesehen weder gut noch schlecht. Vielmehr zählt wie immaterielle Ressourcen etc. durchzusetzen! kulturen verwiesen. Sie schlagen sich in Anforde- semiprofessionelle oder Laienkünstler teil) es, wie durch ein Wettbewerbsergebnis künstleri- Bei aller Gemeinsamkeit gibt es jedoch zwischen rungen und Rahmenbedingungen von Wettbewer- ▶▶Veranstalter (Unternehmen, Stiftung, sche Ziele, Positionen, persönliche Entwicklungen künstlerischen Fachkulturen Unterschiede im Ver- ben in den Künsten nieder. So kann z. B. ein Wett- eine öffentliche Institution; was sind deren nachhaltig befördert werden. ständnis von Wettbewerb. Während z. B. in der bewerb in der Freien Kunst die Auflösung fester Visionen, Ziele, Beweggründe) Kunst im Wettbewerb mag für einige eine Hor- Freien Kunst Wettbewerb im Sinne eines forma- Gattungsgrenzen berücksichtigen (Malerei, Per- ▶▶Kategorien (passt meine künstlerische rorvorstellung sein. Kunst im Wettbewerb ist je- lisierten Vergleichs der Besten mit Blick auf eine formance, Installation etc.), mit der Folge, dass Leistungen in die Kategorie z. B. Gesang doch für sowohl für Studierende der Künste wie qualitative Stufung (was ist »gute«, was »besse- sehr breit ausgeschrieben und eingereicht wird. oder Performance) bereits ausgebildete Künstler eine Chance, sich sei- re« Kunst?) zumeist abgelehnt wird, ist in anderen Wettbewerbe in anderen künstlerischen Bereichen, ▶▶Entscheider (gibt es eine Jury, wie ist nes eigenen künstlerischen Tuns zu vergewissern, künstlerischen Bereichen wie z. B. klassischer Mu- wie z. B. der darstellenden Kunst oder Musik, be- sie besetzt) unter professionellen Gesichtspunkten zu präsen- sik oder Tanz eine differenzierte Bewertung an- nennen hingegen oftmals bereits in der Ausschrei- ▶▶Verfahren (gibt es ein klares, nachvoll- tieren und fruchtbar für die eigene künstlerische hand genauer Kriterien durchaus zu finden. Trotz bung sehr genau den erwarteten Wettbewerbs- ziehbares Verfahren der Teilnahme und Arbeit nachhaltig zu nutzen. Darin besteht auch eines unterschiedlichen Verständnisses gilt: Wett- beitrag und enthalten ggf. eine genau definier- der Teilnahmebedingungen) die große Verantwortung, sowohl für den Teilneh- bewerbe in den Künsten sind organisierte kompe- te Repertoireliste (welche Stücke, welche Spra- ▶▶Gewinne (materielle und immateriellen mer als auch den Ausrichter von Wettbewerben. titive Veranstaltungen, an denen Künstler teilneh- che, welche Epoche, welches Instrument etc.). Je Leistungen, geht der Gewinner Verpflichtun- Darüber müssen sich die Akteure der Wettbewerb- men, um mit und gegen andere anzutreten und zu nach Wettbewerbscharakter und -kultur steht der gen ein, wie z. B. Abgabe von Rechten) sarena stets bewusst sein. gewinnen. Es ist deshalb sinnvoll, bereits im Stu- Wettbewerbsteilnehmer vor einer gänzlich ande- dium Wettbewerbsarenen der Kunst kennenzu- ren Aufgabe, wird sich anders vorbereiten, erlebt Die Teilnahme und das Sammeln von Erfahrungen Herbert Grüner ist Rektor der Hochschule für Künste lernen und an Wettbewerben teilzunehmen. Das Wettbewerb stärker oder weniger stark als direk- kann ein Gewinn sein, birgt aber auch Gefahren. Bremen und Inhaber der Professur für Wirtschafts­ unterstützen auch die deutschen künstlerischen ten Vergleich mit anderen und sieht sich Jurys mit Wer sich sehr früh und am Beginn seiner künstle- wissenschaften an der Kunsthochschule Berlin-Weissensee Hochschulen, indem sie selbst prominente Wettbe- unterschiedlichem Verständnis und unterschied- rischen Entwicklung in die Konkurrenz mit zum werbe mitorganisieren, wie z. B. den »Felix Men- lichen Aufgaben gegenüber. Teil deutlich älteren und erfahreneren Kollegen delssohn Bartholdy Hochschulwettbewerb« in der Bereits die Auswahl des richtigen Wettbewerbs begibt, kann bereits zum Karrierestart einen er- Musik oder den Bundeswettbewerb »Kunststuden- zum richtigen Zeitpunkt ist also eine Leistung. Es heblichen – auch öffentlichen – Dämpfer erfahren, tinnen und Kunststudenten stellen aus«. Schließ- ist deshalb sehr ratsam, sich auf die Suche und der das eigene künstlerische Selbstwertgefühl und lich ist es unbestritten, dass das Renommee eines Auswahl geeigneter Wettbewerbe, ihrer Struktur, die Entwicklung schwächt und einen dauerhaften Künstlers auch durch Wettbewerbsgewinne, Prei- Kultur und Bedingungen, gut vorzubereiten. Es negativen Eindruck bei Jurymitgliedern und Rezi- se, Stipendien etc. mitbestimmt wird. lohnt sich dabei eine Reihe von Prüfkriterien zu pienten hinterlässt. Kultur bildet. Beiträge zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 10

