Schriftenreihe des Landtages Heft 1/2020 Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Dr. Dietmar Woidke und Aussprache 11. Dezember 2019 Titelbild: Blick in den Plenarsaal während der Regierungserklärung am 11. Dezember 2019 Inhalt

05 23 35 Ministerpräsi- Andreas Kalbitz Erik Stohn dent Dr. Diet- (AfD) (SPD) mar Woidke

45 59 69 Sebastian Dr. Jan Péter Vida Walter Redmann (BVB / FREIE (DIE LINKE) (CDU) WÄHLER)

79 Benjamin Raschke (B90/GRÜNE)

INHALT 3

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke

ehr geehrte Frau Präsidentin! S Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Gäste! Dr. Dietmar Woidke Am 19. November 2019 hat die Brandenburg-Koalition ihren Koalitions- Besonders gut gedeihen sie dort, wo vertrag unterschrieben, und diese Koali- sich beispielsweise stinknormale Super- tion hat ein Ziel: Brandenburg zur Gewin- helden und Superheldinnen um sie küm- nerregion im 21. Jahrhundert zu machen. mern wie in Rathenow. Ich durfte diese Das ist der Anspruch, den wir haben, und Heldentruppe vor Kurzem kennenlernen. das ist der Anspruch, den ich habe. Wir Sie arbeitet seit sieben Jahren ehrenamt- haben einen Koalitionsvertrag mit vielen lich mit großem Spaß und Riesenerfolg wichtigen Punkten ausgehandelt, und wir für eine bessere Welt vor ihrer Haustür, werden den Weg für Brandenburg weiter- aber auch für eine bessere Welt in ihrer gehen, den Weg des Erfolgs und der Zu- Nachbarschaft. versicht. (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Die Geschichte unseres Landes, die Gespräche mit den Menschen und die Oder nehmen Sie Coconat aus dem Sondierungs- und Koalitionsverhandlun- Fläming: Landeroberer im besten Sinne. gen haben mich darin bestärkt: Mut, Zu- Sie errangen für ihr zukunftsgewandtes versicht und Vertrauen sind wertvolle Konzept gerade den ersten Platz beim Rohstoffe; sie sind vielleicht die wert- Deutschen Tourismuspreis. Glückwunsch vollsten Rohstoffe, die wir überhaupt und Dank allen Gewinnern und den vielen haben. Wenn man auf ihnen herumtram- Alltagshelden, die wir in Brandenburg pelt oder zulässt, dass andere sie vergif- haben! Menschen, die nicht nur Mut, Zu- ten, gehen sie kaputt, sie stehen nicht versicht und Vertrauen ausstrahlen, son- mehr zur Verfügung. Wenn man sie aber dern die Regionen wachsen lassen. aussät, hegt und pflegt, wachsen und ge- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) deihen sie. Bei uns in Brandenburg, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie alle sagen nicht „Man müsste haben wir diese kostbaren Rohstoffe. mal“ oder „Jemand müsste mal“, son-

DR. WOIDKE 5 dern diese Menschen sagen: „Wir ma- beitsmarkt angeht. Große, auch interna- chen mal!“ Da gilt auch unser Slogan – tionale, Unternehmen haben bei uns in- das merkt man sehr schnell –: „Branden- vestiert. Moderne Wohnungen wurden burg. Es kann so einfach sein“. – Sie alle gebaut, Straßen und Schiene wurden haben uns darin bestärkt, Neues zu ausgebaut. Und unsere Luft, unsere Seen wagen und uns auch in dieser neuen Ko- und Flüsse sind sauberer geworden. alition große Ziele zu setzen. Aber in diesen drei Jahrzehnten gab Meine sehr verehrten Damen und es auch Brüche im Leben vieler Men- Herren, das Wort „Gewinnerregion“ bringt schen. Auch deshalb sind viele der Ver- diese Ziele gut auf den Punkt: Wir wollen, änderungen müde. Sie sind skeptisch, dass Brandenburg als Land gewinnt; wir wenn wir ihnen sagen: Das Neue bietet wollen, dass alle Menschen in unserem auch viele Chancen. – Gerade in der Lau- Land gewinnen: an Zusammenhalt, an sitz, der Herzkammer unserer Industrie, Sicherheit, an Nachhaltigkeit, kurz ge- ist diese Skepsis mit Händen zu greifen. sagt: gewinnen an Lebensqualität und an Das kann ich gut verstehen, denn die Er- Zukunft. fahrungen vieler Ostdeutscher mit dem Wandel in den vergangenen 30 Jahren (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) sind eben auch zwiespältig. Das gehört Dafür haben wir den Koalitionsver- zur Wahrheit und das müssen wir auch trag ausgehandelt, der jetzt der Rahmen im Blick haben, wenn wir über Verände- für die neue Brandenburger Regierung rungen sprechen, meine sehr verehrten ist. Damen und Herren. Wer im 21. Jahrhundert zu den Ge- Wir werden unser Land mit allen winnern gehören will, braucht gute Part- Brandenburgerinnen und Brandenbur- ner. Brandenburg wird in Deutschland gern voranbringen. Wir wollen für alle und Europa nur dann zu den Gewinner- Heimat sein und wollen für alle Zukunft regionen gehören, wenn wir mit , gestalten. Wir wollen gemeinsam anpa- aber auch mit unseren Nachbarn in Polen cken und füreinander einstehen. Deshalb und allen anderen gut zusammenarbei- hat Brandenburg auch für das Jahr seiner ten. Gewinnen werden wir nur gemein- Bundesratspräsidentschaft das Motto sam. Gewinnen werden wir nur mit Welt- „Wir miteinander“ gewählt. Ich bin zu- offenheit und Toleranz, mit Zusammen- tiefst davon überzeugt, dass wir Zukunft arbeit und Austausch, mit Mut und Lust und Heimat schaffen, wenn wir miteinan- auf Neues. der dafür arbeiten. Wir haben drei Jahrzehnte großer Meine sehr verehrten Damen und Veränderungen hinter uns. Dabei ist viel Herren, das Fundament für ein Branden- Gutes entstanden, vieles entstanden, auf burg, das Fundament für Zusammenhalt, das wir heute zu Recht stolz sein können. Sicherheit und Nachhaltigkeit ist lange Wir leben in einer stabilen Demokratie, gelegt. Die Brandenburger haben seit wir genießen Freiheitsrechte. Wir sind 1989 eine große Aufbauleistung voll- deutlich vorangekommen, was den Ar- bracht. Uns ist viel gelungen – darauf

6 DR. WOIDKE sind wir zu Recht stolz. Es gibt nicht den genden Koalitionsvertrags werden wir geringsten Grund, unser Brandenburger dieses Ziel erreichen. Auf diesem Weg Licht unter den Scheffel zu stellen. haben wir bereits mit der Umsetzung Wir können Mut, Zuversicht und Ver- konkreter Maßnahmen begonnen. Dazu trauen aus dem schöpfen, was wir beim gehört der Zukunftsinvestitionsfonds im schwierigen Übergang von der Diktatur Umfang von 1 Milliarde Euro. Er soll zur Demokratie, von der sozialistischen nachhaltiges Wirtschaften und zusätz- Planwirtschaft zur sozialen Marktwirt- liche Investitionen sicherstellen, zum Bei- schaft erreicht haben – trotz mancher spiel durch ein Folgeprogramm für das Rück- und auch mancher Fehlschläge, erfolgreiche kommunale Investitionspro- trotz Enttäuschungen und Kränkungen. gramm – gewissermaßen ein KIP 2 –, Wir können stolz darauf sein, wie wir durch den Bahnanschluss des durch die schweren Wasser der 90er- PCK Schwedt an die künftig ausgebaute Jahre und auch rund um die Jahrtau- Strecke Berlin-Stettin oder durch die Ko- sendwende gekommen sind. Ich erinnere finanzierung von Bundesmitteln im Rah- an die mancherorts extrem hohe Arbeits- men des Schienenprogramms i2030. losigkeit, an weggefallene Sicherheiten, Meine sehr verehrten Damen und weggezogene Familienmitglieder oder die Herren, dieser Zukunftsinvestitionsfonds Umstellung der Sozialsysteme, an die ist eben kein Widerspruch zu einer soli- Veränderungen durch Digitalisierung und den und nachhaltigen Finanzpolitik. Er Globalisierung. Das alles hat den Men- ergänzt sie, er erweitert unsere Möglich- schen auch in unserem Land viel abver- keiten. Der Zukunftsinvestitionsfonds langt. macht unser Land zukunftsfähig. Er ist Brandenburg steht heute besser da außerdem generationengerecht, denn er denn je. Wir haben die geringste Arbeits- legt gerade für kommende Generationen losigkeit seit 1990, eine leistungsfähige den Grundstein für die Zukunft. und regional verankerte Wissenschafts- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) und Forschungslandschaft, starke kleine und mittelständische Unternehmen; eini- Es gibt eine Menge Gründe dafür, ge davon sind Weltmarktführer. Wir sind dass wir uns in der Koalition für diesen deutschlandweit führend bei der Erzeu- Fonds entschieden haben. Wir brauchen gung erneuerbarer Energien, und wir wol- schnellere Verbesserungen bei der Infra- len und werden es auch bleiben. Auch struktur, bei der Digitalisierung oder beim beim Ökolandbau liegen wir vorn. Das Klimaschutz und in vielen weiteren Hand- sind viele gute Gründe, unser neues Ziel lungsfeldern. mutig anzusteuern: Gewinnerregion Erstens erwarten die Menschen zu Brandenburg im 21. Jahrhundert. Recht, dass wir Funklöcher schließen, den öffentlichen Nahverkehr stärken, die (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) ärztliche Versorgung und die Pflege vor Meine sehr verehrten Damen und allem im ländlichen Raum verbessern, Herren! Mit der Umsetzung des vorlie- bezahlbaren Wohnraum schaffen und an-

DR. WOIDKE 7 deres mehr und dass wir natürlich genau- Speckgürtel hinaus. Wir werden die Zu- so für Energiesicherheit sorgen wie für sammenarbeit mit der Hauptstadtregion den Klimaschutz eintreten. vertiefen und unsere wirtschaftlichen und Zweitens müssen wir Brandenburg wissenschaftlichen Potenziale, aber auch als Wirtschafts-, Energie-, Wissen- die kommunale Familie noch besser ein- schaftsstandort stärken, damit unsere beziehen. Potenziale noch besser ausgeschöpft Die Kooperation mit Berlin wird noch werden können und Brandenburg für erfolgreicher, wenn neben den Regierun- junge Menschen noch attraktiver wird, für gen auch die Parlamente und die direkt Fachkräfte und Investoren, für Grün- benachbarten kommunalen Ebenen in- dungswillige und Kulturschaffende, für tensiver zusammenarbeiten. Deshalb Erholungsuchende und vor allem natür- freue ich mich sehr, dass unser Vorschlag lich für die zweieinhalb Millionen Men- für einen gemeinsamen Parlamentsaus- schen in unserem Land. schuss in Berlin positiv aufgenommen Meine sehr verehrten Damen und worden ist. Herren, Brandenburg ist ein Flächenland. Meine sehr verehrten Damen und Das stellt uns vor Herausforderungen, Herren! Zur Umsetzung unserer Regional- bietet aber auch große Möglichkeiten. strategie werden wir zusätzlich zum Lau- Wir werden alle Regionen in gleichem sitzkoordinator Regionalkoordinatoren für Maße stärken und lebenswert gestalten. alle Planungsregionen einsetzen, und wir Das ist unser Ziel; denn Brandenburg lebt wollen das Konzept der Regionalen auch und besonders von der Vielfalt sei- Wachstumskerne zu innovativen Wachs- ner Landesteile. tumskorridoren entlang der zentralen Ver- Die Landesregierung wird eine ganz- kehrsachsen weiterentwickeln. heitliche strategische Regional- und Lan- Wir werden gemeinsam mit den poli- desentwicklung für ganz Brandenburg tischen Akteuren prüfen, inwieweit verfolgen. Wir stehen für den regionalen Standortverlagerungen von Behörden Zusammenhalt und die Gleichwertigkeit oder Behördenteilen der Landesverwal- der Lebensverhältnisse überall in unse- tung sinnvoll, effizient und machbar sind. rem Land. Die Ministerien werden in Potsdam ver- bleiben. Aber Außenstellen oder Stabs- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) stellen werden wir – wie schon bisher – Brandenburg und Berlin bilden ge- einrichten. meinsam die Hauptstadtregion. Sie ist Der Ausbau der Infrastrukturen von einmalig und ein Riesenvorteil für beide und nach Berlin sowie in den berlinfer­ Länder. Berlin im Herzen neren Regionen bleibt vordringlich. Die- – das ist nicht nur ein benachbartes Bun- ser Ausbau ist so wichtig wie langwierig. desland, Berlin ist unser geborener Part- Planungs- und Genehmigungsverfahren ner. Die Menschen in Brandenburg und dauern zu lange. Wir werden deshalb Berlin leben die Hauptstadtregion schon alles unterstützen, vor allem auf der Bun- längst – weit über den sogenannten desebene, was diese Planungs- und Ge-

8 DR. WOIDKE nehmigungsverfahren beschleunigt. Denn gemeinsam mit Berlin ausbauen. Der die Dauer von Planung und Genehmi- BER ist ein Beitrag dazu, das ganze Land gung wird der Dynamik unserer Region voranzubringen und noch stärker zur Ge- längst nicht mehr gerecht; deswegen winnerregion zu machen. muss daran gearbeitet werden. Unser Rückgrat aber – das sollten wir nie vergessen – sind die vielen kleinen (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) und mittleren Unternehmen in allen Wirt- Wir werden zusammen mit Berlin schaftsbereichen, im industriellen Bereich das Infrastrukturprojekt i2030 voranbrin- genauso wie im Handwerk, aber auch in gen, die S-Bahnverlängerung nach der Landwirtschaft. Sie sind in den ver- Rangsdorf und Velten genauso wie die gangenen drei Jahrzehnten mit Mut, Zu- Heidekrautbahn. Langfristig brauchen wir versicht und Vertrauen in die Zukunft ge- den 10-Minuten-Takt für die S-Bahn in startet, häufig mit großen Schwierigkei- Brandenburg und im ganzen Land werk- ten. Das Land hat sie dabei unterstützt tags mindestens einen Stundentakt im und auch in schwierigen Zeiten gute Regionalverkehr, auf manchen Abschnit- Rahmenbedingungen geschaffen. ten auch einen 20-Minuten-Takt. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Wirtschaftslage in Branden- (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie burg ist gut. Globale Handelsspan­ vereinzelt CDU) nungen, das Brexit-Chaos und der wach- Die weltweit beachtete Investitions- sende Fachkräftemangel bergen aber entscheidung von Tesla zeigt, was uns auch für Brandenburg beträchtliche Risi- gelingen kann, wenn wir die Standortvor- ken. Wir wollen deshalb gezielt Wachs- teile Brandenburgs und klug ge- tumsimpulse für unsere Unternehmen meinsam nutzen. Sie zeigt auch, wie setzen. stark wir sind, wenn vertrauensvoll und Zur Stärkung und Unterstützung un- seriös verhandelt wird. Ich danke deshalb serer Wirtschaft planen wir erstens die allen, die in den letzten Monaten intensiv Unterstützung der Kommunen bei der Er- und in großen Teilen auch sehr ver- schließung von Gewerbeflächen, zwei- schwiegen dafür gearbeitet haben. tens eine gezielte Unterstützung von Gründern und Start-ups, drittens die (Zuruf sowie vereinzelt Heiterkeit) maßgeschneiderte Förderung für kleine Meine sehr verehrten Damen und und mittelständische Unternehmen fort- Herren! Wir sind zuversichtlich, dass der zuführen, viertens die Unterstützung von BER am 31. Oktober 2020 endlich eröff- Industrieparks wie Schwarze Pumpe oder net werden kann, so wie es die Flugha- dem Innovationscampus in Schwedt, fengesellschaft am 29. November be- fünftens eine Arbeitskräftestrategie – un- kannt gegeben hat. Dann werden wir tersetzt mit Maßnahmen zur Fachkräfte- auch diesen Trumpf endlich ausspielen sicherung, der Berufsorientierung, der können. Wir werden das zentrale Stand- Aus- und Weiterbildung und auch der ge- ortmanagement für das Flughafenumfeld zielten Zuwanderung. Sechstens wollen

DR. WOIDKE 9 wir die Bündnisse für Gute Arbeit und Senftenberg weiterhin gesondert fördern. Fachkräfte fortsetzen, denn faire Löhne Weiter werden wir dazu speziell im Be- und attraktive Arbeitsbedingungen gehö- reich Gesundheit mit dem Aufbau einer ren zu den Grundvoraussetzungen für staatlichen Universitätsmedizin in Cott- eine erfolgreiche Fachkräftegewinnung bus und im Rahmen des Gesundheits- und -sicherung. campus Brandenburg mit dem Ausbau des Carl-Thiem-Klinikums zu einem digi- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) talen Leitkrankenhaus beitragen. Für all das und vieles mehr werden Hochschulen und Forschungsein- wir uns mit den Unternehmen, den Kam- richtungen sind unsere Zukunftslabore. mern und den Kommunen intensiv und Sie sind aber viel mehr als das, sie sind regelmäßig austauschen. Das wird nicht wichtige Leitplanken für die regionale nur in Potsdam passieren, wir werden Entwicklung und auch Leitplanken für die das vor Ort, in den Regionen mit Unter- wirtschaftliche Entwicklung. Wir zeigen in nehmen, aber auch mit Kommunalvertre- Brandenburg an jedem einzelnen Tag: tern tun. Akademische Exzellenz und Anwen- Meine sehr verehrten Damen und dungsorientierung sind eben kein Wider- Herren, wir werden uns als Koalition mit spruch. Wissenschaft und Forschung ganzer Kraft dafür einsetzen, dass die vollziehen sich schon lange nicht mehr im Lausitz auch in Zukunft eine Energie- und Elfenbeinturm. Sie sind für unser Land eine starke Industrieregion bleibt. unverzichtbar – für jeden Einzelnen von Sie soll ein Vorbild für erfolgreiche uns. Strukturentwicklung und Klimaschutz Potsdam ist mit dem Potsdam-Ins- werden, sie wird – davon bin ich fest titut für Klimafolgenforschung das inter- überzeugt – eine europäische Modellre- nationale Zentrum der Klimaforschung. gion, in der es uns gelingen kann, Klima- An der BTU Cottbus-Senftenberg wird schutz und wachsende Wertschöpfung heute schon an Energiesystemen für miteinander zu verbinden. Dieses Modell morgen gearbeitet. Es geht aber nicht nur ist ein Modell, nach dem derzeit die um die einzelnen Forschungsthemen, so ganze Welt sucht. Wir können es in Bran- faszinierend sie in Teilen auch sein denburg schaffen, und wir werden dieses mögen. Es geht auch um die Begeiste- Modell in die Tat umsetzen. rung, den Optimismus der Menschen, die dort forschen und lehren. Wir wollen die (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Weichen dafür stellen, dass die klügsten Dazu werden wir unter anderem ge- und engagiertesten Menschen aus ganz meinsam mit den Unternehmen Konzepte Deutschland, aus ganz Europa und am zur Nachnutzung der bestehenden Kraft- besten aus der ganzen Welt sagen: Bran- werksstandorte in Schwarze Pumpe und denburg – das ist der Platz, an den ich Jänschwalde erarbeiten und umsetzen. will, denn da kann man Zukunft gestalten! Dazu werden wir die Wissenschaftsregion (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Lausitz stärken und die BTU Cottbus-

10 DR. WOIDKE Wir werden die großen Chancen der Rechtsstaats. Jeglicher Form von Extre- Digitalisierung über sämtliche Hand- mismus und Gewalt werden wir uns wei- lungsfelder hinweg mit großem Nach- terhin konsequent entgegenstellen. druck nutzen. Mithilfe der Digitalisierung (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE kann die Teilhabe der Bürgerinnen und sowie vereinzelt DIE LINKE und des Bürger verbessert werden. Digital können Abgeordneten Kalbitz [AfD]) Stadt und Land, Speckgürtel und länd- licher Raum leichter und enger zusam- Wir brauchen keinen Populismus, wir menrücken. Mit der Zukunftsstrategie brauchen keine Ausgrenzung. Wir brau- haben wir in der letzten Legislaturperiode chen Zusammenhalt. Populismus und bereits den Startschuss zu einer ambitio- Extremismus dürfen in unserem Land kei- nierten Digitalpolitik gegeben. Wir werden nen Platz haben. Wir sagen Stopp zum diese digitale Agenda weiter vorantrei- Rechtsextremismus und wehren uns ben. Zugang zu schnellem Internet und gegen die Verrohung unserer Sprache, flächendeckendem Mobilfunkanschluss gegen Hetze und Hass. ist ein Muss. Unser besonderes Augen- Toleranz und die Freiheit der Religi- merk gilt dabei den Gewerbegebieten. onsausübung haben in Brandenburg eine Neben der Förderung und Unterstüt- lange Tradition, und genau dieser preußi- zung für ein breitbandiges Mobilfunk- schen Tradition fühlen wir uns verpflich- und ein Glasfasernetz werden wir uns tet. schwerpunktmäßig um die Digitalisierung (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE, in den Handlungsfeldern Verwaltung, Mo- DIE LINKE und BVB/FW) bilität, Bildung und Gesundheit kümmern. Meine sehr verehrten Damen und Wir werden die Zusammenarbeit mit Herren, wir werden strategisch und mit den Kirchen fortsetzen und die Staatskir- konkreten Vorhaben das Land von der chenverträge anpassen, und wir werden Prignitz bis zur Lausitz, von Elbe und – und müssen; das sage ich mit großem Havel bis zur Oder weiterentwickeln. Bedauern – die Entwicklung jüdischen Doch nicht nur ein dichtes Schienen-, Lebens nicht nur weiterhin unterstützen, Straßen-, Mobilfunk- und Glasfasernetz, sondern wir werden jüdisches Leben in nicht nur Zusammenarbeit auf kommuna- Brandenburg in jeder Art und Weise und ler, regionaler und Landesebene stärken mit allen Kräften schützen. unser Land und halten es zusammen. Das sage ich gerade und insbeson- Genauso wichtig oder vielleicht noch dere nach dem Anschlag in Halle. wichtiger ist der Zusammenhalt der Men- Und: Auch andere dem Humanismus schen in unserem Land auf der Grund- und unserer Werteordnung verpflichtete lage gemeinsamer Werte. Glaubensgemeinschaften haben ihren Platz hier bei uns in Brandenburg. (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Meine sehr verehrten Damen und Wir stehen fest auf dem Boden der Herren, eine freiheitlich-demokratische Demokratie und auf dem Boden des Gesellschaft braucht auch eine freie

DR. WOIDKE 11 Presse, und sie braucht genauso Quali- Denn ohne freie Kunst gibt es keine tätsjournalismus. Freiheit und Unabhän- freie Gesellschaft. gigkeit der Presse müssen gesichert wer- Sportvereine sind bei uns im Land überall den. Die Koalition wird jeglichen Ein- aktiv und leisten Großartiges – überwie- schüchterungsversuchen und Behinde- gend ehrenamtlich. Wir werden weiterhin rungen der Arbeit der Presse entschieden im gesamten Land Sportstätten der Ver- entgegentreten. eine durch Investitionen unterstützen und weiter ausbauen. Wir werden zur Stär- (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE, kung des Breiten-, Behinderten- und DIE LINKE und BVB/FW) Leistungssports die Sportförderung wei- Demokratie beginnt vor Ort, im un- terführen – sie bleibt hier der zentrale mittelbaren Lebensraum der Bürgerinnen Baustein –, und wir werden die Sportför- und Bürger. Deswegen ist auch der Lo- derung in den nächsten Jahren an die kaljournalismus ganz besonders wichtig. Entwicklung der Mitgliederzahlen und die Künftig können und werden wir auch lo- Kostensteigerungen anpassen. Das Haus kaljournalistische Angebote fördern. des Sports in Potsdam soll zur Heimstät- Kultur und Sport stärken das Mitein- te des Breiten- und des Spitzensports ander und den Zusammenhalt. Jeder werden. Chor, jedes Theater, jeder Sportverein, (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und alle Festivals und Feste in unserem Land DIE LINKE) verbinden und vernetzen uns. Branden- burger Künstlerinnen und Künstler, Sport- Meine sehr verehrten Damen und lerinnen und Sportler sind die besten Bot- Herren, wir haben im Land einen weiteren schafter unseres Landes. Wir sind stolz großen Schatz: Mit der sorbischen und auf sie, und wir sind stolz auf ihre Erfolge. wendischen Sprache und Kultur haben Meine sehr verehrten Damen und wir einen einmaligen Schatz in Branden- Herren, Brandenburg hat eine wunderba- burg, den wir nicht nur zu schätzen wis- re Kulturlandschaft, auf die wir stolz sein sen, sondern den wir auch erhalten und können. Kunst und Kultur bringen Men- stärken müssen – in enger Abstimmung schen zusammen. Sie sind ein wichtiger mit unseren sorbischen und wendischen Wirtschaftsfaktor und auch Motor für den Mitbürgerinnen und Mitbürgern und mit Tourismus. Sie sind aber auch jenseits der Stiftung für das sorbische Volk. Die solcher Erwägungen ein Ort für sich. Wir Förderung der Stiftung werden wir ge- werden deshalb unsere kulturpolitische meinsam mit dem Bund und dem Frei- Strategie fortschreiben. Dabei kann man staat Sachsen verlässlich fortsetzen. nicht oft genug betonen: Die Kunst ist (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE frei, und wir werden auch die Freiheit der sowie vereinzelt DIE LINKE) Kunst verteidigen. Meine sehr verehrten Damen und (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE, Herren! Menschlichkeit und Solidarität, DIE LINKE und BVB/FW) Hilfe für die Schwächsten und Schutzbe-

12 DR. WOIDKE dürftigen sind der großen Mehrheit in Meine sehr verehrten Damen und Brandenburg und unserer gesamten Ko- Herren, ein starker Staat gewährleistet alition ein Herzensanliegen. Brandenburg Daseinsvorsorge und gibt Sicherheit. Si- ist und bleibt auch in Zukunft ein weltof- cherheit zu gewährleisten ist eine Leitlinie fenes und solidarisches Land. Ich möchte unseres Handelns. Wir wollen, dass sich an dieser Stelle all denen danken, die mit die Menschen im Land Brandenburg si- ihrer täglichen Arbeit – häufig auch eh- cher und geborgen fühlen. Sie erwarten renamtlich – dazu beitragen. Wir werden von uns zu Recht die Sicherheit zum auch weiterhin unsere humanitäre Pflicht Schutz ihrer Rechte und die Durchsetzung erfüllen, Schutzbedürftigen helfen und von Recht und Gesetz in ihrem Lebens- Bleibeperspektiven ermöglichen. umfeld. Sie erwarten von uns die Sicher- heit, dass die Feuerwehr kommt, wenn es (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und brennt. Sie erwarten von uns die Sicher- DIE LINKE) heit, dass Pflege im Alter gewährleistet Menschen aus anderen Kulturen be- und damit ein würdevolles Altern möglich reichern unser Land. Viele, die zu uns ge- ist. Sie erwarten von uns die Sicherheit, kommen sind, arbeiten bereits in märki- dass ihre Kinder die bestmögliche Bildung schen Betrieben und Unternehmen und für einen guten Start ins Leben erhalten. stärken damit auch unser Land Branden- Sie erwarten von uns die Sicherheit und burg. Mein Dank auch hier an all jene, die den Schutz ihrer Privatsphäre und ihrer dies unterstützen. Daten. Und sie erwarten von uns auch, Zugleich gilt für die Koalition: Unsere dass unsere Welt auch für kommende Ge- Regeln müssen – egal, von wem – einge- nerationen eine lebenswerte Welt bleibt. halten werden. Von der Sicherheit dürfen Wir werden aber auch die innere Si- keine Abstriche gemacht werden. cherheit weiter stärken. Wir bekennen uns dabei zu einer bürgernahen und moder- (Vereinzelt Beifall SPD und CDU) nen Brandenburger Landespolizei. Kon- Ausreisepflichtige Flüchtlinge und kret heißt das, dass alle Polizeireviere er- Asylsuchende, die als sogenannte Ge- halten bleiben und die Erreichbarkeit der fährder eingestuft sind oder die als Inten- Polizei vor Ort gestärkt wird. Durch die sivstraftäter auffällig wurden, müssen weiterhin verstärkte Ausbildung an der unser Land wieder verlassen. Hochschule der Polizei werden wir die Zielzahl bis zum Ende der Legislaturperio- (Vereinzelt Beifall AfD) de auf mindestens 8 500 Bedienstete auf- Hierfür richten wir eine Taskforce ein, stocken. Zusätzlich werden 40 Stellen für auch um Vollzugsdefizite zu vermeiden. vollzugsunterstützende Bereiche und Spe- Sie wird die Rückführungen koordinieren zialistinnen und Spezialisten geschaffen. und Abschiebungen oder Ausweisungen Unser Land braucht aber auch eine prioritär umsetzen, wenn eine freiwillige leistungsstarke Justiz. Vertrauen in den Ausreise nicht möglich ist. Rechtsstaat schafft Vertrauen in die De- mokratie. Damit die Justiz ihre Aufgaben

