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VI. Jahrgang, Nr. 1/>V 14. Januar 1953

INHALTSVERZEICHNIS

V/AS WIRD AUS WUNDERKINDERN? Ergebnis einer Untersuchung des Lebensweges von 1528 überdurchschnittlich begabten Kindern (86 Zeilen, 2 Bilder) Seite 1

DAS KLEINE PORTRÄT (VI); MUTTER BICKERDYKE Das Lebensbild einer selbstlosen Frau aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges (97 Zeilen) Seite

HAUSFRAUEN UND BÖRSENKURSE Fachleute der Wallstreet erklären den Börsen­ bericht (80 Zeilen) Seite

BEQUEMLICHKEIT IST TRUMPF Was bringt die Frühjahrsmode 1953 in Amerika? (72 Zeilen) Seite 10

KEINE SÜSSIGKEITEN BEI ZAHNREGULIERUNGEN! Kohlehydratarme Diät gegen säureerzeugende Mund­ bakterien (23 Zeilen) Seite 13

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VI. Jahrgang, Nr. 2/W 28. Januar 1955 INHALTSVERZEICHNIS

PFENNISPARADE 1953 Der diesjährige "Maren of Dimes" gegen die spinale Kinderlähmung beginnt in diesen Januartagen (64 Zeilen, 1 Bild) . . . Seite 1

FRAUENARBEIT IN DEN USA Rund ein Drittel aller amerikanischen Frauen über 14 Jahre ist berufstätig (48 Zeilen) . . . Seite 3

FERNSEHPROBLEME IN DER KINDERSTUBE Über ein psychologisches Problem, das der Aufstieg des Fernsehens mit sich gebracht hat (100 Zeilen) . . . Seite 5

MRS. MARY LORD Die neue amerikanische Delegierte bei der UN-Kommission für Menschenrechte (24 Zeilen) . . . Seite 8

HOCHROTE KANARIENVÖGEL Eine Kalifornierin züchtet seit sieben Jahren bunte Kanarienvögel (24 Zeilen) . . • Seite 9

GESCHENK AN FLÜCHTLINGSKINDER » ••'• • "" ' • — •••••-••• ••»•» —•••— 1 II Der Kindergarten im Valka-Lager bei Nürnberg (20 Zeilen, 2 Bilder) . . . Seite 10

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VI. Jahrgang, Nr, 3/W 11. Februar 1953

INHALTSVERZEICHNIS

FRAUEN STELLEN IHREN MANN In den Studios der Stimme Amerikas arbeiten zehn Frauen als Toningenieure und Tontech­ niker (86 Zeilen; 2 Bilder) Seite

WANN MÜSSEN ELTERN "NEIN" SAGEN? Von James L. Hymes, dem Autor des Buches "Understanding Your Child" (Verstehe Dein Kind) (75 Zeilen) Seite

DAS KLEINE PORTRÄT (VII) Lucille Rivers: "Mehr Freude am Nähen" (95 Zeilenj 1 Bild) Seite

HANDLANGERIN DER SCHÖNHEIT Die 71-Jährige Helena Rubinstein erzielt durch die Herstellung von Cremes, Parfüms und Gesichtswasser Millionenumsätze (58 Zeilen) Seite 10

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VI. Jahrgang, Nr. 4/W 25. Februar 1953

INHALTSVERZEICHNIS

SCH',VANGERSGHAFTSPROBLEME DER HERZKRANKEN FRAU Amerikanische Herzspezialisten äußern sich zu dem Thema: "Sollen herzkranke Frauen Kinder haben?" (115 Zeilen) Seite

LOGBUCH DES CHARAKTERS "Doppelte pädagogische Buchführung" in amerikanischen Schulen (80 Zeilen) Seite

CHARMANTE KARRIEREN Wissenschaftliches Chikagoer Institut untersucht die Ursachen des Erfolgs von Frauen im amerikanischen Wirtschaftsleben (37 Zeilen) Seite

DAS KLEINE PORTRAT (VIII) Die Primaballerina Alicia Alonso (73 Zeilen; 2 Bilder) Seite 8

FRAUEN IN GESETZGEBENDEN KÖRPERSCHAFTEN DER USA (22 Zeilen) Seite 11

UN FÜR EIN EINHEITLICHES FAMILIENRECHT (27 Zeilen) Seite 11

WENIGER SEIFE - MEHR SYNTHETISCHE REINIGUNGSMITTEL (8 Zeilen) Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 5/W 11. März 1953

INHALTSVERZEICHNIS

DIE FRAUEN DES KAPITOLS Kurzbiographien von acht der insgesamt 12 Frauen des 83. US-Kongresses (120 Zeilen) Seite 1

JUNGEN WERDEN MÄNNER - MÄDCHEN WERDEN FRAUEN Amerikanische Ärztin nimmt zu den Erziehungs­ problemen Stellung, die die Geschlechtszuge­ hörigkeit mit sich bringt (106 Zeilen) Seite 5

0SG00D-MARI0NETTEN Amerikanische Erzieherin entwickelt einen neuen Marionettenstil (89 Zeilen, 2 Bilder) Seite 8

BETTY FURNESS UND IHRE TRAÜMKÜCHB Verkaufsstar elektrischer Geräte im ameri­ kanischen Fernsehprogramm (68 Zeilen) Seite 11

ERSTER BLICK AUF DIE KOMMENDE SOMMERMODE (43 Zeilen) Seite 13

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VI. Jahrgang, Nr. 6/W 25. März 1953

INHALTSVERZEICHNIS

NICHT UTOPIE SONDERN WIRKLICHKEIT Die Umgebung, in der ein Kind aufwächst, ist ausschlaggebend für seine physische und psychische Entwicklung (96 Zeilen) . . Seite DIE MAGIERIN AUS Mattiwilda Dobbs aus Atlanta, USA, debütierte als erste Negersängerin in der Mailänder Skala (42 Zeilen) . . Seite DER "KLUB DER KRIEGSBRÄUTE" Junge Frauen amerikanischer Soldaten bildeten einen internationalen Klub (76 Zeilen, 1 Bild) . . Seite SPIELPLÄTZE, WIE KINDER SIE SICH YtJNSCHEN Die vorbildlichen "PlaygroundsM von Silver Springs, Maryland (USA) (57 Zeilen) . . Seite 8 MIT TROMMELN UND PFEIFEN Lärmerzeugende Spielsachen für Gehörtests bei Kindern (3C Zeilen) . . Seite 10

KURZNACHRICHTEN Seite 11

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VI. Jahrgang, Nr. 7/W 8. April 1953

INHALTSVERZEICHNIS

DIE FREIWILLIGEN KINDERHILFSORGANISATIONEN DER USA Millionen notleidender Kinder wurde im vergangenen Jahrzehnt durch amerikanische Organisationen gehol­ fen (85 Zeilen) Seite

ZEICHNEN ALS KINDLICHES SELBSTBEKENNTNIS Eine amerikanische Psychologin weist auf interessante Zusammenhänge zwischen Zeich­ nungen von Kindern und ihrem emotionellen Zustand hin (82 Zeilen, 2 Bilder) Seite

NEUER TEST FÜR SCHWANGERSCHAFTSTOXIKOSE (26 Zeilen) Seite

VIRGINIA WÄHLTE "MUTIER DES JAHRES» (20 Zeilen) Seite 8

UN-KONVENTION FÜR DIE GLEICHBERECHTIGUNG DER FRAU UNTERZEICHNET , _ (18 Zeilen) Seite

ZUM NACHTISCH; KAKTUSFRÜCHTE Die Früchte einer kalifornischen Kakteenart gelten als besonderer Leckerbissen (52 Zeilen) Seite

DEUTSCHE MÄDCHEN GEWINNT AMERIKANISCHEN BUCHSTABIER-WETTBEWERB (12 Zeilen) Seite 12

NATIONALRAT AMERIKANISCHER FRAUEN ERÖFFNET HAUS FÜR INTERNATIONALE PROGRAMME ( 6 Zeilen) Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 8/W 22. April 1953

INHALTSVERZEICHNIS

SIE BESCHREITEN NEUE WEGE Lu Düble, Gwen Lux, Barbara Lekberg sind Repräsentantinnen einer künstlerischen Entwicklungsepoche in den USA (107 Zeilen, 3 Bilder) Seite STRECKAPPARAT HEILT CHRONISCHEN KOPFSCHMERZ Zwei amerikanische Ärzte erzielten beachtliche Heilerfolge mit neuentwickelter Methode (62 Zeilen) Seite REISGERICHT IN ZEHN MINUTEN Konserven von vorgekochtem Reis, die Erfindung eines nach Amerika eingewanderten Afghanen, erlauben Reisgericht in zehn Minuten (50 Zeilen) Seite PAS KLEINE PORTRÄT (IX) Margaret Fritchman - eine Gelähmte meistert ihr Schicksal (50 Zeilen) Seite

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU a) Der 1. Mai - in Amerika der Tag des Kindes b) Kunststoffe erobern den amerikanischen Haushalt c) Kochkurse für blinde Hausfrauen d) Amerikanische Jugend denkt wahrhaft international e) Informationsdienst für europäische Rezepte Seite 11

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VI. Jahrgang, Nr. 9/W 6. Mai 1953

INHALTSVERZEICHNIS

ELTERN SOLLTEN KLÜGER SEIN Aus der Arbeit der psychologischen Beratungs­ stellen für Kindererziehung in den Vereinig­ ten Staaten (95 Zeilen) Seite 1

DIE SEKRETÄRIN VON HEUTE Der Verband amerikanischer Sekretärinnen ver­ leiht besonders befähigten Sekretärinnen nach bestandener Prüfung ein Berufs-Diplom (63 Zeilen) Seite 4

DAS KIND IN DER WELT DER ZAHL Ein amerikanischer Pädagoge setzt sich mit dem Verhältnis des Kindes zum Zahlen-System auseinander (98 Zeilen) Seite 6

DAS KLEINE PORTRÄT (X) Alice Rohrback: eine Blinde hilft ihren Leidensgenossen (55 Zeilen, 1 Bild) Seite 9

AMERIKA EHRT DIE "FRAU DES JAHRES" Seite 11 (35 Zeilen)

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VI. Jahrgang, Nr. 10/W 20. Mai 1953

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EINE CHANCE FÜR JIMMY Über 1,5 Millionen hilfsbedürftiger Kinder half das "Hilfeprogramm für Minderjährige" der US-Bundesregierung (105 Zeilen) Seite 1

DAS WAISENHAUS VON KANGNUNG Das Fliegerkorps der amerikanischen Marine betreut mehrere hundert eitern- und heimat­ lose koreanische Kinder (100 Zeilen, 1 Bild) Seite 4

WER SCHREIBT MIR? Das "New Yorker Komitee für Auslandskorrespondenz" vermittelt Briefwechsel zwischen Amerika und den Ländern der freien Welt (45 Zeilen) Seite 8

MIT DER SCHREIBMASCHINE FING ES AN Leben und Arbeit der amerikanischen Frau in den USA (80 Zeilen) Seite 10

KURZNACHRICHTEN FÜR DIE FRAU Seite 13 a) Kindersterblichkeit gesunken b) Frauen im UN-Sekretariat c) Kunstwerke als Therapie

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VI» Jahrgang. Nr. 11/W 3. Juni 1953

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UNTERRICHTSFACH: FAMILIEN LEBEN Die lehrbaren Grundlagen des Familienlebens werden heute schon in vielen Schulen der USA in eigenen Unterrichtsprogrammen behandelt (85 Zeilen) Seite PHANTASIE UND KINLERLÜGEN Einblick in die Struktur der kindlichen Erlebniswelt (140 Zeilen) Seite DIE NEW YORKERIN Deutsche Studentin plaudert über die New Yorker Mode (75 Zeilen) Seite 8 EINST HÄUFTLINGSSQUAW, HEUTE KONGRESS- üüIT GLIED Aus dem Leben der Indianerfrau von heute (68 Zeilen, 3 Bilder) Seite 11 DAS KLEINE PORTRÄT; JACQUELINE COCHRAN Eine Frau bricht den Schnelligkeitsrekord im Fliegen (41 Zeilen) Seite H

KURZ BERICHTET: a) Erfolgreiche Arbeit der US-Damenbe­ kleidungsarbeitergewerkschaft (24 Zeilen) Seite 16 b) US-Akademikerinnen diskutieren neues Stipendienprogramm (25 Zeilen) Seite 17

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VI. Jahrgang, Nr. 12/W 17. Juni 1953

INHALTSVERZEICHNIS

FRAU MINISTER SETZT JEN PRIVATHUT AUF Frances Perkins beendet im Alter von 71 Jahren eine für eine Frau beispiellose politische Karriere (95 Zeilen, 1 Bild) Seite 1

MRS. SMITH UND DAS FAMILIENRECHT Die rechtliche Situation der Frau in den USA (97 Zeilen) Seite 4

FRAUEN MACHEN POLITIK 3 000 Frauen aus aller Kielt nahmen an der 62. Tagung der General Federation of Women's Clubs in New York City teil (80 Zeilen) Seite 8

EINE ERESCHE FÜR DIE LANDFRAU Westeuropäische Länder führen mit Hilfe der MSA hauswirtschaftliche Landdienste ein (9B Zeilen) Seite 11

DIE SCHULE ALS ENTSCHEIDENDE LEBENSPHASE Fachärztin der Psychiatrie spricht über die Zusammenhänge zwischen Schulerlebnis und der späteren geistigen und seelischen Entwicklung des Menschen (101 Zeilen) Seite 14

DAS STIPENDIENPROGRAMM DES "VERBANDES AMERI-"- KANISCHER AKADEMIKERINNEN" (28 Zeilen) Seite 18

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VI. Jahrgang, Nr. 1 3/W 1. Juli 1953

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MENSCHENRECHTE FORDERN AKTIVES HANDELN Von Mrs. Oswald B. Lord, US-Delegierte bei der UN-Kommission für Menschenrechte (90 Zeilen, 1 Bild) Seite 1

KARRIERE NR.1 ; HAUSFRAU Interessante Zahlen aus der amerikanischen Frauenarbeitsstatistik (90 Zeilen) Seite 4

"ICH HABE NOCH NIE EIN LÄCHELN GESEHEN'* Die Geschichte einer Truppe blinder Schau­ spieler in San Francisco (84 Zeilen) Seite 7

FRAU AN DER WERKBANK Aus dem Leben Elsie Millers, einer verhei­ rateten Fabrikarbeiterin aus Long Island (99 Zeilen) Seite 10

BABYSITTER AUF GEGENSEITIGKEIT Amerikanische Väter und Mütter errichten aus eigener Initiative Ferienheim und Baby-Sitter-Büro (65 Zeilen) Seite 13

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VI. Jahrgang, 14/W 15. Juli 1953

INHALTSVERZEICHNIS

" ICH HABE ANGST VOR MEINEM EIGENEN KINDE" Brief einer tschechischen Mutter an ihren früheren Landsmann, den Schriftsteller Joseph Wechsberg (55 Zeilen) Seite 1

TRADITION IM MODERNEN AMERIKA Traditionsgebundene Wohnraumgestaltung ist in den USA immer noch vorherrschend (50 Zeilen, 3 Bilder) Seite

GRUPPEN-THERAPIE IN HIGHFIELDS Von Anna Haag Jugendliche Kriminelle werden mit Hilfe der Gruppentherapie wieder auf den rechten Weg geführt (80 Zeilen) Seite 5

DIE DOPPELKARRIERE DER ÄRZTIN FLORENCE R.SABIN Werkund Schicksal einer amerikanischen Ärztin, Professorin und Forscherin (70 Zeilen, 1 Bild) Seite 7

ALLES FÜR DAS KIND Aus der Arbeit der Eltern-Lehrer-Vereinigung in den USA (80 Zeilen, 2 Bilder) Seite 10

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VI. Jahrgang, Nr. 15/W 29. Juli 1953

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FRANCES E. WILLIS Die neue US-Botschafterin in der Schweiz (40 Zeilen) Seite 1

WARUM IST MEIN KIND UNFOLGSAM? Amerikanische Pädagogen nehmen zu einer wichtigen Frage der Jugenderziehung Stellung (85 Zeilen) Seite

LUCY UND RICKY Amerikas beliebtestes Fernsehpaar (78 Zeilen) Seite

DORNRÖSCHEN WIRD NICHT MEHR GEWECKT Von Joseph Wechsberg II. Teil eines Artikels aus SATURDAY EVENING POST über die Zustände in tschechischen Kindergärten (65 Zeilen) Seite 8

DIE AMERIKANISCHE FAMILIE VON HEUTE Grundlage der jungen Familie in den USA ist die Bereitschaft zu gemeinsamer Arbeit (85 Zeilen) Seite 10

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VI. Jahrgang, Nr. 16/W 12. August 1953

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DAS "HEIM VON MORGEN" Das wahrhaft vorbildliche Familien- und Jugend­ erziehungsprogramm von Asheville in Nordkarolina (60 Zeilen) Seite

DER SÄUGLING ALS PERSÖNLICHKEIT Erfahrungen eines wissenschaftlichen Forscherteams in Topeka über die geistige Entwicklung von Kindern während der ersten Lebenswochen und -monate (90 Zeilen) Seite

FRAUEN NÜTZEN IHR RECHT Die "Liga der amerikanischen Wählerinnen" (50 Zeilen, 4 Bilder) Seite

DAS KLEINE PORTRÄT (XII) Bertha S. Adkins - die erste Frau der Republikanischen Partei (30 Zeilen, 1 Bild) Seite

DAZU GEHÖRT EIN GUTER MAGEN Aus der Praxis des New Yorker Lebensmittel­ prüfers Mr. Plotkin (65 Zeilen) Seite 10

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VI. Jahrgang, Nr. 17/W 26. August 1953

INHALTSVERZEICHNIS

WARUM STEHEN DIE FRAUEN ZURÜCK? Ergebnis einer amerikanischen Umfrage über die Gründe, warum Frauen im Beruf Schwierig­ keiten haben (84 Zeilen) Seite

DAS THEATER WIRD NICHT STERBEN Die Schauspielerin, Regisseurin und Theater- produzentin Katherine Cornell spricht über ihre Arbeit (70 Zeilen, 1 Bild) Seite

ICH WOHNE IN EINER KLEINEN STADT Eine junge Frau aus Oxford, Mississippi, erzählt aus ihrem Leben (72 Zeilen) Seite

G-EG-EN DIE TYRANNEI Mrs. Lydia Kirk, Gattin des ehemaligen US- Botschafters in Moskau, schreibt an die Völker Rußlands (53 Zeilen, 1 Bild) Seite

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VI. Jahr.-ang, Nr. 18/W 9. September 1953

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WIDER DEN UNGEIST Elisabeth von Guttenberg kämpft für ein Ideal (77 Zeilen) Seite

SIS IST ANZIEHEND UND V/EIBLICH UND EIN EXPERTE r: .VIRTSCHAFTSFRAGEN Marta Klompes europäische Karriere (105 Zeilen, 1 Bild) Seite

LOIS, DAS "GOVERNMENT GIRL" Aus dem Leben einer der mehr als 100 000 weiblichen Angestellten der amerikanischen Bundesregierung (75 Zeilen, 2 Bilder) Seite

SHIRLEY BOOTH - NEUES GESICHT IM AMERIKANISCHEN FILM Die diesjährige "beste Schauspielerin der Welt" hat weder einen Starnamen noch ein Stargesicht (65 Zeilen, 1 Bild) Seite

KINDER SIND WIE ANGESTELLTE Sechs Regeln für Büro und Familie (40 Zeilen) Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 1 9/W 23. September l9b3

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STÄRKER ALS KINDESLIEBE Heim und Familie in den kommunistisch beherrschten Ländern (80 Zeilen) Seite

GEMEINSAMES ZIEL: SIE GLÜCKLICHE FAMILIE Die "Clubs der jungen Mütter"in Chikago (55 Zeilen) Seite

DAS KLEINE PORTRÄT (XIII) Consuelo Northrop Bailey - die Sprecherin des Parlaments von Vermont (58 Zeilen) Seite

DIE MEDIZINISCHE AKADEMIE FÜR FRAUEN IN PHILADELPHIA Amerika hatte die erste medizinische Akademie für Frauen (73 Zeilen, 2 Bilder) Seite 8

KLEIDSAM UND WEIBLICH Vorschau auf die amerikanische Herbstmode (70 Zeilen) Seite 11

US-SCHÖNHEITSKÖNIGIN 1954 STAMMT AUS DEUTSCHLAND (15 Zeilen) Seite 13

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VI. Jahrgang. Nr. 20/W 7. Oktober 1953 INHALTSVERZEICHNIS

UND DENKE NACH l Auszüge aus einer Ansprache von Mrs. Margaret Chase Smith, Senatorin von Maine und einziger Frau im US-Senat, an amerikanische Studentinnen (65 Zeilen) Seite ALLES FÜR DIE HAUSFRAU Aus der Arbeit der staatlichen Hausfrauen­ beratungsstelle in Washington (85 Zeilen, 1 Bild) Seite DER BACKFISCH VOM BROADWAY Die Schauspielerin Julie Harris (76 Zeilen, 2 Bilder) Seite DAS KLEINE PORTRÄT (XIV) Mrs. Dorothy Hamilton - Lehrerin des Jahres 1953 (70 Zeilen, 1 Bild) Seite RAUCHEN - EIN PRIVILEG DES ALTERS ? Wissenswertes für Frauen über das Rauchen (28 Zeilen) Seite 11

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VI. Jahrgang. Nr. 21/W 21. Oktober 1953

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ECHTE PARTNERSCHAFT Der soziale Wandel in den USA während der letzten fünfzig Jahre und sein Einfluß auf die soziale und wirtschaftliche Stel­ lung der Amerikanerin (100 Zeilen) Seite

NÄHEN OHNE RISIKO Der Stolz der modernen Amerikanerin - das selbstge.nähte Kleid (85 Zeilen, 2 Bilder) Seite 4

FAST 40 MILLIONEN ALLER MENSCHEN SIND FLÜCHTLINGE Mrs. H. C. Houghton nahm im Aiiftrage ihrer Regierung an der in diesen Tagen beendeten Versammlung des zwischenstaatlichen Flücht­ lingskomitees teil Seite 7

DIE GANZE STADT IST MITGLIED Der "Country Club" von Dearborn (95 Zeilen, 3 Bilder) Seite 8

DAS KLEINE PORTRÄT; (XV) Caroline Davis, Leiterin des Frauenreferats der amerikanischen Vereinigten Automobil­ arbeiter-Gewerkschaft (85 Zeilen, 1 Porträt) Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 22 A' 4. November 1953

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DIE FRAU IM PARAEIES DER SOWJETS Die größte Chance der Gleichberechtigung hat die russische Frau als Schwerarbeiterin (95 Zeilen) Seite

FRAU KONSUL IN AMERIKA Dr. Margaret Sztollar-Groewel übernimmt das deutsche Konsulat in Houston (Texas) (50 Zeilen) Seite

BURMESISCHE PERLMUTTARBEIT UND ESKIMO-FIGUREN Die internationale Geschenkzentrale der Vereinten Nationen (60 Zeilen, 1 Bild) Seite

SPECK BRÄT IN 30 SEKUNDEN Küchenherde mit Infrarotstrahlern (45 Zeilen) Seite 8

ERGEBNIS EINER DREIJÄHRIGEN HONIGSTUDIE DES US-LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIUMS (30 Zeilen) Seite 10

AMERIKANERIN ERHÄLT GROSSES VERDIENSTKREUZ DER BUNDESREPUBLIK (16 Zeilen) Seite 11

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VI. Jahrgang. Nr, 23/W 18. November 1953

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AN UNSERER TÜRSCHWELLE FORMT SICH DIE DEMOKRATIE Nachbarschaftsheime in New York City (73 Zeilen) Seite DIE STELLUNG DER FRAU IN DEN USA. 1953 Bericht des US-Bundesamtes für Frauenfragen (54 Zeilen) Seite ELTERN UND KINDER WERDEN GEMEINSAM ERZOGEN Seit 28 Jahren führt das Vassar College Sommerkurse zur Förderung des Familien­ lebens durch (100 Zeilen) Seite GEPFLEGTSEIN IST KEIN LUXUS Bilanz der kosmetischen Industrie in USA (88 Zeilen) Seite 8 98-JÄHRIGE GING NACH AMERIKA Ältester Auswanderer verließ in dieser Woche Europa 11 (25 Zeilen) Seite DAS GROSSE VERDIENSTKREUZ DER BUNDES- REGIERUNG FÜR DR. SUSAN B. RILEY (38 Zeilen) Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 24/W 2. De»eraber 1953 INHALTSVERZEICHNIS KÜNSTLER, HEILIGE UND PIONIERE Zum 7. Dezember, dem Geburtstag der amerikanischen Schriftstellerin Willa S. Cather (97 Zeilen) Seite 1

"IHR LÄCHELN IST SO GÜTIG" Mamie Eisenhower erhält täglich 700 Briefe ( 60 Zeilen) Seite 5

LIEBLINGSBESCHÄFTIGUNG; KOCHEN UND BACKEN Ergebnis einer Umfrage bei amerikanischen Hausfrauen über ihre Arbeits- und Zeit­ einteilung ( 52 Zeilen) Seite 7

ZWISCHEN HAUSHALT UND BÜRO Gewissenserforschung einer ehemals berufstätigen Mutter ( 72 Zeilen) Seite 9

KURZNACHRICHTEN? a) Kunstunterricht für Eltern und Kinder im "Museum of Modern Art" b) Rußlands Frauen trachten nach Schönheit und Eleganz c) Zwei Drittel aller amerikanischen Bank­ angestellten sind Frauen Seite 12

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VI. Jahrgang, Nr. 25/W 16. Dezember 1953

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EIN JUBILÄUM DER MENSCHLICHKEIT 60 Jahre Schwesternhilfsdienst in New York (50 Zeilen, 3 Bilder) Seite 1

DIE PFLANZE, DIE OHNE LIEBE NICHT GEDEIHEN KANN Tiefgreifender als der Mangel an körperlicher Pflege ist eine Vernachlässigung der Geistes­ hygiene für die Gesamtentwicklung eines Kindes (Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation) (150 Zeilen) Seite

WOZU FUTTERSÄCKE GUT SEIN KÖNNEN Y/o der Wille zu helfen vorhanden, findet sich auch stets ein Weg (70 Zeilen) Seite 8

DAS KLEINE PORTRÄT (XVI); BABE ZAHARIAS Erfolgreiche Leichtathletin kämpft um den größten Sieg ihres Lebens (110 Zeilen, 1 Bild) Seite 11

DIE AMERIKANERIN AUF DER PARTEIPOLITISCHEN BÜHNE (35 Zeilen) Seite H HAUPTSCHNORRER FÜR DIE GYA Mrs. Shouse, der gute Geist der GYA-Klubs in Deutschland, besuchte die Bundesrepublik (44 Zeilen) Seite .15

* * * * * 71« Jahrgang. Nr. 1/1 14» Januar 1953

"The Saturday Evening Poet" veröffentlichte kürzlich das Ergebnis einer nunmehr seit dreißig Jahren durchgeführten Untersuchung über die Entwicklung und den Lebensweg von fünfzehnhundert überdurchschnittlich begabten Kindern*

WAS WIRD AUS •WUNDERKINDERN"

( 86 Zeilen. 860 Wörter) SAN FRANCISCO — (Amerika Dienst) — Die meisten Leute haben für die sogenannten Wunderkinder nur ein bedauerndes Läoheln und tiefes Mitleid« Sie sind davon überzeugt, daß diese Kinder, die mit vier Jahren imstande sind. Griechisch zu lernen oder eine Integralrechnung zu lösen, im späteren Leben versagen müssen. um dieser allgemein verbreiteten Ansicht auf den Grund zu gehen» haben sich in Amerika eine Reihe von Pädagogen und Psycho­ logen zusammengetan und an Hand von konkreten Statistiken er­ mittelt, ob die geistige Überlegenheit von frühreifen Kindern sich auoh auf die späteren Lebensjahre überträgt. Der Lebenslauf von rund 1 500 Kindern wurde auf diese Weise in allen seinen Einzelheiten aufgenommen und Lehrer, Eltern. Freunde. Verwandte. Ehepartner und Nachkommen wurden interviewt und getestet. Diese Studien wurden vor nunmehr dreißig Jahren begonnen. Die ersten Auewertungeergebnisse liegen jedoch erst jetzt vor* Leiter der wissenschaftlichen Gruppe und Initiator der Untersuchungen iet der 76jährige Dr. Lewis Terman von der Stan­ ford-Universität in Kalifornien, der als einer der führenden Psychologen dieses Jahrhunderts und als bedeutender Fachmann für Intelligenzprüfungen gilt. Als er vor vierzig Jahren an der Stanford-Universität seine Lehrtätigkeit begann» erregten die Intelligenztest8 des Franzosen Dr. Alfred Binet seine Aufmerk­ samkeit. Er arbeitete viel damit» erweiterte und änderte sie ab und nannte den revidierten lest den Stanford-Binet-Iest» der seither der meistangewendete psychologische Test der Welt ist* Termans Buch "The Heasurement of Intelligenoe" wurde in rund zwei Dutzend Sprachen übersetzt - darunter Syrisch» Afrikaana und Ägyptisch. £ie - 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953 Die Stanford-Binet-Iests geben dae "geistige Alter", den Intelligenzgrad, an und waren ursprünglich nur bei Kindern an­ gewendet worden« An Hand dieses Tests ermittelt man den soge­ nannten Intelligenz-Quotienten, der beim Durchschnittskind zwi­ schen 90 und 110 Punkten, beim unbegabten, geistig unterentwickel­ ten Kind unter 70, und bei besonders talentierten über 130 liegt« Um nun eine möglichst hohe Anzahl von überdurchschnittlich begabten Kindern zu haben, schickte Dr. Terman seine Mitarbeiter in Hunderte von kalifornischen Schulen und sammelte die Namen der talentiertesten Schüler« Man testete sie, und alle, die mehr als 140 Punkte erreichten« wurden in die Liste derer aufgenommen, deren Entwicklang und Lebenslauf man mehrere Generationen lang verfolgen will. Die Gruppe umfaßt heute 1 528 Kinder und Jugend­ liche im Alter von drei bis zu achtzehn Jahren, davon sind 857 Jungen und 671 Mädchen« Die Eltern der Kinder wurden gebeten, sie keineswegs anders zu behandeln als bisher, und tatsächlich erfuhren viele der Beteiligten erst später, daß sie der Versuchs- gruppe Dr. Termans angehörten. Ihre körperliche und seelische Verfassung war entgegen der populären Vorstellung von "Wunder­ kindern" keineswegs schwächlich, hohlbrüstig, übernervös oder übertrieben ernst« Sie waren im Gegenteil kräftiger und größer als ihre gleichaltrigen Klassenkameraden. Das typische außeror­ dentlich begabte Kind der Gruppe Termans entstammte einer meist ebenfalls überdurchschnittlich gebildeten Familie, der Vater übte oft «Inen freien Beruf aus, war Arzt, Rechtsanwalt, Professor oder Geschäftsmann« Mit fünf und sechs Jahren lernten die Kinder spielend lesen, beherrschten mit zehn Jahren den Lehrstoff der zwei bis drei Jahre höheren Schulklassen, lasen in ihrer Freizeit mehr und bessere Bücher als ihre Altersgenossen, waren dabei aber keine Bücherwürmer. Sie waren von rascher Auffassungsgabe und großer Wißbegier. Gedächnis und Wortschatz waren naturgemäß außerordentlich gut« Im Spiel waren sie fair, beherrschten die Spielregeln besser als andere Kinder, boten im Sport gleichwertigt Leistungen und sammelten mit demselben Eifer wie ihre Altersge­ nossen Käfer, Briefmarken oder Bilderserien« Niemals konnte man feststellen,, daß sie mit ihrem größeren Wissen prahlten* Der »AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953 Der Kontakt zwischen Elternhaus, Lehrern und den Wissen­ schaftlern wurde in all den Jahren direkt und indirekt aufrecht­ erhalten» Nach Ende des zweiten Weltkrieges war eine beträchtli- che Anzahl der Termans-Kinder erwachsen» so daß man nun schon an die Auswertung der im Laufe von dreißig Jahren gesammelten Daten gehen konnte. Dabei stellte sich heraus, daß diese Kinder in ihrer überwiegenden Mehrheit erfolgreich, seelisch ausgegli­ chen und glücklich verheiratet waren, eine gute Stellung und gutes Auskommen hatten und von ihren Bekannten und Freunden ge­ achtet und geliebt wurden. Scheidungen waren nicht häufiger vor­ gekommen, als es dem Durchschnitt entspricht, wesentlich geringer waren jedoch bei den Termans-Kindern der Hang zum Trinken oder zur Kriminalität* 68 Prozent von ihnen hatten eine abgeschlossene Hochschulbildung. Ihr Einkommen lag rund 70 Prozent über dem Durchschnitt der entsprechenden Altersstufe - und.die Differenz wäre noch größer, wenn nicht so viele das relativ niedrig bezahlte akademische Lehrfach als Beruf gewählt hätten. Ihr kultureller Beitrag war außerordentlich großt über hundert Bücher und Mono­ graphien, an die sechzehnhundert fachwissenschaftliche Aufsätze und Essays, über hundert- teils bedeutende - Erfindungen und Patente gehen auf sie zurück. Dabei ist zu bedenken, daß die meisten der Termans-Kinder noch im Zenith ihres Schaffens stehen, ja ihn meist nc ih nicht einmal erreicht haben*

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ACHTUNG REDAKTIOjH Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos 2 Bilder$ 1) Dr. Lewis Terman mit der Fami3* eines seiner "Wunderkinder"• 2) Eine Fünfjährige wird nach"dem Stanford-Binet-Test auf ihren Intelligenzgrad geprüft*

3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953

Das kleine Porträt (VI)

MÜTTER BICKERDYKE Von Virginia Sterling

(97 Zeilen, 970 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Vor dem Gerichtsgebäude von Galesburg im Staate Illinois, der Stadt Carl Sandburgs, steht ein merkwürdiges Denkmal: die robuste Gestalt einer einfachen Frau, die einem niedergesunkenen Soldaten einen Becher an die Lippen hält; darunter lediglich der Name Mary Ann Bickerdyke und als Jahreszahl: 1861-65. In jenen Jahren war Nordamerika der Schau­ platz des Civil War, des Bürgerkrieges zwischen Nord- und Süd­ staaten. Und in den Armeen der Nordstaaten dürfte es damals kei­ nen Soldaten gegeben haben, der nichts gewußt hätte von "Mutter Bickerdyke" Diese Frau war bis zum Jahre 1861 eine unbekannte, recht­ schaffene Witwe und Bürgerin der kleinen Gemeinde Galesburg ge­ wesen, die in der Sorge um ihre Kinder aufging. An einem Sonntag verlas der Pfarrer in der Kirche einen Feldpostbrief, den ein Sohn des Städtchens, ein junger Arzt, aus dem Truppenlager Cairo in Illinois geschrieben hatte, einer der 500 Männer, die Galesburg unter den Waffen stehen hatte. Dieser Brief klagte leidenschaft­ lich die verheerenden Zustände in den vernachlässigten Kranken- zelten an, schilderte die Seuchen, die die Menschen bedrohten, und verheimlichte nicht den Tod manches jungen Soldaten, der den Krieg noch gar nicht erlebt hatte. Ein Sturm der Entrüstung ergriff die Gemeinde, und der Gottesdienst wurde zur Gemeindeberatung: was kann getan werden, um den Unglücklichen zu helfen; was kann getan werden, um Krankheit und Not zu vertreiben? Eine Sammlung brachte das Allernötigste zusammen, und als ein Gewissenhafter den Vor­ schlag machte, die Spenden persönlich in Cairo abzuliefern und sich dabei zu versichern, das die gute Tat auch zum guten Ende ge­ führt werde, da traf die einstimmige Wahl die 45-jährige Witwe Mary Ann Bickerdyke, die aufrecht und breitschulterig im schwar­ zen Witwenkleid unter ihnen saß. Man konnte ihr schon zutrauen, daß sie die Richtige für diesen Auftrag war: das kluge Gesicht

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953 ——^^^—111 I !• ••III • I————^—•—^—^——^—

Gesicht drückte Güte und Mitgefühl aus, Mund und Kinn aber ver­ rieten Furchtlosigkeit und einen unbeugsamen Willen. Mary Ann fand die Verhältnisse im Truppenlager Cairo noch viel schlimmer, als sie sich vorgestellt hatte. Schon nach einem Blick über die verzweifelten Kranken in den notdürftigen Zelten wußte sie, daß an eine Heimkehr ihrerseits so bald nicht zu denken war. Dem hilflosen Arzt machte sie kurzerhand praktische Vorschlä­ ge: "Geben Sie mir zuerst ein paar kräftige Männer. Dann brauche ich Wasser, viel Wasser, und ein paar Fuhren frisches Stroh...." • Sie schürzte ihre Kattunröcke, krempelte sich die Ärmel auf und ging an die Arbeit wie seinerzeit Herkules im Stall des Augias. Am Abend waren die Kranken gebadet, barbiert und entlaust, sie lagen auf sauberen Leintüchern über dem frisch aufgeschütteten Stroh. Mary Ann wußte noch nichts von Bakterien und Infektion, aber sie wußte, daß Sauberkeit nicht nur nichts schaden kann, sondern das erste Gebot bei jeder Krankheit ist. Als am Abend zum Zapfen­ streich geblasen wurde, auch zum Zeichen, daß alle Fremden das Camp zu verlassen hatten, da wünschte ihr der Arzt verlegen eine gute Heimkehr. "Heimkehr, Doktor? Ich denke nicht daran. Das ist keine Arbeit, die man an einem Tag erledigt. Ich bleibe so lange hier, bis alles getan ist, und wenn es ein Jahr dauert " Aus dem einen Tage wurden Wochen und Monate, und ehe der Sommer zu Ende ging, war Mary Ann Bickerdyke die Mutter jedes einzelnen Soldaten im Lager, ob er nun krank war oder gesund. Jeder wäre für sie durchs Feuer gegangen, aber sie ließen sich auch auszanken und herumkommandieren - und darauf verstand sich die resolute Frau vortrefflich. So glänzend sie sich mit den Soldaten vertrug, so schlecht stand sie mit den Militärärzten, die sich nicht ins Handwerk pfuschen lassen wollten. Klagen über sie gingen an die Vorge­ setzten, aber die Generäle ließen sie gewähren, weil sie ein­ sahen, welcher Segen diese Frau war. Nachdem die ersten schweren Schlachten des Krieges vorüber waren und die Lazarette sich bis zum letzten Bett zu füllen b»- gannen, trat erst zutage, zu welch übermenschlich selbstloser Schaffenskraft diese gütige Frau fähig war. Als um diese Zeit

- 5 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE PRAÜ H. Januar 1953

Zeit die Sanitary Commiasion, die Vorläuferin des Roten Kreuzes in Amerika, Frauen zu Krankenschwestern auszubilden begann - der Beruf der Krankenschwester hatte bisher als unschicklich gegolten -, da war niemand glücklicher als Mutter Bickerdyke. Sie wählte mit Umsicht ihre weiblichen "Hilfstruppen" selber aus. Von Bezahlung wollte sie nichts wissen, und auch im Umgang mit der Militärbüro­ kratie nahm sie für sich Privilegien in Anspruch. Sie haßte die Anträge und Eingaben, deren Weg durch die Instanzen ihr viel zu lang dauerte. Wenn es um ihre verwundeten Boys ging, nahm sie sich einfach, was sie brauchte. Sie scheute sich nicht, für Kranke LLebasgabenpakete zu requirieren und eiserne Portionen anzugreifen. Als an einem bitterkalten Wintertage das Brennholz ausgegangen war und ihre Patienten auf ihren Lagern vor Frost zu zittern begannen, ließ sie die Holzverschanzung vor dem Lazarett abreißen und die Balken zu Brennscheiten kleinschlagen. Auf der Zerstörung militä­ rischer Befestigungen stand Gefängnisj als man die vermessene Frau verhaftete, sagte sie selbstbewußt! "Ihr solltet froh sein, daß ichs so gemacht habe. Und wenn euch die Leute erfroren wären?" Alle fünf Jahre des Bürgerkrieges blieb 8ie auf ihrem Posten, unermüdlich und sich selbst getreu bis zum letzten Tag. Sie nahm die Stelle einer Bevollmächtigten der Sanitary Commiasion ein, die ihr schließlich auch das Ansehen der Militärbehörden einbrachte. Die Soldaten indessen vergötterten sie. Als die Frau eines hohen Offiziers sich einmal bei General Sherman darüber beklagte, daß Mary Ann ihr abgeschlagen habe, die Pflege ihres an Masern er­ krankten Söhnchens zu übernehmen, sagte der berühmte General lachend:"Mutter Bickerdyke? Da kann ich leider nichts machen. Sie ist die einzige Person, die im Rang über mir steht. Wenn Sie sich über sie beschweren wollen, dann müssen Sie sich schon an Präsi­ dent Lincoln wenden."

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b "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU H. Januar 1953

Um die vielen kleinen Aktionäre, die mit ihren Spargroschen Anteile an Un­ ternehmen erwerben, vor Verlusten durch Unkenntnis zu schützen, hat man in den Vereinigten Staaten Kurse eingerichtet, in denen die kleinen Spar-Unternehmer in die Geheimnisse eines Börsenzettels eingeweiht werden.

HAUSFRAUEN USD BÖRSENKURSE Ten V.O. Ashley (80 Zeilen, 800 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Jeder von uns hatte schon einmal Gelegenheit, ohne es zu wollen, Unterhaltungen zwischen Frauen mitzuhören. Meist dreht es sich dann um die Sinder, Woh­ nungsprobleme, den neuen Chef oder um ein neues Kochrezept. Als ich nun neulioh in einem vollbesetzten Omnibus den Broad­ way in New Tork entlangfuhr, wurde ich wieder einmal Zeuge eines solchen Gespräches, aber die wenigen Brocken, die ich aufschnappte, machten mioh diesmal neugierig. Die beiden Frauen lasen offensichtlich den Börsenbericht einer Zeitung, tippten hin und wieder auf die eine oder andere Stelle und unterhielten sich dann angelegentlich über den Stand gewisser Aktien und über die letzten Kurse. Neugierig - auch Männer sollen es bekanntlich manchmal sein - betrachtete ich mir die beiden Frauen näher. Wenn ich auch nicht glaube, daß "Kapitalisten" ganz bestimmte äußere Erscheinungsformen haben - diese beiden jungen, adrett geklei­ deten Frauen jedenfalls schienen Sekretärinnen zu sein, wie man sie in New Tork zur Zeit des Büroschlusses zu Tausenden sieht* Sekretärinnen aber interessieren sich im allgemeinen nach 5 Uhr nachmittags nicht für Kursberichte, und das reizte meine Neugier nooh mehr. Einige Stationen weiter hatte ich mit ge­ spitzten Ohren herausgefunden, daß die beiden jungen Damen auf dem Weg zu einer Schule waren, die irgendetwas mit "Kapitalis­ mus" zu tun haben mußte. Kurz entschlossen blieb ioh in dem Bus sitzen und veranstaltete eine Fahrt ins Blaue, die über­ raschend genug im Rathaus endete« Nach den beiden jungen Damen betrat ich dort einen kleinen Raum, der jetzt naoh Dienstsohluß in ein Klassenzimmer verwandelt worden war. Es war voll von »AMERIKA DIENST" - TÜR DIE FRAU 14. Januar 1953 von Frauen aller Altersgruppen. Die meisten kamen offensichtlich gerade von der Arbeit, andere erzählten sich, wie sie eben noch rechtzeitig die Kinder zu Bett gebracht hätten. Irgend jemand drückte mir gleich den letzten Börsenzettel in die Hand, und ich betrachtete den Zahlenwirrwarr mit der ge­ langweilt esten Miene der Welt, als sei ich mit solchen Zusammen­ stellungen aufgewachsen. Verstanden habe ich allerdings nichts. Da fragte mich schon meine Nachbarini "Was sagen Sie nur zu dem neuesten Kurs der XYZ-Werke?" Ich hatte im wahrsten Sinne des Wortes kein Wort dazu zu sagen und beschränkte mich deshalb auf einen hörbaren Seufzer. Meine Nachbarin hielt das für eine Mei­ nungsäußerung und überschüttete mich mit einem vollständigen Fachbericht, nach dem die XTZ-Werke vor acht Tagen die Zahl ihrer Maschinen erheblich erhöht hätten und nun in der Lage sei­ en, ihre Produktion zu steigern. Aus dieser Mehrproduktion würde sich ohne weiteres klar ergeben - sie sagte tatsächlich "ohne weiteres" und "klar ergeben" - daß mit der wachsenden Leistungs­ fähigkeit auch der Wert der Aktien steige. Man gab mir dazu noch viele erklärende Einzelheiten, aber um ehrlich zu sein, ich verstand noch immer nichts und sagte das auch. Dann beging ich eine Ungeschicklichkeit, denn ich fragte meine Nachbarini "Was in aller Welt tun Sie denn hier, und warum interessiert Sie der Börsenbericht? Sie sind doch eine Frau." Gleich darauf bemühten sich mehrere Frauen, mich in die Geheimnisse eines Kurszettels einzuweihen. Nach dem Unterricht schloß sich auch der "Lehrer" dieser eigenartigen "Klasse" der Gruppe von Frauen an, die mich aus meiner Unwissenheit heraus­ reißen wollten. Von dem Lehrer erfuhr ich auch den Leitsatz dieser Einrichtung? "Es kann zwar nicht jeder viel Geld ver­ dienen, aber jeder kann sich informieren und lernen, wie man sein erspartes Geld nicht verliert." Da es nun in den Vereinigten Staaten Hunderttausende gibt» die als Arbeiter oder Angestellte einen oder sogar mehrere An­ teile an einem Unternehmen besitzen, weil sie ihr Geld gerne arbeiten lassen, ist man auf die Idee gekommene Kurse einzurich­ ten, in denen man lernt, Börsenberichte richtig zu lesen* In den Unterrichtsstunden erfährt man dann, ob es vorteilhafter ist, sein Geld statt in einer Lebensversicherung in einem

- 8 - "AMERIKA PIEKST" - FÜB DIE FHAU H. Januar 1953 einem Anteilschein anzulegen. Weil nun Frauen zwar einerseits beim Anblick eines Börsenberichtes meist entsetzt abwinken, sie andererseits aber in den USA mehr Wertpapiere besitzen als die Männer, wurde in New York dieser Sonderkurs für Frauen einge­ richtet, in den ich mich uneingeladen eingeschlichen hatte« Neben Fachleuten aus der Wirtschaft sprechen dort oft auch Männer aus der Wallstreet zu den Hausfrauen, Arbeiterinnen, Telephonistinnen und Sekretärinnen* Von wirklich großen Kapital­ anlagen kann man wohl kaum bei einer der Frauen sprechen, die zu diesen Kursen kommen. Aber gerade diese kleinen Sparer, die Dollar für Dollar beiseite legen, will man vor Verlusten aus Unkenntnis schützen. Die Teilnahme an diesen Kursen ist übri­ gens im Interesse der Geldbeutel der kleinen Aktionäre kostenlos*

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-y "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953

BEQUEMLICHKEIT IST TRUMPF Was bringt die Frühjahrsmode 1953 in Amerika? Von Lucy Hiller

( 72 Zeilen, 720 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — "Man muß in jeder Saison etwas Neues bringen, wenn man seine Kundschaft nicht enttäuschen will", erklärte kürzlich Charles James, einer der bekanntesten New Yorker Modeschöpfer, einer jungen Re­ porterin gegenüber, die sich bei ihm die neuesten Tips für die modische Linie 1953 holen wollte. Es war kein Zufall, daß sie sich gerade an ihn gewandt hatte, denn Mr. James, dessen Speziali­ tät Kostüme und Jacken­ kleider sind, steht in dem Ruf, eine besonders feine Nase für bevor­ stehende modische Ent­ wicklungen zu besitzen. So ist denn auch die von ihm in seinen neuesten Modellen eingehaltene Linie - er nennt sie "Pagoden-Linie"- eine Neuheit, die dem allge­ meinen Modetrend des kommenden Frühjahrs wohl schon um einiges voraus sein dürfte. Die "Pagode" ist eine Kombination der extrem eng anliegenden und weit abstehenden Mode und schreibt bei Kleidern ebenso wie bei Kostümen und Mänteln Oberteile vor, die Schultern, Arme und Brust mit der zweifei- i

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU H. Januar 1953 zweifelhaften Bequemlichkeit zu enger Glacehandschuhe umspan­ nen. Von einem Punkt jedoch, der etwa fünf Zentimeter oberhalb der natürlichen Taille liegt, bauscht sich die Jacke oder der Hantel plötzlich in einem Winkel von 45 Grad nach außen. Dieses weitwinkelige Abstehen der Schoßteile wird durch Unterlegen mit Steifleinen erzielt. Nach dem Sinn einer solch extravaganten Modelinie befragt, erklärte Mr. James lächelnd: "Die Pagode soll Taille und Hüfte verbergen, dafür aber Schulter- und Büstenlinie umso stärker akzentuieren". Aber wie gesagt - diese extreme Mode dürfte vorläufig noch Zukunftsmusik sein, das, was aus den FrühJahrskollektionen der großen Modesalons - sie beginnen nun allmählich den Schleier des Geheimnisses zu lüften, der bis zur Jahreswende schützend die neuesten Frühjahrsmodelle verhüllte - als neuester Mode­ trend herausgelesen werden kann, sieht doch noch weitaus ge­ mäßigter und, fast möchte .man sagen beruhigender aus. Danach ist das neue Kleid oder Kostüm, das die Amerikanerin in diesem Frühjahr tragen wird, mehr denn je auf Bequemlichkeit abgestimmt. "Eased-away" ist das neue amerikanische Modeschlagwort, das an­ deutet, daß man sich nunmehr,nachdem man sich mit engen Röcken, engen Gummi-Mieder-Gürteln und engen Kragen herumgequält hat, wieder unbeschwert in losen, weiten Gewändern bewegen wird. So 0 weit und bequem sind diese neuen Kleider, daß sie oftmals den Eindruck erwecken, als seien sie mindestens eine Nummer zu groß. Wie stets legt man sich auch bei dieser neuen "Mode der Be­ quemlichkeit" nicht auf eine ganz bestimmte, vorgeschriebene Einheitslinie fest, sondern läßt der Phantasie des Modeschöpfers genügend Spielraum, um auch bei ausgeprägtester Individualität doch noch modegerecht bleiben zu können. Vielfach wird daher auch bei den neuen Modellen noch das enganliegende Oberteil bei­ behalten, und nur der reiche, lose Faltenwurf des Rockes betont die modische Linie. Viele Modeschöpfer beschränken sich auch da­ rauf, in ihren neuen Modellen die natürliche Körper-Paßform aufrechtzuerhalten und den modischen Akzent nur auf bestimmte, ins Auge fallende Teile des Kleides zu verlegen) sei es ein lose abstehender Halsausschnitt, eine lose, nicht anliegende Taille oder ein Ärmel, der völlig formlos von der Schulter herabzufallen scheint. ~. a "AMERIKA DIENST" 14. Januar 1953 Die meisten Modeschöpfer halten ein gesundes Mittelmaß ein. Sie zeigen Ausschnitte, die weder den Hals einengen, noch zum gewagten Dekollete werden, sondern etwa fünf Zentimeter un­ ter dem Halsansatz enden - also äußerst bequem. Die Taille ist nicht völlig lose, aber auch nicht eingeengt, sondern nur an­ gedeutet - also äußerst uequem. Und auch die Hüftpartien sind weder weit abstehend noch beengend, sondern lose drapiert - also ebenfalls äußerst bequem. Für Frauen indessen,die weiterhin ihre schlanke Linie zei­ gen und deshalb gerne auf die Bequemlichkeit der neuen Mode ver­ zichten wollen, gibt es freilich auch in den neuen Frühjahrs­ kollektionen genügend Modelle, die diesem Wunsche gerecht wer­ den. Außerdem ist da ja auch noch das Kleid vom vergangenen Jahr. So umwälzend sind die Neuerungen noch nicht, daß es schon alt­ modisch geworden wäre.

12 "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 14. Januar 1953

KEINE SÜSSIGKEITEN BEI ZAHNREGULIERÜNGEN

(23 Zeilen, 230 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienet) — Kinder oder Erwachsene, die sich Gebißkorrekturen unterziehen müssen, sollten naoh dem Rat eines amerikanischen Zahnarztes in den ersten Wochen nach dem Einsetzen der Vorrichtungen eine möglichst kohlehydratarme Diät einhalten, weil sich erfahrungsgemäß zu dieser Zeit die Mund­ hakt er ien, die aus Zucker und Stärke zahnschädigende Säur« ent­ wickeln, rapide vermehren* Streng verboten sind in den ersten beiden Wochen alle Arten von süßem Eackwerk, eingemachten Früeh- ten, Fruchtsäften, Eis, Kremespeisen und Zuckerwerk* Süßigkeiten sollen auch in den beiden folgenden Wochen noch nicht gegessen werden, stärkehaltige Nahrungsmittel sind jedoch dann bereits erlaubt* Wird eine solche Diät eingehalten, nimmt die Zahl der säureerzeugenden Mundbakterien rasch ab* Am Schluß jeder Mahl­ zeit soll während dieser ersten Wochen viel rohes Obst oder Ge­ müse gegessen werden, weil es die Ansammlung von kohlehydrat- haltigen Speiseresten in den Regulierungsvorrichtungen verhindert* Besonders gründlich und regelmäßig müssen die Zähne nach jeder Mahlzeit gereinigt werden, selbstverständlich auch die Spangen?, die man mit dem äußersten Ende der Zahnbürste putzt* Der amerika­ nische Arzt rät, zu diesem Zweck die Zahnbürste zurecht zusdx neiden, so daß die Borsten am Vorderende normale, am Stielende jedoch nur mehr die halbe Länge besitzen und ihre Oberfläche eine schiefe Ebene bildet* (Aus "Science News Letter"}

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- 13 - VI. Jahrgang, Nr. 2/W 28. Januar 1953

Der diesjährige"March of Dimes", der ein Teil des heftigen Kampfes gegen die spinale Kinderlähmung ist, beginnt in diesen Januartagen.

PFENNIGPARADE 1953

(64 Zeilen, 640 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Zwei kleine Mädchen, die Geschwister Patricia und Pamela O'Neil, sind auf Hunderttausen­ den von kleinen Klebemarken abgebildet, die in diesen Tagen zum Preise von 10 Cent überall in den Vereinigten Staaten und den amerikanischen Truppenstandorten in der Welt angeboten und ver­ kauft werden. Das Schicksal der beiden Kinder ist symptomatisch für die große Sammelaktion, die sich in diesem Jahre zum 14.Male wiederholt: den MARCH OF DIMES, den Marsch der Zehncentstücke zugunsten der Opfer der spinalen Kinderlähmung. Daß diese Be­ wegung, deren Gründer der frühere Präsident Franklin D. Roosevelt, selbst ein Opfer dieser heimtückischen Krankheit,war, immer bes­ sere Erfolge erzielt, beweisen die beiden geheilten Mädchen, die vor einigen Jahren scheinbar hoffnungslos gelähmt darniederlagen. Aus Millionen und aber Millionen von Zehncentstücken, die in die Büchsen der 500 000 freiwilligen Sammler und Markenverkäu­ fer fallen, wurde ein mächtiger Fonds geschaffen, aus dem die meist sehr kostspieligenHilfs- und Heilmittel bezahlt werden, für die aufzukommen keinem Familienangehörigen und kaum einem Krankenhaus zugemutet werden kann. In 14 Jahren sind etwa 120 Millionen Dollar zusammengekommenj allein im vergangenen Jahre waren es 41 Millionen, und es kann damit gerechnet werden, daß diese imponierende Spende des amerikanischen Volkes im laufenden Jahr erneut übertroffen wird. Besondere Impulse dürfte die Aktion durch die guten Erfolge erfahren, die, nicht zuletzt dank der großzügigen Unterstützung durch den Nationalfonds, einige Wissenschaftler im Laufe des letzten Jahres erzielten. Die verheißungsvollen Impfuntersuchun­ gen mit Gammaglobulin an 55 000 Kindern sind nur ein Teil dieser Erfolge; zwei weitere Versuche befinden sich noch im Teststadium, und ganz Amerika verfolgt mit Anteilnahme die Fortführung dieser medizinischen Forschungen. _

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953

• •-••••••• i .—.-,,. -i — .. _ .II.. i In einem Falle handelt es sich um ein Experiment des New Yorker Arztes Dr. Herald Cox, dem es gelungen ist, das Polio-Virus in angebrüteten Eiern zu züchten, woraus sich mit großer Wahrscheinlichkeit ein weg zu billigen, wirkungsvollen Impfstoffen herleiten lassen wird. Im anderen, dem wohl wich­ tigeren Falle gelang es etwa zur gleichen Zeit der erfolgrei­ chen Gamma-Globulin-Experimente dem Baltimorer Ar zt Dr. Howard Howe, ein Präparat - das noch keine Bezeichnung erhal­ ten hat - herzustellen, das Heilerfolge bei jeder Form von spinaler Kinderlähmung zu versprechen scheint. Die Experi- mentalreihen stehen noch vor ihrem Abschluß. Diese und andere Versuche kosten Geld. Je eher sie zu befriedigenden Erfolgen führen, um so eher kann vielen un­ glücklichen Menschen geholfen werden, nicht zuletzt in der Weise, daß durch geeignete Schutzimpfung eine Ansteckung mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der amerikanische Nationalfonds, der allen Poliomyelitiskranken zugänglich ist, läßt sich darum auch die Unterstützung der einschlägigen wissenschaftlichen Forschungen besonders ange­ legen sein. Neben dem traditionellen "MARCH OF DIMES" gibt es in ein­ zelnen Ländern besondere Sammelaktionen, die sich durch ihre Originalität auszeichnen. So vereinigten sich im vergangenen Jahr 200 000 New Yorker Mütter zu einer wohlorganisierten Haus­ sammlung, dem "Marsch der Mütter zugunsten der Gelähmten", der insgesamt nur eine Stunde dauerte, aber ein großer Erfolg war. Die Bewohner der Weltstadt waren aufgefordert, das Licht in der Etage oder in der Wohnungsvorhalle anzuknipsen, wenn sie sich zu einer Spende bereit finden würden. Der Präsident des Internationalen Poliomyelitis-Kongresses, der Amerikaner Basil O'Connor, formulierte das Ziel des all­ jährlichen "MARCH OF DIMES" so: "Wir werden in unseren Anstren­ gungen nicht eher nachlassen, bis die Kinderlähmung ihre Schrecken für die Menschen verloren hat." ****** ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" folgendes Bild: Leere Milchflaschen als Sammelbüchsen in den Straßen von Washington. Man sieht deutlich, daß nicht nur Zehncentstücke gespendet worden - 2 - sind. "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953 Rund ein Drittel aller amerikanischen Frauen über 14 Jahre ist berufstätig.

FRAUENARBEIT IN DEN USA

( 48 Zeilen, 480 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Aus dem kürzlich von der Frauenabteilung des US-Arbeitsministeriums veröffentlichten Handbuch für das Jahr 1952 geht hervor, daß im vergangenen Jahr in den Vereinigten Staaten rund 19 Millionen Frauen berufstätig waren. Das ist nahezu eine halbe Million mehr als im Jahre 1951. In allen Berufssparten, so führt der Bericht aus, lag das durch­ schnittliche Einkommen der Frauen allerdings unter dem der Männer. Diese Tatsache wird durch eine im Dezember 1951 herausgebrachte Lohn-Tabelle der verarbeitenden Industrie im Staate New York be­ leuchtet, nach welcher der durchschnittliche Wochenlohn für Män­ ner 77,61 Dollar, für Frauen jedoch nur 47,06 Dollar betrug. Im gleichen Zusammenhang wurde ein Bericht des Statistischen Amtes zitiert, aus dem hervorgeht, daß das durchschnittliche Jahresein­ kommen der berufstätigen Amerikanerin sich 1950 auf 1 230 Dollar belief, gegenüber 2 659 Dollar bei berufstätigen Männern. Diese Tatsache ist jedoch der einzige Mißton in diesem sonst so positiven Bericht, der an Hand von umfangreichem Zahlenmate­ rial den ständig wachsenden Einfluß der Frau im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben der Vereinigten Staaten veranschau­ licht. Einige der wichtigsten Punkte des Berichtes sind folgende: 1) Die 19 Millionen berufstätigen Frauen in den USA stellen ein Drittel aller Frauen über 14 Jahre dar. Ihr Anteil an der gesamten arbeitenden Bevölkerung beträgt 30 Prozent. 2) Ungefähr die Hälfte aller berufstätigen Frauen arbeitet in Büros und Privatbetrieben; mehr als ein Fünftel ist als Dienstpersonal beschäftigt und ein Zehntel in Spezialberufen tätig. 3) Die Hälfte aller Frauen über 25 Jahre hat eine Schul­ ausbildung von neun und mehr Jahren hinter sich; über ein Zehn­ tel besuchte ein College; ein Drittel aller College-Stundenten und ein Viertel all derer, die im Jahre 1950 eine Abschlußprü­ fung ablegten, waren Frauen. 4) 43 Staaten der USA haben Höchstgrenzen für die Arbeits-

' - 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. Januar 1953 Arbeitszeit von Frauen festgesetzt; in 24 Staaten liegt diese Höchstgrenze bei acht Stunden pro Tag; 19 Staaten beschränken die Nachtarbeit für Frauen; 26 Staaten haben Tarifgesetze, die einen Mindestlohn für Frauen festsetzen; 13 Staaten haben Ge­ setze, die den Frauen das Recht auf gleichen Arbeitslohn zu­ sichern; 24 Staaten schränken die Arbeit von Frauen in beson­ ders gefährlichen Berufen ein; sechs Staaten verbieten die Arbeit von Frauen kurz vor oder nach einer Entbindung. 5) Rund 600 000 Frauen stehen im Dienst der amerikanischen Bundesregierung, das ist etwa ein Viertel aller Angestellten der Bundesregierung; rund 3 000 Frauen wurden in verantwor­ tungsvolle öffentliche Ämter berufen. 3 000 Frauen sind außer­ halb der Vereinigten Staaten in Botschaften und Konsulaten be­ schäftigt; von ihnen befinden sich ungefähr 500 in leitenden Positionen.

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4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953 Noch steht das Fernsehen in der Bundesrepublik am Anfang, während es in den USA seit 1945 einen gewaltigen Aufschwung genommen hat. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit einem psychologischen Problem, das der Aufstieg des neuen Unterhaltungs-Mediums mit sich gebracht hat.

FERNSEH-PROBLEME IN DER KINDERSTUBE Von Professor Paul Witty und Harry Bricker

(100 Zeilen, 1000 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Amerikas Kinder haben einen neuen Zeitvertreib; das Fernsehen. Die Zahl der Fernseh-Empfänger in den USA ist zwischen 1945 und 1952 lawinenartig von 10 000 auf 15 Millionen angewachsen. In vielen Städten besitzen heute mehr als die Hälfte aller Familien eigene Fernseh-Apparate. Dieser gewaltige Aufstieg eines neuen Nachrichten- und Unter­ haltungs-Mittels hat die Psychologen und Pädagogen der USA vor ein neues großes Problem gestellt: Ist das Fernsehen wirklich eine Gefahr für die Vorstellungswelt und die emotionelle Ent­ wicklung der Kinder? Fünf- bis Sechsjährige stellen einen recht erheblichen An­ teil des Fernseh-Publikums. Sie sitzen oft vier und mehr Stun­ den täglich vor dem Empfänger, denn noch müssen sie nicht zur Schule gehen. Aber auch für ältere Kinder ist Fernsehen zum Freizeit-Vergnügen Nr. 1 geworden. Was sehen nun die Kinder auf dem kleinen Bildschirm, der sie so magisch anzieht? Um diese Frage zu beantworten, hat eine Gruppe amerikanischer Pädagogen und Psychologen sämtliche Fernseh-Programme, die die sieben New Yorker Stationen im Laufe einer Woche ausstrahlten, analysiert. Von den insgesamt 564 Sendestunden stellten "Fernseh-Spiele" aller Art, einschließ­ lich Kriminalstücken, Komödien und Wildwest-Sendungen, sowie Übertragungen von Sport- und Variete-Veranstaltungen die Hälfte aller Sendungen dar. Sieht man von Nachrichten und Programmen für die Hausfrau ab, so blieben nur drei Prozent der Sendezeit für unterrichtende Programme und weitere drei Prozent für Diskussio­ nen und religiöse Sendungen. Die Werbung beanspruchte rund zehn Prozent der gesamten Sendezeit. Programme

- 5 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953 Programme für Kinder und Jugendliche füllten mit 70 Stun­ den rund 12 Prozent der Sendezeit. Auch innerhalb dieser klei­ neren Kategorie repräsentierten Wildwest- und Abenteuergeschich­ ten sowie Zeichen-Trick-Filme die Hälfte aller Sendungen. Nach Ansicht der analysierenden Experten konnte man nur drei Sende­ stunden des Wochenprogramms als ausgesprochen "jugendbildend und belehrendn ansehen. Nur eine der sieben Stationen brachte täglich ein eigenes halbstündiges Programm für noch nicht schul­ pflichtige Kinder. Zwei Ergebnisse der New Yorker Analyse sollten von allen Eltern beachtet werden: Ein Teil dessen, was die Kinder auf dem Bildschirm des Fernseh-Empfängers sehen, ist in erster Linie für Augen und Ohren Erwachsener gedacht; auch von den für Kin­ der bestimmten Sendungen sind nicht alle geeignet. Manche Eltern und Lehrer sehen darin weder ein Problem noch eine Gefahr. Für sie ist das Fernsehen eine Möglichkeit, die Kinder "beschäftigt" zu wissen, und sie benützen diese Erfindung als eine Art "einge­ bauten Baby-Sitter". Andere dagegen halten es für ungut, wenn Kinder Tag für Tag wahllos das ganze Programm zu sehen bekommen. Eine dritte Gruppe hält zwar den geistigen Einfluß des Fernsehens nicht für schädlich, fürchtet aber, daß das stundenlange ange­ strengte Sehen für die Augen von Nachteil sei. Wo immer Eltern und Lehrer zusammenkommen, wird man diese und ähnliche Argumente hören können. Es ist nicht einfach, eine stichhaltige Antwort auf alle diese Fragen zu geben, weil es stets kompliziert sein wird, see­ lische Reaktionen abzuwägen, Nach Ansicht der Pädagogen und Psychologen sollte man bei der Beurteilung des Einflusses, den das Fernsehen auf Kinder haben kann, immer auf die individuelle Veranlagung des Kindes achten. Während nämlich der kleine Bill bei wilden Indianerkämpfen nervös an seinen Nägeln kaut, wird sein Altersgenosse Johnnie vielleicht gelangweilt gähnen. Und während die kleine Diana vor dem schrecklichen Gespenst, das sie in einer Sendung sah, weinend aus dem Schlaf hochschreckt, wird die gleichaltrige Mary beim Anblick desselben Gespenstes nur amüsiert kichern und keinen zweiten Gedanken daran verschwenden. Kinder unterscheiden sich nicht nur in der körperlichen, sondern ebenso in der geistigen und emotionellen Entwicklung. Für "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953

Für ein äußerst sensibles Kind ist natürlich ein spannungsge­ ladenes Fernseh-Kriminalspiel geradezu öl ins Feuer. Man darf aber annehmen, daß ein normales, ausgeglichenes und glückliches Kind auch durch gelegentliche Erregung, Spannung oder Schrecken keinen Schaden erleiden wird. Trotzdem sollte man bedenken, daß es auch für das gesündeste Kind bessere Dinge gibt, als eine ständige "Schock-Diät". Ein weiterer Einwand zahlreicher Eltern und Lehrer ist, daß das Fernsehen Kinder von der Lektüre guter Bücher abhalte. Dem halten andere entgegen, daß Kinder sich oft ein Buch aus dem Regal heraussuchten, wenn ein bestimmtes Thema im Fernseh-Pro- gramm angeschnitten worden war. Ernsthafte Befürchtungen vie­ ler Pädagogen gehen allerdings dahin, daß die Fernseh-Begei- sterung die Kinder vom selbstschöpferischen Spiel über Gebühr ablenke, daß das Fernsehen also daran Schuld trage, wenn heute eine Generation weniger aktiver Menschen heranwachse. Dies mag in manohen Fällen zutreffen, wenn ein Kind sich aus dieser Phan­ tasiewelt die Erfüllung all der Wünsche und Hoffnungen holt, die die Wirklichkeit ihm versagt. Hier sollte man aber nicht das Fernsehen verantwortlich machen, das für das Kind in diesem Fall nichts anderes ist als ein Ersatz. Niemand wird den Kindern die Freude und Spannung des Fern­ sehens gänzlich nehmen wollen. Alle amerikanischen Experten be­ fürworten aber eine ausgewählte "Fernseh-Diät" für Kinder, die ihnen genügend Zeit läßt, im Freien zu spielen oder ein Buch zu lesen. Um das Problem des Fernsehens für Kinder in dieser Form einer Lösung entgegenzuführen, ist es allerdings notwendig, daß sich Eltern und Lehrer intensiv mit der Programmgestaltung der verschiedenen Fernsehstationen befassen und von Fall zu Fall notwendige Änderungen durchsetzen. Schon heute arbeiten zahl­ reiche Gruppen auf lokaler Ebene gemeinsam daran, daß berech­ tigte Wünsche des großen und kleinen Fernseh-Publikums nicht nur gehört,'sondern auch berücksichtigt werden.

(Nach "Parents1 Magazine") * * * * #

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953

MRS.MARY LORD Die neue amerikanische Delegierte bei der UN-Kommission für Menschenrechte

(24 Zeilen, 240 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Mrs. Eleanor Roosevelt ist von ihrem Posten als Delegierte der Vereinigten Staaten bei der UN-Kommission für Menschenrechte zurückgetreten. Zu ihrer Nach­ folgerin bestimmte Präsident Eisenhower Mrs. Mary Lord aus New York. Mrs. Lord, die seit vielen Jahren im öffentlichen Leben steht, gilt als Spezialistin auf dem Gebiet der Organisation von Gruppen und Verbänden, die sich freiwillig in den Dienst des Gemeinwesens stellen. In Minneapolis geboren und am Smith-College in Northampton erzogen, betätigte sich Mrs. Lord bis zu ihrer Heirat im Jahre 1929 als Wohlfahrtspflegerin in ihrer Heimatstadt Minneapolis. Auch in den darauffolgenden Jahren in New York widmete sie sich intensiv der sozialen Wohlfahrtspflege und hatte in dieser Eigen­ schaft eine Reihe verantwortlicher Posten inne. Während des Krieges erwarb sie sich als Vorsitzende des zivilen Beratungs­ ausschusses für die weiblichen Hilfskräfte der Armee und später durch ihre unermüdliche Tätigkeit für den internationalen Kin­ derhilfsfonds der Vereinten Nationen sowie durch ihre vielfäl­ tigen Aufgaben im kulturellen und politischen Leben besondere Verdienste. Mrs. Lord traf Eisenhower zum ersten Male während des Krie­ ges, als sie in ihrer Eigenschaft als Beraterin des stellver­ tretenden Verteidigungsministers eine Inspektionsreise durch die Armeelazarette in Amerika und Europa unternahm.

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- 8 "ALIERIKA DIENST" - FuR DIE FRAU 28. Januar 1953 Eine Kalifornierin züchtet seit sieben Jahren buntfarbene Kanarienvögel.

HOCHROTE KANARIENVÖGEL

( 24 Zeilen, 240 Wörter) HOLLYWOOD — (Amerika Dienst) — In Amerika haben ganz allgemein erwachsene Menschen neben ihrem eigentlichen Beruf irgendein "Hobby", ein Steckenpferd, dem sie einen großen Teil ihrer Freizeit widmen. Der eine mag Briefmarken sammeln, ein anderer einem Sportverein beitreten oder Literaturgeschichte in Abendkursen studieren, Orchideen züchten oder - Zucht-Experi­ mente mit Kanarienvögeln durchführen, wie dies beispielsweise Mrs. Hilda Christopher seit sieben Jahren mit großem Erfolg tut. Sie ist, soweit man feststellen konnte, die einzige Züchterin von vielfarbigen Kanarienvögeln. Zehntausend rote, weiße, blaue, kupfer-, zimt-, bronze- und mahagonifarbene Kanarienvögel wurden in ihren Gehegen geboren. Sie begann ihr Experiment mit der Kreuzung eines schwarzköpfigen roten Venezuela-Zeisigs mit einem gelben Harzer Roller. Ein aus dieser Kreuzung entstandenes fruchtbares Männchen wird er­ neut mit einem Kanarienweibchen reiner Zucht gekreuzt. Und nun beginnt der langwierige Prozeß der Zuchtplanung durch Generatio­ nen hindurch, bis die gewünschte Färbung erreicht ist. Das sel­ tenste Mischungsprodukt ist der hochrote Kanarienvogel, der wie ein Harzer Roller singt. Interessant ist die Beobachtung, daß die Vögel erst in der fünften Generationsreihe sich wieder zu melodien- und trillerreichen Sängern entwickeln. Für ein Pärchen dieser Art erhält Mrs. Christopher zweihundert Dollar, während andere Farbschattierungen pro Paar 15-20 Dollar einbringen.

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- 9 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Januar 1953

GESCHENK AN FLÜCHTLINGSKINDER

(20 Zeilen, 200 Wörter) NÜRNBERG --- (Amerika Dienst) — 250 Kleinkindern im Flüchtlingslager Välka bei Nürnberg ist im neuen Jahre ein schönes und zweckmäßiges Geschenk gemacht worden: sie er­ hielten eine neuhergerichtete, neumöblierte Baracke als Kindergarten. Spender ist neben der deutschen Bundesre­ gierung und kirchlichen Verbänden das "Flüchtlingsprogramm des Präsidenten", ein neues karitatives Vorhaben des ameri­ kanischen Außenministeriums. Als die Wände außen und innen in lebhaften Farben gestrichen, die Tischchen, Bänke und die Schränke mit den bunten Spielsachen aufgestellt, die Speise- und Waschräume reichlich ausgestattet und die Kinder­ gärtnerinnen eingestellt waren, blieb noch genügend Geld übrig, um einen Spielplatz zu bauen, der an sonnigen Tagen die kleine Gesellschaft aufnehmen wird. Die Verständigung unter den Kindern ist nicht ganz ein­ fach, wenn es sich um gesprochene Worte handelt; die kleinen Leutchen stammen aus allen Ländern hinter dem Eisernen Vorhang, die sie mit ihren Eltern und geringem Hab und Gut erst vor kurzer Zeit verlassen hatten. Die Kindergärtnerinnen helfen sich in diesem kleinen "Babylon" ganz einfach damit, daß sie dJe Kinder die deutsche Sprache lehren.

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ACHTUNG REDAKTION1 Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende zwei Bilder: 1) Im Waschraum findet jedes Kind sein eigenes Handtuch und seinen eigenen Trinkbecher. 2) "Völkerverständigung" am Spiel­ zeugtisch.

- 10 - VI. Jahrgang, Nr. 3/W 11. Februar 1953 In den Studios der Stimme Amerikas arbeiten zehn junge Frauen in Berufen, die allgemein als rein männliche Berufe angesehen werden» als Toningenieure und Tontechnik>v.

FRAUEN STELLEN IHREN MANH (86 Zeilen, 770 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wer glaubt, daß eine Frau, die einen ausgesprochen technischen Spezialberuf ergreift, zu jener vielbelächelten Kategorie der Blaustrümpfe gehören müsse, der wird eines besseren belehrt, wenn er die zehn eleganten jun­ gen Damen kennenlernt, die als Toningenieure und Tonmeister in den Studios der Stimme Amerikas "ihren Mann" stellen. Die meisten von ihnen haben mit dieser Arbeit während des letzten Krieges begonnen, als die Nachfrage nach technischen Fachkräften immer größer und das männliche Reservoir an ent­ sprechenden Arbeitskräften immer geringer wurde. Viele hatten sich bis dahin auf einem ganz anderen Berufsgebiet betätigt oder waren Hausfrauen - eine von ihnen war sogar Schauspielerin und Sängerin. Aber alle zehn blieben sie diesem neuen Beruf treu, auch nachdem sich die kriegsbedingte Situation wieder geändert hatte und obwohl es durchaus kein leichter Beruf ist. "Manchmal wünschte ich, ich hätte tausend Hände", erklärte lachend eine 25-jährige Blondine, die der Gruppe der Zehn ange­ hört. "Meine zwei reichen für die viele Arbeit einfach nicht aus. Ein Besuch in einem der Kontrollräume der Stimme Amerikas zeigt sehr schnell, daß dieser Stoßseufzer nur allzu berechtigt ist: Unmittelbar vor dem großen Fenster, daä den Blick in den an­ grenzenden Studio-Raum frei gibt, befindet sich das Regiepult, an dem diese junge Frau als Toningenieur arbeitet. In diesem Regiepult läuft eine ganze Reihe von Mikrophon-Verbindungen zu­ sammen, von denen jede ihren eigenen Lautstärke-Regler besitzt, und hier sind auch die sogenannten "V-I-Meter", in Dezibel ge­ eichte Aussteuerungsmesser, deren Zeiger bei jedem empfangenen Ton ausschlagen und so als Richtlinie für die Beibehaltung einer gleichmäßigen Lautstärke von Programmsendungen dienen. An einer Seite des Regiepultes befinden sich außerdem noch zwei Platten­ spieler, mit denen Schallplattenaufnahmen je nach Wunsch in eine gerade laufende Sendung eingeschaltet werden können* Die fr "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953

Die Stimme Amerikas besitzt insgesamt 22 solcher Kontroll­ räume, die durch Kabel einmal mit den beiden Tonträger-Räumen verbunden sind, in denen die Sendungen ganz oder teilweise auf Platten oder Tonbänder aufgenommen werden, zum anderen mit dem Hauptschaltraum, der mit seinen 40 Leitungen zu den größten der Welt zählt. Vom Hauptschalträum aus werden die Programme schließ­ lich zu den riesigen Sendern übertragen, die an der amerikanischen Ost-r und Westküste sowie in der Nähe von Cincinnati aufgestellt sind. Diese Sender strahlen die Programme entweder direkt an ihren Bestimmungsort oder aber an Relaisstationen in allen Tei­ len der Welt aus, die die Sendungen aufnehmen und mit einer neuen Frequenz wieder an weiter entfernte Empfangsstationen weitergeben. "Wenige Minuten, bevor ein Programm gesendet wird", so be­ richtet einer der weiblichen Toningenieure von seiner Arbeit weiter, "wird von allen Beteiligten eine kurze 'Lagebesprechung* gehalten, dann nehmen die Sprecher ihre Plätze vor den Mikropho­ nen im Studio ein. Der Sendeleiter gibt dann im Kontrollraum seine Anweisungen über die Länge der Sendung und die zu verwen­ denden musikalischen Einlagen - und dann beginnt das Programm, für dessen reibungslosen Ablauf der Toningenieur weitgehend ver­ antwortlich ist. Dauernd muß er die Mikrophone der einzelnen Sprecher ein- und ausschalten - oft sind es bis zu 20 Mikropho­ nen^ die in einer Sendung verwendet werden - den V-I-Meter kon­ trollieren, Schallplatten einblenden und oft auch die Geräusch­ kulisse bedienen, wenn sie nicht bereits auf Schallplatten aufge­ nommen ist. Das Zuklappen einer kleinen Holzkassette vermittelt beispielsweise das Geräusch einer zufallenden Tür; durch das Sprechen in eine Milchflasche erhält man Jene unheimliche Stimme, die in aufregenden Hörspielen so oft gebraucht wird." Vier der zehn weiblichen Techniker. der Stimme Amerikas arbeiten in den beiden Tonträger-Räumen, wo die Schallplatten- und Bandaufnahmen hergestellt werden. "Diese Arbeit hat ebenfalls ihre besonderen Tücken", berichtet einer von ihnen. Man muß bei­ spielsweise genau darauf achten, daß der beim Plattenschneiden verwendete Diamant eine gleichmäßige Schärfe beibehält und daß der Azetat-Streifen auch wirklich abgenommen wird. Die Platten müssen fehlerlos sein, da sie oftmals an die Relais-Stationen verschickt werden, um von dort aus das Programm direkt zu senden,

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FHAÜ 11. Februar 1953 senden, oder sie werden für Wiederholungssendungen in New York gebraucht. "Bandaufnahmen sind besonders dann praktischer, wenn eine Sendung von ungeübten Sprechern bestritten wird", erklärt ein anderes Mädchen. "Ein eventuell durch 'ltikrophonangst' ver­ ursachtes Stottern des Sprechers kann dabei auf relativ einfache Weise beseitigt werden, indem die entsprechenden Stellen einfach ausgeschnitten werden. Dieses Ausschneiden ist allerdings eine höchst diffizile Arbeit, da das Band nur etwa sechs Millimeter breit ist und die Maschine mit großer Schnelligkeit durchläuft. Allein das Finden der Stellen, die die unnötigen 'Eh's' und 'Ah's' enthalten, beansprucht eine unendliche Geduld und Finger­ fertigkeit." Aber trotz all dieser aufgezählten Schwierigkeiten und der vielen kleinen Seufzer, die in diese Berichte eingestreut wer­ den, merkt man allen zehn weiblichen Technikern . an, daß ihnen ihre Arbeit viel Freude macht und daß sie mit wirklicher Begeisterung bei der Sache sind. Sie alle sind sich dessen bewußt, daß sie hier nicht nur eine rein mechanische Arbeit zu leisten haben, sondern daß ihre Tätigkeit ebenfalls ein Beitrag ist zur Verständigung der Völker in aller Welt.

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ACHTUNG BEDAKTI0N1 Auf Anforderung übersendet Ihnen der •AMERIKA DIENST* kostenlos folgende Bilder* 1) Edna Chambon beim Plattenschneiden 2) Shirley Walsh vor dem Regiepult "AL. ;iCNJT" - Ft)H UTK FRAU II. Februar 1

Der Verfasser des nachstehe: ien Artikels ist ein bekannter Pädagoge und Autor des Buches "Understanding Your Child" (Verstehe Dein Kind). Der Artikel ist der Januar- Nummer von Parents» Magazine entnommen. \

WANN MÜSSEN ELTERN "NEIN" SAGEN? Von James L. Hymes, Jr.

(75 Zeilen, 675 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Wir alle wollen, daß unsere Kinder sich sicher und geborgen fühlen, daß sie sich ungehemmt zu freien Menschen entfalten können. Aus der Sicherheit wächst Kraft, aus Vertrauen Unabhängigkeit und Selbständigkeit, ein Bewußtsein der Sicherheit, das Jeden Menschen gleichzeitig duld­ sam und stark macht. Im Bestreben, unseren Kindern dieses Gefühl zu geben, sind wir nur zu leicht geneigt, sie so zu akzeptieren, wie sie sind. Wir haben uns sagen lassen, daß sich junge Menschen nicht ent­ falten können, wenn man ihre Art durch ein Verbot "unterminiert". Ein Kind braucht viele Ja's, um ein starkes Gefühl der Geborgen­ heit in sich aufkommen zu lassen. Darüber besteht kein Zweifel. Es muß leben, wachsen und es selbst sein dürfen. Aber dazu gehört auch, daß Vater und Mutter gelegentlich Nein sagen können. Geborgenheit und Sicherheitsgefühl sind bis zu einem gewissen Grade ansteckend. Ausgeglichene Erwachsene besitzen sie, und Kin­ der nehmen sie automatisch auf. Sie atmen sie ein mit der Luft, die sie umgibt. Diese Luft ist aber verpestet, sobald das Kind merkt, daß es in jedem Falle die Oberhand behält, nur wsil die Eltern ängstlich bemüht sind, seiner Entwicklung nicht hemmend im Wege zu stehen. Es gibt Eltern, die es verlernt haben, "Nein" zu sagen. Sie können Kinder nicht weinen sehen; sie vermeiden es, Einspruch zu erheben, zu fordern oder zu mahnen. Wir alle wissen, warum. Wir aus früheren Generationen kennen viele Neins. Wir haben alle in unserer Jugend einen guten Anschauungsunterricht darin genossen, was es heißt, wenn Eltern keinen Widerspruch dulden. Wir lernten

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953 lernten es durch Sehen, Hören und - "Fühlen". Seit jenen Tagen versuchten wir in dieser Beziehung umzulernen. Wir kennen die An­ sprüche des Kindes auf Liebe, Zugehörigkeit und Anerkennung. Die Sachverständigen betonen stets, daß man einem Kinde alles erlauben müsse und es in seiner geistigen und emotionellen Entwicklung nicht hemmen dürfe. Viele Eltern nahmen diese neue Erziehungsidee begeistert auf, verschlangen in ihrem Eifer jedoch sozusagen den Wurm mitsamt dem Angelhaken - kein Wunder, daß sie das Neue in der Praxis dann nachher doch allzu schwer verdaulich fanden. Denn bald waren ihre Kinder soweit, daß sie die Wände mit Buntstiften bemalten, dauernd widersprachen, Schimpfworte gebrauchten und hemmungslos das Gespräch Erwachsener nach Belieben unterbrachen. "Du mußt sie gewähren lassen", so wollte es die moderne Erziehung, "Du kannst es ihnen nicht durchgehen lassen", sagte die Vernunft. Jeder, der Kinder hat, kennt diese Konflikte. Und ernsthaft muß er sich fragen: Kannst du Nein sagen, wenn du fühlst, daß dieses Nein am Platze ist? Ein Kind mag weinen, gelegentlich auch enttäuscht oder sogar davon überzeugt sein, daß es ungerecht behandelt wird, aber es wird sich schnell trösten, wenn ein sinnloses Verbot nur dann und wann eintritt. Was ein Kind aber auf keinen Fall hinnehmen kann, ist das Gefühl, daß es seine Eltern "an die Wand spielen kann". Wenn es mehrmals in solchen Kämpfen Sieger bleibt, dann wird ihm der Sieg bald bitter schmecken, und es wird sich schließlich end­ los verlassen vorkommen. Ein Kind braucht Erwachsene, auf die es sich verlassen kann. Willensstärke braucht sich keineswegs darin zu äußern, daß man Verbote um des Verbots willen erläßt, etwa um das Kind abzuhärten. Es gibt im Laufe eines Tages Anlässe genug, die ein Nein nicht nur erwägen lassen, sondern sogar notwendig machen. Dies gilt vor allem dann, wenn a) ein Vorhaben der Gesundheit des Kindes abträglich ist; b) andere Kinder und Erwachsene belästigt werden; c) eine ernsthafte Gefahr für das Kind besteht} d) Eigentum vor sinnloser Zerstörung zu schützen istf Eine Welt ohne Begrenzungen ist einem Kinde unheimlich. Wenn ihm dadurch zunächst auch viele Freiheiten gewährt sein mögen, so

- 5 - "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953 eo fühlt dae Kind andererseits sehr genau, daß eine solche Welt auch keine Geborgenheit geben kann. Zunächst beschert diese Welt ohne Verbot Versuchungen, dann aber unweigerlich früher oder später das Chaos, in dem es keine Regeln, keine Schiedsrichter und keine Grenzen gibt. Grenzen bedeutet hier wirklich das äußerste, das ein Kind tun darf. Es bedeutet jedoch nicht, daß jeder Schritt, jedes unter­ nehmen innerhalb dieser Grenzen wiederum begrenzt werden soll. Und dann komot es noch weitgehend auf die Art an, in der ein Nein aus­ gesprochen wird. Man hüte sich vor dem unbegründeten Nein, vor dem Nein, das nur verbietet und keine Möglichkeiten offenläßt. Wieviel besser tut es Eltern und Kindern, wenn ein Verbot zum Beispiel so aussieht: "Nicht an die Wand malen, nimm doch Papier1*» "nicht hier, dort kannst du spielen", "nicht mit Steinen, der Ball ist besser". Das verärgerte, das unbeherrschte Nein wirkt einschüchternd. Das Nein aber, das richtungweisend für ein Kind ist, kann niemals see­ lischen Schaden anrichten. Im Gegenteil, es wird allmählich sein Tun automatisch in die richtigen Bahnen lenken.

