37. Bericht der Zentralbibliothek Solothurn

über das Jahr 1966

37. Bericht der Zentralbibliothek Solothurn

über das Jahr 1966

I. Allgemeines

Der Bericht über das Jahr 1966 kann leider nicht ganz mit dem gewohnten Optimismus und voller Befriedigung erstattet werden. Positiv zu werten ist, dass uns das Wohl• wollen und Verständnis der Behörden und das Interesse und die Gebefreudigkeit unserer Gönner weiterhin ungeschmälert erhalten blieben und damit der Betrieb und der Ausbau unseres Institutes und seiner Bestände im gewohnten erfreulichen Rahmen fortschreiten konnten. Einen gewissen Schatten auf diese allerseits herzlich zu verdankenden Fortschritte wirft dagegen die negative Entwicklung der Ausleihe- und Benützungsziffern, die sich allen Gegenanstrengungen zum Trotz noch stärker als bisher akzentuierte. Da der praktische Wert einer Bibliothek und sozusagen der Ertrag der für sie aufgewendeten Mittel in erster Linie in ihrer Benützung durch die Öffentlichkeit liegt, muss es auch erste Pflicht der Bibliotheksorgane sein, nach immer neuen Wegen zu suchen, um trotz aller in den Tendenzen und Möglichkeiten unserer Zeit gegensätzlich und ablenkend wirkenden Kräfte die Öffentlichkeit für das Buch und die Bibliothek zu interessieren und zu gewinnen und ihr den Zugang zu ihnen so leicht, angenehm und verlockend als möglich zu gestalten. Dem Studium neuer zeitgemässer Möglichkeiten und der Prüfung ausländischer Vorbilder auf ihre Zweckmässigkeit und Anwendbarkeit auf unsere Verhältnisse diente eine neue, von der Bibliothekskommission verständnisvoll bewilligte «Biblio• theks-Tournee» des Direktors, die zunächst nach Schweden, einem der Pionierländer des modernen Bibliothekswesens, insbesondere nach der bibliothekreichen Haupt• stadt Stockholm, und dann nach Deutschland: Bremen, Wanne-Eickel, Heidelberg, Heilbronn und , führte. Einem Auftrag der Bibliothekskommission folgend bemühte er sich dabei vor allem, Unterlagen für die Projektierung einer Musik- und Schallplattenbibliothek zu beschaffen. Überall mit grösster Herzlichkeit und bereit• willigem Diensteifer aufgenommen, vermochte er dabei zahlreiche wertvolle Anre• gungen und fruchtbare Ideen zu sammeln, die in Zukunft unserer Bibliothek zunutze kommen mögen. Einen bescheidenen Anfang machten wir mit einer etwas lockereren Gliederung der bisher allzu magazinhaft-nüchtern wirkenden Freihandbibliothek, die den Zugang der Leser zu den Regalen attraktiver und leichter gestalten soll; die gegebenen Raum• verhältnisse Messen allerdings nicht die ideal wünschbaren Veränderungen zu. Da• neben machte sich die teilweise Raumknappheit vor allem in den Büroräumen zunehmend störend spürbar; immer häufiger wird auch speziell von der wissenschaft• lich arbeitenden Professorenschaft der Kantonsschule der Mangel an separaten Studioräumen beklagt. Wie vorauszusehen war, werden also die schon im vorjährigen Bericht angetönten baulichen Probleme von Jahr zu Jahr dringlicher und rufen einer Lösung in absehbarer Zeit. Wir vertrauen darauf, dass wir auch in dieser Richtung auf das geneigte Gehör unserer vorgesetzten Behörden rechnen dürfen, denen wir auch in anderer Richtung wie stets unsere aufrichtige Dankesschuld abzutragen haben.

3 II. Behörden und Personal

Bibliothekskommission

Zur Erledigung der laufenden Geschäfte trat die Bibliothekskommission zu zwei Sitzungen zusammen. Zwei Veränderungen in ihrer Zusammensetzung wurden bereits im letztjährigen Jahresbericht mitgeteilt. Am 1 B.April verstarb Dr. Otto Dübi, dessen grosse Verdienste um die ZBS der genannte Bericht ebenfalls schon würdigte; an seine Stelle delegierte die Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn dipl. Ing. Urs V. Büttikofer, Direktor in Solothurn, in die Bibliothekskommission. Auf den 28. April reichte sodann Ober• richter Dr. Walter Kämpfer zufolge seiner Wahl zum Bundesrichter, zu der wir ihn herzlichst beglückwünschen, seine Demission ein. Er gehörte der Bibliothekskom• mission seit 1957 an und setzte sich hier jederzeit mit Verständnis und Liebe für die Interessen und die Förderung unserer Bibliothek ein, wofür ihm unser aufrichtiger Dank ausgesprochen sei. Seinen Sitz in der Kommission nahm erfreulicherweise wieder der kantonale Finanzdirektor, auf dessen Wohlwollen wir im besondern angewiesen sind, ein, Regierungsrat Willy Ritschard. Auf Jahresende nahm schliesslich, zusammen mit der Niederlegung seines Amtes als Regierungsrat, auch unser Präsident, Erziehungsdirektor Dr. Urs Dietschi, seinen Rücktritt aus der Bibliothekskommission. Er trat das Präsidium am 1 Juli 1952, als Nachfolger von Dr. Oskar Stampfli, an und hatte in den ersten sechs Jahren seiner Amtszeit vor allem die endgültige Beschliessung und die Ausführung des Neubaus der Zentralbibliothek an der Bielstrasse zu leiten; die Einweihung des in allen Teilen wohlgelungenen Gebäudes am 25. September 1958 bedeutete auch für ihn einen stolzen Ehrentag, aber auch den Abschluss einer Reihe von Jahren anstrengendsten und intensivsten Einsatzes für dieses bedeutende kulturelle Werk. Schon durch Herkommen und Familientradition allen kulturellen und idealen Interessen und Belangen aufgeschlossen, widmete Dr. Urs Dietschi aber auch ganz allgemein der Förderung und dem Ausbau der Zentralbibliothek und ihrer Buchbestände ein nie versagendes Wohlwollen und immer bereitwilliges Verständnis, das nicht zum wenigsten zur erfreulichen Entwicklung und zur Mehrung der wissenschaftlichen und kulturellen Geltung unserer Bibliothek beitrug. Für diese vorbildliche und in jeder Beziehung erspriessliche und erfolgreiche Vertretung ihrer Interessen ist die Zentral• bibliothek dem scheidenden Präsidenten zu dauerndem Dank verpflichtet. Als neuer Präsident wird von Amtes wegen der neue Erziehungsdirektor Dr. Alfred Wyser die Leitung der Bibliothekskommission übernehmen. Die Zusammensetzung der Bibliothekskommission für das Jahr 1966 lautete demnach wie folgt: Präsident von Amtes wegen: Regierungsrat Dr. Urs Dietschi, Eziehungsdirektor, Solothurn

4 Vizepräsident: Robert Kurt, Stadtammann, Solothurn Mitglieder: Vertreter des Kantons: Dr. iur. Alfred Hartmann, Oberrichter, Solothurn Dr. iur. Karl Obrecht, Ständerat, Küttigkofen HH. Alphons Räber, Pfarrer, Ölten Dr. phil. Heinrich Reinhardt, Professor, Solothurn Regierungsrat Willy Ritschard, Finanzdirektor, Solothurn Dr. phil. Hans Roth, Redaktor, Ölten Dr. iur. Rudolf Ulrich, Generaldirektor, Gerlafingen Rainer W.Walter, Lehrer, Grenchen

Vertreter der Einwohnergemeinde Solothurn: Dr. phil. Otto H. Allemann, Professor, Solothurn dipl. Ing. Urs V. Büttikofer, Direktor, Solothurn Dr. phil. Fritz Grob, Professor, Solothurn

Personal

Ungewöhnlich zahlreiche Veränderungen traten im Bestände unseres Personals ein. Wie andere Bibliotheken mussten wir dabei die Erfahrung machen, dass heute ein ausgesprochener Mangel an ausgebildeten und qualifizierten bibliothekarischen Arbeitskräften besteht, der die Ersetzung ausscheidender Mitarbeiter zu einem ernst• haften Problem werden lässt. Eine Lösung zeichnete sich zunächst für die seit dem Ausscheiden unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. A. Schönherr stagnierende Weiterbearbeitung unserer neueren Handschriftenbestände ab: Sie wurde von unserm langjährigen Mitarbeiter Erhard Flury übernommen, und zu seiner Entlastung von seinen übrigen Arbeiten wurde auf I.Juli Fräulein Madeleine Weya als Katalogbeamtin gewählt, die ihr Volontariat an unserer Bibliothek im Frühjahr 1966 mit bestem Erfolg mit dem Bibliothekaren-Diplom der VSB abgeschlossen hatte. Sie entschloss sich indessen auf Jahresende, ihre Ausbildung weiter durch einen Englandaufenthalt zu ergänzen. Unsere Hoffnung, die in den letzten Jahren erfreulich gestiegene Leistungs• fähigkeit unserer Katalogisierungsabteilung noch weiter ausbauen zu können, wurde zudem weiter in Frage gestellt, indem unser Bibliotheksassistent Fritz Stalder, der sich seit 1957 in vorbildlichem Eifer und Pflichtbewusstsein und reger Initiative nicht nur für die Förderung der Katalogisierung, sondern auch für die Ausbildung unserer

5 Volontärinnen eingesetzt hatte, die für ihn höchst ehrenvolle Berufung zum Stadt• bibliothekar der Stadt Baden erhielt und damit auf Jahresende seinen Rücktritt von unserer Bibliothek nahm. So herzlich wir ihn zu dieser schönen Anerkennung seiner Fähigkeiten beglückwünschen, so bereitete uns doch seine Ersetzung nicht geringe Schwierigkeiten. Bereits auf I.Dezember nahm auch unsere Jugendbibliothekarin, Dr. Margrith Koch, die seit der Eröffnung der neuen Zentralbibliothek den heimeligen Raum im Anbau des Zetter-Palais betreute, Abschied von unserer Bibliothek, um eine Stellung an einer privaten Bibliothek zu übernehmen. Ihre Stelle konnte erst auf 1 Januar 1967 neu besetzt werden. Altershalber reichte auf Jahresende auch Rudolf Weiss-Hesse seine Demission ein. Auch er war mit der Eröffnung des neuen Bibliotheksgebäudes in den Dienst der Zentralbibliothek getreten und hat sich neben seiner Tätigkeit in der Freihand• bibliothek vor allem um die Organisierung und Gestaltung der Graphik- und Buch• ausstellungen im Zetter-Palais hohe Verdienste erworben, die wesentlich auch zum überregionalen Ruf unserer Bibliothek beitrugen. Ihm wie den beiden andern aus• scheidenden langjährigen Mitarbeitern sei denn auch der angemessene Dank der Bibliothek für ihre Arbeit ausgesprochen. Auch das Ausscheiden von Herrn Weiss- Hesse wurde zum Anlass einer gewissen Reorganisation genommen. Werner Werder, der bisher auch das Magazin betreute, wird nun ausschliesslich in der Freihandbibliothek eingesetzt; für die Magazinarbeiten und die Aushilfe in Freihandbibliothek und Lesesaal wurde eine jüngere Kraft gesucht und auf 1. Dezember provisorisch Martin Weiss angestellt.

Der Bestand des Personals lautete demnach wie folgt:

Dr. phil. Hans Sigrist, Direktor Dr. phil. Max Lanz, Chef der Ausleihe Lie. phil. Samuel Henzi, Chef der Katalogisierung Werner Adam, technischer Dienst Erhard Flury, Katalogbeamter Ursula Henzi-Thommen, Katalogbeamtin Dr. phil. Margrith Koch, Jugendbibliothekarin (bis 30. November) Adolf Marti, Dienstchef der Buchhaltung und Akzession Fritz Stalder, Bibliotheksassistent Madeleine Weya, Katalogbeamtin (ab I.Juli)

6 Elisa Fürholz, Lesesaalaufsicht, Bibliotheksgehilfin Hans Rudolf Heiniger, Sekretär Rudolf Weiss-Hesse, Ausleihebeamter, Leseberater, Fachmann für Ausstellungen Martin Weiss, Magaziner, Bibliotheksgehilfe (prov. ab I.Dezember) Werner Werder, Ausleihe- und Magazinbeamter Werner Schöllhammer, Abwart

Seit dem I.Mai arbeitete sich Frl. Ursula Bauer von Solothurn als Volontärin in die bibliothekarische Tätigkeit in Katalogisierung und Ausleihe zur Vorbereitung auf das VSB-Diplom ein.

7 III. Bücherzuwachs

Für Bücheranschaffungen standen uns, zusätzlich zu den ordentlichen Krediten, auch diesmal ansehnliche Sonderbeiträge des Kantons und der Einwohnergemeinde sowie erstmals ein Beitrag der «Freunde der Zentralbibliothek», über den im geson• derten Jahresbericht der Gesellschaft Näheres berichtet wird, zur Verfügung. Dass trotzdem beträchtlich weniger Bände angekauft werden konnten als im Vorjahr, beleuchtet nachdrücklich die Tatsache, dass die Preise für das einzelne Buch, speziell für die grossen Handbücher und Standardwerke, deren Anschaffung im besondern Aufgabenkreis einer öffentlichen Bildungsbibliothek liegt, ständig anstei• gen; nur zu einem kleinern Teil fällt dabei auch ins Gewicht, dass uns im Vorjahr die Liquidation auswärtiger Buchhandlungen einige besonders günstige Anschaffungs• möglichkeiten bot. Besonderes Gewicht legten wir wiederum auf den Ausbau der immer noch ungenügenden Bestände der Freihandbibliothek; mit einem Zuwachs von rund 1250 Bänden verfügt sie nun über einen Gesamtbestand von etwa 10000 Bänden, etwa zwei Drittel des Wünschbaren. Der Jugendbibliothek wurden 240 neue Bände zuge• wiesen, womit sie nun rund 3750 Bände anbieten kann, was allerdings auch noch zu wenig ist. Wenn somit auch heute noch merkliche Lücken zwischen dem Vorhandenen und dem Ideal klaffen, so verzeichnen wir doch um so dankbarer, dass auch im abge• laufenen Jahre das Wohlwollen und die Freigebigkeit der Behörden wie unserer privaten Freunde und Gönner nicht nachgelassen haben und uns weiterhin erlauben, unsere erste Aufgabe, unsern Benutzern ein möglichst grosses und reichhaltiges Angebot an Büchern bereitzustellen, in weithin anerkanntem Masse zu erfüllen.

8 Zuwachsstatistik

a) Art Bibliothekseinheiten 1. Literarische und wissenschaftliche Werke 1966 1965 a) Druckblätter und Broschüren 1139 1177 b) Bände 3239 4251 2. Dissertationen, Diplomarbeiten 231 190 3. Rechenschaftsberichte und Statuten .... 542 407 4. Patente 19634 12760 5. Handschriften a) Bände und Faszikel 28 2 b) Lose Blätter 213 42 6. Graphik, Karten, Pläne, Ansichten, Plakate, Portraits 267 222 7. Zeitungsausschnitte 1638 755 8. Filme und Diapositive, Mikrofilme 585 200 9. Tonaufnahmen 8 8 10. Deposita 118 — 27642 20004

b) Herkunft 1. Kauf 3195 4391 2. Schenkungen 24329 15623 3. Tausch — — 4. Deposita 118 —

27642 7868

Katalogisiert 8050 9407

9 Die Kosten für Bücheranschaffungen betragen: Fr. % 1965 51823.42 63,3 54,3 9760.60 11,9 29,6 9983.48 12,2 9,4 10286.55 12,6 6,7

Total 81854.05 100,0 100,0

Bücherankäufe: a) Magazin und Freihandbibliothek (nach Sachgebieten) Allgemeines, Zeitungen 7377.63 9,0 8,0 Religionswissenschaft 1 954.81 2,4 2,0 Philosophie und Pädagogik 1 545.89 1,9 1,4 6848.30 8,4 4,4 Biographien und Memoiren 2328.85 2,8 1,1 Allgemeine Geschichte, Militaria 7722.35 9,4 4,1 1 298.50 1,6 0,9 Geographie 4124.05 5,0 1,6 Sozialwissenschaft, Recht 3125.44 3,8 1,8 Haus-, Forst- und Landwirtschaft, Gewerbe, 4474.01 5,5 2,9 Mathematik, Naturwissenschaften, Medizin . . 4946.50 6,0 2,4 Sport, Spiel, Unterhaltung, Musik 2112.15 2,6 0,9 1 698.60 2,1 1,1 Schöne Literatur und Literaturgeschichte . . . 13423.02 16,4 5,1 Solodorensia, Manuskripte 1 118.80 1,4 1,1 5741 .— 7,0 1,5 9230.80 11,3 30,1 b) Jugendbibliothek 2783.35 3,4 3,2 —.— — 26,4 Total 81 854.05 100,0 100,0

10 ANKÄUFE

Neukauf von wichtigen Handbüchern und Standardwerken

Allgemeines, Buch, Schrift, Bibliotheken Bambergerl Maier-Bruck: Österreich-Lexikon. Band 1. Brockhaus-Enzyklopädie in 20 Bänden. Band 1 : A-Ate. Collier's Encyclopedia. 24 vol. Die mittelalterlichen Handschriften der Universitätsbibliothek Basel. B: Theol. Pergamenths. Band 1/2. Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. Österreichisches biographisches Lexikon. 1815-1950. Band 1-3. Muzika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des lateinischen Alphabets. 2 Bände. Taubert: Bibliopola. 2 Bände. Who's who in Switzerland.

Belletristik Antologia della letteratura italiana. Vol. 2-3. Arnim: Sämtliche Romane und Erzählungen. Brecht: Prosa. 5 Bände. Casanova: Geschichte meines Lebens. Band 1-8. Crane: Ein Wunder an Mut. Döblin: Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Band 11. Greene: Werke. 6 Bände. Die deutsche Literatur. Band 5: Sturm und Drang, Klassik, Romantik. 2 Bände. Michaux: Dichtung, Schriften. Band 1. Ostrowskij: Ausgewählte Theaterstücke. Poe: Werke. Band 1. Sternheim: Gesamtwerk. Band 1-6.

Geographie, Völkerkunde, Reisen, Volkskunde Bergengruen: Römisches Erinnerungsbuch. Binder-Hagelstange: Aegypten. Die Bundesrepublik Deutschland in Karten. Espana - Espagne - Spain - Spanien und Portugal. Führer. Der neue Herder-Handatlas. Band 7-8. Morris: Spanien. Steinbeck: Amerika und die Amerikaner.

11 Strukturatlas Nordwestschweiz, Obereisass, Südschwarzwald. Vorderasien. 2 Bände. WillemsenI Odenthal: Apulien. WillemsenI Odenthal: Kalabrien.

Geschichte, Kulturgeschichte Boekhoff/ Winzer: Kulturgeschichte der Welt. 2 Bände. Braubach: Prinz Eugen von Savoyen. 4 Bände. Braunfels: Karl der Grosse. Band 1-3. Bullough: Karl der Grosse und seine Zeit. Filip: Enzyklopädisches Handbuch zur Ur- und Frühgeschichte Europas. Band 1 : A-K. Freund: Deutsche Geschichte. Geschichte der Schweiz. 2 Bände. Grey: Ivan der Schreckliche, 1530-1584. Handbuch der Urgeschichte. Band 1 : Ältere und mittlere Steinzeit. Hanotaux: Histoire de la nation française. 15 vol. Mitford: Der Sonnenkönig. Monumenta Germaniae historica. 41 Bände und Broschüren. Müller-Karpe: Handbuch der Vorgeschichte. Band 1 : Altsteinzeit. Planitz: Die deutsche Stadt im Mittelalter. Sälzle: Tier und Mensch. Schmieder: Die alte Welt. Band 1 : Der Orient. Storia d'Italia. 5 vol.

Die grosse illustrierte Weltgeschichte. 2 Bände.

Handel, Verkehr Buch/i: 6000 Jahre Werbung. Band 3: Das Zeitalter der Revolutionen. Kunst, Bildende, Kunstgewerbe, Architektur Akurga// MangoI Ettinghausen: Die Türkei und ihre Kunstschätze. AriasI Hirmer: Tausend Jahre griechische Vasenkunst. Beer: Die Glasmalereien der Schweiz aus dem 14. und 15.Jahrhundert. Ohne Königsfelden und Berner Münsterchor. BilzerI EyssenI Stelzer: Das grosse Buch der Kunst. Blümel: Deutsche Öfen. Decker: Gotik in Italien. Decker: Italia romanica.

12 DurliatI Dieuzaide: Hispania romanica. Fliesen: Eine Geschichte der Wand- und Bodenfliesen. Gantner / Pobé/Roubier: Gallia romanica. Giedion: Ewige Gegenwart. Band 1-2. Hauser: Der Manierismus. Hof mann: Die österreichische Malerei vom Wiener Kongress bis zur Gegen• wart. Band 3: Moderne Malerei in Österreich. Hürlimann: Zürcher Münzgeschichte. Reclams Kunstführer. Italien. Band 2-3. Rec/ams Kunstführer. Schweiz und Liechtenstein. Lützeler: Weltgeschichte der Kunst. Lullies: Griechische Plastik. Kindlers Malerei-Lexikon. Band 3: H-K. MarinatosI Hirmer: Kreta und das mykenische Hellas. Der Bildhauer Michelangelo. Das gesamte plastische Werk. Pevsner: Europäische Architektur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Philippovich: Kuriositäten, Antiquitäten. Propyläen-Kunstgeschichte. Band 11 : Die Kunst des 19. Jahrhunderts. Rheims: Kunst um 1900. Rice/Hirmer: Kunst aus Byzanz. Robertson/Russell/ Snowdon: Private view. Schidlof: La miniature en Europe aux 16*, 17*, 18* et 19* siècles. 4 vol. Schiller: Ikonographie der christlichen Kunst. Band 1. Schmidt: Umgang mit Kunst. Schmidt: Volkskunst in Österreich. Sotriffer: Die Druckgraphik. Stolli Roubier: Britannia romanica. Universum der Kunst. VolbachI Hirmer: Frühchristliche Kunst. Wüthrich: Das druckgraphische Werk von Matthaeus Merian d.Ä. Band 1.

Land- und Forstwirtschaft Tropische und subtropische Weltwirtschaftspflanzen. Band 2-3, 2.

Literatur- und Sprachwissenschaft BattistiI Alessio: Dizionario etimologico italiano. 5 vol. Bischoff: Mittelalterliche Studien. Band 1.

13 Calgari: Die vier Literaturen der Schweiz. Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görresgesellschaft. N. F. Band 1 -6. Klein: A comprehensive etymological dictionary of the English language. Vol. 1 : A-K. Kindlers Literaturlexikon. Band 2: Werke. Co-Fk. Mayer: Deutsche Literaturkritik im 20. Jahrhundert. Migliorini: Storia della lingua italiana. Paul: Deutsches Wörterbuch. Slaby I Grossmann: Wörterbuch der spanischen und deutschen Sprache. 2 Bände. Stolberg: Briefe. Storia della letteratura italiana. Vol. 1-4. Wilde: Briefe. Deutsches Wörterbuch von Grimm. Neubearbeitung.

Militärwesen Brunner: Die Landesverteidigung der Schweiz. Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Band 2: Die Germanen. Eickhoff: Seekrieg und Seepolitik zwischen Islam und Abendland. Falls: Grosse Landschlachten. Histoire universelle des armées. Vol. 1-3.

Musik, Theater, Film, Radio Ansermet: Die Grundlagen der Musik im menschlichen Bewusstsein. Baur-Heinhold: Theater des Barock. Blume: Geschichte der evangelischen Kirchenmusik. Haydn: Gesammelte Briefe und Aufzeichnungen.

Naturwissenschaften Beer: Bildatlas der Evolution. Berndtl Meise: Naturgeschichte der Vögel. Band 3. Brem: Die Schildkröten aus dem obern Jura (Malm) der Gegend von Solothurn. Burkhardt/ Sch/eidt/ Altner: Signale in der Tierwelt. Caspar/': Orchideen. Colbert: Die Evolution der Wirbeltiere. Feininger: Die Sprache der Natur.