DR. WOIDKE 13 auch in Zukunft erfüllen kann, wird den senken. Dafür setzen wir als Land jährlich Gerichten und Staatsanwaltschaften eine zweistellige und mittelfristig sogar drei- auskömmliche und bedarfsgerechte stellige Millionenbeträge zusätzlich ein. Sach- und Personalausstattung zur Ver- Vom Bund erwarten wir, dass die Mittel fügung stehen. aus dem Gute-KiTa-Gesetz auch nach 2024 möglichst verstetigt werden. (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE Meine sehr verehrten Damen und sowie vereinzelt DIE LINKE) Herren, Sicherheit ist aber auch immer soziale Sicherheit. Und soziale Sicherheit Für beste Bildung an unseren Schu- ist untrennbar verbunden mit Chancen- len setzen wir besonders auf gut ausge- gerechtigkeit, Teilhabe und Bildung. Gute bildete Lehrkräfte. Wir setzen aber auch Bildung für alle von Anfang an! In der ver- auf qualifizierte Seiteneinsteiger, multi- gangenen Legislaturperiode sind wir die- professionelle Fachkräfteteams mit sozia- sem Ziel deutlich nähergekommen. ler, pädagogischer und Verwaltungsquali- Gleichwohl bleibt noch viel zu tun, damit fikation. Wir setzen auf den Ausbau von wir in unseren Kitas und Schulen eine Ganztagsangeboten, eine gezielte Förde- rundum qualitätsvolle Bildung anbieten rung von Kindern mit besonderen Bega- können. bungen und Talenten und auch – Stück Gute Bildung schafft Chancen, und für Stück – auf eine moderne digitale gute Bildung macht immun gegen die Lernumgebung. Einflüsterungen von Demokratiefeinden. (Vereinzelt Beifall SPD, CDU und (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und B90/GRÜNE) DIE LINKE) Dies, meine sehr verehrten Damen Bildung schafft Geschichtsbewusst- und Herren, ist auch der Moment, um sein, und Geschichtsbewusstsein, meine den vielen engagierten Menschen, die in sehr verehrten Damen und Herren, ist unseren Krippen, Kindertagesstätten und wiederum die Grundlage von Haltung Schulen arbeiten, zu danken. und Orientierung im Leben. (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE, (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE DIE LINKE, BVB/FW sowie vereinzelt sowie vereinzelt DIE LINKE) AfD)

Bildung beginnt vor der Schulzeit. Neben den dort Beschäftigten gilt Sie findet zu Hause statt, aber auch in der Dank aber auch allen, die mit viel unseren Kitas. Wir wollen mehr Erziehe- Zeitaufwand in Schüler-, Eltern- und rinnen und Erzieher ausbilden. Wir wer- Schulvertretungen für eine gute Arbeit in den den Personalschlüssel im Kindergar- diesen Einrichtungen wirken. ten ab August 2020 auf 1:10 absenken. (Beifall der Abgeordneten Budke Für die Kleinsten werden wir ihn in den [B90/GRÜNE]) Krippen ab 2021 in drei Schritten auf 1:4

14 DR. WOIDKE Damit der Übergang von der Schule werden den Bund nicht aus seiner Pflicht in die Ausbildung funktioniert, brauchen entlassen und beispielsweise die Reform die Jugendlichen Orientierung und Vor- der Pflegeversicherung einfordern. Die bereitung. Die Landesstrategie für die Kommunen in Brandenburg werden wir Berufs- und Studienorientierung werden bei diesen Aufgaben der Daseinsvorsor- wir deshalb weiterentwickeln. ge gut unterstützen. Eine besondere Rolle für die Berufs- Wie wichtig Verbraucherschutz für bildung spielen die Oberstufenzentren uns alle ist, zeigt sich jeden Tag aufs unseres Landes. Sie spielen schon des- Neue, mehr denn je – im Alltag und in der halb eine große Rolle, weil nur Regionen Politik gleichermaßen. mit einem guten Angebot an Fachkräften Als Konsumenten, als Patienten, als auch eine gute wirtschaftliche Zukunft Verkehrsteilnehmer oder auch als Nutzer haben können. Deshalb werden wir die sozialer Medien sind wir auf den Schutz Ausbildung stärken. Klar bekennt sich durch einen starken und durchsetzungs- Brandenburg auch zu bundesweit ein- fähigen Staat angewiesen. Genauso heitlicheren Schulparametern und einer wichtig ist, dass wir mündige, kritische, besseren Vergleichbarkeit der Schulab- selbstbewusste Verbraucherinnen und schlüsse bundesweit. Verbraucher sind oder werden. Nur so Meine sehr verehrten Damen und gewinnen wir an Sicherheit. Herren, ich bin mir sicher: Gesundheit Zu den großen Themen der Daseins- und Pflege sind Themen in jeder Familie vorsorge, meine sehr verehrten Damen in Brandenburg. Die Jungen, die sich Kin- und Herren, gehört auch das große und der wünschen, brauchen eine Entbin- aktuelle Thema Wohnen – und zwar nicht dungsstation, sie brauchen Hebammen nur hier in Potsdam oder im Berliner und Kinderärzte. Alle Menschen brau- Speckgürtel, sondern mittlerweile in ganz chen Sicherheit bei der medizinischen Brandenburg. Wir wissen um die beson- Versorgung und für der Pflege. ders angespannte Wohnungssituation in Für diese Koalition gilt das klare Be- den berlinnahen Regionen. Deshalb sor- kenntnis zu all unseren Krankenhaus- gen wir dafür, dass landeseigene Liegen- standorten. schaften zu günstigen Konditionen für Zwecke des Wohnungsbaus an Kommu- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) nen, kommunale Wohnungsunternehmen Wir wollen alle diese Standorte er- und Genossenschaften abgegeben wer- halten, und wir wollen die finanzielle För- den können. Wir setzen außerdem die derung der Krankenhäuser nicht nur fort- Wohnraumförderung im Umfang von min- setzen, sondern auch verbessern. Wir destens 100 Millionen Euro pro Jahr fort. wollen im Bereich der Pflege mit einem Eine Wohnungsbauoffensive gemeinsam Pakt für Pflege jährlich 30 Millionen Euro mit der Wohnungswirtschaft und dem einsetzen. Wir wollen Pflegeausbildung Land Berlin ist in Vorbereitung. und Pflegeberufe stärken und die Medizi- Wir werden auch die Stadtentwick- nerausbildung in Cottbus aufbauen. Wir lung und den Stadtumbau fortsetzen,

DR. WOIDKE 15 denn unsere Städte sind Anker im Raum 1:1 umsetzen. Mit uns wird es keine und wichtig für den sozialen Zusammen- neuen Tagebaue oder Tagebauerweite- halt in Brandenburg. Wir wollen lebendi- rungen geben. ge Städte, in denen die Menschen gerne (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie und gut miteinander leben. des Abgeordneten Walter Meine sehr verehrten Damen und [DIE LINKE]) Herren, unsere Politik ist der Nachhaltig- keit verpflichtet. Wir wollen, dass auch Die Koalition schafft damit bereits kommende Generationen hier in Bran- jetzt Klarheit und Planungssicherheit für denburg ein gutes Leben führen können. die Menschen, aber auch für die Kommu- Nachhaltigkeit lässt sich nur als Quer- nen in der Region. Wer uns Brandenbur- schnittsaufgabe verwirklichen. Wir wer- gern vorhält, wir würden uns nicht für den den die Nachhaltigkeitsstrategie deshalb Klimaschutz einsetzen, kennt allerdings überarbeiten und zur Erfüllung dieser die Wahrheit nicht: In der Lausitz wird Aufgabe einen Nachhaltigkeitsbeirat in nicht nur Strom für Brandenburg, nicht der Staatskanzlei einrichten. mal nur Strom für Brandenburg und Ber- lin, sondern für ganz Deutschland produ- (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) ziert. Wenn man CO2-Bilanzen bewertet, Brandenburg, meine sehr verehrten sollte dies mitunter doch berücksichtigt Damen und Herren, wird die Ziele des werden. Pariser Klimaschutzabkommens errei- (Beifall SPD sowie der Abgeordneten chen. Wir werden trotzdem die bestehen- Dannenberg und Walter [DIE LINKE]) den Strategien des Landes zu einer ver- bindlichen Klimastrategie weiterentwi- Meine sehr verehrten Damen und ckeln. Für dieses Ziel setzen wir auf stär- Herren, der Kohleausstieg wird nur dann kere Impulse für Klimaschutz und erneu- erfolgreich sein und Vorbildfunktion erbare Energien aus unserer hochkompe- haben, wenn die Lausitz eine wirtschaft- tenten Wissenschaft. Wir brauchen eine lich starke und lebenswerte Region Richtschnur für eine nachhaltige Wirt- bleibt. Dazu müssen wir dort gute, tarif- schaft in unserem Land und ein Gesamt- vertraglich abgesicherte Arbeitsplätze er- konzept zur Anpassung der Landnutzung halten und neue schaffen. Außerdem an den Klimawandel. Wir brauchen viele muss die sichere und bezahlbare Versor- praktikable Lösungen, um Wirtschafts- gung mit Strom und Wärme gesichert wachstum und Klimaneutralität miteinan- sein. der vereinbaren zu können. Brandenburg – und darauf können Klar ist: Unsere Klimaziele können wir stolz sein – ist weiterhin Deutsch- wir nur mit einer schrittweisen Reduzie- lands Nummer 1 bei den Erneuerbaren, rung und Beendigung der Kohleverstro- bezogen auf Landesfläche und Einwoh- mung bis 2038 erreichen. Die Ergebnisse nerzahl. Wir halten an dem Ausbauziel der Kommission für Wachstum, Struktur- der Energiestrategie 2030 von wandel und Beschäftigung werden wir 10 500 MW für Windkraft fest. Wichtiges

16 DR. WOIDKE Ziel der Koalition bleibt aber auch die Er- rolle. Damit werden wir Vorhaben zur höhung der Akzeptanz für den Wind- emissionsarmen Industrieproduktion, das kraftausbau. Dazu dient auch die Reallaborprojekt „Referenzkraftwerk Lau- 1 000-Meter-Abstandsregelung, die be- sitz“ oder die Nutzung von Wasserstoff- reits als Empfehlung in den bestehenden zügen auf den Weg bringen. Regionalplänen Windenergie weitgehend Wir wollen, können und werden Vor- umgesetzt worden ist. Sie wurde nun reiter im Bereich der klimafreundlichen auch vom Bund aufgegriffen. Es bleibt Wirtschaft, der Wirtschaft der Zukunft unser Ziel, dass das Geld aus dem Aus- sein. Wir wollen Wirtschaftswachstum mit bau der erneuerbaren Energien auch den Klimaschutz verbinden. Dass wir das betroffenen Kommunen zugutekommt. können, hat sich inzwischen nicht nur Ein besonderes Anliegen der Koali- deutschland- und europaweit herumge- tion wird es sein, der heimischen Indust- sprochen. rie durch die Nutzung von grüner Energie Meine sehr verehrten Damen und einen Standortvorteil zu verschaffen. Herren, Brandenburg wird nur mit unse- Dazu soll der in Brandenburg erzeugte ren ländlichen Räumen zur Gewinnerre- Strom aus erneuerbaren Energien in zu- gion im 21. Jahrhundert. Die Menschen, nehmendem Maße direkt in den Regio- die auf dem Land leben und arbeiten, nen genutzt werden können, nämlich da, haben großen Anteil daran, dass dieses wo er auch erzeugt wird. Wer sich an die Land Brandenburg ein starkes Land ist. 90er-Jahre erinnert: – Es gab damals den (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Satz: Erneuerbare Energien haben eine ganze Reihe von Vorteilen, sie sind nach- Die Menschen dort pflegen, schüt- haltig, sie sind ökologisch, aber sie sind zen und nutzen Brandenburgs einzigarti- auch dezentrale Energieträger und ge- ge Natur- und Kulturlandschaft. Wie währleisten eine dezentrale Energiever- schon 1990 muss auch heute noch gel- sorgung. – An diesen Satz sollten wir ten: Unser Naturreichtum ist unser Tafel- uns, glaube ich, wieder erinnern. Des- silber. – Bei aller Freude über Wirtschafts- halb werden wir uns für eine entspre- wachstum und den Ausbau der Infra- chende Anpassung des Erneuerbare- struktur: Dieses Tafelsilber müssen und Energien-Gesetzes einsetzen. Wir wollen werden wir auch an kommende Genera- bei den erneuerbaren Energien Dezentra- tionen weitergeben. Das, meine sehr ver- lisierung und Demokratisierung voran- ehrten Damen und Herren, ist auch unser bringen. Auftrag.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE des Abgeordneten Domres sowie der Abgeordneten Dannen- [DIE LINKE]) berg [DIE LINKE])

Bei der wirtschaftlichen Nutzung Den Brandenburgerinnen und Bran- spielt natürlich auch der Wasserstoff bei denburgern in den grünen Berufen müs- uns hier in Brandenburg eine Schlüssel- sen wir nicht erzählen, was Nachhaltig-

DR. WOIDKE 17 keit ist. Sie arbeiten und leben in der Wir wollen mit einem Agrarstruktur- Natur, sie arbeiten und leben mit der gesetz den Ausverkauf von Grund und Natur. Boden an Finanzinvestoren stoppen.

(Beifall SPD und CDU) (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie DIE LINKE) Sie wissen, wie man Wald aufforstet und wie man den bekanntermaßen nicht Wir müssen beim Waldumbau, bei allzu ertragreichen märkischen Böden der Wiederaufforstung und der Moorrevi- gute Erträge abringt. Wir müssen sie un- talisierung vorankommen. Wir werden die terstützen, damit sie noch stärker, noch Landwirte, die Waldbesitzer und alle an- nachhaltiger wirtschaften können. Wir deren, die unsere ländlichen Räume im müssen sie auch dabei unterstützen, wahrsten Sinne des Wortes beleben, mit dass sie von ihrer Arbeit leben können. Rat und Tat, aber auch finanziell unter- Gute und gesunde Lebensmittel, die wir stützen. alle bedenkenlos essen können, gibt es Meine sehr verehrten Damen und eben nicht zu Billigpreisen. Herren, die Vielzahl unserer Vorhaben, Maßnahmen, Projekte und Ideen zeigt: (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE Wir meinen es ernst mit der Gewinnerre- sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE]) gion Brandenburg. Es mangelt uns nicht an Mut, es mangelt uns nicht an Zuver- Nachhaltigkeit gibt es nicht zum sicht und es mangelt uns erst recht nicht Nulltarif. Land- und Forstwirtschaft und an Vertrauen. Wir sind guten Mutes, dass Klimaschutz gehören zusammen und wir in der neuen Legislaturperiode einen sind zwei Seiten der gleichen Medaille. großen Schritt in Richtung Zukunft gehen Die Koalition wird auch den ländli- werden. Wir sind zuversichtlich, dass wir chen Raum stärken – gemeinsam mit den die Brandenburgerinnen und Branden- Menschen, die dort zu Hause sind. Dabei burger sowie alle Akteure in Politik, Wirt- geht es keineswegs nur um die uns be- schaft und Zivilgesellschaft für unser Ziel sonders wichtige Landwirtschaft, son- begeistern können und auch gewinnen dern auch um Wohnen. Es geht um werden. Zuzug, um den Ausbau der Infrastruktur Wir werben um das Vertrauen der und den Tourismus. Menschen in unserem Land, wir werben Wir wollen mit mehr ökologischer um Ihr Vertrauen, meine sehr verehrten Landwirtschaft und mehr Tier- und Arten- Damen und Herren. Wir werben um das schutz unsere natürlichen Lebensgrund- Vertrauen aller, die in Brandenburg leben lagen erhalten und die Wertschöpfung und arbeiten, um das Vertrauen aller, für auch im ländlichen Raum verbessern. die Brandenburg wirkliche Heimat ist. Dazu soll auch eine Regionalkennzeich- Sozialdemokratie, Christdemokratie nung von Lebensmitteln beitragen. und Bündnisgrüne haben verschiedene Lebenswege, verschiedene Gepflogen- heiten und in Teilen auch verschiedene

18 DR. WOIDKE Einstellungen. Und es ist wahr: Am An- gewürdigt und eine positive Streitkultur fang mussten wir uns zusammenraufen eingefordert. Die Regierungskoalition, die – mit unterschiedlichen Strukturen, unter- Landesregierung und auch ich persönlich schiedlichen Politikstilen, unterschied- unterstützen das. Ich bin fest davon lichen Erfahrungen und auch unter- überzeugt, dass der Zusammenhalt der schiedlichen Akteuren. Aber recht bald Koalition, das Vertrauen, das entstanden haben wir alle gespürt: Ob in einer Regie- ist, und die gemeinsamen Ziele, auf die rung zwei oder drei Parteien sitzen, ist wir uns geeinigt haben, dass all das bei- vielleicht gar nicht so entscheidend. Ent- spielhaft sein wird für ganz Brandenburg. scheidend sind die Sachfragen, entschei- Wir haben – aus unterschiedlichen Le- dend sind die Dinge, die wir für die Men- bensläufen, aus unterschiedlichen Erfah- schen im Land bewegen können und be- rungen, aus unterschiedlichen Positionen wegen wollen. Sie sind wichtiger als Par- heraus – ein großes Ziel: Wir wollen die- tei- oder Koalitionsmathematik. ses Land für die Menschen, die hier Auf dieser Grundlage haben wir zu- leben, besser machen. Politik – egal auf sammengefunden. Wir haben auf das welcher Ebene – wird nur dann erfolg- Gemeinsame geschaut: Wir alle stehen reich sein, wenn sie sich den Menschen für unser Grundgesetz ein; wir alle vertei- zuwendet und das Gespräch mit den digen unsere Demokratie. Wir alle wollen Bürgerinnen und Bürgern sucht und das Beste für Brandenburg. Wir alle sind pflegt. Der politische Dialog ist so leben- bereit und fähig, die Unterschiede zwi- dig wie lange nicht mehr. schen uns nicht als Hindernis, sondern Wir wollen eine Jugend, die sich für als Bereicherung zu sehen. Politik interessiert. Wir wollen Bürgerin- Ich darf einmal rekapitulieren: Eine nen und Bürger, die sich einmischen und Bereicherung und Erleichterung war es uns ihre Meinung sagen. Protest, Kritik, für die Beteiligten auch, dass wir festge- Fragen – das sind zunächst alles Einla- stellt haben – das ging relativ schnell –, dungen zum Miteinander. Wir alle – Parla- dass wir gemeinsam lachen können, mentarier, Regierungsmitglieder, Landrä- wenn wir mal wieder festsaßen und es tinnen und Landräte, Bürgermeisterinnen scheinbar weder vor noch zurück ging. und Bürgermeister – sind es den Bran- Glauben Sie mir: Die Verhandlungen denburgerinnen und Brandenburgern waren nicht immer bequem. Aber uns schuldig, zuzuhören. Wir sind es ihnen eint das Ziel, den Nutzen für die Men- schuldig, sie zu fragen, sie reden zu las- schen in unserem Land zu mehren, die- sen, ihnen zu antworten und nicht zuletzt ses Land zukunftsfester zu machen und auch Rechenschaft über das zu legen, weiter voranzubringen. was wir in diesem Parlament tun. Ich Meine sehr verehrten Damen und habe in den letzten Jahren gelernt, dass Herren, Streit gehört zu einer lebendigen ich mir dafür noch mehr Zeit nehmen Demokratie. Sie, sehr geehrte Frau Präsi- muss. Für mich ist es eine Frage des Re- dentin, haben in Ihrer Antrittsrede Mei- spekts, dass ich mir diese Zeit auch neh- nungsstreit als Kennzeichen guter Politik men werde. Außerdem erfahre ich auf

DR. WOIDKE 19 diese Weise sehr vieles direkt, von dem Aber die vielen anderen können und ich sonst nur auf Umwegen – wenn über- sollten wir zu erreichen versuchen – die haupt – erfahren würde. große Mehrheit, die eigentlich mitmachen Wir wollen also auch Neues wagen will, die zurzeit aber aus verschiedenen im Hinblick auf die Art und Weise, wie wir Gründen nur schwer zu erreichen ist. Politik machen. Wir haben Mut, Zuver- Kommunikationstheoretisch könnte man sicht und Vertrauen in den Koalitionsver- sagen: Sender und Empfänger kommen handlungen gewonnen, sodass auch ein derzeit manchmal noch nicht so zusam- neuer Politikstil gelingen kann – für die men, wie sie es sollten. Menschen in Brandenburg, aber vor allen Meine sehr verehrten Damen und Dingen auch mit den Menschen in Bran- Herren, deswegen muss es uns auch ein denburg. Wir werden um das Vertrauen Herzensanliegen sein, politische Bildung der Menschen werben und dafür auch und Beteiligung von Kindern und Jugend- weiterhin zu den Menschen gehen. lichen zu stärken. Generationengerechtig- Die Landesregierung und ich per- keit heißt eben auch Mitsprache und Mit- sönlich werden die Bürgerdialoge fortset- entscheidung von Kindern und Jugend- zen und verstetigen, und wir werden die lichen. Mit der Senkung des Wahlalters, überaus wertvollen Kabinettssitzungen mit Kinder- und Jugendparlamenten, mit vor Ort fortführen. Es geht um ein besse- „Jugend debattiert“ haben wir hier bereits res gegenseitiges Verständnis, und es viel erreicht. Wir werden diese Beteiligung geht auch in dieser Frage um Vertrauen. weiter ausbauen, denn Ernstgenommen- Wenn wir gute Politik machen, dann rei- werden ist auch ein Impfpass gegen Po- chen die Gespräche an den Esstischen pulismus und Rassismus. der Menschen bis in dieses Plenum und (Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE bis an den Kabinettstisch. Dann sitzen sowie vereinzelt DIE LINKE) wir wirklich alle gemeinsam an einem Tisch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein neuer Politikstil entsteht nicht (Beifall SPD sowie vereinzelt CDU über Nacht. Doch wir können auf viele und B90/GRÜNE) gute Erfahrungen und Beispiele zurück- Gefährlich wird es, meine sehr ver- greifen. Aufbruch können wir in Branden- ehrten Damen und Herren, wenn Dialog burg! Das haben wir vor drei Jahrzehnten nicht mehr möglich ist. Gewalt, Hass und schon einmal geschafft. Hetze grenzen eben nicht nur aus; sie Wir wollen jetzt mit Energie und Ent- zerstören vor allem die Basis für Dialog. schlossenheit an die Arbeit gehen und Mit manchen Bühnenschreihälsen, die den Koalitionsvertrag umsetzen. Wir sind Demokratie und Verfassung verächtlich die Koalition der Mitte, wir sind die Bran- machen, ist Dialog tatsächlich nicht mög- denburg-Koalition. Wir sind eine Koalition lich. Darauf sollten wir auch gar keine für die große Mehrheit der Menschen in Zeit und Mühe verwenden. unserem Land, die in diesem Land leben und die dieses Land lieben – für die Men-

20 DR. WOIDKE schen, die unser Land aufgebaut haben der Öffnung des Eisernen Vorhangs, und es jeden Tag mit ihrem Optimismus 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, und ihrer Arbeit weiter voranbringen. Die- 30 Jahre nach der Neugründung der ost- sen Menschen Mut zu machen, diesen deutschen Länder, 15 Jahre nach der EU- Menschen den Rücken zu stärken, die- Osterweiterung – also jetzt – wird es Zeit, sen Menschen beizustehen, wenn sie dass wir für Zusammenhalt, Sicherheit Hilfe brauchen – das ist der Grundkon- und Nachhaltigkeit in Brandenburg, in sens unserer Koalition. Deutschland, in Europa und weltweit er- Im 30. Jahr der deutschen Einheit hat neut enger zusammenrücken. Nur ge- Brandenburg die Bundesratspräsident- meinsam werden wir es schaffen, die Zu- schaft übernommen. Sie ist für unser gan- kunft unserer Kinder und Enkel zu sichern. zes Land und auch für mich persönlich Wir können stolz und selbstbewusst eine große Ehre und Verpflichtung zu- auf 30 Jahre Land Brandenburg zurück- gleich. Gemeinsam mit allen anderen Län- blicken. Wir blicken mit Mut, Zuversicht dern und dem Bund, gemeinsam mit den und Vertrauen auf Brandenburg als Ge- Menschen in ganz Deutschland wollen wir winnerregion im 21. Jahrhundert. dieses Jahr nutzen und das Miteinander Ich danke Ihnen für die Aufmerksam- stärken. keit, obwohl ich Sie heute zeitlich doch Vor 15 Jahren hatten wir schon ein- sehr lange beansprucht habe. – Herzli- mal die Ehre, die Bundesratspräsident- chen Dank. schaft zu übernehmen. Wie hat sich Bran- (Anhaltender Beifall SPD, CDU und denburg, wie hat sich unsere Landes- B90/GRÜNE) hauptstadt seitdem verändert! Wir haben also allen Grund stolz zu sein, Frohsinn zu verbreiten und gegebenenfalls auch hin Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: und wieder einmal zu feiern. Zeigen wir, dass wir Brandenburgerinnen und Bran- Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. denburger uns eben nicht nur nach innen – Inzwischen hat sich die Besuchertribü- freuen können. Ich bin sicher, dass wir am ne neu gefüllt, und ich begrüße ganz 3. Oktober des Jahres 2020 hier eine sehr herzlich Schülerinnen und Schüler der schöne Jubiläumsfeier zur deutschen Ein- Regine-Hildebrandt-Gesamtschule in Bir- heit haben werden, nämlich die Feier an- kenwerder sowie Bürgerinnen und Bürger lässlich des 30. Jahrestages der deut- aus dem Landkreis Elbe-Elster. Seien Sie schen Einheit hier, in Potsdam, mit vielen uns herzlich willkommen! Gästen aus ganz Deutschland und der (Allgemeiner Beifall) ganzen Welt. Meine sehr verehrten Damen und Meine Damen und Herren, ich eröff- Herren, 75 Jahre nach dem Ende des ne die Aussprache. Für die AfD-Fraktion Zweiten Weltkriegs, 40 Jahre nach Grün- spricht Herr Kalbitz zu uns. dung der Solidarność, 35 Jahre nach (Beifall AfD) Glasnost und Perestroika, 30 Jahre nach

DR. WOIDKE 21 22 DR. WOIDKE Andreas Kalbitz Vorsitzender der AfD-Fraktion

rau Präsidentin! Sehr geehrte F Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich bin noch ganz überwältigt von der Andreas Kalbitz Worthülsenparade des Ministerpräsiden- ten, von nicht enden wollenden Verspre- beim Schutz der Bürger, nicht bei der chungen und Rekorderfolgsmeldungen. Förderung der Familie als Eckpfeiler un- Das Paradies naht ja jetzt offensichtlich. serer Gesellschaft und auch nicht bei der 30 Jahre nach dem, was die SPD da Bewältigung der Folgen der unkontrollier- nicht unmaßgeblich alles mit vermurkst ten Masseneinwanderung. Nein, beim hat, löst sich das jetzt mithilfe der CDU deutschen Sonderweg des dogmati- und der Grünen in Freude auf. schen Klimaschutzes blickt man dann Ich freue mich auch, dass Sie das noch tiefer auf Ihr undifferenziertes Be- neu entdeckt haben: Sie haben ja vorher kenntnis zur Multikulturalität und der aus- – am Ende Ihrer Rede – leicht verzückt schließlichen Betrachtung von Zuwande- über das Format des Bürgerdialogs, das rung als Bereicherung, ohne reale Proble- Sie neu entdeckt haben, gesprochen. Mal me ansprechen zu dürfen und zu wollen. etwas Neues: Mit Menschen reden. – Ja, Da dürfte jedem schnell klar werden, kann man machen. wer sich bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hat: Das waren die Grü- (Zuruf des Abgeordneten Adler nen – muss man ganz klar sagen. Die Ko- [SPD]) alitionstaktgeber vom linken Rand müs- Sie haben ja selbst erwähnt, dass es sen zur Inhaltsdurchsetzung eigentlich schwer sei, das einzuüben. Da wünsche gar nicht regieren. ich Ihnen viel Erfolg – den haben Sie (Zuruf des Abgeordneten Domres nämlich schwer nötig. [DIE LINKE]) (Beifall AfD) Der Weg in den Zerfall der bürger- Aber schon in der Präambel Ihres lichen Gesellschaft kann nun in Branden- Koalitionsvertrages wird klar, wo Ihr burg durch die grüne Regierungsbeteili- Hauptbetätigungsfeld liegen wird: nicht gung noch konsequenter verfolgt wer-

KALBITZ 23 den – und die Union hilft dabei auch noch Einzigen, die den ganzen Tag nur über fleißig mit. Konrad Adenauer würde sich Rassen und Geschlechter nachdenken, im Grabe umdrehen. sitzen in der Regierung. Der grüne Hass auf den alten weißen Mann hat Rassis- (Beifall AfD – Dr. Redmann [CDU]: mus und Sexismus schon lange wieder Haben Sie den Koalitionsvertrag überhaupt gelesen?! – Walter gesellschaftsfähig gemacht. Dazu kommt [DIE LINKE]: Hat er nicht!) noch die ständig indirekte doppeldeutige Duldung politischer Gewalt bis hin zur of- Sie haben keine Brandenburg-Koali- fenen Solidarisierung mit noch nicht leta- tion, sondern mehr eine „Frankenstein- len Terroristen der sogenannten Antifa. koalition“ geschmiedet; das muss man Herr Stohn kennt sich da ja aus, er war ganz klar sagen. Und Sie wissen das of- schon eifrig mit denen Fähnchen gegen fensichtlich auch, wie man an Ihren Aus- den AfD-Parteitag schwenken. Dass aus- führungen erkennt. gerechnet Parteien, welche für den unge- Der eigentliche Grund für Ihre Zu- zügelten Import von Judenhass, ja sogar sammenarbeit – der zunehmende Wider- für den Familiennachzug terroristischer stand der Bürger gegen den von Links Gefährder stehen, sich dann als Brand- aufoktroyierten Zeitgeist klingt schon in mauer gegen Antisemitismus starkma- der Einleitung des Vertrages an – hört chen, ist scheinheilig und widersprüch- sich erst einmal gut an – Zitat –: lich. „Gemeinsam sorgen wir entschlos- (Beifall AfD) sen dafür, dass Hass, Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus, po- Aber wir vergaßen, dass – wie schon litischer und religiöser Extremismus zu DDR-Zeiten – die Regierung bestimm- niemals die Oberhand gewinnen.“ te, wer Hetzer sind. Auch heute hat sie den Alleinvertretungsanspruch, darüber (Vereinzelt Beifall AfD – Domres zu befinden, was Hass und was der [DIE LINKE]: Das ist auch richtig!) Kampf für das Gute ist – all das kennen Das teilen wir vollumfänglich; wir schon. Diese pseudodemokratische Denkweise zieht sich selbst durch Ihre (Zuruf von der SPD: Das sind doch Regierungserklärung. Sie setzen die Kritik Heuchler!) an politischen Inhalten und die Forderung darum geht es nicht. Die Realität ist ganz nach Volksabstimmungen mit der einfach: Es geht natürlich darum, das – Zitat – „Verächtlichmachung von Ver- parteipolitisch zu instrumentalisieren. Das fassung und Demokratie“ gleich. Und: tun Sie ja gekonnt, indem Sie Dinge wie Mit diesen Leuten muss man ja nicht den Begriff des Populismus mit dem Be- reden. Diese Leute gehören mit allen Mit- griff des Extremismus vermengen. Sie teln ausgegrenzt. Man braucht ja schließ- verschieben die Grenze immer weiter, um lich keinen Populismus. – Sie sollten ein- das Sagbare selbst zu definieren. mal darüber nachdenken, was das über Schlechte Nachrichten im Übrigen: Die das eigene Demokratieverständnis aus-

24 KALBITZ sagt, wenn man ein diskreditierendes oder Normalisierung unseres Parteien- Wort für in der Gesellschaft weitverbreite- systems wahrgenommen, sondern als re- te Meinungen prägt. Sie haben offen- gelrechte Krankheit verstanden. Das ist sichtlich in dieser Allianz – diese Koalition eine schlichte Verachtung des Wählerwil- ist eine Allianz der Wahlverlierer – lens!