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- 6 - "AütbRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953 Das kleine Porträt (VII)

LUCILLE RIVERS: "MEHR FREUDE AM NÄHEN" Von Richard Thruelsen (95 Zeilen, 850 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Eine energische Frau hat sich zum Ziel gesetzt, die modische Macht der großen Versand­ häuser, bei denen man vom Kleid bis zum Pelzmantel und von der Spitzenbluse bis zu den Shorts alles von der Stange frei Haus kaufen kann, zu brechen. Sie heißt Lucille Rivers, ist Chefin einer großen Modewerkstatt in New York City und hat sich vorge­ nommen, den amerikanischen Frauen zu zeigen, daß Nähen und Schneidern zu Hause Spaß machen kann. Der größte Teil ihrer Frei­ zeit gehört diaaaa Ziel, denn sie möchte, daß die 1,25 Millionen Schnittmusterbogen, die jährlich an Hausfrauen verkauft werden, auch die richtige Verwendung finden, wie groß die Aufgabe ist, die sie sich gestellt hat, mag man daraus ersehen, daß es in den USA mehr Familien gibt, die eine eigene Nähmaschine besitzen, als Familien mit eigenem Telephon; und immerhin haben mehr als 38 Millionen Amerikaner einen privaten Telephon-Anschluß. "Was wir in unserer Werkstatt tun und was ich versuche, den nähenden Hausfrauen beizubringen, ist ein und dasselbe," sagt Lucille Rivers. "In der Werkstatt wird so rationell und schnell wie möglich erstklassige Schneiderarbeit für den Han­ del ausgeführt, aber wir arbeiten nach den gleichen Methoden, mit dem gleichen Material und mit den gleichen Geräten, wie sie die Frau zu Hause verwendet. Was ich den Frauen zeigen will, sind die handwerklichen Tricks, die wir verwenden, um das Schnei­ dern einfach zu machen." Lucille Rivers ist davon überzeugt, daß kein besonderes Talent dazu nötig ist, sich selbst ein hübsches Kleid zu nähen* Alles, was man braucht, ist eine Portion gesunden Menschenver­ standes. Das größte, ihrem Kreuzzug für die Hausschneiderei entgegenstehende Hindernis sieht die temperamentvolle Miss Rivers in den althergebrachten, zeitraubenden Näh-Methoden, die man den Frauen im allgemeinen anerzogen hat. Aus ihrer Werkstatt im siebten Stock eines New Yorker Wolkenkratzers hat die charmante, dunkeläugige Amerikanerin diese umstttnd- - 7 - "AMERIKA DIENST» - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953 umständlichen Methoden längst verbannt. Die zehn Mädchen und jungen Frauen ihres "Stabes" sind durch die Bank ausgezeichnete gelernte Schneiderinnen, die nicht nur handwerkliche Erfahrung besitzen, sondern zum Teil auch den Betrieb großer Konfektions- Firmen kennen. Acht von ihnen machen gewöhnlich die gesamte Arbeit vom Zuschneiden bis zu jenem Fertigungs-Stadium, das nur noch der Hand-VerSäuberung bedarf, die dann die beiden an­ deren Mädchen durchführen. Bei den arbeite- und zeitsparenden Methoden lucille Rivers dauert es meist nur zwei Stunden, bis aus dem Stoff ein fertiges, reizendes Modellkleid geworden ist. Die durchschnittliche Ar­ beitszeit für ein Kleid beträgt allerdings zwischen vier und fünf Stunden, während für ein Kostüm etwa 11 Arbeitsstunden not­ wendig sind. Lucille Rivers nimmt keine Aufträge von Privatkun­ den entgegen, sondern arbeitet nur für die Industrie. Die Klei­ dungsstücke aus ihrer Werkstatt kann man auf Modeschauen großer Kaufhäuser, bei Vorführungen von Textil-Firmen und Schnitt­ muster-Herstellern sowie in großen Mode-Magazinen bewundern, und jedes einzelne Stück ist bis ins kleinste Detail sorgfältig ausgeführt. Im Allgemeinen fertigt Miss Rivers nur ein Modell an, aber es ist auch schon vorgekommen, daß in ihrer Werkstatt bis zu siebzig Kopien hergestellt werden mußten. Die Aufträge für die Werkstatt kommen zu vierzig Prozent von vier oder fünf großen Schnittmuster-Herstellern, etwa dreißig Prozent entfal­ len auf Textil-Firmen, zwanzig Prozent stammen von Kaufhäusern und zehn Prozent von großen Mode-Anzeigen-Agenturen. Lucille begann ihre Karriere als Schneiderin schon sehr früh. Sie stammt aus einer kinderreichen Familie, und ihre Mutter reg­ te die sieben Kinder immer wieder zu kleinen Handarbeiten und Basteleien an. Eines Tages wollte die kleine Lucille nicht mehr nur die Kleider tragen, die ihrer älteren Schwester zu klein ge­ worden waren, und so begann sie sich ihre Kleidung seifest zu nähen. Mit 15 Jahren machte sie auch die Kleider für die Schwe­ ster, und zwei Jahre später nähte sie bereits für die Nachbar­ schaft. Einige Zeit danach erhielt sie Aufträge einer Schnitt­ muster-Firma, machte einen Kurs als Modezeichnerin und Schnei­ derin mit und hielt selbst bald Abendkurse ab. Mit zwanzig Jah­ ren hatte sie einen Vertrag mit einem Geschäftsmann, für dessen

- 8 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953 dessen Modeschauen sie Modelle anfertigte, zu denen er das Ma­ terial lieferte, während sie die Kleider nach der Vorführung erhielt. Nach drei Jahren hatte sie vier Gehilfinnen. Aber sie war noch nicht zufrieden, arbeitete deshalb in Los Angeles als Modezeichnerin, entwarf Modelle für die Massenkonfektion großer Firmen und eröffnete 1941 in New York ihre Modewerkstatt» Einer ihrer Kunden war es, der sie dazu überredete, einen "Kreuzzug für die Hausschneiderei" zu führen. Während sie zuerst voller Angst vor die große Hausfrauen-Versammlung trat, hatte sie sehr bald die größte Fremde daran, ihre Erfahrungen anderen mit­ zuteilen. In Detroit sprach sie innerhalb von zwei Wochen vor 15 000 Frauen. Ihre Vorträge führten sie durch zahlreiche ameri­ kanische Städte; 1951 führte sie ihre Näh-Methoden sogar in einer Reihe von Fernseh-Sendungen eines New Yorker Senders vor. Hier ist der Rat, den Lucille Rivers allen nähenden Haus­ frauen gibt: "Machen Sie sich vor allem nicht zuviel Sorgen mit dem Anprobieren. Stellen Sie sich eine genaue Liste ihrer eige­ nen Maße zusammen und ändern Sie die Schnittmuster entsprechend ab, ehe Sie den Stoff zuschneiden. Verlassen Sie sich auf die Genauigkeit moderner Schnittmuster, die Sie nicht nach Ihrer Kon­ fektions-Größe, sondern nach Ihrer Oberweite kaufen. Sitzen muß das Kleid nur an vier Stellen - an der Taille, den Armausschnit­ ten, den Seitennähten und am Hals. Säume sollten sofort gebügelt werden, wenn sie fertig sind. Nähen Sie jeden Teil des Kleidungs­ stückes für sich und stecken Sie dann erst die fertigen Teile zusammen. Sie werden sehen - so macht die Schneiderei Vergnügen. Und Sie sparen eine Menge Geld!"

(Nach "The Saturday Evening Post")

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgendes Bild: Lucille Rivers führt ihre Modelle auf der Modenschau eines Kaufhauses vor interessierten Hausfrauen vor.

- 9 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. Februar 1953

Die 71 jährige Helena Rubinstein erzielt durch die Herstellung von Cremes, Parfüms und Gesichtswasser Millionenumsätze.

HANDLANGERIN DER SCHÖNHEIT

(58 Zeilen, 520 Wörter) NEW YORK ~ (Amerika Dienst) — Herrscherin über das Reich der amerikanischen Schönheitsindustrie mit einem jährlichen Umsatz von einer Milliarde Dollar ist eine knapp 1,50 m große, untersetzte, einund8iebzig Jahre alte Frau. Befindet sie sich in ihrem acht Stockwerke einnehmenden Schönheitssalon in der eleganten Fifth Avenue von New York, so ist sie Helena Rubinstein; zuhause in ihrem 26-Zimmer-Appartement in der noch elganteren Park Avenue läßt sie sich gerne Prinzessin Gourielli nennen, nach ihrem Manne, der ein Georgischer Adeliger ist. Im vergangenen Jahre verkaufte Helena Rubinstein in den USA, in Mittelamerika und Kanada Cremes, Gesichtswasser und Parfüms im Werte von 18 Millionen Dollar. Die Rubinstein-Salons und die Zweig­ verkaufsstellen der *irma hatten zusammen einen Umsatz von 12 Millionen Dollar. Sie eröffnete Ende Januar in Roslyn im Staat New York eine neue Fabrik, deren Errichtung vier Millionen Dollar verschlang und in der nun Kosmetika am Fließband hergestellt werden. Diese Fabrikationsweise erhöht die Produktion der Firma um das Dreifache. Das neue Fabrikgebäude besteht nahezu ausschließlich aus Glas, hat staubfreie Fußböden und geruchfreie Testräume für die ParfumherStellung, riesige verchromte rostfreie Creme- und Eau de Cologne-Mischapparaturen und andere Maschinen, die täglich eine Million Fläschchen und Tiegelchen füllen. über das Bestreben hinaus, ihre Produktion zu erhöhen und den Umsatz entsprechend zu steigern»sieht Helena Rubinstein streng darauf, daß die Qualität ihrer Waren nicht leidet. Aber sie ist ehrlich genug, zuzugeben, daß die meisten Frauen ihre Schönheits­ pflege mit einigen guten Hautcremes und dem täglichen Zeitaufwand von zehn Minuten selbst durchführen können. Die 71-jährige Frau mit der straffen Haut eines jungen Mädchens verwendet für ihre eigene Hautpflege seit Jahrzehnten nichts anderes als eine einfache

- 10 - *AMERIKA DIENST« - PUR DIE FRAU 11. Februar 1953 einfache Creme aus Ol und Kräutern. Mit dieser Creme begann sie vor fünfzig Jahren ihr Geschäft mit der Schönheit, und es sollte ihr reiche Zinsen tragen. Helens Rubinstein stammt aus Krakau. Sie ist die älteste von acht Töchtern. IIB sie, achtzehnjährig, nach Australien auswanderte, reichlich mit Hautcreme eingedeckt, die der ungarische Apotheker ihres Heimatstädtchens herzustellen pflegte, erkannte sie bald, daß gerade die wind- und sonnenverbrannten australischen Frauen sehr wohl Verwendung für eine gute Hautcreme hatten. Sie mietete einen Laden in Melbourne und verkaufte, nachdem sie das Hausrezept ihres Apothekers erworben hatte, bereits im ersten Jahre Cremes im Werte von 100 000 Dollar. In den nächsten Jahren eröffnete sie weitere Salons in London, Paris und New *ork. Im Jahre 1928 war das Rubinstein-Unternehmen so gewaltig angewachsen, daß ein Privatbankhaus der Wall Street für sieben­ hunderttausend Dollar zwei Drittel der Anteile des Unternehmens ankaufte, die Firma in eine Aktiengesellschaft umwandelte und die Rubinstein-Produkte als Massenartikel für 1 Dollar auf den Markt warf. Diese Geschäftsmethode machte sich Jedoch nicht bezahlt, und Helena &ubinstein tat alles, um die elgante Note ihres Geschäf­ tes zu erhalten. Als gute Geschäftsfrau brachte sie in jedem Jahr irgendeine Novität heraus und warb für sie mit allen Möglichkeiten des amerikanischen Reklame- und Werbewesens. Trotz ihres hohen Alters ist Helena Rubinstein noch unermüdlich tätig. Ihr Arbeitstag beginnt um sechs Uhr morgens. Obgleich sie riesige Gewinne zieht aus dem Schönheitsbedürfnis der Frauen, glaubt sie doch, daß ihre Produktion einer ständigen Verjüngung und Auffrischung bedarf. Als sie deshalb kürzlich feststellen mußte, daß die Frauen meist zwei Tiegel Creme kaufen - den zweiten für den Mann - begann sie sofort mit der Herstellung einer Reihe von Kosme­ tika "Für den Herrn", die den Namen ihres Mannes tragen. Da sie genau weiß, daß Männer ohne solche Erzeugnisse wie fortschrittliche Rasiercremes nicht auskommen können, wird auch ihrem neuen Unter­ nehmen der Erfolg nicht versagt sein.

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- 11 - VI. Jahrgang, Nr. 4/W 25. Februar 1953

"Parents Magazine" veröffentlichte in seiner Dezembernummer des Jahres 1952 unter der Überschrift "Sollen herzkranke Frauen Kinder haben ...?" einen Artikel, zu dem die größten Herzspezialisten der USA ihre Erfahrungen zur Verfügung stellten.

SCHWANGERSCHAFTSPROBLEME DER HERZKRANKEN FRAU

(113 Zeilen, 1020 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die neuesten Ergebnisse der medizinischen Forschung haben gezeigt, daß die allgemein - oft selbst von Ärzten - vertretene Ansicht, eine herzkranke Frau dürfe es sich nicht "leisten", Mutter zu werden, keine Gültig­ keit besitzt. Die Erfahrung hat vielmehr gelehrt, daß bei rich­ tiger medizinischer Behandlung und ärztlicher Betreuung für 80 Prozent aller herzkranken Frauen eine Schwangerschaft heute nur mit geringer oder gar keiner Gefahr verbunden ist. Freilich muß nach wie vor die Möglichkeit einer gefahrlosen Schwangerschaft bei Frauen, die an irgendeiner Herzerkrankung leiden, von Fall zu Fall entschieden werden. Grundsätzlich aber kann man sagen, daß diejenigen Frauen, bei denen die Herzerkrankung die normale Lebensführung nicht beeinträchtigt, eine Schwangerschaft ebenso­ wenig zu fürchten brauchen wie die erhöhten seelischen und kör­ perlichen Belastungen, die ihre Aufgabe als Mutter mit sich bringt. Rund 90 Prozent aller Herzerkrankungen bei Frauen im ge­ burtsfähigen Alter sind Folgen von Gelenkrheumatismus, einer Krankheit, die meist schon im Kindesalter auftritt und Schädi­ gungen des Herzmuskelgewebes und der Herzklappen nach sich zieht. Da gerade während der Schwangerschaft und Geburt das Herz in er­ höhtem Maße beansprucht wird, kann jeweils nur der Arzt entschei­ den, ob dem erkrankten Herzen eine solche zusätzliche Belastung zugemutet werden darf oder nicht. Eine in diesem Zusammenhang vom New York Hospital durchgeführte Untersuchung, die sich über 30 Jahre erstreckte und alle Patienten im Alter zwischen 21 und 42 Jahren erfaßte, ergab, daß 90 Prozent aller Patienten, die an rheumatischen Herzerkrankungen leiden, durchaus in der Lage sind, "ihr normales Leben weiterzuführen, ohne Symptome von Krei3lauf-

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Kreislaufstörungen zu zeigen", und daß "162 weibliche Patienten insgesamt 288 Schwangerschaften ohne Folgeerscheinungen überstan­ den" . Auch die von der New Yorker Universitätsklinik zusammenge­ stellten Krankengeschichten zeigten, daß beispielsweise 100 Frauen, die an einer durch Gelenkrheumatismus verursachten Herzerkrankung litten und keine Kinder hatten, dasselbe Alter erreichten wie die­ jenigen, die bei gleicher Voraussetzung einem oder mehreren Kin­ dern das leben schenkten. Die gerade in den letzten Jahren erzieltenFortschritts auf dem Gebiete der Herz-Diagnose sind einer der wesentlichsten Gründe da­ für, daß heute mehr Frauen als früher Kinder bekommen. Noch vor wenigen Jahren war man der Ansicht, daß beim Auftreten von Herz­ geräuschen jede Schwangerschaft unterbrochen werden müsse. Heute sind sich die Ärzte darüber im klaren, daß viele schwangere Frau­ en auch ohne akute Herzerkrankung Herzgeräusche entwickeln kön­ nen, die allerdings keinerlei Bedeutung haben und mit Beendigung der Schwangerschaft von selbst wieder verschwinden. Zahlreich sind auch die Fälle "neurotischer Herzleiden", bei denen die auftretenden Beschwerden oft fälschlicherweise auf or­ ganische Herzfehler schließen lassen. Diese Frauen leiden an Atem- losigkeit, werden sehr leicht müde und klagen über Schmerzen in der Brust und in den Armen. Solche Herzneurosen, die oftmals nur durch die Schwangerschaft ausgelöst werden, bedürfen jedoch nicht der klinischen, sondern einzig und allein der psychiatrischen Be­ handlung. Auch hoher Blutdruck ist oftmals rein psychisch bedingt. Der bekannte amerikanische Psychiater Dr* Flanders Dunbar erklärt in diesem Zusammenhang, daß es umgekehrt viele Fälle gibt, in denen die Herzerkrankung einer Frau gerade durch die Schwanger­ schaft weitgehend gebessert wird» Dies hängt freilich ausschließ­ lich davon ab, ob das Kind erwünscht ist oder nicht• So günstig nämlich die Freude auf ein zu erwartendes Kind die körperliche Verfassung der werdenden Mutter beeinflußt, so abträglich kann sich ein unerwünschtes Kind auf das Wohlbefinden der Mutter aus­ wirken, besonders dann, wenn sie bereits an Herzbeschwerden leidet. Statistische Erhebungen, die im gesamten Gebiet der Vereinig­ ten Staaten angestellt wurden, haben ergeben, daß rund dreieinhalb

- 2 - "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 25. Februar 1953 dreieinhalb Prozent der Frauen, die an einer Herzkrankheit leiden, während der Schwangerschaft sterben. In Kliniken, wo Herzspezia­ listen und Geburtshelfer eng zusammenarbeiten, wird dieser Prozent­ satz auf ein Prozent reduziert. Gefährlich ist eine Schwanger­ schaft für eine Frau dann, wenn sie an Herzerweiterung leidet, wenn ihr Herz nur eine verminderte Reservekraft besitzt oder wenn ihr Herz durch mehrere schwere Anfälle von Gelenkrheumatismus dauernde Schädigungen erlitten hat. Aber auch angeborene Herz­ krankheiten, hoher Blutdruck oder syphilitische Herzerkrankungen können für eine werdende Mutter eine Gefährdung des Lebens be­ deuten. In diesen relativ seltenen Fällen hat der Arzt das Recht, die Schwangerschaft zu unterbrechen, allerdings nur während der ersten drei Monate der Schwangerschaft und mit ausdrücklicher Zustimmung beider Ehegatten. Grundsätzlich sollte jede herzkranke Frau gleich zu Beginn ihrer Schwangerschaft einen Facharzt aufsuchen und sich besonders streng an alle ärztlichen Verordnungen halten. Die Regeln, die sie dabei zu befolgen hat, sind im allgemeinen recht einfach. Oft bestehen sie nur darin, daß sie den Arzt öfter besuchen soll als eine gesunde Frau. Jeder. Arzt wird außerdem sofortige Bettruhe empfehlen, sobald sich das geringste Anzeichen einer akuten Herz­ schwäche bemerkbar macht. Eine solche akute Herzschwäche ist dann gegeben, wenn das Herz nicht mehr die normale Blutmenge pro Minute in den Kreislauf des Körpers pumpt. Dies ist bei Schwangerschaften deshalb besonders gefährlich, da das Herz während dieser Zeit dem Kreislauf 30 bis 50 Prozent mehr Blut zuführen muß als sonst. Im allgemeinen ist es für herzkranke Frauen vorteilhaft, möglichst früh Kinder zu bekommen, da die mit Herzerkrankungen verbundenen Gefahren vom 35. Lebensjahr an ständig zunehmen. Nicht richtig ist es hingegen, daß herzleidende Frauen mindestens zwei Jahre zwi­ schen den einzelnen Schwangerschaften verstreichen lassen müssenj sie brauchen nicht länger zu warten als jede andere Frau. Auch der Kaiserschnitt ist durchaus nicht in jedem derartigen Fall notwendig. Wichtig ist für die Herzkranke, sich während der Zeit des Mutterwerdens vor Infektionen der Atemwege zu hüten und darauf zu achten, daß sich keine Anämie einstellt und daß das Herz nicht

- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25- Februar 1953 nicht durch Übergewicht zusätzlich beansprucht wird. Die größte Gefahr für herzkranke Frauen ist nicht, wie oft angenommen wird, die Geburt selbst, sondern vielmehr die Zeit zwischen dem vierten und achten Monat der Schwangerschaft. Wäh­ rend dieser Monate müssen die - von Fall zu Fall verschiedenen - Ratschläge des Arztes besonders genau befolgt werden, die sich von salzloser Diät über Reduzierung von Flüssigkeitsaufnahme bis zur Einschränkung der emotionellen und sexuellen Aktivität er­ strecken. Die beiden Fragen, die jede herzkranke Mutter am meisten be­ schäftigen, nämlich» "Wird mein Kind normal sein?" und "Wird mein Kind meinen Herzfehler erben" können heute bereits mit völliger Sicherheit beantwortet werden: Die Herzkrankheit der Mutter be­ einflußt in keiner Weise die normale Entwicklung des zu erwarten­ den Kindes und ist in keiner Form vererbbar. Lediglich die An­ lage zu gelenkrheumatischen Erkrankungen kann unter gewissen Vor­ aussetzungen an das Kind weitervererbt werden.

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LOGBUCH DES CHARAKTERS "Doppelte pädagogische Buchführung" in amerikanischen Schulen Von Richard Engel

(80 Zeilen, 720 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die erste Frage hat der dreizehnjährige Junge stockend, aber noch halbwegs richtig be­ antwortet. Auf die zweite Frage weiß er schon nur zum Teil Be­ scheid. Auf die dritte, vierte, fünfte und sechste Frage hin­ gegen bleibt er die Antwort schuldig. Seine Augen wandern hilfe­ suchend hin und her, seine Finger spielen mit den Knöpfen seiner Jacke, dann blickt er verlegen zu Boden. Als er schließlich wieder auf seinen Platz zurückkehrt, trägt der Prüfende - Lehrer einer amerikanischen High School - die Noten ins Klassenbuch ein. Dann "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25- Februar 1953

Dann aber greift er nach einem zweiten Buch, schlägt die Seite mit dem Namen des Schülers auf und vermerkt: "Charly wies bis­ her ausgezeichnete Leistungen auf, in der letzten Zeit aber ver­ sagt er. Es fällt mir auch auf, daß er während der Stunde mit offenen Augen zu träumen scheint. Etwas beschäftigt ihn - viel­ leicht sind es häusliche Schwierigkeiten. Aussprache mit Eltern notwendig." Derartige Bücher werden in dieser Schule mit derselben Sorg­ falt geführt wie das Noten-Buch. Allerdings klassifiziert dieses zweite Buch nicht die Leistungen, versucht vielmehr, die Charak­ tereigenschaften des Schülers aufzuzeigen. Es heißt offiziell das "Anec'dotal Behaviour Journal". Dieses Buch wurde erstmals in einer Schule in Rochester, New York, geführt und dann auch von einer Reihe anderer ameri­ kanischer Mittelschulen übernommen. Die Lehrer tragen in das "Charakterbuch", in dem für jeden Schüler eine Seite reserviert ist, alles ein, was ihnen an den jungen Menschen auffällt. Sol­ che Beobachtungen mögen günstig oder ungünstig sein - wichtig ist, daß sie für den Schüler charakteristisch sind. Dort steht verzeichnet, ob der Schüler ehrgeizig oder unaufmerksam, ob er pflichtbewußt oder nachlässig, aufrichtig oder verlogen ist; ob es ihm an Selbstvertrauen fehlt oder ob er ruhig und gelassen ist und über ein sicheres Auftreten verfügt. Die Lehrer verzeich­ nen ferner, ob der Schüler eine rasche Auffassungsgabe besitzt, selbständig denken kann und sich logisch auszudrücken vermag oder ob er schwer begreift; ob er unfähig ist, sich zu konzen­ trieren, oder zu jeder Arbeit länger braucht als die anderen. Sie verzeichnen Beispiele seiner Initiative und Urteilsfähigkeit, ferner Beweise guten oder schlechten Benehmens oder kamerad­ schaftlicher Haltung. Und sie vermerken gleichfalls seine Fähig­ keiten und Interessen, seine speziellen physischen und psychi­ schen Probleme, seine Begabungen wie seine Schwächen. Die Lehrer einer Schule unterwerfen sich also gewissermaßen einer doppelten pädagogischen Buchführung: einerseits müssen sie die guten oder schlechten Leistungen ihrer Schüler beurteilen, andererseits ist es ihre Pflicht, nachzuforschen, wer und: was hinter diesen Leistungen eteckt. Und daß der Lehrer diese Aufgabe

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Aufgabe sehr ernst nimmt, davon kann man sich überzeugen, wenn man in einem Charakter-Klassenbuch zu blättern beginnt und unter anderen folgende Eintragungen - kleine Charakter-Blitzlichter sozusagen - findet: "Nancy ist eine brillante Sprecherin und sehr ehrgeizig, möchte am liebsten Aufgaben machen, die bereits in den nächsten Jahrgang fallen."-"Thomas hat zwar ein gutes Benehmen, ist aber zerstreut und vergeßlich. Hat Bücher und Hefte nie in Ordnung." - "Harold zeigt plötzlich ein besonderes Interesse für Geschichte, fragte, ob ich ihm nicht einige historische Biogra­ phien empfehlen könnte." - "Helen zeigt sich ganz indifferentj es scheint ihr gleichgültig zu sein, ob sie gelobt oder getadelt wird." - "Habe das Gefühl, daß William nur denkfaul ist und bei seinen Fähigkeiten viel weiter sein könnte." - "Dorothy lacht jedesmal boshaft, wenn andere Schüler einen Fehler machen." - "Bob muß angehalten werden, seine Unsicherheit zu überwinden, dann wird er bei seiner zweifellos vorhandenen Intelligenz große Fortschritte machen." Aber die Schulverwaltung begnügt sich nicht damit, wie die verschiedenen Mitglieder des Lehrkörpers ihre Schüler sehen. Sie will auch wissen, wie ein Schüler sich selbst sieht. Wenigstens einmal im Jahr wird eine sogenannte "Persönlichkeits- und Inter­ essen-Inventur" veranstaltet, bei der die Schüler aufgefordert werden, alles mitzuteilen, was sie über sich wissen und von sich selbst halten. Diese "geistige Bestandsaufnahme" erfreut sich großer Beliebtheit. An die Schüler werden Fragebogen verteilt, und es wird ihnen eine Stunde Zeit gegeben, ihre Antworten einzu­ tragen. Die Fragen lauten gewöhnlich; "Welches Fach gefällt mir am besten?" "Welche Wünsche, Hoffnungen und Zukunftspläne habe ich?" Diese Aufzeichnungen der Schüler werden von der Lehrerschaft gründlich studiert, und Wesentliches wird in das Charakter-Klassen­ buch übernommen. Danach ist jeder Lehrer in der Lage, seine Be­ obachtungen nicht nur mit den Beobachtungen anderer Lehrer, son­ dern auch mit den Selbstanalysen der Schüler zu vergleichen und daraus wichtige Schlüsse für seine weitere Lehrtätigkeit zu ziehen. Die Lehrer machen ausgiebig davon Gebrauch. Sie haben so die Mög­ lichkeit, an Hand der im Charakter-Katalog vorliegenden Daten den Unterricht auf einer individuellen psychologischen Grundlage aufzu­ bauen. * * * * * - 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE PRAÜ 25. Februar 1953

Wissenschaftliches Institut in Chikago untersucht Karrieren erfolgreicher Frauen in der amerikanischen Wirtschaft.

CHARMANTE KARRIEREN

(37 Zeilen, 330 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Wie kommen Frauen im Wirt­ schafts- und Geschäftsleben voran? Eine Antwort auf diese aktuelle Frage gab dieser Tage eine Untersuchung der "Social Research Inc." in Chikago, die sich mit der Karriere von 60 Frauen in wirtschaft­ lichen Spitzenpositionen befaßte. Der Schluß, zu dem die Chikagoer Meinungsforscher und Psychologen kamen, ist interessant: diese Frauen haben ihre Karriere nicht durch eine Imitation männlicher Arbeitsweise gemacht, sondern sie nützten ihre spezifisch weib­ lichen Talente. Diese betonte Weiblichkeit ist sogar, wie die Untersuchung ergab, das besonders Charakteristische an dieser Gruppe erfolg­ reicher Frauen. Was sie erreichen, erreichen sie in erster Linie durch so typisch weibliche Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen und Anpassungsfähigkeit, und sie kommen weiter als ihre Ge­ schlechtsgenossinnen, die mit der männlichen Aggressivität wett­ eifern oder die sich männlicher als die Männer selbst gebärden. Eine Frau, die versucht, sich mit Gewalt einen Platz unter den Männern zu schaffen, mag sich vielleicht für einige Zeit halten können, aber bald wird sie einsehen müssen, daß sie nicht als erfolgreiche Konkurrentin auftreten kann, während sie sich gleich­ zeitig - oft vielleicht nur unbewußt - Wärme und Freundlichkeit wünscht. In einer solchen Situation aber ist gerade eine Frau empfänglich für Enttäuschungen und seelische Erschütterungen. Eine Frau, die wirklich Erfolg haben will, muß echte Weib­ lichkeit mit Sinn für das Praktische und mit Anpassungsfähigkeit paaren. Diese Eigenschaften haben im Wirtschaftsleben erfolg­ reiche Frauen meist in höherem Maße als ihre männlichen Kollegen. Wenn eine Geschäftsfrau eine Auseinandersetzung mit einem männ­ lichen Geschäftspartner zu bestehen hat, den sie nur oberflächlich kennt, so wird sie ihren Opponenten nie beschämen oder verblüffen

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. Februar 1953 verblüffen können, ohne Gefahr zu laufen, in die Kategorie der "streitbaren Amazonen" eingereiht zu werden. Sie muß deshalb ganz besonders diplomatisch sein. Besonders wichtig scheint ein Ergebnis der Untersuchung des Chikagoer Institutes zu sein: Erfolgreiche Frauen wissen sich selbst sehr wohl einzuschätzen. Sie halten sich weder für eine Jungfrau von Orleans noch für eine Sarah Bernhardt oder eine zweite Florence Nightingale. Und im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Kollegen in ähnlichen Positionen kommt keine von ihnen auf die Idee, sich mit dem Präsidenten der USA selbst zu verwechseln. (Nach "Time")

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Das kleine Porträt (VIII)

DIE PRIMABALLERINA ALICIA ALONSO Die kubanische Zigeunerin Von Wallace B. Alig

(78 Zeilen, 700 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Kubas gefeiertste Frau ist eine Primaballerina, und seit ihr tänzerischer Ruhm in alle Welt gedrungen ist und das verwöhnte Publikum in den Metropolen in Bewunderung versetzt, sparen ihre Landsleute nicht mehr mit den höchsten Huldigungen, die sie zu vergeben haben. Alicia Alonso, die zierliche anmutige Frau mit den wunderschönen dunk­ len Augen, steht heute im Scheitelpunkt einer glänzenden Lauf­ bahn. Vergessen sind die schweren Jahre, in denen sie nach einem russischen Pseudonym Ausschau hielt, um sich - wie sie glaubte - so als Solotänzerin aus Mittelamerika eine Chance zu sichern, vergessen ist auch die tückische Augenkrankheit, die sie jahre­ lang von der Bühne verbannte. Alicia Alonso wurde kurz vor dem ersten Weltkrieg in der kubanischen Hauptstadt Havanna geboren. Ihren klangvollen Taufnamen

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Taufnamen Alicia Ernestina de la Caridad del Cobre Hoyo ver­ tauschte sie als Fünfzehnjährige durch Heirat mit dem ihres Jugend­ gespielen Fernando Alonso. Sie war damals schon eine gute Tanz­ schülerin, ohne indessen mehr als ein unbekanntes Ballettmädchen in ihrer Heimatstadt zu sein. Erst 1937, als sie mit Fernando nach New York übersiedelte und mit ihm die illustren Tanzinsti­ tute der Weltstadt besuchte, begann sich ihr die große Welt des Kunsttanzes zu erschließen, allerdings erst auf dem beschwer­ lichen Weg über das "Girl" in Musikkomödienj 1939 endlich erhielt sie eine Berufung in die Tanzgruppe des soeben eröffneten Ballett- Theaters von New York. Alicia nahm ihre Fortbildung sehr ernst, sie schonte sich nicht und übte einzelne Schritte bis zur Vollendung. Das rück­ sichtslose körperliche Training hat sie bis zum heutigen Tage als die unerläßliche Grundlage jedes tänzerischen Ausdrucks ge­ pflegt. Die täglichen Proben erfordern Kraftanstrengungen, die selbst Sportler nur selten auf sich nehmen. Man sieht der Primaballerina die schwere Arbeit nicht an; die schöne dunkelhaarige Frau hat sich die Leichtigkeit und weib­ liche Anmut ihrer Bewegungen erhalten - mehr noch: ihre Grazie und ihre zigeunerhafte Leidenschaftlichkeit bestechen selbst ihre kubanischen Landsleute und haben ihr den Kosenamen "Unga" eingebracht. Ihr ganzer Stolz ist ihre jetzt fünfzehnjährige Tochter Laura, und die wenigen Wochen, die sie im Sommer bei ihr und ihrem Gatten weilen kann, sind ihre schönste Erholung. Eine Zeitlang schien es, als entzöge ihr das Schicksal, das ihr den Weg in die erste Reihe der großen Ballerinen bereits ge­ ebnet zu haben schien, auf einmal alle Gunst. Sie bemerkte bei den Proben, daß sie unversehens irgendwo anstieß und die Ent­ fernung zu ihren Partnern falsch'einschätzte. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß sich.die Netzhaut beider Augen gelöst hatte. Die Ärzte verordneten den unverzüglichen Abbruch jeder tänzerischen Betätigung und begannen die ersten schwierigen Operationen. Danach wurden ihr die Augen fest zugebunden; ihre Pfleger hielten jede Aufregung von ihr fern, um zu vermeiden, daß Lachen oder Tränen die Operationsnarben gefährdeten. So blieb sie in absoluter Ruhelage ein volles Jahr untätig. Sie "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. Februar 1953

Sie erinnert sich dieser unsagbar langen Zeit noch gut: "Es war eine Qual, zu fühlen, wie die Muskeln ihre Spannkraft immer mehr einbüßten, wie ich allmählich rundlich und schlapp wurde." Zu­ gleich aber begann sie über den Tanz als Kunstform eigene Gedanken zu entwickeln. Zeit dazu hatte sie übergenug, und für die Gründ­ lichkeit besaß sie die Passion der begnadeten Künstlerin. Sie lernte, mit einem sechsten Sinn sich gleichsam von außen her zu betrachten und in der völligen Nacht ihres einjährigen Kranken­ lagers alle ihre Tänze mit dem Auge des sachverständigen Kritikers zu sehen. Sie verglich ihre Tänze mit den Interpretationen, die andere Tänzerinnen vom gleichen Tanz gegeben hatten, und begann sich unermüdlich auf die Tage der ersten Probe vorzubereiten. Sie hatte ganz klare Vorstellungen, wie sie diesen Schritt und jene Pirouette in einen Tanz hineinkomponieren würde, und sie übertrug jede tänzerische Idee auf die Finger ihrer beiden Hände, die sie zur Ballettmusik über die Bettdecke gleiten ließ. Sie kultivierte von nun an und erst recht, als sie wieder genesen war, die Pflege des eigenen Stils, und ehe ein neuer Tanz in die Probe ging, war er in ihren Plänen bis in die letzte Nuance gereift. Den Schritt in die große Welt vollzog sie erst 1948, als sie bei einem Ballettabend in der New Yorker Metropolitan-Oper für die drei Stunden vor der Aufführung erkrankte Nora Kaye einspringen mußte. Seit jenem Tage stehen Alicia Alonso die Theater der Welt offen. In jedem Herbst erscheint sie zu einem glänzenden Tanzabend in der "Met"; im londoner Covent Garden triumphierte sie in einem Wettstreit über englische und französische Solotänzerinnen. Ihr Repertoire umfaßt heute alle großen klassischen Tänze; und es ge­ schieht häufig, daß sie in einer Woche acht Vorstellungen gibt. Kuba ehrte sie mit der Garlos Manuel de Cespedes-Medaille, der höchsten Zivilauszeichnung, die dieses Land zu vergeben hat.

(Nach "Americas")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder: 1) Alicia Alonso mit ihrer Tochter Laura 2) Tanzszene mit Igor Juskewitch - 10 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. Februar 1953

FRAUEN IN DER GESETZGEBUNG DER USA

(22 Zeilen, 200 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Nach einem Bericht der Frauen-Abteilung des National-Komitees der Republikanischen Partei, der dieser Tage veröffentlicht wurde, hat die Wahl von Frauen in die gesetzgebenden Körperschaften der amerikanischen Bundesstaaten eine neue Rekordhöhe erreicht. Wie Bertha M. Adkins, die stellver­ tretende Vorsitzende des Republikanischen National-komitees,er­ klärte, wurden in den vergangenen Wahlen insgesamt 285 Frauen in die gesetzgebenden Körperschaften von 44 amerikanischen Bundes­ staaten gewählt. Das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen Zu­ wachs von 49 Frauen. Von den gewählten Frauen gehören 197 der Republikanischen Partei und 85 der Demokratischen Partei an, während drei von ihnen ohne parteiliche Bindung sind. Im vergangenen Jahr gab es in acht Staaten keine weiblichen "Gesetzgeber", heute feh­ len Frauen nur noch in vier der 48 Bundesstaaten. In den 51 Jahren zwischen 1869» als mit Wyoming der erste amerikanische Bundesstaat den Frauen die politische Gleichberech­ tigung garantierte, und 1920, als diese Gleichberechtigung für die gesamten Vereinigten Staaten Gültigkeit erhielt, arbeiteten insgesamt 60 Frauen in gesetzgebenden Körperschaften. Die Zahl von 29 im Jahre 1920 erhöhte sich bis zur gegenwärtigen Rekordhöhe von 285. Nach Ansicht Bertha M. Adkins' wird die Bereitschaft, Frauen als weitsichtige, kompetente Persönlichkeiten mit gesetzgeberi­ schen Funktionen zu betrauen, weiter anwachsen.

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FÜR EIN EINHEITLICHES FAMILIENRECHT

(27 Zeilen, 240 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die UN-Kommission für Frauen- recht, die im nächsten Monat zu einer Tagung zusammentreten wird, zeigt in einem vorbereitenden Bericht, wie verschieden familien­ rechtliche Vorschriften in den Ländern der Welt noch gehandhabt

- 11 - "AMERTKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25- Februar 1953 gehandhabt werden. Man kann diese im wesentlichen in zwei Gruppen einteilen: solche,die Männer, und solche, die Frauen mit größeren Rechten privilegieren. Aus dem Bericht geht u.a. hervor: Die Ehemündigkeit tritt in Australien, Nikaragua, Panama und Paraguay bei Frauen mit dem 12. und bei Männern mit dem 14. Lebens­ jahr ein. Auf den Philippinen dürfen Männer unter 25 Jahren nur mit der Einwilligung der Eltern eine Ehe eingehen. In den Niederlanden kann ein Kind, das einem ehebrecherischen Verhältnis entstammt, von seinem Erzeuger nicht anerkannt werden, auch besteht kein Rechtsanspruch des Kindes auf Anerkennung. In vielen Ländern haben Ehegatten, die eine Scheidung anstre­ ben, durchaus nicht die gleichen Rechte. In der Tschechoslowakei zum Beispiel kann eine Ehe, in der Kinder leben, nicht ohne Ein­ willigung der Mutter geschieden werden. Im Libanon dagegen, wo die Mehrzahl der Bewohner Moslems sind, kann der Ehegatte zu jeder Zeit und aus jedem Grunde um Scheidung nachsuchen. In einigen mittel- und südamerikanischen Ländern bedrohen die Strafgesetze die ehebrecherische Frau stärker als den ehebrecherischen Mann. Unter den Vorschlägen, die der UN-Kommission für Frauenrecht zugehen, befindet sich auch die Empfehlung der Internationalen Frau­ en-Allianz, alle familienrechtlichen Gesetze in der Welt mit dem Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Überein­ stimmung zu bringen, in dem es heißt: "Märfher und Frauen... haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei der Auflösung glei­ che Rechte." (Aus "United Nations News Features")

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MEHR SYNTHETISCHE REINIGUNGSMITTEL

(8 Zeilen, 70 Wörter) . NEW YORK — (Amerika Dienst) — Der "Verband der amerikanischen Seifen- und Glyzerinhersteller" veröffentlichte kürzlich eine in­ teressante Statistik über seine Produktionsziffern. Demnach ist im Laufe der letzten 5 Jahre die Seifenproduktion der USA um 40 Prozent, das heißt von 2,035 Millionen Tonnen auf 1,26 Millionen Tonnen jährlich zurückgegangen, während in der gleichen Zeit die Produk­ tionsziffern für synthetische Reinigungsmittel von 220 000 Tonnen auf 990 000 Tonnen, also um 350 Prozent gestiegen sind. ***** (Aus "Time")

- 12 - VI. Jahrgang, Nr. 5/W 11. März 1953

Zwölf Frauen gehören dem 83- US-Kongreß an. Wir bringen Ihnen im folgenden Artikel kurze Berichte über die Arbeit und den Werdegang einiger dieser Frauen.

DIE FRAUEN DES KAPITOIS

(128 Zeilen, 1150 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Zwölf Frauen werden bei den Entscheidungen des 83. US-Kongresses ein gewichtiges Wort mit­ zusprechen haben. Elf von ihnen wurden bei den vergangenen Wahlen in das Repräsentantenhaus gewählt oder wiedergewählt, während die republikanische Senatorin Margaret Chase Smith - die zwölfte - auch weiterhin im Senat verbleiben wird. Besonders interessant am Werdegang dieser Frauen ist, daß ein großer Teil von ihnen die Plätze ihrer vor Ablauf der Amtszeit verstorbenen Männer im Kon­ greß einnahm. Wohl ein Beweis nicht nur für den engen persön­ lichen Kontakt zwischen den amerikanischen Abgeordneten und ihren Wählern, sondern noch mehr für die Tatsache, daß diese Frauen die besten Mitarbeiterinnen ihrer Männer waren. Seniorin der weiblichen Abgeordneten des Repräsentantenhauses ist die Republikanerin Mrs. Edith Nourse Rogers, die 1925 als Nachfolgerin ihres Mannes gewählt wurde und dem Kongreß bereits seit 28 Jahren angehört. Die ebenso energische wie liebenswürdige alte Dame ist bekannt für ihr besonderes Interess. an außenpoliti­ schen Fragen und vor allem für ihre gesetzgeberische Arbeit für die amerikanischen Kriegsteilnehmer, deren Interesse sie als Vor­ sitzende des Ausschusses für Kriegsteilnehmer-Fragen mit Sach­ kenntnis und Einfühlungsvermögen wahrnahm. Ihr ist es unter an­ derem zu verdanken, wenn die Zuwendungen und Renten für Kriegs­ waisen und Kriegsbeschädigte in den USA wesentlich erhöht wurden. Im Jahre 1944 wurde Edith Nourse Rogers als erste Frau Mitglied des Außenpolitischen Ausschusses im Repräsentantenhaus und traf auf einer Europareise mit Parlamentariern und hohen Regierungs­ beamten der vom Kriege heimgesuchten Länder zusammen, um mit ihnen die besondere Problematik der einzelnen Länder zu besprechen. Heute unterstützt die 1881 geborene Abgeordnete mit der ganzen

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953 ganzen Kraft ihrer Persönlichkeit die Ideale der Vereinten Nationen und ihre Bemühungen um den Frieden der Welt. Mrs. Frances Payne Bolton, die 1940 als Nachfolgerin ihres Mannes als Vertreterin des Staates Ohio in das Repräsentantenhaus einzog, wurde hereits sechsmal wiedergewählt. Sie ist besonders stolz darauf, daß ihr Sohn Oliver Bolton im vergangenen November ebenfalls in das Repräsentantenhaus gewählt wurde, sie also Senior- Partnerin des ersten Mutter-Sohn-Teams im amerikanischen Kongreß ist. Die gepflegte, 68-jährige Frances Bolton stammt aus einer Familie, die zur republikanischen politischen Aristokratie der USA gehört. Einer ihrer Großväter war Senator und ihr Vater Ver­ trauter und Berater dreier amerikanischer Präsidenten. Ehe sie aktiv in das politische Leben des Landes eintrat, opferte die vermögende und unabhängige Frau einen großen Teil ihrer Zeit sozia­ len und pädagogischen Aufgaben innerhalb der Gemeinde, obwohl sie selbst drei Söhne zu erziehen hatte. Ihr größtes Interesse galt schon immer der Gesundheits-Fürsorge. Sie stiftete das "Frances P. Bolton-Institut für die Ausbildung von Pflegerinnen" an der Western Reserve Universität von Cleveland und unterstützte während des 2. Weltkrieges als Abgeordnete ein Programm, das 125 000 jungen Frauen die Ausbildung zu Krankenschwestern ermög­ licht hat. Mehrmals besuchte sie in dieser Zeit die Kriegsschau- platze, um sich über die Arbeit der Lazarette zu informieren. Heute sagt man von Frances Bolton, daß niemand mehr für eine fort­ schrittliche Gesetzgebung auf dem Gebiet der Medizin und der Päd­ agogikgetan hat als die Abgeordnete aus Ohio, die sich im ameri­ kanischen Kongreß unermüdlich für die Unterstützung der Weltge- sundheits-Organisation der UN einsetzt. Die Republikanerin Marguerite Stitt Church folgte ihrem ver­ storbenen Mann 1950 als Abgeordnete von Illinois in das US- Repräsentantenhaus und wurde 1952 wiedergewählt. Die 60-jährige Politikerin, die an der Columbia-Universität ihr staatswissen­ schaftliches Doktorat machte, beschäftigt sich in erster Linie mit der Problematik internationaler Politik. Während ihrer ersten Amtsperiode setzte sie sich dafür ein, daß die US-Auslandshilfe den Nationen zugute kommt, die bereit sind, selbst am Aufbau ihrer Länder mitzuhelfen. Im Verlauf einer Reise, die sie kürzlich nach "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953

nach Europa führte, informierte sie sich über die Arbeit der deut­ schen Jugendverbände und über die Lage in den großen DP-Lagern. Die aktive, in Washington vielbewunderte Frau ist Mutter von drei Kindern. Auch die demokratische Abgeordnete Mrs. Elizabeth Kee aus West-Virginia ist nicht erst seit den Wahlen im vergangenen Novem­ ber in der höchsten gesetzgebenden Körperschaft der USA tätig. Sie übernahm im Mai 1951 nach dem Tod ihres Mannes dessen Sitz im Repräsentantenhaus und gehört heute dem Ausschuß für Kriegsteil­ nehmerfragen an. Während der 16 Jahre, die ihr Mann als Abgeord­ neter West-Virginia in Washington vertrat, war Elizabeth Kee seine engste Mitarbeiterin und brachte so eine reiche Erfahrung für ihre eigene Abgeordnetentätigkeit mit. Die besondere Sorge dieser uner­ müdlich schaffensfreudigen Frau galt und gilt den Körperbehinderten, für die sie u.a. eine große Spendenaktion ins Leben rief, in deren Verlauf 10 000 Bücher und Schallplatten gestiftet würden. Mrs. Kee weiß aus ihrer jahrelangen Tätigkeit als Journalistin, wie man solch«Aktionen zum Erfolg verhilft. Sie ist auch heute noch Mit­ glied des "Amerikanischen Journalistinnen-Klubs". Der amerikanische Bundesstaat Michigan schickte mit der hoch­ gewachsenen weißhaarigen Miss Ruth Thompson eine Republikanerin in das Repräsentantenhaus, die das ist, was man bei Männern als "Selfmade-man" bezeichnen würde» Sie begann als Stenographin und wurde 1951 als erste Frau von den Wählern Michigans in den Kongreß entsandt» Da sie als Angestellte eines Gerichtes täglich mit Rechtsfragen in Berührung kam, entschloß sie sich, in Abendkursen Rechtswissenschaft zu studieren. Und sie schaffte es. 1925 erfolgte ihre Wahl zum Richter an dem gleichen Gericht, an dem sie einst als kleine Angestellte tätig war. Zwölf Jahre später wurde sie in das Parlament ihres Bundesstaates gewählt und 1939 in den Dienst bei den Bundesbehörden in Washington berufen. Bald nachdem sie ihren Sitz im Repräsentantenhaus eingenommen hatte, schloß sie sich einer Gruppe von 13 neugewählten Republikanern an, die von der demokratischen Verwaltung "energische Maßnahmen" im Rahmen der Gesetzgebung forderten und sich vor allem für die Einschränkung der Regierungaausgaben mit Ausnahme der Verteidigungskosten ein­ setzten. - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953

Der Politik gilt das größte Interesse der demokratischen Ab­ geordneten Mrs. Vera Buchanan aus Pennsylvanien, die 1951 als Nach­ folgerin ihres verstorbenen Mannes gewählt wurde. Auch sie war bis zum Tode ihres Mannes seine engste Mitarbeiterin und brachte so für ihre eigene Abgeordneten-Tätigkeit eine gründliche Kenntnis der Verantwortung und der Problematik dieser Arbeit mit. Im Reprä­ sentantenhaus konzentrierte sie sich vor allem auf finanzpoliti­ sche Fragen und unterstützte alle Maßnahmen zur Stärkung der ameri­ kanischen Wirtschaft. Gleichzeitig setzt sie sich ständig für eine Steuersenkung ein und befürwortet eine Verbesserung der Einwande­ rungsgesetze. Mrs. Buchanan ist Mutter von Zwillingstöchtern. Mrs. Edna F. Kelly, die als demokratische Abgeordnete des Staates New York im Repräsentantenhaus 1952 wiedergewählt wurde, begann nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1942 aktiv für die Demo­ kratische Partei zu arbeiten, um, wie sie selbst sagt, "die Famili­ entradition zu wahren". Nach Jahren freiwilliger Mitarbeit war sie für das Parlament des Staates New York tätig, ehe sie für das Repräsentantenhaus kandidierte. Sie siegte nach einem anstrengenden Wahlfeldzug, in dem sie ihren Wählern unter anderem die Unter­ stützung der Vereinten Nationen, des Nordatlantik-Paktes und einer liberalen Handhabung der Einwanderungsgesetze zusicherte. Die 1906 geborene Politikerin wurde zunächst Lehrerin und studierte Ge­ schichte und Wirtschaftswissenschaft. Seit sie ihren Abgeordneten­ sitz einnahm, bemühte sie sich, ihren Wahlversprechen nachzukommen. Sie entwarf außerdem ein Programm zur Beseitigung von Elendsvier­ teln, unterstützte Vorschläge zur Schaffung neuer, billiger Wohnun­ gen und setzte sich für eine fortschrittliche Arbeitsgesetzgebung ein. Die gutaussehende dunkelhaarige Frau mit den großen braunen Augen ist begeisterte Sportlerin, die mit Sohn und Tochter einen Großteil ihrer Freizeit mit Skifahren, Schwimmen und Golf zubringt.

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- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953

Kindern zu helfen, die ihnen durch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ge­ schlecht zugeteilte Rolle im Leben er­ folgreich zu übernehmen, ist eine schwerere Aufgabe, als manche Eltern sich vorstellen mögen. Dr. Marynia F. Farnham - Verfasserin des Buches "Adoleszenz" - nimmt im nach­ folgenden Artikel, der der pädagogischen Monatszeitschrift "Parents* Magazine" ent­ nommen ist, zu diesen Problemen Stellung.

JUNGEN WERDEN MÄNNER - MÄDCHEN WERDEN FRAUEN Von Marynia F. Farnham

(106 Zeilen, 950 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — In früheren Zeiten konnte man des öfteren von selten der Eltern die Mahnung hören, "laß das, du bist doch schon eine kleine Dame", oder, "sei ein Mann, mein Junge". Heute sind solche Worte eine Seltenheit geworden, und werden sie wirklich laut, dann lächelt man darüber, wie über ein längst aus der Mode gekommenes Kleidungsstück. Im Laufe der letzten 50 Jahre ging die Entwicklung dahin, die Unterschiedlichkeit der Geschlechter immer mehr zu ignorieren und so allmählich ganz zu verwischen. Männer und Frauen sind in erster Linie nicht mehr männliche und weibliche Wesen, sondern Menschen. Die-Geschlechter werden gemeinsam erzogen, sie tragen - nahezu bis sie erwachsen sind - die gleichen Kleidungsstücke, die Mädchen spielen mit den Eisenbahnen und Traktoren ihrer Brü­ der, die Brüder mit den Puppen der Schwester, deren Haar kurz geschnitten ist wie das der Jungen. Oft wird der wildere tempera­ mentvollere Bruder ermahnt, "nett und friedlich" zu sein wie seine Schwester, und diese wiederum soll nach dem Vorbild des Bruders "ihren Mann stehen". Früher wußten Kinder genau, was Vaters Rolle und was Mutters Aufgaben innerhalb der häuslichen Gemeinschaft waren. Im modernen Familienleben treten die Rollen, die die Natur dem Manne und der Frau zugedacht hat, nicht mehr so klar in Erscheinung. Wohl sorgt im allgemeinen der Mann für den Unterhalt der Familie, aber die Mutter hilft mitverdienen. Sie ist verantwortlich für die

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die Führung des Hausljalts, für Sauberkeit und Behaglichkeit, aber auch Vater legt mit Hand an in Küche und Haus. Und diese Verlage­ rung in der Verteilung der männlichen und weiblichen Aufgaben wird wahrscheinlich von Dauer sein, da sie den augenblicklichen Bedürfnissen gerecht wird und der sozialen Auffassung unserer Zeit entspricht. Noch aber gibt es weder den Mann noch die Frau, die willig darauf verzichten, daß ihr Partner ungeachtet aller anderen Vor­ züge in erster Linie ein richtiger Mann bzw. eine richtige Frau ist. Auch darf die Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, daß die ihnen von der Natur zugedachte Rolle den Mann als Mann und die Frau als Frau kennzeichnet. Danach soll der Mann der Aggres­ sivere, der körperlich und geistig Stärkere, der Bestimmende und Handelnde sein. Seine Handlungen und Entscheidungen sollen ge­ lenkt sein von der Verantwortung für das Wohl der ihm anvertrauten Familie. Sein Aufgabenkreis jedoch hat sich im Vergleich zu dem der Frau nur unwesentlich verändert. Anders liegt der Fall bei der Frau. Sie ist im letzten halben Jahrhundert selbständiger ge­ worden, sie hat den Sprung in die große Welt gewagt und ist in die beruflichen Bereiche des Mannes eingedrungen. Trotz dieses einschneidenden Wandels aber muß sie Frau bleiben, denn kein Mann sucht in der Frau zuerst den Geschäftspartner, sondern die Ge­ liebte, die Mutter seiner Kinder. Er schätzt mehr als ihre Tüch­ tigkeit ihre echte Weiblichkeit und das Vorhandensein des echten weiblichen Elements des "Für den andern da sein und für ihn sorgen können", das das Wesen der echten Frau erfüllt und ihr Verhalten und ihre Persönlichkeit bestimmt. "Mütter riechen anders als Väter", sagte kürzlich ein kleiner Junge, und er bezog sich damit nicht nur auf ihr Parfüm, das so anders als Vaters herbes Rasierwasser riecht. Es war vielmehr eine Reaktion auf das besondere Fluidum der Frau, das er in der Nähe seiner Mutter deutlich empfand. Die ganze Kindheit bis zur Reifezeit ist nichts anderes als ein Sichvorbereiten auf das Erwachsensein. In den Händen der El­ tern liegt es, die Erziehung der Kinder so zu leiten, daß sie allen Bedürfnissen und Anforderungen der Zeit genügen und doch zu ech­ ten Männern und Frauen heranwachsen können. Man wird einwenden können, daß dieses Bestreben ja eine Selbstverständlichkeit für

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953 für Eltern sei. Ganz so selbstverständlich Jedoch ist dies nicht, und nicht selten lassen beispielsweise Eltern, die sich einen Sohn wünschten und eine Tochter bekamen, bewußt oder unbewußt das Kind die Enttäuschung fühlen. Auch die häusliche Atmosphäre, die Kräfte­ verteilung im Haushalt, überträgt sich automatisch auf die Kinder. Kinder aus Familien, in denen die Mutter die dominierende Rolle spielt, wachsen auf in der Annahme, daß dies so sein müsse, und Jungen wie Mädchen aus solchen Familien tragen schwer daran, wenn das leben, das heißt die eigene Erfahrung, sie erst eines anderen belehren muß. Besonders nachteilig sind solche Zustände für die Erziehung tfon Knaben. Eine Frau kann sie nicht lehren, wie man ein Mann wird. Wo Jungen im Hause sind, muß man Verständnis dafür haben, daß es laut zugeht. Toben und Tollen, Kräftemessen, Lärmen und Zer­ stören ist Jungenart. Auch Mädchen haben ihre Besonderheiten. Be­ obachtet man sie, so merkt man bald, daß ihr liebstes Spiel "Mutter und Kind" ist. Sie führen ihren kleinen Puppenhaushalt mit großem Eifer und Ernst. Selbstredend gibt es auch andere Mädchen, die "eigentlich besser Jungen geworden wären" - wie so manche Mutter gelegentlich seufzend zugibt. Doch sind diese Fälle die Ausnahme von der Regel. Wesentlich ist für das Heranwachsen eines jeden Kindes, daß beide Elternteile an seiner Erziehung mitarbeiten. Das kleine Mäd­ chen braucht die Anerkennung des Vaters- - ist er doch für sie der Mann -, wie der Sohn die Zuneigung der Mutter braucht. Niemals aber darf sie ihn fühlen lassen, daß sie ihn dem Vater vorziehe. Denn der Vater ist für den Jungen unantastbar. Er ist das erstre­ benswerte Vorbild und der Inbegriff der männlichen Würde. Eine der schwierigsten Erziehungsperioden ist die Zeit der Pubertät. Hier treten Spannungen auf, die zu überbrücken mitunter selbst den weisesten Eltern nur unter Aufbieten aller seelischen Kraft gelingt. Der Kampf ist wechselhaft und kennt weder Regel noch Logik. Noch sind es Kinder, die sich nach Geborgenheit und Schutz sehnen, gleichzeitig aber beginnen diese Kinder sich vom Eltern­ schoß zu lösen und ihre eigenen Wege zu gehen. Die Zügel 3traff zu spannen, dürfte ebenso falsch sein, wie sie zu lockern. Jedes Kind reagiert anders und jedes muß seinem Naturell entsprechend

- 7 - "AMERIKA DIENST"- FÜR DIE FRAU 11. März 1953 entsprechend behandelt werden. Helfen aber mag es vor allem den Jugendlichen in ihrem Kampf um die Reife, wenn ihnen von klein auf beigebracht wird, welche Aufgaben allein ihr Geschlecht ihnen im Leben auferlegt. Dann wird es den Jungen und Mädchen leichter fallen, den richtigen Weg auch dann zu finden, wenn das Eltern­ haus sie nicht mehr schützen kann. Es wird ihnen manche Enttäu­ schung oder gar Verwirrung erspart bleiben.

("Parents' Magazine")

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OSGOOD-MARIONETTEN Amerikanische Erzieherin entwickelt einen neuen Marionettenstil Von Mary Moore (89 Zeilen, 800 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Während des letzten Weltkrieges schuf die amerikanische Kunsterzieherin Mildred Osgood eine neue Form des Marionettentheaters. Ursprünglich wollte sie vor allem den Kindern in der Kriegszeit mit ihren erschwerten Lebensbedin­ gungen Unterhaltung und Abwechslung bieten und griff dabei zu ein­ fachen Schattenspielen, weil ihre Requisiten leicht zu transpor­ tieren waren. Durch ein Versehen zeigte bei einer Vorstellung eines der Kinder, die ihr beim Spiel halfen, die Schattenfigur vor der Leinwand statt dahinter, und Mildred Osgood war entzückt über die zauberhafte Wirkung der zierlichen Gestalt vor dem beleuchte­ ten Hintergrund. So kam sie auf den Gedanken, diese Scherenschnitte plastisch zu gestalten. Der künstlerische Reiz des Schattenspiels erhöhte sich durch die Dreidimensionalität; die Figuren konnten vielseitiger charakterisiert und vor dem hellen Hintergrund frei bewegt werden. Dazu ergab sich die Möglichkeit, Figuren und Hinter­ grund in lebhaften Farben zu halten. Unter den geschickten Händen der meisterhaften Zeichnerin und Schneiderin entstanden mit einfachen Hilfsmitteln wie Schere,

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Schere, Nadel, Nylon- und Seidenfaden, Zelluloid, Glas, Krinolin und Stoffresten Gestalten aus der Märchen- und Phantasiewelt des Kindes. Körper und Gliedmaßen der Puppen bestehen aus mehreren kurzen Zelluloidzylindern, die durch Nylonfäden an den Gelenken miteinander verbunden sind. Aus zarten Organdystoffen, Seide und Spitzen erhalten dann die Figuren ihre bunten Phantasiekostüme. Mildred Osgood stellt die gesamte Szenerie ihrer kleinen Bühne - menschliche Figuren, Tiere, Bäume und Blumen - aus diesem Material herj nur die Köpfe müssen modelliert werden. Dabei macht sie grund­ sätzlich keine Probekonstruktionen oder Zeichnungen für ihre Marion- netten. Oft entdeckt sie, daß die Figuren während der Arbeit nach eigenen Gesetzen wachsen und sich zu unvorhergesehenen Formen ent­ wickeln. Nur ihr großes Geschick und ihre Erfahrung im Basteln ermöglichen es ihr, bei diesen improvisierenden Arbeiten Gleich­ gewicht und Symmetrie der Gestalten zu wahren. Durch geschickte Verteilung kleiner Gewichte erhält jede Figur ihre eigene Bewegung, ob sie nun zierlich oder schwerfällig, natürlich oder grotesk sein soll. So sind z.B. "Hans Krokus" und die "Blumenfee" leichte ge­ flügelte Gestalten, die an ihren hauchdünnen Fäden wie aus eigener Kraft durch die luft schweben. Nicht der Spieler darf den zarten Gestalten Bewegungen aufzwingen, sondern er muß umgekehrt ihnen ihre Eigenbewegungen absehen. Bei all ihren Arbeiten hat sich Mildred Osgood immer von dem Gedanken leiten und anregen lassen, daß alle Figuren der kindlichen Phantasie entsprechen müssen. "Wenn ich nicht versucht hätte, das Problem ganz im Sinne der Kin­ der zu lösen", sagt Mildred Osgood, "so hätte ich wahrscheinlich niemals diese neue Marionettenform entwickeln können. Nicht aus einem künstlerischen Ehrgeiz heraus habe ich versuchtf eine neue Form zu finden. Es war ein sozialer Zweck, dem meine Bemühungen entsprungen sind und der mich dazu getrieben hat, diese Form zu schaffen". Durch die Freude, die sie anderen Menschen, besonders aber Kindern, mit ihrem Spiel bereiten kann, fühlt sich Mildred Osgood reich belohnt. "Ich bin überzeugt, daß meine Marionetten ein kostbares Geschenk an die Kinder sind. Ich habe gesehen, wie ihre Augen leuchteten, wenn meine Marionetten sie in die Welt ver­ setzten, die sie liebten und verstanden." Diese "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 11. März 1953

Diese Osgood-Marionetten knüpfen an die alte Puppenspiel­ tradition an. Obgleich der historische Ursprung dieses Spieles im Dunkel liegt, wissen wir aus alten Abbildungen und Texten, daß den Griechen des klassischen Zeitalters das Puppenspiel schon lange bekannt war, und auch aus der alten indischen Kultur ist die Kenntnis des Puppenspiels überliefert. Sein Ursprung liegt wahrscheinlich in den religiösen Bräuchen primitiver Kulturen. Zu seiner heutigen Form ist das Puppenspiel hauptsächlich in Italien entwickelt worden, wobei das Vermächtnis des alten römi­ schen Theaters in bezug auf Charaktertypen und deren Kostüme noch heute wirksam ist. So kam die populäre Figur des "Punch" von Italien nach England, wo ihr "Judy" zugesellt wurde. Diese beiden Gestalten waren so beliebt, daß der Bürgermeister von London gezwungen wurde, die Puppen offiziell als ordentliche Bürger anzuerkennen. Gordon Craig, der zu Beginn dieses Jahr­ hunderts in Florenz als Theaterschriftsteller und Bühnenbildner wirkte, hatte sogar die Idee, die Schauspieler durch Marionetten zu ersetzen, und Bernhard Shaw begeisterte sich für die Mario­ netten, weil sie die Phantasie des Zuschauers in stärkerem Maße anregen. Auch in Deutschland hat das Puppenspiel eine große Vergangenheit} außer vielen mittelalterlichen Dichtern schrieb später auch Goethe Puppenspiele,und heute gibt es Puppentheater wie das Münchener unter "Papa Schmidt", das in der ganzen Welt bekannt geworden ist. Neben diesen berühmten historischen Puppen leben die Schöpfungen Mildred Osgoods als gleichberechtigte Bür­ ger im Königreich der Phantasie. Obgleich Mildred Osgood erfolgreich eine Anzahl von Vor­ stellungen vor einem großen Zuschauerkreis in New York gegeben hat, bevorzugt sie es, von ihren Spielen Filme zu drehen oder sie in Fernsehsendungen zu zeigen, weil dabei die sorgfältig ausgearbeiteten Details stärker hervortreten, vor allem aber in den Großaufnahmen die fein nuancierten Bewegungen besser zur Gel­ tung kommen. Zwei kurze Farbfilme drehte sie mit dem "Wettermann", einem Naturdämon, als Hauptfigur. Der Text ist von Leah Gale, die Musik schrieb Lucille Paris. Aber auch einige abendfüllende Filme sind schon gedreht worden, z.B. "Ein modernes Elfenmärchen" von Virginia Sorenson und "Der Zauberer Jonathan" von Harriet Eager

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Eager Davis, in denen wieder ihre bekannten Gestalten "Blumenfee" und "Hans Krokus" eine Rolle spielen.

(Nach "Craft Horizons")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder: 1) "Hans Krokus", der Wettermann gibt seinen Blumen Tanzunterricht. 2) Unter dem Schnürboden des Marionetten­ theaters hängen die zarten Puppen in geisterhafter Ruhe.

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Westinghouse Electric Corporation, die zweit­ größte amerikanische Herstellerfirma für elek­ trische Geräte, wirbt durch ihren Verkaufs- Star Betty Furness im amerikanischen Fernseh­ programm.

BETTY FURNESS UND IHRE TRAUMKÜCHE

(68 Zeilen, 610 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Verkaufs-Star Nr. 1 für elek­ trische Geräte in den Vereinigten Staaten ist eine charmante blonde Dame namens Betty Furness. Ihre Hauptbeschäftigung besteht darin, in ihrer Fernsehwohnung - einer Art elektrifiziertem Hausfrauen­ paradies - den amerikanischen Hausfrauen zu zeigen, wie wunderbar, einfach und angenehm das Leben sein kann - wenn man die richtigen elektrischen Geräte besitzt. Mit bezauberndem Lächeln hantiert sie an ihrem elektrischen Spültisch, ohne sich die manikürten Hände zu beschmutzen, mit offensichtlichem Vergnügen hält sie große Wäsche mit der elektrischen Wasch- und Trockenmaschine, ohne auch nur die Ärmel aufkrempeln zu rissen, mit sicherem Griff findet sie stets den richtigen Knopf auf de... "iesigen Schaltbrett ihres

- 11 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953 ihres elektrischen Kochherdes, um für jede Speise die gewünschte Ofenhitze zu erhalten, und mit wohligem Behagen streckt sie sich schließlich unter ihrer elektrisch! geheizten Bettdecke aus, um sich von des Tages Mühelosigkeit zu erholen. Stets ist sie mit unaufdringlicher Eleganz nach der neuesten Mode gekleidet und sieht ganz so aus, wie jede Hausfrau gerne aussehen würde, hätte sie genügend Zeit, sich zu pflegen. Betty Furness tut all dies gegen ein jährliches Einkommen von rund 50 000 Dollar für den nach General Electric größten Pro­ duzenten elektrischer Geräte, die Westinghouse Electric Corporation. Und die leitenden Männer von Westinghouse wissen genau, warum sie in ihren Verkaufsstar derartig hohe Summen investieren: Betty Furness besitzt all jene Eigenschaften in seltener Vollkommenheit, die gerade für dieses Geschäft notwendig sind. Stets ist sie freundlich und gut gelaunt, hat eine ungekünstelte Art zu sprechen und eine natürliche Anmut der Bewegungen und verfügt außerdem über eine erstaunliche Portion gesunden Menschenverstandes. Mit bemer­ kenswerter Treffsicherheit weiß sie stets diejenigen Besonder­ heiten eines vorgeführten Gerätes hervorzuheben, die Frauen am meisten interessieren, und als kluge Diplomatin ist sie ängstlich darauf bedacht, ihr männliches Publikum nicht durch überschweng­ liche Wortergüsse vor den Kopf zu stoßen. Sie weiß - ebenso wie Westinghouse selbst - daß gerade auf dem Geräte-Markt nur dann wirklich ein Geschäft zu machen ist, wenn ständig etwas Neues herausgebracht wird. Wenn ihre Firma daher ein neues Gerät zu präsentieren hat, dann vergißt sie augenblicklich das alte und tut ganz so, als hätte sie überhaupt nie von jenem lächerlich alt­ modischen Firlefanz gehört, den sie in der Woche zuvor noch laut angepriesen hatte. Das Neueste, was Betty Furness zur Zeit vorzuführen hat, ist ein Kochherd, der auch die unerfahrenste Braut davor bewahrt, eine Speise anbrennen zu lassen. Dieses moderne Küchenwunder besitzt ein eingebautes "magisches Auge", das mit einem Thermostat ver­ bunden ist, der den Strom automatisch abschaltet, sobald das Wasser zu verkochen oder die Speise anzubrennen beginnt. Das Gegenstück dazu ist ein neuartiger Eisschrank mit einer "magi­ schen Tür", die bei einem leichten Druck mit dem Finger automatisch

- 12 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953 » automatisch aufspringt. Das Dampfbügeleisen schließlich, das Betty Furness neuerdings benützt, hat mit der höchst "veralteten" Methode des Dampf-Druck-Verfahrens gebrochen und ist statt dessen an der Unterseite mit einer Unzahl winziger Kanäle ausgestattet, die den Dampf gleichmäßig über die gesamte Bügelfläche verteilen. Daß Betty Furness in ihrer höchst individuellen Werbetätig­ keit von stetem Erfolg begleitet ist, ist freilich nicht allein auf ihre unleugbaren Fähigkeiten und ihren ungewöhnlichen Charm zurückzuführen, sondern auch auf ihre große Popularität, die sie wiederum ihrem Chef, dem allmächtigen Präsidenten der Westinghouse Corporation, Gwilym Alexander Price, zu danken hat. Er war es, der vor nunmehr zwei Jahren das Risiko auf sich nahm, zwei Millio­ nen Dollar für die Fernsehübertragung eines Football-Spieles aus­ zuwerfen, in deren Verlauf dem Fernseh-Publikum Bettys Gesicht vertrauter wurde als das der Spieler. Er war es auch, der im ver­ gangenen Jahr nochmals drei Millionen Dollar für die Fernseh­ übertragung des Chikagoer Nationalkonvents verausgabte, bei der Betty Furness häufiger auf der Fernseh-Bildflache erschien als Eisenhower und Stevenson. Mr. Price bereut diese Ausgaben nicht, "denn", so erklärt er in selbstverleugnerischer Bescheidenheit, "dieses Mädchen ist für die Westinghouse Corporation mehr wert, als ich es bin".

(Nach "Time")

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ERSTER BLICK AUF DIE SOMMERMODE Was die Amerikanerinnen tragen werden

(43 Zeilen, 390 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Es ist wieder soweit. Noch pfeift der kalte Wind um die Hausecken, aber in den Modesalons herrscht bereits Frühling und Sommer. Nicht nur die Modeschöpfer von Paris und Rom haben ihre Karten aufgedeckt, auch Amerika hat entschieden, was die Frauen "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953

Frauen in den warmen Monaten tragen werden. Die kommende Sil­ houette ist durchaus erfreulich: weich, fraulich, salopp. Die Amerikanerin lehnt alles allzu Extravagante ab, bleibt einfach und bewahrt sich die leicht sportliche Note, die sie so gut kleidet. Zunächst also die Frühjährsmodelle, Die weit bleibenden Mäntel haben eine neue Variante: großzügig geschnittene Ärmel, deren Weite am Handgelenk zusammengefaßt wird. Sehr modern sind auch Dreiviertelärmel, zu denen die langen Handschuhe gut passen. Dazu trägt die Amerikanerin kleine freche Hüte. Schleier sind wieder modern. Völlig überlebt - so scheint es - hat sich das gute alte englische Kostüm. An seine Stelle ist das französische getreten, das schon im Vorjahr viel getragen wurde. Die kurze Jacke liegt aber nicht mehr eng an, sondern fällt lose über den engen Rock. Neuartige Knopfpartien sind ihr Schmuck. Unnötig zu betonen, daß diese saloppen Jäckchen am besten die Schlanken kleiden. Für den Sommer- lautet der Steckbrief der kommenden ameri­ kanischen Mode: Rocklänge: 33 cm vom Boden; Material: viel Kunst­ fasern, Stroh und veredelte Baumwolle; Farben: alle Pastelltöne, Weiß und Schwarz; Lieblingsdessin: Streifen; Ausschnitte: schräg und rund. Im einzelnen heißt das: die praktische Amerikanerin trägt im kommenden Sommer knitterfreie Kleider, die schmutzabstoßend sind, sich leicht waschen lassen und nicht gebügelt werden müssen. Nylon und seine Schwesterfabrikate sind die Favoriten unter den Kunstfasern und werden auch für Pullover und Westen verarbeitet. Sogar Schlafröcke gibt es neuerdings aus Orionboucle, und zwar sind sie, wie die Modeschöpfer schwören, "federleicht und flaum­ weich". Die veredelten Baumwollstoffe stehen den Kunstfasern in nichts nach. Auch sie sind licht- und waschecht, haben matten Glanz und eignen sich besonders gut für Blusen, Strand- und Kinderkleidung. Die Attraktion des kommenden Sommers aber dürften die neuen Strohstoffe werden, die einfarbig und bedruckt ange­ boten werden. Sie werden zu beschwingten, meist quergestreiften Röcken und lustigen Strandjacken verarbeitet und dürfen sogar zu

- .14 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 11. März 1953 zu Cocktailensembles verwendet werden. Dazu besonders hübsch: die Stola aus gleichem Material. überhaupt die Stola. Sie wird, in Pelz oder Wolle, auch weiterhin an kühlen Sommerabenden wohlig empfunden werden und in Tüll die duftige Ergänzung zum Cocktailkleid sein. Die Dekolle­ tes der festlichen Kleider sind dezentj Stickerei, Soutache oderStrass- Verzierungen geben das schmückende Beiwerk. Dazu trägt man Schuhe mit hohen Absätzen, wahre Gedichte aus Riemchen, Lack und Schleifen.

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- 15 - VI, Jahrgang, Nr. 6/W 25. März 1953 Die Umgebung, in der ein Kind heranwächst, ist ausschlaggebend für seine physische und psychische Entwicklung.

NICHT UTOPIE SONDERN WIRKLICHKEIT Von Ruth V. Washburn (96 Zeilen, 860 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Unzählige Schriftsteller haben im Laufe der Jahrhunderte versucht, in ihren Büchern jenes märchenhafte Land Utopia zu zeichnen, in dem die Menschen ein sorgenfreies Leben ohne Mühe und Plage führen; ein Leben also, das es in unserer rauhen Wirklichkeit nicht gibt. Selbst Kinder träumen von dieser Welt. Auch dem kleinen, fünfjährigen

B0b mochte etwas Ähnliches vorgeschwebt haben, als er von seiner Lehrerin aufgefordert wurde, ein Bild von seiner Familie zu malen. Das einzige nämlich, was er daraufhin auf sein Papier kritzelte, war ein Mond. Und während er in sein Werk vertieft war, sprach er vor sich hin: "Das ist ein kleiner Mond, der träumt von einer großen,alten Farm auf einem hohen Berg. Niemand kann da hinauf. Er ist ganz allein mit dem Vater und der Mutter und dem Kind." Tatsächlich würde es wahrscheinlich niemand lange in diesem Land der Vollkommenheit aushalten, denn gerade Mühe und Gefahr geben erst dem Leben seine Würze. Diese Tatsache sollte deshalb auch stets berücksichtigt werden, wenn man sich bemüht, seinem Kind die bestmöglichen Umweltsverhältnisse zu schaffen. Das alt­ bewährte Prinzip des goldenen Mittelweges, das ein Zuviel ebenso vermeidet wie ein Zuwenig, dürfte auch hier die beste Lösung dieses Problems sein. Im allgemeinen stimmen die Psychologen in ihrer Anschauung über die grundsätzlichen Bedingungen einer idealen Umwelt für heranwachsende Kinder überein. Sobald die notwendigsten Voraus­ setzungen - Nahrung, Wohnung und Kleidung - gegeben sind, so erklären sie, treten die physischen Belange hinter den psychischen zurück. So machten beispielsweise die beiden amerikanischen Psychologen Healy und Bronner die Beobachtung, daß bei Kindern, die unter den gleichen äußeren Voraussetzungen und in der glei­ chen Umgebung aufwuchsen, oftmals allein das herzliche und respektvolle Verhältnis zu mindestens einer anderen Person

1 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953

Person ausschlaggebend dafür war, ob das Kind sich später zu einem guten Bürger entwickelte oder ob es straffällig wurde. Die ideale Umwelt ist für ein Kind dann gegeben, wenn sie den verschiedenen Erfahrungen, die ein Kind im Laufe seiner einzelnen Entwicklungsstadien machen muß, gerecht wird. Das Kind braucht in erster Linie genügend Raum und die Möglichkeit, seinen Wissensdrang zu betätigen. Es braucht Spielzeug, das zu schöpferischer Tätigkeit anregt. Mit zunehmendem Alter braucht es all die Dinge, die sein Selbstbewußtsein innerhalb seiner Gruppe stärken, und es braucht ebenso gute Vorbilder wie An­ leitung zu gutem Geschmack und gutem Benehmen. Auf der anderen Seite ist es aber ebenso notwendig, dem Kind gewisse Grenzen zu stecken, um eB vor sich selbst zu schützen. Selbstverständlich wandelt sich der Begriff des "genügen­ den Raums" wie alle übrigen äußeren Bedingungen der Umwelt eines Kindes im Laufe seines Heranwachsens. War der Kinderwagen oder das Laufställchen für das Kleinkind noch durchaus zureichend, so verlangt das Zwei- oder Dreijährige bereits einen weit grö­ ßeren Raum, in dem es sich ungehindert bewegen kann. Dieser Bewegungskreis erweitert sich immer mehr,bis schließlich früher oder später jener kritische Punkt erreicht ist, an dem die Frage auftaucht, wie weit man diesen Raum nun noch vergrößern kann und darf. Eine feststehende Antwort gibt es darauf nicht« Der Grad der Freiheit, die einem Kinde zugestanden werden kann, muß abhängig gemacht werden von seinem ganz individuellen Verhalten und dem von ihm an den Tag gelegten Verantwortungsgefühl» Wie wichtig gerade die Raumfrage für heranwachsende Kinder ist, zeigen jene immer wiederkehrenden Beispiele, bei denen Kin­ der eine grundlegende geistige und sogar körperliche Wandlung mitmachen, wenn sie eines Tages aus dem mit mehreren Geschwistern geteilten Kinderzimmer heraus und in ein eigenes Zimmer kommen, in dem sie zum erstenmale so etwas wie ein eigenes Privatleben führen können. So günstig diese Veränderung dann sein kann, wenn sie dem augenblicklichen Entwicklungsstadium des Kindes entspricht, so ungünstig kann sie sich umgekehrt dann auswirken, wenn das Kind noch nicht selbständig genug ist, um eine derartige Iso­ lierung in einem unter Umständen auch noch zu großen Raum er­ tragen zu können. „, ° Ebenso »AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953 Ebenso wie mit dem Bewegungsraum, so verhält es sich mit den meisten anderen Dingen, die ein Kind braucht, um sich gei­ stig und körperlich gesund weiterentwickeln zu können. Es benötigt vieles zu seiner geistigen Anregung, aber man darf es andererseits auch nicht mit diesen Dingen überfüttern, um es nicht zu verwirren oder seinen Erfindungsgeist zum Erlahmen zu bringen. Denn auch die Phantasie des Kindes braucht einen ge­ wissen Spielraum. Das Kind, das genügend, aber nicht zuviel Spielsachen besitzt, wird bei dem Versuch, immer wieder neue Variationen des Spiels zu finden, seinen Erfindungsgeist mehr anstrengen müssen als jenes, das nur aus der Fülle seines Spiel­ zeugs etwas Neues auszuwählen braucht. Aber es wird an den selbst­ erdachten oder zusammengestellten Spielen auch mehr Freude haben, denn auch Kinder empfinden ebenso wie Erwachsene die größte Ge­ nugtuung über die Dinge, die sie sich selbst geschaffen haben. Die Regel des goldenen Mittelweges gilt aber auch für die rein erzieherischen Maßnahmen selbst. Man wird immer wieder feststellen können, daß dann, wenn die elterlichen Vorschriften weder zu streng noch zu lax sind, die Kinder eine gewisse Disziplin und ein gutes Betragen zu Hause und in der Schule von sich aus schätzen lernen und sogar stolz darauf sind, als guterzogene Kinder zu gelten. Die wichtigste Rolle unter diesen auf die Psyche des Kindes einwirkenden Umweltsfaktoren jedoch bleibt nach wie vor das Ver­ halten der Eltern selbst. Die Kinder müssen in dem Bewußtsein aufwachsen, daß es jemanden gibt, der ihre Fortschritte und Rückschläge mit wirklicher innerer Anteilnahme verfolgt. Sie müssen wissen, daß ihre Eltern sie als Personen respektieren und ihnen vertrauen. Deshalb ist es notwendig, daß auch die Eltern selbst eine gewisse Anpassungsfähigkeit besitzen, um der steten inneren und äußeren Wandlung gerecht zu werden, der ihr Kind im Laufe des Heranwachsens ausgesetzt ist.

(Nach "National Parent-Teacher")

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- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953

Mattiwilda Dobba aus Atlanta (USA) debütierte als erste Negerin in der Mailänder Skala. Zum Sommer ist sie für die Glyndebourne-Festspiele in Südengland verpflichtet.

DIE MAGIERIN AUS ATLANTA

(42 Zeilen, 380 Wörter ) MAILAND — (Amerika Dienst) — Das Gold und Rot des prunk­ vollen Theatersaales der Mailänder Skala verglüht langsam, und die Zuschauer warten gespannt auf eine für die Skala einzigartige Debütantin: Die Koloratursopranistin Mattiwilda Dobbs aus Atlanta (USA), die erste Negerin, der jemals eine Hauptrolle in der Skala übertragen wurde. Als schwarze Magierin Elvira in Rossinis "Die Italienerin in Algier" bezaubertesie mit ihrer weichen, anmutigen Stimme in einer Reihe von Quartetten, Quintetten und Sextetten, und Zuschauer und Presse spendeten ihr einen herzlichen Beifall. Mattiwilda wurde 1925 als fünftes von sechs Kindern in Atlanta im Südosten der Vereinigten Staaten geboren. Ihre überdurchschnitt­ liche Stimmbegabung wurde schon früh entdeckt, und sie durfte als Solistin im heimatlichen Kirchenchor singen. Ihre eigentliche Aus­ bildung als Sängerin aber begann auf einem Musik-College in ihrer Heimatstadt. Mit einundzwanzig Jahren ging sie im Jahre 1946 nach Manhattan, wo sie ihre Gesangsstudien fortsetzte, vorsorglich aber auch ein Diplom als Gesangslehrerin und die Lehrberechtigung für die spanische Sprache erwarb. So hatte sie sich eine berufliche Grundlage geschaffen.für den Fall, daß ihre Stimme in Zukunft nicht hält, was sie verspricht. Mit einem Stipendium von 3 000 Dollar studierte sie in Paris weiter und errang 1951 bei einem Internationalen Musikwettbewerb in Genf vor Bewerbern wie Neil Rankin und Victoria de los Angeles von der Metropolitan den ersten Preis. Mit einem Schlage wurde sie berühmt, erhielt in Holland die Titelrolle in Strawinskis "Nachtigall", und eine führende eng­ lische Musikzeitschrift feierte sie geradezu als die kommende Koloratursängerin. Ihre Stimme bewältigt die schwierigsten Passagen mit spie­ lerischer Leichtigkeit, und selbst in den höchsten Tonlagen be­ wahrt sich der eigentümlich warme Glanz. Zwar erfordern die

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die meisten der acht Rollen, die sie schon gesungen hat - darunter die Gilda in und die Olympia in Hoffmanns Erzählungen - eine weiße Sängerin, aber Mattiwilda hat keinerlei Bedenken, ein weißes Make-up zu benutzen. "Wenn sich weiße Sänger dunkel schmin­ ken, um die Aida oder den Othello zu singen, warum sollte sich dann eine Negerin nicht für die hell schminken?" Mattiwilda kann dem kommenden Jahr mit Zuversicht entgegen­ sehen: Ihre Schallplattenaufnahmen aus Mozarts "Zaide" und Bizets "Perlenfischer" erzielen Verkaufsrekorde, einen Vertrag für die Glyndebourne-Festspiele (Südengland), wo sie einen großen Kolo­ raturpart in Strauß' "" singen soll, hat sie schon in der Tasche, und ihr Impresario Sol Hurok liebäugelt bereits mit einem Engagement an die Metropolitan-Oper in New York.

(Aus "Time")

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Junge Frauen amerikanischer Soldaten, die mit ihren Männern aus 25 Ländern nach Ver­ mont im Norden der USA kamen, bildeten dort einen internationalen Klub, der heute bereits mehr als 400 Mitglieder zählt.

DER "KLUB DER KRIEGSBRÄÜTE" VON VERMONT Von Muriel Follett

(76 Zeilen, 680 Wörter ) SPRINGFIELD —• (Amerika Dienst) — Vermont - das Land der Grünen Berge im Norden der USA - war wie alle anderen ameri­ kanischen Bundesstaaten in den vergangenen Jahren das Ziel vieler Einwanderer aus allen Teilen der Welt. Die Leute von Vermont haben besonders eine Gruppe herzlich begrüßt: die Frauen, die sich ihre Soldaten aus mehr als 25 verschiedenen Ländern mit in die Heimat gebracht hatten. Diese Tatsache allein ist vielleicht nicht besonders be­ merkenswert, aber die jungen neuen Bürgerinnen von Vermont, deren nationales und soziales Herkommen so verschieden sind wie ihre "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953

ihre Namen, haben gemeinsam ein interessantes Experiment durch- geführt. Sie gründeten unter der Patenschaft desWCA (Christli­ cher Verein Junger Mädchen) innerhalb des Staates Vermont eine Art "Klub der Kriegsbräute", der heute von manchen Leuten "die kleinen Vereinten Nationen" genannt wird. Bei dieser, kleinen Schwester der großen UN gibt es allerdings kein Veto und keine internatio­ nalen Probleme. Die alteingesessenen Vermonter beeindruckte vor allem der Wunsch aller Mädchen, nützliche Mitglieder ihrer neuen Gemeinden und gute Bürger des Landes zu werden. Die jungen Frauen selbst wiederum sind begeistert, daß die Amerikaner in ihrer neuen Hei­ mat so gar nicht dem Bild entsprechen, das sie sich nach ameri­ kanischen Filmen von den Menschen dieses Landes gemacht hatten. "Ich mag die Menschen in Vermont", sagt eine junge Frau aus Deutsch land. "Die Frauen sind gute Hausfrauen. Viele von ihnen backen sich sogar selbst ihr Brot, schneidern ihre eigenen Kleider, und alle erziehen ihre Kinder mit der größten Sorgfalt. Und ich finde die amerikanischen Ehemänner reizend. Keiner von ihnen ist zu stolz, seiner Frau zu helfen. Welcher Mann in Deutschland würde schon den Kinderwagen schieben oder seiner Frau beim Gemüseputzen helfen? Hier ist das alles nichts Besonderes. Man hilft sich gegen­ seitig, und alles funktioniert blendend." Elfriede Schreiber-Dutton, die das lächelnd sagt, kam aus Neustadt in Deutschland. Heute lebt sie mit ihrem Mann Ernest auf einer Farm in Springfield. Friedel, wie ihre Freunde sie nennen, arbeitete in Deutschland auf einer amerikanischen Dienststelle als Stenotypistin. Im Anfang verstand sie nur wenig Englisch, und wenn ihr Chef ihr schnell etwas zurief, so mußte sie erst den jungen amerikanischen Soldaten im Büro nebenan um Rat fragen. Der junge Mann hieß Ernest Dutton und konnte leidlich Deutsch. Nach einiger Zeit lud Friedel den freundlichen Ernest zu ihren Eltern ein und bald darauf verlobten sie sich. Bis sie allerdings alle erforderlichen Papiere und Genehmigungen zum Heiraten zusammen­ hatten, verging noch ein ganzes Jahr. Dann kamen die beiden jungen Leute gemeinsam nach Vermont. Es macht Spaffi, sich mit Friedel zu unterhalten oder mit Sara

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25- März 1953

Sara Hanbridge aus Glasgow, mit Elsie Kayet Dinwiddie aus Belgien, mit Antoinette Lammino Billings aus Italien oder mit Marie Tarjswshe Clark aus Polen. Sie alle fanden als Soldatenfrauen in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat. Sie stammen meist aus England und Deutschland, aber auch aus Irland, Schottland, Neu­ seeland, Italien und Algerien. Die rothaarige Isolde Krummwein Parda war in Deutschland Operetten-Sängerin. Pauline Travis Smith arbeitete in Manchester in England als Angestellte und führt heute den Haushalt auf der Farm ihres Schwiegervaters in Coventry/Vennont. Man könnte die Reihe beliebig fortsetzen. Über vierhundert Namen stehen in der Kartei des "Klubs der Kriegsbräute". Die Organisation will in Zusammenarbeit mit dem "Christlichen Verein junger Mädchen" den jungen Frauen helfen, sich kennenzulernen und die persönlichen und allgemeinen Probleme, vor die sie sich in ihrer neuen Heimat gestellt sehen, zu lösen. Die Probleme reichen von juristischen Fragen bis zum Rezept für einen echten ameri­ kanischen Kürbiskuchen. Die jungen Frauen wollen wissen, wie man sich in den USA die Dauerwellen legen läßt, und sie brauchen Rat während der Schwangerschaft. Vor allem aber wollen sie in das Leben ihrer Gemeinde eingeführt werden. Hilfsbereite Frauen aus Vermont kamen zu Hilfe. Die Leiterin eines bekannten kosmetischen Salons hielt Vorträge und beriet die Frauen kostenlos. Eine Frauen­ ärztin unterstützte sie während der Schwangerschaft. Kurse in Staatsbürgerkunde wurden eingerichtet. Im Jahre 1948 führte der Klub sein erstes großes Treffen für alle Vermonter Mitglieder durch. Begeisterung und Interesse waren allgemein, und seit damals werden solche Zusammenkünfte in regel­ mäßigen Abständen durchgeführt. Selbst Ehemänner, die dem Klub anfangs mit gemischten Gefühlen gegenüberstanden, begleiten heute ihre Frauen zu den Treffen und haben viel Freude daran. Als kürz­ lich eine der jungen Frauen vorschlug, kleine nationale Klubs zu bilden, war es Friedel Dutton aus Neustadt, die für alle antwor­ tete: "Auf keinen Fall. Wir wollen doch gerade gegenseitig etwas lernen. Und andere Leute haben auch gute Ideen."