14 Fodor: Organische Chemie. 3 Bände. Handbuch der Physik. Band 49,1. HeinrothI Heinroth: Die Vögel Mitteleuropas in allen Lebens- und Entwick• lungsstufen. Band 1. Kümmerly: Der Wald. Römpp: Chemie-Lexikon. 4 Bände. Sammlung naturkundlicher Tafeln. Band 1-6. Schuhmacher: Die letzten Paradiese. Smo/ik: Das grosse illustrierte Tierbuch.

Pädagogik Die Matrikel der Universität Jena. Band 1-2.

Philosophie Cuénot: Pierre Teilhard de Chardin.

Schlegel: Kritische F'S'-Ausgabe. Band I, 7; II, 12/13; II, 18.

Politik Gruner! Frei: Die Schweizerische Bundesversammlung 1848-1920. 2 Bände und 1 Mappe. Psychologie Handbuch der Psychologie. Band 1,1 : Wahrnehmung und Bewusstsein. Hardegger: Handbuch der Elternbildung. 2 Bände.

Recht Handwörterbuch der Kriminologie.

Religion, Theologie Calvin: J'C's Lebenswerk in seinen Briefen. 3 Bände. Haidacher: Geschichte der Päpste in Bildern. Hammerschmidt: Symbolik des orientalischen Christentums. Küry: Die altkatholische Kirche. Leder: Geschichte der Religionsfreiheit im Zeitalter der Reformation. Mertens: Handbuch der Bibelkunde. Prinz: Frühes Mönchtum im Frankenreich. Sauser: Symbolik der katholischen Kirche.

15 Schmitz: Histoire de l'Ordre de Saint-Benoît. Vol. 5-7. Schultz: Tendenzen der Theologie im 20. Jahrhundert.

Sozialwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft Bosl: Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa. Herbst: Wörterbuch der Handels-, Finanz- und Rechtssprache. Deutsch• englisch-französisch. 3 Bände. Krämer: Die europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Osteuropa-Handbuch. Band 1-3. Oswald: Die überschätzte Stadt. Die Steuern der Schweiz.

Technik, Industrie, Gewerbe Bobinger: Alt-Augsburger Kompassmacher. Otto Lueger. Lexikon der Technik. Band 10: Lexikon der Bautechnik. A-K. Ost/Rassow: Lehrbuch der chemischen Technologie. 2 Bände. Piccard: Die Wasserzeichenkartei P' im Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Band 2: Die Ochsenkopfwasserzeichen. Technik-Geschichte. Band 32/33.

Bibliophile Ausgaben Carco: La bohème et mon cœur. Curogna. Dante: La Divina Commedia. 6 vol. Er ni: Chevaux. Fust: Provence. Graven: Noble contrée. Ramuz: Adam et Eve. Senghor: Terre promise d'Afrique.

Faksimile-Ausgaben Braun / Hogenberg: Civitates orbis terrarum. Brupbacher: Der Zürichsee. Dürer: Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt. Das Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg. 2 Bände. Die Miniaturen aus dem Stundenbuch der Katharina von Kleve.

16 Ortelius: Die schönsten Karten aus dem Theatrum orbis terrarum. Pfettisheim: Geschichte Peter Hagenbachs und der Burgunderkriege.

Neuabonnierte Zeitschriften 1966 Arcadia. Zeitschrift für vergleichende Literaturwissenschaft. Anis. Zeitschrift für alte und neue Kunst. Diakonia. Internationale Zeitschrift für praktische Theologie. Interavia. Luftfahrt- Raumfahrt- Elektronik. National-Zeitung Die Natur. Philographie. Zeitschrift für Originalgraphik. Time.

Alte Imprimate

Auch in diesem Berichtsjahr konnte unsere Sammlung von Original-Druckgraphik des Solothurner Renaissancemeisters Urs Graf um zwei uns bisher noch fehlende Werke ergänzt werden. Bei dem einen Werk handelt es sich um die gesuchte erste Gesamtausgabe der Briefe des Erasmus von Rotterdam, die der Basler Drucker Johannes Froben 1521 herausgab. Der als «Humanitas-Titel» bekannte künstlerische Schmuck der Titelseite wurde bereits 1513 von Urs Graf der Druckerei Froben abgeliefert und von dieser für verschiedene Werke verwendet (allerdings in zwei Varianten: während den Kopf überall die von Vergil, Homer, Cicero und Demosthenes auf einem Triumphwagen gezogene Humanitas krönt, zeigt die eine Variante in den Seitenbordüren, wie in unserm Exemplar, links den Kairos, den Gott des günstigen Augenblicks, rechts die rächende Nemesis, während an ihrer Stelle in der andern Variante die Göttinnen Pallas und Artemis stehen). In seinen unverkennbar italienischen Vorbildern folgenden Motiven zeigt er deutlich den Einfluss der Reisläuferjahre des abenteuerlustigen Künstlers. Der übrige Buchschmuck, einige Bordüren, zahllose kleine Schmuckinitialen und Frobens Druckersignet am Schluss des Bandes stammen von einem noch weit berühmteren Meister des Holzschnitts: dem grossen Hans Holbein, womit der in einen schönen, blindgepressten Renaissance-Schweinsledereinband gefasste Band auch über das lokal solothurnische Interesse hinaus in jeder Beziehung eine höchst wertvolle Bereicherung unserer Bestände an alten Druckwerken bildet.

17 Das zweite Werk, 1523 ebenfalls bei Johannes Froben gedruckt, enthält die bekannte Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea mit Kommentar und Ergän• zung des Rufinus von Aquileja. Von der Hand Urs Grafs stammen hier die Fuss• bordüre der Titelseite und 7 Initialen aus der Serie mit den Putten, deren derbe Drolligkeit charakteristisch zum Wesen ihres Schöpfers passt. Angehängt ist ein Druck der frühchristlichen Bussapokalypse des Hermas, 1522 bei Johannes Schott in Strassburg erschienen. Unsere Dokumentation zur historischen solothurnischen Landeskunde konnte durch zwei bisher noch nicht vorhandene Beschreibungen der Schweiz ergänzt werden: die «Staats- und Erdbeschreibung der schweizerischen Eidgenossenschaft» in vier Bänden von dem Zürcher Pfarrer Johann Conrad Füesslin, 1770 bei Benedikt Hurter in Schaffhausen gedruckt, sowie die drei die Schweiz betreffenden Bändchen der «Miniaturgemälde aus der Länder- und Völkerkunde», von A. Ehrenstein verfasst und 1823 bei Adolf Hartleben in Budapest erschienen. Von den 16 hübschen Kupfer• stichen des letzteren Werkleins betrifft allerdings keiner den Kanton Solothurn. Unsere Handbibliothek zur Erschliessung unserer alten Buchbestände wurde schliesslich ergänzt durch das zweibändige Standardwerk: « Les maîtres ornemanistes » von D.Guilmard, Paris 1880, ein Werk, das alle Meister des ornamentalen Buch• schmuckes mit ihren Werken verzeichnet.

Handschriftliche Dokumente

Wie im Vorjahr sicherten wir wiederum eine Anzahl von Urkunden durch Ankauf aus dem Antiquariatshandel für die solothurnische Öffentlichkeit und Geschichtsfor• schung. Drei davon sind auf Pergament, zwei auf Papier geschrieben und alle tragen noch wohlerhaltene Siegel. Zur stadtsolothurnischen Häusergeschichte trägt ein Gültbrief vom 2. Februar 1555 bei, laut dem Rudolf Grimm dem Glaser Michel Kremer sein Haus an der Schaal- gasse, unterhalb Schultheiss Nikiaus von Wengis Haus (heute Nr. 17) verkaufte; der Brief trägt das Siegel des Schultheissen Urs Sury. Die vier weitern Urkunden betreffen solothurnische Familiengeschichte. Mit Patent vom 6. November 1597 überträgt Marie von Bourbon, Gräfin zu Neuenburg und Valangin, dem Balthasar von Grissach, Söldnerobersten und Dolmetsch der französischen Ambassade in Solothurn, auf 5 Jahre die Statthalterschaft der Herr• schaft Valangin.

18 Am 20. Juni 1605 stellt Philippe Ganaye, französischer Ambassador in Venedig, dem Johann Wilhelm von Steinbrugg von Solothurn, Angehörigen der königlichen Schweizergarde, Vater des gleichnamigen spätem Schultheissen, einen Passierschein für eine Wallfahrt nach Jerusalem und ins Heilige Land aus. Vom 23.Dezember 1617 datiert ist das Mannrecht, d.h. der Heimat- und Leu• mundsschein des Salomon Roggenstill von Reutlingen, der laut Notiz auf der Rück• seite am 23. Juni 1618 als Burger zu Solothurn angenommen wurde; er folgte damit seinem schon 1598 aufgenommenen Landsmann und vermutlichen Verwandten, dem Goldschmied und Münzmeister Josef Roggenstill, dem Stammvater des solothurni- schen Patriziergeschlechtes Roggenstill. Am 24. Oktober 1845 legte schliesslich Josef Roth von Hubersdorf, wohnhaft zu Bellach (Träger des Rothschen Ehrenkleides 1851-1853) Zeugnis ab über den Tod des Altlandvogts Karl Franz Josef Sury von Bussy im Gefecht bei Selzach am 2. März 1798, anlässlich des Einfalls der Franzosen; seine Aussage wird bekräftigt durch Siegel und Unterschrift des Notars Jakob Amiet. Unsere Sammlung von Autographen des solothurnischen Dramatikers Caesar von Arx erhielt eine wertvolle Bereicherung durch einen ausführlichen vierseitigen Glückwunschbrief von Arxs an Richard Schweizer, den Librettisten Paul Burkhards zu seiner Oper «Casanova in der Schweiz», datiert 23.Februar 1945. Der Brief ist besonders interessant durch seine Hinweise auf eigene Pläne des Dichters für ein Schauspiel «Casanova in der Schweiz», das sich um den Solothurner Aufenthalt des berühmten Frauenlieblings drehen sollte, die er angesichts des Werkes von Burkhard und Schweizer dann aufgab.

Graphische Blätter

Einen erfreulich starken und vielfältigen Zuwachs durfte unsere Graphiksammlung verzeichnen; er wurde finanziell ermöglicht durch grosszügige Zuweisungen des Hohen Regierungsrates aus dem durch die Landeslotterie gespeisten «Dispositions• fonds der Zentralbibliothek» und durch die Auflösung des in seiner ursprünglichen Zweckbestimmung durch die heutigen Verhältnisse überholten und sinnlos geworde• nen «Stiftungsfonds», zu der beide Stiftungspartner ihre Zustimmung gaben. Zunächst setzten wir unsere Bemühungen fort, unsere Sammlung altsolo- thurnischer Ansichten- und Trachtenbilder durch uns noch fehlende Stücke zu ergänzen; für den bereits weit gediehenen Ausbau unserer Bestände spricht, dass es

19 sich dabei mehr nur noch um Werke von dokumentarischem, weniger von künstle• rischem Eigenwert handelte, die überwiegend aus der zweiten Hälfte des 19. Jahr• hunderts stammen. Als wertvollere Erwerbungen sind immerhin zu erwähnen: Ein Trachtenbild « Laitière des environs de Soleure» aus der Basler Werkstatt des Christian von Mechel, mit der St.-Ursen-Kirche im Hintergrund. Eine laienhafte, aber historisch interessante Ansicht des Schlosses Waldegg aus dem Jahre 1792, noch mit der originalen italienischen Gartenanlage, signiert von einem nicht näher zu bestimmenden Jean de Clarac. Eine leider bisher noch nicht identifizierte felsige Juralandschaft mit einem Paar in Tracht im Vordergrund, in Aquarell gemalt von Franz Nikiaus Graff, datiert 1836. Ein in Bleistift gezeichnetes Jugendbild des letzten Vertreters einer der bedeu• tendsten solothurnischen Patrizierfamilien, Rudolf Wallier von Wendelsdorf. Eine sehr hübsche, leider anonyme aquarellierte Ansicht des noch unversehrten äussern Bieltors, mit dem innern Torturm im Hintergrund. Schliesslich sechs weitere Bilder aus dem bekannten Uniformenwerk von Albert von Escher, womit wir nun 22 solothurnische Blätter dieses Werkes besitzen. Besondern Seltenheitswert besitzen vier originale Kupfer- bzw. Stahlstich• platten zu teilweise sehr bekannten Solothurner Stichen, die uns von privater Seite angeboten wurden: Es handelt sich um die Platten zu Winterlins Ansicht der Ein• siedelei mit Kuhherde im Vordergrund, zu Rohbocks Ansicht von Solothurn mit dem äussern Berntor und der ersten Eisenbahn im Vordergrund, zu Heinrich Jennys Ansicht von Solothurn vom Galgenhügel aus, und eine kleine unsignierte Ansicht der Ein• siedelei aus einem grössern Ansichtenwerk. Den Anlass unserer Ausstellung «Druckgraphik junger Solothurner» benutzten wir auch, um unsere Sammlung zeitgenössischer solothurnischer Graphik auszu• bauen: Von jedem der dort beteiligten Künstler: Roman Candio, Willi Fust, Jean- Albert Hutter, Max Kohler, Janine Moulin, Heinz Müller, Heinz Schwarz, Rolf Spinnler, Oscar Wiggli und Peter Wullimann, kauften wir einige bezeichnende und charakte• ristische Werke in verschiedenen Techniken.

20 SCHENKUNGEN

Zahlreiche Schenkungen von privaten Gönnern, von Firmen und öffentlichen Insti• tutionen halfen uns auch im Berichtsjahr, unsere Bestände zu ergänzen und zu erwei• tern und manche offene Lücke zu schliessen; nicht zuletzt sind uns solche Gaben willkommen, um zerlesene Werke zu ersetzen, die oft im Buchhandel gar nicht mehr erhältlich sind. Wir danken allen Spendern aufs herzlichste, zumal jenen, die wir Jahr für Jahr als treue Geber verzeichnen dürfen. Umfangreiche Schenkungen empfingen wir von: Frau Dr. Erika Dürsteier-Burri, Luzern (Dokumente zur Familiengeschichte Kottmann und Dietler) Frau M.Engel-Grütter (20 Bände) Herrn Eduard Engensperger, Konservator, Schönenwerd (79 Bände) Herrn Jürg Forster-Pfeiffer, dipl. Ing. (23 Bände) Frau Dr. Gressly-Schubiger (67 Bände) Herrn Walter Grolimund, alt Departementssekretär (27 Bände) Herrn Albert Grütter, alt Kantonsoberförster (44 Bände) Frau Dr. A. Monteil-Schöpfer (47 Bände) Familie Dr. Max Obrecht, alt Regierungsrat (44 Bände) Frau M.Pfister-Naegelen (27 Bände) Stadtbibliothek Vadiana, St. Gallen (12 alte Solothurner Kalender) Herrn Rainer W.Walter, Lehrer, Grenchen (45 Bände) In höchst dankenswerter Weise setzte die Botschaft unseres westlichen Nach• barlandes Frankreich, mit dem gerade Solothurn ja so viele Traditionen verbinden, ihre mit den «Semaines Françaises» vom Herbst 1965 begonnenen Schenkungen wertvoller moderner französischer Literatur auch 1966 grosszügig fort und vermittelte uns durch ihren Kulturattache, Herrn Georges Deshusses, wiederum gegen 80 Werke zum Ausbau unserer Bestände an zeitgenössischer französischer Belletristik und Sachliteratur; wir möchten vor allem unsere Mitbürger französischer Muttersprache auf diese wachsende Spezialbibliothek aufmerksam machen.

Als weitere Donatoren dürfen wir nennen: a) Private und Firmen

Frau und Herr Hans Albrecht; Dr. Otto H. Allemann, Professor; Bader SA, Uhren• fabrik, Holderbank; Dr. Oskar Baer, Zahnarzt, Balsthal; Bally-Ausstellung Felsgarten und Bally-Schuhfabriken, Schönenwerd; Frau Dr. Ruth und Dr. Heinz Balmer, Konolfingen; Frau Dr. Lilian Benziger-Schild; Galerie Bernard; Benno Betschmann;

21 Galerie Beyeler, Basel; Dr. Gian Andri Bezzola, Professor; Dr. Othmar Bieber, Bezirkslehrer, Oberbuchsiten; Dr. Emil Blaesi, alt Kantonalschulinspektor; Walter Blumer, Ingenieur, Bern; Galerie Toni Brechbühl, Grenchen; Galerie Edw. Engel• berts, Genf; Dr. Hans Enz, Professor; Otto Feier, Lehrer, Feldbrunnen; Paul Feser, Faktor; Richard Flury, Musikprofessor; Urs Flury, Professor, Feldbrunnen; Albin Fringeli, Bezirkslehrer, Nünningen; Familie A. Füeg-Linggi; Gisiger-Greder Fils, Selzach; Dr. Konrad Glutz von Blotzheim, wissenschaftlicher Assistent; Dr. Fritz Grob, Professor; Dr. Paul Haefelin, alt Ständerat; Hans Hauert, Lehrer, Schnottwil; Samuel Henzi, lie. phil.; Pfarrer Walter Herzog; Margrith und Walter Ingold, Wiedlis- bach; Dr. Hans Kaufmann, Zürich; Fräulein Gertrud Keller, Musiklehrerin, Ölten; Gebr. Knie, Schweizer Nationalzirkus, Rapperswil; Dr. Margrit Koch, Bibliothekarin; Dr. Franz Königshofer, Musikdirektor; Frau Annemarie und Walter Kräuchi, Ölten; Josephine Kramer, Erziehungsberaterin; Frau R. Kull-Schlappner, Derendingen; Rolf M.Kully, Basel; Robert Kurt, Stadtammann; Wilhelm Lauber, Aarau; Adolf Lüthy, Buchhändler; Dr. Erich Meyer, Professor, Ölten; Dr. Charles Moginier, Zahnarzt; Dr. Alois Müller, Professor, Freiburg; Fräulein Hedwig Munzinger, Meggen; Dr. W. Ochsenbein, Grenchen; Robert Perreau, Meaux; Dr. Stephan Portmann, Bezirks• lehrer, Hessigkofen; von Roll AG, Gerlafingen; Roland Rust, Gartenarchitekt; Sankt- Urs-Apotheke; Dr.Jakob Schenker, Domherr; Pater Dr. Bruno Scherer, Altdorf; Fräulein B.Scherrer; Dr.Walter R.Schluep, Professor, Grenchen; Kurt Schmid, Stadtschreiber; Dr. W. F. Schnyder, Augenarzt; M.Schoeffel, Redaktor, Zuchwil; Frau Dr. Ida Schöpfer-Bargetzi, Riedholz; Dr. Hans Sigrist, Direktor; Sphinxwerke Müller & Co. AG; Dr. Fr. Spieler; Fritz Stalder, Stadtbibliothekar, Biberist; Karl Steiner, Zürich; Dr. Charles Studer, Fürsprecher; Viktor Stüdeli; Dr. Charles von Sury, alt Staatsanwalt, Feldbrunnen; Georges von Sury d'Aspremont, Oberst, Kammersrohr; Frau A. und E.Tatarinoff-Eggenschwiler; Dr. Franz Uhlmann, Zahnarzt; Dr. Rudolf Ulrich, Generaldirektor, Gerlafingen; Wilhelm Voss, Bezirkslehrer, Biberist; W. Walliser- Lang, Elektrotechniker; Dr. Rudolf Walz, Stadtpfarrer; Hermann Weber, Direktor; Dr. Leonhard Weber, Professor, München; Frau Maria und Rudolf Weiss-Hesse, Ölten; Fräulein Madeleine Weya, Bibliothekarin, Grenchen; Frau Wiedmer-Behnisch; Frau Dr. H. Zimmermann.

b) Amtsstellen und Körperschaften im Kanton Solothurn

Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn; Einwohner- und Bürgergemeinden, Schul• pflegen, Ärztegesellschaft des Kantons Solothurn; Akademia Ölten; Bischöfliches Ordinariat; Christ. Science Society Solothurn; Gewerkschaftskartell des Kantons

22 Solothurn; Goetheanum Dornach; Solothurnische Handelskammer; Historischer Verein des Kantons Solothurn; Schweizerischer Invaliden-Verband, Ölten; Kunst• verein der Stadt Solothurn; Solothurnische Leihkasse; Seraphisches Liebeswerk; Naturforschende Gesellschaft des Kantons Solothum; Naturwissenschaftliche Sektion am Goetheanum, Dornach; Pfadfinderinnenabteilung Weissenstein; Regie• rungsrat und kantonale Verwaltungen. c) Ausserkantonale Amtsstellen und Institute, Vertretungen des Auslandes in der Schweiz

Administrationen und Institute des Bundes; Königl. Botschaft von Griechenland, Bern; Schweizerisches Bauernsekretariat, Brugg; Bibliothek der Eidgenössischen Technischen Hochschule, Zürich; Öffentliche Bibliothek der Universität Basel; Kantons- und Universitätsbibliothek, Freiburg; Bibliothèque publique et universi• taire, Genève; Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Bern; Kantonale Lehr• mittelverwaltung, Liestal; Hochschule St.Gallen; Schweizerische Landesbibliothek, Bern; Kantonsbibliothek Schwyz; Kunsthalle Basel; Kunsthalle Bern; Kunsthaus Aarau; Kunsthaus Zürich; Kunstmuseum Basel; Kunstmuseum Bern; Kunstmuseum Luzern; Stadtbibliothek Biel; Stadtpräsident von Luzern; Universität Bern; Université de Lausanne; Université de Neuchâtel; Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband, Baden; Zentralbibliothek Zürich.

d) Zeitungsredaktionen, Buchdruckereien und Verlagsanstalten im Kanton Solothurn

Aare-Verlag, Chr. Klein, Ölten; Buchpresse Gerlafingen; P. Büetiger & Co., Biberist; Dietschi & Co. AG, Ölten; Fackelverlag, Ölten/Stuttgart; Gassmann AG; Genossen• schaftsdruckerei, Ölten; Gigandet AG; Habegger AG, Derendingen; Jeger-Moll, Druck und Verlag AG, Breitenbach; Schweizer Jugend-Verlag; Solothurner Musik• verlag; A. Niederhäuser AG, Grenchen; Philosophisch-anthroposophischer Verlag am Goetheanum, Dornach; Rentsch Söhne AG, Trimbach; Rüegger & Co.; Sankt- Antonius-Verlag und Sankt-Antonius-Haus; Schmelzi AG, Grenchen; Rudolf- Steiner-Nachlassverwaltung, Dornach; Ch. Uebelhart, Langendorf; Union Druck und Verlag AG; Urs-Graf-Verlag, Ölten; Verlag des Sankt-Franziskus-Kalenders; Verlag für schöne Wissenschaften am Goetheanum, Dornach; Literarischer Verlag, Dornach; Verlagsgemeinschaft Solothurner Nachrichten; Vogt-Schild AG; Walter-Verlag AG, Ölten; Widmer AG, Schönenwerd; Zepfel'sche Buchdruckerei.

23 e) Ausserkantonale Verleger und Druckereien

Buchdruckerei Arlesheim AG, Arlesheim; Benteli AG, Bern; Buchdruckerei Bloch, Arlesheim; Hans-A.-Bosch-Verlag, Zürich; Druckerei Cratander AG, Basel; Buch• druckerei Keller AG, Aarau; Buchdruckerei Laufen AG, Laufen; Verlag Mosse- Annoncen AG, Zürich; Salvator-Verlag, Zug; Sauerländer AG, Aarau; Schweizer Druck- und Verlagshaus, Zürich; Buchdruckerei Volksfreund, Laufen; Weleda- Verlag Arlesheim; Neue Zürcher Zeitung, Zürich.

24 DEPOSITA

Wiederum benützten drei Institutionen die Möglichkeit, ihre Archive durch Deponie• rung in der Zentralbibliothek zu sichern und vor der Gefahr, eines Tages durch die unvorhersehbaren Zufälligkeiten und Wechsel der privaten Aufbewahrung dezimiert oder überhaupt vernichtet zu werden, zu bewahren: Die St.-Lukas-Gesellschaft fügte ihren bereits deponierten wertvollen Wappen• büchern 16 Bände und Faszikel Akten hinzu. Die Narrengesellschaft Honolulu übergab uns 27 Bücher und Mappen mit Akten. Der Anzeigerverband Bucheggberg-Kriegstetten deponierte 15 Faszikel Akten. Unser Solothurner Komponist Richard Flury ergänzte zudem das bereits sehr umfangreiche Depositum seiner sämtlichen Werke durch das gesamte Noten- und Textmaterial zu seiner neuen Oper « Der schlimm-heilige Vitalis».

