Zum 10. Todestag des Schweizer und die Deutschen Schriftstellers Wolf Scheller

Wie einer mit dem hadert, was ihm le- Andri. Der Moralist Frisch hat nie den benslang verbunden ist, gehört wohl zu Eindruck zu erwecken versucht, als sei den existenziellen Erfahrungen eines dieses Versagen ein spezifisch deutsches Schriftstellers. Max Frisch hat nie ver- Problem. Das Schicksal seiner Protagonis- schwiegen, was ihn verletzt hat in seinem ten beruht auf der Verantwortungslosig- Land, sich immer wieder damit auseinan- keit ihres Handelns. Es gibt aus der Sicht der gesetzt, zuletzt noch in dem szeni- Max Frischs die verdinglichte Welt, die schen Poem Schweiz ohne Armee?. Da fragt den Menschen sich selbst entfremdet hat. der Großvater den Enkel, was ihm auf die Stiller und Faber scheitern, müssen Nerven gehe – und dieser antwortet: schließlich daran scheitern, dass sie nir- „Euer Patriotismus . . . auch der deine, gendwo moralisch zu genügen vermö- Großvater.“ Sein einstiger Nachbar und gen, vor allem nicht in der Verantwor- zehn Jahre jüngerer Landsmann Friedrich tung angesichts der Not ihrer Mitmen- Dürrenmatt hatte über den Freund ge- schen. sagt: „Ich komme vom Denken. Ich muss Er war ein „Notwehrschriftsteller“, ein es nicht gemacht haben, der Frisch muss Autor, der seine Passionen nicht verleug- alles erleben.“ Architekt und Schriftstel- nete, der sich bekannte, sich dem Leser ler, ein Schweizer Bürger, während des Krieges eingesperrt in seinem Land. Max Max Frisch, * 15. Mai 1911, † 4. April 1991 Frisch wurde darüber zum Weltbürger, dessen Abneigung gegen Routine sein Denken und Schreiben bestimmte. Er trug die Utopie in sich, dass der Mensch wach und wandlungsfähig sei. Und er reiste viel, vor allem immer wie- der nach Deutschland, den heimlich-un- heimlichen Nachbarn, dem er das Stück widmete Nun singen sie wieder aus dem Jahre 1945. Dieses Requiem auf die Opfer deutscher Kriegsverbrechen zeigt den Bühnenautor Max Frisch bei seinem Ge- neralthema: der gesellschaftlichen Sitt- lichkeit. Frischs Stiller versagte als Teil- nehmer am Spanischen Bürgerkrieg, und Faber versagte, als es galt, jüdische Flüchtlinge zu schützen. Der Lehrer im Schauspiel Andorra – auch er ein Stiller – versagt vor dem Schicksal des Knaben

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überantwortete, Reflexe, die in seinen Ro- Als Böll in den siebziger Jahren ein Prae- manen, in Gantenbein, in Stiller und in Ho- ceptor Germaniae wurde, als Grass sich mo faber ebenso kenntlich wurden wie in längst schon in einen politischen Kämpfer seinem Theaterschaffen. Was bin ich? hieß verwandelt hatte – da blieb ein Autor wie seine erste literarische Arbeit aus dem Max Frisch sich und seinen Themen Jahr 1932: „Und wenn ich Romane schrei- weiterhin treu, ein „Klassiker inmitten ben würde? Oder Novellen? Oder Komö- unserer Gegenwart“, wie ihn damals dien? Und wenn ich hineingreifen würde Reich-Ranicki nannte. Weder hatte er zu in diesen Strom von Ideen und Empfin- tun mit jener seinerzeit gefragten Syn- dungen, wenn ich diese schillernden Far- these von Kunst und Propaganda, noch ben ans Ufer reißen würde und, statt sie wollte er wie der Kollege Siegfried Lenz alle verströmen zu lassen, sie in feste seinem Publikum eine Deutschstunde er- Worte gießen würde, wenn ich denen da teilen. Überhaupt hielt Frisch wenig von sagen würde, wie es aussieht in mir...