Ausg. Nr. 97 • 04. Juli 2011 Unparteiisches, unabhängiges und kostenloses Magazin speziell für Österreicherinnen und Österreicher in aller Welt in vier verschiedenen pdf- Formaten • http://www.oe-journal.at Kein Taktieren mehr

Ein Fall von Wahlbetrug im Mai 2010 hatte eine breite Debatte über das Briefwahlrecht ausgelöst. Ein Jahr später wurde ein Initiativantrag der Koalitionsparteien und des BZÖ in Begutachtung gezogen – und am 16. Juni wurde das Wahlrechtsänderungsgesetz im Parlament beschlossen. Foto: http://www.bilderbox.biz

Das Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 soll die Abgabe der Stimmen bei der Briefwahl einfacher und sicherer machen.

uslöser dieser jüngsten Gesetzesände- Korruption“ ein umfassendes Geständnis ab- länder als solche überhaupt abschaffen und Arung war der Bürgermeister der burgen- legte und von seinem Amt abgelöst wurde. sie nur den AuslandsösterreicherInnen vor- ländischen Gemeinde Unterrabnitz im Be- Und schon zuvor hatten vor allem die Grü- behalten wollte, einigten sich die Regie- zirk Oberpullendorf. Dieser hatte – eigen- nen (und in Wien), den Verdacht geäußert, es rungsparteien SPÖ und ÖVP mit dem BZÖ händig – Wahlkarten gefälscht, um das Er- käme in Pensionistenwohn-, in Pfegeheimen und den Grünen auf dessen Beibehaltung gebnis für seine Partei, die ÖVP, aufzubes- und in Spitälern zu untersuchungswürdigen und verabschiedeten am 16. Juni im Natio- sern. Vorerst reagierte er auf diesbezügliche Vorgängen rund um die Briefwahl, bei der es nalrat das Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 Vorwürfe abwehrend, er könne sich das nicht regelmäßig zu verschiedenen Beeinflussun- in Dritter Lesung: es soll nun, so ist man erklären. Bis er dann bei der „Zentralen gen der Wahlberechtigten gekommen sein überzeugt, sicherer und einfacher sein. Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von soll. Während die FPÖ die Briefwahl für In- Lesen Sie weiter auf der Seite 3 ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 2 Die Seite 2

Liebe Leserinnen und Leser, Otto von Habsburg, ältester Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn, langjähriger Europaabge- ordneter und Ehrenpräsident der Internationalen Paneuropa-Union, ist in den frühen Morgenstunden des 4. Juli 2011 in seinem Haus in Pöcking im Alter von 98 Jahren verstorben. Am 13. Juli wird sein Leichnam in der Basilika Mariazell, am 16. Juli in Wien aufgebahrt und in der Wiener Kapuzinergruft, der Kaisergruft der Habsburger, beigesetzt werden. Wir werden in unserer Ausgabe 98, die ab dem 1. Mai: Kein Ansturm aus dem Osten S 13 1. August verfügbar sein wird, ausführlich über das Leben und den letzten Weg des Otto von Habsburg berichten. Michael Mössmer

Der Inhalt der Ausgabe 97

Wahlrechtsänderungsgesetz Digitale Agenda 52 Kommentar aus Sicht des BMeiA 8 Arbeitsmarkt widerstand der Krise Kommentar aus Sicht des AÖWB 9 überraschend gut 53 Ökostrom-Novelle Österreich hält Wachstumskurs… 55 Novelle macht Österreich Gemeinden: Bekenntnis zum Nulldefizit S 15 4,1 Mrd. Euro für den unabhängig von Atomstrom 10 Sommerurlaub 56 Kein Ansturm aus dem Osten Bronze-Medaille für Erste Zahlen nach der Arbeits- Österreichs Wirtschaft 57 marktöffnung am 1. Mai 13 Tauernautobahn durchgehend Gemeinden bekennen sich zum vierspurig befahrbar 58 Nullfdefizit 15 Wieder auf Schiene 61 Oberösterreich zieht Bilanz 17 Regionalprognosen 2010-2030 62 Donauraum-Strategie 20 G'scheit unterwegs in Wien 64 Der Mensch im Mittelpunkt Weniger Ehescheidungen… 66 der Diplomatie 22 SALON 2011 – Der härteste Wissenschaftsminister in Israel S 23 Wissenschaftsminister auf Weinwettbewerb des Landes 67 bilateralem Besuch in Israel 23 »Groß Gold« für B. Frischmuth 68 Wien wird als Zentrum in Abrüstungsfragen gestärkt 25 »Goldenes Komturkreuz« für Gregor Henckel Donnersmark 69 EVTZ als Turbo für die Zusammenarbeit 26 Ludwig Hirsch erhielt den Goldenen Rathausmann 70 Regionalpolitik – Weltpolitik, Nach- trag zum Europa-Forum Wachau 27 Weichenstellung für den Hochschulbereich 71 Südtirols Landeshauptmann Neuer Supercomputer für zu Besuch in Wien 29 die Wiener Wissenschaft 72 Wiens Klimt-Warm-up in Weltweit einzigartiges Down Under 30 »Josef Danhauser. Bilderzählungen« S 78 Mikroskop an der TU Graz 73 10 Jahre Euro-Münzen 32 Innsbrucks Quanten-Nachwuchs 17. AuslandsNiederöster- erneut erfolgreich 74 reicherInnen-VIP-Treffen 33 Venedig – Seemacht, Kunst und Weltbund-Tagung Karneval auf der Schallaburg 75 Auslandsösterreichertreffen 2011 34 Meisterwerke im Fokus »Josef »Burgenland Journal« Danhauser. Bilderzählungen« 78 Gesamtverkehrskonzept 35 Weltrekord für einen Schiele 82 Das hohe Niveau im Österreichisches Kulturforum bringt Sozialbereich absichern 36 junge KünstlerInnen nach NY 83 Gemeinsam mit Bratislava ANSICHTSSACHEN.Menschenbilder die Region stärken 37 Museums Moderner Kunst Kärnten 85 Imperiales Wien S 95 Vision für professionelle Celestina – Kunstausstellung Ausbildung wird Realität 38 auf Hochosterwitz 86 Impressum: Eigentümer und Verleger: Österreich Grenzenlos mobil vernetzt 39 Revolution am Bodensee Journal Verlag; Postadresse: A-1130 Wien, Dr. Scho- BEWAG baut weltgrößte André Chénier auf der Seebühne 87 ber-Str. 8/1. Für den Inhalt verantwortlicher Her- Windkraftanlage 41 91. Salzburger Festspiele 89 ausgeber und Chefredakteur: Michael Mössmer; Lek- Die Geschichte des Burgenlandes »Jedermann« hoch über 91 torat: Maria Krapfenbauer. Jede Art der Veröffentli- chung nach Rückfrage und bei Quellenangabe erlaubt. Teil 5 unserer Serie 42 Serie »Österreicher in Hollywood« Fotos S. 1: http://www.bilderbox.biz; Seite 2: kom- Weg der Autonomie weitergehen 49 von Rudold Ulrich. Diesmal: die munalnet/ Gemeindebund; http://www.bilderbox.biz; Polen übernimmt die EU- Sängerin Fritzi Scheff 93 BMWF / Anna Rauchenberger; Belvedere, Wien; Ratspräsidentschaft 50 Imperiales Wien 95 Österreich Journal / Michael Mössmer.

In Zusammenarbeit mit dem Auslandsösterreicher-Weltbund und »Rot-Weiss-Rot« – http://www.weltbund.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 3 Innenpolitik

Im Rahmen der Tagesordnung der 110. Wichtig bei den aktuellen Änderungen sei einer höheren Wahlbeteiligung führt. Zwölf Plenarsitzung am 16. Juni verhandelte der der Aspekt der Sicherheit. Zur Verhinderung Prozent der Wählerstimmen werden per Nationalrat das Wahlrechtsänderungsgesetz einer mißbräuchlichen Beantragung müsse Wahlkarte abgegeben, sechs Prozent davon und eine damit in Zusammenhang stehende sich in Zukunft jede Wählerin bzw. jeder werden tatsächlich im Sinne einer Briefwahl Novellierung des Strafregistergesetzes. Bei Wähler bei der Antragstellung mindestens per Post retourniert. Diese Zahlen rechtferti- bundesweiten Wahlen wird es künftig nicht einmal ausweisen. Auch die Stimmabgabe gen, die Briefwahl weiterhin anzubieten.“ mehr möglich sein, Stimmen nach Wahl- werde sicherer. Hier wurde Vorsorge getrof- Nun müsse entweder bei Bestellung oder schluß abzugeben. Das Verbot für Mitglieder fen, daß Boten zwar die Wahlkarte überge- bei Abholung bzw. Zustellung eine Identifi- des Hauses Habsburg, bei Bundespräsiden- ben, aber nicht sofort wieder mitnehmen kation erfolgen. Die Identifikation bei elek- tenwahlen zu kandidieren, wird aufgehoben. dürfen, um eine Beeinflussung zu verhin- tronischer Bestellung könne mittels elektro- In Zukunft soll auch nicht mehr jede Verur- dern. Durch die Streichung der Nachfrist nischer Signatur oder mittels Ausweiskopie teilung zu einer mehr als einjährigen Frei- erfolgen. Weiters werden in Zukunft Wahl- heitsstrafe automatisch den Verlust des akti- karten, die nicht abgeholt oder zugestellt wer- ven Wahlrechts nach sich ziehen. den konnten, eingesammelt. Bei einer Hot- line könne dann erfragt werden, wo die Kar- Briefwahl wird sicherer und einfacher te abgeholt werden könne, um am Sonntag Innenministerin Johanna Mikl-Leitner noch wählen zu können. wies in ihrem Debattenbeitrag besonders auf Wittmann warf auch die grundsätzliche die Wichtigkeit von Wahlen hin, die das Frage auf, ob die Briefwahl eine Ausnahme „Fundament unserer rechtsstaatlichen De- oder die Regel sein soll. In Art. 26 Abs. 6 mokratie“ darstellten. Mit den jetzigen Ver- BVG sei dies eindeutig geregelt. Briefwahl besserungen werde die Briefwahl sicherer sei ein Ausnahmefall bei Verhinderung. „Die und einfacher, dies sei auch im Interesse der Johann Mikl-Leitner Bundesministerin für Inneres (ÖVP) Wählerinnen und Wähler. Die Mobilität Foto: ÖVP NÖ werde immer größer, viele seien gerade am Wahltag aus beruflichen, gesundheitlichen zählen nur mehr jene Wahlkarten, die bis zur oder Urlaubsgründen nicht am Wohnort. Schließung des Wahllokals einlangen. Nun „Unser Ziel muß es sein, so viele Menschen gelte es, die Änderungen auch den Wahl- wie möglich – vor allem auch kranke und behörden mitzuteilen, weshalb eine umfas- ältere – zu motivieren, vom Wahlrecht Ge- sende Informationsveranstaltung im Innen- brauch zumachen“, so die Ministerin. ministerium geplant sei. In fast allen europäischen Ländern gebe Im Fokus der letzten Monate stand auch es schon seit langem die Briefwahl. In die Diskussion über den Wahlausschluß für Deutschland nehme das Briefwahlrecht bei- verurteilte Straftäter. „Jetzt haben wir ganz Abg.z.NR Peter Wittmann Verfassungssprecher der SPÖ spielsweise jede/r fünfte Wählerin bzw. klare Regeln festgelegt“, zeigte sich die Mi- Foto: Parlamentsdirektion / Mike Ranz Wähler in Anspruch. Die Ministerin zeigte nisterin zufrieden. Der Ausschluß sei in Zu- sich stolz darüber, daß es nach zahlreichen kunft Einzelfallentscheidung. Ausgeschlos- Briefwahl soll weiterhin eine Ausnahme Diskussionen und Verhandlungen gelungen sen seien Straftäter, die eine unbedingte bleiben“, so Wittmann, der auch die Mög- sei, dieses auch in Österreich umzusetzen. Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren ha- lichkeit der elektronischen Wahl ansprach. Das sei eine jahrelange Forderung der ÖVP ben. „Es kann nicht sein, daß jene, die gegen „Zwischen einer politischen Wahl und dem gewesen, 2007 seien die gesetzlichen Maß- demokratiepolitische Regelungen verstoßen, Wählen eines ,Dancing Stars‘ besteht ein nahmen dafür gelegt worden, und 2008 hat- auch noch mit dem Recht, wählen zu dürfen, Unterschied und dessen soll sich der Bürger, ten dann die Wähler erstmals die Chance, ausgezeichnet werden“, so Mikl-Leitner. die Bürgerin, auch bewußt sein.“ dieses auch zu nützen. In diesem Zusam- Hier müsse man zwischen Straffälligen und Zur Wahlmöglichkeit verurteilter Straf- menhang dankte Mikl-Leitner dem schei- Kriminellen sowie anständigen Bürgerinnen täter sagte der Abgeordnete, daß mit der denden Abgeordneten Wilhelm Molterer als und Bürgern unterscheiden. Wahlrechtsänderung alle Kriterien des Euro- „Kämpfer für das Briefwahlrecht“, der fe- päischen Menschenrechtsgerichtshofs erfüllt derführend für die ÖVP die Verhandlungen Lösung der meisten Probleme seien: „Ein Ausschluß vom Wahlrecht bedarf führte, viele Meilensteine gesetzt habe und SPÖ-Verfassungssprecher Peter Witt- in Zukunft des individuellen Spruchs eines für die ÖVP eine „tragende Säule“ gewesen mann erklärte, „die Probleme, die die Brief- Richters und ist außerdem von der Schwere sei. wahl aufgeworfen hat, sind mit dieser Wahl- der Straftat und der Höhe der Strafe abhän- Die Briefwahl sei eine „wahre Erfolgsge- rechtsänderung gelöst“. Problematisch seien gig“, so Wittmann. schichte“, wies die Ministerin darauf hin, die Identifikationsmöglichkeit bei der Abho- daß von über 500.000 Wahlkartenempfän- lung der Wahlkarte gewesen sowie die Wahl- »Schummel-Wählen« wird abgeschafft gern 375.000 vom Briefwahlrecht Gebrauch möglichkeit nach dem Wahltag, die takti- Der FPÖ-Abgeordnete Harald Stefan gemacht haben. „Es wurde von Anfang an sches Wählen ermöglicht habe. Die Brief- hatte im Vorfeld der Abstimmung erklärt, akzeptiert, respektiert und angenommen. wahl abzuschaffen, hält Wittmann für „keine die Lösung des Problems könne „nur sein, Das dokumentiert, daß dies ein richtiger gute Idee, fast alle europäischen Staaten bie- die Möglichkeit der Briefwahl – außer für Schritt in die richtige Richtung war.“ ten ihren Bürgern die Briefwahl an, was zu Auslandsösterreicher – komplett zu strei-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 4 Innenpolitik chen. Wir haben schon eine viel zu lange Ex- delt hat. Daher ist am demokratischen Be- besserungen im Wahlrecht. Das Ergebnis perimentierphase und wissen genau, daß wußtsein zunächst anzusetzen“, sagte Stad- könne sich sehen lassen und sei auch deshalb Manipulationen, die zum Teil auch bereits ler. „Nun kann die Verschärfung der Straf- positiv zu bewerten, weil es im Vorfeld der gerichtlich bestätigt sind, zuhauf vorkom- bestimmungen im Strafgesetzbuch zur Ent- Beschlußfassung eine breite Diskussion und men. Daraus müssen endlich die richtigen wicklung des demokratischen Bewußtseins die Anhörung von ExpertInnen sowie ver- beitragen. Es ist daher vernünftig, die Innen- schiedenen Stellen gegeben habe (siehe und die Justizministerin mit einer Evaluie- „Österreich Journal“ Ausgabe Nr. 91 vom rung, wie dies die Entschließungsanträge 23. 12. 2010: „Änderungen bei der Briefwahl auch beinhalten, zu beauftragen, um dann gefordert“ – ExpertInnen-Hearing im Palais die notwendigen Nachjustierungen vorneh- Epstein: http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_091.htm). men zu können“, stellte Stadler fest. Auch sei man bereit gewesen, auf die Argu- Letztlich sei die Novelle der Versuch, die mente anderer einzugehen. Bei der Brief- Mißbrauchsmöglichkeiten soweit wie nur wahl sei es gelungen, „die Mißbrauchsmög- möglich hintan zu halten, um insbesondere lichkeiten möglichst auszuschließen“, stellte das taktische Wählen unmöglich zu machen. Musiol fest und wies darauf hin, „daß das „Das geht nun damit nicht mehr, denn zum Problem nicht mangelnde Mündigkeit der Abg.z.NR Harald Stefan Verfassungssprecher der FPÖ BürgerInnen gewesen ist, sondern das Vor- Foto: Parlamentsdirektion / Mike Ranz gehen mancher demokratischer Institutio- nen“, wobei die Rednerin BürgermeisterIn- Konsequenzen gezogen werden.“ Eingangs nen, andere AmtsträgerInnen sowie Pflege- der Debatte im Hohen Haus zeigte er sich heime nannte. Man werde die Durchführung aber erfreut darüber, daß der Kritik seiner der Briefwahl aber auch in Zukunft weiter Fraktion an der Briefwahl Rechnung getra- beobachten müssen, zeigte sich Musiol über- gen worden sei. Damit werde das „Schum- zeugt und sprach sich für die Einführung mel-Wählen“ endlich abgeschafft, wie gene- eines vorgezogenen Wahltags aus. Dazu rell das System der Wahlkarten optimiert legte sie auch einen Abänderungsantrag vor, werde. Zufrieden sei er auch damit, daß das der darüber hinaus auf eine weitere Ein- Kuriosum endlich abgeschafft werde, daß Abg.z.NR Ewald Stadler engung der Wahlausschließungsgründe für Mitglieder der Familie Habsburg nicht pas- Verfassungssprecher des BZÖ Foto: Parlamentsdirektion / Mike Ranz siv für das Amt des Bundespräsidenten wahlberechtigt seien. Wahlschluß müssen die Briefwahlkarten da Wenn man das Wahlrecht so ernstnehme, sein“, erklärte Stadler. Es müsse aber auch wie man es ernstnehmen müsse, dann sei es möglich sein, die Stimmabgabe unter Wah- unabdingbar, bei der Briefwahl überaus sen- rung des Wahlgeheimnisses für Briefwähler sibel vorzugehen, erklärte der Redner, denn sicherzustellen. die Bevölkerung müsse auch weiterhin da- Die Wahlleiter müsse man nun entspre- von überzeugt sein, daß Wahlergebnisse ord- chend einschulen, denn einfacher sei ihre nungsgemäß zustande kommen. Tätigkeit nicht geworden. „Letztlich muß aber das demokratische Bewußtsein einfach Viele Österreicher wollen die Briefwahl greifen, daß man Respekt vor dem Wahlrecht, Abg.z.NR Daniela Musiol BZÖ-Verfassungssprecher Ewald Stadler vor dem Wahlgeheimnis und vor der Auto- Verfassungssprecherin der Grünen Foto: Parlamentsdirektion / Mike Ranz sagte, „man muß sich nun entscheiden, will nomie des Bürgers in seiner Entscheidungs- man die Briefwahl oder will man sich nicht. freiheit entwickelt. Das ist der entscheidende Strafgefangene abzielt. „Den Grünen wäre Eine sehr große Zahl von Österreichern will Ansatz, dem man mit diesem Wahlrecht ver- es lieber“. so Musiol, „wenn es keine Aus- diese Briefwahl. Diesen Wunsch respektie- sucht, Rechnung zu tragen“, meinte Stadler. schließungsgründe gibt, die nun vorgenomme- ren wir natürlich. Es war ursprünglich ein Zur Ausweitung der Wahlbefugnisse für nen Verbesserungen sind aber zu begrüßen, Wahlmodell, das in erster Linie für die Strafgefangene erklärte Stadler, daß es auch da die Ausschließung eines individuellen Auslandsösterreicher gedacht war, aber in diesem Bereich Anpassungen gebe. „Es Richterspruchs bedarf“. Damit sei man von wegen der Mobilität der Wähler, hat man ist richtig, daß in Zukunft der Richter ent- der bisherigen Automatik abgegangen. Mu- nun dies im Wahlrecht untergebracht. Ich scheiden muß, ob er dem betroffenen Verur- siol befürwortete weiters die Streichung des halte das für legitim und gegenüber den teilten das aktive und passive Wahlrecht ab- Habsburger-Paragraphen, denn in der Demo- Bürgern für angebracht“, so Stadler. Umge- erkennt.“ kratie sollte jeder mitreden können, „der von kehrt müsse man auch versuchen, Miß- Entscheidungen betroffen ist. Außerdem ist brauchsmöglichkeiten so weit als möglich zu Problem war Vorgehen mancher es befremdlich, wenn man beim Wahlaus- beseitigen. demokratischer Institutionen schluß auf eine ganze Familie abstellt, denn „Es ist sicher kein Zufall gewesen, daß „Wir Grüne haben diese längst überfälli- dies sagt nichts über die demokratiepoliti- ein burgenländischer Bürgermeister dabei ge Reform durchgesetzt“, sagte Daniela sche Haltung ihrer einzelnen Mitglieder erwischt wurde, wie er bei einer Wahl mit Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen, aus.“ den Stimmzetteln der Briefwähler geschwin- und freut sich über die weitreichenden Ver- Quellen: Parlamentskorrespondenz u.a.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 5 Innenpolitik Beschluss des Nationalrates Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, die Nationalrats- Wahlordnung 1992, das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971, die Europawahlordnung, das Wählerevidenzgesetz 1973, das Europa- Wählerevidenzgesetz, das Volksabstimmungsgesetz 1972, das Volksbefragungsgesetz 1989, das Volksbegehrengesetz 1973 und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden (Wahlrechtsänderungsgesetz 2011)

Wir haben an dieser Stelle die für Sie als Aus- kann die Ausstellung und Ausfolgung der Personen, die eine amtswegige Ausstellung landsösterreicherInnen relevanten Geset- Wahlkarte auch im Weg einer österreichi- der Wahlkarte gemäß § 2a Abs. 6 oder § 9 zespassagen herausgelöst. Bei Interesse fin- schen Vertretungsbehörde beantragt werden. Abs. 4 des Wählerevidenzgesetzes 1973 be- den Sie den gesamten Text unter dem Link Beim mündlich gestellten Antrag ist die antragt haben, sind Wahlkarten zu übermit- http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/BNR/BNR_00381/fnameorig_223325.html Identität durch ein Dokument glaubhaft zu teln, sobald der Gemeinde die entsprechen- Die Redaktion machen. Beim schriftlich gestellten Antrag den Vordrucke sowie die amtlichen Stimm- kann die Identität, sofern der Antragsteller zettel zur Verfügung stehen. 2. § 25 Abs. 2 lautet nicht amtsbekannt ist oder der Antrag im „(2) Die Auflegung des Wählerverzeich- Fall einer elektronischen Einbringung nicht (3) Die Wahlkarte ist als verschließbarer nisses hat der Bürgermeister vor Beginn des mit einer qualifizierten elektronischen Si- Briefumschlag herzustellen und hat die in Einsichtszeitraums ortsüblich kundzuma- gnatur versehen ist, auch auf andere Weise, der Anlage 3 ersichtlichen Aufdrucke zu tra- chen. Die Kundmachung hat auch den Ein- insbesondere durch Angabe der Passnum- gen. Durch entsprechende technische Vor- sichtszeitraum, die für die Einsichtnahme be- mer, durch Vorlage der Ablichtung eines kehrungen ist sicherzustellen, dass die den stimmten Tagesstunden, die – ausgenommen amtlichen Lichtbildausweises oder einer an- Wahlberechtigten betreffenden persönlichen an Sonntagen und an Feiertagen – nicht deren Urkunde glaubhaft gemacht werden. Daten, insbesondere dessen Unterschrift, vor unter vier Stunden bemessen sein dürfen, die Die Gemeinde ist ermächtigt, die Passnum- Weiterleitung an die Bezirkswahlbehörde, Bezeichnung der Amtsräume, in denen das mer im Weg einer Passbehörde und Licht- durch eine verschließbare Lasche abgedeckt Wählerverzeichnis aufliegt, die Amtsstelle, bildausweise oder andere Urkunden im Weg sind und dass es nach Verschließen der Wahl- bei der Einsprüche gegen das Wählerver- der für die Ausstellung dieser Dokumente karte durch entsprechende Perforation mög- zeichnis eingebracht werden können, sowie zuständigen Behörde zu überprüfen. Im Fall lich ist, die persönlichen Daten des Wählers die Bestimmungen des Abs. 3 und der §§ 28 des § 38 Abs. 2 hat der Antrag das ausdrückli- sowie dessen eidesstattliche Erklärung bei und 33 zu enthalten. Bei der Festsetzung der che Ersuchen um den Besuch durch eine der Bezirkswahlbehörde sichtbar zu machen, für die Einsichtnahme bestimmten Tages- besondere Wahlbehörde gemäß § 73 Abs. 1 ohne dass dadurch die Wahlkarte bereits stunden ist darauf Bedacht zu nehmen, dass und die genaue Angabe der Räumlichkeiten, geöffnet wird. Die Lasche hat entsprechend die Einsichtnahme auch außerhalb der nor- wo der Antragsteller den Besuch durch eine der technischen Beschaffenheit der Wahlkar- malen Arbeitszeit ermöglicht wird. An Sonn- besondere Wahlbehörde erwartet, zu enthal- te Aufdrucke mit Hinweisen zu ihrer Hand- tagen und an Feiertagen kann die Ermög- ten. Bei Personen, die sich in öffentlichem habung im Fall der Stimmabgabe mittels lichung der Einsichtnahme unterbleiben.“ Gewahrsam befinden, hat der Antrag eine Briefwahl sowie zur Weiterleitung der Wahl- behördliche Bestätigung über die Unterbrin- karte zu tragen. Bei Wahlkarten, die mittels 3. § 39 lautet: gung aufzuweisen. automationsunterstützter Datenverarbeitung „§ 39. (1) Die Ausstellung der Wahlkarte ausgestellt werden, genügt anstelle der Un- ist bei der Gemeinde, von der der Wahl- (2) Ein Wahlberechtigter mit Hauptwohn- terschrift des Bürgermeisters die Beisetzung berechtigte in das Wählerverzeichnis einge- sitz im Ausland, der in die Wählerevidenz seines Namens; eine Beglaubigung durch die tragen wurde, beginnend mit dem Tag der (§ 2a des Wählerevidenzgesetzes 1973) ein- Kanzlei ist nicht erforderlich. Wahlausschreibung schriftlich oder münd- getragen ist, ist, sofern seine Wohnadresse in lich unter Angabe des Grundes gemäß § 38 der Wählerevidenz erfasst ist, von der Ge- (4) Wird dem Antrag auf Ausstellung Abs. 1 zu beantragen. Eine telefonische Be- meinde, von der er in die Wählerevidenz ein- einer Wahlkarte stattgegeben, so sind neben antragung ist nicht zulässig. Der Antrag getragen wurde, umgehend nach Ausschrei- der Wahlkarte auch ein amtlicher Stimm- kann schriftlich bis spätestens am vierten bung der Wahl des Nationalrats im Postweg zettel und ein verschließbares Wahlkuvert, Tag vor dem Wahltag gestellt werden. Münd- über die Möglichkeit der Ausübung des auf dem die Nummer des Landeswahlkreises lich kann der Antrag bis spätestens am zwei- Wahlrechts im Weg der Briefwahl zu ver- aufgedruckt ist, auszufolgen. Letztere sind in ten Tag vor dem Wahltag, 12.00 Uhr, gestellt ständigen. Hierbei ist er über die Möglich- den im Abs. 3 genannten Briefumschlag zu werden. Ebenfalls bis zum letztgenannten keiten zur Antragstellung, gegebenenfalls legen. Der Briefumschlag ist dem Antrag- Zeitpunkt kann ein Antrag schriftlich gestellt auch über eine Antragstellung per Internet, steller auszufolgen. Der Antragsteller hat werden, wenn eine persönliche Übergabe der in Kenntnis zu setzen. Die Verständigung den Briefumschlag bis zur Stimmabgabe Wahlkarte an eine vom Antragsteller bevoll- kann per E-Mail erfolgen, wenn der Ge- sorgfältig zu verwahren. Mit dem Briefum- mächtigte Person möglich ist. Im Ausland meinde eine E-Mail-Adresse bekannt ist. An schlag ist auch ein von den Landeswahl-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 6 Innenpolitik behörden zur Verfügung zu stellendes Bei- oder der elektronisch eingebrachte Antrag geschäftsstellen hinterlegt worden sind, zum blatt auszufolgen, auf dem die veröffentlich- mit einer qualifizierten elektronischen Si- Zeitpunkt der letzten Schließung der jeweili- ten Wahlvorschläge des Landeswahlkreises gnatur versehen war. gen Postgeschäftsstelle vor dem Wahltag ab- angeführt sind. Im Fall einer postalischen geholt und am Wahltag für eine Ausfolgung Versendung ist das Kuvert, in dem sich die 6. Schriftlich beantragte Wahlkar- an den Antragsteller bereitgehalten werden. Wahlkarte befindet, mit dem Vermerk „Wahl- ten, die vom Antragsteller persönlich abge- Zu diesem Zeitpunkt sind in den Post- karte für die Nationalratswahl XXXX“ zu holt werden, dürfen seitens der Gemeinde geschäftsstellen hinterlegte, nicht behobene kennzeichnen. nur gegen eine Übernahmebestätigung aus- als Wahlkarten gekennzeichnete Sendungen gefolgt werden. Ist der Antragsteller hierzu (Abs. 4 letzter Satz) auszusondern und für (5) Für die Ausfolgung oder die Über- nicht in der Lage, so ist hierüber ein Akten- eine Übergabe an eine von der Gemeinde- mittlung beantragter Wahlkarten gilt: vermerk aufzunehmen. Bei Ausfolgung wahlbehörde entsendete Person bereitzuhal- einer schriftlich beantragten Wahlkarte an ten. Die Gemeindewahlbehörden haben das 1. Im Fall der persönlichen Ausfol- eine vom Antragsteller bevollmächtigte Per- Bundesministerium für Inneres über allen- gung einer Wahlkarte hat der Antragsteller son hat diese die Übernahme der Wahlkarte falls in ihrem Bereich aufbewahrte, als eine Übernahmebestätigung zu unterschrei- zu bestätigen. Wahlkarten gekennzeichnete Sendungen ben. Ist der Antragsteller hierzu nicht in der (Abs. 4 letzter Satz) in Kenntnis zu setzen. Lage, so ist hierüber ein Aktenvermerk auf- 7. Die sofortige Mitnahme einer Das Bundesministerium für Inneres hat zunehmen. durch einen Boten überbrachten und zur geeignete Maßnahmen, z.B. Einrichtung Stimmabgabe mittels Briefwahl verwende- einer Telefon-Hotline, zu treffen, dass An- 2. Bei Pfleglingen in Heil- und ten Wahlkarte durch diesen ist unzulässig. tragsteller über den Ort der Aufbewahrung Pflegeanstalten (§ 72) ist die Wahlkarte im von als Wahlkarten gekennzeichneten Sen- Fall einer postalischen Versendung mittels (6) Empfangsbestätigungen über Wahl- dungen (Abs. 4 letzter Satz) in Kenntnis eingeschriebener Briefsendung ausschließ- karten, die durch Boten oder im Weg einer gesetzt werden können. Bei österreichischen lich an den Empfänger selbst zu richten. In österreichischen Vertretungsbehörde ausge- Vertretungsbehörden hinterlegte, nicht beho- diesem Fall ist die Briefsendung mit dem folgt wurden, sind in jedem Fall an jene bene Wahlkarten sind nach dem Wahltag zu Vermerk „Nicht an Postbevollmächtigte“ zu Gemeinden zu übermitteln, die die Wahl- vernichten. Die Gemeinde, die eine solche versehen. karten ausgestellt haben. Die Weiterleitung Wahlkarte ausgestellt hat, ist hierüber auf der den österreichischen Vertretungsbehör- elektronischem Weg in Kenntnis zu setzen. 3. Werden Wahlkarten an den in Z 2 den vorliegenden Empfangsbestätigungen genannten Personenkreis durch Boten über- auf elektronischem Weg ist zulässig. Schrift- (9) Ein Wahlberechtigter ist von der Ge- bracht, so ist die Übernahmebestätigung lich gestellte Anträge, Empfangsbestätigun- meinde ehest möglich in Kenntnis zu setzen, durch den Pflegling selbst zu unterfertigen. gen, Aktenvermerke sowie eine Zusammen- wenn seinem Antrag auf Ausstellung einer Ist der Antragsteller hierzu nicht in der Lage, stellung der auf elektronischem Weg einge- Wahlkarte nicht Folge gegeben wurde.“ so ist hierüber ein Aktenvermerk aufzuneh- langten Anträge sind nach Ablauf der Frist men. gemäß Abs. 1 der Gemeindewahlbehörde zu § 40 Abs. 1 lautet: übermitteln. Diese hat die ihr übermittelten „(1) Die Ausstellung der Wahlkarte ist im 4. Bei nicht in Z 2 genannten Unterlagen dem Wahlakt der Gemeinde Wählerverzeichnis in der Rubrik ,Anmer- Antragstellern ist die Wahlkarte im Fall einer anzuschließen. kung‘ bei dem betreffenden Wähler mit dem postalischen Versendung mittels eingeschrie- Wort ,Wahlkarte‘ in auffälliger Weise zu ver- bener Briefsendung zu versenden, es sei (7) Duplikate für abhanden gekommene merken. Bis zum neunundzwanzigsten Tag denn, die Wahlkarte wurde mündlich bean- Wahlkarten dürfen von der Gemeinde nicht nach dem Wahltag haben die Gemeinden tragt, der elektronisch eingebrachte Antrag ausgefolgt werden. Unbrauchbar gewordene gegenüber jedem im Wählerverzeichnis ein- war mit einer qualifizierten elektronischen Wahlkarten, die noch nicht zugeklebt und getragenen Wahlberechtigten auf mündliche Signatur versehen oder die amtswegige Aus- bei denen die eidesstattliche Erklärung noch oder schriftliche Anfrage Auskunft zu ertei- stellung der Wahlkarte erfolgte aufgrund nicht unterschrieben wurde, können an die len, ob für ihn eine Wahlkarte ausgestellt eines Antrags gemäß § 2a Abs. 6 oder § 9 Gemeinde retourniert werden. In diesem Fall worden ist. Zu diesem Zweck haben Ge- Abs. 4 des Wählerevidenzgesetzes 1973. kann die Gemeinde nach Erhalt der Wahl- meinden nach Weitergabe der Wählerver- karte ein Duplikat ausstellen. Eine unbrauch- zeichnisse an die Gemeindewahlbehörde bis 5. Werden Wahlkarten an den nicht bar gewordene Wahlkarte ist in einem sol- zum angeführten Zeitpunkt Kopien der in Z 2 genannten Personenkreis durch Boten chen Fall mit entsprechendem Vermerk zu Wählerverzeichnisse bereit zu halten, sofern oder im Weg einer österreichischen Vertre- kennzeichnen und der Gemeindewahlbe- sie nicht über andere Aufzeichnungen, z.B. tungsbehörde übermittelt, so ist analog zu § hörde zu übermitteln. Diese hat die Wahl- in einer EDV-Applikation, über die ausge- 16 Abs. 1 und 2 des Zustellgesetzes – ZustG karte dem Wahlakt der Gemeinde anzu- stellten Wahlkarten verfügen. Bei einer vorzugehen, mit der Maßgabe, dass eine schließen. Anfrage hat der Wahlberechtigte seine Iden- Wahlkarte auch an wahlberechtigte Personen tität glaubhaft zu machen.“ ausgefolgt werden kann, die das 18. Lebens- (8) Die Gemeindewahlbehörden haben jahr noch nicht vollendet haben. Die Ausfol- dafür Sorge zu tragen, dass als Wahlkarten § 60 lautet: gung kann ohne Nachweis erfolgen, wenn gekennzeichnete Sendungen (Abs. 4 letzter „§ 60. (1) Das Wahlrecht kann von denje- die Wahlkarte mündlich beantragt wurde Satz), die in den örtlich zuständigen Post- nigen Wählern, denen entsprechend den

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§§ 38 und 39 Wahlkarten ausgestellt wur- 2. die Wahlkarte kein Wahlkuvert derart beschädigt ist, dass ein vorangegange- den, auch im Weg der Übersendung der ver- enthält, nes missbräuchliches Entnehmen oder Zu- schlossenen Wahlkarte an die zuständige Be- rücklegen des inliegenden Wahlkuverts nicht zirkswahlbehörde ausgeübt werden (Brief- 3. die Wahlkarte nur ein anderes ausgeschlossen werden kann, wahl). Die Stimmabgabe mittels Briefwahl oder mehrere andere als das beige-farbene kann unmittelbar nach Erhalt der Wahlkarte Wahlkuvert enthält, 7. aufgrund eines Verklebens der erfolgen. unter der Lasche gelegenen Felder der Wahl- (2) Hierzu hat der Wähler den von ihm 4. die Wahlkarte zwei oder mehrere karte die Daten oder die Unterschrift des ausgefüllten amtlichen Stimmzettel in das beige-farbene Wahlkuverts enthält, Wählers nicht mehr sichtbar gemacht wer- beige-farbene Wahlkuvert zu legen, dieses den können oder zu verschließen und in die Wahlkarte zu 5. das Wahlkuvert, abgesehen vom legen. Sodann hat er auf der Wahlkarte durch Aufdruck der Nummer des Landeswahlkrei- 8. die Wahlkarte nicht spätestens eigenhändige Unterschrift eidesstattlich zu ses, beschriftet ist, am Wahltag, 17.00 Uhr, bei der zuständigen erklären, dass er den amtlichen Stimmzettel Bezirkswahlbehörde eingelangt oder bis zu persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst 6. die Prüfung auf Unversehrtheit diesem Zeitpunkt in einem Wahllokal des ausgefüllt hat. Anschließend hat er die Wahl- (§ 90 Abs. 1) ergeben hat, dass die Wahlkarte Stimmbezirks abgegeben worden ist …“ karte zu verschließen. Die Wahlkarte ist ent- weder so rechtzeitig an die Bezirkswahlbe- hörde zu übermitteln, dass die Wahlkarte dort spätestens am Wahltag, 17.00 Uhr, ein- langt, oder am Wahltag in einem Wahllokal des Stimmbezirks der Bezirkswahlbehörde während der Öffnungszeiten des Wahllokals abzugeben. Wahlkarten, die bei einer Stimm- abgabe im Ausland bei einer österreichi- schen Vertretungsbehörde oder einer öster- reichischen Einheit bis zum sechsten Tag vor dem Wahltag, bei einer Vertretungsbehörde außerhalb des Europäischen Wirtschafts- raums oder außerhalb der Schweiz bis zum neunten Tag vor dem Wahltag, einlangen, sind von der Vertretungsbehörde oder der ös- terreichischen Einheit an die zuständige Be- zirkswahlbehörde weiterzuleiten. Die Wei- terleitung einer nach dem sechsten Tag vor dem Wahltag, in Vertretungsbehörden außer- halb des Europäischen Wirtschaftsraums oder außerhalb der Schweiz nach dem neunten Tag vor dem Wahltag, einlangenden Wahl- karte durch eine österreichische Vertretungs- behörde oder eine österreichische Einheit an die zuständige Bezirkswahlbehörde ist zulässig, wenn gewährleistet erscheint, dass die Wahlkarte dennoch rechtzeitig bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde einlangen kann, oder der Wahlberechtigte in Kenntnis gesetzt wird, dass ein Einlangen möglicher- weise nicht mehr rechtzeitig gewährleistet ist. Die Kosten für eine Übermittlung der Wahlkarte an die Bezirkswahlbehörde im Postweg hat der Bund zu tragen.

(3) Die Stimmabgabe im Weg der Briefwahl ist nichtig, wenn

1. die eidesstattliche Erklärung auf

der Wahlkarte nicht oder nachweislich nicht Foto: Parlamentsdirektion durch den Wahlberechtigten abgegeben wur- Ein Faksimile der künftigen Wahlkarte für eine Nationalratswahl (Anlage 3 zur de, Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes, Vorderseite)

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 8 Innenpolitik Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 Kommentar aus Sicht des BMeiA – von Gesandter Brigitta Blaha, Leiterin der AuslandsösterreicherInnen Abteilung

it der Zustimmung des Bundesrates Änderungen im Bereich des Briefwahl- Rücksendung, sollte jedenfalls gewährleistet Mam 30. Juni 2011 ist das parlamentari- rechts. Die Ausübung des Briefwahlrechts sein, daß die Stimmen der Auslandsösterrei- sche Verfahren zur Annahme des Wahl- soll sicherer, der Weg der einzelnen Wahl- cherInnen rechtzeitig bei den Wahlbehörden rechtsänderungsgesetzes 2011 soeben abge- karte nachvollziehbarer und die Möglichkei- einlangen. schlossen worden. Damit wurde der rechtli- ten des Mißbrauchs, beispielsweise durch Wie in der Vergangenheit stehen das Bun- che Rahmen für die nächsten bundesweiten eine Stimmabgabe nach Wahlschluß, zu- desministerium für europäische und interna- Wahlen (zum Nationalrat, zum Europäischen rückgedrängt werden. tionale Angelegenheiten und die österreichi- Parlament und für das Amt des Bundes- schen Vertretungsbehörden im Ausland auch präsidenten) festgelegt. weiterhin als erste Ansprechpartner der Im Gefolge der Bundespräsidentenwahl AuslandsösterreicherInnen in Wahlangele- im Vorjahr kam es bekanntlich zu einer in- genheiten zur Verfügung. Die Abgabe der nenpolitischen Debatte über die Zuverlässig- ausgefüllten Wahlkarten an den Vertretungs- keit des österreichischen Wahlkartensy- behörden ist – neben dem Postweg – auch stems, nicht zuletzt ausgelöst durch Medien- weiterhin möglich. Die Wahlkarte sollte zur berichte von möglichen Unregelmäßigkeiten Gewährleistung der rechtzeitigen Weiterlei- auf lokaler Ebene. Darüber hinaus wurden tung an die inländische Wahlbehörde späte- nicht zuletzt dank der erstmaligen Beobach- stens am sechsten (außerhalb des Europäi- tung einer österreichischen Wahl durch ein Foto: BMeiA schen Wirtschaftsraums und der Schweiz am Gesandte Brigitta Blaha Team des Büros für demokratische Institu- Leiterin der AuslandsösterreichInnen- neunten) Tag vor dem Wahltag abgegeben tionen und Grundrechte (ODIHR) der Orga- Abteilung im BMeiA werden. nisation für Sicherheit und Zusammenarbeit Die Abgeordneten zum Nationalrat brach- in Europa (OSZE) und durch Urteile des Künftig werden nur jene Wahlkarten mit ten ihre Wertschätzung der Auslandsösterrei- Europäischen Gerichtshofes für Menschen- ausgezählt, die am Wahltag selbst bei Schluß cherInnen und die besondere Berücksichti- rechte (EGMR) weitere Gesichtspunkte der Wahllokale (17:00 Uhr am Wahlsonntag) gung ihrer Anliegen unter anderem dadurch offensichtlich, welche Reformen in punk- bei den Bezirkswahlbehörden oder in einem zum Ausdruck daß sie, zeitgleich mit der tuellen Bereichen des österreichischen Wahllokal eingelangt sind. Diese Neuerung Verabschiedung der Gesetzesänderung im Wahlrechts erforderlich machten. Nach den wirkt sich positiv im Sinne einer rascheren Nationalrat auch einen Entschließungsantrag Wahlrechtsänderungsgesetzen 2007, 2009 Verfügbarkeit des Endergebnisses aus. Der an die Bundesministerin für Inneres richte- und 2010 erfolgt somit eine weitere Fein- frühere „Wahlschluß“ für Wahlkartenwäh- ten. Darin wird die Innenministerin aufge- justierung. lerInnen im In- und Ausland machte eine fordert, im Zusammenwirken mit den Bun- Das medial präsenteste Thema in- und Vorverlegung der maßgeblichen Stichtage desländern geeignete Maßnahmen zu tref- außerhalb Österreichs in diesem Zusammen- vor der Wahl erforderlich. Der Termin für fen, um eine frühere Aussendung der Wahl- hang war wohl die Zulassung von „Mit- die Einbringung der Wahlvorschläge und karten zu ermöglichen. Dadurch sollen die gliedern ehemals regierender Häuser“ zur alle damit zusammenhängenden Fristen wur- praktischen Auswirkungen der Kürzung der Kandidatur für das Amt des Bundespräsi- den um eine Woche vorverlegt. Somit kön- Rücksendungsfristen für die WählerInnen denten. Diese Neuerung machte sogar eine nen auch die Wählerevidenzgemeinden eine möglichst gering gehalten werden, was vor Änderung der Bundesverfassung erforder- Woche früher als bisher mit der Ausstellung allem den AuslandsösterreicherInnen zugute lich, welche im Rahmen des Wahlrechts- und Versendung der Wahlkarten beginnen. kommen wird. Die diesbezügliche Praxis änderungsgesetzes 2011 von einer qualifi- Unter dem Strich verkürzt sich der zur Rück- soll im Hinblick auf die angestrebte Be- zierten Mehrheit im österreichischen Parla- sendung der ausgefüllten Wahlkarten zur schleunigung der Abläufe nach der Durch- ment verabschiedet wurde. Ferner kommt es Verfügung stehende Zeitraum lediglich um führung zweier bundesweiter Wahlen über- zur Neufassung der Bestimmungen über das drei Kalendertage. prüft werden. Wahlrecht für Strafgefangene. Durch diese Für die AuslandsösterreicherInnen be- Das Bundesministerium für europäische beiden Änderungen wird der Kreis der deutet dies konkret, daß es noch wichtiger und internationale Angelegenheiten wird Menschen, die an der österreichischen wird, möglichst früh die Eintragung in der auch weiterhin in enger Abstimmung mit Demokratie mitwirken können erweitert, Auslandswählerevidenz zu beantragen und den zuständigen Behörden im Inland seinen wodurch die Partizipation verbessert und die von der seit 2008 bestehenden Möglichkeit Beitrag zur benutzerfreundlichen und rei- Umsetzung internationaler Grundrechtsstan- des „Wahlkartenabonnements“ Gebrauch zu bungslosen Abwicklung österreichischer dards durch Österreich vorangetrieben wer- machen. Durch die Möglichkeit der Stimm- Wahlen im Ausland leisten. den. abgabe sofort nach Erhalt der Wahlkarte und Es ist nie zu früh, sich in die Wähler- Von besonderer Bedeutung für die die mit der vorangegangenen Wahlrechts- evidenz eintragen zu lassen. AuslandsösterreicherInnen sind jedoch die änderung eingeführte weltweit portofreie http://www.bmeia.gv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 9 Innenpolitik Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 Kommentar aus Sicht des Auslandsösterreicher Weltbundes von AÖWB-Vizepräsident Jürgen Em

it dem neuen Wahlrechtsänderungs- am Samstag und am Wahlsonntag vor Ende planen, und da kann es doch nicht auf 3 Tage Mgesetz 2011, welches der Nationalrat der Wahl um 17:00 keine Post mehr ausge- ankommen. Andere Länder, die jahrzehnte- beschlossen hat und am 1. Oktober 2011 in tragen werden kann und somit am Freitag lange Erfahrungen mit der Briefwahl haben Kraft treten soll, können die ÖsterreicherInnen eingeworfene Wahlbriefpost nicht mehr wie z. B. Deutschland, machen es ja vor und im Ausland (in Folge: AÖ) nicht voll zufrie- rechtzeitig ankommt und damit ungültig ist. haben sogar 35 Tage Frist. den sein. Die AÖ haben sich 1989 nach lan- Hier hätten im besonderen auch die langen Dazu kommt noch, da der Zeitpunkt des ger Zeit das Wahlrecht erkämpft und an- Postwegzeiten vor allem aus den außereuro- Beginns der Ausgabe von Wahlkarten durch schließend dann lange aus Praktikabilitäts- Gesetz nicht exakt geregelt ist und somit gründen der Wahlmöglichkeitsteilnahme die auch die Zurverfügungstellung der Stimm- Einführung der Briefwahl gefordert und zettel etc. durch die zuständigen Wahlbehör- schlußendlich erreicht und zwar nicht nur für den, diese nun angeleitet werden sollen, Maß- sich, sondern auch für die Österreicher im nahmen zu ergreifen, schneller diese Unter- Inland. Sie sollte aber auch zur gleichbe- lagen in Zukunft flächendeckend zur Verfü- rechtigten Wahlmöglichkeit werden und nicht gung zu stellen, um die de facto Verkürzung wie bisher nur zur Ausnahme. Das neue durch das Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 Wahlgesetz hat dies wiederum nicht geändert. zu mildern. Nach der Durchführung von Wichtig war und ist den AÖ, sich in den zwei bundesweiten Wahlereignissen ist dann demokratischen Prozeß einbringen zu kön- Foto: privat vorgesehen zu prüfen, ob die getroffenen Jürgen Em nen. Deshalb begrüßen sie auch, daß mit Vizepräsident des Auslands- Maßnahmen dazu geführt haben, daß die flä- dem neuen Wahlrechtsänderungsgesetz ge- österreicher Weltbunds chendeckende Bereitstellung der Wahlkarten währleistet wird, daß sogenanntes taktisches im angestrebten Ausmaß beschleunigt wer- Wählen nach der Bekanntgabe von vorläufi- päischen Ländern berücksichtigt werden den konnte. Heißt das eigentlich, nebenbei gen Wahlergebnissen ausgeschlossen wird müssen. Falls von einigen AÖ die Stimmab- bemerkt, daß diese Behörden bisher zu lang- durch die Festsetzung des Einlangens der gabe in konsularischen Vertretungen bevor- sam gearbeitet haben? Vor allem heißt es Wahlkarten bis zum Schließen der Wahllo- zugt wird, erhöht sich diese Verkürzung der aber, daß schon jetzt eine eventuell nötige No- kale um 17:00 Uhr am Wahltag. Doch ande- effektiven Zeit noch auf ca. 1 Woche, sodaß vellierung ins Auge gefaßt wird. Hätten die rerseits können sich die AÖ mit einer fakti- statt 28 Tage nur etwa 21 Tage zur Verfü- Politiker nicht schon jetzt eine mutige Ent- schen Verkürzung, der ihnen für die Wahl gung stehen – Zeitverschiebungen noch nicht scheidung treffen können und nicht das auf zur Verfügung stehenden Frist um praktisch eingerechnet –, was für Zu- und Rücksendung die lange Bank schieben, denn es vergehen 3 Tage nicht einverstanden erklären. Diese der Wahlunterlagen vor allem im außereuro- dabei unnötig viele Jahre. Entscheidungsfreu- neuen Fristen des Einlangens der Wahlkarten päischen Raum eine Teilnahme an österrei- digkeit ist von den Politikern gefordert und bis 17:00 Uhr am Wahltag anstatt wie bisher chischen Wahlen sehr erschwert bzw. even- nicht Hinausschieben von Entscheidungen. am 8. Tag danach. Bisher ergab sich de facto tuell sogar unmöglich macht und viele AÖ Der Wahlkalender war bisher für die AÖ, eine Frist von insgesamt 28 Tagen für die von den Wahlen ausschließt. vor allem die weiter weg in Übersee woh- AÖ, die sich in etwa auf 20 Tage für die Die AÖ haben in einer Stellungnahme nen, nicht perfekt und ist durch das Wahl- Versendung der Wahlunterlagen an die zum Initiativantrag auf diese Problematik rechtsänderungsgesetz 2011 nicht besser ge- Wähler (nach Abschließung der Wahl- rechtzeitig aufmerksam gemacht, aber leider worden. vorschläge, der Herstellung der Amtlichen haben diese ihre Argumente sich nicht im Aus Sicht der AÖ wäre für die Zukunft Stimmzettel sowie deren Übermittlung an die Wahlrechtsänderungsgesetz niedergeschla- die Einführung von e-voting, natürlich nach Wahlbehörden) und 8 Tage für das Einlan- gen. Dies ist für die AÖ äußerst bedauerlich, Lösung aller sicherheitstechnischen Proble- gen der Wahlkarten nach der Wahl verteilten. denn vor allem diejenigen von ihnen, die in men, eine moderne Möglichkeit des Wäh- Wenngleich einzusehen ist, daß von seiten Übersee leben, hatten mit den bisherigen lens und eine Erleichterung der demokrati- der Politik, um „taktisches Wählen“ auszu- Fristen schon zeitliche Schwierigkeiten, da schen Ausübung des Wahlrechts für die AÖ schließen, diese Nachfrist aufgehoben wur- die Postwege dorthin lang sind. durch erzielten Zeitgewinn bei der Rück- de, kann aber nicht akzeptiert werden, daß Wäre es wirklich mit einigem guten Wil- sendung der Wahlstimme. Andere Länder dies zu einer Verschlechterung für die AÖ len für die Politik so schwierig gewesen statt wie z. B. Estland machen es schon vor. Man führt. Auch wenn das Wahlrechtsänderungs- 28 Tage auf 31 Tage zu verlängern, um we- muß nur von Seiten der Politik wollen und gesetz 2011 die Einbringung von Wahlvor- nigstens die praktische Gleichstellung der sich den derzeit noch bestehenden Proble- schlägen etc. eine Woche vorverlegt, ergeben Frist zu vorher herzustellen? Dies hätte doch men stellen und nach Lösungen suchen und sich insgesamt nur dem Schein nach wieder möglich sein können. Man muß halt Wahlen den Blick nach vorne richten durch Ein- 28 Tage, faktisch jedoch eine Verkürzung und die Einbringungsfristen von Wahlvor- bindung moderner Techniken. um 3 Tage auf nur 25 Tage, da in Österreich schlägen und Kandidaten ein wenig früher http://www.weltbund.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 10 Innenpolitik Ökostrom-Novelle Ökostrom-Gesetz im Ministerrat – Novelle macht Österreich unabhängig von Atom- strom – Ambitionierter, effizienter und finanzierbarer Ausbau des Ökostroms – Neues Ziel von über 80 Prozent Ökostrom – Jährliches Fördervolumen verdoppelt Foto: http://www.bilderbox.biz Die Windkraft kann einen bedeutenden zusätzlichen Beitrag für eine saubere und sichere Stromversorgung in Österreich leisten. irtschafts- und Energieminister Rein- sichern und ausbauen. Bis 2020 soll der baupläne noch weiter steigern“, so Mitter- Whold Mitterlehner (ÖVP) sieht die am Ökostrom-Anteil von derzeit fast 70 auf über lehner zur neuen Revisionsklausel. 15. Juni im Ministerrat erfolgte Einigung auf 80 Prozent steigen. In Abstimmung mit der Ebenfalls festgeschrieben wird, daß die das neue Ökostrom-Gesetz als wichtigen Ökostrom-Branche wurde ein ambitioniertes Atomstromimporte spätestens 2015 durch Meilenstein für Österreich. „Durch den effi- Ausbauprogramm im Gesetz festgeschrie- Ökostrom bilanziell substituiert werden. zienten Ausbau des Ökostroms lösen wir ben. Demnach liegt das realistische Aus- Durch die Novelle sowie den Ausbau der neue Investitionen in grüne Technologien baupotenzial in Österreich bis 2020 bei über Wasserkraft stehen 2015 zusätzliche Kapa- aus und können unseren Strombedarf künftig zehn Terawattstunden (TWh), was umge- zitäten von rund fünf TWh zur Verfügung, selbst decken. Spätestens 2015 sind wir un- rechnet dem durchschnittlichen Jahresver- womit die durchschnittlich pro Jahr nach abhängig von Atomstrom-Importen“, hob brauch von rund 2,9 Millionen Haushalten Österreich importierten Atomstrommengen Mitterlehner hervor. „Wir verdoppeln das entspricht. So werden etwa die Windkraft- von derzeit 3,3 TWh deutlich übertroffen jährliche Fördervolumen und bauen die An- Kapazitäten von derzeit 1000 Megawatt werden. lagen-Warteliste ab, setzen aber auch geziel- (MW) auf 3000 MW verdreifacht. Die Pho- te Anreize für eine stärkere Marktorientie- tovoltaik-Kapazitäten werden von aktuell Verdoppelung des jährlich rung und Wettbewerbsfähigkeit. Daher steigt 100 MW bis 2020 auf 1100 MW mehr als verfügbaren Fördervolumens der Ökostrom-Anteil zu vertretbaren Kosten verzehnfacht. Damit werden auch die Ziele Die jährliche Förderzuwachssumme steigt für Haushalte und Unternehmen“, so Mitter- der Energiestrategie Österreich bzw. des von 21 auf 40 Millionen Euro, was einer lehner. Nationalen Aktionsplans Erneuerbare Ener- Verdoppelung entspricht. Diese Summe wird gien übertroffen. Neu ist, daß die Zieler- auf Basis einer Potenzialanalyse unter den Neues Ökostrom-Ziel von reichung alle zwei Jahre von der E-Control diversen Technologien aufgeteilt, um einen über 80 Prozent bis 2020 bewertet und gegebenenfalls nach oben revi- vernünftigen Energiemix zu gewährleisten. Die Novelle wird den europäischen Spit- diert werden kann. „Dadurch können wir zum Fördermittel, die in einem Jahr nicht aufge- zenplatz Österreichs beim Anteil der Er- Beispiel auf Innovationen bei der Photo- braucht werden, stehen der jeweiligen Tech- neuerbaren Energien am Stromverbrauch voltaik rechtzeitig reagieren und unsere Aus- nologie im Folgejahr zur Verfügung. Für