25 IV. Benützung

Der schon im vorjährigen Jahresbericht angedeutete Rückgang der Benützungs- und Ausleiheziffern hat sich 1966 nicht nur bestätigt, sondern sogar verschärft und damit als eine Tatsache erwiesen, die die ernsthafte Aufmerksamkeit der Bibliotheksleitung fordert; dass andere Bibliotheken ähnliche Erfahrungen machen, ist dabei nur ein schwacher Trost. Eine Analyse der Ausleihestatistik weist immerhin darauf hin, dass die Ursache dieses Rückganges in einer ganz bestimmten Richtung zu suchen ist und nicht mangelnden Anstrengungen der Bibliothek selber zugeschrieben werden muss. Eine starke Verminderung, um 11 bis 12%, verzeichnen nämlich vor allem die Ausleihen von Belletristik und der Jugendbibliothek, die beide dem Unterhaltungs• bedürfnis der Benutzer dienen; dieses Bedürfnis wird aber immer mehr vom sich ständig in weiteren Kreisen verbreitenden Fernsehen erfüllt, das sich in dieser Bezie• hung zu einer Konkurrenz der Bibliotheken auswächst, der wohl schwerlich ent• gegenzutreten ist. Die Ausleihe von populären und wissenschaftlichen Sachbüchern sowie die Frequenzen des Lesesaales und des interurbanen Leihverkehrs, die beide fast ausschliesslich der wissenschaftlichen Arbeit dienen, sind dagegen vom Rück• gang nicht betroffen, sondern weisen teilweise sogar eine wenn auch kleine Steige• rung auf, was darauf hinweist, dass die Zukunft der Bibliotheken mehr und mehr in ihrer Rolle als wirkliches Bildungsinstitut und Fortsetzung und Ergänzung der Schulen liegt. Im ganzen zeigt aber die Benützungsstatistik doch, dass die Bibliothe• ken sich keineswegs erlauben dürfen, auf den bisher erworbenen Lorbeeren auszu• ruhen, sondern dass nur unablässige Anstrengung und Werbung mit den verschie• densten Mitteln dazu führen können, dass die ihnen von der Öffentlichkeit recht grosszügig zur Verfügung gestellten Mittel auch für und von dieser Öffentlichkeit voll genutzt werden.

26 Ausleihestatistik

Benutzer 1966 1965 %

Lesesaal 8 771 9 264 Abnahme 5,3 Allgemeinbibliothek ... 3 008 3 038 Abnahme 0,9 Freihandbibliothek ... 13 859 14 616 Abnahme 5,2 Jugendbibliothek 10 587 11 995 Abnahme 11,7

Total 36 098 38 913 Abnahme 6,6

Abonnementskarten 3 098 3 315 Abnahme 6,5

Ausgabe Davon Belletristik Lesesaal 9 379 9 353 Zunahme 0,3 1966 19f* % Allgemeinbibliothek 8 760 10 962 Abnahme 20,1 954 1 494 Abnahme 36,1 Freihandbibliothek 25 930 27 571 Abnahme 5,9 13 506 15 206 Abnahme 11,2 Jugendbibliothek 18 427 21 033 Abnahme 12,4 16 732 19 069 Abnahme 12,2 Versand Kanton Solothurn 116 127 Übrige Schweiz 607 627 Ausland 4 3

Total 63 223 69 676 Abnahme 9,3 31 192 35 769 Abnahme 12,8

Davon aus fremden Beständen: Aus schweizerischen Bibliotheken 1 303 1 191 Aus ausländischen Bibliotheken 41 10

Suchkarten Ausgehende eigene 1 004 855 Ein- und durchgehende 990 873

Paketsendungen im Leihverkehr Eingehende 1 098 1 011 Ausgehende 1 042 987

Rückruf- und Mahnkarten 2 217 3 279 V. Erschliessungsarbeiten

Katalogisierung

Trotz den verschiedenen Wechseln und längeren Abwesenheiten im Personal, die auch zeitraubende Umstellungen erforderten, schritt die Katalogisierung unserer Bestände auch im abgelaufenen Jahr recht erfreulich voran. Die Zahl der neu kata• logisierten Einheiten blieb mit 8204 zwar um einiges unter der des Vorjahres; mit 6463 Matrizen und rund 56 000 Titelkopien aber stand die effektive Arbeitsleistung nur weniges hinter jener zurück. Neben der laufenden Katalogisierung der Neuanschaffungen und Schenkun• gen konnte in der Erschliessung der Altbestände die Abteilung Geschichte abge• schlossen werden; sie zählt nun gegen 4000 zum Teil vielbändige Werke. Dazu wurde die Abteilung Geographie schon bis zur Hälfte katalogisiert, wobei vor allem die wertvollen Tafel- und Kartenwerke zu ihrer Sicherung vorausgenommen wurden. Den verschiedenen Katalogen wurden im einzelnen die folgenden Titelkopien einverleibt: Autorenkatalog 11 190 Autorenkatalog der Freihandbibliothek 1 750 Personenkatalog 780 Ortskatalog 4 697 Schlagwortkatalog der Freihandbibliothek 1 700 Systematischer Sachkatalog ca. 18 000 Verwaltungskatalog der Freihand- und Jugendbibliothek 1 478 Standortskatalog 2 126 Überweisung an schweizerischen Gesamtkatalog 3 407 Bildniskatalog 44 Katalog der Besitzvermerke 1 045 Katalog der Exlibris 807 Buchkarten 1 170 Die Vorarbeiten zur Neugestaltung des Schlagwortverzeichnisses und des syste• matischen Sachkataloges schritten gut voran. Die Totalrevision der Systematik geht ihrem Abschluss entgegen; rund zwei Drittel der etwa 15 000 neu zu erstellenden Leitkarten stehen bereits im Katalog. Nach wie vor nicht den Erwartungen entsprechend ist das Interesse der Benut• zer für die viermonatlichen Zuwachsverzeichnisse, deren Ausarbeitung der Kata• logisierungsabteilung ebenfalls merkliche Arbeit bringt. Mit dem Jahrgang 1966 hat Erhard Flury die Ausarbeitung der jährlichen «Bibliographie der Solothurner Geschichtsliteratur» im «Jahrbuch für solothur- nische Geschichte» übernommen, die ein unersetzliches Arbeitsinstrument für die solothurnische Geschichtsforschung bildet.

28 Buchpflege

Es wurden folgende Arbeiten ausgeführt: Signaturen angebracht an 6 922 Bänden 414 Broschüren Schutzumschläge für Broschüren 414 Stück Neue Einbände 646 Stück Spezialeinbände für Freihand 110 Stück Plastic-Schutzfolien 1 904 Stück Kartonmappen für Periodika 176 Stück Lesemappen 2 Stück Ausbesserung von beschädigten Büchern 985 Stück Patente nach Nummern und Klassen geordnet je 19 440 Stück Zeitungsausschnitte aufgeklebt und eingereiht 848 Stück Graphik Schachteln 6 Stück Die Einordnung der Patente brachte viel Mehrarbeit, die Zahl der Patente gegenüber dem Vorjahr stieg um 6800 Stück pro Gruppe. Restaurierte Einbände 29 Stück

Die Restaurierung alter wertvoller Drucke hielt sich auch dieses Jahr in beschei• denem Rahmen. Es konnten einige besonders schadhafte Bücher in Ordnung gebracht werden.

Arbeiten im photographischen Atelier

Für den Eigenbedarf, für Ausstellungen, Buchergänzungen sowie auf Bestellung von Benutzern wurden die folgenden Aufnahmen aus Manuskripten, Büchern, Zeit• schriften sowie aus der Graphik- und Bildnissammlung gemacht: 6*9-Aufnahmen 389 Leica-Aufnahmen 1052 Vergrösserungen 987 Photokopien 802 Ins Ausland versandten wir 3 Mikrofilme von unseren Manuskripten.

Einbandsammlung Altermatt

Am 22. Oktober zeigten wir in einer Auswahl von 140 Bänden die schönsten Stücke der Sammlung einer 31 Personen starken Abordnung des Schweiz. Buchbinder• und Kartonnagerverbandes.

29 VI. Ausstellungen

Die Zentralbibliothek veranstaltete 1966 drei Ausstellungen, deren jede ihren beson• dern, markanten Charakter trug; nachdem im Vorjahre die Bibliophilie das Feld be• herrscht hatte, kehrten wir diesmal wieder mehr zur alten Tradition der Graphik- Ausstellungen zurück; alle drei Ausstellungen waren zudem dem speziell solothur- nischen Kunstleben verpflichtet. Zu Jahresbeginn, vom 9. bis 30. Januar, beherbergte das Zetter-Palais eine Ausstellung «Druckgraphik junger Solothurner». Zehn jüngere Solothurner Künstler und Künstlerinnen, die wir bisher eher als Maler und Bildhauer kennenlernten, tra• ten hier mit einer bemerkenswerten Schau von Holzschnitten, Radierungen und Lithographien hervor. Der eigentliche Initiant und Gestalter der Ausstellung, André Kamber, Sekretär des Kunstvereins der Stadt Solothurn, konzentrierte sich dabei bewusst auf die ausgeprägten Vertreter der modernen Strömungen in der Graphik und verzichtete auf den Anspruch, solothurnisches druckgraphisches Schaffen der Gegenwart in seiner Gesamtheit zu dokumentieren. Die Ausstellung gewann damit an Geschlossenheit, Kraft und Eindrücklichkeit und bot den beteiligten Künstlern Roman Candio, Willi Fust, Jean-Albert Hutter, Max Kohler, Janine Moulin, Heinz Müller, Heinz Schwarz, Rolf Spinnler, Oscar Wiggli und Peter Wullimann Gelegen• heit, ihre Bestrebungen und Fertigkeiten in wünschenswerter Breite zu belegen; sie nahm aber damit auch in Kauf, dass sie recht lebhafter Diskussion und teilweise auch Kritik traditionsverbundener Kreise rief. An der gut besuchten Vernissage setzte sich André Kamber eindrücklich mit der Situation des jungen Künstlers in unserer Gegen• wart auseinander. Tatendrang, Ungeduld, Suchen nach eigenen Wegen und neuen Ausdrucksmitteln, Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit, parallel dazu oftmals materielle Schwierigkeiten und Isolierung schaffen die vielschichtige Problematik im Leben junger Kunstschaffender. Im Hinblick auf die Ausstellung sprach er vor allem auch den Wunsch aus, dass diese Anregung bieten möge, unsern Künstlernachwuchs vermehrt für die Buchgestalung heranzuziehen. Im ganzen vermochte die Ausstel• lung über 300 Besucher anzuziehen. Sozusagen als Kontrapunkt zu den teilweise extrem modernen Tendenzen die• ser ersten Ausstellung wirkte die vom 28. August bis 25. September gezeigte Schau von Handzeichnungen der beiden so gegensätzlichen solothurnischen Zeitgenossen Frank Buchser und Otto Frölicher. Nach der Idee des Initiators, wiederum André Kamber, stand die Ausstellung im Rahmen einer Art von « Solothurner Kunstwochen », die allerdings im ersten Anlauf nicht ganz die angestrebte Geschlossenheit und ein• heitliche Wirkungskraft erreichten. Als grosszügige Leihgeber stellten das Ausstel• lungsgut zur Verfügung die Öffentliche Kunstsammlung Basel, das Martin-Disteli- Museum Ölten und das Kunstmuseum der Stadt Solothurn für Frank Buchser, und

30 das letztgenannte Museum allein für Otto Frölicher, dessen nach Tausenden von Blättern zählendes graphisches Werk bisher noch kaum einmal der Öffentlichkeit vorgeführt wurde. An der Vernissage führte Frau Dr. Margarete Pfister-Burkhalter vom Kupferstichkabinett Basel in einem eindrucksvollen Bild in die so diametral entgegengesetzten Charaktere und Lebenswege der beiden Künstler ein, die sich ganz besonders kennzeichnend und einprägsam auch in ihrem graphischen Werk dokumentieren: den genial hingeworfenen, von Leben und Temperament sprühen• den Skizzen Frank Buchsers und den mit liebevoll minuziöser Versunkenheit in den Gegenstand ausgearbeiteten Zeichnungen Otto Frölichers. Der schöne Anklang, den die Ausstellung fand, zeigte sich in einem Besuch von über 400 Personen. Im Jahre seines 70. Geburtstages veranstaltete die Zentralbibliothek schliess• lich vom 23. Oktober bis 20. November eine Jubiläumsausstellung zu Ehren unseres bekannten Solothurner Komponisten Richard Flury. Den festlichen Glanzpunkt der Vernissage setzte die Wiedergabe seines 7. Streichquartetts in d-moll durch des Komponisten eigenes Streichquartett. Als Freund und intimer Kenner würdigte Kapellmeister Eugen Huber, Bern, Wesen und Werk des Jubilars. Die Ausstellung selber gliederte sich in zwei Teile. Der eine brachte als Dokumentation zu dem um• fangreichen und vielfältigen Lebenswerk des Komponisten und Dirigenten Parti• turen, Konzertprogramme, Plakate zu Aufführungen des Meisters oder zu von ihm geleiteten Konzerten, Photographien, die so manche wertvolle Erlebnisse und Begeg• nungen wieder in der Erinnerung erstehen Messen. Als wertvolle und viele interessie• rende Zugabe legte der Komponist seine umfangreiche Autographensammlung erst• mals der grossen Öffentlichkeit vor: Sie umfasst neben den vielen persönlichen Zuschriften prominenter und prominentester Persönlichkeiten des internationalen Musiklebens an den Sammler auch eine erstaunlich reiche Zahl von Autographen, zum Teil recht umfangreicher Art, von fast allen grossen Komponisten des 19. Jahr• hunderts, die den Neid auch grösserer öffentlicher Sammlungen erwecken könnte. Die allgemeine Beliebtheit, die der liebenswürdige Komponist geniesst, Hess auch für diese Ausstellung die Zahl der Besucher die 400 übersteigen.

31 VII. Finanzen

Gegenüber dem Voranschlag erzeigt die Verwaltungsrechnung eine Erhöhung der Ausgaben um rund 37 000 Fr. Daran sind gut zur Hälfte die ihrer Natur nach nicht in den Voranschlag einsetzbaren zusätzlichen Kredite für Bücheranschaffungen betei• ligt; der Rest verteilt sich auf erhöhte Kosten für eine Gebäudereparatur und Gehälter. Da die Kosten für Bücheranschaffungen insgesamt um rund 8000 Fr. geringer waren als im Vorjahr, blieb die Gesamtsumme der Ausgaben trotzdem um fast 6000 Fr. kleiner als 1965. Diese Tatsache darf vom finanziellen Standpunkt aus sicher als erfreulich hervorgehoben werden; erster Masstab muss aber die Leistung und Leistungsfähigkeit der Bibliothek bleiben.

32 a) Verwaltungsrechnung auf 31. Dezember 1966

Ausgaben Einnahmen Fr. Fr. Beiträge des Staates 304 402.— Beiträge der Einwohnergemeinde 152 201.— Beiträge des Dispositionsfonds 7 501.— Auflösung des Stiftungsfonds 2 259.15 Bezug ab Konto Rückstellungen 2 470.— Beiträge der Freunde der Zentralbibliothek . . 1 963.15 Leihgebühren 3 422.— Mahngebühren 756.25 Andere Einnahmen 12 298.24 Bücherankäufe aus dem ordentlichen Kredit . 60 031.11 Bücherankäufe aus Beiträgen des Dispositions• fonds, der Freunde der Zentralbibliothek und andern zweckbestimmten Einnahmen 21 822.94 Buchbinderarbeiten 9 898.87 Restaurationsarbeiten 4 947.90 Ausbau der Kataloge 2 448.95 Mobiliar 1 948.36 Drucksachen, Büromaterial und andere Materialien 7 710.80 Allgemeine Unkosten 6 280.31 Gehälter und Zulagen 281 310.90 Pensionskassen- und Sozialbeiträge .... 36 437.55 Gebäude- und andere Versicherungen . . . 6 541.10 Heizung, Beleuchtung und Reinigung . . . 22 762.80 Unterhalt der Gebäude und des Parkes . . . 19 364.60 Ausstellungen 1 844.15 Vortrag auf neue Rechnung 3 922.45

487 272.79 487 272.79

33 b) Vermögensrechnung auf 31. Dezember 1966

Aktiven Passiven Fr. Fr. Kassa, Ausstände, Wertschriften, Sparheft, Postcheck- und Bankguthaben 48 944.69 Dispositionsfonds 8 542.05 Grundstücke und Gebäude 1 103.560.— Bücher-Inventar 1.— Mobilien-Inventar 1.— Kreditoren 1 010.— Kautionen 575.— Vermögen Rückstellungen 9 398.60 Vermögen Rückstellungen aus Verkauf Handschriftenkatalog 14 359.63 Vermögen Dispositionsfonds 8 542.05 Vermögen Baufonds 12 677.05 Vortrag auf neue Rechnung 4 875.71 Vermögen 1 109 610.70

1 161 048.74 1 161 048.74

Der vorliegende Bericht wurde von der Bibliothekskommission in ihrer Sitzung vom 28. Juni 1967 genehmigt.

Solothurn, den 28. Juni 1967 Der Präsident der Bibliothekskommission: Dr. Alfred Wyser

Der Berichterstatter: Dr. Hans Sigrist

34 Gesellschaft «Freunde der Zentralbibliothek Solothurn»

Tätigkeitsbericht 1966

Im Jahresbericht der Zentralbibliothek pro 1965 wurde die Gründung der Gesell• schaft «Freunde der Zentralbibliothek Solothurn» ausführlich dargestellt und gewür• digt, wobei bereits zum Teil auch die Entwicklung im Jahre 1966 einbezogen wurde. In der zweiten Jahreshälfte traten keine neuen Entwicklungen oder bemerkenswerte Ereignisse mehr ein. Mit Rücksicht darauf, dass die Gründungsversammlung erst kurz vor Neujahr stattgefunden hatte, wurde auch auf eine Generalversammlung ver• zichtet; sie wird erstmals 1967 einberufen werden. Aus ähnlichen Gründen wurden die Jahresrechnungen pro 1965 und 1966 ausnahmsweise zusammengefasst. Sie orientieren über die finanzielle Lage der Gesellschaft. Aus den jährlichen Mitgliederbeiträgen und Kapitalzinsen standen für die bei• den Jahre für stiftungsgemässe Bücheranschaffungen Fr. 5988.55 zur Verfügung. Davon wurden für Ankäufe verwendet Fr. 3797.45; der Restbetrag von Fr. 2191.10 steht für 1967 zur Verfügung. Der Vorstand beschloss die Anschaffung der nachfolgenden Werke, die durch ein besonderes Signet als Zuwendungen der Gesellschaft an die Zentralbibliothek gekennzeichnet werden sollen: Universum der Kunst (bisher erschienen 8 Bände, von ca. 50 geplanten) Taubert: Bibliopola, Bilder und Texte aus der Welt des Buchhandels, 2 Bände. Schidlof: La Miniature en Europe, 4 Bände. Das Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg. Deutsche Hand• werkerbilder des 15. und 16. Jahrhunderts (Facsimile). Die Miniaturen des Stundenbuchs der Katharina von Kleve (Facsimile). Dürer: Underweysung der Messung (Facsimile). Orte/ius: Die schönsten Karten aus dem Theatrum orbis terrarum (Facsimile). Braun I Hogenberg: Civitates orbis terrarum (Facsimile) 3 Bände. Dante: Divina Commedia, Luxusausgabe mit mittelalterlichen Illustrationen, 6 Bände. Ramuz/ Gimmi: Adam et Eve. Emi: Chevaux.

35 Rechnung für die Jahre 1965 und 1966

Ausgaben Einnahmen Fr. Fr. Einmalige Beiträge der Mitglieder .... 36 740.— Jährliche Beiträge der Mitglieder .... 4 946.70 Zinsen 1 062.30 Unkosten 20.45 Ankäufe der Zentralbibliothek Solothurn 1 963.15 Übertrag der einmaligen Beiträge auf Konto Vermögen 36 740.— Saldo zur Verfügung für Bücherankäufe 4 025.40

42 749.— 42 749.

Vermögensrechnung auf 31. Dezember 1966

Aktiven Passiven Fr. Fr. Guthaben Postcheckkonto 5 818.40 Wertschriften 37 000.— Depositenheft Solothurner Handelsbank ... 9 658.70 Depositenheft Schweizerische Volksbank ... 19 970.— Guthaben für Quellensteuer 287.— Für Ankäufe zur Verfügung stehender Betrag 4 025.40 Aus einmaligen Beiträgen geäufnetes Vermögen . . Fr. 36 740.— Vermögen Industriefonds . . . Fr. 31 968.70 68 708.70

72 734.10 72 734.10

36 Ein neuer Holzschnitt des Heiligen Josef von Ludwig von Ulm

Von Richard S. Field, Assistant Curator of Prints, National Gallery of Art, Washington DC

Erwin Rosenthal gewidmet

Die Veröffentlichung eines neuen Holzschnittes aus dem 15. Jahrhundert, besonders eines, der im letzten Viertel des Jahrhunderts ausgeführt wurde, ist ein ausser- gewöhnliches Ereignis, das unsere Kenntnisse um vieles erweitert. Sicher, den Hei• ligen Josef in der Zentralbibliothek Solothurn (Abb. 1) kann man schwerlich als ein bemerkenswertes Kunstwerk betrachten, aber er erlaubt uns eine neue Bewertung verschiedener alter Probleme. Er eröffnet uns drei verschiedene Zugänge zur For• schung. Erstens die Ikonographie: sie ist ungewöhnlich und kennzeichnet eine wichtige Änderung der Tradition. Zweitens könnten durch das Studium des Textes und seiner Quellen einige neue Einblicke in die Verehrung des hl. Josef gewonnen werden. Drittens und am wichtigsten sind die Betrachtungen über Stil und Technik. Diese erlauben uns nicht nur, das Werk einem bestimmten Holzschneider, Ludwig von Ulm, zuzuschreiben, sondern sie liefern auch, zusammen mit andern Tatsachen, ein plausibles Datum für den Heiligen Josef und eine neue Rekonstruierung von Ludwigs letzten Jahren.

I. Ikonographie

Der Heilige Josef ist mit schwarzer Druckfarbe auf Papier ohne Wasserzeichen ge• druckt und wurde eingeklebt auf der Innenseite des Einbandes eines Basler Breviers, das 1478 (M. Wenssler, Basel, Signatur: Rar 142a) veröffentlicht worden ist, gefunden'. Er hat die Grösse 260x189 mm und ist handkoloriert in Braun, Gelbbraun und Grün. Er ist nie von Schreiber2, dem grössten Gelehrten auf diesem Gebiet, beschrieben worden und wurde nur 1943 in einem kurzen Artikel von Dr. Leo Altermatt erwähnt3. Tatsächlich führt Schreibers Handbuch nur zwei Holzschnitte des hl. Josef an; einer der beiden könnte Josaphat darstellen, während der andere wahrscheinlich aus dem frühen 16. Jahrhundert datiert4. Keiner der beiden zeigt die Ikonographie des Solo• thurner Schnittes, und keiner der andern Holzschnitte, die den hl. Josef einschliessen, erweist diesem die einzigartige Ehre, die ihm hier zuteil wird5. Alle Studien der Ikonographie des hl. Josef haben klar auf die Zurückhaltung der mittelalterlichen Kunst hingewiesen, ihn allein darzustellen6, sogar so spät bis ins 16. Jahrhundert. Das überrascht uns aber kaum, wenn wir es auf dem Hintergrund der Haltung der Kirche Josef gegenüber betrachten: Seine relative Vernachlässigung während ihrer ersten 1000 Jahre, die unablässigen Streitigkeiten wegen seiner Beziehungen zu Maria und Jesus und die unentschiedenen Zweifel hinsichtlich seiner wahren Wertung und Bedeutung unter den Heiligen. Kein Wunder, dass er kaum durch mehr als eine sporadische Erwähnung in den Martyrologien geehrt wurde7. Da die Hauptquellen für das Leben Josefs grösstenteils apokryph sind", war seine Darstellung in der Kunst logischerweise auf erzählende Szenen beschränkt.