(Nach "Vermont Life") ***** (Hierzu 1 Bild)

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953

Der von der Eltern-Lehrer-Vereinigung in Silver Springs, Maryland (USA), geschaffene neue Kinderspielplatz erregte nicht nur Bewunderung bei Kindern und amerikanischen Stadt­ vätern in allen Teilen der USA, sondern darüber hinaus auch das Interesse von 90 ausländischen Gesandtschaften.

SPIELPLÄTZE, WIE KINDER SIE SICH WÜNSCHEN Von William J. Moyer

(57 Zeilen, 510 Wörter) BALTIMORE — (Amerika Dienst) — Als die Eltern von Silver Springs, Maryland, sich entschlossen, ihren Kindern einen Spiel­ platz zu bauen, ließen sie es sich nicht träumen, daß sie damit die Kinderspielplätze in aller Welt revolutionieren würden. Aber das gerade ist allem Anschein nach der Fall. Der Spiel­ platz von Silver Springs gleicht in nichts mehr den bisher übli­ chen. Es gibt dort weder Schaukeln noch Sandkasten, sondern Stiegen und Rampen, Tunnels und Wälle, Kletterstangen und Gelän­ der. Von fern sieht das Ganze wie ein noch unvollendetes hypermo­ dernes Bauwerk aus oder auch wie der Alpdruck eines Bauingenieurs. Aber wenn man die Kinder an den ungewöhnlichen Gegenständen herum­ turnen und -klettern sieht, merkt man, daß das der Spielplatz ist, den sie sich schon immer gewünscht haben. Der "Vater" des Spielplatzes ist Samuel Snyder, von Beruf Hochfrequenztechniker. Von der Eltern-Lehrer-Vereinigung mit der Leitung des Komitees betraut, das 1949 an den Bau des "Playgrounds" ging, überlegte Mr. Snyder lange, womit er selbst als Bub am liebsten gespielt hatte, fragte seine Söhne und Töchter und beobachtete Kinder beim Spielen. Dabei sah er, was er schon w^ßte; daß jedes Kind gern auf einer Mauer balanciert oder durch einen Tunnel kriecht, eine Rampe hinauf läuft, auf Bauplätzen herumturnt oder Verstecken spielt. Und das alles ermöglichte ihnen Mr. Snyder. Nach Genehmigung des sorgfältig durchdachten Entwurfs gingen die Väter von Silver Springs gemeinaam an die Arbeit. Drei Abende in der Woche und die Samstage opferten sie für ihre Kinder. Sie hoben das Erdreich

- 8 - "AMERIKA DIENST»1 - PUR DIE FRAU 25. März 1953 Erdreich aus, mischten Beton und wirkten wie gelernte Maurer. Ia September fingen sie an, und im Oktober war Einweihungsfeier. Als der Spielplatz fertig war, wünschten sich alle diese Väter, noch einmal kleine Lausbuben zu sein» Da gab es außer den seltsamen architektonischen Fragmenten auch ein Spielboot und eine Art Amphitheater mit Raum für 80 kleine Zuschauer, in dem man bei schönem Wetter sogar Unterricht halten konnte. Auch die Kinder waren selig und erfanden zahlreiche neue Spiele, bei denen sie sich nicht einmal ernstlich weh tun können. Denn man hat beim Bau des Kinderparadieses streng darauf geachtet, daß kein Kind von zu großer Höhe fallen kann. "Bisher haben wir noch keinen ernstlichen Unfall gehabt", erzählt Mrs. Zeller, die Verwalterin des Spielplatzes, "nur ein- paar harmlose Beulen und aufgeschlagene Knie". Es kommt auch kaum zu Raufereien, weil so viele Geräte da sind, daß kein Kind beim Spielen warten muß. Die große Überraschung aber kam nun erst. In berechtigtem Stolz hatten die Erbauer Artikel und Bilder von ihrem Spielplatz in amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Und nun merkten sie erstaunt, daß sie damit das Ei des Kolumbus ge­ funden hatten. Von überall her kamen Anfragen, und der Spielplatz wurde in einigen US-Staaten ganz oder teilweise kopiert. Aber auch das Ausland interessierte sich für die Idee. 90 Gesandtschaften mußte das US-Außenministerium genaue Angaben über den Spielplatz von Silver Springs besorgen, und ausländische Organisationen sandten Delegationen, die sich das Ganze ansehen sollten. Selbst Indien zeigte Interesse an dem Projekt. Die gewichtigste Bestätigung aber erfuhr der Spielplatz durch einen Professeor für Leibeserziehung von der berühmten Harvard- Universität, der einen ausgedehnten .Test unter Kindern aller Altersstufen veranstaltet hatte, um herauszubekommen, womit Kinder an liebsten spielen. A'ls er den Kinderspielplatz von Silver Spring sah, strahlte er. "Das ist die Antwort", sagte er. (Aus "The Sunday Star")

* * * * # "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 25. März 1953

MIT TROMMELN UND PFEIFEN Lärmerzeugende Spielsachen für Gehörtests bei Kindern

(30 Zeilen, 270 Wörter) DENVER — (Amerika Dienst) — Trommeln, Glocken, Pfeifen, Klappern und ähnliche geräuscherzeugende Spielsachen sind nicht nur ein - in den Augen der Altern oft höchst lästiger - Zeitver­ treib der Kinder, Bondern sie können darüber hinaus einen durch­ aus wissenschaftlichen Zweck erfüllen: als Mittel zur Gehörprü­ fung von Kleinkindern. Wie Dr. George L. Pattee von der medizinischen Fakultät der Universität von Colorado auf einer Tagung der Amerikanischen Medizinischen Gesellschaft erklärte, sind geräuscherzeugende Spielsachen sogar bessere Testmittel als die sonst allgemein ge­ bräuchlichen Audiometer und Stimmgabeln. Denn die Verschieden­ artigkeit der Töne, die durch Spielsachen erzeugt werden, ermög­ licht eine genauere Feststellung und Abgrenzung des von Kindern wahrgenommenen Tonbereiches. Ein weiterer wichtiger Vorteil der Gehörtests mit Spielzeug- Instrumenten besteht darin, daß das Kind selbst sie handhaben kann. So kann seine Reaktion auf die Töne beobachtet werden, ein­ mal während es sich selbst beschäftigt, dann aber auch, wenn die Spielzeuginstrumente von anderen in Aktion gesetzt werden, während das Kind sich mit etwas anderem beschäftigt. Eventuelle Gehörfehler lassen sich auf diese relativ einfache Art und Weise frühzeitig erkennen. Im allgemeinen» so führte Dr. Pattee im gleichen Zusammen­ hang aus, beginnen Kinder die ersten Worte zwischen dem 10. und 12. Monat zu sprechen. Bis etwa zu einem Alter von 18 Monaten mischt das Kind noch willkürlich sinnlose Stammel-Laute in seine Sprache, deren Wortschatz gerade um diese Zeit sehr unterschiedlich sein kann und sich zwischen 5 und 150 Wörtern bewegt. Hat sich das Kind mit 24 Monaten jedoch noch nicht an ein zusammenhängendes Sprechen gewöhnt, so ist dies auf jeden Fall das Zeichen einer Abnormität, die vielerlei Gründe haben kann: Gehörfehler, Gehirn­ schaden, emotionelle Hemmungen oder Schwachsinn. (Nach "Science Digeoi,*) # * # • * - 10 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 25. März 1955

KURZNACHRICHTEN

(12 Zellen, 110 Wörter) PHILADELPHIA — (Amerika Dienet) — Zwei "Pirat Ladies" - Mamie ^isenhower und Königin Elisabeth von England *• waren es, die die Modefarben der kommenden Saison bestimmten. Mamie Eisen- hower kreierte mit ihrem Inaugurationskleid in einem sanften Mattrosa das "First Lady Pink", das die Frühjahrs- und Sommer­ kollektion der maßgebenden amerikanischen Modesalons beherrscht. Die notwendigen Variationen lieferten die bevorstehenden Krönungsfeierlichkeiten in London. Dem Ereignis angepaßt, finden sich in den Kollektionen Farbbezeichnungen wie "Coronation Pink" (ein kräftiges Altrosa), "Regina Blue" (ein Königsblau), "Windsor Mauve" (ein helles Violett), "Pageant Red" (ein festliches Rot), "Golden Coach" (ein Altgold) sowie "Hyde Park" (ein frisches, lebhaftes Grün).

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(6 Zeilen, 54 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Eine Sensation auf dem Gebiet der Strumpffabrikation ist der von amerikanischen Fabrikan­ ten nunmehr herausgebrachte "12-Denier"-Strumpf. Das dünne Gewebe ist troiz .seiner Festigkeit, die der eines dickeren Strumpfes gleichkommt - 66 Maschen auf 2 Y2 Zentimeter - fast unsichtbar. Selbst die Verstärkung der Fersen und Zehen ist nur als ein schwacher Schatten wahrnehmbar.

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- 11 - VI. Jahrgang« Nr. 7/W , 8. April 1953

Millionen notleidender Kinder in kriegszer­ störten Ländern wurde im Laufe der letzten zehn Jahre durch die tätige Hilfe freiwilli­ ger amerikanischer Kinderhilfsorganisationen geholfen.

DIE FREIWILLIGEN KINDERHILFSORGANISATIONEN DER VEREINIGTEN STAATEN

(85 Zeilen, 760 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Die privaten Wohlfahrts­ organisationen der Vereinigten Staaten haben im Laufe der ver­ gangenen zehn Jahre Lebensmittel, Kleidung, Decken sowie beruf­ liche Hilfsmittel und Werkzeuge im Werte von mehr als zwei Milliarden Dollar an 81 Länder der Welt zur Linderung der Not bedürftiger Menschen versandt«, Ein großer Teil dieser riesigen Summe kam den Kindern der vom Kriege in Mitleidenschaft gezogenen Länder zugute, unabhängig davon, ob sie Angehörige befreundeter oder ehemals feindlicher Nationen waren. Mehr als 100 000 Kindern in Europa konnte auf diese Weise geholfen werden. Damit erschöpft sich indessen keineswegs die Hilfsbereit­ schaft der Menschen Nordamerikas für die notleidenden Kinder der Welt. Über zwanzig private, aus persönlicher Initiative geschaf­ fene karitative Verbände haben sich dieses Ziel gesetzt. Ihre Methoden sind vielfältig. Einige Organisationen übernehmen Paten­ schaften, das heißt, sie vermitteln die "Adoption" von Kindern, für die sie Pflegeeltern auf Zeit suchen, die für den Unterhalt und die Kleidung aufkommen, oder aber sie stellen einem Kinde einen begrenzten oder auch dauernden Aufenthalt in einer amerikanischen Familie bereit. Andere Organisationen helfen durch direkte ma­ terielle und finanzielle Unterstützung ausländischer öffentlicher und privater Kinderhilfsorganisationen. Vorbildliche Arbeit leisten auf diesem Gebiete neun private Hilfsverbände, deren Methodik zugleich charakteristisch und rich­ tungsweisend ist für die Arbeitsweise vieler kleinerer, meist lokaler Wohltätigkeitsgruppen. Da ist zunächst das "US-Komitee zur Unterstützung europäischer Kinder (US-Committee for the Care of European Children) zu nennen, ein überkonfessionelles Unter­ nehmen, das hauptsächlich für die Unterbringung von Jugendlichen

1 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953 Jugendlichen der DP-Gruppen bis zum Alter von 21 Jahren Sorge trug. Man vermittelte insgesamt 3 900 europäischen Kindern amerikanische Patenschaften. "Rettet die Kinder" (The 'Save the Children'-Federation) nennt sich die amerikanische Schwesterorganisation der "Inter­ nationalen Union für die Wohlfahrt der Kinder", die während des zweiten Weltkrieges rund 12 000 Kinder ausgebombter eng­ lischer Familien nach den USA evakuierte, die Versorgung von Schulen mit Lehrmitteln übernahm und den Schiffstransport amerikanischer Kleiderspenden organisierte. "Der Pflegeeltern-Plan zugunsten von Kriegskindern" (Foster Parents Plan for War Children) wurde im Jahre 1937 geschaffen, um kindlichen Opfern des Spanischen Bürgerkrieges Beistand zu leisten. Seit Ausbruch des zweiten Weltkrieges jedoch wurde die Hilfe dieser Organisation auf 60 000 Kinder aus vielen kriegs­ zerstörten Gebieten zahlreicher Länder ausgedehnt. Mit der Ein­ zahlung von 180 Dollar jährlich übernehmen die Pflegeeltern die Sorge für ein bedürftiges Kind, das sie sich aus einer ganzen Kollektion von Photos und dazugehörigen Lebensbeschreibungen selbst wählen. Brieflich wird der erste Kontakt hergestellt, und von nun an erhält das Kind laufend Geldzuwendungen sowie Kleidungs- und Lebensmittelpakete. Einige im Kriege verletzte Kinder wurden durch Vermittlung dieser Organisation nach den USA gebracht, wo ihnen sachgemäße ärztliche Behandlung zuteil wurde. "Zuflucht der Kleinen" (Refuge des Petits) nennt sich eine andere Kinderhilfsorganisation, die bei Hyeres in Frankreich ein Waisenhaus unterhält, in dem 60 Kriegswaisen eine neue Heimat fandeno Die "Hilfskommission der Unitarier" (The Unitarian Service Committee) ließ auf ihre Kosten Sozialbeamte und Fürsorgerinnen in Deutschland ausbilden und beteiligte sich an der Errichtung und Ausstattung von Kindergärten und Fürsorgeheimen. Das lang­ fristige Programm sieht ferner die Förderung von Gruppenforen vor, wobei Fragen der Hauswirtschaft, der Familie und der Kin­ dererziehung diskutiert werden.

Die "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953 Die "Amerikanischen Freunde österreichischer Kinder" (The American Friends of Austrian Children) beschränken ihre Tätig­ keit weitgehend auf die Linderung der Not österreichischer Kinder,die Lebensmittel, Kleidung, Lehrmittel und Spielzeug erhalten. Das "Amerikanische Komitee der Gesellschaft der Freunde" (The American Friends Service Gommittee) ist der Quäkerorga­ nisation angeschlossen, die durch ihre Schulspeisungen und an­ deren großzügigen Hilfsaktionen Kindern in vielen Ländern der Erde bekannt geworden ist. Das Komitee sammelte Geldspenden für das Jugendhilfswerk von dreizehn verschiedenen Ländern. Nicht vergessen werden darf bei einer Würdigung amerika­ nischer Kinderhilfsorganisationen die Jugendabteilung des Amerikanischen Roten Kreuzes (Junior Chapter of the American Red CrossKdie seit 1945 für bedürftige Jugendliche Spenden im Werte von mehr als acht Millionen Dollar sammelte und nach Europa und Asien weiterleitete. Die Arbeit aller dieser privaten Organisationen, zusammen mit den Hilfsaktionen der drei großen amerikanischen Religions­ gemeinschaften, wird koordiniert durch einen Beratungs-Ausschuß des US-Außenministeriums. Die Intensität, mit der amerikanische Wohlfahrtsorganisa­ tionen sich der Förderung des Wohlergehens, des Schutzes und der Erziehung ausländischer Notleidender widmen, hat wesentlich dazu beigetragen, die Welt davon zu überzeugen, daß die USA die Achtung menschlicher Werte und menschlicher Würde als die erste Voraussetzung zur Schaffung einer sicheren und wahrhaft befriedeten Welt betrachten.

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- 3 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953 Die Verfasserin des nachstehenden Artikels ist Lehrerin in einem Kindergarten und schreibt gleichzeitig an einer psychologischen Habili­ tationsarbeit. Hier weist sie auf interessante Zusammenhänge zwischen den "Kritzeleien" und Malereien von Kindern und ihrem emotionellen Zustand hin.

ZEICHNEN ALS KINDLICHES SELBSTBEKENNTNIS Von Lilian Mould

(82 Zeilen, 740 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wie wenig wir von der Psycho­ logie des Kindes wissen, zeigen die Untersuchungs-Ergebnisse ver­ schiedener amerikanischer Kindergärten. Manche Experten sind da­ von überzeugt, daß über vierzig Prozent aller Kinder eine nicht ihrem Alter gemäße Einstellung zu ihrer Umgebung haben. Andere amerikanische Psychologen gehen sogar soweit zu behaupten, daß mehr als zehn Prozent aller Kinder einer intensiven psychothera­ peutischen Behandlung unterzogen werden müßten. In amerikanischen Kindergärten läßt man seit geraumer Zeit die Kinder unbeirrt zeichnen und malen.ohne sie dabei im gering­ sten mit technischen Problemen zu behelligen. Ja man stärkt so­ gar ihre Vorstellung, daß alles, was sie malen oder zeichnen, gut und richtig ist und ohne Kritik aufgenommen wird. Das Ergebnis sind unverfälscht kindliche Selbstäußerungen, die dem Psychologen den Zugang zu den verschlossensten Bereichen der kindlichen See­ le eröffnen. Pur dieses Experiment ist es deshalb unwesentlich, ob ein Kind über Beobachtungsgabe verfügt oder die Fähigkeit besitzt, seine Beobachtungen formgetreu wiederzugeben. Inzwi­ schen hat man durch zahlreiche Versuche eine Art Norm kindlicher Ausdrucksformen gefunden, mit deren Hilfe man bei Abweichungen vom Normalen auf einen besonderen seelischen Zustand schließen kann. Heute weiß man, daß das Kind in den ersten fünf Lebensjahren viele einzelne Entwicklungsphasen durchläuft, die alle ihre eige­ nen Probleme in sich bergen. Die Unterscheidung dieser einzelnen Phasen und ihrer Problematik bereitet Pädagogen immer wieder Schwierigkeiten. Die Zeichen- und Malexperimente haben ergeben, daß sich ein Kind bis zum dritten Lebensjahr im sogenannten "Kritzel-Stadium" befindet und dabei mit Vorliebe den Zeichen­ stift benutzt, während es später nach Farbe verlangt. Man kann - 4 - "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 8. April 1953 kann nun zum Beispiel mit einiger Sicherheit auf eine Ent­ wicklungshemmung schließen, wenn ein Kind von mehr als vier Jahren auch weiterhin "kritzelt". In den folgenden Altersstufen läßt die Verwendung bestimmter Farben und deren Kombination gewisse Schlüsse auf den emotionellen Zustand des Kindes zu. So deutet eine Bevorzugung von Gelb auf ein infantiles Anleh­ nungsbedürfnis hin. In vielen Fällen wird dieses Anlehnungsbe­ dürfnis des Kindes durch ein forciert selbständiges Gebaren überlagert, das dann seinen Niederschlag in der auffallend star­ ken Verwendung einer anderen Farbe neben dem Gelb findet. Ja, man kann sogar aus der Reihenfolge, in der die Farben aufgetra­ gen werden, darauf schließen, welches Gefühl das ursprüngliche und welches das überlagernde ist. So wie das Kind nämlich sein Anlehnungsbedürfnis meist hinter einem äußerlich selbständigen Verhalten verbirgt, so wird es auch zuerst Gelb gebrauchen, um es dann mit einer anderen Farbe zu überdecken. Auch die Wahl zwischen warmen und kalten Farben ist auf schlißreich Das Kind, das sich warmer Farben bedient, lebt im allgemeinen noch in einem impulsiveren Stadium und ist aufgeschlossener und anhänglicher. Die Wahl kalter Farben kann dagegen bereits auf eine Fähigkeit zur Kontrolle, Überwindung und Verfeinerung von Gefühlen hinweisen. Die Kinder, denen man durch ihre Zeichnungen und Malereien näherkommen will, dürfen auf keinen Fall das Gefühl haben, man erwarte etwas wie eine Leistung von ihnen. Was für die Pädagogen und Psychologen ein Experiment ist, muß - wenn es Erfolg haben soll - für die Kinder immer Spiel bleiben. Für die Versuche eignet sich besonders die "Fingermalerei", wobei die Kinder gleichzei­ tig mit beiden Händen beliebig viele dickflüssige Farben auf eine Leinwand schmieren. Man kann den Kindern auch bunte Plätt­ chen geben - Quadrate, runde Scheiben, Dreiecke, Halbmonde, Tierformen - die sie n einem Holzrahmen in beliebiger Form ordnen können. Ebenso wie Farben geben hier auch die Linien eines Bildes Auskunft über die Psyche des Kindes« ein starkes Selbst­ bewußtsein, ein Wille zur Selbstbeherrschung, tendiert zur Ver­ wendung gerader und senkrechter Linien, starkes Schutzbedürfnis dagegen oder ein Gefühl des Zurückgesetztseins, der Minderwer­

tigkeit, wird sich in runden Formen ausdrücken. M.. "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FHAÜ 8. April 1953 Mit dieser Methode lassen sich nicht nur Charaktereigen­ schaften entdecken, sie kann auch dazu dienen, vorübergehende seelische Spannungen zu enthüllen. Mit Hilfe vieler Versuche hat man gewisse Grundformen gefunden, mit denen sich Kinder zeichnend oder malend ausdrücken, wenn sie zum Beispiel Furcht, Unsicherheit, Neid oder Eifersucht empfinden. Ehe aber der Pädagoge zu brauchbaren Ergebnissen kommen kann, muß er wissen, wie Kinder im allgemeinen auf einer bei­ stimmten Entwicklungsstufe reagieren. Dann ist es notwendig, die Lebensgeschichte und das Verhalten des betreffenden Kindes zu kennen und Unterlagen über seine Reaktionen auf die ver­ schiedensten Ereignisse zu besitzen. Erst dann lassen sich die für das einzelne Kind bezeichnenden Abweichungen von den Grund­ formen ermitteln. Sowohl Lehrern als Kindergärtnerinnen fehlt es allerdings an der Zeit, diese Voraussetzungen von sich aus zu schaffen. Hier muß die Wissenschaft helfen. Zum anderen aber können auch die Eltern selbst einen wertvollen Beitrag leisten, wenn sie ihre Kinder schon frühzeitig mit Zeichenstift und Farben hantieren lassen und diese kindlichen "Kritzeleien" sammeln.

(Nach "Understanding the Child")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos 2 Bilder« Begeisterte "Fingermaler" in einem amerika­ nischen Kindergarten Ein 7-jähriger Junge malt in der Schule den Planeten Saturn, wie er ihn sich vorstellt

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIB FRAU 8. April 1953

NEUER TEST FÜR SCHWANGERSCHAFTSTOXIKOSE

(26 Zeilen, 230 Wörter) CINCINNATI -— (Amerika Dienst) — Schwangerschaftstoxikose, eine bei Schwangerschaften auftretende Vergiftung des Organismus, der jährlich bis zu 1 500 werdende Mütter und 30 000 Kinder zum Opfer fallen, kann nach einem neuen medizinischen Testverfahren bereits im fünften Monat der Schwangerschaft fastgestellt werden, gab Dr. Nicholas S. Assali von der Universität von Cincinnati bekannt• Dieser Test basiert auf der Tatsache, daß schwangere Frauen bei Lumbalanästhesie (Rückenmark-Narkose) bereits auf eine viel schwächere Dosis reagieren als nichtschwangere, und daß sie außerdem sehr leicht zu Ohnmachtsanfällen neigen. Die Ursache für diese Erscheinung liegt darin, daß bei normalen schwangeren Frauen, besonders nach dem sechsten Monat, das sympathische Nervensystem verstärkt in Aktion tritt und nahezu die gesamte Blutdruck-Regelung übernimmt* Das neue Testverfahren besteht lediglich in dar Injektion einer synthetischen Droge - TEAC (Tetraäthylammoniumchlorid) - die das sympathische Nervensystem blockiert und so einen ähnlichen Effekt erzielt wie eine Lumbal-Anästhesie. Stellt sich nun als Folge diese Injektion ein merkliches Absinken des Blutdrucks ein, dann ist das Auftreten einer Schwan­ gerschaftstoxikose sehr unwahrscheinlich. Sinkt der Blutdruck Jedoch nicht, dann besteht begründeter Verdacht, daß bei der Patientin Schwangerschaftstoxikose auftritt. Durch rechtzeitiges Erkennen dieser drohenden Gefahr wird der Arzt in die Lage ver­ setzt, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Das neue Testverfahren wurde, wie Dr. Assali bekanntgab, bis­ her etwa lOOOmal angewandt und erwies sich als äußerst wertvolle Hilfe bei der Feststellung von Schwangerschaftstoxikose bei 65 Prozent dieser Fälle. (Aus "Science Newsletter")

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7 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953

VIRGINIA WÄHLTE "MUTTER DES JAHRES"

(20 Zeilen, 180 Wörter) WAYNESBORE — (Amerika Dienst) -- In der vergangenen Woche wählte virginia wie alle Jahre die würdigste unter den Frauen des Staates zur "Mutter des Jahres 1953"• Die Wahl, die von einem Ausschuß der Frauenklubs für Weiße durchgeführt wurde, fiel auf die Negerin Leah Sykes Young. Mutter Young hat vierzehn Kinder großgezogen. Sie bewirt­ schaftet mit ihrem Manne John eine kleine Farm im sogenannten "Erdnußland" der USA, das jenseits der Mason-Dixon-Linie liegt. Trotz magerer Ernten verzweifelten die Farmersleute nie, Mutter Young half dann bei den Nachbarn aus, buk Apfeltorten und nähte Kleider für sie, um mit dem Verdienst ihren Kindern eine gute Erziehung und Schulbildung zu ermöglichen« Sie brachte es sogar fertig, neben ihren eigenen Kindern noch fünf Waisenkinder zu betreuen und diesen Mutter und Elternhaus zu ersetzen. Leah Sykes Youngs Wunsch ging in Erfüllung. Alle ihre Kinder hatten tatsächlich eine gute Schulbildung genossen, sechs stehen im Lehrberuf, eine Tochter ist Krankenschwester, eine andere Bibliothekarin, und zwei der Jungen arbeiten als Vertreter für einheimische Baufirmen. Mrs. Young ist heute 66 Jahre alt. Sie wird neben den "Müt­ tern des Jahres" aus den übrigen Staaten der USA im Mai in Washington Anwärterin sein auf den Titel "Amerikanische Mutter des Jahres". (Nach "New York Times")

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8 - «AMERIKA DIENST11 - FPR DIE FRAU 8. April 1953

UNO-KONVENTION FÜR DIE GLEICHBERECHTIGUNG DER FRAU UNTERZEICHNET

(18 Zeilen, 160 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die Vertreter von 17 Mit­ gliedstaaten der Vereinten Nationen unterzeichneten am 31.März 1953 eine Konvention, die den Frauen die gleichen politischen Rechte garantiert wie den Männern. Die 17 Unterzeichnerländer sind Argentinien, Guatemala, Weißrußland, Chile, Kuba, die Tschechoslowakei, Polen,die Ukraine, die UdSSR, Jugoslawien, Frankreich, Äthiopien und Costa Rica. In der Konvention ist vor allem festgestellt, daß die Frau das uneingeschränkte aktive und passive Wahlrecht genießt und ebenso wie der Mann vollberechtigt ist, öffentliche Ämter zu bekleiden« Die am 6. März ds. Jahres von Präsident Eisenhower zur Vertre­ terin der USA ernannte Mrs. Lorena Hahn erklärte, daß die ameri­ kanischen Frauen die in der Konvention verankerten Rechte bereits genießen. Die USA würden die Konvention jedoch befürworten, um damit den Frauen in jenen Ländern zu größeren politischen Rech­ ten zu verhelfen, wo ihnen diese noch nicht eingeräumt wurden. Eine endgültige Entscheidung, ob auch die USA die Konvention unterzeichnen werden, sei noch nicht gefallen«

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Die Früchte einer in Kalifornien gezüchteten Kakteenart gelten vor allem bei den Amerikanern italienischer Herkunft als besondere Leckerbissen. ZUM NACHTISCH: KAKTUSFRÜCHTE

(52 Zeilen, 470 Wörter) SAN DIEGO — (Amerika Dienst) — So verschiedenartig die Klimaregionen der Vereinigten Staaten von der nördlichen sub­ arktischen Zone in Alaska bis hinab zur tropischen Zone in Puerto Rico und auf den Juagferninseln sind, so vielseitig ist auch die amerikanische Bevölkerung, die die verschiedensten nationalen

- 9 .. "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953

UNO-KONVENTION FÜR DIE GLEICHBERECHTIGUNG DER FRAU UNTERZEICHNET

(18 Zeilen, 160 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die Vertreter von 17 Mit­ gliedstaaten der Vereinten Nationen unterzeichneten am 31.März 1953 eine Konvention, die den Frauen die gleichen politischen Rechte garantiert wie den Männern. Die 17 Unterzeichnerländer sind Argentinien, Guatemala, Weißrußland, Chile, Kuba, die Tschechoslowakei, Polen,die Ukraine, die UdSSR, Jugoslawien, Frankreich, Äthiopien und Costa Rica. In der Konvention ist vor allem festgestellt, daß die Frau das uneingeschränkte aktive und passive Wahlrecht genießt und ebenso wie der Mann vollberechtigt ist, öffentliche Ämter zu bekleiden. Die am 6. März ds. Jahres von Präsident Eisenhower zur Vertre­ terin der USA ernannte Mrs. Lorena Hahn erklärte, daß die ameri­ kanischen Frauen die in der Konvention verankerten Rechte bereits genießen. Die USA würden die Konvention jedoch befürworten, um damit den Frauen in jenen Ländern zu größeren politischen Rech­ ten zu verhelfen, wo ihnen diese noch nicht eingeräumt wurden. Eine endgültige Entscheidung, ob auch die USA die Konvention unterzeichnen werden, sei noch nicht gefallen.

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Die Früchte einer in Kalifornien gezüchteten Kakteenart gelten vor allem bei den Amerikanern italienischer Herkunft als besondere Leckerbissen, ZUM NACHTISCH: KAKTUSFRÜCHTE

(52 Zeilen, 470 Wörter) SAN DIEGO — (Amerika Dienst) — So verschiedenartig die Klimaregionen der Vereinigten Staaten von der nördlichen sub­ arktischen Zone in Alaska bis hinab zur tropischen Zone in Puerto Rico und auf den Jumgferninseln .sind, so vielseitig ist auch die amerikanische Bevölkerung, die die verschiedensten nationalen

- 9 .. "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953 nationalen Elemente in sich vereinigt. Kein Wunder also, daß auch der amerikanische Speisezettel einen Abwechslungsreichtum bietet, wie dies kaum in einem anderen Lande der Fall ist. Denn selbst bei noch so vollkommener Anpassung an Sprache, Sitte und Gepflogenheit in der neuen Heimat haben die meisten Einwanderer in einem Punkte ihre Eigenart beibehalten: in der besonderen Wahl ihrer Speisen. Für die Amerikaner deutscher Abkunft ist • nach wie vor Sauerbraten nit Klößen der Inbegriff leiblicher Genüsse; die schwedischen Einwanderer verzichten nicht gerne auf ihr Smorgasbord; gesülzte Haifisch-Flossen und Schwalben­ nester gelten bei Amerikanern chinesischer Herkunft als beson­ dere Delikatesse; für diejenigen, die aus Mexiko zugewandert sind, ist das Fleisch von Klapperschlangen ein besonderer Gaumenkitzel, und Amerikaner schließlich, deren* Vorfahren in Süditalien,und Sizilien gelebt hatten, essen mit Vorliebe "Indianer-Feigen". Wie bei vielen Delikatessen,so ist es auch bei den letztgenann­ ten "Indianer-Feigen" neben dem nicht zu leugnenden Wohlgeschmack der Früchte wohl ihre große Rarität, die ihren besonderen Reiz ausmacht. Eine der wenigen Stellen, wo sie gezüchtet und angebaut werden, ist eine Farm in Südkalifornien in der Nähe der Stadt San Diego. Auf dieser Farm befinden sich allerdings keine Feigenbäume, wie man erwarten sollte, sondern riesige Kakteen- Plantagen. Vier bis fünf Meter hoch sind diese grotesken Gewächse, die wie dicke, aufeinandergeschichtete Teller aussehen. Ihre süßen, saftigen Früchte ähneln länglichen Tomaten, sind jedoch über und über mit Stacheln bedeckt. So ist denn auch die Ernte dieser"Indianer-Feigen" oder "Kaktusäpfel% wie sie auch genannt werden, eine höchst stachelige Angelegenheit. Schon Wochen vor dem Pflücken werden die Früchte für diese Prozedur vorbereitet: Dutzende von Landarbeitern tun während dieser Zeit nichts anderes als die Stacheln von jeder einzelnen Frucht sorgfältig abzu­ bürsten - eine langwierige Arbeit, für die es noch keine maschi­ nelle Hilfe gibt. Ganz im Gegensatz zu ihren wildgewachsenen Artgenossen müssen diese kultivierten Kakteen außerdem sorgfältig bewässert und gepflegt und wie Obstbäume mit Schutzstoffen gegen Insekten , und Krankheiten behandelt werden. Zur

10 - "AMERIKA DIENST'1 - FÜR DIE FRAU 8. April 1953

Zur Ernte Im Herbst werden die entstachelten Früchte so abgeschnitten, daß ein Stück des Kaktustellers, auf dem sie angewachsen sind, haften bleibt. Daduroh erreicht man, daß die Kaktusfrüchte auf ihrem langen Versandwege nach dem amerikani­ schen Osten, vor allem nach New York, frisch und saftig bleiben. H&im die Hauptverbraucher der "Indianer-Feigen" sind die nach New York eingewanderten Italiener, die die Vorliebe für dies« eigenartige Frucht aus Sizilien mitgebracht haben» wo sie ein beliebtes Nahrungsmittel ist. Die Eßbarkeit dieser Kaktusfrucht wurde allerdinge viel früher schon von den Indianern entdeckt, die sie trockneten und als Wintervorrat brauchten. Noch heute gibt es im amerika­ nischen Südwesten und entlang der mexikanischen Grenze Haus­ frauen, die aus Kaktusfrüchten eine Art Marmelade bereiten.

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- 11 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 8. April 1953

DEUTSCHES MÄDCHEN GEWINNT AMERIKANISCHEN BUCHSTABIER-WETTBEWERB

( 12 Zeilen, 100 Wörter) BALTIMORE — (Amerika Dienst) — Helen Frei, ein 13-jähri­ ges deutsches Mädchen, das erst vor knapp fünf Jahren in die Vereinigten Staaten kam, ging jetzt als Siegerin aus einem Buch- stabier-Wettbewerb des siebten und achten Schuljahres ihrer Schule hervor. Sie besiegte dabei die 21 Endrunden-Teilnehmer des Wettbewerbs, an dem sich insgesamt 750 Jungen und Mädchen beteiligt hatten. Der Buchstabier-Wettbewerb wird an den meisten amerikanischen Schulen durchgeführt und ist in jedem Jahr eines der großen Ereignisse für die Schüler. Helen, die den Wettbewerb an ihrer Schule in diesem Jahr gewann, obwohl die englische Sprache ihr relativ neu ist, kam mit ihrer Muitter und ihrer kleineren Schwester nach dem Krieg aus Nürnberg nach Baltimore, nachdem ihr Vater im Krieg gefallen war.

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NATIONALRAT AMERIKANISCHER FRAUEN ERÖFFNET HAUS FÜR INTERNATIONALE PROGRAMME

(6 Zeilen, 55 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Der "Nationalrat der Frauen der Vereinigten Staaten" wird im Laufe des Frühjahrs in New York ein großes Gebäude eröffnen, das als Zentrum für alle internationa­ len Programme des Rates dienen soll. Der "Nationalrat" vertritt über 30 Millionen amerikansche Frauen, die 21 verschiedenen pri­ vaten Organisationen angehören.

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- 12 - VI* Jahrgang, Nr. 8/W 22. April 1953

Lu Düble, Gwen Lux, Barbara Lekberg - Repräsentantinnen einer künstlerischen Entwicklungsepoche in den USA.

SIE BESCHREITEN NEUE WEGE Von Dorothy Grafly

( 107 Zeilen, 960 Wörter) NEW YORK «=•" (Amerika Dienst) — Durch starre, traditionsge­ bundene Ansichten darüber, was auf dem Gebiet der bildenden Kunst erlaubt oder nicht erlaubt sei, legten die amerikanischen Kunst­ schulen noch vor etwa 35 Jahren den jungen Künstlern solche Fesseln an, daß praktisch jedes schöpferische Experimentieren schon im Keim erstickt wurde. Umso plötzlicher aber war der Um­ schwung» als man erkannte, daß so neuartige Materialien wie synthetische Werkstoffe oder Guß-Stahl auch eine neue Art der Formgebung und Gestaltung verlangten. Mit eisernem Besen wurden verstaubte Theorien und veraltete Praktiken aus den Ateliers der bildenden Künstler hinweggefegt, und eine neue Aera künstle­ rischer Freiheit hielt ihren siegreichen Einzug <- einer Freiheit, die gleichzeitig auch den weiblichen Kunstschaffenden ihren ebenbürtigen Platz neben den männlichen Kollegen einräumte« Drei bekannte zeitgenössische bildende Künstlerinnen sind typische Repräsentantinnen dieser künstlerischen Entwicklung in den Vereinigten Staaten: Lu Düble, Gwen Lux und Barbara Lekberg. Lu Düble, eine gebürtige Engländerin, entstammt einer Maler­ und Schriftstellerfamilie® Ihre ererbten künstlerischen Ambitio­ nen ließen sie sehr bald ihre ursprüngliche Tätigkeit als Büro­ angestellte abbrechen und sich der künstlerischen Laufbahn zu­ wenden. Ihre ersten Anleitungen erhielt sie von einem Bildhauer in Kalifornien, dann folgte im Jahre 1918 der Besuch der Cooper- Union in New York mit anschließendem Eintritt in die Art Students League und einer längeren Ausbildungszeit an der National Academy of Lesign. Dazwischen arbeitete sie verschiedentlich unter Archi- penko, De Creeft und Hans Hoffman. Schöpferisch eingeengt von den didaktischen Methoden ihrer Zeit, fand sie nur ganz allmählich zu der ihr eigenen Gestaltungs­ form, die ihrem tiefen Glauben an die spirituellen Werte des

_ l - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 22. April 1953 des Lebens entspringt. Jene hübschen, anmutigen Zierfiguren, die zu schaffen sie gelehrt worden war, standen für sie seit jeher in keiner Beziehung zu der Welt, in der sie lebte. "Meine Familie war sehr religiös", erklärt Lu Düble. "Mein Interesse an der Religion und ihrer Bedeutung für die Menschheit war es auch, das mich nach Haiti gehen ließ, wo ich mein erstes Guggenheim-Stipendium im Jahre 1937 für psychologische Studien verwendete. Der starke, zügellose Emotionalismus jedoch, den ich hier feststellte, bewies mir, daß ich noch größere Reserven brauchte. Als mein Stipendium im Jahre 1938 erneuert wurde, fuhr ich daher nach Mexiko, wo ich bis zum Jahre 1944 blieb. Aus der Summe der Eindrücke, die ich in Haiti und hier empfing, formte sich in mir das Bild des Menschen aus der religiösen Sicht, ich kam zu der Erkenntnis, daß alles Physische vom Geistigen aufge­ hoben oder völlig verändert werden kann»" Die Größe dieser Konzeption gestattet es Lu Düble nicht, sich bei ihrer Arbeit auf kleine, äußerliche Feinheiten zu konzentrie­ ren. Unnötige Details sind ihr lästig« Das, was sie zu sagen hat, soll sich in klarer, schlichter Form dokumentieren. Ohne abstrakt zu werden - dazu fehlen ihr, wie sie selbst erklärt, durch die Art ihrer Ausbildung die nötigen Voraussetzungen - entfernt sie sich immer mehr vom Gegenständlichen und konzentriert sich in ihren Werken fast ausschließlich auf die Gestaltung innerer Werte« Nur einige wenige von ihrer Hand geschaffene Plastiken dekora­ tiven Charakters existieren. Denn nicht die dekorative Formvol­ lendung ist das Ziel ihres Schaffens, sondern der Ausdrück gei­ stiger Schönheit. Daß sie dabei dem Publikumsgeschmack nicht immer gerecht wird und daher ihre Arbeit auch nicht kommerziell be­ treibt, ist eine selbstverständliche Folge. Anders verhält es sich mit Gwen Lux, einer 'lebhaften, dunkel­ haarigen Frai mit leuchtenden Augen, die stets so sehr mit Aufträ­ gen eingedeckt ist, daß ihr gar keine Zeit für etwas anderes übrig bleibt. In bezwingender Ehrlichkeit erklärt sies "Es ist lächerlich zu glauben, daß man künstlerisches Schaffen nicht auch berufsmäßig betreiben kann. Mir macht es unendliche Freude, mit den verschiedenen Stoffen zu experimentieren, und ich hoffe, daß die Bildhauer es endlich lernen werden, die neuen Materialien

- 2 "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 22. April 1953 Materialien richtig zu verwenden. Denn so schön Holz und Stein auch sind, so sind sie doch höchst unpraktisch.* Der Beschaffenheit des zu verarbeitenden Materials wandte Gwen Lux seit jeher bei ihren Arbeiten besondere Aufmerksamkeit zu. Es begann schon damit, daß sie als Kind beim Kunstunterricht stets Plastilin bevorzugte. Während sie später die Kunstakademie besuchte, arbeitete sie nebenbei in einer Töpferwerkstatt, und sofort nach Beendigung ihrer Studien am Institut für Kunsterzie­ hung in Maryland und am ^ostoner Museum übernahm sie Aufträge zur künstlerischen Ausgestaltung verschiedener Geschäftsgebäude, die sie zusammen mit ihrem späteren Gatten Eugen Lux, einem ebenfalls künstlerisch begabten Architekten, durchführte. Daneben beschäftigte sie sich auch eingehend mit Holzschnitzerei, Glas­ arbeiten und der dekorativen Verar.t tung neuer, synthetischer Stoffe. Im Gegensatz zu Lu "Dable blieb Gwen Lux durch die Vielsei­ tigkeit ihrer Ausbildung ebenso wie durch die reichen Erfahrungen, die sie bei der praktischen Arbeit sammeln konnte, die künstle­ rische Einengung eines allzu akademischen Studiums erspart. Die Zusammenarbeit mit Architekten und die daraus resultierende Ge­ wichtsverlagerung ihres Schaffens auf das Gebiet der zweckmä­ ßigen Formgestaltung erleichterten ihr darüber hinaus auch den Übergang von der realistischen zur abstrakten Kunstform, die besonders in ihren neueren Werken deutlich spürbar wird. Der "ästhetische Realismus", dem Gwen Lux sich dabei nähert, ist auch der Ausgangspunkt des künstlerischen Schaffens der jüngsten der drei Bildhauerinnen, Barbara Lekbergs. "Der ästheti­ sche Realismus", so erklärt sie, "ist Ausdruck der direkten Beziehung zwischen Kunst und Mensch* Denn ebenso, wie die Men­ schen nur dann glücklich sein können, wenn ihr Leben harmonisch verläuft, so ist auch ein Kunstwerk nur dann wirklich gut, wenn seine Komposition harmonisch ist." Barbara Lekberg, die nach Absolvierung des kunstgeschicht­ lichen Studiums an der Universität von Iowa ihre künstlerischen Erfahrungen vor allem in der Zusammenarbeit mit anderen bilden­ den Künstlern sammelte, verwendet bei ihren Arbeiten mit beson­ derer Vorliebe Stahl und Eisen. "Stahl ist ein Material, das

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das wie kein anderes die Möglichkeit zur freien räumlichen Entfaltung bietet", so stellte sie fest, "Es verleiht gleich­ zeitig das Gefühl der Freiheit und Sicherheit; es ist sozusagen der Inbegriff der Schwere und kann doch zu leichten, schwerelos schwingenden formen verarbeitet werden." Diese Harmonie der Gegensätze kommt in allen Werken der heute 28jährigen Künstlerin zum Ausdruck. Sie beschreitet damit einen Weg, der vor kurzem noch als revolutionär und untragbar bezeichnet worden wäre. (Aus "American Artist")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder zu obigem Artikel« 1) lu Düble: Büste eines jungen Mexikaners 2) Gwen Lux: Mädchenkopf 3) Barbara Lekberg: Porträtskulptur aus Schmiedeeisen

_ 4 . "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 22. April 1953

Zwei amerikanische Ärzte berichten von Heiler­ folgen an bis zu 60 Prozent ihrer Patienten, die im Durchschnitt mehr als 15 Jahre an chroni­ schen Kopfschmerzen litten.

STRECKAPPARAT HEILT CHRONISCHEN KOPPSCHMERZ

( 62 Zeilen, 560 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Mit einem Streckapparat wollen in Zukunft die beiden New Yorker Ärzte Dr. Murray M. Braaf und Dr. Samuel Rosner den Kampf gegen chronische Kopfschmerzen, einschließlich Migräne, aufnehmen. In einem der letzten Hefte des "New York State Journal of Medicine" berichteten sie über ihre bisherigen Experimente und Erfolge. Die beiden Wissenschaft­ ler haben in langwierigen Untersuchungen herausgefunden, daß bei ihren Patienten in neun von zehn Fällen kein Beweis für eine der üblichen Ursachen von Kopfschmerzen, wie Sehstörungen oder Stirn­ höhlen-Erkrankungen, festgestellt werden konnten, trotz Anwendung modernster diagnostischer Methoden. Dafür stellten sie aber bei chronischen Kopfschmerzen ganz bestimmte physische Merkmale fest; wie Muskelverkrampfungen oder eine gewisse Steifheit im Nacken. Hatten die beiden Ärzte sich vergewissert, daß die Kopfschmerzen eines Patienten weder von einem Gehirntumor herrührten noch von einer anderen Erkrankung im Innern des Schädels ausgingen, so untersuchten sie die Konstitution des Nackens. Fanden sie hier ungewöhnliche Merkmale - wie die bereits erwähnten Muskelver­ krampfungen - so konzentrierten sie die Behandlung auf diese Körperpartie. Als wirksamste Behandlungs-Methode für die meisten Fälle sehen Dr. Braaf und Dr. Rosner eine Kombination von Strecken und Vitamin B 1 (Thiamin) - Injektionen an. Während aber das Strecken allein schon zufriedenstellende Erleichterung bringt, sind die Injektionen ohne die mechanische Behandlung nach ihren Erfahrungen vollkommen wirkungslos. Bei der Streckbehandlung liegt der Patient mit dem Rücken auf einem harten Holztisch und ist fest angeschnallt. Unter dem Kinn und am Hinterkopf wird dann der Streckapparat angesetzt, der

- 5 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 22. April 1953 der mit Zuggewichten von zwei bis 27 Kilogramm für eine Dauer von zwanzig Minuten den Nacken des Patienten streckt. Die Gewichte werden so gewählt, daß der Patient während des Streckens weder Schmerz noch Unbehagen empfindet. Grundsätzlich sind die Gewichte zu Anfang der Behandlung leicht und werden später langsam schwe­ rer. Nach langen Versuchen hat sich herausgestellt, daß das Strei­ ken erst dann erfolgversprechend ist, wenn mit dem Patienten in der beschriebenen Form verfahren wird, da die Behandlung im Sitzen oder Stehen meist an sich schon schmerzhaft ist, Muskelkrämpfe zur Folge haben kann und zudem nur kurze Zeit erträglich ist. Die Streckbehandlung muß vor allem bei schweren Fällen während der ersten Woche täglich durchgeführt werden. In den folgenden zwei bis drei Monaten genügt dann nach Ansicht der beiden Ärzte eine wöchentlich dreimalige Behandlung, die allerdings auch dann wei­ ter notwendig ist, wenn die Kopfschmerzen bereits verschwunden sind. In einigen besonders hartnäckigen Fällen muß die Behand­ lung unter Umständen ein Jahr und länger fortgeführt werden. Die besten Ergebnisse durch Strecken und Vitamin-Injektionen wurden bisher bei Patienten erzielt, die nicht länger als fünf Jahre an chronischen Kopfschmerzen litten. Es gilt die Regel, daß die Heilungsaussichten umso besser sind, je jünger der Patient ist und je kürzer sein leiden andauerte. Die Ärzte betonen aber ausdrücklich, daß sie auch bei einigen Patienten, die seit 40 und mehr Jahren an Kopfschmerzen litten, ausgezeichnete Erfolge hatten. Die beiden Ärzte berichten im einzelnen, daß ihre Therapie in 60 Prozent aller behandelten Fälle zu einer vollständigen Be­ hebung der Beschwerden geführt hat, während sie in 30 Prozent der Fälle eine wesentlich (mehr als 50-prozentige) Besserung erzielen konnten. Bei den restlichen zehn Prozent der Patienten sprach die Behandlung nur wenig an. Die Zahlen für die Migräne-Patienten sind beinahe ebenso erfreulich, wenn auch die Behandlung dieser Be­ schwerden in der Regel längere Zeit in Anspruch nahm. Wie groß der bisher erzielte Erfolg ist, wird vor allem dann deutlich, wenn man erfährt, daß die behandelten Patienten im Durchschnitt mehr als 15 Jahre unter ihren Kopfschmerzen zu leiden hatten. • * * # # - 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 22. April 1953

Ein amerikanischer Einwanderer entwickelte ein Verfahren, nach dem vorgekochter Reis wieder getrocknet und so auf den Markt ge­ bracht werden kann.

REISGERICHT IN ZEHN MINUTEN

(50 Zeilen, 450 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Im Jahre 1926 wanderte Ataullah Durrani, ein gebürtiger Afghane, der in Europa erzogen worden war, in die Vereinigten Staaten aus, um dort sein Glück zu suchen. Wie er es freilich anfangen sollte, um dem Glück ein bißchen nachzuhelfen, das wußte er selbst nicht genau. Als ein Freund ihm daher riet, es doch mit Reiskonserven zu versuchen, war er mit Feuereifer dabei. Wenn es ihm nämlich gelingen sollte, eine Methode zu finden, nach der man Reis vorkochen und dann als Konserve, verwenden könnte, so hatte ihm der Freund gesagt, dann w.rde er - einem dringenden Bedürfnis aller auf eine schnelle Küche angewiesenen Hausfrauen abhelfend - sehr bald ein Vermögen verdienen. Zu Hause an seinem Küchenherd begann er daher alle Möglich­ keiten auszuprobieren, die zu dem gewünschten Ziele führen könn­ ten. Aber es dauerte mehrere Jahre, ehe er ein wirklich brauchba­ res Verfahren gefunden hatte. Die einzige Schwierigkeit lag nun noch in der Rentabilisierung seiner Methode, denn die Verwendung von Blechkonserven erwies sich selbst bei Massenproduktion als zu kostspielig. Eine Erweiterung seines Verfahrens in der Form, daß der vorgekochte Reis wieder getrocknet und dann in billige Papp­ kartons verpackt werden könnte, schien Durrani deshalb für den Erfolg seines Vorhabens notwendig. Durrani hatte das Glück, gerade zu diesem Zeitpunkt eine große Reispflanzer-Genossenschaft für seine Idee zu interessieren, die ihm ein. eigenes Versuchslaboratorium zur Verfügung stellte. Zwei Jahre später war Durrani endlich so weit, daß er seinen konservierten Reis auf den Markt bringen konnte. Er suchte den Manager einer großen Nahrungsmittel-Konservenfabrik auf, um mit

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 22. April 1953 mit ihm die Einzelheiten der Herstellungs- und Verkaufsmöglich­ keiten zu besprechen. Um die Vorteile seiner Methode zu demon­ strieren, hatte er sich ein Paket mit getrocknetem, vorgekochtem Reis und einen kleinen Herd mitgebracht, den er auf dem Schreib­ tisch des Allgewaltigen aufstellte und ohne nähere Erklärung ein­ schaltete. Nach weniger als zehn Minuten konnte er dem verdutzten Geschäftsführer ein fertiges Reisgericht servieren. Der Erfolg dieser wirkungsvollen Demonstration blieb nicht aus: der Manager ließ sich vom Wert und Nutzen der Erfindung überzeugen und über­ nahm für seine Firma die kommerzielle Produktion. Der erste Schritt zur Herstellung von "Minuten-Reis" in großem Rahmen be-. stand in der Errichtung einer eigenen kleinen Fabrik, in der zunächst die verschiedensten Maschinen auf ihre Eignung geprüft wurden. Erst nachdem der Herstellungsprozeß vollständig festge­ legt war, wurde Durranis Erfindung patentiert. Während des letzten Weltkrieges wurde die gesamte Produktion der ersten drei derartigen Fabriken in New Jersey, Michigan und Massachusetts von der amerikanischen Armee aufgekauft. Auf dem Markt erschienen die 150-Gramm-Pakete mit "Minuten-Reis" jedoch erst im Jahre 1946. Die Nachfrage war bald so groß, daß alle Herstellungsbetriebe auf vollen Touren liefen und die verschieden großen Pakete mit der Aufschrift "Minute Rice" in allen Lebens­ mittelgeschäften der Vereinigten Staaten erhältlich wurden. - Ataullah Durrani hat sein Glück gemacht - und den amerikanischen Hausfrauen gleichzeitig einen guten Dienst erwiesen.

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DAS KLEINE PORTRÄT (IX)

MARGARET FRITCHMAN Eine Gelähmte meistert ihr Schicksal Von K.V. Powell

( 50 Zeilen, 450 Wörter) BETHLEHEM, PENNSYLVANIA — (Amerika Dienst) — Fünfundzwanzig Jahre ist es her, daß Margaret Fritchman in Bethlehem von multipler Sklerose, jener furchtbaren, unheilbaren Gehirn- und Rückenmark- Erkrankung, befallen wurde, die nach und nach ihre Beine vollstän­ dig und die rechte Hand teilweise lähmte» Sie war damals Sekretärin bei der Bethlehem-Stahl-Corporation und mußte nach der Erkrankung - für immer ans Bett gefesselt - diesen Beruf aufgeben. Mit welcher Tatkraft und Umsicht die Gelähmte sich seitdem eine unabhängige Existenz geschaffen hat, das grenzt ans Wunderbare. Sie begann mit einer telephonischen Abonnentenwerbung für Magazine, erweiterte ihren Telephon-Dienst jedoch sehr bald schon auf eine Vertretung für Strickwaren und Damenwäsche und später noch auf den Versand von Weihnachts- und Glückwunschkarten. Als ihre Mutter starb, war sie plötzlich ganz auf sich selbst ange- wiesenj sie ließ sich jetzt drei Telephone in ihr Schlafzimmer legen und begann zu allem anderen einen telephonischen Auskunfts­ und Bereitschaftsdienst auszubauen. Sie nimmt Gespräche für ört­ liche Firmen an, deren Hauptbüros etwa in Philadelphia oder New York sind. Ihre häufigsten Klienten aber sind die Ärzte der Städte Bethlehem und Allentown, und für sie ist sie oft bis in die Nacht hinein beschäftigt. Wenn bei plötzlichen Erkrankungen, Unglücks­ fällen, Frühgeburten nicht sofort ein Arzt erreichbar ist, wird Margaret mitten in der Nacht angerufen, sie telephoniert dann schnellstens nach einem Arzt und bestellt einen Krankenwagen. Margaret Fritchman hat im Laufe der Zeit aus ihrem Schlaf­ zimmer ein regelrechtes Büro gemacht, und da sie das Bett nicht mehr verlassen kann, hat sie alles Notwendige um sich herum so aufgebaut, daß sie es bequem und ohne fremde Hilfe erreichen kann. Da sind die drei Telephone auf ihren schwenkbaren Armen,

- 9 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 22. April 1953

Armen, ein Karteikasten und eine Schreibmaschine, die sie sich mit der Krücke ihres Stockes heranangeln kann. Für den Fall, daß ihr ein Bleistift oder ein Notizblatt auf den Boden fällt, hat sie ein Greifinstrument zur Hand, das in ihrer Küche einst als Spargelzange diente, mit dem sie es ohne jede Anstrengung aufhe­ ben kann. Neben ihrer vielfältigen beruflichen Tätigkeit muß "sich Miss Fritchman natürlich auch um den Haushalt kümmern, aber da sie ihre Unabhängigkeit so sehr liebt, nimmt sie auch diese Arbeit gerne auf sich und lebt nur mit einer Haushälterin zusammen. "Wenn man gelähmt ist, wird einem das alles sehr schwer. Aber wenn man dabei zufrieden sein will, ist Regel Nummer Eins: Ar­ beiten." Auf einige Komplimente über ihr gutes und gepflegtes Aussehen erwidert sie lächelnd: "Das ist vielleicht die zweit­ wichtigste Regel, besonders für eine Frau: gepflegc sein! Sie glauben gar nicht, wie sehr ein wenig Shampoon und eine Dauer­ welle unser moralisches Rückgrat zu stärken vermögen, ganz gleich, ob wir uns nun frei bewegen können oder zu Bett liegen müssen." So wie Margaret, bevor sie gelähmt war, nie ohne ein tadel­ loses Make-up aus dem Hause ging, so verbringt sie nun ihr Leben ebenso sorgfältig zurechtgemacht in ihrem Schlafzimmer. Ein weniger willensstarker Mensch wäre auf die Dauer zermürbt worden, Margaret Fritchman aber meistert ihr schweres Leben mit dem Elan eines Gesunden.

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DER 1. MAI - TAG DES KINDES (9 Zeilen, 80 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Präsident Dwight D. Eisen- hower hat den ersten Mai auch in diesem Jahre als "Tag des Kindes" in den USA proklamiert. Er würdigt die großen Fortschritte auf dem Gebiet der Hygiene und Gesundheitspflege des Kindes und sagt: "Unser Ziel ist es, die gleichen Fortschritte nun auch in bezug auf das Verständnis der kindlichen Psyche zu machen, damit wir unsere Kinder als verantwortungsbewußte Bürger einer Demokratie erziehen können." Der T&g des Kindes wird seit 1928 von der Bevölkerung und allen Organisationen gefeiert, die für das Wohl der Kinder arbeiten. ***** KUNSTSTOFF EROBERT DEN AMERIKANISCHEN HAUSHALT (11 Zeilen, 100 Wörter) WASHINGTON -— (Amerika Dienst) — In einem normalen ameri­ kanischen Haushalt finden sich durchschnittlich 500 Gegenstände aus den verschiedensten Kunststoffarten, unter anderem Lampen, Lampenschirme, Regenumhänge, Schallplatten, Flaschenverschlüsse, Haarbürsten, Tafelgeschirr und Haushaltsgeräte jeder Art, beson­ ders für Küche und Bade »immer. Die Verwendungsmöglichkeiten der Kunststoffe, mit deren Entwicklung in der Mitte des 19» Jahrhunderts begonnen wurde, haben sich nach dem zweiten Weltkrieg vervielfacht. Wichtig sind diese Stoffe vor allem als Elektrizitäts-, Hitze-, Kälte- und Geräuschisolatoren. Sie haben Metallen gegenüber den Vorteil, daß sie nicht rosten, leichter sind und bequem geformt und ver­ arbeitet werden können. ***** KOCHKURSE FÜR BLINDE HAUSFRAUEN (6 Zeilen, 50 Wörter) MORRISTOWN — (Amerika Dienst) -- Die Licht- und Wasserver­ sorgungswerke von Morristcrwn in New Jersey führen zur Zeit Koch­ kurse für blinde Hausfrauen durch. Die Lehrmethode ist haupt­ sächlich auf "Tasten, Riechen und Hören" abgestellt, wodurch die Neulinge allmählich mit den einzelnen Veränderungen des' Kochguts während des Garprozesses vertraut gemacht werden. *****

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AMERIKANISCHE JUGEND DENKT WAHRHAFT INTERNATIONAL (12 Zeilen, 110 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Im Rahmen eines vor wenigen Tagen in New York abgehaltenen Frauenforums, an dem mehrere tausend Frauen als Vertreterinnen von etwa fünfhundert amerikani­ schen Frauenorganisationen teilnahmen, stellte Mrs. Althea Hottel, Dekan der Frauenuniversität von Pennsylvanien, fest, daß die heutige amerikanische Jugend mehr denn je zuvor wahrhaft inter­ national denke und für die Freiheit der gesamten Menschheit kämpfe. Andere Sprecher waren Miss Minerva Bernardino von der Domi­ nikanischen Republik und Senora Carmen de Lazado von Bolivien, beide Vertreterinnen ihres Landes bei den Vereinten Nationen. An diesem Forum nahmen ferner drei deutsche Besucherinnen teil: die Hausfrau Elfriede Härtung, die Lehrerin Else Hantel und die Fürsorgebeamtin Adelgunde Pellens.

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INFORMATIONSDIENST FÜR EUROPÄISCHE REZEPTE (8 Zeilen, 70 Wörter) MINNEAPOLIS — (Amerika Dienst) — Pillsbury Mills, eines der vier größten Mühlenwerke der Vereinigten Staaten, gab vor wenigen Tagen bekannt, daß es in Kürze einen regelmäßigen Infor­ mationsdienst herausbringen wird, mit dem es amerikanische Haus­ frauen mix den besten und berühmtesten typischen Gerichten euro­ päischer Länder bekanntmachen will. Zu diesem Zwecke wird Pills­ bury Mills ein Informationsbüro in Paris eröffnen und von hier aus Kochexperten auf Rezeptsuche in die Länder Westeuropas schicken.

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- 12 - VI. Jahrgang. Nr. 9/W 6. Mai 1953 ELTERN SOLLTEN KLÜGER SEIN Aus der Arbeit der "Child Guidance Centers", der psycholo­ gischen Beratungsstellen für Kindererziehung in den Vereinigten Staaten

(95 Zeilen, 850 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Mißverständnisse zwischen Eltern und Kindern dürfen nicht auf die leichte Schulter ge­ nommen werden, wenn sich diese Spannungen über längere Zeit­ räume erstrecken. Lies ist einer der Hauptgründe, warum man sich in den Vereinigten Staaten bemüht, die Erkenntnisse der modernen Psychologie über die Grenzen der Hörsäle hinaus einem weiten Publikum zugänglich zu machen. Neben den sogenannten "Child Guidance Centers", die an das Pädagogische Institut jeder größeren Universität angeschlossen sind, unterhalten auch schon heute größere und kleinere Stadtgemeinden derartige Institu­ tionen. Sie werden geleitet von medizinisch und pädagogisch geschulten, vor allem aber in der Psychotherapie erfahrenen Fachkräften. Eltern und Lehrer, die aus irgendeinem Grunde mit ihren Kindern nicht zu Rande kommen, suchen mehr und mehr den Rat und die Unterstützung dieser psychologischen Beratungsstellen für Kindererziehung. Hier finden sie Verständnis für alle ihre Erziehungsprobleme, und hier sucht man den Störungen auf den Grund zu gehen und weist Eltern und Lehrern den Weg, wie sie ihren Kindern die Voraussetzungen für die Erlangung eines ge­ sunden Verhältnisses zu den Menschen und Dingen ihrer Umwelt schaffen können. Las "Child Guidance Center" zieht dazu die Unterstützung von Elternhaus, Schule, Kirche und auch nach­ barschaftliche Hilfe heran und spornt an zu gemeinsamer Inan­ griffnahme öffentlicher und häuslicher Probleme. Vielseitig sind die Probleme, mit denen Eltern zum "Child- Guidance Center" kommen. Nur selten aber erkennen sie von An­ fang an, daß es nicht Bettnässen, Jähzorn, Nicht-Essen- Wollen, Nörgelei, Ungehorsam, Bockigkeit, Schüchternheit oder Eifersucht sind, von denen das Kind zu befreien ist, sondern daß die Ursachen sehr viel tiefer sitzen und meist aus einer gestörten emotionalen Verfassung resultieren«, Aber mehr noch als die bekümmerten Eltern braucht das enttäuschte Kind neue

1 "AMERIKA DIENST* - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 neue Zuversicht und neuen Mut. In seinen verzweifelten Versu­ chen, anerkannt und geliebt zu werden, wird es gewöhnlich eines von vier Dingen tunx es wird mit allen Mitteln um sei­ nen Platz innerhalb der Familie kämpfen, oder es wird sich von allen zurückziehen; vielleicht auch wird es sich gegen alle und alles auflehnen, mißgelaunt und unlustig werden - was sich in manchen Fällen bis zur Apathie steigern kann,-,oder aber es wird von dem krankhaften Ehrgeiz gepackt, alles besser zu machen als die anderen. Nichts entmutigt ein Kind mehr als das Empfinden, nicht geliebt zu sein. Im allgemeinen aber lieben Eltern ihre Kin­ der, nur lassen ihre Erziehungsmethoden diese Tatsache oft schwerlich erkennen. In der Überzeugung, das Beste für ihre Kinder zu tun, vergessen sie, daß nicht jede pädagogische Maß­ nahme bei allen Kindern die gleiche wohltuende Reaktion hervor­ ruft. Das seelisch labile Kind verlangt ein hohes Maß an Auf­ merksamkeit. Kann es nicht genügend Lob ernten, wird es auch mit Tadel und Strafe vorlieb nehmen - Hauptsache man beachtet es. Andere Eltern wieder, die sich der strengen Erziehungs­ methoden ihrer eigenen Kindheit erinnern und ihren Kindern die­ se Erfahrungen ersparen wollen, neigen leicht dazu, das Kind in ihrer übergroßen Liebe übermäßig zu verwöhnen und so zu völliger Unselbständigkeit und Abhängigkeit zu erziehen. Es ist interessant, daß Kinder in beiden Fällen dieselben Kom­ plexe entwickeln und dieselben Symptome beobachten lassen. Welche Eltern aber wollen nicht, daß ihre Kinder sich zu besten Menschen und Mitmenschen entwickeln. Sie alle wollen ihren Kindern die Grundlage zur freien körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklung schaffen und ihnen helfen, den für sie richtigen Platz in der menschlichen Gemeinschaft zu finden. Gerade Kinder - mehr als jeder Erwachsene - suchen und streben nach dem Platz an der Sonne, sie wollen sich in ihrer Welt zu Hause fühlen, dieser Welt voll fremdartiger "blühender Ver­ wirrung", in die sie gestellt wurden. Versetzt man sich nur einmal in die Lage des Kindes, so wird man einsehen, daß schon allein die Tatsache des So-viel- kleiner-seins als die Erwachsenen ein Kind hilflos, mutlos und unsicher machen kann. Wieviel größer sind die Schwjprjg-

_ 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 Schwierigkeiten erst, wenn es sich um Kinder handelt, die ir­ gendwie von dem abweichen, was man landläufig als Norm aner­ kennt, die ungewöhnlich groß oder ungewöhnlich klein, ungewöhn­ lich mager oder ungewöhnlich dick, kurz, eben anders sind. Sie brauchen in erhöhtem Maße die Aufmerksamkeit und Liebe der Eltern und der Spielkameraden, ihr Selbstbewußtsein muß unab­ lässig gestärkt werden. Nur so werden sie sich frei von Minder­ wertigkeitskomplexen und anderen seelischen Verkrampfungen zu unabhängigen, selbständigen und vollwertigen Menschen ent­ wickeln können. Diese sogenannten Sorgenkinder sind es, mit denen sich das "Child Guidance Center" vordringlich zu befassen hat.Eine der erfolgreichsten hier angewendeten Heilmethoden ist die Spieltherapie, die sich je nach der Schwere des Falles mitunter über Monate und Jahre erstrecken kann. Spielend öffnen die Kin­ der hier ihre Seelen, und dem geschulten Auge des Psychothera­ peuten entgeht nichts. Hier spielen sie sich frei von ihren Komplexen und werden unter konsequenter Anleitung ausgeglichene glückliche Kinder. Manche Eltern mögen die Achseln zucken und an der Wirksam­ keit dieser "neumodischen Erziehung" Zweifel hegen; jedenfalls ist klar, daß man sich in unserer Zeit nicht mehr damit zufrie­ den geben sollte, wenn ein Kind körperlich gesund ist. Man weiß, daß emotionales Uneinssein mit sich und der Umwelt, wenn es nicht behoben wird, auch ernsthafte körperliche Schädigungen hervorrufen kann. Kein Wunder also, daß aufgeschlossene Eltern heute immer mehr die moderne Psychologie zu Rate ziehen und genau mit demselben Eifer, mit dem sie etwa eine Kniewunde ver­ binden, seelischen und emotionalen Unstimmigkeiten des kindli­ chen Gemütes nachspüren.

(Nach "The Standard" - Zeitschrift der American Ethical Union)

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- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 Das Handelsministerium der Vereinigten Staaten schuf im vergangenen Jahr "Die Woche der Sekretärin", und der Verband amerikanischer Sekretärinnen verleiht seit geraumer Zeit besonders befähigten Sekretärinnen nach bestandener Prüfung ein Berufsdiplom.

DIE SEKRETÄRIN VON HEUTE ( 63 Zeilen,560 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Die arme, geplagte "Tippmamsell", die im Schatten ihres allgewaltigen Chefs ein kümmerliches Dasein fristete, ist im laufe der letzten Jahre so gut wie ausgestorben. An ihre Stelle trat ein völlig neuer Typ der Bürohilfe, ein energisches, vielseitiges Geschöpf, das sich durchaus nicht mit der mechanischen Arbeit seiner Vor­ gängerinnen begnügt, sondern seinen Ehrgeiz darein setzt, selb­ ständig zu handeln und durch eigene Initiative dem Vorgesetzten ein gut Teil seiner Arbeit und Verantwortung abzunehmen: die moderne Sekretärin. Dieser augenfälligen Wandlung der Sekretärin, in deren Verlauf sie die ihr ursprünglich zugedachte untergeordnete Rolle auf der Bühne des Geschäftslebens sozusagen mit einer Starrolle vertauschte, kamen nicht zuletzt die zahlreichen technischen Er­ findungen zugute, deren man sich heute in Industrie und Handel immer mehr bedient. Abgesehen von Schreibmaschinen, Rechenma­ schinen und - in größeren Betrieben - Hollerithmaschinen, die mühseliges, zeitraubendes Handschreiben und Kopfrechnen über­ flüssig machen, hat sich vor allem die Einführung des Diktaphons revolutionierend auf die Büroarbeit ausgewirkt. Die Zeit, die die Sekretärin von früher für die Aufnahme von langen Diktaten verschwenden mußte, bleibt ihr dadurch zur Erledigung anderer, wichtigerer Aufgaben erspart. Paradoxerweise haben also gerade diese neuen Mechanismen dazu beigetragen, die Arbeit der Sekretärinnen zu "entmechani- sieren" und ihr Selbstbewußtsein zu stärken, indem sie die Routine-Arbeit auf ein Minimum an Zeit beschränkten und damit die Möglichkeiten zu selbständiger Arbeit erhöhten. Daß die Sekretärin von heute diese Gelegenheit zu nutzen versteht, beweist die ungeteilte Anerkennung, die sie im gesamten

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 gesamten Geschäftsleben genießt. In den Vereinigten Staaten ist man in neuester Zeit sogar dazu übergegangen, besonders befähigte Sekretärinnen mit einem eigenen Diplom auszuzeichnen. "Certified Professional Secretary" (geprüfte Berufs-Sekretärin) ist der offizielle Titel, den sie in der Abkürzung "C.P.S." hinter ihren Namen schreiben darf, wenn sie die vom "Verband amerikanischer Sekretärinnen" vorgeschriebene Prüfung bestan­ den hat. Daß diese Prüfung nicht einfach ist, beweist die Tatsache, daß von den insgesamt 281 Anwärtern, die im August 1951 die Prüfung ablegten, nur 62 das Diplom erwarben. Im vergangenen Jahr wurde außerdem erstmals auf Grund eines Erlasses des amerikanischen Handelsministeriums die erste Juni-Woche zur "Woche der Sekretärin" mit einem eigenen "Tag der Sekretärin" (4. Juni) erklärt, um " die Sekretärinnen zu ehren, von deren Geschicklichkeit, Zuverlässigkeit und Tüch­ tigkeit das reibungslos© Funktionieren der Wirtschaft und der Regierungsverwaltung abhängig ist." Auch eine "Beste Sekretärin des Jahres" wurde Ende ver­ gangenen Jahres zum ersten Mal auf Grund einer im gesamten Ge­ biet der Vereinigten Staaten durchgeführten Umfrage gewählt. Die Wahl, bei der neben dem rein technischen Können vor allem die für diesen Beruf notwendige ßsychische Ausgeglichenheit berücksichtigt wurde, fiel auf die 22 Jahre alte Doris Dean, die als Sekretärin eines New Yorker Arztes tätig ist. Otto von Mering von der Harvard-Universität, eine allgemein anerkannte Autorität auf dem Gebiet der Meinungsforschung, der diese Um­ frage durchgeführt hatte, erklärte in diesem Zusammenhang: "Die moderne Sekretärin verdankt ihr gesteigertes Selbstver­ trauen und ihr daraus resultierendes geistiges Gleichgewicht ebenso wie ihre erhöhten Leistungen den technischen Vervoll­ kommnungen ihres Büros und der veränderten Haltung, die der Chef ihr gegenüber einnimmt. Sie und ihr Vorgesetzter haben erkannt, daß beider Aufgabengebiet wichtig ist für den reibungs­ losen Ablauf der Geschäfte. Diese gegenseitige Achtung bildet die Grundlage für jene gesunde Arbeitsatmosphäre, wie sie heute als ideales Ziel von beiden angestrebt wird." ( Aus American Vocational Journal) *****

- 5 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 Ein amerikanischer Pädagoge setzt sich mit dem Verhältnis des Kindes zum Zahlen-System auseinander. DAS KIND IN EINER WELT DER ZAHL Von Professor William E. Martin

(98 Zeilen, 890 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Das Kind lebt in einer Welt, die sich aus unendlich vielen Dingen zusammensetzt. Vom Augenblick seiner Geburt an sieht es sich einer unübersehbaren Anzahl von Objekten gegenüber, die sich nicht nur alle vonein­ ander unterscheiden, sondern - verwirrend genug - sich auch in mancher Beziehung gleichen. Wenn ein Erwachsener diese Welt mit den Augen eines Kindes sehen könnte, würde er sie ein Bild äußerster Verwirrung nennen. Entwicklung nun ist zu einem we­ sentlichen Teil ein Problem des Ordnens dieser Verwirrung. Eines der Hilfsmittel des Kindes in der Erfüllung dieser Auf­ gabe ist das Verständnis der Zahl. Die Frage bleibt allerdings offen, ob das Kind Methoden anwendet, die seiner speziellen Entwicklungsstufe entsprechen, oder ob es gezwungen ist,, vor­ zeitig jene Wege des Ordnens zu gehen, die auch Erwachsene wählen. Das Kind begreift schon frühzeitig, daß viele Dinge die­ ser Welt Besonderheiten haben, die es ihm ermöglichen, zu sehen, worin sie sich voneinander unterscheiden und worin sie sich gleichen. Zunächst lernt das Kind die Dinge danach zu identifizieren, in welcher Beziehung sie zu ihm selbst stehen. So spielt zum Beispiel die Mutter schon sehr früh eine ganz besondere Rolle im Leben des Kindes. Das Kind nimmt auf, was die Mutter für es und mit ihm tut, und hier liegt der Anfang des Verstehens einer Einheit, im Sinne einer Einmaligkeit. Etwas später wird auch der Vater durch seine Erscheinung und seine Funktionen für das Kind eine festumrissene Einheit. Erst sehr viel später kann das Kind erkennen, daß es auch andere Mütter und andere Väter gibt, die zwar in mancher Beziehung seinen eigenen Eltern gleichen, sich aber in vielem von ihnen unterscheiden. Mit der Ausweitung seines Gesichtskreises und einem tie­ feren Erkennen seiner Umgebung lernt das Kind immer mehr lebende - 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 lebende und tote Dinge zu unterscheiden. Der Eindruck dieser frühen Entwicklungsphase ist so stark, daß das Kind noch sehr viel später in seinem Leben diese frühen Erfahrungen verwertet, wenn es sich neuen, bisher unbekannten Objekten gegenübersieht. Selbst wenn das Kind in ein Alter gekommen ist, in dem es Zahl­ wörter zur Beschreibung einer Anzahl von Dingen verwendet, so haben diese zunächst in seinen Augen nur Bedeutung im Zusammen­ hang mit bekannten Gegenständen oder sogar nur mit Dingen, zu denen es eine unmittelbare Beziehung hat. Diese Erfahrungstat­ sache erinnert an die Geschichte von dem Großvater, der seinen vierjährigen Enkel fragt; "Wieviele Finger habe ich?" Darauf der Junge: "Ich weiß nicht. Ich kann nur meine eigenen Finger zählen." Für den kleinen Jungen, der den ersten Beutel Murmeln ge­ schenkt bekommt, ist allein die Menge an sich eine Quelle freu­ diger Erregung. Natürlich weiß er, daß er nun mehr als eine Murmel besitzt, aber die genaue Zahl interessiert Ihn nicht weiter. In einer nächsten Entwicklungsphase beginnt der Junge auf die Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten seiner Murmeln auf­ merksam zu werden. In seiner Vorstellung sind sie nur nicht mehr einfach eine ganze Menge, sondern viele einzelne Teile einer Gruppe von vielen. Von hier aus kehrt der Junge wieder zu der Vorstellung von den Murmeln als einer Einheit urück. Welche Wandlung ist in dem kindlichen Vorstellungsverwogen inzwischen vor sich gegangen? Die Idee von der Gruppe von Murmeln ruht jetzt auf der Einsicht, daß sie sich nicht nur aus mehreren einzelnen Murmeln zusammensetzt, sondern daß sie alle einige Charakteristika gemein haben. Der Junge ist sich also nun gleichzeitig der Begriffe Einheit und Gruppe bewußt. Er kann jetzt sogar sehen, wie zwei Murmeln zu der gleichen Familie von Dingen gehören und doch sehr verschieden voneinander sind. In der weiteren Entwicklung erkennt das Kind die Möglich­ keit, auch Gruppen anderer Dinge zu aaalysJa:en, selbst wenn sie ihm nicht gehören und in keiner Beziehung zu ihm stehen. Das Kind kann also bereits Gruppen nach Größe, Farbe oder anderen Merkmalen unterscheiden, ohne daß es vergißt, daß die Dinge nach wie vor auch Teile einer größeren Gruppe sind. Noch

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953 Noch immer sieht allerdings das Kind in diesem Entwicklungs­ stadium in der Gruppe noch keine exakte Anzahl von einzelnen Dingen. Deshalb ist es durchaus möglich, daß es - um bei den Murmeln zu bleiben - einige Murmeln verliert, ohne zu bemerken, daß die Zahl kleiner geworden ist. Diese Entwicklung kann sich ohne jedes Zahlenvokabular vollziehen, aber das ist wohl kaum einmal der Fall. Eltern lehren ihre Kinder meist seh n frühzeitig die Namen der einzelnen Zahlen und erklären ihnen dau Zählvor­ gang. Viele Kinder können schon lange vor dem ersten Schulbesuch die Zahlen von 1 bis 10 fehlerlos hersagen. Auch das kleine Mäd­ chen, das seine gute Erziehung und seine Großzügigkeit dadurch demonstriert, daß es seiner Freundin die "größere Hälfte" seines Stückes Kuchen überläßt, gibt es überall. Man darf aus diesen beiden Erscheinungen nicht schließen, daß diese Begriffe für das Kind mehr als die rudimentärste Bedeutung haben. Es ist des­ halb falsch, zu glauben, daß die Existenz solcher Worte im Voka­ bular eines Kindes darauf schließen läßt, daß es nun bereits reif für den Rechenunterricht sei, für den das Kind die Notwendigkeit der Zahl erkannt haben muß. Wir haben gesagt, daß das Kind in einer Welt lebt, die sich aus vielen verschiedenen Dingen zusammensetzt. Dies trifft nun nicht unbedingt für alle Kinder zu, die zum Teil in einer ge­ wissen Eintönigkeit leben oder inmitten einer Vielfalt, die sie nicht erkennen. Hier liegt die Schuld meist bei den Erwachsenen, die es sich zur Aufgabe maenen, die Welt für die jungen Augen über Gebühr zu vereinfachen, nur weil sie über den kindlichen Methoden, sich mit der Vielfalt auseinanderzusetzen, ungeduldig werden. Das Kind aber wird sich zu seiner Zeit und auf seine Art der Welt der Zahl anpassen und sich ihrer bedienen. Es erfaßt das symbolische System der Zahlen, wenn es in der Schule in den Rechenunterricht eingeführt wird. Das Zahlen-System, das man ihm hier gibt, kann allerdings nur einen Entwicklungsvorgang erleich­ tern, der bereits eingesetzt haben sollte, ehe das Kind die Zah­ lensymbole kannte. (Nach "Childhood Education")

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- 8 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953

Das kleine Porträt (X):

ALICE ROHRBACK: EINE BLINDE HILFT IHREN LEIDENSG-ENOSSEN.

( 55 Zeilen, 500 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Von ihrem Büro in der US-Kongreßbibliothek aus leitet Alice Rohrback einen Bücher­ dienst, durch den sie Tausende von Blinden in ganz Amerika mit den verschiedensten Arten von Lektüre versorgt: Unterhaltungs­ literatur, Unterrichtsbücher und ganze Fortbildungslehrgänge, mit deren Hilfe sich die Blinden späterhin eine finanzielle Un­ abhängigkeit erarbeiten können. Alice Rohrback hat nicht nur ein berufliches Interesse an diesem Unternehmen - sie ist seit einem Unfall in ihrer Jugend selbst blind und hat es sich nun zur Lebensaufgabe gemacht, ihren Leidensgenossen in ihrem schwe­ ren Schicksal Trost zu spenden und zugleich gewinnbringende Beschäftigung zu verschaffen. Während man im allgemeinen für die sehr teuren Braille- Bücher vorwiegend Themen wählt, die einen großen Leserkreis an­ sprechen, will sie gerade den besonderen Wünschen einzelner blinder Leser nachkommen und überträgt mit ihrem Stab jährlich ungefähr 200 Bücher nach dem Braillesystem in plastische Blin­ denschrift. Sie kann diese Bücher kostenlos an ihre Kunden aus­ leihen, denn ihre Mitarbeiter arbeiten ehrenamtlich und stellen selbst die Spezialschreibmaschinen und das Kartonpapier. 35 bis 40 Organisationen unterstützen dieses Werk, und Tausende von Freiwilligen, die noch ihr Augenlicht haben, stellen sich in den Dienst derer, die nicht mehr sehen können. Ihre Helfer müssen eine sehr gründliche Ausbildung erhalten, denn die Über­ tragung eines Textes in Braille-Schrift ist eine äußerst schwie­ rige Arbeit. Alice Rohrback leitet selber Korrespondenzkurse, in denen sie den Nachwuchs ausbildet. "Bei unserer Auswahl der Bücher", erklärt sie, "werden so weit wie möglich solche für den Selbstunterricht bevorzugt. Die beiden Bücher 'Fünfzehn Wege zu einem landwirtschaftlichen Beruf und ein 'Leitfaden für die Kaninchenzucht' zum Beispiel haben besonders bei blinden Kriegsveteranen, die sich wieder eine eigene Existenz aufbauen wollen, großes Interesse gefunden." Miss AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 6. Mai 1953

Miss Rohrback erzählt von einem blinden Musik-Studenten der Howard-Universität, einer der führenden Neger-Universitäten, in den USA, der kein geeignetes Lehrmaterial finden konnte. Miss Rohrback hat ihn daraufhin mit selbstverfertigten Braille-Büchern versorgt, und der Student konnte seine Musikprüfung ablegen» seine Bücher sind später wieder an andere blinde Musikstudenten weiterverliehen worden. Das Wochenende verbringt Miss Rohrback mit ihrer Familie. Aber auch hier gönnt sie sich kaum Ruhe, sondern arbeitet weiter im Dienste der Blinden. Da ist zum Beispiel ein Kriegsblinder, der ihre Hilfe mit großem Eifer und begeisterter Mitarbeit be­ lohnt. Nachdem sie ihm die Braille-Schrift beigebracht hatte, verfaßte er für den Rundfunk einige Hörfolgen über Viehzucht, die von den Farmern mit großem Interesse verfolgt wurden. Einen anderen Nachbarn, einen ehemaligen Geschäftsführer einer Bürsten­ fabrik, befreite sie von einer tiefen Depression, die ihn nach seiner Erblindung befallen hatte, und gab ihm wieder neuen Lebens­ mut. Alice Rohrback beschränkt ihre Arbeit nicht nur auf die Übertragung von Büchern in Braille-Schrift, sie stellt auch so­ genannte "Sprechende Bücher" her, indem sie ganze Bücher auf Schallplatten sprechen läßt. Sie besitzt heute eine große Aus­ wahl von gedrucktem und gesprochenem Lehrmaterial, das sie den Blinden kostenlos zur Unterhaltung und Weiterbildung zur Ver­ fügung stellen kann.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgendes Bild: Alice Rohrback beim Lesen der Braille­ schrift.

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AMERIKA EHRT DIE "FRAU DES JAHRES11

(35 Zeilen, 300 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Die amerikanische Kran­ kenschwester Mildred L. Rush wurde am 2. Mai vom Frauen-Presse- Klub mit dem Ehrentitel "Frau des Jahres" ausgezeichnet. Mildred L. Rush trat 1950 in das Sanitätskorps der US-Armee ein. Nach kurzer Tätigkeit in der Krankenstation von Fort Sam Houston in Texas erhielt sie im September 1951 ein Fernost- Kommando. 15 Monate hat sie in Korea dicht hinter der Front als Operationsschwester in fahrbaren chirurgischen Kliniken Dienst getan. In der Verleihungsurkunde wird besonders ihre ausdauernde und verantwortungsbewußte Hingabe bei der Pflege der Kranken und Verwundeten hervorgehoben und die Selbstlosigkeit gerühmt, mit der sie Unbequemlichkeiten und schwere Lebensbedingungen auf sich nahm. Gleichzeitig wurden noch vier andere hervorragende amerika­ nische Frauen vom Presse-Klub ausgezeichnet: die Schatzmeisterin der Vereinigten Staaten Ivy Baker Priest, die Ballerina Maria Tallchief, die Schriftstellerin Catherine Marshall und die Wis­ senschaftlerin Helenor Campbell Wilder. Ivy Baker Priest, Tochter eines Bergarbeiters,hat sich in der Republikanischen Partei von einer anfänglichen beschei­ denen Bezirksarbeit zur Leiterin der Frauengruppe im National­ komitee heraufgearbeitet. Sie erhält ihre Auszeichnung dafür, daß sie einen großen Teil der amerikanischen Frauen durch ihre propagandistische Tätigkeit dazu gebracht hat, an den Präsident­ schaftswahlen des vergangenen Jahres teilzunehmen. Miss Tallchief ist indianischer Abkunft und hat sich durch ihre Auslandstourneen große Verdienste um die internationale Anerkennung des amerikanischen Balletts erworben. Die Schriftstellerin Catherine Marshall hat durch ihre Bü­ cher wesentlich dazu beigetragen, in Amerika das Interesse an geistigen Werten zu wecken. Die Augenspezialistin Helenor C. Wilder, Leiterin einer Armee-Augenklinik, hat ohne»über eine wissenschaftliche Grundaus­ bildung zu verfügen, eine der wichtigsten Entdeckungen der letzten 50 Jahre auf dem Gebiete der Augenheilkunde gemacht, indem sie den winzigen Parasiten Toxoplasma identifizierte.

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- 11 - VI. Jahrgang. Nr. 10/W 20. Mai 1953

über 1,5 Millionen hilfebedürftigen ameri­ kanischen Kindern ermöglicht das "Hilfe- programm für Minderjährige" der amerikani­ schen Bundesregierung, in geordneten Familien- Verhältnissen aufzuwachsen.