(Zuruf des Abgeordneten Rostock (Beifall AfD) [B90/GRÜNE]) So kommt es, dass Sie ironischer- auch schon Ihre Misserfolgsgeschichte weise ausgerechnet in dem Abschnitt, der vergessen und die Prozente, die Sie alle sich um das Ende der letzten deutschen erhalten haben – die Sitzreihen haben Diktatur dreht, die Bekämpfung des politi- sich ja deutlich gelichtet –, verdrängt. schen Gegners in Ihr Regierungspro- Aber da stehen Sie in Brandenburg we- gramm schreiben. Ein Schelm, der Böses nigstens weniger schlecht da als auf dabei denkt! Doch was wollen Sie hin- Bundesebene. sichtlich der Landesentwicklung konkret Scheinheilig ist auch das Bekenntnis umsetzen? Zumindest nicht viel. Verspre- zur freien Kunst, weil sie in Brandenburg chen haben wir ja jetzt viele gehört. immer stark mit dem Staat verflochten Hauptsächlich scheinen sich Ihre Vorha- war. Wir würden gerne einmal sehen, ben in diesem Bereich darum zu drehen, dass Sie auch wirklich oppositionelle wie man am besten Planungen delegieren Kunst fördern, zum Beispiel solche mit kann, oder es geht um die Bearbeitung Kritik an der Grenzöffnung und unkontrol- bestehender Planungskonzepte. lierten Zuwanderung. Hinzu kommen zugegebenermaßen Besonders dreist ist allerdings, dass diverse kleine bzw. Kleinstprojekte. Als Sie die deutsche Einheit für Ihr Hirnge- die wenigen konkreten Neuvorgaben sind spinst des Kampfes gegen diese angeb- eigentlich nur die Erschließung von alten lich allgegenwärtige Nazigefahr, die wir Bahn- und Militärflächen sowie die Neu- jetzt haben – und wo der Machtverlust so gliederung von Landschaftsschutzgebie- offensichtlich wird –, instrumentalisieren. ten zu nennen. Zu den Folgen der Einheit schreiben Auch Ihre Pläne für eine Konzentra- Sie – Zitat –: tion der Landesentwicklung auf die „Verstärkt wird diese Diskussion Hauptverkehrsachsen passen in Wirklich- durch die Frage nach Ursachen für keit nicht zu Ihrer proklamierten ganzheit- den zunehmenden Rechtspopulis- lichen Regionalstrategie oder einer effek- mus.“ tiven Förderung wirklich abseits gelege- Wieso kommen Sie eigentlich nicht ner Räume. Wir kennen das Phänomen: auf die Idee, dass der Aufstieg der neuen Wo die Lebensadern der Regionalbahnen Kraft etwas damit zu tun haben könnte, nicht vorhanden sind, sieht der ländliche dass an deren Position etwas dran ist? Raum ganz anders aus. Dieses Problem Nein, bei Ihnen werden Willensbildungen wurde nicht gelöst. Interessanterweise in nicht als funktionierende Demokratie der letzten Legislaturperiode oft von der

KALBITZ 25 CDU angesprochen, findet es sich eben- am meisten Hilfe benötigen, und jeder so wenig wie anderes, das für die CDU vor Ort eingesetzte Euro würde 50- oder prägend oder charakteristisch war, in die- 100-mal so viel bewirken wie in Deutsch- sem Koalitionsvertrag. Wirkliche Pläne land. Aber das am Rande. zur zielführenden Förderung des ländli- (Beifall AfD) chen Raumes mit klarer Benennung der jeweiligen Problemlagen, genau definierte Statt klarer Benennung von Asyl- Ziele oder Visionen? Fehlanzeige! Unter missbrauch volles Bekenntnis zum zur dem Strich zu wenig – vor allem für eine Duldung weißgewaschenen Status der Partei, die mit in der Regierung ist und Berechtigung der Unberechtigten mit- deren Wahlkampfslogan „Hallo Dorf, samt Einmischung in private Betriebe Tschüss Abgehängt“ war. Dass diese mittels verbindlicher Regelungen. Der Aussage von der grünen Vertretung des Wirtschaft die eigene Regierungsideolo- großstädtischen Bionademilieus wenig gie aufzwängen – großartige Idee! Alles glaubhaft ist, war ja klar. schon mal da gewesen! Statt deutscher Schließlich wurde die Landwirt- Leitkultur und Erwartungshaltung Integra- schaftsfachkräftestudie noch um das tion als Bringschuld – Zitat – „interkultu- Thema Zuwanderung erweitert. Was relle Öffnung der Landesverwaltung und auch sonst? – Das war es dann schon. der politischen Entscheidungsprozesse.“ Zum Thema Integration bietet die Ich bin ganz zuversichtlich, dass die Landesregierung derart wirkungslose Brandenburger begeistert sein werden, Pseudomaßnahmen oder schädliche ihr Zusammenleben täglich neu aushan- Ideen an, dass man sich wundern muss. deln zu dürfen. Statt syrische Kriegsflüchtlinge wegen (Beifall AfD) des nahenden Endes des Bürgerkrieges auf ihre Rückkehr vorzubereiten, wollen Statt endlich vollumfänglicher politi- Sie das Landesaufnahmeprogramm scher Rückendeckung für Polizei und sogar noch verlängern. Rettungsdienste das angeblich bewährte System der interkulturellen Kompetenz- (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: vermittlung. Bewährt? – Die Realität sieht Gut so!) anders aus. Fragen Sie Polizeibeamte Statt sich endlich effektiv gegen kri- und Rettungskräfte vor Ort, schauen Sie minelle Schlepperei einzusetzen, beken- sich die gestiegenen Zahlen der Angriffe nen Sie sich zur weiteren Aufnahme von auf Polizeibeamte und Feuerwehrleute in „aus Seenot Geretteten“. Warum Seenot- den Einsätzen an! Der Respekt vor der rettung mit einem Taxiservice Hunderte Ordnungsmacht sinkt und da werden Ihre Kilometer nach Norden anstatt nur 12 Ki- Placebo-Maßnahmen sogenannter inter- lometer nach Süden erfolgen muss, kann kultureller Kompetenzvermittlung auch ebenfalls niemand erklären. Außerdem nicht helfen. Und da fragen Sie sich allen sind Menschen, die sich einen Schlepper Ernstes, warum die Sicherheitskräfte in leisten können, mitnichten diejenigen, die Scharen zur AfD überlaufen! Das wundert

26 KALBITZ mich überhaupt nicht, das hat etwas mit Außer einem bunten Reigen infantiler gesundem Menschenverstand derjenigen Anbiederungspolitik gegenüber der Be- zu tun, die da draußen ausbaden müs- drohung der Neuzeit im religiösen Ge- sen, was Sie hier drinnen verzapfen und wand – ich rede nicht vom Islam, son- beschließen. dern vom Islamismus, um das ganz klar zu differenzieren – kommt hierzu nichts (Beifall AfD) Reales. Da kommt mehr Geld für kom- Stattdessen wollen Sie die Polizei munale Integrationssimulation, für eine mit lächerlichen 250 Extrastellen abspei- teilweise Begrenzung der Höchstunter- sen, 250 Stellen, deren Aufbau auch bringungszeiten in Gemeinschaftsunter- noch die ganze Legislaturperiode benö- künften; es kommen mehr sogenannte tigt. Jetzt ist das aufzuräumen, was Rot- Beratungsangebote für sogenannte Rot mit großem Schwung kaputt gefrüh- Flüchtlinge. Doch schauen Sie sich die stückt hat. Ich weiß, Sie haben das realen Zahlen von Abbrechern von schon verdrängt, doch wir erinnern uns Sprachkursen einmal an! Es kommt das an die Polizeistrukturreform, die diese Si- schnellere Anerkennen von ausländi- tuation erst verursacht hat, die jetzt aus- schen Abschlüssen. Das muss gar nicht gebügelt werden muss. Mit diesen 250 schlecht sein, wenn es denn eine ver- Extrastellen wird es kein Mehr an Sicher- nünftige qualitative Überprüfung gäbe. heit geben. Unter Mühen wird der Status Doch wenn vom sogenannten Fachkräf- quo gewahrt. Wir schauen dabei noch temangel gesprochen wird, dürfen wir nicht auf diejenigen, die demnächst in auch nicht vergessen – das wird ja stän- Pension gehen. Da sieht es nämlich ähn- dig verschwiegen oder einfach negiert –, lich düster wie bei den Lehrern aus. dass wir jedes Jahr 180 000 hochquali- fizierte deutsche Fachkräfte durch Ab- (Walter [DIE LINKE]: So ein Unsinn! wanderung in andere Länder verlieren. Mann!) Wie aber begegnen Sie diesem Problem? Aber eine angemessene Unterstüt- Statt einer Bekämpfung der Asylklageflut, zung dieser tragenden Säule unserer All- indem Sie an die Ursachen gehen, wird in gemeinheit war ja auch kaum zu erwar- lächerlicher Weise an den Symptomen ten, wenn Grüne und Rote als parlamen- herumgeeiert. 40 Stellen für die Justiz – tarischer Arm linksextremer Steinewerfer das ist doch keine auskömmliche Aus- und Polizeihasser in der Regierung sit- stattung, wie Sie behauptet haben. Sie zen. beschäftigen sich mit den Symptomen, nicht mit den Ursachen! (Unruhe bei der Fraktion DIE LINKE – In der Bundesrepublik befinden sich Walter [DIE LINKE]: So ein Unsinn!) ungefähr 700 000 nicht bleibeberechtigte Quo vadis, CDU? Was ist aus euch Personen, die häufig illegal eingereist geworden? sind, über ihre Herkunft falsche Angaben gemacht haben und in vielen Fällen sogar (Beifall AfD – Heiterkeit CDU) Straftäter sind. Doch statt wenigstens die

KALBITZ 27 Intensivierung von Abschiebung oder das beitskräften wichtiger werden. Das würde Festsetzen dieser Personen voranzutrei- auch gelten, wenn wir wie Australien oder ben, sagt die Landesregierung: Abschie- Japan eine wirkliche Zuwanderung nach behaft darf nur die Ultima Ratio sein. – Bedarf betreiben würden, aber nicht bei Jetzt hat man eine Taskforce gegründet, einer Politik, die wie hierzulande hohe getreu dem Motto: Wenn ich nicht mehr Pull-Faktoren für zukünftige Sozialfälle weiterweiß, gründe ich ´nen Arbeitskreis. aufweist. Die Zahlen belegen das eindeu- tig. Andererseits werden durch hohe Ab- (Unmut bei der Fraktion gabeleistungen Hochqualifizierte abge- B90/GRÜNE) schreckt, die die Option haben, in andere Nicht einmal eine eigene Abschiebe- Länder zu gehen, wo die Steuerlast nicht anstalt soll Brandenburg bekommen. Das so hoch und die Bürokratie nicht so aus- ist eine derartige Minimalforderung, dass geprägt ist. Die Sozialleistungen mögen sie es sogar ins CDU-Programm ge- dort geringer sein, aber das interessiert schafft hat. Man muss ganz klar sagen: Hochqualifizierte nicht. Trotzdem schürt Noch nicht einmal damit konnten Sie sich die Koalition fleißig den Mythos des wirt- durchsetzen. Wie kann man sich eigent- schaftlichen Mehrwerts der Flüchtlings- lich, werte Union, derart über den Tisch katastrophe. ziehen und als Feigenblättchen miss- (Domres [DIE LINKE]: Sag doch mal brauchen lassen für eine dezidiert rot- was zu Brandenburg, Mann!) grüne Politik? Eigentlich müsste man „grün-rot“ sagen, denn das ist der Stem- Die Realität ist: Drei von vier Syrern pel, der gesessen hat. Chapeau! bei der leben von Hartz IV. Aber wenn man die Gelegenheit! Wahrheit ausspricht, ist es für Sie gleich Knallhart setzt die Koalition stattdes- Hetze, weil man Ihren politischen Vorstel- sen die Förderung der freiwilligen Rück- lungen nicht entspricht. kehr dagegen. Da werden die Betroffenen (Zuruf von der SPD) ja zittern – natürlich vor Freude. Durch die sperrangelweit offenen Grenzen kann Es gibt noch andere Möglichkeiten, man auch gleich mehrfach einreisen. Das dem Problem einer überalternden Bevöl- ist so, als wenn ein Einbrecher, der in kerung beizukommen. Andere Staaten eine Wohnung eingedrungen ist, dafür zeigen anschaulich, wie eine konsequen- bezahlt würde, dass er wieder geht. Sie te Politik zur Erhöhung der Geburtenrate schreiben: „Brandenburg braucht Zuwan- aussehen kann. In Ungarn gibt es Ehe- derung, um ein wirtschaftlich und sozial gründungskredite in Höhe von rund erfolgreiches Land zu bleiben.“ Sie über- 30 000 Euro, Frauen mit vier oder mehr höhen damit Zuwanderung zu einer Kindern müssen keine Einkommenssteu- Grundvoraussetzung unseres Fortkom- ern mehr zahlen. Auch Russland hat ef- mens. Sie meinen, durch den Rückgang fektive Maßnahmen zur Familienförde- des Erwerbspersonenpotenzials würde rung eingesetzt, aber das ist hierzulande die Rekrutierung von ausländischen Ar- uninteressant. Wir haben in der letzten

28 KALBITZ Legislaturperiode auch ganz praktische Fokus verloren. Herzlichen Glückwunsch, Initiativen zur Familienförderung einge- liebe SPD, Sigmar Gabriel hat recht! bracht: Den Antrag auf Senkung der (Beifall AfD) Mehrwertsteuer für Kinderprodukte – als Initiative beim Bundesrat –, das Babywill- Von den ideologischen Untiefen grü- kommensdarlehen in Höhe von ner Politik zu ihrem Herzstück, der Klima- 25 000 Euro – das wollten Sie alles nicht agenda: Nichts hat im Koalitionsvertrag haben. Wir haben ein Babystarterset für eine derart herausgehobene Stellung. Im in Brandenburg geborene Kinder bean- Infrastrukturbereich sollen, anstatt abge- tragt – das wollten Sie auch nicht haben. hängte Regionen durch gute Anbindung Wir haben die Wiedereinführung des als Wirtschaftsstandort attraktiver zu ma- Haushaltstages beantragt, drei Tage für chen, mit Bundesmitteln 30 Millionen Väter, drei Tage für Mütter, sechs Tage für Euro für Radwege ausgegeben werden. Alleinerziehende – das wollten Sie – die Das entspricht einem Drittel der übrigen Sie angeblich so sozial sind – auch nicht Straßenmittel. Jedes Gesetz soll auf haben. seine Klimatauglichkeit überprüft und die Gerade so konnte sich die Landes- Windkraft soll ausgebaut werden. Auch regierung noch zur Beitragsfreiheit für die Stadtentwicklung ist hauptsächlich zwei weitere Kita-Jahre überwinden. auf Klimafragen ausgerichtet. Selbst ei- gentlich sinnvolle Projekte wie die Was- (Stohn [SPD]: Lassen Sie mich raten: serstoffforschung werden grünideolo- Das war auch von Ihnen!) gisch aufgeladen. 16 Millionen Euro lässt Ein Witz, da die vollständige Bei- die Regierung für den Klimaschutzplan tragsfreiheit schon lange versprochen springen. Setzen wir diese Zahlen einmal war! ins Verhältnis zum Beispiel zur Polizei, Und dem Satz – ich habe das mehr- können wir schon einiges darüber sagen, fach nachgelesen – „Die Koalition will Fa- in welchem Verhältnis die Sicherheit der milien umfangreiche Unterstützung an- Bürger zum Weltsamaritertum dieser Ko- bieten“, folgt kein ordentlicher Maßnah- alition steht. menkatalog. Da kommt gar nichts, nur Wind, Solar und Wasserkraft haben die Förderung von Familienzentren – das enorme Nachteile. Sie sind wegen der war‘s. Sicherlich keine falsche Idee, aber hohen Strompreise und des Verlusts un- auch lächerlich wenig, und dann wird zähliger Arbeitsplätze nicht sozialverträg- noch der Schwerpunkt gesetzt, dass lich. Wir erinnern uns noch daran, wie die diese Beratungseinrichtungen für Trans- Solartechnologie als großer Jobmotor kinder sensibilisiert werden sollen. Wie- angepriesen wurde. Das war Unsinn, hat der Minderheitenfetischismus statt Fami- sich in Luft aufgelöst, weil die Asiaten lienpolitik in der Fläche. Das erinnert das irgendwann besser und wettbe- mich an das Zitat von Sigmar Gabriel, der werbsfähiger konnten. Genauso, was die irgendwann entsetzt feststellte, die SPD Windkraft angeht: Jetzt stellt man plötz- habe die Mehrheitsgesellschaft aus dem lich fest, dass man mit der Entsorgung

KALBITZ 29 Probleme hat. Wer übernimmt da die Fi- Es geht also um Klima gegen Natur- nanzierung? Alles unausgegoren! schutz, und selbst bei vollständiger Ak- Wirtschaftlich ist es auch nicht, und zeptanz wäre die einzige Möglichkeit für mit der Versorgungssicherheit – von der effektiven Klimaschutz, eine Politik zu be-

Sie sprachen, Herr Woidke –, die zu ge- treiben, die den großen CO2-Emittierern währleisten ist, ist es auch nicht weit her, als Vorbild dient. Das leisten volatile wenn man den Strom nicht speichern Energieträger nicht. Allein Chinas Steige- kann. Die bisher einzige halbwegs reali- rungsraten bei der Kohleverstromung lie- sierbare Möglichkeit, Strom aus regenera- gen auf dem deutschen Gesamtniveau. tiven Energien zu speichern, sind Pump- Doch anstatt in wirklich innovationsorien- speicherkraftwerke. Die Speicherkapazi- tierte Projekte zu investieren, zum Bei- tät von gerade einmal 53 MW des neuen spiel in die Erforschung von Fusionskraft Batterieprojekts „Big Battery“ veran- und Dual-Fluid-Reaktoren, beschreitet schaulicht, dass dies auf absehbare Zeit die Landesregierung ideologisch blind auch so bleiben wird. Pump- und Wasser- weiter den deutschen Sonderweg der vo- kraftwerke sind auch alles andere als latilen Energiewende. Herr Woidke sagte ökologisch. Nach Inbetriebnahme solcher eben, wie unverzichtbar die Forschung in sind Flüsse als Lebensadern unserer Brandenburg ist. Dann unterstützen Sie Ökosysteme häufig nicht wiederzuerken- endlich derart wichtige Projekte in vollem nen. Es gibt Probleme mit wichtigen Sedi- Umfang, anstatt Geld für Windmühlen mentbewegungen, und ganze Fischpopu- und pseudowissenschaftlichen Gender- lationen bzw. -arten werden ausgerottet. Unsinn zu verschwenden! Es hilft auch Hinzu kommt der enorme Flächen- nichts, dass sich Herr Woidke mit dem verbrauch von Windkraft, der unsere letz- angeblichen Standortvorteil Ökostrom in ten zusammenhängenden Waldgebiete Bezug auf Tesla brüstet, da jeder weiß, bedroht, denn wir wissen: Wenn Sie – ich dass diese Ansiedlung nur durch massive habe die Landesentwicklungspläne im Subventionen zustande kommt – wenn Blick – am Ausbau der Windkraft in die- sie denn gelingt. Mein Optimismus, was ser Form festhalten, kann das nur mit Großprojekte im Land Brandenburg an- Windkraft im Wald funktionieren. Anders geht, hält sich in engen Grenzen – das wird es nicht gehen. Auch das Festhalten muss ich ehrlich sagen. an der 1 000-Meter-Regelung ist eine (Beifall AfD – Zuruf von Ministerprä- Mogelpackung, weil wir wissen, dass es sident Dr. Woidke) inzwischen Windräder gibt, die 130 Meter hoch sind, und dann bedeutete die 10H- Ich rede gar nicht mehr vom BER, Regelung einen Abstand von 1 300 Me- das kann ohnehin keiner mehr hören. tern. Insofern ist das auch kein Fort- (Bretz [CDU]: Sie haben ja gar keinen schritt, sondern eher ein Rückschritt in Optimismus!) der Praxis.

(Beifall AfD)

30 KALBITZ Wir reden vom Lausitzring, wir reden nämlich keiner vor seiner Haustür haben von CargoLifter – alle haben es noch in will und Brandenburg jetzt schon völlig Erinnerung. verspargelt ist.

(Ministerpräsident Dr. Woidke: Da (Beifall AfD – Domres [DIE LINKE]: waren Sie noch gar nicht hier!) Mann, Mann, Mann!)

Wir werden also sehen, was dabei Herr Woidke sagt: Brandenburg wird herauskommt. Sollten es Arbeitsplätze für seinen Beitrag zu den Zielen des Klima- das Land Brandenburg sein, würden wir abkommens leisten. Großartig! Da sind uns darüber freuen. – Nein, die sinnlose wir wohl die Einzigen. Die Frage ist, um Zeche berappt natürlich der kleine Mann. welchen Preis – die Menschen müssen So sieht moderne sozialdemokratische es ja bezahlen. Politik aus. Das betrifft auch die CDU, da Zum Schluss noch die Bildungspoli- gibt es keinen Unterschied mehr. tik: Obwohl das Leistungsniveau seit In der Lausitz sei die „Skepsis mit Jahren fällt, wird die durch Radikalegali- Händen zu greifen“. Wer konnte das kom- tarismus geprägte Ideologie auch hier men sehen, nach dem rot-roten Dilettan- gnadenlos fortgeführt. Totale Inklusion tismus der letzten Jahre? Aber dafür hat – völlig egal, ob förderungsbedürftige Herr Woidke ein neues Format entdeckt: Kinder nicht mehr adäquat gefördert und den Bürgerdialog. Wenn man jetzt mit leistungsstarke Schüler vernachlässigt Menschen in der Lausitz spricht, dann werden –, Aushöhlung des Leistungsprin- sensibilisiert man sich vielleicht auch für zips – symptomatisch hier die Abschaf- die Probleme derer, die da leben und ar- fung von Halbjahreszeugnissen und Zif- beiten und auch in Zukunft arbeiten wol- fernnoten in den unteren Jahrgangsstu- len – völlig egal, ob man zur erfolgreichen fen, ganz abgesehen von der nicht ziel- Umsetzung dieser Versprechen geltende führenden Kompetenzorientierung –, Naturgesetze überwinden müsste. dazu noch das eben erfolgte Bekenntnis Sie sprachen außerdem das bereits zu noch mehr Quereinsteigern – Verbes- erfolgte Herunterfahren von zwei Kraft- serung der Unterrichtsqualität ade! Da werksblöcken in Jänschwalde an: Davon nützen auch die ganzen schöngefärbten sind schon 600 Menschen betroffen. Und Plansoll-Übererfüllungsberichte nichts. dann sagten Sie dazu weiter – nichts. Wenn ich mir das Bertolt-Brecht-Gymna- sium in Brandenburg an der Havel an- (Bretz [CDU]: So ein Stuss!) schaue und dort einmal durchgehe, sehe Das dürfte exemplarisch für die zu- ich, dass der Zustand einfach nur bedau- künftige Unterstützung der Lausitzbe- ernswert ist, und da helfen auch die Luft- wohner sein. Die Demokratisierung der schlösser, die Sie hier im parlamentari- Erneuerbaren ist interessant. Würden Sie schen Glasturm bauen, nichts. hier echten Entscheidungsspielraum zu- Angesichts all dessen nützt auch die gestehen, würden Sie kein einziges erwähnte Digitalisierung nichts, über die Windrad mehr bauen, weil die Dinger ich mich freuen würde, wenn sie denn

KALBITZ 31 einmal käme. Da ist in der letzten Legis- Zusammengefasst: Die Koalition be- laturperiode nicht viel passiert, in der vor- treibt eine Politik der kulturellen und so- letzten auch nicht – da gab es das Inter- zialen Fragmentierung, die unsere Gesell- net übrigens schon. schaft nicht voranbringt. Darunter wird Dass Niveauabsenkung bei der Bil- die Demokratie, in der über Sachfragen dung der Kern linker Politik ist, weiß abgestimmt werden muss, leiden. Eine jeder, aber dass die Union hier munter Gesellschaft ohne Zusammenhalt und öf- mitmacht, ist bezeichnend. Sich in der fentliche Sicherheit wird die Folge sein. Opposition als Verfechter einer bürger- Das dritte Schlagwort – die Nachhaltig- lichen Bildungspolitik inszenieren und keit – wird durch eine gegen den Natur- dann einen Vertrag unterschreiben, in schutz gerichtete und klimatisch wir- dem das Wort „Gymnasium“ nicht einmal kungslose Klimapolitik ad absurdum ge- vorkommt – genau mein Humor! führt. Außerdem werden die Zukunfts- chancen unserer Kinder durch eine ka- (Beifall AfD – Dr. Redmann [CDU]: tastrophale linke Bildungspolitik zerstört. Stimmt doch gar nicht! Was erzählen Sie denn für einen Quatsch?) Natürlich darf auch das Bekenntnis zur Auflösung unseres Nationalstaats Darauf, wie Sie die folgende Steige- nicht fehlen – Stichwort EU –, ganz abge- rung der Studienberechtigungszahlen mit sehen von der absurden Gender-Ideolo- der Stärkung der Ausbildung in Einklang gie. Fast schon zum Lachen ist die „ge- bringen wollen, sind wir schon gespannt. schlechtergerechte Haushaltsführung“. Alarmiert aufhorchen sollte jeder bei Abgerundet wird das noch vom totalitär Herrn Woidkes Aussage bezüglich der miefenden Kampf gegen Rechts, der sich Immunisierung gegen Demokratiefeinde natürlich in der Hauptsache nicht gegen durch gute Bildung. Wir wissen ganz wirklich bekämpfenswerte extreme Be- genau, wer in den Augen von Rot, Dun- strebungen richtet, sondern gegen einen kelrot und Grün Antidemokraten sein sol- parteipolitischen Konkurrenten, dem Sie len. Das kennen wir alles von vor 89 – für mit Argumenten einfach nicht mehr bei- die Menschen, die hier gelebt und das kommen. Das ist die Wahrheit. erlebt haben –: jeder, der nicht links ist. (Beifall AfD) (Zurufe von der Fraktion DIE LINKE) Von den linken Parteien war das Sie können es in noch so schöne nicht anders zu erwarten. Die Union hat Chiffren packen: Es bedeutet die Verab- offensichtlich noch nicht genug gelitten, schiedung vom Beutelsbacher Konsens verrät das bürgerliche Lager endgültig und ideologisierten Unterricht, den keiner und beweist so anschaulich, dass sie wollen kann. eventuell nicht mehr reformierbar ist. Das würde ich persönlich bedauern. Wenn Sie (Bretz [CDU]: Kommt bei Ihnen auch alle Inhalte über Bord werfen, ist natürlich mal Inhalt?) auch klar, dass der Aufbau von Vertrauen

32 KALBITZ zu Ihren neuen Koalitionspartnern nicht che Farbe zuerst genannt wird – schön sonderlich schwerfiel. bunt, hört sich alles nicht stabil an. Stabi- lität hätte Brandenburg jenseits von far- (Bretz [CDU]: Das ist intellektueller benfrohen Versprechungen aber verdient. Dünnschiss!) – Vielen Dank. Das freut uns, da Sie uns hiermit das (Beifall AfD) Alleinstellungsmerkmal als konservativ bürgerliche Volkspartei geben – vielen Dank. Mit der Unterschrift unter dieses Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: Machwerk werden Sie noch mehr Wäh- lern – und übrigens auch den eigenen Wir setzen die Aussprache fort. Das Mitgliedern – die Augen öffnen. Wort hat der Abgeordnete Stohn von der Eine Gewinnerregion wird die Mark SPD-Fraktion. bei der konsequenten Umsetzung dieses (Bretz [CDU]: Herr Kalbitz, möge Koalitionsvertrags, an der ich auch zwei- Ihnen der Weihnachtsmann Besinn- fele, nicht unbedingt. Da kommen mir lichkeit schenken! – Frau Bessin eher Länder in den Sinn – diese Koalitio- [AfD]: Sind Sie der Weihnachts- nen haben ja solche Namen –: Kenia, Af- mann?) ghanistan, Simbabwe; je nachdem, wel-