37 deren Aufgabe es war, die fromme Verehrung der Jungfrau zu erwecken. Sogar im Solothurner Holzschnitt ist Josef nicht allein, sondern in seiner Rolle als Pflegevater Jesu dargestellt. Das Jesuskind zeigt deutlich auf seinen Vater, als ob es dem Betrachter dessen Verehrung empfehlen wollte, und direkt darüber finden wir die Bemerkung, dass das Fest des hl. Josef am 19. März zu feiern sei. Wie das Bild, war das Datum dieses Festes relativ neu in einem so öffentlichen Zusammenhang wie einem populären Holzschnitt. Einen Teil der Einzigartigkeit dieses Holzschnittes macht aber gerade aus, dass er die langsame Verbreitung des Festes und der Liturgie der Verehrung des hl. Josef im öffentlichen Bereich dokumentiert. Obwohl die Ikonographie keinen spezifischen Vorläufer gehabt zu haben scheint, erscheint eine Quelle für seine Symbolik in zwei anderen Szenen*. Die erste, sicher nicht ein direktes Vorbild, wurde in einer von Giottos Fresken in der Untern Kirche in Assisi gefunden; sie stellt die Rückkehr aus dem Tempel in Jerusalem (nachdem Maria und Josef Jesus verloren hatten, Lukas 2.41-51) dar. Aber die direkte Inspi• ration für unsern Holzschnitt war wahrscheinlich die Blockbuch-Ausgabe der Biblia pauperum von ca. 1466'°. In der Rückkehr von Aegypten auf Folio 12 führt Josef Jesus an der Hand, ganz ähnlich wie er auf dem Solothurner Holzschnitt erscheint. Wie passend, dass unser Holzschneider eine niederländische Quelle verwendet hat, an welche er sich auch für technische und stilistische Instruktionen wandte. Das Centre de recherches et de documentation sur Saint-Joseph in Montreal verzeichnet kein früheres Bild, das Josef allein mit dem Christkind darstellt. Erst in der Folge dieses Holzschnittes finden wir eine solche Darstellung, so im bekannten Beispiel von Seitz, dem Flügel des Beschneidungs-Altars (1500-1510) vom Meister der Heiligen Sippe11; oder in einem andern Holzschnitt, auf den wir später noch zu sprechen kommen werden, der eine Kopie eines verlorenen Originals vom Urheber unseres Heiligen Josef sein muss. So, als unabhängiges Bild, erschiene der Solo• thurner Holzschnitt als ein ziemlich wichtiges Dokument in der Ikonographie des hl. Josef.

II. Der Text und seine Quellen

Sogar Jean Gerson, der einen grossen Feldzug unternahm, um Josef in die Liturgie und den Heiligenzyklus der Kirche einzuschliessen, konnte 1416 nur unbestimmte Belege für die wenig verbreitete Verehrung des hl. Josef geben; tatsächlich hatte er keine Ahnung, an welchem Tag der Pflegevater Jesu am häufigsten gefeiert wurde". Autoren wie Seitz, die unzählige Missale aus dem 15. Jahrhundert geprüft haben, berichten, wie selten man auch nur auf eine Votivmesse stosse und wie wenig Josef in den Kalendern und Brevieren erwähnt werde. Nichtsdestoweniger wird Josef zum

38 ersten Mal in einem westlichen Martyrologium schon im 8. Jahrhundert erwähnt, in einem Manuskript aus Nordfrankreich oder Flandern, wo dem 20. März gegenüber geschrieben steht: «Joseph sponsus Mariae»'3. Bekannter ist das Hieronymus- Martyrologium der Reichenau aus dem 9. Jahrhundert, wo wir Josefs Namen dem 19. März gegenüber finden14. Natürlich sind dies nicht einmal liturgische Kalender und weisen nur darauf hin, dass Josefs Gedächtnis gefeiert wurde, nicht dass eine Messe zelebriert wurde. Der erste aufgezeichnete Gottesdienst zu Ehren des hl. Josef erscheint immerhin nicht vor dem sogenannten Lütticher Stundenbuch im 13. Jahr• hundert, das aus dem Benediktiner-Kloster von St. Laurenz, Lüttich, stammt15. Die ersten Messen, die bis auf unsere Zeit überliefert worden sind, datieren vom Ende des 14. und vom Beginn des 15. Jahrhunderts, nämlich jene von St. Florian (Österreich)" und von Regensburg (1434)". Es versteht sich, dass diese und andere Devotionen nicht nur lokal, aber auch nicht überaus verbreitet waren. Im Gegensatz dazu be• günstigte die vermehrte Liebe des 15. Jahrhunderts zum erzählenden und intimen Detail häufig die Gestalt des hl. Josef in volkstümlichen Traktaten und Schauspielen, in denen er oft und zu Unrecht erniedrigt wurde wegen des unangemessenen Ein• flusses der Apokrypha". Beide Aspekte, die vereinzelte Verehrung und die volks• tümliche Legende, stehen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Holzschnitt und seiner Umgebung; wegen seines Textes und wegen des Datums des Festes muss er direkt aus einer Gegend oder Stadt abstammen, in der die Verehrung relativ allgemein verbreitet war. Der Text des Solothurner Holzschnittes hat die Form eines Suffragiums, eines speziellen Gebets, welches während bestimmter Stunden in bestimmten Perioden des jeweiligen liturgischen Zyklus verrichtet wird. Es besteht aus Antiphon, Versikel und Kollekte, die aber auch separat in den verschiedenen Teilen des Gottesdienstes gefunden werden können. Die drei Solothurner Texte erscheinen Wort für Wort in einem Kompendium von Officien, Messen und Gebeten zu Ehren des hl. Joachim, des hl. Josef und der hl. Anna, das in und wahrscheinlich für den Gebrauch von Basel zusammengestellt, aber ca. 1478 in Augsburg von Anton Sorg gedruckt wurde". Ferner können sowohl die Antiphon als auch der grösste Teil des Versikels und eine rudimentäre Form der Kollekte in einem früheren Buch desselben Typus gefunden werden, das in Basel ca. 1476 von Martin Flach gedruckt worden ist". Diese Quellen würden unsern Holzschnitt scheinbar mit Basel, ca. 1475-1480, verbinden. Aber zuerst fordert der Text eine detailliertere Überprüfung. Wir werden zeigen, dass die Erwähnung des hl. Joachim in der rechten obern Ecke nicht nur ein weiterer Beweis für die Verbindung des Holzschnittes mit Basel ist, sondern dass die Verehrung und die künstlerische Darstellung des hl. Josef ihren Anstoss von jener erhielt, die der

39 sogenannten Heiligen Sippe entgegengebracht wurde und deren Anfänge auch eng mit Basel verknüpft sind. Die Antiphon stammt aus Matthäus 1.20-21 : Joseph fili david noli timere, acci pere mariam conjugam tuam, quod enim in ea natum est, de spiritu sancto est, pariet autem filium, et vocabis nomen eius iesum, ipse enim salvum faciet populum suum a peccatis eorum, Alleluia. Diese Worte wurden und werden noch immer häufig im Officium des hl. Josef gebraucht11. Der Versikel mag ebenfalls abgeschrieben werden: Honor et vere divicie sunt in ioseph domo, et celi delicie virgo mater et deus homo. Er erscheint sowohl als Responsorium bei der Terz, als auch als Antiphon bei der zweiten Vesper in den Sorg-Officien von ca. 1478 (Folio 13v und 14r). Bei der letzteren wird er von der Bemerkung «Psal. Beatus vir.» gefolgt, ein Hinweis auf den 112. Psalm, dem er in Form und Inhalt teilweise entspricht. Dieselben Zeilen finden sich auch in den Flach-Officien von ca. 1476 und in denselben Hören (Folio 27r und 28r). Schliesslich die Kollekte: 0 domine jhesu criste, fili dei vivi et Marie virginis, quid sancto Joseph iam in celis denegare poteris, quem tantum hic in terris dilexisti, ut ipsum in patrem putativum et nutricium tuum, matrisque tuae sponsum et secretarium per cunctis viventibus elegisti, teque ut pie creditur saepius in infancia tua, manibus suis contrectare, osculari et in brachiis suis portare meruit, ipso pro nobis intercedente pecatorum nostrorum da nobis veniam, ut gratiam et misericordiam tuam in praesenti, et gloriam in futuro consequamur, qui cum patre. . .

Wie es geschrieben ist, stellt dieses Gebet eine Kombination der Kollekte für die Laudes, die auf Folio 13r erscheinen, und der Oratio in der Terz auf Folio 13v der Sorg-Officien" dar. Sein einziger Vorläufer findet sich in den Flach-Officien, auf Folio 27r, wieder die Kollekte zu den Laudes, welche mit derselben Ermahnung enden, «Ipso pro nobis intercedente. . .» Eine äusserst gründliche Untersuchung dieser zwei und fünf verwandter Publikationen schrieb Joseph Müller 1909". Er beweist, dass die Flach-Officien von ca. 1476 im Kartäuser-Kloster in Basel zusammengestellt wurden, und dass ihr Autor höchstwahrscheinlich Prior Heinricus Arnoldi (1407-1487) war. Weiter deutet Müller an, dass die Sorg-Officien nicht nur von den Flach-Officien abstammen, sondern auch, dass gewisse Änderungen von Johannes Knüssli, einem Priester in St. Gallen, stammen. Müller würde gerne folgern, dass die Augsburger Ausgabe durch

40 Knüsslis Vermittlung zum Gebrauch in St. Gallen angefertigt wurde. Doch er zögert mit Recht, denn dasselbe Buch weist andere Änderungen und Beifügungen auf, besonders den Bericht über ein Wunder, der im Kartäuser-Kloster in Basel aufge• zeichnet wurde und der wiederum von Arnoldi aufgeschrieben worden ist. Ein sorg• fältiger Vergleich der Josef-Officien zeigt im weitern, dass, trotz der offensichtlichen Abhängigkeit des einen vom andern, jenes von Sorg viel mehr Änderungen aufweist (z. B. alle Lektionen), als dasjenige, auf das in Knüsslis Handschrift in der Münchner Kopie hingewiesen wird. Folglich ist es ziemlich sicher, dass dieses Münchner Exemplar Sorg nicht als Vorlage diente". Müller führt auch 12 Kollekten des Stiftsarchivs St. Gallen an, die von Knüssli geschrieben worden sind. Sie zeigen den Einfluss der Sorg-Officien von 1478, ja sie wiederholen sogar einige Phrasen, die mit dem Solothurner Holzschnitt verknüpft sind. Aber unser allgemeiner Eindruck geht dahin, dass die Originalquelle Arnoldi und die Mönche der Kartause Basel waren. Trotz dieser Folgerungen zeigen Müllers Forschungen, dass die Josefs-Verehrung und die dazugehörigen Texte nicht auf Basel beschränkt waren. So verfügte Knüssli, der 1478 in St. Gallen auftauchte, zweifellos über die Flach-Officien und nahm unverzüglich die Verehrung des hl. Joachim und der hl. Anna auf, die für St. Gallen 1476 von Sixtus IV. durch eine spezielle Bulle genehmigt worden war". Um 1480 gründete Knüssli eine besondere Pfründe, die zur Bedingung machte, dass täglich die Kollekten des hl. Josef vorge• tragen würden". Und 1482 erhielt Knüssli eine weitere spezielle Bulle von Sixtus IV., die die Verehrung des hl. Josef ausdrücklich erlaubt, wie Knüssli, dessen Namen angeführt ist, sie erbeten hat". Mit viel Detektivarbeit bewies Müller auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderes Buch von ca. 1478/79 vorhanden gewesen sein muss, von dem ein Kom• pendium von 1507 abgeleitet wurde". Aus diesem Text von 1507 erfahren wir, dass der Kult der hl. Josef, Joachim und Anna auch in Konstanz stark verbreitet war, vermutlich ungefähr zu derselben Zeit, in den späten siebziger Jahren. So wurde also Müllers Werk erlauben, den Heiligen Josef von Solothurn mit Basel, Konstanz oder St. Gallen, mit andern Worten mit der ganzen Nord- oder Rhein-Grenze der Schweiz in Verbindung zu bringen. Aber das Zeugnis des Textes und die Tatsache, dass der Holzschnitt in einem Basler Brevier gefunden wurde, sprechen am überzeugendsten für Basel; immerhin ist es nicht sicher, dass der Schnitt auch in Basel ausgeführt worden ist. Ein anderer augenfälliger, aber wichtiger Aspekt von Müllers Studie ist die klare Verbindung, die er zwischen der Verehrung des hl. Josef und der Verehrung der Heiligen Sippe herstellt. Tatsächlich lenken besonders die Flach-Officien von ca. 1476

41 die Aufmerksamkeit darauf, da sie mit der Bulle De conceptione virginis Mariae'0, die das Fest der Unbefleckten Empfängnis offiziell auf den 8. Dezember festlegt, beginnen, die Eugen IV. 1439 während des Konzils von Basel herausgegeben hat. Obwohl Josef darin nicht erwähnt wird, scheint es aus andern Gründen, dass die Einführung Josefs als eine Gestalt der Heiligen Sippe nicht lange auf sich warten Hess. Sicher forderten die Werke Gersons und seiner Nachfolger diese Sache. Es ist jetzt klar, weshalb das Datum des Festes des hl. Joachim (das sowohl in den Flach- wie in den Sorg-Officien bekanntgemacht wird) auf dem Holzschnitt erwähnt wird. Offen• sichtlich wird er mit Josef in seiner Rolle als Vater gleichgestellt, aber er gehört auch vom liturgischen Standpunkt aus dazu, denn in Basel wenigstens waren er und Josef eng miteinander verbunden, in der Verehrung der Hei/igen Sippe. Der Joachimstag selber, der 9. Dezember, ist ein guter Hinweis auf Basel, denn Joachim wurde in sehr wenigen Städten verehrt und wenn überhaupt, kaum an diesem Tag31. In W. H.J.Wales interessanter Zusammenstellung von 39 gedruckten Missal-Kalendern (1480-1570, ein nicht sehr umfassendes Unternehmen) können wir sehen, dass sogar schon tief im 16. Jahrhundert die Verehrung des hl. Josef kaum allgemein verbreitet war; nur 13 Kalender führen Josef an und nur 2 erwähnen Joachim am 9. Dezember32. Diese Auslassung bestand weiter, obwohl 1479 Sixtus IV. sogar vorgeschrieben hatte", dass das Fest des hl. Josef im Römischen Missale eingesetzt werden müsse (welches zu dieser Zeit natürlich nur für den lokalen Gebrauch diente und von andern Diözesen nicht unbedingt befolgt werden musste)34. Obwohl es verlockend wäre, können wir unsern Holzschnitt nicht im Hinblick auf das Dekret von Sixtus IV. datieren, dessen Einfluss weder unmittelbar, noch sehr tief gewesen sein kann. Ein Datum später als 1478 ist eher anzunehmen, da unsere Kollekte ihre endgültige Form wahrscheinlich nicht vor jener Zeit erreichte. Auch vom Gesichtspunkt des Stils und der Technik aus scheinen genau dieselben Jahre in Frage zu kommen. Wir werden auch noch über zwei weitere Holzschnitte von oder nach Ludwig diskutieren, die beide die Heilige Sippe darstellen und die auch nach 1475 datiert werden können.

III. A. Der bekannte Ludwig

Der Holzschneider oder der Herausgeber, dem wir den Solothurner Hei/igen Josef zuschreiben, hat zwei Stücke signiert; diese bilden die Grundlage unserer Kenntnisse von Ludwig. Obwohl die verschiedenen Autoritäten, die seine Leistungen untersucht haben, sich über die Grenzen seines Oeuvres nicht einig sind35, stimmen alle überein.

42 dass diese beiden signierten Werke von derselben Hand stammen, und dass sowohl ihr Stil wie andere Indizien beweisen, dass ihre Ausführungsdaten sehr nahe bei• einander liegen müssen. Der erste ist ein Einblatt-Holzschnitt, der den hl. Christo- phorus und den hl. Antonius darstellt (Abb. 2) ; er befindet sich in der Württember• gischen Landesbibliothek Stuttgart (Schreiber 1379) und ist signiert: «Ludwig Maler ze Ulm»". Der zweite ist eine deutsche Ausgabe des Blockbuches Ars moriendi, signiert « Ludwig ze Ulm»". Beide Werke sind Kopien ein wenig früherer niederlän• discher Holzschnitte, von denen noch Abzüge vorhanden sind. Trotz der grund• legenden stilistischen Differenzen zwischen den Originalen hat Ludwig sie beim Kopieren einander näher gebracht durch seine relativ unbeugsame und «mecha• nische» deutsche Technik, mit ihren ausgeprägten und schweren Konturen, die mit den genauestens geordneten und feinen Schraffuren des Innern kontrastieren. Wäh• rend die besten niederländischen Holzschnitte überbetonte Linien oder Flächen ver• meiden, scheinen Ludwigs Werke über-ansprechbar auf die Fläche des Holzblocks; tatsächlich ist seine Linienführung vom harten und unnachgiebigen Holz, aus dem das Bild geschnitten wurde, abhängig. Da sich Linien nicht von sich aus bewegen, enthüllen diese uns einen Ludwig, der nicht Künstler genug war, zu verstehen, wie die besten nordlichen Werke von den Aufzeichnungen einer schnell sich bewe• genden Feder inspiriert worden sind. Die Tatsache, dass Ludwig nur ein Kopist (wenn auch ein geschickter) gewesen ist, unterstützt diese Ansicht über seine künstlerischen Fähigkeiten. Die Präzision und die klare Wirkung von Ludwigs Technik spiegelt sich reichlich im Zeichnen und Schneiden seiner Lettern wider. Obwohl wenig Vergleichsmöglich• keiten vorhanden sind, haben die beiden Signaturen und der Text der Ars moriendi vieles gemeinsam. Sie sind so individuell gestaltet, dass der grösste Teil der Ludwig zugewiesenen Werke 1914 von Molsdorf allein auf der Grundlage des Stils seiner Buchstaben zusammengestellt werden konnte. Wir wollen diese Gruppe als Grund• stock benutzen und so ein grobes chronologisches Gerippe entwerfen, indem wir die Literatur zusammenfassen und feinere stilistische Unterscheidungen vorschlagen. Dann, im letzten Abschnitt, werden wir über fragwürdige Werke diskutieren und neue Zuschreibungen bieten. In Wirklichkeit hat Ludwig zwei oder drei Ausgaben der Ars moriendi ausgeführt. Die erste ist nach unserer Meinung Schreibers Ausgabe IVA mit lateinischem Text". Weil zieht 1922 den Schluss, dass die früheste die signierte Ausgabe mit deutschem Text sei, weil sie weniger ausführlich sei. Wir hingegen sind der Meinung, dass die lateinische Ausgabe in jeder Beziehung (Stil, Technik, Druck und Sprache) dem niederländischen Original näher kommt, überlegener ist und deshalb die zuerst

43 ausgeführte sein muss. Dann kam die deutsche Ausgabe, die 1473 in Nürnberg von Hans Spörer kopiert worden ist und die uns damit einen Terminus ante quem liefert. Von diesen Erwägungen ausgehend setzen wir das Datum von Ludwigs lateinischer Ars moriendi auf ca. 1468 fest, ungefähr gleichzeitig mit dem Holzschnitt der hl. Chri• stopherus und Antonius; die deutsche Ausgabe mit ihrer grösseren Strenge und Gesetzmässigkeit gehört näher zu 1470, d.h. ungefähr vier Jahre nach dem nieder• ländischen Vorbild. Es ist nur bedauerlich, dass zwischen diesen signierten und datierbaren Werken keine grössere Zeitspanne liegt, in die Ludwigs übrige Holz• schnitte und Blockbücher passen würden. In diesem Zusammenhang wird der Heilige Josef eine wichtige Rolle spielen. Aber zuerst müssen noch einige Zuweisungen Molsdorfs erörtert werden. Die charakteristischen Formen von Ludwigs Lettern sind leicht erkennbar: seine b, h, k und I werden alle oben durch einen schrägen Strich abgeschlossen; dieselben Striche werden für den i-Punkt verwendet, und verdoppelt dienen sie manchmal dazu, einen Umlaut zu bilden. Betonte diakritische Zeichen sind in einer Vielzahl in seinen deutschen Texten vorhanden: zwei rautenförmige Punkte können einen Umlaut darstellen; manchmal erscheint dieser Umlaut als eine kurze gebogene Linie, die einen Punkt von unten her umschliesst; anderswo nimmt der Umlaut die Form eines Zirkumflexes an und wieder bei andern wird er zu einem kleinen Kreis. Kontrak• tionen sind mit dem üblichen Böglein gekennzeichnet. Weniger charakteristische, aber doch wertvolle Anhaltspunkte sind Ludwigs p, g und z, ebenso seine einfachen dekorativen Majuskeln. Im allgemeinen wirkt die Klarheit und Regelmässigkeit der Buchstaben, einzeln und im ganzen, sehr angenehm, während das Schriftbild eine hübsche Ausgeglichenheit zwischen eckigen und runden Elementen aufweist. Alle diese Züge finden sich unzweifelhaft ausgeprägt beim Solothurner Hei/igen Josef. Das früheste Werk von Ludwigs Hand könnte der Gute Hirte im Staatlichen Kupferstichkabinett Dresden sein (Schreiber 839)". Molsdorf war davon nicht ganz überzeugt, denn vielen Buchstaben fehlt der schräge Strich an der Spitze; nichtsdesto• weniger sind die Form der Buchstaben, ihre Sauberkeit und der Gegensatz zwischen den schweren Konturen und den feinern Innenlinien sehr typisch für Ludwigs Schneiden. Der Gesichtstypus ist dem der Ars moriendi verwandt. Der Druck wurde in brauner Druckfarbe ausgeführt, als Reiberdruck: Der Holzblock wird mit dem Bild nach oben hingelegt, das Papier darauf gelegt und der Druck durch Reiben auf der Rückseite ausgeführt. Dies war auch die Technik der frühen Blockbücher. Schreiber verglich verschiedene andere von einander abhängige Holzschnitte desselben Themas miteinander und bezeichnete diesen als den frühesten; er mag ungefähr von 1465 datieren40.

44 Eine viel spätere Darstellung des Guten Hirten (S. 839c) (Abb. 3) befindet sich in der Stadt- und Universitätsbibliothek am Main*'. Der Stil und die Technik weisen auf einen späten Zeitpunkt in Ludwigs Laufbahn hin. Die Figur zeigt beachtliche Bewegung, Ausdruckskraft und Details, während die Ausführung des Schnittes sehr präzise ist, obwohl er viel feiner ist als derjenige jeder anderen der Ludwig zugeschriebenen Werke. Auch die Beschriftung ist bei diesem äusserst kultiviert, mit feineren, kompakteren Buchstaben und wahrnehmbar spitziger aus• laufend und schwellender. Ein Vergleich zwischen dem Solothurner Heiligen Josef und diesem Guten Hirten lässt vermuten, dass der erste aus den späten siebziger, der letztere aus den frühen achtziger Jahren stammt.

