Fluchttagebuch des Pfarrers

Franz Haubenreich (1902-1976) Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

15. September 1944 Es ist 2:15 Uhr in der Nacht und wir verlassen Grabatz. Um 7 Uhr erreichen wir Heufeld, und um 19:30 Uhr beziehe ich in Mastort bei Andreas Binder Quartier. Kein Brevierbeten.

16. September 1944 (Sonntag) Ich stehe bereits um 4 Uhr auf, denn um 4:30 Uhr soll es losgehen. Man spricht davon, dass eine Rückkehr nach Grabatz möglich sei. Dies erweist sich aber als unwahr. Endlich geht es um 8:35 Uhr gegen Großkikinda los. Um 11:10 Uhr geht es zum Marktplatz ins Quartier zu Familie Gross. Die Familie ist sehr gastfreundlich. Ich gehe um 21 Uhr ins Bett.

17. September 1944 Um 7 Uhr ist Abfahrt aus Kikinda. Zwischen 7:45 Uhr und 8:20 Uhr wird eine kurze Pause am „Hottar“ eingelegt. Die Kolonne setzt sich nun in Richtung Ruskodorf fort. Vor genau 11 Jahren kam ich nach Grabatz. Ohne heilige Messe muss ich nun den Tag feiern, auf der Reise.

18. September 1944 Um 5 Uhr aufgestanden. 1.000 Lei in Dinar gewechselt. Abfahrt vom Quartier Haus Nr. 3 um 6:20 Uhr. Nach mehreren kurzen Pausen erreichen wir um 14:15 Uhr Kathreinfeld. Der Traktor von Jakob Klein bleibt unterwegs liegen, wird aber vor Ort repariert und kommmt gegen 6 Uhr an. Der Dechant, Pfarrer Martin Szabo, empfängt mich sehr freundlich und übergibt mir 50 Dinar als Stipendium für 5 Messen. Uns wird mitgeteilt, dass in Kathreinfeld eine Rast von 5 bis 6 Tagen eingelegt wird. Eine Rückkehr nach Grabatz wird nicht ausgeschlossen. Alle freuen sich und wünschen, es möge in Erfüllung gehen.

19. September 1944 Ich stehe um 6 Uhr auf. Um 8 Uhr zelebriere ich eine Messe im Beisein von Pfarrer Szabo. Es nehmen viele Flüchtlinge teil. Ich verteile vier heilige Kommunionen. Nach der Andacht halte ich eine Ansprache an die Grabatzer und andere Flüchtlinge. Noch immer lebt die Hoffnung nach Grabatz zurückkehren zu können. Am Nachmittag ziehen Flüchtlingskolonnen aus Gertjanosch und Tschene durch. Unsere Freude von gestern wird stark gedämpft, und die Hoffnung auf eine Rückkehr schwindet gänzlich, als bekannt wird, dass zeitig am nächsten Morgen in Richtung Etschka aufgebrochen wird.

Seite 1 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Abends um 18:30 Uhr hält Pfarrer Szabo eine Predigt. Der Rosenkranz wird im Beisein vieler Flüchtlinge gebetet. Manches Schluchzen und Weinen wird vernehmbar. Ich selbst hätte ohne zu weinen die Messe nicht halten können.

20. September 1944 Um 5:30 Uhr verabschiede ich mich von Dechant Szabo und gehe anschließend zum Quartier, wo die Wagen untergebracht sind. Hier erfahre ich, dass Josef Neurohr mit einem Wehrmachtsauto nach Grabatz gefahren ist, um die Jungs zu holen, die als Schutzleute zurückgeblieben sind. Wir müssen auf Josef warten. Es bleiben mehrere Grabatzer Wagen zurück, unschlüssig darüber, ob sie weiter oder zurück fahren sollen.

21. September 1944 In der Früh um 6 Uhr fahren ca. 25 Fuhrwerke, darunter auch ich, über Itebe nach Grabatz zurück. Nach großem Umweg durch ein serbisches Dorf erreichen wir Deutsch Zerne. Ich suche Pfarrer Brunner auf. Abends um 22 Uhr kommen wir endlich in Grabatz an. Zwischen Hatzfeld und Grabatz stürzt mein Wagen um. Ich verletze mich leicht an der Kniescheibe. Das Pfarrhaus ist hell beleuchtet. Deutsche Soldaten tragen meine Otomane zur Post. Das Pfarrhaus sieht wüst aus. Keller, Gang, Kanzleitür und sämtliche Kästen sind aufgebrochen. Es wurden folgende Sachen mitgenommen: 120 Eier, 25 Liter Wein, 22 Kilo Zucker, 16 Obstgläser, 2 Fahrradschläuche, 1 Paar Schlappen, 1 Pelzkappe, 1 Pullover, 1 Glasheber und 10 Reserveschlüssel.

22. September 1944 Im Dorf ist es unheimlich ruhig. Es sind fast keine Leute da. Ich habe ein Schwein mit einem Gewicht von 180 Kilo verkauft.

23. September 1944 Keine Messe und auch sonst nichts Besonderes.

24. September 1944 Am Vormittag hört man aus Richtung Bogarosch/Lovrin Artillerie, Granatwerfer und Maschinengewehrfeuer.

25. September 1944 Um 7:30 Uhr zelebriere ich die heilige Messe. Danach übergebe ich der Vorsitzenden des Rosenkranzvereines, Katharina Schüpfer, das Kassenbuch und 2.596 Lei – Kassenstand. Adam gebe ich 50.000 Lei. Nani gab ich am 15. September 4.500 Lei. Immer wieder Geschützdonner.

26. September 1944 Während der heiligen Messe und des gesamten Vormittags Kanonendonner. Am Nachmittag kommt Pfarrer Radocsay.

Seite 2 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

3. Oktober 1944 Oberstleutnant Radtke wird im Pfarrhaus einquartiert. Ich gebe ihm Nachtmahl und diskutiere mit ihm. Er gibt mir den Rat, Grabatz zu verlassen, denn die Front wird in diesem Sektor von den Deutschen nicht gehalten.

4. Oktober 1944 Ich lasse in einer Kiste die Matrikelbücher vergraben. Furchtbare Sorge bereitet mir das „wie Fortkommen?“ aus Grabatz. Es ist ein Hin- und Herrennen nach einem Fuhrwerk suchend. Es findet sich niemand, der sich unser annehmen würde. Oberstleutnant Radtke verspricht mir Lastwagen zur Verfügung zu stellen. Gegen Mittag fahren die ersten Wehrmachts-Lkw mit Frauen, Kindern und Gepäck ab. Laufend rollen Lastkraftwagen zu Gottschal Jergl`s Haus, von wo die Abfahrt erfolgt. Fieberhaft wird gepackt. Auf viele Sachen, die bei der ersten Flucht dabei waren, wird nun verzichtet, da es heißt, nur das Allernötigste darf mitgenommen werden. Die später Abfahrenden sind bedeutend besser dran, denn da heißt es – mitnehmen, was geht. Leider sind wir schon fort, ohne Salz und Mehl. Adam fährt mit einem Holz- und einem Weidekoffer bei Bauer Mischi mit. In Kikinda verbringen wir die Nacht im Bahnhof. Von Schlaf kann keine Rede sein. Im Gang sind Pakete aufgestapelt. Es werden verschiedene Abfahrtzeiten angegeben, aber leider nur angegeben und nicht eingehalten. Die Nacht ist sehr lange und unangenehm.

5. Oktober 1944 Um 3:10 Uhr erreichen wir Kikinda und um 15:45 Uhr Mokrin.

6. Oktober 1944 Über Valcani fahren wir nach Beba und von da nach Uj Szeged/Bahnhof. Mit Lastkraftwagen werden die Flüchtlinge in das Mädchenlyzeum geschafft. Bin um 22:30 Uhr endlich im Heim angelangt. Um 22:45 Uhr Fliegeralarm und um 1:30 Uhr in der Nacht schon wieder.

7. Oktober 1944 Die Flüchtlinge werden in Listen erfasst. Am Vormittag gibt es mehrfach Fliegeralarm

8. Oktober 1944 Um 5:20 Uhr kommt Adam. Um 6 Uhr höre ich die heilige Messe in der Votivkirche, danach frühstücke ich. Für 1,80 Pengö kaufe ich mir einen Liter Milch. Um 17 Uhr marschieren wir zum Bahnhof. Vier Soldaten helfen beim Tragen unseres Gepäcks. Gegen 19 Uhr fahren wir im offenen Waggon ab. Die Reise geht nach Kiskunfelegyhaza.

9. Oktober 1944 Wir fahren über Kecskemet, Katonatelep, Nagykörös, Nyarsapot und Csegled nach Kispest.

Seite 3 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Die Nacht verbringen wir im offenen Waggon im Budapester Bahnhof.

10. Oktober 1944 Gegen 2:30 Uhr in der Nacht fängt es an zu regnen. Alles wird nass. Rosenzweig Joschi und Bartl Josef rufen uns in einen geschlossenen Waggon. Die ganze Nacht schlafe ich schlecht. Den ganzen Tag stehen wir in Budapest.

11. Oktober 1944 Die Fahrt geht weiter.

12. Oktober 1944 Um Hedwig steht es sehr schlimm. Um 8 Uhr fahren wir los, werden aber bald darauf wieder zurückgeschoben. Um 14 Uhr gibt es einen Fliegeralarm. Gegen 16:25 Uhr fahren wir aus Udvard ab. Ich schlafe sitzend ein.

13. Oktober 1944 Wir fahren in Richtung Pressburg/Bratislava.

14. Oktober 1944 Tagwache in der Pressburger Vorstadt. Um 8 Uhr rasiert mich Huber zum zweiten Mal. Gegen 10:30 Uhr wieder ein Fliegeralarm. Die Flak schießt wie wild. Zwei Maschinen werden abgeschossen. In der Nacht schlafe ich wieder schlecht.

15. Oktober 1944 Wir fahren über Stadtlau und erreichen um 13:20 Uhr den Ostbahnhof Wien. Um 14 Uhr geht es vom Wiener Ost- zum Westbahnhof und um 16:20 Uhr weiter nach Rückersdorf.

16. Oktober 1944 Um 5 Uhr kommen wir in Krems an der Donau an. Gegen 10 Uhr erreichen wir endlich Senftenberg. Eine Stunde später kommt auch unser Gepäck an. Ich bin bei Pfarrer Alois Krudl einquartiert. Anna mit den Kindern bei Dr. Mildner im Haus Nr. 21. Midi und Günthers bei Bäckermeister Josef Maier im Haus Nr. 24. Von den 50 Grabatzern sind noch 20 ohne ein Dach über dem Kopf.