KALBITZ 33

Erik Stohn Vorsitzender der SPD-Fraktion

eine sehr verehrten Damen M und Herren! Liebe Präsidentin! Werte Gäste! Was Sie in der letzten hal- Erik Stohn ben Stunde gehört haben, war viel schlechte Luft, viel Negatives, viel Polari- SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE sierung. Kommen wir doch einmal auf GRÜNEN haben unterschiedliche Erfah- unser schönes Brandenburg zurück. rungen und Ansichten eingebracht. Diese haben wir zusammengeführt und schla- (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- gen ein neues Kapitel für Brandenburg einzelt CDU) auf. Wir reden heute über die nächsten (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) fünf Jahre. Wir haben heute die Regie- rungserklärung des Ministerpräsidenten Und ja, es ist wahr: Koalitionen sind gehört. Hier machen sich drei Fraktionen keine Liebesheiraten, sondern Bündnisse bzw. drei Parteien auf, die nicht den auf Zeit. Das Besondere an dieser Koali- kleinsten gemeinsamen Nenner, nicht die tion ist aber, dass wir uns gemeinsam auf Addition aller Positionen darstellen. Sie den Weg machen und Gegensätze über- sind angetreten, um mit neuem Mut, winden wollen. Das will ich mit Blick auf neuer Kraft die Herausforderungen der den Zustand der Großen Koalition in Ber- Zukunft zu stemmen. lin auch sagen: An diese Stelle wollen wir nie kommen. Warum? Weil wir miteinan- (Dr. Berndt [AfD]: Amen!) der reden werden, anstatt übereinander Wir haben uns zusammengerauft, zu klagen, weil wir nicht ans Mikrofon tre- wir haben inhaltlich um die besten Lö- ten, sondern zum Telefonhörer greifen sungen und Ideen gerungen. Wir sind werden. Wir werden gemeinsam und mit nicht den einfachen Weg gegangen, son- offenen Herzen die Fragen, die die Men- dern haben uns auf einen gemeinsamen schen umtreiben, bearbeiten und lösen. Weg verständigt; Formelkompromisse Wir wollen Probleme bewältigen und sie sind unseres nicht. nicht aufbauschen. Das ist in unseren Verhandlungen deutlich geworden: Wir

STOHN 35 wollen keine kleinen Schritte gehen, son- Wir wollen Brandenburg zu einem dern die Siebenmeilenstiefel anziehen, Gewinnerland machen. Wer wird konkret und keine Beruhigungspillen verteilen, gewinnen? sondern sinnvolle Verabredungen für die Pendler werden gewinnen. Sie wer- Zukunft unseres Landes treffen. den leichter von A nach B kommen. Es wird längere Züge geben, die mehr Platz (Beifall SPD) bieten. Die Züge werden häufiger fahren, Das ist mit diesem Koalitionsvertrag weil wir die Takte verbessern. Sie werden auch gelungen. Er ist mutig, und es wird auch schneller fahren, weil wir die Gleise anstrengend, aber es wird auch span- ausbauen. nend in den nächsten fünf Jahren. Und ja, auch Radfahrer werden ge- Ich für meinen Teil kann verspre- winnen, weil wir die Ausgaben für Rad- chen, dass die unterschiedlichen Per­ wege deutlich erhöhen, alte Radwege sa- spektiven immer erkennbar sein werden. nieren, sodass man täglich mit dem Rad SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zur Arbeit fahren oder eben bei Ausflügen NEN werden nicht zur Unkenntlichkeit durch unser schönes Land reisen kann. verschmelzen. Familien in diesem Land werden ge- winnen. Wir werden nämlich die Kitabei- (Dr. Berndt [AfD]: Ach nee?) träge abschaffen, damit Familien mehr – Nein. Geld zur Verfügung haben. Familien wer- Und ich kann Ihnen sagen: Nicht den ihre Kinder mit einem besseren Ge- jeder Tag der Verhandlungen war gleich fühl in die Kindergärten schicken, schön und gleich einfach. Aber es ist uns (Dr. Berndt [AfD]: Ach, wird das gelungen, eine Vertrauensbasis aufzu- schön!) bauen. Die Verhandlungen haben gezeigt: Wir können auch schwierige und schwie- weil wir die Gruppen verkleinern werden rigste Dinge miteinander besprechen und und eine Erzieherin im Ergebnis mehr Zeit zu Verabredungen kommen. für die einzelnen Kinder und in diesem anspruchsvollen wie auch wundervollen (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- Beruf weniger Stress haben wird. einzelt CDU) (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- Wir wollen Gegensätze überwinden einzelt CDU) und sozialen Fortschritt, ökonomische Vernunft und ökologische Nachhaltigkeit Auch Kinder werden gewinnen. Wir zu einer neuen Politik zusammenführen. bringen 400 Fachkräfte an die Schulen Davon haben alle mehr. und bauen multiprofessionelle Teams auf, bestehend aus sozialen, pädagogischen (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- Fachkräften sowie Verwaltungs- und IT- einzelt CDU) Fachkräften. Wir werden Teams an Schu- len vor Ort unterstützen, die vor beson- deren Herausforderungen stehen. Der

36 STOHN Aufbau dieser Teams wird auf der Grund- den kommunalen und genossenschaft- lage von Sozialindikatoren erfolgen. lichen Wohnungsbau konzentrieren. Und ja, auch Patientinnen und Pa- (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- tienten werden gewinnen, denn wenn einzelt CDU) man krank ist, braucht man schnell Hilfe, und die muss überall gewährleistet wer- Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- den. Deswegen werden wir jedes Kran- mer werden auch profitieren und gewin- kenhaus in Brandenburg erhalten. nen. Wir werden die Tarifbindung in Bran- denburg stärken. (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- einzelt CDU) (Walter [DIE LINKE]: Ab wann?)

Eine solide Grundversorgung muss Öffentliche Aufträge, also Aufträge es überall geben. Komplexe Leistungen aus der Hand aller Brandenburgerinnen werden wir an einzelnen Standorten kon- und Brandenburger, sollen nur diejenigen zentrieren. Und: Brandenburg wird künf- erhalten, die auf Tarifniveau oder tarifähn- tig Medizinerinnen und Mediziner selbst lichem Niveau zahlen. ausbilden. Anfang der 90er-Jahre dach- (Frau Dannenberg und Walter ten wir noch: Es reicht, wenn eine große [DIE LINKE]: Wann?) Stadt in der Mitte unseres Landes, näm- lich Berlin, unsere Mediziner ausbildet. – Außerdem werden wir den Mindest- Das war ein Trugschluss, daraus haben lohn, der ein sozialpolitischer Meilenstein wir gelernt. Jetzt gründen wir eine eigene war, armutsfest machen: Wer einen öf- staatliche medizinische Fakultät und be- fentlichen Auftrag erhalten will, muss sei- kommen mehr Fachkräfte. Mit dem Bran- nen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- denburg-Stipendium stellen wir auch si- mern mindestens 13 Euro pro Stunde cher, dass sich genügend Ärztinnen und zahlen. Auch im Bund werden wir uns für Ärzte in allen – auch unterversorgten – eine deutliche Erhöhung des allgemeinen Regionen niederlassen. Denn wir unter- Mindestlohns einsetzen. stützen diejenigen, die sich schon wäh- (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- rend ihres Studiums bereiterklären, in einzelt CDU) diesen unterversorgten Regionen zu praktizieren. Universitäten werden gewinnen. Wir Auch Mieter werden gewinnen. Wir werden deutlich mehr Geld für Hoch- haben es heute gelesen: Im Speckgürtel schulen ausgeben, denn Brandenburg steigen die Mieten mittlerweile auf Berli- braucht die klügsten Köpfe. Jedes Jahr ner Niveau. Daher starten wir eine Woh- wird die Grundfinanzierung der Hoch- nungsbauoffensive und nehmen dafür schulen um 5 Millionen Euro angehoben. jährlich 100 Millionen Euro in die Hand. Das heißt, am Ende der Legislaturperiode Wir werden die Arbeit im Bündnis für stehen insgesamt über 75 Millionen Euro Wohnen fortsetzen und uns speziell auf mehr zur Verfügung als heute – für die Zukunft in Forschung und Wissenschaft.

STOHN 37 Und, sehr verehrte Damen und Her- Auch Sportlerinnen und Sportler ren, auch der Rechtsstaat wird gewinnen. werden gewinnen. Wir investieren in Durch eine bedarfs- und sachgerechte Sportstätten, und Brandenburg bekommt Ausstattung der Justiz werden Altverfah- eine neue Attraktion: Wir bauen das Haus ren abgebaut, Verfahren beschleunigt des Sports für Spitzen- wie Breitensport. und der Generationswechsel eingeleitet. Die Bedingungen für die Aktiven werden also noch besser. (Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- Auch die Landwirte gewinnen, und einzelt CDU) zwar im Ökolandbau wie auch im kon- Meine sehr verehrten Damen und ventionellen Anbau. Wir wollen regionale Herren, die Feuerwehr wird gewinnen Wertschöpfungsketten stärken, um mit und damit wir alle. Es wird Geld für Fahr- kurzen Transportwegen die Umwelt zu zeuge, moderne Wachen und Ausrüstung schonen, faire Preise für die Erzeuger zu geben. Wir wissen: Es geht nicht nur um erzielen und gute Qualität und Frische für die Ausstattung, sondern Feuerwehrleute die Verbraucher zu garantieren. Beim müssen auch fit gemacht und ausgebil- Ökolandbau liegen wir bereits über dem det werden. Dafür müssen sie derzeit Bundesdurchschnitt, aber wir wollen nach Eisenhüttenstadt; das ist für man- noch besser werden. che schwer erreichbar. Deswegen schaf- (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie fen wir eine zweite Ausbildungsstätte für vereinzelt CDU) hauptamtliche und freiwillige Feuerwehr- leute, um da Verbesserungen hinzube- Meine sehr verehrten Damen und kommen. Herren! Auch das Klima gewinnt.

(Beifall SPD, B90/GRÜNE sowie ver- (Dr. Berndt [AfD]: Och, toll!) einzelt CDU) Der Klimaschutz wird der Schwer- Wir alle wissen um das Engagement punkt unserer Arbeit. Wir werden darauf von 40 000 ehrenamtlichen Feuerwehr- achten, dass die Energieversorgung ge- kräften in diesem Land. Mit der Retter- sichert bleibt, dass die Menschen, die prämie erkennen wir die Leistung an und heute in der Energieregion Lausitz leben, sagen denjenigen Danke, die immer für auch in Zukunft eine gute Perspektive uns da sind und ins Feuer gehen, wenn haben und dass Strom für die Menschen andere dort herausgeholt werden wollen. in ganz Brandenburg bezahlbar bleibt. Und ja, wir werden die Akzeptanz für (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) Windkraft erhöhen. Dafür haben wir be- An dieser Stelle herzlichen Dank an reits in der vergangenen Legislaturperio- unsere Rettungskräfte! de den sogenannten Windeuro einge- führt. Das heißt, dass 10 000 Euro pro (Beifall des Abgeordneten Domres Anlage und Jahr in den Kommunen, wo [DIE LINKE]) die Windräder stehen, ankommen und dort eingesetzt werden können. Das för-

38 STOHN dert die Akzeptanz der Windkraft. Außer- Meine sehr verehrten Damen und dem halten wir am Abstand von Herren, Brandenburg wird gewinnen. All 1 000 Metern zur Wohnbebauung fest. diese Projekte und Maßnahmen bringen Das sind Beiträge zum Klimaschutz. unser Land voran. Aber diese Entwick- Auch Klimaschutz geht nicht ohne soziale lung wollen wir jetzt beschleunigen – mit Akzeptanz bei den Menschen; das ist uns dem Zukunftsinvestitionsfonds. gewiss. Diesen Weg gehen wir also. (Beifall SPD, CDU und (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie B90/GRÜNE – Dr. Berndt [AfD]: Oh!) vereinzelt CDU) Das ist zinspolitisch wie konjunktur- Alle in Brandenburg sollen gewinnen. politisch eine kluge Entscheidung, denn Deshalb werden wir alle Regionen mit Brandenburg braucht Investitionen. Es Glasfaser ausstatten und so ein schnelles geht nicht nur um das Decken von Be- Internetvergnügen bereiten. Das hilft Un- darfen oder die Abkehr vom falschen ternehmen, die darauf angewiesen sind, Sparen oder Sparen auf Kosten der Infra- und hilft genauso Otto Normalverbrau- struktur. Ich glaube, es ist auch ein Bei- cher, der abends Netflix schauen oder die trag zur Demokratie. Denn es ist die Ant- Weihnachtsgeschenke online bestellen wort auf die Erwartung, dass alles jetzt, will. gleich, schnell, ja sofort passieren muss. Menschen, denen die Stadt zu eng Und ich habe die feste Erwartung, dass und zu laut ist, sollen bei uns einen Platz auch der Bund sich Brandenburg zum finden. Wohn- und Arbeitsorte sollen gut Vorbild nehmen wird. miteinander verbunden werden. Auch (Zuruf von der AfD) dazu braucht es ein gutes Netz; denn manche wollen an einigen Tagen auch Denn es ist ja nicht nur die gemein- von zu Hause arbeiten. Das ist, was same Empfehlung des Deutschen Ge- meine Generation will, und das soll sie in werkschaftsbundes und des BDI, son- Brandenburg finden. dern auch von vielen anderen. Ich glau- Brandenburg ist attraktiv für früher be, dass dies der richtige Weg ist, um Abgewanderte: Sie kehren zurück und unser Land schneller in die Zukunft zu wollen dort leben, sich niederlassen, wo führen. sie einst groß geworden sind. Es ist eine (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie selbstbewusste ostdeutsche Generation vereinzelt CDU) herangewachsen, die gut ausgebildet ist und ihren Beitrag leisten will. Sie alle sol- Wir werden das Miteinander stärken, len ihren Platz bei uns finden. Der Sied- um das Land insgesamt stärker zu ma- lungsstern rund um Berlin ist in den ver- chen. Wir wollen, dass Menschen einan- gangenen Jahren größer geworden. Wir der begegnen und das Verständnis für- wollen die Zacken noch länger machen, einander wächst. Ich möchte keine frag- die Strahlkraft soll erhöht werden – bis mentierte und individualisierte Gesell- weit in den ländlichen Raum. schaft, in der nur der Lauteste Recht be-

STOHN 39 kommt. Ein altes Sprichwort sagt: Das Präsidiumsmitglieds: Sie machen keinen schlechteste Rad am Karren ist meistens vernünftigen Vorschlag, schlagen keine das lauteste. Person vor, die wählbar ist oder sich auf den Straßen und Marktplätzen dieses (Dr. Berndt [AfD]: Deswegen de- Landes auch einmal für Zusammenhalt monstrieren Sie mit der Antifa!) statt für Spaltung einsetzt. Hören Sie also auch den Leisen zu, (Dr. Berndt [AfD]: Demokratie ist so geben Sie auch den Schwachen eine anstrengend, Herr Stohn, nicht? – Stimme! Seien Sie offen für kluge Gedan- Keller [SPD]: Deswegen ist auch kei- ken, machen Sie Politik für alle! Wir sind ner da – wo sind denn Ihre Leute?!) das Parlament für alle Brandenburgerin- nen und Brandenburger. – Man kann das so machen, aber dann macht man halt nichts für die Men- (Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Es ist schen, Herr Berndt, sondern nur für sich. gut, dass es die Antifa gibt! – Frau Bessin [AfD]: Ach, das ist ja eine tolle Ich bin mir sicher, dass die Menschen im Aussage!) Land dieses Schauspiel auch durch- schauen. – Würden Sie Ihren Dialog bitte in (Dr. Berndt [AfD]: Das wollen wir mal der Pause führen? – Vielen Dank. sehen!) Für die SPD gilt: Wir sind für alle in Brandenburg da – nicht nur für diejeni- Wir machen Politik mit den Men- gen, die uns gewählt haben. Das unter- schen und für alle Menschen. scheidet uns übrigens von einer anderen Herr Kalbitz – was wundert es mich! – hier im Parlament vertretenen Partei. ist nicht da; also werde ich meine Rede- zeit auch nicht auf die ganzen Stöckchen (Zuruf des Abgeordneten Dr. Berndt verwenden, die er uns hingehalten hat. [AfD]) (Beifall SPD und B90/GRÜNE sowie Die ersten Tage haben es wieder vereinzelt CDU) deutlich gemacht: Sie haben nicht den Anspruch, Politik zu machen, Sie haben Denn wir kennen die Methode: Sti- nicht den Anspruch, Probleme zu lösen. cheln und provozieren – und hinterher in Nein, Sie bauschen Probleme auf, Sie die Kamera heulen! – Ach, jetzt weiß ich, schaffen Probleme und halten die Arbeit was er macht. hier im Parlament auf, (Vereinzelt Heiterkeit) (Zuruf der Abgeordneten Duggen Das bringt unser Land nicht weiter. [AfD]) Wir wollen Menschen zusammenbringen zum Beispiel mit nicht enden wollenden und gesellschaftliche Konflikte lösen. Sie, Abstimmungen über immer wieder neue die Konflikte entfachen und anheizen, Personalvorschläge für das Amt eines werden in uns entschiedene Gegner fin- überparteilich und neutral agierenden den.

40 STOHN (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE Wir wollen dafür sorgen, dass mehr sowie des Abgeordneten Domres Menschen mit Bus und Bahn fahren kön- [DIE LINKE]) nen, um ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Wir wollen dafür sorgen, dass Brandenburg ist ein tolerantes Land. der Kohleausstieg begleitet wird, dass Die größten Herausforderungen, die uns die Versorgungssicherheit erhalten bleibt aufgegeben wurden, haben wir immer im und neue Perspektiven für die Menschen Miteinander bewältigt. Wir wissen um in der Region entstehen. Wir lassen uns diese Stärke Brandenburgs. Unser Minis- nicht aufhalten und werden mit neuer Ge- terpräsident Dr. Dietmar Woidke und die staltungskraft in diese Legislaturperiode ihn tragende Fraktion setzen auf Zusam- gehen. Dabei geht unser Gestaltungs- menhalt und wollen mit praktischen Ver- drang über diese Legislaturperiode hin- besserungen den Lebensalltag der Men- aus. schen besser gestalten. Wir werden alles (Dr. Berndt [AfD]: Um Gottes willen!) dafür tun, Brandenburg zu einem Gewin- nerland zu machen. Der Kompromiss für die Strukturent- wicklung in der Lausitz umfasst 20 Jahre (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) und reicht bis ins Jahr 2038. Wir werden Wir konzentrieren uns auf den Auf- dafür sorgen, dass die Zeitschiene, wie trag, den uns die Bürgerinnen und Bürger sie im Kohlekompromiss verabredet ist, erteilt haben. Die Menschen erwarten, verlässlich eingehalten wird. Nur dann dass wir die Probleme lösen. fassen Menschen Vertrauen und gewin- nen Sicherheit. Im Jahr 2050 soll unser (Dr. Berndt [AfD]: Von Ihnen nicht!) Land klimaneutral wirtschaften und Unser Job ist es, den Rahmen dafür leben. Das, liebe Kritiker, zeigt, welchen zu organisieren, dass Menschen ihre Ta- Ehrgeiz diese Koalition hat – weit mehr, lente entdecken und ausleben können, als uns die linke Seite der Opposition at- dass sie Familien gründen und ihren En- testiert. Sehr geehrte Kathrin Dannen- keln einen lebenswerten Planeten hinter- berg, sehr geehrter Sebastian Walter, ich lassen. Wir wollen dafür sorgen, dass alle freue mich auf Ihre kritischen Beiträge, von ihrer Arbeit leben können, von denen wir in den vergangenen Tagen ja schon einiges hören durften. Und da (Zuruf der Abgeordneten Duggen gerade Weihnachtszeit ist, erlaube ich [AfD]) mir, einen Wunsch zu äußern. am liebsten in tariflichen Beschäftigungs- (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: verhältnissen. Weihnachtsstollen für alle! – Walter (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE [DIE LINKE]: Von Frau Theiss! – Hei- sowie des Abgeordneten Domres terkeit DIE LINKE) [DIE LINKE]) – Das müssen Sie mit ihr selbst ver- abreden.

STOHN 41 Ich habe den Wunsch, dass eure Herausforderungen derzeit bewältigen Beiträge von Sachlichkeit geprägt sind – wie es gerade in der Lausitz passiert: Verschiedene Seiten setzen sich an einen (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Tisch und suchen einen gemeinsamen Immer!) Weg. Das ist ein gutes Beispiel für Zu- und das Ziel haben, eure Ideen einzubrin- sammenhalt in diesem Land. gen. Denn auch eine Oppositionspartei In diesem Geist wurde diese Koali- hat zwar das Recht, alles zu diskreditie- tion ausgehandelt und beschlossen. ren, was von der Koalition kommt, auch Diese Koalition ist auch Ausdruck des gegen die eigenen Überzeugungen – Wählerwillens der Brandenburgerinnen siehe Zukunftsinvestitionsfonds. Doch und Brandenburger. Das Signal dabei wäre es nicht besser, wenn dieses lautet: Arbeitet zusammen und macht Schauspiel nicht täglich aufgeführt das Beste daraus! – Das werden wir tun. würde? Liebe Freie Wähler, Sie haben ange- Ich hoffe, dass Sie nicht immer nur kündigt, die Straße ins Parlament tragen das Haar in der Suppe suchen. Sie dür- zu wollen. Ich hoffe aber auch, dass Sie fen gern loben, wo Lob angebracht ist, das Parlament auf die Straße tragen. Wir und sollen dort kritisieren, wo Kritik nötig jedenfalls werden das tun. Wir sind ein ist. Dann entsteht in diesem Parlament offenes Parlament und öffnen unsere ein Ideenwettbewerb, der unserem Land Türen. Wir suchen das Gespräch mit un- hilft, der es voranbringt. Das wäre ost- seren Gästen und hören zu. Wir werden deutscher Pragmatismus, und das würde aber auch hinausgehen – mehr als in der Brandenburg gut zu Gesicht stehen. Vergangenheit. Mit mir als Vorsitzendem der SPD-Fraktion werden wir unterwegs (Beifall SPD, CDU und sein. Wir werden eine Fraktion sein, die B90/GRÜNE – Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Da klatscht die CDU! das Gespräch sucht, Beschlüsse erläu- Ich lache mich kaputt!) tert und genauer nachfragt. Meine Frak- tion besteht nur aus direkt gewählten Ab- Deswegen an dieser Stelle meinen geordneten. Das zeigt, wie stark veran- herzlichen Glückwunsch an Kathrin Dan- kert die SPD-Abgeordneten in ihren Re- nenberg und Sebastian Walter. Ich freue gionen sind. mich auf den Austausch. Wir werden (Frau Bessin [AfD]: Das zeigt, wie (Walter [DIE LINKE]: Wir werden viel stark die SPD geschrumpft ist!) Spaß miteinander haben!) Da, wo wir jedoch nicht gewonnen viel Spaß miteinander haben und uns mit haben, wo wir keine Direktmandate ge- euren Anträgen sachlich befassen sowie winnen konnten, werden wir stärker als unseren Standpunkt dazu entwickeln und zuvor unterwegs sein. Denn das ist die erläutern. logische Konsequenz aus dem, was ich Nur in einem solidarischen Wettstreit gesagt habe: Wir machen Politik für ganz um die besten Lösungen kann man die

42 STOHN Brandenburg, für jede Region und für alle währtes aufzugeben. – Das ist unser Auf- Menschen. trag aus der Landtagswahl. Dem stellen wir uns. – Vielen Dank. (Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE) (Starker Beifall SPD, CDU und Wir Brandenburgerinnen und Bran- B90/GRÜNE) denburger können mit einigem Stolz dar- auf zurückblicken und sehen, was wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehn- Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: ten erreicht haben. Der Zusammenhalt war dabei immer unsere größte Stärke. Meine Damen und Herren, von der Das Miteinander und die Bereitschaft, Abgeordneten Bessin wurde eine Kurz- sich neu aufzumachen, etwas zu wagen, intervention angezeigt. Dazu muss ich ist doch das, was uns heute weiterbringt, jetzt auf § 29 Abs. 7 unserer Geschäfts- damit in 30 Jahren die Brandenburgerin- ordnung verweisen. Dort heißt es: nen und Brandenburger sagen können: „Während der Fragestunde sowie Ihr habt damals die Weichen richtig ge- einer Regierungserklärung sind Fragen zu stellt und unser Land auf einem sicheren, einem Redebeitrag sowie Kurzinterven- auf einem soliden Kurs gehalten; beherzt tionen nicht zulässig.“ und ohne Übermut, mit dem Sinn für das (Vereinzelt Beifall SPD) Machbare, dem Gespür, dass jede Ver- änderung neue Sicherheiten stiften muss, Das Wort hat der Abgeordnete Wal- mit dem Willen zur Erneuerung, ohne Be- ter für die Fraktion DIE LINKE.

STOHN 43

Sebastian Walter Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE

ehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr S geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Lieber Herr Sebastian Walter Stohn, ich musste mir nach Ihrer Rede ge- rade noch die Freudentränen wegwischen. Hoffen wir also, dass auch die Men- schen in Brandenburg in den vor uns lie- (Stohn [SPD]: Es freut mich, Sie ge- genden Jahren viel zu lachen haben. rührt zu haben!) Herr Ministerpräsident, Sie haben – Ja, ich sage Ihnen, Sie haben mich viel und lange geredet, aber kaum etwas gerade an der Stelle zu Tränen gerührt, als Konkretes gesagt. Wie sieht Brandenburg Sie von Schauspielerei geredet haben. Also Ihrer Rede zufolge aus, Herr Ministerprä- der Schauspieler, der hier die Märchen er- sident? – Man könnte es auf den Punkt zählt, waren heute leider Sie. Aber so ist es. bringen: Brandenburg goes to heaven, weil Tesla nicht nur nach Grünheide (Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt kommt, sondern auch zum Mars mit ei- AfD) gener Rakete fliegt. Aber der Mars ist – Ihren Applaus brauche ich ganz si- weit weg. Das Leben ist hier auf Erden, cher nicht. jeden Tag. Sie sprechen von Gewinnerregionen (Lachen bei der AfD) – viele schöne Worte – , aber wer sollen Sehr geehrter Herr Woidke, was Ihre die Gewinnerinnen und Gewinner sein, neue Koalition anbelangt, so sprechen Herr Woidke? Sie sich selbst schon ziemlich viel Mut Sie reden einerseits von den klügs- zu, auffällig viel Mut zu. ten und engagiertesten Menschen aus Übrigens schön, dass Sie alle schon ganz Deutschland, aus ganz Europa und so miteinander lachen können. Das ist ja am besten aus der ganzen Welt, die nach wichtig. Brandenburg kommen sollen, und ande- rerseits von vor allem älteren Ostdeut- (Stohn [SPD]: Es ist ja auch bald schen, die in ihrem Leben mit Brüchen Weihnachten!) fertigwerden mussten und nun skeptisch

WALTER 45 gegenüber Veränderungen sind. Was wartet seitdem auf eine Genehmigung. aber bieten Sie diesen Menschen? Keiner, keine Taskforce hilft ihm, ihm Man hat den Eindruck, „Gewinner- nicht und vielen anderen auch nicht, aber region“ wird eher zur Beschwörungsfor- dem mächtigen Tesla-Konzern, der an- mel für Tesla-Tanz im märkischen Sand. ders als mein Kfz-Mechaniker bisher Sie zitieren hier Gewinnerregionen. Sie nicht einen einzigen Cent Steuern gezahlt sagen, die „Gewinnerregion“ ist ein Wort, und auch nicht einen Arbeitsplatz ge- das man nicht leichtfertig in die Welt schaffen hat. setzt. Dazu braucht es Mut und Zuver- Ich sage Ihnen ganz deutlich – ich sicht, und das Wichtigste ist Vertrauen. will nicht, dass Sie mich an der Stelle – Sie wollten eigentlich sagen, dass diese missverstehen –: Natürlich begrüßen wir Marktwirtschaft aus Sicht der Landesre- eine solche große Investition. gierung etwas sozialer sein könnte. Aber (Dr. Redmann [CDU]: Ach ja!) nicht einmal diesen Satz haben Sie ge- sagt. Sie haben nicht einen einzigen Satz Diese Investition ist übrigens nicht zur sozialen Situation in diesem Land ge- vom Himmel gefallen, und Herr Musk hat sagt, obwohl die Probleme so groß sind. nicht darauf gewartet, dass Herr Red- mann mit seiner Fraktion mit in die Lan- (Beifall DIE LINKE) desregierung kommt, Dann haben Sie gesagt: Branden- (Heiterkeit und Beifall DIE LINKE) burg, da will ich hin, denn da kann man Zukunft gestalten. sondern diese Investition von Tesla ist Herr Woidke, Sie redeten davon, natürlich auch Ergebnis von rot-roter Po- dass Sie viel im Land unterwegs waren litik in den letzten Jahren. und noch mehr unterwegs sein wollen. (Lachen bei SPD und CDU – Na, dann machen wir uns beide einmal Dr. Redmann [CDU]: Ach nee!) gemeinsam auf eine Reise. Als Erstes gehen wir in meine Autowerkstatt, wo wir – Na, zumindest von linker Politik. den Kfz-Mechaniker treffen, der in zwei Dass die SPD lacht, ist auch klar. Jahren in Rente geht. Wenn der „Gewin- (Beifall DIE LINKE – Bretz [CDU]: nerregion“ hört, dann denkt er an blühen- Und der Rentenbescheid?) de Landschaften, dann denkt er an Treu- hand und dann denkt er an seinen Ren- Wissen Sie, was jetzt der Unter- tenbescheid, der ihm 560 Euro im Monat schied ist? – Der Unterschied, Herr Bretz, voraussagt. Er wird Sie fragen, ob Sie ist, dass zumindest wir deutlich machen überhaupt wissen, wie es sich anfühlt, werden, dass Herr Musk nicht denken nach 40 Jahren harter Arbeit eine solche soll, dass Brandenburg hier zum wilden Klatsche von der Rentenversicherung zu Osten wird und er hier wilder Osten spie- bekommen. Dann schaut er erstaunt und len kann. Arbeitsplätze darf es nur noch neidvoll auf Tesla. Denn er will seit fünf mit guten Löhnen und guten Arbeitsbe- Jahren eine kleine Nebenhalle bauen und dingungen geben – anders als bei ihm zu