Zwei weitere Holzschnitte wurden ebenfalls von Molsdorf diskutiert; ein Christus am Kreuz (S. 936a), damals in Dillingen an der Donau und jetzt in der Hand• schriften-Abteilung der Münchner Staatsbibliothek*2, und ein Holzschnitt desselben Themas (S. 937) im Wallraf-Richartz-Museum Köln". Einmal mehr können wir wahrnehmen, was Molsdorf übersehen hat, nämlich, dass das Münchner Werk eine frühe, das Kölner Werk aber eine späte Phase darstellt. Ganz offensichtlich ist der Text des Münchner Blattes viel schwerfälliger und nicht annähernd so präzise wie Ludwigs übliche Werke; dies ist wohl teilweise der dünnen Druckfarbe und dem Drucken (es ist eine Druckerpresse verwendet worden) zu• zuschreiben und teilweise einer weniger sichern Hand. Der Textblock ist oben links so mangelhaft, dass man dahinter die Gegenwart eines Gehilfen vermuten könnte. Aber die Ausführung der Gestalt Christi selbst mit den ausgeprägten Krümmungen des gepeinigten Körpers, mit den quer verlaufenden Falten der Kleider und mit den aus• drucksvollen Zügen auf dem Antlitz Christi weist ganz offensichtlich auf ein weiteres niederländisches Original hin, nicht zu weit entfernt von jenem, welches für die Heiligen von 1468 verwendet worden ist. Dass es ungefähr aus der gleichen Zeit wie der Dresdener Gute Hirte stammen muss, ca. 1465-1470, darauf lassen einige über• einstimmende Details schliessen. Zum Beispiel sind beide Schnitte praktisch frei von Schraffuren; beide zeigen eine gewisse Unentschlossenheit im Stil des Textes, d.h. die Lettern sind etwas schwerfällig und untersetzt wie in der Ars moriendi. Und was äusserst wichtig ist, bei beiden Holzschnitten wurde derselbe schwere und relativ ausdruckslose « Konturenstil» verwendet; und natürlich sind beide Kopien. Die Tätigkeit Ludwigs umfasste sowohl die Anfertigung von Blockbüchern als auch von Einblattholzschnitten. Es scheint plausibel, die meisten dieser Blockbücher kurz vor oder nach der Ars-moriendi-Ausgabe zu datieren, also ca. 1468-1475, obwohl uns ihr einfacher Stil zu so frühen Datierungen wie 1460 verleiten könnte. Ein

45 Vergleich der Typen, der Drapierungen und speziell des Schneidens des Textes bestätigt aber diese Theorie. Die beste Plattengruppe befindet sich in einem Blockbuch, vermutlich in der Stiftsbibliothek St. Gallen (wie jeder Autor unerschütterlich behauptet), mit einem separaten Blatt, S. 258a, im Schlossmuseum Weimar". Einmal mehr sind Text und Bild klar jene Ludwigs; Einwände gegen den «Schweizer»-Dialekt, die von Schreiber und Weil erhoben wurden, fallen dahin, denn die meisten Texte Ludwigs weisen eine schwäbisch-alemannische Mischung auf. Wegen ihrer besonders verfeinerten Schneidetechnik gehört diese Serie näher zu der Mitte der Dekade, nahe zum Solo• thurner Heiligen Josef, aber bestimmt vor diesen. Sogar noch näher beim Solothurner Heiligen Josef ist ein anderes Blockbuch- Fragment, das eine spätere Wiederholung des Münchner Christus am Kreuz bildet. Es ist der schon einmal erwähnte Kölner Holzschnitt, S. 937. Dieser kennzeichnet die verspätete Kapitulation Ludwigs gegenüber der zunehmenden Liebe zur Schraffur. Hier, ziemlich dürftig aufgefasst, wird sie eher als abstraktes Muster als für plastische und schattierende Effekte angewendet. Sogar die Konturen sind überbetont und weisen auf eine gewisse Sterilität in Ludwigs Technik zu dieser Zeit hin. Der Konflikt zwischen Innen- und Aussenlinien geht sogar so weit, uns in der Nähe von Christi rechter Achselhöhle eine doppelte Lösung zu bieten. Die Zeichnung ist so oberfläch• lich und flau und hat so viel von ihrer Ausdruckskraft verloren, dass eine typische Klarheit von Zeichnung und Lettern als einziger Vorzug übrigbleibt. Irgendwo zwischen diesen Christus am Kreuz und den Frankfurter Guten Hirten gehört der Solothurner Heilige Josef. Obwohl der letztere besser entwickelte Schraffierungskeile, grössere Lebendigkeit der Handlung und ein weit besseres Verhältnis zwischen Kontur und Detail aufweist, bringen andere Merkmale, z. B. die Beschriftung - beson• ders das J, die Majuskeln und das p und h -, die geschwungene Grundlinie mit ihren Reihen von Strichen und die Einrahmung zur Hervorhebung von wichtigen Namen, den Josef und den Christus am Kreuz in nähere Beziehung. Aus den oben gemachten Beobachtungen ist es uns möglich, eine Tätigkeit zu skizzieren, die sich äusserstenfalls von 1465 bis 1485 erstreckt, und diese in vier sich überschneidende Werkgruppen aufzuteilen: Frühe Holzschnitte (1465-1470), die Blockbücher (1468-1475), einzelne Holzschnitte (1470-1475) und späte Werke (1475-1485). Der Dresdener Gute Hirte und die Stuttgarter Heiligen führen Ludwig als einen guten Handwerker ein, mit einer ziemlich schwerfälligen und unzeichne• rischen Technik, aber als einen, der noch immer einige der weichern Eigenschaften seiner niederländischen Vorbilder beibehalten hat. Seine Lettern, wie auch seine Konturen und Schraffierungen, sorgfältig gezeichnet und sauber angeordnet, streben

46 danach, vollkommen zu sein. Ludwigs früher Stil wurde nicht von den niederländi• schen Blockbüchern*5 bestimmt, sondern von den mehr stilisierten und gehemmten einzelnen Holzschnitten, die ca. 1460 von den Niederlanden ausgingen; im Guten Hirten finden wir auch eine Spur schlichter schwäbischer Schneidetechnik. Die Holz• schnitte aus dem Norden waren ausgeführt mit ausgeprägten Randlinien, die mit den feineren inneren Details kontrastierten. Trotz einer Tendenz zur Strenge haben viele die• ser Holzschnitte eine Freude an runden Formen und weichen Kurvenlinien bewahrt. Sie waren viel besser gezeichnet als die zeitgenössischen mittelmässigen deutschen Werke. Ludwigs Aufgabe war die eines Bildermachers; die Tatsache, dass er, was er kopierte, vergröberte-ja sogar, dass er kopierte-war nicht wichtig für seine Kund• schaft; wie das späte 19. Jahrhundert wahrnahm, bot die Unmittelbarkeit, die in Lud• wigs Art von flachen, aber kraftvollen Bildern enthalten ist, eine direkte Verbindung an, die in der höfischen, rhetorischen Sprache des Stechens und Malens unmöglich ist". Ludwigs mittlere Periode begann mit der zwiespältigen Erfahrung, die Ars moriendi zu kopieren. Als er seine eigenen Blöcke nach denen der frühesten nieder• ländischen Ausgabe schnitt, sah er sich Holzschnitten gegenüber, die den ausdrucks• vollen und feinfühligen Charakter einer Zeichnung auf meisterhafte Weise bewahrt hatten. Ganz offensichtlich war jedoch weder seine Fähigkeit noch seine Technik in der Lage, diese Eigentümlichkeiten zu reproduzieren, und das Resultat war eine über• raschend eckige, überschraffierte, übertriebene und stark verflachte Reproduktion. So• garein eckiges kleines g und ein offenes s erscheinen und bleiben praktisch einmalig in seinen Texten. Die meisten der Gesichter sind gänzlich ausdruckslos, da sie sich an zwei oder drei starre Schemen halten. Die Falten haben jene Form angenommen, die für diese Periode typisch werden soll - Flächen von geborstenem Eis; und jede Be• wegung ist unkoordiniert und übertrieben. In den kleineren Blockbüchern, die er später anfertigte, ist dieser Eindruck gemildert und die unerfreuliche Stilisierung der deutschen Ars moriendi wird gedämpft, um einem Bedürfnis nach Belebung der kleinen schlichten Figuren, die mit viel mehr Sparsamkeit gezeichnet worden sind, zu genügen. Die meisten grösseren Werke der spätem Jahre - der Wendepunkt ist der Kölner Christus am Kreuz - geben der Strömung der typisch süddeutschen Schraffierung nach, die, wie beim Hei/igen Josef, in einzelnen Keilen gesammelt wird. Ludwig ging weiter in der Richtung, den Stil durch technische Formulierungen zu ersetzen. Immerhin war seine Fähigkeit, klare Bilder zu schaffen, nie besser, aber einige der Bilder sind durch nutzlose Graphizismen gekennzeichnet. Nur im Frankfurter Guten Hirten schuf Ludwig eine Harmonie von Kontur, Plastik und massiver Bildhaftigkeit und Schraffur (zweifellos beträchtlich unterstützt von der gewandten Kolorierung).

47 III. B. Der mutmassliche Ludwig

Es soll die Aufgabe dieses Abschnittes sein, über andere Werke zu diskutieren, die die stilistischen Grenzen genauer ziehen oder die chronologischen Grenzen von Ludwigs Oeuvre ausdehnen könnten. Wir gedenken der Warnung Erwin Rosenthals, dass sogar Holzschnitte, die vom selben Holzschneider signiert sind, eine verwirrende Ungleichheit aufweisen können, z.B. jene Werke, die mit «Michel» oder «Casper» in Verbindung gebracht werden47. Doch haben so viele von Ludwigs Werken eine innere Übereinstimmung, dass es paradoxerweise schwieriger ist, seiner Hand Varianten zuzuschreiben. Als Resultat davon wird das Material, das wir betrachten, klar die Existenz von andern Holzschneidern in Ludwigs «Nähe» offenbaren. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass, wie in den Fällen von Michel, Casper, Schorpp und andern, die verwirrendste Schwierigkeit darin besteht, dass Ludwig ein Kopist war, obwohl er selber « Maler» signiert4*. Relativ viel über wenige Jahre und nichts über den Rest des Lebens eines Menschen zu wissen - nicht einmal seinen Todestag -, ist enttäuschend. Nach 1483-1485 haben wir keine Kenntnisse mehr von Ludwigs weiterem Los; wir finden keine Werke mehr von seiner Hand - und dies zu einer Zeit, da Flugblätter (Bilder mit Text) in erhöhtem Masse verbreitet waren. Falls Ludwig noch mehr Holzschnitte angefertigt hat, sollten wir begründetes Vertrauen haben, dass wir seine Hand identifizieren könnten. Folglich scheint es, dass er sich entweder zurückgezogen hat oder gestorben ist; er könnte auch Holzschneider für einige Drucker geworden sein, und dies taucht als eine klare Möglichkeit auf. Wenn wir die unabhängige Tätigkeit Ludwigs ausdehnen wollten, hätten wir daher eher Erfolg, wenn wir uns den sechziger Jahren zuwenden. Das hat den Vorteil, dass es dem Befund des Stuttgarter Holz• schnittes von 1468 nicht widerspricht, der von einer Hand geschnitten wurde, die schon ein gewisses Mass an reifer Geschicklichkeit erlangt hat. Es würde auch den Ulmer Dokumenten, die einen Ludwig Friess I. betreffen, nicht widersprechen. Wir wissen zum Beispiel, dass Friess' Enkelin 1479 Ludwig Schongauer heiratete; das würde heissen, dass Friess 1480 ungefähr 60 Jahre alt war, ein Alter, das auf unseren Ludwig zutreffen könnte". Aber wir schenken der Identifikation dieses Friess mit unserem Ludwig wenig Glauben.

Leider wird die Suche nach frühern Werken nicht sehr ergiebig sein, denn das passende Material spaltet sich in zwei problematische Gruppen: entweder schreiben wir Ludwig einfache schwäbische Werke zu, für die aber nur eine sehr dürftige Ver• bindung mit dem nachgewiesenen Oeuvre besteht, oder wir müssen Werke von einer

48 Vortrefflichkeit akzeptieren, die man Ludwig kaum zumuten kann. Doch es ist not• wendig zu versuchen, diese Grenzen festzulegen. Der erste neue Holzschnitt ist das Vater Unser, einst in der Staatsbibliothek Berlin (S. 1851 f)so. Schreiber datiert ihn um ca. 1475, vorausgesetzt, dass es sich um eine Kopie des niederländischen Exercitium-Blockbuches von ca. 1470 handelt5'; nach unserer Meinung wäre ein Datum näher bei 1470 vorzuziehen. Wie üblich stützen wir uns hauptsächlich auf das Zeichnen und Schneiden des Textes, um unsere Zuschreibung zu stützen. Nicht alle verwendeten Buchstaben sind an der Spitze mit einem schrägen Anstrich versehen, aber andere Formen sind klar die Ludwigs, ein• schliesslich der Majuskeln. Sie rufen uns jene in Erinnerung, die durchwegs in Ludwigs Texten gebraucht werden, während die Minuskeln jenen des Dresdener Guten Hirten ähnlich sind. Ebenso erscheint das unsichere kleine g, das wir schon in der Ars moriendi bemerkt haben. Ein Bindeglied bei unserer Zuschreibung wurde von Schreiber unbewusst entdeckt, als er die Ähnlichkeit von Textform und Dialekt (schwäbisch-alemannisch) mit Ludwigs «St.-Galler» Blockbuch bemerkte. Merk• würdigerweise gibt es eine Ausnahme; die Inschriftenbänder sind nicht nur lateinisch, sondern sie behalten auch die niederländische Letternform bei; offensichtlich wurden sie von der Vorlage als ein Teil der Zeichnung übernommen. Abgesehen vom Text ist es aber schwierig, überzeugende Verwandtschaften mit andern Werken Ludwigs festzustellen. Natürlich ist die allgemeine Formel, schwere Konturen und feine Innen• linien, augenfällig, aber es besteht eine schwäbische Indifferenz in diesen Linien, Figurentypen und Farben. Vergleiche zwischen diesen und einigen der vereinfachten Figuren in der Ars moriendi oder im «St.-Galler» Blockbuch weisen wieder eher eine allgemeine Ähnlichkeit als eine spezifische Identifikation nach. Es war nicht einfach, das Original-Blockbuch mit seiner reichen und freien Schraffierung auf das Wesent• liche für die Kopie zu reduzieren; der Kopist, in welchem wir Ludwig vermuten, verrät seinen wirklichen Mangel an zeichnerischer Geschicklichkeit im Berliner Blatt.

Eine noch gewagtere Zuschreibung zu Ludwig, dem Kopisten der sechziger Jahre, wäre ein Martyrium des hi. Sebastian, das zu der Rothschild-Sammlung, Paris (S. 1684a), gehört. Es ist die Kopie eines bekannten Originals (S. 1684) in der Albertina in Wien, das aus dem Jahr 1437 stammt und wahrscheinlich oberrheinischen Ursprungs ist5*. Sowohl der Text des Gebetes als auch der Konturen-Stil könnten dem frühen Ludwig zugeschrieben werden, aber nie mit Sicherheit. Schreiber bezeichnet lediglich den Dialekt als einen schwäbischen und den Stil als den von 1460-1470. Noch weniger sicher ist ein Schmerzensmann im British Museum (S. 861 ), eine weitere Kopie, diesmal eines deutschen Werkes von ca. 1460".

49 Schliesslich kommen wir zu einem Holzschnitt, der die Allgäuer hl. Ottilie darstellt und der sich jetzt in der Albertina befindet (S. 1645)". Beeinflusst durch die Heilige und durch die dichte Flora lokalisiert Schreiber dieses Werk in die Allgäu- Bodensee-Region und schlägt als Datum ca. 1460 vor. Die nahe Verwandtschaft zwischen den Köpfen der hl. Ottilie mit dem Engel und denen von Christus mit dem Engel im Dresdener Guten Hirten und die im allgemeinen derbe, einfache und klare Technik der beiden weisen ziemlich deutlich auf Ludwig hin. Immerhin erinnern uns die Türme und die Gesichtszüge an andere Holzschnitte, die denen Ludwigs zwar sehr ähnlich sind, jedoch nicht von ihm hergestellt wurden, besonders an S. 1348 und S. 1418, von denen später noch einmal die Rede sein wird. Ein anderes typisch schwäbisches Werk ist das Jüngste Gericht in der Rosenwald-Kollektion in der National Gallery of Art, Washington (S. 600a)5S. Dieses kommt näher an die Heilige Ottilie heran, als irgendein anderes bekanntes Werk; diese beiden Schnitte sind praktisch identisch, sowohl was die Gesichtstypen, als auch was die allgemeine Technik angeht, und auch ihr Kolorit und ihr Druck sind sehr nahe verwandt. Zwar könnten die beiden Holzschnitte auch das Werk eines andern Holzschneiders sein, nämlich Michels, aber sie repräsentieren dieselbe Art schwäbischen Hintergrundes, der vermutlich beiden Künstlern eigen war". Sie stellen das Resultat einer logischen Extrapolation dar, die wir dadurch erreicht haben, dass wir uns vom Dresdener Guten Hirten, von den Stuttgarter Heiligen und vom Berliner Vater Unser zurückgearbeitet haben. Eine zweite zeitgenössische stilistische Strömung der sechziger Jahre wird ver• schiedentlich in der nächsten Werkgruppe offenbar, deren Drehpunkt ausschliesslich die Geisselung im Berliner Kupferstichkabinett (S. 285m) bildet". Kristeller schrieb diese 1915 Ludwig zu und datierte sie vor 1470, brachte sie aber mit andern Werken, die wir als verschieden und minderwertig betrachten, in Zusammenhang. Rosenthal, der das Werk Kristellers 1917 überarbeitete, schrieb sie «Ludwigs Lehrer» zu, eine Art, ihre überlegenen Qualitäten zu würdigen. 1926 schrieb Schreiber die Geisselung Ulm, 1460—1470, zu. Und 1934 äusserte Cohn eine gewisse Unsicherheit und kam auf Kristellers Standpunkt einer Verbindung mit Ludwig zurück. Heute neigen wir, mit einem nur ein wenig besseren Bild Ludwigs, dazu, S. 285 zu akzeptieren. Trotz ihrer imponierenden ausdrucksvollen Qualitäten scheint die technische Eigentümlich• keit Ludwigs Fähigkeiten nicht zu übersteigen, vor allem gemessen an den Stutt• garter Heiligen von 1468. Es besteht bei beiden eine beinahe genaue Übereinstim• mung zwischen den plumpen, ein wenig schwerfälligen Konturen, den draht• ähnlichen Andeutungen der Muskeln und Knochen und einem allgemeinen Drängen gegen die Oberfläche. Letzteres kommt von der Übertreibung von verschiedenen

50 graphischen Aspekten, bei den Gesichtszügen, wie Augen, Nasen und Haaren, bei normalerweise unwesentlichen Schraffierungen und sogar bei den Grundlinien. Dies trifft in erhöhtem Masse für die Geisselung zu, wie da ja auch die Handlung intensi• viert ist. Trotz des Dramas bleiben aber die Gesichter ziemlich ausdruckslos; diese Typen erscheinen öfters in Ludwigs Werk und kennzeichnen das Ersetzen der Erregung durch eine Karikatur. Die daraus resultierende Stumpfheit lässt die Gesichter noch ein wenig abstrakter erscheinen, und infolgedessen erscheinen ihre linearen Komponenten um so mehr auf der Bildfläche. Das ist genau, was sich, in geringerem Mass, bei den Stuttgarter Heiligen und, in erhöhtem Mass, bei der spätem Ars moriendi ereignet. Dies ist zum Teil das Resultat des Kopierens — wir nehmen an, es handle sich um ein niederländisches Original - und zum Teil eine Widerspiegelung von Ludwigs eigener Technik. Sogar wenn der Anreiz des mutmasslichen Originals Ludwig veranlasste, seine üblichen Leistungen zu übertreffen, behält der Holzschnitt immer noch einen Überfluss an grossen und kleinen Aspekten, die ihn mit Sicherheit mit dem übrigen Werk Ludwigs verbinden. Ähnliche Debatten umgeben auch die Heilige Margarete in Berlin, S. 1607". Hier ist es ziemlich klar, dass ein Original niederländischer Herkunft existierte5*, aber die hohe Qualität der Zeichnung und der Ausführung veranlassten andere, einschliess• lich den Schreibenden, die Heilige Margarete gerade über den Fähigkeiten Ludwigs einzureihen60. Jedoch finden wir für jeden Zug, der die Geisselung übertrifft, einen andern, der nur allzu typisch für Ludwig scheint. Wenn auf der einen Seite die Hände Margaretes ungewöhnlich ausdrucksvoll sind, so sind auf der andern Seite jene des Engels beinahe unförmig. Wenn der Kopf des Drachen erschreckend aussieht, so ist Margaretes Kopf ein ziemlich gewöhnlicher Ludwig-Typ, der vom Christkind über den hl. Christophorus zu den Figuren in der Ars moriendi und sogar bis zu der des Heiligen Josefs reicht. Wenn der bucklige Rücken des Monstrums zur unruhigen Wellenlinie wird, die sich im Unendlichen verliert, so sind die Falten von Margaretes Gewändern genau jene platten Flächen geborstenen Glases, wie sie uns so oft in Ludwigs Werk entgegentreten. Dann finden sich auch die längeren einzelnen Linien mit geschweiften Enden, die gänzlich niederländischer Abstammung sind, in den meisten Werken Ludwigs von 1465-1475. Trotz all dieser Herabsetzungen können wir den Reiz der linearen Musterung, der Struktur und sogar der Zeichnung nicht verneinen, der uns zwingt, unsere Einschätzung von Ludwig auf ihren höchsten Punkt zu erheben, zu welchem er, in anderer Form, nur beim späteren Frankfurter Guten Hirten zurückfindet. Während wir diese beiden wichtigen Holzschnitte akzeptieren, würden wir ein Werk wie die Enthauptung des hl. Johannes (S. 1516), das wir als Druck in London

51 und Berlin finden, zurückweisen". Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit der Heiligen Margarete und einer Anzahl von Zügen, die sich teilweise in den übrigen Holzschnitten Ludwigs finden, ist der gesamte Stil und die Ausführung überlegen und muss von einer andern Hand stammen. Dieser Künstler hat klar durch ein bestimmtes Mass an graphischer Freiheit viel vom Geist des originalen Zeichnungsstils bewahrt, was wir in keinem von Ludwigs Werken finden. Sowohl Bewegung wie auch beschreibende Eigenart wohnen in diesen Figuren, die weder die Symbole noch die Zerrbilder sind, denen wir vorher begegnet sind. Und dasselbe Niveau der Differenzierung fühlt man auch in der natürlichen Komposition, die einen überzeugenden Schauplatz für die Handlung schafft. Nur in einer Kopie dieses Holzschnittes, S. 1517, wird man Ludwigs Einfluss, wenn nicht seine Hand, bemerken. Ein anderes Werk, das wir ebenfalls ausschliessen würden, ist der Hl. Stephanus und der hl. Ennerich in der graphischen Sammlung in München (S. 1418); im Gegen• satz zu der Enthauptung wurde dieses Werk aber wirklich mit Ludwig in Verbindung gebracht62. Wir hoffen, dass wir bei einer andern Gelegenheit eine kleine Gruppe rund um diesen wichtigen Holzschnitt entdecken werden, in die auch Schreibers Nummern 884,1119,1348,1527b und (IX. 371 b) passen würden. Diese und die beiden zurück• gewiesenen Werke zeigen feinere und vollendetere Technik und Stil; sie kennzeichnen deutlich die Grenze, über der wir Ludwigs frühes Werk nicht suchen sollten.

Zur Zeit der Ausgaben der Ars moriendi ungefähr hatte Ludwig möglicherweise einen Helfer, dessen Gegenwart wir im Münchner Christus am Kreuz (S. 936a) bemerkten. Möglicherweise erscheint diese Hand wieder in einem umstrittenen Holz• schnitt, einem Martyrium des hl. Sebastian in der Guildhall Library in London (S. 1678), das von Molsdorf, einzig und allein gestützt auf den Stil der Buchstaben, Ludwig zugeschrieben, von allen andern Gelehrten aber abgelehnt wurde. Unserer Meinung nach ist S. 1678 entweder eine Kopie eines verlorenen Originals von Ludwig oder ein Werkstatt-Stück61. Wie beim Münchner Holzschnitt und beim Dresdener Guten Hirten hat es einige leichte Unbeständigkeiten des Lettern-Stils. Mit dem letz• teren hat es die langen, beinahe senkrechten Striche gemeinsam, die der Grundfläche eine begrenzte Tiefe verleihen. Sonst gibt es wenige direkte stilistische oder tech• nische Verbindungen zwischen Sebastian und den andern, aber die Tatsache, dass der Sebastian letztlich teilweise eine Kopie ist, könnte einiges erklären. Verschiedene der Figuren sind Echos eines früheren Martyriums des hl. Sebastian (S. 1676c)64, die in einen Stil umgeformt wurden, der von Ludwigs Ars moriendi abhängig ist. So konnte man den Londoner Sebastian um ca. 1470 oder wenig später datieren, aber früher als 1472, als er in Nürnberg von Hans Paur kopiert worden ist (S. 1679)65.