EINE CHANCE FÜR JIMMY Von Lucy Freeman (105 Zeilen 940-Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Nur wenige Amerikaner wissen, daß sie mithelfen, ein großherziges Unternehmen zugunsten hilfe­ bedürftiger Kinder durchzuführen. Es ist verblüffend» wie wenig selbst in den USA über ein Kinderhilfeprogramm der Bundesregie­ rung bekannt ist, das sich heute bereits auf das Leben und die Entwicklung von immerhin über 1,5 Millionen Kindern auswirkte Die Aktion läuft unter dem wenig dramatischen Namen "Unterstüt- zungsprogramm für Minderjährige". Aber wenn auch der Name etwas verstaubt klingt, so sind doch die Ergebnisse dieser Aktion herz­ erwärmend. Die Geschichte des kleinen Jimmy sagt in wenigen Sätzen mehr über das Programm, als es vielleicht Hunderte von Seiten Statistik tun könnten; Jimmy war gerade fünf Jahre alt, als sein Vater einen schweren Unfall erlitt„ als dessen Folge beide Beine gelähmt blieben. Eine Versicherung war nicht abgeschlossen und so zehrte die Pflege des Vaters die Ersparnisse der Familie auf. Jimmy merkte bald, daß seine Mutter traurig war und oft weinte, besonders dann, wenn die Miete gezahlt werden mußte oder es an Nahrungsmitteln fehlte. Zwei Jahre später starb der Vater. Wenn man sieben Jahre alt ist, versteht man schwer, warum der Vater sterben muß. Selbst wenn die Krankheit schon lange im Hause war, bleibt der Tod etwas fast Unbegreifliches. Nach der Beerdigung saß Jimmy mit der Mutter und seiner kleinen Schwester zusammen und wartete, was nun geschehen würde. "Ich werde eine

Arbeit finden", hörte er seine Mutter sagen9 aber sie faßte sich dabei an die schmerzende Schulter. Der Arzt nannte die Krank­ heit Schleimbeutel-Entzündung und sagte der Mutter, sie müßte viel Ruhe haben. Die

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953

Die Mutter versuchte trotzdem zu arbeiten, wenigstens halb­ tags» Wochenlang waren Jimmy und seine Schwester während der Arbeitszeit bei der Nachbarsfrau. Sie war freundlich zu den Kin­ dern« die Mutter aber konnte sie ihnen nicht ersetzen. Als die Mutter schließlich die Arbeit aufgab, fiel es Jimmy schwer, sich nicht zu freuen, wenn er auch wußte, daß seine Mutter nur des­ halb nicht mehr arbeitete, weil die Schulterschmerzen größer ge­ worden waren. Es folgten schlimme Tage. Die Familie hatte kaum noch zu essen, Schuhe und Kleider der Kinder waren aufgetragen, und die einzigen, die halfen, waren mitleidige Nachbarn. Als Jimmy eines Tages aus der Schule kam, saß eine fremde Frau bei der Mutter«, Beim Betreten des Zimmers hörte er gerade seine Mutter ängstlich fragen: "Sie denken also, ich sollte das Geld annehmen?" Und die fremde Frau antwortete: "Aber natürlich. Sie sind es Ihren Kindern schuldig. Sie werden es eines Tages dadurch zurückzahlen, daß sie gute Staatsbürger werden." Kurz nach dieser Unterhaltung kam der erste Scheck, dem dann regelmäßig weitere folgten. Jimmy sah seiner Mutter an, daß sie wieder glücklicher war, seit sie ihm und der Schwester die notwendige Bekleidung sowie Milch, Obst und Gemüse kaufen konnte. Jimmy wuchs zu einem kräftigen Jungen heran, gehörte zu den Besten seiner Schulklasse, arbeitete nachmittags, um Geld für seine Mutter zu verdienen, und bekam später einen guten Posten in einer großen Fabrik. Seine Schwester fand Arbeit in einem Waren­ haus der Stadt, und beide versorgen heute gemeinsam ihre Mutter. Inzwischen kamen die monatlichen Oberweisungen schon lange nicht mehr, denn sie hatten ihren Zweck erfüllt. Aber weder Jimmy noch seine Mutter und seine Schwester werden jemals vergessen, was diese Hilfe für sie bedeutetes Hoffnung und Zuversicht für alle und den beiden Kindern einen guten Anfang für ihr ganzes Leben. Woher kam nun der Scheck, der Jimmys Mutter soviel geholfen hatte? Absender war eine Behörde, aber letztlich kam er von den vielen Millionen amerikanischer Steuerzahler, denen der Staat die Möglichkeit verdankt, Kinderhilfeprogramme durchzuführen. Tausende von Kindern, denen diese Einrichtung geholfen hat, sind inzwischen herangewachsen und zahlen als arbeitende Bürger oft ein Vielfaches von dem zurück, womit man ihnen einst geholfen

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953 geholfen hatte. Vor nicht allzu langer Zeit noch mußte ein Kind, dessen Vater starb oder arbeitsunfähig wurde, automatisch zu Pflegeeltern oder in ein Waisenhaus gebracht werden. Aber der Gedanke, daß man Kinder, wo immer möglich, in ihrem eigenen Heim heranwachsen lassen sollte, ist auch in den Vereinigten Staaten so alt, wie die Forderung nach entsprechender Unterstützung hilfebedürftiger Jugendlicher selbst. Im Jahre 1935 fand diese Forderung dann ihren gesetzlichen Niederschlag in der "Social Security Act", einem Gesetz, das zusammen mit der Altersversorgung und der Arbeitslosenversicherung auch das "Hilfeprogramm für Minderjährige" begründete. Zweck dieses Programms ist es, die Entwicklung von Kindern zu fördern, denen die normale elterliche Hilfe und Pflege fehlt und die mit einem Elternteil oder einem Verwandten leben. Allerdings befin­ den sich neun von zehn Kindern, die Unterstützung aus dem Fonds des Programms erhalten, bei ihren Müttern. Nach dem Gesetz helfen die Bundesbehörden, wenn ein Elternteil entweder gestorben ist oder aus gesundheitlichen Gründen seine Familie nicht mehr er­ nähren kann und auch dann, wenn Vater oder Mutter die Familie verlassen hat. Die Verwaltung des Programms liegt in Händen der Bundes­ staaten und der kommunalen Behörden, während die Bundesbehörden nur den Rahmen der Arbeit festlegen und sich an den Kosten be­ teiligen. Das zuständige Amt der Bundesregierung gibt monatlich für das erste Kind 19.5 Dollar und für jedes weitere Kind 15 Dollar, während die Mutter oder der für das Kind sorgende Ver­ wandte ebenfalls 19«5 Dollar erhält. Dies ist nur der Bundes­ anteil, den der einzelne Staat, in dem das Kind lebt, unter der Voraussetzung erhält, daß er selbst für das erste unterstützungs­ berechtigte Kind mindestens 10.5 Dollar bereitstellt. Der Anteil der Bundesbehörden richtet sich in seiner Höhe in jedem Fall nach dem Beitrag des einzelnen Staates, den die Fürsorgeabtei­ lung nach den speziellen Lebenshaltungskosten errechnet. Je nach dem Vermögen der einzelnen Bundesstaaten sind die Unterstützungs- Beträge verschieden hoch. Die Bedürftigkeit wird von Fall zu Fall von Fürsorge-Beamten

- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953

Beamten genau geprüft. Interessant ist dabei die Tatsache, daß die unterstützten Familien durchschnittlich nicht länger als 25 Monate die Hilfe in Anspruch nehmen. Die Bestrebungen laufen gegenwärtig darauf hinaus, die finanziellen Möglichkeiten des Programms noch erheblich zu erweitern, denn man weiß heute besser denn je, wie wichtig gerade eine geordnete Entwicklungszeit für das zukünftige Leben eines jungen Menschen ist.

(Nach "Parents1 Magazine")

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Mehrere hundert eitern- und heimatlose koreanische Kinder haben in dem Fliegerkorps der amerikanischen Marine neue treusorgende Väter gefunden.

DAS WAISENHAUS VON KANGNUNG Von Commander William J. Lederer und Nelle Keys Perry

( 100 Zeilen, 900 Wörter ) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — In der Kantine einer ameri­ kanischen Einheit in Korea wurde es mit einem Schlage ganz ruhig. Alle Augen folgten dem Funker, der soeben dem Kommandanten eine Meldung überreichte, Der Oberst las und ein breites Lachen spielte in seinen Zügen, als er sagte: "Jungens, wir haben es geschafft, wir können unsere Kinder mit dem Flugzeug holen." Unter "unseren Kindern" verstanden die Männer der 12. Flie­ gerabteilung des US-Marinekorps in Kangnung, dem nördlichsten Flugstützpunkt der Streitkräfte der Vereinten Nationen, Kinder, die nördlich des 38. Breitengrades eitern- und heimatlos umher­ irrten und völlig heruntergekommen waren. Die Nachricht von die­ sen Kindern brachten Sanitätsoffiziere, die im Auftrage der UN- Civil Assistance Commission Korea (Hilfskommission der UN für

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953 für Korea) tätig waren. Die Kommission hatte diese Kinder bisher mit Lastwagen aus dem Kampfgebiet geholt, die Kinder aber waren so ausgehungert und geschwächt, daß sie in vielen Fällen die Strapazen einer langen Fahrt nicht überstanden hatten. Und da hatte Sergeant Harry Hall vom 12. Fliegerkorps die Idee mit der "Kinderluftbrücke". Eine Flugstunde würden:die Kin­ der schon aushalten können. Nun war man soweit, daß die vorge­ setzte Dienststelle die Maschinen für die Flüge bereitstellte. Da aber amerikanische Soldaten, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt haben, sich nur ungern mit halben Sachen zufrieden geben, und man wußte, daß Kinder auch ein Dach über dem Kopf und Klei­ dung, Nahrung und Pflege brauchten, arbeiteten sie alle zusammen, um alles Notwendige zu beschaffen» Nicht einer schloß sich aus. Ging es doch um Kinder, die unschuldig zwischen die Mahlsteine eines unerbittlichen Krieges geraten waren. Andere, in dieser Gegend stationierte Truppen hörten von dem Plan und boten ihre Hilfe an. Gemeinsam halfen sie.beim Ausbessern des Hauses, beim Sammeln von Decken, beim Zurechtschneidern von Hosen, Kleidern und warmen Mänteln und beim Anfertigen von Spielsachen, wozu leere Konservendosen das beste Rohmaterial lieferten. Als der Tag des ersten Kindertransportes herangekommen war, entsandte eine Sanitätseinheit zwei Pflegerinnen'und einen Arzt an die Verladestelle nördlich des schicksalhaften 38. Breitengra­ des. Die Quecksilbersäule des Thermometers zeigte viele Grade unter Null, und ein Grüppchen von etwa 50 Kindern stand in Lumpen gehüllt, frierend im eisigen Nordwind. Als dann beim ersten Morgen­ grauen alle Vorbereitungen für den Abtransport der Kinder getrof­ fen waren, tauchte auch schon die Maschine am Horizont auf, kreiste und setzte zur Landung an. Fünfzig Augenpaare blickten aus völlig abgemagerten, apathischen Gesichtern stumm auf das Flugzeug. Kei­ nes der halbnackten, zerlumpten Kinder machte Anstalten,einzustei­ gen. Die Soldaten mußten sie an Bord heben. Die Sicherheitsgürtel schlenkerten sinnlos um die mageren Kinderkörper - man mußte den Hohlraum mit Kissen und Decken ausstopfen, sollten sie ihren Zweck erfüllen. An \

"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953

An der Rollbahn in Kangnung erwarteten "die Väter" die An­ kunft der Maschine. Kaplan Weidler, der sich mit den Kindern an Bord befand, reichte als ersten einen kleinen Koreaner heraus. Fünf Jahre mochte er alt sein, ein winziger, vollkommen ausge­ franster Lappen hing um seine mageren Hüften. Aber nur wenige Sekunden stand er so, denn schon riß sich einer der wartenden Soldaten die Oberjacke ab und legte sie dem kleinen hilflosen Kerlchen um die Schultern und nahm es auf den Arm. Das Kind ließ alles mit sich geschehen, ohne zu weinen, ohne zu lächeln, ohne Bewegung. Die Kantine der Flieger war eine große Baracke mit einem mächtigen Ofen in der Mitte und sauber gescheuerten Holzbänken und Tischen an den Seitenwänden. Hier saßen nun die "Väter" mit "ihren Kindern", die selbst für Süßigkeiten und andere Geschenke keinerlei Interesse zeigten. Als man ihnen die neuen Kleider an­ zog,hoben sie weder Arme noch Beine, um mitzuhelfen» Selbst die Kleinsten lagen ganz still - kein Weinen, kein Lachen, nichts. Dann setzten die Soldaten die ausgehungerte Kinderschar an die langen Tische und gaben ihnen heißen» wundervoll duftenden Reis. Die Kinder rührten ihn nicht an. Die Soldaten begannen sie vorsichtig damit zu füttern. Willig öffneten sie den Mund, kauten mechanisch und starrten geradeaus ins Leere. Plötzlich rief einer der älteren Jungen etwas auf Koreanisch und der Dolmetscher über­ setzte: "Sie haben uns erzählt, daß die amerikanischen Soldaten uns erst fett füttern und uns dann aufessen werden." Nur ganz allmählich gelang es dem Dolmetscher, die Kinder von dem Wohl­ wollen ihrer neuen Väter zu überzeugen. Langsam tauten sie auf. Es war erschütternd zu beobachten, wieviel ein wenig Wärme, etwas zu essen und ein freundliches Wort vollbringen können. Noch aber waren die Soldaten nicht zufrieden, auch die Familien zu Hause mußten von dem Plan hören und mithelfen. Noch niemals gingen so viele Briefe an einem Tage vom 12. Korps in Richtung Heimat ab. Der Appell war hicht umsonst. Aus Denville

in Kalifornien kamen 73 große Paketes und eine Kirchengemeinde in Texas kündigte schon wenige Tage später eine 800 Pfund schwere Kleidersendung an. In der Zwischenzeit - das heißt

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953 heißt zwischen den Fronteinsätzen - entstanden dann für das Waisen haus weitere Einrichtungsgegenstände und Spielsachen, und Sergeant Francis Parent baute aus einem alten Küchenherd, etwas Leinwand und Holz für die Kinder das, was heute als das "einzige Dampfbad der koreanischen Front" bekannt ist. Sonntag ist stets der Tag der Kinder. Die "diensthabenden" Soldaten wechseln Höschen, überwachen das Bad, spielen mit den Kindern, singen mit ihnen und unterrichten sie in der englischen Sprache. Als ich nach einiger Zeit wieder einmal nach Kangnung kam, um Aufnahmen von den Kindern zu machen, war keine Spur mehr von ihrer anfänglichen Apathie zu sehen. Sie liebten ihre ameri­ kanischen Väter heiß, denn alles, was sie besaßen, kam von ihnen, und alles, was sie zu hoffen haben, das wissen sie, kommt eben­ falls von ihren "Marines". Aus diesem ersten Waisenhaus der 12. Fliegerstaffel des Marinekorps sind inzwischen vier geworden. Sie betreuen heute 200 koreanische Waisenkinder. Noch lange danach, wenn keine ameri­ kanischen Soldaten mehr in Korea sein werden, wird man in Nord- wie in Südkorea von den "amerikanischen Vätern" sprechen. An sie wird man denken, wenn über den Grabhügeln wieder Gras ge­ wachsen sein wird, und von ihrer Hilfe werden sich Kind,und Kin­ deskind zu erzählen wissen.

(Aus "Ladies' Home Journal")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgendes Bild: Ein kleiner Koreaner, der wieder lachen gelernt hat.

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953

Das "New Yorker Komitee für Auslands­ korrespondenz" vermittelt Briefwechsel zwischen Amerika und den Ländern der freien Welt, wobei es bemüht ist, je­ weils Partner des gleichen Bildungs­ standes und gleicher Interessengebiete zusammenzubringen.

WER SCHREIBT MIR?

(45 Zeilen, 400 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Seit langem sind die Völker des Westens zu der Erkenntnis gelangt, daß eine internationale Verständigung und Zusammenarbeit nur dann erreicht werden kann, wenn die Bemühungen der Wirtschaftler und Politiker von dem Wil­ len der Bevölkerung begleitet werden, nationale Vorurteile und alteingewurzelte Mißverständnisse zu beseitigen. Viele Erfolge sind von Universitäten, Schulen und Organisationen in dieser Richtung bereits erzielt worden, aber es waren doch nur bestimmte Bevölkerungsschichten, die auf diese Weise über die Grenzen hin­ weg zueinander in Beziehung traten. Eine Gruppe amerikanischer Frauen hat nun einen neuen Weg beschritten, indem sie im Oktober vergangenen Jahres das "New Yorker Komitee für Auslands-Korrespondenz" als eine Sammelstelle gründete, wo die Korrespondenzwünsche von Menschen aus allen Be­ völkerungsschichten Amerikas und anderer Länder zusammenlaufen und weitergegeben werden. In den acht Monaten seines Bestehens hat das Komitee mit seiner Idee einen großen Widerhall gefunden. Aus Amerika und fast allen Ländern der freien Welt sind Briefe eingegangen mit der Bitte um Vermittlung eines ausländischen Briefpartners. Die meisten Anfragen kommen aus Deutschland, Indien und Japan. Erfreulicherweise, so erklärt die Leiterin des Komitees, Mrs. William B. Marsh, beteiligen sich in Deutschland alle Be­ völkerungsschichten an der Korrespondenz; allerdings sind fast 40 Prozent der Briefe an das Komitee in deutscher Sprache ge­ schrieben. Das bedeutet zwar eine große zusätzliche Belastung für Mrs. Marsh und ihren Stab ehrenamtlicher Mitarbeiter, aber "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953 i' i ii aber trotzdem versucht sie, auch diese Korrespondenzwünsche so schnell wie möglich zu erfüllen. Interessant ist es, daß sich in Amerika weitaus mehr Frauen an diesem Briefwechsel beteiligen wollen, als in den anderen Ländern. Sie möchten vor allem etwas über die Gestaltung der Heime, das Familienleben und viele an­ dere häusliche Angelegenheiten in fremden Ländern erfahren. Das Komitee ist bemüht, jedem einzelnen Schreiber einen Briefpartner zu verschaffen, der seinem Bildung3stand und seinen Interessen entspricht. Es ist nicht immer leicht, auf manchen ausgefallenen Interessengebieten einen Briefwechsel zu­ stande zu bringen; viele Briefe aus dem Ausland allerdings ent­ halten ganz allgemein die Bitte, etwas vom öffentlichen und pri­ vaten Leben in Amerika zu erfahren, und gleichzeitig den Wunsch, dem amerikanischen Partner etwas über das eigene Heimatland zu erzählen. "Wir glauben", sagt Mrs. Marsh, "daß diese Briefe als gute Botschafter ihres Landes durch einen Austausch informatori­ schen Wissens eine Menge Vorurteile beseitigen können; außerdem haben sich durch diesen Briefwechsel viele dauernde Freundschaf­ ten gebildet."

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- 9 - "AMERIKA DIENST"'- FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953

MIT DER SCHREIBMASCHINE FING ES AN Leben und Arbeit der berufstätigen Frau in den USA

( 80 Zeilen, 720 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die Amerikanerin besitzt seit jeher eine besondere Schwäche für ihre Schreibmaschine. Fast ist es so etwas wie eine kleine Liebelei, die sie für die­ se kleine, klappernde Maschine entwickelt hat, die im Jahre 1870 zum ersten Mal auf den Markt kam. Von Anfang an erwiesen sich die Frauen in der Handhabung der Schreibmaschine geschick­ ter als ihre männlichen Kollegen, und diese besondere Finger­ fertigkeit war es auch, die ihnen endgültig die Tore zu allen Verwaltungs- und kaufmännischen Berufen öffnete. Im Jahre 1870 gab es in den Vereinigten Staaten rund 13 000 weibliche Büroangestellte - heute sind es nahezu sechs Millionen. Dieser gewaltige Anstieg ging Hand in Hand mit dem Siegeszug der Schreibmaschine, die der Frau ein völlig neues Betätigungsfeld eröffnete, ohne daß sie dadurch die Männer von ihren alten Ar­ beitsplätzen verdrängte. So ist es auch zu erklären, daß die meisten berufstätigen Amerikanerinnen als Sekretärinnen, Stenotypistinnen und Buch­ halterinnen tätig sind, wenn auch Berufe wie Verkäuferin, Tele- phonistin, Kassiererin, Assistentin usw. durchaus keine Selten­ heit sind. Allerdings beschränkt sich auch in denjenigen Berufen, die mit der Arbeit an der Schreibmaschine verknüpft sind, der Aufgabenkreis schon lange nicht mehr auf das. Schreiben allein. Die Privatsekretärin von heute ist praktisch für den reibungs­ losen Ablauf der Arbeit ihres gesamten Büros verantwortlich und muß neben ihren rein handwerklichen Schreibkenntnissen auch hohe geistige und moralische Qualifikationen in ihren Beruf mitbringen. Entsprechend ihrer großen Selbständigkeit im Beruf hat die amerikanische Büroangestellte auch in ihrem Privatleben sozu­ sagen einen eigenen Stil entwickelt. In der Kleinstadt lebt sie zwar im allgemeinen auch weiterhin in ihrem Elternhaus und trägt durch ihre Arbeit zum Cesamtverdienst der Familie bei, in der

- 10 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 20. Mai 1953 der Großstadt jedoch führt sie ein weitgehend selbständiges Leben. Meist hat sie ihre eigene Wohnung, besorgt selbst ihren Haushalt und verfügt frei über das Geld, das sie verdient. Oft teilt sie allerdings ihre Wohnung mit einer oder mehreren anderen Kollegin­ nen, um die Ausgaben zu verringern. Dann wird gewöhnlich gemein­ sam gekocht, gemeinsam die Wohnung in Ordnung gehalten, und auch die kleinen "Hausparties*1 werden gemeinsam arrangiert. Die durch­ schnittliche berufstätige Amerikanerin ist unverheiratet. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: einmal wollen die Frauen nicht mehr im Büro arbeiten, wenn sie verheiratet sind und einen grö­ ßeren Haushalt zu versorgen haben; zum anderen ziehen die Arbeit­ geber unverheiratete Frauen den verheirateten vor, da jene ihr Interesse nicht zwischen Heim und Büro teilen müssen; und schließ­ lich geht aus Statistiken hervor, daß in 17 von 20 Fällen die Frauen schon in den ersten Jahren der Ehe Mutter werden. Ganz ähnlich ist die Situation der Amerikanerin, die in der Fabrik oder einem ähnlichen Betrieb arbeitet. Auch ihr Aufgaben­ gebiet hat sich in den letzten Jahren bedeutend erweitert, wobei allerdings die während der Kriegsjahre entstandene Situation des Arbeitsmarktes wesentlich zu dieser Entwicklung beitrug. Zur Zeit gibt es mehr als vier Millionen Fabrikarbeiterinnen in den Ver­ einigter? Staaten, die ebenso wie ihre männlichen Kollegen auch als Spezialistinnen und Facharbeiterinnen tätig sind. Das Leben dieser Arbeiterinnen unterscheidet sich nur wenig von dem der Büroangestellten. Allerdings ist ein weit höherer Prozentsatz von ihnen verheiratet oder lebt weiterhin im Hause der Eltern, die oftmals in der gleichen Fabrik arbeiten wie sie selbst. Überhaupt findet man in den USA häufig den Fall, daß einzelne Iabriken ihre Arbeiterschaft aus bestimmten Bevölkerungs­ gruppen ziehen. So waren* zum Beispiel die Arbeiterinnen der ersten Baumwollspinnereien Neu-Englands fast ausschließlich Töchter der ansässigen Farmer} nach dem Zustrom der Einwanderer aus Irland bildeten die Frauen und Töchter dieser Neu-Amerikaner das Gros der Spinnerei-Arbeiterinnen, und noch später waren es die Frauen der französischen Kanadier, die sich hauptsächlich auf diesem Arbeitsfeld betätigten. Die

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Die dritte Gruppe der berufstätigen Amerikanerin schließ­ lich setzt sich aus denjenigen Frauen zusammen, die, wie das statistische Bundesamt es bezeichnet, "... Beratungs-, Verwal- tungs- oder Forschungsarbeiten leisten, die sowohl berufliche wie auch technische Vorbildung voraussetzen". Im Jahre 1950 waren mehr als 1,75 Millionen Frauen in diesen Berufssparten tätig. Etwa 75 Prozent dieser gesamten Gruppe sind Lehrerinnen und Krankenschwestern. Der Rest setzt sich aus Musikerinnen, Wohlfahrtspflegerinnen, Bibliothekarinnen, Laborantinnen, Jour­ nalistinnen, Künstlerinnen und Angehörigen aller anderen akademi­ schen Berufe zusammen. Auch die Angehörigen dieser Berufsgruppen sind zum größten Teil unverheiratet, besitzen jedoch meist eine hübsche, eigene Wohnung und einen eigenen Wagen. Die ursprünglich engen Grenzen ihres Berufes haben die meisten von ihnen bereits lange über­ schritten, indem sie - vor allem als Lehrerinnen - starken Ein­ fluß auf das öffentliche und gesellschaftliche Leben der Stadt oder Gemeinde ausüben, in der sie leben.

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KURZNACHRICHTEN

KINDERSTERBLICHKEIT GESUNKEN

(7 Zeilen, 60 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Nach den neuesten ameri­ kanischen Statistiken ist die Kindersterblichkeit in den Ver­ einigten Staaten in den letzten Jahren weiter zurückgegangen. Von je 1 000 in diesem Jahr in den USA geborenen Kindern werden voraussichtlich 950 das zwanzigste Lebensjahr überschreiten, während noch im Jahre 1900 nur 770 von 1000 Kindern eine Lebens­ erwartung von 20 Jahren besaßen.

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FRAUEN IM UN-SEKRETARIAT

(6 Zeilen, 60 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wie aus einem jetzt ver­ öffentlichten Bericht der Vereinten Nationen hervorgeht, waren Ende 1952 nahezu ein Fünftel aller Angestellten des UN-Sekre­ tariates Frauen. Von den 1 344 ständigen Positionen wurden damals 258 von Frauen eingenommen. Dazu kommen 37 festangestellte Frau­ en, die im Stab der verschiedenen UN-Büros in aller Welt arbeiten.

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KUNSTWERKE ALS THERAPIE

( 8 Zeilen, 70 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Ein Komitee von leitenden Museunsbeamten und Ärzten der Stadt New York arbeitet zur Zeit Pläne aus, nach denen laufend Kunstwerke in den Krankenzimmern und Korridoren der Krankenhäuser ausgestellt werden sollen. Die Bilder kommen aus Museen, Galerien, Kunstschulen und privaten Sammlungen. Mrs. Walter Hochschild, die die Leitung des Komitees übernommen hat, ist davon überzeugt, daß sorgfältig ausgewählte Kunstwerke für die Patienten großen therapeutischen Wert haben können. ***** - 13 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 Die lehrbaren Grundlagen des Familienlebens wie Kindererziehung, Wohnraumgestaltung und psychologische Probleme werden heute schon in vielen Schulen in einem besonderen Un­ terrichtsprogramm behandelt.

UNTERRICHTSFACH: "FAMILIENLEBEN" Von Dr. Marie Dirks

( 85 Zeilen, 760 Wörter) STATE NORMAL UNIVERSITY, ILLINOIS — (Amerika Dienst) -- Hohe Scheidungszahlen und zunehmende Jugendkriminalität sind einige der Symptome, die darauf schließen lassen, daß die Fa­ milie, die wichtigste Grundlage des Gemeinschaftslebens, brächig geworden ist, denn immer wieder kann man beobachten, wie schnell eine Familie unter ungünstigen äußeren Verhältnissen zusammenbricht Vieles ist über die Ursachen dieser beunruhigenden Tatsachen ge­ schrieben worden, von denen eine der wesentlichsten zu sein scheint, daß Stil und Tradition im Familienleben verloren ge­ gangen sind. Früher wurde die Autorität des Familienoberhauptes diskussionslos anerkannt, die Erziehung der Kinder zu einer frühzeitigen Selbständigkeit aber hat dazu geführt, daß die Kinder ihre Eltern gegeneinander ausspielen, mit dem unbewuß­ ten Ziel, auf diese Weise ungestörter ihre eigenen Wege gehen zu können. Manche äußeren Umstände haben diese verhängnisvolle Ent­ wicklung begünstigt. Häufig arbeiten beide Elternteile. Ein anderer Faktor ist die Beschränkung des Wohnraumes, in deren Verlauf alle nicht dringend notwendigen Räume, wie Hinterhöfe, Keller, Abstellkammern, Dachgeschosse, Studier- und Speise­ zimmer abgeschafft werden und nur eine bis in die letzten Winkel ausgenützte,beschränkte Wohnfläche übrigbleibt. Das sind einige der äußeren Faktoren, die ein harmonisches Familienleben erschweren. Aber ebenso leicht unterliegt die Familie der Ge­ fahr der inneren Aushöhlung, da viele junge Leute in einem Al­ ter heiraten, in dem sie noch absolut nicht um die Verantwor­ tung wissen, die sie mit einer Familiengründung übernehmen. Unreif und unerfahren kennen sie Hunderte von Dingen nicht, die zu den Grundlagen eines Familienlebens gehören. Sie glauben mit etwas Kleingeld in der Tasche einen Haushalt führen zu können, machen damit noch unrentable Anschaffungen und verstricken '»AMERIK AM A DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 verstricken sich hoffnungslos in Abzahlungsgeschäfte. Erzieher aus Kirche und Staat suchen immer wieder nach neuen Möglichkeiten,um das moderne Familienleben heil durch die vielen Klippen zu steuern, die es im Zeitalter der sozialen Umschichtungen bedrohen. Die instinktive Sicherheit, mit der die Menschen jahrhundertelang die innere und äußere Struktur der Familie wahren konnten, ist endgültig verschwunden, und das Leben in der Familie ist etwas wie eine "Kunstfertigkeit" geworden, die gelehrt werden muß. In Erkenntnis dieser Tatsache haben viele Schulen ein Erziehungsprogramm in ihren Unterrichts­ plan eingebaut, das Knaben und Mädchen die lehrbaren Grundlagen des Familienlebens vermitteln und ihnen damit das Zusammenleben mit ihren Eltern und Geschwistern und auch später mit ihrer eigenen Familie erleichtern soll. Beispielsweise verwandelte man für einige Wochen den Klassenraum einer Haushaltsschule in einen Kindergarten und ließ die Schüler sich mit den Drei- und Vierjährigen beschäftigen. Die Erfolge waren verblüffend. Schüler, die ihre kleinen Geschwister bisher als ein notwen­ diges und lästiges Übel betrachtet hatten, merkten bald, daß der Hauptgrund für manchen Streit ihr eigener Mangel an Ver­ ständnis für die typischen Verhaltensweisen eines Kindes war. Durch die Beobachtungen, die sie in diesem Kindergarten machen konnten, lernten sie sehr schnell, wie ein Kind auf Lob oder Tadel reagiert, wie sich Scheu oder Halsstarrigkeit äußern, und daß man oft mit Ablenkung durch Spiel bei den Kleinen mehr erreichen kann als mit Schelten. Nach diesen zwei Wochen hat­ ten die Schüler ihre Hemmungen im Umgang mit Kindern völlig überwunden und zeigten eine echte innere Anteilnahme. In einem anderen Kurs werden ältere Schüler unter Leitung eines Grundbesitzers und eines Holzhändlers mit den Einzelhei­ ten des Hausbaus vertraut gemacht, sie lernen die verschiedenen Baumaterialien kennen und unterrichten sich über die Verwendung moderner Kunststoffe wie Fiberglas, Dacron und Orion. Häufig werden die Schüler bei der Besichtigung fertig eingerichteter Wohnungen mit Kostenaufstellungen nach eigener Schätzung be­ auftragt. Immer wieder mußten sie feststellen, daß die tatsäch­ lichen Kosten weit über ihren Schätzungen lagen. In Verbindung mit Kostenfragen werden die Schüler von Fachleuten in die Pra­ xis der Kredit- und Abzahlungsgeschäfte und der Versicherungen

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 Versicherungen eingeführt. Allerdings bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten über das Alter, in dem die Jugendlichen mit diesen Problemen des Familienlebens bekanntgemacht werden sollen. Vieles spricht dafür, daß man die Jugendlichen schon recht früh in diese Kurse bringt, um solchen, die sich vorzeitig aus der Familiengemein­ schaft lösen, möglichst vorher noch diese wichtigen Kenntnisse zu vermitteln. Andererseits wird häufig zur Geltung gebracht, daß diese Kurse den Jugendlichen eines reiferen Alters viel größeren Gewinn bringen können. Für sie haben diese Probleme unter Umständen eine große Aktualität, da sie oft schon vor der Gründung eines eigenen Haushaltes stehen. Für sie sind z.B. Diskussionen interessant über das Thema: "Wie sollen die Auf­ gaben verteilt sein, wenn beide Ehepartner einen Beruf haben?" Gleich in welchem Alter aber die Jugendlichen an diesen Kursen teilnehmen, sie werden als bleibenden Gewinn ein Ver­ ständnis für die mannigfaltigen menschlichen Verhaltensweisen mitnehmen und Toleranz ihrer nächsten Umgebung gegenüber gelernt haben.

(Aus "NEA Journal")

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PHANTASIE UND KINDERLÜGEN Von Prof. Dr. Hans Hoff und Dr. Eva Laible

(HO Zeilen, 1260 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Professor Hoff, der zusammen mit seiner Mitarbeiterin Dr. Eva Laible den folgenden Artikel schrieb, ist heute Leiter der Wiener psychiatrisch-neurologi­ schen Universitätsklinik, nachdem er im Jahre 1949,nach Jahren wissenschaftlichen Wirkens an der New Yorker Columbia-Universität,nach Wien zurückgekehrt war. Phantasiewelt des Kindes! Welt der Einbildungen und Vor­ stellungen, der Märchen und Symbole! Wie ist es möglich, daß das kleine Kind in spielerischer Selbstverständlichkeit diese Traum­ welt mit der Wirklichkeit seiner eigenen Existenz und der seiner Umgebung verflechten kann, wieso vermag die kindliche Seele dieses scheinbare Nebeneinander so unterschiedlicher Qualitäten des Er­ lebens zu bewältigen? Wollen wir versuchen, einen Einblick in die Struktur der kindlichen Erlebniswelt zu nehmen, so müssen wir vermeiden, Vor­ aussetzungen, wie sie beim Erwachsenen gegeben sind, einfach auf das Kleinkind zu übertragen. Würden wir nämlich annehmen, daß auch das Kind fähig ist, die bewußt wahrgenommene und abgegrenzte Außenwelt von der Vorstellungswelt, die es aus seiner eigenen Seele schöpft, zu trennen, würden wir uns der Möglichkeit bege­ ben, das Phantastische im seelischen Erleben des Kleinkindes zu verstehen. Bedenken wir, daß das kleine Kind noch nicht fähig ist, abstrakt zu denken, daß es jenseits seiner inneren Möglich­ keiten liegt, die Wirklichkeit der Erwachsenenwelt zu erfassen, und daß es ihr auch gar nicht gewachsen ist. Das Kind lebt in seiner eigenen, wohlausgebildeten und festgefügten Realität, einer in sich geschlossenen und dennoch unendlichen Welt, deren Mittelpunkt, auf den alles übrige bezogen und eingestellt ist, seine eigene Person darstellt; eine Welt, in der sich ursprüng­ lich alles ohne sein Zutun nur zu seinem Wohle fügt.

Wie

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Wie durch eine Zauberformel wird die einfache Realität des Kinderzimmers oder die Natur zum Reich des kleinen allmächtigen Herrschers, auf dessen Geheiß sich die Sonne anschickt, schlafen zu gehen, Feuer entsteht und verlischt, das Wasser seinen Lauf ändert, ein unansehnliches Stück Holz die Rolle eines zärtlich umsorgten Puppenkindes oder einer kostbaren Waffe übernimmt und der mit nachsichtiger Güte oder unerbitterlicher Strenge über imaginäre Untertanen gebietet. In den unbegrenzten Möglichkeiten des Spiels kann die Phantasie sich frei ausleben, sie findet neue Nahrung und Widerhall in Märchen und Sagen. Sie ist der versöhnende Schutz, unter dem das Kind seine Abwehr gegenüber den Ansprüchen der Außenwelt abreagieren kann und bewahrt es vor allzu schonungsloser Aufklärung über seine eigene Ohnmacht gegenüber einer Wirklichkeit, in die es ja erst hineinwachsen soll. Sie ist der Schleier, hinter dem sich die Anpassung voll­ zieht und den kein einsichtsvoller Erzieher als "Lügen" ent­ larven wird. Nach der kinderpsychologischen Erfahrung sind Lügen im Sinne bewußt falscher Aussagen vor dem dritten bis vierten Lebensjahr kaum bekannt. Was dem Laien in diesem frühen Kindesalter viel­ leicht schon als lügenhaft erscheint, wird man wohl außer der lebhaften Phantasie den begrenzten Ausdrucksmöglichkeiten zu­ schreiben. Die ersten Ansätze zur bewußten Täuschung kündigen sich in der einfachen und meist so durchsichtigen Art an, in der das Kind sich verstellt, um seine wahren Gefühle zu verbergen, wie z.B. das kleine Mädchen, das eben noch die Tante freudig be­ grüßt und ihr geschäftig eine neue Puppe herbeiholt, kaum hat die Tante aber den Rücken gewendet, seine Abneigung unverhohlen kundtut, indem es die Zunge herausstreckt. Über den Grund dieser plötzlichen Sinnesänderung von der Mutter befragt, bekennt es ohne Scheu, daß es die Tante ja "nicht leiden" kann. Wir würden wohl der kleinen Übeltäterin Unrecht tun, wenn wir sie nun schon der Verlogenheit bezichtigen würden, sehen wir doch so deutlich, daß hier anerzogene konventionelle Rücksichten mit den Gefühlen des Kindes in Konflikt gekommen sind. Wir müssen wohl annehmen, daß im Kind ursprünglich die Fähigkeit zur Lüge gar nicht ange-

- 5 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 angelegt ist, sondern daß erst unsere frühen Erziehungsmaßnahmen, die auf Unterdrücken und Verbergen von Triebansprüchen ausge­ richtet sind, den Weg zum Nicht-wahr-Sein bahnen. Darüber hinaus wird das aufmerksam beobachtende Kind mit zunehmendem Alter im­ mer deutlicher gewahr, daß ja auch die großen und geliebten Vorbilder, Eltern oder Erzieher, die es zu imitieren sucht, häufig ihren Worten einen anderen Sinn geben, als sie durch ihre Handlungen ausdrücken. Wo soll das Kind ein Maß anlegen, wie die konventionell gebilligte Notlüge des Alltages von der verpönten Unwahrheit unterscheiden? Woher soll es wissen, daß es zwar der Mutter erlaubt ist, einen unliebsamen Besucher ab­ zuweisen, indem sie vorgibt, krank zu sein, während sie sich bei guter Gesundheit befindet, daß es aber ein sträfliches Ver­ gehen ist, wenn es die Frage nach Schulaufgaben verneint, da­ mit es sich schnell und ungehindert zum Spiel begeben kann. Wie können wir vermeiden, durch ungewolltes Beispiel selbst das Kind zum Gebrauch unwahrer Ausreden zu verführen? Die ideale Lösung, daß das Kind niemals Zeuge kleiner Unwahrheiten bei den geliebten Vorbildern wird, läßt sich unter den Belastungen des modernen Lebens leider - auch bei bestem Willen - nicht immer verwirklichen. Die schmerzlichste aller Erfahrungen für das Kind ist es aber, wenn es an der Vollkommenheit der Eltern und Erzieher zu zweifeln beginnt, der Unfehlbarkeit gerade der Per­ sonen, unter deren mächtigem Schutz es den sichersten Weg in die Realität findet. Vor dieser Enttäuschung kann es sicherlich be­ wahrt werden, wenn - wie in unserem Beispiel - die Mutter selbst dem Kind rechtzeitig verständlich macht, warum sich die kleine Unwahrheit, die an sich nicht erlaubt ist, zum Wohle der Familie nicht vermeiden ließ. Mit solcher' Offenheit kann vielleicht den Eltern viel späterer Kummer und dem Kind leidvolles Erleben er­ spart werden. In beiden geschilderten Fällen waren es außerhalb der kindlichen Seele liegende Faktoren, die wir für Unwahrheiten verantwortlich gemacht haben, anders ist es, wenn eine innere Problematik sich gleichsam als Symptom in der Lüge äußert. Wir haben gesehen, wie die Produkte der Phantasie eine natürliche

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 natürliche Etappe in der seelischen Entwicklung des Kindes sind. Das Bedürfnis, der Stärkste und Mächtigste zu sein, das sich früher in Spielen und Träumen geäußert hat, zeigt sich in spä­ teren Jahren oft in hemmungsloser Prahlerei, bei der plasti­ sche Schilderungen von Wettkämpfen, aus denen der kleine Held stets als Sieger hervorging, phantastische Berichte über den Beruf des Vaters - Löwenjäger in Afrika, Admiral einer großen Flotte - oder auch Erzählungen von märchenhaften Schätzen, die in einem Versteck der elterlichen Wohnung verborgen sind, im­ mer wiederkehren. Es ist nicht schwer zu sehen, wie der kleine Prahler die Aufmerksamkeit und Bewunderung seiner Freunde auf sich lenken will und wie er es auskostet, für kurze Zeit Mit­ telpunkt zu sein. Für diesen Augenblick nimmt er es auf sich, daß sein durchsichtiges Gebäude binnen kurzem durchschaut sein wird und er dem Spott seiner früheren Bewunderer preisgegeben ist. Diese Großmannssucht verschwindet normalerweise, klingt langsam aus und macht gerichteten realen Interessen Platz. Nur dann, wenn sie über einen längeren Zeitraum immer wieder in neuer Verkleidung auftritt und sich in einer bestimmten Weise fixiert, müssen wir daran denken, daß ein tiefes im seelischen Erleben gelegenes Minderwertigkeitsgefühl hier seinen kompen­ satorischen Ausdruck findet. Es kann uns dann ein Signal sein, mit dem sich vielleicht eine spätere Störung im Gemütsleben des Kindes ankündigt. Dasselbe gilt für Unwahrheiten, die sich vor dem Hintergrund von Neid und Rachsucht aufbauen und die nur schlecht verhüllter Ausdruck mühsam gebändigter Aggressio­ nen sind. Lügen können für eine Periode in der Entwicklung eines Kindes auftreten, das darüber hinaus nie Schwierigkei­ ten der Erziehung bereitet hat,und können wieder von selbst verschwinden, um nicht wiederzukehren. Auch wenn die Neigung zur Unwahrheit sich markanter abzeichnet, wird es in vielen Fällen dem Erzieher gelingen, mit Einfühlung und pädagogischem Geschick dem Kind in seinen Schwierigkeiten zu helfen. Wenn hier Erfahrung und Können versagen, müssen wir daran denken, daß die Lüge auch nur einziges Symptom sein kann, hinter dem sich eine Erkrankung der Seele, eine Neurose, schon im Kindes­ alter verbirgt. * * * * (Nach "Erziehung")

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Nachstehender Artikel ist dem Monatsbericht deutscher Studenten an der Cornell-Universität (Ithaka) "Überm großen Teich" entnommen.

DIE NEW YORKERIN Eine kleine Modeplauderei Von U. M. Weber

(75 Zeilen, 680 Wörter) ITHAKA — (Amerika Dienst) — Wohl in keinem Land der Welt kann man so wenig verallgemeinern wie in Amerika: man findet Extre­ me genau so wie den oft gepriesenen goldenen Mittelweg. Als ich kürzlich die Fifth Avenue in Manhattan, New York City, entlangschlenderte, hätte ich wohl verallgemeinernd be­ haupten können: die New Yorkerin ist die bestangezogene Frau der Welt. Schlangenlederhandtaschen und hochhackige Schlangen- lederschuhe, kostbarste Pelze und blitzende Ohrgehänge drängten sich dem Beobachter auf. Ausnehmend gut geschminkte Gesichter schöner Frauen sah ich vor den Schaufenstern der Kosmetik- Salons von Helena Rubinstein und Elizabeth Arden. Reichtum und Eleganz auf beiden Seiten dieser berühmten New Yorker Straße. Vom Washington Square, wc die Fifth Avenue endet, hinüber zur East-Side verwandelt sich das Straßenbild, und auch die Kleidung der Menschen ist verändert - zwar nicht besonders ins Auge fallend - aber Stoffe und Farbenwahl sind nicht mehr so vollendet wie in der Fifth Avenue. In vermehrter Anzahl sieht man "slacks" oder "blue jeans" - lange Hosen. Da ich gerade von "slacks" spreche: In New York gilt ein Mädchen selbst in den bestgeschnittenen "slacks" nicht als or­ dentlich angezogen. Und keines würde sich in "jeans" (Drei­ viertelhosen) auf die Fifth Avenue wagen. Ja, in den großen Büros in der Gegend um das Rockefeller Center gilt es als Ge­ setz für "office girls", nie lange Hosen zu tragen. - Zudem sind auch flache Schuhe bei den weiblichen Büroangestellten, wie fast bei allen New Yorkerinnen, verpönt. Der hochhackige Pumps macht einen schlanken schönen Fuß, und auch die Fabrik­ mädchen mit 35 Dollar die Woche lieben es, schlanke schöne

- 8 - AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 schöne Füße zu haben. Wie die Kleidung, so ändern sich auch die Gesichter der Frauen, je weiter man sich vom Zentrum der City entfernt. Sieht man dort gutaussehende, geschmackvoll geschminkte Frauen, so sehen die Frauen in den weniger luxuriösen Gegenden vielfach frühzeitig gealtert aus und benutzen häufig keine Schminke mehr. Die jungen Mädchen gebrauchen billigere Lippenstifte, die auf allen Glas- und Tassenrändern Spuren hinterlassen,und schnell abbröckelnden Nagellack. Weil das Geld nur selten für den Fri­ seur reicht, tragen sie das Haar in einem "Pferdeschwanz", am Hinterkopf mit einer Schleife zusammengebunden. College girls, Studentinnen, haben in New York wie an allen anderen Universitäten der USA ihre eigene Mode. Dazu gehören unbedingt weiße Söckchen und weißbraune, flache Halbschuhe, die sogenannten "play-shoes". Socken und "play-shoes" werden auch im Winter getragen. Auffallend ist die Sorgfalt, die die New Yorkerin - wie überhaxipt die Amerikanerin - auf die Auswahl einer gut zu ihrem Typ und zu ihrer Kleidung passenden Brille verwendet. Im allge­ meinen trägt die Frau in Amerika ihre Brille mit größerer Selbst­ verständlichkeit als die Europäerin. Die Röcke werden durchschnittlich länger getragen als in Deutschland. Man liebt die Glockenform mit betonter Taille; unter­ stützt durch sehr breite Gürtel. Bei den Mänteln findet die be­ queme Hängerform auch hier zahlreiche Liebhaberinnen. Um auf die New Yorkerin im besonderen zurückzukommen: sie trägt sehr wenig Hüte. Im Winter sieht man vereinzelt Basken­ mützen und oft die kleinen Holländermützehen mit imitiertem Pelzbesatz. Wert legt man auf gute Gesellschaftsgarderobe, die meist mehrere bodenlange, schulterfreie, tüllumrauschte Abendkleider einschließt und wenigstens ein dunkles Cocktail-Dress. Rock und Pullover sind nur als Hauskleidung beliebt, nur an den Universitäten sieht man sie in Klassenräumen und Biblio­ theken. Man bindet zum Pullover häufig ein buntes Tüchlein um den Hals, verknotet es und läßt die Enden abstehen. Am

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Am liebsten zeigt sich die New Yorkerin in ausgesucht schöner Kleidung und liebt reichen glitzernden Schmuck. "Das Diamantenhufeisen" heißt der Logen-Ring der Metropolitan-Oper, in dem bei Premieren die schönsten Frauen New Yorks sitzen. Echte Diamanten können sich jedoch auch dort nur die Wohlhaben­ den leisten. Gewöhnliche Sterbliche nehmen gerne mit glitzern­ den Imitationen vorlieb. Stärkste Kontraste zwischen Amerika und Europa bestehen in der Farbenwahl. Man liebt und trägt mit Vorliebe leuchtende Farben, besonders im Frühjahr und Sommer. Der Herbst zeigt nur um ein weniges gedämpftere Töne. Im Winter bevorzugt man auch hier - wie überall in der Welt - dunkle Kleidung. In jeder Al­ tersstufe allerdings gibt die New Yorkerin Schwarz und Blau den Vorzug vor Braun. Das ist die New Yorkerin: modisch gekleidet, immer auf ihre schlanke Taille bedacht, schlagfertig und ein wenig schnip­ pisch und stets bereit zu einem fröhlichen "date".

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In vielen Reservationen leben die Indianerinnen noch im Stile ihrer Vorfahren, andere jedoch haben die Reservationen längst verlassen und sind wie ihre weißen Schwestern moderne Repräsentantinnen einer modernen Welt geworden.

EINST HÄUPTLINCSSQUAW, HEUTE KONGRESSMITGLIED

(68 Zeilen, 610 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die Indianerfrauen aus den Stämmen der Apachen, der Navajos, der Pueblos, der Cherokee- und Cheyenne-Indianer und wie sie alle heißen mögen, führen heute nicht mehr das sagenumwobene Leben ihrer Mütter und Großmütter. Damals kam eine Frau über die Grenzen der Reservationen kaum hinaus, sie konnte weder lesen noch schreiben, und ihr Leben war stark beeinflußt von den Traditionen'und kultischen Bräuchen, die sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbten. Heute ist selbst in die kleinsten Siedlungen etwas von dem Geist der modernen Zeit eingedrungen. Schulen und Krankenhäuser, Lehrstätten für modernen Handwerksbetrieb, Kurse für die neuesten Methoden der Haus- und Landwirtschaft und Ausbildungsmöglichkeiten für passende Frauen­ berufe sind jedermann zugänglich, und viele Indianerinnen machen gern von diesen Gelegenheiten Gebrauch. Von den in den USA heute lebenden rund 432 000 Indianern hat ein Drittel die Reservation verlassen und führt das gleiche Leben wie die Weißen. Der Rest aber blieb. Hier ist das Leben noch weitgehend traditionsgebunden. Noch manche Indianerin lebt im Stil ihrer Vorfahren und verrichtet ihre Hausarbeit nach ur­ altem Brauch. Bei den Pueblo-Indianern in Neu-Mexiko z.B. mahlen Frauen noch immer selbst ihr Mehl, aus dem sie in auf der Straße stehenden primitiven Backöfen große runde Brotlaibe backen. Ihre Wäsche waschen sie auf flachen Steinen am Flußufer. Die Indianerinnen sind äußerst geschickte Spinnerinnen und Weberinnen. Besonders berühmt für ihre herrlichen Decken und Teppiche sind die Navajos. Ihre Frauen, so sagt man, stellen die schönsten Decken und Teppiche der Welt her. Die Webtechnik der Navajo-Frauen ist dieselbe wie vor Jahrhunderten. Immer noch

- 11 - "AMERIKA DIENST" - Fl'R DIE FRAU 3. Juni 1953 noch verwenden sie den primitiven vertikalen Webstuhl mit dem einfachen Rahmen. Da keine Weberin nach Vorlagen arbeitet, gleicht kein Teppich dem anderen, aber alle sind sie dicht, haltbar und edel in den Farben und Mustern. Die Motive waren ursprünglich sehr einfach, sie bestanden meist aus horizontalen Streifen. Da­ neben gibt es heute Quadrate und Rechtecke, Zickzacklinien, die den Blitz, und Dreiecke, die die Wolken versinnbildlichen. Da die Navajos einer alten Sage nach ihre Kunst von der Spinne ge­ lernt haben, weisen manche Decken und Teppiche kleine Löcher auf, die an das Loch in der Mitte des Spinnennetzes erinnern. So ge­ schickt wie die Navajo-Frauen im Weben sind die Sioux-Frauen in der Töpferei. Ihr Keramikgeschirr ist von klassischer Einfach­ heit und trägt die traditionellen Muster der indianischen Stämme. Als die Indianer noch die Herren der Prärien waren, stellten ihre Frauen nur dann neue Gebrauchsgegenstände her, wenn die alten unbrauchbar geworden waren oder wenn ein Mädchen heiratete und eine Aussteuer brauchte. Erst als dann später die indianische Kunst in Mode kam und der Verkauf der handwerklichen Erzeugnisse zu einem der Haupterwerbszweige der Stämme wurde, mußte die Pro­ duktion vielfach auf ihre Kunden umgestellt werden. Heute ist die indianische Handwerkskunst eine Industrie ge­ worden mit eigenen Verkaufsstellen in den großen Städten. Da gibt es handgeflochtene Körbe <= winzigkleine bis riesengroße - zu kaufen, kunstvolle Elfenbeinschnitzereien, Keramiken, handgeweb­ te Decken und Teppiche, prächtige Stickereien, Silber- und Halb­ edelsteinschmuck mit uralten Ornamenten und Aquarelle. Besonders beliebt sind "Parkas", kurze Pelzjacken mit Kapuzen, und "Mukluks"- weiche Pelzstiefel mit Sohlen aus Walhaut. Heute findet man in den Reservationen den Geist der alten Zeit neben dem der neuen. Die Bekanntmachungen im Dorf erfolgen noch immer durch den "Stadtschreiber", der sie öffentlich aus­ ruft, und sie werden wie in biblischen Zeiten am Brunnen des Dorfes diskutiert. Aber in vielen der Lehmziegelhäuser findet sich ein Radioapparat. Die junge Generation hat längst lesen und schreiben gelernt, viele besuchen außerhalb der Reservationen Colleges und Univer­ sitäten, und manche Frau aus indianischem Blut hat große Karriere

- 12 - »AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953

Karriere gemacht. So war eine der ersten Frauen im US-Kongreß die Indianerin Roberta Campbell, die Präsidentin der Föderation amerikanischer Frauenklubs»und einen großen Namen hat sich Maria Tallchief, die schöne Ballerina des New York City Ballet, gemacht, die in der ganzen Welt Triumphe gefeiert hat, und ebenfalls berühmt wurde Yma Sumac, die "Nachtigall" aus dem Stamm der Ketschua-Indianer.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos zu obigem Artikel folgende Eilderi 1) Indianerin aus dem Stamme der Navajos..Im Hintergrund hand­ gewebte Erzeugnisse. Die Schaf­ schur ist bei den Navajos genau wie das Sortieren, Reinigen, Färben und Verweben der Wolle Angelegenheit der Frauen. 2) Indianische Korbflechterin bei der Arbeit.

- 13 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953 DAS KLEINE PORTRÄT (X) JACQUELINE COCHRAN - SCHNELLER ALS DER SCHALL Eine Frau bricht absoluten Schnelligkeitsrekord für Flugzeuge ( 40 Zeilen, 360 Wörter) EDWARDS AIR FORCE BASE, KALIFORNIEN ~ (Amerika Dienst) — Jacqueline Cochran, eine der bekanntesten amerikanischen Flie­ gerinnen, hat kürzlich als erste Frau in einem F-86-Sabre-Düsen- flugzeug die Schallgeschwindigkeit überschritten. Gleichzeitig hat sie mit der Durchschnittsgeschwindigkeit von 1043,2 km/Std. einen neuen internationalen G-eschwindigkeitsrekord aber 100 Kilometer aufgestellt. Dieser jüngste ihrer vielen Rekorde, den sie auf der Teststrecke 160 km nordlich von Los Angeles ge­ flogen hat, wurde offiziell von Charles Logsdon und Dudley Wright durch elektrische und photographische Messungen abge­ nommen. Logsdon und Wright arbeiten im Auftrag der "National Aeronautic Association", einer Tochtergesellschaft der "Fede- ratjon Aeronautique Internationale", dem Forum, von dem Flug­ weltrekorde anerkannt werden müssen. Jacqueline Cochran, im Privatleben Inhaberin einer kosme­ tischen Fabrik, ist mit dem Finanzmann Floyd B. Odium verhei­ ratet. Seit dem Jahre 1932 widmet sie sich der Fliegerei und hat seitdem viele Rekorde aufgestellt. Für ihre Verdienste während des Krieges als Test-Pilot der amerikanischen Luftstreitkräfte hat sie die "Distinguished Service Medal" (die zweithöchste militärische Auszeichnung der Vereinigten Staaten) erhalten; sie bekleidet übrigens den Rang eines Oberstleutnant der Reserve. Vor ihrem jüngsten Rekordflug war Jacqueline Cochran häu­ fig von ihren Freunden gedrängt worden, die Fliegerei aufzugeben, solange sie noch auf der Höhe ihres Ruhmes steht. Aber schon im Jahre 1951, als Oberst Ascani, der heute dem Teststab des "Edwards Air Force"-Flugplatzes angehört, den Geschwindigkeitsrekord auf der 100 Kilometerstrecke aufstellte, äußerte sie die Absicht, diesen Rekord zu brechen. Colonel Ascani versprach Hilfe und schlug ihr vor, den Versuch mit einem F-86-Sabre-Düsenjäger zu machen, dessen Motor durch die stärkere englische Orenda-Ma- schine ersetzt wurde.

Während

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Während des Trainings in den Tagen vor dem Rekordflug über­ schritt Jacqueline Cochran bei einigen Sturzflügen mit ihrer Maschine als erste Frau die Schallgeschwindigkeit. Mehrmals am Tage wurdendie Bodenbeobachter durch die explosionsgleiche Schallwelle erschreckt, die bei der Durchbrechung der Schall­ grenze auftrat. Den eigentlichen Rekordflug flog sie in einer Höhe von 300 bis 500 Metern auf einer Rundstrecke, die durch zwölf Signalmasten markiert ist. Dabei übertraf sie den Rekord Ascanis um 27 km/Std. und den Geschwindigkeitsrekord für Frauen, den Jacqueline Auriol, die Schwiegertochter des französischen Staatspräsidenten, mit 854 km/Std. aufgestellt hatte, um 189 Stundenkilometer.

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- 15 - AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 3. Juni 1953

ERFOLGREICHE ARBEIT DER US-DAMENBEKLEIDUNGSARBEITER-GEWERKSCHAFT

(24 Zeilen, 190 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Auf der 28. Generalversamm­ lung der amerikanischen Damenbekleidungsarbeiter-Gewerkschaft (ILGWU) nahmen die Delegierten insgesamt 37 Resolutionen an. Die ILGWU, die dem amerikanischen Gewerkschaftsverband AFL an­ gehört, verpflichtete sich in einer besonderen Resolution, dem 54 Millionen Mitglieder zählenden Internationalen Bund freier Gewerkschaften (IBFG) vollste moralische, organisatorische und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Die über 1 000 Delegierten bezeichneten den IBFG als eine "dynamische Kraft der Freiheit, sozialen Gerechtigkeit und des Weltfriedens". Der Vorsitzende der ILGWU, David Dubinsky, der gleichzeitig das Amt des Schatzkanzlers innehat, gab einen allgemeinen Über­ blick über die finanzielle Lage der Gewerkschaft. Er wies darauf hin, daß die ILGWU in den letzten drei Jahren - die Generalver­ sammlung findet alle drei Jahre statt - fast eine Million Dollar zur Unterstützung der Gewerkschaftsbewegung und der Demokratie in der freien Welt ausgegeben hat. Der größte Teil dieser Hilfe ging an Italien, Israel und Frankreich. Die Gewerkschaft, die mehr als 430 000 Beschäftigte der Damenbekleidungsindustrie ver­ tritt, hat nach den Angaben Dubinskys über 100 Millionen Dollar in amerikanischen Staatsanleihen angelegt. Insgesamt betragen die Aktiva und Reserven der ILGWU 166,1 Millionen Dollar. Für Gesundheits- und Altersversorgung und Erholungsaufenthalte wurden in den letzten drei Jahren 85,5 Millionen Dollar aus­ bezahlt.

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- 16 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 3. Juni 1953

AMERIKAS AKADEMIKERINNEN DISKUTIEREN NEUE STIPENDIENPROGRAMME

(25 Zeilen, 200 Wörter) MINNEAPOLIS — (Amerika Dienst) — "Erziehung zum freien Menschen" ist das Leitthema, unter das der amerikanische Aka­ demikerinnenverband (AAUW) seine diesjährige Jahreskonferenz gestellt hat, die in der Zeit vom 22. bis 26. Juni in Minneapolis abgehalten wird. Einer der wichtigsten Punkte, die auf dieser Tagung zur Diskussion stehen, ist die Ausarbeitung eines Stipen­ dienprogramms, an dem sich Frauen aus allen Ländern beteiligen können. Die AAUW setzt damit eine Tradition fort, die sie im Jahre 1890 mit der Erteilung ihres ersten Stipendiums begann und mit dem Ausbau eines eigenen Erziehungsprogramms erweiterte, dessen Ziel es ist, weiblichen Studentinnen aus Europa, Asien sowie Nord- und Südamerika die Möglichkeit zum Studium zu geben. Dieses Erziehungsprogramm der AAUW, die dem Internationalen Akademikerinnenverband angegliedert ist und zur Zeit mehr als 120 000 Mitglieder zählt, zerfällt in drei große Projekte: ein internationales Stipsrlienprogramm, das bisher Stipendien an fast 300 Frauen aus insgesamt 22 Ländern erteilte} ein latein­ amerikanisches Stipendienprogramm, das im Jahre 1917 ins Leben gerufen wurde und das bereits einer ganzen Reihe von Studentinnen aus 10 lateinamerischen Staaten das Studium in den Vereinigten Staaten ermöglichte; das dritte Projekt schließlich ist eine Stipendienstiftung von einer Million Dollar, die jährlich etwa 30 Frauen Stipendien für wissenschaftliche Forschungsarbeiten oder SpezialStudien auf jedem beliebigen wissenschaftlichen Gebiet erteilt.

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- 17 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

FRAU MINISTER SETZT DEN PRIVATHUT AUF

Miss Frances Perkins, Minister für Arbeit unter der Roosevelt-Regierung und Mitglied des US-Ausschusses für öffentliche Dienste, beendet im Alter von 71 Jahren ihre für eine Frau beispiellose politische Karriere und zieht sich ' ins' Privatleben zurück.

( 100 Zeilen, 900 Wörter) WASHINGTON J-- (Amerika Dienst) — "Ich habe nicht die Absicht, jetzt zum Strickstrumpf zu greifen", sagte Frances Perkins, als sie aus dem US-Ausschuß für öffentliche Dienste ausschied und sich damit von einer der bedeutendsten Karrieren zurückzog, die je eine Frau in der Regierung der Vereinigten Staaten durchlaufen hat. Wir werden ihr dieses Wort unbesehen glauben können, denn schon einmal, als sie nach Präsident Roosevelts Tod ihren Posten als Arbeitsminister niederlegte, schien es auf den ersten Blick so, als ob sie nun aus dem Blickfeld der Öffent­ lichkeit verschwände. Sie bestärkte ihre Freunde in dieser Auffassung dadurch, daß sie auf einer ihr zu Ehren gegebenen Abschiedsparty zur Verblüffung aller in einem großen modischen Hut erschien, der sich sehr von dem kleinen Dreispitz unter­ schied, der zusammen mit einem einfachen schwarzen Kostüm jahrelang geradezu als ihr Steckbrief gegolten hatte. "In Anbetracht des neuen Lebensabschnitts, der nun beginnt", sagte sie damals, "trage ich jetzt meinen privaten Hut". Der "pri­ vate Hut" erlebte keine acht Monate, denn schon 1947 berief sie Präsident Truman in den Ausschuß für den öffentlichen Dienst - sie hatte in der Zwischenzeit gerade ihr Buch - "Roosevelt -wie ich ihn kenne" beendet, das von Presse und Öffentlichkeit als die beste Roosevelt-Biographie gefeiert worden ist. Wer damals glaubte, dieser neue Posten Frances Perkins' sei nicht mehr als eine ehrenvolle Repräsentationsstellung, der hatte ihren unbesiegbaren Arbeitseifer unterschätzt. Sie

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Sie wurde eines der aktivsten Mitglieder dieses Ausschusses und hat in der Modernisierung altmodischer Praktiken der Personal­ politik gänzlich neue Wege beschritten. Nun, nachdem sie mit 71 Jahren ihre Tätigkeit in der Re­ gierung beendet hat, begibt sich diese energische Frau mit einer Fülle von neuen Ideen und ehrgeizigen Plänen in ihr Privatleben. Sie plant ein sechswöchiges Vorlesungsprogramm an der Universität von Illinois über Themen wie "Gewerkschaftswesen und der New- Deal" und "Roosevelt - wie ich ihn kenne". Sie will ferner die Arbeit in der Sozialfürsorge wieder aufnehmen, mit der sie ihre Laufbahn begann. Außerdem arbeitet sie an einem neuen Buch - es ist schon das achte seit 1912 -, über dessen Inhalt sie nicht mehr sagen will, als daß sie darin ihre vielfältigen Er­ fahrungen im öffentlichen Dienst verarbeiten will. Kein Zweifel, daß diese Erfahrungen ein Buch füllen können, denn auf einem der meistumstrittenen Kabinet1g)0sten der Roosevelt Regierung verwaltete sie ihr Amt in schwersten wirtschaftlichen und militärischen Krisenzeiten. Erschwerend wirkte damals; zu Beginn ihrer öffentlichen Arbeit, für sie, daß sie eine Schritt­ macherin für Frauen in höheren Regierungsstellen war} mit ihr nämlich bekleidete zum ersten Mal in der Geschichte der Ver­ einigten Staaten eine Frau einen Kabinettsposten. Sie selbst behauptet zwar, "eine Frau zu sein, hat mich lediglich daran gehindert, auf Bäume zu klettern", ein Journalist aber, der über ihre Jahre im Arbeitsministerium berichtet^ konnte fest­ stellen: "Eine Frau zu sein, war von ihren vielen Problemen nicht das kleinste... Sie hatte schwer um die Anerkennung ihrer Arbeit zu kämpfen, und im Endeffekt verlor sie die Vorteile, die sie als Frau im Leben und im Umgang mit Menschen hat, ohne jedoch die Vorteilendes Mannes zu gewinnen." Aber Miss Perkins verfolgte mit einer unerschütterlichen Würde und mit einer immer gleichbleibenden Sachlichkeit ihr Ziel, und ihr tägliches Gebet war: "Gott, ich bin nicht würdig für diese Arbeit, aber ich muß sie tun. Ich muß ihr alle meine Gedanken widmen." In

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In kurzer Zeit war sie als eine der fleißigsten Beamtinnen der Regierung bekannt, und selbst ihre erbittertsten Kritiker mußten ihr sicheres Urteil, ihr Fingerspitzengefühl und den Mut anerkennen, mit dem sie sich kritischen Situationen stellte. Bald konnten ihre großartigen Erfolge auch von ihren Feinden nicht mehr geleugnet werden: Förderung der sozialen Sicherheit, Sicherung der Arbeitslosenunterstützung, der Alters- und Hinter­ bliebenenrenten, Verbot der Kinderarbeit, Festsetzung von Min­ destlöhnen und die 40-Stundenwoche als höchste Arbeitszeit für Frauen. - "Eine ausführliche Geschichte unserer Regierung", schrieb die "Washington Post", "wird an den vielen angenommenen und durchgeführten Reformvorschlägen von Miss Perkins nicht vorbeigehen können". Mit Befriedigung kann Miss Perkins heute auf den Gesin­ nungsumschwung in bezug auf Frauenarbeit blicken, der sich dank ihrer Arbeit bei amtlichen Stellen und in der Öffentlich­ keit weiblichen Beamten gegenüber vollzogen hat: Hunderte von Frauen haben seitdem verantwortungsvolle Regierungsposten er­ halten, an Konferenzen teilgenommen und sind in ihrer Arbeit vorurteilslos anerkannt worden. Auch im Kabinett in der neuen Regierung der Vereinigten Staaten ist es wieder eine Frau, Mrs. Oveta Culp Hobby, die den Posten des Ministers für Gesund­ heit, Erziehung und Volkswohlfahrt innehat. "Wir sind nun an Frauen in hohen Regierungsstellen gewöhnt. Es ist eine durch­ aus alltägliche Sache geworden", berichtet Miss Perkins, die zu ihrer Zeit noch als "Frau Minister" wie ein Weltwunder an­ gestaunt wurde. Miss Frances Jay, langjährige Freundin und Mitarbeiterin von Miss Perkins, berichtet, daß sie von allen als eine warm­ herzige Frau geschätzt worden sei, der jeder mit großer Ehr­ erbietung begegnet ist. "Niemand, der einmal eine persönliche Beziehung zu Miss Perkins gewinnen konnte, hat diese je wieder aufgegeben." Trotzdem wurde ihre neuenglisch-aristokratische Geradheit und Verschwiegenheit häufig als Arroganz mißver­ standen. Allerdings legte sie nie großen Wert auf Popularität, haßte Pressekonferenzen und verzichtete bei solchen Gelegen-

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Gelegenheiten auf eine Verteidigung ihrer Arbeit mit den Worten: "Über meine Arbeit soll die Geschichte ein Urteil fällen". Das ist umso erstaunlicher, als öie doch die Kunst der Menschenbe­ handlung im höchsten Grade beherrschte. Am Konferenztisch oder in einer Unterredung unter vier Augen ist sie ein Genie der Überredung, indem sie mit ihrem enzyklopädischen Wissen und ihrem Scharm jeden Widerstand bricht. In öffentlichen Ansprachen spricht sie mit einer klangvollen Stimme und weiß ihre Worte wirkungsvoll mit den Gesten ihrer schönen fraulichen Hände zu unterstreichen.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos 1 Bild: Miss Frances Perkins besucht auf einer Studienreise durch Italien den Kinder­ garten einer Fabrik in Rom.

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MRS. SMITH UND. DAS FAMILIENRECHT Die rechtliche Situation der Frau in den Vereinigten Staaten Von Peter Heidenberger

(100 Zeilen, 900 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Auch in den Vereinigten Staaten gilt weitgehend der Grundsatz, daß das Familienrecht nicht so sehr für die glücklichen, sondern in erster Linie für die brüchigen Ehen geschaffen wurde. Im wesentlichen hat sich das amerikanische Familien- und Eherecht mit den gleichen Pro­ blemen auseinanderzusetzen, die gerade in diesen Monaten auch in der Bundesrepublik besonders diskutiert werden, seit die im Grundgesetz geforderte Gleichberechtigung von Mann und Frau Wirklichkeit geworden ist, ohne daß eine entsprechende neue Gesetzgebung bereits durchgeführt wurde. Eine vergleichende

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953 vergleichende Darstellung des amerikanischen Familienrechtes mag deshalb gerade heute besonders interessant sein. Auch die amerikanischen Familien- und Ehegesetze können natürlich nur Grenzen festlegen. Nach keinem Paragraphen kann etwa ein Ehemann zur Rechenschaft gezogen werden, weil er sich seiner Frau gegenüber unhöflich verhält. Eine gewisse Kompli­ kation im amerikanischen Eherecht ist die Tatsache, daß es in den 48 Bundesstaaten durch verschiedene Gesetzgebung geregelt ist, wenn auch eine gemeinsame Basis für die wichtigsten Grund­ sätze gefunden wurde. Im Zusammenhang mit der Gleichberechti­ gungs-Debatte in der Bundesrepublik ist es interessant festzu­ stellen, daß die meisten Bundesstaaten der USA in ihren Ge­ setzen trotz der Emanzipation der amerikanischen Frau manche ähnliche patriarchalische Vorrechte des Mannes verankert haben, wie sie am BGB kritisiert werden. So hat der amerikanische Ehemann das alleinige Recht, den gemeinsamen Wohnsitz zu bestimmen. Ein Gericht im Staate Massachusetts ordnete kürzlich sogar an, daß eine Frau ihrem Mann von einem Land in ein anderes selbst dann folgen muß, wenn sie dadurch ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft verliert. Als gewissen Ausgleich dafür hat die Frau das Recht, ein eigenes Heim zu fordern. Dieser Anspruch wurde ihr in mehreren Prozessen zugebilligt, bei denen es darum ging, ob eine Ehefrau gegen ihren Willen ihre Schwiegermutter im Haus aufnehmen muß. In Deutschland ist die Bestimmung des BGB, die dem Mann "in allen das gemeinschaftliche, eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten" das Entscheidungsrecht einräumt, eine der Haupt­ streitfragen in der Debatte um die Gleichberechtigung der Frau. Wer bestimmt nun in der amerikanischen Ehe? Wenn nach dem Common Law der Ehemann auch als das "Haupt der Familie"' angesehen wird, so kann doch nicht von einer Vormachtstellung des Mannes ge­ sprochen werden, wie sie im BGB festgelegt ist. Die Ehe wird als "Gemeinschaft" angesehen, in der jeder Gatte dem anderen "Liebe, Treue und Hilfe" gchuldig ist. Da die Ehe eine Einheit darstellt, in der jeder Partner gleiche Pflichten und Rechte hat, entsteht das Problem des endgültigen Entscheidungsrechtes zunächst nicht. Die "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

Die gemeinsamen Rechte bedingen gemeinsame Pflichten, die in der amerikanischen Ehe von den beiden Gatten zu gleichen Teilen und nicht wie bisher in Deutschland im wesentlichen vom Mann getragen werden. So werden zum Beispiel beide Eltern zur Rechenschaft gezogen, wenn die Kinder nicht zur Schule geschickt werden. Im BGB heißt es dagegen, daß der Vater "kraft der elter­ lichen Gewalt das Recht und die Pflicht hat, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgenp'. Im Rahmen dieser ehelichen Gemeinschaft kann der Mann jedoch Hilfe von seiner Frau im Haus­ halt oder im Geschäft verlangen. Diese Pflicht der Frau, den jeweiligen Umständen entsprechend zu arbeiten, ist ein so ele­ mentarer Bestandteil der Ehe, daß amerikanische Gerichte Ver­ träge für nichtig erklärten, in denen der Mann für derartige Arbeiten Bezahlung versprochen hatte. Wenn die Amerikanerin jedoch außerhalb des Hauses für Fremde arbeitet, so braucht sie dazu nicht die Zustimmung ihres Mannes. Der amerikanische Ehe­ mann hat nicht das im Paragraph 1358 BGB festgelegte Recht, Dienstverträge der Frau mit Genehmigung des Vormundschaftsge­ richts zu kündigen. Dieser Paragraph war in den westdeutschen Debatten um die Gleichberechtigung besonders häufig als dis­ kriminierend angegriffen worden. In der Frage der Schlüsselgewalt, die der Frau das Recht gibt, '"innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises Geschäfte des täglichen Lebens abzuschließen'} deckt sich das amerikanische Recht im wesentlichen mit dem deutschen. Auch die amerikanische Hausfrau vertritt bei ihren Einkäufen für den Haushalt ihren Mann und verpflichtet ihn direkt, wie dies in gleicher Weise im BGB vorgesehen war. Die gesetzliche Vertretungsmacht der Ehefrau geht nach dem Recht der meisten amerikanischen Staaten sogar weiter als die deutsche Schlüsselgewalt. Die New Yorkerin ist zum Beispiel berechtigt, aus eigenem Entschluß Kleider und sonstige Gegenstände des persönlichen Gebrauchs zu kaufen, falls ihr Mann sie ihr nicht freiwillig gibt. Wenn er nicht zahlt und das Geschäft ihn verklagt, wird er unweigerlich verurteilt, es sei denn, die Einkäufe überschritten den Lebensstandard des Ehemannes. Die "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

Die Emanzipation der amerikanischen Frauen seit Anfang des 19» Jahrhunderts wird besonders deutlich an der Entwicklung, die die Vermögensrechte von Mann und Frau genommen haben. Nach dem alten englischen Common Law konnte eine verheiratete Frau überhaupt kein eigenes Vermögen haben. Ihr Mann verwaltete - ähnlich wie dies im gesetzlichen Güterstand der Nutzverwaltung des BG-B bestimmt war - das gesamte Vermögen der Frau, sogar die Gelder, die sie durch eigene Arbeit verdiente. Heute ist in den meisten Staaten der USA Gütertrennung eingeführt, die jedem Gatten selbständiges Eigentum über das persönliche Ver­ mögen gewährt. Einzelne Staaten kennen auch die Gütergemein­ schaft als den gesetzlichen Güterstand, bei dem mit Ausnahme von Erbschaften das Vermögen Mann und Frau gemeinsam gehört und keiner ohne Genehmigung des anderen darüber verfügen darf. Trotz der in den meisten Staaten eigeführten Gütertrennung ist jedoch der Mann verpflichtet, seine Frau zu unterstützen, gleich­ gültig ob sie Vermögen hat oder selbst verdient. Verträge, in denen die Frau auf Unterhalt verzichtete, wurden für nichtig erklärt.

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FRAUEN MACHEN POLITIK 3000 Frauen aus aller Welt tagten in New York Von John Kerigan

(80 Zeilen, j )0 Vörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — New York, die an fremde Gaste und farbenprächtige Gewänder gewähnte Weltstadt, war in den letzten Maitagen wieder einmal Schauplatz einer großen in­ ternationalen Frauentagung. Als die 3000 Delegierten zum Schluß der Veranstaltungen anläßlich des 62. Jahrestreffens des Inter­ nationalen Verbands der Frauen-Klubs (General Federation of Women's Clubs) zur Institution Hall kamen, bestaunten selbst eingefleischte New Yorker die bunte Vielfalt der Kleider und Trachten dieser Frauen, die aus Asien, Europa, Süd- und Nord­ amerika nach New York gekommen waren. Nach einer Dankadresse der Vizepräsidentin der "Round- Table-Klubs japanischer Frauen", Mrs. Kyoko Oshima, an die amerikanischen Gastgeberinnen sprachen Vertreterinnen zahlreicher Länder zu den verschiedenen Problemen der Frauenbewegung. Als Seutsche Vertreterin dankte Frau Dr. Gisela Naunin aus Münster in Westfalen im Namen der deutschen Frauen für die große ameri­ kanische Hilfe durch den Marshall-Plan. "Es ist meine größte Hoffnung", sagte sie wörtlich, "daß die amerikanischen Hilfe­ leistungen für Europa eine Basis für einen dauerhaften Frieden sein werden, nach dem wir Frauen uns so sehr sehnen." Der Internationale Verband der Frauen-Klubs ist aus der amerikanischen Frauenbewegung gewachsen; ihm gehören heute über 11 Millionen Frauen aus 40 verschiedenen Ländern an. "Einheit trotz Vielfalt" ist das Motto dieser Organisation, seit die Journalistin Jennie June Croly im Jahre 1868 zusammen mit 15 anderen Frauen den ersten Frauen-Klub "Sorosis" gegründet hat. Andere Frauengruppen überall in den USA schlössen sich in ähn­ licher Weise zusammen, und im Jahre 1890 vereinigten sich alle diese Klubs zu einem internationalen Verband, dem heute in den USA allein rund 15 000 einzelne Frauen-Klubs mit über fünf Millionen Mitgliedern angehören. Das

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Das ursprüngliche Ziel der Frauen-Klubs war es, die pädago­ gische und lculturelle Entwicklung ihrer Mitglieder zu fördern. Aber bald setzten sich die einzelnen Klubs und vor allem ihr Dachverband größere, allgemeine Arbeitsziele und verwandten ihren ganzen Einfluß darauf, die soziale und politische Ent­ wicklung des Landes zu fördern. So spielte der Dachverband eine wesentliche Rolle bei der Errichtung des Bundesamtes für Jugend­ fürsorge im Jahre 1912 und des Hilfsdienstes für weibliche In­ dustriearbeiter im Jahre 1918, aus dem sich das heutige Bundes­ amt für Frauenfragen entwickelte. Ebenso setzten sich die Frauen- Klubs für die Geburten-Registrierung ein, führten Hilfsprogramme für Mutter und Kind durch und trugen wesentlich zu der Durch­ setzung des allgemeinen Frauenwahlrechtes in den Vereinigten Staaten bei. Der Verband der amerikanischen Bibliotheken berichtete kürzlich, daß die Einrichtung von mindestens 85 Prozent aller amerikanischen Büchereien den Frauen-Klubs zu danken ist. Zudem hat der Dachverband der Klubs Stipendien und Darlehen an über 20 000 Studentinnen aus nahezu 40 Ländern vergeben, und seinen Bemühungen in den USA ist die Errichtung eines Bundesamtes für Berufserziehung zu verdanken. Auch die Einrichtung des US-Ge­ sundheitsdienstes und die Verleihung des Kabinettsranges an das ehemalige Bundesamt für Gesundheitswesen, Erziehung und Wohlfahrt gehen auf Anregungen der "General Federation of Women's Clubs" zurück, der sich schon seit Jahrzehnten um die Verbesserung der Gesundheitsgesetzgebung und der Nahrungsmittel-Kontrolle einsetzte. Als erste Laien-Organisation führte der Verband einen Aufklärungs-Feldzug gegen die Geschlechtskrankheiten durch und regte Reihenuntersuchungen zur Krebs- und Tuberkulose-Be­ kämpfung an. Klubmitglieder waren es auch, die die ersten Vor­ schläge zu einer Gefängnis-Reform machten und eine entsprechende Gesetzgebung zur Kontrolle der Rauschgifte forderten. Neben diesen und vielen anderen Aktionen der Frauenklubs war es schon immer das höchste Ziel der Organisation, den Welt­ frieden nach besten Kräften zu fördern und alle nationalen und internationalen Institutionen zu unterstützen, die ihre Arbeit "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

Arbeit in den Dienst am Frieden stellen. Seit der Gedanke an die Zusammenfassung aller Nationen in den Vereinten Nationen in der amerikanischen Öffentlichkeit diskutiert wurde, gehört dieser internationalen Organisation die tatkräftige Unter­ stützung der in den Klubs zusammengeschlossenen Frauen, deren Beitrag in der positiven Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den USA nur schwer abzuschätzen ist. Ebenso eindeutig unter­ stützten die Frauenklubs den Marshall-Plan, die Arbeit des Amtes für gemeinsame Sicherheit, die Ideale des Punkt-Vier-Programmes und die Förderung des Welthandels. Aus der Perspektive dieser weltweiten Aktivität und Aufgeschlossenheit gewinnt die dies­ jährige Tagung des Verbandes in New York eine außerordentliche Bedeutung für Frieden, Freiheit und Fortschritt.

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WESTEUROPÄISCHE LANDES FÜHREN HAUSWIRTSOHAFTLICHE LANDDIENSTE MIT HILFE DER MSA ELN Eine Bresche für die Landfrau

(100 Zeilen, 900 Wörter) PARIS — (Amerika Dienst) — Ziel der Marshallplanhilfe war es stets, hei den Menschen der unterstützten Nationen den Willen zur Selbsthilfe weitgehend zu mobilisieren. In zahl­ reichen westeuropäischen Ländern konnte man mit Programmen zur Steigerung der Nahrungsmittelproduktion, durch Einführung moderner landwirtschaftlicher Methoden und vorkehrender Maß­ nahmen gegen Tierseuchen und Pflanzenkrankheiten erfreuliche Erfolge erzielen. In jüngster Zeit ist man nunmehr auch dazu übergegangen, mit Unterstützung der MSA einen hauswirtschaftlichen Land­ dienst aufzubauen, wie er in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten mit Erfolg arbeitet. Man ging dabei von der An­ nahme aus, daß im rationellen Funktionieren des bäuerlichen Haushalts und in der Schaffung einer harmonischen und lei­ stungsfähigen Familiengemeinschaft ein Schlüssel zum natio­ nalen Wohlstand liegt. Besonderes Augenmerk legt man bei diesen hauswirtschaftlichen Programmen auf das Studium der physischen, psychologischen, soziologischen und wirtschaft­ lichen Erfordernisse eines bäuerlichen Haushaltes. Die Programme umfassen ein weites Feld der verschiedensten und auch gegensätzlichsten Studiengebietc, wie Nahrungsmittel­ chemie, Ernährung, Hauswirtschaftsführung, Kindererziehung, Textilkunde, Heimschneiderei, Yerbraucherkunde, Wohnungs­ bau und Innenarchitektur, interfamiliäre Beziehungen und ausgleichende Feierabendbetätigung. Unmittelbarer Anlaß zur Schaffung besserer Bildungs­ möglichkeiten für die Landfrau war die Tatsache, daß bis dahin keine andere Menschengruppe weniger berücksichtigt worden war als diese. Während man sich überall darum bemüht, der Frau durch eine allgemeine Gesetzgebung zur absoluten

- 11 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953 absoluten Gleichberechtigung ihrem männlichen Partner gegen­ über zu verhelfen, arbeitet sie - wie es ihre Groß- und Ur­ großmutter schon getan hat - unermüdlich in Feld und Scheune, in Hof und Stall, und sie muß zudem auch noch die ganze Last der Hausarbeit und Kindererziehung, alles nach längst ver­ alteten Methoden, bewältigen - das heißt, ohne die techni­ schen und mechanischen Hilfsmittel, die dem Bauern zur Er­ ledigung der Feldarbeit längst eine Selbstverständlichkeit geworden sind. Die Erziehung und Ausbildung der Landfrau darf deshalb nicht mit dem Abschluß der Volksschule be'endet sein und soll sich darüber hinaus nicht länger mehr auf elementare Grundbegriffe wie Kochen, Sauberhalten und ein wenig Heimschneiderei beschränken. Warum sollte man der Landfrau nicht eine gründliche Lehrzeit ermöglichen, wie man sie jedem anderen Berufe zugesteht? Die Vereinigten Staaten unterstützen diese Bestrebungen weitgehend und haben seit Kriegsende zahlreiche Hauswirt­ schaftsexperten nach Europa gesandt, um in den einzelnen Län­ dern an der Errichtung ähnlicher landwirtschaftlicher Hilfs­ dienste mitzuarbeiten. Großzügige finanzielle Hilfe, die im Rahmen des Marshallplanes gewährt wurde, ermöglichte die An­ schaffung aller zur Durchführung eines derartigen Planes notwendigen Materialien und Einrichtungen. Das Austauschpro­ gramm der USA gab ferner einer großen Anzahl europäischer Landfrauen die Möglichkeit zu mehrmonatigen Studienreisen nach den Vereinigten Staaten. Die Programme verfolgten keines­ wegs die Absicht, amerikanische Methoden in Europa einzu­ führen, die Besucher sollten vielmehr Gelegenheit haben, das, was sie aus eigener Anschauung fürwerttvoH und in ihrem eigenen Lande durchführbar hielten, selbst kennenzulernen und Gewinn daraus zu ziehen. Ziel des Programms ist es ja, der bäuer­ lichen Familie bei der Lösung der eigenen Schwierigkeiten zu helfen. Diese aber sind nicht genormt, sie sind in keinem Lande gleich und differieren selbst bei den einzelnen Familien. In Italien beispielsweise wechselt der Lebensstil der Landfrau wie überall mit den wirtschaftlichen Verhältnissen,

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Verhältnissen, ihren Bildungsmöglichkeiten und der Stärke der Traditionsgebundenheit. In den meisten Fällen jedoch ist sie es, die durch die Aufzucht von Geflügel und Kaninchen und den Ver­ kauf von Butter, Käse und Eiern die Geldausgaben der Familie bestreitet. Indirekt ist sie es auch, die durch ihr eigenes Vorbild in den Bestrebungen, ihre Familie gesund und glück­ lich zu erhalten, Mann und Kinder dazu anhält, ihren Teil zum Wohle der Familie beizutragen. In Dänemark wurde mit Unterstützung des Staates und zweier bedeutender Frauenverbände eine hauswirtschaftliche Beratungs­ organisation gegründet. Hauswirtschaftsoberschulen erfreuen sich eines starken Zulaufs. Aufgenommen werden nur solche Schülerinnen, die bereits einen vorbereitenden halbjährigen Hauswirtschaftskursus besucht oder ein praktisches Haushalts­ jahr absolviert haben und in jedem Falle den Anforderungen der Schule entsprechen. Das Studium dauert zwei Jahre. Die Universität in Wageningen, Holland, hat ebenfalls ein hauswirtschaftliches Institut gegründet und plant die Errich­ tung eines Fünf-Jahres-Lehrprogramms, wie man es ähnlich an finnischen, deutschen und englischen Universitäten eingeführt hat und das alle einschlägigen Fächer umfaßt. Selbst das beste Wissen einer verhältnismäßig kleinen Schicht genügt aber nicht, wenn dieser nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihr erlerntes Wissen auch jener weitaus größeren Zahl von Frauen in den Dörfern nahezubringen. Der hauswirt­ schaftliche Landdienst, dem Lehrfilme, Bücher und ein ganzes Arsenal von Demonstrationsgeräten, die in motorisierten Lehr­ wagen untergebracht sind, zur Verfügung stehen, hat diese Auf­ gabe übernommen. Die im Lastwagen eingebaute Küche ist so ge­ wählt, daß sie der durchschnittlichen Finanzlage eines mitt­ leren Bauern entspricht. Die Versammlungsplätze sind stets überfüllt, die Beteiligung an den Vorträgen ist auch in Deutsch­ land außerordentlich groß. Selbst Männer interessieren sich mehr und mehr dafür - kein Wunder, sind sie es doch, die neben den Kindern am meisten von einem glücklichen Heim und einem reibungslos funktionierenden bäuerlichen Haushalt profitieren.

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DIE SCHULE ALS ENTSCHEIDENDE LEBENSPHASE Von Dr. Charlotte Buhler

Die Verfasserin des nachstehenden Artikels, Dr. Charlotte Buhler, ist eine international anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der Psy­ chologie. Sie begann ihre Laufbahn als Ner­ venärztin in Wien, übernahm später an der Wiener Universität einen Lehrstuhl für Psy­ chologie und kam dann, nachdem sie vorüber­ gehend in London und an der Universität von Oslo gewirkt hatte, in die Vereinigten Staa­ ten. Hier übernahm sie einen Lehrstuhl an der Universität von Kalifornien und betätigt? sich gleichzeitig als Mitarbeiterin an ver­ schiedenen wissenschaftlichen Publikationen. Die folgende Abhandlung ist der in Boston erscheinenden Monatsschrift "Education" ent­ nommen.