46 WALTER Hause. Dafür tragen wir alle hier direkt und Rechnungen sind, die sie nicht be- Verantwortung. zahlen kann. Davon, Herr Ministerpräsi- dent, gibt es Tausende in diesem Land. (Beifall DIE LINKE – Zuruf des Abge- Was haben Sie denen zu sagen? ordneten Stohn [SPD]) Nun betrachten wir meinen Neffen: Herr Stohn, ich nehme Sie auch gern Der ist jetzt 15 Jahre alt und hört Ihren mit. Dann fahren wir jetzt also mit Herrn Satz, dass man hier Zukunft gestalten Stohn und Herrn Woidke gemeinsam könne. Dann schaut er sich die Zukunft nach Frankfurt (Oder). Da treffen wir die einmal konkret an, will hier in Branden- alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, burg eine Ausbildung oder ein Studium einem vier Jahre alten Kind und einem absolvieren. Seine Freunde in West- acht Jahre alten Kind. Sie arbeitet dort im deutschland lachen, weil die für densel- Callcenter. ben Beruf, den er ergreifen will, monatlich 600 Euro brutto mehr bekommen. Dann (Bretz [CDU]: Ist Herr Wilke auch hört er im Radio, dass BASF in Branden- dabei?) burg investieren könnte – was wir auch Diese junge Mutter hat Sie gewählt, begrüßen –, aber die Begründung lässt Herr Woidke. Wissen Sie, warum? – Weil ihn tatsächlich zweifeln. Denn die Be- Sie, Herr Woidke, und Ihre SPD – ers- gründung, die wir zumindest gestern tens – kostenlose Kitas und – zweitens – lesen konnten, lautete, dass man nach kostenloses Mittagessen an den Schulen Brandenburg kommen könne, weil es hier versprochen haben. Was sagen Sie die- für den Konzern geringere Lohnkosten ser Frau jetzt? – Kostenlose Kitas, viel- als in Westdeutschland geben werde. leicht in ein paar Jahren, vielleicht in nur Liebe Kolleginnen und Kollegen, Re- einem Jahr. Einmal schauen. Mittages- klame für das Billiglohnland Brandenburg sen? – Fehlanzeige. Aber kein Problem, hatten wir doch schon einmal. Das hat denn dafür gibt es ja jetzt Noten in den uns in soziale Schieflagen geführt. Das Klassen 1 und 2. – Herzlichen Glück- hatten wir 10 Jahre lang, als es die soge- wunsch! nannte Große Koalition aus SPD und CDU hier gab. Ich habe gehofft, die SPD (Heiterkeit der Abgeordneten Dan- hätte daraus gelernt. Ich hoffe, es bleibt nenberg [DIE LINKE]) dabei: Machen Sie keine Reklame für Bil- Davon wird zwar kein Kind satt, aber liglohnpolitik, lassen Sie die CDU erzäh- die CDU kann lachen. Glückwunsch! len, aber bleiben Sie dabei: Wir brauchen gute Löhne in diesem Land, und nicht (Beifall DIE LINKE) erst nächstes oder übernächstes Jahr, Diese Mutter wird Sie fragen, Herr sondern möglichst schnell. Ministerpräsident, ob Sie wissen, wie es (Beifall DIE LINKE – Zuruf von der sich anfühlt, wenn man den Briefkasten AfD: Was haben die Gewerkschaften aus Angst nicht mehr aufmachen will, 30 Jahre lang getan?) weil darin sowieso nur noch Mahnungen

WALTER 47 Es ist eben nicht so, lieber Herr Mi- kommt der Vorschlag: Wir machen mal nisterpräsident, dass die Zeiten der ein Investitionspaket im Umfang von schlechten Löhne vorbei sind. Immer 1 Milliarde Euro. – Das hatten wir schon noch arbeitet jeder dritte Brandenburger im letzten Plenum. Und Sie haben bis im Niedriglohnbereich, jeder zweite junge heute kein konkretes Projekt genannt, Mensch arbeitet befristet. Das sind auch was tatsächlich zusätzlich ist. Tausende, und was sagen Sie denen? (Beifall DIE LINKE – Dr. Redmann Ich sage Ihnen einmal, was ich dazu [CDU]: Sie müssen zuhören!) in Ihrer Rede lese. Sie reden von Zusam- menhalt, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Deshalb sage ich Ihnen ganz deut- Und wo ist die Gerechtigkeit? lich: Dieses Projekt zeigt doch Ihre Ideen- losigkeit für dieses Land. Und was soll (Stohn [SPD]: Das ist miteinander denn der Zukunftsinvestitionsfonds brin- verknüpft!) gen? Wo ist die Gerechtigkeit, lieber Herr (Bretz [CDU]: Das sagen wir Ihnen!) Stohn? – Herr Woidke hat es mir ja schon (Raschke [B90/GRÜNE]: Die entsteht gesagt, Herr Bretz. Hören Sie einmal zu, aus der Verbindung!) wenn Sie auch vorhin nicht zugehört Lieber Herr Woidke, in Ihrer Rede haben: Das kommunale Investitionspro- kommt das Wort ganze drei Mal vor, und gramm soll davon finanziert werden. Das auch nur in Bezug auf Finanzpolitik. hat Herr Woidke heute gesagt. Hatten wir Chancengerechtigkeit nennen Sie auch das nicht schon in der letzten Legislatur- an einer Stelle. Sie behaupten, Sie hätten periode? eine Vielzahl von Vorhaben, Maßnahmen, (Bretz [CDU]: Er hat von einem KIP II Projekten und Ideen – die hätte ich übri- gesprochen!) gens heute gern gehört –, aber wenn es um konkrete Maßnahmen geht, nennen Haben wir es nicht schon? Was ist Sie an allererster Stelle die Neuverschul- denn an dieser Stelle tatsächlich zusätz- dung in Höhe von 1 Milliarde Euro. Das lich? ist schon bemerkenswert. Und dann (Bretz [CDU]: KIP II!) sagen Sie, dass das kein Widerspruch zu nachhaltiger Finanzpolitik sei. – Es wird ja noch besser, Herr Bretz, Lieber Herr Woidke! Unser ehemali- ganz ruhig. – Das nächste Beispiel ist: ger Finanzminister, Christian Görke, hat Was soll aus diesem Zukunftsinvestitions- nicht ohne Widerstand in den letzten programm an Zusätzlichem finanziert wer- 10 Jahren fast 1 Milliarde Euro an Schul- den, etwas, das dieses Land nach vorne den abgebaut. Und nach 10 Jahren bringt, damit die Märchen, die Herr Stohn haben Sie keine neue Idee? Sie setzen erzählt, auch tatsächlich wahr werden? sich tatsächlich am Ende Ihrer Koalitions- Was kommt als Nächstes? Die Ko- verhandlungen zusammen, und dann finanzierung von Bundesmitteln. Ver-

48 WALTER dammt kreativ, liebe Koalition, wirklich. – Na, das ist doch gut, dann setzen Herzlichen Glückwunsch! Sie sie um! Lassen Sie es mich trotzdem erklären, vielleicht hilft das ja noch: Sie (Beifall DIE LINKE – Dr. Redmann sind D1-Kunde. Und dann sind Sie ir- [CDU]: Das habt ihr doch damals nicht hinbekommen!) gendwo, wollen Netflix gucken und sehen: Ich habe keinen Empfang. – Dann sagt Herr Woidke, er will Funk- Gleichzeitig ist es aber so, dass Sie mit löcher schließen. Das Programm, auf das dem D2-Netz Netflix empfangen könnten. er sich bezieht, ist übrigens aus der letz- (Stohn [SPD]: Das ist wieder ein ganz ten Legislaturperiode. Also, auch da wird anderes Problem!) es keine Finanzierung geben. Was könnten wir tun? Wir könnten (Zuruf von der SPD) dafür sorgen, dass die Konzerne endlich Und Herr Woidke, Sie und auch viele ihre Verantwortung wahrnehmen – was in andere Parteien haben oft genug, auch Osteuropa überall möglich ist. Wissen im Wahlkampf, gesagt – und das wissen Sie, was die machen? Die verpflichten Sie auch –: Wir können noch 1 Milliarde die Konzerne, dass sie auch Kunden an- für neue Funkmasten ausgeben. – Ob- derer Netze dieses Netz zur Verfügung wohl das gar nicht unser Job ist. Wir ma- stellen. Wenn Sie das endlich machen chen den Job von privaten Konzernen, würden, hätte das etwas mit Mut zu tun. die 20 Milliarden Euro Umsatz machen; (Beifall DIE LINKE – Kalbitz [AfD]: Wo mit zwei Dritteln Kofinanzierung bauen wart ihr in den letzten fünf Jahren?) wir denen die Funkmasten: um das Mo- bilfunkproblem in diesem Land zu lösen, Nicht ideenreich ist übrigens auch damit Herr Stohn auf dem Handy Netflix der Koalitionsvertrag. Ich verstehe es ja. bekommt, damit die Leute besser bei Sie sagen, Sie haben die schnellste Ko- Amazon ihre Geschenke bestellen kön- alitionsvereinbarung geschafft usw. usf. nen – wobei ich besser fände, wenn Sie Am Ende gab es Smoothies, das war nicht bei Amazon bestellten, sondern vor auch schön zu sehen. Ort einkaufen gingen, Herr Stohn. (Zuruf von der CDU) (Beifall DIE LINKE) – Nein, tatsächlich gar nicht. – Aber Das Einzige, was tatsächlich helfen ich sage Ihnen: Ideenreich ist der Koali- würde, wäre das nationale Roaming. Ich tionsvertrag nicht, denn immer dort, wo möchte Ihnen das erklären, vielleicht es konkret wurde, gibt es Prüfaufträge – nehmen Sie es mit, Herr Stohn, das wäre 55 Prüfaufträge. Entschuldigen Sie bitte, eine Idee von uns, auch Herr Woidke hat wissen Sie, was ich heute eigentlich er- es im Wahlkampf öfter erwähnt. wartet habe? Aber wenn man sich die 55 Prüfaufträge anschaut, wundert es (Stohn [SPD]: Das ist nicht Ihre Idee!) einen ja auch nicht. Sie kriegen es ja nicht einmal fertig, ein 100-Tage-Pro-

WALTER 49 gramm aufzuschreiben, in dem Sie all rigen Preise kaputtgeht. Aber dann müs- Ihre Ideen und erste Schritte mal ganz sen wir auch dafür sorgen, dass mein konkret formulieren. Das würde uns doch Neffe, der Kfz-Mechaniker mit rund schon reichen, da würden wir Sie auch 560 Euro Rente und die alleinerziehende gern unterstützen. Aber Sie bauen hier Mutter tatsächlich das Geld haben, um jahrelange Wunschkonzerte auf, und wir es ordentlich zu investieren, um gute Le- werden in fünf Jahren hier sitzen und bensmittel zu kaufen und dabei nicht ein sagen: Oh, wir haben 1 Milliarde Euro neues Finanzproblem zu bekommen. mehr Neuschulden, aber wirklich passiert (Beifall DIE LINKE) ist hier nichts. Sie haben also nicht einmal ein Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich habe 100-Tage-Programm auf die Reihe be- das Gefühl, dass Sie deren Verbitterung, kommen, sondern Sie haben zu prüfende Enttäuschung und Sorgen nicht hören. Maßnahmen und einen bunten Dschun- Sie haben von einem Rauschen in gel aus Strategien. Herzlichen Glück- der Leitung gesprochen. Sie haben von wunsch, liebe Kenia-Koalition! Sendern und Empfängern in der bran- denburgischen Politik geredet, die derzeit (Zuruf des Abgeordneten Dr. Red- anscheinend nicht oder zu wenig zusam- mann [CDU]) menkommen. Aber wissen Sie, Herr Diese Koalition wird eben nicht dem Woidke, Sie gehen dabei davon aus, gerecht, was nötig ist. dass es die Bürgerinnen und Bürger sind, Viele Menschen lesen jeden Tag, die durch dieses Rauschen die Politik was Sie ihnen sagen, Herr Ministerpräsi- nicht richtig wahrnehmen. Ich denke, es dent: dass die Arbeitslosigkeit so gering ist umgekehrt: Sie sind es, der durch das wie nie ist, dass die Renten steigen und Rauschen die Bürgerinnen und Bürger jetzt Investitionen wie nie in das Land nicht richtig wahrnimmt. Das Rauschen fließen. Ja, die Statistiken sind gut, aber liegt bei Ihnen, Herr Woidke. das Leben ist eben immer konkret. Und Das ist die Lage, wenn man über da gibt es noch viel zu viele Menschen, Kommunikationsprobleme in der bran- die in den Überschriften und Ihren Statis- denburgischen Politik spricht. Es rauscht tiken offensichtlich nicht vorkommen. eben jetzt schon so einiges an dieser so- Das ist die Wahrheit, und das muss man genannten Kenia-Koalition vorbei. Das hier auch deutlich sagen. Wahlergebnis vom 1. September ist ja nicht deswegen so ausgefallen, wie es (Beifall DIE LINKE) ausgefallen ist, weil die Wählerinnen und Sie erklären der alleinerziehenden Wähler endlich eine Koalition haben woll- Mutter, dem vor der Rente stehenden ten, wo drei Partner viel miteinander la- Kfz-Mechaniker und meinem Neffen, chen können, dass sie Lebensmittel nicht mehr billig (Vereinzelt Beifall DIE LINKE) bekommen. Richtig, wir wollen nicht, dass die Landwirtschaft wegen der nied- oder weil es die AfD gibt.

50 WALTER (Zuruf von der AfD: Sondern?) handlungsfähigen Staat brauchen, was die Rückerlangung des Öffentlichen be- Wir alle, meine Damen und Herren deutet – nicht mehr und nicht weniger. von SPD, CDU und Grünen, haben doch Auch Sie alle müssen doch sehen – egal eine Lehre erteilt bekommen. Wir alle ob bei den Funkmasten, der Kranken- müssen doch lernen, dass unsere bishe- hausversorgung, bei den Bussen, beim rige Politik nicht auf der Höhe der Zeit ist, Straßenbau –, dass der Spruch „Der Markt regelt alles!“ schon lange nicht (Beifall AfD) mehr trägt. Der Markt regelt doch nur dass sie eben nicht die Gewissheit ver- eines: Die Profite von ganz wenigen auf mittelt – bleiben Sie mal ganz entspannt, Kosten ganz vieler. Das sehen wir jeden zu Ihnen komme ich gleich noch –, dass Tag in den Pflegeheimen in diesem Land, man damit die Anforderungen von heute das sehen wir jeden Tag in den Kranken- und morgen packt und der Zukunft ge- häusern in diesem Land und auch in Kul- recht wird, dass Politik in dem Stil, wie tureinrichtungen dieses Landes. wir sie bisher gemacht haben, kein Ver- (Beifall DIE LINKE) trauen schafft. Das ist doch das Problem und nicht, dass die Leute zurück in Mief Wenn wir auf die dynamischen Ent- und völkischen Aberwitz wicklungen und den Wandel, den Herr Woidke angesprochen hat, reagieren wol- (Lachen bei der AfD) len, müssen wir die Frage stellen: Wem oder in die 30er-Jahre wollen. gehört das Land? Es gibt Bereiche, mit Wir als Linke haben jedenfalls be- denen darf man keinen Profit machen, gonnen, daraus unsere Lehren zu ziehen. weder mit Gesundheit noch mit Bussen, Menschen glauben nicht, dass es in Bahnen oder Wohnen. Wir müssen die ihrem Interesse vorangehen wird, dass es Dinge wieder selbst in die Hand nehmen, anders wird als bisher. Deswegen mau- um Zukunft gestalten zu können, um sie ern sie sich ein. Wir müssen ihnen wieder in allen Regionen zu sichern. Öffentliche Sicherheit geben, Dinge ansprechen, die Daseinsvorsorge sichert man nicht mit 10 Jahre nicht angesprochen worden Regionalbeauftragten, denen man sind. Klare Kante heißt: die wirklichen 100 000 Euro in den Koffer packt und die Probleme ansprechen. Was vor uns liegt, dann einmal im Jahr herumlaufen und ir- wird nur funktionieren, wenn es Sicher- gendwelche Vereine glücklich machen, heit gibt – wie Herr Woidke gesagt hat –, sondern öffentliche Daseinsvorsorge in aber vor allem soziale Sicherheit, und die allen Regionen sichert man dadurch, muss konkret sein und darf nicht irgend- dass man sie selbst in die Hand nimmt wo in der Zukunft liegen. und das auch ordentlich ausfinanziert.

(Beifall DIE LINKE) (Beifall DIE LINKE) Was schlussfolgern wir daraus? Wir Wir unterstützen Sie dabei, wenn Sie schlussfolgern daraus, dass wir einen die Dinge ernsthaft selbst in die Hand

WALTER 51 nehmen und sich auch sicher sind, dass Gestern konnten wir erleben, dass wir das können. An dieser Stelle helfen es mittlerweile so viele Investitionsankün- auch keine Überschriften, sondern hilft digungen gibt wie noch nie. Das ist tat- nur handlungsfähige Politik. Dazu, Herr sächlich spannend. Es sind so viele In- Woidke, bräuchte man Mut und stö- vestitionen, dass nicht einmal in Ihrer Re- rungsfreie Leitungen. gierung klar ist, wer sich denn nun als Wenn es um diese wirklichen Dinge Erster damit brüsten kann. Fangen Sie geht, können wir auch gerne zusammen- mit konkreter Politik an und hören Sie mit arbeiten, aber nicht so, wie Sie es heute diesen ganzen PR-Kampagnen der letz- in Ihrer Rede dargestellt haben. Ich kann ten Woche und auch der von heute end- verstehen, dass Sie die Leute im Land lich auf! Die Jagd nach Überschriften hilft motivieren wollen. Das können und wol- niemandem in diesem Land. Das haben len wir unterstützen. Aber es fehlt uns an wir tatsächlich in den letzten Jahren, als konkreten Projekten an der richtigen Stel- wir noch gemeinsam in einer Koalition le mit wirklich sozialer Substanz. Das ist waren, deutlich anders gemacht. ziemlich schade und eigentlich gar nicht (Zuruf des Abgeordneten Stohn zum Lachen. [SPD]) Sie appellieren viel, benennen Ab- sichten, aber dann kommt erst einmal Ich sage Ihnen auch: Wir könnten eine Weile nichts und dann etwas Dünnes, auch anders in diesem Land. Die Leute Überschriften, unter denen bereits nach warten seit dreißig Jahren auf gerechte einer Woche immer weniger steht, dafür Löhne und auf Anerkennung. immer mehr Fragezeichen. Ich habe am (Zuruf von der AfD) Anfang gedacht – auch bei Tesla und auch bei anderen Bereichen –, dass Sie die Wir könnten jetzt … Davon haben Karten, die Sie in der Hand haben, einfach Sie keine Ahnung, bleiben Sie mal ganz nicht auf den Tisch legen wollen, weil Sie entspannt. noch Geheimverhandlungen führen oder (Weitere Zurufe von der AfD) andere Dinge. Das könnte ich verstehen, das hat etwas mit seriöser Politik zu tun. – Ja, Ihr Fraktionsvorsitzender war Aber ich habe immer mehr das Gefühl, Sie da noch in Bayern. Also: Jetzt könnten haben gar keine Karten in der Hand. wir …

(Beifall der Abgeordneten Johlige (Zurufe von der AfD) [DIE LINKE]) – Ich rede nicht mit Nazis. Ich kann nur hoffen, dass Sie noch (Gelächter bei der AfD – Frau Bessin ein paar Asse im Ärmel haben; denn [AfD]: Wir auch nicht!) sonst enttäuschen Sie Hoffnungen, und das wollen wir hier alle nicht. Ich sage Ihnen deutlich: Wir könnten jetzt die Tariftreueregelung einführen. (Beifall DIE LINKE) Jetzt! Dafür brauchen wir nicht zwei

52 WALTER Jahre Planung. Das machen andere Bun- in Sachsen – Aldi kommt und auf einmal desländer auch. Wir könnten jetzt den 30 000 Hektar kauft Vergabemindestlohn auf 13 Euro erhö- (Dr. Redmann [CDU]: Da ist aber viel hen. Wir könnten jetzt dafür sorgen, dass liegen geblieben!) die Menschen nicht nur hinter schönen Fassaden leben, sondern dass sie sich und damit spekulieren will. Also lassen das auch leisten können. Dazu gehört Sie uns miteinander arbeiten und uns da eben auch ein Mietendeckel. Und da, aufs Tempo drücken! Herr Woidke, ist Ihnen ja inzwischen auch Ich sage Ihnen auch ganz klar – das die eigene Partei schon davongelaufen. wird Sie nicht überraschen –: Wir haben in Vielleicht weiß es ja die Fraktion. Gott sei der Kitafrage zwei Dinge zu klären. Da Dank hat der Bundesparteitag den Mie- werfen Sie uns nicht nur vor, dass es um tendeckel beschlossen. Es wird auch in die Beitragsfreiheit geht. Ja, uns geht es Brandenburg Zeit, dass wir ihn endlich um die Beitragsfreiheit, die Beitragsfreiheit hier einsortieren, denn dieses Gequat- sofort und für alle. Denn alles andere, was sche – entschuldigen Sie bitte –, das Ge- Sie hier herumdoktern werden, wird auch rede davon, dass nur helfen würde, den Kommunen nicht helfen. Wir brauchen immer mehr zu bauen, hilft nicht. Mein eine Überarbeitung des Kita-Gesetzes – Gott, Leute, das versuchen die in Berlin möglichst schnell –, und das Ergebnis seit zwanzig Jahren, und wir sind genau muss sein, dass wir die Kommunen sehr in dieser Situation. Jeder normale For- schnell entlasten, indem wir die Beiträge scher sagt, dass es nicht funktionieren erlassen und damit auch keinen Heck- wird, einfach nur mehr zu bauen. Seht meck und keine Schwierigkeiten mehr bei euch doch die Neuvermietungspreise an! der Abrechnung haben. So könnten wir Seht sie euch doch einmal an! Die liegen den Kommunen konkret helfen. doch selbst in Eberswalde bei über (Beifall DIE LINKE – Zurufe von der 9 Euro. Und ihr erzählt, dass das die Lö- AfD) sung ist. Das ist wirklich lächerlich und geht auch an dieser Stelle an den kon- Die Bemühungen, die die Landesre- kreten Problemen vorbei. gierung in Bezug auf Tesla unternimmt, sind wichtig und gut. Aber ich bitte Sie: (Beifall DIE LINKE) Legen Sie offen, was Sie wirklich wissen, Dann sagen Sie, Sie wollen Grund und stimmen Sie sich untereinander ab! und Boden der Spekulation entziehen. An der Stelle will ich auch sagen: Es Sehr schön! Warum warten wir darauf geht auch darum, dass wir bei allen gro- noch so lange? Ich meine das wirklich ßen Ankündigungen auch den kleinen ernst. Wir als Linksfraktion wären dabei, und mittelständischen Unternehmerinnen dieses Land sozial gerecht zu gestalten. und Unternehmern helfen. Lassen Sie Lassen Sie es uns doch jetzt tun; denn uns gemeinsam eine Taskforce gründen, jetzt stehen die Fragen an. Wir können (Aha! bei der AfD) nicht noch einmal Jahre warten, bis – wie

WALTER 53 die sich auch um Genehmigungsverfah- gabe ängstlich prüft, ob man sich die ren für kleine und mittelständische Unter- leisten kann. Oder darum, ob die Klas- nehmen kümmert, die Planungsverfahren senfahrt der Kinder zu teuer wird. Wenn tatsächlich vereinfacht. Dann können Sie wir über Kinderarmut reden, müssen wir mit ihrer 1 Milliarde Euro machen, was auch an dieser Stelle immer wieder deut- Sie wollen. Die werden Sie gar nicht aus- lich machen: Kinderarmut folgt aus El- geben können, weil nämlich gar keiner ternarmut. Deshalb gilt es diese zu be- die Investitionen umsetzen kann. Das kämpfen. habe ich Ihnen aber schon das letzte Mal (Beifall DIE LINKE) erklärt. Wenn ich über Solidarität rede, muss (Zuruf des Abgeordneten Stohn ich auch über Spaltung reden. Jetzt sind [SPD]) Sie endlich dran. Das Wichtigste ist – und das muss (Aha! bei der AfD) ins Zentrum kommen –: Wissen Sie, wie wir jede Entwicklung, egal ob die Digitali- Wissen Sie, Herr Kalbitz, ich habe sierung oder die weitere Globalisierung, die Reden hier in den letzten fünf Jahren klären können, wie wir den Leuten Si- immer verfolgt. Das war immer dieselbe cherheit geben können? Indem wir Soli- Leier. Man könnte fast sagen: Es ist darität in den Vordergrund stellen und die immer dieselbe Platte seit den 30er-Jah- soziale Frage klären. Das ist doch die ren. Es ist immer dasselbe. Und das ist Grundlage dafür, dass die Menschen be- es eben: Sie haben keine Antwort auf die reit sind zu Veränderungen, auch bereit Fragen der Zeit. Sie haben nicht einen sind, die Digitalisierung anzugehen. Aber einzigen Satz gesagt, wie Sie das mit es muss darum gehen, Sicherheit zu Ihrer Politik ändern wollen. Erklären Sie geben. Das geht nur mit guten Tarifver- doch mal: Wie wird die Kellnerin durch trägen. Das geht nur mit der Sicherheit, Ihre Politik nur einen einzigen Cent pro dass es meinen Kindern mal besser geht, Stunde mehr verdienen? Keine Antwort. als es mir heute geht. Das war doch ein- (Zurufe der Abgeordneten Kalbitz mal das Versprechen. Das war doch ein- und Galau [AfD]) mal das Selbstverständliche. Dann lassen Sie uns doch gemeinsam dafür sorgen, Wie wird nur ein einziger Bus mehr dass das Selbstverständliche wieder fahren durch Ihre Politik? selbstverständlich wird! Dabei werden wir (Zurufe der Abgeordneten Kalbitz Sie unterstützen. und Galau [AfD]) (Beifall DIE LINKE) Wie wird nur ein einziges Kranken- Es geht darum, dass man nicht vor haus erhalten werden durch Ihre Politik? jeder Rechnung, die kommt, Angst haben (Zurufe der Abgeordneten Galau und muss. Es geht darum, dass man nicht vor Dr. Berndt [AfD]) jeder noch so kleinen ungeplanten Aus-

54 WALTER Wissen Sie, was Sie machen? Sie diesem Land ab! Das wäre tatsächlich erzählen die ganze Zeit, dass man ein- praktisch gewesen. Aber keine Sorge, fach alle Ausländer abschiebt, und dann auch da werden wir helfen. ist alles gut. Dann sagen Sie doch mal, (Beifall DIE LINKE) wer soll Sie denn einmal im Krankenhaus pflegen, Herr Kalbitz? Wenn wir dann darüber reden, wird nach jeder PISA-Studie und jeder Be- (Kalbitz [AfD]: Sie reden wirres Zeug!) trachtung immer wieder gesagt: Das Pro- So schnell wirkt Ihre Familienpolitik blem der Bildung in Deutschland ist da- nicht. durch zu lösen, dass man für ein längeres An dieser Stelle sage ich ganz deut- gemeinsames Lernen sorgt. – Davon ist lich – das ist tatsächlich das Problem –: im Koalitionsvertrag überhaupt keine Sie haben hier über Wende 2.0 ge- Rede mehr. Das ist tatsächlich das Prob- quatscht, aber Sie haben kein Angebot in lem: dass Sie nichts mehr dazu sagen der Sache. Sie helfen niemandem und und damit wieder nichts gegen die deshalb sind Ihre Vorschläge oder Ihre Schwierigkeiten im Bildungsbereich tun, Reden hier von uns weiterhin deutlich ab- sondern die Spaltung zwischen Arm und zulehnen. Reich in diesem Land weiter verschärfen und damit sogar schon bei den Kindern (Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und anfangen. B90/GRÜNE) Zu den ländlichen Regionen sage ich Ich komme zum Thema Bildung. Da- Ihnen: Es ist schön, dass Sie die Ergeb- rüber wird nicht geredet. Bildungserfolg nisse der Enquetekommission umsetzen ist in Deutschland so abhängig vom wollen. Hoffentlich wird daraus nicht der Geldbeutel der Eltern wie in keinem an- 56. Prüfauftrag! Deshalb werden wir deren Land. PISA hat gezeigt: Nicht die jetzt – auch um die Sache weiter zu be- Spitzen sind unser Problem, sondern die fördern – die Enquetekommission für die sozial Benachteiligten. Dafür haben wir Landwirtschaft einrichten, um sie zu un- immer wieder Konzepte vorgelegt, die an terstützen. den Sozialdemokraten gescheitert sind. Auch zu Energiepolitik und zum Erinnern Sie sich und fragen Sie uns! Strukturwandel, zur Lausitz und zum Kli- Dass wir Lehrer brauchen, Herr Wo- mapaket haben Sie heute viel Richtiges idke, wissen wir. Dass wir Kitaerzieher gesagt. Ich sage Ihnen trotzdem – darauf brauchen, wissen wir. Aber die Frage ist müssen wir gemeinsam achten –: Struk- doch auch, wie wir diese bekommen. Da turwandel und starke Regionalpolitik sind hätte ich schon erwartet, dass wir darü- mehr als die Lausitz. Wenn Sie sagen, es ber reden, wie wir die Ausbildungsbedin- müsse jetzt zum Strukturstärkungsgesetz gungen für die Erzieherinnen und Erzie- kommen und es müsse zum Kohleaus- her verbessern können. Reden wir über stiegsgesetz kommen, dann bitte ich Sie: Ausbildungsvergütung! Machen wir es Nutzen Sie Ihre heißen Drähte nach Berlin praktisch! Schaffen wir die Schulgelder in in die Große Koalition. Nutzen Sie sie! Sie