52 k^m^U^k^m^}ç>Qx^ Cv>mo/Ct rvliMu uy vtn^o ma» itòcoipmo '

òtte iTvfì» rriftV/^^K^ wuV tmsji nuVmu^ f rmm> Je^li

tr> nu*/pamni ß \n« tctmintö cietjt*nii/tc

Abb. 1. St. Josef und das Christkind, Zentralbibliothek Solothurn (nicht beschrieben bei Schreiber) 260x 189 mm Abb. 2. Die heiligen Christopherus und Antonius. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart (Schreiber 1379) 382 x255 mm Abb. 3. Der gute Hirte. Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M. (Schreiber 839 c) 258 x 182 mm Abb. 4b. Die heilige Sippe. British Museum, London (Schreiber 1778) 180x260 mm Wir haben bereits festgestellt, dass Ludwig offenbar recht geschäftig war, eine Menge kleiner Andachts-Blockbücher herzustellen, so z.B. die Passio domini cum orationibus, vermutlich in St. Gallen. Eine andere ähnliche Publikation war, nach einem früheren Besitzer, immer unter dem Namen Apel-Passion bekannt. Sie befindet sich jetzt in den Händen des New-Yorker Händlers William Schab, der vorschlug, die 11 Holzschnitte und Texte Ludwig zuzuschreiben". Sie gehört zu einer sehr verwickel• ten und verworrenen Reihe von Passionsdarstellungen, unter denen die Apel-Blätter nicht den ersten Platz einnehmen. Wie Kristeller 1915 bemerkte, gibt es Fragmente einer viel besseren Serie, die repräsentiert wird durch S. 523 in Berlin". Ob diese Gruppe ebenfalls Ludwig zugeschrieben werden kann, ist noch umstritten. Die schlanken Figuren und die relativ einfachen und oft leicht geschweiften Tuchfalten des Apel-Blocks weisen die Reihe näher zu 1470 als zur Mitte der Dekade. Sowohl Stil als auch Text sichern diesem Blockbuch einen Platz in Ludwigs Produktion. Drei verwandte Holzschnitte könnten eine weitere Passion (von der aber kein Text erhalten ist) darstellen, nämlich S. 365 Jesus wird seiner K/eider beraubt, in London, S. 549 Die drei Marien am Grab, in München, und S. 982 Die Einbalsa• mierung Christi, in Washington". Eine beginnende Kompliziertheit sowohl der Tuch• musterung als auch des Schneidens zieht diese drei Holzschnitte in den Wirkungs• kreis eines andern Holzschneiders, «Peter Maler ze Ulm», dessen Werke denen Lud• wigs sehr nahe stehen. Peter wird üblicherweise als ein wenig später betrachtet; seine Holzschnitte von ca. 1470 werden durch eine offensichtlich hölzerne Empfin• dung charakterisiert, besonders S. *1632x und S. 708". Peter ging aus einer mehr skizzierenden und zeichnerischen Gruppe von Ulmer Holzschneidern hervor, hatte aber auch Teil an der streng abstrakten graphischen Formulierung, die mit Ludwig in Beziehung steht. Seine spätem Werke, eine Passion in München zum Beispiel70, sind voll von Schraffierungen und könnten eine direkte Einwirkung auf Ludwig und seine Werke der spätem siebziger Jahre gehabt haben. Wenige andere Werke könnten in die frühern siebziger Jahre verwiesen werden. Oft umstritten, aber wahrscheinlich von Ludwig sind die Acht Narren (S. 1987) (Abb. 4a). Schreiber kannte nur fünf Blätter-diese gehörten einst auch zu der Apel- Kollektion - und neulich entdeckte man zwei weitere in der Münchner Graphischen Sammlung71. Molsdorf identifizierte die Lettern Ludwigs, aber andere haben die Drucke wegen des Zeichenstils und des Dialekts zurückgewiesen. Tatsächlich wird Schreibers Zuweisung der zugrunde liegenden Zeichnungen nach Basel wieder bestärkt vom ale• mannischen Charakter des Textes. Obwohl die Vermutung, Ludwig habein Basel ge• arbeitet, verlockend wäre (siehe Schluss dieses Artikels), bieten diese Werke hiefür keine genügende Rechtfertigung. Denn in Wirklichkeit muss es die Ikonographie der

53 Narren gewesen sein, die eine andere Art von Gesichtern und Kostümen forderte (wie man bei den Illustrationen zu Terenz, Eunuchus sehen kann, der 1468 von C. Dinckmut in Ulm veröffentlicht wurde); sonst finden alle Linien, Falten und Gesichter Parallelen in andern Werken Ludwigs. Zum Beispiel finden wir die Gesichter der Narren vorge• bildet schon beim Teufel, der sich über das Eingangstor des Fegfeuers lehnt in der Höllenfahrt Christi (S. 688b) aus der Ape/-Passion. Das Fehlen der Schraffierung, das hier sehr bemerkenswert ist, ist nicht so sehr Anzeichen für ein frühes Datum, als vielmehr das Ergebnis derselben Tradition. Der schwere Stil spiegelt denjenigen der St.-Galler und Kölner Fragmente wider. Weniger überzeugend ist ein Holzschnitt der Jungfrau im Tempe/ in London (S. 1005)". Es handelt sich dabei sicher um ein Ulmer Werk von ca. 1475, wie Schreiber berichtet, und es ist Ludwig sehr nahe verwandt. Auf der andern Seite weisen wir Weils Zuschreibung des Berliner Holzschnittes St. Peter und Paul mit dem Schweisstuch von 1473 (S. 1656) entschieden zurück". Wir schliessen diese Periode ab mit einem prächtigen, aber beschädigten Holz• schnitt der Kreuzigung (S. 472) im Kupferstichkabinett der Öffentlichen Sammlung, Basel". Unerklärlicherweise wurde dieser in der Ludwig-Literatur nie erwähnt, obwohl er von der Ulmer Schneidetechnik abhängen muss. Er ruft uns viele Aspekte der betrachteten Werke in Erinnerung, von der Berliner Geisselung bis zu den Acht Narren. Wie im erstem wird eine höchst lebhafte und erzählende Szene ausgedrückt durch das Mittel schwerer Konturen und einer Neigung zu übertriebenen Gebärden und Ausdruck. Aber diesmal gelang es nicht, ein harmonisches Ganzes zu schaffen; die additive Form - besonders wenn Gestalten wie der würfelspielende Soldat im Vordergrund oder der böse Dieb gebraucht werden - scheint einzelne Begebenhei• ten zu einer typisch spätgotischen Szene aufzuhäufen. Man fühlt, dass die Kreuzigung nicht die Schöpfung des Holzschneiders ist, sondern von einem mehr monumentalen Gesamtkunstwerk abstammt. Ein ganz paralleles Beispiel ist eine andere Kreuzigung, S. 472a, in Berlin, deren letzte Quelle italienisch gewesen sein könnte. Dieser Holz• schnitt gehört zu der ausdrucksvollem Gruppe von Holzschneidern, die während der sechziger Jahre in Ulm arbeitete, besonders zu einem Künstler, der, wie wir glauben, in Italien arbeitete, dem sogenannten Meister des Abendmahls in Ravenna1'. Wenn die Basler Kreuzigung zu Ludwigs Oeuvre gehört, kann es sich dabei nur um eine Kopie eines Holzschnittes wie S. 472a handeln. Denn je länger man den Basler Holzschnitt prüft, desto mehr stösst man auf kleine Ausführungsdetails, die nicht zu denen Ludwigs passen - Nasen, Münder, Falten, Hände, Schraffierung, Muskeln usw. Es ist sehr wohl möglich, dass wir hier das Werk eines unbekannten Holz• schneiders vor uns haben, dessen technische Orientierung von Ludwig abhängt.

54 dessen Quelle ein früheres Ulmer Werk von ca. 1460 ist, das seinerseits von einem ausländischen Bild abstammt.

Der Solothurner Heilige Josef und der Frankfurter Gute Hirte haben es uns ermöglicht, uns eine Vorstellung von Ludwigs später Periode, 1475-1485, zu machen. Glücklicherweise können wir zwei bedeutsame Beifügungen machen, aber bevor wir diese erörtern, wollen wir uns einer Gruppe von Blättern zuwenden, die sicher• lich sehr nahe mit Ludwigs eigenen Werken verwandt ist. Die ersten bilden ein Trio und schliessen S. 828a, 1732a und 1338a, alles Kopien, ein. S. 828a, das Christkind mit dem Apfel in der Bibliothèque Nationale, Paris, wurde tatsächlich Ludwig von Cohn zugeschrieben". Zweifellos wurde es stark beeinflusst von allen Formeigen• tümlichkeiten Ludwigs - von dem kleinen Zeichen für den Fussknöchel bis zu den Falten und der Schraffierung -, aber wir betrachten es dennoch als das Werk eines andern. S. 1732a, der Heilige Wendelin, war nur als Block bekannt, von dem aber keine Drucke aus dem 15. Jahrhundert mehr vorhanden sind; und 1945 ist auch der Block selbst zerstört worden; übrig bleiben nur noch ein Abzug aus dem 19. Jahr• hundert und zwei Reproduktionen77. S. 1732a ist eine vereinfachte Kopie von S. 1732 im British Museum, ein Schnitt, der freier gezeichnet ist und der, im Vergleich mit der Kopie, beträchtlich mehr Details und Schraffierung verwendet. Er könnte mit Peters Oeuvre in Verbin• dung gebracht werden7". Da er von der Hand des Pater Gallus Kemli von St. Gallen beschrieben worden ist, dessen Tod, ca. 1477, uns einen Terminus ante quem ver• schafft, könnte er von ca. 1475 datieren. Der Block der Kopie mag daher der Zeit um 1480 oder später zugeschrieben werden. Das dritte Glied des Trios ist S. 1338a, Die Enthauptung der hl. Katharina, die auf die Rückseite des S.-1732a-Blockes geschnitten ist. Einmal mehr ist es eine Tücke des Schicksals, dass kein alter Druck davon übriggeblieben ist. Wie seine Gefährten, so ist auch S. 1338a die Kopie eines Ulmer Werkes von ca. 1475, S. 1338, in der Bibliothèque Nationale, Paris7*. Dieser Holzschnitt steht sicher auf einer höheren Stufe als die drei Kopien, von denen wir soeben gesprochen haben. Er ist mit Peter nicht verwandt, wie das Original für S. 1732a, aber er ist näher mit Ludwig selbst verknüpft. Er ist in der Tat mit dem Solothurner Heiligen Josef sehr nahe verwandt und sogar mit dem Kölner Christus am Kreuz. Während er derartige «Schutzmarken» wie Ludwigs Gesichtsformel (Katharina) und Klarheit der Linien aufweist, fehlen die Genauigkeit und die beton• ten Konturen, die für Ludwigs späte Werke kennzeichnend sind. Zum Beispiel ist die Schraffur verschieden von den schematischen Keilen im Solothurner Heiligen Josef. Die Pariser Katharina könnte deshalb von einer schwächeren Hand ausgeführt wor-

55 den sein; vielleicht hat dieselbe Hand auch S. 1517 geschnitten, den wir schon als Kopie von S. 1516 in London und Berlin erwähnt haben80. In die Periode von 1475-1480 weisen wir zwei neue Werke, zusammen mit einer Kopie eines verlorenen Holzschnittes von Ludwig. Auf die Kopie und auf eines der Originale haben wir bereits hingewiesen, im Zusammenhang mit dem Bild der Heiligen Sippe. Der erste Ludwig ist ein Fragment im British Museum, Library Department (S. 1778), das einen Teil der Heiligen Sippe darstellt (Abb. 4b): Joachim und die Jungfrau als Kind, Maria und Jesus im Glorienschein und die sogenannte Anna Selbdritt (Anna mit der Jungfrau und Jesus)81. Dies ist die obere Hälfte des ziemlich grossen Holzschnittes, und es ist deutlich sichtbar, dass sich darunter, von einer eigenen Einfassung umgeben, entweder ein Text oder ein weiteres Bild befand. Sogar das Ausmass des übriggebliebenen Teils forderte eine ein wenig aufmerk• samere Behandlung der Gesichtszüge und der Schraffur, als wir dies vorher vermerkt haben, aber die Technik, die Typen und die Schrift setzen sich selbst in die Zeit zwischen dem Kölner Christus und dem Solothurner Josef fest. Mit dem erstem hat das Londoner Werk die einfache schwerfällige Ausführung, die welligen Linien am Himmel und den noch zurückhaltenden Gebrauch von Schraffurkeilen zwischen den Tuchfalten gemeinsam; auf der andern Seite verbinden die Köpfe und Gestalten der Kinder das Londoner Werk mit dem in Solothurn. Die Kopie nach Ludwig spiegelt dasselbe Thema wider. Es ist ein grosser Holzschnitt der Heiligen Sippe (S. 1779a) und befindet sich jetzt in der National Gallery of Art, Washington (Rosenwald Collection). Er ist signiert: «Michel Schorpp zu Ulm». Als ich diesen Druck kürzlich beschrieb81, zögerte ich, ihm ein so spätes Datum wie ca. 1495 zuzuschreiben, obwohl die einzigen bekannten Hinweise auf Schorpp in dieser Dekade in Erscheinung treten, wie ich wenigstens glaubte. Jetzt ist es aber offensichtlich, dass ich eine Serie von 16 Holzschnitten übersehen hatte. Die Legende der hl. Katharina von Alexandrien (Schreiber *1315x), im Schloss Hohen Liechtenstein, Vaduz. Diese sind nicht sehr gut erhalten, aber das letzte Bild ist sicher signiert: «Michel Schorpp Maler»". Der Stil dieser Werke kann nicht später als 1485 und könnte sogar eine Dekade früher sein; befremdlicherweise haben sie wenig gemeinsam mit den zwei von Schorpp signierten Schnitten, die wir beide für Kopien ansehen. Deshalb muss die Heilige Sippe in Washington nicht später als 1490 sein, denn sie gleicht denen, die Ludwig in den siebziger Jahren ausgeführt hat: von den Buchstaben zu den Gesichtstypen, von der Behandlung des Hintergrundes bis zur mechanischen Schraffur der Drapierung. Ebenso darf auch die nahe Verwandtschaft zwischen den Figuren des hl. Joachim und Josef in allen drei Werken nicht übersehen werden (Washington, London und Solothurn)84.

56 Das letzte Werk, das Ludwigs Leistungen vermehren wird, ist eine Madonna und St. Bernhard. S. 1274, im British Museum". Es besteht eine so starke Korrelation zwischen diesem und der Heiligen Sippe in London (S. 1778), dass ein detaillierter Vergleich unnötig scheint (aber wir nehmen zur Kenntnis, dass die Buchstaben der Beschriftung für Ludwig nicht typisch sind - haben wir einmal mehr eine Kopie vor uns?). Was von Interesse ist, ist die Technik, die - zum ersten Mal in unserer Erörte• rung - die Buchillustration zu ernsthafter Berücksichtigung bringt. Dodgson ver• glich die Bäume mit denen in Lirers Schwäbischer Chronik (Ulm, Conrad Dinckmut, 1486)", aber der Vergleich hört dort auf. Auf der andern Seite kann man eine beträchtliche Zahl von allgemeinen stilistischen und technischen Ähnlichkeiten feststellen zwischen dem Londoner Schnitt und einigen der Holzschnitte in Die Geistliche Auslegung des Lebens Jesu Christi (Ulm, Johann Zainer, ca. 1485); von den vier Gruppen von Holzschnitten, die von Weil auseinandergehalten wurden, sind zwei von speziellem Interesse". Die erste ist die auf den Folien 406r, 408r (spe• ziell), 409r und 412v; diese sind mit der Schneidetechnik und den Gesichtstypen des Londoner Holzschnittes verwandt und mögen aus den späten siebziger Jahren datieren. Die zweite Gruppe, jene auf den Folien 114r, 118r, 123r und 163v ist spä• ter, kultivierter und hatte ihren Ursprung sicher in Zeichnungen eines ganz andern Zeichners". Tatsächlich bilden sie einen Teil einer grossen Anzahl von vorzüglichen Holzschnitten, die die Illustrationen in zwei andern Ulmer Büchern einschliessen, nämlich den Seelenwurzgarten (Conrad Dinckmut, 1483) und Bidpai, Das Buch der Weisheit (Lienhart Holle, 1483)"*. Bemerkenswert ist, dass es sich um dieselbe Hand handeln muss wie beim Frankfurter Guten Hirten, der, wie wir wissen, von Ludwig stammtl (Unter andern Details sind die Bäume im Buch der Weisheit jenen der Londoner Madonna mit dem hl. Bernhard sehr ähnlich.)

Die Überprüfung der Zuschreibung der Autorschaft der Buchillustrationen an Ludwig hat zwei Seiten: Erstens setzen wir voraus, der Leser akzeptiere den Guten Hirten in Frankfurt als ein Werk Ludwigs. Detailliertere Vergleiche mit dem Solo• thurner Heiligen Josef beweisen, dass dies über jeden Zweifel erhaben ist. Wir fügen nur folgende Beobachtung bei: Die scheinbar verschiedenen Arten der Schraffur spiegeln nicht verschiedene Holzschneider, sondern verschiedene Zeich• ner und Daten wider; ein Vergleich der Engel des Guten Hirten mit dem hl. Josef zeigt beinahe eine identische Behandlung der Drapierung, während Vergleiche mit dem Christkind dieselben Nasen, Münder und Augen enthüllen. Jetzt bleibt nur noch die Ähnlichkeit zwischen dem Guten Hirten und dem Buch der Weisheit zu zeigen.

57 Die überaus saubere Präzision der beiden und die Unmittelbarkeit der Mittei• lung fallen uns dabei vor allem auf. Die Illustrationen machen keine Konzessionen gegenüber den zögernden, unregelmässigen Federstrichen, ausser bei den feinsten Linien der Schattierung; es sind Bilder, die vor allem dadurch bestimmt sind, dass sie die harten, entschiedenen Qualitäten der aus der hölzernen Oberfläche frei• gemachten Linien nutzen; sie nützen die Verschiedenheit der Dicke, die diese Art von Linien erreichen kann, aus, aber selten dermassen, dass eine Anschwellung oder Verjüngung der Konturen bewirkt wird. Sowohl bei den Illustrationen wie auch bei den einzelnen Holzschnitten wird der Betrachter innerlich gewahr, dass jede Linie noch mit der Originalfläche des Blockes verbunden ist; nicht nur sind die meisten Linien ein wenig hart und auf eine feine Art eckig, sondern die Formen, die sie darstellen, sind auch mehr gegen eine Bildfläche als gegen ungehinderte Tiefe hin orientiert. Dieselbe Eckigkeit und dieselbe Antönung von Entschiedenheit durch• dringt die Figuren, ihre Handlungen und sogar die kleinen Züge wie Nasen, Lippen, Finger, Zehen und Pflanzen. Beide, sowohl der Gute Hirte als auch die Ulmer Illu• strationen, zeigen dieselbe Einheit der Proportionen, ob es nun die ziemlich grossen Figuren, die langen Nasen, Füsse oder Finger seien. Und die meisten dieser Züge sind identisch ausgeführt; die grossen, einfachen Augen mit ihren übergrossen Pupillen, die Spalte zwischen der Ober- und Unterlippe und die leicht abgeplatteten Nasen. In all diesen Werken ist eine Eleganz, die man in den Drapierungen mit ihren senkrechten Falten und in der kurzen, feinen Schraffur sieht. Dieselben Schraffur- keile formen die ziemlich spröden Falten der Ärmel, eine kultiviertere Version von Ludwigs früherer Lösung.

Es geht über den Rahmen dieses Artikels hinaus, eine vollständige Unter• suchung der Buchillustrationen, ihrer Herausgeber, Zeichner und Holzschneider zu versuchen. Offensichtlich müssen wir, wenn die vorhergehenden Holzschnitte Lud• wigs Werk sind - was wir glauben - zugeben, dass sie eine Änderung in seiner Arbeitsmethode widerspiegeln. Im Gegensatz zu den meisten seiner früheren Werke, die Kopien von andern Holzschnitten waren, müssen diese Illustrationen zum Buch der Weisheit von Zeichnungen abgeleitet worden sein, die von einem Künstler geschaffen worden sind, mit dem Ludwig persönlichen Kontakt hatte*0. Nichts• destoweniger lassen ihre Eleganz und ihre technischen Qualitäten auf eine allge• meine Inspirationsquelle schliessen, nämlich die niederländische Biblis pauperum*'. Dies passt ausgezeichnet, denn zu Beginn bemerkten wir, dass der Solothurner Hei/ige Josef, der dem Guten Hirten wenige Jahre vorangeht, seine Ikonographie wahrscheinlich derselben Quelle verdankt.

58 Wir möchten noch einige allgemeine Bemerkungen betreffend Ludwigs Kunst• fertigkeit anfügen. Aus der Rekonstruktion seiner Laufbahn auf den vorhergehenden Seiten können wir schliessen, dass Ludwig seine frühen Jahre als ein mittelmässiger Bildschneider zubrachte. Wir glauben, dass er in seiner mittleren Periode Block• bücher herstellte, von denen einige auf einer Druckerpresse gedruckt wurden. In den achtziger Jahren allerdings, wurden die Häuser der Buchdrucker so erfolgreich, dass ein Handwerker wie Ludwig immer weniger Raum für eine unabhängige Existenz fand. Sein Eintritt in den Dienst eines Druckers war unvermeidlich, und dies mag vielleicht der erste Fall sein, wo wir diese Entwicklung feststellen können. Wie wir gesehen haben, ist es ganz klar, dass Ludwig kein Künstler war und dass er sich eher ans Kopieren hielt, als sich um Originalzeichnungen an einen Künstler zu wen• den. Erst als er in den Dienst eines andern trat, verwendete er neue Zeichnungen für seine Holzschnitte. Diese Spekulationen verleihen der Theorie, dass die Holz• schnitte aus dem 15. Jahrhundert das Produkt zweier Personen waren, eines Zeich• ners und eines Holzschneiders, zusätzliches Gewicht. In Ludwigs Fall war der Zeichner nur einige Schritte weit weg und einfach die Hand hinter dem Original.

Ein Nachgedanke

Ein roter Faden zog sich durch viele unserer Erörterungen über Ludwig und sein Werk: immer wieder tauchten die Namen Basel oder St. Gallen auf. Kam Ludwig aus einer dieser Städte oder ihrer Umgebung? Verliess er Ulm gelegentlich, um anderswo zu arbeiten? Nur dies ist gewiss: Die Signatur «Ludwig ze Ulm» - mit «ze» anstatt «von» - schliesst in sich, dass Ludwig nicht in Ulm geboren wurde. Wir können nur an die Zeugnisse erinnern, die andeuten, dass er, während gewisser Zeiten seines Lebens, mit andern Regionen Verbindung hatte. Vor allem ist da der Solothurner Josef. Er wurde nicht nur in einem Basler Brevier gefunden, sondern auch der Text und das Thema verbinden ihn mit Basel oder St. Gallen. Es ist nicht unlogisch, ihm die beiden andern Holzschnitte der Heiligen Sippe (einer eine Kopie) beizufügen, die auch für irgendein oberrheinisches Zentrum bestimmt gewesen sein mögen. Einer davon, jener in London (S. 1778) wurde im Einband eines oberrheinischen Werkes von ca. 1480 gefunden. Eine Ver• bindung mit dem Oberrhein erhält beachtliche Unterstützung durch die oft wahr• genommenen alemannischen Elemente in Ludwigs Texten; hier wäre natürlich eine fachmännische Meinung äusserst wertvoll. Es fällt auch auf, wie viele der Holz• schnitte in Städten nahe dem oder am Rhein gefunden wurden, über den auf dem Wasserweg diese niederländischen Werke, die fortwährend Ludwigs Stil und sogar

59 seine Bildersprache bestimmten, kamen. Und schliesslich scheint es, dass ziemlich viele Schweizer Holzschneider der letzten Dekade des Jahrhunderts von Ludwig stark beeinflusst worden sind". Zwei Ludwige sind mit Basel in Beziehung gebracht worden: ein Ludwig Hohenwang, der in der Nähe von Ulm geboren wurde und in Augsburg gearbeitet hat, und ein «Ludwig ze Basel»*3. Wir sind überzeugt, dass keiner von beiden einen Zusammenhang mit unserem Ludwig haben kann. Dennoch sollte die Möglichkeit, dass «Ludwig ze Ulm» anderswo geboren wurde und gearbeitet hat, Gelegenheiten offen lassen, seine Identität durch Urkunden aus andern Städten nachzuweisen. Wir können nur hoffen, dass, nach einer gewissen Zeit und nach weiteren Nach• forschungen, noch einmal eine detailliertere und informativere Biographie geschrie• ben werden kann. In Ludwig haben wir eine der wenigen Gelegenheiten, einen Holzschneider aus dem 15. Jahrhundert kennenzulernen.