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 11 Innenpolitik

Wind stehen 11,5 Millionen Euro zur Verfü- Finanzierungsvolumen von circa 350 Millio- Neues Kostenbegrenzungsmodell gung, für Biomasse- und Biogas 10 Millio- nen Euro auf insgesamt rund 500 Millionen für energieintensive Unternehmen nen Euro, für Photovoltaik 3,8 Millionen Euro im Jahr 2015. „Die vielen Vorteile des Damit es zu keinen gravierenden Nach- Euro sowie für Kleinwasserkraft 1,5 Mil- Ökostrom-Ausbaus wie die Unabhängigkeit teilen im internationalen Wettbewerb gegen- lionen Euro. Weitere 13,2 Millionen Euro von Atomstrom und neue Green Jobs müs- über anderen EU-Ländern wie Deutschland gehen in einen „Resttopf“, der bei Bedarf sen uns auch etwas wert sein“, betont Mit- oder Frankreich kommt, enthält die Novelle flexibel unter Wind und Kleinwasserkraft terlehner. Ein Haushalt mit durchschnittli- ein neues Kostenbegrenzungsmodell für die sowie unter kosteneffizienten Photovoltaik- chem Stromverbrauch (jährlich 3500 Kilo- energieintensive Industrie. Der Zahlungsauf- Anlagen, die den erzeugten Strom in erster wattstunden) wird durch den Abbau der bringungsmechanismus wird EU-konform Linie selbst verbrauchen, aufgeteilt wird. Wartelisten und die aufgestockten Förderun- geändert sowie effizienter und transparenter Zusätzlich stehen für Kleinwasserkraft-An- gen im Jahr 2015 rund 12 Euro mehr zah- gestaltet. Die Ökostromentgelte werden künf- lagen jährlich 14 Millionen Euro an Investi- len – also 47 Euro statt jetzt 35 Euro. Neu ist tig an die Netztarife gekoppelt. Die beson- tionszuschüssen zur Verfügung. ders energieintensive Industrie zahlt somit Mit den jährlich verfügbaren Fördermit- anteilsmäßig einen niedrigeren Betrag als teln von 40 Millionen Euro werden die Er- ihrem Stromverbrauch entsprechen würde. richter und Betreiber von Ökostromanlagen über 13 Jahre (bei rohstoffabhängigen Anla- Faymann: Wichtiger Schritt am Weg gen bis 15 Jahre) mit garantierten Einspeise- zur Unabhängigkeit von Atom-Strom tarifen von den Stromkonsumenten unter- Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) stützt. Das System funktioniert so, daß den bezeichnete das im Ministerrat beschlossene Anlagenbetreibern ihre Investitions- und Fi- Ökostromgesetz als einen wichtigen Schritt nanzierungskosten komplett ersetzt werden auf dem Weg zur für das Jahr 2015 angepeil- und sie zusätzlich einen Gewinn von minde- ten Unabhängigkeit von Atom-Strom-Impor- stens sechs Prozent erhalten. ten. „Wir zeigen damit vorbildhaft, daß wir auf alternative Energien und Energieeffi- Rascher und kompletter zienz setzen“, sagte Faymann. Durch das Abbau der Anlagen-Warteliste neue Ökostromgesetz werden die jährlich zur Neben der Erhöhung des jährlich verfüg- Verfügung stehenden Fördermittel von 21 baren Kontingents wird die Anlagen-Warte- auf 40 Millionen Euro nahezu verdoppelt. liste durch ein Tarifvolumen von insgesamt Mit dem zusätzlichen Geld sollen vor allem über 100 Millionen Euro komplett abgebaut. bisher unerledigte Förderanträge behandelt Einerseits wird damit die Warteliste bei werden. Der Fokus soll dabei auf Windener- Kleinwasserkraft über Investitionszuschüsse gie gelegt werden, die am dichtesten am von rund 20 Millionen Euro aufgelöst. An- Marktpreis operiert. dererseits gibt es für jene 152 Wind- und Für 300.000 einkommensschwache Haus- rund 4.200 Photovoltaik-Anlagen geförderte halte in Österreich konnte eine Deckelung Einspeisetarife, die ohne Novelle derzeit bis von 20 Euro pro Jahr bei Ökostrom-Kosten zu den Jahren 2015 bzw. 2023 auf der War- auf der Stromrechnung erreicht werden. teliste gereiht sind. Gleichzeitig wird Platz Auch insgesamt sinkt die Belastung der für neue Anträge geschaffen. Die als Gegen- Haushalte im Vergleich zu früher, sie tragen leistung für die Vorreihung im Begutach- künftig rund 35 Prozent der Kosten statt wie tungsentwurf vorgesehenen Tarifabschläge Foto: http://www.bilderbox.biz bisher mehr als 40 Prozent. Atomstrom-Importe sollen in von bis zu 30 Prozent werden deutlich redu- Österreich bereits 2015 obsolet sein. ziert und zeitlich gestaffelt. Selbst danach Widmann: Einstimmiges Ökostrom-Ge- liegt das Förderniveau immer noch über dem allerdings, daß diese Summe für rund setz in Nationalrat wäre großer Wurf von Deutschland. 300.000 einkommensschwächere Haushalte Der vorliegende Ökostrom-Gesetzes- „Wir schaffen durch unser Modell einen mit 20 Euro pro Jahr gedeckelt wird. entwurf „birgt die Chance in sich, einstim- Anreiz für rasche und effiziente Investitio- Nicht sinnvoll wäre eine gänzliche Auf- mig beschlossen zu werden, wenn sich Wirt- nen“, erläutert Mitterlehner. „Unser Ziel ist, hebung des Förderdeckels. „Damit würden schaftsminister Reinhold Mitterlehner in daß sich die Fördertarife möglichst bald dem wir jede Steuerungsmöglichkeit aufgeben einigen wesentlichen Punkten noch bewegt“, Niveau des Marktes annähern und wir in und die Kosten würden wie in Deutschland erklärte BZÖ-Energiesprecher Rainer Wid- Zukunft noch mehr Spielraum für den Öko- aus dem Ruder laufen“, bekräftigt Mitter- mann. Dazu zähle der Abbau des Förder- strom-Ausbau haben. Die Technologien ver- lehner. Während der österreichische Durch- staus bei Ökostromanlagen zu fairen Bedin- bessern sich laufend“, so Mitterlehner. schnittshaushalt derzeit 35 Euro pro Jahr gungen ebenso wie das verbindliche Fest- zahlt, kostet die Ökostromförderung die schreiben eines Ökostromanteils von 25 Pro- Fördersystem bleibt deutschen Haushaltskunden schon jetzt über zent bis 2020 in jährlich herunter gebroche- finanzierbar und steuerbar 100 Euro. Auch deswegen mussten die Ta- nen Etappenzielen. Darüber hinaus gebe es Durch die höheren Förderungen und den rife für die dortigen Anlagenbetreiber mehr- von den jeweiligen Branchenvertretern – Abbau der Warteliste steigt das jährliche mals drastisch reduziert werden. Biomasse, Wasserkraft, Windkraft und auch

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 12 Innenpolitik der Fotovoltaik – noch berechtigte sachliche gemessen auf einen gewissen Zeitraum und „Es ist ein Start mit angezogener Hand- Forderungspunkte, die berücksichtigt wer- fair auf alle Konsumentengruppen verteilt bremse, die gelockert werden muß. Die 1,1 den sollten. Damit stünde einem gemeinsa- werden. Diese Balance fehlt dem vorliegen- GWp müssen bis 2015 erreicht werden, nur men großen Wurf in Richtung erneuerbarer den Ministerratsbeschluß leider.“ Er verlangt, dann leisten sie einen echten Beitrag zum Energie wenig im Wege, erklärte Widmann. das geplante Gesetz nochmals bis zum Par- Ersatz von Atomstromimporten. Nach 2015 lamentsbeschluß zu überarbeiten, um ein aus- erreicht Photovoltaikstrom die sogenannte Glawischnig: Taugliche Verhandlungs- gewogenes Gesamtergebnis zu ermöglichen. Netzparität und wird kurz darauf zum grundlage, Entscheidendes fehlt noch Selbstläufer“, ist Hans Kronberger vom PVA „Energieminister Mitterlehner zeigt mit Koren: Wettebewerbsnachteil überzeugt. Daher seien die geplanten Inve- dem nachgebesserten Entwurf fürs Öko- für Betriebe abfedern stitionen aus den Jahre 2015 bis 2020 vorzu- stromgesetz endlich Einsicht dafür, daß eine „Das heute im Ministerrat beschlossene ziehen. Damit könne ein Ausbauvolumen er- echte Energiewende dringend eingeleitet neue Ökostromgesetz bedeutet eine Kosten- reicht werden, das es ermöglicht, bis späte- werden muß. Der im Ministerrat beschlosse- explosion für alle Stromkonsumenten“, er- stens 2017 die PV auf Basis der Netzkosten ne Entwurf bedeutet eine Chance für Er- klärte der Vize-Generalsekretär der Industri- marktfähig zu machen“, so Kronberger. Nun neuerbare Energien“, sagt Grünen-Chefin ellenvereinigung, Peter Koren. „Die Verdop- sei das Parlament am Zuge: Die drei Op- Eva Glawischnig. Sie ist erfreut darüber, daß pelung des jährlichen Förderbudgets sowie positionsparteien seien gefordert, die Hand- die massive Kritik ihrer Partei und vor allem der komplette Abbau der Warteschlangen bremse zu lösen. der Umweltschutzorganisationen und der kostet den Konsumenten in Summe immer- betroffenen Wirtschaft dazu geführt hat, daß hin zusätzlich drei Milliarden Euro über die Moidl: IG Windkraft positiv maßgebliche Blockaden für die Weiterent- gesamte Laufzeit. Umso dringlicher ist da- zu Ökostromgesetz wicklung dieses Sektors abgemildert wur- her angesichts der Kostenexplosion eine Positiv beurteilt Stefan Moidl, Ge- den. Glawischnig: „Nun liegt uns eine taug- Kostenbegrenzung für energieintensive schäftsführer der IG Windkraft, die vom Mi- liche Verhandlungsgrundlage vor. SPÖ und Unternehmen“, fordert Koren. nisterrat beschlossene Regierungsvorlage ÖVP brauchen noch die Stimmen einer der „Die Industrie wartet seit Jahren auf eine für ein Ökostromgesetz 2012. Im Zuge der Oppositionsparteien. Aber nur die Grünen wirksame Kostenbegrenzung, die in vielen Verhandlungen im Parlament seien wenige, Stimmen würden das Gesetz mit einem Gü- europäischen Ländern bereits selbstver- aber entscheidende Details anzupassen. tesiegel versehen. Für unsere Zustimmung ständlich ist.“ Die geplante Umstellung der „Die Windkraft kann einen bedeutenden wird es aber noch entscheidende Nachbesse- Finanzierung auf einen pauschalierten Zu- zusätzlichen Beitrag für eine saubere und rungen brauchen. Der Förderdeckel ist unse- schlag zum Systemnutzungs- und Verlust- sichere Stromversorgung in Österreich lei- rer Ansicht nach weiterhin viel zu niedrig entgelt leiste einen wesentlichen Beitrag, um sten. Dafür sind langfristig stabile Rahmen- angesetzt.“ Für die Grünen ist die neue Ver- den Wettbewerbsnachteil der österreichi- bedingungen erforderlich. Die Regierungs- sion des Gesetzes ein positives Startzeichen schen energieintensiven Betriebe gegenüber vorlage für ein Ökostromgesetz 2012 ist ein für die Verhandlungen – „für das Herzstück anderen EU-Staaten wie Deutschland, Frank- wichtiger Schritt dafür“, so Moidl. Sie eines zukunftsweisenden Ökostromgesetzes reich, Schweden oder Norwegen abzufedern. wurde im Vergleich zum Begutachtungsent- fehlt aber noch Wesentliches“. „Diese Entlastung wird aber mit dem Ge- wurf bereits deutlich verbessert. Insbeson- setzesbeschluß nicht wirksam. Hier sehen wir dere die Zielsetzungen für 2020, die Auf- Leitl: Übermäßige Belastung für einen dringenden Nachbesserungsbedarf. stockung der Mittel sowie die Bereinigung Gewerbe und Industrie nicht vertretbar Eine abermalige einseitige Aufstockung der von Hürden in der Abwicklung der Öko- „Das im Ministerrat beschlossene Öko- Fördermittel, ohne eine gleichzeitig wirksa- stromförderung sind aus Investorensicht ent- stromgesetz 2012 unterscheidet sich in we- me Entlastung für die energieintensive scheidend. sentlichen Punkten vom Begutachtungs- Industrie, wäre ein fatales Signal für den Nun bedürfe es laut Moidl noch der An- entwurf“, sagte Wirtschaftskammer-Präsi- Standort“, meinte Koren. passung weniger, aber entscheidender De- dent Christoph Leitl. So werde das jährlich tails im Parlament, dies vor allem bei der zur Verfügung stehende Förderbudget von Kronberger: Start mit Frage des Abbaus der Warteschleife bei 21 auf 40 Millionen Euro erhöht. Zugleich angezogener Handbremse Windkraftprojekten. Von großer Bedeutung seien die privaten Haushalte von den Mehr- Der Bundesverband Photovoltaic seien auch eine erfolgreiche Verhandlung kosten des Ökostromausbaus ausgenommen. (PVA) anerkennt, daß Minister Reinhold mit der EU-Kommission im Notifizierungs- „Dadurch entsteht eine Belastungsschieflage Mitterlehner konstruktiv an der Novelle zum verfahren sowie ein rasches Inkrafttreten der zu Lasten der kleinen und mittleren Be- Ökostromgesetz gearbeitet hat. Die Rück- Neuregelung. triebe.“ Ein Lichtblick für Leitl ist die Ent- nahme der 30prozentigen Kürzung der Ta- Die Regierungsvorlage „Bundesgesetz lastung der energieintensiven Unternehmen, rife, der auf der Warteliste stehenden Antrag- über die Förderung der Elektrizitätserzeu- welche der Gefahr der Abwanderung dieser steller und der Ersatz durch ein gestaffeltes gung aus erneuerbaren Energieträgern Betriebe in Länder mit geringeren Energie- System, muß sich in der Praxis beweisen, ist (Ökostromgesetz 2012 – ÖSG 2012)“ wurde kosten begegnet. Diese Entlastung benötige aber ein Fortschritt gegenüber dem ersten an den parlamentarischen Ausschuß für aber die Zustimmung der EU. „Die Wirtschaft Entwurf. Die Erweiterung des Ausbauzieles Wirtschaft und Industrie zugewiesen, wo sie verlangt hier ein gleichzeitiges Inkrafttreten auf 1,1 Gigawattpeak installierter Photo- beraten und dann den Abgeordneten zum von Fördermaßnahmen und dem Schutz für voltaikleistung in Österreich bis 2020 ist zu Nationalrat zu Debatte und Beschlußfassung energieintensive Betriebe.“ Leitl: „Ökostrom- langfristig konzipiert und bedarf einer weitergeleitet werden wird. Termin steht ausbau ist in Ordnung – wenn die Kosten an- Beschleunigung. dafür noch keiner fest.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 13 Innenpolitik Kein Ansturm aus dem Osten Es liegen nun erste Zahlen über die Zuwanderung von Arbeitskräften nach der Arbeitsmarktöffnung am 1. Mai vor. So nahmen im Mai zusätzlich rund 8700 Arbeitnehmer vor allem aus Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Polen eine Arbeit in Österreich auf. Foto: http://www.bilderbox.biz »Vor den zusätzlich prognostizierten Zuwanderern braucht man sich nicht zu fürchten. Diese werden vielmehr den Fachkräfte- mangel in wichtigen Branchen ausgleichen«, erklärte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zur Arbeitsmarktöffnung.

it 1. Mai 2011 liefen die Übergangsfri- rechtlich nicht möglich, auch wenn die FPÖ Arbeitsmarktöffnung für Personen aus Ost- Msten für die EU-Mitgliedsstaaten Est- dies vehement gefordert und vor einer europa haben, ist nachzuvollziehen und land, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, „Überschwemmung“ des heimischen Arbeits- durchaus berechtigt“. Es könne nicht sein, Slowakei, Slowenien und Ungarn aus. marktes gewarnt hatte. FPÖ-Obmann Heinz- „daß man einer Arbeit nachgeht und schluß- Arbeitskräfte aus diesen Staaten haben seit- Christian Strache etwa meinte, in Osteuropa endlich nicht davon leben kann. Die Öffnung her Arbeitnehmerfreizügigkeit und können würde „über eine Million Arbeitslose“ auf des Arbeitsmarktes wird eine Verschärfung unter den gleichen Voraussetzungen wie ös- die Öffnung des Arbeitsmarktes warten. dieser Situation bringen, daher muß die Re- terreichische Staatsbürger jede beliebige Be- FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl reagierte gierung in diesem Bereich rasch gegensteu- schäftigung aufnehmen und ausüben. Sie auf Aussagen von Sozialminister Rudolf ern“, forderte Widmann. Durch die Öffnung haben Anspruch auf jenes Bruttoentgelt, das Hundstorfer in einer ORF-,,Pressestunde“: des Arbeitsmarktes würden alleine durch vie- den für österreichische Arbeitnehmer bzw. „Es bleibt dabei: Der rote Sozialminister hat le neue Tagespendler viele oberösterreichi- Arbeitnehmerinnen geltenden Kollektivver- keinen Plan und liefert die heimischen sche Regionen betroffen sein, so Widmann. trags- und Mindestlohntarifregelungen ent- Arbeitnehmer dennoch eiskalt der billigen „Von einem Massenansturm kann keine spricht und müssen entsprechend zur So- Konkurrenz aus dem Osten aus. Ernsthaft zu Rede sein“, sagte Wirtschaftsminister Rein- zialversicherung angemeldet werden. behaupten, daß nur 15.000 bis 25.000 Men- hold Mitterlehner (ÖVP) am 28. April. „Jetzt Die Übergangsfristen waren u.a. Öster- schen nach dem 1. Mai auf unseren Arbeits- geht es vielmehr darum, die Chancen der reich deshalb zugestanden worden, um Zeit markt drängen werden, kann man nicht mehr Öffnung optimal zu nützen. Die Öffnung der für das Schaffen von Schutzmaßnahmen für als fahrlässig bezeichnen, das ist schon vor- Märkte und der verstärkte Handel mit ande- einen funktionierenden Arbeitsmarkt und ge- sätzlich falsch“, so Kickl. ren Staaten haben Österreich in den vergan- gen Lohn- und Sozialdumping zu schaffen. Der oberösterreichische BZÖ-Abgeord- genen Jahrzehnten beträchtliche Wohlstands- Ein Verschieben des Auslaufens dieser Fri- nete Rainer Widmann sagte, daß „die Öster- gewinne ermöglicht. Eine Abschottung be- sten über den 30. April 2011 hinaus war EU- reicher Angst und Unwissenheit vor einer wirkt das genaue Gegenteil.“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 14 Innenpolitik

Allein die Ostöffnung seit dem Jahr 1989 dem österreichischen Arbeitsmarkt unterkom- für die Unternehmen zum Schutz vor unfai- hat Österreich laut einer Wifo-Studie ein zu- men konnten. Viele der ArbeitnehmerInnen rem Wettbewerb. Nun sei es notwendig, des- sätzliches Wirtschaftswachstum von 0,33 aus Polen, Tschechien, der Slowakei oder sen Einhaltung zu kontrollieren. Foglar: Prozent pro Jahr und zusätzlich 57.000 Ar- Ungarn sind als Saisonniers beschäftigt, so- „Wenn man nicht schaut, daß ein Vertrag beitsplätze gebracht. Die Exporte nach Ost- daß es hier zu keiner Wettbewerbssituation eingehalten wird, dann ist er das Papier nicht europa haben in Österreich die Produktion mit einheimischen Arbeitnehmern gekom- wert, auf dem er steht. Und das gleiche gilt stimuliert und insgesamt die Einkommen men ist“, sagte der Minister. für ein Gesetz.“ erhöht. Dadurch ist auch die Inlandsnach- Aus Ungarn sind rund 3000 Arbeitneh- AK-Präsident Herbert Tumpel sagte, die frage um 2,4 Prozent gestiegen. „Österreichs merInnen gekommen, aus Polen 2500, 1500 Erfahrungen aus den Jahren um den Zusam- Unternehmen haben die Märkte in Osteuro- aus der Slowakei, 650 aus Slowenien und menbruch der kommunistischen Regime in pa schnell erschlossen und so zusätzliche 800 aus Tschechien. den Nachbarländern, als 150.000 Arbeits- Umsätze und Arbeitsplätze im Inland gene- Im Mai sei „ein gewisser Rückstau“ an An- kräfte nach Österreich gekommen seien, riert. Gleichzeitig haben sie damit ihre Fir- stellungen „abgearbeitet“ worden, so Hunds- hätte die ArbeitnehmerInnenvertretung be- menzentralen in Österreich abgesichert und torfer. Viele Arbeitgeber – wie in landwirt- wogen zu sagen: „Ja zur Erweiterung der ausgebaut“, sagte Mitterlehner. schaftlichen Betrieben – haben auf die Ar- EU, aber wir müssen höllisch darauf aufpas- Wie eine Studie des IHS und der Donau- beitsmarktöffnung gewartet, um problemlos sen, daß der Arbeitsmarkt nicht aus dem Universität Krems im Auftrag des Wirt- Arbeitskräfte aus dem Osten anstellen zu Gleichgewicht gerät. Dabei waren wir er- schaftsministeriums zeigt, werden in den können. Es sei daher zu erwarten, daß sich folgreich. Österreich war eines der wenigen Jahren 2011 und 2012 insgesamt zwischen nun mit jedem Monat die Zahl der neuen Ar- Länder, die das erkannt haben und Maßnah- 20.000 und 25.000 Arbeitskräfte aus den beitskräfte aus den östlichen Nachbarstaaten men umgesetzt haben.“ Ein Gesetz gegen acht neuen EU-Mitgliedsstaaten nach Öster- verflacht. „Wir gehen daher weiter davon Lohn- und Sozialdumping gebe es nur hier, reich kommen. „Schon jetzt sind 90.000 aus, daß die Umfragen und die Studien, die sowie einen flächendeckenden Mindestlohn Arbeitskräfte aus Osteuropa aufgrund von wir vor der Arbeitsmarktöffnung durchfüh- in den Kollektivverträgen. „Jetzt gilt es, das Sondervereinbarungen in Berufen, in denen ren ließen und die eine Zuwanderung im wirklich in der Praxis umzusetzen, denn ein es in Österreich zu wenige Arbeitskräfte gibt, Ausmaß von 20.000 bis 25.000 Arbeitneh- Gesetz hält sich nicht von selbst ein“, schloß bei uns beschäftigt. Vor den zusätzlich pro- mern prognostizieren, auf das ganze Jahr Tumpel. gnostizierten Zuwanderern braucht man sich umgelegt zutreffen werden“, schloß Hunds- Aus Sicht der Industrie war die Arbeits- also nicht zu fürchten. Diese werden vielmehr torfer. marktöffnung aufgrund von Fachkräfteman- den Fachkräftemangel in wichtigen Bran- Wirtschaftskammerpräsident Christoph gel und demographischer Entwicklung ein chen ausgleichen und so zu mehr Wachstum Leitl erklärte, einen Monat nach der Arbeits- längst fälliger Schritt. Laut einer Synthesis- und Aufschwung beitragen“, so Mitterlehner. marktöffnung habe sich deutlich gezeigt, daß Prognose werden aufgrund der günstigen Gleichzeitig helfe die Arbeitsmarkt-Öffnung der von einigen Skeptikern heraufbeschwo- konjunkturellen Aussichten und der guten mittel- und langfristig bei der Bewältigung rene Massenansturm von Ost-Arbeitskräften Auftragslage bis 2015 insgesamt 185.000 des demographischen Wandels der Gesell- nicht stattgefunden habe: „Die Panikmache zusätzliche Stellen geschaffen werden. Das schaft, zum Beispiel im Sozial- und Pflege- ging völlig ins Leere, wie die jüngsten Daten Arbeitskräfteangebot liegt um rund 38.000 bereich. zeigen, der Andrang ist bisher gering. Qua- Personen darunter. lifiziertes Fachpersonal aus dem Ausland, Um international wettbewerbsfähig zu Erste Zahlen liegen vor – das die österreichische Wirtschaft immer drin- bleiben, müsse Österreich für mobile, welt- der Ansturm blieb aus gender braucht, steht keineswegs Schlange weit umworbene Talente interessant sein. „Es liegen nun erste Zahlen über die Zu- bei uns. Das bedeutet, daß der Fachkräfte- Die Industrie forderte seit langem ein krite- wanderung von Arbeitskräften nach der Ar- mangel anhält und sich noch zu verschärfen riengeleitetes Zuwanderungsmodell für Ös- beitsmarktöffnung am 1. Mai vor“, erklärte droht.“ terreich und begrüßt daher auch die Einfüh- Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ÖGB-Präsident Erich Foglar sagte, seit rung der „Rot-Weiß-Rot-Karte“, mit der gut etwas mehr als zwei Wochen nach dem Beginn sei die Diskussion über den Beitritt ausgebildete Migranten aus Drittstaaten ab Stichtag. „So nahmen im Mai zusätzlich rund der acht Länder, für deren BürgerInnen am 1. Juli 2011 bzw. qualifizierte Fachkräfte in 8700 Arbeitnehmer vor allem aus Ungarn, 1. Mai 2011 der österreichische Arbeitsmarkt Mangelberufen ab 1. Mai 2012 nach Öster- Tschechien, der Slowakei und Polen eine geöffnet worden sei, geprägt von Sorgen, reich zuwandern können. Arbeit in Österreich auf. Das macht zwei Ängsten und Befürchtungen gewesen. „Der Für den Erfolg des neuen Zuwanderungs- Promille der 3,4 Millionen unselbstständig Arbeitsmarkt ist einer der sensibelsten modells sind allerdings über die Gesetze hin- Beschäftigten in Österreich aus. Von einem Märkte, die es gibt, und wenn man Akzep- aus Rahmenbedingungen entscheidend. Es Ansturm von Beschäftigten aus diesen Staa- tanz schaffen will, muß man die Menschen braucht dringend eine Migrationsplattform ten kann man daher keineswegs sprechen.“ mitnehmen, sich ihrer Sorgen annehmen und für Zuwanderung, die es interessierten Zu- Die Gesamtzahl der Beschäftigten aus den für die wahren Probleme Lösungen erarbei- wandernden durch Klarheit, Transparenz neuen EU-Staaten beträgt 84.855. ten.“ Österreich habe die Vorbereitungszeit und Information ermöglicht, sich für Öster- „Im Vergleich zum 1. Mai haben wir heu- sehr gut genutzt: „Jetzt haben wir den 1. Mai reich zu entscheiden. Im Bereich der Inte- te um fast 30.000 Arbeitslose weniger zu ver- hinter uns, der Ansturm ist wie erwartet aus- gration, der Bewußtseinsbildung und bei An- melden. Gleichzeitig steigt die Beschäfti- geblieben“, und es gebe das Gesetz gegen erkennung von Abschlüssen ist noch viel zu gung, sodaß die neuen ArbeitnehmerInnen Lohn- und Sozialdumping, das notwendig sei tun. aus unseren Nachbarländern problemlos auf sowohl für die ArbeitnehmerInnen, aber auch http://www.arbeitsmarktoeffnung.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 15 Innenpolitik Gemeinden bekennen sich zu Nullfdefizit Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer bekräftigte am Abschlußtag des 58. Gemeindetages seine Forderungen nach einer finanziellen Entlastung der Gemeinden, der vollständigen Übernahme der Kinderbetreuung durch die Gemeinden… Foto: kommunalnet / Gemeindebund Bummvoll ist das Veranstaltungszentrum in Kitzbühel bei der Fachtagung mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer. in klares Bekenntnis zur Konsolidierung tungen so viel einsparen könnte, dann ärgere Pflegefinanzierung Eder öffentlichen Haushalte gab Gemein- ich mich über die Unkenntnis und die Miß- »wichtiger Etappensieg« debund-Präsident Bgm. Helmut Mödlham- achtung der Faktenlage.“ Positiv äußerte sich Mödlhammer über mer am 10. Juni beim Gemeindetag in Kitz- In den heimischen Gemeinden sind der- die jüngst erzielte Einigung bei der Pflege- bühel ab. „Wir sind die einzige Gebiets- zeit rund 75.000 MitarbeiterInnen beschäf- finanzierung. „Wir haben hier einen wichti- körperschaft, die sich zu einem Nulldefizit tigt. Davon arbeiten freilich nur rund 20 Pro- gen Etappensieg erreicht, bis 2014 sind zu- in den nächsten Jahren verpflichtet hat“, zent in der Verwaltung. „Der Großteil unse- mindest die Steigerungen bei den Pflege- erinnerte Mödlhammer in seiner Ansprache. rer MitarbeiterInnen sind in der Dienst- kosten abgefangen. Wir brauchen in diesem „Das wird eine gewaltige Kraftanstrengung, leistung tätig, in den Kindergärten, Pflege- Bereich aber dringend eine langfristige aber wir sind zuversichtlich, daß wir das heimen, Straßendiensten, usw.“, so Mödl- Lösung, die uns Finanzierungssicherheit Nulldefizit länderweise schaffen werden“, hammer. „Die gesamte Verwaltung aller über 2014 hinaus bietet.“ Die Finanzierung so Mödlhammer. österreichischen Gemeinden kostet pro Jahr der Pflege werde die Gemeinden noch viele zwischen 450 und 600 Mio. Euro. Wenn ich Jahre beschäftigen. Ärger über Milchmädchenrechnung da eine Milliarde einsparen will, dann müß- Insgesamt, so Mödlhammer, gehe es der- einiger Verwaltungswissenschafter ten wir unsere Verwaltung gleich zweifach zeit mit den Gemeindeeinnahmen wieder Ärgerlich zeigte sich Mödlhammer über einsparen“, so Mödlhammer. „Wir sollten uns leicht aufwärts. Die gute Konjunktur und die viele öffentliche Wortmeldungen der letzten vor den falschen Propheten hüten, die land- vielen Sparmaßnahmen hätten gute Ergeb- Wochen. „Wenn ich höre, wie immer wieder auf und landab erzählen, wie viele Milliar- nisse gebracht. „Wir haben freilich einen ge- so genannte Experten und Wissenschafter be- den man in den Gemeindeverwaltungen spa- waltigen Rückstau an Investitionen zu be- haupten, daß man in den Gemeindeverwal- ren könnte.“ wältigen. In den letzten beiden Jahren muß-

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dezusammenlegungen stellte Mödlhammer klar: „Ich habe überhaupt nichts gegen frei- willige Zusammenlegungen, ich wehre mich aber gegen von oben verordnete Fusionen. Man muß sich sehr gut überlegen, was man damit auch zerstören kann und ob das ge- wünschte Ergebnis dafür steht. Die potentiel- len Einsparungen in der Verwaltung sind marginal, das zeigen uns die Beispiele aus der Schweiz. Darüber hinaus riskiert man damit einen völligen Zusammenbruch des freiwilligen Engagements.“ Die Berechnun- gen aus den Rechnungsabschlüssen der Ge- meinden zeigen überdies: Die höchsten Ver- waltungs- und Personalkosten haben Ge- meinden zwischen 20.000 und 50.000 Ein- wohnern. „Größer heißt nicht immer billi- ger“, so Mödlhammer.

Positives Schlußresümee Foto: kommunalnet / Gemeindebund Abschließend resümierte Mödlhammer: Vor der Haupttagung: Bundeskanzler Werner Faymann, Gemeindebundpräsident „Wir können uns bei diesem Gemeindetag Bgm. Helmut Mödlhammer und Tirols Landeshauptmann Günther Platter (v.l.) über einige erreichte Erfolge freuen. Wir ten viele Projekte zurückgestellt werden, wofür zuständig ist und dafür auch das Geld haben andererseits auch noch gewaltige weil die Einnahmen so eingebrochen sind. bekommen soll. Erst dann können wir sinn- Herausforderungen vor uns liegen. Wenn es Immer noch sind aber die Gemeinden die vollerweise über eine Verwaltungsreform aber jemanden gibt, der diese Aufgaben be- größten öffentlichen Investoren Österreichs reden. Die Kinderbetreuung etwa können die wältigen kann, dann sind es wir Kommunal- und tragen auch große Verantwortung für die Gemeinden locker in alleiniger Zuständig- politiker in den Gemeinden. Wir genießen regionale Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.“ keit übernehmen, da brauchen wir keine vier das mit Abstand höchste Vertrauen in der Ministerien und neun Bundesländer, die da Bevölkerung. Dieser Verantwortung sind wir Ländlicher Raum in akuter Gefahr mitreden. Dafür wäre der Spitalsbereich in uns bewußt und werden dem entsprechend Mit großer Besorgnis konstatierte der Ge- anderen Händen besser aufgehoben.“ arbeiten und handeln.“ meindebund-Präsident die Gefährdung der In der Diskussion rund um die Gemein- http://www.gemeindebund.at ländlichen Räume. „Zwei Drittel der österrei- chischen Gemeinden sind von Abwanderung betroffen, dazu kommt noch die Überalte- rung.“ Nur, wer Investitionen in die Infra- struktur vornehme, habe eine Chance, diesen Trend umzukehren. „Wo die Infrastruktur nicht mehr paßt, gehen die Betriebe und kur- ze Zeit später auch die Menschen weg. Ich will keine Entwicklung wie in der Schweiz oder Frankreich, wo man ganze Talschaften einfach aufgegeben hat.“ Mödlhammer forderte daher zum wieder- holten Mal die Erarbeitung und Umsetzung eines Masterplans für den ländlichen Raum ein. „Wir müssen definieren, welche infra- strukturellen Einrichtungen in welchen Ge- bieten nötig sind, um zumindest annähernd eine Gleichwertigkeit der Lebensbedingun- gen zu schaffen bzw. zu erhalten.“

Aufgabenreform vor Verwaltungsreform Klare Worte fand Mödlhammer zur im-

mer wieder diskutierten Verwaltungsreform. Foto: kommunalnet / Gemeindebund „Ich habe dieses Gerede satt. Wir brauchen Bürgermeister soweit das Auge reicht: Österreichs Gemeinden sind unregiert, alle eine Aufgabenreform, die klar regelt, wer Ortschefs sind am Kitzbüheler Hauptplatz.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 17 Innenpolitik Oberösterreich zieht Bilanz Mit Ende Juni 2011 schließt Landeshauptmann Josef Pühringer seine halbjährige Vorsitzperiode der Landeshauptleutekonferenz ab. Foto: Land OÖ/Kraml Gruppenfoto (v.l.): LH Günther Platter (Tir), LH Bgm. Michael Häupl (Wien), LH Erwin Pröll (NÖ), LH Josef Pühringer (OÖ), LH Gabi Burgstaller (Sbg), LH Gerhard Dörfler (Ktn), LH Herbert Sausgruber (Vbg) und LH Franz Voves (St,k)

olgende Themen wurden umgesetzt Auf der Landeshauptleutekonferenz am 2,9 Prozent kommen und somit die EU- Fbeziehungsweise in die Wege geleitet: 19. Mai 2011 in Bad Hall wurden dann noch Vorgaben erfüllen. Um die Pflege älterer Mitmenschen zu si- die Details fixiert: Die Mittel werden an die Auf der Landeshauptleutekonferenz in chern, haben sich Bund und Länder auf der Ländern und Gemeinden für das Jahr 2011 Bad Hall fand die offizielle Unterzeichnung Finanzreferentenkonferenz im März 2011 im November ausbezahlt, ab 2012 in zwei des Stabilitätspaktes durch den Vorsitzenden auf die Installierung eines Pflegefonds geei- Tranchen jeweils im Frühjahr und im Herbst. LH Josef Pühringer, Finanzministerin Maria nigt. Nach FAG-Schlüssel beteiligen sich der Auch die Einbeziehung der 24-Stunden-Be- Fekter, Sozialminister Rudolf Hundstorfer Bund zu 2/3, Länder und Gemeinden zu 1/3. treuung konnte grundsätzlich geklärt wer- sowie Städtebundpräsident Bürgermeister Bund, Länder und Gemeinden finanzieren den. Ab 2015 soll im Finanzausgleich die ge- Dr. Michael Häupl und Gemeindepräsident damit die notwendigen Verbesserungen der samte Pflege - insgesamt der 24- Stunden- Helmut Mödlhammer statt. stationären Pflege und Betreuung daheim. Betreuung - eingeschlossen werden. Die Gesamthöhe für 2011-2014 beträgt 685 Föderalismus: Mehr Spiel- Millionen Euro, und zwar für das Jahr 2011 Der Stabilitätspakt raum in der Gesetzgebung 100, für das Jahr 2012 150, für das Jahr 2013 als »Schuldenbremse« Bei der Landeshauptleute-Konferenz in 200 und für das Jahr 2014 235 Millionen Der ebenfalls auf der Finanzreferenten- Bad Hall wurde von den Bundesländern eine Euro. konferenz ausverhandelte Stabilitätspakt gemeinsame Föderalismus-Erklärung, das Verbunden ist damit auch ein weiterer zwischen Bund, Länder und Gemeinden legt „Programm der österreichischen Bundeslän- Schritt zur Verwaltungsvereinfachung. In Zu- zum einen den neuen Defizitpfad fest, zum der zur Weiterentwicklung des föderalen kunft werden die Pflegegeld-Anträge nicht anderen verpflichtet er die Gebietskörper- Bundesstaates“, beschlossen. Die Vorschläge mehr von 303 verschiedenen Stellen abge- schaften zu mehr Transparenz bei den Finan- beinhalten unter anderem mehr Spielraum in wickelt, sondern zentral. Die Verfahrens- zen. Konkret sieht der Plan vor, daß die Län- der Gesetzgebung, eine „Entrümpelung“ der dauer soll zudem deutlich verkürzt werden. der heuer ein maximales Defizit von 0,75 Verfassung und den Entfall des Einspruchs- „Es geht um Menschen in sehr ernsten Si- Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verfahrens der Gesetzesbeschlüsse des Land- tuationen, und deshalb ist Sicherheit und aufweisen. 2012 dürfen es 0,6, 2013 und tages nach Art. 98 B-VG. schnelle Abwicklung besonders wichtig“, so 2014 jeweils 0,5 Prozent sein. So will man Die Länder sind weder Reformverwei- LH Josef Pühringer. im Jahr auf ein gesamtstaatliches Defizit von gerer noch -blockierer. Wir sind gegen Kan-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 18 Innenpolitik tönligeist und Kleinstaaterei. Auch die Län- der haben hohes Interesse an einer Moderni- sierung der bundesstaatlichen Ordnung. Die Länder sind eigenständige Mitglieder des Bundesstaates. Sie sind keine nachgeordne- ten Organe des Bundes. Unser Ziel muß es sein, die Handlungs- und Entscheidungs- fähigkeit von Bund und Ländern zu stärken, die politischen Verantwortlichkeiten deut- licher zuzuordnen sowie eine zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung aller Ge- bietskörperschaften sicher zu stellen. Föderalismus heißt Bürgernähe. Die Lösung anstehender Probleme in der Nähe des Bürgers ist oft die beste Problemlösung. Das Subsidiaritätsprinzip muß daher Richt- schnur allen staatlichen Handelns sein. Bür- gernähe und Subsidiarität ermöglichen eine bessere Beteiligung der Bürger an der Ver- Foto: Land OÖ/Cerpnjak waltung und auch an der Gesetzgebung. Zu- Landeshauptmann Josef Pühringer (l.) und Landesamtsdirektor Eduard Pesendorfer ziehen Bilanz über den oberösterreichischen Vorsitz der LH-Konferenz dem schafft Föderalismus Wettbewerb und Innovation. Dieser Innovationswettbewerb gung möglich ist. Reformen im Spitalsbe- lichen Ersatz der Zivildienertätigkeiten 17 ist effizienzfördernd in doppeltem Sinne: reich in den Ländern Oberösterreich, Steier- Millionen Euro im Jahr ausmachen würden. Zum einen treibt er die Länder vorwärts, sich mark und Wien haben gezeigt, daß die Län- „Das Bundesheer ist notwendig für Extrem- tatsächlich anzustrengen, um neue und bes- der zu großen Reformen bereit sind. situationen, Spezialaufträge wie Gebirgsein- sere Lösungen für Herausforderungen zu Einig sind sich Gesundheitsminister sätze, etc. Dies ist für die Ländern von aller- suchen und hierbei in den Wettbewerb mit Alois Stöger und die Gesundheitsreferenten größter Bedeutung.“ anderen zu treten. Im Zuge des OÖ LH-Vor- der Länder, daß die Bundeskompetenzen zur Minister Darabos gab den Länderchefs sitzes wurde auch das Jubiläum „60 Jahre Steuerung des Gesundheitssystems ausge- die Zusicherung, daß – unabhängig welches Verbindungsstelle der Länder“ gefeiert, bei baut werden müssen. Pühringer fordert die Wehrpflicht-Modell zum Tragen kommt – es der auch eine Festschrift herausgegeben Finanzierung von Spitälern, Ambulanzen künftig 12.500 Einsatzbereite für den Kata- wurde. Diese zeichnet nicht nur die Ent- und niedergelassenen Ärzten aus einem von strophenschutz geben wird. Zusätzliche wicklung der Länder seit der Gründung der Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversi- 1000 SoldatInnen sollen für den Auslands- Zweiten Republik auf, sie ist auch eine mehr cherungen gespeisten Topf. Allerdings sollte einsatz tätig sein. als 800 Seiten starke Dokumentation des es einen Topf in jedem Bundesland geben. Beschlossen wurde von den Landes- Willens der neun österreichischen Bundes- „Bei dieser Reform geht es vor allem darum, hauptleuten auch eine Unterstützung des An- länder, bei der gesamtstaatlichen Entwick- die PatientInnen dort zu behandeln, wo es liegens eines Freiwilligen Sozialen Jahres. lung des föderalen Bundesstaates mitzuwir- für sie am besten und am sinnvollsten ist. ken. Wir müssen den ,Verschiebebahnhof‘ für die 15a-Vereinbarung: Kosten zwischen Spitälern, Ambulanzen und Ausbau der Ganztagsschule 1. Gemeinsames Länderpositionspapier niedergelassenen Ärzten auflassen“, so Püh- Um den steigenden Bedarf an Betreu- zur österr. Gesundheitsreform ringer. ungsplätzen abzudecken, erhalten die Län- Erstmals haben sich die Länder auf ein der Bundesmittel in Höhe von rund 200 Mil- einheitliches Länderpositionspapier zur Ge- Militärkommanden müssen lionen Euro, die sie für die Anschaffung sundheitsreform verständigt. In der Gesund- in den Ländern bleiben bzw. Erneuerung der dafür nötigen Infra- heitsreferent/innen-Konferenz im März 2011 Verteidigungsminister Norbert Darabos struktur sowie für den Einsatz des Betreu- in Bad Schallerbach wurde ein gemeinsames war der Einladung Pühringers gefolgt, um ungspersonals für den Freizeitteil der schuli- Verhandlungspapier verabschiedet, mit dem mit den Landeshauptleuten über die aktuelle schen Tagesbetreuung bis 16:00 Uhr ver- die Ländervertreter in die Reformkommis- Wehrpflicht- Debatte zu sprechen. wenden können. sion entsandt wurden. Als Vertreter wurden Die Länder betonten ihre Forderung nach Bis 2015 soll an der Hälfte der Schulen die beiden Gesundheitsreferenten, Ober- Erhaltung des Bundesheeres in einer Stärke, Nachmittagsbetreuung angeboten werden. österreichs LH Josef Pühringer, und die Wie- die die Erfüllung von Katastropheneinsätzen Die Zahl der Plätze soll von derzeit 105.000 ner Gesundheits-Stadträtin Sonja Wehsely, weiterhin ermöglicht, eine Ersatzlösung für auf 210.000 inkl. Hortbetreuung ausgebaut nominiert. Seitens der Länder wurde auf der den Zivildienst – sollte dieser entfallen – die werden. GesundheitsreferentInnen-Konferenz betont, nicht von den Ländern und Gemeinden ge- daß ein föderal organisiertes Gesundheits- tragen werden müssen sowie die Erhaltung 15a-Vereinbarung: Ausbau von wesen kein Hemmschuh für sinnvolle Re- der Militärkommanden in den Ländern. Kinderbetreuungseinrichtungen formen, sondern eine kostengünstige, quali- Pühringer verwies darauf, daß alleine in 2009 wurde zwischen Bund und Ländern tativ hochwertige und wohnortnahe Versor- Oberösterreich die Kosten für einen mög- die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 19 Innenpolitik Foto: Land OÖ LH Pühringer unterschreibt Stabilitätspakt. Re.: BM f. Finanzen Maria Fekter und Bgm. Michael Häupl in seiner Funktion als Städtebundpräsident. Ganz li: Helmut Mödlhammer, Gemeindebundpräs. u. Sozialminister Rudolf Hundstorfer

die Einführung der halbtägig kostenlosen Auslandsaktivitäten und Veranstal- sel. Dort brachte Pühringer seine Bedenken tungen und verpflichtenden frühen Förderung in zur CO2-Problematik in Europa vor. „Wir institutionellen Kinderbetreuungseinrichtun- Auch die Auslandsaktivitäten von LH Püh- stehen selbstverständlich zu den Klima- gen abgeschlossen. Als Beitrag zu den dar- ringer waren im ersten Halbjahr 2011 durch schutzzielen, es darf aber in diesem Zusam- aus entstandenen Mehrkosten hat der Bund den Vorsitz in der Landeshauptleute-Konfe- menhang keine Vertreibung der energiein- den Ländern in den Kindergartenjahren renz und das Schwerpunktthema „Föderalis- tensiven Betriebe aus Europa geben. Auch 2009/10 und 2010/11 je 70 Millionen Euro mus“ geprägt. Vorleistungen von Betrieben – in OÖ sind zur Verfügung gestellt. Im Februar 2011 reiste Pühringer als Vor- wir hier Vorreiter – müssen angerechnet wer- Mit der Verlängerung dieser Vereinbarung sitzender der LH-Konferenz mit Bundesrats- den“, so der Landeshauptmann. Barrosos an- wurde vom Bund die weitere Kostenbetei- präsident Gottfried Kneifel nach Düsseldorf gestrebtes Ziel sei eine weltweit rechtliche ligung in den kommenden zwei Kindergar- und Berlin und traf unter anderem mit BR- verbindliche Regelung. tenjahren in der Höhe von jeweils 70 Mil- Präsidentin und Ministerpräsidentin Hanne- Pühringer forderte zudem vom Kommis- lionen Euro zugesagt. lore Kraft und Bundestagspräsident Norbert sionspräsidenten einen künftigen Anti-Atom- LH Pühringer ist über den Ausbau der Lammert zusammen. kurs der EU einzuschlagen. Die völlig ver- Kinderbetreuungsplätze für Unter-Drei- „Dieser Besuch sollte ein Signal dafür änderte Haltung Deutschlands zu Atom- Jährige erfreut, schließlich handelt es sich sein, daß sich nicht nur Nationalstaaten, son- kraftwerken sowie die ganz klare Haltung um die erste Bildungseinrichtung für Kinder. dern auch Länder und Regionen stärker als der Italiener gegen Atomenergie zeigt ein Für die Jahre 2012 bis 2014 stehen wieder bisher vernetzen und austauschen müssten. europaweites Umdenken. Barroso bekräfti- jeweils 15 Millionen Euro Anschubfinanzie- Das gilt vor allem für wirtschaftlich starke ge, daß die bevorstehenden Streßtests mit rung zur Verfügung. Regionen, die ähnlich gelagerte Interessen aller Strenge durchgeführt würden und es haben. Nur gemeinsam können sie in Brüs- durchaus zu Schließungen von Werken kom- 15a-Vereinbarung in sel stark auftreten und ihre Anliegen durch- men würde. Weitere Themen waren die Re- der Erwachsenenbildung bringen. Dieser Besuch ist aber auch ein gionalförderungen nach 2014 sowie die EU- Im Bereich Erwachsenenbildung sprach starkes Zeichen dafür, daß die traditionell Verkehrsprojekte TEN-T. Pühringer machte sich die Landeshauptleutekonferenz dafür engen Beziehungen der Nachbarn Deutsch- auf die europäische Wichtigkeit der Pyhrn- aus, daß die 15a-Vereinbarung zwischen Bund land und Österreich nur dann wirklich eng Schober-Achse aufmerksam und verlieh die- und Ländern über die Förderung grundle- sind, wenn auch sie föderal aufgebaut sind“, ser Verkehrsverbindung somit noch einmal gender Bildungsabschlüsse für Erwachsene erklärten Bundesratspräsident Gottfried Knei- Nachdruck. inklusive Grundbildung/Basiskompetenzen fel und LH Josef Pühringer nach Arbeitsge- Weitere Höhepunkte im Zuge des LH- („Förderinitiative Erwachsenenbildung“) sprächen mit der nordrhein-westfälischen Vorsitzes waren die Dreierkonferenz der mit 1. Jänner 2012 in Kraft treten soll. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie Vorsitzenden der Länder- und Kantonsver- Auch dem Abschluß einer 15a-Verein- Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg. sammlungen von Deutschland, Österreich barung zwischen Bund und Ländern über die Im April und Mai 2011 standen Reisen und der Schweiz im März 2011 im Linzer Anerkennung des Qualitätsrahmens für die nach München, Berlin und Hamburg auf Landhaus. Erwachsenenbildung „Ö-Cert“ stimmte die dem Programm, verbunden mit Wirtschafts- LH-Konferenz grundsätzlich zu. Näheres delegationen und Terminen bei Bundesprä- 8. Juli 2011: Offizielle soll von einer Arbeitsgruppe geklärt werden. sident Christian Wulff, Bundesminister »Hofübergabe« an Salzburg Ronald Pofalla und dem Ersten Bürgermei- Mit 1. Juli 2011 endet der OÖ LH-Vorsitz Initiative des Bundesrates ster Hamburgs Olaf Scholz. unter LH Pühringer. Offiziell wird die „Staf- Einstimmig wurde auch eine Gesetzes- Erst kürzlich war Pühringer in seiner fel“ am 8. Juli 2011 an der oberösterrei- initiative des Bundesrates angenommen, die Funktion als Vorsitzender der LH-Konferenz chisch-salzburgischen Grenze bei Trimmel- eine bessere Gemeinde- und Bezirkskoope- bei einem Arbeitsgespräch mit Kommis- kam/St. Pantaleon an Salzburgs Landes- rationen ermöglichen soll. sionspräsident José Manuel Barroso in Brüs- hauptfrau Gabi Burgstaller übergeben.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 20 Österreich, Europa und die Welt Donauraum 10 Jahre nach der feierlichen Gründung der Donauraumkooperation in Wien wurde aus dieser österreichisch-rumänischen Idee ein europäisches Kernprojekt.

m 27. Mai 2002 erfolgte im Rahmen Aeiner Konferenz im Wiener Rathaus die feierliche Annahme des Gründungsdoku- ments („Deklaration“) für die Einrichtung einer Donauraumkooperation („Danube Co- operation Process“). Neben der damaligen Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, EU-Kommissar Chris Patten und dem Spe- zialkoordinator für den Stabilitätspakt, Er- hard Busek, hatten die Außenminister oder Staatssekretäre der 13 Donauanrainerstaaten das Gründungsdokument unterzeichet. Nach den Worten Ferrero-Waldners wür- den die „13 heute hier anwesenden Staaten Deutschland, Österreich, Tschechien, Slo- wakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Ukrai- ne, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Moldau und Bosnien-Herzegowina gemein- Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA Außenminister Michael Spindelegger (M) und EU-Währungskommissar Olli Rehn sam mit EU-Kommissar Patten und Stabi- beim Press-Point vor Beginn der Sitzungen der EU-Außenminister in Luxemburg litätskoordinator Busek ein Stück Geschich- te schreiben. Mit der feierlichen Gründung Die Beteiligung der Europäischen Kom- Mehr Wohlstand durch mehr der Donauraumkooperation werden wir dazu mission und des Stabilitätspakts dokumen- Verbindung und Zusammenarbeit beitragen, politische und wirtschaftliche tiere dabei klar das „europäische Format“ Das weitere Einzugsgebiet der Donau Bruchstellen zu überwinden und die Ge- der Initiative. „Wenn wir gerade im Rahmen umfaßt eine Region von ca. 800.000 km², in meinsamkeit, die Zusammenarbeit, die ge- der EU immer von Subsidiarität und Regio- der rund 120 Millionen Menschen leben. Es meinsamen Interessen in den Vordergrund zu nalisierung sprechen“, so Ferrero-Waldner, erstreckt sich über 14 Staaten, von denen acht stellen.“ „dann ist unsere heutige Veranstaltung ein EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Österreich, Nachdem die Anrainerstaaten der Donau gelebtes Beispiel für diese Schlagworte“. Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, „viel zu lange“ durch den Eisernen Vorhang Getragen sei die Kooperation der 13 Donau- Bulgarien und Rumänien) und sechs nicht getrennt waren und darüber hinaus die krie- anrainerstaaten weiters von „jenem Gedan- oder noch nicht EU-Mitgliedsstaaten sind gerischen Auseinandersetzungen auf dem ken, der auch am Beginn der Gründung der (Kroatien, Serbien, Montenegro, Bosnien und Gebiet des ehemaligen Jugoslawien die Europäischen Union stand: Durch Zusam- Herzegowina, Ukraine und Moldau). „politische, kulturelle und wirtschaftliche menarbeit und wirtschaftliche Kooperation Österreich hat sich schon vor der EU- Entwicklung in Südosteuropa empfindlich Staaten und Völker zusammenzuführen und Erweiterung 2004/7 um eine stärkere Ko- gestört haben“, bestünde nun in den Augen so eine gemeinsame friedliche Zukunft zu operation zwischen den Ländern dieser Re- der Ferrero-Waldners die „historische Chan- sichern“. Als persönliche Freude wertete es gion – von denen einige nach wie vor starken ce“, mit der gemeinsamen Deklaration eine dabei die Außenministerin, daß „die Donau Aufholbedarf haben – bemüht und 2002 ge- Art neue „Verfassung“ für die künftige Zu- als großer europäischer, geschichtsträchtiger meinsam mit Rumänien, wie bereits erwähnt, sammenarbeit zu verabschieden. und identitätsstiftender Strom somit wieder den Donaukooperations-Prozeß initiiert. Dabei würde jedoch keine neue Institu- ein gemeinsames Bindeglied darstellt“. Es erwies sich aber, daß ohne eine „Euro- tion mit neuen Strukturen und Kosten ins Neuneinhalb Jahre und unzählige Treffen päisierung“ diese Bemühungen nicht recht Leben gerufen werden. In flexibler Zusam- auf unterschiedlichsten Ebenen in allen An- von der Stelle kamen. Und so waren es wie- menarbeit im Rahmen mehrerer Konferen- rainerstaaten später hat dann die Europäi- der Österreich und Rumänien, die die Ini- zen werde es darum gehen, gemeinsam sche Kommission Anfang Dezember 2010 tiative für die Schaffung einer EU-Strategie wichtige Anliegen zu bearbeiten, Ziele zu die „Europäische Strategie für den Donau- für den Donauraum ergriffen. definieren und Programme zu entwickeln. raum“ vorgestellt, die den Rahmen für eine Der Startschuß dazu fiel beim Euro- Besonderes Augenmerk solle der wirtschaft- neue Makroregion in Europa definiert. Die päischen Rat im Juni 2009: die Europäische lichen Dynamisierung des Raumes, der Be- Vorteile einer besseren Vernetzung und die Kommission wurde von den Staats- und Re- lebung des Tourismus, Verkehrs- und Schiff- hervorragenden Ergebnisse von bisherigen gierungschefs beauftragt, bis Ende 2010 eine fahrtsfragen, Umweltproblemen und der ver- Gemeinschaftsprojekten bieten Anlaß, um solche Strategie – die zweite Makroregio- stärkten kulturellen Zusammenarbeit ge- auf gute Perspektiven für die Zukunft des nale Strategie nach der Ostsee-Strategie – zu schenkt werden. Donauraums zu hoffen. erarbeiten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 21 Österreich, Europa und die Welt