WALTER 55 haben eine Bundestagsabgeordnete in Das ist keine Klimapolitik, die die Welt Ihrer Landtagsfraktion, die heute leider rettet. Deshalb lassen Sie uns vorsichtig nicht anwesend ist; ansonsten hätte ich sein, wenn wir über Belastungen für die sie gern begrüßt. Vielleicht kann sie ja Menschen in diesem Land reden und helfen; das wäre noch viel schöner. wenn wir über Belastungen der Pendle- rinnen und Pendler reden. Denn auch (Beifall DIE LINKE) diese fragen sich: Warum muss ich als Beim Strukturwandel geht es tat- Pendler die ganze Zeche zahlen, obwohl sächlich darum, Herr Woidke, gemein- die Konzerne die ganze Zeit Party hatten sam Identitäten zu entwickeln, wie Sie und sich aus ihrer Verantwortung gestoh- richtig gesagt haben. Aber wissen Sie, len haben? – Lassen Sie uns deshalb ge- wie man keine Identitäten entwickelt und meinsam eine ordentliche Klimapolitik wie man dafür sorgt, dass es nicht zu machen, denn sonst haben wir neben einer guten Entwicklung kommt und zu dem Klimakipppunkt bald einen sozialen keinem guten Strukturwandel gemeinsam Kipppunkt – und dann kämpfen wir mit den Menschen? Ich sage es Ihnen: gegen den Klimawandel, aber keiner Das schafft man nicht, wenn man Klima- macht mit, weil es sich keiner leisten leugnern mit 40 000 Euro Steuergeldern kann. Das müssen wir verhindern! eine Bühne bietet. Da sage ich Ihnen: (Beifall DIE LINKE) Das ist wirklich ein Problem. Der soziale Kipppunkt ist auch da- (Dr. Berndt [AfD]: Klimaleugner – was durch immer näher gerückt, dass 40 Fa- für ein Wort!) milien in Deutschland mehr als 50 % des Zumindest waren es Klimawandel- gesamten Reichtums besitzen. Das ist zweifler, für die gegen jegliche Vernunft tatsächlich demokratiegefährdend. Des- 40 000 Euro ausgegeben wurden. Diese wegen rufe ich die SPD an dieser Stelle 40 000 Euro hätten Vereine und Verbände auf: Machen Sie nach Ihrem großen Bun- in der Lausitz wirklich gebraucht, die desparteitag und Ihrer angeblichen Links- wirklich gute Projekte für den Struktur- wende Ernst! Wir laden Sie ein: Lassen wandel machen. Lassen Sie uns daher Sie uns tatsächlich die Umverteilung von den Lausitzfonds noch einmal überprüfen unten nach oben stoppen! Lassen Sie es und die Art und Weise, wie Gelder über- uns so machen, dass es gerecht wird geben werden. So, wie es hier stattfindet, und dass diejenigen, die mehr haben, geht es nicht. auch mehr Lasten tragen müssen. Das muss auch hier in der Landespolitik deut- (Beifall DIE LINKE und B90/GRÜNE – lich werden. Widerspruch von der AfD) (Beifall DIE LINKE) Bei aller Umweltpolitik sage ich Ihnen auch, dass Umweltverschmutzung Wir sind an Ihrer Seite, Herr Minister- am Ende nicht zum Privileg derjenigen präsident, wenn Sie die Menschen im werden darf, die sie sich leisten können. Land im Blick haben und den Mut auf-

56 WALTER bringen, ganz konkret etwas für die Men- berufen, daraus drei Staatskanzleien ma- schen zu verändern. Wir sind dabei an chen, um sich darüber zu freuen, wie Ihrer Seite; das will ich hier ganz deutlich schön Sie in der Koalition miteinander la- betonen. Wir sind auch an Ihrer Seite, chen können. Ich sage Ihnen: Ihr früherer wenn es um die Verteidigung dieser De- Staatskanzleichef, Herr Gorholt, hat mokratie, unserer Verfassung und der Ihnen gestern etwas ganz Wesentliches Freiheit geht. mit auf den Weg gegeben: „Um den Schwachen zu helfen, muss man selber (Vereinzelt Beifall DIE LINKE – La- stark sein.“ Wir, meine Damen und Her- chen des Abgeordneten Galau [AfD] – Frau Dannenberg [DIE LINKE], an ren, werden stark sein. Rechnen Sie mit die AfD gewandt: Das finden Sie zum uns, bauen Sie auf uns, wenn es um Soli- Lachen?) darität und Gerechtigkeit geht. – Vielen Dank. Wir sind an Ihrer Seite, wenn wir der (Beifall DIE LINKE) Gefahr von Rechts, deren Terror und Bei- fallklatschern auch hier in diesem Haus gemeinsam Kante zeigen. Das ist wichti- Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: ger denn je! Wir setzen mit Herrn Dr. Redmann (Beifall DIE LINKE, SPD, CDU und für die CDU-Fraktion fort. B90/GRÜNE) (Vereinzelt Beifall CDU und SPD) Wir sind aber nicht an Ihrer Seite, wenn Sie sich drei neue Staatssekretäre

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Dr. Jan Redmann Vorsitzender der CDU-Fraktion

rau Präsidentin! Meine Damen und F Herren! Was, wenn wir morgen neu anfangen müssten, wenn wir uns neu Dr. Jan Redmann erfinden müssten, wenn über Nacht nicht mehr gilt, was gestern noch galt? Wir ge- batte zeigt, wie unterschiedlich die in die- denken gegenwärtig in dichter Folge der sem Parlament vertretenen Parteien auf Ereignisse der friedlichen Revolution vor solche Zukunftssorgen reagieren. Wir 30 Jahren. Ich musste in diesen Tagen haben soeben Sebastian Walter gehört, viel an meine Eltern denken, denen sich der über die Rückerlangung des Öffentli- diese Fragen vor 30 Jahren mit voller chen fabulierte. Ich finde, er hätte es Wucht stellten. Unsere Elterngeneration ruhig etwas klarer ausdrücken können: war damals so alt wie wir heute. Welche Was er meint, ist eine Verteufelung des enormen Leistungen waren das, den da- Unternehmertums. maligen Wandel so gut zu bewältigen (Widerspruch und Gelächter bei der und unser Land Brandenburg neu aufzu- Fraktion DIE LINKE) bauen! Hätte die folgende Generation das ebenso geschafft? Für viele heutige Was er meint, sind Verstaatlichungs- Familienväter und Familienmütter ist das fantasien. Er will wieder hin zu volkseige- gar keine hypothetische Frage, denn wie- nen Betrieben. Was er meint, ist eigent- der erleben wir eine Zeit des Wandels. lich Sozialismus, meine Damen und Her- Sie alle kennen die Stichworte: demogra- ren. Darüber darf man sich keine Illusio- fischer Wandel, Energiewende, globale nen machen. Migration; die Arbeit ändert sich, unser (Beifall CDU sowie vereinzelt AfD – Alltag ändert sich, und auch unsere Ge- Empörung und Gelächter bei der sellschaft verändert sich. Fraktion DIE LINKE – Widerspruch Es ist nur allzu verständlich, dass des Abgeordneten Walter mancher sich sorgt – ob seine Kinder, ob [DIE LINKE]) ihr Beruf oder unser aller Heimat zu den Gewinnern oder den Verlierern dieser Herr Walter, Sie hatten dazu ein Bei- Veränderungen zählen. Die heutige De- spiel genannt, das Sie sich offensichtlich

DR. REDMANN 59 schlecht überlegt hatten, als Sie die staat- Es muss aber gestattet sein, auf eine lichen Pflegeheime priesen, die es angeb- zentrale Gemeinsamkeit hinzuweisen: lich richten sollen. Waren Sie einmal zu (Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Vor- DDR-Zeiten in einem Pflegeheim? Vermut- sicht, Vorsicht!) lich nicht – dafür sind Sie etwas zu jung. Sie beide suchen Ihr Heil in Rezep- (Vereinzelt Beifall CDU – Wider- ten der Vergangenheit. spruch bei der Fraktion DIE LINKE) (Beifall CDU – Zuruf des Abgeordne- Lassen Sie es sich am besten von ten Kalbitz [AfD]) Ihren Kollegen aus der Fraktion erzählen: Das waren unterfinanzierte Verwahran- Die gute Nachricht des heutigen stalten an der Grenze der Menschenwür- Morgens ist aber: Die Parteien der Mitte de. Dahin will ich nicht zurück! haben sich für die Zukunft entschieden, genau so, wie es die Generation unserer (Beifall CDU sowie vereinzelt AfD – Eltern vor 30 Jahren getan hat, übrigens Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Hallo, geht’s noch?) unter weit schwierigeren Bedingungen. Wer dem Ministerpräsidenten heute Wir haben auf der anderen Seite die Morgen zugehört hat, kann gar nicht AfD erlebt: Kollege Kalbitz, das war eine zweifeln: Unsere neue Koalition will Bran- substanzlose Pöbelrede. Sie begeben denburg mutig in die Zukunft führen, sich mit voller Lust in eine Opferrolle – mit meine Damen und Herren. voller Absicht und großem Vergnügen, (Beifall CDU) das konnte man auch sehen: Da träumte es sich so bequem von einer Zeit, als das In einer Zeit, die neues Denken ver- Land angeblich noch Ihnen gehörte – langt, bekommt Brandenburg ein Regie- zum Glück gehörte es niemals Ihnen –, rungsbündnis, das es so noch nie gab. als ein Deutscher noch ein Deutscher Diesem Bündnis hat am 1. September war, ein Mann noch ein Mann und er eine breite bürgerliche Mehrheit ihr Ver- noch mit voller Lust unterscheiden durfte trauen ausgesprochen. Dieses Vertrauen zwischen Freund und Feind, am liebsten werden wir rechtfertigen. auf irgendwelchen Sommercamps zu (Zurufe von der AfD) Pfingsten. Ach ja, die gute alte Zeit! In einem rot-schwarz-grünen Bünd- (Beifall CDU, SPD sowie vereinzelt nis wird die CDU natürlich die Werte ihrer B90/GRÜNE und DIE LINKE) Wählerinnen und Wähler einbringen – mit Damit wir uns hier nicht missverste- Selbstbewusstsein und auch mit Nach- hen: Ich sehe natürlich Unterschiede zwi- druck, aber immer in dem Bewusstsein, schen der Linkspartei und der AfD. dass wir allen Wählerinnen und Wählern den gemeinsamen Erfolg dieser Regie- (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: rung schulden – auch den Wählerinnen Ein Glück!) und Wählern der Opposition.

60 DR. REDMANN Rot-Schwarz-Grün ist mehr als die Wenn wir vom Wandel sprechen, Summe seiner Teile: Gemeinsam bilden dürfen wir vom Offensichtlichen nicht wir eine neue, integrative Mitte. Gerade schweigen: Zu den kontroversesten Ver- unser breites Bündnis kann Handlungs- änderungen unserer Gesellschaft gehört fähigkeit beweisen, indem wir alte Ge- die Zuwanderung. Brandenburg wird viel- gensätze überwinden. Gemeinsam wis- fältiger, nicht erst, aber besonders seit sen wir: Freiheit bringt Sicherheit. Vielfalt den Fluchtbewegungen des Jahres 2015. braucht Zusammenhalt, denn nur, wer Und es stimmt: Dadurch wird das Land sich in der Heimat geborgen fühlt, wird oft reicher, manchmal aber auch konflikt- bereit sein, sich der Welt zu öffnen. Und: reicher. Das hat viele Menschen verunsi- Ökonomie und Ökologie ergeben erst zu- chert und unser Land teilweise sogar ge- sammen eine nachhaltigere Wirtschaft, spalten. Gerade beim Streitthema Migra- im Übrigen auch eine nachhaltigere tion kommt es darauf an, alte Gegensät- Landwirtschaft. ze zu überwinden und der Rhetorik der Sicherheit, Nachhaltigkeit, Zusam- Extreme eine Politik der Mitte entgegen- menhalt – das sind nicht drei Projekte zusetzen. Brandenburg war seit jeher ein dreier Partner, Herr Walter. Das ist unser weltoffenes Land, und Brandenburgs Zu- gemeinsames Projekt. Und das Projekt kunft hängt davon ab, dass wir ein welt- heißt: Brandenburg in eine sichere Zu- offenes Land bleiben. Doch gerade wer kunft führen. Weltoffenheit will, muss auch Regeln des Zusammenlebens mögen und diese Re- (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) geln konsequent verteidigen. Nur so kön- Zeiten des Wandels müssen Zeiten nen wir Hetze und Extremismus den eines starken Staats sein. Das Verspre- Boden entziehen. Unsere Koalition ist chen, das diese Koalition heute Morgen dazu fest entschlossen. allen Brandenburgerinnen und Branden- (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) burger gegeben hat, ist ein Staat, der in- vestiert, ein Staat, der befähigt, ein Staat, Wir helfen Schutzbedürftigen, aber der schützt. Heute Morgen geht von die- wir müssen auch jene zurückführen, die sem Haus das klare Signal aus: Die rot- unseren Schutz nicht brauchen oder gar schwarz-grüne Koalition sorgt vor und das Gastrecht missbrauchen. Gleichzeitig setzt sich durch. arbeiten wir daran, Rückführungen bes- ser zu organisieren. Unter der rot-roten (Domres [DIE LINKE]: Für sich sorgt Vorgängerregierung entstandene Voll- sie vor!) zugsdefizite – der Streit zwischen Innen- Auf uns können sich die Branden- und Justizministerium ist ja legendär – burgerinnen und Brandenburger verlas- werden wir beheben. Erst zusammen sen. wird daraus eine verantwortungsvolle Po- litik. Unsere besondere Aufmerksamkeit (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) gilt dabei Gefährdern und Intensivstraf- tätern. Mit einer eigenen Taskforce wird

DR. REDMANN 61 der Innenminister ihre Abschiebung kon- (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) sequenter durchsetzen und so die Hand- lungsfähigkeit des Staates beweisen. Wem das zu pathetisch ist, dem sage ich: Der Rechtsstaat steht auch (Beifall CDU) jedem bei Abzocke, Einbrüchen oder In diesem Zusammenhang begrüße häuslicher Gewalt zur Seite. Und Justiz- ich ausdrücklich, dass die Innenminister- ministerin Hoffmann hat recht: Auch hier, konferenz auch Rückführungen nach Sy- bei der Verfolgung der sogenannten rien geprüft wissen will, soweit es Straf- leichten und mittelschweren Kriminalität, täter und Gefährder betrifft. Denn wer muss Brandenburg besser werden. durch seine Taten Deutschland unsiche- Davon hängt vielleicht nicht die offene rer macht, kann nicht glaubwürdig die Gesellschaft ab, dafür aber umso mehr Unsicherheit andernorts gegen seine ei- das Sicherheitsgefühl der Menschen im gene Abschiebung anführen – das ist wi- Alltag. Bei allen Delikten und für alle dersprüchlich und überzeugt mich nicht. Menschen in Brandenburg muss wieder Manche Kritiker, meine Damen und gelten: Auf unseren Rechtsstaat ist Ver- Herren, machen sich über den starken lass! Staat lustig. Verächtlich sprechen sie von (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) Law-and-Order-Politik und tun so, als wäre ein Leben in Sicherheit ein Bedürf- Dafür stehen 300 neue Stellen in Po- nis einer kleingeistigen Minderheit. Was lizei und viele Dutzend neue Stellen in der für eine Arroganz! Jeder hat das Recht, Justiz. Dafür stehen im Übrigen alle mehr nicht nur in Sicherheit zu leben, sondern als 8 200 Brandenburger Polizistinnen sich auch sicher zu fühlen. Und es ist un- und Polizisten, denen ich für ihren täg- sere Pflicht, das zu garantieren. Verges- lichen Einsatz für die Heimat sehr herz- sen wir eines nicht: Der Rechtsstaat lich danke. schützt besonders die Schwachen vor (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) dem Recht des Stärkeren, zum Beispiel Kinder, Frauen, Andersdenkende und An- Sie leisten ihren Dienst unter immer derslebende. Der Rechtsstaat schützt härteren Bedingungen. Leider sind Über- auch alle Menschen, deren Wurzeln au- griffe auf Ordnungskräfte – wie jüngst der ßerhalb Deutschlands liegen und die schändliche Angriff auf einen Feuerwehr- heute tagtäglich für Deutschlands Zu- mann in Augsburg – Teil einer neuen Res- kunft arbeiten. Im Übrigen schützt er pektlosigkeit, die manche Teile unserer auch alle Menschen, die sich Angriffen Gesellschaft erfasst zu haben scheint. ausgesetzt sehen, weil sie sich für den Darum ist es richtig, dass wir einen Poli- Zusammenhalt unserer Gesellschaft en- zeibeauftragten einsetzen, an den sich gagieren – in Parteien, Initiativen, Verei- Polizisten bei dienstlichen Problemen nen. Der Rechtsstaat schützt nicht weni- wenden können. Und wenn Polizisten ger als die freie und offene Gesellschaft. sogar persönlich bedroht werden, müssen sie natürlich von der namentlichen Kenn-

62 DR. REDMANN zeichnungspflicht ausgenommen werden (Beifall CDU) – auch das ist richtig und überfällig. Wie von jedem Arbeitnehmer ver- (Beifall CDU) langt wird, dass er jeden Morgen pünkt- Die Brandenburger können sich auf lich am Arbeitsplatz erscheint, muss dies ihre Polizistinnen und Polizisten verlassen, erst recht für jene gelten, die von den Steuern und Beiträgen dieser Arbeitneh- (Beifall des Abgeordneten Keller mer leben. Ich habe deshalb kein Ver- [SPD]) ständnis für unentschuldigt versäumte die Brandenburger Polizei auf die neue Termine beim Arbeitsamt, abgebrochene rot-schwarz-grüne Regierung mit ihrem Qualifizierungsmaßnahmen oder fehlen- Innenminister Michael Stübgen. des Engagement bei der Jobsuche. Aus Sicht der CDU-Fraktion sind deshalb (Beifall CDU) auch nach dem Urteil des Verfassungs- In Zeiten des Wandels müssen wir gerichts Hartz-IV-Sanktionen grundsätz- Sicherheit breiter denken: Innere Sicher- lich notwendig. heit ist die Grundvoraussetzung. Wirklich (Beifall CDU) sicher fühlen sich die Menschen aber erst, wenn soziale Sicherheit hinzu- Gleichzeitig müssen wir bei der För- kommt. Die Arbeitswelt verändert sich, derung besser werden: Viele Berufe stel- mehrere Generationen einer Familie leben len immer höhere Anforderungen. Das ist häufig nicht mehr am selben Ort. Unter gut so, denn seinen hochqualifizierten Ar- diesen Bedingungen müssen sich die beitskräften verdankt Deutschland sein Menschen zum Beispiel darauf verlassen Wirtschaftswachstum. Aber die Men- können, dass ihre Angehörigen gut ge- schen erwarten zu Recht, dass wir sie auf pflegt werden. Darum wird diese Koali- dem Weg in die neue Berufswelt auch tion einen Pakt für die Pflege auflegen mitnehmen. Das ist auch einer der Grün- und jedes Jahr 30 Milliarden Euro für de, warum dieser Koalition Bildung so gute Pflege ausgeben. wichtig ist. Wir investieren massiv in Kitas Sie müssen sich auch auf eine gute und Schulen, fördern aber auch Hoch- medizinische Versorgung verlas- schulen und unterstützen Weiterbildungs- sen. Darum wird die Koalition die Kran- einrichtungen. kenhäuser massiv fördern und die Medi- Zu den Prioritäten dieser Koalition zinerausbildung ausbauen. Einen Fehler gehört es, Wirtschaftsstrukturen für das wird die CDU aber nicht machen, und 21. Jahrhundert zu entwickeln. Das gilt das wäre, soziale Sicherheit auf Leistun- für alle Regionen Brandenburgs und na- gen des Sozialstaates zu verengen. So- türlich besonders für die Lausitz. ziale Sicherheit muss mehr sein. Dazu Wir schulden der Lausitz viel, meine muss auch immer gehören, Menschen Damen und Herren. Bis heute bildet sie durch Fördern und Fordern zu befähigen. das Rückgrat der ostdeutschen Wirt- schaft. Berlin glänzt dank Strom aus der

DR. REDMANN 63 Lausitz, dank Ingenieurskunst aus der Brandenburg bietet Chancen für Lausitz und dank harter Arbeit in der Lau- neue, nachhaltige Wirtschafts- und Ge- sitz. Das dürfen wir bei der Debatte um schäftsmodelle. Das behaupte ich nicht neue Energien nie vergessen, so notwen- nur, das ist bewiesen: Im Wettbewerb um dig sie zweifellos ist. Teslas Gigafabrik hat sich Brandenburg gegen Standorte überall auf der Welt (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) durchgesetzt. Darauf können wir Bran- Deutschland hat sich für den Kohle- denburger stolz sein. Mich fasziniert Elon ausstieg entschieden aus Verantwortung Musk. Mich beeindruckt vor allem, dass für das Weltklima, zu der sich auch diese er sich niemals von Zweiflern kleinkriegen Koalition ohne Wenn und Aber bekennt. ließ, die ihm sagten: Aus deinen Visionen Deutschland wird darum für die Zukunft wird nie etwas. – Heute ist er einer der der Lausitz einstehen. Unsere Branden- innovativsten Unternehmer der Welt. burger Koalition wird beweisen, dass sie Mancher liebt ja Helmut Schmidts Satz: nach vorn blickt. Die Risiken des Kohle- „Wer Visionen hat, der soll zum Arzt ausstiegs sieht jeder – unsere Aufgabe ist gehen.“ Bei allem Respekt vor Helmut es, seine Chancen erfolgreich zu ergreifen. Schmidt: Diesen Satz fand ich schon Denn Chancen gibt es. Ein Forscher hat immer falsch. Und Elon Musk gibt mir ausgerechnet, dass Deutschland der Lau- recht: Wer Visionen hat, geht nach Bran- sitz mit einer Million Euro pro betroffenem denburg und verwirklicht sie. Arbeitsplatz helfen wird. Wenn das keine (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) Grundlage für eine erfolgreiche Struktur- entwicklung ist, dann weiß ich nicht, wie Wir haben unsere Koalition unter das sie sonst aussehen sollte. Die Herausfor- Motto gestellt, Brandenburg zur Gewin- derungen der Lausitz sind groß, aber die nerregion des 21. Jahrhunderts zu ma- Koalition wird noch größer denken. chen. Ein zugegebenermaßen ehrgeiziges Motto, aber dieser Ehrgeiz ist dringend (Heiterkeit beim Abgeordneten nötig, denn innerhalb Europas, aber auch Dr. Zeschmann [BVB/FW]) innerhalb Deutschlands sind Regionen im Strukturentwicklung ist keine Not- Wettbewerb. Im Fall Brandenburgs ent- operation, die der Kohleausstieg er- scheidet sich dieser Wettbewerb konkret zwingt. Strukturentwicklung geht nicht an zwei Fragen: Wie schnell bin ich in nur die Lausitz an. Strukturentwicklung Berlin, Dresden oder Stettin? – Und: Wie muss jederzeit und überall passieren; das schnell bin ich im Internet? heißt, nachhaltig wirtschaften. Darum gilt: Wenn wir diesen Wettbewerb gewin- Was gut für die Lausitz ist, ist gut für nen wollen, müssen wir investieren. Bau- ganz Brandenburg, und gute Wirtschafts- minister Guido Beermann hat ein Jahr- politik für Brandenburg ist gute Politik für zehnt der Investitionen gefordert, und ich die Lausitz. pflichte ihm bei. Darum beschließen die Regierungsfraktionen hier im Landtag in (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) diesen Tagen einen Zukunftsfonds, mit

64 DR. REDMANN dem wir 1 Milliarde Euro investieren wer- – Doch! Wir schulden unseren Kin- den – ich betone: zusätzlich zu dem, was dern und Enkeln, Herr Walter, neben soli- wir ohnehin investieren würden. Damit den Finanzen auch eine funktionierende folgen wir dem Rat von immer mehr Öko- Infrastruktur, und die gehört leider nicht nomen; ich verweise zum Beispiel auf die zum Nachlass des ehemaligen Finanzmi- Empfehlung der fünf Wirtschaftsweisen nisters Görke. Unter ihm ist die Investi- an die Bundesregierung. Damit folgen wir tionsquote kontinuierlich gesunken. dem Ruf der Wirtschaft. Ich zitiere die (Walter [DIE LINKE]: Stimmt doch Unternehmerverbände Berlin-Branden- nicht!) burg, die feststellen, dass in Teilen Bran- denburgs die Wirtschaftsstruktur oft nicht Die Straßen und Schienen sind in auf der Höhe der Zeit sei, und fordern, schlechtem Zustand – das ist ein Ergeb- dass der Staat seine Aufgaben besser er- nis der Finanzpolitik der Linken und das füllt, und zwar auch in den ländlichen Re- Gegenteil von nachhaltigem Wirtschaf- gionen. Ganz sicher folgen wir damit dem ten. Wunsch der Bürger nach einem starken (Beifall CDU und BVB/FW – Heiter- Staat, der sich für die Herausforderungen keit und Unruhe bei der Fraktion gerüstet zeigt. DIE LINKE) (Beifall CDU – Heiterkeit beim Abge- Ich war wirklich überrascht, ordneten Walter [DIE LINKE]) Sebastian Walter, dass Sie hier so gegen Mit diesem Fonds wirtschaften wir die Kofinanzierung von Projekten, die mit solide. Für die CDU steht der Zukunfts- Bundesmitteln finanziert werden, argu- fonds unter einer klaren Bedingung, näm- mentiert haben. Sie haben schon kriti- lich, dass er ausschließlich solchen In- siert, dass wir das vorhaben. vestitionen dient, die künftig einen hohen (Unmut bei der Fraktion DIE LINKE) Nutzen entfalten, und zwar mit jedem einzelnen Cent. Die Kofinanzierung wird dazu führen, dass wir aus der einen Milliarde mehrere (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) Milliarden machen können, nämlich mit Mit Überraschung, aber auch etwas dem Geld von der EU, mit dem Geld vom Freude nehme ich zur Kenntnis, dass Bund, und dann kommt richtig etwas he- ausgerechnet die Vertreter der Linkspar- raus. tei dieser Tage Geschmack an Haushalts- (Beifall CDU und BVB/FW) disziplin gefunden haben. Späte Einsicht hat ja immer etwas Rührendes. Sie waren in Ihrer Regierungszeit lei- der häufig nicht in der Lage, die Kofinan- (Unmut bei der Fraktion DIE LINKE zierung von Bundesmitteln zu gewähr- – Walter [DIE LINKE]: Sie hören nicht zu!) leisten, und das ist ein Problem, unter dem Brandenburg bis heute leidet.