Anmerkungen

Ich möchte meine Dankbarkeit Herrn Jörg Schäfer von der Firma Gilhofer und Ranschburg, Luzern, ausdrücken, der mich auf die Gruppe von Holzschnitten in der Zentralbibliothek Solothurn aufmerksam gemacht hat. Für seine vielen Gefälligkeiten mochte ich auch Herrn Dr. Ulrich Montag von der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek München danken. Ebenso wünsche ich der National Gallery of Art in Washington meinen Dank auszusprechen, unter deren «Finley Fellowship Program» die Forschungen für diese Arbeit unternommen wurden.

1 Hain 3800-3801-3802 und Gesamtkatalog der Wiegendrucke 5274. Obwohl der Ort und das Datum der Publikation beinahe genau mit denen übereinstimmen, die wir fur den hl. Josef vorschlagen möchten, ist es ganz gut möglich, dass es sich nur um eine merkwürdige Koinzi• denz handelt. Der Holzschnitt war in den zweiten Band des Breviers geklebt, d.h. in den Sommerband (von Pfingsten bis Advent) und steht in keinem offensichtlichen Zusammen• hang mit der Feier des hl. Josef. Im weitern wird der hl. Josef weder im Kalender noch im Proprium der Heiligen des Winterabschnittes erwähnt. 1 Wilhelm Schreiber, Handbuch der Holz- und Metallschnitte des 15. Jahrhunderts, 8 Bande, Leipzig 1926-1930; von jetzt an zitiert als «Schreiber» oder «S». Schreibers Nummern mit Stern weisen darauf hin, dass man sie im 8. Band findet, wahrend die Nummern in Klam• mern jene eines «geplanten» Supplements Band 9 darstellen. Wir geben dem Solothurner Heiligen Josef provisorisch die Nummer [S. IX. 1575e], Schreibers früherer Katalog verzeich• net nicht nur Holz- und Metallschnitte, sondern auch Blockbucher und illustrierte Inkuna• beln: Manuel de l'amateur de la gravure sur bois et sur métal au XVe siècle, 5 Bände, Berlin und Leipzig, 1891-1910; zitiert als Schreiber, Manuel. 3 Leo Altermatt, «Ein Fund, alte Holzschnitte aus der Zentralbibliothek Solothurn», DU, III, Nr. 4, April 1943, S. 41-43. Unter den andern Holzschnitten befindet sich ein zweiter Druck von S. 1518a: Der erste ist jetzt in der National Gallery of Art, Washington, ist aber auch in

60 der Schweiz (Freiburg) gefunden worden. Diese ähnliche Herkunft könnte eher auf eine Abstammung von einer schweizerischen als von einer schwabischen Werkstatt hinweisen. Siehe Richard S. Field, Fifteenth Century Woodcuts and Metalcuts from the National Gallery of Art, Washington, D. C, 1965 Nr. 231 (danach zitiert als National Gallery Catalogue). * Siehe S. 1575 (Biblioteca Classensa, Ravenna) abgebildet als Tafel 19 in Band 68 einer Reihe von 100 Bänden, veröffentlicht von Paul Heitz in Strassburg 1899-1942, unter dem allgemeinen Titel Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts; wir werden sie Heitz 68/19 abkurzen. Der zweite Schnitt, S. 1575a, befindet sich in der Universitäts-Bibliothek Heidel• berg, abgebildet Heitz 9/12. 5 Gemeint sind Holzschnitte der Geburt, Anbetung, Flucht nach Ägypten usw. Man muss auch feststellen, dass kein noch erhaltener Stich des 15. Jahrhunderts den hl. Josef unab• hängig darstellt. 6 Die grundlegendste Quelle fur irgenwelche Studien über den hl. Josef ist Joseph Seitz Die Verehrung des hl. Josef in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis zum Konzil von Trient dargestellt, , 1908 (von nun an als «Seitz» zitiert). Unter den andern Studien zu Josefs Ikonographie ist nur eine von einer gewissen Bedeutung: Grimouard de St. Laurent, «Etude sur l'iconographie de St. Joseph», Revue de l'art chrétien, II, 1883, S. 347-378. 7 Während der ersten tausend Jahre nach Christus wurde dem hl. Josef von der Ost-Kirche viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt als von der West-Kirche; siehe Seitz, Kapitel II und III. Das Datum des ersten Josefs-Festes im Westen ist sehr unsicher, denn einer blossen Erwäh• nung in dem Martyrologium kommt keine grosse Bedeutung zu. Das sogenannte Hierony- mitische Martyrologium (das nicht vom hl. Hieronymus, sondern wahrscheinlich vom Josef• verehrenden Verfasser des Evangeliums von Pseudo-Matthaus geschrieben worden ist) erwähnt Josef am 19. oder 20. März, aber es ist bekannt, dass andere Martyrologien im Gebrauch waren, die jede Erwähnung Josefs unterliessen. * Neben den Evangelien von Matthäus, Lukas und Johannes werden in F. L. Filas Joseph, the man dosest to Jesus (Boston, 1962, pp. 22-36) sechs Apokryphen verzeichnet. ' Zum Thema des Knaben, der bei der Hand genommen wird, erinnern wir uns auch an Darstellungen von Tobias und dem Engel und Bilder der heiligen Dorothea. '° Die erste Ausgabe des Biblia-pauperum-B\ockbucUes wurde in den Niederlanden (wahr• scheinlich in Flandern) um ca. 1464 hergestellt. Siehe Anmerkung 37. 11 Der «Meister der Heiligen Sippe» wirkte in Köln von 1480 bis 1520. Seitz S. 331 weist darauf hin, dass Josef bei dieser Gelegenheit eine Gruppe von Heiligen, einschliesslich des Christkindes, anführt; letzteres hält sich offensichtlich, wie es sich für sein Alter schickt, zurück. Dann schreibt Seitz: «Dies ist wohl eine der frühesten Darstellungen, auf denen der hl. Josef durch das Jesuskind kenntlich gemacht ist.» 12 Siehe Seitz S. 194. Auch wenn keiner der vielen Texte, die von Gerson zu Ehren des hl. Josef verfasst worden sind, im Solothurner Text enthalten ist, so waren es doch seine Bemü• hungen zur Zeit des Konstanzer Konzils (1415), die Josefs Namen vor den europäischen Klerus brachten. Sie stärkten auch das schon vorhandene lokale Interesse für den hl. Josef (siehe folgende Anmerkung). In seiner Predigt zum Fest der Geburt der Gesegneten Jung• frau Maria (1416) stellte Gerson Josef Maria praktisch gleich, womit er letztlich den Weg fur dessen unabhängige Darstellung wie im Solothurner Holzschnitt ebnete. 13 Siehe Fr. P. Grosjean, «Notes d'hagiographie celtique, N° 26. La prétendue origine irlan• daise du culte de S. Joseph en Occident, «Analecta Bollandiana», LXXII, 1954, fase. 4. Das

61 in Rede stehende Martyrologium befindet sich jetzt in der Zentralbibliothek Zürich (Signatur Rh 30, Teil 3). " Die bekannteren Reichenauer Martyrologien befinden sich ebenfalls in der Zentralbiblio• thek Zürich (Signatur Hist. 28). Grosjean bemerkt die Verschiedenheit zwischen den Daten, die Josef erwähnen, und sagt (S. 361): «L'identification du Joseph mentionné au 19 mars par le martyrologe hieronymien... reste ferme: c'est le martyr d'Antioche dont le natale est le 20 mars et qui est rappelé encore le 15 février et les 21 et 24 mars.» Siehe die detailliertere Untersuchung bei Seitz, S. 107, und bei Filas im oben erwähnten Werk, S. 491-493. Ein anderer Heiliger, ein obskurer Afrikaner, wurde Joserus (lusserus, losenus, losippus) genannt und wird in einigen der alten Martyrologien am 19. März erwähnt. Wenn wir das sukzessive Erscheinen zweier Namen, die beide mit dem Pflegevater Jesu verwechselt werden können, betrachten, so ist es nicht schwierig zu sehen, wie die Irrtümer sich gegenseitig verstärkten und wie der 19. Marz zum Gedächtnis- und schliesslich zum Feiertag Josefs wurde. ,5 Der hl. Josef mag in den Niederlanden eine ziemlich starke Verehrung gehabt haben. Das erste Erscheinen seiner Gedächtnisfeier stammt aus Flandern (siehe Nr. 13). Fur die Lütticher Hören siehe Seitz, S. 195 ff. Wir finden eine ziemlich konsequente Erwähnung des hl. Josef in nördlichen Missalen, nicht zu reden von seiner Berühmtheit in der Kunst, wie zum Beispiel im Merode-Altargemàlde. 16 Fur diese Votivmesse in St. Florian gibt es Zeugnisse aus dem 13. Jahrhundert, aber die erste Aufzeichnung der Messe selbst erscheint in einem Missale aus dem spàten 14. Jahr• hundert, das noch immer im Kloster aufbewahrt wird; siehe Seitz, S. 195 ff, 216, 339-341. 17 Die Regensburger Officien von 1434 erscheinen in einem Manuskript, das etwa zur Hälfte durchgehend signiert und datiert ist: Vitae seu legenda Sanctorum, München, Staatsbiblio• thek (Signatur Cgm. 2928), siehe Seitz, S. 221-2, 238, 341-2. Teile dieser Officien, wie auch desjenigen von St. Florian sind auch in den Officien enthalten, denen das Solothurner Suffra- gium entnommen worden ist. 18 Ein wunderbarer Holzschnitt der Rast auf der Flucht nach Ägypten (S. 637), in Wien, zeigt nicht nur eine liebenswürdige Schilderung des hl. Josef als Beifügung zu einer Szene, sondern auch die Idee von Josef dem Fürsorger, hier als Koch. Dieser Holzschnitt von ca. 1410 ist einer der schönsten des ganzen Jahrhunderts und wurde in Böhmen geschnitten. " Historiae ss. Ioachim, loseph et ss. mulierum Mariae lacobi et Salome, eorum testis in ecclesia legi solitae. cum antiphonis et collectis missaeque officio, (Augsburg, Anton Sorg, ca. 1478); Hain "8746; ein Exemplar in der Münchner Staatsbibliothek, (Signatur 2° Inc. s.a. 661); hiernach Sorg-Officien genannt. Der Druck wurde schon vor langer Zeit als derjenige Sorgs identifiziert und datiert von Placidus I. Braun, Notifia fi/storico-/iterarla de libris ab artis typographicae, Augsburg, 1788, Nr. LXIII (S. 51). 20 Historiae et missae diebus S. Annae, loachim et loseph, festivis dicendae, (Basel, Martin Flach, 1474-1476); Hain "8748; ein Exemplar in der Münchner Staatsbibliothek (Signatur 2" Inc. s.a. 657); hiernach zitiert als Flach-Officien. Der Druck wurde von Braun im oben erwähn• ten Werk identifiziert (Nr. XXXIV). Das Datum 1476 ist mit roter Tinte auf das erste und das letzte Folio der Münchner Kopie geschrieben. Es ist dieses Buch, mit seiner Erwähnung von Basel auf Folio 2 recto und 32 verso und seinem Einschluss von Gebeten, die, wie Müller (oben erwähntes Werk S. 277) zeigt, in Basel verfasst wurden, das den Anfang der Verehrung des hl. Josef in der ganzen Nordschweiz darstellt. *' «Josef, Sohn Davids, furchte Dich nicht, Maria als Dein Weib anzunehmen, denn was in ihr geboren, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären und Du sollst ihm den

62 Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk von dessen Sünden retten. Alleluia.» Diese Stelle wurde zum Beispiel als Evangelium in der Regensburger Messe von 1434 verwendet (siehe Anmerkung 17; Folio 146 verso von Cgm. 2928). Ich bin Schwester Gertrude Christian, s.s.j., von der John Hopkins University, sehr zu Dank verpflichtet wegen ihrer Unterstützung beim Transskribieren und Übersetzen lateinischer Texte, wegen ihrer generösen und zeitraubenden Hilfe in vielen Angelegenheiten und für ihre Freundschaft während der letzten zwei Jahre. 22 «Ehre und wahrer Reichtum sind im Haus Josefs - die Freuden des Himmels, die Jungfrau Mutter und Gott als Mensch.» Der 112. Psalm wurde als Traktat in derselben Basler Messe (siehe Anmerkung 18, Hain *8746, Folio 14 verso) verwendet. Schwester Gertrude weist dar• auf hin, dass sowohl im Psalm als auch in den Solothurner Texten ein dauernder Kontrast besteht zwischen Präsens und Futur, zwischen Erde und Himmel und zwischen den verschie• denen «Reichtumern», die sie symbolisieren. 23 «O Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes und der Jungfrau Maria, Du kannst den hl. Josef im Himmel nicht verleugnen, den Du auf Erden so sehr geliebt hast, dass Du ihn unter allen Menschen als Deinen Pflegevater und Hüter, als Gatten und Beschützer Deiner Mutter auserwählt hast, dass er, wie fromm geglaubt wird, oft verdiente, Dich, als Du ein Kind warst, mit seinen Händen zu berühren, Dich zu liebkosen und auf seinen Armen zu tragen; möge er selbst Fürbitte einlegen für uns, dass Du Vergebung unserer Sünden gewähren mögest, dass wir Deine Gnade und Barmherzigkeit jetzt und Deine Herrlichkeit in der Zukunft erlangen mögen.» Diese Kollekte wurde sowohl in der Messe als auch im Officium der Sorg- Officien von 1479 verwendet; siehe Folio 14 v. 24 Joseph Müller, «Ein St.-Gallischer Josefsverehrer des 15. Jahrhunderts», Zeitschrift für Schweizerische Kirchengeschichte,\\\, 1909, S. 161-174 und 275-293. Ich bin Pater Roland Gauthier, c. s. c, Direktor des Oratoire Saint-Joseph in Montreal, zu tiefem Dank verpflichtet, weil er mich auf Müllers Studie aufmerksam gemacht hat, und auch für verschiedene andere grosszügige Hinweise. Seitz brauchte die Sorg-Officien für sein sogenanntes «Basler Officium» (S. 222, 241/42, 344/45), obwohl seine Behauptung, sie seien fur Basel bestimmt gewesen, eine Annahme ist, die nur von Müller, obenerwähntes Werk, S. 275-279, unterstutzt wird. 25 Muller, erw. Werk, S. 279, Anmerkung 3. 26 Dasselbe, S. 284, Anmerkung 3. 27 Dasselbe, S. 169: «... stellte Knüssli 1481 «mit siner handgeschrift» das Begehren, die Kollekten «zü den bäpstlichen bullen, och zü siner pfründstiftung brieff» legen zu dürfen, damit sie, «ob die mässbucher des munsters verbrunnent», im Archive wieder gefunden wür• den.» Müllers Zitat stammt aus dem Stiftsarchiv St. Gallen, Signatur E. 3-A. 14. Die Kollekten wurden von Muller S. 292/93 veröffentlicht. 28 Diese Bulle ist Mullers erwähntem Werk S. 291-292 beigefugt. Sie erschien auch in einer Publikation der verschiedenen Officien, die von ca. 1482-1490 datiert und von Albert Kunne von Memmingen gedruckt wurde (Hain "8747, Münchner Staatsbibliothek, Signatur 4° Inc. s.a. 1029). Unmittelbar nach der Bulle folgt eine Variation der Solothurner Kollekte. Man mag vermutet haben, dass sie eine der 12 von Knussli verfassten Kollekten darstellt (siehe Anmer• kung 27); obwohl gewisse Ähnlichkeiten vorhanden sind, ist dies nicht der Fall. 29 Historiae. legendae ac officia compassionis beatae virginis Dei genitricis Mariae. . ., , Thomas Anshelm, 1507. Siehe Müller, erwähntes Werk, S. 280-289. Auf Folio 7v finden wir die Bulle von 1476 (siehe Anmerkung 26) und auf Folio 8r die Erwähnung von Konstanz.

63 30 Siehe Joannes Dominicus Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectia. Band XXIX, Venedig, 1788, S. 182/83, Nr. 101. Die Bulle ist von 1430 datiert, anstatt von 1439, wie in den Flach-Officien und bei Muller. 31 Das Fest des hl. Joachim wird heute am 16. August gefeiert. In mittelalterlichen Zeiten wurde es oft mit dem St.-Anna-Fest verbunden, das, besonders im Osten, am 9. September oder am 9. Dezember stattfand (zur Feier der Begegnung am Goldenen Tor). Im Westen wurde Joachim an verschiedenen Tagen verehrt, am 16. September, am 9. Dezember oder am 20. Marz. Wir konnten keine dokumentierte Studie über die Verehrung des hl. Joachim finden. 32 W. H.J. Weale, Analecta liturgica, I, 1889, Teil 2. Die Missale, deren Kalender Josef am 19. März erwähnen, sind: Rom, 1568; Strassburg, 1520; Hamburg, 1509; Toledo, 1512; Narbonne, 1528; Lübeck, 1482 (und Joachim); Beziers, 1534; Lund, 1517 (und Joachim); Avranches, 1505; Freising, 1482; Antwerpen, 1496; und Brügge, 1520. Kein Missale von Basel, Konstanz oder St. Gallen ist in Weales Übersicht eingeschlossen. 33 Berichtet von Filas, erwähntes Werk, S. 537 und S. 672, Anmerkung 33: Authentica collectio decretorum sacrorum rituum congregationis, Nr. 3252. Dieses Dekret fand seinen Weg nie in die Basler Gruppe von Publikationen, ganz einfach weil es für jene Zeit nicht wichtig war. " Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass wir Josef und Joachim an ihren jeweiligen Tagen sowohl im Kalender als auch im Proprium der Heiligen im Basler Missale, gedruckt 1488 von M.Wenssler, finden. Aber da dieses Missale dem Romischen Brauch folgte, stimmen die Texte nicht mit jenen auf unserem Holzschnitt oder mit den früheren Officien von Flach und Sorg uberein. Ich prüfte die Kopie im British Museum dieses Missales von 1488 (Signatur IB. 37136); die Texte finden wir auf Folio 185v (Joachim) und 198v (Josef). Ein anderes Basler Missale, veröffentlicht von Wenssler vor 1485 (Copinger 4092), hat Eintragungen im Kalen• der und in den Messen auf den Folien 142v (Joachim) und 1 50r (Josef). Das Officium von Josef stimmt genau mit der Variante der alten St.-Florian-Form (Seitz, S. 339-341) überein. Nach Seitz erschien diese Variante zum ersten Mal in einem Missale von 1479, in Konstanz verwendet. Alle diese Angaben tendieren dahin, uns zu zeigen, dass die Formeln, mit denen wir uns befasst haben, nicht die einzigen waren im Gebiet Basel-St. Gallen. Es wurden noch andere Missale geprüft, unter anderen eines von Augsburg, das 1491 von Erhardt Ratdolt (Hain '11260, Münchner St. B. Signatur 2" Inc. ca. 25890) gedruckt wurde. Weder werden Josef und Joachim im Kalender erwähnt, noch sind ihre Officien ein• gefügt, wie Seitz bemerkt (S. 217). Deshalb blieb sogar in Augsburg, wo die Sorg-Officien (1479) gedruckt worden sind, einer Stadt nahe bei und verbunden mit Ulm, wo der Schneider unseres Solothurner Holzschnittes arbeitete, das Fest des hl. Josef im allgemeinen unbeachtet (siehe Filas, oben erwähntes Werk, S. 539). 35 Ludwig wurde auch von Schreiber in seinem Handbuch, Band VI, S. 106, besprochen. Aber die wichtigsten Untersuchungen befinden sich in den folgenden Büchern und Artikeln: Wilhelm Molsdorf, Schrifteigentümlichkeiten auf alteren Holzschnitten als Hilfsmittel ihrer Gruppie• rung, Strassburg, 1914, Kapitel III; Erwin Rosenthal, Besprechung von Molsdorfs «Schrift• eigentümlichkeiten», in Monatshefte fur Kunstwissenschaft, VIII, 1915, S. 31-33; Erwin Rosenthal, Besprechnung von Kristeller, «Holzschnitte im Berliner Kupferstichkabinett», Monatshefte für Kunstwissenschaft, X, 1917, S. 208-212; Ernst Weil, Die deutsche Überset• zung der «Ars moriendi» des Meisters Ludwig von Ulm um 1470, München, 1922; Idem, Der Ulmer Holzschnitt, Berlin, 1923, passim; Erwin Rosenthal, «Zur Ulmer Formschneider-

64 kunst im XV. Jahrhundert im Anschluss an einen Einblattholzschnitt der .Messe des Heiligen Gregor', Beiträge zur Forschung, NF, III, 1930, S. 23-35; Werner Cohn, Untersuchungen zur Geschichte des deutschen Einblattholzschnittes im zweiten Drittel des XV. Jahrhunderts, Strassburg, 1934, S. 22-36; Arthur M. Hind, An Introduction to a History of Woodcut, Lon• don, 1935, S. 212, 225, 321 /22. Auf diese Titel wird mit Autor und Datum verwiesen werden. 36 S. 1379, 382x255 mm, aus der Benediktiner-Abtei in Zwiefalten (ca. 50 km westsudwest- lich von Ulm); Heitz 6/4 (schlechte Reproduktion). Im allgemeinen wird angenommen, mit Ausnahme von Molsdorf (der sich aber zweifellos irrt), dass das unmittelbare Modell für die• sen Holzschnitt S. 1379a ist, früher im Domgymnasium zu Magdeburg, 390x260 mm, gefunden in einer Kölner Bibel (1479); Heitz 55/7 (sehr irreführende Reproduktion). Rosen• thal (1917) betrachtete diesen als einen Ulmer Holzschnitt von Ludwigs Lehrer; aber 1929 entschied er in seinem Artikel über «Casper» (siehe Anmerkung 47), dass es sich tatsächlich um ein niederländisches Original handelt. 37 Das Ars-moriendi-Blockbuch wurde wahrscheinlich nach den Stichen des Meisters E.S. ausgeführt (siehe Hind 1935, S. 226-230). Das Datum der ersten Ausgabe wurde kürzlich anhand von muhseligen Studien der Wasserzeichen auf ca. 1464 festgelegt: Allan Stevenson, The Quincentennial of Netherlandish Blockbooks, eine Broschüre, veröffentlicht im Zusam• menhang mit einer Ausstellung im British Museum, Fall, 1966. Ich bin Herrn Stevenson fur die verschiedenen persönlichen Diskussionen dankbar. Ludwigs Ausgabe von ca. 1470 ist katalogisiert in Schreiber, Manuel, Band IV, S. 263ff, unter Nummer Vila. 3* Die Zuschreibung der Ausgabe IVa-d (Text in Latein) wurde von Weil (1922) vorgenom• men. In einem Exemplar von S. Ausgabe IVa in der Münchner Staatsbibliothek (Signatur Xyl. 15) gibt es zwei Extra-Textseiten in Deutsch. Weil (1922) sagt, diese stammten von Ludwigs signierter Ausgabe (d. i. S. ed. Vila), aber Vergleiche uberzeugten mich, dass sie von einer andern, unkatalogisierten Ausgabe stammen. Schliesslich gibt es in Wolfenbuttel noch eine weitere Kopie der Ars moriendi (Schreiber ed. VII b), die, nach Weil und Molsdorf, die lateinischen Textplatten von IVa und die Bildplatten (mit deutschen Banderolen) von Vila verwendet. 3* S. 839,277x197 mm; Heitz 22/16. In dem Werk von Heitz schreibt Max Geisberg den Holz• schnitt Franken zu und weist darauf hin, dass er von einem Stich des Meisters E.S. abgeleitet worden war (Lehrs 52). 40 S. 839a (Bibliothèque Nationale, Paris) und S. 839b (früher in St. Gallen) sind Ableitungen von dem Dresdener Blatt. 41 S. 839c, 258x182 mm, gefunden in einer Strassburger Inkunabel von 1478; Heitz 33/3. " S. 936a, 270x185 mm, jetzt in der Münchner Staatsbibliothek, Signatur Xyl. 55a. " S. 937,174x125 mm; Heitz 44/4. Auch beschrieben in Schreiber, Manuel, Band IV, S. 351. ** Dieses Blockbuch wird beschrieben in Schreibers Manuel, Bd. IV, S. 339-342. Schreiber berichtet, dass acht Blätter (mit Text und Bild, recto und verso, ca. 116x86 mm) in der Stifts• bibliothek St. Gallen gefunden werden können; jeder andere Autor hat Schreiber aufs Wort geglaubt, was dadurch bewiesen wird, dass keiner versuchte, auch nur eine gute Photogra• phie zu erhalten, geschweige denn die Objekte sahl Denn in Wirklichkeit haben mir sowohl die Stiftsbibliothek wie die Stadtbibliothek versichert, dass sie diese Blätter nie besessen hätten; ihre Lokalisierung ist deshalb ein totales Rätsel. Schreiber muss noch mehr verwirrt gewesen sein, als er sagte, ein anderes Blatt, S. 258a, könne im British Museum gefunden werden; es befindet sich tatsächlich in Weimar. Molsdorf (1914), S. 16, schlug vor, dieses Blockbuch sei ein Werk Ludwigs, aber Weil (1922) sagt, dies sei unmöglich wegen des Dialekts.