17. Oktober 1944 Ich schlafe bis 7:30 Uhr. Anschließend frühstücke ich beim Pfarrer. Um 17 Uhr sind immer noch 10 Grabatzer ohne Wohnung. Ich gebe Nani 45.000 Lei zum Umtausch.

18. Oktober 1944 Ich zelebriere um 7:45 Uhr. Hochwürden Krudl übergibt mir 50 Mark. Mittags sind immer noch 8 Personen ohne Unterkunft.

Seite 4 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich gebe Unterreiner 1.250 Dinar und Nani noch 2.000 Lei zum Umtausch. Im Laufe des Nachmittags werden die restlichen Grabatzer untergebracht. Es werden Lebensmittelkarten verteilt.

19. Oktober 1944 Um 7:45 Uhr zelebriere ich wieder. Hochwürden Krudl fährt nach Krems. Bei seiner Rückkehr überreicht er mir 100 Mark vom Bischof. Davon gebe ich 20 Mark meiner Schwägerin. Herr Doktor Mildner berichtet, dass 4.000 Flüchtlingswagen die Reichsgrenze überschritten haben und dass davon 200 Wagen in den Kreis Krems kommen. Vielleicht ist Adam auch dabei. Hochwürden Krudl teilt mir mit, dass mehrere geflüchtete Banater Priester eine Anstellung bekamen. Ich soll mir keine Sorgen machen.

20. Oktober 1944 Die Grabatzer gehen Holz fällen. Am Nachmittag nimmt mich Pfarrer Krudl zu einem Ausflug mit. Wir fahren mit einem Luxusauto, dessen Fahrer ein Franzose ist, über Imbach und Gneixendorf (da gibt es ein Gefangenenlager mit über 50.000 Mann) nach Langenlois, die größte Weinbaugemeinde des Reiches. Dann geht es nach Zöbing. Auch hier werden die Spitzenweine Österreichs erzeugt, wie z. B. der „Heiligenstein“. Die hiesige Pfarrkellerei hat ein Fassungsvermögen von 4.000 Hektoliter. Es ist der größte Keller der Gemeinde. Pfarrer Roman Stipernitz, Geistlicher Rat, bietet uns sehr gute Weine zum Probieren an. Es sind Weine aus Schönberg-Neustift (Kellerei Franz Zillner und Kellerei Franz Regelsberger), aus Langenlois (Kellerei Josef Deibl - größte Kellerei Österreichs mit einem Fassungsvermögen von 5.000 Hektoliter).

21. Oktober 1944 Am Morgen mache ich eine Fußpartie nach Imbach (Foto). Hier werde ich vom Geistlichen Rat, Pfarrer Josef Schellenberger, in der Klosterkirche des ehemaligen Dominikanerinnenordens sehr freundlich

empfangen. Die Klosterkirche ist zweischiffig und über 20 Meter hoch. Die Orgel stammt aus dem Jahre 1596. 14 Lüster! Der Ort wurde im Jahre 1130 gegründet, die Pfarrei im Jahre 1256. Das Kloster wurde zwischen 1669 und 1783 erbaut. Die Josefikapelle, erbaut zwischen 1285 und 1310, enthält eine Holzstatue des hl. Erasmus. Sehr kostbar! Für ein anderes Holzrelief -Christus und die 4 Apostel- bot man vergeblich 4.000 Schilling.

Seite 5 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

22. Oktober 1944 Um 9 Uhr lese ich die Messe im Beisein der meisten Grabatzer Flüchtlinge in Senftenberg. Ich tausche Nani 780,20 Mark gegen 47.000 Lei um. Am Nachmittag besuche ich einige Grabatzer Familien.

23. Oktober 1944 Heute fahren Kikindaer und Großbetschkereker Wagen durch Senftenberg. Der Geistliche Rat, Pfarrer Josef Klamminger, aus Neulengbach liest die Messe. Ich werde mit ihm bekannt gemacht. Danach besuche ich die Familien Bücher, Unterreiner und Tillschneider.

24. Oktober 1944 Um 7:15 Uhr zelebriere ich die heilige Messe und am Nachmittag assistiere ich beim Begräbnis von Ignaz Kruschinsky, der von einem Auto überfahren wurde, und bekomme dafür 20 Mark. Ich nehme zusammen mit Herrn Pfarrer beim Hochzeitsmahl von Hilda Prosanits teil. Es ziehen Flüchtlinge aus Semlak durch.

25. Oktober 1944 Um 7:45 Uhr zelebriere ich die heilige Messe. Vormittags und nachmittags helfe ich in der Dienststelle Einkaufsanträge auszustellen. Perkoser Flüchtlinge rasten hier. Von ihnen erfahre ich, dass in Krems Sanktmartiner Flüchtlinge sind.

26. Oktober 1944 Ich helfe den ganzen Tag über in der Dienststelle Anträge auszufüllen.

27. Oktober1944 Am Morgen fahren Midi und Bauer Lissi nach Krems und von dort weiter nach St.Pölten, um Ausschau nach Grabatzer Flüchtlingswagen und nach Adam zu halten. Am Abend ziehen Lenauheimer Wagen durch Senftenberg.

Die Kirche von Senftenberg

Seite 6 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. Oktober 1944 Am Vormittag helfe ich Holzanträge auszustellen. Wieder ziehen Lenauheimer Wagen durch Senftenberg. Ich habe Gelegenheit mit Lehrer Hans Bräuner und Jakob Neurohr zu sprechen. Joschi Rosenzweig übergibt mir einen Zettel von Adam. Darin schreibt er mir, dass sie in Weigelsdorf sind und auf Brennstoff warten. Danach fahren sie weiter. Ich statte Rosenzweigs einen Besuch ab. Midi kommt zusammen mit ihren Eltern und Bauer Lissi mit dem Wagen an.

29. Oktober 1944 Vormittags fahren Grabatzer, Gyulweser und Mokriner Wagen durch Senftenberg. Ich spreche mit Basch Joschi, Gyöse, Gottschall Mischi, Bartole Jani, Birkenheuer Anna und ihren Eltern. Am Abend besuche ich Jani und bin um 22 Uhr wieder zurück im Pfarrhaus. Um 23:10 Uhr gehe ich schlafen.

30. Oktober 1944 Eine mir unbekannte Frau überreicht mir 5 Mark mit der Bitte eine Messe für einen Gefallenen zu lesen. Etschkaer Wagen fahren durch. Ich besuche die Familien Huber, Kopsa und Unterreiner.

31. Oktober 1944 Am Vormittag fahren wieder Grabatzer Wagen durch Senftenberg. Darunter waren Neurohr (Nr. 2), Bauer Sepp, Vetter Hans, Dick Bauer, Lamesfeld, Gaul, Schneider, Grob u.a.. Dr. Mildner übergibt mir 1.077 Mark für die Flüchtlinge. Ich übergebe Herrn Pfarrer mein „Curriculum vitae“ zum Weiterleiten an das Ordinariat.

1. November 1944 Allerheiligen. In der Früh 1°C. Am Vormittag herrlicher Sonnenschein. Hier ist dieser Tag laut staatlicher Verordnung kein Feiertag. Ich zelebriere um 7:45 Uhr und nachmittags um 17 Uhr wieder. Wie anders war es doch in Grabatz! Der herrlich geschmückte Friedhof, die Prozession…. Ein unbeschreibliches Heimweh!

2. November 1944 Ich zelebriere um 6:45 Uhr. Die zweite Totenmesse halte ich um 8:15 Uhr (für meine Gläubigen, Angehörigen und Freunde). Guthaben: Midi hat 32 Mark, Nani 29 Mark, Anna und Hedwig je 15 Mark. In der Nacht kommen russische Flieger. Acht Bomben fallen in Langenfeld, 7 Kilometer von Senftenberg entfernt. Unterreiner besucht mich.

3. November 1944 Vormittags zieht eine Flüchtlingskolonne aus Nordsiebenbürgen (Bistritza) durch Senftenberg. Bücher Josef kommt an. Ich besuche ihn sofort.

Seite 7 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Danach helfe ich die Pfarrkartei alphabetisch zu ordnen (Senftenberg, Imbach 1884 bis 1938) Pfarrer Krudl übergibt mir 3 x 5 Mark.

4. November 1944 Erhalte einen Brief von Steffi.

5. November 1944 Um 9 Uhr zelebriere und predige ich. Gegen 11:30 Uhr kommt es zu einem mächtigen Dröhnen feindlicher Flieger. Am Nachmittag gibt es ein Requiem für die Gefallenen, abgehalten von Pfarrer Krudl. Im Friedhof erwähnt der Pfarrer, dass auch Fremde hier seien und gerne an den Gräbern der hiesigen Angehörigen beten wollen. Es wird viel geweint. Ich kann mich auch nicht zurück halten.

6. November 1944 Ich bekomme einen Berechtigungsschein für einen Wintermantel und einen Anzug. Herr Pfarrer übergibt mir 40 Mark als Geschenk von Fabrikant Graber aus Rehberg.

7. November 1944 Ich fahre mit Josef Bauers Wagen nach Krems. Zwischen Imbach und Rehberg begegnen uns Adam und Klaus. In Krems kaufe ich einen Winterrock (108 Mark), Schuhe (15,60 Mark), eine Wolldecke (13,90 Mark) und kehre danach mit einem Gelegenheits-Lkw zurück.

8. November 1944 Gehe zu Fuß nach Krems, wo ich an einer Priesterkonferenz teil nehme.

9. November 1944 Am Vormittag werden 100 kg (15 Mark) Mehl pro Kopf ausgefolgt. Am Nachmittag bin ich im Weinkeller von Herrn Pfannel. Ich erhalte von Steffi einen Brief.

10. November 1944 Ich spreche sowohl bei Frau Maier als auch bei Bürgermeister Preus wegen Midis Anstellung vor.

11. November 1944 Martini! Mit meinen Gedanken bin ich heute in Sanktmartin. Was ist mit den Angehörigen? Was mit meinem Bruder Martin?