Die jungen Wilden Wer als Künstler Karriere machen will, muss sich auf die Regeln des Kunstmarktes einlassen. Das bekommt vor allem der Nachwuchs zu spüren � Kristian Jarmuschek

unstwerke haben einen Wert »an und hochschulrektorenkonferenz organisierten Akademi- stallationen. Abseits der geschützten Sphären öffent- für sich«, sie sind Anschauungsobjekte en, Kunsthochschulen und Universitäten studieren. licher Stipendienprogramme sind die New Positions mit symbolischem Wert und sind sich in Jede Hochschule ist eingeladen, jeweils zwei Studie- ein wichtiges Instrument, neuesten künstlerischen ihrer Vollendung selbst genug. In dieser rende zu nominieren. Das Auswahlverfahren legen Positionen Raum in der Realität des Kunstmarkts zu Überzeugung zementiert sich der hart- die Hochschulen selbst fest. Der Wettbewerb soll den geben und ihnen damit den Einstieg in diesen Markt näckig haltende Antagonismus von Kunst und Geld, teilnehmenden Kunststudierenden die Möglichkeit zu ermöglichen. Sie ziehen in besonderer Weise das KWert und Preis. Doch wovon soll der Künstler »an und geben, ihre Werke außerhalb der Akademieräume zu Interesse der Sammler und des Fachpublikums aus für sich« leben? Ein Dilemma. zeigen und Erfahrungen im professionellen Ausstel- den Museen und Institutionen auf sich. Für Absolventen, die frisch von den Kunsthoch- lungsbetrieb einer renommierten Institution zu sam- Unter dem Titel Academy Positions präsentieren schulen kommen und die noch auf eine überschau- meln, sich der journalistischen Kunstkritik zu stellen auf der Positions Berlin Art Fair in jeweils eigenen Ko- bare Zahl an Förderern und Multiplikatoren blicken und Kontakte zu Galerien, Kunstvereinen, Sammlern jen vier bis fünf Absolventen einer Kunsthochschule können, ist der Zugang zum Markt – und somit zur und Kuratoren zu knüpfen. bzw. die Preisträger einer Kunststiftung ihre Kunst- Sicherung der künstlerischen Existenz – eine Hürde, Ohne Frage stellt die Bundeskunsthalle einen der werke. Academy Positions ist eine Weiterentwicklung die es zu nehmen gilt. Gleichzeitig befinden sie sich hervorragendsten Ausstellungsräume Deutschlands des im Rahmen der Preview Berlin entstandenen For- in einem Stadium ihrer Entwicklung, die per se gro- dar. Gelegen in einem der traditionellen Zentren der mats »Emerging Art and Mediation«. Es wendet sich ßes Potenzial hat, Aufmerksamkeiten zu wecken: Jun- zeitgenössischen Kunst stellt der Besuch trotz der den Absolventen von Kunsthochschulen und jungen ge Künstler mit neuen Ideen und künstlerischen Posi- Kopplung der Eröffnung an die Woche der Art Cologne Kunstvermittlern zu und setzt direkt bei den Künst- tionen werden vom Publikum – und somit auch vom eine gewisse Herausforderung dar. Auch in der Kunst- lern im Moment des Übergangs vom Studium in die Markt – gesucht und sind dort hoch willkommen. Man szene gibt es eine Ökonomie der Aufmerksamkeit, in- künstlerische Selbstständigkeit an. Ziel ist, durch ex- lechzt geradezu nach neuem »Input«, nach Provoka- sofern braucht es schon ein besonderes Interesse an perimentelle Formen der Kunstvermittlung einer neu- tion und Perspektivwechsel. Die jungen Künstlerin- den jüngsten Positionen zeitgenössischer Kunst, um en Generation von jungen verheißungsvollen Künst- die Ausstellung in der Konkurrenz der an- lern die Gelegenheit zu geben, sich erstmals einer deren zeitlich begrenzten Präsentationen breiten kunstinteressierten (Fach-)Öffentlichkeit zu zu besuchen. Auch stellt der museale Kon- präsentieren. Freigestellt von kommerziellen Erwar- Ein Künstler, der sich auf den Kunstmarkt nicht einlassen text mit Sicherheit eine Herausforderung tungen können junge Künstlerinnen und Künstler ers- möchte, muss sich mit dem Gedanken arrangieren, dass er allein im gestalterischen Sinne für die Künst- te Erfahrungen auf dem Kunstmarkt sammeln: Sie ha- ler dar, bietet aber nicht automatisch eine ben die Möglichkeit, die Gegebenheiten und Grenzen vom Verkauf seiner Kunst nicht leben können wird. Schnittstelle zu den Akteuren des Kunst- auf dem freien Markt auszuloten. Diese Heranfüh- marktes. Darüber hinaus ist bei aller not- rung an eine selbständige Künstlerexistenz jenseits wendigen Auswahl und Fokussierung auf romantisierender Vorstellungen bietet jungen Künst- nen und Künstler, deren Schaffen idealerweise noch einzelne Positionen das Verhältnis der Anzahl der in lern die Chance, sich unter realistischen Bedingun- nicht durch den Markt geprägt ist, wird gewisserma- Deutschland Studierenden und das der Ausgestellten gen auf ihre spätere Karriere vorzubereiten und im ßen Projektionsfläche eines Erlösungswunsches, vor mehr als fragwürdig. Auch bietet