( 106'zeilen, 950 Wörter) FORT WAYNE — (Amerika Dienst) — Reminiszenzen an die Schulzeit sind im allgemeinen nur für denjenigen von Bedeutung, der sie als liebgewordene Erinnerung an die goldene Jugendzeit in seinem Gedächtnis hegt und pflegt. In jüngster Zeit jedoch kam man zu der Erkenntnis, daß sie im Zusammenhang mit der Untersuchung des Einflusses von Umweltsfaktoren auf die Er­ ziehung des Kindes eine nicht unbedeutende Rolle spielen kön­ nen. Wie weit dies tatsächlich der Fall ist und welche Folge­ rungen daraus zu ziehen sind - das sind die Fragen, mit denen sich amerikanische Wissenschaftler zur Zeit eingehend befassen. Sie nahmen zu diesem Zweck insgesamt 125 Fälle aus der psychotherapeutischen Praxis näher unter die Lupe und stellten dabei fest, daß bei etwa 20 Prozent der Patienten die während der Schulzeit empfangenen Eindrücke und Erfahrungen unter den' für ihre weitere Entwicklung ausschlaggebenden Faktoren eine dominierende Stellung einahmen. Dabei halten sich die positiven und negativen Auswirkungen ungefähr die Waage. Eine systematische Aufgliederung der unter diesen Ge­ sichtspunkten Untersuchten ergab als erste Kategorie die Gruppe derjenigen, die rückblickend in der Schulzeit die schönste und

- 14 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953 und glücklichste Zeit ihres Lebens sehen. Eileen M., eine heute dreißigjährige Hausfrau, ist eine typische Vertreterin dieser Gruppe. Für sie, die aus einem ärmlichen Elternhaus stammt, das keinerlei Anregung bot, war die Schulzeit gleichbedeutend mit dem Erlebnis der Geselligkeit und der Freundschaft mit zahlreichen Jungen und Mädchen aus ihrer Klasse. Obwohl ihr das Lernen selbst nicht viel bedeutete, schloß sie es doch später, als sie nach ihrer Heirat den eintönigen Pflichten einer Hausfrau nachging, in ihre Schulzeiterinnerungen ein und glorifizierte damit jene Zeit, die für sie die einzige blieb, in der sie wirklich "gelebt" hatte. Obwohl von den Untersuchten hin und wieder geäußert wurde, sie hätten "gerne gelernt", gab es keinen einzigen Fall, in dem die Schule als Vermittlerin von Erkenntnissen und von Wissen in der Erinnerung eine wichtige Rolle spielte. Diejenigen, die den Aspekt des Lernens als schöne Erinnerung hervorheben, sind gewöhnlich intelligente Menschen, deren Elternheim ihnen weder geistige Anregung noch sonstige Bildungsmöglichkeiten bot. So fruchtbringend sich gerade für diese Menschen die Schule mit ihrer Möglichkeit zu geistiger Entfaltung und zur Stillung eines natürlichen Wissensdurstes auswirken kann, so gefährlich wird sie vielleicht in dieser gleichen Eigenschaft für die­ jenigen, die daraus einen ungesunden Ehrgeiz entwickeln, der ihr ganzes späteres Leben beeinflussen kann. Eva K. zum Bei­ spiel - sie ist heute ebenfalls bereits eine Hausfrau Mitte der Dreißig - war eines jener lernbegierigen Kinder, deren Eifer jedoch stets dem Wunsch entsprach, "die Beste" zu sein. Das Lob der Lehrer, das ihr dieses Bestreben eintrug, leistete dabei der für ihr späteres Leben so schädlichen Entwicklung eines ausgesprochen egozentrischen Charakters nach Vorschub. Was ihr heute so sehr zu schaffen macht, ist die daraus resul­ tierende irrige Auffassung, es käme im Leben stets nur darauf an, wohlerzogen zu sein und alle Vorschriften zu befolgen. Recht unterschiedlich sind auch die Erinnerungen, die die Gruppe der Körperbehinderten mit der Schulzeit verbindet. War die Schule für die einen ein Ersatz für so manches, was sie

- 15 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953 sie in ihrer Jugend gegenüber gesunden Kindern vermißten, wie Sport und Geselligkeit, so bedeutete sie für andere wiederum nur eine Vertiefung jenes Gefühls der Zurücksetzung und des Ausgestoßenseins aus der Gesellschaft der Gesunden. Zweifellos sind diese unterschiedlichen Eindrücke vor allem durch die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit der Lehrer entstanden, die Mit­ schüler dieser körperlich gehemmten Kinder zu richtigem Ver­ halten ihnen gegenüber anzuleiten. Aber nicht nur für körperlich behinderte Kinder ist die Schulzeit mitunter eine recht trübe Erfahrung, auch soziale und wirtschaftliche Handikaps können die Erinnerung an die Schulzeit verdunkeln. Die Zahl derjenigen, die wegen ihrer Armut, ihrer schlechten Kleidung oder wegen ihrer geringen Herkunft gerade während der Schulzeit unter der Mißachtung ihrer Kameraden zu leiden haben, ist sogar verhältnismäßig groß. Kein Wunder, wenn sie späterhin nur mit größter Bitter­ keit an diese' Zeit zurückdenken und die damals empfangenen Eindrücke niemals ganz loswerden. Zu ähnlich negativen Erinnerungen kann auch falsches Ver­ halten der Eltern führen, sei es, daß sie ihr Kind zu Leistun­ gen zwingen, die es nur unter Verzicht auf Spiel und Freizeit hervorbringen kann, sei es, daß sie es durch ständige Ver­ gleiche mit "dem älteren, klügeren oder besseren Bruder" ein­ schüchtern. Die größte Gruppe derer jedoch, für die die Schulzeit als unangenehme Erinnerung im Gedächtnis haften bleibt> sind die, deren Unsicherheit durch die Erfahrungen in der Schule nur noch gesteigert statt gemindert wird. Priscilla P. bei­ spielsweise, die von Natur aus schon ein recht scheues, schüch­ ternes Kind war, das unter der Strenge der Mutter litt, wurde während der Schulzeit vollends eingeschüchtert, als sie ob ihrer altmodischen Kleider, die zu tragen ihre Mutter sie zwang, von ihren Mitschülern ständig ausgelacht und gehänselt wurde. Obwohl dies ein außerordentlich extremer Fall sein dürfte, so sollte man die Bedeutung der äußeren Erscheinung eines Kindes

- 16 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

Kindes niemals unterschätzen und ihr mehr Aufmerksamkeit zu­ wenden als dies im allgemeinen geschieht. Die Zahl der untersuchten Fälle ist zwar bei weitem nicht groß genug, um die auf diese Weise festgestellten Beobach­ tungen als wirklich repräsentative Beispiele verallgemeinern zu können; immerhin lassen sich einige allgemeingültige Schluß­ folgerungen daraus ziehen, die für die moderne Erziehung als wichtiger Fingerzeig gelten können. Die Tatsache, daß die Schule nur bei einem solch geringen Prozentsatz der unter­ suchten Fälle überhaupt als ein Faktor bezeichnet wurde, der im Leben eine Rolle spielt, mag allein schon zu denken geben. Noch bedenklicher aber stimmt es, wenn man erfährt, daß da­ bei die negativen Eindrücke ebenso stark vertreten sind wie die positiven. Hier beginnt die große Aufgabe der Lehrer und Erzieher, in deren Händen es in erster Linie liegt, welche Erinnerungen an die Schule die Kinder in ihr späteres Leben mitnehmen.

(Aus "Education")

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- 17 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 17. Juni 1953

WISSENSCHAFTLERINNEN AUS 10 NATIONEN ERHALTEN STIPENDIUM DES "VERBANDES AMERIKANISCHER AKADEMIKERINNEN"

(28 Zeilen, 250 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Der "Verband amerikanischer Akademikerinnen" hat für 1953/54 Stipendien im Werte von 63 700 Dollar an 36 Frauen aus 10 Nationen vergeben. Wie der Verband in Washington bekanntgab, gehen die Studienbeihilfen in diesem Jahr an Wissenschaftlerinnen Österreichs, Chiles, Norwegens, der Schweiz, der Niederlande, Englands, Dänemarks, der USA und Australiens, von deren wissenschaftlicher Arbeit man neue schöp­ ferische Impulse erwartet. Die Höhe'der einzelnen Stipendien liegt zwischen 500 und 2 200 Dollar, die aus einem Stipendien- Fonds gezahlt werden, der aus Beiträgen der Mitglieder des "Verbandes amerikanischer Akademikerinnen" gebildet wurde. In jedem Jahr stehen Frauen aus 33 Ländern für die Auszeichnung zur Wahl. Die unterstützten Forschungsarbeiten sind außerordentlich vielfältig und reichen von der Kunstgeschichte und Architektur über Biologie, Botanik und Klimaforschung bis zur Astro-Physik und zur Untersuchung des kosmischen Magnetismus. So erhielt die Kunsthistorikerin Dr. Erika Doberer vom österreichischen Bundes- denkmalamt ein Stipendium zum vergleichenden Studium der Archi­ tektur der Chore deutscher, italienischer, englischer, französi­ scher und niederländischer Kirchen. Die wissenschaftliche Assistentin Karen E. Munksgaard vom dänischen National-Museum in Kopenhagen erhält die finanzielle Unterstützung des amerika­ nischen Verbandes für ihre Untersuchungen auf dem Gebiet der prähistorischen Archäologie der Eisenzeit im angelsächsischen Raum. Eine Mitarbeiterin des Institutes für theoretische Astro­ physik an der Universität von Oslo (Norwegen) wird das Stipendium dazu verwenden, ihre Forschungsarbeiten über den kosmischen Magnetismus an den Observatorien Mt. Wilson und Mt. Palomar in den USA weiterzuführen.

- 18 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953

MENSCHENRECHTE FORDERN AKTIVES HANDEIN Von Mrs. Oswald B. Lord US-Delegierte bei der UN-Kommission für Menschenrechte

( 90 Zeilen, 810 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Es gibt keinen Aufschub in dem jahrhundertealten Kampf um Schutz und Ausdehnung der dem Menschen von Gott gegebenen Freiheiten. Jedem Schritt, wie er­ folgreich er auch immer sein mag, muß ein weiterer Schritt folgen, der das Erreichte stärkt und fördert. Schon die Charta der Vereinten Nationen, die am 26. Juni 1945 feierlich unter­ zeichnet wurde, hatte sich zur Aufgabe gemacht, "die Achtung vor den Menschenrechten und den fundamentalen Freiheiten aller, ohne Ansehen der Rasse, des Geschlechtes, der Sprache oder der Religion" durchzusetzen. Im Jahre 1948 unterzeichneten dann 48 Nationen die "Allgemeingültige Erklärung der Menschenrechte", die den Hoffnungen und Träumen zahlloser Millionen Menschen in aller Welt neuen Auftrieb verlieh. Die freien Nationen der Welt, die dieses Dokument unterschrieben - die Sowjets und ihre Satel­ litenstaaten enthielten sich damals der Stimme - nannten es in der Erklärung "das höchste Streben der Menschen", eine Welt zu schaffen, in der "alle Menschen Glaubens- und Redefreiheit be­ sitzen und frei sein werden von Furcht und Not". Seit diese Menschenrechts-Deklaration als eine Basis ge­ meinsamer Bemühungen angenommen wurde, hat sie sich bereits äußerst positiv auf die neuen Verfassungen von sieben Nationen ausgewirkt. Sie wurde in 50 Sprachen übersetzt und von vielen Millionen Menschen der freien Welt gelesen. Heute ist sie ein mächtiger moralischer Faktor in der lebenswichtigen Aufgabe, die Sache der menschlichen Freiheit voranzutreiben. Es ist wesentlich, die konstruktive schöpferische Macht der Erklärung der Menschenrechte nicht zu unterschätzen, wenn sie auch keine Gesetzeskraft besitzt. Dadurch, daß sie die spezifischen Rechte des Menschen, die auf den fundamentalen Rechten von "Leben, Freiheit und Sicherheit der Person" beruhen, aufzeichnete, er-

- 1 - "AMERIKA DIENST'1 - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953 erfüllt sie eine wichtige erzieherische Aufgabe. Denn sie bereitet damit alle Menschen darauf vor, die Bedeutung der Freiheit und die Verantwortung, die sie mit sich bringt, zu verstehen. Die Vereinigten Staaten bestehen auf der uneingeschränkten Gültigkeit der fundamentalen Rechte. Diese Nation wurde in der Überzeugung gegründet, daß diese Rechte dem Menschen von seinem Schöpfer verliehen wurden und daß sie unveräußerlicher Besitz sind. In den Jahren, seit diese Prinzipien in der amerikanischen Unabhängigkeits-Erklärung und der "Bill of Rights" niederge­ schrieben wurden, haben wir wesentliche Fortschritte in der Er­ weiterung und Anwendung dieser Rechte innerhalb unseres landes gemacht. Und wir wollen, daß diese positive Entwicklung weiter­ geht. Aber Freiheit nur für uns allein war noch niemals das ameri­ kanische Ideal. Schon in der Vergangenheit haben sich die Ver­ einigten Staaten mit anderen Nationen zusammengetan, um die Frei­ heit der Menschen zu schützen und zu erweitern, und auch heute arbeiten wir mit anderen freiheitsliebenden Nationen zusammen, um die Prinzipien der "Allgemeingültigen Erklärung der Menschen-. rechte" durchzusetzen. Wenn wir dem großen Ziel der Freiheit aller Menschen in aller Welt tatsächlich näherkommen wollen, so müssen wir sofort in gemeinsamer Arbeit darangehen, den Sinn für die Achtung vor den Menschenrechten zu schärfen. Die Vereinigten Staaten haben deshalb der UN-Kommission für Menschenrechte eine Reihe von Aktions-Programmen vorgeschlagen, deren Durchführung den Tag näherbringen wird, da die Ziele der Deklaration auch dort Wirklichkeit sein werden, wo sie heute nur wenig Bedeutung haben. So besagt die Deklaration zum Beispiel, daß jedermann das Recht auf freie Religionsausübung hat und daß jedermann, der eines Verbrechens angeklagt wird, eine gerechte öffentliche Ver­ handlung fordern kann. Wir aber wissen, daß diese Grundrechte nicht immer beachtet werden. Es wäre Sache der UN-Kommission, eine Untersuchung über die Beachtung dieser Grundrechte in allen Ländern mit Hilfe eines Sachverständigen durchzuführen, der mit Regierungen, Organisationen und Ämtern verhandelt und dann an die Kommission berichtet. Außerdem wäre es angebracht, wenn die "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953 die Regierungen aller Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen dazu veranlaßt würden, Jahresberichte über die Entwicklung der Menschenrechts-Fragen in ihren Ländern bei der Kommission einzu­ reichen. Diese Berichte könnten dann gemeinsam mit dem Ergebnis der vorgeschlagenen Untersuchungen als Grundlage gemeinsamer Diskussionen vor dem internationalen Forum der Kommission dienen. Auf diesem Wege wäre es auch möglich, durch die öffentliche Mei­ nung einen gewissen Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben, die sich nicht nach den Idealen der Erklärung der Menschenrechte rich­ ten. Endlich bin ich von der Notwendigkeit überzeugt, daß die Vereinten Nationen einen Beratungsdienst für die spezifischen Aspekte der Menschenrechte einrichten sollten. Diese Institution könnte dann einem Land, das Rat in einer einschlägigen Frage erbittet, Stipendien zur Schulung von Experten zur Verfügung stellen, die sich dann in einem anderen Land über die Probleme unterrichten. Eine andere Möglichkeit wäre die Entsendung von Spezialisten, die auf Wunsch einer Regierung beratend tätig sein könnten. Ähnliche Beratungsdienste, die die UN bereits auf wirtschaftlicher, sozialer und verwaltungstechnischer Ebene einrichteten, haben ihren Wert dadurch erwiesen, daß mit ihrer Hilfe bereits viele Probleme durch internationale Zusammen­ arbeit gelöst werden konnten.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgendes Bild: Mrs. Oswald B. Lord, die Delegierte der USA bei der UN-Kommission für Menschen­ rechte, im Gespräch mit Mrs. Lorena B. Hahn, ihrer amerikanischen Kollegin in der UN-Kommission für Frauenfragen.

- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953

Trotz ständigen Ansteigens der Zahlen für Frauenarbeit in den US-Statistiken und trotz gesteigerter Möglichkeiten der Be­ rufswahl sind die Nur-Hausfrauen mit einem seit 1940 gleichbleibenden Anteil von 56 # in der Mehrzahl.

KARRIERE NR. 1 : HAUSFRAU Von Margeret W. Zapoleon

(90 Zeilen, 810 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Das stete Vordringen der Frau auf dem Arbeitsmarkt der Vereinigten Staaten macht sich heute bereits auf allen Berufsgebieten bemerkbar. Die Arbeitsstatistiken zeigen deutlich, daß nicht allein die Zahl der beschäftigten Frauen zunimmt, sondern daß in gleichem Maße auch ihre Berufsmöglichkeiten immer vielfältiger werden. Im Laufe von wenigen Jahrzehnten wurde die Frau zur stärksten Reserve des amerikanischen Arbeitsmarktes. Allein in den Jahren von 1940 bis 1950 stiegen die Verhältniszahlen für den Anteil der Frau am Arbeitspotential der Staaten von 24 Prozent im Jahre 1940 auf 28 Prozent im Jahre 1950 und lagen bei 31 Prozent im Dezember 1952. Aus den statistischen Eintragungen der großen amerikanischen Volkszählung - durch­ geführt alle zehn Jahre vom "US Bureau of Census" - geht klar hervor, daß im Jahre 1950 von den berufstätigen Frauen 52 Pro­ zent verheiratet waren gegenüber nur 36 Prozent im Jahre 1940- Der Prozentsatz berufstätiger Ehepaare, die nicht in Familien­ gemeinschaft mit den Eltern leben, stieg von 11 Prozent im Jahre 1940 auf 22 Prozent im Jahre 1950 an. Allerdings be­ kleidete 1/5 der berufstätigen Frauen nur Halbtagsstellungen, was sich in Fällen nationalen Notstandes und in Zeiten der Arbeitskräfteverknappung als besonders vorteilhaft erweisen kann. Im gleichen Zeitraum wuchs auch die Verhältniszahl der älteren Arbeitnehmerinnen. Im Jahre 1950 waren 26 Prozent aller Berufstätigen von 45 Jahren und darüber Frauen, im

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953 im Vergleich zu 18 Prozent im Jahre 1940, und 1/3 aller Frauen der Altersgruppen 45 - 54 standen im Jahre 1950 in einem Ar­ beitsverhältnis, wie einem Bulletin des amerikanischen Arbeits­ amtes vom Mai 1952 zu entnehmen ist. Obgleich sich nach wie vor die Frauen auf gewisse Arbeits­ gebiete besonders konzentrieren, so ist doch auch das Eindringen der Frau in Berufe, die früher alleinige Domäne des Mannes waren, heute nicht mehr zu übersehen. Die Statistiken des Jahres 1950 zeigen, daß verhältnismäßig mehr Frauen Stellungen im Einzel­ handel, den Erzeugerindustrien, dem Transport- und Nachrichten­ wesen bekleiden und nur ein verhältnismäßig geringer Teil in einem abhängigen Dienstverhältnis - Haushaltungen und Gastwirts- gewerbe - steht. Der Haushalt, der früher mit die höchste Zahl Frauen beschäftigte, stellte 1950 nur noch 9 Prozent (im Ver­ gleich zu 18 Prozent im Jahre 1940) der Arbeitsplätze. Den größten Zuwachs erhielten durch diesen Haushalt-Exodus die kaufmännischen Berufe. Das große Heer der weiblichen Büroange­ stellten machte im Jahre 1950 27 Prozent der gesamten weibli­ chen Arbeitskräfte der USA aus; eine Zahl, die um 6 Prozent höher lag als die entsprechende des Jahres 1940. Aber auch auf Arbeitsgebieten, in denen Frauen auch heute noch als "vereinzelt" gelten, nimmt ihre Zahl rasch zu. 1950 gab es beispielsweise in den USA 6 475 weibliche Ingenieure (1940 : 730), was umso höher zu werten ist, als die Zahl der männlichen Ingenieure sich im selben Zeitraum mehr als verdop­ pelt hat und der Ingenieursberuf zur Laufbahn Nr. 1 für Männer geworden ist. Die Zahl der Dentistinnen hat sich von 1 047 im Jahre 1940 auf 2 045 im Jahre 1950 verdoppelt. Auch die Zahl der Anwältinnen nahm in diesem Jahrzehnt um 50 Prozent zu: Die USA haben heute 6256 Rechtsanwältinnen, eine Zahl, die noch weiter im Ansteigen ist. Die publizistischen Berufe beschäftig­ ten im Jahre 1950 28 595 Frauen im Vergleich zu nur 14 750 im Jahre 1940. Verhältnismäßig jung in der Geschichte der Frauen­ arbeit ist die Position der technischen und medizinischen Assi­ stentin! 1950 gab es deren 43 275, das sind mehr als die Hälfte der in diesem Berufe Beschäftigten. Aber "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953

Aber nicht nur als Assistentin hat die Frau sich bewährt, es gibt heute eine ganze Reihe von begabten und geschickten Frauen in leitenden Positionen: 1950 waren mit 36 127 1/4 aller Einkäufer und Abteilungsleiter von großen Warenhäusern Frauen; das große Bankverzeichnis von Rand McNally verzeichnete im Jahre 1950 6 013 weibliche Bankiers. Nahezu 1/3 (31 1°) aller Bekleidungs- und Zubehörbetriebe und 1/4 (26 $) aller Restau­ rants sind Eigentum von Frauen und werden von ihnen bewirtschaftet. Auch ein auf dem Arbeitsmarkt völlig neues Gebiet wird auf die Unterstützung der Frau rechnen: die Schaffung und Pflege menschlicher Beziehungen im Geschäftsleben. Man benötigt dazu versierte Sozialwissenschaftler für die Analyse, Planung, For­ schung und Entwicklung und die Heranbildung von Betriebsspeziali­ sten, die der reinen Theorie zur praktischen Nutzung verhelfen sollen. An vierter Stelle zu erwähnen wäre die wachsende Zahl von Frauen in öffentlichen Diensten, der bundesstaatlichen, einzel­ staatlichen und kommunalen Legislative, in verantwortlichen Re­ gierungsämtern, in Schlüsselpositionen des US-Außenministeriums, bei den Vereinten Nationen und den amerikanischen Streitkräften. Die Legislative hat heute 285 Frauen in ihren Reihen im Vergleich zu 29 im Jahre 1920. Entsprechend der Zahl der berufstätigen Frauen im ameri­ kanischen Mutterland ist auch die Zahl der als Sekretärinnen, Stewardessen, Journalistinnen, Pressephotographinnen, Kranken­ schwestern, Lehrerinnen, Bibliothekarinnen, Sozialarbeiterinnen, Hauswirtschafterinnen und der im Ausland arbeitenden Amerikane*- rinnen gewachsen. Neue berufliche Möglichkeiten für die Frau bringen ferner die Einführung von Fernsehen im Unterricht, von Mikrofilmen in Bibliotheken, die Nahrungsmittelchemie sowie die starke Erweiterung der Erwachsenenbildung und der Altersbe­ treuung unter Heranziehung von besonders geschulten Fachkräften.

(Aus "The Monthly Labor Review")

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- 6 - "AFRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953

Eine Truppe blinder Schauspieler gibt öffentliche Vorstellungen in San Francisco und anderen Städten an der amerikanischen Westküste. "ICH HABE NOCH NIE EIN LÄCHELN GESEHEN"

(84 Zeilen, 750 Wörter) SAN FRANCISCO — (Amerika Dienst) — Der Regisseur schüttelt den Kopf: "Halt, so geht das nicht. Ihr Lächeln muß weich und zärtlich sein". Las hübsche junge Mädchen auf der Bühne dreht sich mit einem bestürzten Gesicht zu ihm um: "Wie soll ich das denn machen, ich habe noch nie ein Lächeln gesehen?" Wir wohnen der Probe einer Truppe blinder Schauspieler, den sogenannten "Shadowplayers" in San Francisco bei. Der Regisseur tritt zu dem Mädchen heran, läßt sie sein eigenes Gesicht abtasten, während er selber lächelt. So lernt die junge Blinde, wie sich die Gesichtsmuskeln bei einem Lächeln verziehen müssen. Nach langem Training kann sie schließlich lächeln. Die Geschichte dieser Schauspielertruppe begann 1943 in San Francisco, als der "Lions Club", eine dem Gemeinwohl die­ nende Vereinigung von Geschäftsleuten, eine Erholungsstätte für Blinde einrichtete. Lloyd Henderson, ein junger Veteran des zweiten Weltkrieges, brachte seine blinden Kameraden auf die Idee, Theater zu spielen. Die Erziehungsbehörde in San Francisco schickte einen Theaterfachmann, und bald wurden die ersten Szenen aus Shakespeare gesprochen. Auf diese Weise schulten sie zuerst einmal ihre Stimmen, denn keiner von ihnen hatte bisher etwas mit dem Theater zu tan gehabt: Lloyd Hender3on war Berufssportler^ Sarah Ballam Verwaltungsangestellte» Wanda Robers Hausfrau und Mutter» Hilde Isles Blindenschrift­ lehrerin. Bald verlangten die Blinden ungeduldig danach, ihre Rollen nicht nur zu lesen, sondern auch zu spielen. Sie wollten sich auf einer Bühne mit richtigen Requisiten wie richtige Schau­ spieler bewegen. Man entschied sich für ein Stück des englischen Dramatikers Jerome K. Jerome "The Passing of the Third Flood Back". Beim ersten Versuch aber türmten sich schon scheinbar unüberwindliche Schwierigkeiten auf, von denen die Anfertigung

- 7 - "AFRIKA DIENST" -früh. DI E FRAU 1. Juli 1955

Anfertigung Hunderter von Blättern in Brailleschrift für das Rollenstudium die geringste war. Hilda Isle, die Blindenschrift­ lehrerin, unternahm mit ihrer Klasse, diese Rollen zu schreiben. Gleichzeitig ließ sie normale Schreibmaschinenkopien anfertigen, so daß Verwandte und Freunde den angehenden Schauspielern die Rollen abhören konnten. Schwieriger wurde es bei den Bühnenpro­ ben; die blinden Schauspieler stießen gegen die Requisiten und sprachen in die falsche Richtung. Aber das konnte sie nicht mehr entmutigen, sie waren von ihrer Idee begeistert und erwo­ gen die Möglichkeiten zu einer Lösung dieses Problems. Wie wäre es, wenn jeder einzelne an einem Faden gezogen würde? Dieser Vorschlag wurde verworfen, denn die Aufmerksamkeit des Schauspielers würde von seinem Spiel abgelenkt, wenn er auf diesen Faden achten müßte. Könnte man vielleicht auf dem Fuß­ boden mehrere Matten so verteilen, daß dadurch der Standpunkt der Möbel angezeigt, und eine allgemeine Orientierung auf der Bühne möglich würde? Diese Idee fand Anklang und wurde auspro­ biert; aber schließlich entschieden sich die mutigen Eleven doch für den schwersten Weg: das sorgfältige Einstudieren jeder kleinsten Bewegung und das genaue Abmessen von Schrittzahl und -länge. Mancher wollte verzweifeln, wenn er plötzlich seinen Einsatz verpaßte, weil er sich angestrengt auf seine Bewegung im Raum konzentrieren mußte. Wochenlang wurde geprobt, bis die Szenen schließlich rei­ bungslos abliefen. Da machte der Regisseur Tolson, mitgerissen von dem Enthusiasmus seiner Schauspieler, den Vorschlag: "Wie wäre es, wenn wir eine regelrechte Aufführung starteten?" Einen Augenblick lang herrschte beklommenes Schweigen, dann fragte SarehBallam mit zaghafter Stimme: "Sie meinen - vor Zuschauern?" "Warum nicht? Wir würden natürlich Eintritt erheben; unser Er­ holungsheim könnte gut eine finanzielle Hilfe gebrauchen!" Also wurde weitergeprobt, und nach drei Monaten war alles zur Premiere fertig. Es ist schwer zu sagen, wer an jenem Abend, bevor der Vorhang sich hob, aufgeregter war, die Schauspieler hinter der Bühne oder die Zuschauer in dem improvisierten Thea­ tersaal. Auch Morton Kenney, der Direktor des Erholungsheimes, gestand später seine angstvolle Beklemmung: "Ich habe mich damals

- 8 - "AMERIKA DIENST" - i'Üfi LIE FRAU 1. Juli 1953 damals in die erste Reihe gesetzt, um - wenn nötig - schnell zuspringen zu können. Von Minute zu Minute aber ließ die Spannung nach. Einer nach dem anderen sank in seinen Sitz zurück, und ein Seufzer der Erleichterung ging durch den Raum. Die Spieler bewegten sich mit selbstverständlicher Sicherheit über die Bretter, und es schien kaum glaublich, daß sie blind waren. Nachdem der Vorhang gefallen war, folgte tosender Applaus, Die Spieler hatten nicht nur ihre Blindheit über­ wunden, sie hatten allen Zuschauern den Beweis von der unüber­ windlichen Kraft des menschlichen Willens gegeben. Bald konnte die Truppe ihr erstes Gastspiel in einem Theater in San Francisco geben; die Presse war begeistert, und Einladungen zu Gastspielen in großen Städten an der pazifi­ schen Küste folgten. Selbstbemitleidung kennen diese Blinden nicht, dazu haben sie keine Zeit mehr. Sie denken nun schon an andere Menschen und stellen einen Teil ihrer Einkünfte körperbehinderten Kindern zur Verfügung.

(Aus "Coronet")

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FRAU AN DER WERKBANK Aus dem Leben einer amerikanischen Arbeiterin Von Barbara Allyson

( 100 Zeilen, 900 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Elsie Miller ist eine von den 19 Millionen berufstätigen Ameri­ kanerinnen und eine von den 3 1/2 Millionen Arbei­ terinnen, die in den Fabriken und Industriebetrieben der USA beschäftigt sind. Elsie ist Nieterin in einem Flugzeugwerk auf Long Island, sie ist verhei­ ratet, und wie mehr als ein Viertel aller ameri­ kanischen Arbeiterinnen hat sie Kinder unter acht­ zehn Jahren. Wie sie lebt und wohnt und arbeitet, ist typisch für Millionen ihrer Arbeitskameradinnen. Elsie Miller ist heute dreißig Jahre alt. Was arbeiten heißt, weiß sie, denn seit ihrem achtzehnten Lebensjahr ist sie berufstätig. Vor dem Krieg war sie Buchhalterin. Damals ver­ diente sie an die vierzig Dollar die Woche; heute ist sie Ar­ beiterin in einem Flugzeugwerk auf long Island. Sie arbeitet 45 Stunden pro Woche und erhält einen Stundenlohn von 1.80 Dollar. Mit einigen Überstunden kommt sie im Durchschnitt auf 49 Ar­ beitsstunden in der Woche und erhält dafür 96-30 Dollar, wovon ihr nach Abrechnung aller Abzüge 78 Dollar bleiben. Warum Elsie Miller arbeitet, obwohl sie verheiratet ist, zwei Buben hat und der Verdienst ihres Mannes bei sparsamer Lebensführung für die Familie reichen würde? Sehr einfach: weil sie alles das auch haben möchte, was sich die moderne Ameri­ kanerin wünscht: ein eigenes Häuschen, anständige Kleider, ein Auto, einen Fernsehapparat, eine gute Erziehung für die Kinder - und ein wenig Geld auf der Bank. Ein weiterer Grund ist, daß Elsies Mann Jim, der früher in einer Holzfirma angestellt war und in der Woche 110 Dollar verdiente, sich vor einiger Zeit selbständig gemacht und mit einem Partner ein Dachdeckereige­ schäft aufgemacht hat. Jim ist fleißig und hinter der Sache her, und Elsie ist davon überzeugt, daß er es schaffen wird. Aber bis es so weit ist und er allein so viel verdient, daß sie alle gut davon leben können, will sie ihm helfen. Und da

- 10 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1 . Juli 1953 da Elsies Mutter im gemeinsamen Haushalt lebt und auf Elsies zwei kleine Buben aufpaßt, kann sie auch unbesorgt von daheim weg sein. » Freilich ist es kein reines Vergnügen, jeden Wochentag um halb sechs Uhr aufzustehen, wenn Mutter, Kinder und Mann - Jim geht erst später aus dem Haus - noch fest schlafen. Elsie zieht dann rasch ihre zweckmäßigen Arbeitskleider an: Hosen, eine buntbedruckte Waschbluse, Socken und feste Schuhe - , trinkt rasch eine Tasse Tee und verläßt das hübsche Siedlungshäuschen, das sie mit ihrer Familie bewohnt. Wie das in Amerika bei großen Betrieben üblich ist, wird sie von einem Autobus abgeholt, der alle in diesem Viertel wohnenden Arbeiter und Arbeiterinnen in die Fabrik bringt. Pünktlich um sechs Uhr fünfzig liefert er sie alle im Werk ab, und dann ist gerade noch Zeit für eine Zigarette, ehe um sieben Uhr die Sirene das Zeichen zum Arbeits­ beginn gibt. Die Arbeit erfordert Kraft und Geschicklichkeit. Vier Pausen unterbrechen die Arbeitszeit. Um halb zehn eine Rauchpause von zehn Minuten, von 12.15 Uhr bis 13 Uhr Mittagspause,und nachmit­ tags gibt es noch zwei kurze Unterbrechungen. Elsie ißt zu Mit­ tag meist einige belegte Brote, trinkt eine Tasse Kaffee und unterhält sich mit ihren Kolleginnen. Wie alle Frauen sprechen sie natürlich über Mode, Kino oder Schlankheitsrezepte, als echte Amerikanerinnen aber auch über Autos und Fernsehprogramme oder auch die Gewerkschaft, über bezahlte Urlaubs- und Kranken­ tage, die Krankenversicherung und natürlich die Gleichberechti­ gung der Frau, die für die 900 Arbeiterinnen der insgesamt 16 000 Angestellte zählenden Belegschaft von großer Bedeutung ist. Die Werkleitung nimmt gerne Frauen auf, gleichgültig ob sie jung, alt, hübsch oder häßlich sind. Aber zwei Einschrän­ kungen gibt es doch: Frauen mit kleinen Kindern werden nur auf­ genommen, wenn sie jemanden haben, der zu Hause auf die Kleinen achtgibt, und auch übermäßig dicke Arbeiterinnen werden abge­ wiesen, weil sie "zu viel Platz wegsitzen". Um "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953

Um 16.42 hört der Lärm der Nietpistolen und Maschinen auf, und die Werkbänke werden aufgeräumt. Elsie verstaut ihr Werk­ zeug, Arbeitshandschuhe und Sicherheitsbrille, verläßt eilig die Fabrik und ist um etwa halb sechs Uhr zu Hause. Elsies Mutter hat das Abendessen meist schon fertig, und fünf Minuten später kommt auch Jim« Dann wird in der hellen, freundlichen Küche - ihre Glanzstücke sind Kühlschrank und Waschmaschine - gemeinsam mit den beiden Kindern gegessen. Ss gibt immer gut und reichlich zu essen, denn Familie Miller hält etwas aufs Essen. Dann waschen Elsie und ihre Mutter das Geschirr ab, Jim hilft ein wenig oder liest die Zeitung, und die Buben sitzen - natürlich - noch eine Weile vor dem Fernsehgerät. Ohne den Fernsehempfänger, sagt Elsie, wäre das Haus direkt leer. Von Zeit zu Zeit aber sitzen Jim und Elsie zusammen und rechnen. Elsie führt die Bücher und zahlt die Rechnungen. Und Zahlungen gibt es genug. Da sind noch Raten für ihr kleines Siedlungshaus, für Nähmaschine und den Wagen zu zahlen - einen prächtigen Nash, der Jim und Elsie viel Freude macht -, dann müssen die Steuern beglichen werden, und Elsies Mutter bekommt einen kleinen Betrag. Ferner sind da die Ausgaben für Licht, Gas und Kohle, für Benzin, öl und Wartung des Autos, Zahlungen für die Lebensversicherungen, die Jim für sich und Elsie ab­ geschlossen hat, und schließlich die Ausgaben für Anschaffung und Instandhaltung von Kleidung, für Lebensmittel und Telephon. Alle diese Ausgaben machen 80,5 Prozent des gemeinsamen Ein­ kommens. Dann bleibt gerade noch genügend Geld für eine unvor­ hergesehene Ausgabe, für Spielsachen für die Kinder und ein bißchen Vergnügen für die Eltern. Elsie und Jim besuchen ab und zu Freunde, gehen manchmal tanzen und - selten - ins Kino. Lieber sitzen sie daheim vorm Fernsehgerät, oder sie fahren mit den Kindern ins Blaue. Viel Zeit haben sie sowieso nicht für Vergnügen. Am Abend hat Elsie häufig zu waschen und zu bügeln, sie strickt und häkelt auch gern und arbeitet oft noch lange im Garten. Jim hilft ihr wo immer er kann. Alles

- 12 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DI5 FRAU 1. Juli 1953

Alles in allem aber: Elsie und Jim sind zufrieden. Sie haben schon viel erreicht und hoffen, es noch weiter zu brin­ gen. Beide plagen sich redlich. Aber sie finden ihr Leben schön und ebenswert. "Wir sind glücklich", sagt Elsie, "daß wir uns noch immer erarbeiten konnten, was wir uns gewünscht haben."

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BABYSITTER AUF GEGENSEITIGKEIT Amerikanische Väter und Mütter schaffen aus eigener Initiative Kinderheim und Baby-sitter-Büro

(65 Zeilen, 580 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Die ständig zunehmenden Anforderungen, die das Berufsleben oft in gleicher Weise an den männlichen und weiblichen Ehepartner stellt, haben häufig eine starke Beschneidung der Zeit zur Folge, die die Eltern für ihre Kinder erübrigen können. Um zu vermeiden, daß das Leben des Kindes in einen ihm unangemessenen Rhythmus, näm­ lich den des Berufslebens der Eltern, gepreßt wird, haben sich in den Vereinigten Staaten die Eltern auf ihrer Suche nach Lösungen dieses Problems zusammengeschlossen. Eine dieser Lösungen ist das Sommerlager von "Usonia Homes". Ein Besucher in "Usonia Homes", einem Stadtteil außer­ halb New Yorks, wird sich vielleicht wundern, daß gerade für die Kinder dieses Wohnbezirkes ein Sommerlager eingerichtet wurde. Um die Häuser zieht sich als ideales Spielgelände ein eingezäunter Park, und viele Straßen sind so angelegt, daß sie nicht für den Durchgangsverkehr benutzt werden können. Und doch genügte das den Eltern nicht, denn es kam ihnen darauf an, daß sich die Kinder besser kennenlernen sollten als lediglich durch einen zufällig-nachbarlichen Verkehr. Viele Eltern, die selbst in der Stadt aufgewachsen sind, hatten auch den Wunsch, ihren Kinder.n ein innigeres Verhältnis zur Natur zu verschaffen. Die Eltern dieser Gemeinde organisierten in gemeinsamer Arbeit ein ideales, festes Sommerlager für ihre Kinder, wo sie

- 13 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953 sie alle nur erdenklichen Beschäftigungs- und Spielmöglichkeiten bereitstellten. Für jedes Kind, das an diesem Sommerlager teil­ nehmen soll, werden 25 Dollar bezahlt, und für dieses Geld wird ein ständiger Stab von Berufspädag gen unterhalten. Die Väter benutzen die Winter- und Frühjahrsmonate dazu, das Lager wieder instand zu setzen, die Spielplatze zu säubern, die Einrichtungen der kleinen Häuser zu reparieren und die Sportausrüstungen zu besorgen. Die Mütter kümmern sich den Winter über um die Be­ schaffung von praktischer Spielkleidung, Kostümen für das Kinder­ theater und die nötigen Kulissen. Wenn die Kinder dann im Sommer in ihr Lager kommen, finden sie alles, was sie für ihre Spiele brauchen, bereits vor. Außer den vielen Vorteilen, die das Leben in der Natur und in dieser kleinen Gemeinschaft den Kindern bie­ tet,, kommen ihnen ja nicht nur die Ideen und Erfahrungen der eigenen Eltern zugute, sondern auch die aller anderen? die sich an der Vorbereitung des Sommerlagers beteiligen. Schließlich finden auch die Eltern untereinander durch die gemeinsame Arbeit für ihre Kinder einen engen und fruchtbringenden Kontakt. Eine andere Form der Zusammenarbeit innerhalb einer kleinen Gemeinde haben die Eltern in Hickory Hill bei New York entwickelt. Das allgemein bekannte Baby-Sitter-System ist vielen Eltern zu kostspielig und hat außerdem den großen Nachteil, daß Fremde in die Wohnung genommen werden müssen. Der oft gewählte andere Ausweg, daß Mütter befreundeter Familien gegenseitig auf ihre Babys aufpaßten, mit dem Versprechen, sich gelegentlich in der gleichen Weise zu revanchieren, hat vielfach zu Mißverständ­ nissen und Arger geführt, denn nicht immer konnten die Partner ihre Freizeit aufeinander abstimmen. So lag also die Idee, für 15 bis 20 Familien ein Baby-Sitter-Büro einzurichten, nicht fern. Der Traum vieler junger Ehepaare mit mannigfaltigen gesellschaft­ lichen Verpflichtungen kann dadurch Wirklichkeit werden. Die Eltern wenden sich an das Büro, um sich für die gewünschte Zeit einen Baby-Sitter zu engagieren, und haben die Garantie, je­ manden aus dem ihnen bekannten Kreis der Gemeinde zu erhalten, ohne erst überall herumfragen zu müssen, da das Büro dies für

- 14 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 1. Juli 1953 für sie unternimmt. Erhalten sie selbst eine Anfrage, so brauchen sie ebenfalls nur dann, wenn sie Zeit haben, zuzusagen. Väter und Mütter haben mit diesem System der Zusammenarbeit gute Er­ fahrungen gemacht. Sie empfinden es sogar als angenehme Abwechs­ lung, gelegentlich einen ruhigen Abend in einem anderen Heim verbringen zu können, mit anderen Büchern, Zeitschriften und Schallplatten.

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Die SATÜRDAY EVENING POST veröffent­ lichte vor einiger Zeit einen Artikel von Joseph Wechsberg, einem heute in den USA lebenden tschechischen Schrift­ steller, in dem er einen an ihn gerichteten Brief einer tschechischen Mutter veröffent­ licht. Dieser Brief, der der tschechischen Zensur entging, ist ein erschütterndes Doku­ ment der Tyrannei.

" ICH HABE ANGST VOR MEINEM EIGENEN KIND"

Brief einer tschechischen Mutter an Joseph Wechsberg

(55 Zeilen, 500 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Ich erinnere mich genau an die kleine süße Milenka. Sie war, als ich sie das letzte Mal sah, genau zwei Jahre altj ein blondes, blauäugiges Ding, das große Freude an den Märchenerzählungen seiner Mutter hatte. Milenka muß heute etwa 5 Jahre alt sein. Ihre Mutter sieht sie nur seltene Wie alle tschechischen Frauen unter 45 Jahren, deren Kinder das dritte Lebensjahr überschritten haben, arbeitet sie in einer Fabrik. Milenka besucht den staatlichen Kindergarten. Kürzlich erhielt ich nun auf Umwegen folgenden Brief von ihrer Mutter: "... Milenka ist gesund und für ihr Alter verhältnismäßig groß. Sie würden sie nicht wiedererkennen. Sie hat sich sehr ver­ ändert - in vieler Hinsicht. Es begann vor zwei Jahren. Ich hatte so allerlei Gerüchte über den Kindergarten gehört und wollte Mi­ lenka nicht dorthin schicken. Eine Weile war sie dann auch bei Großvater; der- Gewerkschaftsrat der Fabrik wurde jedoch darauf aufmerksam. Ich mußte sie in den Kindergarten schicken. Bald kam Milenka nach Hause und erzählte mir die alten Mär­ chengeschichten in neuer Version. Rotkäppchen war eine arme Ar­ beiterin und der böse Wolf schaute nur wie ein Wolf aus, war aber in Wirklichkeit ein böser Kapitalist. Aschenputtel wurde von ihrer Stiefmutter 'ausgebeutet', und die gute Fee war eine Stachanowarbeiterin. Eines Abends saß ich bei Milenka am Bett und erzählte ihr die Geschichte vom Schlaraffenland, wo die Milch in Strömen fließt und die gebratenen Tauben einem in den Mund "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

Mund fliegen. Milenka schaute mich nur ein wenig sonderbar an und meinte: 'Das ist eine dumme Geschichte, Mutter. So ein Land gibt es nicht.' Tränen standen mir in den Augen, als ich mich hinausschlich. Ich wollte nicht, daß das Kind sie sah und der Lehrerin davon erzählte. Ich fürchtete mich vor meinem eigenen Kind... Eines Tages kam Milenka vom Kindergarten nach Hause und fragte mich: 'Mutter, Präsident Gottwald war doch der größte Sohn unseres Landes, nicht wahr?' Auf ihren fragenden Blick hin sagte ich schnell: 'Ja.' Meine Ahnung hatte mich nicht betrogen, denn spä­ ter hörte ich von anderen Müttern, daß die Kinder diese Frage im Auftrage der Lehrerin an die Mütter zu stellen und anderen Tages darüber zu berichten hatten. Milenka gehört einem Kinderkollektiv an. Dort bauen sie ge­ meinsam aus Bausteinen Fabriken, niemals Burgen. Alle ihre Spiele sind nach der kommunistischen Doktrin ausgerichtet. Mein Kind weiß keines unserer Volkslieder. Es singt die tschechischen Über­ setzungen von Marschliedern der Roten Armee 'Drei Panzergrenadiere' und 'Die Granate'. Gebete lernt man im Kindergarten nicht. Gebete hat man abgeschafft, 'weil sie die Gedanken der Kinder ablenken und sie zu einer falschen Bewunderung des Imaginären (Gottes) hinführen.' Selbst der Sonntag gehört nicht mir und dem Kind. Früher sind wir durch die Wälder gewandert oder haben eines der umlie­ genden alten Schlösser besucht. Diese historischen Stätten sind heute Lager für landwirtschaftliche Erzeugnisse oder Jugendher­ bergen. Dem Besucher erzählen die jungen Parteigänger, daß hier •in diesen Folterkammern die feudalistischen Vorgänger der be­ zwungenen Kapitalisten ihre Arbeiter mißhandelt haben'. Als ich das Kind einmal fragte, ob es am Sonntag nicht mit mir und Groß­ vater einen Ausflug ins Gebirge machen wollte, antwortete es mir: 'Nein, Großvater arbeitet nicht, und die Berge gehören den Ar­ beitern.' Seine Stimme klang kalt und abweisend... Warum mußte dies gerade meinem Kind passieren?"

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- 2 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 15. Juli 1953

Traditionsgebundene Wohnraumgestaltung ist in den USA immer noch vorherrschend.

TRADITION IM MODERNEN AMERIKA

(50 Zeilen, 450 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Für den Europäer verbindet sich mit dem Begriff amerikanischer Wohnkultur meist automatisch die Vorstellung von jenen hypermodernen Häusern im Stile Frank Lloyd Wrights, die mit ihren glatten, betont einfachen Möbeln, den schaumgummi-gepolsterten Sesseln und schafwollteppich-be- legten Fußboden zum Inbegriff moderner Raumgestaltung geworden sind. Umso überraschender ist daher für ihn gewöhnlich die Tat­ sache, daß diese Wohnungen - obwohl es sie natürlich gibt - in Amerika immer noch verhältnismäßig dünn gesät sind. Denn trotz aller Fortschrittlichkeit und Aufgeschlossenheit für alles Neue hängt gerade der Amerikaner oft stärker an seiner Tradition als so mancher Europäer. Und entsprechend traditionell sind auch die Möbel, die die - vor allem im amerikanischen Osten vorherrschenden Häuser im Kolonialstil schmücken. Der besondere Stolz der ameri­ kanischen Hausfrau sind die ererbten oder in einem der zahlrei­ chen amerikanischen Antiquitätengeschäfte erworbenen altengli­ schen oder Viktorianischen Stilmöbel. Aber auch zahlreiche ameri­ kanische Möbelfirmen haben sich auf diesen Geschmack ihrer Käu­ fer eingestellt und erzeugen sozusagen Stilmöbel am laufenden Band. Nur selten freilich ist in dem traditionell eingerichteten amerikanischen Heim ein einheitlicher Stil gewahrt. Zu vielge­ staltig sind gerade in diesem Lande die von außen hereingetra­ genen Einflüsse, um sie auf einen gemeinsamen Nenner bringen zu können. Wenn auch im allgemeinen der strenge, die einfache, klare Linie betonende Stil der frühamerikanischen Periode vor­ herrscht, so werden doch auch immer wieder reicher verzierte, geschnitzte Möbelstücke dazwischengestreut. Ebenso sind die Dekorationsstoffe, Teppiche und Tapeten meist in hellen, bunten Farben gehalten, die mit lebhaften Blumen- oder Vogelmustern die dunklen Möbel beleben. In "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

In extremem Gegensatz zu diesen traditionell eingerichteten Heimen stehen die modernen amerikanischen Wohnungen. Betonte Einfachheit, glatte, weitschwingende Linienführung und helle Farben sind das Charakteristische solcher Raumgestaltung. Be­ quemlichkeit und Zweckmäßigkeit sind die ausschlaggebenden Ge­ sichtspunkte bei der Wahl dieser Möbel. Ihr glattes Naturholz ist leicht zu behandeln, ihre Uberzugstoffe sind haltbar und zum großen Teil auch waschbar und die meist schaumgummi-gepol­ sterten Sitzgelegenheiten in ihrer schwungvollen Linienführung sowohl anmutig als auch höchst bequem. Die modernen Möbel haben zudem den Vorteil, daß sie - da sie in bezug auf Größe alle Ex­ treme vermeiden - sowohl in die riesigen Wohnräume moderner amerikanischer Einfamilienhäuser wie auch in die oft recht klei­ nen Zimmer der städtischen Miethäuser passen. Aber auch diejenigen Amerikaner, die sich für die moderne Wohnungseinrichtung entschieden haben, können meist nicht ganz auf ihre Tradition verzichten. Hier ist es ein altes, ererbtes Service, dort eine altmodische Konsole oder ein ehrwürdiger Großvater-Sessel, die selbst in der modernsten Wohnung einen Ehrenplatz erhalten. Dabei ergibt sich die erstaunliche Tatsache, daß diese etwas gewagten Kombinationen sogar recht reizvoll sein können. Aber hier wie überall ist es der individuelle Geschmack jedes einzelnen, der der Wohnung die besondere, persönliche Note gibt.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder: 1) Typisch amerikanisches Wohnzimmer im viktorianischen Stil. 2) Ein Wohnzimmer, das trotz der Kombination altmodischer und moderner Möbel den Charak­ ter moderner Raumgestaltung wahrt. 3) Modernes Schlafzimmer, bei dem die ge­ schickte Verwendung der natürlichen Schönheit des Holzes der einzige Schmuck ist.

- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

GRUPPEN-THERAPIE IN HIGHFIELDS Von Anna Haag

(80 Zeilen, 720 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Seit 1950 wer­ den in einem Heim in Highfields, New Jersey, Heil­ versuche an jugendlichen Kriminellen mit Hilfe der Gruppen-Therapie gemacht. Der Aufnahme in das Insti­ tut geht ein psychologischer Test voraus, der Pro­ fessor Ashley H. Weeks vornimmt. (Professor Weeks ist in Deutschland und in USA bekannt durch das so­ genannte "Darmstadt-Programm", die genaue Analyse der sozialen Struktur des Bezirks Darmstadt) Bei der Entlassung werden diese Jungen erneut getestet, sechs Monate später haben sie sich einem dritten Test zu unterziehen. Danach bleiben die Highfields-Jungen weitere fünf Jahre lang unter Be­ obachtung. Es ist ein wissenschaftliches Experiment, das in diesem Institut seinen Anfang nimmt und über dessen Erfolge man erst Definitives sagen kann, wenn man die in Highfields behandelten jungen Menschen tatsächlich während einer Reihe von Jahren beobach­ tet hat. Diese Nach-Beobachtung wird ebenfalls von Professor Weeks durchgeführt. Er wird dabei von den amtlichen Sozialfürsorgestellen, den Arbeitsämtern, den Pfarrämtern und der Polizei unterstützt. Wer die frischen jungen Leute sieht - es sind ihrer etwa zwanzig 16 - 20-jährige Jungen - die jeweils "zur Kur" in High­ fields sind, würde niemals auf den Gedanken kommen, daß dies "Entgleiste" sein könnten. Sie arbeiten gegen ein bescheidenes Entgelt in den Gärten eines großen Krankenhauses, das in der Nähe liegt. Schon das ge­ meinsame Arbeiten an demselben Ziel ist ein Teil der Kur. Nach dem Abendbrot beginnt die eigentliche Gruppentherapie. Eine Gruppe von jeweils fünf oder sechs Buben kommt in das Arbeits­ zimmer des jungen Sozialfürsorgers, des Leiters von Highfields. Dort besprechen sie ihre Probleme. Sie analysieren die folgenden Fragen gründlich: "Warum bin ich in Highfields?" "Wie war meine Vergangenheit?" "Wie war es in meinem Elternhaus?" 'Wie wird meine Zukunft sein, wenn...?" "Wie denke ich über Highfields?" "Habe ich hier Fortschritte gemacht?" "Was können wir tun, um den Er­ folg von Highfields zu steigern?" Diese "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

Diese Konversation ist keineswegs vom Sozialfürsorger diri­ giert. Die brennendste Frage ist natürlich für alle: "Wie lange muß ich in Highfields bleiben?" Die Entlassung hängt einzig und allein ab von dem Grad der Zuverlässigkeit des Betroffenen. Und das Eigenartige ist, daß jeder - so gerne er wieder hinaus möchte in die absolute Freiheit, doch lieber in Highfields bleibt, so­ lange er sich selbst seiner nicht sicher fühlt. Nach einer Viertelstunde allgemeiner Diskussion wirft einer der Jungen die Frage auf: "Worüber wollen wir heute Abend eigent­ lich diskutieren?" Es wird beschlossen, über "Walter" zu sprechen. Ihm wird eine kleine kritische Analyse gut tun. Walter hat keine Einwände. Fred beginnt mit der Feststellung, Walter habe Fortschritte gemacht. Er sei nicht mehr so ungehobelt und auch nicht mehr so unberechenbar. Bob wendet pin: "Aber er flucht noch immer wie ein Fuhrknechtl' "Aber nicht mehr so oft",verteidigt sich Walter - 3ine Bemerkung, der allgemein zugestimmt wird. "Einen Vorschlag, bitte: wie können wir Walter helfen?" Es ist Fred, der diese Frage stellt. "Ich schlage vor, wenn meine Mutter kommt, lade ich ihn und alle ein..." "Ihr habt's alle leichter", poltert Walter noch einmal. "Fred überhaupt. Jeden Sonntag kommt Mutti." Fred stimmt zu. "Walter hat recht. Ich hab' immer was, auf das ich mich freuen kann. Das hilft mächtig, sag* ich euch... Mensch, wenn ich das nicht hätte...! Aber der arme Walter...?" "Was", braust Walter auf. "Meine Mutter ist o.k. Wenn sie mich auch nicht besuchen kann. Aber sie hat es schwer mit ihren zehn Kindern und einem Mann, der alles Geld vertrinkt, da hätte auch ein anderer einmal dreingeschlagen." Ja, das hat Walter getan. Und darum ist er in Highfields. Wenn die Kameraden in Highfields weiterhin so freundlich zu ihm sind, wird auch sein Gemüt sich besänftigen. Und wenn es das Leben nach seiner Kur nur einigermaßen gut mit ihm meint, wird er ein heiterer junger Mann sein von gleichmäßigem Temperament. Zwei "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

Zwei volle Stunden sprechen die Jungen völlig offen über alle ihre Probleme, enthüllen alles voreinander und dadurch /or sich selbst. Sie werden sich durch diese Aussprachen klar über ihre Fehler und deren Ursachen. Sie sehen sich und ihre Tat oder Untat dabei in einem 3charf zeichnenden Spiegel. Alles Positive aber, das sie bei dieser Gruppen-Analyse aneinander entdecken, wird genau so uneingeschränkt anerkannt, wie das Negative geta­ delt. Diese Anerkennung wirkt wohltuend und heilend. Es ist eine erstaunliche Tatsache, daß die Gruppe sehr rasch eng zusammen­ wächst und daß sich ein heilsamer Gruppen-Ehrgeiz entwickelt. Unter den Schwächen Walters leidet Fred genau so wie Walter selbst. Und umgekehrt. Es scheint eine außerordentlich heilende Wirkung zu haben, wenn man über "seinen" Fall und alles, was dazu geführt hat an äußeren Umständen und innerer Veranlagung, mit Kameraden ähnlichen Schicksals sprechen kann.

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DIE DOPPELKARRIERE DER ÄRZTIN FLORENCE R. SABIN Werk und Schicksal einer amerikanischen Ärztin, Professorin und Forscherin

( 70 Zeilen, 630 Wörter ) CHICAGO — (Amerika Dienst) -— Vor der Röntgenstation des städtischen Krankenhauses in Denver, Colorado, zückten zwei Photoreporter ihre Kameras auf die eben aus der Tür tretende alte Dame. Die große blauäugige Frau mit dem graumelierten Haar war die damals - man schrieb das Jahr 1949 - 78-jährige Dr. Florence Rena Sabin, eine der berühmtesten Ärztinnen der Welt. Abwehrend hob sie die Hand und meinte: "Meine Herren, bitte nicht heute. Warten Sie bis morgen mit den Aufnahmen, dann setze ich mir meinen neuen Hut auf. In diesem nahmen sie mich schon vor zwei Jahren auf." Das war richtig. Zwei Jahre vorher war sie anläßlich ihrer Ernennung zur Leiterin des städtischen Gesundheitsamtes Denver

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

Denver photographiert worden. Sie hatte mit dieser Stellung eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe übernommen und sich so gut bewährt, daß man sie schon wenig später zur stellvertre­ tenden Vorsitzenden des Ausschusses der Gesundheitsämter machte, eine Position, die sie heute noch innehat. Für ihre großen Ver­ dienste um das Wohl der Allgemeinheit wurde Dr. Sabin mit einem Preis der Amerikanischen Gesellschaft für Volksgesundheit ausge­ zeichnet! das war aber schon die Krönung der zweiten Karriere dieser außerordentlichen Frau. Ihre eigentliche Laufbahn begann Dr. Sabin als Forscherin an der bekannten Johns-Hopkins-Universi­ tät und am Rockefeller-Institut, wo sie durch ihre ausgezeichnete Lehrtätigkeit von sich reden machte. Florence Rena Sabin entstammt einer alten Hugenotten-Familie, die sich in Vermont niedergelassen hatte. Später, in den Tagen des westamerikanischen "Goldrausches", übersiedelten ihre Eltern nach Central City in Colorado, wo Florence im Jahre 1871 auch zur Welt kam. Von ihren vier Geschwistern blieb nur Mary am Le­ ben, die später ebenfalls Lehrerin wurde. Florence Sabin er­ innert sich nicht gern an die Tage ihrer Kindheit. Ihre Familie lebte unter primitivsten Verhältnissen. "Das Wasser", so erzählt sie, "wurde an die Tür gebracht, und Mutter pflegte es in einem zugedeckten Kübel in einer Kammer zwischen Küche und Eßzimmer aufzubewahren." Lange wußte Florence nicht, welchen Beruf sie wählen sollte. Da sie sich jedoch brennend für Zoologie interessierte, entschloß sie sich, als die Zeit gekommen war, an der Johns-Hopkins-Uni- versität Medizin zu studieren. Ihre Begabung und ihr unermüdlicher Fleiß fielen überall auf, so daß man ihr nach Abschluß ihrer Stu­ dien einen Lehrstuhl an der berühmten Universität übertrug. 25 Jahre lang war sie an dieser Hochschule tätig, war stets beliebt bei den Studenten und hochgeachtet von den Kollegen. Wertvolle Ergebnisse erbrachten ihre Forschungen über die zellularen Bestand teile des Blutes sowie die Ursachen und Bekämpfung verschiedener Krankheiten, u.a. Krebs, Leukämie, Kinderlähmung und vor allem der Tuberkulose. Wenn "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953

Wenn man die alte Dame bittet, ein wenig aus ihrem Leben zu erzählen, so bringt sie einen Stoß von unzähligen Zeitungsarti­ keln an. Darin ist zu lesen von der einzigen Professorin der Johns-Hopkins-Universität, dem einzigen weiblichen Mitglied des berühmten Rockefeller-Forschungsinstituts, von dreizehn außer­ gewöhnlichen Ehrentiteln, von der Mitarbeit bei zahlreichen fach­ ärztlichen Verbänden, Komitees und Stiftungen. Ein Stipendium trägt ihren Namen. Im Jahre 1938 zog sich Dr. Sabin von der Forschungsarbeit im Laboratorium zurück. Nicht eigentlich um sich zur Ruhe zu setzen, sondern um einem jüngeren Wissenschaftler Platz zu ma­ chen. 67-jährig kehrte sie nach Colorado zurück und arbeitete dort im Dienste der öffentlichen Gesundhe'tsbehörde von Denver. Auf ihr Drängen hin wurden kostenlose Röntgenuntersuchungen ein­ gerichtet und eine staatliche Großimpfaktion der Rinderherden zur Verhütung der infektiöse Fieberkrankheiten hervorrufenden Bang'sehen Krankheit vorgenommen. Noch immer aber gönnt sich die heute 82-jährige Dr. Sabin keine Ruhe. Sie setzt sich für die Ziele der Vereinten Nationen ein, hält Vorträge an Universitäten und auf wissenschaftlichen Konferenzen. Die Tatsache, daß auch am Abend ihres arbeits­ reichen Forscherlebens gegen Krebs, Leukämie und Kinderlähmung noch "kein Kraut" gefunden werden konnte, entmutigt sie keines­ wegs. "Der Wissenschaftler kann mit seiner Arbeit zufrieden sein, wenn es ihm gelungen ist, auch nur ein wenig von dem Unterholz weggeräumt und seinen Nachfolgern dadurch den Weg leichter ge­ macht zu haben."

(Aus "Today's Health")

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos: 1 Porträt: Dr. Florence Rena Sabin

- 9 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE PRAU 15. Juli 1953

Nahezu acht Millionen Mitglieder in über 37 000 lokalen Zweigstellen hat der "Kon­ greß der amerikanischen Eltern-Lehrer- Vereinigungen" , der sich den Schutz der Interessen schulpflichtiger Kinder zur Aufgabe gemacht hat.

ALLES PUR DAS KIND

Aus der Arbeit der Eltern-Lehrer-Vereinigung in den USA

( 80 Zeilen, 720 Wörter ) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Als Mrs. Birney im Jahre 1897 eine Organisation der Mütter ins Leben rief, die die In­ teressen der amerikanischen Schulkinder schützen sollte, hat sie sicher nicht erwartet, daß aus dieser kleinen Gruppe ein­ mal eine einflußreiche Organisation von internationaler Be­ deutung werden würde. Aus der kleinen Gruppe von Frauen, die vor 56 Jahren in der amerikanischen Hauptstadt Washington zu- * sammentrafen, entwickelte sich der "Kongreß der amerikanischen Eltern-Lehrer-Vereinigungen" von heute, dessen nahezu acht Millionen Mitglieder in über 37 000 lokalen Gruppen in den USA und Hawaii zusammengeschlossen sind. Vor allem diese regionalen und lokalen Zweigstellen des "National Congress of Parents and Teachers" - so ist der eigentliche Name der Dachorganisation - sind es, die die einzelnen Aktione-Programme im Interesse der Kinder durchführen. Das vornehmste Ziel des gesamten Verbandes ist heute, wie in den Tagen der Gründung, Lehrer und Erzieher mit der Öffent­ lichkeit und vor allem den Eltern zu gemeinsamen Anstrengungen zusammenzuführen, um die Gewähr dafür zu haben, daß alle Schul­ kinder Nutzen aus den modernsten pädagogischen Methoden ziehen können. Die Aufgaben, vor die sich Eltern, Lehrer und Verwaltung gestellt sehen, unterscheiden sich von Gemeinde zu Gemeinde und von Stadt zu Stadt. Aber die Zweigstellen der Organisation - die Abkürzung P.T.A. kennt jeder amerikanische Bürger - sind durchaus in der Lage, mit diesen verschiedenen Problemen fertig- zuwerden. Die Arbeit des Verbandes selbst wird durch kleine

- 10 - "AMERIKA DIENST'» - FÜR DIE FRAU 15. Juli 1953 kleine Mitgliedsbeiträge finanziert, doch teteiligen sich darüber hinaus alle Mitglieder regelmäßig an Sammlungen und Spenden- Aktionen zur Finanzierung von Schulbauten oder anderen öffentlichen Projekten. Im allgemeinen treffen Eltern und Lehrer monatlich einmal in der Schule zusammen, um über allgemeine und ebenso über lokal bedingte Probleme in der Erziehung der Schulkinder zu diskutieren. Diese Diskussionen sind der Ausgangspunkt für viele praktische Maßnahmen. Man kommt dann zum Beispiel überein, neue Spielplatz- Einrichtungen zu beschaffen, neue Bücher für die Schulbücherei zu kaufen, dem Schulorchester mehr Instrumente zur Verfügung zu stellen, der Theatergruppe einen neuen Vorhang für ihre Bühne in der Aula zu genehmigen oder Grünanlagen zur Verschönerung des Schulgeländes pflanzen zu lassen. In manchen Bezirken der USA haben die P.T.A.-Gruppen fahrbare Büchereien eingerichtet, die regelmäßig die abgelegenen ländlichen Gemeinden der näheren und weiteren Umgebung besuchen. Andere örtliche Eltern-Lehrer-Ver­ bände wiederum haben die Patenschaft über ein Museum übernommen oder Kunstausstellungen angeregt und finanziell ermöglicht. Überall arbeiten die P.T.A.-Gruppen mit den Gesundheits­ behörden zusammen und helfen bei der Durchführung von Impfpro­ grammen, Reihenuntersuchungen der Lunge und zahnärztlichen Vor­ beugungsmaßnahmen. Ebenso großen Wert legen sie auf die pädagogi­ sche und psychologische Betreuung der Schulkinder. Viele Eltern beteiligen sich heute finanziell an einem "Programm für ein warmes Mittagessen", durch das allen Kindern mit Hilfe der öffentlichen Hand ein nahrhaftes Mittagessen gegeben werden kann. Schon im Jahre 1899 setzten sich die Eltern-Lehrer-Vereini­ gungen der USA für eine Verbesserung der Jugendgerichtsbarkeit und ein Bewährungs-System für jugendliche Straffällige ein. Gerade auf diesem Gebiet wurde bereits sehr viel erreicht. Doch gehören diese Probleme noch heute zu den wesentlichen Aufgaben, die sich die Organisation zu lösen vorgenommen hat. Wenige Jahre später - im Jahre 1904 - forderte die Organisation eine Revision des Ehegesetzes. Gemeinsam mit anderen Institutionen kämpften die Eltern-Lehrer-Vereinigungen seit Beginn dieses Jahrhunderts für ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit und erreichten dies

11 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 15- Juli 1953 dies auch. In den folgenden Jahren konzentrierten sich dann die Bestrebungen des immer größer werdenden Verbandes auf die Arbeit an und in den Schulen; man nahm Einfluß auf den Schulhausbau, die Lehrplangestaltung, die Schulung der Lehrer und die allgemeine Betreuung der Kinder. Diese Aktivität ist in den mehr als fünf Jahrzehnten, die der Verband nun arbeitet, nicht geringer gewor­ den. Die internationale Arbeit der Organisation begann mit dem Jahre 1908, als Vertreter aus zwölf Ländern und vier Kontinenten an dem Jahreskongreß der amerikanischen Eltern-Lehrer-Vereini­ gungen teilnahmen. Neunzehn Jahre später war die amerikanische Dachorganisation der P.T.A.'s eines der Gründungsmitglieder der "International Federation of Home and School" (Internationale Vereinigung von Heim und Schule) in Toronto in Kanada. In den zwanziger Jahren war es auch, als P.T.A.-Mitglieder lokale Zweigniederlassungen in Japan, China und Kanada aufbauten. Seit dem zweiten Weltkrieg hat die Organisation ihre Arbeit weitgehend mit der der Vereinten Nationen abgestimmt, und seit 1946 berät sie das amerikanische Außenministerium in allen Fragen der Zu­ sammenarbeit mit der UNESCO (Erziehungs-, Wissenschafts- und Kultur-Organisation der Vereinten Nationen). Später wurde die Präsidentin des Kongresses der "Eltern-Lehrer-Vereinigungen der USA" zum Mitglied der amerikanischen Delegation bei der UNESCO ernannt.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder: 1) Eltern und Lehrer diskutieren gemeinsam Erziehungsprobleme im Verlauf einer der monatlichen Veranstaltungen der örtli­ chen P.T.A.-Gruppe. 2) Die lokale P.T.A.-Gruppe der kleinen Stadt Silver Spring im Staate Maryland schuf zusammen mit den Behörden der' Stadt diesen "schöpferischen" Spiel­ platz für Kinder der Grundschule.

- 12 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953

FRANCES E. WILLIS Die neuernannte amerikanische Botschafterin in der Schweiz

( 40 Zeilen, 360 Wörter ) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Mit der Ernennung von Frances E. Willis zum neuen amerikanischen Botschafter in der Schweiz wurde nunmehr von Präsident Eisatfrwer zum zweiten Mal eine Frau auf einen hohen diplomatischen Posten berufen. Miss Willis, die den bisherigen amerikanischen Botschafter in Bern, Richard C. Patterson, ablöst, steht bereits seit 1927 im auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten. Als sie vor nun­ mehr 26 Jahren ihre diplomatische Tätigkeit begann, ahnte sie freilich noch nicht, daß sie sich dieser Arbeit für eine so lange Zeit und mit so großem Erfolg verschreiben würde- Denn nur der Wunsch, ihr Wissen zu vertiefen und ihre Erfahrung zu erweitern, war es, der die damals Achtundzwanzigjährige veranlaßte, ihre Lehrtätigkeit am Vassar-College, New York, als Professorin für politische Wissenschaft abzubrechen und sich für den Auswärtigen Dienst zu melden. Nach wenigen Monaten der Einarbeitung im Außen­ ministerium wurde Frances E. Willis im Februar 1928 bereits auf ihren ersten Konsulatsposten in Valparaiso, Chile, entsandt. Es folgten weitere Berufungen nach Santiago de Chile, Stockholm, Brüssel, Luxemburg und Madrid. Von 1947 bis 1950 bekleidete Miss Willis die Posten einer Legationssekretärin 1. Klasse und eines Konsuls in London, um schließlich 1951 ihr Amt als erste Be­ raterin des amerikanischen Missionschefs in Helsinki anzutreten. Dazwischen arbeitete sie eine Zeitlang im amerikanischen Außen­ ministerium als stellvertretende Leiterin der Abteilung für west­ europäische Angelegenheiten und als Assistentin des ehemaligen stellvertretenden Außenministers Joseph Grew, der ihre nunmehrige Ernennung zur Botschafterin in der Schweiz,(wo die Frau kein po­ litisches Wahlrecht besitzt und auch keine Regierungsstellen be­ kleidet), mit den Worten kommentierte: "Ich glaube, daß niemand diesen Posten besser ausfüllen könnte als sie". Frances E. Willis, die am 20. Mai 1899 in Metropolis, Illi­ nois, das Licht der Welt erblickte, ist, was man schlechthin als

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953 als die "geborene Diplomatin" bezeichnet. Ihre Energie, ihr hohes Verantwortungsbewußtsein und ihr tief fundiertes Wissen - sie er­ warb im Jahre 1923 den Doktorgrad der Stanford-Universität und studierte längere Zeit an der Brüsseler Universität - bilden zu­ sammen mit ihrer besonderen Gabe, Verhandlungen zu führen, die Voraussetzungen für ihre erfolgreiche diplomatische Laufbahn, als deren höchstes Ziel sie es betrachtet, "einen Beitrag zur Lösung der großen Weltprobleme zu leisten - ganz gleich, wie klein und unbedeutend dieser Beitrag auch sein mag."

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In diesem Artikel nimmt die Autorin C. Foster zu einer wichtigen Frage der Jugenderziehung auf Grund der Erkenntnisse berühmter ameri­ kanischer Pädagogen Stellung.

WARUM IST MEIN KIND UNFOLGSAM? Von Constance Foster

(85 Zeilen, 770 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Alle Menschen haben Stimmungen, Launen und Impulse. Geht irgend etwas schief, dann reagieren sie darauf durch Äußerungen des Unmuits. Dies trifft für Kinder in glei­ chem Umfang zu wie für Erwachsene. Ihre Unarten und Unfolgsamkeiten sind zumeist nicht der Ausdruck von Bosheit oder von schlechtem Charakter, sondern eine Art SOS-Signal für die Eltern, ihnen aus einem unausgeglichenen Gemütszustand herauszuhelfen. Da ist das Beispiel des kleinen Andy, der seine Initialen in den Wohnzimmertisch schnitzte. Es war an einem regnerischen Samstagnachmittag, und er drückte dadurch unbewußt aus: "Ich habe Langeweile." Hätte seine Mutter dieser Tatsache rechtzeitig Be­ achtung geschenkt und ihn irgendwie beschäftigt, hätte er diese Unart nicht begangen. Ähnlich verhielt es sich im Fall des achtjährigen Steve, der seiner Mutter Geld aus der Handtasche nahm und sich dafür Süßig­ keiten kaufte. Damit drückte er aus: "Ich bin alt genug, um

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953 als die "geborene Diplomatin" bezeichnet. Ihre Energie, ihr hohes Verantwortungsbewußtsein und ihr tief fundiertes Wissen - sie er­ warb im Jahre 1923 den Doktorgrad der Stanford-Universität und studierte längere Zeit an der Brüsseler Universität - bilden zu­ sammen mit ihrer besonderen Gabe, Verhandlungen zu führen, die Voraussetzungen für ihre erfolgreiche diplomatische Laufbahn, als deren höchstes Ziel sie es betrachtet, "einen Beitrag zur Lösung der großen Weltprobleme zu leisten - ganz gleich, wie klein und unbedeutend dieser Beitrag auch sein mag."

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In diesem Artikel nimmt die Autorin C. Foster zu einer wichtigen Frage der Jugenderziehung auf Grund der Erkenntnisse berühmter ameri­ kanischer Pädagogen Stellung.

WARUM IST MEIN KIND UNFOLGSAM? Von Constance Foster

(85 Zeilen, 770 Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Alle Menschen haben Stimmungen, Launen und Impulse. Geht irgend etwas schief, dann reagieren sie darauf durch Äußerungen des Unmuts. Dies trifft für Kinder in glei­ chem Umfang zu wie für Erwachsene. Ihre Unarten und Unfolgsamkeiten sind zumeist nicht der Ausdruck von Bosheit oder von schlechtem Charakter, sondern eine Art SOS-Signal für die Eltern, ihnen aus einem unausgeglichenen Gemütszustand herauszuhelfen. Da ist das Beispiel des kleinen Andy, der seine Initialen in den Wohnzimmertisch schnitzte. Es war an einem regnerischen Samstagnachmittag, und er drückte dadurch unbewußt aus; "Ich habe Langeweile." Hätte seine Mutter dieser Tatsache rechtzeitig Be­ achtung geschenkt und ihn irgendwie beschäftigt, hätte er diese Unart nicht begangen. Ähnlich verhielt es sich im Fall des achtjährigen Steve, der seiner Mutter Geld aus der Handtasche nahm und sich dafür Süßig­ keiten kaufte. Damit drückte er aus: "Ich bin alt genug, um

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 28. Juli 1953 um Taschengeld zu bekommen". Der fünfzehnjährige Dick endlich lief von zu Hause fort und blieb zwei Tage lang aus. Das hieß: "Ich habe es satt, immer wie ein Baby behandelt zu werden. Ich werde euch schon zeigen, daß ich allein zurechtkommen kann". - Eltern sollten also jedem Fall kindlichen Ungehorsams auf den Grund gehen und überlegen, wie man ihn aus der Welt schafft. Strafen oder Verbote machen die Dinge oft nur schlimmer. Mit Problemen dieser Art in der Jugenderziehung setzt sich eine interessante Studie von Charles W. Leonard, dem Leiter der "Illinois State Training School for Boys", auseinander, die kürz­ lich in den USA erschien. Sie heißt: "Warum Kinder unfolgsam sind" und gibt die Erfahrung mit Tausenden unartiger Kinder wie­ der. Dennoch ist Mr. Leonard dadurch weder pessimistisch gewor­ den, noch sieht er Grund zur Aufregung für die Eltern. Im Gegen­ teil, er sagt: "Ein Kind, das nicht hin und wieder eine Unart begeht, wäre, wenn es überhaupt existierte, anomal. Unfolgsam- keit ist eine ganz normale Begleiterscheinung der Entwicklung". Kinder benehmen sich schlecht, weil sie Kinder sind. Genau so wenig wie ihre Eltern sind sie mit guten Manieren auf die Welt gekommen, auch können sie oftmals noch nicht zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch unterscheiden. Es bedarf einer langen Erziehung, um sie Selbstkontrolle und Beherrschung zu lehren.

Vor allem das kleine Kind ist egoistisch, neugierig, fragelustigT aggressiv und impulsiv. Es kann nicht warten, und wenn es etwas will, läßt es sich nur schwer davon abbringen. Verweigert man ihm die Erfüllung eines Wunsches, so wird es sich gegen das Verbot auflehnen und instinktiv mit Tränen oder Wutausbrüchen dagegen ankämpfen. Es kennt ja noch keine andere Art, seine Gefühle auszu­ drücken. Es ist keine leichte Aufgabe für die Eltern, einem Kind bei­ zubringen, daß es auch die Wünsche anderer berücksichtigen muß. Lärm z.B. fasziniert ein Kind, und es kann nicht begreifen, daß Schreien, Trommeln, Pfeifen Erwachsene stört. Es ist neugierig und kann nicht verstehen, daß es so viele Dinge nicht berühren darf. Es hat eine rege Phantasie und glaubt die reine Wahrheit zu erzählen, hört aber von den Erwachsenen immer wieder, es solle nicht lügen. Es findet Schmutz oder Lehm schön und ist selig, wenn "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953 wenn es damit spielen oder darin waten kann. Wie soll es ver­ stehen, daß die Mutter böse ist, wenn es den Schmutz in die Küche trägt? Der entscheidende Fehler vieler Eltern besteht oft darin, daß sie ihrem Kind nicht erklären, warum es etwas nicht darf. Wahrscheinlich nehmen sie sich nicht die Zeit dazu. Auf Grund eingehender, an 6 000 amerikanischen Familien mit Kindern unter­ nommenen Tests hat man aber festgestellt, daß es die beste Er­ ziehungsmethode ist, Kindern ein Verbot zu erklären. Der Grund dafür muß aber auch dem Kind plausibel erscheinen. Ihm nur zu sagen, es sei für das oder jenes noch zu klein, ist in seinen Augen kein ausreichendes Argument. In diesem Zusammenhang muß auch zu den verschiedenen Arten der Strafe Stellung genommen werden. Eine sinnvolle Art der Strafe ist es, einem Kind eine in Aussicht gestellte Belohnung oder ein Vorrecht zu entziehen. Sie ist bei allen Altersstufen wirksam, weil sie sich an das Gerechtigkeitsgefühl des Kindes wendet. Am wenigsten zu empfehlen ist Schimpfen, das nur ver­ letzt, anstatt zu helfen. Mitunter bewährt sich eine kurze Zeit der Isolierung, vor allem bei Launenhaftigkeit des Kindes. Dann werden alle Beteiligten ruhiger, und das Kind findet leichter zu sich selbst. Wichtig aber ist es, das Kind wissen zu lassen, daß es zurückkommen darf, wenn es wieder brav und vernünftig ist so daß nicht das Gefühl des Gefangenseins aufkommt. Schläge haben ihre Vor- und Nachteile. Eltern, die dafür sind, machen geltend, daß Prügel wirksam und rasch vorbei sind. Bei größeren Kindern, die seelisch schon empfindlicher sind, sollte die Prügelstrafe möglichst vermieden werden. Die beste Methode der Bestrafung ist die Wiedergutmachung, die auch die Kinder anstandslos hinnehmen. - Die beste Methode der Erziehung aber wird es stets sein, jegliche Art von Strafe überhaupt un­ nötig zu machen. Dies wird freilich niemals ganz möglich sein, aber mit Verständnis und Anteilnahme wird zumindest eine An­ näherung an diesen Idealzustand am leichtesten erreicht werden.

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LUCY UND RICKY Amerikas beliebtestes Fernseh-Ehepaar

( 80 Zeilen, 720 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Eine amerikanische Fernseh­ station schloß kürzlich mit zwei Schauspielern einen Vertrag über acht Millionen Dollar ab, der die Fortsetzung der Sendung "I Love Lucy" für die nächsten zwei Jahre sichert. Er drückt in Dollar das aus, was die Reaktion des Publikums schon lange erwiesen hat: die ungewöhnlich große Beliebtheit der an jedem Montagabend ge­ sendeten Abenteuer von "Lucy und Ricky", dem amerikanischen Schauspielerehepaar Lucille Ball und Desi Arnaz. Seit den dreißi­ ger Jahren hat es in den Vereinigten Staaten kein Programm mehr gegeben, daß mit einer derartigen Begeisterung aufgenommen worden ist. Woche für Woche sitzen montags abends 40 Millionen Menschen vor ihren Fernsehempfängern, um zu erfahren, wie sich "Lucy und Ricky" mit den Problemen ihrer jungen Ehe auseinandersetzen, sich in Mißverständnisse verstricken, und wie das Ganze nach einem fulminanten Krach eine lustige und versöhnliche Lösung findet. Zum Teil ist es die brillante Regie, zum Teil die Verbindung von Bühnenillusion und Lebensnähe, die - neben dem ausgezeichne­ ten Spiel der beiden - dieser Sendung ihre große Anziehungskraft verleiht. Den Rest hat eine großzügige Pressewerbung besorgt, die dieses Paar, das vor zwei Jahren noch eine kleine nebenberufliche Tätigkeit in Hollywood hatte, zu regelrechten Nationalhelden mach­ te. Die Sendung "I Love Lucy" besitzt keineswegs ein Monopol für das Thema Familie. Viele andere, meist pathetischer und sensatio­ neller aufgemachte Fernsehsendungen ähnlicher Art versuchen Lucy und Ricky zu verdrängen - ohne Erfolg. Denn allen diesen Imitatio­ nen fehlt jene sparsame aber wirkungsvolle Verwendung farcenhafter Momente, die den Sketches "I Love Lucy" ihre anziehende Munterkeit sichert. Zuerst wird stets in einer Einführung die Grundlage zum Verständnis der jeweiligen Spannung zwischen Lucy und Ricky gelegt. In einem unmerklichen Übergang wandelt sich dann Sinn in Unsinn, Ernst in Scherz, und aus beiden Perspektiven wird die Ehe scharf beleuchtet. Als "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953

Als eine heitere Farce hat das Spiel auch die Zerbrechlich­ keit dieser Kunstform: würde Lucille Ball in diesem illusionisti­ schen Kartenhaus fehlen, es fiele zusammen. Zweifellos ist sie mit ihrer ursprünglichen Begabung zur Komik die unumstrittene Favoritin auf dem Fernsehschirm. Das schien übrigens aller Welt klar, außer den Leuten in Hollywood, die sie als attraktives Glamour Girl"mißbrauchten". Mag es das Rollen ihrer großen Augen sein, ein gewisses überlegenes Achselzucken, das aus tiefstem Herzen kommende Lachen, oder jene feinen Nuancen zwischen Ge­ lächter und Lächeln - ihre mimischen Pointen sitzen auf den Bruchteil einer Sekunde genau. Das dauerhafteste und wertvollste Gefühl aber, das Lucille Ball vermittelt - und vielleicht trifft man damit den Kern des Spiels von Lucy und Ricky - ist weibliche Geduld und Nachsicht. Wann immer sie einer Herausforderung vom Partner oder einer inneren Erregung zum Opfer zu fallen droht, sie bewahrt ihre Fassung und bleibt guter Laune. Ihr Partner Mr. Arnaz, alias Ricky, ist an sich schon ein dankbares Sujet für eine spannende Geschichte. Bevor er zum Fern­ sehen kam, war er bekannt als Dirigent, und gerade jene Fähig­ keiten, die ihn in diesem Beruf hemmten, sollten ihm auf der Fernsehbühne zugute kommen: sein auffallender Akzent und sein etwas ungeschliffenes Auftreten. Das Ergebnis ist ein Schau­ spieler, der sich in dieser Rolle angenehm von den stereotypen Bühnenklischees des Ehemannes unterscheidet und dem man seine jungenhafte Unbeholfenheit als besondere Qualität anrechnet. Abgesehen aber von dieser Eigenart, ist er nun nach einer zwei­ jährigen Fernsehpraxis bereits ein versierter Schauspieler ge­ worden. Nicht nur an dem fiktiven Geschehen auf dem Fernsehschirm sondern auch an dem privaten Schicksal der beiden Helden nehmen die Zuschauer großen Anteil. Kein Ereignis in der neueren Theater geschichte hat eine ähnliche Resonanz in der Öffentlichkeit ge­ funden, wie der Familienzuwachs bei Lucy und Ricky - in Wirk­ lichkeit und auf der Fernsehbühne. Das Manuskript für die Sen­ dung wurde schon lange vorher vorbereitet, und an dem selben Montag, an dem Lucille Ball ihren Sohn zur Welt brachte, trat

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trat auch bei dem Fernseh-Ehepaar Lucy und Ricky das freudige Ereignis ein. Selten ist die zu erwartende Geburt eines Kindes mit allen Begleiterscheinungen als Thema eines Bühnenstückes verwendet worden, und manche Protestschreiben aus dem Publi­ kum liefen ein, in denen die humorvolle Behandlung dieses ernsten.Themas verurteilt wurde. Die Mehrzahl aber begrüßte den Mut und auch den Takt und das Feingefühl, mit dem das Ge- schehen dargestellt worden ist. Vor allem aber - und dadurch unterscheidet sich "I Like Lucy" von so manchen anderen Sendereihen, die eine Idee in ewigen Wiederholungen auswalzen - wird die Erziehung des Sohnes nun wieder Stoff in Menge für die Sendungen der nächsten zwei Jahre bieten.

(Aus: "The New York Times Magazine")

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- 7 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 29. Juli 1953 Der amerikanischen Zeitschrift Saturday Evening Post entnehmen wir auszugsweise einen Artikel des Schriftstellers Joseph Wechsberg, der durch den Brief einer tschechischen Mutter zuydiflsen Ausführungen veranlaßt worden war. Wechsberg ist selbst gebürtiger Tscheche und 1938 nach den USA ausgewandert. (Der im AMERIKA DIENST Für die Prau vom 15.7.53 abgedruckte Brief "Ich habe Angst vor meinem eigenen Kinde" ist derselben Zeitschrift entnommen).

DORNRÖSCHEN WIRD NIGHT MEHR GEWECKT Von Joseph Wechsberg (II)

(65 Zeilen, 580 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Milenkas Mutter mag geahnt haben,wie ungeheuerlich und unglaublich uns Amerikanern die Zu­ stände in den tschechischen Kindergärten vorkommen mögen und legte ihrem Brief eine Kinderzeitschrift vom 24. November 1952 bei, die eine amtlich genehmigte und "gesäuberte" Version des alten Grimm-Märchens""Dornröschen" aus der Peder der prominenten tschechischen Schriftstellerin Helena Malirova enthielt. Sie lautete: "„ . . Es waren einmal ein König und eine Königin, die es liebten, in Luxus und Reichtum zu leben. Die Steuern waren hoch und alle Leute des Königreiches mußten sehr schwer arbeiten, damit der König seiner Königin kostbare Geschenke geben konnte. Und wenn es dem König in den Sinn kam, daß er Krieg führen wollte, dann bezwang er seinen Mutwillen nicht, sondern schickte seine ar­ men Untertanen in die Schlacht. Als ihre wunderschöne Tochter Rose geboren worden war, luden der König und die Königin die zwölf weisen Prauen zur Taufe ein, die dem Kinde Schönheit, Gesundheit, Reichtum und Weisheit wünschen sollten. Aber der König vergaß die 13. und mächtigste der weisen Prauen einzuladen. Sie trat plötzlich an die Wiege und verwünschte das Kind, es solle mit 16 Jahren an einem Spindelstich sterben. Dieser Pluch wurde von der zwölften der Prauen,die ihren Spruch noch nicht aufgesagt hatte, in einen hundertjährigen Schlaf ab­ geschwächt. An ihrem 16. Geburtstag lief Rose in das Turmzimmer des Schlosses, traf hier eine alte Prau an einem Spinnrocken, stach

- 8 - •"AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953 stach sich an der Spindel in den Finger und fiel in hundertjäh­ rigen Schlaf. Und mit ihr der ganze Hofstaat. Um das Schloß wuchs eine hohe, undurchdringbare Dornenhecke. So vergingen hundert Jahre. Eines Tages kam aus dem Osten ein schöner junger Mann. Er trug keine königlichen Gewänder und sah eher wie ein Soldat aus. Er bahnte sich seinen Weg durch die Dornen und betrat das Schloß. Dort schliefen im großen Mar­ morsaal der König, die Königin und das gesamte Gesinde. Was er sah, wollte ihm so gar nicht gefallen..Sollte er die stolzen Höflinge und arroganten Adeligen der Vergangenheit wieder er­ wecken? Nein! Er verließ den Saal und kam schließlich zu dem alten Turm. Hoch oben im Turmzimmer unter dem Giebel fand er die wunderschöne Prinzessin; sie hatte goldene Haare und lächelte im Schlaf. Schon wollte er sie küssen und damit den Zauberbann von ihr nehmen, da hörte er plötzlich von draußen die Rufe von vielen Menschen, die in großen Umzügen den Sieg des Fortschritts über die Vergangenheit feierten. "Nein", rief er da nochmals und trat schnell zurück. "Ich werde dich nicht erwecken, du fau­ les, eitles Mädchen. Du paßt nicht zu uns. Ich lasse mich nicht von deiner seelenlosen Schönheit betören. Draußen werde ich ein Mädchen finden, das nicht schläft und dessen Schönheit gesund und lebendig ist. Und er ging aus dem schlafenden Schloß hinaus in die Welt und schloß sich der Parade des jubelnden Volkes an, das den Sieg der Arbeit feierte." Das Titelbild der Zeitschrift, die das Märchen veröffent­ lichte, zeigt Kinder, die ein Stalinbild mit Blumen schmücken, und der Leitartikel, der dieser literarischen Vergewaltigung vorausging, endete mit den Worten: "... wir Kinder müssen schwer arbeiten, wie es die Beschlüsse des 19. Kongresses der KP der UdSSR uns aufgetragen haben. Nur so können wir die Pläne der Imperialisten vereiteln und ein besseres und schöneres Vaterland aufbauen." Innerhalb von 5 Jahren ist es den Kommunisten gelungen, in der Tschechoslowakei - wie in anderen ihrer Satelliten - die Kinder dem Elternhaus zu entfremden. Lehrer und Kindergärtnerin­ nen haben nur eine Aufgabe, nämlich die Kinder in kommunistische Roboter mit mechanischen Gehirnen zu verwandeln. Milenkas Mutter schloß ihren Brief: "Wenn es nicht so ernst­ hafte Folgen haben würde, könnte man über soviel Unsinn und Wi­ dersinn lachen» Wir jedoch sind so rasch nicht unterzukriegen und die Leute hier flüstern sich - die kommunistische Führer­ schicht meinend - gegenseitig zu: 'Die eine Hälfte von ihnen ist zu nichts und die andere Hälfte zu allem fähig'." ***** - 9 - "AFRIKA LiENST" - FÜR DIE FRAU 29. Juli 1953

Die Grundlage der amerikanischen jungen Familie ist ihre Bereitschaft, gemeinsam zu arbeiten und gemeinsam für das Wohl der Familie zu sorgen.