Nach einem intensiven Austausch mit betreibt, beschäftigte man sich am 4. Mai im wies die Möglichkeit, Know How weiter zu und auf Basis von Beiträgen und Vorschlä- Wappensaal des Wiener Rathauses mit der geben, etwa beim Hochwasserschutz: „Wir gen von den Staaten, Gebietskörperschaften „Donauraumstrategie“ der Europäischen müssen den Menschen klar machen, daß in- und anderen, auch nicht-staatlichen stake- Kommission. Die Konferenz wird von der ternationale Zusammenarbeit dabei Vorteile holdern der Region hat die Europäische Kom- ARGE Donauländer in Kooperation mit der bringt, ebenso wie bei der Arbeitsmarktöff- mission ein Strategiepapier sowie auch ei- Versammlung der Regionen Europas und nung. Damit können wir auch der Angst- nen konkreten Aktionsplan, das eigentliche dem Ausschuß der Regionen initiiert. macherei begegnen.“ Arbeitspapier, erstellt. Wiens Landeshauptmann, Bürgermeister Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig Michael Häupl, der in den Jahren 2010/11 nannte als besonders wichtige Aufgabe, Der Aktionsplan besteht den Vorsitz führt, stellte bei der Eröffnung leistbaren Wohnraum zu schaffen, wofür aus vier großen Säulen fest: „Die Stadt Wien und die Bundesländer Wien mit jahrzehntelanger Erfahrung Bei- Vernetzung des Donauraumes (Trans- haben sich zusammen mit dem Bund und spiel sein könne. In Zukunft gehe es vor port-Infrastruktur, Energie sowie Kultur, den Städte-und Regionalnetzwerken wir der allem auch um Energiesparen, Klimaschutz Tourismus), ARGE bei der Erarbeitung des ,Aktions- oder thermische Sanierung. Ludwig verwies Umweltschutz im Donauraum (Wasser- plans‘ für die Donauraumstrategie sehr stark auch auf das Projekt CENTROPE als erste qualität, Umweltrisiken sowie Biodiver- eingebracht. Dabei ist es gelungen, die Rolle internationale interregionale Kooperation, sität), der Städte, Gemeinden und Regionen bei der deren Erfahrungen auch in der Donau- Schaffung von Wohlstand im Donauraum Umsetzung der Strategie zu verankern. Dies raumstrategie Anwendung finden könnten. (Wissensgesellschaft durch Forschung, wird dadurch untermauert, daß drei Regio- Bildung und Informationstechnologien, nen, nämlich Baden Württemberg, Bayern Der Rat stimmt zu Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und Wien – auch als Stadt – eine Koordina- Am 13. April 2011 wurden die Schlußfol- sowie Investitionen in Menschen und tionsrolle bei der Umsetzung jeweils eines gerungen beim Rat für Allgemeine Angele- Qualifikationen) und der elf Schwerpunktbereiche übertragen be- genheiten angenommen – die formelle An- Stärkung des Donauraumes (Institutionel- kommen.“ nahme der EU-Strategie für den Donauraum le Kapazität und Kooperation sowie Si- Der Bürgermeister betonte weiters, daß erfolgte schließlich am 24. Juni 2011. cherheit gegen Organisierte Kriminalität). es Aufgabe sei, die Lebensqualität der Men- „Ich habe mich von Beginn meiner Tä- schen in den Städten und Regionen zu he- tigkeit als Außenminister an für eine stärke- Die vier Säulen sind in elf Prioritätsbe- ben – nur dann komme dieses große europä- re Beachtung des Donauraumes eingesetzt reiche unterteilt, für die Institutionen aus ische Projekt bei ihnen auch an. Für Häupl und gemeinsam mit meinem rumänischen den Teilnehmerstaaten die Koordinations- ist der Schwerpunktbereich „Governance Amtskollegen eine EU-Strategie für den Do- funktion übernehmen werden. und Kooperation“ einer der Schlüsselberei- nauraum initiiert. Aus dieser österreichisch- Vor kurzem wurde Österreich von der che, da er den Austausch von Know How in rumänischen Idee wurde ein europäisches Europäischen Kommission mit der Übernah- der Zusammenarbeit aller Ebenen der Ver- Kernprojekt. Heute arbeitet die Europäische me von Koordinierungsverantwortung / Pro- waltung, in der Lösung öffentlicher Verwal- Kommission gemeinsam mit den Anrainer- jektführerschaft in drei Prioritätsbereichen, tungsprobleme, der Weiterentwicklung der staaten an der konkreten Ausgestaltung der nämlich „Verbesserung der Mobilität und Zivilgesellschaft, der Stärkung städtischer Strategie“, so Außenminister Michael Spin- Multimodalität in den Binnenwasserstras- und regionaler Netzwerke durch Wissens- delegger zur Annahme durch den Europäi- sen“, „Investitionen in Menschen und Quali- transfer in modernen Technologien und Stra- schen Rat. fikationen“ und „Verbesserung der institutio- tegien und die Intensivierung der Metropo- Der Außenminister unterstrich das Spe- nellen Kapazität und Zusammenarbeit“ In lenkooperation beinhalte. Diesen Schwer- zifikum der Donauraumstrategie, die – im Zusammenarbeit mit je einem weiteren Land punktbereich koordinieren Wien und Slowe- Unterschied zur Ostseestrategie – von An- des Donauraumes betraut. nien gemeinsam. Die ARGE Donauländer fang an auch Nicht-EU-Staaten miteinbe- Österreichische Institutionen haben die könne sich bei der weiteren Entwicklung der zieht: „Die Strategie ist richtigerweise eine Koordinationsaufgabe in drei Bereichen der Donauraumstrategie als regionale Organisa- für den Donau-Raum und nicht bloß für den Strategie übernommen: „Investitionen in tion einbringen wie auch konkrete Projekte, Donau-Fluß. Sie soll dazu beitragen, die In- Menschen und Qualifikationen“, „Verbesse- Ideen und Vorstellungen initiieren. „Vor teressen einiger der reichsten und einiger der rung der institutionellen Kapazität und allem für die Regionen, die noch nicht Mit- ärmsten Teile Europas ausgewogen zu be- Zusammenarbeit“ sowie Binnenwasserstras- glied der EU sind, kann die ARGE Service- rücksichtigen. Die unterschiedlichen Ansich- sen. Die Vereinbarkeit von besserem Schutz leistungen anbieten“ so Häupl weiter. ten, was besseren Schutz und bessere Nut- und besserer Nutzung der Donau als Ver- In den anschließenden Panels nahmen zung der Donau betrifft, sollen in der Stra- kehrsweg unter Beweis zu stellen und sich vor allem die politischen VertreterInnen Be- tegie bestmöglich vereinbart werden.“ hier auch speziell mit österreichischem zug auf die Notwendigkeit, den 115 Millio- Entsprechende Beiträge des BMeiA Know-how einzubringen, ist eines der nen EinwohnerInnen des Donauraums die http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/suche.html?ipt_search=donauraum&lang=&Submit=suchen Kernanliegen Österreichs. Vorteile und den Nutzen der Donauraumstra- Lesen Sie in unserer „Österreich Journal“- tegie näher zu bringen. Ivos Nesroudal, stell- Ausgabe 98 (erscheint am 1. August 2011) Donauraumstrategie für die Menschen vertretender Landeshauptmann von Bratis- ein Interview mit dem Generalsekretär der Im Rahmen der jährlichen Sitzung der lava sprach davon, daß der „Eiserne Vorhang Arbeitsgemeinschaft Donauländer, Peter ARGE Donauländer, die seit nunmehr 20 in den Köpfen abzubauen“ sei. Barbara de Martin. Jahren die Zusammenarbeit im Donauraum Schwarz, niederösterreichische Landesrätin, http://www.argedonau.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 22 Österreich, Europa und die Welt Der Mensch im Mittelpunkt der Diplomatie Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger präsentiert Außen- und Europapolitischen Bericht 2010

uch 2010 stand der Mensch im Mittel- schen Schwarzem und Kaspischem Meer als Schwerpunkte gesetzt haben“, informierte Apunkt der Tätigkeiten des Außenmi- bietet, zu nutzen. Aus diesem Grund habe der Außenminister. „Dieses Engagement für nisteriums“, stellte Vizekanzler und Außen- ich in der Hauptstadt Aserbeidschans eine den Menschen möchten wir auch während minister Michael Spindelegger anläßlich der Botschaft eröffnet, die es Österreich erleich- unserer Mitgliedschaft im Menschenrechts- Präsentation des Außen- und Europapoli- tern soll, zur politischen Stabilität der Re- rat, in den wir vor wenigen Wochen von der tischen Berichts 2010 fest. „Die Mitarbeite- gion beizutragen und als Türöffner für öster- UNO-Generalversammlung gewählt worden rinnen und Mitarbeiter meines Hauses lei- sind, und im Exekutivrat der UNESCO, für sten weltweit für die Österreicherinnen und den wir uns ebenfalls beworben haben, fort- Österreicher unter oft schwierigen und setzen“, unterstrich Spindelegger. „Unser manchmal auch gefährlichen Umständen internationales Engagement findet auch hervorragende Arbeit. Durch diesen wichti- darin seinen Ausdruck, daß Wien als interna- gen Einsatz konnte auch bei den Krisen, mit tionale Drehscheibe für Dialog seit Jahr- denen wir in den letzten Monaten durch poli- zehnten geschätzt wird. Zu den in Österreich tische Umwälzungen in Nordafrika oder bereits bestehenden internationalen Organi- Erdbeben in Japan konfrontiert waren, tau- sationen sind in den letzten Monaten die senden Österreicherinnen und Österreichern Internationale Antikorruptionsakademie, das geholfen werden.“ UNO-Büro für Abrüstungsfragen und das Zum ersten Mal heißt der Bericht in die- Wiener Zentrum für Abrüstung und Non- sem Jahr nicht nur Außen-, sondern Außen- Proliferation hinzugekommen.“ und Europapolitischer Bericht. Mit diesem „Österreich wird sich mit seinem Know- neuen Titel soll der Bedeutung der Euro- how in der Entwicklungszusammenarbeit papolitik in seiner internen und externen Di- weiterhin dort einbringen, wo wir einen mension für die österreichische Außenpolitik Mehrwert leisten können. Es bedarf heute Rechnung getragen werden. „Um diese neuer Ansätze für Wachstums- und Entwick- Bedeutung Europas auch zuhause im direk- lungschancen der am wenigsten entwickel- ten Kontakt erlebbar und spürbar zu machen, ten Länder“, betonte der Außenminister. habe ich meine EU-Dialogtour durch die „Die Auslandskulturpolitik wurde 2010 Bundesländer fortgesetzt und bin mit erfolgreich als außenpolitisches Instrumen- Bürgerinnen und Bürgern über ihre Anliegen tarium weltweit eingesetzt um ein positives und Sorgen betreffend die EU direkt ins Bild unseres Landes in der Welt zu schaffen Gespräch gekommen. Auch habe ich die und so unter anderem auch den Tourismus Gemeinderäte-Initiative ins Leben gerufen, nach Österreich zu stimulieren. Dies ist um den Mitbürgerinnen und Mitbürgern in eines der Beispiele, wie die österreichische Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA den Gemeinden die Möglichkeit zu geben, Diplomatie positive Effekte für Österreichs Außenminister Michael Spindelegger Fragen betreffend die EU direkt an einen Wirtschaft schafft“, unterstrich Vizekanzler ihnen bekannten Ansprechpartner zu rich- reichische Unternehmen zu fungieren. Ich und Außenminister Michael Spindelegger ten“, so Spindelegger weiter. freue mich auch, daß es mir gelungen ist, vor abschließend. „2010 habe ich im Rahmen der EU einen wenigen Tagen ein speziell dieser Region Der Außen- und Europapolitische Bericht Westbalkan-Impuls gesetzt mit dem Ziel, gewidmetes Treffen des Weltwirtschaftsfo- 2010 ist in elektronischer Form auf der daß die Länder der Region bis 2020 Mit- rums in Wien zu organisieren“, betonte Spin- Webseite des Bundesministeriums für euro- glieder der EU werden. Besonderes freut es delegger. päische und internationale Angelegenheiten mich zudem, daß die mit meinem rumäni- „Der Mensch stand auch im Mittelpunkt http://www.bmeia.gv.at abrufbar (siehe schen Amtskollegen initiierte Donauraum- unserer zweijährigen Mitgliedschaft im Si- untenstehenden Link) und kann unentgeltlich strategie mittlerweile zu einem Kernprojekt cherheitsrat der Vereinten Nationen, wo wir in Buchform – ebenfalls beim Bundesmi- der EU geworden ist“, verwies Spindelegger uns unter anderem den Schutz der Zivilbe- nisterium für europäische und internationale auf den Beschluß der EU-Strategie am 23. völkerung in bewaffneten Konflikten, die Angelegenheiten – bestellt werden (Abtei- Juni 2011. Stärkung der Herrschaft des Rechts und die lung VI.8, Minoritenplatz 8, 1014 Wien; „Ein weiteres Anliegen ist es mir, das Förderung der Rolle der Frau in der Bewäl- [email protected] ; Tel.: 0 50 11 50-3321). große Potential, das die Zukunftsregion zwi- tigung von Konflikten und im Wiederaufbau http://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/bmeia/media/2-Aussenpolitik_Zentrale/Aussenpol._Berichte/Aussen-_und_Europapolitischer_Bericht_2010.pdf

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 23 Österreich, Europa und die Welt Wissenschaftsminister auf bilateralem Besuch in Israel Ziel ist es, die Kooperationen zwischen Israel und Österreich im Bereich Wissenschaft und Forschung auszubauen.

arlheinz Töchterle begann am 18. Juni Kseinen dreitägigen Arbeitsbesuch in Israel und damit seine erste bilaterale Reise als Wissenschafts- und Forschungsminister. Es standen u.a. der Besuch von Universi- täten und Forschungseinrichtungen sowie Treffen mit Amtskollegen am Programm. „Israelische Universitäten und Forschungs- einrichtungen sind weltweit führend und bie- ten wertvolle Anknüpfungspunkte. Ziel ist es, die Kooperationen zwischen Israel und Österreich im Bereich Wissenschaft und Forschung auszubauen“, so der Minister. Im Wintersemester 2010 gab es an den heimischen Universitäten 51 israelische Stu- dierende, an den Fachhochschulen waren 48, an den Privatuniversitäten fünf. Die meisten

Studierenden waren dabei an der Universität Alle Fotos: BMWF / Anna Rauchenberger; Wien sowie der Wirtschaftsuniversität Wien. Karlheinz Töchterle am Dach des Österreichischen Hospiz in Jerusalem Zwischen österreichischen und israelischen Universitäten und Institutionen gibt es der- zeit vier Universitätspartnerschaften: Die Akademie der bildenden Künste in Wien arbeitet mit der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem zusammen, die Johan- nes Kepler Universität mit der Uni- versity of Haifa, die Universität Wien mit der Hebrew University sowie die Wirt- schaftsuniversität Wien mit der Tel Aviv University. Es gibt weiters EU-Kooperatio- nen im Hochschulbereich, derzeit in den Programmen Erasmus Mundus sowie Tem- pus. Im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm gibt es 122 Projekte, in denen Einrichtungen der beiden Länder kooperieren. Im aktuellen Studienjahr wurden drei Stipendien an israelische Studierende und Forschende vergeben, davon eines im Sti- pendienprogramm „Ernst Mach – weltweit“ für einen neunmonatigen Aufenthalt einer israelischen Doktorandin, die an der Öster- IST Austria-Präsident Thomas Henzinger, Minister Karlheinz Töchterle und Haim reichischen Akademie der Wissenschaften Harari vom Davidson Institute (v.l.) am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte für ihre Dissertation manistik und Institut für Judaistik) an junge „Das starke Bekenntnis zur Grundlagen- forscht. Die beiden weiteren Stipendien sind israelische Forscher vergeben. Im Lektorats- forschung und die hohe gesellschaftliche jene der Stipendienstiftung der Republik Ös- programm des Wissenschaftsministeriums Akzeptanz für Wissenschaft und Forschung terreich und wurden für jeweils vier Monate gibt es in Israel einen Lektoratsstandort in sind in Israel absolut vorbildhaft. Israelische zur Durchführung von Forschungsarbeiten Beer Sheva an der Ben Gurion University of Einrichtungen und die Arbeit der engagier- an der Universität Wien (Institut für Ger- the Negev. ten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 24 Österreich, Europa und die Welt ler sind eine wertvolle Inspiration“, so Töch- terle. „Israel zählt in der Grundlagenfor- schung mit seinen exzellenten Universitäten und Forschungseinrichtungen zu den welt- weit führenden Ländern“, so der Minister. Eine dieser exzellenten Forschungseinrich- tungen ist das „Weizmann Institute of Science“ in Rehovot, wo Töchterle von Prä- sident Daniel Zajfman zu einem Besuch und Rundgang empfangen wurde. Im Mittel- punkt des Gesprächs stand der Technologie- und Wissenstransfer, der in Österreich künf- tig verstärkt betrieben werden soll. „Das Weizmann Institute of Science agiert auf diesem Gebiet absolut vorbildhaft“, verweist der Minister darauf, daß seit Bestehen des Instituts rund 1.400 Patente angemeldet wur- den. Weiters wurden seit Beginn der 1970er Jahre rund 170 Abkommen mit israelischen Unternehmen über die Nutzung verschiede- ner Patente des Instituts unterzeichnet und zahlreiche Unternehmen gegründet. Die im BMWF eingerichtete nationale Kontakt- stelle für Angelegenheiten des geistigen Eigentums unterstützt österreichische Hoch- schulen und Forschungseinrichtungen beim Wissens- und Technologietransfer. Darüber hinaus sind die Universitäten im Rahmen der Leistungsvereinbarungen mit dem Ministe- rium verpflichtet, eine Strategie in diesem Bereich zu entwickeln. Das nach dem anerkannten Chemiker, ersten Präsidenten des Instituts und späteren Staatspräsidenten, Dr. Chaim Weizmann benannte „Weizmann Institute of Science“ zählt zu den weltweit führenden Forschungs- Minister Karlheinz Töchterle mit einem jungen israelischen Wissenschaftler beim instituten im Bereich Naturwissenschaften Besuch des »Science Garden« und Mathematik. Es umfaßt fünf Fakultäten: Mathematik und Informatik, Physik, Bioche- erschienenen Evaluierungsbericht betonte: faßt, traf der Minister mit Präsident Prof. Jo- mie, Chemie und Biologie. Großgeschrieben Die im Jänner von einem hochkarätigen seph Klafter und mehreren Professoren wird dabei die Interdisziplinarität, die auch Komitee durchgeführte Evaluierung stellt zusammen, die in Projekten gemeinsam mit durch die Campus-Infrastruktur gefördert dem IST Austria ein erstklassiges Zeugnis österreichischen Partnern forschen. Derzeit wird und Inspiration für das Institute of aus. Das „Davidson Institute of Science studieren rund 29.000 Studierende an der Tel Science and Technology Austria (IST Education“ wurde 2001 als Erweiterung des Aviv University, die alle ein Aufnahmever- Austria) in Klosterneuburg war. Das jährli- „Weizmann Institute of Science“ gegründet. fahren (Kombination aus Schulabschlußno- che Budget beträgt rund 200 Millionen US- Schwerpunkt ist der Ausbau zahlreicher Ak- ten und Tests) durchlaufen haben. Die Stu- Dollar, kaum 30 Prozent davon sind öffentli- tivitäten im Bereich der Wissenschaftsver- dienbeiträge betragen – wie an allen öffent- che Mittel. Rund 70 Prozent werden somit mittlung, besonders Fortbildungsprogramme lichen Universitäten in Israel – 2000 Euro durch Drittmittel (Fördermittel für Forsche- für LehrerInnen sowie die Vermittlung von pro Jahr. Zahlreiche ProfessorInnen an der rInnen, Spenden, Verwertungen von Erfin- naturwissenschaftlichem Wissen für Kinder Tel Aviv University gehören in den zu- dungen) eingeworben. Zur Zeit forschen drei und Jugendliche. In diesem Zusammenhang kunftsweisenden Bereichen Nanowissen- Österreicher am Institut. verwies der Minister auf das 2007 vom schaften und -technologie sowie Bioinfor- Am „Davidson Institute of Science Wissenschaftsministerium erfolgreich ge- matik und -technologie zu den weltweit füh- Education” traf der Minister mit Präsident startete Programm „Sparkling Science“, in renden WissenschaftlerInnen. Partneruniver- Haim Harari zusammen, der wesentlich zum dem SchülerInnen Seite an Seite mit Wis- sität der Tel Aviv University ist die Wirt- Aufbau des IST Austria beiträgt. Und das senschaftlerInnen zu diversen Themen for- schaftsuniversität Wien, an der derzeit zehn sehr erfolgreich, wie IST Austria Präsident schen. Israeli studieren. Im 7. EU-Forschungsrah- Thomas Henzinger, der den Minister auf der An der Tel Aviv University, die 1956 menprogramm gibt es Kooperationen u.a. Reise begleitet, mit Hinweis auf den jüngst gegründet wurde und neun Fakultäten um- mit der Universität Graz, der Technischen

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 25 Österreich, Europa und die Welt

Universität Graz, der Universität Wien, der Technischen Universität Wien, der Univer- sität für Bodenkultur, der Universität Linz, der Österreichischen Akademie der Wissen- schaften und dem Zentrum für Wohlfahrts- politik und Sozialforschung.

Tief betroffen und berührt „Tief betroffen und berührt“ war der Wissenschafts- und Forschungsminister bei seinem Besuch in Yad Vashem, der Gedenk- stätte und Forschungseinrichtung für den Holocaust, am 20. Juni 2011. Der Minister legte u.a. in Begleitung von IKG-Präsident Ariel Muzicant einen Kranz nieder. „Dieser Karlheinz Töchterle in der Gedenkstätte und Forschungseinrichtung für den Ort trägt wesentlich dazu bei, daß die Er- Holocaust, Yad Vashem innerung an diese schreckliche Zeit eine be- ständige Mahnung bleibt“, so der Minister. Nach dem Besuch des Holocaust-Museum Wien wird als Zentrum in besuchte der Minister das Children Memo- rial und trug sich in das Gästebuch ein. Abrüstungsfragen gestärkt Im Anschluß war Karlheinz Töchterle an der Hebrew University zu Gast, an der taatssekretär Wolfgang Waldner empfing die hier ansässige Expertise nützen, um das Österreich im Rahmen des 1998 eingerichte- Sam 22. Juni den Hohen Repräsentanten Kontrollregime gegen die Verbreitung von ten „Center for Austrian Studies“ engagiert der UNO für Abrüstungsfragen, Untergene- Atomwaffen zu stärken und bei der Ab- ist. Der Minister traf dort u.a. mit zwei öster- ralsekretär Sergio Duarte, zu einem Ge- rüstung voranzukommen“, betonte der reichischen Studierenden zusammen: Eugen dankenaustausch. „Es ist uns ein wichtiges Staatssekretär. Auf Initiative Österreichs fin- Banauch von der Universität Wien ist derzeit als Institutslektor an der Universität tätig und Nicolas Bechter ist als Postgraduate- Student für zehn Monate in Jerusalem, um seine Doktorarbeit zu schreiben. Weiters gibt es an der Hebrew University den von Öster- reich finanzierten Kardinal-König Lehrstuhl. Derzeitiger Inhaber ist Prof. Michael Silber. Der Minister berichtete nach dem Treffen an der Hebrew University vom „großen Interes- se beider Länder an der verstärkten Ko- operation über die Geistes- und Sozialwis- senschaften hinaus – gerade auch in den Naturwissenschaften gibt es noch enormes Potential“. Er freut sich auch über den regen Austausch: so kommen etwa kommenden Sommer 30 Studierende der Hebrew Univer- Foto: Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA sity nach Österreich, um an österreichischen Staatssekretär Wolfgang Waldner (hier beim »Europaforum Wachau« 2011) Universitäten Deutsch-Sprachkurse zu besu- Anliegen, den Wiener UNO-Amtssitz auszu- det das nächste NPT-Vorbereitungstreffen im chen und die österreichische Kultur kennen- bauen und weiter zu stärken. Im Bereich der Mai 2012 in Wien statt. Die Rolle Wiens als zulernen. Abrüstung und Non-Proliferation gibt es wichtiger Pfeiler des Atomwaffensperrver- Im Rahmen seiner Reise hat der Minister konkrete und ermutigende Erfolge“, zeigte trages konnte dadurch nachhaltig verankert noch Arbeitsgespräche mit dem israelischen sich Waldner zufrieden mit den Plänen der werden. Wissenschafts- und Technologieminister Da- UNO, im Herbst ein neues Büro für Ab- Waldner dankte Duarte auch für die gute niel Hershkovitz und dem israelischen Bil- rüstungsfragen in Wien anzusiedeln. Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen dungsminister Gideon Sa’ar absolvierert. Wien werde durch das neue Büro als und ersuchte ihn, dem wiedergewählten Am späten Nachmittag gab es Gelegenheit, Zentrum für Abrüstungsfragen gestärkt. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon Glück- die Altstadt zu besichtigen. Anschließend Schon jetzt sind durch die Präsenz der In- wünsche zu bestellen. Ban Ki-moon, der gab es einen Empfang im österreichischen ternationalen Atomenergiebehörde (IAEO) auch einen „5 Punkte Plan für nukleare Ab- Hospiz zur Heiligen Familie, bei dem der und der Atomteststoppbehörde (CTBTO) rüstung“ vorgelegt hat, zeigt starkes Enga- Minister auch auf in Israel lebende Öster- alle drei Säulen des Atomwaffensperrver- gement für Abrüstungsfragen und wird dabei reicherIinnen getroffen war. trags (NPT) in Wien vertreten. „Wir müssen auch von Österreich unterstützt.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 26 Österreich, Europa und die Welt EVTZ als Turbo für die Zusammenarbeit Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit nimmt die Arbeit auf Foto: Land Tirol Auf dem Weg zur Sitzung auf Castell Thun: LH Günther Platter, LH Lorenzo Dellai und LH Luis Durnwalder (v.l.) ie drei Landesregierungen von Tirol, ser und billiger vorangebracht werden, und Darüber hinaus verstärken die drei Län- DSüdtirol und dem Trentino trafen einan- zwar im Sinne der Bürger: „Wenn nämlich der ihre Zusammenarbeit im Bereich der er- der am 14. Juni auf Castell Thun hoch über die Bevölkerung keine spürbaren Vorteile neuerbaren Energien. Im Grünen Korridor dem Eingang des Nonstals, um die Schwer- aus der Euregio zieht, dann kann diese auch werden die Abwärme des BBT für die Fern- punkte der Europaregion für die erste Phase nicht florieren“, so der Landeshauptmann. wärme genützt, die Infrastruktur für Wasser- nach der Institutionalisierung festzulegen. Lorenzo Dellai erklärte, daß die drei Län- stoff- und Elektromobilität durch saubere Nachdem Rom im Mai die Teilnahme der nicht nur eine gemeinsame Geschichte Tankstellen ermöglicht und gemeinsam mit von Südtirol und dem Trentino am gemein- verbinde, sondern auch eine gemeinsame Vi- den Gemeinden, Unternehmen und For- samen Europäischen Verbund für Territo- sion der Zukunft – „die Vision einer grenz- schungseinrichtungen grenzüberschreitende riale Zusammenarbeit (EVTZ) genehmigt überschreitenden, mehrsprachigen, ,gloka- Energieprojekte ausgearbeitet. So sollen hatte, wurde in dem aus dem 13. Jahrhundert len‘ Euregio“, die sich durch eine straffe auch Lösungen für eine nachhaltige Mobi- stammenden Castell die Satzung des EVTZ Organisation auszeichne, die wiederum auf lität im Tourismus entwickelt und die Rad- von den drei Landeshauptleuten Günther dem Euregiobüro in Bozen aufsetzen werde. wege der Europaregion mit Strom aus erneu- Platter (Tirol), Luis Durnwalder (Südtirol) Der Europäische Verbund für Territoriale erbaren Energiequellen „e-Bike-tauglich“ und Lorenzo Dellai (Trentino) unterzeichnet. Zusammenarbeit gibt der Europaregion eine gemacht werden. Schwerpunkte für den EVTZ sind Energie, neue Qualität der Zusammenarbeit. Erstmals Im Bereich Gesundheit wird die Zusam- Grüner Korridor, Gesundheit, Bildung und kann die Europaregion nach außen mit einer menarbeit in der Medizinforschung, der Jugend sowie Universitäten und Forschung. Adresse auftreten und es steht eine Struktur Medizinerausbildung, des elektronischen „Mit dem EVTZ steht das gemeinsame für eine einheitliche Trägerschaft von Leucht- Datenmanagements und des Medizintechnik- Haus. Die Politik muß dieses jetzt mit Leben turmprojekten der Europaregion bereit. einkaufs gestärkt. Darüber hinaus sprechen füllen. Mit dem EVTZ ergreifen wir die Die drei Länder bringen sich gemeinsam sich die drei Landesregierungen für einen Chance für eine noch engere und tiefere mit Zukunftsthemen in den Verbund ein. weiteren Ausbau der Bildungs- und Univer- Zusammenarbeit innerhalb der Europare- Dabei nutzen Tirol, Südtirol und das Tren- sitätskooperationen aus. gion Tirol. Die EU bietet alle Möglichkeiten tino ein noch sehr junges Instrument des EU- „Mit dem Brennerbasistunnel ist bereits der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Rechts. Der EVTZ der Europaregion ist der ein konkretes Vorzeigeprojekt auf Schiene. Umso mehr will ich diese Entwicklung for- erste EVTZ im Alpenraum und der erst 17. Die Geschlossenheit der Europaregion war cieren. Bozen und Trient sind uns in vielen in ganz Europa. Damit setzt Tirol neue letztendlich ausschlaggebend für die Ver- Bereichen einfach näher als Wien oder Maßstäbe in der grenzüberschreitenden Zu- wirklichung. Mit dem grünen Korridor am Rom“, erklärt LH Günther Platter. sammenarbeit. Brenner als fixer Bestandteil des Gesamt- „Allein können wir vieles, gemeinsam Die drei Landesregierungen haben die projektes BBT steht das nächste gemeinsa- aber noch viel mehr“, sagte LH Luis Durn- Schwerpunkte für die Aufbauphase des me Projekt vor der Umsetzung. Neben einer walder, der an die europäische Aufgabe EVTZ festgelegt. Im Bereich der Energie engeren Zusammenarbeit im Tourismus und erinnerte, die die Euregio zu erfüllen habe: wurde vereinbart, möglichst schnell die der Energie sehe ich gerade im Bereich der „Wir müssen dafür sorgen, daß es einen har- Stromverbindung am Brenner wiederherzu- Forschung und Entwicklung viel Potential, monischen Übergang zwischen zwei großen stellen und alle maßgeblichen Energieunter- als High-Tech-Region im Herzen Europas“, Kulturkreisen gibt.“ Im Rahmen des EVTZ nehmen in einen Informations- und Koope- so LH Platter. könnten gemeinsame Projekt schneller, bes- rationsmechanismus einzubinden. http://europa.eu/legislation_summaries/agriculture/general_framework/g24235_de.htm

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 27 Österreich, Europa und die Welt Regionalpolitik – Weltpolitik »Regionalpolitik – Weltpolitik. Wettbewerbsfähige Regionen in einer globalisierten Welt« lautete das Thema des Europa-Forums Wachau im vergangenen Mai – wir berichteten in der Ausgabe 96. Hier reichen wir nun die Aussagen von Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger nach. *)

Meine sehr geschätzten Damen und zusetzen. Die Europäische Kommission hat Ich glaube, das ist wirklich ein gelunge- Herren! sodann elf prioritäre Arbeitsbereiche identi- nes Beispiel, wie man Weltpolitik und Re- fiziert. In drei davon hat Österreich die Füh- gionalpolitik heute verbinden kann. Und ich Weltpolitik-Regionalpolitik: Auf den rung übernommen: bin sehr froh, daß diese Strategie auch ein ersten Blick betrachtet, kommt man zu bißchen eine Veränderung für die regional- einem voreiligen Schluß – nämlich, daß das Erstens: die Verbesserung der Mobilität politische Seite der Europäischen Union aus- eine mit dem anderen wenig zu tun hat. Wenn und der Multimodalität. Stichwort Binnen- lösen wird, denn wir haben Weiteres vor. man daran denkt, daß in der Weltpolitik Fra- wasserstraßen. Unser Verkehrsministerium Ich darf heute auch erwähnen, daß nach gen von Krieg und Frieden mitzuentscheiden wird das gemeinsam mit Via Donau betreu- der Donauraumstrategie ein neues Projekt sind, erhebt sich die Frage, wie das in den en und versuchen, daß wir die Infrastruktur kommt. Regionen einen Einfluß haben kann. Und entlang der Donau viel stärker in den Vor- Wir haben die Idee, eine Alpenstrategie umgekehrt: wenn man Regionalpolitik be- dergrund stellen. für die Europäische Union aufzusetzen. Wir trachtet, wo es um das Zusammenleben von Zweitens: Investitionen in Menschen und wollen gerne, daß alle Alpenländer mitein- unmittelbaren Nachbarn geht – was soll das Qualifikationen. Dort wird unser Bundesmi- ander sich in der Regionalpolitik einen sol- mit Weltpolitik zu tun haben? nisterium für Arbeit, Soziales und Konsu- chen makroregionalen Rahmen setzen. War- Aber das ist nur der erste Blick. Auf den mentenschutz, aber auch das Unterrichts- um? zweiten Blick sieht es schon anders aus. Da- ministerium, für die Koordinierung Verant- Wir Alpenländer haben ganz ähnliche zu ein Beispiel: Wir haben vor einiger Zeit wortung tragen. Dieser Bereich war uns be- Probleme: Etwa in der Verkehrspolitik, Al- eine Donauraumstrategie der Europäischen sonders wichtig; wir wollten die sozioöko- penquerung ist für uns alle ein schwieriges Union angeregt. Sie ist ein lebendiges Bei- nomischen Effekte in die Donauraumstrate- Unterfangen. Wir haben Probleme in der spiel dafür geworden, wie Weltpolitik und gie mit einbeziehen. Ökologie; wir wissen, daß die Gletscher Regionalpolitik heute zusammenspielen Drittens: die Verbesserung der institutio- schmelzen. Wir haben ähnliche Probleme, müssen. Denn das Wichtige ist, daß der nellen Kapazität und Zusammenarbeit. Die- zum Beispiel was die Bergbauern betrifft. Außenpolitiker auf regionale Interessen Be- sen Bereich wird die Stadt Wien besonders Wir sehen also, da wird vieles miteinan- zug nimmt, wie auch der Regionalpolitiker betreuen. Wir haben also nicht nur Ministe- der in einer solchen Alpenstrategie zu erledi- darauf Rücksicht zu nehmen hat, was das rien, die zuständig sind, sondern haben ganz gen sein, und ich lade die anderen Alpen- größere Ganze ist. bewußt auch einen regionalen Partner ver- länder zu dieser Initiative ein: von Slowe- Mit der Donauraumstrategie haben wir antwortlich dafür gemacht, diesen Prioritä- nien bis Frankreich, und selbstverständlich begonnen, eine Regionalpolitik neuer Art zu tenbereich zu begleiten. auch Liechtenstein und die Schweiz. entwickeln. Wir sind überzeugt, daß mit dieser Stra- Sie alle kennen das Konzept: Die Länder tegie genau das Verhältnis Weltpolitik-Re- Meine Damen und Herren, und Regionen entlang der Donau beginnen gionalpolitik eine neue Dimension be- Ein weiterer wichtiger Punkt im Ver- sich viel stärker zu vernetzen, und sie begin- kommt. Warum? Es ist entscheidend für die hältnis Weltpolitik-Regionalpolitik. Ich darf nen gemeinsame Projekte im Donauraum, Außenpolitik der Europäischen Union, daß beginnen, wo gestern Innenministerin Jo- nicht nur unmittelbar am Fluß, zu entwickeln. Nachbarschaftspolitik mit einer solchen hanna Mikl-Leitner aufgehört hat: bei der Das ist eine ganz entscheidende Neuerung in neuen Facette versehen wird. Es sind ja nicht Frage der Grenzkontrollen. der Regionalpolitik der Europäischen Union. nur Mitgliedsländer der Europäischen Union Johanna Mikl-Leitner hat gesagt: wir dür- Wir erwarten im Juni einen Beschluß des entlang der Donau angesiedelt, sondern auch fen nicht alles über Bord werfen; wir müs- Europäischen Rates, der diese Donauraum- andere Staaten. sen, was die Schengen-Kontrollen betrifft, strategie formell verankert (siehe Seite 17). Die gemeinsame Arbeit an der Donau- vorsichtig vorgehen, anlaßbezogen und nicht Die Vorarbeiten sind hervorragend gediehen. raumstrategie wird eine neue Qualität erge- generell neue Grenzkontrollen in Europa Wir haben uns als Österreicher voll und ganz ben, wo Außenpolitik, Nachbarschaftspolitik wieder einführen. Ich halte das für ganz und eingebracht. Es war auch unsere Idee – sie als eine weltpolitische Aufgabe mit einer gar richtig. ist von Österreich und Rumänien ausgegan- regionalen Facette versehen wird. Wir stehen vor einer Herausforderung, gen –, so eine makro-regionale Strategie auf- Auf der anderen Seite werden die Re- die vielleicht noch gar nicht so richtig be- gionalpolitik der Europäischen Union und gonnen hat. Wir wissen nicht, wie sich die die Politiken der Regionen auf diese größe- Lage in Nordafrika und im Nahen Osten *) Es gilt das gesprochene Wort. Unseren Bericht über das Europa-Forum Wachau finden Sie hier: ren Zusammenhänge Rücksicht nehmen weiter entwickeln wird. Doch wir müssen http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_096.htm müssen. uns vorbereiten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 28 Österreich, Europa und die Welt

Anlaßbezogen zwischen den Schengen- Mittel der Europäischen Union ausmacht, Darum möchte ich mich auch an dieser Ländern Kontrollen wieder einführen: Das müssen wir Akzente setzen. Wir sind über- Stelle heute beim Europa-Forum in der ist die richtige Art und Weise wie wir vorge- zeugt, daß wir alle Regionen im Fokus haben Wachau herzlich bedanken, bei Präsident hen sollen. Aber wir sollen nicht darüber müssen und nicht nur ganz wenige und ein- Václav Klaus für diese Worte, für diese nachdenken, wieder generell zwischen unse- zelne. Daß wir die Möglichkeit schaffen Geste, die er damit gesetzt hat. ren Ländern Grenzen zu errichten. Denn die müssen, die regionale Entwicklung auch mit Für mich ist klar, daß nicht aufgewogen Errungenschaft der freien Grenzen ist eine neuen makroregionalen Strategien mit Le- werden darf gegen die Verbrechen des NS- große, und wir als Europäer sollten sie nicht ben zu erfüllen. Regimes, die die Auslöser auch für diese leichtfertig aufs Spiel setzen. Ende Juni wird die Europäische Kommis- Akte der Revanche damals gewesen sind. Wir wissen, daß wir viele Fragen in dem sion einen Vorschlag machen, der ein umfas- Das kann man nicht vergleichen. Aber wich- Zusammenhang zu lösen haben. Da geht es sendes Paket auslösen wird; da werden wir tig ist, daß man aufarbeitet, was auch nach nicht nur um die Frage von Grenzkontrollen, sorgsam auch unsere Entscheidungen tref- dem Zweiten Weltkrieg in der Vertreibungs- sondern auch um Asyl und um die Frage von fen. Entscheidend für uns ist im Augenblick, frage geschehen ist und damit zu einem Migration. daß wir auch klar machen: Die österreichi- guten Miteinander beiträgt. Gerade wir Österreicher kennen die sche Bundesregierung muß eine Entschei- Zahlen, was den Arbeitsmarkt betrifft, wie dung treffen, daß wir auch kofinanzieren, Meine Damen und Herren, sehr wir auch Arbeitskräfte brauchen aus denn ohne Kofinanzierung gibt es keine Ich glaube also, Regionalpolitik und anderen Ländern. Wir sollten deshalb nach Möglichkeit, Mittel aus der Europäischen Weltpolitik haben miteinander viel zu tun. klaren Regeln vorgehen, und das müssen wir Union anzusprechen. Das wollen wir. Wir Das haben wir auch bei dieser Tagung im aktiv tun. Wir haben jetzt ein System der werden uns den rechten Zeitpunkt dafür aus- heurigen Jahr hier am Göttweiger Berg mit- Rot-Weiß-Rot-Card, das uns das erleichtert suchen, das auch klar zu machen. erleben können. Es gibt eine Fülle von Her- wird. Ich bin überzeugt, das wird uns auch in ausforderungen, die uns in der Weltpolitik Fragen der neuen Integrationsschritte, die Meine Damen und Herren, bevorstehen: etwa die Entwicklungen in wir benötigen, durchaus dienlich sein. Ich komme zu meinem letzten Punkt, was Nordafrika und im Nahen Osten. die Fragen der Welt- und Regionalpolitik Aber wir haben eines gelernt, besonders Meine Damen und Herren, betrifft: Wir brauchen auch eine Aufarbei- in Niederösterreich: eine Zone der Freiheit, Ich komme zu einem weiteren Thema, wo tung dessen, was uns zwischen den Regio- eine Zone der Nachbarschaft, wie es uns die wir uns aktiv einbringen müssen: das ist die nen und zwischen den Ländern in der Ver- Europäische Union ermöglicht hat, die ist Frage der Zukunft der europäischen Regio- gangenheit auseinanderdividiert hat. Herr ganz anders zu bewerten als das, was davor nalpolitik. Auch das ist bald zu entscheiden. Premierminister Pahor hat die Fragen zwi- war. Die Zeiten des Eisernen Vorhangs sind, Wir haben eine neue Finanzperiode der EU schen Slowenien und Kroatien angesprochen Gott sei Dank, vorbei, über 20 Jahre schon. vor uns, und das erfordert Entscheidungen, und wie wichtig es war, einen Prozeß zu fin- Alles, was wir danach aufgeholt haben, wie wo wir die Gewichte hinlegen. den, wie man diese Fragen löst, damit die wir profitiert haben auch vom Beitritt unse- Da gibt es natürlich große Spannungen. Völker nicht gegeneinander ausgespielt wer- rer Nachbarländer in die Europäische Union, Auf der einen Seite eine Agrarpolitik, die den. war eine gewaltige Erfolgsstory, von der wir auch viel Mittel der Europäischen Union Das müssen auch wir mit unseren heute zehren. erfordert, wo wir aber als Österreicher einen Nachbarn weiter so vorantreiben. Das soll uns auch die Motivation sein bei klaren Standpunkt haben: Wir wollen, daß Ich darf ein ganz konkretes Beispiel nen- den Problemen, die wir heute haben. Wir die Agrarmittel, die heute in der Euro- nen: Der Präsident unserer Nachbarrepublik haben noch nicht alles überwunden, da stim- päischen Union für die Existenz der Bauern Tschechien, Václav Klaus, hat vor kurzem me ich vollkommen überein. Wir haben und unserer Landwirtschaft ausgeschüttet bei einer Feier und Gedenkstunde im ehema- noch sehr viele Aufgaben vor uns in der Re- werden, auch bleiben: in der ersten Säule, ligen Konzentrationslager Theresienstadt gional- und Weltpolitik, aber diese unglaub- was Direktförderungen betrifft, aber auch in gesagt: Es gab auch nach dem Zweiten Welt- liche Dynamik, die Europa auch heute noch der zweiten Säule, wo es darum geht, mit krieg eine Verletzung der Menschenrechte, ausstrahlt, die muß uns die Zuversicht ge- Programmen auch in der Richtung Ökologie die Tötung von vielen Menschen, die damals ben, daß wir auf dem richtigen Weg sind, und Entwicklung einiges zu bewerkstelligen. aus der Tschechoslowakei vertrieben wur- daß wir etwas miteinander gestalten können Da stehen wir dahinter, das wollen wir den. Er hat ganz bewußt dort Bezug darauf in dem Europa. Dabei wird uns auch das auch unterstützen. Da wollen wir uns mit genommen und hat diese Verbrechen ange- Europa-Forum Wachau in den nächsten den Partnern in der Europäischen Union ab- sprochen. Zum ersten Mal, daß ein Staats- Jahren weiter begleiten. stimmen, daß wir nicht beginnen, in Frage oberhaupt der Tschechischen Republik so et- zu stellen, was uns in letzter Zeit auch sehr was gesagt hat. In diesem Sinn darf ich mich noch einmal geholfen hat: gesunde Lebensmittel, die Ich möchte das heute ganz besonders herzlich bedanken bei allen internationalen Erhaltung auch der kleinräumigen Landwirt- würdigen. Wir müssen auch in unserem Gästen, bei Ihnen, meine Damen und Her- schaft. Wir wollen nicht in die Richtung von Verhältnis zu den Nachbarn aufarbeiten, ver- ren, daß Sie auch heuer uns treu geblieben industriellen Großbetrieben gehen; das wol- söhnen – auch zeigen, daß wir in einer regio- sind, für alle Diskussionsbeiträge. Und ich len wir nicht, dagegen werden wir uns stark nalen Dimension heute ausgezeichnet zu- hoffe, daß wir noch einen guten Ausklang machen. sammenarbeiten und daß diese Schatten der unserer Tagung finden. Auch auf der anderen Seite, bei der Re- Vergangenheit nicht mehr in die Gegenwart gionalpolitik, die ja auch 38 Prozent der hereinreichen. Herzlichen Dank!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 29 Österreich, Europa und die Welt Südtirols Landeshauptmann zu Besuch in Wien Luis Durnwalder zu Gesprächen bei Bundespräsident Heinz Fischer und Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger

sterreich werde die Entwicklung der ÖSüdtirol-Autonomie weiterhin genau verfolgen: Dies sagte Bundespräsident Heinz Fischer beim Zusammentreffen mit Landes- hauptmann Luis Durnwalder am 30. Juni und verwies auf das ausgezeichnete Ver- trauensverhältnis zwischen Wien und Bozen. Das Treffen von Landeshauptmann Durn- walder mit Bundespräsident Fischer war das zweite innerhalb weniger Wochen. Anfang Juni war Fischer in Brixen zu Gast (siehe Seite 49), diesmal war die Wiener Hofburg Ort der Zusammenkunft. Beim Brixner Tref- fen hatten Durnwalder und Landesrat Ri- chard Theiner, der auch wieder mit dabei war, bereits einige Themen angerissen, die nun weitergesponnen wurden. „Uns – der Präsidentschaftskanzlei und der österreichi- Foto: BMeiA / Bernhard J. Holzner © HOPI-MEDIA schen Regierung – ist ein regelmäßiger Mei- Landeshauptmann Luis Durnwalder und Außenminister Michael Spindelegger (r.) nungsaustausch wichtig. Dank des gegensei- tigen Vertrauens ist der Informationsfluß be- die Auswirkungen des Mailänder Abkom- uns zugesagt, daß er nach dem heutigen stens. Wir verfolgen jedenfalls die Entwick- mens und die damit verbundenen Verhand- Treffen erneut das Gespräch mit Frattini su- lungen in Südtirol sehr aufmerksam“, sagte lungen zum Übergang von Kompetenzen chen werde“, so Durnwalder. der österreichische Bundespräsident. Vor vom Staat auf das Land informiert“, so Auch das Thema Selbstbestimmung kam diesem Hintergrund sprachen Durnwalder, Durnwalder. Außerdem habe die Delegation wieder auf das Tapet. Man sei sich einig dar- Theiner und der ebenfalls anwesende Chef dem Außenminister die jüngsten Durchfüh- über gewesen, so Durnwalder, daß die Selbst- der Tiroler Landesregierung Günther Platter rungsbestimmungen erläutert. bestimmung ein unveräußerliches Recht über den Stand der Beziehungen zwischen Zweiter Schwerpunkt des Gesprächs war eines jeden Volkes sei, daß es derzeit aber Österreich und Italien, besonders in jenen die doppelte Staatsbürgerschaft. Durnwalder keinen Grund gebe, dieses Recht einzufor- Bereichen, die Südtirol, aber auch das und Theiner haben Spindelegger das Gutach- dern, weil Italien die geltenden Verträge ein- Bundesland Tirol betreffen. ten des Verfassungsrechtlers Walter Obexer halte. Deshalb werde man weiter auf die Was das Bundesland Tirol angeht, sagten übergeben. Außenminister Spindelegger be- Autonomie bauen. Dies sei derzeit der rich- sowohl Bundespräsident Fischer als auch tonte, daß die österreichische Regierung der- tige Weg, sagte Durnwalder. Landeshauptmann Platter, daß man nördlich zeit auf mehreren Ebenen Gutachten einho- „Der Außenminister legt Wert darauf, aus des Brenners die Südtiroler Anliegen immer le, um die Auswirkungen einer doppelten erster Hand über die Entwicklungen in Süd- unterstütze und daß man nun in verschiede- Staatsbürgerschaft festzustellen sowie die tirol informiert zu werden. In diesem Licht nen Bereichen gemeinsame Lösungen an- Kompatibilität mit der österreichischen ist auch dieses Gespräch zu sehen“, so Durn- strebe und konkretisieren möchte. Verfassung zu überprüfen. „In den kommen- walder. den Monaten, wenn die Gutachten der Re- Nach den Treffen mit Fischer und Spin- LH Durnwalder bei Spindelegger gierung vorliegen, wird es ein weiteres Tref- delegger unterstrich Durnwalder die Wich- Mailänder Abkommen, aktuelle Durch- fen zwischen Bundesregierung und Südtirol tigkeit eines funktionierenden Informations- führungsbestimmungen, doppelte Staatsbür- geben“, erklärt Durnwalder die nächsten austausches zwischen Südtirol und Öster- gerschaft und Selbstbestimmung: Das waren Schritte. reich: „Wir sind froh, daß unser Land der die Themen, die Durnwalder am Wiener Mi- Im Außenministerium ist außerdem über Bundesregierung und Bundespräsident Fi- noritenplatz mit Vizekanzler und Außen- die Begnadigung der Südtirol-Aktivisten ge- scher ein wichtiges Anliegen ist und daß uns minister Michael Spindelegger besprochen sprochen worden. Spindelegger hat der De- Regierung und Staatsoberhaupt freund- hat. Durnwalder hat dieses Treffen zum legation um Landeshauptmann Durnwalder schaftlich verbunden sind.“ Nach den Tref- Anlaß genommen, um die österreichische mitgeteilt, daß er über dieses Thema mit sei- fen in Wien reiste Durnwalder noch weiter Regierung über die jüngsten Entwicklungen nem italienischen Amtskollegen Franco nach Salzburg, tags darauf am Treffen der zu unterrichten. „Ich habe Spindelegger über Frattini gesprochen habe. „Spindelegger hat Arge Alp-Regierungschefs teilnahm.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 30 Österreich, Europa und die Welt Wiens Klimt-Warm-up in Down Under

on 18. Juni bis 9. Oktober 2011 sind Wie- Vner Kunstschätze wie Gustav Klimts „Porträt Emilie Flöge“ und „Fritza Riedler“ im Rahmen der Ausstellung „: Art & Design – Klimt, Schiele, Hoffmann, Loos“ in der National Gallery of Victoria in Mel- bourne zu sehen. Aus diesem Anlaß lud Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner ausgewählte australische Medien- und Rei- sebranchevertreterInnen zu einem exklusi- ven Abendevent samt Rundgang durch die Ausstellung mit den Kuratoren Christian Witt-Dörring und Paul Asenbaum. Zahl- reiche Leihgaben von Wien Museum, Belve- dere, Leopold Museum, Secession, PSK- Museum, Hofmobilien Depot, MAK, Uni- versität für angewandte Kunst und privaten Foto: RK / Janusz Molinski Leihgebern wurden zur Ausstellung unter Österreichs Botschafter Hannes Porias, die australische Parlamentsabgeordnete und strengsten konservatorischen Auflagen und Parlamentssekretärin des Premiers für Kunst, Heidi Victoria, Tourismusdirektor nach tatkräftiger Unterstützung der Öster- Norbert Kettner, Direktor der National Gallery of Victoria, Gerard Vaughan, Kurator reich Werbung im Vorfeld nach Melbourne und Buchautor Prof. Tim Bonyhady vor Klimts »Fritza Riedler« (v.l.) in der »National Gallery of Victoria in Melbourne« (Bild unten) gebracht. Ebenso zu sehen sind Teile von Interieurs, die zum Fundus der Galerie gehö- Wien-Tourismus-Medienmanagerin Astrid und Kunst der Wiener Moderne mit dem ren und die Ausstellung perfekt ergänzen: Pockfuß begrüßte er bei dem Event rund 20 Heute verbinden: ein Erlebnis für die Gäste, Die 1903 von Adolf Loos entworfene Ein- ReisejournalistInnen und VertreterInnen der die dort vom Wien-Journal bis zur „Klimt- richtung des Wiener Appartments der Familie Reisebranche, darunter die auflagenstarke Jahr 2012“-Broschüre viele Informationen Langer, sowie jene der Familie Gallia im Tageszeitung „The Age“. über Wien vorfinden. Insgesamt 16 Mal bis von Josef Hoffmann 1912/13 geschaffenen In einer eigens eingerichteten „Vienna zum Ende der Ausstellung wird „Art after Design. Ein Nachfahre der Gallias, der Ku- Lounge“ kann Wiener Kaffeehauskultur vor Dark“ bei freiem Eintritt bis 21 Uhr geöffnet rator und Buchautor Tim Bonyhady, wirkte Ort bei Melange und Apfelstrudel stilecht er- sein. ebenso an der Ausstellung mit und war Gast lebt werden – der Eintritt ist frei, der Besuch Reges Interesse an der Bundeshauptstadt des WienTourismus. der Ausstellung möglich, aber nicht zwin- herrschte auch in Sydney, wo der WienTou- „Wenn es um Gustav Klimt geht, hat gend. Unter dem Motto „past meets present“ rismus Zwischenstation einlegte. Hier be- Wien die Themenführerschaft. Keine andere spricht die „Vienna Lounge“ damit auch eine grüßte Kettner weitere 20 ausgewählte Rei- Stadt beherbergt so viele seiner Werke und jüngere Zielgruppe an. Für die Dauer der sejournalistInnen und Reiseanbieter bei 2012 werden hier mehr davon zu sehen sein Ausstellung geht dort seit 22. Juni jeden einem gemeinsamen Abendessen. Auch sie als je zuvor. Die Ausstellung in Melbourne Mittwoch das abendliche Event „Art after wurden aus erster Hand über Wiens neueste ist eine ideale Plattform, dies vor einer ein- Dark“ über die Bühne: Lokale DJs werden Kunst- und Kulturangebote sowie das Klimt- schlägigen Zielgruppe zu verkünden und zu da, wo ansonsten das Café aufgebaut ist, mit Jahr 2012 informiert. bewerben“, so Kettner. Zusammen mit zeitgemäßer Musik eine Brücke schlagen http://www.ngv.vic.gov.au Foto: Donaldytong / GNU Free Documentation License.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 31 Österreich, Europa und die Welt Österreich zum Vizepräsidenten der 68 Prozent für EU- UNO-Generalversammlung gewählt Beitritt Kroatiens

sterreich wird in der 66. UNO-General- Rahmen der Vereinten Nationen. Zuletzt war it Kroatien würde ein Land Teil der Översammlung, die am 13. September die Funktion eines Vizepräsidenten der MUnion werden, das auch von den Ös- 2011 beginnen wird, einen der beiden Vize- Generalversammlung von Österreich 2002 terreichern durchwegs mit positiven Gefüh- präsidenten aus der Gruppe der westeuropä- wahrgenommen worden. len in der EU begrüßt würde. Dies zeigt eine ischen und anderen Staaten stellen. Dies ent- Zum Präsidenten der Generalversamm- Umfrage der Österreichischen Gesellschaft schied die Generalversammlung am 22. Ju- lung wurde der Vertreter von Katar bei den für Europapolitik. ni per Akklamation. Nach der Mitgliedschaft Vereinten Nationen, Nassir Abdulaziz Al- Die Österreicher stehen positiv zum EU- im UNO-Sicherheitsrat 2009/2010 und sei- Nasser, gewählt. Er wird im September den Beitritt Kroatiens – und das mit steigender ner erstmaligen Wahl in den Menschen- ehemaligen Schweizer Bundespräsidenten Tendenz. Nur 18 Prozent sprachen sich im rechtsrat im Mai 2011 übernimmt Österreich Joseph Deiss in dieser Funktion ablösen. September 2010 gegen die kroatische Mit- damit erneut eine führende Aufgabe im http://www.un.org gliedschaft aus (12 Prozent war diese Frage „egal“). Im Jahr 2004 waren noch 34 Prozent explizit gegen den Beitritt des südosteuropäi- Erste »grüne« Botschaft Österreichs schen Landes. Je näher die EU-Mitglied- geht in Indonesien in Betrieb schaft rückt und je konkreter die Beitritts- perspektive wird, desto geringer wird auch er Sektionsleiter für Infrastruktur im oberfläche und hohe Gebäudedichtigkeit mit die Skepsis der Österreicher. DAußenministerium, Nikolaus Marschik, Wärmedämmung und Sonnenschutzglas Kroatien kommt auf deutlich höhere Zu- und der österreichische Botschafter in Indo- eine weitere Reduktion der Feuchtigkeit und stimmungswerte als die früheren Beitritts- nesien, Klaus Wölfer, begleiteten am 22. Juni Erhitzung erzielt. länder Tschechien, Slowakei, Bulgarien und die Inbetriebnahme des neuen österreichi- Die Sonneneinstrahlung wird über eine Rumänien. Nur Ungarn hatte vor seinem schen Botschaftsgebäudes in Jakarta. Bei der Kollektoranlage zur Kühlung und Entfeuch- Beitritt ähnlich hohe Zustimmungswerte. kleinen Zeremonie, die auf den 484. Jah- tung sowie für die Warmwasserbereitung ge- Die Gründe für die positive Stimmung ge- restag der Stadtgründung fiel, waren auch nutzt, und eine Photovoltaikanlage trägt genüber Kroatien sind vielfältig: Es gibt der Vize-Gouverneur von Jakarta und der dazu bei, daß der Energieverbrauch der keine wesentlichen bilateralen Streitpunkte Generalsekretär im indonesischen Außen- neuen Botschaft lediglich 17 Prozent eines und auch die geographische und kulturelle ministerium anwesend. Auf dem Gelände im konventionellen Gebäudes beträgt. Nähe spielt bei der Einschätzung der Öster- Zentrum der Millionenstadt Jakarta wurden Das neue Botschaftsgebäude in Jakarta reicher eine Rolle. erstmals die österreichische und die europäi- unterstreicht das Engagement des österrei- Skepsis herrscht bei den Österreichern, sche Flagge gehißt. chischen Außenministeriums in der 580 Mil- was eine Erweiterung der EU um zusätzliche Das G20-Land Indonesien ist – neben lionen-Wachstumsregion Südostasien und Länder betrifft. Im März 2010 lagen die China und Indien – mit über 6 Prozent Wirt- dient auch als Visitenkarte für die Stärken der Zustimmungswerte für Bosnien-Herzego- schaftswachstum der dritte Motor der Zu- österreichischen Wirtschaft in Indonesien. wina bei 29 Prozent, für Montenegro bei 28 kunftsregion Asien. Indonesien ist mit Ab- Die feierliche Eröffnung des innovativen Prozent, für Serbien bei 25 Prozent, für stand die größte Volkswirtschaft der südost- Gebäudes soll in einigen Monaten in Anwe- Mazedonien (FYROM) bei 24 Prozent, für asiatischen Staatengemeinschaft ASEAN senheit von Vizekanzler und Außenminister den Kosovo bei 20 Prozent und für Albanien und hat derzeit auch deren Vorsitz inne. Michael Spindelegger erfolgen. bei 19 Prozent. Mit dem neuen Botschaftsgebäude ent- http://www.aussenministerium.at/jakarta http://www.oegfe.at warfen und errichteten Wiener Architekten im tropischen Klima ein Passivhaus mit österreichischem Know-how und in nachhal- Honorarkonsulat Hermannstadt eröffnet tiger und ökologisch verträglicher Weise. Ent- er österreichische Botschafter in Rumä- Damit steht in Rumänien neben dem sprechend den indonesischen Klimabedin- Dnien, Michael Schwarzinger, eröffnete Konsulat Temeswar in Sibiu/Hermannstadt gungen werden traditionelle Techniken, am 7. Juni im Rahmen einer eindrucksvollen ein zweites österreichisches Honorarkon- lokale Materialien und moderne Technologie Feier ein neues Honorarkonsulat in Sibiu/ sulat zur Verfügung, das die Verwaltungs- in sinnvoller Kombination eingesetzt, um Hermannstadt, der Kulturhauptstadt Europas kreise Alba, Brasov, Covasna, Harghita, Raumqualität, Klimakomfort und Nachhal- 2007. Zum Honorarkonsul wurde Andreas Mures und Sibiu betreut. Dies ist für ös- tigkeit für Botschaftsmitarbeiter wie Besu- Huber ernannt. Die Amtsräume befinden sich terreichische Investitionen sehr interessant: cher zu gewährleisten. im historischen „Bischofshaus“ im Zentrum Renommierte österreichische Firmen haben Das Gebäude erreicht durch seine Fen- der Altstadt. Die Eröffnungsansprachen hiel- dort bereits Standorte. Neben der Attraktivi- sterorientierung in Richtung Nord/Süd, die ten Botschafter Schwarzinger, Sozialatta- tät für die Industrie gibt es großes Interesse Beschattung durch Mauer- und Dachvor- chée Barbara Schöfnagel, Oberbürgermei- österreichischer Firmen, sich aktiv beim sprünge und Bepflanzung eine klare Re- ster Klaus Johannis, Kreisratspräsident Mar- Ausbau der Infrastruktur, der Land- und duktion des Kühl- und Entfeuchtungsbe- tin Bottesch und Präfekt Trihenea Constan- Forstwirtschaft und auch von Tourismusein- darfs. Zudem wird durch kompakte Außen- tin. richtungen zu beteiligen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 32 Österreich, Europa und die Welt 10 Jahre Euro-Münzen Das Motiv der Gedenkmünze steht fest – und stammt von einem Österreicher!

it mehr als 50 ersten Plätzen und meh- mern aus allen Ländern entschieden sich 34 als Währung mit weltweiter Bedeutung. Mreren internationalen Titeln wäre Hel- Prozent für das Münzdesign aus Österreich. Rundherum sind jene Lebensbereiche ange- mut Andexlinger in anderen Disziplinen „Ich selbst hab‘ übrigens nicht mitgestimmt. ordnet, für die der Euro eine bedeutende längst ein gefeierter Star. Rolle spielt. An erster In seiner Branche hoch Stelle stehen für Andex- angesehen, ist er der All- linger ganz klar die Men- gemeinheit jedoch wei- schen. Sie stellt er in Form testgehend unbekannt. einer Familie und Wohn- Was der junge Oberöster- häusern dar. Des weiteren reicher so gut kann? Er symbolisieren Schiffe den macht Geld. Viel Geld. Handel, das EZB-Gebäu- Nicht für sich, sondern de die Finanzwelt und für andere. eine Fabrik die Industrie. Helmut Andexlinger Windräder zur Energiege- ist Münz-Designer in der winnung betonen den Münze Österreich AG. Fortschritt, den der Euro Sein jüngster Erfolg ist mit ermöglicht. Dieses auch sein bisher größter, Münzbild wird um die wie er sagt. Für ihn per- Nennung des jeweiligen sönlich und für Öster- Ausgabelandes, um die reich. Denn ab Jänner Jahreszahl und um An- 2012 werden in den Geld- dexlingers Monogramm börsen der 330 Mio. Bür- ergänzt. ger der Euro-Zone seine Helmut Andexlinger 2-Euro-Münzen klim- ist der jüngste Münz-De- pern. Das ist das von der signer der Münze Öster- Europäischen Kommis- reich AG. 1973 in Linz sion am 30. Juni vor- geboren, konnte er schon gestellte Ergebnis einer während seiner Ausbil- Online-Abstimmung. dung an der HTL in Steyr 2012 jährt sich zum zehnten Mal die Ich wollte dem Schicksal freien Lauf las- Wettbewerbe zur Gestaltung von Medaillen Einführung der Euro-Münzen und Bankno- sen“, läßt Andexlinger wissen. für sich entscheiden. Seit 1996 ist Andexlin- ten. Diesem Anlaß widmen alle Euro-Länder Neben der vertrauten Seite mit der Eu- ger neben Thomas Pesendorfer und Herbert die Ausgabe eines gemeinsamen, im gesam- ropa-Karte zeigt Andexlingers Münzbild den Wähner, zwei weitere oberösterreichische ten Währungsraum gültigen 2-Euro-Stücks. Euro – genauer gesagt das Euro-Symbol – Münzgestalter mit Weltruf, bei der Münze Ab Jänner werden 90 Mio. der „Andexlin- Österreich AG für die Gestaltung von natio- ger-Münze“ in allen 17 Euro-Ländern in den nalen und internationalen Münzdesigns mit- Umlauf gebracht. verantwortlich. Andexlinger ist vielfacher Einer Online-Abstimmung vorangegan- Träger internationaler Preise, etwa des „Best gen waren mehr als 800 Einreichungen aus Gold Coin of the Year-Award“ aus den USA dem gesamten Euro-Raum. Aus diesen und des in Deutschland vergebenen „Münze wählten Experten fünf Motive, die ohne An- des Jahres-Bewerbes“. gabe ihres Ursprungs zur Abstimmung im In der Münze Österreich AG werden alle Internet standen. Die Regeln untersagten bis österreichischen Euro- und Cent-Münzen zur Bekanntgabe des Resultats, den Ur- produziert. Allein im Jahr 2010 waren es sprung von Entwürfen zu nennen. „Weder 441,6 Mio. Stück. Das Haus hat sich mit den meine Familie, noch Freunde und Kollegen weltweit erfolgreichen Anlagemünzen „Wie- wussten von meiner Einreichung“, verrät ner Philharmoniker“ aus Gold und Silber so- Andexlinger. „Als mein Entwurf dann unter wie hochwertigen Münzen für Sammler den Top-Fünf zur Abstimmung stand, durfte einen Namen gemacht. Daneben erfreuen ich erst recht nichts verraten.“ Über das end- sich diese Produkte auch als Geschenke

gültige Münzbild entschied allein das elek- Foto:Münze Österreich AG zunehmender Beliebtheit.