die deutsche Kunst- Rahmen der Präsentation auf der Messe hierfür die dem man sich sicher in Acht nehmen sollte, den es hochschullandschaft mehr zeigenswerte Studieren- Grundlagen zu generieren. Für Kuratoren, Sammler, aber auch zu nutzen gilt. de als der zweijährige Turnus vermittelt. Zumindest Galeristen, Museumsleiter und Journalisten bietet Zuvor sollte klar sein: Ein Künstler, der sich auf eine jährliche Realisierung des Formates wäre wün- sich quasi ein vergleichender Rundgang zwischen den den Kunstmarkt nicht einlassen möchte, muss sich schenswert, vielleicht im Wechsel der Häuser in Bonn Absolventen verschiedener Kunsthochschulen, der ge- mit dem Gedanken arrangieren, dass er allein vom und Berlin. bündelt die präsentiert, die als progressivste und viel- Verkauf seiner Kunst nicht leben können wird. Eine weitere besondere, unmittelbar auf den versprechendste Positionen erscheinen. Kunsthochschulen sind geschützte Bereiche, ge- Kunstmarkt abzielende Form der Förderung junger Viele Dinge müssen zusammenkommen, damit wissermaßen »Räume auf Zeit«, die den angehenden Künstlerinnen und Künstler sind die New Positions. Künstler und ihre Kunstwerke auch auf dem Kunst- Künstlern das theoretische und praktische Rüstzeug In Form von Förderkojen werden Experimentierfel- markt Anerkennung finden: künstlerische Qualität in die Hand geben, eine eigene Position zu beziehen. der für nicht etablierte Kunst seit 1980 alljährlich auf muss erkannt und sichtbar gemacht werden, sie setzt Sie sind die Grundlage jeder künstlerischen Existenz der Art Cologne zusammen mit dem Bundesverband sich nicht im Selbstlauf durch. Sie bedarf der Entde- (unabhängig jeder Marktgebundenheit). Auch zum Deutscher Galerien und Kunsthändler e.V. (BVDG) ckung, der Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit, sie be- Verlassen dieses geschützten Bereichs braucht es eine realisiert. Dieses Format soll jungen, exzeptionell ar- darf der mutigen und klugen Vermittlung und des Ver- Entscheidung. beitenden Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- ständnisses ebenso wie der unermüdlichen Förderung. Für den Kunstmarkt ist die Tatsache, dass ein und Ausland den Einstieg in den Kunstmarkt ermög- Sie bedarf der Anerkennung von Kuratoren und öf- Künstler auch anderen bereits aufgefallen ist, ein lichen und das Interesse der Sammler und des Fach- fentlichen Institutionen ebenso wie eines interessier- wichtiger Filter. Letztlich ist die Ausstellung selbst publikums aus den Museen und Institutionen auf sich ten und kaufkräftigen, möglichst treuen Publikums. das größte Wertsteigerungsargument im Kunstmarkt, und die präsentierende Galerie ziehen. Es ist völlig richtig zu hoffen, als Künstler eine ins- da sie zum einen Aufmerksamkeit generiert und zum Eine jährlich wechselnde Jury, die sich jeweils aus titutionelle Karriere zu schaffen. Junge Künstler soll- anderen Aufmerksamkeit beweist. Ohne diese ist es zwei Galeristen, einem Künstler, einem Kurator und ten sich der Herausforderung einer Ausstellung im quasi unmöglich für einen jungen Künstler, im Kunst- einem Kunstkritiker zusammensetzt, wählt unter al- Kontext stellen können. Die Einbindung von kompe- markt erfolgreich zu sein. Wichtige Plattformen zur len Bewerbungen bis zu 20 bis 25 Künstlerinnen und tenten Juroren ist bei Wettbewerben immens wich- Erlangung eines entsprechenden Bekanntheitsgra- Künstler aus. Bewerben können sich Künstler aus- tig, denn junge Künstler wachsen an einem qualifi- des in der Kunstszene sind etwa die Rundgänge in den schließlich über ihre Galerie, die als Aussteller auf der zierten Feedback. Kunsthochschulen, Absolventenausstellungen in Ga- Art Cologne vertreten ist. Für die nominierten Künst- Der Kunstmarkt ist ein komplexes Geschäft. Ge- lerien oder Wettbewerbe von Fördervereinen und In- lerinnen und Künstler steht direkt neben dem Stand rade junge Künstler haben es schwer, im umkämpf- stitutionen. der sie vertretenden Galerie eine 25 m² große Koje ten Markt Fuß zu fassen. Innerhalb des Systems gibt Ein bekanntes Beispiel für eine solche Plattform ist zur Verfügung. Die Auswahl der dort präsentierten es aber Kategorien, Wettbewerbe und Filter, mit und die alle zwei Jahre in der Bundeskunsthalle in Bonn re- Werke und die Gestaltung der Koje sollen in der Hand durch deren Hilfe Künstler Karriere machen können. alisierte Ausstellung »Kunststudentinnen und Kunst- der Künstlerinnen und Künstler liegen. Diese funktio- studenten stellen aus«. Ausgestellt werden Künstle- nieren wie kuratierte Einzelausstellungen, umfassen Kristian Jarmuschek ist Vorsitzender des Bundesver- rinnen und Künstler, die an einer der 24 in der Kunst- überwiegend mehrere Werke, Werkgruppen oder In- bandes Deutscher Galerien und Kunsthändler e.V. Mehr zum T‌hema kulturelle Bildung finden Sie im Internet →www.kultur-bildet.de 11