“ Lektionen, darin war er grundverschie- den von der Attitüde vieler seiner Mit- Ein Klassiker inmitten streiter in Hans-Werner Richters legendä- der Gegenwart rer „Gruppe 47“. Dort saß der Schweizer Als „Neutraler“ hatte Frisch in den Jahren Frisch wie selbstverständlich neben 1946 bis 1949 die Möglichkeit, das von Koeppen und , neben Walser den Schrecken des eben zu Ende gegan- – und eben auch neben der für ihn später genen Krieges geschlagene Europa auf so wichtig gewordenen Ingeborg Bach- zahlreichen Reisen in Augenschein zu mann. Frischs Mentalität und Sensibilität nehmen. Und er fuhr vor allem immer speisten sich nicht aus dem Außenseiter- wieder in das zerstörte Deutschland. Aus tum, aus dem Geist der Rebellion, des Un- diesen Jahren stammen seine Tagebuch- versöhnlichen und des Zerrissenen. Er Aufzeichnungen, deren Scharfsicht oft war auch schon in diesen frühen Jahren auch die Witterung für neue Reduzierun- ein zutiefst bürgerlicher Schriftsteller, ein gen der Menschlichkeit angesichts der ge- distanzierter und schmunzelnder Beob- rade beendeten Todeskämpfe zu erken- achter, ein ironischer und meditieren- nen gibt. Damals ist seine Geschichte vom der Zeuge, ein urbaner Humorist – im „andorranischen Juden“ entstanden. Die- Grunde ein Ankläger wider Willen und ses Tagebuch enthält auch die drei nicht sehr undeutsch. abgeschickten Entwürfe eines Briefes an Und doch brauchte er dieses Deutsch- einen jungen Deutschen, einen ehemali- land. Daheim in der Schweiz bedrückte gen Obergefreiten. Mit diesem fiktiven ihn die Enge einer zur Selbstgefälligkeit Adressaten setzt sich der junge Autor erstarrten Zivilgesellschaft, deren Behör- über die Problematik der deutschen den sich nicht entblödeten, ihre Autoren Schuld und ihrer Verdrängung auseinan- insgeheim überwachen zu lassen, als han- der. Da heißt es: „Unser Glück blieb ein dele es sich um potenzielle Vaterlands- scheinbares. Wir wohnten am Rande ei- verräter. So war Frisch sowohl ein pro- ner Folterkammer, wir hörten die Schreie, funder Kenner bürgerlicher Idylle als aber wir waren es nicht selber, die auch einer ihrer verlässlichsten Kritiker. schrien; wir selber blieben ohne die Tiefe Am 1. August 1957, dem Schweizer Na- erlittenen Leidens, aber dem Leiden zu tionalfeiertag, hielt Frisch in Zürich eine nahe, als daß wir hätten lachen kön- Ansprache an seine Landsleute, die er nen...“ ebenso gut auch in oder Berlin Max Frisch war kein Eremit im Elfen- hätte halten können. Seine Rede schloss beinturm, kein weltfremder Eigenbrötler. mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit

Seite 82 Die politische Meinung Max Frisch und die Deutschen der eigenen, persönlichen Verantwor- Flucht aus dem Leben in die Literatur, wie tung: „Und das ist der Punkt, der für die manche Frisch-Interpreten behauptet ha- Freiheit sehr viel zu bedeuten hat; die ben? Jeder Mensch, so sagte er, „erfindet eigene persönliche Verantwortung, das sich früher oder später eine Geschichte, Risiko. Es gibt keine Freiheit ohne Ri- die er, oft unter gewaltigen Opfern, für siko.“ Als er im November 1958 mit sein Leben hält, oder eine Reihe von Ge- dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet schichten, die mit Namen und Daten zu wurde, konnte er sich auf den Dichter des belegen sind, sodass an ihrer Wirklich- Lenz und des Woyzeck berufen: „Die keit, scheint es, nicht zu zweifeln ist. Wahrhaftigkeit der Darstellung, und Trotzdem ist jede Geschichte, meine ich, wäre es auch nur eine übliche oder ausge- eine Erfindung. Und daher auswechsel- fallene Ehe, was da zur Darstellung ge- bar.