12. November 1944 Um 9 Uhr zelebriere ich und halte eine kurze Predigt. Zu Mittag esse ich bei Adam (Martinimahl).

Seite 8 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Nachmittags gehe ich mit Herrn Pfarrer Krudl zu Frau Dr. Rienbacher, Sekretärin des Arbeitsamtes Krems. Ich reiche ein Gesuch ein, Midis Anstellung bei Maiers betreffend. Beim Schwiegervater von Frau Dr. Rienbacher trinken wir Wein. Im Gasthaus Weinkopf trinken wir Bier. Zwei Herren kommen zu mir an den Tisch. Einer von ihnen sagt zu mir: „Gib mir eine Zigarette, ich gebe dir auch eine zurück. Aber eine Watschen“.

13. November 1944 Der Pfarrer fährt mit Fräulein Loisi nach Krems zum Begräbnis ihrer Tante. Ich stehe um Lebensmittelkarten über eine Stunde in der Schlange.

14. November 1944 Ich schreibe Lessl einen Brief. Midi teilt mir mit, dass der Brief, den sie Martin schrieb mit dem Vermerk „vermisst“ zurückkam. Ich helfe drei Stunden lang Pfarrkarten mit der Schreibmaschine auszufüllen.

15. November 1944 Ich erhalte einen Brief von Messners (Fam. Heinrich). Beim Vorlesen vor Pfarrer Krudl kann ich mich meiner Tränen nicht erwehren. Besuch bei Leopold Proidl, Nr. 101. Es ist dessen Namenstag. Ich bekomme Streichkäse und Brot.

16. November 1944 Für 80 Pfennig lasse ich mir Eisenspitzen auf die Schuhsohlen machen. Proidl, Nr. 107, übergibt mir 10 Mark, um zwei Messen für eine glückliche Heimkehr zu lesen.

17. November 1944 Ich bekomme einen Brief von Steffi. Tausche 1.600 Lei Hartgeld gegen 26,56 Reichsmark.

18. November 1944 Pfarrer Krudl fährt nach Hause (Weistrach). Ich beantworte Steffis Brief. Vom Ordinariat St. Pölten erhalte ich die Erlaubnis zu zelebrieren und die „Curis Dictio“. Von Lessl erhalte ich eine Karte.

19. November 1944 Um 8 Uhr predige ich die heilige Messe. Danach besuche ich Bücher. Bei Rosenzweig Joschi kommt es zu einer Fuxpartie. Es spielen: Rosenzweig, Huber, Adam, Tillschneider und ich.

20. November 1944 Um 7:15 Uhr halte ich ein Requiem für Herrn Steger. Danach besuche ich den Geistlichen Rat in Imbach.

Seite 9 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

21. November 1944 Um 7:15 Uhr lese ich die Messe für Proidl. Im Schlafzimmer sind es 10°C. Außentemperatur 6°C. Bis nach 21 Uhr warte ich vergeblich auf den Herrn Pfarrer.

22. November 1944 Fräulein Aloisia bringt Zwiebeln für Nani. Ich schreibe an Steffi, Lessl und Messner. Mit Rosenzweig Joschi spiele ich Tardel und gewinne 3 Partien. Am Abend kehrt Herr Pfarrer mit einem Fasanenhahn und Hasen aus Weistrach zurück.

23. November 1944 Regnerisches Wetter. Das angekündigte Paket von Steffi kommt an.

24. November 1944 Ich gebe die Briefe an Lessl, Steffi und die Unterreiner Buben auf und erhalte einen Brief von Nikolaus Neurohr.

25. November 1944 Herr Pfarrer übergibt mir 25 Mark für das Lesen von 5 Messen. 10 Mark bekommt Günther Berwi als Vorschuss für einen Koffer.

26. November 1944 Als Mittagmahl gibt es Fasanenbraten. Dieser schmeckt sehr fein. Nachmittags gibt es eine Fuxpartie bei Adam (Unterreiner, Tillschneider, Huber und ich). Um 16 Uhr holt mich Herr Pfarrer zum Spaziergang in den Wald ab, und um 20 Uhr nehmen wir das Nachtmahl (Hasenbraten) ein.

27. November 1944 Ich gebe Adam 200 Mark als Lohnrest. Zu Mittag essen wir Fleischknödel mit Sauerkraut, begleitet von Wachauer Musik. Ich schreibe an Nikolaus Neurohr (Nr. 130).

28. November 1944 Zusammen mit Herrn Pfarrer gehe ich zu Fuß nach Stratsing. Um 18 Uhr sind wir zurück. Ich trage die in Krems gekauften Schuhe zum ersten Mal bei diesem Fußmarsch. Zwei herausstehende Nägel im linken Schuh verleiden mir diesen Ausflug. Der Pfarrer von Stratsing wartet mit Wein, Butter und Brot auf. Das Pfarrhaus ist stockhoch und die Kirche einfach schön.

29. November 1944 Wegen der kalten Füße habe ich schlecht geschlafen. Ich helfe Adressen der Beitragsrückständler zu schreiben. Ich bekomme Post von Gyöze, Lessl und Bauer Mischi. Den ganzen Tag über ist es schon neblig.

Seite 10 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

30. November 1944 Düsteres Wetter. Ich besuche eine Holzkohlefabrik. Danach geht es in den Weinkeller.

1. Dezember 1944 Klares Wetter. Ich schreibe an Neurohr (Gyöze), Messner, Lessl, Hackbeil Lehrerin und Bauer Mischi. Bei Kienbacher habe ich furchtbar starken Zwetschgenschnaps getrunken. Ich erhalte einen Brief von Unterreiner Jani aus Wien.

2. Dezember 1944 Der Franzose Andre schmiert meinen Ofen. Ab Montag wird angeblich etwas geheizt.

3. Dezember 1944 Das Mittagmahl nehme ich zusammen mit Herrn Pfarrer bei Jani ein. Es gibt einen feinen Hühnerbraten. Nachmittags gehe ich mit Tillschneider zur Königsalm. Dort besuchen wir die Familie Ries. Gaul Jani ist auch da. Zusammen feiern wir den Namenstag von Franz Ries. Bald ist auch Namenstag von Mathias. Ich kann ihm nicht gratulieren. Was wohl mit ihm ist? Als ich von der Königsalm zurück komme, ist mein Zimmer geheizt. Um 21 Uhr ist es 14 °C warm.

4. Dezember 1944 Um 16 Uhr überrascht mich Steffi. Den ganzen Tag über ist das Wetter sehr unfreundlich, regnerisch. Ich erhalte einen Bezugsschein für ein Hemd, einen Hut, ein Paar Handschuhe und Nähzeug.

5. Dezember 1944 Ein schöner Tag. Zusammen mit Steffi mache ich einen Spaziergang. Ich erhalte vom Herrn Pfarrer 90 Mark für 18 Messen.

6. Dezember 1944 Mit Steffi fahre ich nach Krems. Da begegne ich Bauer Mischi, der mit seiner Familie auf dem Weg nach Senftenberg ist. Ich spreche mit dem Tierarzt, der mir mitteilt, dass Dechant Kilian nach Budapest geflohen ist. Ich kaufe einen Hut, einen Koffer, Stopfwolle und Zwirn, Tinte, Papier, ein Hemd, Handschuhe und eine Europakarte. Wir treffen um 11:30 Uhr zu Hause im Pfarrhaus ein. Hier essen wir Buttersemmeln und trinken Wein. Ich verspiele 2 Partien Schach gegen Steffi.

7. Dezember 1944 Am Vormittag hole ich meine Lebensmittelkarten ab. Am Nachmittag gewinne ich wieder 2 Partien Schach gegen Steffi.

Seite 11 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

8. Dezember 1944 Bartole Lissi übergibt mir die „Nachrichtenmitteilungen an Nichtinternierte im Feindesland“. Ich erhalte einen Brief von Unterreiner Josef aus Wien.

9. Dezember 1944 Schönes Wetter. Ich warte vergeblich auf Post. Zusammen mit Steffi besuche ich Unterreiner.

10. Dezember 1944 Um 9 Uhr zelebriere und predige ich. Nachmittags um 15 Uhr assistiere ich beim Begräbnis von Ludwig Proidl (Nr.11). Das heutige Schachspiel mit Steffi endete 3-1 für mich. Um 18:30 Uhr nehme ich zusammen mit Herrn Pfarrer am Totenschmaus bei Proidls teil.

11. Dezember 1944 Um 7 Uhr gehe ich mit Steffi zu Fuß nach Krems. Um 8 Uhr folgt uns Herr Pfarrer mit dem Rad. Steffi fährt mit dem Rad zurück. Ich fahre mit Herrn Pfarrer um 9:15 Uhr mit der Bahn nach St. Pölten. Wir sprechen beim Bischof vor. Dieser ist sehr freundlich und erkundigt sich nach unserer materiellen Lage. Anschließend sind wir bei Vikar Distelberger. Fliegeralarm! Zwei Stunden verbringen wir im Keller der Franziskaner. Danach gehen wir zum Bahnhof. Um 17 Uhr kommen wir in Maria Zell an, wo wir im „Hotel Feichtegger“ wohnen. Wir besuchen die hiesige Gnadenkirche.

12. Dezember 1944 Um 7:30 Uhr assistiere ich bei der Messe von Pfarrer Krudl und anschließend bei einem Priester aus dem Burgenland. Um 8:30 Uhr zelebriere ich am Gnadenaltar. Ich schließe dabei all meine Angehörigen, Gläubigen und Wohltäter in meine Gebete mit ein. Ich schreibe Karten an Fam. Haubenreich, an Midi, Tillschneider, Steffi, Bauer Seppl, Lessl, Grabner in Rehberg, Mayer und an Obermayer Anton (Nr. 19). Ich spaziere vor- und nachmittags.Dabei besichtige ich die Brünnelkapelle und komme bis zum Urlauberkreuz. Ich besuche Herrn Pfarrer P. Roman und verrichte meine Beichte.

13. Dezember 1944 6:30 Uhr Tagwache. Um 7:30 assistiere ich bei der heiligen Messe. Danach zelebriere ich. Während dieser Messe liegt mein Rosenkranz auf dem Altar. Ich schreibe an Fam. Weghofer. Um 11 Uhr besichtige ich die Schatzkammer. Sie enthält historisch wertvolle Gegenstände. Um 11:30 Uhr verabschiede ich mich von der Gnadenmutter. Ich vertraue ihrem Schutz meine Mutter, Geschwister, Verwandten, Wohltäter und meine Gläubigen an. Schweren Herzens scheide ich vom Gnadenaltar.

Seite 12 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Um 12:30 Uhr geht es zum Bahnhof. Wir fahren durch etwa 20 Tunnels. Einer davon beträgt etwa 5 Minuten Fahrzeit. Um 21:45 Uhr komme ich zu Hause an.