Lernen, eine Stimme zu haben

Der Bundeswettbewerb Biennale lettschule des Württembergischen Staatstheaters Tanz­ausbildung und seine Stuttgart; Palucca Schule Dresden – Hochschule für Tanz; Staatliche Ballettschule Berlin und Schule für Bedeutung für die berufliche Artistik/Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Entwicklung � Gabi Beier Busch«; Staatliche Hochschule für Musik und Dar- stellende Kunst Mannheim/Akademie des Tanzes) aum ein künstlerischer Wettbewerb ist bis zur »Ausbildungskonferenz Tanz« (AKT) zusam- heute mit so vielen Klischees behaftet wie men und luden bereits ein Jahr später zur 1. Bien- ein Tanzwettbewerb. Noch immer verbin- nale Tanzausbildung/Tanzplan Deutschland nach Kden sowohl Fachleute als auch das interessierte Pu- Berlin ein. Die Biennale fand im Rahmen des Fes- blikum mit einem Tanzwettbewerb in erster Linie tivals CONTEXT #5 am HAU Hebbel am Ufer statt einen Wettkampf junger, exzellent ausgebildeter und brachte zum ersten Mal Studierende aller na- Tänzer. Es geht um Perfektion und Höchstleistun- tionalen staatlichen Ausbildungsinstitutionen zu- gen. Die großen internationalen Tanzwettbewerbe sammen. Neben den öffentlichen Präsentationen sind, auch wenn von den jungen Teilnehmern ver- der künstlerischen Arbeiten waren es vor allem das schiedene künstlerische Beiträge gefordert werden, gemeinsame Training, die Diskussionsrunden und in erster Linie Ballettwettbewerbe. Wer einen der Arbeitsgruppen, die zeigten, wie notwendig und Preise bei den traditionsreichen Wettbewerben in unabdingbar solch eine Plattform für die Studie- Varna, Lausanne, Moskau oder Tokio gewinnt, dem renden ist. Es wurde bereits hier eine neue Form öffnen sich die Türen in die Welt des Balletts ein eines künstlerischen Wettbewerbs geschaffen, die großes Stück weit. Die Engagements in den weni- es jungen Tanzschaffenden ermöglicht, die eige- gen großen Ballettkompanien sind begehrt und die ne künstlerische Praxis zu anderen ins Verhältnis Zeit, in der klassisches Ballett auf einem hohen Ni- zu setzen und in Austausch zu treten. Preisträger veau möglich ist, ist beschränkt. sind alle Studierenden, die von ihren Schulen für Auch in Deutschland waren zum überwie - die Biennale und damit für die Teilnahme an den genden Teil die Ballettsparten an den Stadt- und Workshops, Panels und Präsentationen ausgewählt Staatstheatern noch bis Mitte der 1990er Jahre das werden. Berufsziel der Absolventen an den verschiedenen Die 2. Biennale Tanzausbildung fand 2012 in staatlichen Ausbildungsinstitutionen. Den struk- Essen statt und war ein gemeinsames Projekt der turellen Veränderungen in der deutschen Theater- Folkwang Universität, der Ausbildungskonferenz landschaft nach der Wiedervereinigung und den Tanz, des Bundesministeriums für Bildung und Der Wettbewerb »Kunststudentinnen und Kunststudenten Jahr für Jahr massiver werdenden finanziellen Ein- Forschung, von Tanzplan Deutschland und der stellen aus« ist für viele junge Talente die erste Gelegen- schnitten, vor allem an den Theatern in kommuna- Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010. Nach dem ler Trägerschaft, fielen danach in großem Umfang Ende des Tanzplans 2010 sagte das Bundesminis- heit, ihre Werke im Rahmen einer großen Sammelausstellung die Stellen für Tänzer zum Opfer, indem Tanzspar- terium für Bildung und Forschung zu, fortan die zu präsentieren � Anne Renner ten an den Häusern geschlossen oder Kompanien Biennale Tanzausbildung regelmäßig zu fördern. zusammengelegt wurden. Der Prozess der Profes- Nach der 3. Biennale 2012 in Frankfurt/Main fand lle zwei Jahre findet in der Bundeskunst- mit Restauratoren und Technikern zusammen, sionalisierung des Tanzes in freien Strukturen und die 4. Biennale 2014 in Dresden erstmals als kultu- halle in Bonn eine Ausstellung der ganz die auch genau auf Aspekte wie Brandschutz und seine Entwicklung zu einer Sparte von kulturpo- reller Bundeswettbewerb des Bundesministeriums besonderen Art statt. Um die 50 junge Fluchtwege achten. Während des Aufbaus fin- litischer Relevanz bis hin zu seiner immensen Be- für Bildung und Forschung (BMBF) statt. Damit ist AKünstlerinnen und Künstler zeigen einen Mo- det ebenfalls ein intensiver Austausch der Stu- deutung in der kulturellen Bildung fand zwar pa- es – in Abstimmung mit den Bundesländern – nicht nat lang ihre Arbeiten. Die Werke behandeln ver- dierenden untereinander statt. Die Diskussio- rallel, aber nicht in gleichem Tempo wie die rasan- nur gelungen, diese so wichtige Plattform für jun- schiedenste Problematiken, stammen aus allen nen über Arbeitsweisen, Problematiken und Er- ten Kürzungen an den Theatern statt. Damit ein- ge Tanzkünstler zu verstetigen, sondern ihr auch Medien der Freien Bildenden Kunst, die Künst- fahrungen geben ihnen neue Impulse und erwei- hergehend musste die Frage »Wofür bilden wir eine langfristige Planungs- und Entwicklungsmög- lerinnen und Künstler aus allen Ecken der Bun- tern ihr Netzwerk. aus?