“ Damit war ein Grundakkord in langt, oder die ungeheuerliche Deforma- Frischs Werk angeschlagen: Das Indivi- tion des Menschen, der von Staats wegen duum, das an sich selbst arbeitet; der Au- hat töten müssen [. . .], sie wird uns immer tor, der sich mit seinen Romanfiguren einsam machen, aber sie ist das Einzige, neue Identitäten schafft, eine für die Lite- was wir entgegenstellen können.“ ratur seit , Theodor Fon- Und dann vor allem Brecht: Die Begeg- tane und charakteristische nung mit dem aus amerikanischem Exil Erscheinungsform. Die Suche nach einer zurückgekehrten Stückeschreiber 1948 in neuen Identität – bei Stiller, bei Faber, bei Zürich war für Max Frisch prägend. Ein Gantenbein – entspricht dem Versuch, bekanntes Bild zeigt Brecht und Frisch auf der bürgerlichen Existenz zu entkom- der Baustelle. Brecht lobt ihn: Er, Frisch, men, einem Milieu zu entfliehen, in dem habe als Architekt einen ehrlichen Beruf. Frauen eine gewisse Störfunktion haben. Doch der Architekt Frisch fühlt sich Frischs große Romanerfolge aus den dem Schreiben näher als dem Bauen. An fünfziger und sechziger Jahren sind im Brecht bewundert er: „Eine schöpferische Grunde Eheromane. Am deutlichsten Geduld, wieder von vorn anzufangen, lässt sich dies am Stiller zeigen: Seine drei Meinungen zu vergessen, Erfahrungen oder vier Ehen erweisen sich alle als Miss- zu sammeln und zu befragen, ohne ihnen erfolge. Es gibt Reminiszenzen an Effie die Antwort aufzudrängen.“ Die Fähig- Briest oder Anna Karenina. Frischs Helden keit zu unabhängigem Denken und Han- schlagen sich mit Konflikten herum, die deln, die er bei Brecht zu entdecken bereits literarisch gestaltet sind. Man lebt glaubt, wird er bei sich selbst ausbilden. in der Wiederholung. Bei Büchners Lenz „Ich war für ihn ein maßlos untrainierter heißt es am Ende: „So lebte er hin . . .“ Und Sozialist. Ich bin der politischen Diskus- Frisch schreibt über seinen Stiller: „Stiller sion ausgewichen. Er hat mich nicht ideo- blieb in Glion und lebte allein.“ logisieren können, aber mir politische Verhältnisse deutlich gemacht.“ Politisch und selbstkritisch Was Brecht für das Theater wollte, ent- In den sechziger Jahren entdeckte Frisch wickelte Frisch im Roman: Verfremdung die Politik für sich. Er trat für einen de- als Kunstziel. Indem er auf sich blickt, er- mokratischen Sozialismus ein, artikulier- lebt er das Eigene als etwas Fremdes. Ob te sich zunehmend politisch und hielt Faber oder Stiller, ob Geiser (Der Mensch sich mit literarischen Veröffentlichungen erscheint im Holozän) oder Doktor Schaad auffallend zurück. Er war bereits ein (Blaubart) – immer ist da auch das Ego des weltberühmter Autor. 1953 zierte sein Autors mit zur Stelle, das „sich selbst le- Kopf das Titelbild des Spiegels: „Logen- sen zu können“ versucht. War dies eine platz im Welttheater.“ Vor allem die

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Theaterstücke hatten ihn bekannt ge- Hamburg. Auf Anregung Schmidts hatte macht, auch reich – Biedermann und die man Frisch als Gastredner eingeladen. Brandstifter (1958), 1961 Andorra. Er hält Der steht am Pult hinter Mikrofonen und sich oft für längere Zeit in Deutschland hält eine Rede, die die Älteren an die auf, pflegt auch Kontakt zu Künstlern glanzvollen Auftritte eines Carlo Schmid und Schriftstellern in der DDR. Mit Uwe erinnerte. „Ich kann mir nicht denken“, Johnson verbindet ihn eine enge Freund- sagte Frisch damals, „dass Politik ohne schaft, aus der Sicht des Jüngeren fast eine die lästige Assistenz der Intellektuellen Vater-Sohn-Beziehung. Im zweiten Tage- eine geschichtliche Chance hat.