DIE AMERIKANISCHE FAMILIE VON HEUTE

( 85 Zeilen, 760 Wörter)

NEW YORK — (Amerika Dienst) — Hartnäckig hält sich außer­ halb der Vereinigten Staaten die Sage von dem unvergleichlichen V/ohlstand der amerikanischen Durchschnittsfamilie, die man sich vielfach in Luxusappartements, umgeben von dienstbaren Geistern vorstellt» Dieses Bild aber ist grundfalsch. Schon der Start eines jungen Paares in die Ehe gestaltet sich meist schwieriger als in den meisten europäischen Ländern. Dort nämlich ist die Mitgift, die die Frau mit in die Ehe bringt, eine geheiligte Tradition. In Amerika dagegen bringt die junge Frau ihre Kleider und vielleicht, wenn sie am Nähen Spaß findet - einige selbstgesäumte Wäschestücke mit. Im Übrigen muß sich das Ehepaar auf die Großzügigkeit und den Geschmack seiner Freun­ de verlassen, die sich zusammentun, um dann gemeinsam einige Ausstattungsstücke zur Hochzeit zu schenken. Den Rest müssen sich die Eheleute selbst zusammensparen. Ähnlich ist es mit den einzelnen Haushaltungsgegenständen. Die amerikanische Industrie, die auf die weitverbreitete Sitte des "Heimbastelns" eingerichtet ist, liefert Handwerkszeug und Material, und nicht selten zimmern sich die jungen Eheleute selbst ihre Möbel, streichen und tapezieren eigenhändig die Wände und Decken der Zimmer und legen sich nach genauen An­ leitungen, die es überall zu kaufen gibt, sachgemäß den eigenen Garten an. Freilich ist alles in erster Linie zweckmäßig, so daß die Hausarbeiten, die zudem äußerst rationell verrichtet werden, keine allzu große Belastung für die Hausfrau darstel­ len. Die Hauptsorge der Familie aber gilt vor allen Dingen den Kindern, und die Eltern sind gerne bereit, jede Art von Mehr­ arbeit auf sich zu nehmen. Viele Paare verlegen, sobald Kinder

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Kinder da sind, ihren Wohnsitz von der Stadt hinaus in die Vororte oder auch auf das Land, damit die Kinder in gesunder Luft aufwachsen können, selbst dann, wenn dies für den Vater eine täglich mehrstündige Bus- oder Autofahrt von und zur Arbeitsstätte bedeutet. Bei den riesigen Entfernungen ist deshalb der Besitz eines eigenen Wagens kein Luxus mehr, son­ dern eine zeit- - und auf lange Sicht gesehen - auch geldsparen- de Notwendigkeit. Die besonders bei den Farmern des 19»Jahrhunderts übliche Auffassung, daß Kinder eine gute Investition als Hilfe im vä­ terlichen Betrieb und später als Ernährer der Eltern seien, ist ein längst überwundener Standpunkt, seit die verschiedenen Gewerkschaften den alternden Menschen durch ihre Pensionsfonds einen sorglosen Lebensabend ermöglicht haben. Der Europäer, der heute über das Dienstbotenproblem klagt, macht sich im allgemeinen keine rechte Vorstellung von der Lage in den Vereinigten Staaten. Mit der zunehmenden Industrialisie­ rung nämlich finden die Hausangestellten besser bezahlte Stellen in den Fabriken, die ihnen außerdem mehr Freizeit garantieren als eine Arbeit im Haushalt. Im Jahre 1900 kam auf schätzungs­ weise jede elfte Familie eine Hausangestellte, im Jahre 1944 nur noch auf jede zwanzigste, und die Entwicklung läßt ver­ muten, daß 1954 nur noch jede vierzigste Familie eine Haus­ angestellte halten kann. Gleichzeitig sind damit natürlich auch die Lohnforderungen derart angestiegen, daß heute schon die tageweise Beschäftigung einer Putzhilfe einen ausgesproche­ nen Luxus bedeutet. Gerade in kinderreichen Familien nun würde die Hausfrau den Mangel einer Haushilfe sehr schmerzhaft empfinden, wenn es in der amerikanischen Familie nicht eine Selbstverständlichkeit wäre, daß sich alle Familienmitglieder an den Hausarbeiten be­ teiligen. Schon früh lernen es die Kinder, der Mutter in der Küche zu helfen und ihre Kleider in Ordnung zu halten. Wenn sie älter sind, können sie die täglichen Einkäufe erledigen und der Mutter viele Gänge abnehmen. Auch der Vater ist mit der Hausarbeit vertraut, und wenn die Mutter einmal nicht zu Hause ist, kann er für diese Zeit die Pflege der Kinder übernehmen, sie "AuiüKIKA L1ENST" - Fifa DIEinAU 29. Juli 1953 sie baden, ankleiden und ihnen auch das Essen kochen. Alle diese Probleme sind allein organisatorischer Art, sie brau­ chen keine ernsthafte Gefahr für das Familienleben zu bilden. Im Gegenteil, man darf sogar sagen, daß diese gemeinsame und freudig geleistete Arbeit für den Haushalt die Mitglieder der Familie enger zusammenschließt. Ein beliebtes Argument gegen diese Form des Zusammen­ lebens in der amerikanischen Familie ist die hohe Scheidungs­ quote in den Vereinigten Staaten, - aber es ist auch ein sehr schwaches Argument: einaal sind die Scheidungsquoten in den letzten fünfzig Jahren in allen Ländern angestiegen und schließlich hat sich auch die Zahl der Eheschließungen in dieser Zeit erheblich vergrößert. Vor allem aber verschiebt sich das Bild für einen oberflächlichen Betrachter dadurch, daß ja vornehmlich die unglücklichen Ehen in der Öffentlich­ keit bekannt werden, über die zahlreichen glücklichen wird meist nicht gesprochen. Die Grundlage der amerikanischen Familie ist in erster Linie nicht ein übermäßig hoher Wohl­ stand, sondern die innere Verbundenheit, die aus einem natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühl und gemeinsamer Arbeit erwächst.

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- 12 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953

Die Stadt Asheville in Nord-Karolina schuf ein vorbildliches Jugenderziehungsprogramm, das den jungen Menschen - Jungen wie Mädchen - eine Chance gibt, sich auf ihre Pflichten als Familienväter und -Mütter vorzubereiten.

DAS "HEIM VON MORGEN" Von unserer LH-Korrespondentin

(66 Zeilen, 600 Wörter) ASHEVILLE — (Amerika Dienst) — Acht Jahre liegt es zu­ rück, daß die Gemeindeväter der Stadt Asheville in Nordkarolina sich zusammensetzten, um einmal ernsthaft darüber nachzudenken, warum "das Familienleben nicht mehr so wie früher" sei und was man tun muß, um die Familie wieder zum Ankerplatz allen Le­ bens zu machen. Man stellte fest, was jeder wußte, daß die Schuld an den turbulenten Zeiten lag, an der sozialen und wirt­ schaftlichen Verschiebung, die eine weitgehende Industrialisierung des Landes mit sich gebracht hatte, in der die Menschen oftmals ihren Wohnsitz wechselten, der Lebensstandard gewissen Schwan­ kungen unterlag und soziale Sicherheit gleichbedeutend wurde mit einem ausreichenden Verdienst, und natürlich an den Kriegen, die ein Übriges taten, um die Stabilität der Familie zu schwächen. Ein Gutes aber hatte das Gespräch von 1945. Man kam überein, daß alles getan werden müsse, um - wenn man schon das Heim von Heute nicht mehr retten könne - wenigstens dem Heim von Morgen wie­ der seine alte Bedeutung zurückzugeben. Ein Aufruf erging an Schulen, Kirchen und die Elternschaft, an die privaten und kommunalen Wohlfahrts- und Fürsorgestellen, sich an dieser Ak­ tion zu beteiligen. Gemeinsam wurde ein regelrechtes Jahrespro­ gramm ausgearbeitet, das unter anderem die Einbeziehung von Kur­ sen in allen jenen Fächern, die zum Aufbau einer Familie Voraus­ setzung sind, in den Oberschulplan sowie die Einrichtung von Fa­ milienberatungsstellen vorsah. Heute, acht Jahre nach diesem Ge­ spräch, ist das "Asheville-Familienhilfeprogramm" eines der vor­ bildlichsten und erfolgreichsten seiner Art in den .USA. Den größten Zuspruch genießt das Jugendforum der Stadt, das unter dem Leitwort "das Heim von Morgen" alle interessierten Jugendlichen der Stadt zum regelmäßigen Gedankenaustausch zu-

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953 zusammenführt. Die Leitung der Diskussionsgruppen hat Dr. Mildred Morgan, eine dynamische Persönlichkeit und ausgezeichnete Pädago­ gin. Es spricht für sie, daß die zahlreichen "Homemaking Clubs" (Hauswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaften), die unter ihrer Leitung sich in Asheville gebildet haben, nicht nur von Mädchen, sondern in ebensolchem Maße auch von Jungen besucht werden. Daß Heim und Familie der Verantwortung beider Ehepartner unterliegen, ist einer der Grundgedanken, die diese lebenserfahrene Frau den jungen Menschen verständlich zu machen sucht. Sie ist ferner der Ansicht, daß Theorie allein nicht genügt, sondern Mann und Frau gleichermaßen eine praktische hauswirtschaftliche Ausbildung brauchen. Die jungen Menschen erhalten durch die Arbeit im Klub nicht nur praktische Anweisungen, sondern gewinnen aus der gemeinsamen Betätigung auch die richtige Einstellung zu den Problemen, die im Laufe eines langen Lebens innerhalb einer Familie auftauchen. Freilich hat man keinerlei statistische Beweise, daß beispielswei­ se der Rückgang der Jugendkriminalität auf den guten Einfluß die­ ses konstruktiven Jugendprogramms zurückzuführen sei, doch spre­ chen sich maßgebende Männer und Frauen des öffentlichen Lebens von Asheville in diesem Sinne aus. Sie gehen dabei von der Voraus­ setzung aus, daß geistige und körperliche Gesundheit und Sauber­ keit nur im gutgeführten harmonischen Heim gedeihen kennen. Während des ersten Jahres des Bestehens der Familienberatungs­ stellen veranstaltete Asheville eine "Woche der Familie", an der Schule, Rundfunk, Presse, Kirchen, Klubs und die Bevölkerung re­ gen Anteil nahmen. Das Jahr darauf brachte als besonderen Höhe­ punkt ein dreitägiges Familien-Seminar, dem 2 000 Personen bei­ wohnten. Daß Asheville mit seinem Familienprogramm so großen Erfolg hat, liegt im wesentlichen an dem Ernst, mit dem alle damit ver­ bundenen Aufgaben angegangen und durchgeführt werden. So wird beispielsweise in jedem Jahr im Oktober eine Art Generalversamm­ lung einberufen, auf der die Punkte für das Arbeitsprogramm des nächsten Jahres festgelegt werden. Finanziert wird das Unterneh­ men zum großen Teil aus öffentlichen Geldern und aus dem Community- Chest-Fonds. Soziologen und Pädagogen verfolgten das Asheville- Programm mit großem Interesse, die Asheviller selbst betrachten es als e festen Bestandteil ihres öffentlichen und privaten Lebens. • * * * * - 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953

Eine von einem wissenschaftlichen Forscherteam in Topeka durchgeführte Untersuchung der geisti­ gen und körperlichen Entwicklung von Kindern wäh­ rend der ersten Wochen und Monate ihres Lebens gibt neue Anhaltspunkte für die moderne Kinder­ erziehung.

DER SÄUGLING ALS PERSÖNLICHKEIT

( 90 Zeilen, 810 Wörter ) TOPEKA — (Amerika Dienst) — Das Ganze spielte sich an der Menninger-Stiftung in Topeka im Staate Kansas ab: Tag für Tag, Monat für Monat wurden fünf Jahre lang Säuglinge und Klein­ kinder in diese weltberühmte Klinik gebracht, um dort von einer Gruppe amerikanischer Wissenschaftler untersucht und beobachtet zu werden. Das Ergebnis war eine Reihe wichtiger Erkenntnisse, die die Entwicklung des Kindes - und damit natürlich auch seine Erziehung - in völlig neuem Licht erscheinen lassen. Eine der grundlegenden Erkenntnisse, die im Rahmen dieser großangelegten Studie gewonnen wurde, ist die, daß das Verhalten eines Kindes während seines ersten Lebensjahres bereits wichtige Anhaltspunkte für seine künftige Weiterentwicklung bietet. Be­ stimmte Charaktereigenschaften, ja selbst eventuell vorhandene verbrecherische Neigungen, die beim Erwachsenen zum Durchbruch kommen, lassen sich nach Ansicht der Wissenschaftler bei inten­ siver und richtiger Beobachtung in ihrer Anlage bereits am Klein­ kind feststellen. Der Mensch erfährt nach diesen Forschungsergeb­ nissen viel früher, als man bisher allgemein glaubte, seine in­ dividuelle Ausprägung. Ja, es hat sich gezeigt, daß ein normales Kind bereits mit acht Wochen derart individuelle Reaktionen und Impulse erkennen läßt, daß es in diesem Alter schon als "Persön- .lichkeit" bezeichnet werden kann. Das über fünf Jahre sich erstreckende Forschungsprojekt der Menninger-Stiftung, das sich neben den Untersuchungen über die geistig-seelische Entwicklung von Kleinkindern auch mit den Pro­ blemen der Mutterschaft beschäftigte, wurde gleichzeitig von dem amerikanischen Öffentlichen Gesundheitsdienst angeschlossenen Institut für Mentalhygiene finanziell unterstützt. Die Untersuchung beschränkte sich auf Kinder im Alter von vier bis 32 Wochen, die auf Grund physiologischer und psychologischer Tests als normal und - 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953 und gesund befunden wurden. Die Durchführung des Projektes geschah aus der Erkenntnis heraus, daß man sich bisher viel zu wenig mit der normalen Ent­ wicklung des Menschen während des ersten Lebensjahres befaßt hat. In Topeka ging man nun daran, jedes der insgesamt 128 getesteten Kinder sowohl zu Hause als auch in der Klinik selbst systematisch in regelmäßigen Abständen mehrere Stunden lang während seiner Tätigkeiten und Verrichtungen - Essen, Schlafen, Spieler? - im Zustand des Erschreckens, in Anwesenheit der Mutter oder fremder Personen zu beobachten. Was die Beobachter dabei am meisten faszinierte, war die erstaunliche Verschiedenheit des Verhaltens der einzelnen Säuglinge; die einen zeigten sich außerordentlich wagemutig, während andere voll scheuer Zurückhaltung waren; einige ließen sich durch äußere Einflüsse leicht in Erregung ver­ setzen, wohingegen andere wiederum nichts aus der Ruhe bringen konnte; mit emsiger Zähigkeit verfolgten die einen ein gesetztes Ziel( Greifen nach Spielsachen)so lange, bis sie es erreicht hat­ ten, während die anderen schon nach dem ersten mißglückten Ver­ such aufgaben; bei vielen Säuglingen ließ sich ein bestimmter Rhythmus ihres Tageslaufes beobachten - sie schienen genau zu wissen, wann sie essen sollten und wann sie gesättigt waren, wann ihnen der Schlaf gut tat und wann sie aufzuwachen hatten - während eine ganze Reihe anderer Kinder sich überhaupt nicht an die festgelegten Mahlzeiten oder Schlafstunden zu gewöhnen schien. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die in Topeka gemachte Feststellung, daß bereits bei nur wenige Wochen alten Säuglingen eine gewisse Wechselbeziehung zwischen geistiger und körperlicher Verfassung bemerkbar ist. So konnte der zu Allergien oder Neurasthenien neigende "sensible Typ", äußerlich an beson­ ders empfindlicher Haut kenntlich, schon bei Säuglingen festge­ stellt werden. Solche Kinder zeigten sich bereits im Alter von wenigen Monaten leicht reizbar, neigten zu Hautausschlägen, ver­ fügten über eine weite Skala von emotionellen Reaktionen und äußerten schon bei geringfügigen Anlässen Zeichen von Freude oder Schmerz. Die gleiche Individualität und Vielfalt wie in allen anderen Äußerungen wiesen die beobachteten Säuglinge auch hinsichtlich ihrer Schlafgewohnheiten auf. Während die einen gewöhnlich meh­ rere Stunden hintereinander schliefen, waren bei anderen die - 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953 die Intervalle zwischen Schlaf und Wachsein außerordentlich kurzj störte Tages- oder auch künstliches Licht die einen im Schlaf, so schliefen die anderen sogar bei grellster Beleuch­ tung tief und ruhigj ebenso unterschiedlich waren die Reak­ tionen auch auf Geräusche oder andere schlafstörende Einflüsse. Insgesamt konnte festgestellt werden, daß der Schlaf ebenso wie das Essen der Kleinkinder dort problematischer wird, wo es sich um Familien handelt, die in größeren Städten wohnen, und daß hier wiederum die Kinder aus der Arbeiterklasse weniger Schwie­ rigkeiten bereiten als die der gehobeneren Mittelschicht. Bei der beobachteten Verschiedenartigkeit der Säuglinge und der Vielfalt ihrer individuellen Reaktionen war für die Forscher die Erkenntnis umso interessanter, daß Mütter diese Besonderheiten ihrer Kinder - aus einem gewissen Instinkt heraus- meist sehr gut kennen und auch tatsächlich berücksichtigen. Oft genügte die kleinste Bewegung des Kindes, ein Blinzeln der Augen oder ein Zucken der Hand, um der Mutter einen Wunsch oder einen Kummer verständlich zu machen.-Trotzdem, so meinen die Ärzte und Psychologen von Topeka, müßte nach den Ergebnissen dieser fünfjährigen Studien die moderne Kindererziehung völlig neue Wege einschlagen. Nicht die bisher allgemeingültigen Standard­ regeln über die "richtige Erziehung des Kindes" sollten in erster Linie berücksichtigt werden, sondern die Individualität des Kindes selbst, die es bereits in den ersten Wochen seines Daseins entwickelt.

(Nach "Parents' Magazine")

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FRAUEN NÜTZEN IHR RECHT Die Arbeit der "Liga der amerikanischen Wählerinnen"

(50 Zeilen, 450 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — "Unterschätze niemals die Macht der Frau" - mit diesem Aufdruck versieht eine bekannte amerikanische Zeitschrift die Titelseite jeder einzelnen Nummer. Man nimmt damit Bezug auf den großen Einfluß der Amerikanerin auf die Wirtschaft der Vereinigten Staaten. Durch ihre Hand fließen nahezu drei Viertel des Volkseinkommens, sie tätigt den größten Teil der Käufe für Heim und Familie, und sie ist es, die weitgehend den Markt bestimmt. Nicht minder stark aber ist seit dreißig Jahren ihr Ein­ fluß auf dem politischen Sektor des amerikanischen öffentlichen Lebens. Seit die Amerikanerin mit dem 19- Zusatzartikel zur Verfassung, der am 26. August 1920 proklamiert wurde, das volle Stimmrecht erhalten hat, ist ihr Wunsch, auch in der Politik ein Wort mitzusprechen, nie mehr erlahmt und ihr Interesse an den Wahlen als einem Mittel, ihren Standpunkt zu dokumentieren, ständig gewachsen. Mit der fortschreitenden politischen Gleichberechtigung der Frau stieg auch der Lebensstandard des amerikanischen Vol­ kes, denn die Frauen unterstützten stets jene Punkte der Partei­ programme, die ihr und ihren Angehörigen und damit auch dem ganzen Volke zugute kamen, wie die Erweiterung des sozialen Fürsorgewesens, die Sicherung der öffentlichen Wohlfahrt, die Bekämpfung der Korruption, die Verbesserung des Erziehungs­ wesens und die Erhaltung und Festigung des Friedens. Vorbildliches auf dem Gebiet der "politischen Werbung und Aufklärung", das heißt bei der Lösung aller jener Fragen und Probleme, die die Ausübung und Anwendung eines gewährten Rechtes mit sich bringen, leistete die Überparteiliche Frauenorganisation der "Liga der amerikanischen Wählerinnen". Sie wurde im Jahre 1920 gegründet, um den Frauen zu helfen, "ihre Wahl weise zu treffen". Daß ihr das gelungen ist, hat sie bei den Präsident­ schaftswahlen des Jahres 1952 erneut bewiesen. Sie wirbt für die

- 6 - BERICHTIGUNG

In unserem Dienst FÜR DIE FRAU vom 12.8.1953, Seite 7, Absatz 2 muß die erste Zeile richtig lauten: Die mehr als 100 000 Mitglieder der Liga sind in 764 Bezirksgruppen

Wir bitten Sie, das Versehen zu entschuldigen

REDAKTION "AMERIKA DIENST Bad Godesberg, Schließfach 300 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953 die Wahl, ohne für einen bestimmten Kandidaten oder ein be­ stimmtes Programm Partei zu ergreifen; ihre Arbeit besteht lediglich in einer in weiteste Bevölkerungskreise dringenden objektiven, umfassenden und gut fundierten Aufklärung. Sie "zwingt" damit den einzelnen zur Bildung seiner ganz indivi­ duellen Meinung und zur persönlichen Entscheidung und macht ihm so klar, daß es seine Pflicht ist, seinen Teil Verantwor­ tung für seinen Staat zu übernehmen. Die fast zehntausend Mitglieder der Liga sind in 764 Be­ zirksgruppen aufgeteilt. Unermüdlich arbeiten sie an der Heran­ ziehung verantwortungsbewußter Staatsbürgerinnen. Sie nehmen an Gemeindesitzungen teil, haben ihre Beobachterinnen im amerikani­ schen Kongreß, haben eine Stimme bei der städtebaulichen Planung, versorgen Presse und Rundfunk und Fernsehen mit entsprechendem, ihren Zielen dienenden Material und veranstalten Foren, in denen innen- und außenpolitische Fragen zur Sprache kommen oder zur Diskussion gestellt werden. Mrs. John G. Lee, die Präsidentin der Liga, ist davon über­ zeugt, daß die Rekordbeteiligung von 60 Millionen Wahlberech­ tigten an den Präsidentschaftswahlen des Jahres 1952 mit auf den unermüdlichen Einsatz der Liga der amerikanischen Wählerinnen zurückzuführen sei.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der "AMERIKA DIENST" kostenlos folgende Bilder: 1) Mrs. John G. Lee, die Präsidentin der Liga amerikanischer Wählerinnen, spricht über eines der größten amerikanischen Fernsehnetze zu ihren Hörern und fordert sie zur Teilnahme an der amerikanischen Präsidentschaftswahl auf. 2) Wenn der Wahltag näherrückt, opfern viele Hausfrauen und berufstätige Mädchen einen Teil ihrer Freizeit, um sich dem Fernsprech- Auskunftsdienst der New Yorker Zentrale "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 12. August 1953

Zentrale der Liga der amerikani­ schen Wählerinnen zur Verfügung zu stellen. 3) Eine junge Hausfrau versieht den Dienst in einer auf den Straßen Ghathams eingerichteten Auskunfts­ stelle. Geduldig erklärt sie einer Passantin, daß die Liga keine Par­ teipolitik betreibe und sich nur um die Wahrung der demokratischen Grundrechte bemüht. 4) Baby-Ausfahrt mit Wahlpropaganda. Mitglieder der Liga der amerikani­ schen Wählerinnen verlegen die tägliche Spazierfahrt mit dem Jüngsten nach dem Washington Square im Herzen New Yorks, um mit den Plakaten an den Kinderwagen ihre Mitbürger zur Abgabe ihrer Stimme bei der Wahl zu ermahnen.

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DAS KLEINE PORTRÄT. (XII)

BERTHA S. ADKINS - DIE ERSTE FRAU DER REPUBLIKANISCHEN PARTEI

( 30 Zeilen, 270 Wörter ) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Die stellvertretende Vor­ sitzende der Frauengruppe des Republikanischen Nationalkomitees der Vereinigten Staaten ist heute die höchstgestellte Frau inner­ halb der Republikanischen Partei. Ihre Aufgabe ist es, qualifi­ zierte Frauen für die verschiedensten Ämter der Regierung Eisen- hower vorzuschlagen. In dieser entscheidenden Position hat sie die Nachfolge von Mrs. Ivy B. Priest angetreten, die jetzt Schatz­ meister im Kabinett des Präsidenten ist. Die Ernennung von Bertha S. Adkins kam nicht überraschend. Ihre vorherige Tätigkeit hatte sie für diesen verantwortungsvol­ len Posten geradezu prädestiniert. Neben ihrer hervorragenden Stellung in der Frauengruppe der "grand old party" war sie Abge­ ordnete des Nationalkomitees für Maryland geblieben, ein Amt, das sie seit 1948 bekleidet hat. Sie war ferner Vorsitzende zahlrei­ cher weiblicher Berufsorganisationen. Bertha S. Adkins, in Salisbury im Staate Maryland geboren, ist heute 47 Jahre alt. Früh entwickelte sie schon ein beson­ deres pädagogisches Talent. Nach Absolvierung des Wellesley College, einer berühmten Frauen-Universität der USA, war sie bis 1932 Lehrerin an einer Privatschule in Salisbury, bis 1942 Dekan am Western Maryland College und anschließend Dekan am Junior College in Bradford. 1943 verlieh ihr die Columbia»Universität in New York den akademischen Titel eines "Master of Arts". In den knapp sieben Monaten seit Eisenhowers Amtsantritt wurdaiauf Miss Adkins' Vorschlag 27 Frauen in hohe, verant­ wortungsvolle politische Stellungen berufen. Zu ihnen gehören Mrs. Oveta Culp Hobby, die dem Ministerium für Gesundheitswesen, Wohlfahrt und Erziehung vorsteht} Mrs. Cläre Boothe Luce und Miss Frances Willis, die die USA als Botschafterinnen in Rom und Bern vertreten} ferner Jane Morrow Spaulding, die erste Frau im Amt für zivile Verteidigung, und Mrs. Robert W. Leeds, die erste Frau an verantwortlicher Stelle im amerikanischen Patentamt.

*** # * * (Hierzu 1 Porträt von Bertha n S. Adkins) "AMERIKA DIENST" - FÜR .DIE FRAU 12. August 1953

DAZU GEHÖRT EIN GUTER MAGEN! Aus der Praxis des New Yorker Lebensmittelprüfers

(65 Zeilen, 600 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in der Welt Menschen erkranken, weil sie Nahrungsmittel gegessen haben, die nicht mehr ganz frisch oder die schlecht zubereitet waren. Glücklicherweise sind Lebens­ mittelvergiftungen nur selten tödlich, und die Betroffenen kommen mit dem Schrecken und ein paar Tagen Unbehagen, schlimm­ stenfalls mit einem kurzen Krankenhausaufenthalt davon. Um ihre Einwohner vor solchen Erkrankungen möglichst zu schützen, unterhält jede Großstadt ein Heer von Beamten, die regelmäßig in Restaurants, auf Märkten oder in Lebensmittel­ geschäften Stichproben durchführen, über die Einhaltung der Lebensmittelgesetze wachen, die Sauberkeit beim Hantieren mit Eßwaren überprüfen usw. In New York allein sind rund 200 Men­ schen beständig damit beschäftigt, und alle irgendwie "ver­ dächtigen" Lebensmittel landen- auf dem Schreibtisch von Mr. Ploöcin, der seit über zwanzig Jahren in dem kleinen, würfel­ förmigen Gebäude des New Yorker Gesundheitsdienstes amtiert. In alten Zeiten hielten sich die Könige eigene "Speisen- koster", die sie vor Giftmordanschlägen bewahren sollten, und es hing ganz von der Zahl der Feinde ab, die ein solcher Herr­ scher besaß, wie lange sein wenig beneidenswerter Hofbeamter lebte. Den Lebensmittelprüfern, die heute über die Sicherheit von Millionen Menschen wachen, stehen alle Methoden der chemi­ schen Analyse, der Bakteriologie und des Tierversuches zur Verfügung. Aber in vielen Fällen greifen sie auf das uralte Verfahren des Kostens zurück - einfach deshalb, weil der mensch liehe Geschmackssinn und der gesamte Organismus schneller und eindeutiger reagieren, als jeder chemische Test. Es ist sehr schwierig, eine Analyse durchzuführen, denn die Beschwerden, die Mr. Plotkin tagein tagaus geschildert werden, sind meist so unbestimmt, daß sie von allem möglichen herrühren könnten, ein­ schließlich einem Schnupfen oder einer nervösen Erregung. In

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In der Regel hat der kleine, dicke Mann mit dem gutmütigen Zwinkern in den Augenwinkeln mit einem Stück Wurst oder einem Kuchen zu tun, den jemand kaufte oder geschenkt bekam,, und der etwas'- "komisch" schmeckte. Manchmal stellte es sich heraus, daß die Bedenken ganz unbegründet waren und die "Krankheitssymptome" auf Einbildung beruhten, mitunter aber erweisen sich die betref­ fenden Eßwaren als wirklich nicht mehr einwandfrei und Mr. Plotkins Urteil kann weiteres Unheil verhüten. Ganz selten - glücklicherweise - wird es in Mr. Plotkins Büro dramatisch. Meist gehen derartige Fälle aber zum Glück so aus, wie die Geschichte mit dem Kuchen, den eine nervöse, krank­ haft ängstliche Dame einmal Mr. Plotkin vorlegte. Er sah gut aus und schmeckte auch einwandfrei, aber seine Besitzerin war über­ zeugt, er sei vergiftet. Er sei ihr sehr schlecht bekommen, er­ klärte sie, und sie habe auch sonst Grund zum Verdacht. Erst als der erfahrene Beamte vor ihren Augen ein riesiges Stück mit sichtlichem Wohlbehagen vertilgte, beruhigte sie sich. Vorsorg­ lich aber rief sie einen Tag später noch einmal an, um sich zu vergewissern, ob Mr. Plotkin wirklich noch lebe. Für gewöhnlich handelt es sich indessen bei den Eßwaren, die Mr. Plotkin zu begutachten hat, um alten Käse, um eine nicht ganz einwandfreie Pastetenfülle, um Wurst, die schon ein wenig zu lange gelegen hat, oder um eine Mahlzeit, die einmal zu oft aufgewärmt wurde. Er riecht, kostet vorsichtig und schickt ge­ gebenenfalls die beanstandete Speise ins Laboratorium. Aber während allein im vergangenen Jahr in New York trotz aller Vor­ sichtsmaßregeln 876 Fälle von Lebensmittelvergiftung vorkamen, erfreut sich Mr. Plotkin trotz seines jahrzehntelangen Umganges mit verdorbenen Eßwaren anhaltend bester Gesundheit. Nur einmal ließ er alle Vorsicht außer acht und freundete sich mit einem als verdächtig hinterlegten Eierkognak zu sehr an. Er mußte es büßen, denn der Kognakgeschmack hatte sogar ihn, den Experten, darüber hinweggetäuscht, daß der Likör mit verdorbener Milch zubereitet worden war.

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Im Rahmen einer Umfrage versuchte Helen 6. Irwin, die Präsidentin des Lachverbandes der amerikanischen Klubs berufstätiger Frauen, die Gründe zu er­ forschen, die die Frauen in ihrem be­ ruflichen Vorwärtskommen hemmen.

WARUM STEHEN DIE FRAUEN ZURÜCK ? Von Helen G. Irwin ( 84 Zeilen, 750 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Warum tun die Frauen nicht mit ? Warum streben so wenige von ihnen gehobenere Posi­ tionen im öffentlichen leben, in Politik und Wirtschaft an ? Warum überlassen sie so bereitwillig dieses weite Feld den Männern ? - Diese und ähnliche Fragen, deren Beantwortung keines wegs nur für die Frauen selbst, sondern darüber hinaus auch für die gesamte Bevölkerung von weittragender Bedeutung ist, hat Helen G. Irwin, die Präsidentin des Dachverbandes der amerika­ nischen Klubs berufstätiger Frauen, der 165 000 Mitglieder hat, einer gründlichen Prüfung unterzogen. Im Rahmen der großange­ legten Umfrage, die sie zu diesem Zwecke durchführte, holte sie die Meinung zahlreicher Frauen zu diesem Thema ein und wandte sich dabei in erster Linie an jene, die selbst gehobe­ nere Positionen im öffentlichen Leben innehaben. Margaret Chase Smith, die als Senator den Staat Maine im Kongreß vertritt, , Anna M. Rosenberg, die als erste Frau unter Präsident Truman Staatssekretärin im Verteidigungsministerium war, Sarah G. Blanding, die Präsidentin des berühmten Vassar-College für Frauen, und Dr. Clark Keer, die Rektorin der Universität von Kalifornien, sind unter denen, die ihre Meinung zu diesem Thema abgegeben haben. Sie alle sind sich einig über die Motive, die viele Frauen von einer größeren Aktivität im Berufsleben abhalten, aber auch über die sachlichen Widerstände, die sich ihnen entgegenstellen. Übereinstimmend stellten sie fest, daß die meisten Frauen eine gewisse Abneigung dagegen habens sich für dauernd auf eine be­ rufliche Tätigkeit einzustellen, größere Verantwortungen zu übernehmen und sich einer Spezialausbildung zu unterziehen» Sie "AMERIKA DIENST" - iÜR Hü FRAU 26. August 1953 Sie betrachten ihren Beruf vielmehr als eine Art Lückenbüßer für etwas, das ihnen das Leben vorenthalten hat, und sind über­ dies der Meinung, daß ihnen - wenn sie sich schon einmal für einen Beruf entschieden haben - möglichst rasche Aufstiegs­ möglichkeiten geboten werden müßten. Von außen wird diese Ein­ stellung durch den Widerstand und vielfach auch das Vorurteil der männlichen Kollegen begünstigt, die Frauen nicht in geho­ benen Positionen sehen wollen und auch von ihren kaufmännischen Fähigkeiten meist keine allzu hohe Meinung haben. Dazu kommt als wichtiger Faktor der Mangel an Einrichtungen, die den Frauen helfen könnten, ihren beruflichen Ambitionen leichter nachzukommen, wie beispielsweise vertrauenswürdige Tagesheime für Kinder oder günstige Einkaufs- und Kochgemeinschaften. Die vielfältigen und zum Teil sehr ausführlichen Antworten auf ihre Fragen verarbeitete Helen G. Irwin zu einen Bericht, in dem sie eine Reihe von Voraussetzungen für eine ersprießli­ che Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen im öffentlichen Leben herausstellt. Die wichtigsten-dieser Punkte beziehen sich nicht auf spezifisch amerikanische Verhältnisse, sondern können durchaus den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben: 1) Wir müssen alles daransetzen, um innerhalb unserer Gesell­ schaft und zwischen den einzelnen Menschen ein besseres gegen­ seitiges Verständnis zu schaffen. 2) Auch die nicht berufstätigen Frauen sollten sich für die Sorgen und Nöte der berufstätigen Frau interessieren und mit­ helfen, die öffentliche Meinung in ihrem Interesse zu beein­ flussen, um wirtschaftliche Verbesserungen - einschließlich Lohnangleiohung - sowie eine angemessene Personalpolitik für sie zu bewirken. 3) Die Frauen müssen dazu angespornt werden, sich gleich­ zeitig für zwei Lebensaufgaben vorzubereiten: die der Haus­ frau und die der Berufstätigen. Nur so können sie erreichen, als vollwertige Arbeitskräfte angesehen zu werden. 4) Frauen, die eine Karriere in der Wirtschaft anstreben, sollten Nationalökonomie studieren und auf diesem Gebiet eben­ so wie ihre männlichen Kollegen akademische Grade erwerben. Die Ausbildungsstätten selbst müssen ihrerseits alles tun, um Frauen zum Studium zu ermutigen*- 5) Einrichtungen zur Betreuung der Kinder, die den Frauen die

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 26. August 1953 die nötige Freiheit zur Ausübung ihres Berufes ermöglichen, sind in unserer modernen industrialisierten Welt eine unum­ gängliche Notwendigkeit. Die Frauen selbst müssen auf die öffentliche Meinung in diesem Sinne einwirken. 6) Frauen werden im Geschäftsleben wie in Jedem anderen Be­ ruf vorankommen, wenn sie etwas verstehen und willens sind, in dieser Tätigkeit zu bleiben, Sie müssen lernen, auch darin auf lange Sicht zu disponieren. 7) Berufliche Ambitionen sind unvereinbar mit der Mentalität jener Angestellten, die mit dem Schlag der Uhr den Bleistift aus der Hand legen. Nur wer mehr Zeit und Interesse aufwendet als das Minimum, das von ihm verlangt wird, hat Aussicht, Karriere zu machen. 8) Die Frauen müssen im Berufsleben selbst den richtigen Ton finden, der es ihnen ermöglicht, mit ihren männlichen Kollegen auf der Basis der Gleichberechtigung zu arbeiten, ohne daß sie dabei ihre Weiblichkeit preisgeben. Dies mag nicht immer ganz einfach sein, aber die Mühe macht sich bezahlt.

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Die bekannte amerikanische Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin Katherine Cornell gab "Amerika sein lebendiges Theater wieder".

DAS THEATER WIRD NIGHT STERBEN.... ( 70 Zeilen, 600 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Gegen die wenig zuversicht­ lichen Prognosen, die der Zukunft des amerikanischen Theaters in den letzten Jahren immer wieder gestellt worden sind, erheben sich in jüngster Zeit manche optimistische Stimmen. Katherine Cornell, Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin in einer Person, wurde kürzlich in einem Interview nach ihrer Ansicht über die Zukunft des amerikanischen Theaters gefragt. Auf Grund ihrer langjährigen und vielseitigen Bühnenerfahrung erklärte sie voller Zuversicht: "Ich glaube nicht, daß das Theater je­ mals sterben wird. Früher glaubten manche, der Film würde das Theater verdrängen, aber so, wit - lern Film nicht gelungen ist, "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 26. August 1953 ist, so gelang es auch dem Rundfunk nicht. Heute wird das Theater vom Fernsehen in die Schranken gefordert, und sicher ist der Beginn einer solchen neuen Entwicklungsphase schwer. Der einzige Weg, auch diesmal zu überleben, ist wieder: ein gutes und wenn möglich noch besseres Theater zu machen als bisher." Ein Blick auf Katherine Cornells Leben zeigt, daß sie durchaus legitimiert ist, ein schlüssiges Urteil abzugeben. Wie wenige andere Schauspielerinnen hat sie auf ihren Gast­ spielreisen an unzähligen größeren und kleineren Bühnen mit ihrer eigenen Truppe gespielt. In der Theatersaison 1933/34 besuchte sie 77 Städte der Vereinigten Staaten und entriß durch glänzende Aufführungen viele kleine Provinztheater dem Dunkel der Vergessenheit, in dem sie seit Generationen geruht hatten. In dieser Zeit tiefster Depression gab sie, nach den Worten eines ihrer Kritiker, "Amerika sein lebendiges Theater wieder". Sie scheute sich nicht, mit ihrer Truppe auf den kleinsten Bühnen auf dem Lande aufzutreten; dabei bot sie Leistungen, die ihren Broadway-Aufführungen an Qualität in nichts nachstanden. In ihrem Repertoire fanden sich unter an­ derem "Kleine Frau" von Louisa May Alcott, "Antonius und Cleopa­ tra", "Candida" und "Heilige Johanna" von G.B.Shaw, "Der grüne Hut" von Michael Arier, und "Antigone" von Sophokles. Großen Widerhall fand ihre europäische Gastspielreise im Winter 1944, die sie mit "The Barrets of Wimpöle Street" von Rudolf Besier (deutscher Titel: Elisabeth oder das Haus der verbotenen Liebe) durch Italien, Frankreich und Holland führte; ihr größter Erfolg aber war ihre kürzlich beendete achtmonatige Gastspielreise durch 38 amerikanische Städte mit Somerset Maughams "The Constant Wife". Nach diesen letzten Reisen setzt sie ihre Hoffnung besonders auf die begeisterungsfähige und theaterfreudige Jugend. Immer wieder nach den Vorstellungen kamen die Studenten der Universitäten zu ihr und waren glücklich, daß es jemand unternommen hatte, ihnen gutes Theater nahezubringen. Für viele bedeuteten Katherine Cornells Aufführungen die erste Begegnung mit dem Theater, und sie ist bemüht, sie zu glücklichen Begegnungen werden zu lassen. Katherine Cornell hat einen sehr hohen Begriff von der Auf­ gabe des Schauspielers und seinen Verpflichtungen dem Theater, der Öffentlichkeit und der eigenen Begabung gegenüber. Die Zukunft - 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE KRAU 26. August 1953

Zukunft muß ihrer Ansicht nach ein Theater von höherer Qualität bringen, wobei sich notwendigerweise wegen der ständig anwach­ senden Produktionskosten und der Konkurrenz des Fernsehens der. wirtschaftlichen Gewinn verringern wird. Ebenso unausweichlich ist auch eine Verringerung des Theaterbetriebes im Ganzen, aber vielleicht können die freiwerdenden Schauspieler im Rahmen der neuen Filmtechniken mit ihrer erweiterten Leinwand ein neues Betätigungsfeld finden, denn hier ist der Bedarf an wirklichen Könnern groß. Die Tänzerin Martha Graham, nach Katherine Cornells Ansicht die bedeutendste amerikanische Künstlerin der Gegenwart, hat auf ihrem Sektor den Weg vorgezeichnet, den auch das Theater gehen muß, indem es aus schöpferischer Intuition neue Kräfte zieht: "Mit Martha Graham in der Vorhut ist der Tanz zu einem Pionier unter den darstellenden Künsten geworden, während Drama und Oper den neuen Bestrebungen eine gewisse Trägheit entgegen­ setzen. Es geht nicht darum„ganz neue Kunstformen zu finden, sondern mit empfindlichen Organen die langsamen, kaum merkli­ chen Entwicklungen aufzuspüren und einen anspruchsvollen Sinn für echte Werte zu entwickeln. Diese Werte können dann ein Gegengewicht gegen die ungewöhnlichen und verwirrenden Erfah­ rungen unserer Zeit bilden und uns das Bewußtsein verleihen, daß wir bei einem Aufbruch in neue Gefilde zu etwas Wahrem und Echten gelangen".

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Katherine Gornell in der Rolle der Shakespeare*sehen Cleopatra.

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"ICH WOHNE IN EINER KLEINEN STADT" Eine junge Frau erzählt aus ihrem Leben Von Judy Binder

( 78 Zeilen, 700 Wörter) OXFORD — (Amerika Dienst) — Ich lebe in einer Kleinstadt, wie es sie zu Hunderten in den Vereinigten Staaten gibt. Unsere ganze Stadt fände in einem einzigen Bezirk von New York leicht Platz und fiele nicht einmal auf, denn die Menschen, die saube­ ren, geräumigen Häuser, das weiße Gerichtsgebäude mit seiner Uhr, die seit Gründung der Stadt bereits hundert Jahre verstreichen sah - sie alle sehen nicht viel anders aus als Tausende von Men­ schen und Häusern sonstwo. Und doch unterscheiden wir uns, meine Kleinstadt und ich, von der Großstadt und ihren arbeitenden Frauen. Mein Städtchen - nämlich Oxford im Staat Mississippi mit einer Einwohnerzahl von 4 000 und weiteren 1 000 Studenten der nahegelegenen University of Mississippi - ist ein wundervolles Gemisch von Alt und Neu. Das Dasein hier ist beschaulich, aber niemals eintönig; unter seiner glatten Oberfläche pulsiert das Arbeitsleben und darin spielen wir berufstätigen Frauen eine ganz wichtige Rolle. Ich selbst bin bei "Baker'sV beschäftigt, einem Modege­ schäft, das in seiner modernen Aufmachung und mit seinen schicken Modellkleidern genau so gut in einer Großstadt stehen könnte. Wir arbeiten zu viert: die Inhaberin, Mrs. William Baker, die wir einfach Kate nennen, denn sehr formell sind wir hier alle nicht,und 3ura,Lula und ich.Sara ist in erster Linie für Kleideränderungen verantwortlich, Lula hält das Lager in Ordnung, räumt auf und macht Botengänge. Kate besorgt den Einkauf und fährt dazu vier­ mal im Jahr nach New York, wo sie Kleider für bestimmte Kundinnen auswählt. Da es hier natürlich viel weniger Kundinnen gibt als in einem großstädtischen Geschäft, muß jede ganz persönlich be­ dient werden. Meine spezielle Aufgabe ist es, die Wünsche und Bedürfnisse der heranwachsenden Mädchen, der Studentinnen und jüngeren, be­ ruf stätigenFrauen zu erfüllen. Da ich selbst bis vor kurzem Stu­ dentin war, stehe ich noch in Kontakt mit der jüngeren Generation und nehme an ihren Gesellschaften und Verabredungen teil. So - 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 26. August 1953

So weiß ich jederzeit aus eigener Erfahrung, welche Art von Klei­ dung zu bestimmten Anlässen getragen wird. Bevor Kate auf ihre Einkaufsreise geht, legen wir ihr ganze Listen von Sachen vor, die sie unserer Ansicht nach studieren und einkaufen soll: neue Modelinien, von denen wir gelesen oder gehört haben, bestimmte Kleidungsstücke für einzelne Kunden und Schmuck und Zutaten aller Art. Wenn Kate zur Ergänzung des Lagers zwischendurch von Ver­ tretern kauft, die uns besuchen, dann werden Sara und ich zuge­ zogen, und im nächsten Sommer soll ich selbst nach New York mitfahren. All dies läßt meiner Phantasie und meinem Unterneh­ mungsgeist freien Lauf und wenn meine Anregungen auch noch den Umsatz heben, dann verdiene ich sogar daran. Es ist fast so, als gehörte das Geschäft mir und dieses persönliche Verantwortungs­ gefühl ist für eine arbeitende Frau mehr wert als alles andere, Meine Möglichkeiten, zu lernen, sind unbegrenzt, nicht nur was den Detailhandel betrifft, sondern auch, was die Menschenkennt­ nis angeht. Wir kamen vor eineinhalb Jahren nach Oxford, weil mein Mann an der hiesigen Universität Rechtswissenschaft studieren wollte. Und bald danach begann ich hier zu arbeiten. Ich bin in New Orleans geboren und aufgewachsen. Zwei Jahre studierte ich am College von Newcomb - hauptsächlich Englisch und Kunstgeschichte - und hatte eigentlich die Absicht, einen Beruf zu ergreifen, in dem ich beides - etwa als Reklameexpertin - verwerten konnte. Als ich jedoch nach Oxford kam, mußte ich feststellen, daß keine Stelle für eine Reklameexpertin an einer Zeitung frei war.So nahm ich das modernste Geschäft der Stadt - eben Baker*s - aufs Korn und mit etwas Hartnäckigkeit, viel Begeisterung und einigem Glück gelang es mir, die Anstellung zu bekommen. Das gesellschaftliche Leben Oxfords ist äußerst rege. Der Mittelpunkt der Geselligkeit ist das eigene Heim, für viele Ver­ anstaltungen auch die Kirche. Großes Interesse besteht auch für die verschiedenen Buchklubs, die regelmäßig Buchbesprechungs­ abende veranstalten.

Die "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 26. August 1953

Die berufstätige Kleinstädterin beschäftigt sich viel in­ tensiver mit Gemeindeangelegenheiten als die meisten ihrer Schwestern in den Großstädten. Die "Women's Civic League" setzt ihre Versammlungen stets so.an, daß auch jede berufstätige Frau daran teilnehmen kann. Mit der gleichen Energie, die sie für ihre Berufe aufbringen, setzen sich die Frauen dafür ein, ihre Stadt so sauber und so fortschrittlich wie möglich zu machen. Bei Wahlen braucht niemand sie an die Stimmabgabe zu erinnern. Modern, intelligent, energisch und vielseitig, so kann man die berufstätige Frau in der Kleinstadt am besten beschreiben. Vielleicht wirkt sie bescheidener als ihre Schwester in der Metropole, vielleicht fehlt ihrem Leben etwas von dem Glanz der großen Städte, dafür hat sie gewiß mehr Bequemlichkeit und genau soviel Selbstbewußtsein. Ich finde es herrlich, "ein gro­ ßer Frosch in einem kleinen Teich zu sein."

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Mrs. Lydia Kirk, die Gattin des ehemaligen US-Botschafters in Moskau, wendet sich in einem offenen Brief an die Völker Rußlands.

GEGEN DIE TYRANNEI Von Lydia Kirk

(58 Zeilen, 500 Wörter) WASHINGTON ~ (Amerika Dienst) — Als Amerikanerin, die zweieinhalb Jahre in Moskau verbracht hat, wende ich mich an alle jene Männer und Frauen, die ein freiwilliges Exil einem Dasein unter der Knute der Unterdrückung und Tyrannei vorge­ zogen haben. Zuerst möchte ich sagen, wie sehr ich ihren Mut bewundere. Nur wer die Methoden eines Polizeistaates mit eigenen Augen angesehen oder gar selbst erlebt hat, weiß, was es heißt, die­ sem Staat die Stirn zu bieten und Folter und Tod für die Chan­ ce eines Lebens in Freiheit nicht zu scheuen. Dem russischen Volke hat es nie an Mut gemangelt. In den vergangenen Jahrhunderten hat es sich sein weites Land er­ schlossen. Hartgesottene Landpioniere hatten sich in Sibirien angesiedelt lange bevor es dort Strafkolonien gab. Die russi­ schen Völker sind bekannt für ihren Mut, ihre feste Entschlos­ senheit und ihre unendliche Geduld, Für Mütterchen Rußland ha­ ben sie großes Leid auf sich genommen, haben gedarbt und ge­ rungen, haben in langen und blutigen Kriegen alle Not ertragen und müssen nun erkennen,daß alles Leid ihnen nichts anderes ge­ bracht hat als die knechtende Faust des Kommunismus. Der russische Mensch ist im Grunde seiner Seele tief re­ ligiös. Mit scheinheiligem Zynismus hat die sowjetische Regie­ rung hier und dort einige Kirchen wiedergeöffnet, ohne zu ahnen, daß sie damit eine Flamme schürte, deren Glut in den Jahren der gänzlichen Abschließung in den Herzen der Russen niemals ganz erloschen war. In Tiflis beobachtete ich beispielsweise eine alte Frau mit ihrer Enkelin. Das Kind knüpfte sich in der Kir­ che zuerst das rote Halstuch ab, ehe es zum Beten niederkniete. Die Geste hatte tiefe Symbolik. Wie es den Machthabern im

- 9 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 26. August 1953 im Kreml nicht gelingt, Gott aus den Herzen der Russen zu ver­ bannen, so wird es ihnen auch nicht gelingen, schöpferischen Geist zu töten, den Genius, der einen Mussorgsky, Tschaikowsky, Strawinsky und Prokofieff, einen Dostojewski, Puschkin, Gogol zu unsterblichen Werken inspiriert hat. Als vor Jahrhunderten Tatarenhorden in das russische Land einfielen, brachten sie mit sich Zerstörung und Schrecken. Später, nachdem das Chaos und die darauffolgende innere Zwietracht überwunden waren, hat sich Rußland dank des unermüdlichen Fleißes seiner Bürger mit in die Reihe der Weltmächte vorschieben können. Ein großer Teil des Volkes aber blieb abgeschlossen von der Umwelt, da Rußlands Nachrichtenwege denkbar unvollkommen waren. Heute, wo dies nicht mehr notwendig wäre, zwingen die Her­ ren des Kreml das russische Volk in dieselbe Isolation. Die Tech­ nik aber ist vollkommener. Radiowellen durchdringen die künst­ lich errichteten Sperrzonen und erreichen Tausende von Menschen, denen die Hand zu reichen uns noch unmöglich gemacht ist. Ich hoffe, sie alle wissen, daß wir, die wir im Westen leben, für sie nur Achtung und Bewunderung empfinden. Wir wissen, wieviel guter Wille unter ihnen ist, wir wissen von ihrer hohen Gast­ freundlichkeit und wissen, daß sie die Bruderhand, die wir ihnen reichen möchten, gerne annehmen würden. Auf meinen Wegen durch Moskau traf ich viele Menschen, die meine Freunde hätten sein können. Menschen eines hart arbeiten­ den Volkes, wie wir Amerikaner es auch sind, Kinder eines gewal­ tigen Landes mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten. Diese Mene sehen, die ich gerne kennengelernt hätte - und nicht kennenler­ nen durfte - gilt mein Gruß ebenso wie jenen* denen es gelang dem Machtbereich und dem Terror eines sowjetisierten Rußlands zu entfliehen.

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ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos ein Forträt von Mrs. Lydia Kirk.

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WIDEK DEN UNGEIST

Von Frederick Porges (77 Zeilen, 650 Wörter) HOLLYWOOD - (Amerika Dienst) — Elisabeth von Guttenberg, eine Kusine des 1944 wegen seines Bombenattentats auf Hitler stand­ rechtlich erschossenen Grafen Klaus von Stauffenberg, hat in den Vereinigten Staa­ ten, wo sie auf Grund mehrerer Vortragsrei­ sen sehr bekanntgeworden ist, ein Buch ver­ öffentlicht, das den Titel "Holding the Stirrup" (Steigbügelhalter) trägt.

Es ist eine Art Selbstbiographie, in der Elisabeth von Guttenberg von den Jahren erzählt, in denen, gemeinsam mit Männern aller Parteirichtungen und Bekenntnisse, auch Mit­ glieder der deutschen Aristokratie, darunter etliche ihrer Verwandten wie ihr schon erwähnter Vetter, Graf Stauffenberg, sich gegen das Nazi-Regime auflehnten und Opfer der von die­ sem geübten blutigen Vergeltung wurden, Sie vertritt die Auf­ fassung, daß man extrem-radikalen Bewegungen, wie sie sowohl der Nazismus als auch der Kommunismus darstellen, in ihren volksverwirrenden Ideologien wirksam nur durch eine gründliche geistige Erziehung des Volkes und eine ethisch-religiöse Durchdringung der Volksseele begegnen könne. Aus dieser Grund­ anschauung, heraus sieht sie es als ideale Aufgabe des heuti­ gen Deutschlands an, in dieser Richtung zu wirken und prakti­ sche Erziehungsarbeit zu leisten - gewissermaßen als eine Kampagne wider den Ungeist. "Der jeweilige Seelenzustand eines Volkes," so erklärte sie mir gelegentlich ihrer letzten Vortragstournee durch die USA, "gibt der gesamten Politik eines Landes ihr Gesicht. Ob diese Seele von Unglauben und bösen Instinkten vergiftet wird oder ob sie unter dem wohl­ tuenden Einfluß eines regen geistigen und religiösen Lebens steht, bestimmt auch das äußere Schicksal des Volkes und - in weiterem Sinne - das der Menschheit." Elisabeth von Guttenberg hat die Vereinigten Staaten erstmals im Jahre 1948 besucht. "Damals," so erzählt sie, "bin ich noch auf eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den Deutschen "AFRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 9. September 1953

Deutschen gestoßen. Aber diese Haltung ist bald einer in weitesten Kreisen anzutreffenden lebhaften Anteilnahme an der Entwicklung Deutschlands und an dem Geschick seiner Be­ völkerung gewichen. Die Menschen in den USA wurden nicht müde, sich nach dem neuen Deutschland und den dort herrschen­ den Verhältnissen zu erkundigen. Man wollte bestätigt haben, daß sich dort eine Wandlung beziehungsweise Rückkehr zu demo­ kratischen Anschauungen vollzogen habe. Da und dort, wie kürzlich gelegentlich einer Konferenz von Angestellten ver­ schiedener amerikanischer Sozialämter, bin ich auch nach der Einstellung der Deutschen gegenüber den Vereinigten Staaten gefragt worden. Man scheint auf Grund von Meldungen, wonach einige unbelehrbare Anhänger des früheren Regimes sowie von kommunistischer Propaganda beeinflußte Personen sich in ver­ letzender Weise über Amerika geäußert hätten, mancherorts die Befürchtung zu hegen, daß eine derartige Haltung auf weitere Kreise in Deutschland übergreifen könnte. Ich bin solchen Befürchtungen stets mit dem Hinweis begegnet, daß die Ein­ stellung der übergroßen Mehrheit des deutschen Volkes nichts zu tun habe mit der einer bedeutungslosen radikalisierten und irregeleiteten Minderheit. Und ich habe immer wieder be­ tont, daß es den Deutschen heute ganz ernsthaft um ein enges Zusammengehen mit Amerika zu tun ist, weil damit die Gewähr für eine Aufrechterhaltung der Demokratie auch in Deutsch­ land gegeben ist." Elisabeth von Guttenberg hat bei ihrem jüngsten Besuch in den Vereinigten Staaten, bei dem sie Vorträge über die geistige Wiederaufrichtung Deutschlands hielt und ihren amerikanischen Hörern ein Bild der politischen Vergangenheit und Gegenwart ihres Vaterlandes, verbunden mit einem Ausblick auf dessen Zukunft zu vermitteln suchte, feststellen können, daß sich in einer echten Demokratie auch dann an der politi­ schen Struktur nichts ändert, wenn grundlegende Partei- und personelle Verschiebungen vor sich gehen. "Der Amerikaner", so betonte sie, "weiß das kostbarste Gut der persönlichen Freiheit und der Freiheit der Meinungsäußerung zu schätzen und wird es sich niemals rauben lassen. Seine Auffassung von der - 2 - "AFRIKA DIENST" - tüR DIE FRAU 9. September 1953 der Freiheit beruht auf seinem Glauben an die Freiheit des menschlichen Willens und dem Anspruch, diese auch in den An­ gelegenheiten des öffentlichen und politischen Lebens zur Geltung zu bringen. In den USA ist sich der Mann aus dem Volke sehr wohl bewußt, worum es geht, wenn er die Demokratie verteidigt, weil diese eben identisch ist mit seiner per­ sönlichen Lebensart. Es ist mir aufgefallen, daß auch die Würdigung ethischer Werte in Amerika stärker in den Vorder­ grund getreten ist. Sie äußert sich vor allem in einer Ver­ dichtung des religiösen Lebens innerhalb aller Glaubensbe­ kenntnisse. Und dies ist, wie ich es ansehe, das Kennzeichen einer . gesunden Volksseele, die niemals solchen Verwirrungen ausgesetzt war wie die mancher anderen Völker und die ihnen, das ist meine Überzeugung, auch niemals er­ liegen würde."

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SIE IST ANZIEHEND UND »EIBLICH UND EIN EXPERTE IN WIRTSCHAFTSFRAGEN Marta Klompes europäische Karriere

( 105 Zeilen, 900 Wörter) STRASSBURG — (Amerika Dienst) — Jean Monnet, der Prä­ sident der Montanunion, wird von der Presse manchmal "Mr. Europa" genannt, aber eine "Miss Europa" hat es auf dem Ge­ biete der Wirtschaft und der Politik bisher noch nicht gege­ ben. Wahrscheinlich weil dieser Titel den Schönheitskönigin­ nen vorbehalten blieb. Ginge es freilich einmal darum, die Frau zu wählen, die sich am stärksten ihrer Aufgabe widmet und die auffallendste Karriere hatte, würde Marta Klompe mit großer Sicherheit gewinnen. Sie ist es, um derentwillen die Sprecher in der euro­ päischen Montanunion ihre Reden stets mit den Worten einlei­ ten: "Monsieur le President - Mademoiselle - et Messieurs," und der Dolmetscher wiederholt: "Herr Präsident - meine Dame - und meine Herren." Alle Sprecher beginnen so, außer Marta Klompe selbst, der - 3 - «Al^hl^A DIENST" - FÜR DIE FRAU 9. September 1953 der Vertreterin Hollands, dem einzigen weiblichen Mitglied der Montanunion. Unter 77 "Mr. Europas" ist sie die einzige "Miss Europa." Ihre Lebensgeschichte ließe sich als Vorwurf für einen dramatischen Film verwenden, in dem sie sogar selbst auftreten könnte, denn die große, schlanke Brünette hat es fertigbekom­ men., in der Politik Karriere zu machen und gleichzeitig photo­ gen zu bleiben. Die amerikanische Zeitschrift "The New Yorker" sagt von ihr: "Sie ist ... anziehend und weiblich, hat eine gute Figur und ist ein Experte in Wirtschafts fragen. Am besten war sie in Kohle." Zweifellos ist jedoch die Tatsache, daß sie Mitglied mehrerer Sonderausschüsse der Kommission und anerkannter Fach­ mann auf verschiedenen Gebieten ist, dafür verantwortlich, daß jedesmal nach Schluß der Konferenz mehrere ihrer männlichen Kollegen zu Marta Klompe eilen, um mit ihr zu plaudern. Sie unterhält sich flüssig in Holländisch, Deutsch, Französisch und Englisch und hält auch ihre Reden immer in der Sprache, die für das jeweilige Sachgebiet am besten geeignet ist. Das seltsamste an ihr ist, daß sie nie etwas mit Politik zu tun haben wollte. Eine Bemerkung, die Marta Klompe kürzlich einem Reporter gegenüber machte, ist bezeichnend für ihre Per­ sönlichkeit und ihre politischen Ideen: "Die Antworten auf die Probleme Europas lassen sich nicht in Konferenzen und Ausschuß- Diskussionen finden. Wir müssen zuerst hinausgehen und fest­ stellen, was diese Probleme eigentlich sind." Marta Klompe ist in Bergwerke eingefahren, hat Stahl­ werke besichtigt und sich mit Direktoren ebenso wie mit Arbei­ tern in ganz Europa unterhalten. "Sie müssen wissen, daß ich Chemikerin bin," erklärte sie. Sie kennt die Technik der Kohle- und Stahlindustrie. Heute drängt sie ihre Kollegen in der Montanunion - zumeist sind es Juristen, Wirtschaftler und Ge­ schäftsleute - sich Arbeitshosen anzuziehen und in die Gruben und Hochofenwerke zu gehen, damit sie ihre theoretischen Kennt­ nisse durch praktisches Wissen ergänzen. Noch vor wenigen Jahren wußte Marta Klompe nichts von einem europäischen Bund und von dem Gedanken, die Wirtschaft Europas zusammenzuschließen. Vor dem zweiten Weltkrieg war sie Lehrerin "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 9. September 1953

Lehrerin in Nimwegen und fuhr an den Wochenenden in ihre nahegelegene Heimatstadt Arnheim. Sowohl Arnheim als auch Nimwegen sind von den verzweifelten Kämpfen her bekannt, die 1944 geführt wurden, um die deutsche Front bei Nimwegen zu durchbrechen und die bei Arnheim 1 umzingelten Engländer zu befreien. Marta Klompes Lebensfilm würde mit ihrer friedlichen Arn- heimer Kindheit beginnen. Ihr Vater war Kartonagenfabrikant; sie hatte drei Schwestern und einen Bruder. Nachdem sie Naturwissen­ schaften studiert hatte, unterrichtete sie am Gymnasium von Nimwegen. Dort erlebte sie 1940 den deutschen Blitzkrieg. Als Lehrerin kannte sie die jungen Leute und ihre Eltern. Sie führ­ te Familien zusammen, sorgte für die Alten und Verlassenen und wurde den Führern der holländischen Widerstandsbewegung eine wertvolle Hilfe. Marta Klompe hatte die Frauen ihres Gebietes so gut orga­ nisiert, daß sie sich nach Abzug der deutschen Truppen sofort unter ihrem Vorsitz zum Freiwilligen Frauendienst der Provinz Gelderland zusammenschlössen, der einen wertvollen Beitrag zu der Wohlfahrt und Wiederbesiedlung der Niederlande leistete. Marta Klompe wollte eigentlich nach dem Krieg wieder un­ terrichten, aber einmal bekannt, fand sie sich vor wichtigeren Aufgaben. Sie wurde in den Vorstand verschiedener nationaler Frauenorganisationen berufen und schließlich 1947 von der Re­ gierung als Mitglied der holländischen Delegation zur Voll­ versammlung der Vereinten Nationen nach New York geschickt. Im folgenden Jahr wurde sie gebeten, für die Abgeordneten­ wahl zu kandidieren. Sie lehnte ab. Loch in Holland ist es möglich, Abgeordnete gegen deren Wunsch ins Parlament zu be­ rufen. Als daher ein Sitz frei wurde, wurde Marta Klompe - "zu meinem größten Bedauern", wie sie sagt - ins Parlament berufen. Sie träumte noch immer davon, an das Gymnasium von Nim­ wegen zurückzukehren, verbaute sich diesen Ausweg aber selbst durch eine glänzende Antrittsrede, in der sie sagte: "Was in Osteuropa geschehen ist, ist das Resultat unserer Fehler. Wir haben unser Niveau als Christen und Europäer nicht gehalten; die Menschen haben an Persönlichkeit verloren. Organisation

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Organisation allein ist nichts, wenn sie keine geistige Grund­ lage hat." Wenig später wurde sie zur Delegierten im Europarat und in der Montanunion ernannt. Gleichzeitig wurde sie Präsidentin der holländischen Sektion im Ausschuß für die Europäische Be­ wegung. Bei den folgenden holländischen Wahlen ließ sie sich als gewöhnliche Kandidatin aufstellen und erhielt eine Rekordzahl von Stimmen. Marta Klompe, Parlamentsmitglied, holländische Delegierte bei den Vereinten Nationen, Mitglied von drei inter-europäi- schen Organisationen und einem halben Dutzend internationaler Ausschüsse und ehemalige Schullehrerin, pflegte ein ruhiges Leben zu führen. Inzwischen sind die Probleme Europas zu ihren eigenen geworden und sie nimmt es ernst mit ihnen. Wenn andere Delegierte während einer Diskussions-Flaute ins Kino gehen, fährt Marta Klompe zu den Kumpels in den Berg.

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Marta Klompe im Gespräch mit Dr. Heinrich von Brentano (338.8 / H-687)

- 6 - "AÜUEÄIKA DIÜAST" - FÜR DIE 1RAU 9. September 1953

LOIS, DAS "GOVERNiffiNT GIRL" Aus den Leben einer der mehr als 100 000 weiblichen Angestellten der amerikanischen Bundesregierung (75 Zeilen, 670 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Sprühend und voller Charne, dabei zuverlässig und tüchtig - das ist lois Lippman, eines von den mehr als 100 000 "Government girls", wie die Frauen und Mädchen genannt werden, die in den Büros der amerikanischen Bundesregierung in Washington arbeiten. Die meisten von ihnen stammen gar nicht aus Washington, sondern sind von auswärts in die amerikanische Bundeshaupt­ stadt gekommen, sei es, daß das große Stellenangebot sie ange­ zogen hat, sei es, daß sie sich besonders für die Arbeit im Eegierungsdienst interessieren. Viele weiße Mädchen sind unter ihnen, aber fast ebenso viele - wie Lois - Negerinnen. Lois kam aus New York. Das heißt, eigentlich hatte sie ihre Berufslaufbahn in Boston begonnen, wo sie nach Absolvie­ rung eines Handelsschul-Lehrgangs in einem Büro des Gesund­ heitsministeriums arbeitete. Dann aber lernte sie Ray Lippman kennen, und obwohl er sein Rechtsstudium noch nicht beendet hatte, beschlossen die beiden zu heiraten. Dies bedeutete aller­ dings eine Verlegung des gemeinsamen Haushaltes nach New York, denn an der dortigen Universität wollte Ray sein Studium abschlie­ ßen. Lois fand in New York sehr schnell eine neue Arbeit und zwar - es war zur Zeit der Präsidentenwahl - in einem für Eisenhower arbeitenden Wahlkomitee. Ihre besondere Tüchtigkeit als Sekretärin fiel bald auch ihrem jetzigen Chef, Mr. Charles E. Willis, auf, und als er später zum Sonderberater Präsident Eisenhowers ernannt wurde, schlug er ihr vor, mit nach Washing­ ton zu kommen und im Weißen Haus zu arbeiten. Es war kein leichter Entschluß für die Lippmans. "Natür­ lich freute ich mich über diesen Vorschlag sehr", erzählt Lois, "aber Ray war gerade mit seinen Prüfungen fertig gewor­ den und wollte sich einen Beruf suchen. In Washington mußte er alle Prüfungen noch einmal ablegen. Aber irgendwie fühlten wir, daß wir gehen sollten " Beide "AFRIKA LIEHST" - FÜR DIE FRAU 9. September 1953

Beide haben diesen Entschluß nicht bereut. Ray arbeitet mit Feuereifer für seine Prüfungen, und Lois ist mit Begei­ sterung bei ihrer Arbeit im Weißen Haus. Mr. Willis' Aufgabe ist es, die Verbindung zwischen der Regierung und dem repu­ blikanischen Parteiausschuß aufrechtzuerhalten. Lois ist nicht nur seine Sekretärin und Vertraute, sondern leitet auch sein Büro, in dem noch vier weitere Angestellte tätig sind. Arbeit hat sie mehr als genug. Ihr Bürotag beginnt um 9 Uhr morgens und endet selten vor sechs Uhr abends. Sogar am Samstag muß sie - allerdings gegen Überstundenbezahlung - vormittags im Büro sein. Aber auch nach Büroschluß hat sie eine Menge zu tun, denn sie besorgt ihren kleinen Haushalt selbst und setzt ihren Ehrgeiz darein, Ray wenigstens abends stets eine kom­ plette selbstbereitete Mahlzeit vorzusetzen. Die Lippmans bewohnen ein kleines Einfamilienhaus im Herzen von Waphington. Lois ist selig, endlich aus der bis­ herigen Mäetswohnung herausgekommen zu sein. "Wir fühlen uns in unserem Häuschen wie in einem Palast", sagt sie. Sie hält ihr kleines Reich selber sauber, und Ray hilft ihr beim Auf­ räumen und beim Kochen. Manchmal laden sie ein paar Freunde zu sich und bewirten sie in der zwanglosen Weise, wie sie in Amerika üblich ist. Sonst pflegen sie vor ihrem Fernsehgerät zu sitzen oder in ihrem reichhaltigen Schallplattenalbum zu kramen. "Wir lieben jede Art von Musik", erklären sie, "vom Bebop bis zur großen Oper". Nur zu ganz besonderen Gelegenheiten gehen beide aus. Das ist freilich in Washington nicht ganz so amüsant wie in New York, die Auswahl ist dort einfach größer. "Es ist so viel los dort", erzählen sie, "daß man nicht weiß, was man zuerst besuchen soll. Da gibt es großartige Theater, ausge­ zeichnete Konzerte, Dutzende von interessanten Ausstellungen und reizende Restaurants, die gar nicht teuer sind. Auch sport­ liche Veranstaltungen haben wir stets gerne besucht." Viel Sonderausgaben kann sich das junge Paar freilich im Augenblick nicht leisten, denn . solange Ray mit seinem Studium nicht fertig ist, leben beide von dem Geld, das Lois verdient. "Es geht aber ganz gut so, und ewig wird es ja nicht dauern", sag_t - 8 - "AMERIKA DIENST" - i?uR LLb. JRAU 9. September 1953 sagt sie zuversichtlich. Und das glaubt auch Ray, der hofft, bald eine gute Stellung im Regierungsdienst zu bekommen. Dann will Lois zu Hause bleiben und Kinder großziehen. Denn das ist die einzige Tätigkeit, die sie ihrer Arbeit im Weißen Haus noch vorzieht.

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1) Als Sekretärin des Sonderberaters Prä­ sident Eisenhowers, Charles E. Willis, leitet Lois Lippman ein Büro, in dem noch vier weitere Angestellte tätig sind (53-8958)

2) Wenn Ray zwischen seinen Studien ein bißchen mithilft, dann ist es ein rich­ tiges Vergnügen, das eigene Häuschen in Ordnung zu halten. (53-9410)

Shirley Booth - die diesjährige "beste Schauspielerin der Welt" - hat weder einen Starnamen noch ein Stargesicht. Von den 30 Jahren ihrer Bühnenlaufbahn verbrachte sie 25 mit der Darstellung von Neben­ rollen. SHIRLEY BOOTH - NEUES GESICHT IM AMERIKA­ NISCHEN FILM (70 Zeilen, 600 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Der Ruhm kam spät zu Shirley Booth. Als die Jury der diesjährigen internationalen Filmfestspiele in Cannes sie als "die beste Schauspielerin der Welt" bezeichnete, war das keine Überraschung für die Fachleute, um ao mehr aber für das internationale Publikum. Shirley Booth war keine Berühmtheit. Sie hat keinen Starnamen "Aj^iiCA DIENST" - PuR DIE Er.AU 9. September 1953

Starnamen und kein Stargesicht. Von den nahezu 30 Jahren, die sie auf der Bühne steht, hat sie über 25 mit der Darstellung von Nebenrollen zugebracht. Erst "Come Back, Little Sheba", das unbekannte Stück eines unbekannten Autors (William Inge), brachte ihr den großen Erfolg. Das Stück selbst, das 1950 auf dem Broadway erschien, wurde nach 90 Vorstellungen vom Spielplan abgesetzt. Doch der Eindruck von Shirley Booths Spiel blieb haften. Sie erhielt dafür sämtliche amerikanischen Bühnenpreise. Zwei Jah­ re später, als "Come Back, Little Sheba" verfilmt wurde, überreichte man ihr für die Rolle der Lola den vielbegehrten "Oskar". Für einen Neuling in Hollywood war dies ein uner­ hörter Erfolg. Die Lola in "Come Back, Little Sheba" ist eine gutmütige schlampige Ehefrau mittleren Alters, die ihren vom Alkoholis­ mus geheilten Mann durch ihre bloße Existenz wieder zur Flasche treibt. Die Rolle war weder einfach noch lukrativ. "Alles, was ich zu tun hatte," sagt Miss Booth, "war, dem Publikum - ohne es zu langweilen - drei Stunden lang zu beweisen, daß Lola die Langweile in Person ist." Mit "Sheba" ging Shirley Booth auf große Tournee durch die USA. Danach machte sie eine Woche Ferien und übernahm dann die fröhliche, quicklebendige Aunt Cissy in der Bühnen­ version von Betty Smith' berühmtem Roman "Ein Baum wächst in Brooklyn". Damit bewies sie wieder ihre große Wandlungs­ fähigkeit. "Sie kann auf der Bühne machen, was sie will," schrieb ein Kritiker, "und sie macht es besser als jede än­ deret' Nach der Aunt Cissy drehte Miss Booth in Hollywood in "Sheba". Gleich darauf kehrte sie an den Broadway zurück, um in Arthur Laurents Stück "The Time of the Cuckoo" aufzutreten. Dies war die 25.Rolle, die sie in New York spielte, aber auch die erste, die speziell für sie geschrieben worden war: die einer armen kleinen Lehrerin, die nach Europa fährt, um dort eine Liebesgeschichte zu erleben, die sie im Grunde erschreckt. Shirley Booth wurde als Thelma Booth Ford 1907 in New York geboren. Sie hätte auch weiter so geheißen, wenn ihr Vater, "ein wahrer Diktator", ihr nicht verboten hätte, den Namen - 10 - "AuoERIKA LIENST" - iüRLIE FRAU 9. September 1953

Namen Ford auf der Bühne zu tragen. Thelma war ein scheues, einsames Kind. Im Alter von drei Jahren stand sie zum ersten Mal bei einer Schulaufführung auf der Bühne und sang ein Lied. Mit zw

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Lie Schauspielerin Shirley Booth, 1953 in Cannes als "beste Schauspielerin der Welt" ausgezeichnet» (53-7651) *****

- 11 - "AMERIKA DIENST"- FÜR DIE FRAU 9. September 1953

KINDER SIND WIE ANGESTELLTE Sechs Regeln für Büro und Familie Von William O'Hara ( 40 Zeilen, 350 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) -"- In einer amerikanischen Stadt fand vor kurzem eine Diskussion über richtige Kinderer­ ziehung statt. Anwesend waren Lehrer und Ärzte, die das Pro­ blem von seiner theoretischen Seite anpackten, und Eltern, die es aus der praktischen Erfahrung heraus beurteilten. Die Mei­ nungen wichen teilweise sehr stark voneinander ab, und man konnte sich nicht ganz einigen. Da erhob sich ein Geschäftsmann und bat, ein Sechs-Punkte- Programm über die richtige Behandlung von Büroangestellten vor­ lesen zu dürfen. Die Elternversammlung hörte sich die Regeln an und stellte zu ihrem Erstaunen fest, daß sie auch für die Kin­ dererziehung paßten. Man brauchte lediglich Eltern und Kinder sagen anstatt "Chef und Angestellte", und "Büro" durch "Familie" ersetzen, und schon konnte man sich an die sechs Regeln halten. Hier sind sie: 1) Kinder sollen leben, lernen und arbeiten in einer Atmosphäre der Freundlichkeit und des Wohlwollens, denn sie brauchen das Gefühl der Ruhe und der Sicherheit, um etwas leisten zu können. Zuviel Kritik und Unzufriedenheit von seiten der Eltern machen sie nervös. 2) Kinder müssen wissen, was man von ihnen verlangt, um sich darnach richten zu können. Die Eltern sollen dabei konse­ quent vorgehen. Wenn sie einmal zu streng und einmal zu nach­ sichtig sind, irritieren sie das Kind. 3) Wenn im Familienleben Änderungen bevorstehen, soll man das Kind vorher davon in Kenntnis setzen. Dann kann es sich darauf einstellen und wird sich ohne Schwierigkeiten der verän­ derten Situation anpassen, 4) Kinder haben Lob und Tadel nötig. Vor allem mit Lob soll man nicht sparen. Das Ausmaß von Belohnung oder Strafe ist nicht so wichtig, ausschlaggebend ist, daß ein Kind im voraus

- 12 - "AmSRIKA 1IMST" - IJR LIE FRAU 9. September 1953 voraus genau weiß, was es zu erwarten hat. Aber auch da ist Konsequenz erforderlich. Eine versprochene Anerkennung, die dann ausbleibt, zerstört das Vertrauen. 5) Ein Kind soll an den Problemen der Familie teil­ haben dürfen. Man höre seine Meinung und lasse es an der Lösung mitarbeiten. 6) Sobald ein Kind groß genug ist, soll man ihm im Rahmen seiner Fähigkeiten Extraaufgaben übertragen. Auf diese Weise lernt es, was Verantwortung heißt.

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- 13 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

STÄRKER ALS KINDESLIEBE Heim und Familie in den kommunistisch beherrschten Ländern Von Vincent R. Torora

(80 Zeilen, 700 Wörter) NEV» YORK — (Amerika Dienst) — In Ostberlin spricht man noch immer über den Fäll eines Jungen, der seinen eigenen Va­ ter in die Hände der kommunistischen Schergen auslieferte. Er ist ein "prominentes" Mitglied der FDJ und trägt nun stolz die Medaille, die der kommunistische Staat nur für besondere Verdienste verleiht. Wie dieser Junge zu seiner Auszeichnung kam, ist in gewisser Hinsicht symptomatisch für die entsetz­ liche Wandlung, die der Kommunismus im Familienleben in Län­ dern hinter dem Eisernen Vorhang bervorgerufen hat. Vor einiger Zeit noch lebte dieser Junge mit seinem Vater und seinen Brüdern zusammen auf einem Bauerngut in der Nähe Berlins. Seine Mutter starb in den letzten Kriegsjahren. Der Vater, ein erbitterter Gegner der kommunistischen Ideologie, war Führer einer Widerstandsgruppe. Der Sohn wußte nichts davon. Er war fanatischer Kommunist und nahm an politischen Schulungskursen regen Anteil. Eines Abends endete die Versammlung der FDJ früher als sonst. Als der Junge nach Hause kam, fiel ihm ein Lichtstrahl, der aus einer Ritze in der Scheunenwand kam, auf. Er schlich näher und wurde Zeuge eines Gesprächs, bei dem es um die Or­ ganisierung antikommunistischer Aktionen ging. Aufgeregt rann­ te er ins Haus und wartete auf den Vater, um ihm von seinem Erlebnis zu berichten und ihm sein Vorhaben mitzuteilen, die Polizei davon zu verständigen. Der Vater versuchte vergeblich seinem Sohn einzureden, daß er sich wohl geirrt habe, und sah sich schließlich gezwungen, dem Jungen zu sagen, daß er selbst der Führer dieser Widerstandsgruppe sei. Trotzdem ging der Junge zur Polizei. In der folgenden Nacht wurden alle "Volks­ feinde" verhaftet, und seither hat niemand wieder etwas von ihnen gehört. Einen Monat später verlieh Wilhelm Pieck dem Jungen für den Verrat am Vater die Verdienstmedaille. Diese "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

Diese Geschichte wurde mir erzählt, als ich anläßlich eines kommunistischen Jugendtreffens einen Monat als "Beobachter" in der deutschen Ostzone verbrachte. In mehreren Städten war ich - als Korrespondent für eine italienische Zei­ tung - Gast bei kommunistischen Funktionären. Sie leben meist mit ihren Kindern und anderen Angehörigen zusammen. Die Kinder tragen wie ihre Väter ständig ihre Uniformhemden und Abzeichen. Äußerlich schien es, als ständen Eltern und Kinder auf vertrau­ tem Fuße. Die Kinder scherzten und neckten einander und stritten miteinander, wie dies Kinder überall in der Welt tun. Dennoch aber herrscht eine andere Atmosphäre als in unseren Familien. Die kommunistische Familie ist mit allen ihren Mitgliedern aktiver Teil einer Organisation, der sie sich unterworfen hat und die ihr höher steht als die Familie. Die kommunistischen Diktatoren vergiften systematisch die Seelen der Jugend, sie lehren sie, daß Loyalität dem Staat gegenüber der Loyalität gegenüber Eltern und Gott vorgeht. Ich unterhielt mich mit Kindern, Lehrern, Müttern und Vätern. Ihren Äußerungen mußte ich entnehmen, daß Familie und Heim in der kommunistischen Gesellschaftsordnung wichtige Funktionen zu erfüllen haben. Diese sind jedoch ausschließlich politischer und wirtschaftlicher Natur, den religiösen, morali­ schen und ethischen Aufgaben eines normalen Elternhauses nicht vergleichbar. Der Vater untersteht der Kommunal- und Staatsgewalt, die ihn jederzeit an der Ausübung seiner elterlichen Gewalt hindern kann. Von diesem Standpunkt aus, der die jungen Menschen dazu erzieht, den Staat als höchste Autorität anzuerkennen, scheint die Tat des Jungen, der den Vater verriet, gerechtfertigt. "Ich bin der Führer und das Ideal meiner Kinder - aber nur bis sie alt genug sind, zu begreifen, wer die großen Führer des Staates sind", sagte mir ein Vater und Funktionär der SED. "Von diesem Zeitpunkt an bin ich für die Kinder nur noch der Dolmetsch des Willens unserer großen Führer ...." Kein Vater wagt die Lehren der Staatsführer zu widerlegen, Mütter und Väter unterwerfen sich völlig dem dogmatischen beherrschenden Willen des Staates. _ , Ich "AAiiRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

Ich hörte viele Gespräche über Kinder, die ihre Eltern zwar nicht gerade angezeigt haben, die aber in der Schule oder Regierungsfunktionären gegenüber erzählten, was zu Hause über dieses und jenes gesprochen wird. In solchen Fällen wer­ den die Eltern zunächst streng verwarnt. Falls dies nicht wirkt, werden die Kinder aus dem Elternhaus genommen und in staatlichen Instituten erzogen, wo derartige "störende" Ein­ flüsse nicht vorhanden sind. Überflüssig zu sagen, daß den Eltern keinerlei Recht über den Unterricht ihrer Kinder zu­ steht. Es gibt nur eine Schule und nur einen Dehrer - den Staat, der diktiert, wie sich das Leben seiner Bürger zu ge­ stalten hat.

(Aus "Kiwanis Magazine")

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- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

GEMEINSAMES ZIEL: DIE GLÜCKLICHE FAMILIE Die "Clubs der jungen Mütter" in Ohio Von E. M. Kelly

( 55 Zeilen, 500 Wörter) COLUMBUS — (Amerika Dienst) — Welche junge Mutter sehnt sich nicht hin und wieder nach der Gesellschaft netter Bekannter, denen sie von ihren Kindern erzählen oder mit denen sie mütter­ liche Erfahrungen austauschen kann? Für die amerikanischen Farmersfrauen, deren Gehöfte weit auf dem Lande verstreut liegen, bedeutet eine solche Aussprache mit anderen jungen Müttern natürlich genau so viel wie für die jungen Frauen in der Stadt, die sich jederzeit mit ihren Freundinnen und Bekannten treffen, sich über das und jenes Problem unter­ halten, ihre Babies vorführen und deren letzte Entwicklung begut­ achten und bewundern lassen können. Früher glaubte man, daß die Zeit jede Mutter lehren würde, was sie über Kinder wissen muß, wenn es nur erst einmal soweit ist. Das und ein paar kleine Ratschläge von den Großmüttern wür­ den das Kleine schon durch alle Widerwärtigkeiten, die sich sei­ nem jungen Leben entgegenstellen, hindurchbringen. Sicher, es haben schon Mütter mit sehr wenig Erfahrung und Hilfe ihre Kin­ der auch über größere Schwierigkeiten hinweggebracht, aber die jungen Mütter von heute brauchen das Gefühl, daß sie für die ge­ sundheitliche wie auch für die seelische und geistige Entwick­ lung des Kindes das Richtige tun. Sie vergleichen gerne die Entwicklung ihres Kindes mit der Entwicklung anderer Kinder und sind begierig zu erfahren, was andere Müttei tun, wenn dieses oder jenes Problem in der Kinderstube auftaucht. Darum kamen im Jahre 1946 einige findige Farmersfrauen aus dem Sandusky-Be- zirk in Ohio auf den Gedanken, einen Klub für junge Mütter zu gründen. Heute gibt es in diesem Bezirk bereits 12 solcher Klubs mit einer Gesamtmitgliederzahl von 300 Frauen, hauptsächlich in den Altersklassen zwischen 20 und 35« Diese Klubs sind im Prinzip selbstorganisierte Mütterkurse. Neben Babywickeln, Behandlung von Ernährungsstörungen bei Säug­ lingen, Kinderpsychologie, Sprecherziehung und ähnlichen wissens­ werten Dingen der Kindererziehuhg, zu denen berufene Fachkräfte als Gäste auch Vorträge halten, werden häufig Angelegenheiten

- 4 - AMERIKA DIENST" - FJR DIE FRAU 23. September 1953

Angelegenheiten besprochen, die die ganze Gemeinde interessieren, und manches gemeinnützige Projekt wird in Angriff genommen. So werden fahrbare Büchereien eingerichtet, deren Aufgabe auch das regelmäßige Erzählen und Vorlesen von Geschichten für die Kleinen einschließt, es werden Geldsammlungen für Schuleinrich­ tungen durchgeführt, Spielsachen und Kleider für bedürftige Kinder gesammelt und Rote-Kreuz-Kurse für junge und werdende Mütter abgehalten. Die Jahrbücher, die die Mütterklubs für ihre Mitglieder drucken lassen, tragen auf ihren Einbänden Bilder, die das Tä­ tigkeitsfeld der Klubmitglieder manchmal recht lustig illustrie­ ren, wie die Zeichnung einer arg bedrängten Parmersfrau, die verzweifelt versucht, gleichzeitig mit Bügeleisen, Waschtopf und Kochtopf zu hantieren und außerdem ihre kleinen Kinder und die Küken zu versorgen. "Wenn es überhaupt jemanden gibt, der hin und wieder dringend einmal einen Abend ausgehen muß, dann ist es die junge Mutter auf einer Farm, die ständig an ihre Kinder, an den Haushalt und ihr tägliches, eintöniges Allerlei gefesselt ist," sagte die Vorsitzende eines Mütterklubs. Natürlich snielt dabei auch .•ine Rolle, das Bedürfnis nach geselligem Beisammensein./ Gelegentlich werden kleine Familienabende arrangiert, an denen die Männer und größeren Kinder teilnehmen dürfen, oder es werden kleine Kinder­ feste veranstaltet, mit Schokolade und Kuchen. Mütter müssen an alle denken.

(Aus "Gapper's Farmer")

* * * * * "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953 DAS KLEINE PORTRÄT; (XIII)

CONSUELO NORTHROP BAILEY - DIE SPRECHERIN DES PARLAMENTS VON VERMONT Von Marion L. Briggs

( 58 Zeilen, 540 Wörter) MONTPELLIER — (Amerika Dienst) — Selbst für amerikanische Verhältnisse ist es etwas ganz Ungewöhnliches, daß das Präsidium eines Staatsparlaments einer Frau übertragen wird. Die alte parlamentarische Gewohnheit, nur einen Mann zum "Speaker" zu wäh­ len, war in den Vereinigten Staaten zum ersten Mal im Jahre 1933 durchbrochen worden, als der Staat Nord-Dakota eine Frau mit die­ sem ehrenvollen Amt betraute. Es war dies ein einzigartiges Ereig­ nis, das sich während der darauffolgenden 20 Jahre in den USA auch nicht wiederholen sollte. Erst im Januar 1953 folgte der Staat Vermont diesem Beispiel Nord-Dakotas, indem sein Parlament, dem übrigens 52 weibliche Abgeordnete angehören, für die gegen­ wärtige Legislaturperiode ebenfalls eine Frau zum Sprecher wählte, und zwar Mrs. Consuelo Northrop Bailey. Diese Entscheidung war eine öffentliche Anerkennung für die unermüdliche Aktivität, die diese Frau während ihrer ganzen Lauf­ bahn als Juristin und Politikerin entwickelt hat. Auch beim letzten Wahlfeldzug hatte sie ungeachtet ihrer vielen beruflichen Verpflichtungen keine Mühe gescheut, um mit den Wählern in direk­ ten Kontakt zu kommen und sich deren Vertrauen zu erwerben. Mrs. Northrop Bailey entstammt einer Familie, die seit fast hundert Jahren in Neuengland ansässig ist und deren Vorfahren be­ reits am amerikanischen Unabhängigkeitskriege teilgenommen haben. Sie selbst wurde am 10. Oktober 1899 auf der Northrop Farm, dem alten Familiensitz bei Fairfield in Vermont, geboren, der inzwi­ schen in ihren Besitz übergegangen ist. Das begabte junge Mädchen absolvierte die Höhere Schule in Sheldon mit Auszeichnung und studierte an der Universität Vermont Philologie. Nach einer kurzen Tätigkeit als Lehrerin für Latein und Geschichte wandte sich Consuelo Northrop, einer ursprünglichen Neigung folgend,jedoch dem Studium der Rech-fewissenschaften zu, das sie 1925 an der Universität Boston beendete. Nachdem sie kurz darauf auch die Anwaltsprüfung bestanden hatte, wurde sie von der

- 6 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953 der Stadt Burlington in Vermont zum öffentlichen Ankläger be­ stellt und auf Grund ihrer hervorragenden Leistungen später zum Staatsanwalt für den Bezirk Ghittenden berufen* Sie konnte für sich in Anspruch nehmen, in den östlich des Mississippi gelege­ nen Gebieten der USA die einzige Frau zu sein, die einen derart verantwortungsvollen Posten innehatte. Bei der Bevölkerung war sie außerordentlich beliebt und wurde 1930 als erste Juristin in den Senat des Staates Vermont gewählt; zur gleichen Zeit führte sie den Vorsitz in der Dienstaufsichtsbehörde der unter­ geordneten gerichtlichen Instanzen. Mrs. Northrop Bailey - sie hatte inzwischen den Rechtsanwalt Henry Albon Bailey geheiratet - war außerdem die erste Anwältin aus Vermont, die einen Rechts­ fall vor dem Obersten Bundesgericht der Vereinigten Staaten ver­ trat und bald darauf die Zulassung zum Bundeszollgericht erhielt. In Würdigung der großen Verdienste, die sie sich um die öffent­ liche Rechtspflege des Staates Vermont erworben hatte, wurde ihr im Jahre 1952 von der juristischen Fakultät der Staatsuni­ versität der Ehrendoktor verliehen; sie war in der 161jährigen Geschichte dieser Hochschule die zweite Frau, der diese Auszeich­ nung zuteil wurde. Getreu der Familientradition hat sich Mrs. Bailey stets auch politisch betätigt; als sie 1950 als Abgeordnete in das Reprä­ sentantenhaus von Vermont einzog, nahm sie als vierte aus ihrer Familie den Platz ein, auf den als erster 1902 ihr Vater gewählt worden war. Die Republikanische Partei ernannte sie 1952 zum Vizepräsidenten ihres Nationalkomitees. Die vielseitigen Aufga­ ben im Dienste des Staates Vermont erfüllen ihr Leben fast völ­ lig; ihre Mitbürger erkennen aber die führende Rolle, die sie sich erworben hat, auch durchaus an und sehen in fhr den besten Anwalt für ihre berechtigten Interessen.