« an den Ausbildungsinstitutionen für Tanz lichkeit zu sichern. Die 5. Biennale ist für 2016 in desrepublik. Es ist die einzige länder- und spar- Am Ende steht eine Ausstellung, die ein Pa- neu gestellt werden. Köln geplant. tenübergreifende Ausstellung von Kunststudie- norama der Kunstproduktion und den Ausbil- Mitten in diesem Prozess wurde 2005 neben Es hat sich bereits zu einer Tradition entwi- renden in Deutschland und das Herzstück des dungsstand an den deutschen Kunsthochschu- anderen Projekten des Tanzplans Deutschland, ei- ckelt, die Biennalen thematisch auszurichten. Da- Bundeswettbewerbs »Kunststudentinnen und len zeigt. Dann obliegt einer dreiköpfigen Jury ner Initiative der Kulturstiftung des Bundes, un- mit können zum einen aktuelle künstlerische Dis- Kunststudenten stellen aus«. von Kunstexpertinnen und -experten die schwe- ter der Leitung von Ingo Diehl (heute Professor an kurse aufgegriffen und die teilnehmenden Studie- Der vom Bundesministerium für Bildung und re Aufgabe, zu entscheiden, welche Künstlerin- der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst renden in die Lage versetzt werden, sich in prak- Forschung (BMBF) geförderte und vom Deut- nen und Künstler mit einem Förderpreis aus- Frankfurt/M.) ein Schwerpunktbereich »Ausbil- tisch-professionellem Umfeld auszuprobieren, schen Studentenwerk organisierte Wettbewerb gezeichnet werden. Der Wettbewerb ist insge- dungsprojekte« geschaffen, der sich genau dieses zum anderen ist dadurch eine gezieltere Vorbe- wurde 1983 ins Leben gerufen und wird nächstes samt mit einem Preisgeld von 30.000 Euro do- Problems annahm. Durch diese Initiative konnten reitung seitens der Pädagogen, Tanzexperten und Jahr zum 23. Mal ausgeschrieben. Er richtet sich tiert. Preise sind ein wichtiges Qualitätsmerkmal in enger Zusammenarbeit aller beteiligten staatli- Theoretiker möglich. Fand die 1. Biennale zu Fra- an die 24 in der Rektorenkonferenz der Kunst- in einer Künstlervita, und mit dem Wettbewerb chen Ausbildungsinstitutionen mit internationa- gen der Einführung neuer Lerntools und Multime- hochschulen organisierten Akademien, Hoch- sollen Kunststudierende, die kurz vor ihrem Ab- len Experten Fragen nach neuen Inhalten und Me- dia-Projekte statt, beschäftigte sich die 2. Biennale schulen und Universitäten, die jeweils zwei ih- schluss stehen, in der Szene bekannter gemacht thoden der Ausbildung als Reaktion auf die sich mit Modellen der Rekonstruktion. Die 3. Biennale rer Studierenden, in Einzelfällen auch Künst- werden. ändernde künstlerische Praxis eingehend unter- hatte das Kulturerbe Tanz zum Thema und 2014 in lergruppen, für die Teilnahme nominieren. Wer Im Rahmen von Ausstellungseröffnung und sucht werden. Im Zusammenhang damit und als Dresden ging es – erstmals auch mit ausländischen und wie nominiert wird, ist den Kunsthochschu- Preisverleihung, zu der bis zu 1.000 Gäste kom- weitere Projekte des Tanzplans Deutschland wur- Gasthochschulen – um »Education profession – A len selbst überlassen. men, ergebt sich weiterhin für einige Teilneh- den mit dem Hochschulübergreifenden Zentrum creative process«, also um den Übergang von der In einem so großen und renommierten Haus merinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, Wer- Tanz Berlin – einem von der Universität der Künste Ausbildung in den Beruf und das Verstehen dieses wie der Bundeskunsthalle auszustellen, ist für ke zu verkaufen oder für weitere Ausstellungsbe- Berlin, der Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Prozesses als einen kreativen Akt. Gerade dieses Kunststudierende keine Selbstverständlichkeit teiligungen angefragt zu werden. Ein hochwer- Busch« Berlin und dem Netzwerk Tanzraum Ber- Thema entfachte unter den Studierenden und auch und ein zentraler Aspekt der Künstlerförderung, tiger Ausstellungskatalog, der jeweils von einer lin getragenen und gestalte- unter den Pädagogen rege die der Wettbewerb zum Ziel hat. Die Teilneh- der Kunsthochschulen gestaltet wird, bietet zu- ten Konstrukt – eine gänz- Diskussionen. Fragen wie menden lernen einen professionellen Kunst- sätzliche Informationen zu den teilnehmenden lich neue Institution und Es geht um Perfektion und »Wie sieht der Markt aus, betrieb kennen, der ihnen hochwertige Räum- Künstlerinnen und Künstlern. Er wird gezielt an mit den Masterstudiengän- in den ich eintreten wer- lichkeiten bietet. So kann in der großen Halle Galerien versendet und ist in der Buchhandlung gen »Choreografie und Per- Höchstleistungen. de?