14. Dezember 1944 Erhalte Briefe von Frau Hackbeil und von Kaltenböck. Am Nachmittag um 15 Uhr findet das Begräbnis des Lehrers Leopold Proidl (Nr. 57) statt. Der Pfarrer von Stratzing und ich assistieren. Nach dem Begräbnis gibt es Milchbrot, Wein und Obst. Am 11. Dezember erhielt ich Briefe von Gyöze, Lessl und eine Karte von Dr. Klein.

15. Dezember 1944 Über Nacht hat es geschneit. Am Vormittag kommt Nanis Schwager an. Steffi besucht die Kolbus Geschwister in Krems. Ich helfe Zahlkarten für den Kirchenbeitrag zu adressieren.

16. Dezember 1944 Ich erhalte einen Brief von Heinrich (Messner) und schreibe Karten an Lessl und an Dr. Klein. Am Nachmittag um 16 Uhr begleite ich Steffi nach Rehberg. Von hier fährt er über Wien nach Budapest. Ich gebe Steffi meine Taschenuhr.

17. Dezember 1944 Fuxpartie bei Tillschneider. Mit dabei sind: Tillschneider, Unterreiner, Adam und ich.

18. Dezember 1944 Kein besonderes Ereignis.

19. Dezember 1944 Ich erhalte eine Karte von Gyöze, die ich auch gleich beantworte. Außerdem schreibe ich noch an Bauer Mischi und Neurohr (Nr. 130). Ich sende einen Brief an das Ordinariat Berlin mit der Bitte um Mitteilung der Anschrift des Bonifatius Vereins in Berlin. Ich gebe Nani 10 Mark als Verköstigungsbeitrag für Steffi. Krudl brennt heute Schnaps.

20. Dezember 1944 Ich erhalte eine Karte von Bauer Mischi. Der Pfarrer beendet das Schnapsbrennen.

21. Dezember 1944 Pfarrer Krudl erhält die Nachricht, dass er zum Geistlichen Rat ernannt wird. Ich schreibe Karten an Lessl, Lamesfeld, Dinger, Messner, Rieser Lissi und Elsässer Michel und erhalte eine Karte von Nikolaus Neurohr.

22. Dezember 1944 Ich schreibe an Nikolaus Neurohr, Dick Bauer und Haag Greti.

Seite 13 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Frau Kurz ersucht mich ihren Sohn nach den Feiertagen in Latein zu unterrichten. Pfarrer Krudl zeigt mir eine Zuschrift, in welcher den Priestern aus Litauen eine monatliche Entschädigung von 120 Reichsmark zusteht.

23. Dezember 1944 Feuer im Gasthof Schneider. Der große Saal brennt gänzlich aus. Er war vorgeheizt, damit das Militär dort Weihnachten feiern kann. Ich helfe, den Schulkindern die Beichte abzunehmen. Als Christkindl übergebe ich Adam 20 Mark, Nani 20 Mark und Anna 5 Mark.

24. Dezember 1944 Am Morgen sind es 10 °C. Zwischen 7:30 Uhr und 9:10 Uhr bin ich ständig im Beichtstuhl. Um 9:15 Uhr zelebriere ich. Um 15 Uhr ist die Christmette. Dazwischen versende ich Karten an Osmak Resi, Gaul Sefi und die Unterreiner Buben. Heute wird Pfarrer Krudl zum Geistlichen Rat ernannt. Zum Nachtmahl gibt es Fisch. Ich wünsche dem Herrn Rat und Fräulein Aloisia eine gesegnete Weihnacht und beschenke den Herrn Rat mit einem bescheidenen Stück Lavendelseife und 10 Rasierklingen. Fräulein Aloisia bekommt eine Toilettenseife. Der Herr Rat versichert mir, bei ihm gut untergebracht zu sein. Unter dem Kerzenschein des Christbaumes wird es mir ganz schwer ums Herz. Ich denke an jene, denen ich nicht schreiben konnte. Mein Gemüt ist aufgewühlt. Es sucht Erleichterung in einem Tränenguss.

25. Dezember 1944 Weihnacht! Um 8 Uhr zelebriere ich ein feierliches Hochamt, das musikalisch wunderschön vom Chor untermalt wird. Nach der Messe überbringe ich meine Weihnachtswünsche Dr. Mildner, Unterreiner und Tillschneider. Nachmittags besuche ich Fam. Tarde in Imbach. Dort fuxen wir: Tillschneider, Unterreiner, Adam und ich. Anschließend besuchen wir Bücher Josef, der zu Besuch ist. Midi übergebe ich als Geschenk 20 Mark.

26. Dezember 1944 Zusammen mit Pfarrer Krudl besuche ich die Orte Meisling, Ober- und Untermeisling. Wir erfahren von Pfarrer Grauvogl, dass im ehemaligen Schloss von Baron Gültmann Flüchtlinge aus dem rumänischen und serbischen Banat untergebracht sind. Ich statte diesen einen Besuch ab. Hier finde ich einen Cousin des Pfarrers Heintschl, zwei Frauen mit Kind aus Hatzfeld und in einem anderen Zimmer Flüchtlinge aus Kikinda, die aber sehr niedergeschlagen sind. Abends um 21 Uhr sind wir wieder zurück.

27. Dezember 1944 Um 7:45 Uhr halte ich das Requiem für Tillschneider Hansi.

Seite 14 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. Dezember 1944 Zwischen 10:45 Uhr und 11:45 Uhr unterrichte ich Friedl Kurz in Latein und gehe um 13:45 Uhr zu Fuß nach Krems. Ich besuche die Piaristenkirche, treffe jedoch weder Herrn Rat noch den Probst an. Auf dem Rückweg überbringe ich meine Neujahrswünsche dem Fabrikanten Felix Grabner. Hier erfahre ich auch, dass Gassmann aus Großkomlosch bei der Rehberger Post angestellt ist. Dieser erzählt mir, dass Pfarrer Kristinics nach Kikinda verschleppt wurde. Um 19:35 Uhr fahre ich mit dem Autobus zurück nach Senftenberg. Mädchen und Soldaten singen im Bus: „Nach meiner Heimat zieht’s mich wieder..“.

29. Dezember 1944 Wieder unterrichte ich eine Stund Latein. Danach schreibe ich eine Karte an Bauer Seppl.

30. Dezember 1944 Ich schicke einen Feldpostbrief an Adam Hüpfel. Eine Stunde unterrichte ich Latein. Pfarrer Krudl übergibt mir 60 Mark und behält für die Verpflegung genau soviel ein.

31. Dezember 1944 Ich predige und zelebriere um 9 Uhr. Nach der Messe stehen Bittenbinder und Edda vor der Kirche. Ich besuche Bittenbinders Frau und Söhnchen bei Bücher Berwi. Danach assistiere ich bei der Dankandacht um 15 Uhr. Anschließend überbringe ich meine Neujahrswünsche Herrn Hofrat Illing, Leopold Kurz, Franz Berger und Leopold Proidl. Herr Rat geht mit mir zu Adam, um auch diesem Neujahrswünsche zu überbringen. Beim Nachtmahl kommt es zum gegenseitigen Neujahr wünschen. Tränen fließen sowohl beim Nachtmahl als auch nach der Andacht. Ich erhalte Karten von Schilzong, Dr. Klein, Basch Joschi und Rieser Peter.

1. Januar 1945 Neujahr in der Fremde bei 3°C. Um 9 Uhr zelebriere ich und überbringe danach meine Neujahrswünsche Dr. Mildner, Adam, Obermayer, Unterreiner, Direktor Kanitz, den Familien Bücher und Bittenbinder und dem Kaufmann Kurz. Letzterer lädt mich zum Mittagessen (Gänsebraten!!) ein. Nachher wird bei Tillschneiders geramschlt. Hier sind Kopsa, Adam, Unterreiner und ich. Georg Tillschneider kibitzt nur.

2. Januar 1945 Ich erhalte Karten von Schilzong, Dick Bauer, Lessl, Mohr Lissi und Vetter Hans. Am Nachmittag besuche ich die Familien Rosenzweig, Neurohr und Bauer.

Seite 15 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

3. Januar 1945 Während der Messe opfere ich für alle Bekannten, Freunde, geflüchteten und daheimgebliebenen Gläubigen. Ich besuche die Familien Hackbeil, Bartole und Hüpfel und erhalte einen Brief von Gaul Sefi und eine Karte von Messner.

4. Januar 1945 Requiem für Bartole. Ich erhalte Post von Bauer Jani, Bauer Mischi und Nikolaus Neurohr (Nr. 130). Herr Pfarrer zeigt mir einen Brief vom Probst, in dem dieser anfragt, ob ich geneigt wäre das Benefiziat von Krems-Weinzierl anzunehmen. Krudl fährt nach Krems.

5. Januar 1945 Adam wird verständigt am 10. Januar in Wien zu erscheinen. Am Nachmittag gehe ich mit Herrn Krudl nach Krems und teile Herrn Probst mit, dass ich das Benefiziat ablehne. Mein Entschluss missfällt dem Probst. Abends kehren wir mit dem Bus zurück.

6. Januar 1945 Ich erfahre, dass Huber, Bauer Josef, Tierarzt Reichardt und Ries auch eine Einberufung erhalten haben.

7. Januar 1945 Während einer Tardlpartie bei Jani erfahre ich, dass auch Dr. Jägers Sohn ein Einberufungsschreiben erhalten hat. Am Nachmittag wird bei Unterreiner geramschlt und abends verbringe ich im Verwalterkeller zwei gemütliche Stunden. Leutnants aus Stralsund und Dresden sind auch dabei. Außerdem Fam. Pfaul und Faly, Kienbacher und ich. Es werden lustige Lieder gesungen und von einer Gitarre begleitet.

8. Januar 1945 Vergeblich warte ich auf Post von Steffi. Das Radio meldet, dass Gran in Ungarn zurückerobert und die Russen 40 Kilometer zurückgeschlagen wurden. König Michael wird bewacht und kann das Land nicht verlassen.

9. Januar 1945 7°C. Ich verabschiede mich von Adam, denn dieser fährt in der Früh zusammen mit Huber über Krems nach Wien. Adam schluchzt beim Abschied, und mir wird es auch ganz schwer. Ich hoffe aber insgeheim, dass er von Wien zurückkehrt. Mit Pfarrer Krudl und Oberlehrer Kanitz kosten wir Proidls (Nr. 1) Wurst und guten Wein. Ich kann nicht schlafen. Meine Gedanken sind bei Adam.