Foto Münze: ec.european commission 2011 tronische Voting. Von den 35.000 Teilneh- Helmut Andexlinger http://austrian-mint.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 33 Speziell für AuslandsösterreicherInnen 17. AuslandsNiederöster- reicherInnen-VIP-Treffen 30. August bis 1. September 2011 im NÖ Landhaus St. Pölten – Generalthema: »Kommunikation 2011+«

Dienstag, 30. August 2011 „Chancen und Risiken von Facebook & Co.“ bis 16.00 Uhr Eintreffen in St. Pölten - Check-in im Hotel Metropol Impulsreferat: Dipl.Ing. Johannes Weber, 16.15 Uhr Bustransfer vom Hotel Metropol zum Fa. internex GmbH in Gmünd Renaissanceschloß Schallaburg Moderation: Mag. Christina Kiehas 17.15 Uhr Besichtigung der Ausstellung „Venedig – Seemacht, Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Kunst und Karneval“ mittag eine Führung im ORF Landesstudio 18.30 Uhr Gemütliches Beisammensein für die ANÖ Niederösterreich statt. 12.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen - 1. TEIL Mittwoch, 31. August 2011 anschl. Mittagsbuffet, NÖ Saal I und II, 2. Stock 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 14.00 Uhr Fortsetzung der Arbeitskreise/Workshops – 2. Teil zum NÖ Landhaus Im Rahmen der Arbeitskreise finden um 14.00, 9.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung im Ostarrichisaal, 15.00 und 16.00 Uhr Führungen im ORF Haus 1A, 2. Stock Landesstudio Niederösterreich statt. Begrüßung: Peter de Martin, Leiter der Geschäfts- 17.30 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen – 2. Teil stelle für AuslandsniederösterreicherInnen anschl. Vernissage der ANÖ-Ausstellung, Vortrag: GF und Chefredakteur Prof. Harald Haus 1A, Ausstellungsbrücke: Knabl, NÖ Pressehaus Druck- und Verlags- Prof. Peter Schmid, Niederlande gesellschaft m.b.H. Maria Hofer und Louk Van Kooten, Niederlande Vortrag: FH-Prof. Dipl.Ing. Markus Seidl, 18.45 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus zum Hotel Metropol Fachhochschule St. Pölten, Digitale Medien- 19.00 Uhr Abendessen im Hotel Metropol technologie Moderation: Tom BLäumauer Donnerstag, 2. September 2009 10.30 Uhr Kaffeepause 9.00 Uhr Spaziergang bzw. Shuttlebus vom Hotel Metropol 10.50 Uhr Beginn der Arbeitskreise - 1. Teil zum NÖ Landhaus Wirtschaft & Technologie/Umwelttechnik 9.30 Uhr Fortsetzung und gemeinsamer Abschluß aller (Ostarrichisaal) Arbeitskreise im NÖ Landhaus, Landtagssitzungssaal, Thema: „Kommunikationsverhalten – Änderun- Haus 1b, 2. Stock gen in den letzten Jahrzehnten, Kommunikations- Impulsreferat: „Wie kommuniziert das Land kultur, multikulturelles Kommunikationsverhal- Niederösterreich nach außen hin“, ten“ Abteilung LAD1-Informationstechnologie Impulsreferat: Prof.Dir.Mag. Kolarz-Lakenbacher, Moderation: Tom Bläumauer Siemens AG Österreich, Niederlassungsleitung 10.20 Uhr Ende der Arbeitskreissitzungen St. Pölten Kaffeepause im Foyer des Landtagsschiffes Moderation: Mag. Herbert HALBWIDL 10.45 Uhr Abschlußveranstaltung mit Landeshauptmann Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- Dr. Erwin Pröll, im Landtagssitzungssaal mittag eine Führung im ORF Landesstudio Moderation: Tom Bläumauer Niederösterreich statt. Musik - Ensemble der Militärmusik Niederösterreich Kunst, Kultur & Wissenschaft Begrüßung und Kurzbericht: Peter de Martin (Industrieviertelsaal) Präsentation der Ergebnisse der drei Workshops Thema: „Die Kommunikation in den verschiede- Festansprache von LH Dr. Erwin Pröll nen Genres der Kultur“ Überreichung der ANÖ-Nadel an die erstmaligen Impulsreferat: Wirkl.Hofrat Mag. Hermann ANÖ-Teilnehmer Dikowitsch, Leiter der Abteilung Kultur und Schlußworte: Peter de Martin Wissenschaft anschl. Mittagsempfang gegeben von Landeshauptmann Moderation: Dr. Ilona Slawinski Dr. Erwin Pröll, Foyer des Landtagsschiffes Im Rahmen des Arbeitskreises findet am Nach- 14.00 Uhr Transfer für die TeilnehmerInnen zum Hotel Metropol mittag eine Führung im ORF Landesstudio bzw. Bahnhof St. Pölten. Evtl. Weiterreise zum Welt- Niederösterreich statt. bundtreffen nach Wien (1. bis 4. September) Bildung & Jugend (Mostviertelsaal), Thema: http://www.noel.gv.at/aoe

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 34 Speziell für AuslandsösterreicherInnen Weltbund-Tagung Auslandsösterreichertreffen 2011 1. bis 4. September 2011 in Wien

Der Weltbund veranstaltet jedes Jahr für seine Mitglieder und deren Freunde ein großes, internationales Treffen in Österreich, anläßlich dessen auch die Generalversammlung abgehalten wird. Es ist Tradition, daß diese Weltbund-Tagung im Wechsel immer in einem anderen Bundesland abgehalten wird. Neben den Arbeitssitzungen umfaßt das Programm ein reiches kulturelles Angebot und wird durch repräsentative Empfänge der offiziellen Stellen abgerundet. Sie haben die Möglichkeit sich über Internet für die Weltbund- Tagung/Auslandsösterreichertreffen 2011 in Wien anzumelden. Kontakt: Dr. Irmgard Helperstorfer.

http://www.weltbund.at/aktuelles_termine.asp

Donnerstag, 1. September 2011 „Der Dritte Mann: Wien auf den Spuren eines Filmklassikers“ 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Erleben Sie die Altstadt von Drehort zu Dreh- Strauchgasse 4, 1010 Wien ort: unkonventionell, lebendig und spannend! 14.00 - 16.00 Uhr Stadtrundgänge Treffpunkt: U4 Stadtpark vis-à-vis Hotel Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Intercontinental Altstadt: „Entdecken Sie das alte Wien!“ Versteckte Hinterhöfe, alte Paläste, Spione 14.00 - 18.00 Uhr Generalversammlung 1. Teil Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien und Schmuggler, mit Beethoven und Goethe gespickt usw. 19.30 - 22.30 Uhr Wien-Abend auf Einladung des Bürger- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche meisters und Landeshauptmannes „Geheimnisse der Altstadt“ Dr. Michael Häupl beim Heurigen Wolff, Mit dem Blutgassenviertel, vorbei an der Rathstraße 50, 1190 Wien Synagoge, an ehemaligen Mozart- Samstag, 3. September 2011 Wohnstätten usw. 10.00 - 12.00 Uhr Festakt mit Auszeichnung des „Auslands- Treffpunkt: Freyung/Schottenkirche österreichers des Jahres 2010“ Ort: 19.00 Uhr Abend im Schweizerhaus, Rathaus, Großer Festsaal, Eingang Lichten- Wiener Prater, Prater 116, 1020 Wien felsgasse, Aufgang Feststiege, 1080 Wien Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! 12.15 Uhr Festessen auf Einladung des Bundes- ministers für europäische und internationale Freitag, 2. September 2011 Angelegenheiten, Dr. Michael Spindelegger 09.00 - 18.00 Uhr Registrierung: Palais Ferstel, Ort: Rathauskeller, Rathaus, 1080 Wien, Eingang Rathausplatz 1 Strauchgasse 4, 1010 Wien 14.30 - 17.30 Uhr Generalversammlung 2. Teil 09.00 -10.00 Uhr Führung durch die Staatsoper Palais Ferstel, Strauchgasse 4, 1010 Wien Ort: Staatsoper, Opernring 2, 1010 Wien 20.30 Uhr Abschlußball des Auslandsösterreicher- Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Weltbundes, Ort: Rathaus, Großer Festsaal, 09.00 - 11.00 Uhr Stadtrundgänge Eingang Lichtenfelsgasse, Aufgang Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich! Feststiege, 1080 Wien Kunst & Architektur: „Architekturspazier- gang: Von der Romanik bis zum Jugendstil“ Sonntag, 4. September 2011 Kostbarkeiten, Ein- und Ausblicke und span- 09.30 Uhr Katholischer Gottesdienst im Stephansdom, nende Besonderheiten … Stephansplatz 1, 1010 Wien Treffpunkt: Stephansplatz (Ecke 10.00 Uhr Evangelischer Gottesdienst in der Evangeli- Jasomirgottstraße) schen Kirche, Dorotheergasse 18, 1010 Wien „Jugendstil und Jhdt.-Wende: Vom Loos- 12.00 Uhr Abschlußmittagessen haus zur Postsparkasse Otto Wagners“, Ort: Brandauers Schloßbräu, Hietzing, Am Architektur und Interieur-Design. Platz 5, 1130 Wien, Essen € 20,– auf eigene Mit Innenbesichtigungen. Rechnung; Getränke auf Rechnung des Treffpunkt: Albertinaplatz (bei Hrdlicka- AÖWB. Denkmal) Verbindliche Anmeldung unbedingt erforderlich!

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 35 »Burgenland Journal« Gesamtverkehrskonzept Niessl: »Schnelle Verbindungen und bequeme Pendlerstrecken sollen in Kombination mit Effektivität und Sparsamkeit im Südburgenland für ein umfassendes Angebot im Bereich des Öffentlichen Verkehrs sorgen.«

m auch im südlichen Burgenland die vor. Es wurden 650 Telefoninterviews mit auf Basis des im Burgenländischen Gesamt- UVerbindungen im Öffentlichen Verkehr BürgerInnen in zehn südburgenländischen verkehrskonzept enthaltenen Taktknoten- zu gewährleisten, wird nun eine genaue Be- Gemeinden geführt (Bildein, Eberau, Groß- konzeptes und unter Einbeziehung der Er- darfserhebung durchgeführt und ein Schie- mürbisch, Güssing, Heiligenbrunn, Inzen- gebnisse der Bedarfserhebung eine Optimie- nengesamtverkehrskonzept erstellt, um zu se- hof, Kleinmürbisch, Moschendorf, Strem rung des bestehenden Angebots erfolgen. hen, wo Mankos vorherrschen und auch wo und Tschanigraben). „Nun sollen gemeinsam Doppelverkehre einzusparen sind. „Schnelle mit den Gemeinden im Südburgenland die Neue Förderrichtlinie betreffend Verbindungen und bequeme Pendlerstrecken Ergebnisse evaluiert und bedarfsgerechte kommunale Regionalverkehrsvorhaben sollen in Kombination mit Effektivität und Maßnahmen – sowohl auf Gemeindeebene Demnächst werden Förderrichtlinien prä- Sparsamkeit im Südburgenland für ein um- als auch auf Ebene des Landes – erarbeitet sentiert, die die Bedingungen festlegen, zu fassendes Angebot im Bereich des Öffentli- werden. Die Frage, die wir uns stellen müs- denen das Land Regionalverkehrsvorhaben chen Verkehrs sorgen,“ so Landeshauptmann sen ist: Muß alles mit Linienverkehr geführt der Gemeinden, insbesondere Gemeinde- Hans Niessl bei einer Pressekonferenz mit werden, oder gibt es Bereiche, wo die nöti- busse und ergänzende Linienverkehre, durch Verkehrskoordinator Peter Zinggl. gen Fahrgastzahlen für einen Linienverkehr Übernahme von 25 bis 35 Prozent des Be- triebsabgangs unterstützt.

Regionale Mobilität in den Dorferneuerungsrichtlinien Auf Basis der zuletzt neu beschlossenen Dorferneuerungsrichtlinien können Gemein- den bei der Erstellung von Studien zum Mobilitätsbedarf sowie bei der Anschaffung von Bussen finanziell unterstützt werden.

Bahnstrecke Friedberg – Oberwart Pendlerverkehre und der Verkehr nach Wien sind durch Ausweitung der Busver- kehre sichergestellt. Künftig sind 22 Bus- paare täglich auf dieser Strecke im Einsatz. „Die Abfahrtszeiten der neu geführten Busse orientieren sich an jenen des bisherigen Bahnverkehrs. Die Busse sind im Schnitt ca. 15 Minuten früher in Wien als die Bahn. Die

Foto: Bgld. Landesmedienservice Direktzüge nach Wien werden derzeit täg- LH Hans Niessl (li.) und Verkehrskoordinator Peter Zinggl in Eisenstadt lich von ca. 50 und die Busse nach Wien täg- lich von ca. 750 Pendlern genutzt. Auch der Mehrere Punkte sollen die aktuellen Maß- einfach nicht zusammengebracht werden und Schülerverkehr ist durch Führung zusätz- nahmen beinhalten. Das Burgenländische ein bedarfsorientiertes System mit Gemein- licher Busse sichergestellt. Gesamtverkehrskonzept wird durch ein debussen die bessere und effizientere Lö- „Mit dem Bus kommen die Pendler Schienenverkehrsgesamtkonzept erweitert, sung wäre?“, erläutert der burgenländische schneller und bequemer zu ihren Arbeits- das von Land, Bund und ÖBB gemeinsam Verkehrskoordinator, Peter Zinggl. plätzen. Die Kosten für die Eisenbahn belau- erstellt wird. „Damit soll eine noch klarere fen sich pro Jahr auf rund 750.000 Euro – Prioritätensetzung und Beurteilung bei künf- »Südliches Burgenland« hier muß man im Sinne der Sparsamkeit und tigen Infrastrukturausbaumaßnahmen, Effi- Das Burgenländische Gesamtverkehrs- der Effektivität genau überprüfen, was sinn- zienzsteigerungsmaßnahmen und Leistungs- konzept soll durch ein eigenes Gesamtver- voll ist. Es ist auch geplant, die Busse – zu- rücknahmen möglich sein“, betont Niessl. kehrskonzept für das südliche Burgenland nächst in Form eines Pilotprojektes – auf Das Schienenverkehrsgesamtkonzept wird ergänzt werden. Dieses Konzept wird ge- Ökogas umzustellen. Dies könnte im Burgen- im Herbst vorliegen. meinsam mit der Verkehrsverbund Ostregion land im Zentrum für erneuerbare Energie in Bereits Ende Juni lagen die ersten Ergeb- GmbH unter Einbindung von Verkehrspla- Güssing erzeugt werden und damit wäre der nisse einer groß angelegten Bedarfserhebung nern erstellt. Es soll die neue Verkehrssitua- Bus auch eines der ökologischsten Fortbe- zum öffentlichen Verkehr im Südburgenland tion im Südburgenland beurteilt werden und wegungsmittel“, so Niessl abschließend.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 36 »Burgenland Journal« Das hohe Niveau im Sozialbereich absichern LR Rezar präsentiert Sozialbericht für den Zeitraum 2009 und 2010

as Burgenland hat in den vergangenen DJahren im Sozialbereich eine äußerst dynamische Entwicklung genommen und zählt heute in etlichen Bereichen zu den am besten versorgten Bundesländern Öster- reichs. Dokumentiert werden diese Fakten im bereits vierten Burgenländischen Sozial- bericht, der den Zeitraum 2009 und 2010 beleuchtet. Eine wichtige Maßnahme war die Erhöhung des Pflegegeldes um 4 bis 6 Pro- zent im Jahr 2009. Wegen der deutlich ge- stiegenen Nachfrage an Pflegeheimplätzen wurde ein umfangreiches Ausbauprogramm von Heimplätzen gestartet. Alleine im Jahr 2010 hat die öffentliche Hand insgesamt 120 Millionen Euro für die Pflegesicherung und Betreuung investiert. Und: erstmals erhalten auch Lehrlinge einen Fahrtkostenzuschuß. „Als sozialpolitischer Meilenstein kann die österreichweite Einführung der Bedarfs- orientierten Mindestsicherung ab September Foto: Bgld. Landesmedienservice 2010 bezeichnet werden. Damit wurden die Sozial- und Gesundheitslandesrat Peter Rezar und WHR Elvira Waniek-Kain, bisher länderweise unterschiedlich hohen Leiterin Sozialwesen, mit dem Autor des Sozialberichtes, Erich Craß (v.l.) Sozialhilfe-Richtsätze durch einheitliche 25 km auf 20 km gesenkt und erstmals erhal- der Anspruchsberechtigten intensiviert. Die Mindeststandards ersetzt. Für das Burgen- ten auch Lehrlinge einen Fahrtkostenzu- Senioren-Tagesbetreuung wurde weiter aus- land bedeutet dies eine wesentliche monatli- schuß. Außerdem wurden im Bereich der gebaut und der Zugang zu Unterstützungs- che Erhöhung der finanziellen Unterstützun- Arbeitnehmerförderung – dazu gehören der leistungen vereinfacht. gen. Auch erhalten jetzt alle Leistungsbezie- Fahrkostenzuschuß, die Lehrlingsförderung Zur Bewältigung des Schnittstellenpro- herInnen eine E-Card und damit einen einfa- und die Qualifikationsförderung – 5375 blems beim Übergang von der Spitalspflege cheren Zugang zur gesundheitlichen Ver- Anträge positiv erledigt. 4751 Studierende in den ambulanten Bereich wurde ab 2009 sorgung“, so Sozial- und Gesundheitslan- haben im letzten Jahr einen Zuschuß zum der flächendeckende Ausbau des Entlas- desrat Peter Rezar in einer gemeinsamen Semesterticket erhalten. Dafür wurden sungsmanagements in den Spitälern in Form Pressekonferenz mit WHR Elvira Waniek- 243.374 Euro aufgewendet. eines Reformpool-Projektes realisiert. Dafür Kain, Leiterin des Hauptreferates Sozialwe- stehen nun im Burgenland in allen Kran- sen, und dem Autor des Sozialberichtes, Maßnahmenpaket zur kenanstalten elf EntlassungsmanagerInnen Erich Craß. Die Ausweitung bereits beste- Pflegevorsorge geschnürt zur Verfügung. „Diese Maßnahme bedeutet hender Hilfsangebote, die Anhebung von Eine wichtige Leistung, die immer mehr eine wesentliche finanzielle Entlastung der Förderungen sowie die Schaffung neuer Un- Menschen betrifft ist die Pflege. Der Lan- Krankenanstalten, weil Patienten nicht zu terstützungsstrukturen und gesetzlich abge- desrat:„Die Lebenserwartung ist erfreuli- früh entlassen werden. Eine zu frühe Ent- sicherter Ansprüche hatten in den vergange- cherweise gestiegen. Dies wirkt sich aber lassung hat oft zur Folge, daß Patienten nen Jahren die Entlastung breiter Bevölke- auch in einem deutlich höheren Bedarf an schnell wieder ins Spital kommen.“ rungsgruppen zum Ziel. Nun gelte es, dieses Pflege- und Betreuungsleistungen aus. Den Weitere 2009 umgesetzte wichtige Maß- hohe Niveau abzusichern, betont Rezar. weitaus größten Pflegedienst des Landes nahmen waren die Erhöhung des Pflege- Die öffentliche Hand hat im Jahre 2010 stellen die pflegenden Angehörigen dar. De- geldes um 4 bis 6 Prozent sowie eine we- insgesamt 120 Millionen Euro in den Be- ren Entlastung durch mehr grundlegende sentliche Verbesserung bezüglich der Ein- reich Pflege investiert. Im Bereich der Ju- Information sowie durch Beratung und prak- stufungen von schwer geistig oder psychisch gendwohlfahrt wurden 1074 Minderjährigen tische Unterstützung im Pflegealltag kommt behinderten Personen und schwerstbehin- Unterstützung der Erziehung gewährt. daher besondere Bedeutung zu.“ So wurde derten Kindern und Jugendlichen. Zudem Deutlich ausgeweitet wurde auch der Be- ab dem Jahr 2008 die Förderung für die ko- können Angehörige pflegebedürftiger Per- zieherInnenkreis für den Fahrtkostenzu- stenlose Pflegeberatung zu Hause stark an- sonen, die ihr Pflegegeld vom Land erhalten schuß. So wurde die Mindestentfernung von gehoben und durch Ausweitung des Kreises „Zuwendungen für pflegende Angehörige“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 37 »Burgenland Journal« beanspruchen, wenn sie an der Erbringung der Pflegeleistung verhindert sind und Gemeinsam mit Bratislava „Ersatzpflege“ finanzieren müssen. Die sogenannte „24-Stunden-Betreuung“ die Region stärken durch ausländische Hilfskräfte wurde legali- siert. Die als finanzielle Unterstützung der Das Burgenland und die slowakische Metropole Legalisierungskosten vorgesehene Förde- Bratislava bauen ihre Zusammenarbeit sukzessive aus. rung betrugen 2010 rund 3,4 Mio. Euro für 1.261 Personen. Das Land hat dazu 40 Pro- zent beigesteuert. Derzeit sind über 2970 Personenbetreuerinnen im Burgenland ge- werblich gemeldet.

Abschaffung des Kinder- regresses, mehr Heimplätze Durch die Abschaffung des Kinderre- gresses ab 2009, der Zuzahlungspflicht von Kindern für die Heimunterbringung oder am- bulante Pflege der Eltern, ist die Nachfrage nach Heimplätzen gestiegen. In fast allen Einrichtungen gab es deshalb Wartelisten. Um den Druck von den Einrichtungen zu neh- men und um zu gewährleisten, daß alle jene, die stationäre Pflege unbedingt benötigen, diese auch bekommen können, wurde als Bewilligungskriterium für die Übernahme der Pflegeheimkosten aus Sozialhilfemit- teln, das Vorliegen von zumindest der Pfle- gestufe 4 festgelegt. In Härtefällen ist auch bei Vorliegen einer niedrigeren Pflegestufe eine Kostenübernahme möglich. Wegen der deutlich gestiegenen Nach- frage an Heimplätzen wurde 2009 ein um- Foto: Bgld. Landesmedienservice Der Austausch von Geschenken ist Teil diplomatischer Gepflogenheiten: LH Hans fangreiches Ausbauprogramm von Heim- Niessl (l.) mit dem Oberbürgermeister von Bratislava, Milan Ftácnik. plätzen gestartet. „Inzwischen befinden sich zehn Pflegeheime in Bau oder Umbau bzw. ie Grundlage dafür gelegt wurde bei Wichtige Anknüpfungspunkte sind der in der Planungsphase. Drei neue Heime – Deinem offiziellen Besuch einer Burgen- Tourismus und die Wirtschaft, sagen Niessl Deutschkreutz, Olbendorf und Eisenstadt – land-Delegation mit LH Hans Niessl an der und der Oberbürgermeister von Bratislava, haben bereits Anfang 2009 den Betrieb auf- Spitze beim Oberbürgermeister von Bratis- Milan Ftácnik unisono. genommen und in vier Heimen – Kittsee, lava, Milan Ftácnik. Der thematische Bogen Als nächster Schritt sollen auf Beamten- Gols, Nikitsch und Raiding – wurden die grenzüberschreitender Zusammenarbeit ebene Arbeitsgruppen mit burgenländischen Plätze aufgestockt“, sagt Rezar. spannt sich vom Tourismus bis zur und slowakischen Experten gebildet werden. Wirtschaft, sagt Niessl. Diskutieren will man Ins Boot holen will Niessl auch die Wirt- Bund und Länder auch Kooperationen im Bildungsbereich und schaftskammer und burgenländische Unter- richten Pflegefonds ein der Straßeninfrastruktur. nehmer. Aufgabe der Arbeitsgruppen wird Pflegefonds Bund und Länder haben sich Der Grund für die verstärkte Zusammen- sein, „Nägel mit Köpfen“ zu machen. im März 2011 auf die Einrichtung eines arbeit ist ein pragmatischer, betont Niessl: „Schon im Sommer soll das eine oder ande- Pflegefonds zur Sicherung und zum bedarfs- „Ab 2013 will die EU verstärkt grenzüber- re Projekt auf die Reihe gebracht werden“, gerechten Auf- und Ausbau des Betreuungs- schreitende Projekte fördern. Wir müssen kündigt Niessl an. Die Experten sollen auch und Pflegedienstleistungsangebotes in der regional denken. Das Burgenland hat eine die Bereiche Bildung und Straßeninfrastruk- Langzeitpflege geeinigt. Zur Finanzierung der zentrale Lage zwischen den beiden Städten tur auf mögliche Kooperationen abklopfen. Mehraufwendungen in den Jahren 2011 bis Wien und Bratislava. Die slowakische Me- „Die gesamte Region hat eine sehr gute 2014 werden insgesamt 685 Mio. Euro tropole ist schon allein wegen der räum- Zukunftschance, sie ist auch besser durch bereitgestellt, wovon zwei Drittel der Bund lichen Nähe ein wichtiger Partner für das die Wirtschaftskrise gekommen als andere und ein Drittel Länder und Gemeinden bei- Burgenland – und Wien natürlich auch.“ Regionen Europas. Es geht auch darum, den tragen. Man müsse bereits jetzt ausloten, welche Menschen die in dieser Region leben, eine Der Sozialbericht ist auf der Homepage des grenzüberschreitenden Projekte möglich hohe Lebensqualität zu bieten und ein hohes Landes Burgenland verfügbar unter seien und welche Fördermöglichkeiten die Einkommen zu ermöglichen“, so der burgen- http://www.burgenland.at/berichte Europäischen Union bietet. ländische Landeshauptmann abschließend.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 38 »Burgenland Journal« Vision für professionelle Ausbildung wird Realität Benedek-Kaserne Bruckneudorf: Gleichenfeier für Neubau der Heerestruppenschule

m Rahmen eines Festaktes erfolgte in An- Iwesenheit zahlreicher Ehrengäste, mit Verteidigungsminister Norbert Darabos und Landeshauptmann Hans Niessl an der Spitze, am 1. Juni 2011 in der Benedek- Kaserne in Bruckneudorf die Gleichenfeier, das sogenannte Richtfest, für das neue Institutsgebäude der Heerestruppenschule, einer Einrichtung, die mit einem Investi- tionsvolumen von insgesamt 28 Millionen Euro im Niedrigenergiehausstatus errichtet wird und wesentlich zur Modernisierung bzw. permanenten Weiterentwicklung des Österreichischen Bundesheeres beitragen soll. Die Fertigstellung ist für Ende 2011 geplant. Bundesminister Darabos und Landes- hauptmann Niessl würdigten in diesem Zu- sammenhang das Österreichische Bundes- heer als stets national, aber auch internatio- nal verläßlichen Partner, wenn es um den

Erhalt von Frieden, Freiheit und Demokratie Foto: Bgld. Landesmedienservice geht, wenn es zu Katastrophen kommt, oder Bundesminister Norbert Darabos (m.r.) und Landeshauptmann Hans Niessl (m.l.) wenn die Sicherheit der Burgenländerinnen mit zahlreichen Fest- und Ehrengästen bei der Gleichenfeier und Burgenländer gewährleistet werden soll. Mit der Realisierung der Heerestruppen- schule soll den Anforderungen an die Solda- ten des 21. Jahrhunderts durch eine Konzen- tration der Führung, Straffung der Ausbil- dung und Optimierung der Anforderungs- profile in dem Bereich der Waffen- und Fachausbildung Rechnung getragen werden. Während die Akademien des Österreichi- schen Bundesheeres die Basis der allgemei- nen Führungsausbildung schaffen, soll im Bereich der Heerestruppenschule das nötige praktische Können für die Kommandanten in den Waffengattungen vermittelt werden. Die Heerestruppenschule soll hinkünftig das Schulzentrum des Österreichischen Bun- desheeres für die qualifizierte und gefechts- technische Kaderaus- und -weiterbildung für den Bereich der Kampf- und Kampfunter- stützungswaffengattungen sein. Die Heerestruppenschule ist die Bil- Foto: B18-Architekten - Franz Bernhart, Christian Krakora dungseinrichtung für Führungskräfte der Bis 2012 werden mehr als 12 Millionen Euro in die Errichtung der neuen Heeres- truppenschule Bruckneudorf investiert werden. Waffengattungen Artillerie, Aufklärung, Jäger, Panzer und Panzergrenadier sowie Österreichischen Bundesheer bestens ausge- fen im Bereich der Ausbildung und stellt Pioniere, konzentriert sich auf die praktische bildete Kommandanten zur Erfüllung der folglich Synergien im Sinne einer waffen- Ausbildung von der gefechtstechnischen bis Einsatzaufgaben bereit. Sie ist maßgeblicher gattungsübergreifenden Zusammenarbeit zur taktischen Ebene und stellt damit dem Träger des Kampfes der verbundenen Waf- sicher.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 39 »Burgenland Journal« Grenzenlos mobil vernetzt Neuer GreMo-Seebus macht touristische Highlights ganzjährig erreichbar Foto: Bgld. Landesmedienservice v.l.: Bgm. Andreas Steiner (Podersdorf), Dietmar Keller (GF Neusiedler See Tourismus), Roman Michalek (Mobilitätszentrale Burgenland), Bgm. Josef Ziniel (Frauenkirchen), Alois Ometzberger (ÖBB Postbus), KR Heinz Stiastny (GF Postbus GmbH), Landeshauptmann Hans Niessl, KR Bert Jandl (VILA VITA Pannonia), Klaus Hofmann (GF St. Martins Therme & Lodge), Bgm. Helmut Huber (Wallern) und Walter Gisch (GF Podersdorf Tourismus) ahn – Bus – Fahrrad – Fähre – vernetzt linie für den öffentlichen Nah- und Regio- anderen öffentlichen Verkehrsmittel der Re- Bund aufeinander abgestimmt! So prä- nalverkehr. Dabei werden Kriterien festge- gion, gratis in Anspruch nehmen können. sentiert sich die Region Neusiedler See – legt, die über einen Weiterbetrieb nach Be- Dazu der Landeshauptmann abschließend: Seewinkel ab dem 2. Juli 2011 und zwar mit endigung der Testphase entscheiden. Im Zu- „Damit wird kostengünstig ein sehr komfor- dem neuen GreMo-Seebus 365 Tage im Jahr. ge der Projektentwicklung für den GreMo- tables Angebot einer bequemen und umwelt- „Die Welterberegion rund um den Neu- Seebus wurde deshalb besonders auf die freundlichen Mobilität geschaffen, denn siedler See und insbesondere der grenzüber- Vernetzung bestehender Angebote bzw. auf unser vordergründiges Ziel ist es, die wirt- schreitende Nationalpark ist vor allem für die Verknüpfung mit dem überregionalen schaftliche Dynamik und die touristischen Fahrradfahrer und Naturliebhaber eine be- Bahnverkehr geachtet. So wird es in Zukunft Bemühungen in dieser Region mit den In- liebte Ausflugs- und Urlaubsdestination. Das möglich sein, beispielsweise in weniger als teressen der Natur und des Umweltschutzes Projekt ‚GreMo – grenzenlos mobil am See‘ 90 Minuten vom Wiener Südbahnhof in die in Einklang zu bringen und durch Vernet- vernetzt sämtliche touristische Highlights St. Martins Therme zu kommen. zung den Mobilitätsbedürfnissen, aber auch der Region und macht sie für alle Besucher Neben einer Verlinkung der wichtigsten der besonderen ökologischen Bedeutung des ohne Pkw erreichbar“, so Landeshauptmann touristischen Angebote abseits der Bahn- Weltkulturerbes gerecht werden.“ Hans Niessl im Rahmen der Präsentation strecke der Neusiedler Seebahn wurden die Das Projekt „Grenzüberschreitende Mo- dieses innovativen Projektes im Feriendorf Haltestellen weitgehend im Bereich von bilität Burgenland – Westungarn“ („GreMo- Vila Vita Pannonia. „nextbike Verleihstellen“ situiert, wobei Pannonia“) ist ein Projekt der bgld. Landes- Der Probebetrieb im Rahmen des ETZ- über den Fährhafen in Illmitz aber auch das regierung mit der Raaberbahn AG, dem Projektes „GreMo-Pannonia“ läuft bis 30. No- Westufer des Sees an dieses neu geschaffene Verkehrsverbund Ostregion und der ÖBB vember 2012. Ziel ist es, den Bus bis dahin System angebunden werden soll. Der grenz- Postbus GmbH mit der ÖBB Personen- sowohl für Touristen, als auch für die einhei- überschreitende Charakter dieses im Rah- verkehr AG im Rahmen des EU-Programms mische Bevölkerung zu einem unverzichtba- men des ETZ Österreich-Ungarn Programms grenzüberschreitenden Kooperation Öster- ren Bestandteil der Mobilität in der Region umgesetzte Projekt kommt durch die An- reich-Ungarn 2007-2013 „creating the futu- Neusiedler See – Seewinkel zu etablieren. bindung des gesamten Raumes zwischen re“. Das EU geförderte ETZ-Programm Ausgehend vom Bahnhof Frauenkirchen Kapuvar und Sopron über den Bahnhof (Europäische Territoriale Zusammenarbeit) dreht der GreMo-Seebus vier Mal täglich Fertöszentmiklos zum Ausdruck. unterstützt grenzüberschreitende Koopera- seine Runde und bringt Touristen sowie Ein- Bei der Fahrpreisgestaltung für den tionsprojekte im Grenzraum Österreich-Un- heimische in die St. Martins Therme, zum GreMo-Seebus wurde auf die geltende Tarif- garn. Ziel des Programms ist es, die grenz- Zicksee, über Wallern zum Feriendorf VILA struktur des Verkehrsverbundes Ostregion überschreitenden wirtschaftlichen, sozialen, VITA Pannonia, nach Apetlon und Illmitz Rücksicht genommen. So kostet die Einzel- kulturellen und ökologischen Kontakte im bis nach Podersdorf zum Strandplatz und fahrt für Erwachsene 1,80 Euro, für Kinder Grenzraum Österreich-Ungarn zu intensivie- wieder zum Bahnhof Frauenkirchen. die Hälfte. Mit der Neusiedler See Touris- ren, um die regionale Wettbewerbsfähigkeit Der Probebetrieb für den GreMo-Seebus mus GmbH konnte eine Vereinbarung ge- zu stärken und die regionalen Disparitäten ist gleichzeitig ein Testlauf für die derzeit in troffen werden, daß Inhaber der Neusiedler zu vermindern. Ausarbeitung befindliche neue Förderricht- See Card das neue Angebot, ebenso wie alle http://www.b-mobil.info

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 40 »Burgenland Journal« Jubiläum als Motivation für die Zukunft ranz Liszt, Universalgenie aus Raiding, Fwar einer der progressivsten Musiker seiner Zeit, eine der zentralen Figuren des 19. Jahrhunderts, ein Erneuerer und Visionär. In den vergangenen Jahren hat sich das Liszt Festival Raiding als eine der international vielbeachtetsten und wichtigsten Spielstät- ten für die Musik von etabliert. Besonders im Jubiläumsjahr 2011 konnte eine Vielzahl an kulturellen Aktivitäten im Burgenland die Menschen für das Genie aus Raiding begeistern und ihnen sein Leben und Wirken näher bringen. 2012 sollen dem Publikum wieder in der Struktur des bewähr- ten 4-Jahreszeiten-Festivals viele neue, außergewöhnliche, spannende und interes- sante Aspekte des gigantischen Oeuvres Franz Liszts zu Gehör gebracht werden. Foto: Bgld. Landesmedienservice „Mit dem Bau des Konzerthauses in GF Josef Wiedenhofer, Kulturlandesrat Helmut Bieler, Intendant Johannes Kutro- watz, Herbert Czech und Waldquelle-GF, Intendant Eduard Kutrowatz (v.l.) Raiding, der Neugestaltung des Museums im Geburtshaus sowie einer Neuausrichtung des Unter dem Motto „Liszt & Schubert“ ste- bei denen gleich drei herausragende junge jährlichen Festivalprogramms haben wir in hen im Januar mit außergewöhnlichen Künst- Pianisten zu hören sind. Die „Pilgerjahre“ den vergangenen Jahren die Grundlagen für lern und zahlreichen Werken der Klavier-, als Motto der Konzerte im Oktober verspre- eine Intensivierung der Liszt-Pflege im Bur- Chor- und Kammermusik die Beziehungen chen mit dem berührenden „Brahms- genland geschaffen, die im Liszt-Jahr ‚Liszto- zwischen den beiden großen Komponisten Requiem“, allen drei Bänden der „Années de mania 2011‘ ihren Höhepunkt erreicht. Das im Mittelpunkt. Goethes titanenhafter pèlerinage“ sowie den Ungarischen Rhapso- Leben und Werk des großen Meisters wird „Faust“ ist Namensgeber für die Konzerte dien in der Orchesterfassung von Franz Liszt sowohl an seinem Geburtsort, als auch im im März, wobei alle drei Ebenen des ein Höchstmaß an Gesangskultur, romanti- ganzen Land dargestellt. Durch dieses be- Faustischen als wichtige Aspekte des Lebens scher Klavierkunst und orchestraler Klang- sondere Kulturjahr werden sowohl die künst- und der Werke Liszts dargestellt werden: das pracht. Abonnements für das Liszt Festival lerischen, als auch die kulturtouristischen Streben nach Größe und Unsterblichkeit, das Raiding 2012 sind ab sofort erhältlich. Bemühungen des Landes Burgenland fortge- ewig Weibliche, aber auch die latente Gefahr Der Einzelkartenverkauf wird im Sep- setzt. Mit erstklassigen Pianisten, außerge- des teuflisch Zerstörerischen. tember 2011 starten. Der burgenländische wöhnlichen Ensembles, Meistern der Stim- Im Juni wird die „Russische Seele“ aus Getränkeerzeuger „Waldquelle“ wird mit me und genialen Chören schließt das Liszt verschiedensten Perspektiven beleuchtet und vier Millionen Etiketten auf seinen Mine- Festival Raiding 2012 qualitativ nahtlos an stellen Franz Liszt in Bezug zu Tschai- ralwasserflaschen kräftig die Werbetrommel das Jubiläumsjahr an“, betonte Kulturlan- kowsky, Mussorgsky und Rachmaninoff; rühren. desrat Helmut Bieler. Novum sind dabei die „LISZT MaraTÖNE“, http://www.lisztomania.at

Songtexte gegen Gewalt eim international ausgeschriebenen BLiteraturwettbewerb „Goldenes Klee- blatt gegen Gewalt“ wurden heuer Song- und Liedertexte gegen Gewalt gesucht. Die TeilnehmerInnen waren diesmal eingeladen, das Thema Gewalt aufzuarbeiten. Im Lan- desmuseum überreichte Landesrätin Verena Dunst die diesjährigen Preise. Julia Jeraldine Heinemann, Michael Bohlmann und Gabi Eder wurden für ihre Werke ausgezeichnet. „Ich gratuliere den GewinnerInnen ganz herzlich und bedanke mich für das großarti- ge Engagement gegen Gewalt. Weiters be-

danke ich mich auch bei der Jury, die die Foto: Bgld. Landesmedienservice schwere Aufgabe hatte, die besten Werke aus Landesrätin Verena Dunst mit Julia Jeraldine Heinemann und Kinder- und Jugend- den vielen guten Beiträgen herauszufiltern!“ anwalt Christian Reumann (Forum Gewaltfreies Burgenland) bei der Preisverleihung

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 41 »Burgenland Journal« BEWAG baut weltgrößte Windkraftanlage Burgenland und die BEWAG Gruppe als Vorreiter bei der Nutzung der Windkraft.

erantwortungsvolle Energiepolitik muß Vauf die unerschöpflichen Quellen der Natur setzen“, meint Michael Gerbavsits, Vorstandssprecher der BEWAG Gruppe und erklärt: „Das Burgenland zeigt vor, welches Potential die Windkraft bietet, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Diesen Weg hat die BEWAG zusammen mit den Verant- wortlichen des Burgenlandes bereits vor Jahren eingeschlagen. Die BEWAG liefert ihren Kunden nachweislich 100 Prozent Ökostrom aus Österreich. Gerbavsits: „Mit unseren Ausbauplänen sind wir Partner des Landes bei der Umsetzung der ,Strategie 2013‘. Ziel ist es, so viel Strom aus erneuer- baren Energien zu erzeugen, wie im Land verbraucht wird. Das Burgenland wird so Öko-Nummer eins in Europa!“ Die erste Wind-Ausbaustufe zwischen 2003 und 2005 hat das Burgenland zu einem Ökoland gemacht. Im Burgenland drehen sich heute 206 Windenergieanlagen, 138 da- von mit einer Leistung von 242 MW gehö- ren der BEWAG Tochter Austrian Wind Power. Mit der Errichtung der beiden Anla- gen vom Typ Enercon E126 und weiteren 200 Megawatt Windkraftleistung in der

Pipeline baut die Austrian Wind Power ihre Foto: Burgenländische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft (BEWAG) Führungsposition aus.

High-Tech-Produkt E 126 tonvolumen beträgt 1400 m³ und der Beweh- Positive Ökostromnovelle Im Burgenland in Potzneusiedl werden rungsstahl wiegt 120 Tonnen. „Wir sind sehr entscheidend für die Zukunft zwei Enercon-Anlagen des Typs E 126 stolz darauf, Hersteller der größten Wind- „Die Windkraft könnte einen bedeuten- errichtet. Mit einer Leistung von je 7,5 MW kraftalagen der Welt zu sein und daß wir den zusätzlichen Beitrag für eine saubere stehen dann zwei der drei weltweit größten diese Anlagen gemeinsam mit der Austrian und sichere Stromversorgung in Österreich High-Tech-Anlagen im Burgenland und lie- Wind Power als Forschungsstation betrei- leisten. Es braucht eine klare Entscheidung fern pro Anlage Strom für mehr als 4.000 ben.“, so Ihme. der Politik für optimale Rahmenbedingun- Haushalte. „Den derzeitigen österreichi- Die Austrian Wind Power hat die Be- gen beim neuen Ökostromgesetz. In den schen Marktanteil von kanpp 50 Prozent hördenverfahren für weitere 200 Megawatt letzten Wochen wurde der Entwurf für ein wird Enercon in den nächsten Jahren noch Leistung abgeschlossen und die Turbinenlie- Ökostromgesetz 2012 bereits deutlich ver- weiter ausbauen“, erwartet Frank Ihme, ferungen vertraglich gesichert. In den näch- bessert“, erklärt Stefan Moidl, Geschäfts- Vertriebsleiter für Osteuropa und Österreich sten drei Jahren plant das Unternehmen führer der IG Windkraft, und führt weiter von Enercon. „Deswegen haben wir unser Investitionen in Windprojekte von rund 350 aus: „Es bedarf noch der Anpassung weni- Service Center im Burgenland angesiedelt, Mio. Euro. Rechnet man die Projekte ande- ger, aber entscheidender Details, dann ist das hier werden wir bis zu 200 nachhaltige, hoch rer Windstromerzeuger dazu, werden im neue Gesetz ein Erfolg.“ qualifizierte Jobs schaffen sowie gezielte Burgenland in den nächsten Jahren mehr als Endgültig könne dies jedoch erst nach Lehrlingsqualifizierungsmaßnahmen vor- 520 MW errichtet. Der Anlagentyp der näch- dem Beschluß im Nationalrat und nach er- nehmen.“ sten Ausbaugeneration wird eine 3 MW Ma- folgreicher Verhandlung mit der EU-Kom- Beeindruckend sind die technischen Da- schine mit einem Rotordurchmesser von 101 mission im Notifizierungsverfahren beurteilt ten. Alleine das Fundament der Anlage hat Metern sein, die Strom für 1.800 Haushalte werden. einen Durchmesser von 29 Metern, das Be- erzeugt. http://www.bewag.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 42 »Burgenland Journal« Die Geschichte des Burgenlandes Anläßlich des Jubiläums »90 Jahre Burgenland« im Jahr 2011 setzen wir mit Teil 5 unsere Serie fort mit Industrie und Gewerbe im 19. Jahrhundert, der einsetzenden Auswanderung und dem Beginn der Sommerfrische.

Von Michael Floiger, Karl Heinz Gober, Oswald Guber, Hugo Huber und Josef Naray*)

Industrie- und Gewerbestandorte ie Industriebetriebe des 19. Jahrhun- Dderts im westungarischen Raum waren Produktionsstätten, die an die Rohstoffe ge- bunden waren. Der Braunkohlebergbau war an die Kohle- vorkommen in Neufeld a. d. Leitha, in Rit- zing/Helenenschacht, in Mariasdorf/Tauchen, Unterkohlstätten, Schreibersdorf, Henndorf, Bubendorf-Kogl-Pilgersdorf, Karl, Necken- markt und Sieggraben gebunden. Den Antimonbergbau in Neustift und Schlaining gab es schon seit 1770, einen ge- regelten Abbau erst seit 1859. Erst im Jahre 1990 wurde der einst blühende Bergbau ein- gestellt. Heute finden einige „Kumpel“ Ar- beit im Kur- und Thermenhotel Bad Tatz- mannsdorf. Um Bernstein arbeitete bereits Mitte des 16. Jahrhunderts ein Schwefelkies- bergwerk, in Glashütten bei Schlaining wurde Schwefelkies- und Kupferbergbau betrieben. In den Jahren 1855/56 sollen in Bernstein 20 q Mineralfarben („q“ ist ein Erzgewicht; 20 q entsprechen etwa 11.320 Kilogramm, Anm.) erzeugt worden sein. In Redlschlag eröffnete man 1907 ein Kupfer- bergwerk. Um die Jahrhundertwende entdeckte der Rechnitzer Kaufmann Karl Marx in seinem Gemeindegebiet eine Asbestlagerstätte. 1902 begann man mit den Schürfungen. In der Stein- und keramischen Industrie waren die Ziegeleien in Walbersdorf (Jahres- produktion: 3,6 Mio Stück Ziegel), in Neu- feld, Wimpassing, Lutzmannsburg, Großpe- tersdorf, Kulm, St. Michael, Deutsch Mini- hof, Güssing, Jennersdorf, Neusiedl/See und Kittsee die wichtigsten. Der „Römersteinbruch St. Margarethen“ erreichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- hunderts durch die Ringstraßenbauten in Wien enormen Auschwung. Eine rege Bautätigkeit

*) Wir haben – mit freundlicher Genehmigung des Burgenländischen Landesarchivs, des Landesschul- rats für Burgenland und des Verlags Ed. Hölzel Ge- sellschaft m.b.H. Nfg KG, Wien, – Text und Bilder dieser Serie dem Lehrbuch für die Unterstufe „Ge- schichte des Burgenlandes“ entnommen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 43 »Burgenland Journal« setzte in Wien ein. Das Rathaus, der Justiz- markt, Großwarasdorf, Strebersdorf, Antau, sohn Conrad Patzenhofer und Ernst Bauer palast, das Natur- und Kunsthistorische Mu- Oslip, Markt Allhau, Stegersbach, Ruders- 1850 als „erste ungarische Zuckerfabrik“ seum, die Votivkirche, die Staatsoper und dorf und Urbersdorf. gegründet. Die Siegendorfer Zuckerfabrik viele Palais wurden aus St. Margarethener Die Zuckerfabrik in Hirm wurde von Peter wurde 1853 von Conrad Patzenhofer mit Kalksandstein erbaut. Sehr gefragt war der Daniel Rothermann gemeinsam mit seinem Josef Baechlé gegründet, nachdem 1852 ein Kalksandstein auch in Preßburg, Ödenburg, Schwager Ignaz Hartig, seinem Schwieger- Rübenliefervertrag mit dem Gutspächter in Raab und Steinamanger. Siegendorf geschlossen worden war. Im Jahre 1889 errichtete der Ödenburger Die Nutzung der Mineral- oder Sauer- Großhändler und Fabriksbesitzer Samuel quellen erfolgte neben den bekannten „Cur- Lennck am Leithagebirge bei Müllendorf eine Orten“ Sauerbrunn und Tatzmannsdorf auch Kalkbrennerei und eine Kreidefabrik. Die in Sulz bei Güssing, wo es auch seit dem Nachfrage nach Schlämmerkreide für die Beginn des 19. Jahrhunderts einen „Cur- Gummi- und Chemiefabriken in Wien und Betrieb“ mit mehrmaligem Besitzerwechsel war sehr groß. Müllendorf hatte gab. Bis zur Gegenwart liefert die „Vita- seit 1879 einen Bahnanschluß; daher kam es quelle“ das begehrte „Güssinger-Mineral- 1898 in der Nähe des Bahnhofes zur Er- wasser“. richtung der „Müllendorfer Schlämm-Kreide- Oberwart war das Zentrum der Eisen- Fabrik“. und Stahlwarenerzeugung: im Eisenham- Der Tonabbau in Stoob führte dort 1893 merwerk Karl und Julius Fuith wurden Bei- zum Aufbau einer „Tonfachschule“. Fürst le, Äxte, Hauen, Hacken und Bohrer erzeugt, Paul Esterházy ließ 1896 eine Tonwarenfa- bei Josef Dirnbeck wurden Gebrauchs- brik errichten, wo auch Sparherde und Ka- werkzeuge – Meisel, Zangen und Bohrer – chelöfen erzeugt wurden. hergestellt. Johann Fülöp jun. erzeugte Der Serpentin in Bernstein ist schon aus Taschenmesser und Dessertbestecke. der Jungsteinzeit bekannt. Seit 1860 ver- Pinkafeld entwickelte sich zum „Schlos- suchte Josef Höferaus diesem hell- bis dun- ser-Zentrum“: die Schlosser „schlossen“ sich kelgrünen Gestein Schmuck und Ziergegen- Ritzinger Helenenschlacht – zusammen und verkauften Fensterbeschläge stände herzustellen. Für die damaligen Kur- Braunkohletagebau und Eisengeräte in ganz Westungarn. gäste aus Tatzmannsdorf waren diese Pro- In Eisenstadt arbeitete sich Ignaz Nuss dukte begehrte Kaufobjekte. vom Kupferschmied zum Hersteller von Im Bereich des Hansags wurde Torf ab- Feuerlösch- und Wasserinstallationsgeräten gebaut. Erzherzog Albrecht gewann bei empor. Diese Betriebsgründung war für die Andau ab 1880 jährlich ca. 15.000 bis um 1890 gegründeten westungarischen 16.000 q Torf (=~ 8500 bis 9000 to). Feuerwehren von größter Bedeutung. Die chemische Industrie hatte ihre Zen- In St. Gotthard und in Jennersdorf ent- tren in Neudörfl, Neufeld, Pinkafeld, Zurn- standen Uhrenfabriken. 1895 errichtete die dorf, Bernstein und Eisenstadt. Schweizer Uhrenfirma Bellemont und Johann Knura erwarb um 1880 die be- Comp, in St. Gotthard (Szentgotthard) mit deutendste Zündwarenfabrik Ungarns in vier weiteren Schweizer Firmen eine Uhren- Neudörfl a. d. Leitha. In Zurndorf errichtete fabrik, die einzige in Ungarn. 1912-1914 1887 die Firma Schmückher u. Co. eine Me- bestand in Jennersdorf eine Außenstelle der ganit-(Dynamit)-Fabrik, die bis nach dem St. Gottharder Uhrenfabrik. Täglich wurden Ersten Weltkrieg bestand. Schon 1885 er- von 30 Mitarbeitern 144 „Roskopf-Uhren“ richtete Johann Medinger in Neufeld a. d. mit der Gravur „Exposition Jennersdorf“ er- Leitha eine Weinsteinsäurefabrik, die nach zeugt. einigen Erweiterungen zu einer der bedeu- In der Textilindustrie bedeutend waren tendsten chemischen Fabriken in der Dop- die Tuchmacher in Lockenhaus, Rechnitz Ringziegelofen in pelmonarchie wurde und heute als Lutzmannsburg und Pinkafeld. Die Kotzen- und Lodenfabrik „Waldheim-Chemie“ noch besteht. Ferdinand Lirsch – Theodor Martin war aus Im Jahre 1911 wurde in Kittsee eine der Tuchmachergenossenschaft (seit 1878) Asphalt- und Bitumenfabrik errichtet, die bis Pinkafeld hervorgegangen. zum Ersten Weltkrieg betrieben wurde. Der Kaufmann Alexander Putsch richtete In der Holzverarbeitung waren die Orte in Pinkafeld in einer aufgelassenen Papier- mit Dampfsägewerken in Lockenhaus, Lak- fabrik eine Kotzenfabrik ein. Sie war die kenbach, Oberwart, Stegersbach und Güs- größte Tuch- und Kotzenfabrik im Ödenbur- sing führend. ger Kammerbezirk und beschäftigte 1896 50 Große Getreidemühlen gab es in Frauen- Facharbeiter und 30 Taglöhner. In Güssing kirchen, Trausdorf, Wulkaprodersdorf, Mat- entstand 1904 eine Seidenfabrik, in Neudörfl tersdorf, Pöttelsdorf, Lackenbach, Necken- Römersteinbruch St. Margarethen 1906 eine Fabrik für Militär- und Uniform-

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lich Lohnarbeiter. Und der Bedarf an Ar- beitskräften stieg nach 1848 außerdem noch stark an, weil die Gutshöfe ihre Wirtschaften intensivierten. Erfolgte die Bewirtschaftung der herrschaftlichen Güter lange Zeit exten- siv (Schafzucht, Getreidebau), so begann sich durch eine stärkere Orientierung auf die

Sämaschine von Ochsen gezogen – nur Gutshöfe konnten sich teure Geräte leisten. Saisonarbeiter bei der Getreideernte werden vom Gutsverwalter kontrolliert. Absatzmärkte die intensive Bewirtschaftung bekleidung und 1909 die „Erste ungarische war für Johann Schwarz die Basis seines durchzusetzen. Es wurden zum Beispiel mechanische Putzbaumwollfabrik Brüder Unternehmens. 1905 errichtete die Firma neue Fruchtfolgen eingeführt, Weideland in Preis & Co“. Letztere wurde 1917 um eine Johann Schwarz und Sohn in Hornstein eine Ackerland umgewandelt, sowie Vieh- und Spinnerei, Zwirnerei und Färberei erweitert. Bandfabrik, die Herrenhutbänder erzeugte. Milchwirtschaft betrieben. Eine der größten Fabriken Westungarns war die Jutefabrik in Neufeld a. d. Leitha Auf der Suche nach Arbeit ... (1899 erbaut), die über 2000 Mitarbeiter be- Landwirtschaftliche Wanderarbeiter schäftigte. 1903 errichtete Johann Huber aus Seit dem 16. Jahrhundert waren die Böhmen in Wimpassing a. d. Leitha die Eigenwirtschaften der Grundherren ange- „Erste ungarische Seidenfabrik“. Wegen wachsen. Für deren Bewirtschaftung bedurf- finanzieller Schwierigkeiten wurde 1907 die te es einens großen Arbeitsaufwandes. Die Produktion eingestellt. 1911 übernahm sie die „Vereinigte Bandfabriken AG“, die sie zu einer Herrenhutschleifenweberei umbaute. Um den ungarischen Bedarf an wasser- dichten Stoffen, Plachen und Zelten zu dek- ken, übernahm 1904 die Wiener Firma Im Seewinkel führten Pferdebahnen zu den größeren Gutshöfen – im Bild in „M. J. Elsinger und Söhne“ in Neudörfl a. d. Frauenkirchen. Leitha die ehemalige Zünderfabrik und be- gann die Erzeugung von wasserdichten Web- stoffen. In der „Lendvaischen Posamentier-Fa- brik“ Neudörfl stand 1905 durch Sigmund Lendvay die Erzeugung von Militär- und Uniformartikeln im Vordergrund. Johann Dreschen am Gutshof – die Mechanisierung der Landwirtschaft Schwarz errichtete 1863 in einer aufgelasse- setzte zuerst au den Gutshöfen ein. nen Spinnerei in Unterwaltersdorf eine Bandfabrik, wo er Frauen aus dem Ort und Untertanen leisteten durch ihre Roboten die Ebenfalls in Frauenkirchen wurde die- aus dem nicht weit entfernten Hornstein (da- notwendigsten Arbeiten. Aber für bestimmte ses Ochsengespann aufgenommen. mals bei Westungarn) beschäftigte. Die Arbeiten zogen die Grundherren allmählich Frauen aus Hornstein waren Wochenpendler. Arbeiter heran, welche sie entlohnten. Die Es entstanden viele neue Gutshöfe. Ein Für sie schuf er im Werksgelände Unterkünf- Entlohnung bestand aus Geld und/oder enormer Zuzug von Landarbeitern war die te, wo sie von Montag bis Samstag wohnten. Naturalien. Folge. Um das Gebäude des Gutsverwalters Für die Mitarbeiter gründete er eine billige Nach der sogenannten Bauernbefreiung gruppierten sich bald kleine geschlossenen Betriebskrankenkasse und eine Lehrlings- im Jahre 1848 mußten nun die Bauern ihren Wohnsiedlungen der ständig beschäftigten schule, in der die Lehrlinge von ihren ehemaligen Grundherren keine Roboten Landarbeiter. Auf manchen Gutshöfen rich- Meistern im Bandweben unterrichtet wur- mehr leisten. Die Arbeit auf den Gutshöfen tete man für die Kinder sogar eine Schule den. Die gute Ausbildung seiner Mitarbeiter (Meierhöfen) verrichteten ab nun auschließ- ein! Auf einigen großen Gutshöfen lebten