DR. REDMANN 65 (Beifall CDU) Diese Koalition nimmt auch in einem anderen wichtigen Politikfeld einen Para- Wenn in der Vergangenheit der digmenwechsel vor. Stand in der zurück- Grundsatz, Kredite ausschließlich für In- liegenden Legislaturperiode noch eine vestitionen zu nutzen, so konsequent be- Kreisgebietsreform im Mittelpunkt, die achtet worden wäre, wie wir es jetzt tun, gerade dem ländlichen Raum Entwick- dann käme jetzt niemand auf die Idee, lungspotenziale pauschal absprach, set- über eine Schuldenbremse auch nur zen wir nun mit einer neuen strategischen nachzudenken. Die linke Kritik finde ich Landesplanung auf Wachstum im ganzen insofern scheinheilig. Noch einmal in aller Land. Gesundes Wachstum in ganz Deutlichkeit: Das wird ein Fonds für alle Brandenburg! Das heißt für uns: weniger Regionen, ein Fonds für die nächste Ge- Verbote, bessere Straßen, kürzere Bahn- neration, ein Fonds für Brandenburgs Zu- takte, dichtere Funknetze und vor allem kunft, meine Damen und Herren. die klare Zusage: Zugang zu schnellem Internet für jeden Brandenburger. Mobil- (Beifall CDU, SPD und B90/ funk und Internet gehören zum guten GRÜNE – Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Zaubern kann der wohl Leben und erst recht zum modernen Ar- auch schon!) beiten. Warum sollte das in der branden- burgischen Kleinstadt anders sein als in Im Wettbewerb der Regionen hat Berlin? Digitalisierung ist zwar ein abs- Brandenburg übrigens schon heute einen traktes Fremdwort, doch unsere Koalition Vorsprung. Ich finde, es ist der entschei- wird es ins Brandenburgische überset- dende Vorsprung. Zu uns wollen mehr zen. Menschen ziehen als in jedes andere Digitalisierung bringt wieder Leben Bundesland. Damit das so bleibt, brau- aufs Land. Das setzt Mut voraus, nämlich chen wir eine Willkommenskultur für Fa- zu machen, was andere für unmöglich milien. Darum macht die Koalition weitere halten. Was, wenn Busse wie Sammel- große Schritte in Richtung Beitragsfrei- taxis funktionieren würden? Ein Ruf, und heit der Kita. Das ist mitnichten eine so- eine halbe Stunde später steht es vor der zialpolitische Frage, sondern eine Frage Haustür. Was, wenn der Arzt übers der Gerechtigkeit und kluger Standort- Smartphone „zum Hausbesuch“ vorbei- politik. Viel zu schnell führen die Kinder- schauen könnte? gartenbeiträge dazu, dass sich für Eltern (Dr. Berndt [AfD]: Das ist doch Wahn- mit mittleren Einkommen Leistung kaum sinn! Das funktioniert nicht!) mehr lohnt und sich ihr Lebensstandard von dem nicht arbeitender Eltern nur Was, wenn der tägliche Weg zur Ar- wenig unterscheidet. Das ändern wir! beit nicht über die Autobahn oder mit dem Zug nach Berlin führen würde, son- (Beifall CDU und B90/GRÜNE – dern quer über den Hof ins heimische Domres [DIE LINKE]: Wann?) Büro in der Scheune. Dann, meine Damen und Herren, hätte das Leben auf

66 DR. REDMANN dem Land eine neue Perspektive. Arbei- Brandenburgern den Mut geben, zu ten und Verdienen wie in der Stadt, sagen: Wir wollen Vorreiter werden. Wir Leben auf dem Dorf – das ist der Traum wollen unser Land voranbringen, genau vieler junger Familien. Unsere Politik ist wie es die Generation unserer Eltern vor es, aus diesem Traum Brandenburger dreißig Jahren getan hat. Wir haben Lust Wirklichkeit zu machen. auf Zukunft. Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, Brandenburg kann (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) das. – Vielen Dank. Die Koalition hat sich sehr ehrgeizi- (Beifall CDU, SPD und B90/GRÜNE) gen Zielen verpflichtet, die wir in Geld oder Stellen oder in Projekten messen. All diese Ziele sind unabdingbar. Mein Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: ganz persönliches Ziel für unsere Koali- tion der neuen Mitte lässt sich jedoch Das Wort hat der Abgeordnete Vida nicht in Zahlen messen. Mein Ziel ist es, von der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER. dass wir den Brandenburgerinnen und

DR. REDMANN 67

Péter Vida Vorsitzender der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER

ehr geehrte Frau Präsidentin! S Sehr geehrte Abgeordnete! Es ist mir eine große Ehre, heute im Namen der Péter Vida BVB / FREIE WÄHLER Fraktion hier im Landtag zu Ihnen sprechen zu dürfen. Man wird in ein paar Jahren zurück- blicken und fragen: Was konnten wir hier (Beifall BVB/FW) in diesem Landtag für die Bürger unseres Wir hatten sicherlich einen der stei- Landes erreichen? Haben wir auf ihre nigsten Wege hinter uns, um die Gnade Wünsche, ihre Träume gehört? Wie zu erfahren, den Bürgern des Landes in haben wir ihnen gedient? – Das ist auch dieser Formation dienen zu können. die Triebfeder für uns als Diese Erfahrung schafft Demut, mit der BVB / FREIE WÄHLER. Wir können und wir und auch ich an die neuen Aufgaben wollen keine weltpolitischen Visionen for- herangehen wollen. Nun weiß ich auch, mulieren, sondern mit unseren Branden- dass es bei vielen von Ihnen ähnlich stei- burger Möglichkeiten und gesundem nige Wege gegeben hat, und gerade als Menschenverstand zum Wohlergehen un- Ministerpräsident stehen Sie täglich vor serer Bürger beitragen. Herausforderungen – mehr noch als die (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- allermeisten von uns. Deswegen sage ich neten Brüning [CDU]) von den harten, aber inzwischen etwas angenehmeren Bänken der Opposition, Immer da, wo Sorgen, Nöte, Zwänge dass wir auch aus dieser Stellung heraus ihr Zelt aufgeschlagen haben, wollen und der Regierung unsere Fürsprache und werden wir zur Stelle sein. Deswegen, unsere Gebete schulden, auf dass sie die meine Damen und Herren, stehen wir Geschicke des Landes gut leite, denn wir auch zu unserem Versprechen, die vielen alle haben Interesse daran, dass sie Er- Altanschließer in unserem Land nicht al- folg hat. Zugleich schuldet sie, die Lan- lein zu lassen. desregierung, uns Gehör, wenn wir Vor- (Beifall BVB/FW) schläge und Ideen haben, was man im Land besser machen könnte.

VIDA 69 Zigtausend Haushalte haben Phasen denburger – weit über die persönliche durchlaufen, in denen ihnen das schiere Betroffenheit hinaus – hat uns gezeigt, Unrecht fast die Luft zum Atmen nahm. welch demokratischer und sozialer Geist Als viele schon aufgaben – und es haben in ihnen wohnt. Und schließlich kam es viele aufgegeben –, stach von Ferne und dazu – woran zu glauben ich nicht aufge- für manche unerwartet das Licht von hört habe –, dass wir diese ungerechten Karlsruhe in den steilsten rechtlichen Beiträge abschafften und Kosten für All- Weg, auf dem viele von ihnen in ihrem gemeingüter nicht mehr Einzelnen aufhal- ganzen Leben gekämpft hatten. Und es sen. gab ihnen Hoffnung, dass auch sie Recht (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- erhalten würden. Doch viele sind bis neten Brüning [CDU]) heute in Enttäuschung und Tristesse ge- fangen, weil das Land und die Kommu- Als wir diesen Erfolg errangen, war nen, auf deren Handeln sie vertrauten, das nicht nur ein fiskalischer Vorteil für keine Lösung darboten. Für uns steht manche, sondern eine gesamtgesell- fest: Hier im Landtag nahm diese Misere schaftliche Absage an den wiederholten ihren Lauf, und mit einem mutigen Schritt Versuch, die Gesellschaft zu spalten, so- muss sie auch hier ihr Ende finden. zialen Neid einzureden und Bevölkerungs- teile – Mieter, Eigentümer – gegeneinan- (Beifall BVB/FW) der aufzustacheln. Deswegen werden wir Die 7. Wahlperiode muss einen auch nicht ruhen, Kommunalabgaben ge- Schlussstrich unter die Erhebung und rechter und transparenter zu regeln. Vollstreckung dieser verfassungswidrigen (Beifall BVB/FW) Beiträge setzen, und deswegen rufe ich in aller Bescheidenheit zu einem überpar- Wir müssen die Denke, wer einmal teilichen Lösungskompromiss zur Rück- gezahlt habe, könne ein weiteres Mal zahlung der Beiträge auf. Der soziale zahlen, überwinden und dürfen Kommu- Frieden und die Fähigkeit dieses Gremi- nalabgaben nicht zum Schauplatz von ums, ohne Ansehen der jeweiligen Per- Umverteilungskämpfen werden lassen, son Fehler einzugestehen, gebieten eine sondern müssen die Lebensleistung der derartige Lösung. Menschen würdigen und sie entspre- Wenn uns wieder entgegengehalten chend behandeln. werden sollte, was alles nicht geht: Erin- (Beifall BVB/FW) nern wir uns kurz an die Zeit, als es noch Straßenausbaubeiträge gab. Der in den Das gilt ebenso für die Erschlie- letzten eineinhalb Jahren gegangene Weg ßungsbeiträge, die einer grundlegenden ist untrennbar verbunden mit dem Willen, Reform unterzogen werden müssen. Gegebenheiten zu hinterfragen. Es galt Auch bei unbefestigten Straßen ma- als Beton gewordenes Gesetz, dass das chen wir uns mit Anträgen, Vorschlägen so zu sein habe. Doch die Entschlossen- auf den Weg der Mitbestimmung und der heit Tausender und Abertausender Bran- spürbaren Entlastung. Vor allem brau-

70 VIDA chen wir auf diesem Weg Rechtsstaat- denn bei Wohnraum geht es nicht um lichkeit. Die jahrelangen Prozesse, wie im persönliche Begehrlichkeiten, sondern Bereich der Altanschließerbeiträge, auf um ein Grundrecht, welches für ein deren Wegen sich die Verbände wie los- gleichberechtigtes Leben absolut zu er- gelöst von Recht und Gesetz eine Volte füllen ist, weshalb die Forderung völlig nach der anderen ausdachten, müssen berechtigt ist. Deswegen muss das Land der Vergangenheit angehören. alle Instrumente ausschöpfen, die gege- ben sind – Kappungsgrenzenverordnung, (Beifall BVB/FW) Kündigungssperrfristverordnung –, die Um dies zu schaffen, meine Damen Erstellung qualifizierter Mietspiegel in den und Herren, brauchen wir gut ausgestat- Kommunen unterstützen, denn gerade tete Gerichte, motiviertes Justizpersonal. sie eignen sich als soziales Instrument, Nur wenn Verfahrensdauern noch einen um galoppierende Mietpreiserhöhungen Bezug zum Sachverhalt haben, wächst gerade mittelgroßer Vermieter zumindest das Vertrauen in den Rechtsstaat. Daher ein Stück weit zu bremsen. erwarten die Bürger zu Recht, dass in (Beifall BVB/FW) allen Gerichtsbarkeiten zeitnah die nöti- gen Stellenaufstockungen nicht nur auf Die Gründung kreislicher Wohnungs- dem Papier, sondern tatsächlich erfolgen baugesellschaften sollte gefördert wer- und alle Gerichte erhalten bleiben. den. Gerade die Landkreise können auf- grund ihrer regionalen Struktur einen (Beifall BVB/FW) Ausgleich zwischen wirtschaftlich stärke- Dasselbe gilt für Staatsanwaltschaft ren und wirtschaftlich schwächeren Teilen und Polizei. Dabei geht es nicht um ge- des Landes schaffen und hier auch mit fühlte Sicherheit, sondern um echte Si- sozialem Augenmaß – noch mehr als eine cherheit, auf die es einen Anspruch gibt einzelne Kommune – entsprechende und deren untere Grenze nicht unter- Wohnbauten fördern und unterstützen, schritten werden darf. Deswegen werben ob in Genossenschaftsmodellen oder in wir auch für Reaktionszeiten bei der Poli- kreislichen Gesellschaften, um damit zei, vergleichbar mit denen von Rettungs- gutes Wohnen in allen Generationen und diensten. Lebenslagen zu ermöglichen. Das heißt, dass es sich für junge Leute lohnt, bei (Beifall BVB/FW) guten Wohnbedingungen in Brandenburg Meine Damen und Herren, wir haben zu Hause zu sein, auch für ältere Bürger heute schon vieles über soziale Gerech- wie für Menschen mit Behinderungen, tigkeit gehört. Diese kann man nicht den- damit die Barrierefreiheit in Städten und ken, ohne eine Antwort auf die drängen- Gemeinden auch in diesem Punkt weiter de Frage nach ausreichend bezahlbarem ausgebaut wird. Wohnraum zu geben. Das ist ein soziales (Beifall BVB/FW sowie der Abgeord- Gebot, eine soziale Selbstverständlich- neten Hildebrandt [SPD]) keit – zumindest sollte das so sein –,

VIDA 71 Meine Damen und Herren, soziale Es geht dabei nicht um Bequemlich- Gerechtigkeit bedeutet aber auch gesell- keit, sondern um die Feststellung, dass schaftliche Teilhabe, und das heißt für es nicht nur im Berliner Speckgürtel Zu- uns als BVB / FREIE WÄHLER zuvörderst zugsdruck gibt. Und den Gemeinden dort Ausbau des öffentlichen Personennah- müssen wir die Chance geben, sich auch verkehrs als Garant für Mobilität und tat- etwas anderes als grenzenloses Wachs- sächlich gleichwertige Lebensverhältnis- tum zu verordnen. se. Gerade Landkreise mit hoher Rück- Immer mehr Flächenversiegelungen lage – und davon gibt es einige – können und Nachverdichtungen führen zu ver- noch stärker kommunale Buslinien för- kehrlichen Belastungen. Dem muss man dern. Das Land sollte das unterstützen, das Ziel eines organischen Wachsens denn hierbei geht es nicht um eine Lu- und des Erhalts von Grünflächen und ge- xusforderung, sondern um die Möglich- wachsenen Stadtbildern entgegenhalten. keit, alle Landesteile gut zu erreichen, Denn flächenmäßige Gewinnmaximierung und darum, ein gut angebundenes Leben darf nicht zur Beschränkung von Wohn- zu ermöglichen. Das Land sollte das stär- qualität und Beeinträchtigung erhaltens- ker unterstützen. Das Gleiche gilt für eine werter Umwelt im berlinnahen Raum füh- kreisgrenzenübergreifende Linienführung ren. von Bussen – es wird immer wieder von (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt vielen Bürgerinnen und Bürgern beklagt, AfD) dass dort großer Mangel herrscht. Dazu gehört im Land Brandenburg zentral der Doch, meine Damen und Herren, das Schienenpersonennahverkehr, noch vor kennen wir aus einem anderen Bereich. dem Busverkehr. In Brandenburg wird wie in keinem zwei- Die Zielbekenntnisse, die wir alle ten Bundesland so selbstverständlich in Jahre oder Monate wieder hören, reichen Natur und Umwelt eingegriffen, um pri- nicht aus. Wir brauchen einen konkreten, vatprofitorientierte Interessen Einzelner messbaren Fortschritt, denn nur er ist zu bedienen. Durch die Errichtung von Garant für wettbewerbsfähige Regionen fast 4 000 Windrädern hat Brandenburg und die Attraktivität aller Landesteile, bei- seinen Beitrag zur Energiewende geleis- spielsweise auch für Berufsanfänger. tet. Aufgrund der Volatilität und mangels Deswegen braucht es neben den hier ge- Speicherkapazitäten wird bereits seit ei- nannten Punkten auch die Realisierung nigen Jahren kein zusätzlicher Strom pro- der S-Bahn-Anbindung an Stahnsdorf, duziert. Jeder, der hier erzählt, man den 10-Minuten-Takt für S1 und S2, eine müsse mehr Windräder bauen, um den bessere Regionalanbindung von solch Kohleausstieg zu schaffen, täuscht also wichtigen Orten wie Rheinsberg, Bad die Öffentlichkeit. Freienwalde, Senftenberg und vielen an- (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt deren Orten in unserem Land. AfD) (Beifall BVB/FW)

72 VIDA Zu Beginn der letzten Wahlperiode schutzgebieten gebaut wird – das kann hatten wir etwa 3 300 Windräder in Bran- man wohl erwarten –, und eine Abstands- denburg und deckten 60 % unseres täg- regelung, meine Damen und Herren, die lichen Durchschnittsstrombedarfs mit den veränderten Höhengegebenheiten Strom aus Braunkohle. Zu Beginn dieser der Anlagen Rechnung trägt. Das sind Wahlperiode, also fünf Jahre später, nicht die 1 000 Meter, die im Übrigen in haben wir 3 900 Windräder und decken weiten Teilen nicht beachtet werden. 60 % unseres täglichen Durchschnitts- Gehen Sie nach Crussow bei Angermün- strombedarfs mit Strom aus Braunkohle de – 750 Meter Abstand – oder nach – und das trotz des Vorrangs des Stroms Horstfelde bei Zossen – 600 Meter Ab- aus erneuerbaren Energien, weiterhin be- stand. Auch das ist Realität in Branden- stehender EEG-Förderung und sonstiger burg. Subventionierungen. Der Strom aus (Dr. Redmann [CDU]: Das ist ein Pro- Windrädern stößt in Brandenburg an blem!) seine natürlichen Grenzen. Es werden nur noch Überkapazitäten produziert; das Dazu gehört: Schluss mit der Diffa- wollen manche leider nicht zur Kenntnis mierung all jener, die sich zusammen mit nehmen. dem NABU und Umweltschutzbürgerini- tiativen vor Ort für den Naturschutz ein- (Beifall BVB/FW) setzen. Die Folge ist der höchste Strompreis (Beifall BVB/FW) Europas bei uns in Brandenburg, ein wirt- schaftlicher Nachteil und das auch noch Es braucht eine echte Hilfe für lärm- auf Kosten der Umwelt. Wie es der Minis- belastete Anwohner, denn da rauscht es terpräsident Anfang 2018 formulierte: wirklich, Herr Ministerpräsident, und das eine der größten Umverteilungen von rund um die Uhr. Diesen Anwohnern wol- unten nach oben. – Und er hatte recht. len wir gegen Verhöhnung zur Seite ste- Leider schlägt sich das im Koalitionsver- hen. trag nicht nieder. Dazu gehört auch der geordnete Ausstieg aus der Braunkohle, keine (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt Frage. Wir als BVB / FREIE WÄHLER be- AfD) kennen uns zum Kompromiss der Kohle- Daher, meine Damen und Herren, kommission. Er bereitet den Ausstieg vor sagen wir als BVB / FREIE WÄHLER: Die und trägt dabei auch der sozialen Verant- Belastungsgrenze ist erreicht. Wir brau- wortung Rechnung: kein hochnäsiges chen kurzfristig ein Moratorium für den Dozieren und wirtschaftliche Fantasie- Ausbau von Windenergie, wie es auch überlegungen, sondern Erkennen der ört- Teile dieser Koalition in der vergangenen lichen Realitäten. Cottbus wird keine Be- Wahlperiode noch gefordert haben, so- amtenstadt und die Lausitz keine Behör- dann eine Garantie, dass zumindest nicht denregion sein, sondern all die hart arbei- in Wäldern und am Rande von Natur- tenden Menschen, die es satthaben, zum

VIDA 73 Spielball von Lobbygruppen und hoch- messen ist. Das sind nicht 1, 2 oder 3 geschaukelter politischer Stimmung ge- Jahre, sondern 10 oder 20 Jahre, macht zu werden, benötigen eine Pers- (Beifall BVB/FW sowie der Abgeord- pektive. Deren Umsetzung braucht nun neten Dannenberg [DIE LINKE]) einmal Zeit und muss darin bestehen, dass Forschung, Wissenschaft und Zu- denn nur das schafft Sicherheit für Eltern, kunftstechnologie noch enger verzahnt Schüler und Lehrer, hat aber auch eine werden, die BTU mit der medizinischen wesentlich weiter gehende Verbundwir- Fakultät gestärkt wird – was von allen un- kung für den Ort insgesamt. Dadurch ge- terstützt wird –, Gründer zielgerichtet ge- winnt ein Ort an Attraktivität und generell fördert und Kooperationen mit Unterneh- an Stabilität. Für all das brauchen wir men ausgebaut werden. keine zusätzlich geschaffenen Stellen mit Doch, meine Damen und Herren, wir der Schärpe des Regionalkoordinators, denken natürlich auch an andere Landes- sondern gut ausfinanzierte und rechtlich teile. Das kommende Jahrzehnt muss gestärkte Kommunen mit ihren bestehen- aus unserer Sicht eines des Infrastruktur- den Selbstverwaltungsstrukturen. Boosts der berlinfernen Regionen wer- (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- den: Stärken der medizinischen, schuli- neten Dr. Berndt [AfD]) schen und verkehrstechnischen Infra- struktur. Dazu gehört endlich eine euro- So unterstützen wir als paweit wettbewerbsfähige Internet- und BVB / FREIE WÄHLER grundsätzlich die Mobilfunkversorgung. Das ist kein lusti- Kreditaufnahme, fordern aber entspre- ges Evergreen, sondern ein knallharter chende Klarstellungen im Gesetz. Nur wirtschaftlicher Standortnachteil, der be- fürs Protokoll: Nein, mehr Geld für den hoben gehört, und zwar hier und jetzt, so BER ist keine Zukunftsinvestition. schnell wie möglich. Denn das belastet (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt die kleinen und mittelständischen Unter- AfD) nehmen am meisten. Ebenso müssen viele Landesstraßen von ihrem derzeiti- Der macht uns wahrlich nicht zur gen Walter-Ulbricht-Gedenkzustand Gewinnerregion. Wir erwarten daher eine verbindliche – das betone ich – Aus- und (Beifall und Lachen BVB/FW sowie Zusage, dass kein weiteres Landesgeld vereinzelt AfD) – ob als Darlehen oder dann umgewan- in eine Qualität versetzt werden, die des delt als Stammkapitalerhöhung – in diese 21. Jahrhunderts würdig ist. betonierte Dauerlast fließt. Meine Damen und Herren, wir brau- (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- chen auch eine Schulgarantie, und zwar neten Dr. Berndt [AfD]) für alle Schulen auch im ländlichen Raum. Dazu gehört eine Garantie für Es braucht einen echten Schall- einen Zeitrahmen, der einer Schule ange- schutz für alle Betroffenen vor der Inbe-

74 VIDA triebnahme – wie es ihnen gesetzlich zu- sondern den Kommunen und Ehrenamt- steht, meine Damen und Herren. lern, die all das gestemmt haben. Es waren die Initiativen vor Ort, es waren die (Beifall BVB/FW) Kommunen, die diese Kraftanstrengun- Denn das ist keine Luxusforderung gen im – ich nenne es einmal so – opera- zur Aufwertung der Grundstücke, son- tiven Bereich zu vollbringen hatten. dern Gesundheitsschutz. Das ist grund- Doch nun müssen wir auch eine wei- gesetzlich verbürgter Grundrechtsschutz. tere Ebene der Integration beschreiten. Und es muss auch Schluss sein mit dem Neben dem Ankommen und der Exis- Verhöhnen der Anwohner, von wegen, sie tenzsicherung geht es jetzt darum, Integ- hätten doch gewusst, wohin sie ziehen: ration in Sprache, Beruf und soziokultu- Die Allermeisten haben schon immer dort relle Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gewohnt, und auch die, die dorthin gezo- braucht es eine stärkere Unterstützung gen sind, haben einen Anspruch darauf, der Kreisvolkshochschulen, die eine qua- dass ihnen der gesetzlich garantierte Im- litativ hervorragende Arbeit leisten. Sie missionsschutz im Rahmen des Gesund- müssen die Möglichkeit bekommen, ihre heitsschutzes auch zuteilwird. Sprachkurse auch in allen Teilen, allen Regionen ihrer Landkreise anzubieten. (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- Meine Damen und Herren, Branden- neten Dr. Berndt [AfD]) burg braucht auch wieder ein Studienkol- Deswegen braucht es ein klares, be- leg. Alle reden davon, Fachkräftezuwan- lastbares, rechtlich sicheres Nachtflug- derung zu unterstützen sowie Fachkräfte- verbot, eine verbindliche Absage an eine betätigung zu ermöglichen und zu er- weitere Start- und Landebahn an diesem leichtern. Wir sind neben das im Übrigen ungeeigneten Standort. einzige Bundesland, das kein Studienkol- leg hat, obwohl dieses Migranten ermög- (Beifall BVB/FW) licht, ihre ausländischen Studienab- Meine Damen und Herren, ich möch- schlüsse anerkennen zu lassen, auf die te auf ein anderes Thema zu sprechen deutsche Hochschulreife vorbereitet zu kommen, welches uns in der vergange- werden und dadurch gerade in hochqua- nen Wahlperiode intensiv bewegt hat: die lifizierte Berufe einzusteigen. Deswegen Migration und der Flüchtlingszuzug, die können wir nicht immer auf Berlin verwei- gerade im Jahr 2015 und den nachfol- sen, sondern brauchen wie jedes andere genden Jahren zu sehr vielen Debatten Flächenland auch ein Studienkolleg, um und Anstrengungen hier im Land geführt in diesem Bereich voranzukommen. haben. Brandenburg hat in Würdigung (Beifall BVB/FW) seiner Geschichte im Sinne der Nächs- tenliebe und Gastfreundschaft gehandelt. Dazu gehört auch eine Unterstüt- Hierbei gilt die Anerkennung nicht uns zung der migrantischen Selbsthilfegrup- hier im Landtag, dafür, dass wir dafür die pen und die Stärkung der migrantischen Rahmenbedingungen geschaffen haben, Selbstverwaltung durch Direktwahl der

VIDA 75 Migrationsbeiräte in ganz Brandenburg. Bürger wollen und können auch sachver- So fördern wir christlichen, humanisti- ständig, nachhaltig und umsichtig über schen Geist, schaffen messbare Integra- Bebauungspläne der Gemeinde entschei- tion und nehmen Vorurteilen den Wind den und sollten nicht nur gehört werden, aus den Segeln. sondern verbindlich über stadt- bzw. ortsbildprägende relevante Maßnahmen (Beifall BVB/FW) mitentscheiden können. Lassen Sie uns in dieser Wahlperio- (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt de auch hier eine gemeinsame Kraftan- AfD) strengung vollbringen, denn sie wird sich auszahlen. So stärken wir unser demo- Aus gegebenem Anlass füge ich kratisches Gemeinwesen. hinzu, weil wir das in vielen Kommunen erleben: Es braucht Rechtssicherheit im (Beifall BVB/FW) Umgang mit Bürgerbegehren und Bürger- Meine Damen und Herren, zur Stär- entscheiden, damit keine Frustration um kung des demokratischen Gemeinwe- sich greift, wenn man von diesen gesetz- sens gehört noch etwas anderes: Die ver- lich gegebenen Instrumenten auch Ge- gangenen Jahre haben gezeigt, dass sich brauch macht. Ein erster oder, wenn man die Brandenburger eine Meinung zu so will, hier im Hause zweiter Schritt – Sachfragen bilden und diese auch gehört nach der Einführung des Livestreams für wissen wollen. Eine repräsentative De- Ausschusssitzungen – wäre die Einfüh- mokratie punktuell durch direktdemokra- rung von Einwohnerfragestunden hier im tische Elemente zu ergänzen und zu be- Landtag, gerne auch als erstem Landtag reichern ist das Gebot der Stunde. Deutschlands. Meine Damen und Herren, alle reden von Schnelllebigkeit und vielen (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt komplexen Sachverhalten und Themen, AfD) die sich entwickeln. Wahlen können in Dazu gehört eine Senkung der Quo- dieser Schnelllebigkeit und Komplexität ren für Bürgerentscheide. Wie kann es nicht alle fünf Jahre jede Sachfrage vor- sein, dass für eine Sachfrage, in der hersehen. Deswegen brauchen wir ein durch die Bürger entschieden werden themenbezogenes punktuelles Korrektiv soll, ein höheres Quorum gilt als für die in Form direktdemokratischer Beteili- Wahl eines Hauptverwaltungsbeamten gungsmöglichkeiten. Die Möglichkeiten für acht Jahre? hierzu sollten auch in dieser Wahlperiode gestärkt werden. (Beifall BVB/FW sowie des Abgeord- neten Drenske [AfD]) (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt AfD) Dazu gehören auch eine Erleichte- rung der Unterschriftensammlung bei Meine Damen und Herren, wie ich Volksbegehren und eine Ausdünnung des eingangs sagte, wird es unsere Aufgabe Ausschlusskatalogs für Bürgerbegehren. sein, den Bürgern den Weg zu ebnen, so-

76 VIDA dass sie ihre Chancen, Wünsche, Poten- und unserer Hartnäckigkeit. Für die ziale und Hoffnungen umsetzen und ver- BVB / FREIE WÄHLER Fraktion kann ich wirklichen können, auf dass all die Ver- sagen: Solch ein Moment ist immer ein heißungen, die dieses Land birgt, für je- Schritt, der von großen Träumen, tiefer dermann und zu jeder Zeit erreichbar sein Entschlossenheit und Anfängen voller mögen. Das ist ab jetzt unser aller Auf- Demut gekennzeichnet ist. Den sich an- trag – im Dienst für das Gemeinwesen, in schließenden Weg wollen wir nun be- Hingabe für die gerechten Belange und schreiten und wir strecken hierbei die mit Einsatzbereitschaft für unsere Mit- Hand zur Zusammenarbeit aus und set- menschen. zen auf gemeinsame Lösungen. Denn so- Immer wenn wir Brandenburger lange wir wahrhaftig zu unseren Idealen diese Werte würdigen, können wir unsere und treu an der Seite der Bürger stehen, Ideen und Träume in die Tat umsetzen – wird uns das auch gelingen. im Dienst der Bürger. Nichts gegen die Ich wünsche Ihnen und uns allen – Bürger, alles mit den Bürgern und nichts zuvörderst den Brandenburgern – eine ohne die Bürger! erfolgreiche Wahlperiode und bedanke mich für Ihre mich beehrende Aufmerk- (Beifall BVB/FW) samkeit. So verstehen wir uns auch als muti- (Beifall BVB/FW sowie vereinzelt ges Sprachrohr der vielen, zugegebener- SPD, AfD und B90/GRÜNE) maßen kleinteiligen Anliegen der lokalen Bürgerinitiativen. Meine Damen und Herren! Heute Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: schlagen wir im Landtag sozusagen ein neues Kapitel auf. Seine Seiten sind noch Das Wort hat für die Fraktion BÜND- nicht beschrieben, und sein Inhalt wird NIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordnete bestimmt sein von unserem Entschluss, Raschke. was wir in diesem Land bewegen wollen,

VIDA 77

Benjamin Raschke Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

ielen Dank, Frau Präsidentin. – VSehr geehrte Gäste! Liebe Kolle- ginnen und Kollegen, ich habe es genau Benjamin Raschke beobachtet: Einige von Ihnen schauen schon länger ganz sehnsüchtig auf die noch nicht sortiert, die Regierung sortiert Uhr. Ich kann das auch verstehen. Wir sich noch. haben schon fast dreieinhalb Stunden (Walter [DIE LINKE]: Wir sind ziem- Debatte, und – das ist jetzt irgendwie der lich sortiert! – Vereinzelt Heiterkeit) Klassiker – nur ich stehe noch zwischen Ihnen und der Mittagspause. Vieles ist noch ungewohnt, zum Bei- spiel, dass ich bzw. wir jetzt „unsere Mi- (Vereinzelt Heiterkeit) nister“ und „unser Ministerpräsident“ Da habe ich schlechte Nachrichten: sagen dürfen. Da schwingt ein bisschen Das dürfte in dieser Legislaturperiode Stolz mit, das merken Sie schon. Aber so wohl öfter passieren. Aber ich bin da richtig leicht geht das noch nicht von den Kummer gewohnt; ich kenne das schon Lippen. aus der letzten Legislaturperiode, das hat (Heiterkeit sowie Beifall B90/GRÜNE sich für mich nicht verändert. Wenn ich und SPD – Frau Dannenberg mich ansonsten hier umschaue, sehe ich [DIE LINKE]: Das ist ja auch unser aber, dass sich einiges verändert hat: Ich Ministerpräsident! Darf man das nur sehe ein paar bekannte Gesichter, über in der Koalition sagen?!) die ich mich sehr freue; ich vermisse auch einige. Ich sehe viele neue Gesich- Und während ich in der letzten Le- ter – einige von Ihnen durfte ich schon gislaturperiode auch relativ frei darin war, kennenlernen, andere noch nicht –, ich zu klatschen, wann ich das wollte – bei freue mich sehr auf die Zusammenarbeit. guten Reden jeder Fraktion –, ist das jetzt So richtig viel Zeit zum Kennenlernen gab ein bisschen anders. Die Sitten und Ge- es ja bisher auch nicht – wir sind alle in pflogenheiten dieses Hauses sehen ja einer Umbruchphase und haben das klassischerweise vor, dass man nur bei auch heute gemerkt: Die Opposition ist Koalitionspartnern klatscht.