10. Januar 1945 Vormittags besuche ich meine Schwägerin, die sehr niedergeschlagen ist. Am Nachmittag gehe ich zu Fuß nach Krems zu einer Priesterkonferenz.

Seite 16 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

In Krems kaufe ich mir Sockenhalter, Winterstrümpfe und Hosenträger. Um 16 Uhr setzt Schneefall ein. Ich kehre mit dem Bus zurück nach Senftenberg in der Hoffnung, dass Adam auch schon da wäre. Das ist aber nicht der Fall.

11. Januar 1945 Ich zelebriere die Maria Hilf Messe für Hackbeil Kathi. Ich erhalte eine Karte von Elsässer Michel und eine von Haag Greti, die mir darin mitteilt, dass sie am 9. Februar zur Flak nach Krems einberufen wurde. Midi erhält einen Brief von Mesz Noni, in dem diese schreibt, dass ihr Bruder seit dem 28. Oktober 1944 in Lettland vermisst wird. Sie bittet um eine Messe zu Ehren von Maria Hilf für ihren Bruder. Das Schneien hält den ganzen Tag über an. Vergeblich warte ich auf einen Brief von Steffi. Es treffen noch Briefe von Osmak Resi aus Berlin, von Rieser Peter und eine Karte von Neurohr (Nr. 2) ein.

12. Januar 1944 Frau Anna Neurohr geb. Klein verlangt ihren Tauf- und Trauschein. Sie entband am 4.1.1945 ein Mädchen (Roswitha) in Kirchschlag, und das Standesamt benötigt die besagten Dokumente.

13. Januar 1945 Ich schreibe je eine Karte an Dr. Klein, Osmak Resi, Bauer Seppl und Bauer Jani. Im Pfarrhaus wird ein Schwein von 125 kg geschlachtet. Es wird erschossen und mit Pech eingestreut.

14. Januar 1945 Mich quält ein starker Husten. Wir ramscheln bei Kopsa. Am Nachmittag schicke ich Karten an Gyöze, Elsässer Michel und Rehm Leni.

15. Januar 1945 Ich verschicke einen Brief ans Standesamt (wegen Anna Neurohr), eine Karte an Bartole (Manjet) Leni und an Müller Franz. Herr Pfarrer gibt für Nani Grieben mit. Diese meint, es rieche nun in der „Speis“, als hätte man selbst frisch geschlachtet. Zusammen mit Dr. Mildner nehmen wir bei Kurz das Nachtmahl ein. Ich erhalte eine Karte von Hans Neurohr (Wachtler).

16. Januar 1945 Heute sind es genau drei Monate, seit wir in Senftenberg angekommen sind. Die verschiedensten Gedanken gehen mir durch den Kopf. Ich bin sehr deprimiert. Weder von Steffi noch von Adam habe ich ein Lebenszeichen erhalten. Anna ist sehr unfolgsam und auch das trägt zu meiner Niedergeschlagenheit bei.

17. Januar 1945 Um 7:45 Uhr zelebriere ich nach einer sehr unruhigen Nacht.

Seite 17 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich lag sehr oft wach an meine Pfarrei, Pfarrkinder, Angehörigen, Freunde und Bekannte denkend. Heute ist der Namenstag des Altbürgermeisters Anton Kienbacher.

18. Januar 1945 Ich erhalte einen Brief von Dr. Hans Tillschneider. Doch weder Steffi noch Adam haben geschrieben. Ich weiß nicht, was ich denken soll.

19. Januar 1945 Adam meldet sich!

20. Januar 1945 Ich bekomme eine vorläufige Bescheinigung für „Evakuierte Volksdeutsche aus dem Südosten“. Soldaten inszenieren einen Straßenkampf in Senftenberg. Nani erschreckt, denn sie glaubt, die Russen wären schon da. Ich erhalte einen Brief von Lessl.

21. Januar 1945 Eine ungarische Militärkolonne zieht durch. Bei Tillschneider wird geramschelt.

22. Januar 1945 Mir ist furchtbar langweilig, und der Husten quält mich. Ich schreibe einen Brief an die Erzbischöfe von Wien und Graz.

23. Januar 1945 Ungarisches Militär zieht mit sehr mageren Pferden durch Strengberg. Ich spiele Tardl mit Unterreiner.

24. Januar 1945 Ich erhalte einen Brief von Nikolaus Bartl und verbringe meine Zeit beim Tardl mit Unterreiner. Ich hätte einer Einladung zum Nachtmahl nach Rehberg zu Fabrikant Grabner folgen sollen, doch der Husten hält mich davon ab. Pfarrer Krudl geht.

25. Januar 1945 Brief von Neurohr Franz erhalten.

26. Januar 1945 Ich versende Briefe an Neurohr Franz, Schilzong, Nikolaus Bartl, Mathias Gehl und Anna Neurohr (Nr. 2).

27. Januar 1945 Ich erhalte einen Bezugsschein für einen Eimer und einen Kochtopf. Silberhochzeit bei Förster Hagmann.

Seite 18 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Es nehmen teil: Das Jubelpaar, die Schwiegertochter, Dr. Nuhr samt Frau, Frau Dr. Wagner aus Wien, Pfarrer Krudl und ich. Um 0:15 Uhr gehe ich ins Bett.

28. Januar 1945 In der Nacht wehte ein heftiger Wind. Bei Kopsa wird geramschelt. Nanis Schwager Kilian kommt an. Ich erhalte eine Karte von Lessl.

29. Januar 1945 Ich gewinne 5-2 Partien beim Schach gegen Kilian. Der Wind tobt weiter.

30. Januar 1945 Bekomme sehr kalte Finger beim Zelebrieren. Ich fertige Matrikelduplikate an. Am Nachmittag spaziere ich mit Herrn Pfarrer durch den Wald. Es ist sehr rutschig und ich werde dabei ordentlich müde. Völlig durchgeschwitzt komme ich an.

31. Januar 1945 Einen Brief von Engelhard und eine Karte von Jakoby erhalten.

1. Februar 1945 Ich erhalte eine Karte von Hüpfel (Hackbeil) Leni. Der Herr Pfarrer überreicht mir 67,60 Mark für den Monat Januar.

2. Februar 1945 Habe einen Brief vom bischöflichen Ordinariat aus Wien erhalten. Heute ist der Namenstag meiner Schwester. Nur Gott weiß, wo und was mit ihr ist. In Gedanken bin ich bei ihr. In der heiligen Messe gedenke ich ihrer besonders. Um 15 Uhr assistiere ich beim Begräbnis des Vaters von Frau Hanka. Es sind +10°C.

3. Februar 1945 Ich spiele Schach bei Proidl (Nr. 57) und schreibe eine Karte an Jakoby.

4. Februar 1945 Um 9 Uhr zelebriere ich bei 0°C. Um 15 Uhr halte ich eine Segensandacht. Danach wird bei Unterreiner geramschlt.

5. Februar 1945 Ich schreibe an A. Büttner und an Pfarrer Johann Wittye. Nani übergebe ich 150 Mark.

6. Februar 1945 Lateinunterricht mit Erich Bücher. Danach spiele ich Schach mit Proidl. Karten erhalte ich von Bauer Sepp, Gottschall Jergl, Schilzong und Gyöze. In der Nacht kommt Adam zurück. Eine Sorge weniger.

Seite 19 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

7. Februar 1945 Heute besichtige ich den Eisstoß in der Krems auf einer Fläche von etwa 150 Metern.

8. Februar 1945 Der Eisstoß reißt eine Brücke bei der Fabrik ein. Ich erhalte Schreiben von Elsässer Michel, Bauer Jani und Mischi, Mesz Noni und Rehm Leni.

9. Februar 1945 Erhalte Briefe vom Ordinariat Graz, von Gyöze und von Anna Neurohr (Nr. 2.)

10. Februar 1945 Ich schreibe an Bauer Seppl, Schilzong, Rehm Leni, Elsässer Michel und Gyöze.

11. Februar 1945 Sehr schönes Wetter. Wir ramscheln bei Unterreiner.

12. Februar 1945 Briefe von Müller Franz und Grob Leni erhalten.

13. Februar 1945 In der Nacht hat es geschneit und nun taut es auf. Es entsteht ein furchtbarer Matsch.

14. Februar 1945 Aschermittwoch! Ich schreibe an Dr. Klein, Müller Franz und Grob Leni. Am Nachmittag gehe ich zu einer Priesterkonferenz nach Krems. Dr. Steiner, Theologieprofessor aus St. Pölten, hält einen Vortrag über die „Entstehung der Pfarrei“. Ich kaufe mir in Krems einen schwarzen Anzug für 114 Mark. Mit dem Autobus geht es zurück nach Senftenberg. Unterwegs Alarm.

15. Februar 1945 Das Radio meldet, dass Budapest gefallen ist. Unterreiner erhält eine Nachricht, in der man ihm mitteilt, dass Gusti, sein Sohn, in Lettland gefallen ist.

16. Februar 1945 Ich schreibe an Klein Karl und an Kilian.

17. Februar 1945 Brief von Lessl erhalten.

Seite 20 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. Februar 1945 Um 15 Uhr halte ich eine Kreuzwegandacht. Alles ist wieder weiß, obwohl der Schnee schon völlig weg war.

19. Februar 1945 Adam und Huber gehen zu Fuß nach Krems zum Arbeitsamt. Ich gebe einen Kleiderkartenabschnitt für eine Sohle bei Wagner ab.

20. Februar 1945 Adam und Huber treten ihren Dienst bei Bruder Beran in Krems an.

21. Februar 1945 In Krems kaufe ich mir einen Spiegel, ungarische Spielkarten, Tarotkarten und Schnaps. Eine Karte erhalte ich von Neurohr (Wachtler) Hansi.

22. Februar 1945 Karte von Katharina Blassmann erhalten.

23. Februar 1945 Schreiben von Dr. Schön und Mesz (Müller) Noni erhalten.

24. Februar 1945 Adam bekommt einen Brief von Klein Josef. Dieser berichtet, dass Hans Bartl (Henzl) etwa 1 Kilometer von ihm entfernt von einer Granate in Stücke gerissen wurde. Rosenzweig Sefi sagt, dass auch Hackbeil Franzi gefallen sei. Es regnet.

25. Februar 1945 Um 15 Uhr halte ich eine Kreuzwegandacht. Danach wird bei Kopsa geramschlt.

26. Februar 1945 Windiger, verregneter Tag. Ich schreibe an Bittenbinder Feri und Taugner Maria und erhalte eine Karte von Bauer Mischi.