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 45 »Burgenland Journal« ständig hunderte Leute. Unter diesen soge- nannten Hofleuten herrschte eine deutliche gesellschaftliche Abstufung: etwa vom Gazda („Schaffer“) über die Schweinemeister, Melker, Pferde- und Ochsenknechte hinunter bis zum niedrigsten Schweinehirten. Zu den Arbeitsspitzen, etwa zur Getrei- deernte, benötigten die Gutshöfe zusätzlich zu den Hofleuten noch Saisonarbeiter. Diese landwirtschaftlichen Wanderarbeiter kamen oft aus weit entfernten Gegenden. Auf den Gutshöfen des Neusiedler Bezirkes etwa wurden Arbeitspartien aus der Slowakei, aus Schlesien, aus Böhmen und Mähren sowie aus dem heutigen südlichen Burgenland an- geworben. Für gelegentlich anfallende Ar- beiten holte man auch Taglöhner aus den umliegenden Dörfern. Die Anwerbung von Wanderarbeiter- partien wurde mittels eines Vertrages fixiert. Verhandelt wurde zwischen Gutsverwalter und dem sogenannten Tennmeister, der die Arbeiter vertrat. Die Arbeiterpartien, welche der Tennmeister organisierte, standen unter seiner Führung und Befehlsgewalt. Am Gutshof, während der Arbeit, hatte der Tenn- meister die Anordnungen des Gutsverwalters zu befolgen. Die Saisonarbeit begann für manche Ar- beiterpartien des heutigen südlichen Burgen- landes schon Ende März Anfang April. Gan- ze Familien zogen oft mit ihren nicht mehr schulpflichtigen Kindern auf die Gutshöfe im Norden des Landes. Man ging aber auch

ins „Österreichische“ (Marchfeld, südliches Anteil westungarischer Wanderarbeiter war Wiener Becken). Die Rüben- und Maisarbeit besonders hoch in den Fabriken Pottendorf, zählte zu den ersten Arbeiten, dann folgte Schönau, Sollenau, Weigesldorf, Neunkir- der Getreideschnitt. Nach der Beendigung chen, Ebenfurt und Wiener Neustadt. Die der Getreideernte kehrten die Wanderarbei- meisten dieser Fabriken waren Textilfabri- ter gelegentlich für kurze Zeit in ihre Dörfer ken. zurück. Zur Kartoffel- und Rübenernte ka- Die Spinnfabrik in Ebenfurth zum Bei- men sie dann wieder auf die Gutshöfe. Nur spiel beschäftigte an die zwei Drittel (300 den Winter verbrachten die Landarbeiter zu Arbeiter) aus westungarischen Dörfern: aus Hause. Klein- und Schulkinder wurden nor- Neufeld, Hornstein, Steinbrunn, Müllendorf malerweise nicht zur Saisonarbeit mitgenom- und Großhöflein. In der Industrie von Neun- men. Diese wurden in Abwesenheit ihrer kirchen waren Kroaten aus Baumgarten und Eltern von Verwandten betreut. So manches Wulkaprodersdorf beschäftigt. In der Spinn- Kind sah monatelang seine Eltern nicht. fabrik von Wiener Neustadt fanden Arbeiter aus Neudörfl, Pöttsching und Siegleß Be- Industrielle Wanderarbeiter John Thornton – 1771 in Manchester schäftigung. In die Spinnfabrik in Pottendorf geboren – war aufgrund seiner techni- Besonders viele Arbeiter aus den westun- pendelten viele Arbeiter aus Hornstein und schen Kenntnisse imstande, einen bis garischen Grenzorten fanden Beschäftigung Wimpassing. dahin in Österreich noch nicht bekann- in den Fabriken des südlichen Wiener Bek- In Pottendorf, unweit der Leithagrenze, ten Industriezweig einzurichten: eine Baumwollspinnerei auf Maschinen eng- kens. Zahlreiche Familien mit ihren Kindern entstand einer der größten Textilbetriebe Eu- lischer Art. wohnten und arbeiteten in der Fabrik. Der ropas. Zwei Bankdirektoren hatten sich näm-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 46 »Burgenland Journal« lich entschlossen, eine Baumwollspinnerei Ueber Arbeitszeit und Obliegenheiten der mit Maschinen englischer Art zu errichten. Mit John Thornton aus Yorkshire fanden sie in der Fabrik in Arbeit stehenden Personen den geeigneten Mann für ihr Vorhaben. Auszug aus der Fabriksordnung der Pottendorfer Baumwollspinnerei aus dem Jahre 1860 Dieser war in Hamburg beschäftigt gewesen und brachte die technischen Kenntnisse des § 9: Die Dauer der Arbeitszeit ist in der angewiesenen Arbeitsplatz oder irgend englischen Maschienenbaus mit. Angeblich Regel auf 13 Stunden täglich, mit Ausnah- eine ihm aufgetragene Arbeit zurückzu- hatte Thornton in einem Holzfaß den Kanal me der Sonn- und gebotenen Feiertage, mit weisen, widrigenfalls er mit dem Verlust überquert und die Pläne der neuen Spinnma- Unterbrechung einer Stunde, von 12 bis 1 von einem Viertel bis einem halben schinen verbotenerweise aus England ge- Uhr für das Mittagsmahl, festgesetzt. Bei Taglohn zu bestrafen ist. schmuggelt. Arbeitern zwischen 14 und 16 Jahren ist die § 14: Auch die Beendigung der Arbeits- Deshalb sei er auch als Verräter von der Arbeitsdauer täglich 12 Stunden, bei Kin- zeit wird durch ein Zeichen der Fabriks- englischen Regierung in Abwesenheit zum dern unter 14 Jahren täglich 10 Stunden. glocke kundgegeben, wonach sich sämtli- Tode verurteilt worden. England hatte zu § 10: Sollten unvorgesehene Unfälle che Arbeiter aus der Fabrik zu begeben dieser Zeit bei Todesstrafe die Ausfuhr von erfordern, daß zur Erhaltung des nötigen haben, mit Ausnahme der bestellten Wäch- Maschinen, Maschinenteilen oder Konstruk- Ineinandergreifens der Production der Be- ter und der allenfalls zur Herstellung einer tionsplänen verboten. Da sich die Geldmittel darf eines oder des anderen Fabrikszwei- dringenden Reparatur beorderten Profes- der Bank für den von Thornton geplanten ges während einiger Zeit mittelst Vor- oder sionisten. – Ehe die Arbeiter die Fabrik Fabriksbaus als zu knapp erwiesen, gründete Nacharbeiten zu decken wäre, so ist jeder verlassen, sind sie jedoch gehalten, ihre be- man eine finanzkräftige Gesellschaft. Dieser Meister, Arbeiter und Professionist unwei- treffende Arbeit oder Maschinen in Ord- Finanzgruppe gehörte auch Fürst Niko- gerlich verpflichtet, gegen das von der Di- nung zu bringen und zu reinigen, widri- laus II. Esterházy an. Dieser erlaubte Thorn- rection zu bestimmende Entgelt, die anbe- genfalls dieselben ein Fünftel Taglohn ver- ton die Aufstellung der ersten Spinnmaschi- fohlene Arbeit zu leisten, so wie auch im lieren sollten. ne im Schloß Pottendorf. Die ersten Spinn- Falle eines allgemeinen Bedrängnisses, § 15: Der Ein- und Ausgang ist sämt- maschinen wurden noch von Menschenhand nämlich bei Wasser- und Feuersgefahr, Je- lichen Fabriksarbeitern nur an dem Haupt- angetrieben. Nach Fertigstellung der Fa- dermann verbunden ist, sich zu allen, sei- eingange, der Portierwohnung vorüber, ge- briksgebäude (1804) wurden sie mit Wasser- nen Kräften entsprechenden Arbeiten und stattet, und wird jede Benutzung eines kraft betrieben. zu jeder Stunde verwenden zu lassen, da der anderen Ein- und Ausganges mit Verlust Nach einigen Jahren kam es zu einem volle und ungestörte Betrieb der Fabrik im von einem Viertel oder halben Taglohn be- spürbaren Mangel an Arbeitskräften. Dafür eigenen Interesse jedes dabei Bediensteten legt. gab es zwei Ursachen: einerseits erweiterte liegt. Arbeiter unter 16 Jahren werden zur § 23: Den Spinnern wird eine men- Thornton ständig den Fabriksbetrieb, ande- Arbeit nach 9 Uhr abends und vor 5 Uhr schenfreundliche Behandlung ihrer bei rerseits mußte die Rohbaumwolle händisch morgens nicht verwendet. den Maschinen beschäftigten Kindern zur geklopft und geputzt werden. Deswegen § 11: Kindern, welche die Fabriksschu- strengsten Pflicht gemacht. Für jede über- wurden u. a. in Hornstein und Steinbrunn le besuchen, ist gestattet, während der Dauer triebene Züchtigung und verletzende Be- zwei Putzhäuser für je 150 Arbeiterinnen des Unterrichtes, mit Genehmigung der handlung der Kinder wird der Schuldige gebaut. Den Arbeitskräftemangel versuchte Herren Localdirectoren, die Arbeit zu ver- mit einer Geldbuße oder selbst mit Ent- man auch bald durch Kinderarbeit zu behe- lassen. lassung aus der Fabrik bestraft und nach ben. Und tatsächlich stieg die Zahl der Kin- § 12: Die Fabriksglocke gibt eine Umständen sogar den Behörden zur Amts- der in der Fabrik ständig an. Diese waren Viertel-Stunde vor dem Beginn der Arbeit handlung übergeben werden. beim Wollauflegen, Fadenknüpfen und Woll- das erste Zeichen; zwischen diesem und § 28: Das Tabakrauchen innerhalb der zupfen beschäftigt. Zur Aufnahme ortsfrem- dem zweiten Zeichen haben sich die Arbei- Fabriksumfassung ist ebenso strenge wie der Kinder aus weit entfernten Dörfern baute ter auf ihren Arbeitsplätzen einzufinden, das Mitsichnehmen von Tabakspfeifen, man ein eigenes Haus. da bei dem zweiten Glockenzeichen die Ar- Zigarren, Reib- oder Zündhölzern und Im 19. Jahrhundert war Kinderarbeit in beit beginnt. Derjenige, welcher eine Viertel- überhaupt jedes zündenden Stoffes verbo- den Fabriken üblich. Ein besonders hohes stunde nach dem zweiten Glockenzeichen, ten, und wird jede Betretene, ebenso wie Ausmaß erreichte die Kinderarbeit aber in nach welchem der Portier das Tor zu schlies- jene welche im Unterstand rauchend ge- der Textilindustrie. Im Gewinnstreben der sen und nur auf Anmelden der Arbeiter zu troffen werden, sogleich entlassen. Unternehmer war die Ausbeutung von Kin- öffnen hat – in der Fabrik erscheint, ist mit § 29: Trinkgelage in den Räumen der dern stets einkalkuliert. einem Fünftel Taglohn, die noch später Er- Fabrik sind strenge untersagt und werden Die Fabriksherren forderten von den scheinenden aber sind, nach Beschaffen- auf gemachte Anzeige der Meister, wozu Beschäftigten Pünktlichkeit, Ordnung, Fleiß, heit der Umstände, mit einem Viertel bis soclhe verpflichtet sind, also auch die all- Ausdauer und Gehorsam. Alle zu beachten- einem halben Taglohn zu bestrafen. sogleiche Entlassung der Betreffenden und den und zu befolgenden Vorschriften wurden § 13: Während der Arbeitszeit sind ge- der Zuträger nach sich ziehen. in einer Fabriksordnung zusammengefäßt. genseitige Besuche in den Fabriks-Loca- Die Fabriksordnung der Pottendorfer Baum- litäten untersagt, auch ist es Niemanden Die Direction der k.k. priv. Potten- wollspinnerei aus dem Jahre 1860 soll bei- gestattet, ohne Erlaubniß seines Vorstandes dorfer Baumwoll-Spinnerei und Weberei. spielhaft einen Einblick in die industrielle sich aus der Fabrik zu entfernen, den ihm Wien, am 1. Juni 1860 Arbeitswelt geben (siehe Kasten).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 47 »Burgenland Journal«

Empfang und verläßt wenig später mit seiner Frau Theresia und den minderjährigen Kin- dern Elisabeth, Theresia, Maria und Michael seine Heimat. Zwischen 1870 und 1890 begann die Amerikawanderung allmählich größere Aus- maße anzunehmen. Der Auswanderungs- strom erfaßte zuerst das nördliche, dann das mittlere und zuletzt das südliche Burgen- land. Um 1890 begann die Amerikawanderung schlagartig anzusteigen und entwickelte sich bis zum Ersten Weltkrieg zu einer Massen- auswanderung. Ein richtiges Auswanderungs- fieber erfaßte die Dörfer. War die frühe Auswanderung eine Siedlungswanderung, so kann nunmehr diese Auswanderungswelle als Industriewanderung bezeichnet werden. Einwanderer aus dem heutigen Burgenland ließen sich nun als Industriearbeiter in Chicago, Pennsylvania und auch in New York nieder. Neben den wirtschaftlichen und sozialen K.K. Priv. Pottendorfer Baumwollspinnerei und Zwirnerei Ursachen der Massenauswanderung ist auch ... nach Amerika men auswandern, wo er im Hafen einen Brief die Tätigkeit der deutschen Schiffahrtsge- In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts seines Bruders mit Geld erhalten wird. Josef sellschaften erwähnenswert. Sie betrieben boten landwirtschaftliche Saisonarbeit und Haider ist 40 Jahre alt, Familienvater von geschickte Propaganda. Ihr Agentennetz er- industrielle Wanderarbeit nur einem kleinen vier unversorgten Kindern und von Beruf faßte fast jedes Dorf und für viele gaben die Teil der Bevölkerung des heutigen Burgen- Zimmermann. Er hat ein geschätztes Vermö- Agenten den letzten Anstoß zur Auswande- landes eine Lebensgrundlage. Deshalb ver- gen von 6000 Gulden und keinerlei Schul- rung. ließen Menschen ihre Dörfer, um der drük- den, was ihm von seiner Gemeinde bestätigt Bis 1914 wanderten rund 30.000 Bur- kenden Armut zu entfliehen. Sie wanderten wird. – Die Behörden reagierten rasch. genländer nach Übersee aus. Allerdings war aus; die meisten in die Vereinigten Staaten Schon am 12. Juni 1855 unterzeichnet er in auch die Zahl der Rückwanderer beträcht- von Amerika (das „Österreich Journal“ hat Ödenburg die notwendigen Dokumente – lich. Rund 5000 kamen wieder in ihre Hei- darüber ausführlich berichtet. Lesen Sie da- auch die Verzichtserklärung auf das Staats- mat zurück. Viele wollten einige Jahre in zu mehr in der Ausgabe 86 auf den Seiten 32 bürgerrecht. Er nimmt den begehrten Paß in Amerika Geld verdienen, um dann ihr Er- bis 40 http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_086.htm). Die ersten Überseewanderer verließen einzeln oder in kleinen Gruppen ihre Hei- mat. Sie zogen weit in den amerikanischen Kontinent hinein, bis nach Kansas, Nebraska oder Dakota. Hier bauten sie sich – oft nahe an der damaligen Grenze zum Indianerland – ihre Farmen auf. Ein besonders interessantes Beispiel für die frühe Amerikawanderung ist Josef Hai- der aus Walbersdorf: Er zieht zu seinem 53jährigen Bruder, der Witwer und kinderlos ist. Dieser Bruder muß allerdings schon mehr als ein Jahrzehnt in Amerika gewesen sein. Er besitzt nämlich zwei Häuser, 160 Joch Ackerland und 80 Joch Wald. Josef Haider soll all dies erben. Deshalb sucht er beim Stuhlrichteramt in Mattersdorf um Er- laubnis zur Auswanderung an. Aus seinem Ansuchen ist folgendes zu entnehmen: Er, Josef Haider, besitzt in Walbersdorf ein Söll- nerhaus. Dieses verkauft er, um u. a. die Rei- Überbevölkerung führte zu Bodenknappheit – viele verloren im Dorf ihre Lebens- sekosten abzudecken. Er möchte über Bre- grundlage. Dieses Foto entstand 1921 in Pamhagen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 48 »Burgenland Journal«

als vorzüglich. Die im Wasser löslichen Eisen- und organischen Stoffe konnten mit den Analysen des Franzensbader Moores in Böh- men verglichen werden. Daher wurde Tatz- mannsdorf/Tarcsafürdö als „Ungarisches Franzensbad“ bezeichnet. 1903 verpachtete Graf Gabor das Heilbad an die Herzspezialisten aus Steinamanger, Julius Glück und Bartá Kornél. Graf Gabor verkaufte das Bad 1919; mit ihm starb die Tatzmannsdorfer Linie der Grafen Batthyány aus, die seit 1752 Grundherren von Tatz- mannsdorf gewesen waren. Die Karlsquelle, das Hotel Batthyány, die Franzquelle und die Brunnenskulptur „Die Helfende“ erinnern noch an dieses Grafengeschlecht.

Serie Ansichtskarte von Sauerbrunn, entstanden um 1899 Teil 1: Von den Jägern und Bauern der Steinzeit bis zum Niedergang des Römischen Reiches spartes in der heimischen Landwirtschaft war ständig abwesend, er weilte als Bot- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_092.htm oder in einem Gewerbe zu investieren. schaftssekretär in London. Die Anlagen ver- Teil 2: Vom beginnenden Frühmittelalter bis zu Für viele Auswanderer wurde Ellis Island pachtete er an seinen Wirtschaftsbeamten. Andreas Baumkircher, dem Herrn von Schlaining. zur „Insel der Tränen“, denn im Hafen von Graf Franz Batthyány (1804-1869), der http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_093.htm New York angekommen zu sein, bedeutete seit 1863 im Besitz von Tatzmannsdorf und Teil 3: Von der Periode der Türken- und Kuruzzenkriege (1529-1711) bis zur Gegenreformation im 17. Jhdt noch lange nicht, das gelobte Ziel erreicht zu Jormannsdorf war, erneuerte die Anstalt. http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_094.htm haben. Die amerikanischen Einwanderungs- Im Jahre 1889 wurde die Moorbehand- Teil 4: Vom Leben im 18. Jahrhundert bis behörden hatten auf einer kleinen Insel vor lung eingeführt. Zunächst wurde das Mate- zum anbrechenden Industriezeitalter New York einen festungsartigen Bau errich- rial in der Umgebung von Wiesfleck gewon- http://www.oesterreichjournal.at/Ausgaben/index_096.htm tet. Hier mußten die Einwanderer die ver- nen. Aber erst durch die Entdeckung des schiedensten Fragen beantworten und sich Moorfeldes zwischen Unterschützen und Bildnachweis einer strengen medizinischen Untersuchung Oberwart mit hochwertigem Badetorf war die Leopold Banny, Lackenbach; Burgenländisches Landesarchiv, Eisenstadt; Burgenländisches Lan- stellen. Nicht wenige wurden abgewiesen Entwicklung von Tatzmannsdorf/Tarcsafür- desmuseum, Eisenstadt; Michael Floiger, Loipers- und hatten die bittere Rückreise anzutreten! dö zu einem bedeutenden Moorbad gegeben. bach; GRU-Mediathek Lutzmannsburg, Foto- Das „Eisenmoor vom weltberühmten archiv Atelier am Berg, Mattersburg; Hugo Die Sommerfrische Frauen- und Herzbad Tarcsa“ galt in Ärzte- Huber, Weiden am See, Fotostudio Muik, Güs- Bad Tatzmannsdorf wird zum kreisen wie bei Fachgelehrten des Auslandes sing; Gerhard Mollay, Neusiedl am See. »Ungarischen Franzensbad« Unter Graf Casimir Batthyány (1807- 1854) erfolgte der Aufstieg Tatzmannsdors zum „Curort und Modebad“. Der frühere Quellensumpf wurde trockengelegt und ein schöner Kurgarten errichtet. Der Kurort Tatzmannsdorf / Tarcsafürdö zeigte sich am Beginn des 19. Jahrhunderts mit Hauptbrunnen, Gästehaus und Früh- stücksterrasse. Das Kurpublikum kam aus dem gesamten Habsburgerreich. Neben Trinkkuren entwickelten sich bald die Bäderkuren. Im Jahre 1856/57 wurden im neuerrichteten Kurhaus jährlich 5000 bis 5500 Bäder verabreicht und 140.000 Fla- schen Mineralwasser „verführt“. Die sogenannten Brunnenärzte veröffent- lichten im 19. Jahrhundert „Verhaltensregeln bei dem Trink- und Badegebrauch des Tatzmannsdorfer Mineralwassers“. Foto: Darinko / GNU Free Documentation License Der Badebetrieb ging in der Mitte des 19. Ein Blick in den Kurpark von Bad Tatzmannsdorf, das schon zu Beginn des 19. Jahr- Jahrhunderts zurück. Graf Gustav Batthyány hunderts als beliebtes Reiseziel für Kurgäste aus dem gesamten Kaiserreichs war.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 49 Aus Südtirol Weg der Autonomie weitergehen Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer hat bei seinem ersten offiziellen Südtirol-Besuch Landeshauptmann Durnwalder zu einem Arbeitsessen getroffen.

ei einem Arbeitsessen im Brixner B„Finsterwirt“, das auf ausdrücklichen Wunsch des österreichischen Bundespräsi- denten zustande kam, informierte Heinz Fischer Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder über die Gespräche, die er in den vergangenen Tagen mit dem italieni- schen Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano in Warschau und in Rom geführt hatte. „Öster- reich schenkt dem Thema Südtirol nach wie vor große Aufmerksamkeit“, so Fischer. Durnwalder erklärte Fischer die aktuellen Entwicklungen der vergangenen Monate: „Bei unserem Gespräch ist es um die dop- pelte Staatsbürgerschaft gegangen, die Re- ferenden auf gesamtstaatlicher Ebene und jene zur Selbstbestimmung in einigen Süd- tiroler Orten. Außerdem habe ich den Bun- despräsidenten auch über die faschistischen Relikte in unserem Land und die Bemühun- Foto: Präsidentschaftskanzlei/Tatic Landeshauptmann Luis Durnwalder (l.) mit Bundespräsident Heinz Fischer. gen um deren Entschärfung auf dem lau- fenden gehalten.“ dem Landeshauptmann in dieser Frage zu, Land von Wien „nach wie vor große Auf- Was die doppelte Staatsbürgerschaft wenn er sagt, daß man mit Geschichte sehr merksamkeit“ gewidmet werde. angehe, sagte Fischer, daß Österreich die sorgsam umgehen muß. Dies gilt besonders Durnwalder betonte vor den Journalisten, Frage ernst nehme: „Das Thema wird einge- auch für dieses Thema“, so Fischer. Im Zu- Österreich habe die Schutzfunktion über Süd- hend behandelt und das Außenministerium sammenhang mit der Feuernacht sagte der tirol. Die SVP setze weiter auf die Auto- nimmt derzeit eine detaillierte Prüfung vor. Bundespräsident außerdem, daß es in Sa- nomie. Solange sie eingehalten werde, gebe Zunächst gilt es die rechtlichen Aspekte ab- chen Begnadigung der politischen Häftlinge es keinen Grund, den Vertrag zu kündigen zuklären, dann erst können politische Schrit- keine Neuigkeiten gebe und deshalb über und einen anderen Weg zu gehen. Auch die te gemacht werden. Jede Aussage von politi- dieses Thema heute auch nicht gesprochen „Überlegungen“ von hochrangigen Wirt- scher Seite wäre also zum heutigen Zeit- worden sei. schaftsvertretern, zurück zu Österreich oder punkt verfrüht.“ Schließlich ging es in Brixen auch um die zu einem Freistaatmodell zu gehen, wolle er Der Chef der Landesregierung legte dem Vorbereitung des nächsten Treffens, das nicht überbewerten. Bundespräsidenten auch seinen Standpunkt schon für Ende Juni in Wien auf dem Pro- Ende Juni will die Südtirol-Delegation zu den Volksbefragungen zur Selbstbestim- gramm steht. unter Führung von SVP-Obmann, LR Ri- mung, die in einigen Südtiroler Orten statt- Es sei sein Wunsch gewesen, Durnwalder chard Theiner und Durnwalder, die aktuellen finden, dar: „Ich habe Fischer erklärt, daß zu treffen, sagte Fischer, der vom österrei- Fragen in der Bundeshauptstadt thematisie- Unterschriftensammlungen zur Ausübung chischen Gemeindetag in Kitzbühel kam und ren. Unter anderem steht ein Treffen mit des Selbstbestimmungsrechts im Gange sind. am Abend im Burgenland zur Geburtstags- Vizekanzler und Außenminister Michael Wir stehen aber nach wie vor zur Autonomie feier von Landeshauptmann Hans Nissl er- Spindelegger am Programm. und wollen diesen Weg weitergehen.“ Auch wartet wurde. Südtirol solle spüren, daß dem http://www.provinz.bz.it Fischer unterstrich: „Für mich ist Autonomie der griechische Begriff für Selbstbestim- Antrittsbesuch von Landtagspräsident Minniti mung. Wir stehen voll und ganz zur Auto- nomie und sind vertragstreu. Österreich will itte Mai hat hat Mauro Minniti nach Landesregierung“, so der Landeshauptmann eine lebendige Autonomie und will, daß die Meiner umkämpften Wahl das Präsiden- nach dem Treffen. „Unter anderem haben Südtiroler sich im Rahmen der Autonomie tenamt im Südtiroler Landtag übernommen. wir über die im Landtag zur Behandlung auf- bestmöglich entwickeln können.“ Am 14. Juni stattete er Landeshauptmann liegenden Gesetzentwürfe der Landesregie- Zum aktuellen Thema Feuernacht erklär- Luis Durnwalder einen ersten offiziellen Be- rung gesprochen und über die Voraussetzun- te Bundespräsident Fischer, daß er kein Ur- such ab. gen für eine möglichst effiziente Zusammen- teil über dieses geschichtliche Ereignis in „Schwerpunkt unseres Gesprächs war die arbeit zwischen den beiden Gewalten“, so wenigen Worten fällen könne. „Ich stimme Zusammenarbeit zwischen Landtag und der Landeshauptmann.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 50 Europa Polen übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft Mit 1. Juli begann die Präsidentschaft Polens im Rat der Europäischen Union. Polen folgt auf Ungarn, das ein halbes Jahr lang die Präsidentschaft innehatte. © European Union, 2011 Hochrangiges Treffen in Warschau, dem Sitz der Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2011: links im Bild EU-Kommissions- präsident José Manuel Barroso, rechts Polens Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzender Donald Tusk. ie polnische Präsidentschaft beginnt zu Der polnische Ministerpräsident Donald gierungschef. „Es ist von größter Bedeutung, Deiner Zeit, in der die EU vor vielen Tusk empfing am 1. Juli den Präsidenten des daß wir während der Präsidentschaft den schwerwiegenden wirtschaftlichen sowie Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, Stellenwert Polens, als ein in EU-internen gesellschaftlichen Herausforderungen steht. den Präsidenten der Europäischen Kommis- Debatten angesehenes Land mit einem ho- Das Arbeitsprogramm und der Arbeitsplan sion, José Manuel Barrososo, sowie den un- hen Verantwortungsgefühl für die EU-Aus- der polnischen Präsidentschaft sind eine Ant- garischen Premierminister Viktor Orbán, von senpolitik, aufrechterhalten und weiter aus- wort auf diese Herausforderungen. Schon dem er die EU-Präsidentschaft symbolisch bauen“, so Tusk. Diesen Status eines verant- jetzt kann Polen auf die Unterstützung seiner übernahm, in Warschau. wortungsbewußten Landes werde Polen Ziele durch viele europäische Länder und Dem Beginn der polnischen Präsident- ebenso im Bereich der Abwicklung seiner Gemeinschaftseinrichtungen rechnen. Die schaft verliehen die Feierlichkeiten im Gros- eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Umfragen zeigen, daß die Präsidentschaft sen Theater, der Nationaloper, mit einer Neu- Angelegenheiten aufrechterhalten und aus- auch von der polnischen Bevölkerung unter- aufführung der Oper „König Roger“ von bauen. stützt wird – die so europabegeistert wie Karol Szymanowski Glanz. Polen habe sich den Ruf eines Landes kaum eine andere in der EU ist. erarbeitet, das zu einem Antriebsmotor der In den kommenden sechs Monaten soll Polnischer Regierungschef EU avancieren kann. ´“Polen gilt heute als eine Integration des EU-Binnenmarktes an- zum EU-Ratsvorsitz einer der leider wenigen Vorreiter in der EU, gestrebt werden mit dem Ziel, das Wirt- Der polnische Ministerpräsident Donald die sich bemühen, in vielen Angelegenheiten schaftswachstum zu beschleunigen. Die Be- Tusk stellte im Sejm Informationen zu den eine gesamteuropäische Sicht zur Geltung mühungen gelten auch einer erneuten Er- Prioritäten des polnischen EU-Ratsvorsitzes kommen zu lassen“, stellte der Minister- weiterung der Union und einer engeren Zu- vor. Er betonte, daß die Regierung während präsident fest. Polen habe sich seit dem Be- sammenarbeit mit den Nachbarn, was für eine der Präsidentschaft den Stellenwert Polens ginn der Krise vehement dem aufkeimenden größere Stabilität dieser Region der Welt als verantwortungsvolles und geschätztes Etatismus und Nationalismus widersetzt, wie sowohl im Süden als auch im Osten sorgen Land nicht nur aufrechterhalten, sondern in Aktivitäten und Erklärungen mancher EU- wird. Ein weiteres Ziel liegt in der Stärkung noch ausbauen will. Politiker und Mitgliedsstaaten sichtbar wer- der Energie-, Ernährungs- und militärischen „Von der Präsidentschaft wird die Fähig- de. Sicherheit Europas. Mit der polnischen Prä- keit zur Mitwirkung an der politischen Füh- Während der polnischen EU-Ratspräsi- sidentschaft beginnt auch eine äußerst wich- rung erwartet, die nicht darin besteht, Rou- dentschaft sei es wichtig, mit guten politi- tige Diskussion über den neuen EU-Haushalt tineentscheidungen zu treffen, sondern der schen Initiativen aufzuwarten. „Wir haben für die Jahre 2014-2020. EU als Ganzes zu dienen“, betonte der Re- ein großes Interesse daran, daß die polnische

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 51 Europa

Stellen des Parlaments und der Kommission sowie mit anderen EU-Organen zusammen. Natalia Szczucka wird die regionale Vertretung in Breslau leiten. Sie hat an der Universität Warschau einen Master-Ab- schluß erworben und war Exekutivassisten- tin des Stellvertretenden Hohen Vertreters der EU in Bosnien und Herzegowina. Seit 2004 war sie beim EU-Büro von Amnesty International in Brüssel tätig, zuletzt dort als Direktorin für Organisationsentwicklung in Europa.

Breslau ist die Hauptstadt Niederschlesiens und die viertgrößte Stadt Polens mit über 630.000 Einwohnern, von denen fast ein Fünftel Stu- denten sind. Aufgrund seiner multikulturel- © European Union, 2011 len Geschichte wird Breslau häufig „die EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso (l.) und Polens Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzender Donald Tusk. Stadt der Tagungen” genannt. Während des polnischen Ratvorsitzes wird Breslau eine Präsidentschaft sich im Gedächtnis der Eu- eine oder mehrere regionale Vertretungen wichtige Rolle spielen. ropäer z.B. durch den Abschluß einiger seit auf ihrem Hoheitsgebiet verfügen. Die Kommission unterhält Vertretungen langem laufender Prozesse verankert“, er- „Die Einrichtung des neuen Regional- in den Hauptstädten aller EU-Mitglieds- läuterte Tusk. „Es ist nicht ausgeschlossen, büros symbolisiert den Willen Polens, sich staaten. In Ländern mit mehr als 25 Millio- daß die Verhandlungen mit Kroatien wäh- zunehmend aktiv am europäischen Integra- nen Einwohnern (Deutschland, Frankreich, rend unserer Präsidentschaft zum Abschluß tionsprozeß zu beteiligen. Jetzt, wo das Eu- Italien, Spanien, Vereintes Königreich – nun gebracht werden, was bedeuten würde, daß ropäische Parlament und die Europäische auch Polen) wird die Vertretung in der Haupt- der Beitrittsvertrag mit diesem Land wäh- Kommission ins „Europa-Haus“ eingezogen stadt von einer oder mehreren regionalen rend der polnischen Präsidentschaft unter- sind, freue ich mich auf eine noch engere Vertretungen unterstützt. Diese befinden zeichnet wird“. Auch der Abschluß der Ver- Zusammenarbeit zwischen den EU-Organen sich in Barcelona, Belfast, Bonn, Cardiff, handlungen mit der Ukraine über das Asso- und den Millionen Bürgern im Südwesten Edinburgh, Marseille, Mailand, München ziierungsabkommen und die erweiterte Han- Polens. Ich bin sicher, daß dieses Büro für und nun auch in Breslau. delszone liege weiterhin im Rahmen der die Bürger der Region die erste Anlaufstelle Es ist bewährte Praxis, die Büros der Ko- Möglichkeiten. „Dies wäre das erste bedeu- in EU-Fragen sein wird,” sagte Buzek. mmission und des Parlaments im selben Ge- tende i-Tüpfelchen im Prozeß der Annähe- „Wir müssen die EU näher an die Men- bäude unterzubringen, wie dies auch beim rung der Ukraine an Europa“, so Tusk. schen heranbringen,” sagte EU-Justizkom- „Europa-Haus“ der Fall ist. „Ich bin der Auffassung, daß auch dieje- missarin Viviane Reding. „Das neue Büro ist Gerne hätten wir Ihnen, liebe LeserInnen, nigen, die sich in eiserner Opposition zu ein perfektes Beispiel dafür, was die EU unter auch die Stellungnahmen von EU-Kommis- meiner Regierung befinden, sich in diesen Bürgernähe versteht, und wie sie die Men- sionspräsidenten Jose Manuel Barroso und wenigen Monaten bemühen sollten, unser schen in Polen erreichen will. Außerdem hätte dem Ständigen EU-Ratspräsident Herman Heimatland zu schonen und ihm unkluge und der Moment nicht besser gewählt sein kön- Van Rompuy anläßlich deren Teilnahme an aggressive, auf das Wesen des polnischen nen. Ich bin sicher, daß das Büro dazu bei- den Feierlichkeiten in Warschau vermittelt. Nationalinteresses zielende verbale Attacken tragen wird, Polens EU-Ratvorsitz erfolg- Doch, leider und wie meist sonst auch, ste- zu ersparen“, betonte der Ministerpräsident. reich zu gestalten. Ich möchte der polnischen hen die entsprechenden Pressemeldungen Regierung und den Kommunalbehörden für von Kommission und Rat nur in englischer Eu-Parlament und EU-Kommission ihre Unterstützung bei der Einrichtung des Sprache zur Verfügung. Eine kompetente eröffnen Büros in Breslau „Europa-Hauses“ in Breslau danken.“ Übersetzung ist uns aus Kostengründen Jerzy Buzek, Präsident des Europäischen Die Vertretungen der Kommission und nicht möglich, weshalb wir darauf verzich- Parlaments, und Viviane Reding, Vizepräsi- die Informationsbüros des Europäischen ten müssen. Da nicht einmal Initiativen meh- dentin der Europäischen Kommission, haben Parlaments bieten dem Bürger wie das rerer deutscher Bundesländer dazu geführt am ersten Tag des polnischen EU-Ratsvor- Europe-Direct-Netz einen direkten Kontakt. hatten, die offiziellen Sprachen der EU- sitzes das „Europa- Haus“, das regionale Darüber hinaus versorgen sie die EU-Organe Institutionen von Englisch und Französisch Vertretungsbüro der Europäischen Union, mit Informationen aus erster Hand über poli- auch auf Deutsch zu erweitern (immerhin eröffnet. Dem Büro kommt eine zentrale tische, wirtschaftliche und gesellschaftliche sprechen rund 90 Millionen Menschen in der Rolle beim Aufbau der Kontakte zu den Entwicklungen in den Mitgliedsstaaten. Die EU Deutsch, rund 60 Millionen Franzö- Kommunalbehörden, Journalisten und Bür- Bediensteten des neuen Büros, das in der Nä- sisch), wird es mit der so oft zitierten „Hol- gern im Südwesten Polens zu. Polen gehört he des Marktplatzes und des Rathauses an- schuld“ für EU-Infomationen wohl auch nun zu den EU-Mitgliedsstaaten, die über gesiedelt ist, arbeiten eng mit den zentralen künftig nicht leichter für uns werden. MM

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 52 Europa Digitale Agenda Die Europäische Kommission hat einen Fortschrittsanzeiger veröffentlicht, der die Leistung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten bei der Verwirklichung der vereinbarten Ziele der Digitalen Agenda für Europa ein Jahr nach Bestehen verdeutlicht.

n Übereinstimmung mit ihrer Strategie für drigenergiebeleuchtung; führung und Verbreitung sehr schneller Ieinen offenen Umgang mit Daten hat die gemischte Fortschritte bei der Verfügbar- Breitbandnetze ist derzeit aber noch auf Europäische Kommission ihre Datensätze keit und Verbreitung von Breitbandan- wenige Gebiete (vor allem städtische Bal- und Statistiken im Fortschrittsanzeiger onli- schlüssen; lungszentren) beschränkt. Die Kommission ne öffentlich zugänglich gemacht, damit je- unzureichende Fortschritte in bezug auf arbeitet gemeinsam mit den Mitglieds- dermann die Daten selbst auswerten und grenzüberschreitenden elektronischen staaten an der Umsetzung der Breitband- seine eigenen Schlußfolgerungen daraus zie- Handel, Internet-Präsenz kleiner und strategie, damit jedem Europäer bis 2013 hen kann. mittlerer Unternehmen (KMU), Roaming- ein grundlegender und bis 2020 ein schnel- Insgesamt sind im ersten Jahr der Digi- preise und öffentliche Forschungsinvesti- ler oder ultraschneller Breitbandanschluß talen Agenda gute Fortschritte zu verzeich- tionen. zur Verfügung gestellt werden kann. nen, und zwar insbesondere bei der Inter- Die Auswirkungen des Fortschrittsanzeigers netnutzung (65 % der EU-Bevölkerung). In wurden am 16. und 17. Juni in Brüssel auf Unzureichende Fortschritte: einigen Bereichen sind die Fortschritte aller- der „Digital Agenda Assembly“ erörtert. Grenzübergreifender elektronischer Han- dings enttäuschend. Dies gilt vor allem für del: nur ein geringer Zuwachs von 8,1 % die Einführung superschneller Breitband- Hier belegt der Fortschrittsanzeiger auf 8,8 % im Jahr 2010. Ziel der Digi- netze, die zu den Hauptzielen der Digitalen gute Fortschritte: talen Agenda ist, daß 20 % der Bürger Agenda gehört, wenngleich auch hier gewis- Regelmäßige Internetnutzung: Schneller 2015 grenzüberschreitend online einkau- se Fortschritte beim Ausbau bestehender Anstieg auf 65 % der EU-Bevölkerung fen. In einer anstehenden Mitteilung zur Fernseh- und Kupferkabelnetze erzielt wur- (Ziel: 75 % bis 2015). Auch benachteilig- eCommerce-Richtlinie wird sich die Kom- den. te Gruppen wie Personen mit geringerer mission mit diesem und anderen Hinder- Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda Bildung oder ältere Menschen nutzen das nissen befassen, die der Entwicklung des zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Internet nun häufiger, ihr Anteil stieg von digitalen Binnenmarkts entgegenstehen. erklärte dazu: „Ein Jahr nach dem Start der 42 % auf 48 %. Dadurch rückt das für Internet-Präsenz kleiner und mittlerer Digitalen Agenda sehe ich gewisse Fort- 2015 geplante Ziel von 60 % in greifbare Unternehmen (KMU): 26 % der KMU schritte. Aber Mitgliedsstaaten, Wirtschaft, Nähe. Der Anteil der Nichtnutzer ist von kaufen online ein, Tendenz steigend, aber Zivilgesellschaft und Kommission müssen 30 % auf 26 % der Bevölkerung gefallen. nur 13 % der KMU verkaufen auch onli- mehr tun, wenn wir das Potential der Agenda Online-Einkauf: 40 % der EU-Bürger kau- ne (Zuwachs um 2 Prozentpunkte 2010). für die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit, fen nun auch online ein (57 % aller Inter- Roamingpreise: Sie sind 2010 um 1,5 Cent für die Innovationssteigerung und die Schaf- netnutzer). In 8 EU-Ländern kauft mehr gefallen, betragen aber immer noch das fung von Wohlstand und Beschäftigung in als die Hälfte der Bevölkerung online ein. Dreifache der Inlandspreise. Die Digitale Europa bestmöglich nutzen wollen. Daher Elektronische Behördendienste (eGovern- Agenda zielt darauf ab, die Preisdifferenz rufe ich alle Beteiligten auf, an den großen ment): 41 % der Bürger nehmen elektro- zwischen Inlands- und Roaminganrufen langfristigen Nutzen zu denken, den jetzt ein nische Behördendienste in Anspruch, die innerhalb der EU bis 2015 an Null anzu- entschiedenes Vorgehen vor allem beim Hälfte davon durch Rücksenden ausge- nähern. Breitbandausbau verspricht.“ füllter Online-Formulare. Mit Hilfe des Öffentliche Investitionen in die IKT-For- In der Digitalen Agenda hat sich die EU eGovernment-Aktionsplans soll bis 2015 schung und -Entwicklung: die Ausgaben verpflichtet, 101 konkrete Aktionen durch- erreicht werden, daß 50 % der Bürger und öffentlicher Stellen kamen nicht über die zuführen (78 für die Kommission, davon 31 80 % der Unternehmen elektronische Be- 5,7 Mrd. € des Vorjahres hinaus. Um das Rechtssetzungsvorschläge, und 23 für die hördendienste nutzen. Ziel einer Verdopplung auf 11 Mrd. Euro Mitgliedsstaaten), die allesamt die Investi- Förderung der Niedrigenergiebeleuchtung: bis 2020 zu erreichen, ist jedoch ein jähr- tionstätigkeit und den Einsatz digitaler Tech- Der Marktanteil von Festkörperlichtquel- licher Anstieg um 6 % erforderlich. nik steigern sollen. Insgesamt sind 11 Aktio- len ist von 1,7 % (2009) auf 6,2 % (2010) nen bereits abgeschlossen, 6 der für 2010 gestiegen, ein guter Schritt zur Senkung Wo steht die Kommission geplanten Aktionen sind verspätet, die übri- des Energieverbrauchs für Beleuchtungs- bei der Zielerfüllung? gen laufen weitgehend nach Plan. zwecke um 20 % bis 2020. Insgesamt sind bei der Verwirklichung der 101 Aktionen der Digitalen Agenda gute Stand bei den 13 wichtigsten Gemischte Fortschritte: Fortschritte gemacht worden. Fast 10 % der Leistungszielen Verfügbarkeit und Verbreitung von Breit- Aktionen sind abgeschlossen, 80 % laufen gute Fortschritte in bezug auf regelmäßi- bandanschlüssen: Grundlegende Breit- planmäßig und die übrigen 10 % sind ver- ge Internetnutzung, Online-Einkauf, bandanschlüsse sind auch in abgelegenen spätet. elektronische Behördendienste und Nie- Gebieten zunehmend verfügbar. Die Ein- http://www.europarl.europa.eu/de/

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 53 Wirtschaft Arbeitsmarkt widerstand der Krise überraschend gut Spitzenposition für Deutschland, Österreich und die Niederlande - Ergebnis einer Tagung der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute bei der OECD

ie Beschäftigungssituation entwickelte teil. Das österreichische Wirtschaftsfor- Wirtschaftsleistung. Besonders auffallend ist Dsich in der Wirtschaftskrise 2008/09 in- schungsinstitut WIFO präsentierte auf der die gute Entwicklung in Deutschland, da ternational sehr unterschiedlich, teilweise Konferenz eine Analyse der nach Ländern hier der Produktionsrückgang überdurch- parallel zur Tiefe der Krise, aber auch mit unterschiedlichen Reaktion des Arbeitsmark- schnittlich war; auch in den Niederlanden deutlichem Einfluß der Ausgangssituation tes in der Krise. Ein dafür neu entwickelter und in Österreich reagierte der Arbeitsmarkt und der Wirtschaftspolitik in der Krise. Ge- Indikator der Arbeitsmarktentwicklung er- schwächer, als der Produktionsrückgang nerell reagierte der Arbeitsmarkt in der Krise faßt Trends von Beschäftigung und Arbeits- erwarten hätte lassen. weniger heftig als aufgrund des Rückganges losigkeit sowie der Erwerbsquote. Die Ana- Die schärfste Arbeitsmarktreaktion zeigt der Wirtschaftsleistung zu befürchten war. lyse umfaßt 29 Industrieländer einschließ- der Indikator für Irland, Island, Spanien,

Die Reaktion des Arbeitsmarktes in der Krise und der Erholungsphase Arbeitslosenquote BIP 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2007/ 2010/ 2009 2010 2011 2012 Ø 2011 2012 2011/1 In % Veränderung in Jährliche Veränderung in % Prozentpunkten Deutschland 8,7 7,5 7,8 7,1 6,4 6,0 – 1,6 – 1,1 – 4,7 + 3,6 + 2,6 + 1,9 + 2,3 Österreich 4,4 3,8 4,8 4,4 4,3 4,2 + 0,0 – 0,2 – 3,9 + 2,0 + 2,4 + 2,0 + 2,2 Niederlande 3,6 3,1 3,7 4,5 4,2 4,0 + 0,9 – 0,5 – 3,9 + 1,8 + 1,9 + 1,7 + 1,8

Top 3 5,6 4,8 5,4 5,3 5,0 4,7 –0,2 –0,6 –4,2 + 2,5 + 2,3 + 1,9 + 2,1

USA 4,6 5,8 9,3 9,6 8,6 8,1 + 5,0 – 1,5 – 2,7 + 2,9 + 2,6 + 2,7 + 2,6 Portugal 8,1 7,7 9,6 11,0 12,3 13,0 + 2,9 + 2,0 – 2,5 + 1,3 – 2,2 – 1,8 – 2,0 Spanien 8,3 11,3 18,0 0,1 20,6 20,2 + 11,8 + 0,1 – 3,7 – 0,1 + 0,8 + 1,5 + 1,1

Low 3 7,0 8,3 12,3 13,6 13,8 13,8 + 6,6 + 0,2 – 3,0 + 1,3 + 0,4 + 0,8 + 0,6 Q: Eurostat (AMECO, Mai 2011).

Die Beschäftigung steigt in den meisten Län- lich Mexikos und der Türkei für die Krisen- Portugal und für die USA (diese liegen in dern, die Arbeitslosenquote geht zurück, jahre 2008/2010. bezug auf die Dynamik des Arbeitsmarktes liegt jedoch mit Ausnahme von Deutschland Nach diesem Indikator gehört Österreich an 26. Stelle unter 29 Ländern, obwohl der über dem Vorkrisenniveau. Die Arbeitslosig- gemeinsam mit Polen, Deutschland, der Rückgang der Wirtschaftsleistung unter- keit der jüngeren Bevölkerungsgruppe steigt Schweiz und den Niederlanden zu den Top- durchschnittlich war). Während die Entwick- überdurchschnittlich, die der älteren unter- 5-Ländern (und zwar auf Rang 4). Die Ar- lung in Irland und Island mit dem Krisen- durchschnittlich. beitslosenquote stieg 2009 um nur 1 Prozent- verlauf übereinstimmt, war der Einbruch der Das jährliche Treffen der Wirtschaftsfor- punkt auf 4,8% und geht seit 2010 wieder Wirtschaftsleistung in Spanien und Portugal schungsinstitute in Paris beschäftigte sich zurück. Die Beschäftigung übertrifft bereits im Krisenjahr selbst relativ gering, aller- mit der Reaktion des Arbeitsmarktes in der wieder das Vorkrisenniveau, ebenso die dings stockt die Erholung wegen der not- Wirtschaftskrise und der Entwicklung in der Erwerbsquote. Die gute Position Polens und wendigen Konsolidierung der öffentlichen derzeitigen Erholungsphase. Neben den eu- der Schweiz ist nicht überraschend: Polen Haushalte. ropäischen Spitzeninstituten nahmen Ver- verzeichnete als einziges EU-Land auch in In den USA fiel die Arbeitsmarktreaktion treter aus den USA, aus Brasilien, Mexiko, der Wirtschaftskrise einen Anstieg, die wesentlich heftiger aus als jene der Wirt- Neuseeland, Australien, Japan und Kanada Schweiz einen nur geringen Rückgang der schaftsleistung:

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 54 Wirtschaft

Die Arbeitslosenquote beträgt auch 2011 Erholung von Beschäftigung und Produktion wa ein einfacheres und leistungsgerechteres nach der jüngsten WIFO-Prognose noch 9%, zurückbleibt. Dies könnte darauf zurückge- Steuersystem, umsetzen.“ nachdem sie vor der Krise unter 5% gelegen hen, daß die Abfederung der Arbeitsmarkt- war. Die Beschäftigung wächst in den USA in reaktion durch die Wirtschaftspolitik die Un- Wieder mehr Vollzeitjobs der Erholungsphase viel schwächer als in frü- sicherheit von Unternehmen und privaten zum Jahresstart 2011 heren Erholungsphasen. Stärker als die Haushalten verringerte, sodaß diese rascher Während sich die Arbeitslosigkeit zum Wirtschaftsleistung reagierte der Arbeits- auf Erholungssignale reagieren. Jahresstart 2011 nur mehr wenig verbessert markt auf die Krise auch in Australien und hat, gibt es zum ersten Mal wieder einen Korea. Rudas: Eindeutiger Beleg für Öster- deutlichen Aufbau bei den Vollzeitjobs, be- Die Unterschiede der Arbeitsmarktreak- reichs erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik richtete die Statistik am 16. Juni. Im tion werden in hohem Maß durch die Be- „Die von der Regierung geschnürten Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres dingungen vor dem Eintritt der Rezession Arbeitsmarkt- und Konjunkturpakete haben ist die Zahl der Erwerbstätigen erneut um erklärt. In Ländern mit besserer Außenhan- ihre Aufgabe erfüllt und Wirkung gezeigt. 48.700 gestiegen. Sie hat damit zum dritten delsposition vor der Krise fiel die Reaktion Die Wifo-Zahlen sind der eindeutige Beleg Mal seit Beginn der Wirtschaftskrise (im des Arbeitsmarktes milder aus, in Ländern dafür“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Jahresabstand) zugelegt. Auch die Zahl der mit überdurchschnittlichem Kreditwachstum Laura Rudas. Explizit erwähnt werden von offenen Stellen ist um 25.000 gestiegen. ungünstiger. Budgetsaldo oder Höhe der den Autoren auch die positiven Auswirkun- Aktuell gibt es laut Mikrozensus in Ös- Staatsschuld liefern keinen Erklärungsbei- gen von speziell zur Krisenbekämpfung ge- terreich 4,072 Millionen Erwerbstätige und trag, ebenso nicht die Landesgröße, das Pro- setzten Maßnahmen, wie zum Beispiel staat- 194.200 Arbeitslose (Quartalsschnitt). Die Kopf-Einkommen oder der Industrieanteil lich gestützter Kurzarbeit oder verstärkte größten Beschäftigungszuwächse gab es laut am BIP. Von den länderspezifischen Charak- Investitionen in Aus- und Weiterbildung. Statistik Austria im Jahresabstand in der teristika des Arbeitsmarktes hatten einerseits „Mit der Reform der Kurzarbeit und zusätz- Güterproduktion, abgebaut haben dagegen Regulierungen, andererseits auch Elemente lichen Mitteln für Qualifikation wurde rasch der Tourismus und das Gesundheits- und der Flexibilität wie Teilzeitbeschäftigung, und richtig auf die Auswirkungen der Krise Sozialwesen. Ausgaben für Training und Weiterbildung reagiert“, so Rudas. Zum ersten Mal seit langem hat es zu positiven Einfluß auf die Entwicklung. Österreich sei ein Beispiel für die Lö- Jahresbeginn 2011 wieder ein deutlich stär- Besonders wichtig war auch die Dynamik sungskompetenz sozialdemokratischer Ar- keres Wachstum von Vollzeitstellen des Arbeitsmarktes vor der Krise: In jenen beitsmarktpolitik, so Rudas. „Die Politik hat (+34.900) als von Teilzeitstellen (+13.800) Ländern, in denen die Arbeitslosigkeit 2007 die richtigen Rahmenbedingungen geschaf- gegeben. Knapp 30.000 davon waren ange- gesunken war, wurde versucht, verstärkt fen. Im Schulterschluß mit den Arbeitneh- stellt. Somit verteilte sich das Beschäf- Beschäftigung zu halten, vermutlich weil die mern und den Unternehmen konnten so die tigungsplus im Bereich der unselbstständig Unternehmen den dauerhaften Verlust von Herausforderungen der Krise erfolgreich be- Erwerbstätigen diesmal im Verhältnis 2:1 qualifizierten Arbeitskräften vermeiden wältigt werden“. auf Vollzeit- und Teilzeitarbeit. wollten. Diese gute Zusammenarbeit mit den Im letzten Quartal 2010 hatte es dagegen Der Vergleich der Arbeitsmarktentwick- Sozialpartnern sei ein Beleg dafür, „daß es „bei den Unselbstständigen im Jahresver- lung relativ zur Wirtschaftsdynamik deutet gerade in schwierigen Zeiten wichtig ist, gleich noch kaum Zuwächse bei Vollzeitjobs auf den Erfolg von angepaßten Doppelstra- gemeinsam im Interesse Österreichs zu ar- gegeben, die Quartale davor wurden Voll- tegien hin. Stark negative Reaktionen des beiten“, sagte Rudas. zeitstellen abgebaut“, schreiben die Statisti- Arbeitsmarktes auf die Wirtschaftskrise blie- ker. Die Entwicklung bei den Vollzeitstellen ben aus, wenn einerseits eine angemessene Haubner: Arbeitsmarktdaten belegen ist u.a. für die Finanzierung der Sozialver- Regulierung der Märkte vorlag und anderer- erfolgreichen Regierungskurs sicherung von besonderer Bedeutung. seits in der Krise eine maßgeschneiderte An- „Die aktuellen Arbeitsmarktdaten des Für das Arbeitsmarktservice (AMS) passungsstrategie die unmittelbare Krisen- WIFO untermauern erneut den erfolgreichen kommt diese Entwicklung nicht überra- wirkung abfederte. Beispiele dafür waren z. Kurs der Bundesregierung. So war die Be- schend: „Wegen der starken Konjunktur ist B. Kurzarbeitsregelungen und Arbeitszeit- schäftigungsquote 2009 nur leicht rückläufig die Kapazitätsauslastung der Betriebe gestie- konten, oft auf betrieblicher Ebene verhan- und steigt seit 2010 wieder an – somit ist gen, das macht sich bei den Vollzeitstellen delt, aber mit staatlicher Unterstützung kom- Österreich wieder auf das Vorkrisenniveau bemerkbar“, sagte AMS-Experte Marius Wilk biniert. zurückgekehrt. Die österreichischen Unter- zur APA. Der Aufschwung habe Branchen Die Befürchtung, daß die Abfederung der nehmer sind bestens aufgestellt, um die her- im Produktionssektor erfaßt, in denen es Arbeitsmarktreaktion auf die Wirtschafts- vorragenden Chancen, die sich ihnen nun mehr Volzeitjobs als anderswo gebe. „Aller- krise („Arbeitskräftehortung“) den Wieder- bieten, zu nützen“, erklärte ÖVP- Wirt- dings haben wir den massiven Einbruch in anstieg der Beschäftigung verlangsamen schaftssprecher Peter Haubner. „Wir dürfen der Krise 2009 noch nicht aufgeholt.“ würde, erwies sich nicht als zutreffend: In uns von diesen Zahlen aber nicht täuschen Vor der Krise, im 1. Quartal 2008, hatte den Ländern mit der relativ zur Produktion lassen, sondern müssen weiter alle Anstren- es noch 2,655 Millionen Vollzeitstellen besten Arbeitsmarktentwicklung nahm die gungen unternehmen, um uns wichtige gegeben. Bis zum Tiefpunkt zu Beginn 2010 Beschäftigung 2011 stärker zu und die Handlungsspielräume zu erwirtschaften, um (2,593 Millionen) seien hier rund 60.000 Arbeitslosigkeit deutlicher ab, während die eine Entlastung der Leistungsträger zu Jobs verloren worden. Im ersten Quartal Erholung in den Ländern mit der stärksten ermöglichen. Erst wenn wir diese erweitert 2011 wurden wieder 2,612 Millionen Full- Reaktion des Arbeitsmarktes auch in der haben, können wir wichtige Projekte, wie et- time-Jobs verzeichnet.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 55 Wirtschaft Österreich hält Wachstumskurs… … doch Zenit bereits überschritten – Hochstimmung in Industrie läßt nach, Zuversicht der Konsumenten relativ stabil – Risiken drücken 2012 auf Dynamik – BIP-Prognose sinkt auf 1,8 Prozent

ie österreichische Wirtschaft hat die „Nach dem kräftigen Anstieg des BIP zu Erstes Halbjahr 2011 um Dschwungvollste Phase der Erholung Jahresbeginn 2011 wird das Wirtschafts- 1,8 Prozent mehr Beschäftigte endgültig hinter sich gelassen. Nach dem wachstum im zweiten Quartal mit 0,5 Pro- Die Konjunkturerholung ist am Arbeits- starken Jahresbeginn 2011 hat sich die zent zum Vorquartal nur noch halb so stark markt angekommen. Im ersten Halbjahr Wachstumsdynamik mittlerweile spürbar sein“, so Bruckbauer weiter. Die Exporte, 2011 wird es durchschnittlich fast 60.000 verlangsamt. „Der Bank Austria Konjunk- die zu Jahresbeginn noch für fast zwei Drit- Beschäftigte mehr als im Vergleichszeitraum turindikator ist im Mai auf 2,9 Punkte gesun- tel der Wachstumsdynamik sorgten, haben des Vorjahres geben. Das entspricht einem ken. Der im Vormonat begonnene Abwärts- seit März an Schwung eingebüßt. Der Plus von 1,8 Prozent. „Das hohe Tempo trend setzt sich fort. Die heimische Wirt- Aufwärtstrend der Binnennachfrage verläuft beim Jobaufbau in den ersten sechs Monaten schaft hat den Konjunkturhöhepunkt im dagegen weiterhin stabil. des Jahres 2011 kann konjunkturbedingt in Frühling erreicht, über den Sommer ist ein Die verbesserten Arbeitsmarktdaten und der zweiten Jahreshälfte nicht ganz gehalten deutlich geringeres Wirtschaftswachstum zu die robuste Umsatzentwicklung im Einzel- werden. Für das Gesamtjahr 2011 ist mit erwarten“, sagt Bank Austria Chefökonom handel zeigen eine Fortsetzung des soliden durchschnittlich über 3,4 Millionen Beschäf- Stefan Bruckbauer. Wachstums des privaten Konsums an. Auch tigten dennoch ein neuer Rekordstand in „Der nochmalige Rückgang des Bank die Investitionen, die sich seit Mitte 2010 im Sicht“, so Bank Austria Ökonom Walter Austria Konjunkturindikators und die somit Aufwind befinden, stützen weiter das Pudschedl. Auch die Anzahl der Arbeits- etwas gedämpfteren wirtschaftlichen Aus- Wachstum, da aufgrund der bereits über das losen geht im laufenden Aufschwung konti- sichten sind vor allem auf die mittlerweile Vorkrisenniveau gestiegenen Kapazitätsaus- nuierlich zurück, woran erwartungsgemäß weniger günstigen internationalen Rahmen- bedingungen zurückzuführen“, so Bruck- BankAustriaKonjunkturindikatorÖsterreich bauer. Das mit den österreichischen Han- delsanteilen gewichtete europäische Industrie- vertrauen sinkt bereits den zweiten Monat in Folge relativ deutlich. In beinahe allen Ländern Europas hat die Zuversicht über die weitere Geschäftsentwicklung abgenom- men, nur Skandinavien hält dagegen. Zwar ist in den wichtigsten Absatzmärkten der österreichischen Industrie, insbesondere Deutschland, die Stimmung weiterhin sehr gut, die vor kurzem noch herrschende Eu- phorie hat sich aber gelegt. Die gestiegene Vorsicht in den Hauptmärkten hat sich nun auch auf Österreichs Industrie übertragen. Die Stimmung im heimischen exportorien- tierten Produktionssektor verzeichnete im Mai den stärksten Einbruch seit Winter 2009. Die nachlassende Dynamik im Neu- geschäft und schwächer steigende Auftrags- Quelle: StatistikAustria,Wifo, BankAustriaEconomics&Market AnalysisAustria, eigeneBerechnungen bestände drücken auf die Laune im Sektor. Allerdings ist der für das Industrievertrauen lastung in der heimischen Industrie ein In- auch die endgültige Öffnung des Arbeits- ausgewiesene Wert immer noch so hoch wie vestitionsnachholbedarf besteht. „Die Bin- markts für Personen aus den osteuropäischen im vorigen Herbst, als die österreichische nennachfrage ist nicht stark genug, um das Beitrittsländern des Jahres 2004 nichts geän- Industrie auf einem soliden Wachstumskurs exportgetriebene Erholungstempo vom Jah- dert hat. In den ersten sechs Monaten sank unterwegs war. „Während die Hochstim- resbeginn halten zu können. Trotz der auch die Anzahl der Arbeitslosen um geschätzte mung in der österreichischen Industrie lang- in der zweiten Jahreshälfte ruhigeren Kon- 4,5 Prozent. Während die Beschäftigung das sam zurückgeht, sind die Konsumenten noch junkturentwicklung wird das Wirtschafts- Vorkrisenniveau jetzt bereits wieder über- recht zuversichtlich und weiterhin deutlich wachstum 2011 erheblich kräftiger ausfallen steigt, kann der während des Konjunkturein- optimistischer als in den meisten anderen als im Vorjahr. Wir erwarten weiterhin einen bruchs erfolgte Anstieg der Arbeitslosigkeit europäischen Ländern“, analysiert Bruck- BIP-Anstieg von 3,1 Prozent“, sagt Bruck- im Laufe des Jahres 2011 noch nicht kom- bauer die aktuelle Situation. bauer. pensiert werden. Die Arbeitslosenquote wird