«, »Was muss ich ler- der Bundeskunsthalle eine Deckenhöhe von gut in der Bundeskunsthalle und beim Deutschen formance« (Gießen/Frank- nen, um für den Markt gut neun Metern bespielt werden, und viele Teil- Studentenwerk erhältlich. furt) und »Tanzpädagogik« vorbereitet zu sein?« oder nehmende produzieren Arbeiten für die spezi- Einige der Teilnehmerinnen und Teilneh- (Frankfurt) neuartige Studiengänge eingerichtet. »Wie finde ich die richtigen Netzwerke?« mach- fischen Gegebenheiten vor Ort. Die spannendste mer des Bundeswettbewerbs »Kunststudentin- Es hatte sich gezeigt, dass vor allem die regelmäßi- ten deutlich, dass es noch immer die Lücke zwi- und intensivste Phase des Wettbewerbs ist daher nen und Kunststudenten stellen aus« aus den gen Arbeitstreffen, an denen sowohl Lehrende als schen Ausbildung und Beruf im Tanz gibt, dass der einwöchige Ausstellungsaufbau. Nach mo- letzten drei Jahrzehnten haben inzwischen den auch Studierende beteiligt waren, von unschätzba- aber beide Seiten in Bewegung sind und die Stu- natelangem Kontakt und gemeinsamen Über- Durchbruch in der Kunstszene geschafft. So- rem Wert sind und als quasi begleitende Maßnah- dierenden mehr und mehr lernen, sich zu artiku- legungen, wie man zum Beispiel einen fünf wohl Tomás Saraceno als auch Tobias Rehber- men auch nach dem Auslaufen des Tanzplans 2010 lieren, Fragen zu stellen, Fehlstellen zu benennen Meter hohen Kaugummiautomaten am besten ger, Alicja Kwade, und Thomas Zipp sind Alum- fortgeführt werden sollten. und nicht zuletzt durch permanenten Austausch nach Bonn transportiert, lernen sich Organisa- ni des Wettbewerbs. Eine Garantie für eine er- Im Februar 2007 schlossen sich alle elf staat- sogar in die Lage versetzt werden, sich ihr Berufs- tionsteam und Künstlerinnen und Künstler per- folgreiche Karriere kann der Wettbewerb nicht lichen Tanzausbildungsinstitutionen in Deutsch- feld selbst zu kreieren. sönlich kennen. sein, wohl aber ein Baustein um den Übergang land (Ballettschule des Hamburg Ballett; Folkwang Welche Erfahrungen und Erwartungen die von der Hochschule in ein alles andere als einfa- Hochschule Essen; Heinz-Bosl-Stiftung/Ballett- Gabi Beier ist Tanzdramaturgin und leitet das einzelnen Teilnehmenden mitbringen, ist sehr ches Berufsfeld zu meistern. Akademie München; Hochschule für Musik und von ihr mitgegründete ada Studio für zeitgenössischen unterschiedlich. Einige werden bereits durch Tanz Köln; Hochschule für Musik und Darstellen- Tanz in Berlin. Sie unterrichtet und begleitet junge eine Galerie vertreten, andere haben wenig Aus- Anne Renner ist Projektkoordinatorin de Kunst Frankfurt/M.; Hochschulübergreifendes Choreo­grafen national und international, zuletzt in stellungserfahrung und arbeiten zum ersten Mal im Kulturreferat des Deutschen Studentenwerks Zentrum Tanz Berlin; John-Cranko Schule – Bal- Vancouver und Victoria, Kanada Kultur bildet. Beiträge zur kulturellen Bildung | Nr. 8 – November 2015 12

Kurz und knapp

WEITERBILDUNGEN

Creating Dance in Art VERANSTALTUNGEN and Education

Der Zertifikatskurs Creating Dance in 32. Forum Kommunikations- Art and Education vermittelt grund- PERSONALIEN kultur der GMK legende praxisorientierte Fähigkeiten in der Vermittlung des künstlerischen Die Entwicklung hin zur digitalen Ge- Tanzes und der Improvisation, einen Sybille Linke ist neue WETTBEWERBE sellschaft und die notwendige digitale theoretischen Überblick der Geschich- Leiterin des Fachbereichs Kultur Bildungsrevolution erfordern eine me- PUBLIKATIONEN te des zeitgenössischen Tanzes und ei- der Stadt Würzburg dienpädagogische Begleitung. Damit nen Einblick in verschiedenste Praxis- 31. Bundeswettbewerb Chancen gleichwertig genutzt und Ri- felder der Tanzpädagogik. In der ein- Ab dem 1. November 2015 tritt Sybille »Jugend komponiert« siken gemindert werden, müssen Päda- Architektur ganztags – jährigen Weiterbildung werden Fä- Linke die Stelle als Leiterin des Fach- gogik und Bildung die digitale kulturel- Spielräume für baukulturelle higkeiten, Techniken und Methoden bereichs Kultur der Stadt Würzburg an. Bis zum 2. Januar 2016 läuft die Bewer- le Praxis der Heranwachsenden wahr- Bildung erlernt, erprobt und reflektiert, die es Die