RASCHKE 79 (Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Das sich viel verändert haben. Und wenn ich gibt’s ja wohl gar nicht!) in meine Glaskugel schaue – vielleicht gibt es da jetzt Widerspruch –, zeigt sie – Keine Sorge, ich werde mich daran mir, dass sich das Leben für viele Men- auch nicht streng halten. schen verbessert haben wird. Es wird sich verbessert haben, aber – um den (Walter [DIE LINKE]: Für uns ist das Vorwurf gleich vorwegzunehmen – ich okay!) werde jetzt nicht in Euphorie ausbrechen. Aber an einer Stelle ist das – das Keine Sorge, ich kenne die Mühen der habe ich im letzten Plenum gemerkt – für Ebene und habe großen Respekt vor der mich besonders ungewöhnlich: wenn Aufgabe, die wir alle uns aufgeladen Kollege Jörg Vogelsänger das Wort er- haben. Was uns auch am Boden hält, ist, greift und dann auch noch zu Finanzen dass wir fast täglich neue Entdeckungen spricht. Lieber Kollege Jörg Vogelsänger, bezüglich Entscheidungen früherer Re- nehmen Sie es mir bitte nicht krumm, gierungen machen – angefangen beim wenn ich da für die Umgewöhnung noch Flughafen bis zur Gleichstellungspolitik –, etwas länger Zeit brauchen werde. die uns die eine oder andere Hypothek mitgeben. Aber insgesamt sind die Vor- (Heiterkeit – Bischoff [SPD]: Das wird aussetzungen gut: Wir leben in einem schon!) friedlichen Land, wir haben eine funktio- Insgesamt hat die neue Legislatur- nierende Demokratie, und wir sind drei periode für jeden – gerade von uns in Partner, die sich unter sehr schwierigen diesem Raum – große Veränderungen ge- Voraussetzungen zusammengefunden bracht und wird sicherlich unser Leben in haben – und damit haben wir im Ergebnis den nächsten fünf Jahren prägen, aber eins: diesen Koalitionsvertrag. nicht nur das Leben von uns 88 Abgeord- (Der Redner zeigt ein Exemplar des neten, sondern insbesondere das der Koalitionsvertrags.) Menschen da draußen, der 2,5 Millionen Brandenburgerinnen und Brandenburger. Mit diesem Koalitionsvertrag haben Sie wird ihr Leben prägen. Nicht nur das wir 50 Abgeordnete der Regierungsfrak- Leben der Menschen, sondern – ich bin tionen, haben sich die Ministerinnen und ja bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – auch die Minister auf der Regierungsbank viel das der Pflanzen und Tiere wird sich än- vorgenommen. Anders gesagt: Wir haben dern. Großes vor. Der Ministerpräsident sagte es (Beifall des Abgeordneten Stefke schon: Die Koalition soll ein Gewinn sein [BVB/FW]) – ein Gewinn für das Leben der Men- Wenn ich eine Prognose wagen darf, schen in diesem Land. Daran wollen wir sage ich – da erwarte ich wenig Wider- hart arbeiten. Und weil es unter anderem spruch –, dass das Land in fünf Jahren Herr Walter gern konkret haben möchte, nicht mehr das gleiche sein wird. Es wird mache ich es sehr gern auch konkret.

80 RASCHKE Wenn Sie in Brandenburg leben und klei- stützen, um Plätze in der Kurzzeit- und in ne Kinder haben, heißt das für Sie kon- der Tagespflege zu schaffen, um die Pfle- kret: Wir werden in den nächsten fünf gestützpunkte auszubauen und die Ge- Jahren die Qualität in den Kitas verbes- winnung und Ausbildung von Fachkräften sern. Aus unserer Idee eines Kitaquali- zu verbessern. Wenn Sie in Brandenburg tätsmonitorings für einige Kitas ist in die- leben und eine solche Fachkraft sind sem Koalitionsvertrag ein Kitacheck für oder werden wollen, dann haben wir viel alle über 2 000 Kitas in diesem Land ge- für Sie vor: Wir wollen die Arbeitszeitmo- worden. Wir werden den Personalschlüs- delle verändern, um den Beruf attraktiver sel verstärken. Zur Beitragsfreiheit wurde zu machen. Wir bereiten eine große An- schon etwas gesagt, dazu muss ich nicht hörung zur Einführung einer Pflegekam- weiter ausführen. mer vor. Wir wollen die Pflegeschulen modernisieren. Das sind gemeinsame (Görke [DIE LINKE]: Doch!) Projekte von Roswitha Schier, Carla Das ist das Anliegen, das Projekt Kniestedt, Günter Baaske und Ursula von Gordon Hoffmann, Petra Budke, Nonnemacher. Auch sie, glaube ich, Katja Poschmann und Frau Ernst. Das ist brauchen Kraft und könnten einen Vor- unser gemeinsames Anliegen, für das wir schussapplaus gut vertragen. viel Kraft brauchen werden – daher viel- (Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU) leicht ein kleiner Vorschussapplaus für die Kollegen, die daran arbeiten werden. Wenn Sie in Brandenburg gesund essen wollen oder Landwirt sind und Ihre (Beifall B90/GRÜNE, SPD und Erzeugnisse zu einem fairen Preis verkau- CDU – Walter [DIE LINKE]: Nicht zu glauben, da müsst ihr euch selbst fen wollen oder wenn Sie Händlerin oder beklatschen! – Rüter [SPD]: Sonst Gastwirtin sind und das beides zusam- macht’s ja keiner!) menbringen wollen, dann soll und wird diese Koalition ein Gewinn für Sie wer- Wenn Sie ältere Familienmitglieder den. haben, Menschen in Ihrer Familie haben, Denn wir werden ein Regionalsiegel die Sie pflegen, oder wenn Sie selbst der für hochwertige Brandenburger Produkte Pflege bedürfen, steht ab jetzt unsere einführen. Darauf freut sich unser Agrar- Sozial- und Gesundheitsministerin Ursula minister Jörg Vogelsänger schon, Nonnemacher zur Verfügung. (Lachen bei der SPD) (Vereinzelt Heiterkeit) sicherlich auch Ingo Senftleben, sicher- Sie hat an ihrer Seite einen großen lich auch Johannes Funke. Auch die wer- Pakt für Pflege – wir haben es schon ge- den hart daran arbeiten. hört: 30 Millionen Euro jährlich schwer. (Beifall B90/GRÜNE) Das ist Geld, das ganz konkret investiert werden soll, um die Kommunen zu unter-

RASCHKE 81 Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: Stohn einsetzen. Ich denke, unsere neue Justizministerin wird nichts dagegen Da ist Ihnen eben ein Name misslun- haben. – Die ist schon hinausgegangen, gen. Das ist der Herr Vogel. die arbeitet schon daran. (Heiterkeit B90/GRÜNE) Herr Abg. Raschke (B90/GRÜNE): Ich hoffe, dass wir auch die Frau Fi- nanzministerin davon überzeugen wer- Wenn Sie in Brandenburg ein Haus den. bauen wollen und das klimaschonend (Vereinzelt Beifall B90/GRÜNE, SPD machen wollen, ist für Sie wichtig, dass und CDU) wir in dieser Legislatur eine Holzbauof- fensive starten wollen. Wenn ich bei der Rechts- und Innen- Da schaue ich jetzt zum Vorsitzen- politik bleibe: den des Umweltausschusses, Wolfgang (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE) Roick. Dem ist das ein Herzensanliegen, dass Sie in Brandenburg mit regionalen, Wenn Sie in Brandenburg zum Bei- einheimischen und klimaschonenden spiel an der Landesgrenze leben und sich Rohstoffen bauen können. Sorgen um Ihre Sicherheit machen, dann Wenn Sie in Brandenburg – Stich- wird diese Koalition ein Gewinn für Sie wort Miete, liebe Kollegen von der Lin- sein, weil wir die Polizei deutlich stärken ken – genossenschaftlich bauen wollen, werden. Umgekehrt gilt: Wenn Sie eine dann wird diese Koalition das unterstüt- Polizistin oder ein Polizist einmal aus- zen. nahmsweise unangemessen behandelt Wenn Sie die Handwerkerin oder der haben sollte, dann werden Sie sich ver- Handwerker sind, die oder der diese trauensvoll an eine Polizeibeschwerde- Häuser und diese Wohnungen baut, viel- stelle wenden können, die diese Regie- leicht kurz vor der Rente stehen und Ihre rung, diese Koalition einrichten wird. Rechnung nicht bezahlt bekommen, (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE) dann müssen Sie heute vor Gericht noch lange – viele Monate – auf ein Urteil war- Auf dieses Gleichgewicht haben wir ten. uns bei der inneren Sicherheit geeinigt. Wir haben jetzt im Koalitionsvertrag Marie Schäffer, Inka Gossmann-Reetz vorgesehen, dass wir die Justiz auch als und sicherlich auch Björn Lakenmacher Säule des Rechtsstaats mit 30 Nach- werden mit Argusaugen darüber wachen, wuchsstellen für Juristinnen und Juristen dass dieses Gleichgewicht eingehalten pro Jahr sowie mit 40 Stellen für weitere wird. Und sie werden dabei unseren In- Gerichtsdienste stärken. Dafür werde ich nenminister, der gerade nicht im Saal mich auch gern persönlich mit Tina Fi- ist – der arbeitet wahrscheinlich schon scher, mit Danny Eichelbaum, mit Erik daran –, sicherlich unterstützen.

82 RASCHKE Sie merken schon: Für fast jede Le- anschaue, muss ich auch noch einmal benslage soll diese Koalition ein Gewinn darauf hinweisen: Ja, der BER wird das sein. größte Infrastrukturvorhaben dieser Re- Ich will es nicht übertreiben, aber gierung werden. Aber das Thema Flug- doch noch einen Bereich aufzählen, in lärm und Schallschutz soll nicht außen dem wir vorhaben, dieses Land über vor bleiben. An dieser Stelle wird sich zu- Jahre und Jahrzehnte zu prägen wie mindest eine Sache nicht verändern oder sonst in keinem anderen Bereich. Wenn verschlechtern. Auch diese Koalition hat Sie bisher in Brandenburg im Stau ste- sich ganz klar dazu bekannt: Keine dritte cken, weil zum Beispiel kein Zug oder Start- und Landebahn am Flughafen! Bus fährt, oder wenn diese Züge fahren, (Beifall B90/GRÜNE und SPD) aber völlig überfüllt sind, oder wenn sie – gefühlt – nie kommen, soll sich das än- Ich könnte jetzt noch lange so wei- dern. termachen. Wir haben viele Verbesserun- Herr Minister Beermann hat eines gen vor, und wir haben viel Arbeit für der größten Aufgabenpakete zu bewälti- jeden Einzelnen von uns 50 Abgeordne- gen: mehr Züge, mehr Sitzplätze, bessere ten vor uns. Aber ich will nicht überziehen Taktung. Wir haben heute schon mehr- und es auch nicht übertreiben, will es je- fach gehört, die S-Bahn soll langfristig im doch auch nicht kleinreden oder schön- 10-Minuten-Takt fahren, die Oberzentren reden. Das wird richtig viel Arbeit werden, sollen alle 60 Minuten an Berlin angebun- einige Sachen sind da auch noch nicht den sein, wir wollen alte Strecken reakti- ganz konkret und einiges wird sich auch vieren, wir wollen, dass im ländlichen nicht ändern und nicht zum Besseren Raum mehr Busse fahren, wir wollen die wenden. Bahnhöfe zu Mobilitätszentralen umbau- Einiges wird sich nicht zum Besse- en, wo man beispielsweise ein Fahrrad ren wenden; deshalb zum Schluss dieser ausleihen kann. Aufzählung eine Warnung: Wenn Sie in Überhaupt, wenn Sie in Brandenburg Berlin sind, großzügig einkaufen und bei- gern Fahrrad fahren – völlig egal, ob auf spielsweise mehr als 5 Gramm Cannabis dem Dorf oder in der Stadt –, dann haben dabei haben, überqueren Sie bitte nicht wir jetzt zusätzlich 20 Millionen Euro für die Landesgrenze. Radinfrastruktur im Gepäck. Da sehe ich (Heiterkeit B90/GRÜNE) schon die Tatkraft in den Augen von Cle- mens Rostock, von Britta Kornmesser Wir konnten uns im Koalitionsvertrag und vielleicht auch von der neuen Kolle- nicht darauf einigen, die Freigrenze zu er- gin Nicole Walter-Mundt von der CDU höhen. leuchten. (Vereinzelt Beifall SPD und CDU) (Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU) Ich beende diese Aufzählung jetzt Der Vorsitzende des Flughafenaus- aber auch aus einem anderen Grund. schusses ist auch dabei. Wenn ich ihn Denn ja, es ist richtig, wir wollen dafür

RASCHKE 83 sorgen, dass diese Koalition für jede Ein- worden. Die ländlichen Räume sind tat- zelne und jeden Einzelnen in Branden- sächlich ein Thema geworden. Im Ergeb- burg ein Gewinn ist und individuelle Ver- nis würde ich die Arbeit der Enquetekom- besserungen bringt. Ich würde sagen, mission so zusammenfassen: Ja, es gibt das ist schon Grund genug, dass sich in diesem Land viele Orte, an denen das drei so unterschiedliche Partner an einen Gefühl herrscht, politisch abgehängt und Tisch setzen und fünf Jahre lang schwie- von Potsdam vergessen worden zu sein. rige Verhandlungen miteinander führen Es gibt Orte, an denen gibt es Einsam- werden, miteinander ringen werden und keit, Müdigkeit, Wut, aber es gibt überall aus den Unterschieden Kraft schöpfen. im Land – das haben wir in dieser En- Aber das allein reicht nicht. Es geht nicht quetekommission gemeinschaftlich ge- nur um individuelle Vorteile Einzelner, lernt – unglaublich großes Potenzial. sondern unser Anspruch ist höher. Wir Die Ergebnisse der Enquetekommis- wollen – da schließe ich mich den Worten sion möchte ich in drei Schlussfolgerun- unseres Ministerpräsidenten an – Ge- gen zusammenfassen. Schlussfolgerung meinschaft schaffen. eins: Wir müssen mehr politische Kraft Das zeigt sich schon im allerersten auf die ländlichen Räume richten, um sie Wort der Überschrift dieses Koalitions- nachhaltig zu entwickeln, und zwar von vertrages: Zusammenhalt. Da gibt es in unten. Das genau soll jetzt geschehen. diesem Land tatsächlich viel zusammen- Einiges davon haben wir schon gehört. zubringen und zu einen. Einiges wurde Die Verkehrsprojekte habe ich gerade an- schon angesprochen. Eine der größten gesprochen, der „Zukunftsinvestitions- Aufgaben ist aus meiner Sicht, die Kluft fonds“ war eben Thema und kommt auch zwischen Stadt und Land zu überwinden, beim nächsten Tagesordnungspunkt wie- sind die ländlichen Räume. der zur Sprache. Der Ministerpräsident Wir als Bündnisgrüne haben dazu in hat heute Morgen die neuen Leitlinien der der letzten Legislaturperiode eine En- Landesplanung ausgegeben. Wir werden quetekommission angestoßen. In dieser große Projekte starten – hier sehe ich Kommission haben wir fraktionsübergrei- jetzt Isabell Hiekel an – wie zum Beispiel fend wirklich hart und gut zusammenge- die INA, die Internationale Naturausstel- arbeitet. Ich möchte mich an der Stelle lung Lieberose, wo wir Naturschutz und dafür noch einmal bedanken. Als Ergeb- ländliche Entwicklung in einem einzigarti- nis der Arbeit dieser Kommission ist der gen Modell zusammenbringen wollen. Bericht der Enquetekommission 6/1 ent- Natürlich haben wir auch einen Minister standen. Er war Grundlage für viele For- für ländliche Räume, Axel Vogel, der sich derungen im Koalitionsvertrag, und er dazu bereit erklärt. Wir werden das mit wird auch Grundlage vieler unserer Tatkraft angehen. Handlungen sein. Schlussfolgerung zwei aus der Arbeit Man merkt das auch an den Reden dieser Enquetekommission ist: mehr Dia- der Vorrednerinnen und Vorredner: Das log, mehr Dialog auf Augenhöhe. Der Mi- ist fraktionsübergreifend verinnerlicht nisterpräsident meinte heute Morgen, er

84 RASCHKE habe Lust darauf. Das zieht sich durch aber wir werden auch Gerichtsstandorte den ganzen Koalitionsvertrag: mehr Be- besuchen, um uns selbst ein Bild von der teiligungsformen, eine Stabsstelle für die Lage vor Ort zu machen. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Zusammengefasst: Wir müssen den nicht nur, aber auch der ländlichen Fokus und die Kraft mehr auf die länd- Räume, ein Parlament der Dörfer unter- lichen Räume richten. Ich werbe sehr stützt von der Landesregierung, von den dafür, diese Aufgabe – genauso wie in regierungstragenden Fraktionen, viel- der letzten Legislatur; da schaue ich jetzt leicht auch von uns allen, eine Initiative auf die Freien Wähler und auf Die Lin- der Dorfbewegung und ein Dialog- und ken – gemeinschaftlich anzugehen, denn Beteiligungsportal soll es geben. da kann es keine Parteipolitik geben. Damit verbunden ist die dritte, aus (Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU) meiner Sicht wichtigste Schlussfolgerung aus der Arbeit der Enquetekommission: Sie merken schon, ich werde hier mit Raus, raus, raus! Die Enquetekommission fortschreitender Rede Stück für Stück hat gute Empfehlungen für die Arbeit in anspruchsvoller. Mehr individuelle Vortei- diesem Landtag gegeben. Ich nenne zum le für einzelne Personen in Brandenburg Beispiel die Einführung von Livestreams und mehr gesellschaftlicher Zusammen- von Ausschusssitzungen. Mehrere Aus- halt allein reichen immer noch nicht. schüsse haben das bereits aufgegriffen Nein, unser Anspruch ist noch größer und bzw. werden das noch aufgreifen. Aber reicht über die Landesgrenzen hinaus. vor allen Dingen ist die Empfehlung: Deswegen lassen Sie mich zum Schluss Raus, mehr Sitzungen von Landtagsgre- noch auf drei Bereiche eingehen, in mien außerhalb dieses Gebäudes! Ich denen wir einen Teil der globalen Verant- freue mich auch sehr darüber, dass jetzt wortung tragen müssen und auch tragen in einigen Fachausschüssen schon darü- wollen. ber diskutiert wurde, welche Sitzung Das ist zum einen die Artenvielfalt: draußen stattfinden kann. Ich werbe sehr Vielleicht erinnert sich die eine oder der dafür, dass es nicht nur die eine oder an- andere von Ihnen an den Mai dieses Jah- dere Sitzung ist, sondern wirklich ver- res – wahrscheinlich nicht; wahrschein- stärkt Sitzungen draußen stattfinden. Im lich waren wir alle viel zu sehr mit den Rechtsausschuss haben wir uns schon Kommunalwahlen beschäftigt –, als der einmal am Rande ausgetauscht. Wir Weltbiodiversitätsrat einen Bericht her- haben ja im Rechtsausschuss schon die ausgegeben hat. Dieser Bericht hat es in gute Tradition, die Justizvollzugsanstalten sich. Nach diesem Bericht ist es so, dass zu besuchen – da passt „Raus, raus, 23 % der Landfläche dieses Planeten raus!“ vielleicht nicht ganz so –, ökologisch so heruntergewirtschaftet sind, dass sie nicht mehr nutzbar sind. (Allgemeine Heiterkeit) Dieser Bericht sagt auch, dass eine Million Arten akut vor dem Aussterben stehen, wenn wir nicht sofort und grund-

RASCHKE 85 legend unsere Wirtschaft und unsere Le- nämlich die Kofinanzierung von Bundes- bensweise ändern. mitteln. Das ging in der Vergangenheit Wir hier in Brandenburg haben da manchmal gar nicht deswegen in die einen regelrechten Schatz. Bedingt durch Hose, weil das Geld fehlte, sondern weil die Erfolge des Umwelt- und Naturschut- das Personal fehlte, das die Kofinanzie- zes in den Gründungsjahren dieses Lan- rungsmittel bereitstellen und verwalten des, an die wir anknüpfen wollen, haben konnte. Dieses Personal werden wir be- wir einen Naturreichtum – der Herr Minis- reitstellen. terpräsident nannte es heute Morgen Ta- Wir haben eine Entsieglungsstrategie felsilber –, einen Schatz, den wir hüten für Flächen im Programm. Wir haben wollen, der Grundlage für die Lebensqua- Wildnisgebiete im Programm – ein hart lität im ländlichen Raum und auch für den errungener Punkt in den Koalitionsver- boomenden Naturtourismus ist. Aber es handlungen –, die sollen Teil des Bran- ist ein Schatz, der immer kleiner wird, denburger Naturerbes werden. Aber vor und die Koalition hat sich darauf verstän- allem haben wir Programme und Mittel digt: Den wollen wir behalten und meh- für eine nachhaltige Landnutzung. Denn ren. der Grundkonsens dieser Koalition ist, Darum haben gerade wir als Bünd- dass wir beides schaffen wollen: Arten- nisgrüne in den Koalitionsverhandlungen vielfalt und Einkommen. Das ist unser ge- hart gerungen. Ich kündige an: Wir wer- meinsamer Anspruch, und daran werden den auch in den nächsten fünf Jahren im wir als Bündnisgrüne Sie, liebe Koaliti- Detail hart ringen. Aber wir haben auch onspartner und -partnerinnen, bei Bedarf bei beiden Koalitionspartnern Bereit- gerne erinnern. Wir sind gleichzeitig be- schaft gesehen, Menschen getroffen, die reit, voneinander zu lernen. Eine der we- uns unterstützen und mit uns gemeinsam sentlichen Erkenntnisse aus den Koali- die Dinge voranbringen wollen. tionsverhandlungen war für mich: Wir Konkret sieht das auferlegte Pro- haben oft unterschiedliche Konzepte und gramm sehr ambitioniert, aber auch sehr Ziele, aber am Ende zählt das Ergebnis. gut aus. Ein Beispiel: Die Menge der ein- Das gilt auch für den zweiten Be- gesetzten Pestizide – wir nennen das reich, bei dem wir globale Verantwortung jetzt gemeinschaftlich chemisch-syntheti- tragen: den Klimaschutz. Auch hier wer- sche Pflanzenschutzmittel den wir über Wege und Konzepte noch hart miteinander diskutieren. Und auch (Vereinzelt Beifall SPD und CDU) hier werden wir Sie – sogar in noch stär- – vielen Dank – wollen wir bis 2030 hal- kerem Maße – im Zweifel an unsere ge- bieren. Wir werden mehr Personal für die meinsamen Ziele erinnern. Denn es ist Großschutzgebiete und vor allem für das kein Geheimnis: Uns Grünen und für den Ministerium bekommen, für Aufgaben wie Klimaschutz reicht das, was momentan Insektenschutz, aber auch für eine Auf- auf Bundesebene passiert und was im gabe, die bisher – wir haben es gerade Koalitionsvertrag steht, noch nicht aus. gehört – sträflich vernachlässigt wurde, Aber wir haben die ehrliche Bereitschaft

86 RASCHKE vernommen und konkrete Projekte ver- Das Ganze soll am Ende in einer ver- einbart, um die gemeinsamen Ziele zu er- bindlichen gemeinsamen Klimastrategie reichen und große Schritte in die richtige gebündelt werden. Da wird der Minister Richtung zu gehen. Konkret: Mit uns wird für Klimaschutz, da werden die Kollegin- es in dieser Koalition gemeinschaftlich nen und Kollegen im Kabinett viel Arbeit keinen neuen Tagebau geben, kein Dorf vor sich haben, aber auch wir 50 Abge- wird mehr abgebaggert und kein Dorf ordneten der Koalitionsfraktionen und wird mehr umgesiedelt. alle 88 Abgeordneten hier im Parlament zusammen. Denn wir haben vereinbart, (Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt dass es in diesem Landtag in Zukunft CDU) einen Klimacheck geben soll. Jedes ein- Dafür wollen wir gemeinsam den zelne Gesetz, das diesen Landtag ver- Strukturwandel in der Lausitz voranbrin- lässt, soll darauf geprüft werden, welche gen. Da reden wir über Arbeitsplätze – Auswirkungen es auf den Klimaschutz das wurde heute schon ausgeführt –, wir hat. Vor allem wird es beim Haushalt inte- reden aber auch über Lebensqualität. Ich ressant. Sie kennen die alte Regel: Der nenne nur die Stichworte „Klare Spree“ Haushalt spricht die Wahrheit. – Klima- und „Sulfat“. schutz soll, neben Infrastruktur, Bildung Brandenburg soll bei den erneuerba- und Erhalt der Artenvielfalt, einer der ren Energien, bei neuen Technologien Schwerpunkte der nächsten fünf Jahre Vorreiter werden. Wir haben eine reiche werden. Das alles sind große Schritte in Forschungslandschaft, auf die wir auf- die richtige Richtung, und deshalb wird bauen. Wir sammeln ja jetzt bei Tesla Er- diese Koalition auch beim Klimaschutz fahrungen, wie das funktioniert, wenn ein Gewinn sein. man das in Taskforces koordiniert voran- (Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt treibt, wie man es schaffen kann, sie an- SPD und CDU) zusiedeln und gleichzeitig die hohen Standards, die wir hier in Sachen Öffent- Es gibt noch einen dritten Bereich, in lichkeitsbeteiligung und Umweltschutz dem wir gemeinsam unseren Teil der glo- haben, zu halten. balen Verantwortung tragen. Ich habe

Wir wollen CO2 binden. Ich sage meine Rede mit der Feststellung begon- noch einmal: Wolfgang Roick – Holzbau- nen, dass wir hier Frieden und eine funk- strategie. Ich sage: Isabell Hiekel – Moor- tionierende Demokratie haben. Das ist schutz. Da haben wir viel vor. Und wir ein Glücksfall, das haben nur wenige wollen vor allem CO2 einsparen: nicht Orte auf diesem Planeten. Und viele nur, aber vor allem mit den Projekten im Menschen auf diesem Planeten sind in öffentlichen Nahverkehr und dem Ausbau Not. Einige wenige von ihnen suchen bei der Windkraft. Da haben wir sehr konkre- uns Hilfe. Ich bin froh und dankbar, dass te Ziele vereinbart. Um den Ausbau der wir uns in der Koalition darauf einigen Solarenergie werden wir im Detail noch konnten, nicht nur gemeinsam und ent- ringen. schieden gegen Rechtsextremismus ein-

RASCHKE 87 zutreten, sondern auch konkret Solidari- Kapitel für Brandenburg auf; ja, wir haben tät und Hilfsbereitschaft zu zeigen: mit viel Arbeit vor uns. Es wird und es soll einem fortgesetzten Aufnahmeprogramm das Leben vieler Menschen in Branden- für syrische Flüchtlinge, mit der Aufnah- burg verbessern. Wir wollen Gemein- me von aus Seenot geretteten Flüchtlin- schaft schaffen und unsere Verantwor- gen, mit einem Aufnahmeprogramm für tung in Europa und der Welt tragen. Und besonders Schutzbedürftige und einem natürlich, liebe Opposition, sind das noch zusätzlichen Aufnahmekontingent für ver- Ankündigungen, Projekte und Ziele. Wie folgte Christinnen und Christen. sollte das am Anfang der Legislaturperio- Das ist auch kein Geheimnis: Gerade de auch anders sein? Aber Sie spüren bei Integration und Asyl haben wir sehr unsere Tatkraft, und Sie sehen, was wir unterschiedliche Blickwinkel und werden vorhaben. Und eines gilt sicherlich für auch in Zukunft den einen oder anderen uns alle, und das lässt sich überhaupt Strauß miteinander ausfechten. Da sehen nicht vermeiden: Wer im Landtag sitzt, wir uns Grüne auch in besonderer Ver- schreibt Geschichte. Und ich würde mich antwortung. Aber dass wir diesen ge- freuen, wenn wir gemeinsam daran arbei- meinsamen Konsens, diese gemeinsame ten, dass es eine sehr gute Geschichte Basis gefunden haben und gemeinsam für Brandenburg wird. – Herzlichen Dank. diese Hilfsangebote unterbreiten können, (Starker Beifall B90/GRÜNE, SPD macht mich stolz und lässt mich sehr zu- und CDU) versichtlich auf die nächsten fünf Jahre blicken. Präsidentin Prof. Dr. Liedtke: (Beifall B90/GRÜNE, SPD und CDU) Weil ich Sie nicht länger von der Mit- Meine Damen und Herren, wir sind tagspause abhalten will, eine Zusammen- am Ende der Aussprache zur Regie- fassung: Ja – ich schließe mich den Vor- rungserklärung des Ministerpräsidenten. rednern an –, wir schlagen hier ein neues

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Herausgeber: Landtag Brandenburg, Öffentlichkeitsarbeit

Bildnachweis: Landtag Brandenburg/Stefan Gloede

Herstellung: ARNOLD group – Großbeeren

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