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 56 Wirtschaft im Jahresdurchschnitt 2011 zwar nach Ein- schätzung der Ökonomen der Bank Austria 4,1 Mrd. Euro für von 6,9 Prozent im Vorjahr auf 6,6 Prozent sinken, damit jedoch noch klar über den 5,9 Prozent des Jahres 2008 zu liegen kommen. den Sommerurlaub Mehr als die Hälfte der Österreicher fährt auf Ausgewogeneres Wachstum in Sicht „Wir sind optimistisch, daß sich der Auf- Urlaub und rechnet mit Reisekosten um 1000 Euro schwung in Österreich als nachhaltig erwei- sen wird. Schließlich gewinnt die Erholung ehr als die Hälfte der Österreicher scheid – 28% nehmen kleine, 48% allerdings gerade an Breite und damit an Stabilität. Die M(55%) plant heuer einen Sommerur- große Unterschiede an. Dennoch läuft jeder Binnennachfrage trägt stärker zum Wachs- laub und will dafür in Summe rund 4,1 Mil- siebente Österreicher Gefahr in die Spesen- tum der heimischen Wirtschaft bei. Der Trend liarden Euro ausgeben. Das geht aus einer falle zu tappen – 15% wissen davon nämlich zu mehr Ausgewogenheit setzt sich fort und repräsentativen Umfrage des Marktfor- nichts. „Urlauber sollten sich bereits vor damit werden auch die Wachstumsunter- schungsinstituts Integral im Auftrag der Reiseantritt über die Zahlungsmodalitäten schiede zwischen den einzelnen Bundeslän- Erste Bank hervor. Durchschnittlich geben und Spesen im Urlaubsland erkundigen, um dern im Jahr 2011 geringer als im Vorjahr Frau und Herr Österreicher 1.062 Euro für im nachhinein keine bösen Überraschungen ausfallen“, so Pudschedl. Die starken In- den Urlaub aus. Hauptreiseziel ist Österreich auf der Abrechung zu erleben“, rät Bar- dustriebundesländer sind aufgrund der kräf- (21 %), gefolgt von Italien (16 %), Kroatien talszky. tigen Exportunterstützung zu Jahresbeginn (11 %) und der Türkei (9 %). Auch beim Geldwechsel vor Urlaubsan- auch 2011 etwas im Vorteil, mit den besten Vorzugsweise bezahlen die Österreicher tritt können Kunden sparen. Die Erste Bank Aussichten für strukturell breiter aufgestellte im Urlaub mit Bargeld in Euro (60%) bzw. Oesterreich verrechnet bei Kauf über das Länder, wie Oberösterreich und Vorarlberg. in der jeweiligen Landeswährung (39 %). Kundenkonto nur 1,5 Prozent statt der übli- Der Wachstumsspitzenreiter des Vorjahres, Jeder Dritte verwendet seine Kredit- bzw. chen drei Prozent Spesen. die Steiermark, wird 2011 auch wieder zu Bankomatkarte. „Bargeldloses Zahlen wird Im Ausland warnt der Erste Bank Experte den besonders dynamischen Bundesländern immer populärer. Dennoch schneidet der Ur- vor Wechselstuben: „Die Konditionen vari- zählen, die nach Einschätzung der Ökono- lauber am besten ab, wenn er die unter- ieren sehr stark, weil es keine einheitlichen men der Bank Austria einen Anstieg der schiedlichen Zahlungsmittel kombiniert, d.h. Richtlinien gibt. Wechselstuben können die Wirtschaftsleistung um rund 3,5 Prozent einen geringen Teil an Bargeld bspw. für einen Gebühren selbst festlegen und somit verlan- erwarten können. Wien und das Burgenland Snack zwischendurch oder das Taxi mitführt, gen was sie wollen. Es ist grundsätzlich bes- werden mit knapp unter der 3-Prozent- höhere Beträge mittels Kreditkarte bezahlt ser, wenige Behebungen mit höheren Beträ- Marke zwar 2011 die Wachstumsschluß- und Geldabhebungen mit der Maestro-Karte gen zu machen, um die Mindestgebühren zu lichter sein, jedoch gestützt auf die breitere am Bankomat vornimmt“, rät Manfred Bar- überschreiten.“ Im Urlaubsland selbst sind Wachstumsbasis nur wenig hinter dem talszky, Leiter des Produkt- und Channelma- die Kosten bei der klassischen Bankomat- Österreichdurchschnitt liegen. nagements der Erste Bank Oesterreich. Daß behebung mit der BankCard (Bankomatkar- Die Erholung der heimischen Wirtschaft Reiseschecks zunehmend an Bedeutung ver- te) am geringsten. Bargeldbezug im Urlaubs- bleibt nach Ansicht der Ökonomen der Bank lieren, bestätigt auch die aktuelle Umfrage, land am Bankomat mit Visa/Mastercard Austria in Schwung. Das Erholungstempo denn lediglich 1 % der Österreicher verwen- (Kreditkarte) ist deutlich kostenintensiver – wird durch rohstoffpreisbedingt höhere det dieses Zahlungsmittel. davon raten die Erste Bank Experten auch Inflation, Schuldenabbau der Unternehmen Fragt man die Österreicher allerdings ab. Vorsicht ist auch geboten bei der Be- und privaten Haushalte, geringere Risikobe- nach dem besten Zahlungsmittel im Urlaub, zahlung mittels Kreditkarte in Euro in Nicht- reitschaft der Wirtschaftsakteure sowie schaut das Ergebnis anders aus: Jeder dritte Euro Ländern. Bartalszky: „Hier sollte unbe- durch die Auswirkungen der Konsolidierung denkt dabei an Bargeld in Euro (32%), jeder dingt darauf geachtet werden, daß der Kunde der öffentlichen Haushalte und eine kontinu- vierte an die Kreditkarte (26%), jeder fünfte in der Landeswährung bezahlt. Denn würde ierliche geldpolitische Verschärfung ge- an Bargeld in der jeweiligen Landeswährung er in Euro bezahlen, würde er in jedem Fall dämpft. „Wenn auch die EZB im Juni noch und lediglich 14% sprechen sich für die eine schlechte Kursabrechnung erhalten. keine weitere Zinserhöhung vorgenommen Bankomatkarte aus. Letztere hat allerdings Schlechtestes Beispiel für Spesenabzocke ist hat, für Juli rechnen wir mit einer Anhebung in den Mitgliedssländern der EU mit Euro hier der Londoner Flughafen.“ des Leitzinssatzes um 25 Basispunkte auf als Währung den Vorteil, daß die Bezahlung Die Erste Bank beauftragte INTEGRAL 1,5 Prozent. Zum Jahresende wird der Re- mittels MaestroCard (klassische „Banko- für eine telefonische Befragung zu Zah- finanzierungssatz bereits bei zumindest 2 Pro- matkarte“) kostenlos ist. Kunden der Erste lungsmittel im Urlaub. In der Zeit von 11. zent stehen. Das kostet die österreichische Bank und Sparkassen können außerdem an bis 17. Mai 2011 wurden 500 Personen zum Wirtschaft Wachstum, nach unseren Berech- Geldautomaten bei Instituten des Erste Group geplanten Sommerurlaub – Urlaubsziel, ver- nungen bis zu einem Viertelprozentpunkt Konzerns kostenlos Geld beheben. anschlagtes Budget, verwendete und beste gegenüber einem unveränderten Zinsni- Mehr als drei Viertel der Bevölkerung Zahlungsmittel im Urlaub sowie Spesenun- veau“, so Bruckbauer. Die Wachstumsaus- wissen über die unterschiedliche Höhe der terschiede beim Wechseln von Bargeld – be- sichten sind für 2012 mit einem BIP-Anstieg Spesen bei Geldbehebungen vom Konto fragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für um 1,8 Prozent spürbar zurückhaltender als oder beim Wechseln von Bargeld in der je- die österreichische Bevölkerung ab 14 Jah- für das laufende Jahr. weiligen Landeswährung im Ausland Be- ren (= 7.090.000 Menschen).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 57 Wirtschaft Bronze-Medaille für Österreichs Wirtschaft Deutschland ist nach Berechnungen der Allianz Volkswirte das wirtschaftlich gesündeste Land der Euro-Zone, gefolgt von Luxemburg und Österreich.

ie aktuelle Schuldenmisere in Europa größte Euro-Volkswirtschaft Frankreich liegt teilweise für die Schaffung eines Anleihen- Dzeige die Notwendigkeit einer umfas- im Mittelfeld auf Rang acht. versicherers eingesetzt. ESIM erhielte für senden Krisenvorsorge – mit der Schaffung die garantierten Anleihen eine jährliche Ver- eines europäischen Anleihenversicherers Strukturelle Reformen notwendig sicherungsprämie vom staatlichen Emitten- könnte man die Situation entschärfen, ist „Die 17 Länder der Eurozone müssen ten, deren Höhe sich an der Verbesserung der man bei der Allianz überzeugt. mehr leisten, um die Stabilität ihrer gemein- Schuldenkennzahlen bemessen sollte. Inve- „Die aktuellen und langfristigen Proble- samen Währung und deren Glaubwürdigkeit storen erhielten so Klarheit über den maxi- me sind nicht nur an den Staatsbudgets ab- an den Finanzmärkten zu sichern“, erklärt mal möglichen Verlust und könnten entspre- lesbar“, erklärt Wolfram Littich, Vorstands- Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz chend kalkulieren und preisen. Dadurch vorsitzender der Allianz Gruppe in Öster- SE. Den Euro-Krisenländern attestiert er würde ein bezahlbarer Zugang zu den Kapi- reich. Es gehe vor allem darum, auch wirt- „erste Anpassungserfolge“. Es sei aber mehr talmärkten für die betroffenen Staaten wie- schaftspolitische Entwicklungen zu berück- Zeit nötig, bis die eingeleiteten Strukturre- der hergestellt werden. sichtigen. Damit sollen rechtzeitig Gefahren formen griffen. Im Falle Griechenlands warnt Aber letztlich liege die Verantwortung erkannt werden, die ein übertriebenes oder er vor einem Schuldenschnitt. Dadurch bei den Ländern selbst, jetzt zu handeln. Die einseitig forciertes Wirtschaftswachstum mit würde sich die Krise weiter ausbreiten, argu- Autoren des „Euro Monitors“ empfehlen, sich bringt. mentiert Heise. Demgegenüber halte er das die von der EU-Kommission befürwortete geplante weitere Hilfspaket, flankiert durch Gesetzgebung für eine bessere Kontrolle der Europameister bei »Beschäftigung, eine freiwillige Umschuldung privater Gläu- Finanzpolitik und makroökonomischer Un- Produktivität und Ressourceneffizienz« biger und ein strategisches Investitionspro- gleichgewichte schnell und ohne eine weite- Um die Ausgewogenheit und Solidität gramm der Europäischen Union, für sinn- re Verwässerung einzuführen. Dazu benötige der Konjunkturentwicklung in der Wäh- voll. Jedes Zögern drohe zu einer Belastung die Eurozone nicht nur ein verbessertes Mo- rungsunion zu messen, hat die Allianz einen für den Euro zu werden. „Glaubwürdige Kon- nitoring, sondern auch klare und verbindli- Indikator entwickelt: Der sogenannte „Euro solidierungsschritte und Reformen müssen in che Regeln für die Mitgliedsstaaten. Der Sta- Monitor“ berücksichtigt neben den Staats- den verschuldeten Ländern schnell einge- bilitäts- und Wachstumspakt müsste ebenso finanzen etwa auch Exporterfolg, Inlands- führt und umgesetzt werden. Ebenso drin- eindeutige Regeln und wirksame Sanktions- nachfrage, Lohnentwicklung, Arbeitslosig- gend ist eine Verbesserung der strukturellen möglichkeiten erhalten. Den Sparprogram- keit und die private Verschuldung. Wirft man Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität.“ men in den einzelnen Ländern sollten umge- einen Blick auf die einzelnen Indikatoren der hend strukturelle Reformen folgen. Studie, so zeigt sich, daß Österreich im inter- Krisenprävention durch „Der Euro Monitor 2011“ ist die erste nationalen Vergleich gut abschneidet. In den intensivere Politikkoordination Studie ihrer Art nach der Eurokrise. Heraus- Kategorien „Finanzielle Nachhaltigkeit“ so- Dabei sei auch eine Reform des wirt- gegeben von den Volkswirten der Allianz SE wie „Verschuldung privater inländischer schaftspolitischen Steuerungsrahmens sinn- analysiert er die 17 Staaten der Eurozone auf Sektoren und Nettoauslandsvermögenssitua- voll: Gegenwärtig sind einige Euro-Staaten Basis von 15 quantitativen Indikatoren in vier tion“ liegt Österreich auf Platz 4, bei der ohne bezahlbaren Zugang zum Kapital- Kategorien: Finanzielle Nachhaltigkeit; „Wettbewerbsfähigkeit und Inlandsnach- markt. Hauptursache dafür sei die herrschen- Wettbewerbsfähigkeit und Inlandsnachfrage; frage“ konnte Platz 2 gefestigt werden. In de Unklarheit über die Solvenzsituation. Beschäftigung, Produktivität und Ressour- der Kategorie „Solidität der Staatsfinanzen“ EFSF (Europäische Finanzstabilisierungs- ceneffizienz sowie Verschuldung privater in- konnte Österreich Platz 6 halten, Spitzen- fazilität) und ESM (Europäischer Stabilisie- ländischer Sektoren und Vermögenspositio- reiter in dieser Kategorie ist Estland, das erst rungsmechanismus), die für den Notfall als nen gegenüber dem Ausland. Als makroöko- zu Jahresbeginn dem Euro beigetreten ist. Finanzierungsmechanismen vorgesehen sind, nomisches Monitoring- und Frühwarnsystem Bei „Beschäftigung, Produktivität und Res- übernehmen immer mehr die Rolle als einzi- dient der Monitor dazu, bestehende und neu sourceneffizienz“ ist Österreich „Europa- ge Finanzierungsquelle. Der politische Wi- aufkommende wirtschaftspolitische Fehlent- meister“. Über alle insgesamt 15 quantitati- derstand gegen fortgesetzte Zahlungen wächst wicklungen aufzudecken. Erstmals werden ven Indikatoren gerechnet, bedeutet das für und Spekulationen übers etwaige „Versiegen bei dieser Analyse auch Faktoren wie der de- Österreich einen guten dritten Platz hinter der Quelle“ nehmen zu. Als Lösung führen mografische Wandel und der Umgang mit Deutschland und Luxemburg. Auf den vier die Allianz Experten die Schaffung eines natürlichen Ressourcen einbezogen, weil sie letzten Plätzen befinden sich dagegen Spa- European Sovereign Insurance Mechanism aus Sicht der Allianz Volkswirte einen we- nien, Portugal, Irland und als Schlußlicht (ESIM) an: Die bereits für den Euro-Ret- sentlichen Einfluß auf das nachhaltige Griechenland. Die nach Deutschland zweit- tungsschirm bereitgestellten Mittel würden Wachstum einzelner Länder haben.“

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 58 Wirtschaft »Heut is so a schöner Tog« Tauernautobahn nach Kärnten ab Sommer erstmals durchgehend vierspurig befahrbar – offizielle Inbetriebnahme des zweiten Tunnels am 30. Juni 2011 Foto: LPD/Josef Bodner Bei der offiziellen Eröffnung am 30. Juni: Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (im Dirndl), rechts neben ihr Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler mit einigen der zahlreichen Ehrengäste und den Vertretern der ASFINAG m 30. Juni wurde der zweiröhrig ausge- Bures, die „die Löcher nach Kärnten sehr jekt einmal mehr, daß der österreichische Abaute Tauerntunnel offiziell in Betrieb gerne hat“, wie er launig auf Katschberg-, Tunnelbau ein Qualitätsprodukt sei: „Die Porr genommen, ein historisches Datum für die Tauern- und Koralmtunnel verwies. Bedankt hat tolle Leute.“ Nach der Brandkatastrophe Geschichte der A 10 Tauernautobahn. Damit wurde von Dörfler zudem Katschbergtunnel- im Tauerntunnel habe sie sich gemeinsam ist erstmals nach der Eröffnung der Scheitel- Patin Bettina Strobl, die als starke Frau im- mit Dörfler verpflichtet, die Nadelöhre zu be- strecke am 21. Juni 1975 die gesamte, rund mer zum Projekt gestanden sei, „obwohl oft seitigen: „Für uns stand die Verkehrssicher- 192 Kilometer lange A 10 von Salzburg bis quergeschossen wurde“. heit im Mittelpunkt.“ Burgstaller verlieh das Villach durchgehend vierspurig bzw. in den Für Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, „Große Verdienstzeichen des Landes Salz- Tunneln zweiröhrig ausgebaut. Patin des Tauerntunnels, beweist dieses Pro- burg“ an einen Kärntner, nämlich Walcher. „Die kilometerlangen Staus gehören end- lich der Vergangenheit an“, sagte Kärntens Verkehrsreferent Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Die Kinder der Volksschule Flachau haben es für Dörfler mit ihrem Lied „Heut is so a schöner Tog“ perfekt ausgedrückt. Für diese besondere Darbietung bat er die Asfinag, den Kindern 1000 Euro zur Verfügung zu stellen. Seinen Dank richtete der Landeshauptmann an Salzburgs Landes- hauptfrau Gabi Burgstaller für gute Nach- barschaft: „Wir haben gemeinsam bei sehr viel Gegenwind den Zug aufs Tor gehabt.“ Der Dank des Landeshauptmannes ging auch an Alexander Walcher, Geschäftsführer der ASFINAG Bau Management GmbH, der bei diesem Projekt „oft sehr viel einstecken mußte“ sowie an die ASFINAG-Vorstände Alois Schedl und Klaus Schierhackl für die

immer gute Zusammenarbeit. Dörfler dankte Foto: ASFINAG dem früheren Infrastrukturminister Hubert Die Mitarbeiter der beauftragten Baufirmen sind in diesem Bild gerade dabei, die Gorbach und Infrastrukturministerin Doris letzen Reste der Großbaustelle zu beseitigen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 59 Wirtschaft

Auch für Verkehrsministerin Doris Bures war es trotz Regen ein wunderschöner Tag: Dieser Bau sei eine gute Investition, weil er einen Beitrag dafür leiste, daß Katastrophen wie damals mit soviel menschlichem Leid verhindert würden. „Heute bricht ein neues Zeitalter an, mit weniger Stau und mehr Verkehrssicherheit. Das hier war eine Bau- stelle aus dem Bilderbuch, es waren richtige Profis am Werk“, so Bures. Bei der feierlichen Verkehrsfreigabe und Tunnelsegnung waren u. a. die früheren Infra- strukturminister Hubert Gorbach und Ma- thias Reichhold, Katschbergtunnel-Patin Bettina Strobl mit ihrem Mann Fritz Strobl und der Chef der Kärntner Landesstraßen- bauabteilung, Volker Bidmon, anwesend. Für die musikalische Umrahmung sorgten die Trachtenmusikkapellen Zederhaus und Flachau sowie als Höhepunkt, wie eingangs erwähnt, die Kinder der Volksschule Flachau mit „Heut is so a schöner Tog“. Der zweiröhrig ausgebaute Tauerntunnel – nun offiziell in Betrieb genommen – ist nicht nur innerösterreichisch ein wahrer Meilen- stein, sondern international – die A 10 ist ne- ben der Brenner- und der Pyhrn-Autobahn eine der wichtigsten Nord-Süd-Routen im europäischen Verkehrsgeschehen. Umso wichtiger sind die Investitionen in eine sichere Infrastruktur.

Versprochen und umgesetzt „Der Bau von zweiten Tunnelröhren bil- det das nachhaltig wirksamste Mittel, um die Verkehrsrisiken im Tunnel zu minimieren. Zwei getrennte Röhren mit jeweils zwei Fahr- spuren führen einerseits zur Entschärfung des unmittelbaren Gefahrenpotentials, wel- ches von Verkehrstunnel mit Gegenverkehr ausgeht und andererseits zu einer wesent- lichen Verbesserung der Sicherheit für Ver- Foto: ASFINAG kehrsteilnehmer, unsere Erhaltungsmann- Ein Blick auf die Flachauer Seite der Tunnelbaustelle der Tauernautobahn schaften und nicht zuletzt der Einsatzkräfte“, betonte ASFINANG Vorstand Alois Schedl. nelle Maßnahmen inklusive Generalerneue- ,Nadelöhr‘. Der erfolgreiche und im Zeitplan Daher wurde nach dem tragischen Unfall im rungen sowie den Ausbau der Überwa- erfolgte Abschluß des Projekts hat in ver- Tauerntunnel im Jahre 1999 von seiten der chungszentralen. kehrspolitischem, wirtschaftlichem und nicht ASFINAG begonnen, bestehende Tunnelan- Auch für Salzburgs Landeshauptfrau zuletzt touristischem Sinn enorme Bedeu- lagen zu erweitern bzw. technisch nachzurü- Mag. Gabi Burgstaller ist der Vollausbau des tung für das Bundesland Salzburg und weit sten. Schedl: „Wir haben Verbesserungen in Tauerntunnels von großer Bedeutung: „Salz- darüber hinaus.“ bezug auf Tunnelsicherheit versprochen und burg und der Tauerntunnel werden in den Das Bundesland Kärnten erwartet sich diese auch umgesetzt. Rund 3,7 Milliarden internationalen Verkehrsmeldungen sicher- durch den Vollausbau vor allem wirtschaftli- Euro wurden seit Beginn der Tunneloffensi- lich deutlich seltener auftauchen, kilometer- che Impulse. Landeshauptmann Gerhard ve im Jahr 2001 in die Tunnelsicherheit in- und stundenlange Staus sollten der Vergan- Dörfler: „Der Tauerntunnel ebenso wie der vestiert. Bis 2014 investiert die ASFINAG genheit angehören.“ Sie zeigte sich „erleich- Katschbergtunnel sind für Kärnten wichtige weitere rd. 1,1 Mrd. Euro in die Erhöhung tert und glücklich, daß zwölf Jahre nach dem Straßenbauprojekte. Die zweiten Tunnelröh- der Tunnelsicherheit. Diese Investitionen be- katastrophalen Brand im Tauerntunnel eine ren optimieren eine wichtige Verkehrsver- inhalten Tunnelneubauten ebenso wie zweite Sicherheitslücke geschlossen wird, immer- bindung und schaffen mehr Sicherheit. Um- Tunnelröhren, bauliche und elektromaschi- hin galt der Tauerntunnel jahrzehntelang als fassende Lärmschutzmaßnahmen – es han-

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 60 Wirtschaft

delt sich um das größte Lärmschutzprojekt Einhausungen, Lärmschutzwände und -wälle, Tech-Center. Rund 164 Autobahnkilometer Österreichs – schonen Umwelt und Anrai- welches bis 2020 realisiert werden soll“, er- von Rennweg/Kärnten (A 10) bis zur ober- ner“, so Dörfler. „Zudem sorgt der Vollaus- klärt Alexander Walcher, Geschäftsführer österreichischen Landesgrenze bei Mondsee bau für eine bessere Erreichbarkeit Kärntens der ASFINAG Bau Management GmbH. (A 1) werden nach Abschluß des Zentral- und damit für eine Aufwertung der Urlaubs- „Wir bekennen uns zu unserer Verantwor- wartenkonzeptes im Herbst dieses Jahres destination und des Wirtschaftsstandortes tung gegenüber den Anrainern nach gelten- von hier aus überwacht und gesteuert. Kärnten insgesamt. Durch die zweiten Tun- den Standards und Regeln. So wurden viele Darunter Katschberg- und Tauerntunnel, die nelröhren werden Megastaus der Vergangen- Lärmschutzmaßnahmen entlang der Tauern Einhausungen Flachau und Eben, die Tun- heit angehören, was zu einer enormen Autobahn in den vergangenen Jahren bereits nelgruppe Werfen, Ofenauer und Hiefler Umweltentlastung beiträgt“, ergänzte der umgesetzt. Unter anderem die Lärmschutz- Tunnel sowie der Tunnel Liefering in Salz- Landeshauptmann. wände im Pongau, Lungau und Liesertal, burg. Hier laufen alle sicherheitsrelevanten sowie die Einhausungen Eben, Flachau in Daten zusammen. Knapp sieben Millionen Umfangreiche Umweltentlastungs- Salzburg und Trebesing in Kärnten. Insge- Euro hat die ASFINAG hier in die Sicherheit maßnahmen entlang der A 10 samt wurden bislang netto rd. 77 Mio. Euro der Autofahrer investiert. Auf der rd. 25 m2 Parallel zum Vollausbau von Katschberg- in den Lärmschutz entlang der Tauern Auto- großen Videowall mit insgesamt 18 Groß- und Tauerntunnel werden zusätzliche Um- bahn investiert“, betont Walcher. bildschirmen sehen die Operatoren Aufnah- weltentlastungsmaßnahmen in Form von Ein- men des Verkehrsgeschehens von Kärnten hausungen, Lärmschutzgalerien und –wän- 164 Kilometer im Blick bis zu OÖ. Landesgrenze. Geliefert werden den errichtet. Diese Umweltentlastungsmaß- Im Zuge der Tunneloffensive der ASFIN- diese Bilder von insgesamt 650 Kameras nahmen sind Teil der im Jahr 2004 von Bund, AG wurde auch das Zentralwartenkonzept entlang der freien Strecke und in den Tun- Ländern und der ASFINAG unterzeichneten überarbeitet und „auf neue Beine gestellt“. neln. 120.000 Datenpunkte müssen von den „Gemeinsamen Erklärung zur Erarbeitung Gab es bislang 18 Überwachungszentralen für Rechnersystemen in der ÜZ St. Michael/Lg. und Realisierung von Umweltentlastungs- die insgesamt 145 Tunnelanlagen in ganz Ös- bewältigt und verarbeitet werden, dazu ge- maßnahmen entlang der A 10 zwischen Hütt- terreich, so wurden diese nun zu neun großen hören etwa Ampelregelungen, Infos der au (Salzburg) und Lieserhofen (Kärnten)“. Zentralwarten zusammengeschaltet. Die Glatteiswarnanlagen bis hin zu Absetzen von „Diese Erklärung umfaßt ein Maßnahmen- Überwachungszentrale in St.Michael/Lg wur- Notrufen. paket im Umfang von rd. 300 Mio. Euro für de dazu neu gebaut und ist ein wahres High- http://www.asfinga.at Foto: ASFINAG Die Tauernautobahn nach Kärnten ist seit 30. Juni 2011 erstmals durchgehend vierspurig befahrbar.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 61 Wirtschaft Wieder auf Schiene Management-Buy-out sichert die Zukunft der Modelleisenbahn Holding – Bisheriges Management übernimmt 100 Prozent von Fleischmann und Roco

as Management der Modelleisenbahn schrumpfend. Die Modelleisenbahn Holding tential. Die Modelleisenbahn Holding DHolding GmbH erwirbt von der Model habe aber im Gegensatz zu anderen interna- setzt dabei weiterhin auf die Kooperation Railway Holding AG in Form eines Manage- tionalen Anbietern die notwendige Restruk- mit dem Fachhandel. ment-Buy-outs 100 Prozent der Marken turierung bereits erfolgreich durchgeführt. Die Finanzierung des Unternehmens ist Fleischmann und Roco. Das teilten die drei Eigentümer, die nahe am Tagesgeschäft sichergestellt: Zinsen und Tilgung kön- beteiligten Manager Leopold Heher (CEO), agieren, sind in dieser Situation durch Flexi- nen aus dem operativen Ergebnis bedient Roland Edenhofer (CFO) und Johannes bilität und Entscheidungsgeschwindigkeit werden. Operativ wird die Modelleisen- Steinparzer (COO) am 14. Juni am Unter- ein zusätzlicher Vorteil. „Die Marken Fleisch- bahn Holding 2011 so viele Neukonstruk- nehmenssitz in Bergheim bei Salzburg mit. mann und Roco sind nach dieser Übernahme tionen auf den Markt bringen wie niemals Die Übernahme wurde mit 30. Juni 2011 optimal auf die aktuelle Marktlage einge- zuvor. Technologisch liegt der Schwer- wirksam. CEO Heher sagte, das Management stellt.“ punkt auf den digitalen Effekten (Bewe- wolle mit der Übernahme der Eigentümer- schaft den Sanierungserfolg nachhaltig absi- chern. Aufgrund der genauen Kenntnisse des Unternehmens und der langjährigen Erfah- rung in dieser Branche habe man sich dazu entschlossen und ein entsprechendes Ange- bot gelegt. „Wir haben als verantwortliche Manager nach dem Erwerb von Fleischmann diese Unternehmensgruppe saniert. Die Bilanz 2010 zeigt folgerichtig erstmals schwarze Zahlen über alle Unternehmen hin- weg. Jetzt geht es darum, die vorhandenen Erfolgschancen zu nutzen. Wir fühlen uns dazu auch gegenüber den 740 Mitarbeitern und unseren mehr als 1000 Fachhändlern Foto: Modelleisenbahn Holding GmbH verpflichtet, die unsere positive Entwicklung Eine der Neuheiten von Roco 2011: die Elektrolok der ÖBB erst ermöglicht haben.“ Die dem Raiff- eisenverband Salzburg nahestehende UBG Als strategische Zielsetzungen nannte gung, Licht, Geräusch) sowie auf einer Unternehmensbeteiligungs GmbH hat – als Heher Verbesserung der Anlagensteuerung. Der alleinige Gesellschafterin der Model Rail- das Ankurbeln des weltweiten Exports, Umsatz 2011 wird bei rund 52 Millionen way Holding AG – die Verhandlungen zu die Intensivierung des Internetverkaufs in Euro erwartet, was zu einer weiteren Ver- diesem Buy-out geführt. Heher: „Wir freuen Kooperation mit dem Fachhandel und besserung bei EBIT und EGT gegenüber uns, daß der Raiffeisenverband Salzburg un- die Repositionierung des Produktes Mo- 2010 führen wird. Das Unternehmen Die ser Angebot angenommen hat. Die Bank ist delleisenbahn durch Digitalisierung, um Modelleisenbahn Holding GmbH mit in den vergangenen sechs Jahren zuerst Roco neue Spielqualitäten zu erreichen und die Sitz in Bergheim bei Salzburg (Öster- und dann Fleischmann in äußerst schwieri- Steuerung zu vereinfachen. reich) zählt mit den beiden Marken gen Situationen unterstützend zur Seite ge- Fleischmann und Roco zu den wichtig- standen. Sie wird auch in Zukunft die haupt- Operative Basis bleibt, wie sie ist Die sten europäischen Herstellern in ihrer finanzierende Bank bleiben und unseren operativen Grundlagen der Modelleisenbahn Branche. Sie hat aktuell 740 Mitarbeiter Weg begleiten.“ Holding, durch die der Sanierungserfolg her- in vier Ländern und erwirtschaftete 2010 Im April 2011 hatte die UBG die Anteile beigeführt worden ist, bleiben auch nach 50,7 Millionen Euro Umsatz, ein EBIT von Franz Josef Haslberger an der Hasl- dem Management-Buy-out unverändert. von 2,3 Millionen Euro und ein EGT von berger Railway Holding AG übernommen Die Modelleisenbahn Holding produziert 1 Million Euro. Die Modelleisenbahn und diese anschließend in die Model Rail- in internationaler Arbeitsteilung. Die Holding GmbH verfolgt die Vision, der way Holding AG umfirmiert. Über diese im Kernfunktionen Steuerung, Entwicklung Qualitätsspielware Modelleisenbahn Einvernehmen durchgeführte Transaktion und Know-how-intensive Produktion fin- durch Innovation, Systemerweiterung wurde Stillschweigen vereinbart. Strate- den in Österreich und Deutschland statt. und moderne Produktionsstrukturen neue gisches Investment Heher betonte, daß er Die getrennt geführten Marken Fleisch- Marktsegmente zu erschließen, um den mit seinen beiden Kollegen ein strategisches mann und Roco haben durch ihre Posi- nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu Investment eingegangen sei. Die Branche sei tionierung als hochwertige und innovati- sichern. nach wie vor schwierig und die Kernmärkte ve Spielware weltweit Entwicklungspo- http://www.modelleisenbahn-holding.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 62 Chronik Regionalprognosen 2010-2030 Zuwächse der Erwerbspersonen und Haushalte auf Stadtregionen konzentriert

uf Basis der kleinräumigen Bevölke- lichen dem regionalen Muster der Entwick- Regionen Österreichs geben, wo mit Aus- Arungsprognose für die NUTS 3-Regio- lung der Bevölkerung im erwerbsfähigen nahme von Graz und Umgebung die gesam- nen und Politischen Bezirke Österreichs Alter folgen. In Regionen, in denen die Zahl te Steiermark, das Mittel- und Südburgen- (veröffentlicht im Sommer 2010), die von der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter land, das gesamte Bundesland Kärnten, die Statistik Austria in Konsistenz mit der 65 Jahren stabil bleibt oder noch ansteigt, Salzburger Regionen Lungau, Pinzgau und Prognose für Österreich und die Bundes- wird auch die Zahl der Erwerbspersonen Pongau sowie Osttirol betroffen sind. Aber länder aus 2009 erstellt worden war, konnten weiter zunehmen. Hingegen wirken sich auch andere periphere bzw. strukturschwa- nun die Arbeiten zur Prognose der Erwerbs- regionale Bevölkerungsverluste auch auf das che Regionen, wie beispielsweise das Mühl- personen und zur künftigen Entwicklung der regionale Angebot an Arbeitskräften aus. und Waldviertel, der oberösterreichische Haushalte erfolgreich abgeschlossen wer- Die größten Zuwächse an Erwerbsperso- Voralpenraum, das Tiroler Oberland und der den. Alle drei Prognosen sind in Band 184 nen wird es demnach nahezu ausschließlich in Bregenzer Wald werden eine mehr oder der ÖROK-Schriftenreihe veröffentlicht. und um die großen Städte Österreichs geben, weniger starke Abnahme der Erwerbsperso- wobei die Ostregion das mit Abstand stärkste nenzahl verzeichnen. Ergebnisse der Erwerbsprognose Wachstum verzeichnen wird. Bis 2050 wer- Für die Erwerbsprognose wurden drei un- den im Wiener Stadtumland um 25% mehr Ergebnisse der Modellrechnungen terschiedliche Szenarien über die Entwick- Erwerbspersonen leben als noch im Jahr zur Haushaltsentwicklung lung der Erwerbsbeteiligung berechnet, 2009. Ebenfalls sehr starke Zuwächse wer- Auf Basis der Bevölkerungsprognose wobei das Hauptszenario die plausibelste den in und um Graz, in der Bundeshauptstadt wurde auch eine kleinräumige Haushaltspro- Entwicklung der alters- und geschlechtsspe- Wien selbst, aber auch im Nordburgenland gnose in zwei Varianten erstellt. Die Trend- zifischen Erwerbsquoten abbildet. sowie in und um die Städte Sankt Pölten, variante basiert auf Extrapolationen der Linz-Wels und Innsbruck sowie im Rheintal- alters- und geschlechtsspezifischen Haus- Kleinräumige Entwicklung der Bodenseegebiet zu erwarten sein. haltsrepräsentantenquoten bis zum Jahr Erwerbspersonen – Hauptszenario Flächendeckend und vergleichsweise 2021. Die konstante Variante hält die für das Die kleinräumige Entwicklung der künf- starke Einbußen an Erwerbspersonen wird es Jahr 2009 geschätzten Quoten über den tigen Erwerbspersonenzahl wird im wesent- vor allem in den inneralpinen und südlichen gesamten Projektionszeitraum konstant.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 63 Chronik

Kleinräumige Entwicklung der Struktur der Haushalte Die Entwicklung der Zahl der Mehr- Haushalte – Trendvariante Die Zahl der Einpersonenhaushalte steigt personenhaushalte wird voraussichtlich un- Gemäß Trendvariante wird die Zahl der sowohl in Regionen stark an, die mit hohen terschiedlich verlaufen: In vielen Regionen Privathaushalte in Österreich künftig weiter Bevölkerungszuwächsen rechnen können, mit zu erwartenden Bevölkerungsverlusten steigen, wobei dies in erster Linie eine Folge als auch dort, wo der Alterungsprozess deut- wird auch die Zahl der Mehrpersonen- der wachsenden Bevölkerungszahlen ist. licher ausgeprägt sein wird. Dies erklärt die haushalte künftig rückläufig sein. So werden prognostizierten hohen Zuwächse bis 2030 in der Östlichen und Westlichen Obersteier- Zahl der Haushalte beispielsweise für das Mühlviertel (+37%), mark die Mehrpersonenhaushalte um 9% zu- Bezogen auf die NUTS 3-Regionen sind das Innviertel (+36%), das Tiroler Oberland rückgehen, in Unter- und Oberkärnten je- die stärksten Zuwächse der Zahl der Haus- (+34%), das Wiener Umland-Nord (+33%), weils um 5%. halte in den zentralen Räumen der Bundes- die Region Rheintal-Bodensee sowie das Dort, wo die Bevölkerungszahl hingegen länder zu erwarten. Im Jahr 2030 wird die Nordburgenland (jeweils +32%), Bludenz- stark wächst, nimmt auch die Zahl der Mehr- Zahl der Haushalte voraussichtlich im Wie- Bregenzerwald (+31%), Traunviertel, Lun- personenhaushalte deutlich zu. Im Wiener ner Umland-Nord (+25%) sowie im Wiener gau und Oststeiermark (jeweils +30%). Umland steigt die Zahl der Mehrpersonen- Umland-Süd (+22%) um mehr als ein Fünf- In manchen peripheren Regionen, die haushalte bis 2030 um ein Fünftel, in der tel höher sein als 2009. Die stärksten Zu- schon in der Vergangenheit hohe Abwande- Region Graz und im Nordburgenland jeweils nahmen werden für den Prognosebezirk rung zu verzeichnen hatten wird es hingegen um 15%. Schwechat mit rund 28% sowie Wien Um- eine Stagnation bzw. nur einen leichten An- Die ausführlichen Ergebnisse sind unter gebung mit rund 27% vorhergesagt. Weiters stieg an Einpersonenhaushalten geben. In diesen Adressen abrufbar: sind in den NUTS 3-Regionen Nordbur- der östlichen Obersteiermark beträgt der http://www.oerok.gv.at genland (+19%), Rheintal-Bodensee (+18%) Zuwachs an Einpersonenhaushalten bis 2030 http://www.oerok-atlas.at und in der Region Graz (+17%) künftig sub- bloß 2%. http://www.statistik.at stanzielle Haushaltszuwächse zu erwarten. Die größten Rückgänge werden für die Methodische Anmerkungen Die Erwerbs- und Haushaltsprognose werden mittels spezifischer Quotenmethoden berechnet. Als Basis dienen Obersteiermark prognostiziert. Hier sollte Erwerbs- bzw. Haushaltsrepräsentantenquoten nach fünfjährigen Altersgruppen und Geschlecht, die aus aktuellen die Zahl der Privathaushalte im Jahr 2030 Erhebungen (u.a. Volkszählungen und Mikrozensus) abgeleitet sind. Diese werden in die Zukunft extrapoliert und mit um 5% (Östliche Obersteiermark) bzw. 2% einer in gleicher Weise gegliederten und vorab gerechneten Bevölkerungsprognose multipliziert. Dies ergibt, nach Alter und Geschlecht summiert, die prognostizierten Zahlen für Erwerbspersonen bzw. Privathaushalte. Die Haushalte wer- (Westliche Obersteiermark) niedriger sein den in einem weiteren Schritt auf Basis der durchschnittlichen Haushaltsgröße nach den einzelnen Haushaltsgrößen (1- als 2009. Auf Basis der Bezirke werden , 2-, 3-, 4- sowie 5+ Personenhaushalte) aufgeteilt. Die durchschnittliche Haushaltsgröße in Privathaushalten berech- net sich aus der Division der prognostizierten Bevölkerung, die um Personen in Anstalten verringert wird, durch die Judenburg (-4%), Murau (-3%), Bruck an vorausgeschätzte Zahl der Privathaushalte. der Mur (-2%), Gmünd (-1,8%) 2030 vor- Die Erwerbs- und Haushaltsprognosen werden auf unterschiedlichen regionalen Ebenen (Österreich insgesamt, Bundesländer, Bezirke) erstellt. Ein proportionales Abgleichsverfahren sorgt für die rechnerische Konsistenz der aussichtlich weniger Privathaushalte zählen Summen für einzelne Prognoseeinheiten mit der jeweils übergeordneten Region. als 2009.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 64 Chronik G'scheit unterwegs in Wien Die Stadt Wien hat sich mit der »Smart City-Vision« zum Ziel gesetzt, zukunfts- fähige Antworten für eine Energieversorgung und Mobilität der Zukunft zu geben.

m Forschungsprojekt „e-mobility on de- Menschen in der Bundeshauptstadt leben. nen Verkehrsmitteln soll der Individualver- Imand“ entwickeln die Wiener Stadtwerke Dieses schnelle Wachstum stellt die urbane kehr reduziert, und Schadstoffausstoß sowie eine neue Form urbaner Mobilität. Künftig Infrastruktur vor neue Herausforderungen. Lärmbelästigung gesenkt werden“, be- können die Wienerinnen und Wiener mit „Wenn Wien in 20, 30 oder 50 Jahren weiter- schreibt Generaldirektorin Gabriele Payr die einem durchdachten Mix aus verschiedenen hin eine lebenswerte, moderne Metropole neue Form urbaner Mobilität. Verkehrsmitteln rasch und umweltschonend sein soll, müssen wir heute darüber nachden- von A nach B kommen. ken, wie der Verkehr der Zukunft aussehen Neue Mobilität für eine Wiens Bevölkerung wächst rasant. In 20 soll. Die Wiener Stadtwerke haben dazu eine Milliarde Fahrgäste pro Jahr Jahren werden mehr als zwei Millionen klare Vision. Mit einem Mix aus verschiede- Die Stadt Wien hat gemeinsam mit den Wiener Stadtwerken das Ziel, daß 40 Pro- zent aller Wege in Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden sollen. Dazu tragen neben dem kontinuierlichen Aus- bau der Angebote der Wiener Linien auch die Ergebnisse des Forschungsprojekts „e- mobility on demand“ bei. „Mehr als ein Drit- tel aller Wege werden in Wien bereits mit Bus, Straßenbahn oder U-Bahn zurückge- legt. Durch ein Car-Sharing-Modell für Elektrofahrzeuge soll der öffentliche mit dem individuellen Verkehr optimal vernetzt werden“, erklärt Payr die Idee hinter dem Forschungsprojekt. „Damit zum Abschluß des Forschungs- projekts im Herbst 2013 praxistaugliche Er- gebnisse vorliegen, übernimmt Mobilitäts- experte Michael Lichtenegger die Geschäfts- führung der Betreibergesellschaft für dieses zentrale Zukunftsthema der Wiener Stadt- werke“, freut sich Payr. In seiner neuen Funktion zeichnet Lichtenegger für die Um- setzung der Visionen für den Stadtverkehr der Zukunft verantwortlich. Lichtenegger war 21 Jahre für die Wiener Linien tätig, seit 2004 als Geschäftsführer für den betrieb- lichen Bereich. Lichtenegger ist seit 1997 Kommissionsmitglied im Internationalen Verband für öffentlichen Verkehr (UITP).

Nahtlose Verknüpfung vielfältiger Mobilitätsangebote 2010 waren rund 840 Millionen Men- schen mit den Wiener Linien „g’scheit unter- wegs“. Das ist ein internationaler Spitzen- wert, den die Wiener Stadtwerke weiter mit neuen, intelligenten Mobilitätsangeboten ausbauen wollen“ betont Lichtenegger. „Die Basis für die Erreichung dieses Ziels sind das Netz und die Angebote der Wiener Li- nien. Innovative Mobilitätsformen werden Foto: Wiener Stadtwerke Holding AG/APA-Fotoservice/Rambauske Wiener Stadtwerke-Generaldirektorin Gabriele Payr und e-mobility-Geschäftsführer den öffentlichen Nahverkehr als das Rück- Michael Lichtenegger vor dem Wiener Stephansdom grat der städtischen Mobilität ergänzen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 65 Chronik

Nach dem Motto ,Weg vom Besitzen, hin zum Nutzen‘ sollen Öffis und Individualver- kehr intelligent integriert werden. Wichtige Ansätze dafür sind Mobilitätszentren mit nahtlosen Übergängen, Sharing-Modelle für schadstoffarme Fahrzeuge und damit auch eine Offensive hin zu Elektro-Fahrzeugen, vor allem aber auch integrierte Informations- kanäle und Leitsysteme“, so Verkehrsexper- te Lichtenegger. Generaldirektorin Payr sieht die Voraus- setzung für eine „Neue Mobilität“ in einer optimalen Vernetzung von Information und Ticketing aller Angebote. „G’scheit unter- wegs sein heißt auch, das Verkehrsmittel meiner Wahl einfach und kostengünstig nut- zen zu können“, sagt Payr. „Ob ich nun mit einem E-Bike, einem E-Car oder der U- Bahn von A nach B fahren will, ein inte- griertes Angebot macht mich effizient und umweltverträglich mobil. Mit den Erkennt- Foto: Wiener Stadtwerke nissen aus dem Forschungsprojekt wollen Mehr als ein Drittel aller Wege werden in Wien bereits mit Bus, Straßenbahn oder die Wiener Stadtwerke nicht nur einen 40- U-Bahn zurückgelegt. Prozent-Anteil bei öffentlichen Verkehrsmit- teln erreichen, sondern Mobilitätsangebote für 1 Milliarde Fahrgäste pro Jahr schaffen“, prognostiziert Payr.

Die Stadt der Zukunft – Konzernvision Wiener Stadtwerke Bürgermeister Michael Häupl hat im Frühjahr 2011 die Vision einer „Smart City Wien“ angekündigt. Der Begriff „Smart City“ beschreibt sechs Themenfelder, die Städte vor große Herausforderungen stellen und zugleich die Chance bieten, sich als zukunftsfähige Stadt zu positionieren. Dazu zählen Bevölkerungsentwicklung, Umwelt, Verwaltung, Wirtschaft, Energie und Mobili- tät. Um der „Smart City“-Vision des Bürger- meisters Taten folgen zu lassen, hat Payr das Team „Konzernvision“ einberufen. „Dieser konzerneigene ,Think Tank‘ ermöglicht es, Foto: Wiener Stadtwerke zukunftsfähige Antworten am Weg zur ,Smart Zum Konzern gehört auch die Wien Energie – im Bild: das Kraftwerk Simmering. City‘ zu entwickeln“, so Payr. Das Team „Konzernvision“ wird sich intensiv mit allen Über die Wiener Stadtwerke rund 16.000 MitarbeiterInnen drei zusätzli- Aspekten rund um das Thema „Smart City“ Die Wiener Stadtwerke sind der bedeu- che Arbeitsplätze bei Zulieferbetrieben und auseinandersetzen. „Dieser ,Think Tank‘ ist tendste Infrastrukturdienstleister für den anderen Unternehmen. Mehr als 4 Milliar- eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit Großraum Wien. Als Wirtschaftsmotor ist den Euro investieren die Wiener Stadtwerke des Konzerns, die unseren Vorsprung in den Österreichs größter kommunaler Infrastruk- in den kommenden fünf Jahren in Wiens nächsten Jahren sichert“, betont Payr weiter. turdienstleister mit mehr als drei Milliarden Infrastruktur. Damit setzen die Wiener Dafür ist es notwendig, daß der Konzern Euro Jahresumsatz eine treibende Kraft für Stadtwerke wichtige Impulse für die Wiener kurz-, mittel- und langfristig sein Handeln den Wirtschaftsstandort Wien. Rund 92 Pro- Wirtschaft und schaffen zehntausende Ar- auf das Ziel Smart City ausrichtet. Zahl- zent seiner Zulieferbetriebe kommen aus beitsplätze in der gesamten Region. Zum reiche Maßnahmen der Konzernleitung und dem Großraum Wien. Jeder investierte Euro Konzern gehören Wien Energie, Wiener Li- der Konzernbereiche bilden die Bausteine bringt 1,2 Euro Wertschöpfung in ganz nien, Wiener Lokalbahnen, BMG Beteili- am Weg zur Smart City Wien. Eines davon Österreich. Die Wiener Stadtwerke schaffen gungsmanagement sowie Bestattung und ist das Forschungsprojekt „e-mobility on insgesamt Auslastung für rund 62.000 Ar- Friedhöfe Wien. demand“. beitsplätze. Damit stehen hinter jedem der http://www.wienerstadtwerke.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 66 Chronik Weniger Ehescheidungen… und deutlich niedrigere Gesamtscheidungsrate im Jahr 2010

m Jahr 2010 wurden 17.442 Ehen rechts- Ehen war zu 54,7% der Mann Träger des gut die Hälfte davon im Alter von unter 14 Ikräftig geschieden, um 1.364 oder 7,3% Verschuldens bzw. Grundes, zu 8,7% die Jahren. weniger als im Vorjahr und damit etwa gleich Frau sowie bei den restlichen 36,6% beide Die mittlere Ehedauer (Median) der im viele wie zuletzt vor zwölf Jahren (1998: bzw. keiner von beiden (zu annähernd glei- Jahr 2010 geschiedenen Ehen war mit 10,5 17.884). Das wurde von Statistik Austria auf chen Teilen). Jahren um rund vier Monate länger als im Basis der Meldungen der zuständigen Ge- Insgesamt blieben 37,8% aller im Jahr Jahr davor. Innerhalb des ersten Ehejahres richte ermittelt. Die Gesamtscheidungsrate 2010 geschiedenen Ehen (6.592 Fälle) kin- wurden 1,6% geschieden, weitere 4,6% der (Wahrscheinlichkeit, Ehen wurden im Lauf mit der jetzt geschlos- des zweiten Ehejahres sene Ehen bei unver- geschieden. Insgesamt ändertem Scheidungs- erfolgte fast die Hälfte verhalten durch eine aller Scheidungen in Scheidung enden wer- den ersten zehn Ehe- den) war im Jahr 2010 jahren (48,2%), weite- mit 43,0% so niedrig re 39,7% nach zehn wie zuletzt im Jahr bis unter 25 Jahren 2000 (43,1%). Nach Ehedauer. Etwa jedes dem historischen achte Ehepaar trat erst Höchstwert von 2007 nach der Silberhoch- (49,5%) sank die zeit den Gang zum Gesamtscheidungsra- Scheidungsrichter an, te damit zum dritten darunter auch 18 Paa- Mal in Folge. Dieser re nach der Goldenen Rückgang beruht da- Hochzeit. bei praktisch aus- Im Jahr 2010 war schließlich aus den das mittlere Schei- deutlich gesunkenen dungsalter (Median) Scheidungswahr- der Männer 43,4 Jah- scheinlichkeiten bei re, jenes der Frauen Ehen mit einer Dauer 40,8 Jahre. Es lag von ein bis unter fünf damit je rund fünf Jahren. Für das Schei- Monate höher als im dungsjahr 2010 sind Jahr davor. Das mitt- das damit jene Ehen, lere Alter bei der Ehe- die nach 2006 schließung lag bei den geschlossen wurden. im Jahr 2010 geschie- Die Scheidungen denen Männern bei des Jahres 2010 erfolgten überwiegend (zu derlos. Bei 4.218 (24,2%) Ehen gab es zum 28,8, jenes der Frauen bei 26,1 und war 87,2%) in beiderseitigem Einvernehmen. Zeitpunkt der Scheidung je ein Kind, 5.001 damit um je 1 Monate höher als im Jahr Insgesamt 19.574 Kinder, davon 13.657 (28,7%) Paare hatten zwei und 1.631 (9,4%) 2009. minderjährig, waren von der Scheidung ihrer drei oder mehr Kinder. Von den Scheidungen Die Gesamtscheidungsrate war im Bun- Eltern betroffen. Die durchschnittliche der Eltern waren im Jahr 2010 insgesamt desländervergleich auch 2010 in Wien mit Kinderzahl (alle Altersstufen) pro geschiede- 19.574 Kinder betroffen, davon 13.657 49,4% am höchsten und in Oberösterreich ne Ehe lag damit bei 1,12. (69,8%) minderjährige „Scheidungswaisen“. mit 36,7% am niedrigsten. In Vorarlberg Im Jahr 2010 erfolgten 15.216 bzw. Insgesamt 1.157 (5,9%) Kinder waren bei (47,2%) und in Niederösterreich (46,6%) lag 87,2% (2009: 87,3%) aller Scheidungen in der Scheidung der Eltern noch nicht drei diese Rate über dem Österreichwert (43,0%). beiderseitigem Einvernehmen (§55a Ehege- Jahre alt, 2.365 (12,1%) im Kindergarten- Deutlich unter dem Bundesdurchschnitt war setz). Wegen Auflösung der häuslichen Ge- alter (3 bis unter 6 Jahre), 3.421 (17,5%) im die Rate neben Oberösterreich auch in Tirol meinschaft (§55) wurden 993 und wegen Volksschulalter (6 bis unter 10 Jahre), 3.397 (37,8%). In allen anderen Bundesländern lag sonstiger Gründe (§§ 49, 50, 51, 52 und nach (17,4%) zwischen 10 bis unter 14 Jahre alt diese ebenfalls unter dem Durchschnitt. Die ausländischem Recht) 1.233 Ehen geschie- und 3.317 (16,9%) Jugendliche von 14 bis Rangfolge lautet dabei: Burgenland (41,8%), den. Bei den insgesamt 2.226 strittig und unter 18 Jahren. Die geschiedenen Ex-Ehe- Steiermark (39,9%), Kärnten (39,3%) und

Foto: http://www.bilderbox.biz nach ausländischem Recht geschiedenen paare hatten im Durchschnitt 1,12 Kinder, Salzburg (38,8%).