“ Über buch beschreibt er ein Treffen mit Christa seine eigene Rolle im Kräftespiel zwi- Wolf 1968 in der Sowjetunion: „Gespräch schen Kultur und Politik gab er sich kei- mit und ihrem Mann bis vier nen Illusionen hin. 1964 bereits fragte er Uhr morgens, draußen die helle Nacht rhetorisch: „Bin ich dadurch, dass ich über Wolga und Land. Labsal: daß man mich vor anderen Mitbürgern auszeichne Widerspruch gelten lassen kann. Lange am Schreibtisch, berufen oder auch nur Zeit saß ein sowjetischer Genosse dabei, befugt, Staatsmännern schreibend die der zuhörte, aber mich nicht störte. Er Aufgabe zu stellen, der ich mich dann scheint berichtet zu haben: heute wissen selbst entziehe?“ meine Funktionäre, daß es ein sehr inte- Frisch war da selbstkritischer, auch ressantes Gespräch gewesen sein soll, das skrupulöser als viele seiner westdeut- wir geführt haben.“ Frischs Tagebücher schen Kollegen, die mit Heinrich Böll von konnten in den siebziger und achtziger der moralischen „Interventionspflicht“ Jahren in der DDR nur zensiert erschei- der Schriftsteller sprachen und sich – kei- nen. neswegs nur zum Vorteil der Literatur – „Die Schweiz als Heimat“ heißt eine zu allem und jedem äußerten. „Fast wage seiner Reden. Die Mundart, sagt er da, ich es zu sagen: das Private. Was die So- halte das Bewusstsein in uns wach, „dass ziologie nicht erfasst, was die Biologie Sprache, wenn wir schreiben, immer ein nicht erfasst: das Einzelwesen, das Ich, Kunst-Material ist“. Dagegen: „Was mich nicht mein Ich, aber ein Ich: die Person, mit diesem Staat heute noch verbindet: die diese Welt erfährt als Ich, die stirbt als ein Reisepass.“ Das schreibt er einen Mo- Ich . . .“ Einmal berichtet er über ein Lunch nat vor seinem Tod. Helmut Schmidt mit Henry Kissinger, der dabei gefragt empfand ihn „immer als einen deutschen wird, ob und wie seine wissenschaftliche Schriftsteller“. Er hatte einige seiner Theorie durch die Praxis verändert wor- Romane gelesen, Aufführungen seiner den sei. „Er habe keine Zeit, um darüber Theaterstücke miterlebt. Als Frisch starb, nachzudenken. Ein schrecklicher Satz, schrieb er: „Ich verdanke ihm Anregung, aber wir befinden uns gerade in einer Belehrung und Unterhaltung zugleich.“ Pendeltüre; ich höre nur noch: Wenn man 1975 nahm er den Schweizer Schriftsteller einmal auf dem Seil steht, gibt es kein mit bei seinem Staatsbesuch in Peking: Zurück – nach der Pendeltüre: – keine Po- „Ich fühlte mich zu Frisch hingezogen, es litik ohne das Risiko einer Tragödie. entstand eine Freundschaft aus der Dis- Tragödie für wen?“ tanz zwischen dem humanitären Moralis- Was Frisch von vielen seiner schrei- ten, dem Schreiber Frisch, der ein idealis- benden Altersgenossen in Deutschland tischer, wenngleich resignativ gestimm- trennte, war nicht zuletzt die Erkenntnis, ter Sozialist war, und dem praktisch han- dass Parolen und Thesen in der öffent- delnden sozialdemokratischen Bundes- lichen Debatte die politisch-gesellschaft- kanzler.“ 1977 dann SPD-Parteitag in liche Bedeutung eines Autors keineswegs