65 45 Das Apokalypse-Blockbuch könnte jetzt um ca. 1450 datiert werden. Siehe Anmerkung 37. 44 Nicht nur die Vorstellungskraft des späten neunzehnten Jahrhunderts war verantwortlich für die «Unmittelbarkeit des Ausdrucks» in den Holzschnitten des 15. Jahrhunderts, sondern in Deutschland führten auch politische Faktoren zu ihrer Anerkennung und zu ihrem Studium als eine spezielle deutsche Eigentümlichkeit. 47 Rosenthal (1930), S. 33; auch idem, «Casper, ein Formschneider des XV. Jahrhunderts», Beitrage zur Forschung, NF II, 1929, S. 13-24. 48 Es ist möglich, dass die Bezeichnung « Maler» - sicher kein Familienname - die Zugehörig• keit zu einer Zunft bedeutete und nicht, dass die Holzschneider wirklich Maler oder sogar Koloristen von Bildern gewesen sind. 4* Schreiber und andere Autoren haben vorgeschlagen, unser Ludwig könnte mit Ludwig Friess (oder Kuch), der in Ulmer Dokumenten erwähnt wird, identisch sein. Die Hauptquelle fur diese Dokumente ist Albrecht Weyermann, «Beiträge zur Geschichte der Kunst und der Kunstler in Ulm», Stuttgarter Kunstblatt, XI, 1930, Nr. 64-67, S. 253-268, passim. Auch idem. Neue historisch-biographisch-artistische Nachrichten von Gelehrten und Künstlern. . . aus der vormaligen Reichsstadt Ulm, 2 Bände, Stuttgart, 1799 und 1829. Ludwig Friess der Altere (Kunstblatt, S. 254) wird 1449 als « Karten- und Briefmaler» erwähnt; er gehörte zu der Kunstler-Bruderschaft des Augustinerklosters. Es gab auch einen Ludwig Friess den Jun• gern, den Weyermann mit Ludwig Schongauer verwechselt. Die beiden werden von Thieme- Becker im Künstler-Lexikon Band XII (Leipzig 1916), S. 484, auseinandergehalten: «Friess wird in Ulmer Urkunden 1480, 1489 und 1491 erwähnt. Er war 1472 in Stuttgart und lebte offenbar noch 1499». Es scheint unwahrscheinlich, dass Friess d.J. der Hersteller unserer Holzschnitte gewesen ist. 50 S. 1851 f, 385x275 mm, gefunden in einer Erfurter Inkunabel von 1474; Heitz 36/15. " Beschrieben in Schreiber, Manuel, Band IV, S. 247. Die Figuren zur linken von S. 1851 f sind abgeleitet von der ersten Seite des Exercitiums, die zur rechten von Seite zwei. " S. 1684a, 204x145 mm; reproduziert in André Blum, Les primitifs de la gravure sur bois, Paris, 1956, Nr. XVIII. S. 1684, 189(?) x122 mm; gefunden im Kloster St. Blasien im Schwarz• wald; reproduziert in Franz Haberditzl, Die Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts in der Hof• bibliothek zu Wien, Wien, 1920, Nr. 152. 53 S. 861, 190(?)x135 mm, früher in der Stiftsbibliothek St. Gallen; Heitz 3/8. S. 859, 200x 135 mm; erörtert in Ludwig Rosenthal, München, Katalog 90, 1892, Nr. 52. 54 S. 1645a, 258x187 mm; abgelöst aus einem Buch des 16. Jahrhunderts, das dem Stift Nonnberg, Salzburg, gehört. Heitz 34/32. 55 S. 600a, 380x270 mm; Heitz 85/25; siehe meine Kommentare im National Gallery Cata• logue, Nr. 101. " Siehe Schreiber, Handbuch, Band VI, S. 107. Michel (oder Michil) ist bekannt durch fünf signierte Werke: S. 782, 877, 986 m, 1289 und 1956. Man nimmt an, er sei um ca. 1470 von einem mehr westschwabischen Ort nach Ulm gekommen; ein Michel wird in Ulmer Urkun• den von 1476 erwähnt. Niemand hat den oben erwähnten Werken neue zugewiesen, die uberzeugen könnten, ausser Rosenthal (1930, S. 34), der vorschlug, S. 1720 gehöre nahe zu Michel. 57 S. 285 m, 275x190 mm, gefunden in Lüneburg; reproduziert in Paul Kristeller, Holz• schnitte im Berliner Kupferstichkabinett, Berlin, 1915. Nr. 49. " S. 1607, 251 xl76 mm, Kristeller, oben erwähntes Werk, Nr. 165.

66 59 Meister des Dutuit-Olbergs, tätig in der Gegend des Niederrheins, ca. 1450-1470; Lehrs, III, Nr. 87. 60 1915, Kristeller, oben erwähntes Werk, Nr. 165 als ulmerisch; der Stil der Falten wird mit S. 912 verglichen. Rosenthal (1917) brachte ihn mit S. 285m und 1379a (Ludwigs Lehrer) in Zusammenhang. Curt Glaser, Gotische Holzschnitte, Berlin, 1923, Nr. 52, glaubte, es könnte sich um eine Ulmer Kopie eines niederländischen Originals, im Stil von S. 1518, ebenfalls in Berlin, handeln; wir sehen keinen Zusammenhang mit S. 1518. Cohn (1934) nahm Rosenthals früheren Standpunkt wieder auf, aber 1945 schlägt Martin Weinberger, «An Early Woodcut of the

67 64 William H. Schab Gallery, New York, Catalogue Forty (1965/66), Nr. 1 (vier Holzschnitte sind in Farben reproduziert und eine Textseite, die letztere die erste jemals abgebildete. Sie wurden auch in Schreiber Manuel, Band IV, S. 335-338 und im Handbuch (siehe unter S. 195 b usw.) beschrieben. Die elf noch erhaltenen Blätter bestehen aus xylographischen Texten mit Holzschnittversos, jeder 109x78 mm. Zehn dieser Bilder sind in Heitz 45/1-10 reproduziert. Zwei weitere Abzüge befinden sich in der National Gallery of Art, Washington (Rosenwald Collection). Im National Gallery Catalogue, Nr. 36, folgte ich fälschlicherweise Cohns Führung und registrierte S. 258a, auch in Weimar, unter der Apel-Passion; in Wirk• lichkeit gehört er zu dem sogenannten St.-Galler Blockbuch (siehe Anmerkung 44). Weil (1923, S. 126, Nr. 57) schlagt vor, S. 977d in Dresden sei ein Teil der Apel-Serie, ein offen• sichtlicher Irrtum, nur schon mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Grösse. *7 Kristeller, oben erwähntes Werk, Nr. 33; siehe National Gallery Catalogue, Loc. cit. (?). *• S. 365, 129x91 mm; Dodgson, British Museum, oben erwähnt, Nr. 86. S. 549, 126x 90 mm; Heitz 31/86. S. 982, 127x91 mm. National Gallery Catalogue, Nr. 147, wo ich fälsch• licherweise annahm, es könnte sich um einen Teil der Passion-Serie von Stockholm (S. 257 usw.) handeln. 49 Siehe Schreiber, Handbuch, Band VI, S. 109; und Weil (1923, S. 65ff und 127ff.) S. *1632x, Hl. Nikolaus von Myra, 272x193 mm; abgebildet in Dodgson, British Museum, oben erwähnt, Nr. 216. S. 708, Tod der Jungfrau, 197x202 mm, National Gallery Catalogue, Nr. 105. Beide dieser Werke könnten zwischen 1465 und 1470 datiert werden. 70 Siehe S. 151 usw., ca. 136x100 mm; Heitz 31/114-123; zwei von diesen Blättern sind signiert «Peter Maler ze Ulme». 71 S. 1987, acht Schnitte, jeder 129x99 mm. Fünf von diesen waren früher in der Apel- Sammlung und wurden reproduziert in G. Koennecke, Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationalliteratur, 2. Ausg., Marburg, 1895, S. 98/99. Schreiber war noch ein anderer Abzug des 5. Blattes bekannt. 72 S. 1005, 128x86 mm; Dodgson, British Museum, oben erwähnt, Nr. 131. Die Einfassung geht auf der linken Seite weiter, was anzeigt, dass dieser Holzschnitt einer aus einer Serie ist. 73 Weil (1922). S. 1656, 274x200 mm, auf Papier mit dem Augsburger Wappen als Wasser• zeichen; gefunden in einem Manuskript von Tegernsee; Kristeller, oben erwähnt. Nr. 93. Wir wurden auch Rosenthals (1930, S. 33) Zuschreibung zu Ludwig von S. 972c, Pietà, Berliner Staatsbibliothek, bezweifeln; Heitz 36/7. 74 S. 472, Fragment, ursprüngliche Dimensionen 355x265 (?) mm; Heitz 11/3. Schreiber wies dieses Werk dem Ober-Rhein, ca. 1470, zu. 75 S. 472a, 285x195 mm; Kristeller, oben erwähnt, Nr. 58. Siehe auch Paul Kristeller, «Holz• schnitte des Meisters des Abendmahls in Ravenna», Festschrift für Max Friedländer, Leipzig, 1927, S. 3-13. Andere Autoren (Cohn, 1934, und Glaser, oben erwähnt, Nr. 37) haben es sogar abgelehnt, zuzugeben, dass dieser Holzschnitt ein deutsches Werk sei. 76 S. 828a, 188x120 mm; Henri Bouchot, Les deux-cents incunables xylographiques du Département des Estampes, 2 Bände, Paris, 1903, Nr. 151. Wir glauben, dass dieser Druck mit S. 828 in Stuttgart (Museum der Bildenden Kunst, 182x122 mm, Heitz 54/6) identisch ist, trotz der Verschiedenheit der Dimensionen. Die Zuschreibung zu Ludwig wurde von Cohn (1934, S. 24) gemacht. Schreiber glaubte, das Original der beiden Holzschnitte sei S. 827, 188x125 mm, ebenfalls in Stuttgart; Heitz 54/5. 77 S. 1732a, 184x125 mm; A. Essenwein, Die Holzschnitte des XIV. und XV. Jahrhunderts im Germanischen Museum zu Nürnberg, Nürnberg, 1875, Nr. 53. Dieser Block wurde im

68 19. Jahrhundert von K. D. Hassler bei einem Zimmermann in Söflingen in der Nähe von Ulm gefunden. Dort fanden sich noch 25 oder 26 andere Blöcke, die alle, traditionsgemäss, vom Kloster St. Klara in Söflingen kamen. Ich habe die Abzüge aus dem 19. Jahrhundert im Stadt• archiv Ulm (Signatur U 9708) gesehen, und sie sind in Essenwein ganz getreulich reprodu• ziert. Sie wurden sicher nicht alle von derselben Hand geschnitten und sind Kopien von Werken aus verschiedenen Perioden; es besteht keine innere Evidenz, dass sie alle im Kloster ausgeführt worden sind. " S. 1732, 195x136 mm, früher Besitz der Stiftsbibliothek, St. Gallen; reproduziert in Heitz 3/19 und Dodgson, British Museum, oben erwähnt, Nr. 224. Kristeller, oben erwähnt, unter Nr. 87, schrieb dieses Werk Peter Maler zu, indem er annahm, es handle sich um eine Kopie des Nürnberger Blocks; wir betrachten den letzteren als eine Kopie, was auch Schreiber tut. " S. 1338a, 187x127 mm; Essenwein, oben erwähnt, Nr. 54. S. 1338, 186x126 mm; Bouchot, oben erwähnt, Nr. 135. Schreiber schrieb den Pariser Holzschnitt der Bodensee• region, 1470-1480, zu. *" S. 1517, 272 X188 mm, gefunden in einem Band mit einem Pergamentstreifen, der auf einen Chiemsee-Bischof hinweist; Dodgson, British Museum, oben erwähnt, Nr. 202. Nach Schrei• bers Meinung ist die Herkunft dieses Holzschnittes oberrheinisch; Dodgson wählte die Gegend von Chiemsee, aber wir sind eher für die Gegend von Ulm. Er konnte mit S. 1678 und S. 472a, von denen wir oben gesprochen haben, verglichen werden. Fur S. 1516, siehe Anmerkung 68. S. 1778, 400(?) x260 mm, nicht reproduziert; Signatur IC. 34. Es ist auf den vordem innern Einbanddeckel geklebt, der seinen ganzen Text verloren hat, obwohl der vordere Einband• deckel mit der folgenden Inschrift von alter Hand versehen ist: «Moralia sup biblia fris Nicol' de Lira.» Auf die innere Seite des hintern Einbanddeckels ist ein anderer Holzschnitt geklebt, S. 1883, Das Lebensrad. Er steht in keinem Zusammenhang mit der Heiligen Sippe von Lud• wig. Er ist signiert «Clau» und trägt ein kleines Wappen mit einer, wie Schreiber es nennt, dreizehigen Vogelklaue. Wir wissen nichts über diesen Holzschneider, obwohl ein gewisser «Claus» existiert, der ziemlich sicher in Breisach gearbeitet hat. Es gibt einige Ähnlichkeit zwischen S. 947 und S. 1961 von «Claus» und S. 1883 von «Clau», aber sie sind nicht uber• zeugend genug, um von einiger Wichtigkeit zu sein. Schreiber betrachtet beides, S. 1883 und sein Original, S. 1883a, als oberrheinisch. " S. 1779a, 265x389 mm; Heitz 48/9 und National Gallery Catalogue, Nr. 257. " S. *1315x, alle 16 Blätter reproduziert in Heitz, Band 75. Der andere Schnitt, der von Schorpp signiert ist, ist S. 1032, Paris und Nürnberg. Er ist datiert von 1496 und stimmt uberein mit der Periode, in der wir Schorpp als «Briefmaler» in der St.-Lukas-Zunft, Ulm, verzeichnet finden. (Siehe Schreiber, Band 6, S. 107.) M Die Vaduzer Holzschnitte scheinen mir eher von Augsburger als von Ulmer Charakter zu sein. Man erinnert sich daran, dass der Heilige Sebastian, von dem wir schon gesprochen haben, S. 1678, mit Augsburg in Verbindung gebracht wurde von Schreiber und von Weil (1923, S. 102, Nr. 21), der auch einige unzutreffende Vergleiche mit den Illustrationen im Buch der Natur (Baemler, 1475) machte. Martin Weinberger, «Ein Augsburger Pestblatt», Beitrage zur For• schung, NF IV, 1932, S. 1-6 (siehe S. 4) zählte auch S. 1678 zu den Augsburger Werken. Wir möchten eine weitere Zuschreibung zu Schorpps Oeuvre vorschlagen: S. 1155, eine Madonna und Kind mit der Heiligen Katharina und Barbara, Schlossmuseum, Weimar, 131 (?) x 95 mm; Heitz 59/8 (vergleiche mit S.*1315x, Nr. 6). Siehe auch die Illustrationen zu den von Johann Blaubirer veröffentlichten Büchern, der ca. 1478-1486 in Augsburg tätig war.

69 85 S. 1274, 189x124 mm, Dodgson, British Museum, oben erwähnt. Nr. 173. Dies könnte ein später Abzug sein. Das Wappen ist nicht ausschliesslich jenes von Ebrach bei Ulm, sondern jenes, das im allgemeinen mit St. Bernhard in Verbindung gebracht wird. 84 Hain 10116-10118; abgebildet in A. Schramm, Bilderschmuck der Frühdrucke, Band VI, Leipzig, 1923, Nr. 128-149. "7 Hain 2146; abgebildet in Schramm, obenerwähnt, Band V, Nr. 326-413. Siehe Weil (1923, S. 62-65, 72). Die vier Gruppen zeigen grosse Unterschiede in Stil, Grösse und Datum. 88 Siehe Weil (1923, S. 126, Nr. 54), wo diese Illustrationen und jene vom Buch der Weisheit und Seelenwurzgarten Johannes von Armsheim (Armsheim befindet sich nahe bei Mainz) zugewiesen werden, der die erste Holzschnittkarte in Ptolemaus Cosmographia (Ulm, Lien- hart Holle, 1483) signierte. Ich bin gänzlich einverstanden mit der Skepsis, die Hind dieser Zuweisung gegenüber zeigt (1935, S. 313-315). 89 Hain 14584; abgebildet in Schramm, obenerwähnt. Band VI, Nr. 89-107 (Seelenwurz• garten). Hain 4029; abgebildet in Schramm, Band VII, Nr. 39-164 (Buch der Weisheit). 90 Eine Diskussion über die Originale kann in Ulli Fischel, Bilderfolge im frühen Buchdruck, Konstanz, 1963, S. 65-91, gefunden werden. 9' Besonders die längern, dünnem Figuren, mit ihren senkrechten Tuchfalten, betont durch kurze parallele Schraffur. Wir erinnern uns auch an das Canticum Canticorum. 92 S. 472, oben erörtert, konnte von einem Basler Holzschneider sein, wie auch S. 1361, der Heilige Christopherus in Basel; Heitz 11/13. 93 Die vorgeschlagene Identifikation des Ludwig der Ars moriendi mit Ludwig Hohenwang wurde von K. D. Hassler in Die Buchdruckergeschichte Ulms, Ulm, 1840, passim, vorgenom• men. Dies wurde grundlich widerlegt in A. F. Butsch, Ludwig Hohenwang, kein Ulmer, sondern ein Augsburger Buchdrucker, München, 1885. Ich habe alle Illustrationen in Hohen- wangs Büchern (Augsburg und Basel) uberprüft, und keine hat auch nur die geringste Beziehung zu Stil und Technik unseres Holzschneiders. Siehe Schramm, oben erwähnt, Bande 22 und 23. Uber Ludwig Bottschuch wissen wir sehr wenig (siehe Artikel von D. Burckhardt im Schweizerischen Künstler-Lexikon, I, 1905, S. 184). Wir kennen keine Werke, die sicher von seiner Hand sind. Schreiber (Manuel, Band IV, S. 410) wies ihm versuchsweise den 16sei- tigen Kalender, signiert «Ludwig ze Basel» im Germanischen Museum, Nürnberg, zu. Der xylographische Text hat nur eine ganz geringe Ähnlichkeit mit den Texten von unserem Ludwig.

(Ubersetzung aus dem Englischen von Madeleine Weya)

70 SAMMELGEBIETE DER ZENTRALBIBLIOTHEK

Die Zentralbibliothek umfasst und sammelt:

1. Bücher, Broschüren und Zeitschriften

a) wissenschaftliche und allgemein belehrende Werke; b) schöne Literatur der Schweiz und des Auslandes; c) Werke über Stadt und Kanton Solothurn, inbegriffen Rechenschaftsberichte und geschäftliche Literatur von Behörden, Anstalten, Unternehmungen und Vereinen; ebenso solothurnische Privatdrucke aller Art; d) schweizerische Patentschriften.

2. Handschriften, Bilder und Graphica

aus älterer und neuerer Zeit, besonders Schriftstücke, Briefschaften, Kupfer- und Stahlstiche, Lithographien, Photographien von solothurnischen Persönlichkeiten, Exlibris, solothurnische Trachtenbilder, Bilder von Dorf-, Stadt-, Schloss- und andern Ansichten zur heimatlichen Geschichte. Pläne und geographische Karten.

Wir bitten Freunde und Gönner der Zentralbibliothek um Unterstützung unserer Bestrebungen. Insbesondere sind wir für die Überreichung von Solodorensia sehr dankbar. Unter Solodorensia vestehen wir Schriften, die entweder über den Kanton Solothurn handeln, von Solothurnern verfasst oder in unserem Kanton gedruckt wor• den sind. Manches, das als wertlos kurzerhand vernichtet wird, würde in unserer Bibliothek nutzbringende Verwendung finden.

Auf Wunsch werden alle Zuwendungen gerne abgeholt (Telefon 2 13 34).

In den Lesesaalbibliotheken unseres Institutes sind alle modernen Nachschlage• werke zu finden: Wörterbücher, Enzyklopädien, Handbücher der verschiedenen Wissensgebiete, Biographien solothurnischer, schweizerischer und ausländischer Persönlichkeiten. Wissenschaftliche Literatur, die wir in unserer Bibliothek nicht besitzen, ver• mitteln wir kostenlos auf dem Wege des interurbanen Ausleiheverkehrs.

71 ÖFFNUNGSZEITEN

1. Wissenschaftliche und Freihandausleihe

Mo geschlossen Di 14-21 Uhr Mi 14-18 Uhr Do 10-12 Uhr 14-21 Uhr Fr 14-18 Uhr Sa 14-17 Uhr

2. Wissenschaftlicher Lese- und Studiensaal

Mo 14- 18 Uhr Di 14- 21 Uhr Mi 14- 18 Uhr 8-12 Uhr Do 14- 21 Uhr Fr 14- 18 Uhr Sa 14- 17 Uhr

3. Jugendbibliothek

Mo geschlossen Di 16-18 Uhr Mi 14-17 Uhr Do 11-12Uhr 14-17 Uhr Fr 16-18 Uhr Sa 14-17 Uhr

72 INHALTSVERZEICHNIS

I. Allgemeines *

II. Behörden und Personal 4 Bibliothekskommission 4 Personal "

III. Bücherzuwachs 8 Zuwachsstatistik 9 Kosten für Bücheranschaffungen 10 Ankäufe 11 Neukauf Alte Imprimate 17 Handschriftliche Dokumente ^ Graphische Blätter 19 91 Schenkungen *' Deposita 2^

IV. Benützung 26 Ausleihestatistik 27

V. Erschliessungsarbeiten 2** Katalogisierung 2** Buchpflege 29 Arbeiten im photographischen Atelier 29 Einbandsammlung Altermatt 29

VI. Ausstellungen 3°

VII. Finanzen 32 Jahresrechnung 1966 33

Gesellschaft «Freunde der Zentralbibliothek Solothurn» 35 Tätigkeitsbericht 1966 35 Rechnung für die Jahre 1965 und 1966 36

Ein neuer Holzschnitt des Heiligen Josef von Ludwig von Ulm,

von Richard S. Field 37

Sammelgebiete der Zentralbibliothek 7^

Öffnungszeiten 72