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 67 Gastronomie & Kulinarisches SALON 2011 Foto: ÖWM Der französische Dreisternekoch Pierre Gagnaire adelte die Sieger-Weine. Im Bild: Die SALON Sieger und einige Auserwählte.

er SALON Österreich Wein gilt als der weine direkt in den SALON, die Meistge- Sein Repertoire kennt keine Beschrän- Dhärteste Weinwettbewerbs des Landes. nannten darunter gehören dann zum exklusi- kung, und seine Kunst entwickelt sich aus Hohe Qualitäten und enorme Ansprüche ven Kreis der SALON-Auserwählten 2011. seiner Intuition heraus, seiner Inspiration. Er bringen die SALON-Weine zutage, die nicht „Die SALON-Sieger stehen für die Elite weiß selbst am besten, „wie weit er gehen unbedingt altbekannt, aber in jedem Fall ein- der Winzer in Österreich. Die klar vorgege- kann.“ Vielleicht sind das die Geheimnisse zigartig ausgezeichnet sind. Beim diesjähri- benen Wettbewerbskriterien werden zu einer seines weltweiten Erfolgs. Seine Küche ist gen SALON-Gala-Dinner am 28. Juni in der wichtigen Orientierung für unsere Winzer. international geschätzt, er betreibt mehrere Aula der Wissenschaften überreichten Bun- Damit wird der SALON stilbildend für die Restaurants in Frankreich, London, Hong- desminister Nikolaus Berlakovich und Produktion, aber zunehmend auch für die Kong, Dubai, Seoul, Las Vegas, Tokio und ÖWM-Chef Willi Klinger die begehrten SA- Konsumenten.“, so Klinger, Geschäftsführer seit 2010 in Moskau und Saint Tropez, in LON-Auszeichnungen. Der Pariser Starkoch der Österreich Wein Marketing (ÖWM). denen der österreichische Wein einen Fix- Pierre Gagnaire wurde bei seinem denkwür- Pierre Gagnaire und seine Equipe aus Pa- platz auf den Weinkarten hat. Sein Motto: digen Auftritt beim Gala-Dinner in Wien ris begeisterten mit ihrem sensationellen „Open up to emotion“ durften die Gäste des durch seinen langjährigen Freund Toni SALON–Gala-Menü die heimischen Winzer SALON-Gala-Dinners exklusiv und in einer Mörwald und die Profis von Do & Co per- und ihre Gäste. Der Meister reiht sich ein in einmaligen Paarung von regionalen Produk- fekt unterstützt. die exklusive Liste der bisherigen „SALON- ten und internationalem Know-How hautnah Köche“: Jörg Wörther (A), Vreni Giger miterleben. Der härteste Weinwettbewerb des (CH), Joachim Wissler (D) und Wolfgang Landes – SALON Österreich Wein Puck (USA). Der Starkoch Pierre Gagnaire Alle SALON-Weine in einer Der SALON Österreich Wein wird zu wurde beim Galamenü, neben seinen Mit- Hand: das SALON-Buch Recht als „härtester Weinwettbewerb des Lan- arbeitern aus Paris und den Profis von Die anspruchsvolle Qualifikation garan- des“ bezeichnet. Die scharfen Auswahlkrite- Do&Co auch von seinem langjährigen tiert unter den 260 SALON-Weinen enorm rien, die zahlreichen Hürden und die kriti- Freund Toni Mörwald unterstützt, der mit hohe Qualitäten. Grund genug, alle SALON- schen Gaumen der Juroren machen die Sie- vier Restaurants, zwei Hotels und ‚Toni M.‘, Teilnehmer kompakt und übersichtlich in der ger des SALON zu Mitgliedern des exklu- dem exklusiven Catering, seit vielen Jahren Pflichtlektüre für Weinliebhaber zusammen- sivsten Weinkreises Österreichs. Eine Nomi- in Österreich erfolgreich ist. zufassen. Das SALON-Buch 2011 ist mit nierung für den SALON aus über 7000 Wei- Der hochkarätige internationale Gastkoch Kurzinformationen zu den Siegerweinen und nen kann nur der Wein erlangen, der sich Pierre Gagnaire gilt seit langem als Legende. Winzerbeschreibungen, in Trafiken und im durch die Landesprämierung des jeweiligen Schon praktisch alles wurde über ihn gesagt: ausgewählten Buchhandel um nur 5 Euro Weinbaugebiets durchgekämpft hat. Die letz- ein Mann der klaren Gewißheiten, und auch erhältlich. te entscheidende und vielleicht schwierigste Zweifler, Genie, Künstler und Forscher, oder Runde für die Weine ist die abschließende neuer Führer und einsamer Vorreiter. Seine SALON Österreich Wein 2011 on Tour Blindverkostung der SALON-Jury. Das Re- Wahrheit ist, daß die Wahrheit viele Ge- Traditionell geht der SALON Österreich sultat: Die Besten der Besten, die SALON- sichter hat. Heute ist er zu Hause angekom- Wein nach der Erstpräsentation Ende Juni in Weine 2011. Die Erfolgreichsten der insge- men in seinem Haupthaus in der Rue Balzac, Baden dann im Herbst auch auf Tournee samt 16 Kategorien werden zu den begehr- gekrönt von drei glitzernden Michelin- Ster- durch ganz Österreich, Partner sind die ten „SALON-Siegern“ erkoren. Direkter, nen am Firmament der Haute Cuisine. Er Casinos Austria. Verkosten Sie alle SALON- aber nicht leichter, ist der Weg der „SALON- selbst beschreibt sich als ‚Stil-los‘ und dass Weine in ihrem Bundesland. Alle Termine Auserwählten“: Weinfachmagazine, Journa- sein Talent auf der soliden Kultur der fran- und viele weitere Informationen finden Sie listen und Sommeliers nominieren Spitzen- zösischen Küche beruht. unter http://www.oesterreichwein.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 68 Personalia »Groß Gold« für B. Frischmuth Die bekannte steirische Schriftstellerin erhielt bei einem Fest zu ihrem 70. Geburtstag das »Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark«.

m Rahmen eines Festes zu ihrem 70. Ge- Iburtstag erhielt die steirische Schrift- stellerin Barbara Frischmuth von Landes- hauptmann Franz Voves am Abend des 30. Juni das „Große Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark“ im Literaturhaus Graz. „Keiner weiß, was wirklich ist“, steht auf der Homepage von Barbara Frischmuth zu le- sen, meinte Voves, aber „etwas, das ganz sicher ist, ist die Dankbarkeit und die Hoch- achtung der steirischen Heimat für ihre gros- se und großartige literarische Tochter“. LH- Stv. Hermann Schützenhöfer wurde von VP- Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner ver- treten, der Landtag von der Dritten Land- tagspräsidentin Ursula Lackner und die Stadt Graz von Kulturstadtrat Edmund Müller. Ne- ben dem Landeshauptmann im Dienst kam auch der Landeshauptmann außer Dienst (so Literaturhausleiter Gerhard Melzer bei der Begrüßung) Josef Krainer und der ehemalige Kulturstadtrat Helmut Strobl. Schriftsteller-Kollege und Laudator Al- fred Komarek zitierte die Jubilarin: „,Schrei- ben ist eine Sucht‘, hast du einmal gesagt. Aber Lesen auch. Und du dealst mit ver- dammt gutem Stoff.“ Barbara Frischmuth wurde am 5. 7. 1941 in Altaussee geboren. Der Vater, Anton Frischmuth, der 1943 in Rußland fiel, war Hotelier; der Familienbetrieb wurde von ihrer Mutter Maria bis 1956 alleine weiter ge- führt. Spätestens seit der Aufnahme in den Gründungskreis des legendären „Forum Foto: Landespressedienst / Frankl Stadtpark“ im Graz der frühen 60er-Jahre LH Franz Voves überreicht Barbara Frischmuth einen Blumenstrauß von Bundes- des vergangenen Jahrhunderts zählt Barbara präsident Heinz Fischer. Frischmuth zum elitären Kreis der künstleri- schen Avantgarde Österreichs. Auf Grund- ie bloße Möglichkeit, einen Garten hinüberzuwuchern, lage ihrer besonderen Kompetenz auf den Danzulegen, hat mich die Wirklichkeit und so kann man in Gebieten Orient, Migration oder Islam gilt der Welt gelehrt, im Guten wie im Bösen. zwei vergnüglich Barbara Frischmuth heute als Brücken- Davor waren lange Jahre des Träumens.“ versponnenen Ge- Bauerin zwischen den Welten und läßt das so Wenn eine Autorin dem Garten verfallen schichten erfahren, genannte „Fremde“ auch zunehmend in ihre ist, kann es nicht ausbleiben, daß sie auch daß es zwischen aktuellen Werke einfließen. über das schreibt, was ihr beim Gärtnern Blumen und Men- Für ihr großartiges Wirken erhielt die widerfährt. Und da kein Gartenjahr dem schen nicht immer Schriftstellerin bereits zahlreiche Preise und andern gleicht und ein Garten in ständiger nur romantisch zu- Auszeichnungen, darunter etwa den Anton- Veränderung begriffen ist, erzählt Barbara geht. Wildgans-Preis, den Franz-Nabl-Preis, oder Frischmuth nun nach dem literarischen Gar- tentagebuch „Fingerkraut und Feenhand- Barbara Frischmuth den Ehrenpreis des österreichischen Buch- schuh“ ganz neue „Gartengeschichten“. Löwenmaul und Irisschwert handels für Toleranz in Denken und Han- Mittlerweile übrigens haben die Pflanzen 192 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag; deln. vollends begonnen, in ihre Erzählungen 2011; ISBN 978-3-351-03354-5 http://www.barbarafrischmuth.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 69 Personalia »Goldenes Komturkreuz« für Gregor Henckel Donnersmark Der ehemalige Abt des Stiftes Heiligenkreuz wurde von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll für seine Verbundenheit zum Land geehrt.

andeshauptmann Erwin Pröll überreich- Lte am 21. Juni an den ehemaligen Abt des Stiftes Heiligenkreuz, Gregor Henckel Donnersmark, das „Goldene Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich“. Diese Ehrung sei auch ein Dank „für deine Verbundenheit mit dem Land Nieder- österreich“, sagte Landeshauptmann Pröll in seiner Laudatio. Henckel Donnersmarck sei „eine Persönlichkeit mit einem faszinieren- den Lebensweg“, betonte Pröll. Weiters sei diese Auszeichnung ein „Zeichen des Re- spekts für dein vielfältiges Wirken und für das, was du für dieses Bundesland und in diesem Bundesland geleistet hast“, so der Landeshauptmann zu Henckel Donnersmark. Der Altabt des Stiftes Heiligenkreuz habe das reichhaltige Erbe „sorgsam und umsichtig gepflegt“ und gleichzeitig auch „Verantwor- tung für das Miteinander der Menschen in der heutigen Zeit“ übernommen, so Pröll. „Ich habe in Niederösterreich eine Hei- Foto: NLK Kaufmann Gregor Henckel Donnersmark (l.) nimmt von LH Erwin Pröll die Ehrung entgegen. mat gefunden“, meinte der Altabt in seiner Rede, in der er sich für die hohe Auszeich- Vollendung des 70. Lebensjahres, schon wie- alter von 46 Jahren angestiegen. Er konn- nung durch das Bundesland Niederösterreich der den Rücktritt anzubieten. te 41 Novizen einkleiden, von denen nur bedankte. Seine Amtszeit hat er als gnadenreich und 4 das Kloster wieder verlassen haben. Gregor Henckel Donnersmark wurde am schön aber auch als sehr anstrengend erlebt. Die 1802 gegründete Hochschule wurde 16. Jänner 1943 in Breslau in Schlesien Er ist daher der Überzeugung, daß es richtig zur Hochschule päpstlichen Rechtes geboren. Nach der Matura in Klagenfurt be- ist nach vollen zwölf Jahren seinen Dienst ernannt, die Zahl der Studierenden an der suchte er die Hochschule für Welthandel in als Abt zu beenden.“ Abt Gregor dankte da- Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Wien. Von 1979 bis 1977 arbeitete er für die mals seinen Mitbrüdern, den Mitarbeitern Heiligenkreuz ist von 63 auf 186 gestie- Firma Schenker & Co. Am 15. November und allen Menschen, die ihn in diesen zwölf gen. 1977 trat er in das Zisterzienserkloster Heili- Jahren begleitet hatten. „Vor allem aber ist er Abt Gregor hat die Ausbildung von Prie- genkreuz ein. Am 1. August 1982 fand seine zuinnerst erfüllt von ganz großer, froher sterstudenten aus der Dritten Welt (Viet- Priesterweihe statt. In den Jahren 1994 bis Dankbarkeit gegenüber Gott und der Kir- nam, Nigeria, Syrien usw.) mit all seinen 1999 war er Nationaldirektor von Missio che.“ Kräften gefördert; ein besonders Anlie- Austria, am 11. Februar 1999 wurde er zum Die zwölfjährige Amtszeit von Abt Gregor gen war ihm ein Gründungsprojekt auf 67. Abt des Stiftes Heiligenkreuz gewählt. In von einigen wesentlichen Entwicklungen und Sri Lanka. den Jahren 2003 bis 2007 war er auch Ereignissen geprägt. Abt Gregor hat mit allen Kräften die Abtpräses der Österreichischen Zisterzien- Am 9. Sept. 2007 besuchten der Heilige Pflege des Gregorianischen Choral in der serkongregation. Am 10. Februar 2011 ende- Vater, Papst Benedikt XVI., am 16. Juni Liturgie nach den Normen des 2. te seine zwölfjährige Amtszeit als Abt des 2004 der Ökumenischen Patriarch Bar- Vatikanums gefördert; er hat die verstärk- Stiftes Heiligenkreuz. In einer Presseaussen- tholomaios I. und am 14. Juni 2009 der te öffentliche Wahrnehmung des klöster- dung hieß es damals, „zu diesem Zeitpunkt rumänisch-orthodoxe Patriarch Daniel lichen Lebens in Heiligenkreuz aufgrund wäre gemäß den Konstitutionen eine Ver- das Stift Heiligenkreuz. des Erfolges der Choral-CD „Chant – trauens-Abstimmung durchzuführen. Er Unter seiner Führung ist die Zahl der Music for Paradise“ wohlwollend und selbst ist dann im aber bereits 69. Lebensjahr Mönche des Konventes von 53 auf derzeit väterlich ordnend begleitet… und hätte nach relativ kurzer Zeit, bei 88 mit einem derzeitigen Durchschnitts- http://stift-heiligenkreuz.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 70 Personalia Ludwig Hirsch erhielt den Goldenen Rathausmann

er Erste Präsident des Wiener Landtags, DProf. Harry Kopietz, überreichte in sei- nem Arbeitszimmer dem Sänger, Lieder- macher und Schauspieler Ludwig Hirsch am 28. Juni in Vertretung von Bürgermeister Michael Häupl den Goldenen Rathausmann. Kopietz betonte in seiner Ansprache, Hirsch sei einer der größten Künstler Wiens, auf den Wien und die Wienerinnen und Wiener sehr stolz seien und den er, Kopietz, sehr bewun- dere und dessen Auftritte er immer wieder sehr genossen hätte. Hirsch bekomme den von Bürgermeister Häupl zuerkannten Rat- hausmann vor allem auch deshalb, weil Hirsch eine Persönlichkeit mit einer beson- deren Symbolkraft sei. Der frischgebackene Besitzer des golde- nen Rathausmannes freute sich sehr über diese Ehrung und meinte, ohne die Unter- Foto: Schaub-Walzer / PID stützung der Plattenfirma, der Manager, der Landtagspräsident Prof. Harry Kopietz (r.) überreichte dem Liedermacher und Schauspieler Ludwig Hirsch den »Goldenen Rathausmann«. Produzenten, Arrangeure und Musiker hätte er diese Auszeichnung sicher nicht bekom- zu. Ende der 70er-Jahre begann seine Lauf- im Shakespeare-Stück „Was Ihr wollt“. Er men. Bei der Übergabe waren u.a. der Ent- bahn als Liedermacher mit kritischen, maka- spielte auch in bekannten TV-Serien mit. decker von Ludwig Hirsch, Karl Scheib- ber-morbiden Texten, wie z.B. auf der LP Mittlerweile sind über 20 „Hirsch-Alben“ maier, der ehemalige ORF-Moderator Ernst „Dunkelgraue Lieder“ aus dem Jahr 1978. erschienen. Hirsch ist ein Geschichtenerzäh- Grissemann, der Komponist und Musikpro- Inzwischen hat sich der „typische Wiener“ ler. Seine Geschichten handeln von „dunkel- duzent Christian Kolonovits sowie der Gi- nicht nur als einer der erfolgreichsten Lie- grauen“ Begebenheiten in und rund um Wien. tarrist, Produzent und Arrangeur von Hirsch, derschreiber manifestiert, sondern ist auch Die jüngste CD „In Ewigkeit Damen“ wurde Johann M. Bartl, anwesend. seinem Beruf als Schauspieler treu geblieben. vor fünf Jahren veröffentlicht. Hirsch wird Hirsch wurde am 28. März 1946 im stei- So spielte er auf verschiedensten Theater- noch kommenden Juli einige Open Air-Kon- rischen Weinberg geboren, wuchs aber im bühnen wie z. B. bei den Salzburger Fest- zerte in Österreich geben, aber auch in Mün- 2. Bezirk auf. Er studierte Grafik an der spielen im „Jedermann“, im Wiener Volks- chen beim TOLLWOOD Festival auftreten. Hochschule für Angewandte Kunst, wandte theater im Stück „Einen Jux will er sich Anschließend wird er sich ein Jahr zurück- sich jedoch letztendlich der Schauspielerei machen“, aber auch im Theater Kobersdorf ziehen und an seiner neuen CD arbeiten.

Molterer ist neuer Österreicherin wird neue Petra Stolba ist neuerlich Vizepraesident der EIB Direktorin der OSHA ÖW-Geschäftsführerin ilhelm Molterer ist zum Vizepräsiden- ie Österreicherin Christa Sedlatschek n seiner Zuständigkeit als Präsident der Wten und Mitglied des Direktoriums der Dwurde am 29. Juni vom Verwaltungsrat IÖsterreich Werbung gab Tourismusmi- Europäischen Investitionsbank (EIB) bestellt der Europäischen Agentur für Sicherheit und nister Reinhold Mitterlehner bekannt, daß worden. Er tritt sein Amt am 1. Juli 2011 an. Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OSHA) die derzeitige Geschäftsführerin der ÖW, Wilhelm Molterer (ÖVP) war u.a. Land- zur Direktorin. Petra Stolba, für weitere fünf Jahre in ihrer wirtschaftsminister und Vizekanzler (Kabi- Sie war Leiterin des arbeitsinspektions- Funktion verlängert wurde. Darauf haben nett Gusenbauer) und zuletzt als Abgeord- ärztlichen Dienstes für Wien, Niederöster- sich die Mitglieder der ÖW, Wirtschafts- neter im Nationalrat tätig. Er wurde vom Rat reich und das Burgenland sowie stellvertre- ministerium und Wirtschaftskammer Öster- der Gouverneure der EIB auf Vorschlag des tende Leiterin der arbeitsmedizinischen Ab- reich, nach einem Bewerbungsverfahren, ge- Finanzministers der Republik Österreich und teilung im Zentral-Arbeitsinspektorat des da- führt von Egon Zehnder, geeinigt. mit Zustimmung der Ländergruppe Estland, maligen Bundesministeriums für Arbeit und Mit der Verlängerung von Stolba ist auch Lettland, Litauen, Finnland und Schweden Soziales. Seit 2004 ist die gebürtige Kärnt- für notwendige Impulse und Innovationen in bestellt. Molterer erklärte anläßlich seiner nerin stellvertretende Leiterin der Initiative der österreichischen Tourismuswirtschaft Bestellung: „Ich freue mich darauf, in einer Neue Qualität der Arbeit (INQA) bei der gesorgt. Sie hat in den vergangenen fünf Jah- Institution mitwirken zu dürfen, die ganz deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz ren die Marke „Urlaub in Österreich“ zu- entscheidend zur wirtschaftlichen, sozialen und Arbeitsmedizin (Baua) in Berlin. Die kunftsgerichtet und wettbewerbsfähig posi- und technologischen Entwicklung der Euro- OSHA wurde 1997 errichtet und hat ihren tioniert. Damit führt die ÖW heute weltweit päischen Union beiträgt.“ Sitz in Bilbao. eine der erfolgreichsten Urlaubsmarken. ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 71 Wissenschaft & Technik Weichenstellung für den Hochschulbereich Am 7. Juni wurde im Ministerrat das Qualitätssicherungsrahmengesetz für die qualitätsorientierte Weiterentwicklung des Hochschulbereichs beschlossen.

issenschafts- und Forschungsminister bote durch das BMWF soll einen Überblick neuen Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz WKarlheinz Töchterle erklärte im Pres- schaffen und eine entsprechende Liste mit und eine Weiterentwicklung der Privatuni- sefoyer nach dem Ministerrat, „die Qualitäts- Hintergrundinformationen über Bildungsan- versitäten. Unter anderem werden Maßnah- sicherung NEU ist Ergebnis eines ausführ- bieter und die Bildungsangebote sollen der men zur Gleichstellung von Frauen und Män- lichen Diskussionsprozesses und bringt ein Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. „Das nern sowie zur Frauenförderung verankert. Mehr an Qualität für die Uni- Weiters wird Privatuniversi- versitäten, Fachhochschulen täten künftig die Teilnahme und Privatuniversitäten. Nach an kompetitiver Forschungs- dem nun beginnenden parla- förderung ermöglicht. mentarischen Prozeß soll das Auch das Fachhochschul- neue Gesetz mit 1. März 2012 Studiengesetz wurde entspre- in Kraft treten. Zentral im un- chend dem Hochschul-Quali- ter Einbindung der betroffe- tätssicherungsgesetz adap- nen Agenturen und Räte bzw. tiert. Neu sind unter anderem der Hochschulkonferenzen er- die Durchführung von ge- arbeiteten Gesetz sind Quali- meinsamen Studienprogram- tätsaspekte, eine Verwaltungs- men analog zum Universitäts- vereinfachung sowie die ver- gesetz (UG) und die gesetzli- besserte internationale Ver- che Verankerung studien- gleichbarkeit. Die drei bis da- rechtlicher Mindeststandards. to tätigen Räte und Agenturen Die Anbieter Lehrgänge schließen sich zu einer ge- universitären Charakters kön- meinsamen Organisation zu- nen künftig gemeinsam mit sammen, eine ,Ombudsstelle Hochschulen kooperieren, um für Studierende‘ wird gesetz- akademische Grade anzubie- lich verankert“, so der Mini- ten. Denn seit ihrer Einfüh- ster. Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz Töchterle rung haben sich der Hoch- Künftig wird es mit der schulbereich und die Anfor- „Agentur für Qualitätssicherung und Akkre- ist ein wesentlicher Beitrag zu mehr Infor- derungen an hochschulische Studien deut- ditierung Austria" eine neue, sektorenüber- mation und Transparenz“, so Töchterle. lich verändert – dieser Entwicklung wird greifende Einrichtung für die externe Quali- Die Neuregelung im Bereich der Qua- damit Rechnung getragen. Die Anzahl der tätssicherung im tertiären Bereich geben. Sie litätssicherung erfordert auch Änderungsbe- Anbieter von Lehrgängen universitären bündelt vorhandene Kompetenzen, Experti- darf im Fachhochschul-Studiengesetz und Charakters ist bereits jetzt stark rückläufig sen und Ressourcen. Die derzeit bestehen- im Universitäts-Akkreditierungsgesetz. Das und der Bedarf wird durch das Angebot der den drei Agenturen (AQA, Akkreditierung- Qualitätssicherungsrahmengesetz umfaßt da- Hochschulen gedeckt. srat, Fachhochschulrat) werden integriert. her das Hochschul-Qualitätssicherungsge- Die Industrie begrüßte das Gesetz samt Als Nachfolge der derzeitigen Studierenden- setz (HS-QSG), das Privatuniversitätengesetz Schaffung der Agentur grundsätzlich. „Da- anwaltschaft wird eine „Ombudsstelle für (PUG) sowie die Novelle des Fachhoch- mit werden die drei bestehenden Agenturen Studierende“ gesetzlich verankert. Ihr kommt schul-Studiengesetzes (FHStG) und des und Gesetze zu einem Gesetz und einer Agen- ein Informations- und Serviceauftrag zu. Bildungsdokumentationsgesetzes. tur nach europäischen Standards zusammen- Das Qualitätssicherungsrahmengesetz Das Hochschul-Qualitätssicherungsge- geführt, was wesentlich sinnvoller ist“, so zielt vor dem Hintergrund des Bologna- setz für öffentliche und private Universitäten der Vize-Generalsekretär der Industriellen- Prozesses auch auf die verbesserte interna- und Fachhochschulen soll durch eine Neu- vereinigung, Peter Koren. Beste Qualität in tionale Vergleichbarkeit ab. Ein gemeinsa- ordnung der externen Qualitätssicherung Bildung und Ausbildung müsse das Ziel auf mes System von Standards, Verfahren und einen wesentlichen Beitrag zur Qualitäts- allen Ebenen und in allen Teilbereichen sein, Leitlinien zur Qualitätssicherung soll dabei steigerung und Qualitätsentwicklung von einerseits um Studierenden und Abnehmern die Entwicklung der Qualität fördern. Be- Hochschulen und deren Angeboten leisten. aus Industrie und Wirtschaft verläßliche züglich grenzüberschreitender Studien wird Das neue Bundesgesetz über Privatuniversi- Standards zu gewährleisten und andererseits es künftig eine gesetzliche Regelung geben: täten (Privatuniversitätengesetz PUG) ge- um die Attraktivität des Hochschulstandortes

Foto: BMWF Eine verpflichtende Registrierung der Ange- währleistet eine rechtliche Klarstellung zum Österreich international zu erhöhen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 72 Wissenschaft & Technik Neuer Supercomputer für die Wiener Wissenschaft Die TU Wien, die Universität Wien und die Universität für Bodenkultur stellten gemeinsam den VSC-2 vor – Österreichs schnellsten Großrechner.

ie Kooperation der drei Universitäten Dhat sich bewährt: Schon das Vorgänger- modell, der Vienna Scientific Cluster, war Österreichs leistungsfähigster Computer und ermöglichte Forschungsgruppen der Techni- schen Universität Wien, der Universität Wien und der Universität für Bodenkultur beachtliche wissenschaftliche Erfolge. Nun geht der Vienna Scientific Cluster 2 (VSC-2) in Betrieb, der seinen Vorgänger an Leistung noch einmal um etwa das Vierfache übertref- fen wird. Offiziell eröffnet wurde der VSC-2 am 21. Juni von Wissenschafts- und For- schungsminister Karlheinz Töchterle und drei VizerektorInnen der beteiligten Universi- täten: Sabine Seidler (TU Wien), Heinz Engl (Uni Wien) und Georg Haberhauer (BOKU). Von der Materialwissenschaft bis zur Me- Foto: teorologie – das Einsatzgebiet des neuen Minister Karlheinz Töchterle, Vizerektorin Sabine Seidler (TU Wien), Vizerektor Heinz Engl (Uni Wien), Vizerektor Georg Haberhauer (BOKU) österreichischen Spitzencomputers ist viel- fältig. Vizerektorin Sabine Seidler (TU ner Vorstellung von gelebter Autonomie: zessoren und ein effizientes Kühlsystem am Wien) setzt hohe Erwartungen in den VSC- Freiheit dazu nützen, um sich selbst zu ent- Standort der TU Wien im Arsenal ist die 2: „Schon bisher waren leistungsfähige falten und neue gemeinsame Potentiale zu Energieeffizienz (die Rechenleistung pro Großrechner ein unverzichtbares Werkzeug aktivieren!“ aufgewendeter Energie) des VSC-2 etwa für unsere Forschung. Mit dem VSC-2 sind In ersten Tests wurde der neue Rechner doppelt so hoch wie jene des Vorgänger- wir weiterhin international ganz vorne mit bereits bis an seine Grenzen ausgelastet – modells. „Der neue VSC-2 wird in wasser- dabei und werden auch in Zukunft vielbe- und mit dem Ergebnis kann man mehr als gekühlten Schränken mit einer Vorlauftem- achtete Forschungsergebnisse erzielen.“ Laut zufrieden sein: „Der VSC-2 bringt es auf peratur von 18 Grad arbeiten, anstatt mit Vizerektor Heinz W. Engl (Universität Wien) 135,6 TeraFlops – also 135 Billionen Gleit- sechs Grad kaltem Wasser, wie es bei älteren zeigt der Erfolg des Projekts, daß die Ko- kommaoperationen pro Sekunde“, berichtet Systemen üblich war. Damit sind die anfal- operationen von Universitäten gerade im der technische Projektleiter, Peter Berger lenden Energiekosten zur Kühlung des Infrastrukturbereich zu Fortschritten führt, (TU Wien). Damit schafft es der VSC-2 auf Systems deutlich geringer“, so Prof. Herbert die eine Universität alleine nicht erreichen den bemerkenswerten 56. Platz auf der TOP- Störi (TU Wien), wissenschaftlicher Leiter kann: „Dieser Weg der Kooperation soll 500-Liste der weltweit schnellsten Hochlei- des Projekts. weitergegangen werden.“ stungsrechner http://www.top500.org. Die Die drei Universitäten entschieden sich Töchterle betont, daß die Investition von gewaltige Rechenleistung kommt nicht für das Angebot der Firma MEGWARE Uni Wien, TU Wien und BOKU die Vorteile durch spezielle Prozessoren zustande – die Computer aus Chemnitz, Deutschland. Das eines gemeinsamen Vorgehens zeige und zu- sind durchaus mit den Prozessoren vergleich- System besteht aus 1314 Rechnerknoten dem ein starkes Signal seitens der Universi- bar, die man zuhause im PC findet. Das Er- (476 beim VSC-1), jeder Knoten verfügt täten sei, im Sinne der Wissenschaft und folgsgeheimnis liegt in der enormen Anzahl über zwei Prozessoren vom Typ AMD Forschung kooperativ an einem Strang zu von 21024 parallel arbeitenden Prozessor- Opteron 6132 HE mit 2,2 GHz Taktrate und ziehen. „Das Projekt ist damit auch ein ge- kernen und ihrem effizienten Zusammen- je acht Prozessorkernen. Insgesamt wird der lebtes Beispiel für die Philosophie des Hoch- wirken. Die Anschaffungskosten von etwa VSC-2 somit über 21024 Prozessorkerne schulplans, der Universitäten zur Koopera- 4,2 Millionen Euro teilen sich die Univer- verfügen (zum Vergleich: der VSC-1 hatte tion anregt und bei der Umsetzung zugleich sität Wien und die TU Wien je zur Hälfte, die 3968 Cores). Die Knoten sind mit einem großen individuellen Gestaltungsraum zu- BOKU beteiligt sich an den Personalkosten. schnellen InfiniBand-Netzwerk mit einem läßt“, so Töchterle. Für den Bundesminister Neben der Rechenleistung war die Um- Datendurchsatz von 32 Gigabit pro Sekunde hat die Investition auch hohe Symbolkraft: weltbilanz bei der Wahl des Gerätes aus- verbunden. Der VSC-1 wird unabhängig von „Diese ist nicht zuletzt auch Ausdruck mei- schlaggebend: Durch energiesparende Pro- der Neuanschaffung weiter betrieben.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 73 Wissenschaft & Technik Weltweit einzigartiges Mikroskop an der TU Graz Das Forschungsgerät der Superlative ist mit seinen Messungen mit bisher ungekannter Genauigkeit weltweit einzigartig und bietet damit völlig neue Chancen für die Materialforschung am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Steiermark und darüber hinaus.

erkstoffe weiter verbessern, neue WPharmazeutika entwickeln oder elek- tronische Bauteile perfektionieren – die Pa- lette möglicher Anwendungen der Nanotech- nologie ist breit. Basis für neue Entwick- lungen ist die Nanoanalytik: Hier arbeiten Forscher daran, Strukturen und Eigenschaften von Materialien besser zu verstehen. „Werk- zeug“ dazu sind modernste Elektronenmi- kroskope. Mit ASTEM rückt die Grazer For- schung im Bereich Elektronenmikroskopie in die internationale Spitzenliga auf. „Aus- gezeichnete Leistungen braucht adäquate Ausstattung. Mit dem neuen ASTEM gibt es an der TU Graz ab sofort ein Werkzeug der Superlative für die Nanowissenschaften“, zeigt sich TU-Rektor Hans Sünkel stolz. Das erste Elektronenmikroskop in der Steiermark wurde vor genau 60 Jahren in

Betrieb genommen, zum Jubiläum folgt nun Foto: TU Graz/Lunghammer ein neuer Meilenstein. „Ein Rastertransmis- Hans Sünkel (M.) freut sich gemeinsam mit dem Vize-Präsidenten des Vereins zur Förderung der Elektronenmikroskopie, Ulrich Santner (l.), und Professor Ferdinand sionselektronenmikroskop ist ein spezieller Hofer (TU-Institut für Elektronenmikroskopie und Feinstrukturforschung). Typ eines Elektronenmikroskops. Ein Elekt- ronenstrahl fokussiert auf eine dünne Probe ste Analytik erlaubt uns, die Art eines Atoms Das TU-Institut für Elektronenmikro- und ,rastert‘ zeilenweise ein bestimmtes Bild- zu bestimmen: Atompositionen werden er- skopie und Feinstrukturforschung nutzt das feld ab“, erläutert Ferdinand Hofer, Leiter kennbar, wir können auch die chemische neue Großgerät gemeinsam mit dem Zen- des Instituts für Elektronenmikroskopie und Ordnungszahl zuordnen“, so Hofer. trum für Elektronenmikroskopie Graz, einem Feinstrukturforschung und Koordinator des Der Nutzen für die Forschung: Völlig Mitglied der Austrian Cooperative Research Forschungsschwerpunkts „Advanced Mate- neue Möglichkeiten, um das Innerste von (ACR), der Vereinigung der Kooperativen rials Science“ der TU Graz, das Grundprin- Materialien, also ihre strukturellen und funk- Forschungsinstitute der österreichischen zip. tionellen Eigenschaften besser verstehen zu Wirtschaft. Rund zehn Personen arbeiten in ASTEM ermöglicht Messungen von bis- können – eine wichtige Basis um Materia- der ersten Phase an ASTEM, weitere sollen her ungekannter Exaktheit: Ein mit 70 lien für alle Bereiche des Lebens und für An- folgen. Profitieren sollen künftig aber auch Picometern – ein Picometer entspricht einem wendungen in Wirtschaft und Industrie er- Wissenschafter, die selbst nicht vor Ort sind: Milliardstel Millimeter – fast unvorstellbar folgreich weiter zu entwickeln und damit ein Das Gerät kann auch mittels „Fernbedie- feiner Elektronenstrahl tastet die Oberfläche Schlüssel für den technologischen Fortschritt. nung“ genutzt werden, lediglich die Probe des Stoffs ab. Abstände zwischen Atomen Projekte in Kooperation mit Unternehmen muss vor Ort sein. Damit eröffnen sich neue, von 0,14 Nanometern – ein Nanometer ent- am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort „grenzenlose“ Möglichkeiten der Zusam- spricht wiederum einem Millionstel Milli- Steiermark sind bereits in der Pipeline: Com- menarbeit. Damit das Bild nicht „wackelt“, meter – sind so meßbar. Möglich wird das puterchips zu neuen Spitzenleistungen opti- steht ASTEM streng geschützt vor Schall durch ein neues technisches Prinzip: den mieren und materialschädigende Nano- und Temperatureinwirkung in einem speziell „Super-X“-Röntgendetektor, der internatio- Ausscheidungen in Stählen vermeiden sind abgeschirmten Raum. nal erstmals an der TU Graz zu finden ist. die Themen. Die TU Graz stärkt so ihren Finanziert wurde das vier Millionen Euro Mit diesem besonders empfindlichen Rönt- Schwerpunkt „Advanced Materials Science“ schwere Messinstrument vom Verein zur gendetektor können die Forscher sogar fest- weiter – das ist eines von fünf definierten Förderung der Elektronenmikroskopie, der stellen, aus welchen Elementen sich eine Stärkefeldern, die das Profil der Universität FFG, dem Land Steiermark, der Steirischen Probe zusammensetzt. „Die atomar aufgelö- in Forschung und Lehre prägen. Wirtschaftsförderung und der TU Graz.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 74 Wissenschaft & Technik Innsbrucks Quanten-Nachwuchs erneut erfolgreich Sebastian Diehl und Peter Rabl erhalten die höchste Auszeichnung für Nachwuchswissenschaftler in Österreich.

issenschaftsminister Karlheinz Töch- mischen Gleichgewichts beitragen“, sagt chanik auch anhand von makroskopischen Wterle und FWF-Präsident Christoph Diehl. Objekten zu studieren. Dazu analysiert Peter Kratky gaben am 21. Juni in Wien die dies- Sebastian Diehl, geboren 1979 in Lud- Rabl neue physikalische Effekte, die auf der jährigen START-Preisträgerinnen und Preis- wigshafen, Deutschland, studierte in Heidel- Quantisierung der makroskopischen Bewe- träger bekannt. Von den ausgewählten Nach- berg Physik und schloß sein Doktoratsstu- gungsfreiheitsgrade basieren, wobei er sich wuchswissenschaftlern stammen zwei Preis- dium 2006 ab. Danach kam er in die For- hier sowohl für fundamentale Fragestellun- träger aus dem erfolgreichen Innsbrucker schungsgruppe um Prof. Peter Zoller an das gen als auch für potentielle Anwendungen Quantenphysik-Schwerpunkt: Sebastian dieser System interessiert. „Um auch lang- Diehl und Peter Rabl. fristige Perspektiven für dieses noch junge Forschungsgebiet zu eröffnen, untersuche Diehl: Quantenwelt und Vielteilchen- ich anhand von konkreten physikalischen physik rücken näher zusammen Implementierungen – zum Beispiel Fehlstel- In ultrakalten Gasen treten erstaunliche len in Diamantnanostrukturen – wie die Ma- makroskopische Quanteneffekte auf, die aus nipulation von markoskopischen Bewegungs- dem kohärenten Zusammenspiel einer freiheitsgraden für die Verarbeitung von Vielzahl von Atomen entstehen. Die For- Quanteninformation oder zur Verbesserung schung konzentrierte sich bisher auf von von nanomechanischen Sensoren nutzbar ihrer Umgebung vollständig isolierte Syste- gemacht werden könnte,“ sagt der Physiker. me im thermodynamischen Gleichgewicht. Sebastian Diehl Peter Rabl wurde 1978 in Bad Häring Jüngere Entwicklungen beleuchten aber ver- geboren und studierte Physik an der Uni- mehrt Systeme, in denen zusätzlich zu den Institut für Quantenoptik und Quanteninfor- versität Innsbruck, wo er 2006 auch promo- kohärenten auch dissipative Effekte auftre- mation (IQOQI) der Österreichischen Aka- vierte. Bis 2007 war er Forschungsassistent ten. Dissipation beschreibt in der klassischen demie der Wissenschaften. Seit 2009 ist er am Institut für Quantenoptik und Quanten- Physik beispielsweise den Übergang von wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut information (IQOQI). Von 2007 bis 2010 Bewegungsenergie in Wärmeenergie durch für Theoretische Physik der Universität forschte Rabl am Institute for Theoretical Reibung. Dabei wird der Grad der Unord- Innsbruck. Atomic, Molecular and Optical Physics nung im System erhöht, typischerweise ein (ITAMP) des Harvard-Smithsonian Center unerwünschter Effekt. Gerade in Quanten- Rabl: Quantenphysik stößt for Astrophysics in Cambridge, USA. Seit systemen können dissipative Phänomene die in die Nanowelt vor Herbst 2010 forscht Peter Rabl wieder am fragilen Quantenkorrelationen leicht zerstö- Peter Rabl beschäftigt sich mit neuen the- Institut für Quantenoptik und Quanteninfor- ren. Unter bestimmten Umständen aber zeigt oretischen Ansätzen zum besseren Verständ- mation (IQOQI). sich, daß dieser Effekt umgekehrt und sogar nis der Physik von opto- und nanomechani- zur wertvollen Ressource für die Erzeugung Höchstdotierte Nachwuchs- quantenmechanischer Korrelationen werden förderung in Österreich kann. Der START-Preis des österreichischen Während die mikroskopische Physik die- Wissenschaftsministeriums wird durch den ser Systeme präzise modelliert werden kann, österreichischen Wissenschaftsfonds FWF fehlen derzeit noch effiziente theoretische vergeben und stellt mit bis zu 200.000 Euro Werkzeuge, um aus dem mikroskopischen pro Jahr die höchstdotierte Förderung von Modell quantitative Vorhersagen für die NachwuchsforscherInnen in Österreich dar. Makrophysik abzuleiten. „Ich möchte die Die Preisträger werden von einer internatio- Gebiete der Quantenoptik und der Viel- nalen Fachjury ausgewählt. Junge Forsche- teilchenphysik dazu näher verknüpfen“, sagt rInnen sollen aufgrund ihrer bisher geleiste- Sebastian Diehl. Ergänzend zu den theoreti- Peter Rabl ten wissenschaftlichen Arbeit die Chance schen Untersuchungen wird er auch prakti- erhalten, in sechs Jahren finanziell weitge- sche Vorschläge für neue Experimente erar- schen Systemen im Quantenregime. Die ra- hend abgesichert ihre Forschungsarbeiten zu beiten. „Mit diesen Untersuchungen wollen santen experimentellen Fortschritte auf die- planen und eine eigene Arbeitsgruppe aufzu- wir zum sich rapide entwickelnden Feld der sem Gebiet werden es in naher Zukunft bauen. Nach drei Jahren haben sie sich einer Vielteilchenphysik jenseits des thermodyna- ermöglichen, die Gesetze der Quantenme- Zwischenevaluierung zu stellen.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 75 Kultur Venedig – Seemacht, Kunst und Karneval Ausstellung im Renaissanceschloß Schallaburg bis 6. November Foto: Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie Ansichten des Markusplatzes mit Blick auf die Basilika zählten zu den beliebtesten Veduten Venedigs und wurden gern auch von Italienreisenden erworben. Das hier gezeigte Gemälde aus dem Umkreis des Francesco Guardi (1712–1793) ist durch eine strenge Komposition und eine kontrastreiche Lichtregie charakterisiert.

ie heurige Ausstellung im niederöster- digs endet mit der Frage, wie die veneziani- als niederösterreichisches Leitprojekt, sei- Dreichischen Renaissanceschloß Schalla- schen Pfahlbauten für die Zukunft erhalten nen Platz in der nationalen Ausstellungs- burg mit dem Titel „Venedig – Seemacht, werden können. Szene", so Landeshauptmann Erwin Pröll. Kunst und Karneval“ beeindruckt mit einer Die Ausstellung ist ein Kooperationspro- spannenden Bandbreite an Inhalten: Von der Hochkarätige Kunst jekt der Schallaburg KulturbetriebsGbmH Gründung der Stadt, dem Aufstieg zur Han- aus Wien und Venedig und dem Kunsthistorische Museum. Sie delsmacht, dem Kolonialreich über den Die Malerei nimmt einen besonderen steht unter der Schirmherrschaft der Comune Kampf gegen die Türken, die österreichische Platz in der Ausstellung ein. Insgesamt drei di Venezia und Ateneo Veneto. Die insge- Herrschaft bis zur heutigen Bedeutung der Räume sind berühmten Malern des 16. bis samt 350 Exponate stammen aus verschiede- Stadt als Kunst- und Kulturmetropole führt 18. Jahrhunderts gewidmet, unter ihnen Tin- nen Abteilungen des Kunsthistorischen Mu- der historische Streifzug. Die Malerei, der toretto, Longhi und Canaletto. Die Konstel- seums sowie aus der Fondazione Querini Stellenwert des Theaters und der Oper wer- lation der Gemälde ist einzigartig, denn viele Stampalia, der Fondazione Musei Civici den thematisiert, wie auch die zeitgenössi- der Exponate werden seit rund 20 Jahren Veneziani und dem Museo Storico Navale. sche Kunst. Das berühmte venezianische erstmals wieder gezeigt. Die Kunstwerke finden dank klimatechni- Glas, die Architektur, venezianische Villen „Die Schau ,Venedig – Seemacht, Kunst scher Verbesserungen optimale konservato- als auch Gondeln und Schiffe finden in der und Karneval‘ ist die hochkarätigste Ausstel- rische Bedingungen vor. Ausstellung genauso ihren Platz wie das Le- lung, die jemals auf der Schallaburg gezeigt „Venedig ist eine spannende Stadt. Ich ben Casanovas, der Karneval und vieles mehr. wurde. Mit diesem abwechslungsreichen und möchte mit der Ausstellung Venedig von Der Spaziergang durch die Geschichte Vene- spannenden Thema bestärkt die Schallaburg, vielen verschiedenen Seiten zeigen. Sie soll

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 76 Kultur

die Pracht der Kaufmannsstadt im Mittel- alter wie in der Neuzeit. Sie zeichnet ihren unglaublichen politischen Aufstieg nach, präsentiert den atemberaubenden Reichtum ihrer Kunst und spannt den Bogen bis ins heutige Venedig.

Formvollendet Mit Millionen von Pfählen auf über 100 Inseln erbaut. Wo Kanäle und Brücken die Bewohner verbinden. Wo moderne Baupro- jekte Touristen- und Wassermassen lenken: Es ist die weltweit wohl einzigartige Verbin- dung von Stadt und Meer. Von Giacomo Ca- sanova über Johann Wolfgang von Goethe und Thomas Mann bis zu den Kultkrimis von Donna Leon. Vom weltberühmten Opern- haus Teatro La Fenice (eröffnet 1792) bis zur Biennale und den Filmfestspielen am Lido: Seit jeher ist Venedig Gegenstand wie Schau- platz von Kunst, die ihre Epoche prägt. Hier entwickelte sich die Kunst der Glas- bläserei auf der Insel Murano zu unerreichter Höhe. Hier entstanden Gemälde und Skulp- turen, die heute als epochal und wegweisend gelten. Hier komponierten Monteverdi und Vivaldi. Hier entfaltete sich die veneziani- sche Architektur, die ihre Pracht in Villen, Kirchen und berühmten Brücken offenbart. Venedig war und ist ein Ort der formvol- lendeten Schönheit. Die Ausstellung bietet einen repräsentativen Querschnitt der viel- fältigen venezianischen Kultur.

La Serenissima Foto: Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie Ist der Venezianer Marco Polo tatsächlich Jacopo Robusti, gen. Tintoretto (1519–1594), »Der Doge Sebastiano Venier in Rüstung«. Im Hintergrund ist die Schlacht von Lepanto zu sehen schon im Mittelalter bis nach China vorge-

auch für all jene interessant sein, die Venedig bereits kennen und einen Einblick in die vielfältige venezianische Kultur gewähren“, so Matthias Pfaffenbichler, Kurator der Ausstellung.

Venedig sehen … „… und sterben“ wurde zum geflügelten Wort. Woher rührt die mythische Kraft die- ser Stadt, die nur sechs Autostunden von der niederösterreichischen Landeshauptstadt trennen und die jedes Jahr etwa 16 Millionen Besucher aus der ganzen Welt anzieht? Die Schallaburg belebt als einer der re- nommiertesten Aussteller Niederösterreichs den Mythos der „Stadt im Wasser“ auf ein- drucksvolle Weise. Die ausgewählten Schau- stücke sind Zeugen der historischen Verbun- Foto: Venezia, Fondazione Querini Stampalia denheit Österreichs mit Venedig, das für rund Gabriel Bella (1730–1799), Einkleidung einer venezianischen Adligen als Nonne. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Töchter des venezianischen Adels von ein halbes Jahrhundert Teil des Habsburger- ihren Eltern häufig ins Kloster geschickt, um nicht durch die bei einer Heirat fälli- reichs war. Die Ausstellung vergegenwärtigt ge Mitgift das Familienvermögen zu belasten.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 77 Kultur Foto: Schallaburg / Helmut Lackinger Das Renaissanceschloß Schallaburg ist seit Jahren Ort zahlreicher Ausstellungen und beliebtes Ausflugsziel in Niederösterreich. drungen? Gewiß ist: Ungezählte Venezianer diese im 16. Jahrhundert her und woher ka- hefte für verschiedene Altersgruppen ergän- eroberten im Laufe der Jahrhunderte den men sie? Warum war gerade Ultramarin so zen das interaktive Programm. Wer das Lö- Mittelmeerraum bis nach Kreta und Zypern, unerschwinglich teuer? Aber auch Masken sungswort entschlüsselt, darf sich auf eine bauten Handelsnetze bis weit in den asiati- zum Probieren und Hörproben veneziani- Urkunde und ein kleines Geschenk freuen. schen und afrikanischen Raum auf. scher Musik entführen die Jüngsten in die Der „Capitano“, eine Figur aus der Com- Für rund tausend Jahre verband der Han- faszinierende Welt Venedigs. media de’ll Arte, dient in der Ausstellung als del über Venedig Westeuropa mit dem Ausstellungsbezogene kostenlose Rätsel- Orientierungshilfe. Dort wo er auftritt, tref- Orient. Brachte Luxusgüter wie Seide, Pel- fen die Jüngsten auf spezielle Thementexte, ze, Gold und Gewürze in den Norden. Und interaktive Stationen und knifflige Rätsel. begründete die Macht und die Herrlichkeit der „Serenissima“ (die „Allerdurchlauchtig- Venezianisches Flair ste“), wie die damalige Republik Venedig auf der Schallaburg bezeichnet wurde. Ein abwechslungsreiches Veranstaltungs- Ein prunkvoller Harnisch aus 1485, mili- programm im venezianischen Flair macht tärische Gerätschaften und berühmte Gemäl- das Renaissanceschloß Schallaburg zum ide- de von Tiepolo, Tizian, Veronese über Tinto- alen Ausflugsziel für die ganze Familie. Vom retto bis Canaletto: Das sind nur einige der Naturgartenfest, dem Drachensteigfest über zahlreichen Zeugnisse, die den Aufstieg Ve- das Familienfest und den Tag der „Goldenen nedigs zur politischen und Handelsgroß- Generation“ reicht das Angebot und bietet macht der neuzeitlichen Welt veranschau- Spiel, Spaß und Unterhaltung. lichen. Ideale Ergänzung zur Ausstellung ist ein Spaziergang durch den historischen Turnier- Capitano leitet die Jüngsten garten sowie ein interaktiver Burgrundgang. Kinder und Jugendliche erwarten eigens Besucher erleben die Geschichte des Renais- entwickelte interaktive Bereiche, die unter- sanceschlosses, dazu kommen zwei unter- haltsam und lehrreich durch die Ausstellung haltsame Stationen mit Kettenhemd zum An- führen. In einem Handelskontor lernen sie probieren und Bogenschießen. Für das leib- die wichtigsten Handelsgüter kennen, in liche Wohl sorgt das Schloßrestaurant mit

einem Künstleratelier erforschen die Jüng- Foto: Schallaburg / Helmut Lackinger venezianischen Schmankerln. sten die Welt der Farben. Wie stellte man Der Kleine Arkadenhof http://www.schallaburg.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 78 Kultur Meisterwerke im Fokus »Josef Danhauser. Bilderzählungen« – Sommerausstellung von 22. Juni bis 25. September in der Orangerie des Belvedere © Belvedere, Wien Josef Danhauser, »Komische Szene im Atelier«, 1829, Öl auf Leinwand, 40,3 x 52 cm, Belvedere, Wien

osef Danhauser (1805-1845) zählte zu lungen, dahinter stecken der Mut zur Satire hauser integrierte in seine Arbeiten oftmals JLebzeiten zu den bedeutendsten Künst- und eine ausgeprägte Beobachtungsgabe. die neuesten Kreationen aus der Danhau- lern Wiens, sein Name ist untrennbar mit Unter dem Einfluß der Stichfolgen des engli- serschen Möbelfabrik, die er gemeinsam mit jener Epoche verbunden, die heute Bieder- schen Malers William Hogarth (1697-1764) seinem Bruder Franz Danhauser leitete. Die meierzeit genannt wird. Die Sommerausstel- sowie der Wiener Straßenszenen von Josef Beschreibung des Ambientes bildet in diesen lung in der Orangerie präsentiert den Künst- Lanzedelli d. Ä. (1772-1831) und Georg Darstellungen jedoch nur den dekorativen ler als Erzähler von Geschichten, seine Emanuel Opiz (1775-1841) entwickelte er Rahmen, im Vordergrund stehen Charakter Bilder gewähren einen aufschlußreichen eine eigenständige Erzählweise. und Handlungen der Menschen. Einblick in das Leben und Denken seiner Danhauser reicherte seine Werke mit Im Œuvre Danhausers nehmen Genre- Zeit. An der Wiener Akademie der bildenden einer Vielzahl an informativen und erklären- szenen mit einem moralisierenden Anspruch Künste zum Historienmaler ausgebildet, den Details an, stellte historische und litera- eine wichtige Position ein, wie u. a. in „Der überwand Danhauser bald den akademi- rische Bezüge her, kombinierte diese und reiche Prasser“, „Die Klostersuppe“, „Der schen Traditionalismus und reicherte seine knüpfte so ein dichtes erzählerisches Netz. Pfennig der Witwe“ und „Die Testaments- geschichtlichen und religiösen Themen mit Seine Bilderzählungen illustrieren eindrück- eröffnung“. Die durch Zensur unterbundene genrehaften Elementen an. Seine herausra- lich die Lebensumstände im frühen 19. Jahr- Kritik an der Staatsführung wurde durch die gende Fähigkeit lag darin, literarische Texte hundert in Wien. Werke wie „Die Schach- Kritik am Mitmenschen substituiert. Außer- in eine bildliche Sprache zu übersetzen. partie“ geben eine Vorstellung von den da- dem setzte sich Danhauser sein Leben lang Gesten, Mienen und pointierte Bewegungs- mals beliebten Salons, die Ausstattung ver- mit dem Beruf des Malers auseinander, in abläufe sind die „Vehikel“ seiner Bilderzäh- mittelt ein Bild des Zeitgeschmacks. Dan- zahlreichen Atelierszenen reflektierte er sein

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Künstlerdasein. Im Sommer 2010 wurde mit zu Friedrich von Amerling, Tina Blau, Jean notleidender Gratulanten schützen konnte. Unterstützung des Dorotheums das Institut Egger und Gerhart Frankl. Ein spätes Beispiel seiner sozialkritischen für die Erstellung von Werkverzeichnissen Ambitionen sind „Die Zeitungsleser“, zwei am Research Center des Belvedere etabliert, Zeitkritik und Reportage Fuhrmänner, die aus der Zeitung erfahren, um die wissenschaftliche Aufarbeitung und Danhausers Interesse am Menschen war daß sie aufgrund der Veränderungen im Erforschung österreichischer Künstler und zeitlebens groß und es gelang ihm, seine Be- Eisenbahnwesen ihre Arbeit verlieren wer- ihrer OEuvres intensiv voranzutreiben. obachtungen in humorvoller Weise zu veran- den. Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco schaulichen. Schon am Beginn seiner Kar- freut sich, „mit der vorliegenden Publi- riere erfaßte er die Eitelkeit seiner Zeitge- Die vielen Facetten des Menschseins kation, die den Auftakt zur Reihe ‚Belvedere nossen in der Serie „Verlegenheiten“. Auch Danhauser erkannte sehr bald, daß das Werkverzeichnisse‘ darstellt, die erste um- dokumentierte er das ungestüme Benehmen bildhafte Aufgreifen einer Situation allein fassende kunsthistorische Beurteilung des der Schaulustigen in Die „Giraffe im Zoo“. nicht ausreichte, um den Zeitgenossen ihr Gesamtwerkes von Josef Danhauser präsen- Vorbilder für diese Arbeiten waren die unbedachtes Benehmen und die Auswirkun- tieren zu können“. Neben einem monografi- Volksszenen von Georg Emanuel Opiz und gen herzlosen Handelns bewußt zu machen. schen Teil zu Leben und Werk des Künstlers Josef Lanzedelli d. Ä., die in einer Reihe von So entwarf der Maler Lehrstücke, in denen umfaßt der Catalogue raisonné über 500 lithografischen Blättern das tägliche Leben zwei gegensätzliche Verhaltensformen ein- Positionen von zum Teil bisher unpublizier- von Handwerkern und Arbeitern in Wien ander gegenübergestellt werden. Die Heilige ten Gemälden. aufzeigten. Danhauser begnügte sich aber Schrift lieferte ihm hierfür zahlreiche Ideen, Derzeit wird im Belvedere an den Œuvre- nicht mit dem Schildern, er versuchte, die so etwa für „Der reiche Prasser“ oder „Der katalogen zu Marc Adrian, Carry Hauser, Situationen anekdotisch anzureichern. Gele- Pfennig der Witwe“. Inspirierend wirkten Hans Makart, Franz Xaver Messerschmidt, gentlich reagierte er auf das Tagesgesche- auch andere literarische Texte, so beziehen Martin van Meytens, Koloman Moser, Otto hen, wie etwa 1831 auf die neu eingeführten sich die beiden Fassungen von „Die Testa- Rudolf Schatz und Curt Stenvert gearbeitet. Enthebungskarten, mittels derer sich der mentseröffnung“ auf den Roman „Guy Geplant sind darüber hinaus Publikationen Bürger vor den unangenehmen Bittgängen Mannering“, oder der „Sterndeuter“ von Sir © Belvedere, Wien Josef Danhauser, »Die Schachpartie«, 1839, Öl auf Leinwand, 135 x 175 cm, Leihgabe Goal Arts Foundation, Freeport, Bahamas

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Walter Scott, das Gemälde „Wein, Weib und Gesang“ basiert auf dem Sinnspruch: „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang.“

William Hogarth und Josef Danhauser Danhausers Verbindung zum englischen Maler William Hogarth wurde bereits von seinen Zeitgenossen erkannt und in mehre- ren Zeitungsartikeln positiv hervorgehoben. Wie Hogarth versuchte auch Danhauser, den Sittenverfall der Zeit durch die Darstellung von Einzelschicksalen aufzuzeigen. Unver- kennbar folgte er ihm auch im Ausloten des menschlichen Charakters, indem er die Ver- derbtheit seiner Protagonisten mittels ausge- prägter Mimik und Gestik veranschaulichte. Auf diese Weise konnte er Oberflächlichkeit und Heuchelei anprangern und zugleich ein Josef Danhauser, »Der reiche Prasser«, 1836, Öl auf Leinwand, 84 x 131 cm moralisierendes Sittenbild der Zeit schaffen. Bei aller Deutlichkeit in der Beschreibung hat Danhauser aber nie die Schärfe des Vor- bildes erreicht, vielmehr ließ er seine Figu- ren idealtypisch, positiv wie negativ, auftre- ten.

Die Dichterliebe, oder: Eine Geschichte wird zum Bild Der aktuelle Aufenthaltsort des Gemäldes „Die Dichterliebe“ ist unbekannt, nur ein zeit- genössischer Stich vermittelt eine Ahnung vom Aussehen des Werks. Dieses Blatt soll gemeinsam mit den fünf präsentierten Vor- studien den Prozeß der Bildfindung illustrie- ren. Das ursprüngliche Motiv, von Dantes Divina Commedia (Inferno, V, 73-142) inspiriert, wird in den folgenden Skizzen weiterentwickelt – die Protagonisten tragen © Wien Museum © Belvedere, Wien nicht mehr mittelalterliche, sondern renais- Josef Danhauser, »Der Augenarzt«, 1837, Öl auf Leinwand, 94 x 125 cm sanceartige Kleider. Der lorbeerbekränzte Mann und die Pose des Schreibens erinnern an Torquato Tasso, der von Leonore d’Este mit dem Lorbeer bekrönt wird. Über die hi- storische Unvereinbarkeit setzte sich Dan- hauser im fertiggestellten Gemälde mit dem erklärenden Beisatz „Lebensbild aus dem 16. Jahrhundert Italiens“ hinweg.

Religiöses und Historisches Danhauser wurde an der Wiener Akade- mie der bildenden Künste zum Historien- maler ausgebildet und darauf geschult, lite- rarische Texte in eine bildliche Form zu brin- gen. Er wandte diese Vorgehensweise aber nicht nur bei historischen Themen an, son- dern auch in der Genremalerei, und steigerte so die Aussagekraft des Bildes. Das Histo- rienbild wiederum wird bei Danhauser zum © Privatbesitz genrehaft aufgefaßten Geschichtsbild. So Josef Danhauser, »Das Kind und seine Welt«, 1842, Öl auf Holz, 34,8 x 38,5 cm

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sen eindringt. Oftmals konfrontierte Dan- hauser den Maleralltag mit dem instinktge- leiteten Tun von Tieren. So griff er auch, als er seine Bilder von Journalisten ungerecht- fertigt kritisiert sah, auf das Atelierthema zurück und malte eine Gruppe von Hunden beim Zerreißen von Zeichnungen. Das Ge- mälde Romanlektüre zeigt dagegen einen der intimsten Momente des Künstlerlebens: die kreative Phase der Themenfindung. In- teressant wirkt hier das Nebeneinander der Kunstwelt des Malers mit ihren „wertlosen“ Requisiten und einer anderen, künstlich geschaffenen „Scheinwelt“, nämlich der des Bürgertums.

Bilder vom Salon Danhauser verkehrte als künstlerischer Leiter der Danhauserschen Möbelfabrik in den Kreisen des Adels und des gehobenen Bürgertums. Mit seinen Designideen be- stimmte er den Einrichtungsgeschmack der Zeit. Die Ausstattungen der Räume in seinen Bildern sind als authentische Zeitdokumente zu verstehen, Danhauser integrierte hier seine eigenen Möbelentwürfe. „Die Schach- partie“ ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, stellt sie doch die früheste Darstellung eines Salons in der europäischen Malerei des 19. Jahrhunderts überhaupt dar. Erwähnenswert ist auch die abgebildete Geschichte: der Sieg einer Dame in einem Spiel, das von einer Dame domi- niert wird. Wie dieses Gemälde geben auch die weiteren Szenen eine Idee von den ge- sellschaftlichen Zusammenkünften, von der © Privatbesitz Josef Danhauser, »Samson und Delila«, 1835, Öl auf Holz, 50 x 41 cm Musikbegeisterung der Zeit, aber auch von Zügellosigkeit und Ausschweifung. verdeutlichen etwa die Tränen der Protago- teresse am Realismus, das Einbeziehen von nistin in Abraham verstößt Hagar und Ismael Gemälden, die den Inhalt kommentieren, Späte Genredarstellungen den Sachverhalt auch in emotionaler Hin- sowie die Fähigkeit, mit geringem Aufwand Eine kurze Reise durch Deutschland, sicht. Diese psychologische Durchdringung die Aussage einer Szene auf den Punkt zu Holland und Belgien im Sommer 1842 kennzeichnet auch drei Bilder, die eine Frau bringen, waren beiden Malern gleich. Dan- brachte Danhauser mit der lokalen Malerei am Meeresstrand zeigen. Dem Meer kommt hauser versuchte bereits als junger Künstler, des 17. Jahrhunderts in Kontakt. Nach seiner hier eine den Inhalt erweiternde Funktion zu, diese Elemente in seine Werke einzubinden, Rückkehr wanderte der Maler durch die denn es unterstreicht symbolhaft den Seelen- und erreichte damit besonders in den Ate- Wiener Vororte und hielt Volksszenen fest, zustand der Frau vom Meer, greift tragisch lierdarstellungen „Das Scholarenzimmer“ die vor allem von der Beschaulichkeit des in das Familienglück der Frau des Fischers und „Komische Szene im Atelier“ eine kom- Alltags bestimmt sind. Anders als in den frü- ein und bedroht das Leben der Schiff- primierte und humorvolle Bildaussage. hen Genreszenen dominiert nun eine atmo- brüchigen. sphärische Stimmung. Die Erzählung wird Der Künstler im Atelier nebensächlich, das Sujet soll aus sich selbst The Rake's Progress von Zeit seines Lebens setzte sich Danhauser heraus wirken. Ein weiteres Motiv, das Dan- William Hogarth – ein Vorbild auch in seinen Werken mit dem Beruf des hauser in seinen letzten Lebensjahren be- Die Stichfolgen des englischen Malers Malers auseinander. Er bildete sich dabei al- schäftigte, waren seine Kinder. Deren un- William Hogarth waren spätestens durch die lerdings nie selbst ab, sondern ließ andere schuldiges Spiel regte ihn zu zahlreichen ausführlichen Erklärungen Georg Christoph das vollführen, was ihm erzählenswert er- Bildschöpfungen wie u. a. „Das Kind und Lichtenbergs bekannt geworden, die von schien. Es geht immer um den Konflikt der seine Welt“ an, die er aufgrund ihrer Be- 1784 bis 1796 im Göttinger Taschen-Calen- künstlerischen Scheinwelt mit der Realität, liebtheit mehrfach wiederholte. der abgedruckt wurden. Das ausgeprägte In- wobei die Wirklichkeit des Lebens von aus- http://www.belvedere.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 82 Kultur Weltrekord für einen Schiele »Häuser mit bunter Wäsche« wurde bei Sothebys versteigert und erlöste mehr als 27 Millionen Euro.

ie erwartet erzielte das Top-Los der WSothebys Frühjahrsauktion in London, Egon Schieles „Häuser mit bunter Wäsche“ am Abend des 22. Juni einen Rekordpreis: 27,635.665 Euro (24.681.250 Pfund Ster- ling) war einem anonymen privaten Bieter das herausragende Landschaftsbild von Egon Schiele (1890-1918) wert. Das bedeutet Welt- rekord für den Expressionisten und liegt über dem unteren Schätzpreis von 25,300.000 Euro. Der bisherige Rekord lag bei rund 22,5 Mio. US-Dollar (2006). Die Leopold Mu- seum-Privatstiftung hatte das Werk zur Auk- tion frei gegeben, um die Kosten für den Vergleich in der „Causa Wally“ (Vereinigte Staaten von Amerika gegen Bildnis Wally, ein Gemälde von Egon Schiele) abzudecken. Die Entscheidung war laut Elisabeth Leo- pold, Witwe des Sammlungsgründers Prof. Rudolf Leopold, schmerzlich, „aber sie wurde für eine richtige und gerechte Sache getroffen“.