Seite 84 Die politische Meinung Max Frisch und die Deutschen ausmachen. Für einen Dichter wie Frisch Grass erinnert sich: „Mir hat er, neben vie- galt die Faustregel: Je privater die Prosa, lem, aus langer Rede einen leicht stot- desto größer ihr Anrecht auf öffentliches ternd, deshalb wiederholt gesprochenen Interesse. Und je direkter ein Text Poli- Satz als Rat hinterlassen: Nicht weise wer- tisches diskutiert, desto mehr wird es den, zornig bleiben.“ zur Privatsache des Bürgers Frisch. Also Als Max Frisch vor zehn Jahren kurz erzählt Frisch in seinen späteren Wer- vor seinem achtzigsten Geburtstag starb, ken wieder vom Individuum auf der hatte die Schweiz innerhalb weniger Mo- Suche nach der Selbstverwirklichung nate ihre zwei bedeutendsten Autoren (Montauk), von der leidenden Kreatur verloren: Der betont unpolitische Fried- zwischen Liebe und Tod, von Erfüllung rich Dürrenmatt hatte sich als Erster von und Enttäuschung, von Sehnsucht und der Weltbühne verabschiedet. Damals im Verzweiflung. „Die erste Station für Jahre 1991 schickten sich die Schweizer Büchner war Straßburg“, erklärte er bei dazu an, das 700-jährige Bestehen der äl- der Entgegennahme des Büchner-Preises. testen Demokratie moderner Zeitrech- Doch: „Unsere erste Station ist die Iro- nung zu feiern. Damals wurde freilich nie.“ auch bekannt, dass die Schweizer Regie- „Der Schriftsteller ist ein Verräter“, hat rung ein gutes Fünftel der aktiven Bevöl- Walter Jens über Frisch geschrieben, als kerung als potenzielle Landesverräter dieser die Siebzig erreicht hatte. Dabei hat hatte registrieren und beobachten lassen. Frisch immer nur von sich selbst erzählt, Es gab auch über Max Frisch eine Kartei- vom Alltag eines Mannes, der die ver- karte mit Informationen, die man sich schiedenen Stadien seiner Entwicklung nur durch das Abhören von Telefonge- durchlebt, zuletzt begreift, dass er sich ab- sprächen hatte besorgen können. Das handen kommt und eingehen wird ins mochte mit seinem politischen Engage- Unbewusstsein der Natur, in die Erdge- ment zusammenhängen, seiner schroffen schichte mit ihren Jahrmillionen. Seine Parteinahme gegen den Vietnam-Krieg Erzählwerke projizieren das eigene Ich in und für die „Neue Linke“ in Europa. Das literarische Figuren. Es entstehen Mög- erinnerte über weite Strecken an den Al- lichkeitsmenschen, die Frisch ähnlich wie tersgenossen Sartre. Die Art, wie sich die- Musils Ulrich im Mann ohne Eigenschaften ser philosophische Schriftsteller seinem konzipiert, auf die Bahn bringt und sie Weltempfinden näherte, wie er sich die wieder aus dem Spiel nimmt, wenn der Bedingungen für sein Dichten schuf, war Roman es so will. „Was immer noch derjenigen Frischs sehr ähnlich. So hat er Mühe macht: die Rückzieher oder sich während des Krieges – etwa als Ka- Rückroller oder wie man das nennt; es ist nonier bei der Nachtwache im Tessin – selten, dass mir das gelingt.“ die Sprache als Chance angeeignet, sich „Sein Deutsch war“, wie Reich-Ranicki seiner selbst zu vergewissern. Wilhelm urteilte, „wie der Stil anderer großer Tell für die Schule oder auch das Dienst- Schweizer, etwa Robert Walsers, von et- büchlein – Alterswerke, die diese frühen was Linkischem, vom Unbeholfenen oder Erfahrungen der Kriegszeit mit aufneh- scheinbar Unbeholfenen nie ganz frei. Es men, belegen, dass auch Frischs späte Le- mag aber sein, dass gerade das, was von bensjahre nicht frei sind von Distanz und manchen als störend empfunden wurde, Korrekturen, eben auch in der Beziehung seiner Diktion zu ihrer herben Zartheit zu seinem Land, der Schweiz. An dieser verholfen hat und zu jener Qualität, die Heimat hat er sich gerieben, hat sich mit sich kaum überschätzen lässt: Frischs ihr gestritten – und ist darüber zum Welt- Sprache erweckt Vertrauen.“ Und Günter bürger geworden.

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