27. Februar 1945 Requiem für Nikolaus Bartole. Ich erhalte Briefe von Bauer Jani, Schilzong, Dr. Klein und Rieser Peter.

28. Februar 1945 Der Herr Pfarrer übergibt mir 85 Mark. Vom Christuswerk erhalte ich 16,80 Mark zum Verteilen. Ich erhalte eine Karte von Messner und Gerger Hedi.

Seite 21 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

1. März 1945 Feindlicher Fliegerbesuch in Tulln und Krems.

2. März 1945 Erhalte Briefe von Ottilie Klein und Anna Neurohr. Dr. Klein teilt in einem Brief an Dr. Reichardt mit, dass er von der Kreisleitung in Krems ermahnt wurde sich als Deutscher zu zeigen. Heute findet die kirchliche Trauung von Dr. Otto Nuhr statt. Er ersuchte mich neben dem Förster, Leopold Hagmann, als Trauzeuge zu fingieren. Um 19:30 Uhr nehme ich beim Nachtmahl bei Dr. Nuhr teil. Für die Assistenz erhalte ich 20 Mark.

3. März 1945 Wechselndes Wetter mit Schneegestöber. Ich erhalte einen Brief von Hans Bitza.

4. März 1945 Um 9 Uhr zelebriere und lese ich den „Fastenhirtenbrief“. Ich erhalte von Frau Auer 50 Mark als Spende. Danach halte ich eine Kreuzwegandacht und schreibe an Ottilie Klein, Dr. Klein und Gerger Hedi.

5. März 1945 Ich werde aufgefordert Personaldaten an den Volkssturm der Kompanie Senftenberg zu melden. Schneegestöber.

6. März 1945 Es sind 0°C und über Nacht fielen etwa 25 cm Neuschnee. Von ihrer Nichte in Imbach übergibt mir Frau Obermayer 90 RM. Dafür soll ich 4 stille Messen lesen. Davon übergebe ich Herrn Pfarrer 8 RM zur Verrechnung. Das übrige Geld bleibt, nach dem Willen der Geberin, als Spende. Ich übergebe meine und Adams Daten Herrn Zaruba vom Volkssturm. Heute ist der Namenstag meines Schwagers. Ich erhalte einen Brief von Halbmann Greti.

7. März 1945 Ich schreibe an Gyöze, Halbmann Greti, Bauer Jani, Jakoby, Unterreiner und Bitza Hans. Um 18 Uhr gratuliere ich Herrn Proidl (Nr. 57) zum 80. Geburtstag.

8. März 1945 Erhalte Briefe von Nikolaus Bücher, Lessl und Erasmus Kathi.

9. März 1945 Requiem für Unterreiner.

10. März 1945 Sehr windiges und regnerisches Wetter.

Seite 22 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. März 1945 Um 15 Uhr halte ich eine Kreuzwegandacht. Danach wird beim Hinterberger geramschelt.

12. März 1945 Schicke Karten an Dr. Klein, Gross Jakob, Hackbeil Leni, Günther Josef, Lessl und Bauer Jani.

13. März 1945 Um 9 Uhr gehe ich mit Unterreiner zur Königsalm. Gegen 11:30 Uhr sind wir zurück. Um 15 Uhr melde ich mich gemäß des Aufrufes vor der Kommission des Arbeitsamtes Krems. Es heißt, dass sich alle Männer bis 65 und alle Frauen bis 50 Jahre, die kein Arbeitsbuch haben und nicht im Einsatz stehen, zu melden haben. Der Landrat von Krems sagt, ich und auch Pfarrer Krudl müssen uns nicht melden.

14. März 1945 Um 13:15 Uhr gehe ich nach Krems zur Priesterkonferenz und kehre mit dem Bus zurück.

15. März 1945 Requiem für den Gefallenen Gusti Unterreiner. Nach „Libera“ spreche ich wegen meiner Ergriffenheit mit Unterbrechungen. Am Abend kommt Frau Leitner mit ihrem Töchterchen.

16. März 1945 Schreibe Neurohr Mariska und Gottschall Madi. Erhalte einen Brief von Jakoby. Komme mit einem ungarischen Major ins Gespräch.

17. März 1945 Ich gebe 1 Mark für einen WHW-Brief von Gyöze.

18. März 1945 Nachmittags um 15 Uhr spiele ich die Orgel bei der Kreuzwegandacht. Der Kantor selbst ist bei einem Begräbnis in Dross.

19. März 1945 Heute ist der Namenstag meines Bruders, Engelhardts, Kilians, Wilds, Unterreiners… In Gedanken weile ich bei allen.

20. März 1945 Brief von Basch Berwi erhalten.

21. März 1945 Von 9 Uhr bis 11 Uhr grabe ich um und werde dabei sehr müde.

Seite 23 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

22. März 1945 Wieder grabe ich von 9 Uhr bis 11 Uhr um und bekomme Blasen an der rechten Hand.

23. März 1945 Reif bei 2°C am „Schmerzhaften Freitag“. Ich erhalte einen Brief von Barbara Heckl und erinnere mich zurück an die Wallfahrt nach Gottlob. Es war ein herrlicher Tag. Wie schön wäre es, heute wieder daheim zu sein und mit vielen Gläubigen nach Gottlob zu ziehen, dort der Friedhofsandacht beizuwohnen und anschließend mit meinen Amtsbrüdern die Zeit zu verbringen? Wie sehr fühle ich bei diesen Gedanken das Heimweh!

24. März 1945 Requiem für den Vater und die Verwandtschaft Unterreiners. Dr. Reichardt ist kleinmütig. Es ist ein schöner Tag und ich grabe wieder zwei Stunden um.

25. März 1945 Palmsonntag! Ein herrlicher Tag. Um 9 Uhr zelebriere ich. Es ist der 53. Geburtstag von Pfarrer Krudl. Am Mittagstisch überbringe ich ihm meine Wünsche in einer Ansprache. Er bedankt sich. Zum Nachtisch gibt es echten Bohnenkaffee. Ich bekomme Karten von Heinrichs und von Bücher Nikolaus. Gestern versagte meine Armbanduhr. Die Reparatur kostet 86 Mark. Ich schreibe an Barbara Heckl.

26. März 1945 Unfreundliches Wetter.

27.März 1945 Um 11:45 Uhr kommt der Dechant von Gföhl mit dem Rad zu uns. Ich erhalte Briefe von Gyöze, Mühlbach Adam und Unterreiner Josef.

28. März 1945 Ich erhalte Karten von Neurohr Helmut und von Neurohr (Anton) Anna.

29. März 1945 Gründonnerstag! Pfarrer Krudl hält um 8 Uhr das Hochamt, bei dem ich assistiere. Um 17 Uhr halte ich die Kreuzwegandacht. Ich erhalte einen Brief von Barbara Haag.

30. März 1945 Karfreitag! Von der Kanzel lese ich die Passion vor. Es sind wenige Leute in der Kirche. Um 13 Uhr nehme ich an einer Seelsorgerstunde für Kinder teil, und um 17 Uhr wird der Rosenkranz gebetet.

Seite 24 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

31. März 1945 Karsamstag! Die Zeremonie hält Herr Pfarrer Krudl und ich assistiere und singe die 12 Propheten. Um 8:45 Uhr zelebriere ich. Draußen weht ein kalter Wind. Um 17 Uhr findet die Auferstehungsfeier statt.

1. April 1945 Ostersonntag! Um 7 Uhr nehme ich die Beichte ab, danach hält Hochwürden Krudl ein musikalisches Hochamt. Um 9 Uhr halte ich eine Segensmesse für meine Pfarrkinder, Angehörigen, Freunde, Wohltäter und Bekannten. Ich erhalte Karten von Lessl, Hackbeil Leni und Anna Hepp.

2. April 1945 Ostermontag! Es ist mein Geburts- und Namenstag. Um 9 Uhr zelebriere ich. Danach erhalte ich Glückwünsche von meinen Grabatzern und von Pfarrer Krudl, Fräulein Loisi und von Frau Leitner. Der Tisch ist mit Grün und Blumen geschmückt. Um 13:30 Uhr wird Krems bombardiert. Es gibt viele Tote. Die Arbeitsstätten von Adam und Günther Berwi sind vernichtet. Die Uhr wurde in der Nacht vorgestellt.

3. April 1945 Von Herrn Pfarrer bekomme ich 80 Mark. Ungarische Flüchtlinge und ungarisches Militär ziehen durch Senftenberg. Alles ist aufgeregt. Wir spielen mit dem Gedanken weiter zu ziehen.

4. April 1945 Ich irre aufgeregt herum, denn wieder ziehen Flüchtlinge und Militär durch.

5. April 1945 Bauer Josefs Familie zieht weiter nach Zwettl. Unterreiner verfasst ein Gesuch an den Landrat von Krems, in dem er diesen bittet Flüchtlingsfahrzeuge für den Ernstfall bereitzustellen.

6. April 1945 Elisabeth Bartole mit ihren beiden Töchtern ziehen nach Rastbach zu Familie Gaul. Tierarzt Reichardt nimmt das Gesuch mit nach Krems, bringt es aber wieder unerledigt zurück und sagt, er wurde ausgelacht. Ich erhalte Besuch von Frau Kolla und Frau Gerlach aus der Nähe von Pressburg, die nun auch auf der Flucht sind. Von Neurohr Niki erhalte ich einen Brief.

7. April 1945 Ich nehme Helmut Illing und später auch den Kindern die Beichten ab. Frau Kolla und Frau Gerlach fahren nach Zwettl weiter.

Seite 25 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

8. April 1945 Von 8 Uhr bis 9 Uhr nehme ich Beichten ab. Um 9 Uhr zelebriere ich. Das übliche Kartenspiel fällt heute weg, weil der Hirtenberger nicht öffnet. Zielloses Durcheinander. Die Gefangenen von Gneixendorf werden in Richtung Ostrau gebracht. Ich leide unter einem schweren Albdruck wegen dieser Ungewissheit.

9. April 1945 Unterreiner spricht mit Hauptmann Keller. Dieser verspricht uns alle mit zu nehmen, damit niemand in Feindeshand kommt. Die Gemüter beruhigen sich etwas. Frau Leitner bringt mir 65 Mark aus Krems mit.

10. April 1945 Ich lese eine Seelenmesse für den Gefallenen Nikolaus Mohr. Eine Frau berichtet, dass es Mehl ohne Bezugskarte gibt. Ich teile es den Grabatzern mit. Das Ganze erweist sich aber als unwahr. Kaplan Straner verspricht mir zwei Hemden zu kaufen.