studierte Theaterwissenschaftlerin, bungsphase für den 31. Bundeswettbe- nehmen, begleiten und in Bildungskon- ermöglichen, den Tanz als Kunstform Anglistin und Germanistin stammt ge- werb »Jugend komponiert«. Es han- zepte integrieren. Mit welchen neuen Das »weite Feld« Architektur mit all an Laien aus unterschiedlichen sozi- bürtig aus Schleswig-Holstein, hat in delt sich um die höchste Auszeichnung Kommunikationskulturen hat die di- seinen interdisziplinären Anknüp- alen und kulturellen Zusammenhän- Berlin und in Glasgow studiert und sich für junge Komponierende zwischen gitale Gesellschaft zu tun, welche For- fungspunkten und seiner Bedeutung gen zu vermitteln. Vorausgesetzt wird berufsbegleitend im Kultur- und Bil- 12 und 22 Jahren in Deutschland. Ins- men sind zukünftig zu erwarten und für ganztägiges Lernen steht im Fokus eine abgeschlossene Tanzausbildung dungsmanagement weitergebildet. Im gesamt 30 Preise werden in den Kate- wie sind sie einzuschätzen? Wie lassen dieser Dokumentation. Es geht um die beziehungsweise eine ähnlich inten- Rahmen des Modellprogramms »Kultu- gorien »Kammermusik« »Solo« und sich durch Medienpädagogik und Me- Möglichkeiten und Chancen der fächer- sive Bewegungserfahrung. Laufende ragenten für kreative Schulen« hat sie »Freie Besetzung« vergeben. Sowohl dienbildung kommunikative Kompe- übergreifenden Vermittlungsarbeit in tanzpädagogische Eigenprojekte der gemeinsam mit 56 Mitarbeiterinnen die Bundespreisträger als auch die För- tenzen von Kindern, Jugendlichen und formellen und informellen Lernräumen, Teilnehmenden sind wünschenswert. und Mitarbeitern insgesamt 138 Schu- derpreisträger erhalten ein Stipendi- Erwachsenen fördern? Und wie kann auch jenseits des Klassenzimmers. Es Anmeldeschluss für den Zertifikatskurs len in fünf Bundesländern betreut und um für die Teilnahme an einer einwö- man Kinder und Jugendliche vor ris- geht aber auch darum, über den institu- ist der 20. November 2015. dabei die Vernetzung der Akteure, von chigen Kompositionswerkstatt in der kanter Kommunikation schützen? Mit tionellen Tellerrand hinauszuschauen → www.ziw.udk-berlin.de den Stiftungen über die Ministerien bis Musikakademie Schloss Weikersheim. diesen und anderen Fragen beschäf- und Möglichkeiten zu schaffen, schuli- hin zu den beteiligten Schulen und ko- An zwei ausgewählte Bundespreisträ- tigt sich das 32. Forum Kommunikati- sche und außerschulische Partner zu- operierenden Kultureinrichtungen ge- ger vergibt das Bundesministerium für onskultur der Gesellschaft für Medien- sammen zu bringen. Der Band doku- Fortbildung »Kultur in der steuert. Als erfahrene Kulturmanage- Bildung und Forschung (BMBF) als Son- pädagogik und Kommunikationskultur mentiert die zweitägige Tagung »Archi- neuen Gesellschaft« zu sozio­ rin wird sie künftig das kulturelle Le- derpreis ein Stipendium für einen ein- (GMK), das vom 20. bis 22. November tektur ganztags – Spielräume für bau- kulturellen Angeboten ben Würzburgs aktiv mitgestalten und monatigen Aufenthalt im Künstlerhaus 2015 in Köln stattfindet. kulturelle Bildung«, die am 21. und 22. und Projekten für Geflüchtete interessante Perspektiven für die Zu- Schloss Wiepersdorf. → www.gmk-net.de November 2013 im Deutschen Architek- sammenarbeit von Schulen und Kultur- → www.musik-erfinden.de turmuseum in Frankfurt am Main statt- Seit 2014 steigt die Zahl der Geflüchte- institutionen einerseits und in der frei- gefunden hat. ten, die Deutschland erreichen, stark an. en Kulturszene andererseits entwickeln. Zweiter bundesweiter Tag In vielen Teilen der Welt müssen Men- → www.wuerzburg.de Theater- und Tanztreffen der Theaterpädagogik schen vor (Bürger-)Kriegen, politischer der Jugend 2016 »Mehr Drama, Baby« Kulturelle Bildung im inter­ und religiöser Verfolgung und Armut der Berliner Festspiele nationalen Austausch. Synergien fliehen. Die Auswirkungen spüren wir LAKS Baden-Württemberg Nach dem erfolgreichen ersten Tag der und Anknüpfungspunkte alle: die Geflüchteten kommen in eine wählt neuen Vorstand In diesen Tagen beginnt der Bewer- Theaterpädagogik findet am 15. April Gesellschaft, die sich immer mehr zwi- bungszeitraum für das Theater- wie für 2016 der zweite Tag der Theaterpäda- Zahlreiche deutsche Akteure sowie schen Hilfsbereitschaft und Fremden- Die LandesArbeitsgemeinschaft der das Tanztreffen der Jugend 2016. Ein- gogik unter dem Motto »Mehr Drama, Mittlerorganisationen der Auswärti- feindlichkeit polarisiert. Viele sozio- Kulturinitiativen und Soziokulturellen sendeschluss ist der 31. Januar bezie- Baby« statt. Der Bundesverband Thea- gen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) kulturelle