Erlös von »Häuser mit bunter Wäsche« Foto: Leopold Museum / Manfred Thumberger für Abdeckung des »Wally-Kredites« Egon Schiele »Häuser mit Wäsche (Vorstadt II)«,1914 Öl auf Leinwand 100 x 120,7 cm „Man wird mit dem Weltrekordpreis von über 27 Mio. Euro nun die kompletten Ko- mit bunter Wäsche behängten Leinen und ger als die Darstellung einer Seelenland- sten des für ,Wally‘ aufgenommenen Kredi- der vereinzelten Boote am Flußgestade. Leo- schaft mit ihrem Werden und Vergehen“. tes abdecken können und auch weitere Ver- pold hatte angesichts der großartigen Häu- gleiche finanzieren, wir sind sehr zufrieden serlandschaft eine brillante Assoziation: Leopold Museum: Größte damit“, erläuterte Leopold Museum-Mana- „Mit der bunten, im Vergleich zum übrigen Schiele-Sammlung der Welt ging Director Peter Weinhäupl. Das 1914 viel bewegter anmutenden Wäsche, sind Das Leopold Museum mußte sich zwar entstandene Werk war der Star des Abends in vielleicht Kinder und junge Menschen ge- mit diesem Werk von einem äußerst wichti- London. Das Los Nummer 9 zierte auch das meint in ihrem noch unbekümmerten Da- gen Bild trennen, ist aber in der glücklichen Cover des Auktionskataloges. In derselben sein. Altgeworden wohnen sie in ihren Be- Lage, mehrere herausragende Stadtland- Auktion wurden auch Werke von Renoir, hausungen, auf engem Raum zusammenge- schaften Schieles zu besitzen. Die Sammlung Cézanne, Picasso, Giacometti und anderen pfercht“, schrieb der Kunstsammler in seiner Leopold im Leopold Museum enthält die Meistern des Impressionismus und der 1972 erschienenen Schiele-Monographie größte Schiele Sammlung der Welt. Mit 41 Klassischen Moderne versteigert. (Egon Schiele. Gemälde, Aquarelle, Zeich- Gemälden und ca. 190 Arbeiten auf Papier ist nungen). sie die umfassendste aber auch qualitätvoll- Werk aus Sammlung Böhler - ste Schiele-Sammlung, mit Schwerpunkt auf Rudolf Leopold: intensive Farbigkeit Krumauer Eindrücke dem Zeitraum 1910 bis 1915. Das Museum, als Sinnbild von Jugend und Seelenlandschaft berühmt für seine Sammlungen zu Wien Das Bild „Häuser mit bunter Wäsche Das Bild steht in engem Zusammenhang 1900 (Gustav Klimt, Kolo Moser, Wiener (Vorstadt II)“ stammte aus der Sammlung mit den Krumauer Landschaften des Künst- Werkstätte), des Expressionismus (Gerstl, des Industriellen Heinrich Böhler. Prof. Ru- lers. Unter dem Eindruck der Aufenthalte Kokoschka, Schiele) und der österreichi- dolf Leopold hatte das Werk in 1952 von Schieles und Wallys in der böhmischen Stadt schen Klassischen Moderne ist mit über Böhlers Witwe Mabel erworben. Das Ge- Krumau entwickelte der Künstler seine na- 350.000 Besuchern das meistbesuchte Haus mälde zeigt zwei Häusergruppen. Während hezu allegorischen Landschaften. Es sind im Wiener MuseumsQuartier (MQ) und ein im Hintergrund beige-graue Felder und in keine reinen Stadtlandschaften, sondern viel wahrer „Tempel“ der österreichischen Kunst der Ferne Bergketten zu sehen sind, besticht eher Porträts von alten Häusern. Laut Elisa- des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. im Vordergrund die intensive Farbigkeit der beth Leopold ist das Kunstwerk „nicht weni- http://www.leopoldmuseum.org

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 83 Kultur Fünf Räume Das Österreichische Kulturforum bringt junge KünstlerInnen aus Österreich nach New York Alle Fotos: David Plakke, davidplakke.com Zenita Komad & Michael Kienzer: »The empty mirror« (2011), eine Installation im Österreichischen Kulturforum in New York von 16 verspiegelten Stühlen. Courtesy Galerie Krinzinger, Wien

as Motto der Sommerausstellung 2011 aber auch gleichzeitig Einblick in die stallation mit dem Titel „On the Other Side“. Ddes Kulturforums in New York lautet Vielschichtigkeit des Schaffens österreichi- Diese Arbeit, die sich mit der Eingrenzung „Fünf Räume“, in deren Rahmen Nach- scher KünstlerInnen zu gewinnen. von Territorien auseinandersetzt, soll den wuchskünstlerInnen aus Österreich das New Die Ausstellung umfaßt im Rahmen der Betrachter anregen, Grenzen im urbanen Yorker Publikum mit vielfältigen und gänz- Installationen Malerei, Skulpturen sowie Raum kritisch zu reflektieren. lich unterschiedlichen Rauminstallationen eine Multimedia-Arbeit. Des weiteren the- Die Künstlerin Zenita Komad, 1980 in konfrontieren. „Fünf Räume“ wurde vom matisieren die KünstlerInnen die einzigarti- Klagenfurt geboren, hat den Künstler Mi- New Yorker Kurator David Harper und dem ge Architektur des Gebäudes und eröffnen chael Kienzer eingeladen, mit ihr gemein- Direktor des Kulturforums Andreas Stadler dadurch neue Perspektiven für die Betrach- sam eine Arbeit für das Kulturforum zu kuratiert und wird bis 5. September 2011 in ter. gestalten. Für die Ausstellung „Fünf Räume“ der Galerie des Österreichischen Kulturfo- Der in Kanada geborene Künstler Daniel haben die beiden mit „The empty mirror“ rums in Midtown Manhattan zu sehen sein. Domig unternimmt mit seinen Zeichnungen, eine Installation von 16 verspiegelten Stüh- Mit dieser Ausstellung bietet das Kultur- Malereien und Installationen einen Versuch, len geschaffen, die unter anderem an die be- forum New York jungen österreichischen die menschliche Seele darzustellen. Seine liebige Positionierung von Schachfiguren er- KünstlerInnen eine Bühne, um ihre Arbeit Arbeit „The eyes are not here, there are no innern. Die begleitende Videoarbeit beschäf- dem New Yorker Publikum vorzustellen und eyes here“ umfaßt Figuren, die im ständigen tigt sich mit dem Verhältnis von Sprache und je einen vorgegebenen Raum nach eigenen Konflikt miteinander stehen und gefangen Wirklichkeit. Vorstellungen zu gestalten. Dies soll dem zwischen zivilisiertem und primitivem An- Der 1982 in Graz geborene Valentin Ruhry Publikum die Möglichkeit geben, einerseits trieb verharren. Clemens Hollerer, 1975 in zeigt zwei neue Arbeiten. „Adaptation“ die Einzigartigkeit jedes Werkes zu erleben Bruck an der Mur geboren, zeigt seine In- wurde durch die einzigartige Architektur und

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Bauweise des Hauses und seiner Strom- und Kommunikationsinfrastruktur inspiriert. Mit „Untitled (Hello World)“ setzt sich der Künstler mit fast 5000 beleuchteten orangen Kippschaltern mit der Thematik „altmodi- scher“ Technologie und der visuellen Spra- che des Minimalismus auseinander. Die 1974 in Südtirol geborene Künstlerin Esther Stocker dekonstruiert geometrische Formen und Gebilde mit Hilfe von Gitter- strukturen und Linien, die sie an Böden, Dek- ken und Wänden anbringt und dadurch zu dreidimensionalen Gebilden werden läßt. Mit den Mitteln der Regelmäßigkeit und ihrer Unterbrechung, der Symmetrie und ihrer Stö- rung schafft sie visuelle Klangwelten, die sich dem Betrachter für lange Zeit unverwechsel- bar einprägen. Für „Fünf Räume“ gestaltet Stocker zwei neue standortspezifische Instal- Daniel Domig, »The eyes are not here, there are no eyes here« (2011) lationen, die an vorangegangene Arbeiten an- schließen und an die architektonischen Ge- gebenheiten des Gebäudes angepaßt werden. Das Kulturforum hat sich in der New Yorker Kunstszene mit thematischen Grup- penausstellungen einen Namen gemacht, in denen sowohl internationale als auch öster- reichische KünstlerInnen präsentiert werden. „Fünf Räume“ ist die neueste Ausstellung einer thematisch offenen Serie, die alle zwei Jahre von Direktor Andreas Stadler und sei- nem Team produziert wird und Nachwuchs- künstlerInnen aus Österreich lanciert. Viele KünstlerInnen der ersten, 2009 stattgefunde- nen Ausstellung „Open Space: Creative Mi- gration“ sind mittlerweise auf der amerikani- schen Kunstszene äußerst erfolgreich. Jede Ausstellung wird mit einem umfangreichen Katalog dokumentiert. http://www.acfny.org/ Esther Stocker, »Untitled« (2011), Masking tape and foam core

Clemens Hollerer, »On the other side« (2011) Enamel paint on wood, Courtesy Galerie Winiarzyk, Wien

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 85 Kultur ANSICHTSSACHEN.Menschenbilder Ausstellung mit Werken aus eigener Sammlung des Museums Moderner Kunst Kärnten von 9. Juni bis 4. September

nter dem Titel „ANSICHTSSACHEN. UMenschenbilder“ wird von 9. Juni bis 4. September 2011 die zweite Ausstellung der Reihe „fokus sammlung“ im Museum Mo- derner Kunst Kärnten (MMKK) gezeigt. Ins- gesamt sind rund 150 Werke von 66 Künst- lerInnen zu besichtigen. Kulturreferent LR Harald Dobernig be- tonte anläßlich der Eröffnung, daß bereits im Vorjahr damit begonnen worden sei, Werke aus der eigenen Sammlung des Landes zu zeigen. „Seit 1933 wurden über 5000 Werke angekauft und gesammelt. Es freut mich be- sonders, daß es sich zum überwiegenden Teil um Werke von Kärntner Künstlern handelt. Mir ist es wichtig, daß diese Werke auch nach und nach der Öffentlichkeit gezeigt werden“, so der Kulturreferent des Landes Kärtnen, Foto: MMKK, Foto: Ferdinand Neumüller, © VBK, Wien 2011 Anton Kolig, Geigender Knabe, 1949, Öl auf Faserplatte 85 x 73 cm

der der Direktorin des MMKK, Christine Maria Lassnig, Gudrun Kampl, Ilse Haider, Wetzlinger-Grundnig, für die thematische Kiki Kogelnik, Theres Cassini, Herbert Aufarbeitung der Werke und der Auswahl Boeckl, Anton und Cornelius Kolig, Werner der Schwerpunkte dankte. Berg, Jean Egger, Albin Egger-Lienz, Arnold Die Ausstellung selbst wurde in einzelne Clementschitsch, Alois Mosbacher, Franz Themenbereiche aufgespaltet. So werden Wiegele oder Wolfgang Walkensteiner. Kinderportraits über die Familie, Männer und Frauen, den urbanen Menschen, Men- Begleitprogramm schen bei verschiedenen Tätigkeiten oder Parallel zur Ausstellung im MMKK wird Menschen in ihrem Leid und im Tod gezeigt. in der Burgkapelle unter dem Titel „KOPF. Aber auch Selbstportraits der Künstlerinnen ÜBER“ eine raumbezogene Arbeit der Künst- und Künstler finden ihren Platz. „Das Kon- lerin Lisa Huber gezeigt. Außerdem gibt es zept der Ausstellung ermöglicht es uns, auch wieder ein umfangreiches Begleitprogramm

Foto: MMKK, Ferdinand Neumüller Bilder aus unserem Depot zu zeigen, die und Kooperationen mit der Landesausstel- sonst nicht so im Focus stehen“, betonte lung in Fresach und „Positionen 0 11“, einer Alina Kunitsyna, Aus Jemen-alt, 2005, Öl auf Leinwand, 200 x 135 cm Wetzlinger-Grundnig. Plattform für zeitgenössischen Tanz. (seitlich beschnitten, Anm.) Zu sehen sind unter anderem Werke von http://www.mmkk.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 86 Kultur Celestina »Wer frivol lebt, stürzt ins Verderben« – Kunstausstellung auf Hochosterwitz von 1. Juli 2011 bis 15. September 2011

ie zwischen 1499 und 1502 entstandene DTragikomödie „Celestina“ beschreibt die Liebesgeschichte zweier Menschen, die durch falsche „Beratung“ einer „Liebes- expertin“ in die falsche Richtung geht. Statt einem ethisch und moralisch vertretbaren Verlauf der Liebesgeschichte, entsteht ein wildes Zusammenspiel aus Sex, Verführung, Intrige Mord und Todschlag. Die Komödie endet als Drama und Verzweiflung. Das von Fernando de Rojas geschriebene Werk zählt, neben Romeo und Julia von Shakespeare oder Don Quijote von Cervantes, zu einem der großen Werke der Renaissancezeit. Fernando de Rojas hat dieses Werk als Kritik an eine Zeit geschrieben, in der religi- öse Verwirrungen und Verfall von Moral und Ethik zur Reformation in Mitteleuropa ge- führt haben, die anschließend zu großen, auch kriegerischen, Auseinandersetzungen geführt haben. Das Thema Celestina hat seit über 500 Jahren, bis in die heutige Zeit, seine Aktua- lität behalten, da diese Schwächen der Menschheit immer dann aktuell werden, wenn übermäßiger Wohlstand und Reichtum die Menschen prägen. Gerade ist der letzte Film des spanischen Filmregisseurs Pedro Almodovar „Los abra- zos rotos“ („Die zerbrochenen Umarmun- gen“) erschienen, mit dem unter der Haupt- darstellung von Penelope Cruz genau das Thema der Celestina wiedergegeben wird. Ein verworrene Liebe, wo alle leiden, wo Sex und Drogen, Mord und Todschlag alles do- miniert. Wo am Ende der deprimierende letzte Schrei des Dramas Celestina durch- klingt: „…warum läßt du mich zurück in © Succession Picasso/VBK, Wien 2011 diesem schrecklichen Jammertal…“ Pablo Picasso, »Celestina«, 1968, 21 x 17 cm Dieses Dramatische Werk hat über die die jungen Liebenden verhext und zum St. Georgen Lorenz Fridrich, haben sich des Jahrhunderte die Menschen fasziniert. Thea- Schlechtsein verführt. Themas angenommen und eigene Interpre- terregisseure, Filmemacher, Maler und Bild- In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts tationen der Celestina geschaffen. Neben den hauer, haben das Thema immer wieder auf- erstellte Picasso seinen letzten großen Zy- 62 Werken von Pablo Picasso sollen auch gegriffen: Maler wie Jan Vermeer van Delft, klus „Celestina“. In 66 Radierungen zeigt er diese Werke die Ausstellung abrunden. Francisco de Goya, Jan Hermansz Van karikaturmäßig die 16 Akte des Dramas. 62 Ziel der Ausstellung ist nicht nur die Dar- Bijlert, David Teniers, Michels Sweers, Jose der 66 Exemplare wurden von einem priva- stellung der zum Teil kräftigen Bilder, son- Rivera, Julio Romero de Torres bis hin zu ten Sammler gesammelt und werden nun in dern das Vermitteln der brandaktuellen Bot- Pablo Picasso haben sich des Themas ange- der kommenden Ausstellung auf der Burg schaft „Memento Mori“ oder „Irgendwann nommen. Hochosterwitz gezeigt. Die aus dem Vorjahr kommt das Ende! Bedenke, daß Du dann Pablo Picasso hat bereits am Ende seiner bekannten zeitgenössischen Maler Rafael Rechenschaft über Dein Leben ablegen blauen Periode 1903 sein erstes Celestina- Ramirez Maro, sein Vater Antonio Maro, mußt!“ Bild gemalt. Eine einäugige alte Hexe, die Alejandro Decinti und unser Bildhauer aus http://www.burg-hochosterwitz.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 87 Kultur Revolution am Bodensee Umberto Giordanos André Chénier auf der Seebühne – Judith Weirs »Achterbahn« startet Reihe von Auftragswerken im Festspielhaus © Bregenzer Festspiele / andereart Ein Toter in der Badewanne, den man doch schon irgendwo einmal gesehen hat: So präsentiert sich die neue Seebühne für André Chénier am Bregenzer Bodenseeufer. Wer aber ist dieser Tote? Und warum liegt er nicht mehr in einer Badewanne? Unser Bild zeigt das »Richtfest« des Revolutionsgemäldes »Der Tod des Marat« als Bühneninspiration für »André Chénier«.

ndré Chénier“, das berühmteste Werk Dichter, eine historische Figur, der in den Ein Spiel mit Täuschungen und Sinnes- Ades italienischen Komponisten Um- Wirren der Revolution vom glühenden An- verwirrungen, angesiedelt irgendwo zwi- berto Giordano, gleichermaßen packend als hänger zum erbarmungslos Verfolgten wird schen Traum und Wirklichkeit: Judith Weirs leidenschaftliches Liebesdrama und als hi- und am Ende selbst auf der Guillotine endet. Kammeroper „Der blonde Eckbert“ versetzt storischer Krimi, ist in den Sommern 2011 Premiere des Spiels auf dem See ist am 20. die Zuschauer im Theater am Kornmarkt in und 2012 erstmals auf der Bregenzer See- Juli 2011. ein Wechselbad zwischen Wahn und Wal- bühne zu sehen. Den Anfang im Reigen Eine junge Frau zwischen Glück und desrauschen. Was beginnt wie ein scheinbar neuer Kompositionen im Festspielhaus macht Unglück, zwischen Schicksalsschlägen und harmloses Märchen, entpuppt sich als ver- die Oper „Achterbahn“ der bekannten briti- unerwarteten Wendungen: Die Oper „Ach- störendes Psychodrama, in dem die Grenzen schen Komponistin Judith Weir, deren Werk terbahn“ von Judith Weir ist das erste in zwischen Einbildung und Wirklichkeit ver- unter dem Titel „Schöpfung“ auch der einer Reihe von Auftragswerken, die in den schwimmen. Premiere ist am 6. August Schwerpunkt des Festspielsommers 2011 kommenden Sommern jeweils als Oper im 2011. gewidmet ist. Festspielhaus gezeigt werden. Achterbahn In den „Orchesterkonzerten“ feiern die Gezeichnet vor dem Hintergrund der Fran- ist eine Geschichte über das Schicksal, eine Bregenzer Festspiele in diesem Jahr Schöp- zösischen Revolution ist „André Chénier“, Art Gleichnis über das Auf und Ab des fer und den schöpferischen Akt und stellen uraufgeführt 1896 an der Mailänder Scala, Lebens. Basierend auf einem sizilianischen eine ganze Reihe von Menschen musikalisch ein historisches Drama von brillanter Schär- Märchen zeigt die Oper, daß sich uns die in den Mittelpunkt, deren wacher Geist, fe und eine menschliche Tragödie von Beurteilung diverser Daseinsprüfungen in überbordende Fantasie und einzigartige erschütternder Intensität. Zentrale Gestalt dem Moment, in dem sie passieren, oft ent- Kreativität Kunst, Literatur und Musik der der Oper ist der gleichnamige französische zieht. Premiere ist am 21. Juli 2011. vergangenen Jahrhunderte geprägt haben.

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Dazu gehören nicht nur Künstler wie Byron und Goethe, Shakespeare und Michelangelo, sondern auch diejenigen Komponisten, die 2011 und 2012 im Zentrum des Programms stehen: Judith Weir und Detlev Glanert. Einer der Höhepunkte der Konzertreihe ist das Gastspiel des Hallé Orchestra unter der Leitung von Sir Mark Elder. Eine Fortset- zung findet nach dem großen Erfolg im ver- gangenen Jahr die Reihe Musik & Poesie im Seestudio. Das Deutsche Theater Berlin bringt im Rahmen der Schauspielreihe 2011 nicht nur zwei bemerkenswerte Stücke – das von der Kritik gefeierte Gorki-Werk „Kinder der Sonne“ und Roland Schimmelpfennigs „Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes“ in der Inszenierung des österreichischen Regie- stars Martin Kušej – nach Bregenz. Mit Nina Hoss, Norman Hacker, Ulrich Matthes und Sophie von Kessel steht auch eine beachtli- che Reihe von Theatergrößen auf der Bühne am Kornmarkt. Neu im Bund ist 2011 das Schauspielhaus Wien, das sich in den letzten Jahren einen Namen als Werkstatt für junge Autoren der Gegenwart gemacht hat. Es gastiert mit dem 2009 entstandenen Stück „Waisen“ von Dennis Kelly im Theater Kos- mos. Was hat Singen mit Frust zu tun, wo liegt der Zusammenhang zwischen Libido und Kreativität, und was wird in der heutigen High-Tech-Welt eigentlich aus unserem © Bregenzer Festspiele / Babette Karner Körper? Diesen Fragen geht „Kunst aus der Seit Mitte Juni wird auf den 154 Stufen des Bühnentorsos das neue Spiel auf dem See »André Chénier« von den Künstler aus aller Welt intensiv geprobt. Zeit 2011“ auf der Werkstattbühne und am Vorplatz auf den Grund: mit dem ersten Bre- lutionsmalers Jacques-Louis David, als Ba- Juli 1793 besorgte sich Corday ein 20 Zen- genzer Beschwerdechor, mit „Home Work“, sis, Inspiration und Symbol für ihre Insze- timeter langes Küchenmesser und erstach einem neuen Musiktheater des Franzosen nierung von „André Chénier“, Umberto Gior- Jean-Paul Marat in seiner Badewanne. Cor- François Sarhan, und mit „As if Stranger“, danos leidenschaftliche Oper rund um das day wurde bereits am 17. Juli 1793 guilloti- einer intermedialen Performance des ameri- Schicksals des gleichnamigen Dichters. niert. Ihre Tat hatte zwar Marats Leben been- kanischen Tänzers Richard Siegal. Erstmals ähnelt das Bühnenbild das Spiel auf det, ihn aber gleichzeitig zu einem Helden Die Jugendreihe „crossculture“ bietet dem See somit einer historischen Darstellung. gemacht. Corday selbst erlangte durch den jungen Menschen die Chance, in und außer- Mord den Status einer Märtyrerin der Kon- halb der Festspielzeit ihre Kreativität zu ent- Wer aber war dieser Marat – und terrevolution. falten und herauszufinden, was ihnen Spaß was hat er mit André Chénier zu tun? Der reale André Chénier war tatsächlich macht und wo ihre Talente liegen. Neben den Jean-Paul Marat (1743-1793) war Arzt, eine historische Gestalt der Französischen Klassikern „crossculture night“ und „fest des Verleger und Journalist. Er gilt als einer der Revolution, der Charlotte Corday, der Mör- kindes“ findet 2011 auch eine Neuauflage radikalsten Führer der Französischen Revo- derin Jean-Paul Marats, eines seiner Gedich- der „crossculture week“ statt. Das „familien- lution auf seiten der Jakobiner und als Be- te widmete und 1794 während Robespierres konzert der magische klang und die schur- fürworter politischer Gewalt. Marat litt an Schreckensherrschaft seinen Kopf verlor. ken“ zeigt, wie man seine größten Ängste einer Hautkrankheit, die er mit häufigen musikalisch überwinden kann und so zittern- Bädern zu lindern versuchte. Ein Männertorso im Bodensee de Knie mit Rhythmus in den Griff be- Nachdem die gemäßigten Girondisten ab 14 Meter hoch, 16 Meter breit und insge- kommt. 1792 von den radikalen Jakobinern verdrängt samt 60 Tonnen schwer ist allein der Kopf wurden, entschied sich Charlotte Corday, des Torsos, der in den vergangenen Monaten Revolutionsgemälde als Inspiration eine Anhängerin der Girondisten, das Blut- am Bodensee entstanden ist und schon jetzt Regisseur Keith Warner und Bühnenbild- regime der Jakobiner zu beenden und die einige Ähnlichkeit mit Davids Gemälde auf- ner David Fielding wählten „Der Tod des Hauptverantwortlichen der Schreckensherr- weist. Marat“, das bekannteste Gemälde des Revo- schaft zur Rechenschaft zu ziehen. Am 13. http://www.bregenzerfestspiele.com

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 89 Kultur 91. Salzburger Festspiele Eröffnung am 27. Juli – Festveranstaltung in der Felsenreitschule – Joachim Gauck hält die Festrede Foto: Salzburger Festspiele Archiv Der Festspielbezirk: Blick über in die Hofstallgasse mit dem Großen Festspielhaus auf den Dom und die Feste Hohen Salzburg.

m 91. Jahr ihres Bestehens sind die Salz- Dieses Aufrütteln der Sinne, dieses spielen unter ihrem Gründer Marc Min- Iburger Festspiele mehr denn je ein Mag- Anrühren der Seele verleiht den Festspielen kowski „Così fan tutte“. Die Wiener Philhar- net. Drei Dinge machen den besonderen ihre wahre Kraft. moniker widmen sich unter der Leitung von Zauber aus, der allsommerlich 230.000 Gä- Die Festspielgäste wählen täglich zwi- Yannick Nézet-Séguin „Don Giovanni“. ste aus 36 Ländern in die Mozart-Stadt zieht: schen fünf und neun Veranstaltungen. Welche Das programmatische Herzstück der Zum ersten bieten die Salzburger Fest- Höhepunkte erwarten sie von 27. Juli bis 30. Konzerte 2011 bilden die Reihen „Der spiele ein umfassenderes künstlerisches An- August? Fünfte Kontinent“ und die „Mahler-Sze- gebot als jedes andere Festival: 190 Auffüh- Das Dream-Team Riccardo Muti und Pe- nen“. Die Kontinente stellen im fünften Jahr rungen in 35 Tagen an 14 Spielorten in den ter Stein bringt „Verdis Macbeth“, Christian exemplarische Kompositionen der letzten Sparten Oper, Konzert und Schauspiel. Von Thielemann und Christoph Loy schaffen mit Jahrzehnte einander gegenüber. Mozart bis zur Moderne, von der klassischen Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“ einen Im Schauspielprogramm 2011 inszeniert Deutung bis zum theatralen Experiment. weiteren Opernhöhepunkt dieser Saison. Nicolas Stemann beide Teile von „Goethes Eines aber ist immer oberstes Gebot: die Erstmals im Großen Festspielhaus ist Faust“ als Marathonvorstellungen an vier Qualität. Leoš Janáèeks Oper „Die Sache Makropu- Wochenenden auf der Perner-Insel Hallein. Zum zweiten kann der Besucher hier los“ zu sehen. In der Titelrolle ist Angela De- Die Uraufführung „Immer noch Sturm“ Kunstgenuß mit Urlaub verbinden. Tagsüber noke in der Regie von Christoph Marthaler ist vielleicht Peter Handkes persönlichstes laden die Seen des Salzkammerguts zu zu erleben. Die Wiener Philharmoniker spie- Werk. Dimiter Gotscheff führt Regie. Ausflügen und abends genießt man die len unter Esa-Pekka Salonen. Thomas Ostermeier kehrt mit der In- barocke Altstadt. Ein Mozartschwerpunkt, wie man ihn szenierung von Shakespeares „Maß für Maß“ Zum dritten bieten die Salzburger Fest- sonst nur in den Mozart-Jubeljahren genies- nach Salzburg zurück. In den Hauptrollen spiele ein bestimmtes Flair. Die Hofstall- sen konnte, ist für 2011 geplant. Dieser wird sind Gert Voss und Lars Eidinger zu sehen. gasse und die gesamte Stadt sind gleich mit drei Orchestern besetzt: Das Orchestra Das schönste Bühnenbild der Welt hat einem hochkulturellen Laufsteg – den Ein- of the Age of Enlightenment übernimmt un- seit 1920 der Jedermann auf dem Domplatz. tritt dazu erwirbt man mittels Festspiel- ter dem jungen Briten Robin Ticciati „Le Roland Schimmelpfennig, dessen „Die karten. nozze di Figaro“. Les Musiciens du Louvre vier Himmelsrichtungen“ uraufgeführt wird,

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sagt: „Gelungene Stücke nehmen ihre Zu- Festrede von Joachim Gauck. Den musikali- lehrer“, in Salzburg zu Gast zu haben, sei be- schauer mit, sie machen neugierig, sie stören schen Abschluß bildet der 4. Satz aus der sonders in einer Zeit großer politischer Um- Gewohnheiten, es entstehen neue Blickrich- Symphonie Nr. 4 G-Dur von Gustav Mahler brüche besonders erfreulich. tungen. Diese Stücke entwickeln einen Sog, („Wir genießen die himmlischen Freuden“ sie sind unberechenbar und – unwidersteh- aus „Des Knaben Wunderhorn“) in einer Gegen Vergessen und für Demokratie lich.“ Die Salzburger Festspiele sind sicher, Bearbeitung für Kammerensemble und So- Joachim Gauck wurde 1940 in Rostock daß das Programm 2011 einen solch unwi- pran von Erwin Stein in der Besetzung Chri- geboren und war nach dem Studium der derstehlichen Sog entwickeln wird. stiane Karg (Sopran), Renaud Capucon, Katja Theologie von 1958 bis 1989 als Pastor tätig. Lämmermann (Violine), Antoine Tamestit Europaweite Bekanntheit erlangte er, als er Eröffnung am 27. Juli (Viola), Clemens Hagen (Violoncello), Alois 1989 eines der führenden Mitglieder des Mit einer Festveranstaltung in der Felsen- Posch (Kontrabass), Albrecht Mayer (Oboe), „Neuen Forums“, der Bürgerbewegung der reitschule werden die Salzburger Festspiele Sebastian Manz (Klarinette), Magali Mos- DDR, wurde. Von 1990 bis 2000 war er 2011 am 27. Juli um 11.00 Uhr eröffnet. nier (Flöte), Herbert Schuch (Klavier), Ge- erster Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde, Nach der Begrüßung durch Festspielpräsi- reon Kleiner (Harmonium), Martin Grubin- auch „Gauck-Behörde“ genannt. Die deut- dentin Helga Rabl-Stadler, dem 4. Satz (Al- ger und Leo Schmidinger (Schlagzeug) sche Presse würdigte ihn für die herausra- legretto: Ulice – die Straße) aus Leoš Janá- sowie die Landeshymne und die Europa- gende Ausübung dieses Amts als „Organi- èeks „Sinfonietta“, gespielt vom Mozarteum- hymne. sator der Wahrheitsfindung“ und als „Herrn orchester Salzburg unter der Leitung von Bei der Gründung des Festivals standen der Akten und Hüter der Regeln“. David Afkham und Grußworten von Lan- für Max Reinhardt und die anderen Gründer- Seit 2003 ist Gauck Vorsitzender des Ver- deshauptfrau Gabi Burgstaller, wird die Bun- väter das Friedenswerk und der Glaube an eins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“. desministerin für Unterricht, Kunst und Kul- Europa im Mittelpunkt. Es sei gelungen, mit Der Verein setzt sich für Toleranz und De- tur, Claudia Schmied sprechen. Im Anschluß Joachim Gauck eine spannende Persönlich- mokratie und gegen die Ausgrenzung von daran wird Bundespräsident Heinz Fischer keit für die Eröffnungsrede zu den Salz- Minderheiten, politischen Extremismus und die 91. Salzburger Festspiele eröffnen. burger Festspielen zu gewinnen, so Landes- Fremdenfeindlichkeit ein. 2010 wurde Gauck Musikalisch geht es weiter mit „Drei hauptfrau Gabi Burgstaller: „Er hat sich in als Kandidat für die Wahl des neuen Bun- Orchesterliedern“ von Richard Strauss („Wald- seinem gesamten Wirken für die Freiheit und despräsidenten in Deutschland nominiert seligkeit op. 49/1“; „Ruhe, meine Seele op. Einheit der Menschen, für politische Aufklä- und unterlag erst im dritten Wahlgang dem 27/1“; „Cäcilie op. 27/2“), gesungen von der rung und für Versöhnung eingesetzt.“ Joa- Gegenkandidaten Christian Wulff. Sopranistin Angela Denoke. Es folgt die chim Gauck, den „Reisenden Demokratie- http://www.salzburgerfestspiele.at Foto: Salzburger Festspiele / Oskar Anrather Die Felsenreitschule faßt 1437 Zuschauer (1412 Sitzplätze und 25 Stehplätze) und entstand an der Stelle, wo in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Konglomerat für den Dombau gebrochen wurde.

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 91 Kultur »Jedermann« hoch über Salzburg Theaterfest auf der Festung Hohensalzburg geht mit neun Aufführungen in die 13. Spielsaison. Premiere ist am 28. Juli Alle Fotos: Wildbild Weit über dem Salzburger Festspielbezirk, auf der Festung Hohensalzburg, ist eine der schönsten Spielstätten zu finden.

bseits des hektischen kulturellen Gott oder sind wir Gott vielleicht schon spielaufführung des „Jedermann“ am Dom- ATreibens in der Festspielstadt Salzburg selbst? Können wir ruhigen Gewissens diese platz etablieren. ist die Festung Hohensalzburg ein Zufluchts- Welt verlassen, wenn es soweit ist? Nur der ort für alle, die in Ruhe einen eindrucksvol- Glaube hat zu allen Zeiten jedem Menschen Regisseur Ingo Neise als Tod len Theaterabend genießen wollen. Wenn die geholfen.“ Neise erlernte nach seinem Jurastudium Rufe nach „Jedermann“ verhallen, dann In den letzten zwölf Jahren haben über den Beruf des Schauspielers und Regisseurs wird dem Publikum bewußt, in einer der 55.000 Menschen den „Festungsjedermann“ an der staatlichen Folkwang-Hochschule in schönsten Spielstätten weit über dem Salz- erlebt und sind sich darin einig, daß das Essen bei Professor Werner Kraut. Nach En- burger Festspielbezirk zu sein. Mit der Schauspiel im Burghof Hohensalzburg jene gagements in Düsseldorf und Krefeld zog es Schauspieltruppe rund um Regisseur Ingo emotionale Nähe bringt, die sein Schöpfer ihn 1980 nach New York an die berühmte Neise werden Buhlschaft (Bettina Ullrich) Hugo von Hofmannsthal dem Stück mitge- Actors-School von Lee Strasberg, wo er als und Jedermann (Gerhard Mohr) dem Stoff geben hat. Neid, Haß, Gier oder Wolllust, erster Europäer auch inszenieren durfte. Er „Jedermann“ feinfühlig und wahrhaftig nahe aber auch Vergebung, Erlösung und Gottes- hat seitdem in 28 Jahren an vielen Theatern kommen. fürchtigkeit werden durch die Eindringlich- große Rollen wie den „Faust“ zwei Jahre im Ingo Neise: „Wir haben eine internationa- keit der Darbietung erlebbar und spürbar. Theater St. Pölten, den Präsidenten in „Ka- le Theatertruppe geformt, die einen spiel- Diese Nähe zum menschlichen Leben ist ein bale und Liebe“, den Claudius in „Hamlet“ freudigen, komödiantischen und doch ein- Teil des Erfolges von Jedermann, der seit Jahr- im Theater Regensburg gespielt und auch in- dringlichen ‚Jedermann‘ für den Menschen zehnten sein Publikum packt und begeistert. szeniert. Freilichterfahrung sammelte er an von heute darstellt. Schauen wir alle, die Die Aufführungen auf der Burg Hohen- der Seite namhafter Schauspieler 1996 und ‚Jedermänner Hofmannsthals‘, auf die Pro- salzburg haben 1999 als Experiment des 1997 bei Professor Jürgen Wilke in Wien im bleme unserer Welt, leben wir für uns alleine Theatervereins „Burg.spiele“ begonnen und „Wallenstein“ und „Sommernachtstraum“, oder für das Gesamte, glauben wir an einen konnten sich seither klar neben der Fest- den er auch schon selbst inszeniert hat. Er

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 92 Kultur hat in beliebten Fernsehserien wie „Soko“, „Derrick“, „Der Fahnder“ und „Schwurge- richt“ gespielt, zwei Spielfilme gedreht. Seit 1999 gehört er zum Tourneetheater „Ensem- ble Ellen Schwiers“, seit 2005 ist er auf der Festung Hohensalzburg im „Jedermann“ als Tod zu sehen und ab dem Festspielsommer 2006 übernahm er zusätzlich die Regie.

Gerhard Mohr als Jedermann Der Weg des gebürtigen Würzburgers führte ihn über das Studium der Theater- wissenschaften in Köln zu seiner Berufung an die neue Münchner Schauspielschule. Mohr hatte Engagements am Niedersächsi- schen Staatsschauspiel Hannover, dem Bas- ler und dem Ulmer Theater, dem Badischen Staatstheater Karlsruhe unter Intendant Pa- vel Fieber oder dem Schloßparktheater unter Intendant Heribert Sasse. Er spielte Rollen unter der Regie von Heinz Trixner, Ernst Stankovski, Katharina Rupp, Peter Schroth oder Frank-Lorenz Engel und spielte in Fernsehserien wie „Liebling Kreuzberg“ oder „Frauenarzt Dr. Markus Merthin“. Ne- ben seiner Arbeit an verschiedenen Rund- funkanstalten mit Lesungen verlieh er auch Hollywood Star, Kevin Spacey in „Out- break“ (Dustin Hofmann in der Hauptrolle) seine Stimme. Er spielt heuer zum vierten Mal die Titelrolle.

Bettina Ullrich als Buhlschaft Bettina Ullrich studierte Schauspiel und klassischen Gesang unter anderem an der Hochschule für Musik in Köln. Nach Enga- gements in Bonn, Hannover und München ist Bettina Ullrich seit 2003 Ensemblemit- v.l.: Ingo Neise (Tod), Bettina Ulrich (Buhlschaft) und Gerhard Mohr (Jedermann) glied im Kammertheater Schwabing. Zu ihren wichtigen Rollen zählen unter anderem: Maria in Schillers „Maria Stuart“, Elektra in Hofmannsthals „Elektra“, Antigone und Kassandra in „Best of War“, Frau in „Orgia“ von Pier Paolo Pasolini, Gertrud in „Hamlet der Däne“ (Müller/Shakespeare), Frau Tod in „Mein Kampf“ von George Tabori. Weiters spielte sie in verschiedenen Fernsehrollen wie in „Vater wider Willen“ (Bavaria Film mit Christian Quadflieg und Lambert Hamel) und gibt eigene szenische Liederabende wie beispielsweise „Brecht und die Schlager der zwanziger Jahre“ (aktuell im Kammertheater Schwabing). 2006 ist Ullrich Mitbegründe- rin und Sängerin des „Trio LaDiva“ und Mitbegründerin des Ensembles „Cantago“ (Tangos von Astor Piazzolla). 2009 spielt Bettina Ullrich erstmals die Buhlschaft auf der Festung Hohensalzburg. http://www.jedermann.at Eva Röder gibt den Teufel im »Jedermann« auf der Festung Hohensalzburg,

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 93 Serie »Österreicher in Hollywood«

Der Wiener Autor Rudolf Ulrich dokumentiert in seinem Buch »Österreicher in Hollywood« 400 Einzel- biografien mit beigeschlossenen Filmografien und über 12.000 Film- und Fernsehproduktionen aus Hollywood mit österreichischer Beteiligung. In dieser Folge portraitiert er Fritzi Scheff Sängerin

New York erfolgreich, gab jedoch 1904 ihre Karriere an der Opern- bühne auf und wandte sich der leichten Muse zu. Die hübsche Wienerin, von Ignaz Jan Paderewski als „little devil of the opera“ bezeichnet, begann am Broadway in den musikalischen Komödien „Babette“ und „Two Little Roses“, 1905 erreichte sie als „Fifi“ in Charles Dillinghams Inszenierung der Victor Herbert-Ope- rette „Mlle. Modiste“ einen Karriere-Höhepunkt. Ein Part, mit dem man sie mehr als 40 Jahre identifizierte und dessen Hauptsong „Kiss Me Again“ zu ihrer überragenden Signation wurde. Auf einer glanzvollen Amerikatournee 1913 bis 1918 in allen wichtigen Städten des Landes mit der Maurice Grau Company, avan- cierte „Miss Scheff“ zu einer der gefeiertsten Operetten- und Vaude- ville-Künstlerinnen der USA. Die Diva gastierte bis 1929 in Shows und Musicals, zog sich aber danach weitgehend aus dem Metier zurück. Sie arbeitete nur noch sporadisch, am Radio, in Cabarets, bei einer Billy Rose-Präsentation während der Weltausstellung 1939 in New York oder in einzelnen Gastvorstellungen. Ende 1948 war sie Fotos: Archiv Ulrich Fritzi Scheff

ritzi (Friederike) Scheff, als Tochter des k.u.k. Regimentsarztes FGottfried Scheff und der Opernsängerin Anna Jäger am 30. Au- gust 1879 in Wien geboren, erhielt in München und am Hoch’schen Konservatorium in Frankfurt am Main eine Gesangsausbildung, bei vornehmlicher Ausrichtung ihres Sopran-Talents auf italienische und französische Opern. Temperament, Stimmmaterial sowie künstleri- sches Können in Tanz und Spiel prädestinierten sie indes auch als Soubrette. Nach dreijährigem Engagement an der Münchner Hofoper ab 1897, einem Jahr am Theater an der Wien und triumphalen Auf- tritten an der Covent Garden Oper in London, darunter eine Com- mand Performance vor Queen Victoria und dem Hofstaat, akzeptier- te die Künstlerin 1900 einen Amerikakontrakt. Fritzi Scheff war in den folgenden drei Spielzeiten in über 30 Rollen an der „Met“ in Die aparte Künstlerin um 1920

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 94 Serie »Österreicher in Hollywood«

production, in einem Cameo-Auftritt zum zweiten und letzten Mal vor der Filmka- mera. Sie war häufiger Gaststar in TV Shows wie „We, The People“, „Starlite Time“ und „The Kate Smith Hour“, 1949 und 1952 interpretierte sie in der Ed Sullivan Show „Toast of the Town“ ihren immer noch prestigeträchtigen, von Victor Herbert einst für sie speziell geschriebenen Hit „Kiss Me Again“. 1951 wirkte sie bei NBC in einer Fernseh-Adaptierung von „Mlle. Modiste“ mit, allerdings nicht mehr in der einstigen Paraderolle. Die Künstlerin, die auch Tiefen erlebte, seit 1908 US-Bürgerin, dreimal verheiratet, mit dem deutschen Baron Fritz von Barde- leben, dem Autor John Fox Jr. und dem Schauspieler George Anderson, wurde 1954 als zentrale Figur des TV-Spotlights „This Is Your Life“ nochmals einem breiteren Publi- kum vorgestellt, ehe sie vier Wochen später, am 8. April 1954 in New York starb. Fritzi Scheff, im heutigen Österreich so gut wie unbekannt, ruht im Kensico Cemetery (Val- halla) in Westchester County, New York.

it dem Buch „Österreicher in Holly- Mwood“ legte der Zeithistoriker Rudolf Ulrich die lang erwartete Neufassung seines 1993 erstmals veröffentlichten Standardwer- kes vor. Nach über zwölfjährigen Recherchen Fritzi Scheff war in ihrer Glanzzeit auch eine begehrte Werbe-Ikone. konnten 2004 die Ergebnisse in Form einer im New Yorker Lyceum Theatre neben den Paramount 1915 „Pretty Mrs. Smith“ nach revidierten, wesentlich erweiterten Buchaus- Emigranten Oskar Homolka und Lili Darvas dem gleichnamigen Bühnenwerk von Oliver gabe vorgelegt werden. „Diese Hommage ist nochmals in einer kurzlebigen Aufführungs- Morosco und Elmer Harris in die nicht nur ein Tribut an die Stars, sondern serie des Edna Ferber-Stücks „Bravo!“ zu Lichtspielhäuser brachte, konnte Fritzi auch an die in der Heimat vielfach Unbe- sehen. Scheff in der Titelrolle ihren Broadway- kannten oder Vergessenen und den darüber- Hollywood und der Film boten der Erfolg vom Vorjahr wiederholen. 1943 stand hinaus immensen Kulturleistungen österrei- Doyenne der Musical-Comedy kein großes sie in „Follies Girl“, eine in der New Yorker chischer Filmkünstler im Zentrum der Welt- Betätigungsfeld. Als Hobart Bosworth für Bronx entstandene burleske Independent kinematographie gewidmet: „Alles, was an etwas erinnert, ist Denkmal“, schließt der Autor. Rudolf Ulrich und der Verlag Filmarchiv Austria bieten Ihnen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, die Mög- lichkeit, in den kom- menden Monaten im „Österreich Journal“ einige Persönlichkei- ten aus dem Buch „Österreicher in Hol- lywood“ kennenzuler- nen.

Rudolf Ulrich „Österreicher in Hollywood“; 622 Seiten, zahlreiche Abb., 2. überarbeitete und erwei- Fritzi Scheff in der Titelrolle neben Owen Moore (Mitte) in der Verfilmung der terte Auflage, 2004; ISBN 3-901932-29-1; Komödie »Pretty Mrs. Smith« (1915). http://www.filmarchiv.at

»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at ÖSTERREICH JOURNAL NR. 97 / 04. 07. 2011 95 ÖJ-Reisetip Imperiales Wien Ein Spaziergang durch Wien ist wie eine Zeitreise in die imperiale Vergangenheit. An jeder Ecke finden sich wertvolle Kulturgüter und Reminiszenzen kaiserlicher Pracht. Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer Doppeladler und Kaiserkrone thronen auf der Neuen Hofburg, die heute die Österreichische Nationalbibliothek beherbergt. ber 640 Jahre hindurch regierten die gung, viele davon können auch heute noch oder in einem der vielen Palais: „Alles Wal- ÜHabsburger von Wien aus. Das heutige besichtigt werden. Im Schloßpark warten ar- zer!“ Auch im Alltag lassen die Wiener die Stadtbild Wiens wurde vor allem im Barock, chitektonische Schmuckstücke wie das Pal- gute alte Zeit hochleben – mit einem herz- besonders während der Regentschaft von menhaus oder der Tiergarten, der älteste Zoo haften Biß in eine Kaisersemmel, oder wenn Kaiserin Maria Theresia, geprägt. Kaiser der Welt, der 1752 unter Kaiserin Maria sie einen mit Zucker bestreuten Kaiser- Franz Joseph I. ließ 1857 die Stadtmauern Theresia erbaut wurde. Bei der Erneuerung schmarrn genießen. schleifen und die Ringstraße anlegen. Ein des Tiergartens in unserer Zeit wurde mit Rundgang über diesen Prachtboulevard ist viel Geschick die barocke Bausubstanz Die Hofburg Sightseeing der besonderen Art, denn der erhalten. Die Ausgestaltung der Wiener Hofburg Ring ist von repräsentativen Bauwerken und Kaiserin Maria Theresia war übrigens zu der bedeutendsten Residenz der Habsbur- schönen Parks gesäumt. ihrem Ehemann Franz I Stephan von Lo- ger erfolgte zwischen dem 13. Jahrhundert Die Hofburg im Zentrum der Altstadt war thringen so verbunden, daß sie mit ihm die und dem Ende der habsburgischen Herr- von 1278 bis 1918 die Residenz der Habs- letzte Ruhestätte in einem Doppelgrab in der schaft 1918 in mehreren Etappen. Der goti- burger-Kaiser und Schaltzentrale einer Welt- Kapuzinergruft, der Grabstätte der Habs- sche Ursprungsbau um den heutigen Schwei- macht. Heute beherbergt die weitläufige An- burger, teilt. Religiöser – aber auch heim- zerhof wurde in der Folge stetig erweitert, lage neben bedeutenden Museen auch licher geographischer – Mittelpunkt Wiens wobei die Schwerpunkte der Entwicklung in Repräsentationsräume der Republik. ist der Stephansdom. Wenn zu Silvester die der Barockzeit und im 19. Jahrhundert lie- Die einstige Sommerresidenz der Habs- große Glocke, die Pummerin, schlägt, wird gen. Es entstand ein weitläufiger, aus ver- burger ist heute Wiens beliebteste Sehens- das im Fernsehen übertragen. schiedenen Trakten gebildeter Baukomplex, würdigkeit. Im Schloß Schönbrunn standen Gefeiert wird auch in der Ballsaison, der das Erscheinungsbild der Wiener Alt- der Kaiserfamilie 1441 Räume zur Verfü- dann heißt es im Redoutensaal der Hofburg stadt maßgeblich prägt. Heute beherbergt die

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Hofburg unter anderem die Österreichische Nationalbibliothek, das Museum für Völker- kunde und die Schatzkammer, die Silberkam- mer, die Kaiserappartements und das Sisi- Museum sowie die Spanische Hofreitschule.

Schloß Schönbrunn und der Tiergarten Das im Westen Wiens in Hietzing gelege- ne Schloß Schönbrunn gehört zu den bedeu- tendsten Palast- und Gartenanlagen der Welt. Nachdem die älteren Vorgängerbauten der Wiener Türkenbelagerung 1683 zum Opfer gefallen waren, wurde die von Johann Bern- hard Fischer von Erlach entworfene großzü- gige Neukonzeption für Schönbrunn zur Projektionsfläche der Großmachtsambitio- nen der Habsburger. Die ab 1696 errichtete Schloß- und Gartenanlage wurde unter Maria Theresia nach 1743 grundlegend um- gestaltet. Auf die maria-theresianische Epo- che, die als Glanzzeit habsburgischer Macht galt, bezogen sich auch die neobarocken Veränderungen des 19. Jahrhunderts. Nach 1918 im Staatsbesitz ist Schönbrunn heute das meistbesuchte Kulturdenkmal Österreichs und ein wichtiger städtischer Erholungs- raum.

Kapuzinergruft (Kaisergruft) Die Kapuzinergruft, als Teil des Kapuzi- nerklosters am Neuen Markt in der Altstadt gelegen, ist die bedeutendste Grabstätte der

Der »Macht zu Lande«-Brunnen Ecke Schauflergasse/Herrengasse mit Blick auf den Michaelertrakt der Hofburg. Unten: Blick über eine der unzähligen

Alleen auf das Schloß Schönbrunn Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer Foto: Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. / ÖJ Michael Mössmer

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Oben: Das 133 Meter lange Palmen- haus im Schloßpark Schönbrunn als Meisterleistung des Späthistorismus Links: Die Augustinerkirche, in der zahlreiche Habsburger einander das Ja-Wort gaben.

Familie Habsburg und ein symbolträchtiger Ort habsburgischer Geschichte. Hier liegen sämtliche Kaiser aus der Dynastie der Habs- burger seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts begraben (mit Ausnahme Rudolfs II., Fer- dinands II. und Karls I.). Insgesamt ruhen hier an die 150 Personen. Die Gruft geht auf eine habsburgische Stiftung zurück und wurde über die Jahrhunderte mehrmals er- weitert. Die kunsthistorisch bedeutenden Sarkophage und Grabmonumente sind ge- prägt von religiösen Motiven und Symbolen der Endlichkeit weltlicher Macht. Die habs- burgische Familiengruft steht nach wie vor unter der Obhut des katholischen Ordens der Kapuziner und ist öffentlich zugänglich.

Augustinerkirche und Herzgruft Die Hofpfarrkirche St. Augustin war Ort zahlreicher Trauungen des Kaiserhauses. Hier heirateten Maria Theresia und Franz Stefan von Lothringen, Franz Joseph und Elisabeth, Kronprinz Rudolf und Prinzessin Stephanie und hier fand die Hochzeit per Stellvertreter (eine oft geübte Praxis, bevor die Braut die Reise zu ihrem Bräutigam und der eigent- lichen Hochzeit antrat) zwischen dem fran- zösischen Kaiser Napoleon und der habsbur- gischen Erzherzogin Marie Louise statt. In der Augustinerkirche befindet sich auch die so genannte Herzgruft, wo 54 Herzen der Habsburger in silbernen Urnen verwahrt wer- Foto: Augustiner-Vikariat Wien / Österreich Journal Michael Mössmer

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den (Besichtigung nur nach Voranmeldung und sonntags nach dem Hochamt/gegen 12.30 Uhr; bis circa Mai 2011 wegen Re- novierungsarbeiten geschlossen).

Der Stephansdom Der Stephansdom gilt als das bedeutend- ste Bauwerk der Gotik in Österreich und ist das wichtigste Wahrzeichen Wiens. Die dem Heiligen Stephanus, dem ersten christlichen Märtyrer, geweihte Kirche ist seit 1469 Sitz des Bischofs bzw. seit 1722 Sitz des Erzbi- schofs von Wien. Das heutige Erscheinungs- bild des Domes ist von Bauteilen aus dem 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert geprägt. Die Habsburger hatten bedeutenden Anteil an der Gestaltung des Domes, wobei Herzog Rudolf IV. eine besondere Rolle zufällt, da er einen groß angelegten Ausbau der Ste- phanskirche veranlaßte. Die Herzogsgruft war bis ins 16. Jahrhundert die wichtigste Grablege der habsburgischen Landesfürsten. Kunsthistorisch bedeutend ist auch der Kenotaph Rudolfs IV. sowie das Hochgrab Kaiser Friedrichs III.

Die Karlskirche Die Karlskirche im 4. Bezirk gilt als ein Hauptwerk des Barock in Europa, dessen symbolisches Programm unter Verwendung antiker Architekturelemente den habsburgi- schen Anspruch auf das universelle Kaiser-

Der Stephansdom als Wahzeichen der Stadt gilt als bedeutendstes Bauwerk der Gotik in Österreich. Unten: Die Ringstraße mit der Oper und dem Hotel Bristol und einem Blick in die Kärntnerstraße Fotos: Österreich Journal / Michael Mössmer

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tum dokumentiert. Mit ihrer Errichtung wur- de 1714 nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach begonnen. Nach dessen Tod vollendete sein Sohn Joseph Emanuel den Bau im Jahre 1739.

Die Ringstraße 1857 wurden die Stadtmauern mit ihren Basteien geschleift, auf dem frei geworde- nen Areal entstand eine der größten Baustel- len Europas. Rund um das Stadtzentrum wuchs in den folgenden Jahren im Baustil des Historismus die Ringstraße mit ihren repräsentativen öffentlichen Bauwerken, pri- vaten Palästen, Parkanlagen und Denkmä- lern: unter anderem Otto Wagners Postspar- kasse, das Museum für angewandte Kunst, der Stadtpark, die Staatsoper, die Hofburg, das Kunst- und das Naturhistorische Mu- seum, das Parlament, das Burgtheater, die Universität und die Börse.

Kunsthistorisches und Naturhistorisches Museum Bei der Errichtung der Wiener Ringstraße entstanden als Denkmäler der kaiserlichen Sammeltätigkeit zwei Museumsbauten, das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum. Sie waren Teil des nicht vollende- ten „Kaiserforums“ und im Stil des Historis-

Die beiden berühmten Häuser am Ring, das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum, sind einzig- artig: Ersteres (rechts) zählt zu den größten und bedeutendsten Museen der Welt, dasselbe Prädikat kann die mineralogisch-petrographische Samm- lung des NHM (unten) für sich bean-

spruchen. Foto: Kunsthistorisches Museum / Österreich Journal Michael Mössmer Foto: Naturhistorisches Museum / Österreich Journal Michael Mössmer

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mus gestaltet. Die 1891 und 1889 eröffneten Der Augarten stammende Saalgebäude war ein wichtiger Gebäude beherbergten die reichen kaiser- Der Augarten im 2. Bezirk ist eine im Schauplatz der Musikkultur der Wiener Klas- lichen Kunst- und Naturaliensammlungen, Kern auf das 17. Jahrhundert zurückgehende sik und beherbergt heute die Wiener Porzel- die zuvor in der Hofburg untergebracht wa- und später mehrfach veränderte kaiserliche lanmanufaktur. Das so genannte Augarten- ren und nun einer breiten Öffentlichkeit Gartenanlage im ehemaligen Augebiet der palais geht auf ein adeliges Gartenpalais zu- zugänglich gemacht wurden. Donau. Das aus dem frühen 18. Jahrhundert rück, das 1780 von Kaiser Joseph II. erwor- ben wurde und heute als Heim der Wiener Sängerknaben dient. Nach diesem Habs- burger, der den Augarten besonders schätze und 1775 die Anlage für die Allgemeinheit öffnen ließ, ist auch das Josephsstöckl, die private Sommervilla des Kaisers, benannt.

Der Prater Der Prater im 2. Bezirk hat seinen Ur- sprung als kaiserliches Jagdgebiet in den Donauauen. Der Name „Prater“ wird auf das lateinische Wort für Wiese oder Flußau „pra- tum“ (bzw. spanisch: „prado“ oder italie- nisch „prato“) zurückgeführt. Diese Auwie- sen prägen zusammen mit den Alleen den Charakter der Parkanlage. Die Prater Haupt- allee wurde bereits im 16. Jahrhundert als Kastanienallee angelegt, unter Joseph II. wurde das Alleensystem um den Praterstern erweitert und das Lusthaus als Blickpunkt errichtet. Nachdem Kaiser Joseph II. 1766 den Prater der Öffentlichkeit zugänglich ge- macht hatte, entwickelte er sich zum wich- tigsten Erholungs- und Vergnügungspark der Stadt. http://www.wien.info Hofburg http://hofburg.wien.info Österreichische Nationalbibliothek http://www.onb.ac.at Museum für Völkerkunde und die Schatzkammer http://www.khm.at Kaiserappartements und Sisi-Museum http://www.hofburg-wien.at Spanische Hofreitschule http://www.srs.at Schloß Schönbrunn http://www.schoenbrunn.at Tiergarten Schönbrunn http://www.zoovienna.at Kapuzinergruft http://www.kaisergruft.at Augustinerkirche http://www.augustinerkirche.at Stephansdom http://www.stephanskirche.at Kunsthistorisches Museum http://www.khm.at Naturhistorisches Museum http://www.nhm-wien.ac.at Porzellanmanufaktur Augarten

Foto: Österreich Journal / Michael Mössmer http://www.augarten.at Eine Fahrt mit dem Riesenrad, dem zweiter Wahrzeichen der Stadt, bietet einen Der Prater bezaubernden Blick über Wien und den Prater. http://www.prater.at

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