11. April 1945 Ich verbrenne alle erhaltenen Briefe.

12. April 1945 Unterreiner teilt mir mit, dass Hauptmann Keller an die Front muss und uns nicht weiter mitnehmen kann. Ich bin erleichtert. Denn seit dem 2. April zogen tausende Soldaten durch Senftenberg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Zivilisten dabei noch eine Unterkunft finden werden. Ich spreche mit Hackbeil Kathi und dem Soldaten Landgraf aus Ostern.

13. April 1945 Im Radio erfahren wir vom Ableben Roosevelts durch eine Hirnblutung. Landgraf schlachtet bei Günther Leni eine Kuh, und so gibt es für alle Grabatzer Fleisch.

14. April 1945 Alles ist aufgeregt, und wir stehen rat- und tatenlos herum.

15. April 1945 Heute keine Predigt. Wir spielten Tardl beim Tierarzt auf der Straße. Plötzlich kommt die Aufforderung zur Evakuierung Senftenbergs.

16. April 1945 Ich zelebriere und assistiere beim Begräbnis von Leopold Klein und bekomme dafür 20 Mark. Da Adam nicht hier bleiben will, entschließe ich mich auch zur Weiterfahrt. Im Pfarrhaus herrscht große Bestürzung über meinen Entschluss.

Seite 26 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Alle weinen, als mich Pfarrer Krudl verabschiedet. Ich war nun ein halbes Jahr in Senftenberg.

17. April 1945 Um 3:30 Uhr heißt es, aufstehen. Um 4 Uhr nehmen wir Abschied und fahren danach in Richtung Zwettl los. Huber, Kopsa, Tillschneider, Dr.Reichardt, Tarde, Adam, Midi und ich fahren ab. Wir übernachten in Zellhof bei Zell in einer Scheune mit sehr wenig Stroh. Wegen der Kälte schlafe ich sehr schlecht. In der Nacht hört man Flak, Bomben u.s.w.

18. April 1945 Um 7 Uhr manövrieren wir und fahren in Richtung Radingdorf ab. Hier machen wir Rast. Fliegeralarm. Um 14:45 Uhr überqueren wir die Donaubrücke bei Linz. In Steyermühl übernachten wir. Wir essen belegte Brötchen und trinken Tee. Danach schlafe ich auf einem Tisch. Das Gepäck bleibt im Auto.

19. April 1945 Nach dem Frühstück fahren wir weiter. Am Nachmittag teilt uns Sturmführer Geisler mit, dass sämtliches Gepäck abgeladen werden muss, da er uns sonst nicht weiter befördern kann. Das Gepäck wird abgeladen und alle sind niedergeschlagen wegen dieses Umstandes. Das Gepäck ist im Vorhof der Wachkantine abgeladen.

20. April 1945 Wir warten auf die Weiterfahrt nach Lambach und Vöcklabruck. Um 8:20 Uhr fährt Unterreiner nach Lambach, wir folgen ihm um 9:30 Uhr. Um 10 Uhr Ankunft in Lambach. Eine Stunde später fahren wir weiter nach Vöcklabruck, wo wir um 12:15 Uhr ankommen. Hier begegnen wir Zimmermann Joschka, Lessl und Saager. Unser Gepäck ist vor dem

Bahnhof (Foto). Ich schlafe in einer Baracke.

21. April 1945 Unzählige Feindmaschinen überfliegen Vöcklabruck. Attnang, der erste Nachbarort, wird bombardiert. Im nahen Vöcklabrucker Wald fallen auch Bomben. Unterreiner sieht acht Tote.

Seite 27 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Am Nachmittag wird unser Gepäck vom Bahnhof in einen Raum der Konditorei Anton Rosei gebracht. Ich bin todmüde. Ich schlafe mit Anna in einer Baracke, zusammen mit einer kroatischen Familie.

22. April 1945 In der Nacht hat es geregnet. Um 9 Uhr wohne ich dem Hochamt in der Stadtkirche bei. Um 15 Uhr besuche ich den Stadtpfarrer Edelmayer. Ich schlafe in der Volksschule.

23. April 1945 Wegen Fliegeralarm mussten wir einen Teil der Nacht im Hauskeller verbringen. Den ganzen Tag verbringen wir betend im Luftschutzkeller.

24. April 1945 Es ist sehr kalt. Heute ist der Namenstag von Tillschneider.

25. April 1945 Den ganzen Tag hindurch gibt es Alarm. Ich bleibe beim Gepäck.

26. April 1945 Wir werden dem Ort Gampern zugewiesen.

27. April 1945 Um 13:30 Uhr marschieren wir in Richtung Gampern ab. Um 17 Uhr erreichen wir den Ort. Ich bin bei Asamer untergebracht, Adam bei Schreiner in Piesdorf, drei Kilometer von Gampern entfernt. Tillschneider ist in Gallnbrunn. Das Gepäck kommt um 9:30 Uhr an. Meine Wohnung ist sehr primitiv. Auch meine Schlafstätte samt Decke ist viel zu kurz. Es ist mir sehr kalt. Die Zimmerdecke ist auf einer Fläche von etwa 2 qm eingestürzt. Midi geht nach Gmunden. Ich habe mit ihr meine Sorgen. Adam schläft beim Gepäck im Schulhof.

28. April 1945 Es regnet den ganzen Tag über und es ist sehr kalt. Seit dem 17. April komme ich heute zum ersten Mal zum Brevierbeten. In der Zwischenzeit betete ich immer drei Rosenkränze. Meine Wohnung wird mit Packpapier tapeziert. Vorher sah sie aus wie die Wohnung des Mitre (Zigeuner).

29. April 1945 Seit meiner letzten Messe in Senftenberg am 16. April zelebriere ich heute in Gampern zum ersten Mal. Es ist eine schöne Kirche mit vielen Menschen. Ich bekomme von Familie Knoll 20 Mark für das Lesen von vier Messen.

Seite 28 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

30. April 1945 Um 8 Uhr zelebriere ich in Piesdorf und gehe am Nachmittag zusammen mit Adam und Tillschneider nach Vöcklamarkt, wo ich Kaplan Horvath aus Sackelhausen treffe. Dieser teilt mir mit, dass auch die Dechanten Schmidt, Ritter, Wittye und Rech nach Österreich kommen. Um 20 Uhr kehren wir zurück. Den ganzen Marsch über regnet es und es ist sehr kalt.

1. Mai 1945 Eine JU 87 muss zwischen Gallnbrunn und Piesdorf notlanden. Während eines Besuches erzähle ich es Tillschneider. Am Vormittag schneit es. Der Schnee bleibt aber nicht liegen.

2. Mai 1945 Um 7 Uhr marschieren wir in Richtung Gampern ab. Zwischen 8 Uhr und 11 Uhr nehme ich ungarischen Flüchtlingen die Beichte ab. Um 11 Uhr zelebriere ich und nehme anschließend das Mittagmahl bei Herrn Pfarrer ein. Abends halte ich eine Maiandacht mit Ansprache. Ich ziehe um nach Piesdorf zu Familie Voglhuber in Haus Nr. 15.

3. Mai 1945 Um 6:45 Uhr marschieren wir wieder zu Fuß nach Gampern. Vom Schnee und vom Regen ist unser Schuhwerk ziemlich nass. In Gampern halte ich ein Requiem für Josef Trawöger. Auf dem Heimweg werde ich nass bis auf die Haut. Ich muss mich umziehen und fühle bereits in meiner rechten Schulter das Rheuma. Von Midi erhalte ich einen Brief.

4. Mai 1945 Bei frostigem Wetter gehe ich wieder nach Gampern. Ich zelebriere zwischen 7:30 Uhr und 9 Uhr auf Intervention von Pfarrer Dr. Friedrich Kasberger. Wegen des Rheumas kann ich kaum die „elevatio“ vollziehen. Die abgeschossene JU 87 wird beschossen. Panzer kommen nach Gampern.

5. Mai 1945 Ich gehe nach Gampern. Nachmittags regnet es. Die Amerikaner verteilen auf der Straße Schokolade und Zigaretten.

6. Mai 1945 Um 8 Uhr zelebriere und predige ich in Piesdorf. Abends halte ich eine Maiandacht. Es ist ein schöner Tag.

7. Mai 1945 Unterreiner besucht mich, und wir besuchen zusammen Tillschneider. Ich gehe zu Gradinger und bekomme Eier und Mehl. Sein vermisster Sohn kam heute zu Fuß aus Bad Ischl (36 km!).

Seite 29 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

8. Mai 1945 Um 7:30 Uhr zelebriere ich und gehe danach nach Vöcklamarkt zu Kaplan Horvath. Er ist sehr optimistisch, denn heute wurde der Weltfrieden verkündet. Es ist ein sehr schöner und warmer Tag.

9. Mai 1945 Am Nachmittag besuche ich Huber in Höhenberg. Bei dieser Gelegenheit lasse ich mir auch die Haare schneiden. Es ist wieder ein schöner Tag.

10. Mai 1945 Christi Himmelfahrt! Um 8 Uhr halte ich eine Messe mit Predigt in Piesdorf und um 15 Uhr eine Maiprozession mit Maiandacht in Gampern. Die Musik spielt sehr schön und zart. Nach frühem Nebel ist es wieder ein herrlicher Tag.

11. Mai 1945 Ich zelebriere in Piesdorf. Es ist ein wunderschöner Maitag.

12. Mai 1945 Herrliches Wetter.

13. Mai 1945 Sonntag. Messe mit Predigt an einem heißen Tag. Anna ist nach 5 Tagen gesund.

14. Mai 1945 Ich kann mich nicht entschließen nach Gampern zu gehen. Adam und Tillschneider machen sich auf den Weg nach Meiselgruben zur Familie des Bartl Toni. Zwergal und Bartole Josef werden von drei Männern abgeführt.

15. Mai 1945 In Gampern bekomme ich vom Pfarrer 100 Mark für die Zeit als Aushilfe. Er bittet mich am Pfingstsonntag in Gampern zu predigen und in Piesdorf eine Andacht für die Kinder unter Frau Frauendienst zu übernehmen.

16. Mai 1945 Seit meinem Weggang aus Senftenberg habe ich drei Kilo verloren. Ich habe wichtige Schriften zusammen mit 1.600 Mark im Koffer verstaut.