Zentren, Kultureinrichtun- Zentren Baden-Württemberg e.V. hat im hungsweise der 31. März 2016. Das The- terpädagogik e.V. (BuT) ruft alle Lehrer, sind im Bereich der kulturellen Bildung gen und Initiativen haben begonnen, Rahmen der Mitgliederversammlung, atertreffen der Jugend richtet sich an ju- Workshop-Leiter, Regisseure, Drama- tätig. Wo gibt es Anknüpfungspunkte den Geflüchteten kulturelle Angebote die am 18. Oktober 2015 in Ravensburg gendliche Theatergruppen: Theater-AGs, turgen, Tanz-, Musik- und eben Thea- zwischen Akteuren und Mittlern in zu machen – oft verbunden mit Veran- stattfand, den Vorstand gewählt. Bestä- Darstellendes Spiel-Kurse, freie Grup- terpädagogen dazu auf, ihre eigene the- diesem Arbeitsfeld? Welche Synergien staltungen, die Kontakt und Austausch tigt wurden Andreas Kämpf, Geschäfts- pen, Jugendtheaterclubs und andere aterpädagogische Aktivität (z. B. Work- entstehen durch Kooperation und wie fördern. Das Tagesseminar »Kultur in führer des Kulturzentrums GEMS e.V. Spielgruppen mit ihren Inszenierun- shops, Aufführungen, offene Proben, könnten sie durch gezielte Maßnah- der neuen Gesellschaft« der Bundes- in Singen und Vizepräsident des Deut- gen – unabhängig davon, ob sie auf eine Diskussionen u. v. m.) an diesem Tag be- men verstärkt werden? Welches Ver- vereinigung Soziokultureller Zentren schen Kulturrates, sowie Laila Koller, Klassikervorlage, recherchiertes oder kannt zu geben und der Öffentlichkeit ständnis von kultureller Bildung liegt e. V., das am 10. Dezember 2015 in Düs- Stellvertretende Geschäftsführerin biografisches Material zurückgreifen. zu präsentieren. So sollen Menschen bei den beiden Akteursgruppen vor? seldorf stattfindet, bietet neben theore- des E-WERK e.V. in Freiburg. Neu in den Um die Teilnahme am Tanztreffen der an möglichst vielen Orten in Deutsch- Und welche Handlungsempfehlungen tischen und praktischen Inputs, einen Vorstand gewählt wurde die bisherige Jugend können sich jugendliche Ensem- land Theater machen, in Schulen, Kin- lassen sich daraus ableiten? Aron Weigl Austausch per World Café an, bei dem Beisitzerin der LAKS Bet­tina­ Gonsio­ bles mit eigenen Tanztheater-Produk- dergärten, Universitäten und Theatern, hat für diese Studie 133 Akteure, die auf gemeinsame Thesen zur Arbeit mit Ge- rek, die die Tanz- und Thea­ter­werk­ tionen bewerben – unabhängig davon, auf Bürgerbühnen, in Kinder-, Jugend- dem Feld der kulturellen Bildung aktiv flüchteten formuliert werden. Je nach statt e.V. in Lud­wigsburg­ leitet. Sie löst was der Ausgangspunkt ihrer Inszenie- und Seniorenzentren, Kliniken, Ama- sind, befragt und leitet Empfehlungen Schwerpunkt der eigenen Arbeitsgebie- damit Sabine Bartsch, Geschäftsführe- rung ist. Gefragt sind jeweils Gruppen, teurtheatern und freien Gruppen … Ziel ab, um Kooperationen zwischen den te kann der Fokus auf unterschiedliche rin des Kulturzentrums Dieselstrasse die eigene Themen finden, diese künst- ist es, eine Diskussion über die Rahmen- Akteuren und Mittlerorganisationen Gruppen gesetzt werden, beispielswei- e.V. in Esslingen, ab, die nicht mehr für lerisch umsetzen und Haltungen aus- bedingungen theaterpädagogischer Ar- der AKBP in Zukunft vermehrt zu rea- se auf die Arbeit mit (unbegleiteten) Ju- den Vorstand kandidierte. drücken. beit in Deutschland in Gang zu setzen. lisieren und Mehrwerte zu generieren. gendlichen. → www.laks-bw.de → www.berlinerfestspiele.de → www.butinfo.de → www.ifa.de → www.soziokultur.de

Kultur bildet. Adresse Redaktion Verlag Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte erscheint als regelmäßige Beilage zur Deutscher Kulturrat e.V. Olaf Zimmermann (Chefredakteur, V. i. S. d. P), ConBrio Verlagsgesellschaft mbH und Fotos übernehmen wir keine Haftung. Zeitung Politik & Kultur, herausgegeben von Mohrenstraße 63, 10117 Berlin Gabriele Schulz (Stv. Chefredakteurin), Brunnstraße 23, 93053 Regensburg Sollte in Beiträgen auf das generische Femini- Olaf Zimmermann und Theo Geißler. Telefon: 030 / 226 05 28 - 0 Verena Schmidt (CvD), Kerstin Hübner, Telefon: 0941 / 945 93 - 0, Fax: - 50 num verzichtet worden sein, geschah dies aus Fax: 030 / 226 05 28 - 11 Andreas Kolb, Carolin Ries, Andrea Wenger, [email protected], www.conbrio.de Gründen der besseren Lesbarkeit. Selbstver- [email protected], www.kulturrat.de ständlich sind immer weibliche als auch männ- Redaktionsassistenz Druck liche Gruppenangehörige einbezogen. Alle Jana Prigge Freiburger Druck GmbH & Co. KG veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Bei­ Gestaltung träge geben nicht unbedingt die Meinung des 4S Design Deutschen Kulturrates e.V. wieder.