(Aus "Independent Woman")

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- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

Die über 100 Jahre alte medizinische Akademie für Frauen in Philadelphia war die erste ihrer Art. Europäische Universitäten nahmen erst viel später Frauen für das medizinische Studium auf, so die Schweiz 1867, Baden 1901, Bayern 1903, Preußen erst 1908.

DIE MEDIZINISCHE AKADEMIE FÜR FRAUEN IN PHILADELPHIA

(73 Zeilen, 680 Wörter) PHILADELPHIA — (Amerika Dienst) — Großes Aufsehen in der ganzen Welt erregte vor mehr als 100 Jahren die Eröffnung der ersten Medizinischen Akademie für Frauen in der amerikanischen Stadt Philadelphia, denn zu der Zeit herrschte nach allgemein die Auffassung, das "schwache Geschlecht" eigne sich nicht für den ärztlichen Beruf. Die meisten medizinischen Fakultäten lie­ ßen deshalb Frauen zum Studium nicht zu. Die jungen Mädchen unseres Jahrhunderts verdanken es hauptsächlich den außerordentlichen Er­ folgen der Absolventinnen der toleranten Akademien, wie dieser in Philadelphia, daß sie heute "selbstverständlich" Medizin stu­ dieren können und die gleichen Aussichten haben wie ihre männ­ lichen Kommilitonen. In den Vereinigten Staaten promovieren jetzt Jahr für Jahr etwa 300 bis 400 Medizinerinnen, ein großer Teil von ihnen an der Medizinischen Akademie für Frauen, die auch heute noch die einzige Einrichtung dieser Art in der gesamten westlichen Welt ist. Studentinnen, die sich an dieser Hochschule immatrikulieren wollen, müssen eine abgeschlossene vorklinische Ausbildung von mindestens drei Jahren nachweisen können. Die endgültige Ent­ scheidung über die Aufnahme aber hängt von der Begabung und den Leistungen der Bewerberinnen ab; von neun Studentinnen erfüllen durchschnittlich nur zwei die geforderten Bedingungen. Auch die aus dem Stiftungsfonds der Akademie zur Verfügung stehenden Stipendien, die vielen Absolventinnen ein freies Studium sichern, werden nach Können und Wissen der Studierenden vergeben. Die sehr intensive und vielseitige Ausbildung der Kandida­ tinnen der Medizin dauert vier Jahre. Biochemie und andere ver­ wandte Wissenschaften sind die Hauptfächer im Vorlesungs- und übungsplan des ersten Jahres. Danach beginnt die praktische Aus­ bildung in den Polikliniken der Akademie, der kürzlich auch eine

- 8 - "•.VSRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953 eine Abteilung für allergische Erkrankungen wie Heuschnupfen und Asthma angegliedert wurde. Hier lernen die Studentinren zunächst die verschiedenen ärztlichen Untersuchungsverfahren kennen, und im dritten Jahr beginnt dann das Studium der diagnostischen und therapeutischen Methoden. Abschließend arbeiten sie 12 bis 15 Mo­ nate als Assistentinnen auf allen Stationen des der Akademie angeschlossenen Krankenhauses. So hatten beispielsweise in diesem Jahr sämtliche 46 Prüflinge der Akademie bis zum Abschlußexamen schon bei 12 Geburten ärztlichen Beistand geleistet, während in einigen amerikanischen Staaten die jungen Ärztinnen ihre Bestal­ lung bereits erhalten, wenn sie bei 6 Entbindungen assistiert haben. Nach erfolgreichem Abschluß des Studiums können die Absol­ ventinnen der Medizinischen Akademie sich sofort als praktische Ärztin oder Fachärztin niederlassen. Dekan Dr. Marion Fay wies in diesem Zusammenhang kürzlich darauf hin, daß sich viele ehe­ malige Studentinnen der Akademie nach ihrer Approbation mit gro­ ßem Erfolg der Anästhesie, Ophthalmologie, der inneren Medizin oder Chirurgie zugewandt haben, obwohl man annehmen sollte, daß der Beruf der Geburtshelferin, der Kinder- oder Frauenärztin der natürlichen Begabung einer Frau mehr entspreche. Aus der Medizinischen Akademie in Philadelphia sind viele "Erste" hervorgegangen; die erste Dozentin für Medizin, die erste praktische Ärztin, die erste Missionsärztin und eine der ersten farbigen Ärztinnen legten ihre Examen an dieser Hochschule ab. Auch die Gründerin der ersten Frauen-Klinik in China und die erste Hindufrau mit dem akademischen Grad "Dr. med." haben in Philadelphia studiert. Viele "Ehemalige" der Akademie stehen heute an verantwortungs­ vollen Stellen im öffentlichen Leben und erhielten hohe Auszei- nungen in Anerkennung ihrer Verdienste auf dem Gebiet des Gesund­ heitswesens oder der medizinischen Forschung. So wurden Dr. Ellen Potter für vorbildliche Organisation der ärztlichen Kinderfürsorge und Dozentin der Chirurgie Dr. Catharine MacFarlane für erfolg­ reiche Arbeit in der Krebsforschung der Elizabeth-Blackwell-Preis zugesprochen. Auch

- 9 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953

Auch von den ausländischen Studentinnen der Medizinischen Akademie in Philadelphia sind eine ganze Reihe weit über die Grenzen ihres Landes bekannt geworden. Dr. Honoria Acosta-Sison ist heute Professor der Medizin an der Universität in Manila auf den Philippinen, und Dr. Saniyeh Habboub wurde kürzlich von der syrischen Regierung für ihre großen Leistungen auf dem Gebiet der ärztlichen Kinder- und Frauenfürsorge ausgezeichnet.

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1) Studentinnen der Medizinischen Akademie für Frauen in Philadelphia bei klinischen Übungen. 53-9423

2) Den Polikliniken der Akademie wurde kürzlich eine Abteilung für Forschung auf dem Gebiet der allergischen Erkrankungen angeschlossen, in der auch Kleinkinder behandelt werden. 53-9412

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- 10 - -RIKA DIENST" - iüh DIE FRAU 23. September 1953

KLEIDSAM UND WEIBLICH Vorschau auf tiie amerikanische Herbstmode Von Lucille S. Day

( 70 Zeilen, 600 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Nach Paris und Rom lüften nun auch die amerikanischen Modeschöpfer ihre Herbstgeheimnisse. Sie enthüllen - wie nicht anders erwartet - keine extravaganten Neuerungen, vielmehr bleibt die amerikanische Mode auch in der kommenden Wintersaison ihrer gemäßigten Linie treu und propa­ giert nach wie vor die auf der ganzen Welt so beliebte leicht sportliche Note. Aber einiges Neue gibt es auch in den USA, vor allem was die Farbenskala anlangt. Wer also beabsichtigt, sich ein neues Herbstkleid machen zu lassen, der bedenke: die Zeiten der dunklen Winterfarben sind im Schwinden. Farbenfroh und gemustert, so lautet die Devise, auch wenn die Sommersonne nicht mehr scheint. In Amerika hat man sich schon an den Gedanken gewöhnt, im Winter gemusterte Röcke, geblümte Kleider, getupfte Westen und gestreifte Jacken zu tragen. Überhaupt Streifen ! Man trägt sie längs, quer und schräg verarbeitet, und es dürfte im Herbst zum guten Ton gehören, ein Zebrakleid zu haben. Wer die allzu lebhaften Farben im Winter nicht mag, der wähle Braun und die Bernsteinfarbe eines edlen Kognaks oder Hell- und Dunkelgrau. Was die Stoffe betrifft, so ist die Auswahl groß: Woll­ stoffe, Jersey, Kammgarne, Gabardine, aber auch Samt und Velour. Wer es nicht wissen sollte: es gibt ganz neuartige, Kälte und Hitze abhaltende Nylongewebe und sogar Felzimita- tionen aus Kunststoff. Für das große Abendkleid wird metal­ lisch schimmernde Moire empfohlen, fließende weiche Seide, kostbare Spitze oder steifer Brokat. Die Schultern werden breiter. Diese Neuheit übernimmt die amerikanische Mode von der französischen, zum Vorteil für die molligeren Damen, die dadurch in Kostüm und Mantel schlanker wirken. Diese Betonung der schlanken Linie und die Markierung der Taille hat wieder einmal zur Bevorzugung der "AFRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 23. September 1953 der Prinzeßform geführt. Die Oberteile der neuen Kleider sind weich und füllig, ihre Weite wird oberhalb der Taille durch eine Passe oder einen korsettartigen Ledergürtel gehalten. Die Ärmel setzen tief an und sind weit, bequehm und drei­ viertellang. Das gilt für Kleider genau so wie für die mo­ dernen Jacken, die kurz anliegend oder länger und salopp sein dürfen. Die Kostüm,]äckchen folgen weiter der franzö­ sischen Note - sie sind mit Vorliebe hochgeknöpft and werden im Winter mit kleidsamen kleinen Persianerkragen geschmückt sein - oder sie haben die etwas "unbeholfene" geringe Weite, die schlanken Frauen so gut steht. Für sie sind auch die neuen, stark taillierten Mäntel im Empireschnitt gedacht. Die fülligeren unter den Damen sollen dagegen auch im kom­ menden Herbst den losen Hänger tragen, der entweder betont weit oder gerade geschnitten ist. Was das Drum und Dran der Mode anbelangt: die Röcke bleiben eng und werden immer enger. Die Frage "Kürzer oder nicht kürzer?" beantwortet die amerikanische Mode mit der Forderung "kleidsam und weiblich". Der spitze Ausschnitt überwiegt bei weitem. Am Abend darf er sogar in gewagte Tie­ fen gehen, breit ausladen und sein Gegengewicht im Rücken finden. Zum eleganten Kostüm gehört der Pelzbesatz, vom kleinen Bündchen bis zur kostbaren Stola. Ein eigenes Kapitel sind die Hüte. Sie sind entweder ganz klein oder ganz groß. Die kleinen schmiegen sich eng an den Kopf an, sie haben Zacken und "Ohrenschützer" und sind am Abend mit Perlen oder Straß bestickt. Die g*oßen sind kühn ausladend und mit Federn oder Schleiern geschmückt, oder sie haben seitlich wehmütig herunterhängende Flügel wie müde Schmetterlinge. Zuletzt noch ein Wort über die Regenmäntel. Für Duffle­ coats muß man gebaut sein, aber es gibt sehr hübsche Travel- coats, die sich, wie ihr Name sagt, auch für die Reise gut eignen, mit großen Taschen und lebhaften Steppnahtverzierun­ gen. Die zweifarbigen Regenmäntel, doppelseitig tragbar, wer­ den in den USA nicht mehr getragen und sind von Modellen aus changierendem Material ersetzt worden.

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- 12 - "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 23. September 1953

US-SCHÖNHEITSKÖNIGIN 1954 STAMMT AUS DEUTSCHLAND

(15 Zeilen, 13C Wörter) ATLANTIC CITY — (Amerika Dienst) — Die in diesen Tagen gewählte "Miss America '954", die vorher schon mit dem Titel is Pennsylvania" ausgezeichnet worden war, ist die Tochter des 1927 aus Deutschland mit seiner Gattin in Pennsylvanien eingewanderten Robert Ay. Weder die Eltern, noch deren in der alten Heimat lebenden Angehörigen können sagen, wie die Familie zu dem ungewöhnlichen Namen kam. Fest steht, daß alle Generatio­ nen dieser Familie in Deutschland schon diesen Namen trugen. Berufsmäßige Ahnenforscher deuten an, daß im vorigen Jahrhun­ dert ein Ire Namens Ay während der damals auf der Smaragdinsel herrschenden Kartoffel not nach Deutschland auswanderte und dort zum Vorfahren von "Miss America 1954" wurde. Jedenfalls spiegelt sich die Smaragdinsel in Evy's grü­ nen Augen..., versichert die "New Yorker Staatszeitung und Herold". Miss Ay spricht fließend deutsch und bezeichnet Schweins­ rippchen mit Sauerkraut als ihre Lieblingsspeise.

* * * * # "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 7. Oktober 1953

.... UND DENKE NACH!

( 65 Zeilen, 600 Wörter) PORTLAND, MAINE— (Amerika Dienst) — Kürz­ lich sprach Mrs. Margaret Chase Smith, die Senatorin von Maine und einzige Frau im US- Senat ,zu den jungen Studentinnen des West- brook Junior College in Portland über die Bedeutung der Frau im amerikanischen Staats­ leben und ihre Aufgaben als Frau, Mutter und Staatsbürgerin. Was sie den jungen Frauen zu sagen hatte, geht über die rein nationale Bedeutung hinaus. Ihre Ansprache übermitteln wir Ihnen - leicht gekürzt - nachstehend.

Sie stehen am Beginn der besten Jahre Ihres Lebens. Nützen Sie diese Jahre zu Ihrem eigenen Besten und zum Wohle Ihrer Fa­ milie, Ihrer Freunde und Ihres Landes. Nützen Sie diese Jahre besser, als die Generation vor Ihnen es getan hat. Hinterlassen Sie den jungen Menschen, die nach Ihnen kom­ men, ein Erbe des Friedens, statt jener Welt voll des Mißtrauens, der Aggression, des Verrats, der charakterlichen und moralischen Unzulänglichkeiten, wie die Generationen vor uns sie uns vererbt haben. Weisen Sie ihnen den Weg zum selbständigen Denken, den Weg» wie man seine Sentiments beherrscht, anstatt sich davon treiben zu lassen. Zeigen Sie ihnen den Weg einer vernünftigen Kritik, die ablehnt, um es besser zu machen, und die Meinung des anderen achtet. Bringen Sie ihnen zum Bewußtsein, daß das Geschick und die Sicherheit des Vaterlandes nicht zu einer Art politischen Fußballs werden darf, der zwischen um die Macht streitenden Per­ sonen nach Belieben herumgestoßen wird. Ihre Generation kann und muß das verhindern. Es ist Ihre größte Aufgabe, gleich welche persönliche Rolle Ihnen das Schick­ sal in den kommenden Jahren auferlegt im Beruf, im Heim, im religiösen, politischen oder geschäftlichen Leben. Es gibt ein altes Sprichwort, das heißt: Halte an, schaue und höre - ich möchte hinzufügen "und denke nach". Und wenn Sie feststellen müssen, daß Sie etwas falsch gemacht haben, geben Sie es zu. Das ist ein Zeichen von innerer Größe. -. , Viele "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 7. Oktober 1953 Viele Übelstände in der heutigen Welt sind entstanden, weil die Menschen zuviel reden und zu wenig denken. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will nicht sagen, daß wir gleich stummen Sta­ tuen nur denken und uns fürchten sollen»unsere Meinung zu äußern. Das wäre Feigheit. Und sie kann ebenso gefährlich sein für ein Land wie unverantwortliches, hirnloses Schwätzen. Kurz, denken Sie, bevor Sie reden. Haben Sie aber Ihre Mei­ nung gefaßt, dann zögern Sie nicht, sie kundzutun und sie zu ver­ teidigen. Solange Sie dies tun, wird es weder Demagogen noch Diktatoren gelingen, Ihr Vaterland zu beherrschen. Demagogen, jene mit großer Überzeugungskraft begabten Zau­ berer der Sprache, wird es immer geben, und ihnen müssen Leute gegenübertreten, die genug Zivilcourage besitzen, gegen sie auf­ zustehen, ehe es diesen gelungen ist, die "Denkfaulen" - von denen es noch immer viel zuviele gibt - in ihren Bannkreis zu ziehen. Wir können nicht zulassen, daß unser Land ihnen ausge­ liefert wird, nur weil wir zu bequem zum Denken waren und zu feige, unsere Meinung zu sagen. Wenn ich sage "nachdenken", dann meine ich damit unsere gan­ ze Urteilskraft aktivieren und den gesunden Menschenverstand nutzen. Aber Denken allein ist nicht genug, Gedanken müssen auch mitgeteilt werden. Jede ausgesprochene Meinung und Kritik muß konstruktiv, d.h. aufbauend und verbessernd sein, sie darf kei­ nesfalls zersetzend wirken. Kritik ohne gleichzeitige verbessernde Vorschläge ist ein Zeichen für Oberflächlichkeit. Ich sehe die Rolle der Frau als die eines Bürgers, der sein Bestes tut, um Demokratie, Frieden und Freiheit zu bewahren, indem er 1) lernt, unabhängig und selbständig zu denken; 2) die­ sem selbständigen Denken Ausdruck verleiht durch Ausübung seiner staatsbürgerlichen Pflichten und Nutzung seiner staatsbürgerli­ chen Rechte an der Wahlurne, auf den Podien der öffentlichen Foren und im täglichen Leben und 3) indem er versucht, nur kon­ struktive Kritik zu üben. So gerne ich es sehe, daß Frauen bedeutende Positionen im politischen Leben unseres Landes bekleiden, so bin ich doch der Meinung, daß die "Frau im Hause", die Mutter der Kinder der we­ sentlichste Stützpfeiler der Demokratie ist. Sie ist die erste Bewahrerin unserer demokratischen Lebensform,ihr obliegt die Er­ ziehung der Bürger von morgen. Das kostbarste Gut aber, das uns die Demokratie gibt, ist die persönliche Freiheit. Sie muß genutzt werden, sollen wir ihrer nicht verlustig gehen. Es liegt in den Händen der Völker, nicht der Re­ gierungen, sie zu erhalten. (Aus "Vital Speeches" ***** "AMERIKA BIMST* - FÜR DIE FRAU 7. Oktober 1953

In der staatlichen Hausfrauenberatungs­ stelle in den USA sind 250 Spezialisten in Haushaltsfragen ständig damit beschäf­ tigt, der geplagten Hausfrau ihre Arbeit so angenehm und leicht wie möglich zu gestalten.

ALLES FÜR DIE HAUSFRAU

(85 Zeilen, 750 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) ~ Welche Nahrungsmittel sind besonders nahrhaft und welche besonders ausgiebig ? Welche Stoffarten eignen sich am besten für Babywäsche ? Wie modernisiere ich eine altmodische Küche ? - All dies sind Fragen, wie sie für jede Hausfrau in jedem Lande auftauchen, aber es ist nicht immer ganz leicht, auch wirklich jemanden zu finden, an den sie sich mit ihren großen und kleinen All­ tagsproblemen wenden kann. Denn die diesbezüglichen Ratschlä­ ge von Freunden und Nachbarn sind zwar sicherlich recht gut gemeint, aber meist doch nicht präzise genug, um als zuver­ lässige Auskünfte gelten zu können. Die 33 Millionen Hausfrauen in den Vereinigten Staaten haben es in dieser Beziehung leichter: Ein Anruf beim "Bureau of Home Nutrition and Home Economics", einer dem amerikani­ schen landwirtschaftsministerium angeschlossenen Forschungs­ und Beratungsstelle, genügt, und die gewünschte Auskunft wird mit wissenschaftlicher Genauigkeit entweder sofort fernmünd­ lich erteilt oder - wenn es sich um schwierigere Probleme handelt - umgehend auf schriftlichem Wege erledigt. Seit 30 Jahren schon führt der 250-köpfige Mitarbeiterstab dieses Büros wissenschaftliche Forschungsarbeiten auf den Ge­ bieten deB Ernährungs-, Textil- und Wohnungswesens durch, um mit den so erzielten Ergebnissen der amerikanischen Hausfrau helfend und beratend zur Seite zu stehen. Mehr als 146 Millio­ nen gedruckter Broschüren wurden - teils völlig kostenlos, teils gegen geringe Gebühren - verteilt, um all diese Informa­ tionen einem möglichst breiten Interessenkreis zugänglich zu machen. Daneben bringen auch Zeitungen und Zeitschriften ebenso "AFRIKA LILNST" - FÜR Dia FRAU 7. Oktober 1953 ebenso wie Rundfunk- und Fernsehprogramme immer wieder Abhand­ lungen über diese Themen, denen Informationen der staatlichen Hausfrauen-Beratungsstelle zugrunde liegen. Neue Erkenntnisse über die manschliche Ernährung zu sammeln, ist eines der Hauptanliegen dieser amerikanischen Forscher und Wissenschaftler. Dabei geht es um gesundheitliche Probleme ebenso wie um wirtschaftliche, die ja für Hausfrauen bekannt­ lich ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die im Rahmen groß angelegter Untersuchungen und Beobachtungen gewonnenen Erfahrun­ gen werden erst dann veröffentlicht, wenn sie sich als absolut gültig und zuverlässig erwiesen haben. So kann man beispiels­ weise in dem populären Magazin "Family Fare" nachlesen, daß grünes Blattgemüse mindestens ebensoviel Vitamin A enthält wie gelbe Möhren; daß Milch, Käse und Eier die gleichen körperauf­ bauenden Proteine enthalten wie Fleisch, Fisch und Geflügel; daß Gemüse mit nur wenig Wasser angesetzt, schnell gekocht und möglichst heiß serviert werden muß, wenn seine Nährstoffe er­ halten bleiben sollen, und vieles andere mehr. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Publikationen über bestimmte Spezial­ gebiete wie "Einkochen und Konservieren", "Diätkost", "Menü- Gestaltung" usw. Ähnlich wie auf ernährungstechnischem Gebiet werden auch auf dem Gebiet des Textil- und Bekleidungswessns umfassende Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse in einem "Wegweiser für die Hausfrau" zusammengestellt wurden. Umgekehrt erhielten auf diesem Wege auch die Herstellerfirmen und Konfektionäre wichtige Hinweise dafür, wie sie den Wünschen und Anforderungen ihrer Kundinnen am besten gerecht werden. Die Gestaltung der Wohnung nach den Gesichtspunkten der Schönheit und Zweckmäßigkeit ist der dritte große Aufgaben­ kreis der Beratungsstelle für Hausfrauen. Die Küche spielt dabei* natürlich eine dominierende Rolle. In einer eigens für Studienzwecke errichteten Muster-Küche wird mit immer neuen Geräten und Techniken herumexperimentiert, die alle darauf abgestellt sind, der geplagten Hausfrau die Arbeit in der Küche so angenehm md zeitsparend wie möglich zu machen. Hier wird genau berechnet, wie hoch Tische, Stühle und Kochherde sein müssen, um unnötige Anstrengungen bei der Hausarbeit zu ersparen, und in dieser Abteilung der Hausfrauen-Beratungsstelle werden "AMERIKA DIENST" - iüix Dir, FRAU 7. Oktober 1953 werden auch immer wieder neue praktische Möbel und Geräte ent­ worfen, die auf die Bedürfnisse der Hausfrau auf dem Lande ebenso abgestimmt sind wie auf die Bedingungen in einer Stadt­ wohnung. Die im Rahmen der Forschungsarbeiten des staatlichen Be­ ratungsdienstes für Hausfrauen erzielten Ergebnisse kommen je­ doch nicht nur den amerikanischen Hausfrauen zugute, sondern werden auf dem Wege gegenseitigen Informationsaustausches auch anderen Ländern zugänglich gemacht. Seit der Gründung der Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation der UN (FAO) haben Mitglieder der Büros sich außerdem an zahlreichen inter­ nationalen Programmen beteiligt, die von dieser Organisation durchgeführt wurden. In vielen Ländern - darunter auch Deutschland - haben amerikanische Experten für Haushaltsfra­ gen bei der Errichtung eigener Forschungs- und Beratungsstel­ len ähnlichen Charakters tätig mitgeholfen. Heute besteht zwischen all diesen Büros ein ständiger Erfahrungs- und Ge­ dankenaustausch, der sich für alle Beteiligten als äußerst fruchtbringend erweist - sehr zur Freude der Hausfrauen in den betreffenden Ländern, die ja die eigentlichen Nutznießer all dieser Bemühungen sind.

AChTUMS REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AnJifiliCA DIENST kostenlos folgendes Bild:

In der modernen Musterküche der staat­ lichen Beratungsstelle für Hausfrauen werden immer wieder neue zeit- und raum­ sparende Geräte und Vorrichtungen aus­ probiert. (53 - 11 059)

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DER BACKFISCH VOM BROADWAY Die Schauspielerin Julie Harris

(76 Zeilen, 690 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wer Julie Harris zum erstenmal begegnet, würde in ihr wahrscheinlich alles andere als eine der begabtesten amerikanischen Schauspielerinnen vermuten. Denn die berühmte Hauptdarstellerin des preisge­ krönten Erfolgsstückes "I Am a Camera'1 von John van Druten sieht eigentlich aus wie ein schlaksiger Backfisch, nicht aber wie ein 27-jähriger Star von Bühne und Film. Julie Harris sieht nicht nur so aus wie ein kleines Schulmädchen, sie spielt auch fast ausschließlich Schulmäd­ chen-Rollen, auf der Bühne und im Film. Und diesem kind­ lichen Aussehen verdankt sie eigentlich auch ihre Karriere. Die Rolle der blutjungen Braut in "Sundown Beach" und eines Schulmädchens in "The Young and the Fair" waren ihre ersten schauspielerischen .Aufgaben. Die beiden Stücke waren durch­ aus kein Erfolg, aber Julies darstellerische Leistungen erregten die Aufmerksamkeit des bekannten amerikanischen Re­ gisseurs Harold Clurman, und als dieser das Stück "Frankie und die Hochzeit" von Carson McCullers herausbrachte, vertrau te er ihr die Hauptrolle an. Der Erfolg, den Julie Harris damit am Broadway errang, war so proß, daß ihr die Rolle dieses 12-jährigen Mädchens, das unbedingt seinen Bruder auf der Hochzeitsreise begleiten will, auch in der in Holly­ wood gedrehten Filmversion des Stückes übertragen wurde. "Ich war sofort begeistert von dieser Aufgabe", erzählt Julie. "Vielleicht, weil ich in Frankies Alter genau so war wie sie - genau so eigensinnig, störrisch und unnachgiebig". In Frankies Alter lebte Julie in Grosse Point im Staate Michigan, wo sie eine private Mädchenschule besuchte und das Hockey-Team der Schule anführte. Weder ihr Vater, ein ange­ sehener Bankier, noch ihre Mutter können sich heute erklä­ ren, wie und wann ihre Tochter sich ausgerechnet für die Schauspielerei entschied. Vermutlich waren es die Schulauf­ führungen, bei denen sie ihre Neigung und ihr Talent für das - 6 - "AMERIKA DIENST" - FJR DIB FRAU 7. Oktober 1953 das Theater entdeckte. Als sie bei einer solchen Aufführung in Anatole Frances "Le Jongleur de Notre Dame" in der schwieri­ gen Hauptrolle einen durchschlagenden Erfolg erzielte, stand bei der damals Vierzehnjährigen der Entschluß, zum Theater zu gehen, fest. Drei Jahre lang besuchte sie ein Schauspiel- Seminar in Colorado, und um ihr Studium zu finanzieren, arbei­ tete sie als Serviermädchen. 1943 ging Julie Harris zu Caroline Hewitt, einer bekannten New Yorker Schauspiellehrerin, und fiel bald durch ihren fana­ tischen Lerneifer und den ungeheueren Ernst auf, mit dem sie lernte. "Wenn ich die anderen Schülerinnen fragte, warum sie Schauspielerinnen werden wollten", erzählte Miss Hewitt, er­ hielt ich Antworten wies TWeil es mir Spaß macht' oder 'Weil meine Mutter es wünscht*. Julie aber sah mich ernst an und sagte; 'Weil es mein Leben ist'. Nachdem Julie 1944 die Schauspielprüfung erfolgreich abge­ legt und ihr bühnentechnisches Wissen während eines weiteren Studienjahres an der Schauspielschule von Yale vervollständigt hatte, erhielt sie ihre erste Rolle: sie spielte auf einer Broadwaybühne ein 17-jähriges Mädchen. Bis zu ihrem 24. Lebens' jähr hatte sie in elf Broadwaystücken mitgewirkt, ohne jedoch besonders in den Vordergrund zu treten. Dann aber kam im Jahre 1950 "Frankie und die Hochzeit". 62 Wochen lief dieses Erfolgsstück, das ihren Bühnenruhm begründete. Die nächste große Rolle war die der Sally Bowles in Drutens "I Am a Camera". Es ist die Geschichte einer jungen Engländerin, die in den dreißiger Jahren nach Berlin kommt, um dort Schau­ spielerin zu werden. Im Rahmen einer großen Tournee spielte Julie diese Rolle an fast allen größeren amerikanischen Büh­ nen, und überall wurde ihrer bedeutenden schauspielerischen Leistung eine begeisterte Kritik zuteil. Wenn Julie Harris einmal nicht spielt und keine Proben hat, dann zieht sie sich am liebsten in ihre hübsche, ge­ mütliche Wohnung in G-reenwich Village, dem Künstlerviertel New Yorks, zurück, um allein mit ihrem Gatten - sie ist seit 1946 mit dem Direktor eines Sommertheaters verheiratet - oder mit ein paar Freunden Stunden der Besinnung zu genießen. Nichts haßt sie so sehr wie große lärmende Gesellschaften. Viel "AMERIKA DIENST" - FÜR SIS FRAU 7. Oktober 1953 Viel freie Zeit hat sie freilich nicht, denn Julie Harris ist "im Kommen". Das ist die Ansicht des Publikums ebenso wie die der Kritiker. Der bekannte New Yorker Theaterkritiker John Mason Brown drückte diese Tatsache in Worten aus, als er sie nach der Premiere von "I Am a Camera" als eine "begnadete junge Schauspielerin^ bezeichnete, bei der "das Publikum das gleiche erregende Gefühl empfindet wie ein Astronom, wenn ein neuer Stern vor seinen Augen zu leuchten beginnt*.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anfcr derung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilders 1) Julie Harris (rechts) in der Rolle der Frankie Addams zusammen mit Ethel Waters (Mitte) und Brandon de Wilde in der Film­ version von "Frankie und die Hochzeit" 792.93 53-11073 2) Julie Harris sieht eigentlich aus wie ein frecher Backfisch, nicht aber wie ein 27-jähriger Star von Bühne und Film, der sie seit ihren Erfolgen in "Frankie und die Hochzeit" und "I Am a Camera" gewor­ den ist. 792.93 53-11072

« * * * * "AMERIKA DIENST" - PUR DIE FRAU 7- Oktober 1953

DAS KLEINE PORTRÄT I

MRS. DOROTHY HAMILTON - LEHRERIN DES JAHRES 1953 NEW YORK — (Amerika Dienst) — In dem Be­ rufswettkampf der besten Erzieher aller amerikanischen Staaten, den kürzlich die Monatszeitschrift für Frauen "McCall's" veranstaltete, erhielt die 36-jährige Mrs. Dorothy Hamilton aus Milford in Connecticut die höchste Punktzahl und wur­ de damit "Lehrerin des Jahres 1953".

( 70 Zeilen, 640 Wörter) Redakteure und namhafte Pädagogen waren während vieler Wochen durch alle Teile der Vereinigten Staaten gereist und Gasthörer in zahlreichen Schulklassen gewesen, deren Lehrer und Lehrerinnen von den Kultusministerien der einzelnen Staaten als vorbildliche Erzieher bezeichnet worden waren. Ihre Wahl fiel dann schließlich auf Mrs. Hamilton, Lehrbeauf­ tragte für Bürgerkunde und Lehrerin für amerikanische Geschich­ te und Staatskunde an der Oberschule in Milford. "Ich habe es mir zur Regel gemacht," so sagt Mrs. Hamilton, "die heranwachsende Jugend dazu zu bringen, kritisch zu denken und sich all das Wissen und die Wendigkeit anzueig­ nen, die aktive Menschen unserer, Zeit besitzen müssen." "Aktive Beteiligung" ist ein bedeutendes Wort für ihre Schüler, denn ein großer Teil des Unterrichtes besteht aus zwanglosen Diskussionen und Arbeitsgemeinschaften, in denen die jungen Menschen sich den Lehrstoff selbst erarbeiten. Um die Aufgaben für die Schüler lebendig und interessant zu ge­ stalten, werden die Themen nicht mehr von der Lehrerin ge­ stellt, sondern nur vorgeschlagen und dann von den Jungen und Mädchen gemeinschaftlich ausgesucht. Auf gute Lehrbücher legt Mrs. Hamilton zwar großen Wert, aber mehr noch lernen ihre Schüler durch das Studium von Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernseh-Sendungen sowie durch Besichtigungen von Kranken­ häusern, Gerichten, Gefängnissen, Fabriken und Bauplätzen. Wenn beispielsweise internationale Politik erörtert wird, fährt die ganze Klasse nach New York, ins Hauptquartier der Vereinten "AMERIKA DIENST« - FJR DIE FRAU 7. Oktober 1953

Vereinten Nationen, um an Ort und Stelle einen Einblick in die Arbeit der Delegierten zu bekommen. Dabei gelingt es den jungen Leuten manchmal, bekannte Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft zu überreden, sie in der Schule zu besuchen und an ihren Arbeitsgemeinschaften "teilzunehmen". Diese Stunden sind für den Gast meist ebenso wertvoll und anregend wie für Mrs. Hamiltons Schüler. Die Themen, die von den älteren Schülern und Schülerinnen für ihre Diskussionen gewählt wurden, sind außerordentlich vielseitig: "Eheschließung und Ehetrennung", "Arbeitsrecht", "Das Rassenproblem", "Sowjet-Propaganda", "Aktuelle Fragen aus Politik oder Wirtschaft" und "Weltfriede". Mrs. Hamilton entschloß sich erst endgültig für das Lehr­ amt, als sie bereits unterrichtete. Nachdem sie im Jahre 1938 an dem Radcliffe College in Cambridge (Massachusetts) ihr Abschlußexamen in Wirtschaftswissenschaft, Staatskunde und Geschichte mit "magna cum laude" bestanden hatte, arbeitete sie in einer Organisation, die für Börsenmakler statistische Informationen über Wertpapiere zusammenstellt. Diese Tätig­ keit gab sie bei ihrer Heirat im Jahre 1940 auf, um sich ganz ihrem Haushalt widmen zu können. Als sie aber zwei Jahre später von dem großen Lehrermangel an der Oberschule in Mil- ford hörte, stellte sie sich als Hilfs-Lehrkraft zur Verfü­ gung. Aus dieser Notlösung wurde ihre Lebensaufgabe, denn schon nach kurzer Zeit entschloß sie sich, an der Yale-Uni- versität in New Haven ihren Doktor in Erziehungswissenschaft zu machen. Nachdem sie dieses Ziel erreicht hatte, bearbei­ tete sie ein Lehrbuch für Staatskunde sowie ein Manuskript für Weltgeschichte und übernahm dann im Jahre 1948 den Unter­ richt in den Oberstufen der Milford High School. Neben ihrem Dienst bereitet sich Mrs. Hamilton gegenwärtig für die Promo­ tion zum Dr. phil. vor. Aber diese junge Lehrerin unterrichtet nicht nur; nach den Schulstunden organisiert sie Elternversammlungen, Theater­ aufführungen oder gesellige Veranstaltungen für die Jugend.

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Jugend. Av m hält sie eine Reihe von Vorträgen und schreibt Erziehungsprobleme für amerikanische Zeitungen. Seit einiger Zeit gibt Mrs. Hamilton auch "Musterstunden" für die Studenten der Yale-Universität, um den zukünftigen Erziehern die verschiedenen Unterrichtsmethoden praktisch zu demonstrieren. Mrs. Hamilton setzt ihre ganze Kraft, ihr Können und ihre Erfahrung für die Erziehung der ihr anvertrauten Jugend ein und wird in ihrer Arbeit sowohl von den Schulbehörden als auch von der Elternschaft bereitwilligst unterstützt.

(Aus "McCall's")

ACHTUNG REDAKTION ! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Bilds Mrs. Dorothy Hamilton, die kürzlich von. Redakteuren einer amerikanischen Frauenzeitschrift und namhaften Päd - agogen zur "Lehrerin des Jahres 1953" gewählt wurde, ist Lehrerin für Bürger­ kunde und Geschichte an der Milford High School im amerikanischen Staat Connecticut. Ihre neuen Lehrmethoden wie zwanglose Gruppendiskussionen wer­ den von den Schulbehörden als vor­ bildlich bezeichnet. Nicht nur im Klassenzimmer sondern auch zu Hause steht Mrs. Hamilton ihren Schülern immer hilfsbreit zur Verfüegung.

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RAUCHEN - EIN PRIVILEG DES ALTERS ? (28 Zeilen, 240 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Über die Verengung von Blutgefäßen durch Nikotin sind in der letzten Zeit in Amerika wieder einige interessante Forschungen angestellt worden. So konnte Dr. Morris Friedeil vom medizinischen Forschungsinstitut der Loyola-Universität kürzlich auf dem 18.Jahreskongreß des "International College of Surgeons" (Internationale Hochschule für Chirurgen) berichten, daß nach seinen Untersuchungen die Wirkung des Nikotins auf die Blutgefäße und somit auf die Blut­ zirkulation von der Ausdehnungsfähigkeit dieser Gefäße abhängt. Bei älteren Menschen, deren Arterien durch Kalkansatz bereits eine bestimmte Erhärtung erfahren haben, ist die Reaktion der Gefäßwände auf Nikotin nur geringfügig, während bei jüngeren beträchtliche Veränderungen ausgelöst werden. Bei 80 Prozent aller Durchschnittsmenschen würde nach Dr. Friedeil bereits eine Zigarette die Blutzirkulation beeinflussen, indem sie die Blutgefäße der Arme und Beine um 50 Prozent ihres normalen Durchschnittes verengt. Bei Nichtrauchern wurde die umgekehrte Beobachtung gemacht, nämlich daß eine Zigarette diese Blutge­ fäße um 50 Prozent ihres Durchschnittes erweitert. Im allgemeinen, so berichtete Friedeil weiter, ist die Reaktion der Blutgefäßwände auf Nikotin bei Frauen weit größer als bei Männern, was auf die größere Labilität der weiblichen Blutgefäße zurückzuführen sei. Am stärksten würde sich diese Erscheinung bei jungen Frauen auswirken, da deren Blutgefäße besonders elastisch sind. Soweit der medizinische Bericht. Es ist also nicht ausge­ schlossen, daß das Rauchen - soweit es die weibliche Sphäre betrifft - demnächst zu einem Privileg der älteren Frauen er­ klärt wird.

* * * * * "AltiEhlKA LIEHST" - FüK Diu. FfiAU 21. Oktober 1953

Der soziale Wandel in den USA während der letzten fünfzig Jahre und sein Ein­ fluß auf die soziale und wirtschaftliche Stellung der amerikanischen Frau.

ECHTE i?AETNEfiSCHAFT

(lOO Zeilen, 900 Wörter)

NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wohl kaum etwas hat im Laufe der letzten fünfzig Jahre auf sozialem Gebiet so viele und so heftige Kontroversen hervorgerufen wie die gesellschaft­ liche Stellung der Frau. Früher ausschließlich Hausfrau, Gattin und Mutter, teilt sie heute mit großer Selbstverständlichkeit mit ihrem Mann nicht nur die häuslichen Sorgen, sondern oft auch den Arbeitsplatz. Wie weit sie schon in die ehemals rein männliche Domäne

der Berufswelt eingedrungen istt erhellt aus nachstehenden Zahlen. Jede dritte Amerikanerin geht einem Berufe nach. Das Heer der arbeitenden Frauen zählt 20 Millionen, von denen 55 Prozent verheiratet sind. Ihr Durchschnittsalter beträgt 37 Jahre (1940 lag es bei 32 Jahren). Interessant ist ferner, daß die FrauenarbeitsH3tatistik lediglich in der Altersgruppe 45 Jahre und darüber steigende Kurven aufweist (drei Millionen mehr als im Jahre 1940), während die Altersgruppe zwischen 20 und 34 Jahren nur geringfügige Schwankungen erkennen läßt. Daraus ist zu schließen, daß sich in dem häuslichen Aufgaben­ kreis der Frau - solange kleine Kinder zu versorgen sind - nichts geändert hat und daß vor allem die Frauen ihre Rolle als Mutter während der kritischen EnxwicklungsJahre der Kinder ernster nehmen als die große Zahl von 20 Millionen berufstäti­ gen Frauen zunächst vermuten ließe. Die Statistiken enthüllen ferner, daß die Frauen nicht in erster Linie aus innerem An­ trieb einen Beruf wählen, die Gründe sind vielmehr meist durch­ aus wirtschaftlicher Natur, denn in den meisten Fällen gab das niedrige Einkommen des Mannes de» Anstoß dazu. Eine sich in den letzten Jahrzehnten ständig erhöhende Produktivität brachte auch gesteigerte Gelegenheit zum Geld- - 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1953

Geldausgeben. Lebensstandard und Ansprüche sind ebenfalls stän­ dig gestiegen. Verstand man unter dem Begriff "lebensnotwendig" vor 50 Jahren in der Hauptsache noch ''sich satt essen und ein Dach überm Kopf haben, so verlangt man heute darüber hinaus noch eine ganze Reihe anderer Dinge. Tiefgreifend gewandelt hat sich in diesem Zeitraum auch das Partnerschaftsverhältnis von Mann und Frau, und diese Veränderung steht in direkter Beziehung zu den Gründen, aus denen die Frau heute einen Beruf wählt. Früher bedeutete die Führung eines Haushalts schwere körperliche Arbeit, so daß eine Teilung der Aufgabengebiete notwendig war. Der Mann arbeitete auf dem Feld oder in der Fabrik. Die Frau versorgte den Haushalt; von früh bis spät dauerte ihr Arbeitstag: sie buk das Brot, spann den Flachs, wob das Linnen und nähte die Kleider für sich und die ganze Familie. In der Erntezeit hatte sie den Lebensmittelvor­ rat für ein ganzes Jahr zu konservieren, und mitunter zog sie auch selbst die Kerzen und kochte die Seife. Sie hatte ihren Aufgabenkreis, der sie ganz ausfüllte. Die fortschreitende Technisierung aller Arbeitsgebiete hat die Frau von den häuslichen Bürden weitgehend befreit und ihr Zeit gegeben, sich auch für die Dinge jenseits der Schwelle ihres Hauses zu interessieren. Dabei ergab sich automatisch das Verlangen nach einer sich ständig weiter vervollkommnenden Mechanisierung der Hausarbeiten, die nicht nur ihr selbst, sondern auch der Wirtschaft zugute kam. Nun beanspruchte der Haushalt nicht mehr ihre volle Arbeits­ kraft, und sie gewann Zeit, sich eine Beschäftigung zu suchen - nicht, weil sie es zu Hause nicht mehr auszuhalten vermochte, sondern aus dem Gefühl heraus, daß sie dazu beitragen konnte, das Einkommen ihres Mannes zu verbessern. Damit ergab sich die Möglichkeit, den Kindern eine bessere Ausbildung und der Fami­ lie ausreichende ärztliche Betreuung zu bieten. Darüber hinaus war man nunmehr in der Lage, ins Theater zu gehen, Konzerte zu hören und sich gelegentlich sogar eine Erholungsreise zu gönnen. Die Frau konnte jetzt ihr eigenes Schulwissen ausbauen und ver­ werten und brauchte nicht mehr den schrecklichen Moment zu fürchten, in dem ihre Kinder das Haus verließen, um ein eigenes Leben zu beginnen, und sie sich dann irgendwie "überflüssig" vor- "AFRIKA PIEKST" - FÜR L1E FRAU 21. Oktober 1955 vorkam. Sie überlegte auch, daß sie dann nicht mehr nur ab­ hängige "Angehörige" war, sondern wirkliche Kameradin ihres Mannes sein konnte. Die alten Begriffe Männerarbeit - Frauen­ arbeit verschwinden damit immer mehr. Mann und Frau tragen ge­ meinsam die Lasten des Haushalts. Die altherkömmliche Vorstellung von der guten Familie, in der der Mann das Brot verdient und die Frau das Haus besorgt» hat im heutigen Leben keine allgemeine Gültigkeit mehr. Diese Verschiebung und Verschmelzung der Aufgabengebiete von Mann und Frau ohne Ressentiments anzuerkennen, verlangt Reife und Ver­ ständnis aller Beteiligten. Der heutigen Generation mag der nötige Abstand für eine objektive Beurteilung der Dinge noch fehlen, es ist jedoch mit Sicherheit anzunehmen, daß nach einer angemessenen Periode der Anpassung jedermann die durch eine veränderte Wirtschaftsstruktur notwendige soziale "Wandlung anerkennen wird. Während dieser Auffassung der größte Widerstand noch in der privaten Sphäre entgegengebracht wird, haben die Wirtschaft und das Geschäftsleben salbst sich längst weitgehend angepaßt. Obgleich es verfrüht wäre zu sagen, daß die Frau am Arbeitsplatz ihrem männlichen Kollegen gegenüber allgemein gleichberechtigt ist, so ist doch ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht - vorausgesetzt daß sie für einen bestimmten Posten geeignet ist - kein Hindernis mehr im beruflichen Wettbewerb mit dem Mann. Der amerikanische Einzelhandel h4t sich heute schon weit­ gehend auf die Bedürfnisse der berufstätigen Frau eingestellt. Geschäfte und Warenhäuser verlegen ihre Hauptverkaufszeit auf die Mittagsstunden zwischen 12 undl4 Uhr, um der arbeitenden Frau Gelegenheit zu geben, diese Zeit zum Einkauf zu nutzen. Ferner sind fast alle Warenhäuser einmal in der Woche bis spät in die Nacht geöffnet. Samstag, früher der Haupteinkaufstag, ist in den USA mehr und mehr zum Familientag geworden. Die gro- ' ßen Wocheneinkäufe werden bereits am Freitag abend getätigt, was die "Supermarkets" veranlaßte, am Freitag den Geschäfts­ schluß auf 21 Uhr zu verlegen. (Aus "Challenge Magazine" - Zeitschrift des Instituts für Wirtschaftsfragen an der Universität New York)

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NÄHEN OHNE RISIKO Der Stolz der modernen Amerikanerin: das selbstgenähte Kleid

( 85 Zeilen, 780 Wörter) WASHINGTON —(Amerika Dienst)— Die Amerikanerinnen waren selbst überrascht, als sie das Ergebnis einer von der amerikanischen Beratungsstelle für Handarbeiten durchgeführ­ ten Untersuchung über die Handarbeits- und Schneiderbetäti­ gung der Frauen in den USA erfuhren. Aber da stand es schwarz auf weiß: Rund 52 Millionen Frauen und Mädchen be­ schäftigen sich regelmäiig mit Näharbeiten, und zwar zu mehr als 50 Prozent nicht nur, um Kleider auszubessern oder Wäsche zu flicken, sondern um sich darüber hinaus auch schöpferisch zu betätigen. Tatsächlich ist das Schneidern in den Verei­ nigten Staaten wieder sehr in Mode gekommen, und der Stand­ punkt, daß ein hausgeschneidertes Kleid zwangsläufig auch "hausbacken" sein müßt«, scheint endgültig überwunden. Ja, die wirklich moderne Amerikanerin setzt ihren Ehrgeiz darein, Komplimente auf ihr "entzückendes neues Kleid" nicht mehr mit dem Namen eines möglichst teueren Modesalons, sondern mit dem Hinweis quittieren zu können, daß sie es selbst angefertigt habe. Die Gründe für diese Entwicklung, die in direktem Gegensatz zu der gerade in Amerika so hoch entwickelten Massenkonfektion steht, sind mannigfaltig: einmal erkannten viele, daß sie trotz niedrigster Konfektionspreise eine ganze Menge Geld sparen können, wenn sie sich ihre Kleider selbst nähen; andere ziehen es vor, in bezug auf Stoffkombinationen und Verarbeitung ihre eigene 'Wahl zu treffen und so ihre persönliche Note zu betonen, die bei Kleidern von dei Stange nun mal schwer zu wahren ist; und schließlich ist es die Freude am Nähen schlechthin, die vitle Frauen dazu veran­ laßt, sich ihre Kleider selbst anzufertigen. Diese plötzlich erwachte - oder besser wiedererwachte - Freude am Schneidern hat gleichzeitig auch die bis dahin ein recht kümmerliches Dasein fristende Schnittmusterindustrie in den Vereinigten Staaten zu neuer Blüte gebracht. In - 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1955 In allen Kaufhäusern liegen Tausende von Schnittmusterbogen mit den neuesten Moden aus, die so ausführliche Anleitungen enthalten und jedes kleinste Detail so genau verzeichnen, daß auch die ungeübteste Näherin sich mit ihrer Hilfe ohne Eisiko an einem neuen Kleid versuchen kann. Jeder Schnitt liegt gleichzeitig in so vielen verschiedenen Größen auf, daß prak­ tisch keinerlei Änderungen für gute Paßformen notwendig sind* Selbst Skizzen über die sparsamste Art des Zuschneidens, ge­ naueste Bezeichnungen von Abnähern und Fältchen, Anleitungen zum Nähen von Knopflöchern und ähnlichen Details sowie schema­ tische Abbildungen der einzelnen Anfertigungsstufen sind in einem solchen Schnittmusterbogen enthalten. Trotz dieser "Schnittmuster ohne Risiko* ziehen es die meisten Frauen, die Interesse am Nähen haben, ^or, zu­ mindest ein Minimum an Nähunterrichtsstunden zu besuchen. Allein im Laufe des Schuljahres 1952/53 nähmen 1,750 Millionen Schülerinnen und 76 000 College-Studentinnen im Rahmen von Hauswirtschaftslehrgängen an abgeschlossenen Nähkursen teil. Aber auch für diejenigen, die keine Gelegenheit haben, im Verlaufe ihrer Schulausbildung Nähunterricht zu erhalten, besteht reichlich Gelegenheit, sich gegen geringe Bezahlung oder sogar völlig kostenlos in die Geheimnisse der Nähkunst einführen zu lassen. Die in nahezu sämtlichen amerikanischen Städten und Gemeinden durchgeführten Programme der Erwachse­ nenerziehung schliessen alljährlich auch eigene Lehrgänge im Nähen unter der Leitung erfahrener Fachkräfte ein. Da­ rüber hinaus veranstalten die verschiedenen Clubs und Organi­ sationen Nähkurse, die sich vom einfachsten Unterricht für Anfänger bis zu den kompliziertesten Spezialausbildungen für Fortgeschrittene erstrecken. Eines der größten derartigen Projekte wird von der Singer-Nähmaschinen-Gesel lschaft durch­ geführt, die "in mehr als 1000 Städten in allen Teilen der USA Schneiderkurse durchführt, an denen jährlich etwa 400 000 Frauen und Mädchen teilnehmen. Der Besuch dieser Kurse ist für die Kunden des Singer-Werkes"frei, gegen eine minimale Ge- büii können..jedoch auch alle anderen Interessenten an den Un­ terrichtsstunden teilnehmen. Aber

- 5 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1953 Aber selbst für die Farmersfrauen, die in ländlicher Abgeschiedenheit leben, ist gesorgt« Mehr als 4000 Angestell­ te des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums besuchen im Auftrag der Eundes- oder Staatsregierung regelmäßig die auf dem Lande wohnenden Familien, um ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Unterweisungen im Nähen gehören dabei ebenso zu ihrem Aufgabengebiet wie Kochunterricht, Beratung in Fragen der Kindererziehung und Anleitungen zur Gestaltung des Heims. Als Ergänzung dieser beratenden Tätigkeit seiner Angestellten finanziert das amerikanische Landwirtschaftsministerium regel­ mäßige Rundfunk- und Fernsehsendungen. So wurde beispielswei­ se eine Fernsehreihe "Kleider für die Familie" allein in sieben amerikanischen Staaten gesendet. Einschlägige Publikationen wie "Muster und Änderungen", "Wie schneidere ich ein Damen­ kleid" oder "Mäntel - daheim geschneidert", die für billiges Geld überall erhältlich sind, ergänzen das Gesehene oder Ge­ hörte in anschaulicher Weise.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bildor: 1) Im Schuljahr 1952/53 nahmen 1,75 Millio­ nen Schülerinnen an abgeschlossenen Näh­ kursen teil. 53-9426 2) Auch richtiges, sparsames Zuschneiden will gelernt sein. 53-9424

6 - "AwühiKA LIEBST" - IÜR DIE FRAU 21. Oktober 1953

FAST 40 MILLIONEN ALLER MENSCHEN SIND FLÜCHTLINGE

( 6b Zeilen, 550 Wörter) VENEDIG — (Amerika Dienst) — Die Leiterin des Amtes für das internationale Flüchtlingswesen im amerikanischen Außen- ministerium, Mrs. Hiram Cole Houghton, nahm als Vertreterin der USA-Flüchtlingshilfe an der Versammlung des zwischenstaat­ lichen Komitees für europäische Flüchtlingsfragen teil, die am 12.Oktober in Venedig begann. In einem einwöchigen großen Gespräch wurden Fragen des Bevölkerungsüberschusses und der Fluchtlingsaufteilung behandelt. Die Versammlung wurde in Anwesenheit von Vertretern von über 20 Regierungen eröffnet. Mrs. Houghton, die schon im ver­ gangenen Jahr an einer Konferenz des Komitees in Genf teilnahm, hatte, um sich durch persönlichen Augenschein ein Bild von der gegenwärtigen Lage zu machen, verschiedene Flüchtlingszentren in Europa aufgesucht und die Situation mit den dafür zustän­ digen lokalen Beamten in Paris, Frankfurt, Bonn, Mehlem, Wien, Wels, Linz, Salzburg, München, Rom, Istanbul und Atfcen be­ sprochen, bevor sie nach Venedig weiterreiste. Den Flüchtlingen, die Mrs. Houghton in ihren über Europa verstreuten Lagern besuchte, hatte sie eine Botschaft von Präsident Eisenhower zu überbringen, in der es hieß» "Ich glaube, daß alle Welt sich die Flüchtlingsfürsorge zu einem besonderen Anliegen machen sollte, und ich bin glück­ lich zu wissen, daß die Vereinigten Staaten bereits einen gro­ ßen Beitrag zur Bewältigung dieser Aufgabe geleistet haben. Ich weiß, daß die Unterstützung des amerikanischen Volkes in Form von Geschenken, Steuern und anderen Mitteln nicht nur eine äußerliche Geste ist, sondern daß der Wille zu helfen aus dem Herzen kommt. Ich weiß ferner, daß die wahre Lösung des Problems nicht allein in der materiellen Unterstützung liegt. Diejenigen, die die Flucht in die freie Welt antraten, sollten in dieser wo­ möglich einen legalen Status erhalten, das Recht auf Arbeit und auf Zusammenarbeit, das Recht, sich frei zu bewegen und die Möglichekit, sich eine persönliche wirtschaftliche Sicher­ heit zu verschaffen, die anstelle der karitativen Hilfe­ leistang treten soll. Daß die Menschheit eines Tages frei sei von der Waffen­ bürde, von der Furcht vor Unterdrückung, daß für keinen mehr die Notwendigkeit bestehe, zu fliehen, daß es darum keine

- 7 - "AFRIKA DIENST" - FÜR LIE FRAU 21. Oktober 1953 keine Flüchtlinge mehr gebe und alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können, ist das unentwegte Ziel der Vereinigten Staaten."

Mrs. Houghton erklärte vor Pressevertretern, daß das von ihr geleitete Amt Sammel- und Ausgangspunkt der amerikanischen Hilfe für die fast 40 Millionen Flüchtlinge der Welt ist. Sie berichtete weiter, daß über 60 private freiwillige Hilfsor­ ganisationen, die sich dem freiwilligen Hilfskorps ihres Amtes angeschlossen haben, im letzten Jahr mehr als 85 Millionen Dollar für Flüchtlingshilfe in 75 Ländern gespendet haben. Mrs. Houghton besitzt Erfahrung in der schwierigen Auf­ gabe der Verteilung von Geld und Hilfsmitteln. In den Jahren 1950 bis 52 fungierte sie als Präsidentin der "Vereinigung amerikanischer Frauenklubs", die in dieser Zeit 25 000 Dollar für Nahrungsmittel und Kleidung für notleidende Koreaner ge­ sammelt, den deutschen Jugendzentren fast 30 000 Pfund Material geschickt und 60 000 Dollar für Stipendien und Studierende in 36 Ländern ausgegeben hat. Zu den Aufgaben ihres Amtes, das mit der Ausführung des Flüchtlingsprogramms der Vereinigten Staaten betraut ist, zählt vor allem auch die Betreuung von über 20 000 Flücht­ lingen Westeuropas. In den letzten Monaten hat - j das Amt 6 000 Flüchtlingen ermöglicht, aus Europa auszuwandern und sich in Australien, Neu-Seeland und Nord- und Südamerika eine neue Heimat zu gründen.

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DIE GANZE STADT IST MITGLIED

Der "Gountry Club" von Dearborn (95 Zeilen, 850 Wörter) DEARBORN, Mich. — (Amerika Dienst) — Seit fünf Jahren gibt es in der Stadt Dearborn im Staate Michigan einen "Country Club", der auf einem fast 210 Hektar großen Stück Land von schattigen liegewiesen eingerahmte Freibäder, vorbildlich ange­ legte Picknick-Plätze, Sport- und Spielplätze, kurz alles das - 8 - "AiviEhlKA DIENST" - FJfi DIE FRAU 21. Oktober 1953 das vereinigt, was geplagten, luft- und sonnendurstigen Stadt­ menschen Erholung und Entspannung bietet. Das wäre an sich nichts sonderlich Bemerkenswertes, denn fast jede amerikanische Stadt oder Gerneinde verfügt über derartige "Erholungszentren", die von den verschiedensten Clubs oder Organisationen einge­ richtet und instandgehalten werden und die den jeweiligen Mit­ gliedern dieser Interessengemeinschaften auf Grund ihrer Bei­ träge jederzeit offenstehen. Was aber den "Country Club" von Dearborn zu einer in ihrer Art einzig dastehenden Institution macht, ist die Tatsache, daß sämtliche 115 000 Einwohner der Stadt ihm angehören. Und entsprechend diesem Umstand sind sämtliche Einrichtungen und Anlagen dieses großzügigen Projek­ tes nicht wie üblich auf die spezifischen Interessen einer be­ stimmten kleineren Gruppe abgestimmt, sondern so gehalten, daß wirklich jeder das findet, was er für seine Erholung sacht und braucht. Dabei - und das ist ein weiterer höchst bemerkens­ werter Punkt - stehen sämtliche Einrichtungen des Clubs, von den großen Parkplätzen über die Liegestühle, Sonnenschirme, Ruderboote, Turngeräte und Picknick-Feuerstellen bis zu den Um­ kleidekabinen jedermann kostenlos zur Verfügung. Die Anregung zur Errichtung eines solchen "Clubs der Bür­ ger für die Bürger" hatte eigentlich ein kleiner Junge gegeben. Und das kam so: Orville L. Hubbard, der derzeitige Bürger­ meister von Dearborn, hatte vor nunmehr 13 Jahren seinen Sohn Jim in ein Ferienlager der Boy Scouts geschickt. Die begeister­ ten Berichte, die Jim seinem Vater von diesem Lagerleben gab, veranlaßten Mr. Hubbard, sich selbst einmal an Ort und Stelle von der Berechtigung dieses jugendlichen Enthusiasmus zu über­ zeugen. Und hier wurde im Gespräch mit den Jungen und ihren Lagerführern unter anderem auch die Frage aufgeworfen, ob es nicht möglich sei, auch in unmittelbarer Nähe der Stadt Dear­ born ein eigenes Lager zu errichten. Aber nicht nur für sich selbst forderten die lagerbegeisterten Jungen die Durchführung eines solchen Projektes, alle anderen, auch die Erwachsenen sollten sich daran beteiligen. Der Gedanke schien nicht abwegig, und Mr. Hubbard versprach beim Abschied, sein Möglichstes zu tun, um diese Idee in die Wirklichkeit umzusetzen. Als er jedoch zwei Jahre später zum . 9 - "AFRIKA LIENST" - FÜR Life iRAU 21. Oktober 1953 zum Bürgermeister gewählt wurde, gab es für ihn zunächst vor­ dringlichere Aufgaben zu lösen als diese. Man schrieb das Jahr 1942, und die durch den Krieg entstandenen Probleme drängten alle derartigen Unternehmungen in den Hintergrund. Aber ver­ gessen hatte Mr. Hubbard sein Versprechen nicht, und als der Krieg beendet war, begann er systematisch die notwendigen Vorar­ beiten einzuleiten» Ganz leicht war es für ihn nicht, denn es fanden sich viele, die sein Vorhaben als undurchführbar, un­ nütz oder unangebracht ablehnten. Schließlich aber waren auch diese Widerstände gebrochen-und eine eigens für diesen Zweck zusammengestellte Kommission führte eine umfassende Untersu­ chung der Gegebenheiten und Möglichkeiten zur Schaffung eines solchen Projektes "zur Förderung der Gesundheit der Bürger­ schaft der Stadt im allgemeinen, und der heranwachsenden Jugend im besonderen" durch. Ein geeigneter Platz zur Errichtung des Erholungslagers war bald gefunden. Etwa 56 km von der Stadt entfernt gab es ein Stück Land, das mit seinen Seen, Quellen, Flüssen und Wäldern allen Voraussetzungen in wahrhaft idealer Weise entsprach. Am 15.Oktober 1947 gab der Stadtrat schließlich seine Zustimmung, und das etwa 96 Hektar umfassende Gelände wurde von der Stadt zum Ausbau eines Erholungslagers erworben. Der Zustrom der Städter, die mit Kind und Kegel übers Wochenende in "ihr Lager" zogen oder sogar ihren ganzen Urlaub dort ver­ brachten, war so groß, daß das Gelände bald erweitert werden mußte. Bis heute hat sich das dem "Country Club" gehörende Land mehr als verdoppelt. Ungefähr die Hälfte des Bodens wurde von der Stadt käuflich erworben, den Rest tauschte die Stadt ein, indem sie den ursprünglichen Eesitzern aus Gemein­ debesitz stammende gleichwertige Grundstücke zur Verfügung stellte. Ein etwa 40 Hektar großes Stück Land wurde in seiner "natürlichen Wildnis" der Jugend als spezielles Lagergelände überlassen. Ein kleineres Stück erhielten die Erwachsenen als

- 10 - "AdiSKIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1953 als "Übernachtungsplatz". Das der Jugend zur Verfügung gestellte Gelände ist den ganzen Sommer über iietne richtige Zeltstadt verwandelt, in der allen Jugendlichen der Stadt zwei Wochen lang kosten­ loser Aufenthalt geboten wird; lediglich die persönlichen Ausgaben müssen von den einzelnen Lagerinsassen getragen werden. Erfahrene Lehrkräfte übernehmen für diese Zeit die Leitung des Lagers. Darüber hinaus ist speziell für die Dearborner Jugend während der Sommermonate ein eigener Bus eingesetzt, der jeden Tag durchschnittlich 175 Jungen und Mädchen aus der Stadt ?m Morgen ins Camp fährt und sie abends wieder daheim abliefert. Natürlich sind die Bürger von Dearborn auf ihren Club besonders stolz, und kaum einer ist unter ihnen, der diesem Stolz nicht durch ein eigenes "Country-Camp-Fähnchen" am Auto auch nach fcußen hin Ausdruck verleiht.

ACHTUNG REDAKTION 1 Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder: 1) Mehr als 100 Boote sind an den Ufern des Sees festgemacht? sie können kosten­ los von jedem benutzt werden, der Lust zu einer Bootsfahrt hat. 2) Mitten im See ragen drei baumbewachsene Inseln auf, die in idyllische Picknick- Plätze umgewandelt wurden. 3) Riesige Liegewiesen dehnen sich an den Ufern des Sees aus.

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"AMERIKA DIENST« - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1953

DAS KLEINE PORTRÄT (XV) CAROLINE DAVIS, EINE AMERIKANISCHE GEWERKSCHAFTS­ FUNKTIONÄR IN ( 85 Zeilen, 760 Wörter) DETROIT —(Amerika Dienst) — Caroline Davis, Leiterin des Frauenreferats der Vereinigten Automobilarbeiter-Gewerk­ schaften in Detroit, wurde von ihren Mitarbeitern als "klein genug, um in einer Teetasse Platz zu finden", aber auch als "zäh genug, um noch weiterzuarbeiten, wenn selbst starke Männer unter der Arbeitslast zusammengebrochen sind", bezeich­ net. Der Aktionsradius ihres Aufgabengebiets geht schon aus dem recht eindrucksvollen Titel ihrer Gewerkschaft hervor. Er lautet« Vereinigte Automobil-, Flugzeug- und Landmaschi- nenarbeiter-Gewerkschaft, die dem CIO angeschlossen ist. Als allamerikanische Gewerkschaft wurde sie vor 17 Jahren gegrün­ det, zählt heute 948 000 Mitglieder, von denen mehr als 150 000 Frauen sind. Über 700 Frauen sind als Funktionä­ rinnen in Ortsgruppen tätig. Das Frauenreferat hat die Aufgabe, einmal die Aktivität der Frauen in ihren Ortsgewerkschaften anzuregen und zum anderen alle Fälle einer Diskriminierung von Frauen zu bear­ beiten. Hierunter fallen gleicher Lohn für gleiche Arbeits­ leistungen, Senioritätsrecht, Einhaltung der Mutterschutzge­ setze und Bearbeitung von Rechtsansprüchen der Frau auf gleiche Ausbildungs- und Fortbildungsmögiichkeittn. Das Frauenreferat führt Arbeitsstudien durch, arbeitet mit den Betriebsausschüs­ sen zusammen und verhandelt mit den Betriebsleitungen. In diesen Jahren wurden die getrennten Senioritätslisten für Män­ ner und Frauen abgeschafft und alle Vertragsklauseln aufgeho­ ben, die eine Diskriminierung für die verheiratete Frau bedeuteten. So entdeckte Mrs. Davis einmal bei einem Fortbildungs­ kursus im Mittelwesten, als einige der anwesenden Frauen berichteten, daß sie für die gleiche Arbeitsleistung nicht die gleiche Bezahlung erhielten wie ihre männlichen Mitarbeiter»daj

- 12 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIL FRAU 21. Oktober 1953 daß es mehreren hundert anderen Frauen ebenso erging, obgleich der Vertrag mit dem Unternehmer eine Klausel enthielt, die der Frau für gleiche Arbeit gleiche Bezahlung garantierte. Die An­ gelegenheit wurde dem Beschwerdeaisschuß der Ortsgruppe vorge­ tragen. Gewerkschaft und Unternehmer wandten sich daraufhin an einen Professor der nahegelegenen Universität und baxen ihn um den Schiedsspruch. Ergebnis: die Frauen erhielten eine Nach­ zahlung von insgesamt 155 000 Dollar. Neben ihren Bemühungen, die arbeitsrechtliche Diskriminie­ rung der Frau zu verhindern, hält Frau Davis Versammlungen ab, um einem möglichst großen Kreis von Frauen die Ziele der Ge­ werkschaft zu erläutern.und" die Zusammenarbeit in der Gemeinde auf allen Gebieten zu fördern. N^eben der Leitung des Frauen­ referats der Vereinigten Automobilarbeitergewerkschaft gehört Mrs . Davis dem Beratungsausschuß für den weiblichen Arbeits­ einsatz für Verteidigungszwecke im US-Arbeitsministerium an, eine Tätigkeit, die die vielbeschäftigte Frau einmal im Monat nach Washington führt. Dieser Beratungsausschuß befaßt sich mit Fragen, die besonders die arbtitende Frau interessieren, wie die Lösung des Wohnungsproblems, die Schaffung von Kindergärten und Jugendhorten, von Pflegerinnenschulen und die ausreichende Sicherheit am Arbeitsplatz. Als Tochter eines Bergarbeiters aus Kentucky ist Caroline Davis mit den Problemen der Arbeiterschaft von Kindheit an ver­ traut. Sie hat selbst vierzehn Jahre lang in einem Werk in "£lkhart (Indiana) gearbeitet, wo Autoteile hergestellt wurden. Obgleich sie nur 92 Pfund wiegt und sehr weiblich aussieht, war sie doch als Fräserin, Stanzerin, Spritzerin, Montiererin und Glaserin - sie hatte als solche die Metallrahmen um die Glasfenster der Autos zu setzen - tätig. 1941 wurde das Werk gewerkschaftlich organisiert und eine Ortsgruppe der Autoarbeiter gegründet. Man wählte Caroline zur Vertreterin der Arbeiterschaft in den Verhandlungsaus­ schuß, der die Tarif- und Arbeitsverträge ausarbeitete und der Betriebsleitung gegenüber die Interesseh der Arbeiterschaft wahrnahm. Wie gut sie ihre Arbeit verstand, geht aus der

- 13 - "AMERIKA DIENST*1 - FÜR DIE FRAU 21. Oktober 1955 der Tatsache hervor, daß die Ortsgruppe, deren Mitglieder zu 90 Prozent Männer waren, Mrs. Davis acht Jahre lang auf ihrem Posten beließ. Sie wurde später als erste Frau in der Ge­ schichte der Autoarbeiter-Gewerkschaft Vorsitzende einer Orts­ gruppe. Walter Reuther, der jetzige Vorsitzende des CIO, ernannte sie 1948 zur Leiterin des Frauenreferats der Gewerkschaft. Da­ mals war Walter Reuther noch Vorsitzender der Automobilarbeiter­ gewerkschaft, die Leitung des CIO übernahm er erst nach dem Tode Philip Murrays im Jahre 1952. Caroline Davis' Gatte, Herschel Davis, ist ebenfalls Ge­ werkschaftsführer und bekleidete als solcher das Amt des stell­ vertretenden Beauftragten John ff« Livingstones, eines der bei­ den stellvertretenden Vorsitzenden der Automobilarbeiter­ gewerkschaft.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgendes Porträt:

Daroline Davis, die charmante und kluge Leiterin des Frauenreferats der Vereinigten Automobilarbeiter- gtwerkschaft »

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- 14 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953

DIE FRAU IM PARADIES DEK SOWJETS Zu der neuen amerikanischen Broschüre "Spannungen innerhalb d'er UdSSR"

( 95 Zeilen, 855 Wörter) WASHINGTON —(Amerika Dienst)— Die Stellung der Frau in der Sowjetunion entspricht keineswegs dem glorreichen Bild, das die offizielle sowjetische Propaganda der Welt vorzugau­ keln versucht. Die vielgerühmte "Gleichberechtigung der Ge­ schlechter" ist eine Gleichberechtigung, die der Frau von "oben" her auferlegt wird und lediglich in einer zusätzlichen sozialen Bürde besteht, die weder der Frau noch der Gesell­ schaft zum Segen gereicht. Zu diesem Schluß kommen die Ruß­ landexperten der US-Kongreßbibliothek, die kürzlich im Auf­ trag des Außenpolitischen Senatsausschusses der USA nach authentischen sowjetischen Berichten die Broschüre "Span­ nungen innerhalb der UdSSR" veröffentlicht haben. Die Broschüre stellt fest, daß die Diskriminierung der russischen Frau bereits im frühen Schulalter beginnt* Seit dem letzten Weltkrieg werden die Jungen und Mädchen in ge­ trennten Schulen nach einem System unterrichtet, das die Buben zum "Kämpfer" heranbildet und die Mädchen auf ihre spätere Aufgabe, "Streiter für die kommunistische Idee zu gebären und zu erziehen'} vorbereitet. Von seiten der Eltern­ schaft wurde die Koedukation vielfach gefordert - nach einer Umfrage der Literaturnaja Gazeta von 1950 waren es 98 Pro­ zent, die für die Gemeinschaftsschule plädierten - , die sowjetische Regierung lehnte jedoch ab "im Interesse einer glücklichen sowjetischen Mutterschaft". Ihre größte Chance der Gleichberechtigung findet die russische Frau immer dann, wenn irgendwo schwere körperliche Arbeiten zu verrichten sind. Der Rußlandsachverständige der Harvard-Universität, Alex Inkeles, erklärt dazu, daß sich die- B< Situation seit dem letzten Kriege, wo die Frauen nech sta­ tistischen Aufzeichnungen der Sowjets im Jahre 1941 beispiels­ weise 17 Prozent der Schauerleute und 6 Prozent der Schiffs­ heizer stellten, nur wenig geändert habe. Die ••AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953 Die amerikanische Journalistin Jane Mcllvaine, die zu den wenigen Journalisten gehört, denen in diesem Jahre ein Eesuch der UdSSR genehmigt worden war, erzählte, daß sie in den Stalin-Automobilwerken, einem staatlichen Musterbetrieb, den man gerne zeigt, an den Hochöfen und Gesenkschmieden mehr Frauen als Männer gesehen habe, und soweit sie es beurteilen könne, sei die Straßenreinigung Moskaus ausschließlich Sache der Frauen. Managerposten und verantwortliche Stellungen im öffent­ lichen /erwaltungsdienst indessen sind den Frauen der Sowjet­ union nicht ohne weiteres zugänglich. So schrieb 1951 das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei von Kasakstan, daß man in den Ministerien, den staatlichen Organisationen und Unternehmen Frauen nicht gerne in verantwortlichen Stellungen sehe. In der offiziösen "Iswestija* vom 29. Juni 1950 steht zu lesen, daß von den 690 Vorsitzenden der Dorf-Sowjets in Armenien nur 35 Frauen seien und in den Ausschüssen der Kirgisenbezirke nicht eine einzige Frau vertreten sei. Der tituen amerikanischen Broschüre ist ferner zu entnehmen, daß einflußreiche Stellungen innerhalb des Parteiapparats, der Regierung und der Nationalökonomie niemals mit Frauen besetzt werden. Auch dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei, dem Ministerrat der Sowjets oder dem diplomatischen Korps gehört keine Frau an. Noch 1952 berichten die Statistiken der UdSSR, daß die medizinischen und juristischen Fakultäten nur eine beschränkte Anzahl von Frauen zum Studium zulassen und daß beispielsweise Tadschikistan, im sowjetischen Asien, Frauen nicht nur vom Besuch der Hochschule, sondern auch vom Besuch einer Oberschule ausschließt. "Selbst die Frauen hochgestellter sowjetischer Kreise sind ein Opfer der Diskriminierung", schreibt der sowjetische Künstler Juri Jelagin in einem 1951 erschienenen Buch. •'Keiner von uns hat je gesehen, dau ein Mitglied des Polit­ büros seine Frau mit ins Theater, zu einem Bankett oder zu einem offiziellen Empfang mitgebracht hat. Wir wußten nicht

- 2 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953 nicht einmal, wer von ihnen verheiratet war und wo ihre Frauen lebten". Die sowjetische Propaganda über das angebliche "Paradies der Frauen" ist voller Widersprüche, die mitunter geradezu von einem grimmen Humor erfüllt sind. So lobt beispielsweise das Organ der Kommunistischen Jugend, die "Komsomolskaja Prawda", einmal die Arbeit von russischen Mädchen, die in zehnstündiger täglicher Arbeit in Nordkarelien bei einer Temperatur von minus 40 Grad Holz fällten, während Alexei Pawlow vor dem Forum der Vereinten Nationen versichert, daß man der sowjetischen Frau, die keine Haushaltsfron im Sinne der westlichen kapitalistisch-bürgerlichen Staaten kenne, die­ se Arbeit nicht zumuten könne und mm ihr deshalb nicht ge­ statte, ihrem ausländischen Ehemann in die Fremde zu fol­ gen. Senator Wiley von Wisconsin, Vorsitzender des Außen­ politischen Senats-Ausschusses der USA, schrieb das Vorwort zu dieser Rußlandbroschüre. Er nimmt Bezug auf die tiefe Kluft, die zwischen den Machthabers im Kreml und der Bevölke­ rung Rußlands besteht, und weist darauf hin, daß der ärgste Feirfi des russischen Volkes sein eigenes totalitäres Regime und sein wirklich treuer Verbündeter die freie Welt sei. Der Senator schließt mit den Worten: "Ich wünsche, daß diese Botschaft den Eisernen Vorhang durchdringen möge, daß die Russen kein vergessenes und kein verlassenes Volk sind. Wir wissen, sie sind wie wir menschliche leeen und haben als sol­ che ein Anrecht auf Freiheit und unabhängiges Dasein."

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- 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953

FRAU KONSUL IN AMERIKA Dr. Margarete Sztollar-Groewel übernimmt das deutsche Konsulat in Houston, Texas

( 50 Zeilen, 450 Wörter) HOUSTON, TEXAS — (Amerika Dienst) — Dr. Margarete Sztollar- Groewel, die als erste Frau Westdeutschlands mit dem Posten eines Konsuls in den USA betraut wurde, traf kürzlich in Begleitung ihres Gatten, Maximilian Sztollar, und ihrer Schwester, Franziska Groewel, in Houston (Texas) ein. Bis zur Eröffnung des Konsula­ tes in der zweiten Hälfte des November wird Dr. Sztollar-Groewel im Rice-Hotel wohnen und die Tage bis zu ihrem Amtsantritt dazu benutzen, sich mit ihrem künftigen Wirkungsbereich vertraut zu machen. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem Gebiet der Wirt- • schaft und der Industrie, denn die Förderung der Handelsbeziehun­ gen zwischen Westdeutschland und dem amerikanischen Südwesten ist eines der Hauptziele, das sich die neue Vertreterin Deutsch­ lands in Texas gestellt hat. Wirtschaftliche Gesichtspunkte waren es auch gewesen, die den Ausschlag bei der Entscheidung darüber gegeben hatten, welche der drei Städte Houston, Denver und Dallas zum Sitz des neuen deutschen Konsulats gemacht werden sollte. Houston hatte als Hafenstadt und wichtiger Umschlagplatz für Baumwolle die Wahl für sich entschieden. Dr. Sztollar-Groewel,eine gebürtige Hamburgerin, hat sich seit jeher sehr für Wirtschaft interessiert, obwohl ihr eigent­ liches Fachgebiet auf einer völlig anderen Ebene lag. Nach Ab­ solvierung ihres ethnologischen Studiums an der Hamburger Univer­ sität unterrichtete sie mehrere Jahre an einer Hamburger Ober­ schule. Diese Lehrtätigkeit erfuhr ein jähes Ende, als sie 1944 verhaftet und schließlich in das Konzentrationslager von Fuhlsbüttel eingeliefert wurde. Nach dem Kriege beteiligte sie sich sofort aktiv am Aufbau der CDU und wurde als eine der ersten Frauen in den deutschen Bundestag gewählt. 1950 wurde sie schließ­ lich in den Bundesausschuß der CDU berufen. Trotz ihrer wirklich bemerkenswerten Laufbahn ist Dr.Margarete Sztollar-Groewel eigentlich durchaus nicht das, was man sich unter dem Typ einer "Karriere machenden Frau" vorstellt. Eher scheu und zurückhaltend, haßt sie alles, was mit persönlicher - 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953 persönlicher "publicity" zusammenhängt. Das heißt freilich nicht, daß sie die Öffentlichkeit scheut - im Gegenteil, bei Interviews und Anfragen ist sie mit wahrhaft bewunderungswürdiger Geduld stets bereit, auf alle Fragen zu antworten und Auskünfte zu er­ teilen. Aber: "Frauen sollten nie vergessen, daß sie Frauen sind, auch dann nicht, wenn sie im öffentlichen Leben stehen", lautet der Grundsatz, den sie immer wieder vertritt und nach dem sie selbst ihr Leben und ihren Beruf gestaltet. "Gerade im diploma­ tischen Dienst ist kein Platz mehr für den veralteten Typ der Suffragette", erklärt sie. "Die Frauen haben für ihre Rechte ge­ kämpft und ihr Ziel in den Jahren um die Jahrhundertwende erreicht. Heute ist es ihre Pflicht, alles zu tun, um zu beweisen, daß sie ihre gewonnenen Rechte auch wirklich verdienen." Dr. Margarete Groewel sprach in diesem Zusammenhang den Amerikanerinnen ihre größte Hochachtung aus. "Die amerikanische Frau im öffentlichen Leben ist ausgesprochen modern, ohne dabei etwas von ihrer Weiblichkeit einzubüßen", so erklärte sie. "Diese Tatsache spiegelt sich nicht zuletzt in ihrer Kleidung und in ihrer gesamten äußeren Erscheinung wider."

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- 5 - "AFRIKA DIENST" - füH DIE 1RAU 4. November 1953

BURMESISCHE PERLMUTTARBEIT UND ESKIMO-FlGuREN Die internationale Geschenkzentrale der UN (60 Zeilen, 540 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Menschen, die viel in der Welt herumgekommen sind, erkennt man oft an den Dingen, mit denen sie ihre Wohnung einrichten. Eine Vase aus der Ming- oder Han-Dynastie, ein paar.tibetanische Masken, ein aus in­ dischem Elfenbein geschnitzter Buddha, eine Kette aus afrika­ nischen Löwenzähnen, oder ein peruanisches Totem - das alles sind Dinge, mit denen sich Weltreisende mit Vorliebe umgeben. Denn abgesehen von dem realen Yv'ert, den sie besitzen, sind es daneben die mit ihnen verknüpften Erinnerun£en, die von ihnen ausgestrahlte Atmosphäre einer fremden Welt, die diese Gegen­ stände kostbar machen. Aus dieser Erkenntnis heraus haben eini­ ge UN-Angestellte in gemeinsamen Anstrengungen im Hauptquartier der Vereinten Nationen einen Geschenkladen für handwerkliche und kulturelle Kunstgegenstände aus beinahe 60 Ländern eröffnet, der auf begeisterte Zustimmung stieß. "Der Erfolg hat unsere Erwartungen weit übertroffen," er­ zählte Mrs. Dean, die Direktorin der Kunsthandlung. "Die täg­ liche Besucher- und Kundenzahl geht in die Hunderte, und unser Geschäft ist bereits ein starker Anziehungspunkt für Touristen geworden." Diese internationale Geschenkzentrale dient nach den Er­ klärungen Mrs. Deans, die sich früher selbst auf künstlerischem Gebiet, als Bildhauerin und Graphikerin, aber auch als Kunst­ sachverständige im Handel, betätigt hat, zweierlei Zielen: einmal soll sie die Völker einander näherbringen, indem sie die Schöpfungen des künstlerischen und kulturellen Lebens der ver­ schiedenen Länder der gesamten Welt vor Augen führt, zum ande­ ren soll sie das Kunstschaffen, das Handwerk und den Handel der Welt beleben. Ms die Handlung im Vorjahr eröffnet wurde, erboten sich die Delegationen der verschiedenen Nationen, Verbindungen mit den Erzeugern der für ihr Land besonders typischen handwerk­ lichen Produkte und Kunsterzeugnisse herzustellen, wodurch der verteuernde Zwischenhandel ausgeschaltet wurde und die Gegen­ stände zu günstigen Preisen erhältlich sind. Das UN-Personal, •'AmEhlKA DIENST" - FÜR DIE iRAU 4. November 1953 Personal, das vom Heimaturlaub zurückkommt, hat gewöhnlich neue Vorschläge für die Einführung weiterer attraktiver Arti­ kel zu machen, die sie eben in ihrer Heimat entdeckt haben. Gelegentlich ist es der Geschenkzentrale auch gelungen, neue Märkte für Produkte zu öffnen, die nie zuvor auf dem interna­ tionalen Markt gehandelt wurden. Zu den gängigsten Verkaufsstücken der Geschenkhandlung ge­ hören golddurchwirkte Umhangtücher aus Indien, die, über dem A'endkleid getragen, sehr dekorativ wirken, Silberschmuck aus Peru und Mexiko, Glasgegenstände aus Schweden und Italien, Eingeborenen-Ohrringe und Holzbestecke aus Nigeria und Tanga- nyika sowie Skulpturen der Eskimos aus grünem, grauem oder ,\eißem, perlmuttartig schimmerndem Seifenstein. Zuweilen kommt es vor, daß Käufer selbst Vorschläge für die Einführung neuer Artikel machen. Französische, italienische und israelische Keramiker fertigen heute auf eine solche Anre­ gung hin T*lsch-Kacheln an, die häufig als Wanddekoration ge­ kauft wurden, so daß man schließlich dazu überging, in England und SKandinavien Holzrahmen zu bestellen, die die Kacheln auch für diesen Zweck geeignet machen« Die Geschäftsführung der Geschenk-Zentrale hofft bald mit dauernden Ausstellungen aus dem Kunstschaffen der verschiede­ nen Länder aufwarten zu können. Bilder der Künstler bei der Arbeit und Erläuterungen der Legenden, die sich an die Gegen­ stände knüpfen, sollen dem Käufer eine Vorstellung von den Orten und Menschen vermitteln, die diese Dinge geschaffen haben.

ACHTUNG HEDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AFRIKA DIENST kostenlos folgendes Bild: Mrs Mary T. Dean (Mitte) führt zwei Kun­ dinnen einige der ungewöhnlichen Artikel vor, die hier zum Verkauf ausgestellt sind. (53-11 115)

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- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953

SPECK BRÄT IN 30 SEKUNDEN Küchenherde mit Infrarotstrahlern

( 45 Zeilen, 405 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — In den USA werden jetzt Küchenherde mit eingebauten Infrarotlampen als Heizkörper in Serienfabrikation hergestellt. Die 1550 Watt-Lampe mit ihrem Goldreflektor ist das Ergebnis dreijähriger gemeinsamer Forschung von Ingenieuren der Sylvania Electric Products Inc., den Corning Glass Woiks und Herdbau­ sachverständigen. Sie ist das Kernstück des Infrarot-Heiz­ aggregats und besteht aus der in einem Metallreflektor montier­ ten Infrarotbirne mit rotem Deckglas. Glashülle und Deckplatte sind aus Vycor-Spezialglas hergestellt, das auch bei extremen Temperaturschwankungen nicht springt. Diese neue elektrische Kochplatte hat den Vorteil, daß sie beim Einschalten sofort die volle Hitze entwickelt und auf jede beliebige Kochtemperatur eingestellt werden kann. Im Gegensatz zu den üblichen Kochstellen, in denen Drahtspiralen die Lei­ tungswärme auf das Geschirr übertragen, strahlt die Birne di­ rekt auf das Kochgefäß durch den Glasdeckel, der unwirksame Lichtstrahlen zurückhält und nur Infrarotstrahlen durchläßt. Die Anordnung der Glühfäden in der Lampe und die Foim des goldbelegten Reflektors gewährleisten eine völlig gleichmäßige Hitze über die gesamte Heizfläche. Da es sich um Wärmestrah­ lung handelt, werden die Kochgefäße - selbst bei unebenen Boden - gleichmäßig erhitzt. Die Infrarotanlage kommt rascher auf Kochtemperatur als jede derzeit im Handel befindliche Widerstandsheizung für Elektroherde. Gekühlte Butter beginnt in 15 Sekunden zu schmelzen, Speck in 30 Sekunden anzubraten, Eier sind 2 Minu­ ten nach dem Einschalten gekocht, und Tiefkühlgemüse siedet in drei Minuten. Die Glashülle der Lampe wie auch das durchscheinende Deck­ glas halten Temperaturen bis zu rund 1500 C aus. Bei Ver­ suchen in den Sylvania-Laboratorien wurde Blei auf dem Heiz-

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Heizkörper geschmolzen, ohne daß das Glas darunter gelitten hätte. Eiswasser über eine vollangeheizte Lampe gegossen, brachte das Glas nicht zum Springen. Zur Zeit wird für die Lampe eine einjährige Garantie geleistet, doch haben Ab­ nützungstests ergeben, daß sie bei normaler Haushaltverwen­ dung viele Jehre ihren Dienst versieht. Die Erneuerungs­ kosten des Heizaggregats entsprechen denen für normale Heiz­ spiralen, die eine ähnliche Lebensdauer besitzen. Die Intensität des Rotlichts der Lampe wechselt mit der Temperatur, so daß die Köchin sofort sieht, ob die Heizung eingeschaltet ist und die gewünschte Kochhitze hat. Das rote Licht ist gleichzeitig Warnsignal für die Hausfrau und neugierige Kinder.

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ERGEBNIS EINER DREIJÄHRIGEN HONIGSTUDIE

( 30 Zeilen, 270 Wörter) KANSAS CITY — (Amerika Dienst) — "Brot, Kuchen und alle anderen Arten von Gebäck geraten besser, wenn ein Teil der im Rezept angegebenen Zuckermenge durch Honig ersetzt wird", er­ klärten Nahrungsmittelspezialisten, die im Auftrag des amerika­ nischen Landwirtschaftministeriums eine grundlegende "Honigstudie" durchgeführt haben. In dreijähriger Forschungsarbeit in der land­ wirtschaftlichen Versuchsanstalt von Kansas haben sie nicht nur festgestellt, welche Art von Blütenhonig am gesündesten und be­ kömmlichsten ist, sondern auch die richtigen Mengen ausgetüftelt, die bei der Zubereitung der verschiedenen Gebäckarten in Frage kommen. Honig, so erklärten die Wissenschaftler, verbessert die Farbe und steigert das Aroma des Gebäcks, macht es locker und flaumig und erhält es lange saftig. Da man bisher annahm, daß i natlu Hoher Süßstoff variable Eigenschaften besitze, die sich nachteilig auf die Ein­ heitlichkeit gewisser Bäckereierzeugnisse auswirken könnten,hatte man sich davor gescheut, ihn in der kommerziellen Herstellung von Kuchen und Gebäck zu verwenden. Die Untersuchungen haben jedoch gezeigt, daß lediglich Farbe und Aroma des Honigs eine gewisse Abweichung von der verlangten Norm verursachen können. Um auch die­ se Gefahr auszuschalten, haben die amerikanischen Honigexperten eine Spezifizierung der einzelnen Honigsorten vorgenommen, indem sie durch Experimente feststellten, welcher Honig für die verschie­ denen Arten von Gebäck am besten geeignet ist. Das bemerkenswerte Interesse, das das amerikanische Landwirt­ schaftsministerium für dieses etwas abwegige Gebiet an den Tag legt, bezieht sich freilich weniger auf den Honig selbst als viel­ mehr auf seine Erzeugerin, die Honigbiene, die als Überträgerin des Blütenstaubs eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft spielt. Das Interesse der Bevölkerung an der Imkerei durch eine Erweiterung der damit verbundenen kommerziellen Möglichkeiten zu steigern war daher der eigentliche Zweck dieser immerhin recht aufschlußreichen Untersuchungen.

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- 10 - "A..XERIÄA DIENST" - FÜR DIE FRAU 4. November 1953

ERSTE AiiERIKANERIN ERHÄLT GROSSES VERDIENSTKREUZ DER BUNDESREPUBLIK

(16 Zeilen, 100 Wörter)

'AASHINGTON — (Amerika Dienst) — Als erste Amerikanerin wird Miss Helen G. Irwin, die Präsidentin des über 165 000 Mitglieder zählenden Verbandes der berufstätigen Frauen in den USA, das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik in Anerkennung ihrer Bemühungen um die deutsche Frauen- und Jugendarbeit erhalten. Die Übergabe der Auszeichnung wird der deutsche Geschäftsträger in den USA, Botschafter Dr. Heinz Krekeler, vornehmen. Der von Miss Irwin geleitete Verband hat seit 1949 rund 250 deutsche Frauen nach den USA eingeladen oder ihnen bei ihren Besuchsreisen in den Vereinigten Staaten geholfen. Der Verband hat ferner deutsche Jugendheime, für Sowjetzonenflüchtlinge mit zahlreichen Spenden unterstützt. Miss Irwin, die eine leitende Stellung in einem Ver­ sicherungsunternehmen in Des Moines im Staate Iowa beklei­ det, war selbst noch nie in Deutschland.

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- 11 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953

"AN UNSERER TÜRSCHWELLE FORMT SICH DIE DEMOKRATIE" Nachbarschaftsheime IM New York City

( 73 Zeilen, 660 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Gegen E/nde des 19. Jahr­ hunderts kamen große Scharen von Einwanderern nach den Ver­ einigten Staaten, von denen sich viele in New York, dem wich­ tigsten Industrie- und Handelszentrum, niederließen. Die Stadt wurde immer dichter bevölkert, und besonders die untere Eastside-Gegend bei der Brooklyn-Brücke, der Südostzipfel von Manhattan, war überfüllt. Nichts geschah zur Abhilfe, bis im Jahre 1892 durch Zufall eine j.unge Krankenpflegerin, Lillian D. Wald, in diesen Stadtteil kam und überlegte, wie man den Bewohnern dieser Elendsquartiere am besten helfen könn­ te. Schon ein Jahr danach sehloß sich Lillian Wald mit einer anderen Pflegerin, Mary Brewster, zusammen und gründete eine Fürsorgestelle für die Eastside, die der Bevölkerung dieses Stadtteils Hygiene-, Bildungs- Erholungsgelegenheiten usw. bieten sollte. Die beiden Frauen sammelten bei wohlhabenden Geschäftsleuten Beträge, die es ihnen ermöglichten, ein klei­ nes Haus in Jefferson Street zu beziehen. Dieses Haus verwandelten sie in ein Heim, in dem be­ dürftige Leute aus der Nachbarschaft sich erholen und unter­ halten konnten. Von dort aus gingen sie auch Kranke pflegen, halfen neuen Einwanderern bei ihrer Suche nach Arbeit und berieten sie bei den Schwierigkeiten, die sich aus ihrer Un­ kenntnis der Sprache und der amerikanischen Sitten und Ge­ bräuche ergaben. 1895 war das Haus bereits zu klein geworden. Die beiden Frauen übersiedelten in ein nahegelegenes größeres Gebäude, 265 Henry Street. Hier wohnte Lillian Wald 40 Jahre lang, und Henry Street Settlement House wurde eines der bekanntesten Fürsorgeheime in den Vereinigten Staaten. Heute, nach mehr als einem halben Jahrhundert der Arbeit, hat das Henry Street Settlement House ein Programm, von dem sich selbst die so überaus aktive Gründerin Lillian Wald, die sich 19*7 zurückzog, nichts "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953 nichts hätte träumen lassen. "Unser Programm" sagte Helen Hall, ihre Nachfolgerin, "hat sich mit den veränderten Bedürfnissen umgestaltet. Die verschiedenen Rassen und Konfessionen in unserer Umgebung haben einander kennen und, was noch mehr ist, achten und schätzen gelernt. An unserer Türschwelle formt sich die Demokratie". Heute umfaßt das Gebiet, das von Henry Street aus bear­ beitet wird, ungefähr 8 500 Personen einschließlich der Kinder; Jedes Jahr wird das Heim von 300 000 Personen besucht, die dort Hilfe suchen, oder auch an Veranstaltungen teilnehmen. Für die Kleinkinder sind ein Kindergarten und ein Spielzimmer vor­ handen. Viele der älteren Jungen und Mädchen haben in Henry Street Gelegenheit, umsonst oder gegen geringes Entgelt Musik zu studieren. Das Heim hat ein Orchester, einen Chor und eine Operngruppe. Auch Xunstgewerbekurse werden abgehalten und Un­ terricht im Photographieren wird erteilt. Für die jungen Leute ist ferner ein Turnsaal da» An den Tanzunterhaltungen des Heims nimmt ein großer Teil der Nachbarschaft teil. Das Heim hat ferner eine vollständig eingerichtete Schuh­ reparaturwerkstätte, die besonders von älteren Leuten gern be­ nützt wird» sie reparieren hier oft in ein, zwei Abenden die Schuhe für ihre ganze Familie. Eine li'erkstätte für Tischlerei und Möbelreparatur ermöglicht es den Mitgliedern, Möbel und andere .Einrichtungsgegenstände selbst zu basteln oder auszu­ bessern. - Eine andere praktische Einrichtung ist der Tausch­ laden, der erste seiner Art in den Vereinigten Staaten. Dort können getragene Kleider, Haushaltsgeräte usw. gegen andere ge­ brauchte Artikel getauscht werden. Der Unterricht und die übrige Arbeit im Heim werden zum Großteil von freiwilligen Mitarbeitern unentgeltlich geleistet. Viele von ihnen sind Studenten der Soziologie und des Fürsorge­ wesens. Andere sind Nachbarn, die früher aus den Leistungen des Heims Nutzen gezogen haben und das gute '.Verk getzt selbst fortsetzen wollen. So hat z.B. ein alter Schuster die Schuh­ reparaturwerkstätte organisiert, ein Schneider lehrt seit vielen Jahren sein Handwerk, zwei Nachbarinnen führen den Tauschladen. Eine Mutter aus der Gegend organisiert Frauengruppen, die die

Kinder betreuen. MA,,0 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1955 "Aas solcher Gemeinsamkeit in Freud und LeidM, sagt Helen Hall, "sind die Heime entstanden, und nur auf Grund dieser Gegenseitigkeit können wir unseren besonderen Beitrag zur Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft leisten. Unser Programm trägt den Bedürfnissen der von uns betreuten Männer, Frauen und Kinder Rechnung."

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DIE STELLUNG DER FRAU IN DEN USA, 1953 ( 54 Zeilen, 490 Wörter ) WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Ein kürzlich veröffent­ lichter Bericht des Bundesamtes für Frauenfragen im US-ArbeitS' ministerium über "die Stellung der Frau in den USA,1953" bringt aufschlußreiche Angaben über die berufstätigen Amerika­ nerinnen. 19 Millionen Frauen, von denen 40 Prozent zwischen dem 35. und 54. Lebensjahr stehen und mehr als die Hälfte verheiratet sind, arbeiten heute in nahezu jedem Berufs­ zweig. Von allen Ehefrauen in den Vereinigten Staaten gehen 27 Prozent täglich in die Fabrik, ins Büro oder zu sonstigen Arbeitsplätzen außerhalb ihres eigenen Haushaltes. Vor 13 Jahren jedoch, ehe Amerika in den 2. Weltkrieg eintrat, gab es nur 12 Millionen Frauen, die einen Beruf ausübten, und davon war lediglich ein Drittei verheiratet. Die Leiterin des Bundesamtes für Frauenfragen, Frieda S. Miller, betont in dem Vorwort zu dieser Schrift, daß statistische Ermittlungen in so umfassender Form bisher noch nie veröffentlicht worden seien. Die Broschüre befaßt sich ferner mit der Tätigkeit der Amerikanerin in Frauenorganisationen, in den verschiedenen Be­ rufszweigen und als Angehörige der US-Streitkräfte. Nach An­ gaben des Bundesamtes gibt es in den Vereinigten Staaten bei­ spielsweise mehr als 11 000 Ärztinnen, 2 000 Zahnärztinnen, 6 000 Juristinnen, 7 000 Technikerinnen, und nahezu 30 000 Frauen sind als Redakteure oder Berichterstatter tätig. Zum Thema "Die Stimme der Frau in Regierung und Politik* werden im ersten Kapitel des Berichtes Auszüge aus Reden der Präsidentschaftskandidaten von 1952 gebracht, und es wird - 3 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953 wird darauf hingewiesen, daß Präsident Eisenhower in Würdi­ gung des Vertrauens und der Unterstützung, die ihm seine Wäh­ lerinnen entgegenbrachten, schon kurze Zeit nach seiner Inauguration Frauen zu Kabinettsmitf-liedern und Botschafterin­ nen ernannte sowie mit anderen wichtigen Funktionen beauf­ tragte. Der größte Teil der Broschüre behandelt Jedoch die Ein-r kommensverhältnisse der in der Wirtschaft tätigen Frauen. "In der Nachkriegszeit standen die Löhne der Arbeiterinnen und die Gehälter der weiblichen Angestellten im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses besonders für jene Berufe, die ein eigenes Fachwissen voraussetzen," schieibt das Amt für Frauen­ fragen dazu, "aber trotzdem hat sich das Durchschnittsein­ kommen der Frauen - die meisten Amerikanerinnen sind Lohn­ oder Gehaltsempfänger - nur von 901 Dollar im Jahre 1945 auf 1045 Dollar im Jahre 1951 erhöht, während das der Männer in der gleichen Zeit von 1800 auf 3000 Dollar stieg. Auch bei den hochbezahlten Arbeitskräften ist ein wesentlicher Unter­ schied festzustellen; im Jahre 1951 erhielten nur 0,5 Prozent aller weiblichen Arbeitnehmer 5000 Dollar und mehr, während es bei den Männern 12 Prozent waren. Dem Frauenhilfsdienst der US-Armee, der Marine und der Luftstreitkräfte gehörten nach diesem Bericht 35 599 Amerika­ nerinnen an, und 11 106 Krankenschwestern, alle im Offiziers­ rang, standen im Dienst des Nurse Corps (Krankenpflegerinnen- Korps) und des Medical Specialist Corps (Korps des medizinisch­ technischen Personals).

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- 4 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953 28 Jahre Sommerkurse zur Förderung des Familien- und Gemeinschaftslebens des Vassar College in New York. ELTERN UND KINDER WERDEN GEMEINSAM ERZOGEN

( 100 Zeilen, 900 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — In den Vereinigten Staaten ist man schon seit langem bestrebt, neue Wege in der Erziehung zu beschreiten. Neben die Kindererziehung, bei der allgemein dem Kinde selbst eine aktivere Rolle eingeräumt wird, als es die frühere Pädagogik zuließ, ist die Erwachsenen­ erziehung getreten. Sie hat in den USA eine außerordentliche Bedeutung gewonnen und wird in den verschiedensten Formen durchgeführt: als Sonderlehrgänge, Abendkurse, Samstags­ schulen u. Mehrfach hat man dabei auch eine Verbindung von Erwachse­ nen- und Kinder^rziehung versucht, wobei zunächst ganz einfach der Wunsch bestimmend war, den Müttern jüngerer Kinder, die nicht unbeaufsichtigt gelassen werden konnten, den Besuch der Kurse dadurw. zu ermöglichen, daß man die Möglichkeit schuf, die Kinder selbst in der betreffenden Lehranstalt gleichzei­ tig zu unterrichten. Allmählich fand man dann heraus, daß dieses Beieinandersein von Eltern und Kindern in der gleichen Schule auch mancherlei erzieherische Vorteile mit sich brachte und baute darauf! in diese Einrichtung systematisch aus. Einer der ältesten und interessantesten Versuche dieser Art ist von dem Vassar College, einer Frauenhochschule in Poughkeepeie im Staate New York, unternommen worden. Diese Anstalt schuf vor nunmehr 28 Jahren ein besonderes Institut zur Förderung des Familien- und Gemeinschaftslebens, das all-. jährlich im Sommer, »vährend der Ferien der Frauenhochschule, vierwöchige Kurse auf der Grundlage eines gemeinsamen Lehr­ programms für die Unterrichtung von Erwachsenen und Kindern veranstaltet. Das Institut steht seit seiner Gründung im Jahre 1926 unter der Leitung einer erfahrenen Pädagogin, Frau Dr. May Fisher Langmuir. In diesem Jahre nahmen 130 Erwachsene an dem vierwöchigen Studienkursus teil. Sie kamen aus 25 verschiedenen Bundes­ staaten der USA, ferner aus Burma, Kenada, Indien, dem Libanon, Thailand und Jugoslawien. Mehr als die Hälfte von ihnen waren "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953

waren Eltern, die ihre Sprößlinge mitgebracht hatten und diese - 125 davon im Alter zwischen zwei und zehn Jahren - in die besondere Schule für Kinder-aufnehmen ließen, die einen Teil des Instituts bildet. Der Rest der Erwachsenen bestand aus Lehrern, Kindererziehern und -Erzieherinnen sowie Männern und Frauen, die um die Herstellung besserer Beziehungen von Mensch zu Mensch be­ müht sind. Ihnen allen stand ein Stab von 22 Sachverständigen aus dem Gebiet der Sozialwissenschaften als Lehrer zur Verfü­ gung. Viele der Kursthemen richten sich hauptsächlich an die Bitern, um ihnen sachverständige Ratschläge für die Gestaltung des Familienlebens zu geben und Kenntnisse über die Entwicklung des Kindes zu vermitteln. Der Hauptvorzug des Instituts besteht jedoch nach der Meinung vieler, die es besucht haben, darin, daß die aufgenommenen Kinder, während sie nach einem eigenen Erziehungsplan unterrichtet werden, stets in enger Verbindung mit ihren Eltern bleiben. Die Kinder sind in einem der Gemeinschaftshäuser des College untergebracht, in unmittelbarer Nähe der Wohnungen für die Erwachsenen, und stehen Tag und Nacht unter der Aufsicht von ausgebildetem Kinderpflege-Personal. Jeder Tag beginnt mit einer Gemeinschaftsstunde für Eltern und Kinder, und der Sonn- tagnachmittag ist gleichfalls grundsätzlich dem Beieinandersein der Familien vorbehalten. Die Eltern verbringen außerdem soviel Zeit gemeinsam mit ihren Kindern, wie sie dies für die indivi­ duelle Entwicklung des Kindes und für eine gesunde Entwicklung des Familienzusammenhangs für notwendig erachten. Das Erziehungsprogramm der Schule für die Kinder sieht für diese je nach deren Alter sowohl Spiel und Unterhaltung als auch geeignete Beschäftigung vor, um ihre Entwicklung zu fördern. Für die Jüngsten sind Spielsachen aller Art und eingefriedigte Spielplätze vorhanden. Die älteren Jungen und Mädchen lernen Musik und haben ein eigenes kleines Orchester. Sie bilden Theatergruppen, bringen Stücke zur Aufführung und fertigen in Werkstätten im Freien kunstgewerbliche oder handwerkliche Ar­ beiten an. Ausflüge in die Umgebung machen die Jugendlichen mit Flora und Fauna des Gebietes bekannt. Frau "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1955

Frau Dr. Langmuir verfügt auf Grund ihrer Erfahrungen als Mutter von vier Kindern wie auch als Kinderpsychologin über ein tiefgehendes Verständnis für die Probleme der Ent­ wicklung des Kindes. Sie ist der Ansicht, daß Gebote und Ver­ bote auf das notwendigste beschränkt werden und nur darauf gerichtet sein sollten, die Sicherheit aller zu gewährleisten und die Rechte des einzelnen Kindes zu schützen. Weiter hält sie es für zweckmäßig, daß die Kinder nach Möglichkeit selbst bei der Aufstellung der Regeln und Vorschriften, die das Zu­ sammenleben von so vielen notwendig macht, mitwirken sollten, damit sie deren Sinn und Notwendigkeit besser begreifen. Seien diese Vorschriften einmal gemeinsam festgelegt, dann müsse, wenn sie wirksam sein sollen, jegliche Übertretung auch wirklich die vorgesehenen Folgen unmittelbar nach sich ziehen. über die sonstigen Grundsätze moderner Kindererziehung, wie sie in dem Institut zur Anwendung gelangen, äußerte Frau Dr. Langmuir: "Es entspricht nicht unserem Erziehungsprogramm, ein Kind auf Grund der Vorzüge eines anderen ungünstiger zu beurteilen, es weniger zu beachten und aus dem Kreis der anderen auszuschließen oder die Kinder tun zu lassen, was sie wollen". Zum Abschluß der diesjährigen Kurse des Instituts stellte Frau Dr. Langmuir fest, daß sie in ermutigender Weise dazu bei­ getragen hätten, das Verständnis für die Bedürfnisse der heuti­ gen Menschen und die notwendige Ausgestaltung ihrer gegenseiti­ gen Beziehungen zu fördern. Trotz aller drohenden Gefahren und Schwierigkeiten könne man der nächsten Zukunft zuversichtlich entgegensehen. Man habe jetzt gelernt, daß Friede, Freiheit und Sicherheit von jeder Generation stets aufs neue errungen werden müssen, und man habe den Eindruck, daß die Jugend sowohl aus den Fehlern als auch aus den Erfolgen der Älteren lerne und den Aufgaben der Zukunft mit Redlichkeit, Wirklichkeitssinn und Mut gegenübertreten werde.

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- 7 HAMERIKA DIENST"'- FÜR DIE FRAU 18. November 1953

GEPFLEGTSEIN IST KEIN LUXUS Bilanz der kosmetischen Industrie in USA

( 98 Zeilen, 790 Wörter ) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Daß die Amerikanerin für ihre Körperpflege einen unvergleichlich höheren Posten in ihrem Haushaltsbudget vorsieht als die meisten anderen ihrer Geschlechtsgenossianen, ist eine bekannte Tatsache. Sie gibt dieses Geld nicht nur für ihr vielgerühmtes - und viel­ geschmähtes - "make up M aus, sondern auch für all die vielen Dinge, die sich mit dem Begriff moderner Hygiene verbinden. Diese hohe Bewertung der Körperpflege spiegelt sich am deutlichsten in den hohen Jahresumsätzen der amerikanischen Kosmetikindustrie wider, die trotz der steigenden Lebenshal­ tungskosten in den USA und trotz der Bürde einer Verbrauchs­ steuer von 20 Prozent in den letzten Jahren einen Verkaufs­ rekord nach dem anderen bricht. Auch das laufende Jahr dürfte nach bisherigen Schätzungen darin keine Ausnahme machen. Da­ nach liegen die Verkaufszahlen von Parfüms, Toiletten-Wasser, Gesichtscreme, Gesichtspuder, Shampoons, Haarfärbemitteln usw. etwa drei Prozent höher als im vergangenen Jahr, das mit einem Gesamtumsatz von 1, 004 Milliarden Dollar einen absoluten Ver­ kaufsrekord gebracht hatte. 1951 lag der Jahresumsatz der kosmetischen Industrie noch bei 912,8 Millionen Dollar. Welthe Höhe der Jahresumsatz von 1953 noch erreichen wird, ist vorläufig freilich noch gar nicht abzusehen, da das ein­ schlägige Zahlenmaterial bisher nur für die Zeit bis zum 31. Juli vorliegt und das Hauptgeschäft erfahrungsgemäS im Mo­ nat Dezember gemacht wird, der gewöhnlich allein mehr als 20 Prozent des gesamten Jahresumsatzes mit sich bringt. Die Zeit liegt freilich auch in den Vereinigten Staaten nOch nicht allzu weit zurück, da kosmetische Artikel gleich Luxusartikel gesetzt wurden, eine Auffassung, der sich die Herateller von Kosmetikartikeln zusammen mit den Händlern und Kleinhändlern dieser Branche, mit Drogisten, Friseuren und Kosmetikern in geschlossener Front entgegenstellten. Mit Erfolg - denn schon iü den zwanziger Jahren begann man sich allmählich an den Gedanken zu gewöhnen, daß es durchaus kein Luxus sei, ein gepflegtes Äußeres zu haben. Statistisch drückte

- 8 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 18. November 1953 drückte sich dieser Wandel in den Jahren zwischen 1927 und 1943 in der leise aus, daß jede Erhöhung des verfügbaren Ein­ kommens um 10 Milliarden Dollar mit einer Erhöhung des Umsatzes in der kosmetischen Industrie um 20 Millionen Dollar verbunden war. Ein wirklich rapider anstieg im Verbrauch von kosmeti­ schen Artikeln vollzog sich in den Jahren zwischen 1945 und 1951, als sich diese Relation zwischen verfügbarem Einkommen und Umsatz der kosmetischen Industrie noch wesentlich zugunsten der letzteren verschob. Die Ursachen dieser Verschiebung sind mannigfacher irt. Die veränderte Einstellung des "Normalverbrauchers" zu allem, was mit Kosmetik zusammenhängt, dürfte freilich die wichtigste Voraussetzung dafür sein. Der größte Teil aller Toilette- und Kosmetikartikel wird von ihm nunmehr vorbehaltlos als "notwen­ dig zur Erhaltung der Gesundheit und Sauberkeit* anerKaniit, und selbst Dinge wie Gesichtskreme, Puder, Rouge, Lippenstift und Parfüm werden heute als selbstverständliche Attribute der äußeren Erscheinung einer Frau akzeptiert. Daneben hat natur­ gemäß der erhöhte Lebensstandard in den Vereinigten Staaten ebenfalls wesentlich dazu beigetragen, daß der Verbrauch an kosmetischen Artikeln ständig zunahm und immer noch zunimmt. Schließlich darf auch die Tatsache, daß die kosmetische Industrie in einem Maße wie kaum ein anderer Industriezweig ständig neue Erzeugnisse auf den Markt bringt, als wichtiger Faktor für diese Entwicklung angesehen werden. Der Reiz des Neuen übt bekanntlich stets eine besondere Anziehungskraft aus. So hat beispielsweise die Einführung von Präparaten für "Heimdauerwellen" einen Aufschwung der einschlägigen Branchen mit sich gebracht, den selbst höchst optimistische Fachleute nicht erwartet hatten: Gleichzeitig mit dem ungeheuren An­ sturm auf diese Präparate selbst stieg der Umsatz an Locken­ wicklern um 130 Prozent, an Brillantine und Haaröl um 140 Pro­ zent und an Haarshampoons um 67 Prozent. Mit ähnlichem Erfolg schlugen die neuen desodorierenden Präparate ein, die - meist in Kunststoff-Sprühflaschen - den bisherigen Umsatz dieses Kosmetikzweigs um 67 Prozent steigerten. Anders

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Anders sieht es allerdings bei den Zahnpasten aus. Sie sind ein Kapitel für sich. Hier nämlich zeigte sich das Kuriosum, daß die Verbraucher im allgemeinen "ihrer"Sorte treu bleiben, auch wenn völlig neue Präparate auf dem Markt erscheinen. Neue Verbesserungen einer bestimmten Mrake - wie beispielsweise die Beimengung von Ammomalz - verbreiterten zwar stets den bisherigen Verbraucherkreis, doch wurden nur die wenigsten Käufer abtrünnig, wenn eine andere Firma mit einer anderen Neuheit - z.B. Chlorophyll-Zahnpasten - herauskam. Diese mußte sich vielmehr allmählich einen neuen festen Kundenstamm erwerben. Am wenigsten berührt von dem starken Aufschwung der Kosmetikindustrie sind bisher die Parfüms, aber auch hier er­ hofft man sich einen gewaltigen Sprung nach oben, wenn erst Helen Pessl, Gräfin Maritza, Helena Rubinstein und all die anderen '^Großen" der amerikanischen Kosmetik ihre Weihnachts­ überraschungen auf den Markt bringen.

(Aus "Journal of Commerce")

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ACHTUNDNEUNZIGJÄHRIGE GING NACH AMERIKA

( 25 Zeilen, 220 Wörter ) MÜNCHEN — (Amerika Dienst) — Anfang dieser Woche ver­ abschiedete das amerikanische Konsulat in München eine Frau, die mit ihren 98 Jahren wohl die älteste Person sein dürfte, die je nach den USA ausgewandert ist. Frau Martha Podrezowa, die von ihrer 60-jährigen Tochter, Frau Katharina Bokowa, be­ gleitet wurde, ist am 4. Juli 1865 in Kiew geboren. Sie hat außer ihrem Manne, einem Angestellten der Westrussischen Eisenbahn und zwei ihrer Töchter bis heute auch drei russische Zaren, zwei demokratische und drei bolschewistische Minister­ präsidenten überlebt. Mit ihrer jüngsten Tochter, die einst­ mals mit einem Offizier der zaristischen Armee verheiratet war, floh sie 1920 über die Türkei nach Jugoslawien, wo ihre Tochter für die Regierung in Belgrad arbeitete. 1944 gingen die beiden Frauen nach Österreich und hielten sich zuletzt in einem Flüchtlingslager bei Salzburg auf. Die alte Dame ist geistig noch sehr rege und weltaufge­ schlossen. Täglich muß ihr die Tochter, die den Lebensunter­ halt für sich und die Mutter durch Sprachunterricht verdiente, aus der Tageszeitung vorlesen. Ihre Emigration nach den USA wurde durch Vermittlung der Tolstoi-Stiftung möglich. Auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt haben die beiden Frauen erstmals ein Flugzeug betreten, nicht ganz leichten Herzens zwar, aber Frau Podrezowa hatte nach einem Leben der Angst und Verfolgung und des Flüchten-Müssens den Entschluß gefaßt, auszuwandern, "um wenigstens in Frieden sterben zu können".

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US-AKADEMIKERINNENVERBAND DURCH DIE BUNDESREPUBLIK AUSGEZEICHNET

Das große Verdienstkreuz für Dr. Susan B. Riley

( 38 Zeilen, 340 lörter ) WASHINGTON — («Amerika Dienst) — Mit der Verleihung des großen Verdienstkreuzes zum Verdienstorden, der höchsten Auszeichnung, die die deutsche Bundesrepublik heute zu ver­ geben hat - an die Präsidentin des amerikanischen Akademikerin­ nenverbandes, Dr. Susan B. Riley, drückte die deutsche Regie­ rung ihren Dank aus für die außerordentlichen sozialen und kulturellen Beiträge des Verbandes zur Vertiefung der deutsch­ amerikanischen Beziehungen. Der deutsche Geschäftsträger in Washington, Botschafter Dr. Heinz L. Krekeler, überreichte in Vertretung des deutschen Bundespräsidenten Frau Dr. Riley, die heute Professor für Englisch am George Peabody-Lehrercollege in Nashville ist, die hohe Auszeichnung im Rahmen einer Feierstunde in Washington. Frau Dr. Riley ist unter den dreißig, seit 1951 mit dem Ver­ dienstorden der Bundesrepublik ausgezeichneten Amerikanern die dritte Frau. In seiner Ansprache würdigte Dr. Krekeler vor allem die großen Opfer der Vereinigung bei der Beschaf­ fung von Stipendien für deutsche Austauschstudentinnen, durch die es seit 1949 dreizehn Deutschen möglich war, in den USA zu studieren. Augenblicklich betreut die Vereinigung in den USA vier deutsche Studentinnen. Sie sorgt nicht nur für die Studiengelder, sondern kommt auch für alle entstehenden Unter­ haltskosten während der Studienzeit auf. Im gleichen Zeitraum schickte die Vereinigung 29 amerikanische Studentinnen nach Deutschland. Neben diesen internationalen Studienprogrammen haben die Zweigstellen der Vereinigung von sechs Staaten Berliner Kindergärten "adoptiert", die nach amerikanischem Muster an Berliner Schulen eingerichtet wurden und die lau­ fend Unterstützungen von den Betreuerstaaten Pennsylvanien, Vermont, Connecticut, Virginia, Illinois, Wyoming, Nordkarolina,

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Nordkarolina und Kalifornien erhalten. Nahezu 11 400 Dollar und 65 Pakete mit Lehrmitteln sind nach Berlin gesandt wor­ den, und eine ausgedehnte Korrespondenz sorgt für einen re­ gen und anregenden Gedankenaustausch. Der Akademikerinnen­ verband war ferner beteiligt an der Errichtung und Einrich­ tung eines Studentinnenheims für die Freie Universität Berlin, das hauptsächlich Studentinnen aus dem Ostaektor der Stadt Unterkunft gewährt»

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- 13 - AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 2. Dezember 1953

KÜNSTLER, HEILIGE UND PIONIERE Ihnen gehörte die Liebe der amerikanischen Schriftstellerin Willa Cather Von Erik Steindaam

WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Willa Sibert Cather ist am 7. Dezember 1876 in Winchester, Virginia, geboren und verlebte ihre Jugend in Nebraska, das sie 1896 verließ, um als Redak­ teurin bei einer Zeitung in Pittsburgh, Pennsyl- vanien zu arbeiten. Später war sie Mitherausge­ berin von McClure's Magazine und bereiste die Vereinigten Staaten und Europa. Hauptwerke: Der Gedichtband "April Twilights" (1903) sowie die Romane: "Alexander's Bridge" (1912), "0 Pioneers" (1913, in deutscher Übersetzung unter dem Titel "Zwei Frauen" 1948 erschienen) "The Song of the Lark" (1915), "My Antonia" (1918, in deutscher Übersetzung unter dem Titel "Meine Antonia" 1948 erschienen) "Youth and the Bright Medusa" (1920), "One of Ours" (1922, mit dem Pulitzerpreis 1923 ausgezeichnet) "A Lost Lady" (1923),"The Pro­ fessors House" (1925), "My Mortal Enemy"(1926), "Death Comes for the Archbishop" (1927), "Shadows on the Rocks" (1931), "Obscure Destinies" (1932), "Lucy Gayheart" (1935), "Not under Forty" (1936) und "Sapphira and the Slave Girl" (1940). "Der Tod kommt zum Erzbischof"wurde in der deutschen Übersetzung von Sigismund von Radecki in der deutschen Zeitschrift "Hochland" veröffentlicht.

Daß die amerikanische Romanschriftstellerin Willa Cather, wie Umfragen bei Lesern und Buchhändlern ergaben, zu den heute meist­ gelesenen Autoren der Neuen Welt gehört, dürfte vielleicht gerade in ihrer unzeitgemäßen Haltung seinen Grund haben. In einer durch negative Talente gekennzeichneten Literaturepoche vertrat sie, ohne Rücksicht auf das modische Interesse am Fragwürdigen, am psycholo­ gischen Grenzfall diejenigen positiven Werte, auf die sich Ge­ schichte und Sendung Amerikas gründen. Jenseits der Kategorie des Interessanten nimmt sie mit klassischer Einfalt Stellung: für die schöpferische Existenz und gegen das Banausentum, für den Pionier­ geist und gegen ausbeuterischen Kommerzialismus, für die Heilig­ keit und gegen Egoismus und Mittelmaß. Trotz dieser kritischen

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kritischen Haltung blieb ihr der brutale Naturalismus einer Schriftstellergeneration, der sie eigentlich nur gegen ihren Willen angehörte, zeitlebens fremd. Ihre Sympathie galt jenen großen Naturen, die, Kühnheit mit Würde verbindend, ihre Umgebung wie sich selbst zu meistern wissen. Verständlich, daß ihre Ablehnung der eigenen Generation von vielen als "Escapismus", als Flucht vor der Realität beurteilt wurde. In Wahrheit aber ist Willa Cather sehr viel komplexer als ihre Bewunderer ahnen. In ihrem Charakter wie in der Wahl ihrer Themen manifestiert sich eine starke Gegensätzlichkeit. Vorposten­ dasein am Rande der Wildnis und gesellschaftlicher Glanz der Pionier aristokratie - heroische Selbstgestaltung und Scheitern an sich selbst - unaufhörlicher Wandel und ewig unwandelbare Wahrheit: im Kraftfelde solcher Polaritäten vollziehen sich die Schicksale ihrer Gestalten. Die Kunst Willa Gathers entwickelte sich im Laufe ihres Le­ bens von der dramatischen Form und dem festumrissenen Handlungs- gefüge immer mehr zum mittelbar Erzählerischen,zum Legendären, zum Stimmungsmäßigen, zur gegenseitigen Durchdringung von Dichtung und Wahrheit. Es gibt sicherlich nicht viele Romanciers - beson­ ders von dieser Fruchtbarkeit - deren Werk so stark autobiographisch bedingt ist wie das Willa Cathers. Das winzige Städtchen Red Cloud in Nebraska, in dem sie ihre Kindheit verlebte, war für sie ein unerschöpfliches Reservoir an Romancharakteren. Wohl ein Beweis dafür, daß die wahren Quellen der Erfahrung nicht im äußeren sondern im inneren Leben des Autors zu suchen sind. Wenn nur die notwendige Anteilnahme da ist, der brennende Eifer, die schöpferische Sehn­ sucht. "Desire is creation" geht als Grundthema durch alle ihre Ro­ mane. Jedes dieser Bücher ist ein Fazit. Einige unter ihnen aber bezeichnen Entscheidungen, Wegkreuze der geistigen Entwicklung. Das erste dieser "Crucial books" veröffentlichte sie im Jahre 1918, als Zweiundvierzigjährige: Es heißt "My Antonia". In diesem Roman,

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Roman, einem ihrer schönsten, versucht sie die eigene, vom weiten Himmel der Prärie erhellte Kindheit und den Glanz des alten Mit­ telwestens heraufzubeschwören. Aber im Gewebe dieses Romans fin­ det sich ein bitterer Einschuß: der zunehmende Überdruß an der Enge des ländlichen Lebens und die Erkenntnis, daß die Glorie die­ ses Landes längst untergegangen ist. Ganz in den Vordergrund tritt dieses kritische Moment in ihrem 1925 erschienenen Roman "The Professor's House". Nicht zu- letzt unter dem desillusionierenden Eindruck der dem ersten Welt­ kriege folgenden Jahre des Leichtsinns läßt die Verfasserin den Titelhelden dieses Romanes zu einer radikalen Absage an die Zi­ vilisation gelangen: "Seine Karriere, seine Frau, seine Familie, die waren durchaus nicht sein Leben - waren nur Dinge, die ihm zu­ gestoßen waren. All das hatte nichts zu tun mit der Person, die er ursprünglich war" - ein Junge aus Kansas. "Und dieser Junge war ganz primitiv; er kannte nichts anderes als Erde, Wald und Wasser. Und doch war er erstaunlich weise - er wußte um die Wur­ zeln der Dinge. Erde war er gewesen und würde wieder zu Erde wer­ den. Und das war gut so". All dies geht weit über das* allgemeine "Unbehagen in der Kultur" hinaus. Ursprung und Ziel ihres Dichtens, Denkens und Daseins ist ein sich an der Natur objektivierendes Er­ lebnis des Göttlichen als der Einheit, in der sich die Gegensätze aufheben. Sowohl ihr literaturgeschichtlich attestierter Tradi­ tionalismus als auch die ihm entgegenstehende Skepsis und Kultur­ kritik sind nicht ihre letzten Positionen»sondern weisen auf eine Art mystischer Koinzidenz der Widersprüche hin. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch Willa Cathers Bekehrung zur Katholischen Kirche zu verstehen. Wenngleich diese Konversion stark von ästhetischen und historischen Faktoren bestimmt war, von der Bewunderung nämlich für die "Patina", für die Erhabenheit des Ritus, für die Kunst, die Gesittung, die Weisheit und die Ratio der Kirche, so isx/^us der Kindheit gewonnene, tiefe "Selbsterleb­ nis der Seele" (Julius Bab) von nicht geringerer Bedeutung für

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Bedeutung für die religiöse Entscheidung Willa Cathers. Daß ihr Katholizismus durchaus nicht retrospektiver Art war, kein bequemes Genießen der in zwei Jahrtausenden gespeicherten Fülle, sondern daß ihr Glaube vielmehr der mystischen Armut und dem Pioniergeist der Frühkirche verwandt war, beweist ihr bedeutendster Roman "Der Tod kommt zum Erzbischof". Dem Titelheld dieses Buches, dem der durch ein Denkmal vor der Kathedrale von Santa Fe verewigte Priester Jean Lamy als Vorbild "diente - wird der Auftrag zuteil, den völlig verwil­ derten Katholizismus der Indianer Neu-Mexikos wiederherzustellen. Dieser Bischof und spätere Erzbischof Latour ist gleichsam ein Resume aller ihrer Heldengestalten: Künstler, Pionier und Heiliger zugleich. Sein menschlicher Adel und seine geistliche Disziplin las­ sen ihn das Abenteuer einer Sendung bestehen, für die er keineswegs geschaffen scheint, und die nun doch seine Vollendung werden sollte. Die Landschaft dieses Buches, die Wüste und die "High Mesa" Neu- Mexikos, ist erfüllt von jenem milden Nachmittagslicht, das die fernen Dinge mit äußerster Klarheit und Schärfe, doch ohne Härte konturiert. Obwohl das Buch bereits zwanzig Jahre vor ihrem Tode geschrieben ist, symbolisiert es Willa Cathers eigene Vollendung als Mensch und Künstlerin. An der heiligen Nüchternheit, mit der die Alternde den Horizont dieses geheimnisvollen Landes ins Auge faßt, scheitert der eingangs erwähnte Vorwurf des Escapismus. Die­ ser Frau, deren ganze Liebe den Pionieren gehörte, galt der Tod als eine der Wildnis dieses Lebens abgerungene letzte Heimat.

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"IHR LÄCHELN IST SO GÜTIG..." Mamie Eisenhower erhält täglich rund 700 Briefe

(60 Zeilen, 540 Wörter) WASHINGTON — (Amerika Dienst) •— Siebenhundert Briefe laufen täglich für Mamie Eisenhower im Weißen Haus ein, die Zeugnis geben von der großen Beliebtheit der äußerst charmanten und stets freund­ lich lächelnden First Lady Amerikas. Viele der Briefschreiber haben Mrs. Eisenhower während der anstrengenden Reise in der Zeit der Wahlkampagne im Sommer und Herbst 1952, auf der sie ihren Mann durch die Staaten der USA be-r gleitete, persönlich gesehen oder gar auch kennengelernt. Andere kennen sie aus unzähligen Artikeln, von Rundfunk oder Fernsehen "Sie sind mir nahe wie meine nächsten Nachbarn", schrieb eine Frau und fügte ihrem Schreiben eine Diätskala bei, die "den Präsi­ denten gesund erhalten und ihn stärken würde für seine schwere Auf­ gabe". Auch Männer tragen ihre Anliegen an die Gemahlin des Präsi­ denten heran, doch machen sie nur etwa ein Drittel der Briefschrei­ ber aus. Mamie Eisenhowers Geschmack, der sich in ihrer Kleidung, besonders aber in ihren Hüten ausdrückt, wird in den Briefen von vielen Frauen bewundert, während andere einen liebenswürdigen Kommentar zu den berühmten "Mamie Eisenhower bangs", den Stirnlocken, übersenden, die in den USA geradezu Mode geworden sind. Ein Vater schrieb: "Ihr Lächeln ist so gütig, da:: es mir den Mut gab, mich wegen Nachricht über meinen Jungen in Korea an Sie zu wenden". Mitunter enthält ein Brief auch politische Vorschläge, wie man dies oder jenes besser machen könnte oder sollte, in der Hoffnung, daß man sie an den Präsidenten weiterleite, doch ist der größte Teil der Briefe an die First Lady absolut unpolitischer Art. Die begeistertsten Schreiberinnen sind ältere Frauen aus allen Tei­ len der USA, die ihr verehrende Briefe zusenden mit der Versiche­ rung, daß sie im Gebet ihrer gedenken. Mrs. Eisenhower hatte schon während der Wahlkampagne deren Herzen gewonnen, als sie an den einzelnen Haltestellen ihrer großen Reise die Blumen, die man ihr

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ihr gab, jedesmal an die lokalen Altersheime sandte. Eine große Anzahl der täglichen Briefeingänge ist von Geschenken begleitet: Hüte, Vögel, Gebetbücher, Malereien, und Spielzeug sowie selbstgemachte Kleidung für ihre Enkelkinder. Andere der Schreiber bitten um ein persönliches Andenken, wie etwa Mamies Unterschrift auf einem Stück Stoff, das sich in irgendeine Handarbeit einarbei­ ten ließe, oder sie fragen nach den Rezepten ihrer Lieblingsge­ richte. Hin und wieder fragt man aber auch um ein Stück aus dem Porzellan oder Silberschatz des Weißen Hauses. Ein kleines Mädchen bat kürzlich um einen Irischen Terrier. Natürlich ist es Mrs. Eisenhower unmöglich, alle Post selbst zu erledigen. Ihr Korrespondenzbüro liest täglich etwa 700 Briefe. Besondere Fälle werden der First Lady durch ihre persönliche Sekre­ tärin vorgelegt, mit der sie täglich von 9-12 Uhr Vormittags die Posteingänge und deren Beantwortung bespricht. Mrs. Eisenhower ist gegen jede kalte, nüchterne Formalität, und jeder Brief wird auf ihren besonderen Wunsch in ihrer freundlichen, verbindlichen Art beantwortet. Häufig kommt es vor, daß sie ein Brief besonders an­ spricht und sie ihn auch selbst beantwortet. Im letzten Sommer bat ein Mädchen darum, daß Mamie an ihre Freundin, die an Kinderläh­ mung litt, schreibe. Die kleine Barbara Gornett erhielt ihren Brief mit den besten Wünschen für eine baldige Genesung. Dann aber kommt es auch vor, daß auf einen Brief an Mamie eine herzliche Einladung in das Weiße Haus folgt, wie im Falle von Tommy Blank und dessen Mutter. Tommys Vater war Student der Columbia- Universität, als Mr. Eisenhower noch Präsident dieser Zweitältesten Universität der USA war. Aus dieser Zeit stammte auch das Bild, das ihn am Eingang von Eisenhowers New Yorker Haus zeigte und das Mrs . Blank, einige Monate, nachdem ihr Mann bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen war, an Mrs. Eisenhower mit der Nachricht schickte, daß sie einige Studenten aus Michigan auf einer Reise nach Washing­ ton begleite. Mrs. Eisenhowers Antwort war eine Einladung der gan­ zen Studentengruppe ins Weiße Haus.

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Ergebnisse einer Umfrage bei amerikanischen Haus­ frauen über ihre Arbeits- und Zeiteinteilung.

LIEBLINGSBESCHÄFTIGUNG: KOCHEN UND BACKEN

(52 Zeilen, 500 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Wie verbringt eine amerika­ nische Hausfrau ihre Zeit? Wieviel davon verwendet sie auf ihren Haushalt, und wieviel bleibt ihr übrig für Ruhe, Muße und das übliche "hobby"? Um diese Fragen, die immer wieder von Interessenten gestellt werden, präzise beantworten zu können, hat eine Hauswirtschaftierin der Cornell-Universität eine Umfrage durchgeführt, zu der sie eine Repräsentativgruppe von 250 amerikanischen Hausfrauen aus Stadt und Land, mit und ohne Beruf, heranzog. Das Ergebnis war folgendes: Die Durchschnittsfarmerin ist 44 Jahre alt, arbeitet neun Stunden am Tage und verwendet 7,6 Stunden allein für die Hausarbeit. Sie verbringt mehr Zeit mit Kochen, Geschirrspülen, der Pflege der Kleidung, mit Einkaufen und Haushaltbuchführung als die Durch­ schnittsfrau in der Stadt. Die Landfrau gönnt sich mehr Ruhe, sie schläft auch länger und bezeichnet Kochen und Backen als ihre Lieblingsbeschäftigung, während das Reinemachen ihr am unange­ nehmsten ist. Die nichtberufstätige Durchschnittshausfrau in der Stadt ar­ beitet an Wochentagen nur 8,1 Stunden, weniger also als die land- frau, was im städtischen Haushalt verständlich ist, da ihre häus­ lichen Pflichten sich auf einen meist enger begrenzten Raum be­ schränken, so daß sie in 7,4 Stunden mit ihrer Hausarbeit fertig ist. Wie bei allen anderen Hausfrauengruppen gehört auch bei ihr Kochen zur liebsten häuslichen Beschäftigung, Abspülen dagegen ist durchaus nicht nach ihrem Geschmack. Ihre Lebensführung läßt ihr weitaus mehr Zeit als den anderen Hausfrauen für die Pflege des Familienlebens und ihres eigenen

- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 2. Dezember 1953 eigenen Ichs, für tätige Mithilfe im Gemeindeleben und andere bil­ dende oder entspannende Betätigungen. Wie erwartet, hat die werk- oder berufstätige Hausfrau, die einen großen Teil des Tages außer­ halb ihres Heimes verbringen muß, den längsten Arbeitstag: 11,5 Stun den, wovon 6,8 Stunden bezahltem Erwerb dienen. Was sie während der Woche an Zeit für die Ausführung häuslicher Arbeiten einsparte, setzte sie an den beiden Tagen des Wochenendes wieder zu. Sie ist 41 Jahre alt, wenig jünger als die Landfrau und auch jünger als die "Nur-Hausfrau" in der Stadt. Sie hat weniger Zeit als die beiden letzteren für persönliche Pflege, weniger Zeit auch für Ruhe, Muße­ stunden und Schlaf. Die Durchschnittsfrau aus den drei Frauengruppen zusammenge­ nommen arbeitet neun Stunden täglich, schläft achteinhalb Stunden, betätigt sich viereinhalb Stunden im Dienst der Gemeinde oder mit anderen bildenden oder entspannenden Beschäftigungen,und zwei Stun­ den gehören ihr ganz allein. Alle im Rahmen dieser Studie befragten Frauen verwenden durch­ schnittlich mehr Zeit - 1,6 Stunden täglich - für die Zubereitung der Mahlzeiten als für alle anderen häuslichen Aufgaben und bezeich­ nen es auch als ihre liebste Beschäftigung. Die Pflege ihrer Klei­ dung nimmt ebensoviel Zeit in Anspruch wie die Pflege ihres Haus­ halts. Nicht ganz eine Stunde brauchen sie täglich jeweils für Geschirrspülen, Einkaufen, Haushaltbuchführung und die individuelle Betreuung der einzelnen Familienmitglieder.

Das Haus, das die Durchschnittsfrau zu versorgen hat, hat 7f6 Räume, wovon 6 täglich benutzt werden, sowie fließendes kaltes und warmes Wasser und Zentralheizung. An zeitsparenden Haushaltsgeräten besitzt sie Staubsauger, eine elektrische Waschmaschine, einen Elektro- oder Gasherd, Kühlschrank und ein elektrisches Bügel­ eisen.-

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- 8 - "AFRIKA DxENST" - FÜR DIE FRAU 2. Dezember 1953

ZWISCHEN HAUSHALT UND BÜRO Gewissenserforschung einer ehemals berufstätigen Mutter ( 72 Zeilen, 630 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Mehr als viereinhalb Millionen von den insgesamt "2^ Millionen Frauen in den Ver­ einigten Staaten, die einen Beruf ausüben, sind Mütter. Viele arbeiten aus einer wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus, denn man heiratet in den USA weitaus früher als in den meisten europäischen Ländern - 75 Prozent der jungen Frauen von 20 bis 24 Jahren sind verheiratet - und man muß sich gemein­ sam die finanziellen Grundlagen zum Aufbau einer Familie und* eines Heimes schaffen. Die viereinhalb Millionen Mütter ste­ hen irgendwann einmal vor der Entscheidung, ob das, was die Ausübung eines Berufes an wirtschaftlichen Gütern einbringt, in bezug auf ihr Familienleben und vor allem die Erziehung der Kinder nicht zu teuer erkauft ist» Interessant und aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist der Bericht einer amerikanischen Journalistin, die nach 15 Berufsjahren und bereits zehnjähriger Mutterschaft - des leisen Schuldgefühls überdrüssig - sich entschloß, ihren Be­ ruf aufzugeben und ihren beiden vie:e. und zehnjährigen Mäd­ chen eine "Ganztagsmutter" zu sein. Nach nunmehr zwei Jahren legte sie sich die Fragen vor, ob dieser Entschluß allen Teilen zum Vorteil gereichte ? Nach reiflicher Überlegung und unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile mußte sie diese Frage mit Ja beantworten. "Trotzdem", berichtet die Mutter weiter, "brachte der Wechsel in mancher Hinsicht auch Enttäuschungen mit sich. Bald mußte ich erkennen, daß meine ständige Anwesenheit nicht so bedeutsam für die Kinder war, wie ich es mir vorgestellt hatte. Solange ich acht Stunden am Tage außer Haus war, fühl­ te ich mich für alles verantwortlich, was im Laufe meiner Ab­ wesenheit geschah, ob es sich um einen leichten Husten bei

- 9 - "A.uLhlKA DIEflST" - PUR DIE FRAU 2. Dezember 1953 bei der Kleineren handelte oder um Schwierigkeiten im Lesen bei der Größeren. Jetzt, wo ich immer da bin, husten die Kinder auch noch dann und wann und auch mit den Schularbeiten geht nicht immer alles glatt. Aber heute bedrückt es mich nicht mehr, ich bilde mir auch nicht mehr ein, daß es meine Schuld sei. Diese "laissez faire"-Haltung griff auch auf andere Gebiete des häus­ lichen Zusammenlebens über. Auffallend beispielsweise ist die große Zahl der Kinderbücher, die ich in diesen zwei Jahren nicht gelesen habe. Früher las ich ständig vor - vor dem Essen, nach dem Essen und auch noch bevor die Kinder einschliefen, während unsere Haushilfe die Hausarbeit verrichtete. Heute mache ich letztere allein, koche auch selbst und, wenn immer möglich, lege ich gerne die Beine hoch, um auszuruhen. Kommt dann eines der Kinder und will etwas von mir, dann sage ich seelenruhig "sei nett, laß Mutter ein wenig ruhen", etwas, was ich früher nie­ mals über die Lippen gebracht hätte, aus Angst, den Kindern nicht genug zu geben. Statistisch gesehen spielte ich während meiner Berufszeit aus demselben Grunde mehr mit den Kindern als heute. In den ersten Monaten meiner "absoluten Häuslichkeit" hat dieser Zustand auch angehalten. Damals trug ich auch noch ständig ein Notizbuch bei mir, in das ich die kleinen Weishei­ ten und originellen Aussprüche meiner Kinder gewissenhaft ein­ trug. Der letzte Eintrag ist 21 Monate alt. Dabei sind die Kin­ der keineswegs weniger geistreich, witzig oder tiefgründig, aber für mich sind ihre kindlichen Unterhaltungen nicht mehr im gleichen Maße interessant. Dabei muß ich bemerken, daß mich ihr Frage- und Antwortspiel heute nicht so ermüdet wie in den Jahren meiner Doppelkarriere. Obgleich das Zu-Hause-Sein unbestreitbare Vorteile bringt, so bin ich andererseits doch froh, daß die Kinder wissen, daß Mutter nicht die einzige ist, die ein aufgeschlagenes Knie oder eine Schnittwunde verbinden kann, oder der einzige brauchbare Spielgefährte ist. Sie haben in jenen Tagen, da ich nicht immer um sie war, ein nettes Verhältnis zur Umwelt herangebil­ det, das ihnen in jeder Beziehung förderlich ist. Meine Kinder waren zwar, al s^ie Berufsarbeit aufgab, noch zu klein, um

10 "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 2. Dezember 1953 um schon ein starkes Gefühl der Selbstverantwortung haben zu können, aber bei ihren Spielkameraden, deren Mütter berufs­ tätig sind, fällt mir immer wieder ihr erstaunlich hoher Grad an Selbständigkeit und Selbstvertrauen auf, etwas, das wir "gewöhnlichen" Mütter viel mehr bei der Erziehung der Kinder berücksichtigen und ermutigen sollten. Und hierin, nämlich die Erziehung der Kinder aus nächster Nähe lenken, leiten und beeinflussen zu können, liegt der Vorteil des Zuhauseseins der Mutter. Ich bin dabei keines­ wegs der Auffassung, daß eine Frau allein durch diesen Umstand eine bessere Mutter ist als die andere, die zur Arbeit geht. Fehler werden immer wieder gemacht, und auch einem Beruf nach­ zugehen, ist allein noch kein Ansporn zur Entfaltung höherer mütterlicher Tugenden. Wenn eine Frau aber die Wahl hat, ob Beruf und Kinder und Haushalt oder nur Kinder und Haushalt, dann sollte sie das letztere wählen.

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KURZNACHRICHTEN

NEW YORK CITY — (Amerika Dienst) — Zwei Abendkurse, bei denen besonders die Familieninteressen berücksichtigt werden, stehen auf dem Programm der Lehrgänge für Kunsterziehung, die das Museum für Moderne Kunst im kommenden Jahr durchführen wird. "Moderne Kunst für Hausfrauen" ist ein Einführungslehr­ gang zum besseren Verständnis verschiedener Kunstrichtungen in bezug auf ihre Eignung für die kulturelle Bereicherung des Familienlebens. "Kurse für Eltern und ihre Kinder" geben den Eltern Gelegenheit, zusammen mit ihren drei- bis fünfjährigen Kindern den Kunstunterricht, zu dem auch Modellieren und Malen gehört, gemeinsam zu besuchen.

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WASHINGTON — (Amerika Dienst) — "Die russischen Frauen bezahlen gerne einen Wochenlohn für ein Paar Nylonstrümpfe, wenn sie Gelegenheit haben- auf dem Schwarzen Markt welche zu erwerben", berichtete ein vor kurzem aus der UdSSR zurückge­ kehrter amerikanischer Journalist. Selbst Warnungen des Sowjet­ premiers Malenkow, der es als eine Schande für den sowjetischen Industriearbeiter bezeichnete, daß die Verbraucher ausländische Waren bevorzugten, hatten wenig Erfolg, denn die russische Frau sei - wie die Frauen überall - darauf aus, alles zu tun, um sich selbst begehrenswerter und schöner zu machen. *****

WASHINGTON — (Amerika Dienst) — Von den 407 000 Bank­ angestellten der Vereinigten Staaten sind zwei Drittel Frauen, von denen etwa 8 000 im Beamtenverhältnis stehen.

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EIN JUBILÄUM DER MENSCHLICHKEIT 60 Jahre Schwesterndienst in den USA

(50 Zeilen, 450 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Jeder Kranke oder Gebrechliche in New York, der einer sachgemäßen häuslichen Pflege bedarf, braucht sich nur an den Schwesterndienst der Stadt, den Visitin^: Nurse Service of New York (VNSNY) , zu wenden. Der Dienst schickt ihm eine Schwester ins Haus, die die Erste Hilfe übernimmt und fest­ stellt, ob und in welchem Umfang eine längere Betreuung erfor­ derlich ist. Diese wird allerdings nur gewährt, wenn der Patient in ärztlicher Behandlung steht; es soll dadurch verhindert werden, daß der Dienst infolge von Überbeanspruchung seinen eigentlichen Aufgaben nicht gerecht werden kann. Für die Besuche selbst wird je nach Art der Leistungen eine geringe Gebühr erhoben, wobei noch die finanziellen Verhältnisse des Patienten berücksichtigt werden; nötigenfalls kommt für die Kosten die Sozialfürsorge auf. Der Schwesterndienst, der in den nunmehr 60 Jahren seines Bestehens in New York in über 17 Millionen Fällen helfend einge­ sprungen ist, wurde 1893 von der bekannten Sozialfürsorgerin Lillian Wald ins Leben gerufen mit dem besonderen Ziel, die Haus­ pflege von Patienten möglichst einer klinischen Betreuung anzu­ gleichen. Als Miss Wald im Jahre 1940 starb, hatte ihre Idee, deren Verwirklichung sie als ein Erfordernis jeder humanitären Zivilisation betrachtete, auch in entlegensten Dörfern Amerikas konkrete Gestalt gewonnen. Die VNSNY, der erste freiwillige und überkonfessionelle öffentliche Schwesterndienst in den Vereinigten Staaten, ist auch heute noch der größte dieser Art in Amerika. Im Laufe der Zeit hat er sogar noch wesentliche Funktionen innerhalb der öffentlichen Gesundheitsfürsorge mitübernommen. Die Schwestern genießen eine überaus sorgfältige Ausbildung, um nicht nur die individuelle Krankenpflege beherrschen zu lernen, sondern auch die Anweisungen des Arztes exakt ausführen bzw. sie dem Patienten oder dessen Angehörigen verständlich machen zu können. -

- 1 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953

In besonderen Kursen nimmt sich der Schwesterndienst auch der werdenden Mütter und jungen Eltern an und sorgt für deren gründ­ liche Unterweisung in allen Fragen der Säuglingspflege und Klein­ kinderziehung. Die Entwicklung vorzeitig geborener Babies wird von den Schwestern durch regelmäßige Hausbesuche besonders über­ wacht. Und da sie außerdem in jeder nur erdenklichen Weise mit den staatlichen Gesundheitsbehörden eng zusammenarbeiten, leisten sie außerordentlich wertvolle Hilfe bei der rechtzeitigen Bekämpfung von Epidemien und ansteckenden Krankheiten überhaupt. Größter Wert wird vom VNSNY auf die Ausbildung der jungen Nachwuchskräfte gelegt, die von erfahrenen Schwestern so lange in der Praxis angelernt werden, bis sie auch wirklich allen vor­ kommenden Aufgaben gewachsen sind. Daneben wird die Schwestern­ schaft ständig über die neuesten Fortschritte auf dem Gebiet der Krankenpflege und bis zu einem gewissen Grade auch der Medizin unterrichtet, und im besonderen dazu angehalten, sich die neuen Methoden zu eigen zu machen. Ihre Einsatzbereitschaft und Selbst­ losigkeit haben immer wieder geholfen, menschliches Leid und Elend zu lindern.

ACHTUNG REDAKTION! Auf Anforderung übersendet Ihnen der AMERIKA DIENST kostenlos folgende Bilder:

1) Anläßlich des 60-jährigen Bestehens des New Yorker Schwesterndienstes (Visiting Nurse Service of New York) veranstaltete das Städti­ sche Museum von New York eine Sonderausstellung, in der unter anderem auch die verschiedenen Schwesterntrachten aus den Jahren (von links nach rechts) 1893, 1905, 1929, 1938, und 1953 gezeigt werden. 53-12910 2) Fast 40 Prozent aller vom VNS betreuten Kranken sind bettlägerige ältere Personen. Eine Kranken­ schwester zeigt hier der Tochter eines Patienten die nötigen Handgriffe und Mittel, durch die sie selbst dem Kranken Erleichterung schaffen kann. 53-12906 3) Drei Schwestern des VNSNY beim Verlassen des Hauptverwaltungsgebäudes, von wo aus sie täg­ lich ihre Krankenvisiten machen. Der 1893 ge­ gründete Schwesterndienst verfügt jetzt in New York über 14 Zweigstellen und einen ganzen Stab staatlich geprüfter Schwestern, von denen ein großer Teil als Hebammen, Kinderschwestern und Heilgymnastikerinnen ausgebildet ist. * *_*2*~* * 53-12907 "AFRIKA DIENST" - PUR DIE MAU 16. Dezember 1953

Dem WHO Newsletter, der Monatszeitschrift der Weltgesundheitsorganisation, entnehmen wir nachstehenden Artikel in leicht ge­ kürzter Form, der sich eingehend mit der besonderen Bedeutung mütterlicher Liebe und Fürsorge für die ungehemmte körperli­ che, geistige und seelische Entwicklung des Kindes befaßt.

DIE PFLANZE, DIE OHNE LIEBE NICHT GEDEIHEN KANN

(150 Zeilen, 1300 Wörter) NEW YORK — (Amerika Dienst) — Eine der bedeutsamsten Ent­ deckungen auf dem Gebiet der modernen Psychiatrie ist die Erkennt­ nis, daß der Grad der Elternliebe, der einem Kinde während der ersten Lebensjahre zuteil wird, weitgehend bestimmend ist für seine spätere geistige Gesundheit und sein soziales Verhalten. Wo diese Elternliebe versagt bleibt oder auch nur ungenügend ist, wirkt sich dieser Mangel fast immer hemmend auf die körperliche, geistige und emotionelle Entwicklung des Kindes aus, und der er­ fahrene Arzt entdeckt nicht selten gleiche oder ähnliche Symptome eines physischen oder auch mentalen Defekts. Psychologen und Ärzte in Europa und Amerika haben auf Grund langjähriger Erfahrung und gründlicher Auswertung ihrer Kranken­ geschichten festgestellt, daß, je länger ein Kind in den ersten Jahren seines Lebens der mütterlichen Iflege und Zärtlichkeit entbehrt, desto verheerender und auch irreparabler die Auswir­ kungen auf seine Gesamtverfassung sind. Schon bei Kindern, die eine Weile in einem Krankenhaus oder Sanatorium untergebracht werden müssen, wird immer wieder beobachtet, daß sie in der Ob­ hut der Mütter bezw. bei individueller Pflege weit schneller ge­ nesen. Fieber fällt im allgemeinen in 24 - 72 Stunden ab, das Kind, das vorher ganz apathisch war, ißt wieder. Die oftmals dramatische Veränderung in seinem Verhalten, solange es von der Mutter getrennt war, und die auffallende Besserung ii seinem Be­ finden, sobald es wieder mit dieser zusammengebracht vurde, sind Fakten, von denen jeder sich täglich selbst überzeugen kann. Leider werden sie viel zu wenig beachtet. Besonders "AFRIKA PIEKST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 Besonders gründliche Untersuchungen wurden über die Aus­ wirkungen mangelnder mütterlicher Fürsorge bei Kindern im Alter von 6-12 Jahren angestellt: fast immer bleiben diese in ih­ rer Gesamtentwicklung hinter anderen, in häuslicher und mütter­ licher Pflege aufgewachsenen Kindern zurück, und sie tragen in vielen Fällen alle Anzeichen einer Depression, wie sie bei manisch depressiven erwachsenen Patienten in Heilanstalten festgestellt werden: Interesselosigkeit, Schlaflosigkeit, Ver­ weigerung von Essen und Gesellschaft und eine besondere Anfäl­ ligkeit für Infektionskrankheiten. Noch einschneidender als bei den 6 - 12jährigen wirkt eine Trennung der Zwei-bis Dreijährigen von der Mutter. Sie lehnen oft auch die von größeren Kindern nach einer Weile akzeptierte "Ersatz"-Mutter ab und sind oft auf Tage, Wochen oder auch noch länger untröstlich. Sie verfallen in einen Zustand angespann­ tester Verzweiflung, essen nicht, schlafen nur, wenn die Er­ schöpfung zu groß wird; dösen, weinen oder schreien auch. Es ist schon vorgekommen, daß manche unerfahrene Pflegerin glaubte, einen pathologischen Fall vor sich zu haben. Hierher gehört auch der Befund des Londoner Arztes Dr. Bowlby, der an Hand der Krankengeschichten von 200 Kindern unter 12 Jahren zu dem Schluß kam, daß die bei einem Drittel dieser Kinder festgestellten Entwicklungsschwierigkeiten in engstem Zusammenhang stehen mit den Kinderevakuierungen während des letzten Krieges, also mit der Trennung von der Mutter, und nicht, wie man allgemein gerne annahm, auf die Schrecken der Bombennächte zurückzuführen sind. Zweidrittel dieser Kinder waren damals weniger als fünf Jahre alt. Da aber die Zahl der der verschickten Kleinkinder im Verhältnis zu/der älteren Jahrgän­ ge klein war, nimmt Dr. Bowlby an, daß die Entwicklungsschädi­ gungen in den ersten Kindheitsjähren durch eine Trennung von der Mutter einschneidender und nachhaltiger sind als bei älte­ ren Jahrgängen. Wird jedoch ein vollwertiger "Mutterersatz" rechtzeitig ge­ schaffen, dann können die Schädigungen in den meisten Fällen all- "AFRIKA LIEHST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 allmählich ausgemerzt werden. Beweis dafür sind jene Kinder, die im Alter von 6-9 Monaten adoptiert wurden und die sich in gu­ ter Obhut zu ausgeglichenen, glücklichen und brauchbaren Men­ schen entwickelt haben. Wie wichtig die Mutterliebe für ein heranwachsendes Kind ist, geht aas den Berichten von Sozialfür­ sorgern hervor, die fast alle aus ihrer Praxis von Jugendli­ chen und Erwachsenen erzählen können, die völlig gewissenlos zu sein scheinen. Bei näherer Untersuchung stellte sich in den meisten Fällen heraus, daß sie in ihrer Kindheit kein richtiges Zuhause hatten und schon frühzeitig der mütterlichen Fürsorge entbehrten. Notorisches Stehlen, Gewalttätigkeiten, krassester Egoismus und verbrecherische sexuelle Triebhaftigkeit sind ihre wenig erfreulichen Charakteristika. Eine New Yorker Ärztin behandelte in den Jahren von 1935-44 an die fünftausend Kinder, von denen etwa 10 Prozent jene Ver­ haltungskennzeichen aufwiesen, wie sie mangelnde mütterliche liebe in den ersten Lebensjahren verursachen: völlig unfähig zu irgendeinem wärmeren Gefühl, mißtrauisch und beziehungslos zu allem und allen, sind diese Wesen auch unzugänglich gegen­ über jedem Versuch, ihnen zu helfen. Dazu kommt ein ausgepräg­ ter Mangel an Zeitgefühl. Zehn dieser Kinder konnte die Ärztin nach fünf Jahren wiedersehen: sie alle waren infantile, un­ glückliche freud- und lieblose Geschöpfe geblieben, die nir­ gendwo Anschluß finden konnten» Das Maß an Mutterliebe, das ein Kind braucht, kann ihm im Schöße der Familie leicht gegehen werden, und dies ist so selbst­ verständlich, daß man die tatsächliche Größe und den wahren Wert erst erkennt, wenn man gezwungen ist, diese gleiche Für­ sorge und Liebe einem Kinde außerhalb dieses Rahmens ersetzen zu müssen. Nirgendwo sonst als in einer Familie sind Menschen so ausschließlich und hingebungsvoll für den anderen da. Dies gilt auch für die - mit normalen Begriffen gemesse - schlechten Eltern. Mit Ausnahme der extremsten Fälle geben sie ihrem Kinde doch Wohnung und Nahrung, trösten es gelegentlich, lehren es gewisse Handfertigkeiten und geben ihm durch ihre bloße Existenz

- 5 - 11 AFRIKA PIEKST" - FÜR IIE FRAU 16. Dezember 1953

Existenz das für seine Entwicklung so überaus notwendige Ge­ fühl der Sicherheit. Daraus wird die verblüffende Tatsache ver­ ständlich, daß Kinder in einem schlechten Elternhaus besser ge­ deihen als in gutgeführten Institutionen. Freilich kommt es da­ bei immer auf den jeweiligen Grad von schlecht und gut an. Untermauert wird diese Peststellung durch eine großangelegte Studie, die die Weltgesundheitsorganisation veröffentlicht hat, wonach die asozialen Elemente unter einer Gruppe von Kindern,die die ersten 5 Jahre ihres Lebens in einem Heim zugebracht hatten, 34»5 Prozent ausmachten, im Vergleich zu 18 Prozent bei der gleichen Anzahl Kinder, die in einem Elternhaus aufgewachsen sind (80 $ davon in einem schlechten Elternhaus). Die Tatsache, daß ein Drittel der Kinder, die ihre ersten 5 Jahre in Heimen verbracht haben, in sozialer Hinsicht "ver­ sagt" haben, ist ein alarmierendes Resultat, und nicht weniger alarmierend und verpflichtend ist die Erkenntnis, daß der Grund­ stein für dieses soziale Versagen bereits in den ersten Lebens­ jahren gelegt wird. Daraus folgt, daß Kinder, die ohne ausrei­ chende mütterliche Fürsorge aufwachsen, auch ihren eigenen Kin­ dern nicht geben können, was sie selbst nicht haben» Die rich­ tige Fürsorge und Liebe zu unseren Kindern ist nicht nur eine humane Tat, sondern eine ernste Verpflichtung auch gegenüber Staat und Volk. Lieblos erzogene Kinder entwickeln sich in den meisten Fällen zu asozialen Erwachsenen, und sie sind ebenso ge­ fährlich wie die Infektionsträger von Diphtherie und Typhus. Genau wie diese Seuchen eingedämmt werden konnten durch vorbeu­ gende Maßnahmen, genau so kann Vorsorge getroffen werden, daß kein Kind mehr an mangelnder liebe zu kranken braucht« Bis heute hat noch kein Land der Erde sich ernsthaft mit diesem Problem befaßt. Selbst in den sogenannten fortgeschritte­ nen Ländern wird der Pflege der Mentalhygiene in Kindergärten, Heimen und Sanatorien noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt - handelte es sich dabei um einen Verstoß gegen die Gesetze der Körperhygiene, wäre die allgemeine Entrüstung groß. Auch wird die Auflösung einer Familiengemeinschaft in bezug auf ihre Aus-

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Auswirkungen auf die heranwach enden Kinder allgemein noch recht oberflächlich behandelt, und gedankenlos wird auch weiterhin über die Nichtanerkennung der gleichberechtigten sozialen Stellung der unehelichen Mutter und ihres Kindes hinweggegangen. Das Doppel­ problem nachlässiger Eltern und vernachlässigter Kinder wird als unvermeidbar hingenommene Eine erste und ernsteste Gegenmaßnahme besteht darin, daß man in den westlichen Ländern ..euerdings dazu übergeht, nach gründlichem Studium der Verhältnisse alle in der öffentlichen Fürsorge arbeitenden Personen mit den Grundlagen der Mental­ hygiene und ihrer Anwendung auszubilden, damit in der Zukunft kein Kind, das durch Schicksalsschläge und Not - und diese werden immer auftreten - der leiblichen Mutter beraubt wurde, mehr der mütterlichen liebe zu entbehren braucht, ohne die es wie eine Pflanze ohne Sonnenlicht nicht gedeihen, wachsen und sich entfalten kann,

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- 7 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 "Christian Science Monitor" entnehmen wir nachstehenden Beitrag, der zeigt, daß der Wille zu helfen auch immer wieder eine Möglichkeit dazu findet.

WOZJ FUTTERSÄCKE GUT SEIN KÖKNEN

( 70 Zeilen, 630 Wörter) BOMBAY — (Amerika Dienst) —- Die Beziehungen zwischen den Menschen werden oft durch seltsame Zufälligkeiten bestimmt. In einem schönen Haus in Poona in Indien lebt die Gattin eines barbeiters des amerikanischen Amtes für technische Zusammenarbeit \),der in Bombay stationiert ist. Da sie eine sehr sozial einge­ llte Frau voll echten menschlichen Mitgefühls ist, tat es ihr immer leid, wenn sie die Kinder des indischen Mali, des Gärtners des Hauses, so schlecht gekleidet einhergehen sah. Zuerst half sie mit einigen Kleidungsstücken aus ihrem eigenen Bestände aus. Doch das genügte nicht. "Wenn ich nur ein paar von den schönen Futtersäcken hätte, in denen uns daheim in Coldwater das Hühnerfutter geliefert wurde," sagte sie zu ihrem Manne. "Jede amerikanische Farmersfrau, die auf Sparsamkeit hält, weiß, was, aus diesem prächtigen Stoff, den sie der besseren Werbung wegen so hübsch bunt bedrucken, alles ma­ chen kann: Hemden, Schürzen, und auch Kleider." Einige Zeit verging. Dann sah man mit einem Male die Kinder des Mali in einer Reihe von ganz entzückenden Kleidchen, die alle aus ehemaligen amerikanischen Hühnerfuttersäcken gefertigt waren und die überall in der Nachbarschaft höchste Bewunderung erregten. Aber damit war es noch nicht genug: die gute Idee der Mrs. Schlubatis hatte noch viel weitere Auswirkungen. In ihrer Ratlosigkeit, wie sie den kleinen Indern und Inderinnen helfen könnte, hatte die amerikanische Dame nämlich auch an die hauswirtschaftliche Beraterin in ihrem Heimatkreis im Staate Michigan geschrieben und ihr die Dinge dargelegt. Und diese hatte sich die Sache ernsthaft durch den Kopf gehen lassen und sie bei ihrem Rundfunkvortrag über haus­ wirtschaftliche Fragen, den sie allmonatlich über die Sendestelle WOWO in Fort Wayne im Staate Indiana hielt, zur Sprache gebracht. Da gebe es eine Menge kleiner Mädchen in Indien, die keine richtigen - 8 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 richtigen Kleider hätten, hatte sie gesagt und dann an die Rund­ funkhörer die Bitte gerichtet, ihr Hühnerfuttersäcke für Mrs. Schlubatis einzusenden. Der Appell war nicht ungehört verhallt. Und bald häuften sich in der Rundfunkstelle nicht allein Berge von Hühnerfuttersäcken, sondern auch andere farbige Stoffe, wohl an die 500 Meter. In diesem Stadium der Dinge schaltete sich Mr. Schlr.batis ein. Er verband in geschickter Weise die Futtersack-Aktion mit einer anderen, die er etwa drei Monate zuvor in dem Kaira-Distrikt von Gujerat, fast 500 Kilometer nördlich von Bombay, eingeleitet hatte und die dem Versuch galt, dort eine ländliche Jugendbewegung nach dem Muster der amerikanischen 4-H-Clubs ins Leben zu rufen. Die amerikanischen 4-H-Klubs, so genannt nach den vier H: heart, head, hand, health - Herz, Haupt, Hand und gesundheitliches Heil - durch die und für die sie wirken wollen, verfolgen bekanntlich das Ziel, die ländliche Jugend Amerikas in selbstverantwortlicher prak­ tischer Arbeit für ihre spätere landwirtschaftliche oder handwerk­ liche Tätigkeit, die Mädchen für ihren Beruf als ländliche Hausfrau und Mutter vorzubereiten. In sechs verschiedenen Dörfern von Gujerat hat Mr. Schlubatis derartige Jugendvereinigungen gegründet. Ganz wie in den Vereinigter Staaten lernen die Jungen dort alle Arbeiten und Arbeitsmethoden kennen, die mit dem Molkereibetrieb, dem Gartenbau, der Bodenver­ besserung und der landwirtschaftlichen Technik zusammenhängen. Die Mädchen werden in Erster Hilfe, Kranken- und Kinderpflege un­ terwiesen, sie lernen kochen, den Haushalt führen, stricken und nähen. Und hier finden nun die 500 Meter Stoff, welche die amerika­ nischen Spender auf den Appell ihrer hauswirtschaftlichen Beraterin hin der Rundfunkstation übersandten, eine äußerst zweckmäßige Ver­ wendung: Diejenigen Mädchen nämlich, die sich im Nähunterricht als besonders tüchtig erweisen, erhalten als Belohnung einige Meter Stoff. Damit wird ein doppelter Zweck erreicht: die Mädchen werden nicht nur mit hübschen Kleidern versorgt, auf die B2» außerordent­ lich stolz sind, es wird auch zugleich ihr Arbeitseil?r angespornt

- 9 - "AMERIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 angespornt, und immer weitere unter ihren Altersgenossinnen wer­ den veranlaßt, sich gleichfalls der Jugendbewegung anzuschließen, bei der es so schöne Geschenke gibt. In der Tat haben denn auch die nach amerikanischem Vorbild gestalteten Jugendvereinigungen in dem Gebiet von Gujerat erstaun­ lich rasch festen Fuß gefaßt. In einigen Orten, wie Bodal und anderen, meldeten sich in wenigen Monaten jeweils 30 bis 40 Mit­ glieder. Mit einer ähnlich günstigen Entwicklung ist auch für die nächste Zukunft zu rechnen. Und dazu haben bis zu einem gewissen Grade auch die - amerikanischen Futtersäcke von Mrs. Schlubatis beigetragen.

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- 10 - "AMERIKA DIENST" - fJR DIE JERAU 16. Dezember 1953

DAS KLEINE PORTRÄT (XVT)J

BABE ZAHARIAS KÄMPiT UM DEN GRÖSSTEN SIEG IHRES LEBENS Von Bill Rives

(110 Zeilen. QOO Wörter) CHICAGO — (Amerika Dienst) — Es war zu Anfang dieses Jah­ res, als Babe Zaharias - eine der erfolgreichsten Leichtathletin­ nen Amerikas - mit Entsetzen merkte, daß ihre Kräfte immer mehr nachließen. Eine Runde Golf, einst Entspannung und Erholung, empfand sie jetzt als eine qualvolle Tortur. Bei einem Turnier gelang es ihr noch mit Mühe, die ersten neun Löcher mit dem Schwung und der Sicherheit zu spielen, die sie zur unbezwunge- nen Meisterin des Golfs gemacht hatten. Aber in der zweiten Hälfte kämpfte sie nicht mehr um den Sieg, - sie kämpfte gegen Schmerzen, furchtbare Schmerzen. Verzweiflung packte sie, doch niemand auf der Tribüne merkte, was sie durchmachte; keiner sollte wissen, daß da nicht mehr die bewundernswerte freund­ liche, drollige Babe spielte, die seit 20 Jahren die Sportwelt begeisterte. Als ihr Mann und Manager, George Zaharias, sie immer wieder bat und drängte, sich gründlich untersuchen zu lassen, beschloß Babe, ihren alten Hausarzt aufzusuchen. Sie ließ sich jedoch nicht davon abbringen, vorher noch an dem nach ihr benannten Babe-Zaharias-Golf-Turnier teilzunehmen, das sie auch, wie jeder erwartet hatte, am 3.April gewann. Die Berichterstatter schrieben von einem bedeutenden sportlichen Erfolg, aber wie groß diese Leistung wirklich war, ahnte keiner der Zuschauer. "Sie brauchen mir nichts zu verheimlichen," sagte Babe, als sie nach der Untersuchung das sorgenvolle Gesicht ihres Arztes sah, "ich habe Krebs, nicht wahr ?" "Babe", erwiderte der alte Mann ernst, "diese Frage kann ich noch nicht beant­ worten; wir müssen einen Spezialisten zu Rate ziehen, - und zwar sofort, heute Nachmittag noch." Am 17.April wurde Babe operiert. Als sie die Wahrheit hörte,

- 11 - "AFRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 hörte, war sie zunächst entsetzt. Aber mit dem Mut einer großen Sportlerin sagte sie sich: "Ich wollte immer jeden Kampf ge­ winnen, und auch in diesem werde ich siegen." Immer munter und ausgeglichen gewann Babe die Herzen der Ärzte und Schwestern des Krankenhauses im Sturm. Für ihren be­ sorgten Mann fand sie immer wieder beruhigende und tröstende Worte. Babe und George hatten sich 1938 bei einem Golfturnier in Los Angeles kennengelernt und noch im selben Jahr geheiratet. Mildred, wie Babe eigentlich hieß, war das sechste von sieben Kindern eines norwegischen Einwanderers. Vater Didrikson und seine Frau hatten als bekannte Ski-Läufer einst manchen Sieg errungen. Alle Kinder, gesund und kräftig, folgten der Familientradition und trieben in jeder freien Minute eifrig Sport. In der Schule wurde Babe bal die beste leichtathletin, die nicht zu schlagen war. Trotz ihrer Erfolge blieb sie immer das freundliche und überall beliebte junge Mädchen, das nur ein Glück kannte - den Sieg. Niederlagen erlitt sie nie; schon der Gedanke daren schien ihr unerträglich. Babe wurde über die Grenze ihrer Heimatstadt hinaus be­ kannt, als sie im Jahre 1931 ihrer Basket all-Mannschaft im Titelkampf der National Amateur Athletic Union (AAU) zum Siege verhalf. Kurze Zeit später schlug ihr der Manager ihres Vereins vor, sich auch an den Wettkämpfen im Lau en und Springen zu beteiligen. Babe stimmte begeistert zu. Schon im nächsten Jahr erzielte sie bei den AAU-Kämpfen fünf "E ste", rückte damit in die vorderste Reihe der amerikan.sehen Leichtathleten und nahm an den Olympischen Spielen teil. Sie gewann den Hürden­ lauf über 800 Meter in einer Rekordzeit von 11,7 Sekunden, stellte mit 43,70 m einen neuen R.kor im Speerwerfen auf - eine Verbesserung um 3,35 m - und errichte im Hochsprung 1,65 m. Der bekannte amerikanische Sport-Berichterstatter Grantland Rice war von diesem schlanken, noch nicht zwanzig Jahre alten Mädchen, das bisher in jeder Spo tart immer Bestleistungen er­ zielt hatte, besonders angetan. Waren ihre außerordentliche Kraft, ihre Gewandtheit, ihr Gelassenheit nicht die idealen

- 12 - "AnaERIKA SIEHST" -fruit DI E PRAU 16. Dezember 1953 idealen Voraussetzungen, sie auch zu einer Meisterin im Golf­ spiel zu machen ? Als er sie um eine "Versuchsrunde" bat, er­ hielt er eine Zusage. "Sagen Sie mir bitte ganz kurz etwas über Golf, aber rasch," wandte sich Babe im Clubhaus an Olin Dutra, und nun folgte der schnellste Unterricht, den dieser bekannte Berufstrainer jemals gegeben hat. Er zeigte ihr, wie sie den Schläger halten müsse und erklärte die wich­ tigsten Spielregeln. Das junge Mädchen bedankte sich und eilte auf den Platz zu der ersten Golfrunde ihres Lebens. Babe und Rice schlugen ihre beiden Partner - und von dem Tag an ver­ schrieb sich Babe ganz dem Golfsport. 43 Tage mußte Babe im Krankenhaus bleiben. Aus allen Teilen der Welt erhielt die Kranke Telegramme und Briefe, von denen sie einer besonders tief berührte. Da schrieb eine Frai die ebenfalls an Krebs litts "Ich war verzweifelt, aber dann las ich, wie tapfer Sie seien. Dabei wurde mir klar, daß ich ja nicht die einzige bin, die diese schreckliche Krankheit hat, und daß Sie mir ein Vorbild sein sollten." Diese Zeilen be­ deuteten für Babe eine Verpflichtung, eine neue Aufgabe. "Immer wieder versuchen, nie aufgeben", hatte einst ihr Vater gesagt, und diese "Worte waren Babes Wahlspruch für die harten Sportkämpfe geworden. Bisher ging es dabei nur um sie, - um die Preude, Sieger zu sein. Aber diesmal galt es, ein ganz anderes Ziel zu erreichen; wenn sie diesen Kampf gewönne» könnte sie damit vielen kranken, mutlosen Menschen neue Hoff­ nung und Zuversicht bringen. Als Babe aus dem Krankenhause entlassen wurde, erklärten die Ärzte: "Wenn keine Komplikationen eintreten, haben Sie Aus­ sichten, in einigen Jahren wieder Golf spielen zu können." Eine so lange Zeit ohne Training aber würde große sportliche Leistungen in Präge stellen; in ihrem Alter - sie ist jetzt 40 - gab es bisher nur wenige Golfspieler von Format. Doch Babe ist eine außergewöhnliche Sportlerin und ohne Zweifel berechtigen die Erfolge, die sie vor ihrer Krankheit errang, zu den größten Hoffnungen. Schon

- 13 - "AFRIKA DIENST" - FÜR DIE FRAU 16. Dezember 1953 Schon am 30.Juli 1953 nahm Babe an dem Amerikanischen Golf- Turnier auf dem Platz des Tarn O'Shanter Country Club in Chikago teil. Nach 45 Schlägen für die ersten neun Löcher brachte sie es in der zweiten Hälfte des Spiels auf 37, eine Leistung, die nicht weit hinter denen aus der Zeit vor ihrer Operation zurück­ steht und weithin höchste Anerkennung fand. Die große Sport­ lerin steht vor dem größten Sieg ihres Lebens, dem Sieg über Enttäuschung, Mutlosigkeit und Verzweiflung.

(Hierzu ein Bild von Babe Zaharias)

(Aus der amerikanischen Monatszeitschrift "Sport")

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DIE JUERIKANERIN AUF DER PARTEIPOLITISCHEN BÜHNE (35 Zeilen, 320 Wörter) WASHINGTON) — (Amerika Dienst) — "Die Amerikanerinnen sind mehr und mehr an einem guten Verhältnis zu den Frauen an­ derer Nationen interessiert", stellte kürzlich Miss Bertha S. Adkins, die 2.Vorsitzende der Frauenabteilung der Republika­ nischen Partei, fest. Sie untermauerte ihre Feststellung mit der überaus großen Teilnahme amerikanischer Frauen an den soge­ nannten überseeischen "Good Will"-Reisen, die von Mitgliedern des Dachverbandes amerikanischer Frauenklubs laufend durchge­ führt werden und damit, daß Amerikanerinnen immer zahlreicher bei internationalen Konferenzen vertreten sind, wie beispiels­ weise bei dem Treffen der Internationalen Vereinigung weiblicher Angestellter und Berufsklubs und dem des internationalen Akade­ mikerinnen-Verbandes, Die Möglichkeiten für einen ständigen und beständigen Welt­ frieden wären weitaus größer, wenn die Frauen um Mütter der verschiedenen Nationen bei der Lösung internationa er Probleme enger zusammenarbeiten würden. Miss Adkins hat in d n \ergangenen Jahren viele Länder bereist und war tief beeindruckt, von der Be­ reitwilligkeit der Frauen, die ihnen zuerkannten Rechte - insbe-

- 14 - "AMERIKA LIEBST" - FÜR LIE FRAU 16. Dezember 1953 insbesondere das Wahlrecht - zu nutzen. Inwieweit Miss Adkins' eigene Partei die politische und soziale Gleichberechtigung der Frau im eigenen lande anerkennt, geht aus der Tatsache hervor, daß in den elf Monaten republi­ kanischer Regierung in den USA vierzig Frauen in verantwor­ tungsvolle Positionen berufen worden sind. In der neuen Sit­ zungsperiode des 83.Kongresses werden ferner 12 Frauen ver­ treten sein, eine Republikanerin im Senat und sechs Republi­ kanerinnen und 5 Vertreterinnen der Demokratischen Partei im Repräsentantenhaus. Im diplomatischen Korps befinden sich zwei Frauen im Rang eines Botschafters, beide durch Präsident Eisenhower ernannt; die GOP (Grand üld Party - Republikani­ sche Partei) hat 90 weibliche Mitglieder mehr in der Legis­ lative der Einzelstaaten, als andere politische Parteien, und 16 von 31 in bedeutende Positionen durch Wahl einge­ setzte Frauen der USA sind Republikanerinnen.

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HAUPTSCHNQRRER FJR DIE GYA Mrs. Shouse. Gründerin des Olay-Fonds zur Unterstützung der GYA-Klubs in Deutschland gesucht die Bundesrepublik (44 Zeilen, 380 Wörter) BONN — (Amerika Dienst) — Mrs. Shouse, Gründerin und Ver­ walterin des General-Clay-Fonds, der zur Unterstützung und Fort­ führung des deutschen Jugendhilfswerks der amerikanischen Armee, der GYA-Klubs, dient, hält sich zur Zeit in der Bundesrepublik auf. Mrs. Shouse, die sioh selbst "Hauptschnorrer der GYA in den USA" nennt, befindet sich in Begleitung ihres Mannes, Colonel John ,7. Norvel, des jetzigen Chefs der G^A-Sektionen der Ü.S. Army in Europa. Sie ist dabei, ihre Pläne mit den zuständige amerikanischen und deutschen Behörden zu besprechen. Als im Juni ds.Js. HICOG seine finanzielle Unterstützung an

- 15 - '•AJUÜRIICA DILflST" - FUfi DIE FRAU 16. Dezember 1953 an die GYA nicht mehr fortsetzen konnte, wurden von den bis da­ hin bestehenden 74 Klubs in der Bundesrepublik 34 von den zu­ ständigen deutschen Behörden übernommen und 22 blieben unter direkter Betreuung der U.S.-Army. Wie Mrs. Shouse den deutschen Pressevertretern auf einem Empfang in Bad Godesberg, an dem auch Botschafter Conant teilnahm, bestätigte, haben sich der deutsche Bundespräsident, der Bundeskanzler und auch der deutsche Geschäftsträger in Washington, Botschafter Dr. Krekeler, für eine Fortsetzung des GYA-Programms in Deutschland ausge­ sprochen und ihre weitestgehende Unterstützung für seine Finan­ zierung zugesagt. Die GYA-Klubs kommen einem großen Bedürfnis der Jugendlichen in Deutschland entgegen, indem sie eine "Poli­ tik der offenen Tür" verfolgen und keinerlei Bindungen irgend­ welcher politischer, sportlicher oder auch religiöser Art voraussetzen. Mrs. Shouse wurde erstmals im Jahre 1948 während einer Europareise auf die GYA aufmerksam, deren Motto ihr besonders imponierte,"a helping hand is better than a handout", was zu deutsch bedeutet, "eine helfende Hand ist mehr wert als ein Geschenk". Als sie damals nach den USA zurückkehrte, gründete sie den GYA-Fonds, dessen Ehrenvorsitz der damalige Militär­ gouverneur von Deutschland, General Lucius Clay übernahm. Auch nach seiner Ablösung als Gouverneur verlor Clay nicht das Interesse am GYA-Programm, und Mrs. Shouse bestätigt gern, daß die Continental Can Corporation, deren Präsident Clay heute ist, mit zu den großherzigsten Spendern des Fonds gehört. Auch im Pentagon, dem Sitz des amerikanischen Verteidigungsministe­ riums, findet Mrs« Shouse tatkräftige Unterstützung: soeben unterzeichnete der stellvertretende Personalchef 17 000 Briefe an die verschiedensten Frauenorganisationen der USA und be­ dankte sich für die beachtlichen Spenden für das Jugendpro­ gramm der amerikanischen Soldaten.

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