17. Mai 1945 Ehemalige polnische Häftlinge gehen in ein Sammellager nach Seewalchen. Von hier aus werden sie die Heimfahrt antreten. Hedwig ist erkrankt.

18. Mai 1945 Ich gehe nach Gampern, um Messwein zu besorgen. Danach besuche ich Tillschneider, der an Gelenkrheumatismus leidet.

Seite 30 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Wehrmachtsangehörige aus Piesdorf melden sich in Vöcklabruck. Sie bekommen alle ihre Entlassungsscheine und werden als Österreicher heimgeschickt.

19. Mai 1945 Es ist Pfingstsamstag. An diesem Tag hatten wir in Grabatz eine Wasserweihe, hier nicht. Mich plagt so manches. In meinen Gedanken bin ich in Grabatz.

20. Mai 1945 Pfingstsonntag! Am Morgen nehme ich Beichten ab. Danach assistiere ich bei einer musikalischen Messe. Am Nachmittag wird bei Kopsa geramschelt, und um 20:30 Uhr halte ich eine Maiandacht in Piesdorf. Familie Voglhuber überrascht mich mit einer Torte, Kleinmehlspeise und mit einem „Frohe Pfingsten“.

21. Mai 1945 Um 9 Uhr halte ich eine Messe in Piesdorf. Die Kirche ist heute zu klein. Auch in der Sakristei und vor der Kirche stehen die Leute. Am Nachmittag gehe ich mit Herrn Kippler nach Berg. Es ist ein Gehweg von etwa einer Stunde. Ich sehe den Attersee und darauf ein Motorboot. In Berg sind auch Flüchtlinge aus dem jugoslawischen Banat. Von Herrn Kipplers Bruder werden wir freundlich bewirtet. In der Nacht weht ein heftiger Wind.

22. Mai 1945 Unfreundliches, trübes Wetter. Nach der Messe halte ich die erste Kinderandacht mit zwei Buben und zwei Mädchen. Danach verständige ich Frau Frauendienst wegen des Religionsunterrichts.

23. Mai 1945 Morgens zelebriere ich. Nachmittags gehe ich nach Gampern.

24. Mai 1945 Es regnet den ganzen Tag.

25. Mai 1945 Kühles Wetter. Nachmittags ramscheln wir bei Tillschneider.

26. Mai 1945 Kaltes Wetter!

27. Mai 1945 Dreifaltigkeitssonntag! Herrliches Wetter mit Sonnenschein. Um 9 Uhr halte ich eine Messe mit Predigt. Die Kirche ist voll.

Seite 31 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Selbst die Flüchtlinge aus Kroatien sind dabei. Heute wäre Kirchweih in Neupetsch. Ich erinnere mich an die schönen Tage zurück. Wie es jetzt wohl ist? Wir ramscheln bei Tillschneider ohne Kopsa. Dieser versprach zwar zu kommen, kam aber nicht.

28. Mai 1945 Schöner Tag. Nachmittags gehe ich zusammen mit Adam in den Nachbarort. Ich trage einen leeren Krug in der Hand, in dem Frau Karikas mir vor einer Woche Schmalz brachte. Leider treffe ich Frau Karikas nicht und übergebe den leeren Krug einer Berliner Flüchtlingsfrau mit der Bitte ihn weiter zu geben. Danach besuche ich noch Kosztolanyi, den Eisenbahner.

29. Mai 1945 Kinderandacht. Im Ort sind Amerikaner, die aber keinerlei Ansprüche haben.

30. Mai 1945 Um 11:30 Uhr kommen die Pfarrer aus Gampern und Pöndorf zu mir. Ich werde eingeladen am Sonntag in Pöndorf auszuhelfen. Dort gibt es Flüchtlinge aus Ungarn, die beichten wollen. Ich stimme der Aushilfe zu, obwohl mir die unbekannte Gegend und die Entfernung bis Pöndorf überhaupt nicht zusagen.

31. Mai 1945 Fronleichnam! Um 7:15 Uhr marschiere ich bei trübem Wetter nach Gampern. Um 8 Uhr zelebriere ich mit Dr. Kasberger und nehme danach Beichten ab. Wegen des schlechten Wetters kann die Fronleichnamsprozession nicht im Freien stattfinden. Ich agiere als Subdiakon. Meine Stimme ist erschreckend heiser. Beim nach Hause gehen durch den Wald werde ich trotz Schirm nass bis auf die Haut. Ich muss mich komplett umziehen. In Gampern habe ich um 20:30 Uhr die letzte Maiandacht mit Ansprache. Dr. Kasberger versprach Anfang Mai auch eine Andacht zu halten. Leider blieb es bei diesem Versprechen. Ich hielt jeden Tag eine Andacht. Samstags und sonntags mit Rosenkranz, unter der Woche nur die Litanei. Dies war sehr anstrengend wegen meiner kaputten Stimme. Die Kirche war aber immer voll. Immer ein erhabener Anblick. Was waren das doch für schöne Maitage in Grabatz? Ich erhalte 91 Mark für diesen Monat.

1. Juni 1945 Wieder beginnt ein neuer Monat, und es geht noch immer nicht nach Hause. Ich habe die Pöndorfer Aushilfe abgesagt. “Deo gratias!“ Annehmbares Wetter. Nachmittags sogar warm.

Seite 32 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

2. Juni 1945 Es ist ein schöner Tag. Ich halte eine Kinderandacht und nehme zwölf Personen die Beichte ab.

3. Juni 1945 Ich gehe nach Gampern. Als ich da ankomme, stellt es sich heraus, dass ich eine Stunde zu früh dran bin. Die Uhr wurde umgestellt. Ich stelle auch meine Uhr zurück. Herr Pfarrer bat mich um sieben ein Viertel da zu sein. Ich dagegen verstand Viertelsieben. Ich bin sehr erschöpft. Am Nachmittag taufe ich das Kind eines Fliegers auf den Namen Achim Mathias Pfeifer. Der Taufpate überreicht mir 3 Mark. Um 18 Uhr wird bei Kopsa geramschelt. Um 19:30 Uhr halte ich eine Andacht.

4. Juni 1945 15 Kommunionen.

5. Juni 1945 Unterreiner besucht mich.

6. Juni 1945 Am Nachmittag besuche ich Huber in Höhenberg. Es ist sehr warm und ich bin sehr müde.

7. Juni 1945 Um 6:30 Uhr zelebriere ich und halte danach die Kinderandacht. Zusammen mit Pfarrer Steinau aus Kroatien gehe ich nach St. Georgen. Nach 1½ Stunden Gehweg werden wir von Kaplan Gierlinger (geweiht 1922) sehr freundlich empfangen. Er lädt mich sofort zum Mittagessen ein. Bereitwillig stellt er mir sein Altes und Neues Testament zur Verfügung. Am liebsten hätte er es mir für immer überlassen, doch er besitzt leider nur ein Exemplar. Hier treffe ich auch einen Piaristen-Professor (einen Militärgeistlichen) aus Ungarn. Mit diesem gehe ich zusammen zur Kalvarienkapelle, von wo aus ich die ganze Gegend überblicken kann. Dieser Professor kennt die meisten Piaristen aus Temeswar. In St.Georgen lasse ich mir die Haare schneiden und besuche zusammen mit Kaplan Steinau Frau Grittinger, von der wir Geselchtes und Wein bekommen. Es ist schön warm. Ich komme ins Schwitzen.

8. Juni 1945 Ich zelebriere. Gegen Abend regnet es.

9. Juni 1945 Regnerisch.

Seite 33 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. Juni 1945 Ich lese ein Handschreiben des Linzer Bischofs vor. Es regnet. Kopsa, Albert, Adam und ich ramscheln.

11. Juni 1945 Das Buch Genesis beendet. Am Abend kommt Midi aus Gmunden. Das Wetter ist unfreundlich, Midi dagegen gut gelaunt.

12. Juni 1945 Am Vormittag gehe ich mit Midi zu Tillschneider. Am Nachmittag gehen wir nach Gampern. Adam begleitet Midi zur Straße nach Vöcklabruck. Ich gehe zu Dr. Kasberger, dem ich die „Geschichte der Päpste 1. Teil“ bringe, und beginne nun mit dem „Exodus“. Ich habe noch 67 Kilo und Midi 48 Kilo.

13. Juni 1945 Der Altar ist sehr schön geschmückt. Gehmaier Hansi wäscht die Tüchlein selbst. Draußen regnet es und es ist sehr langweilig.

14. Juni 1945 Sonne und Nebel wechseln sich ab. Dieses traurige Flüchtlingsschicksal birgt auch lustige Episoden. Vor wenigen Tagen gingen Tillschneider und Sommerfeld zum Angeln. Sie fingen zwar keine Fische, dafür fiel aber Tillschneiders Schlappen und Sommerfelds Hut ins Wasser. Glücklicherweise konnten die Sachen rausgefischt werden. Ich besuche die Familie Scheibmayer in Gallnbrunn. Hier treffe ich Dr. Kasberger aus Gampern. Den Weg zu mir nach Piesdorf findet er nicht. Sonderbar! Beim Schuster in Gallnbrunn sind flüchtige Wiener einquartiert. Diese behaupten, dass Wien wieder frei sei und der Rücktransport in der kommenden Woche beginnt. Tillschneider meint, dass nun auch Ungarn und Rumänien geräumt werden, der Witzbold.

15. Juni 1945 Ich erfahre, dass Familie Zappe aus Lovrin in Kemating untergebracht ist. Das wäre ein Fußmarsch von etwa 30 Minuten. Ich lese den Levitikus. Das Wetter ist wechselhaft.

16. Juni 1945 Ich lese den ganzen Tag.

17. Juni 1945 Um 8 Uhr zelebriere und predige ich. Den Nachmittag verbringe ich bei Kopsa.

Seite 34 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. Juni 1945 Ich statte dem Lovriner Mühlenbesitzer Zappe einen Besuch in Kemating ab und erfahre, dass Frauenhoffer und Dr. Ferling in Seewalchen untergebracht sind.

19. Juni 1945 „Josua“ gelesen. Unterreiner besucht mich. Es sind keine Kinder und keine Ministranten bei der Kinderandacht.

20. Juni 1945 Ministranten sind da. Wir gehen nach Gampern. Kaplan Steinau teilt mir mit, dass es Dr. Kasberger nicht recht war, dass ich am 16. Juni eine Flasche Messwein geholt habe. Ich habe das Buch „Der Richter“ gelesen.

21. Juni 1945 In dankbarer Erinnerung zelebriere ich heute für Pfarrer Krudl und Fräulein Loisi aus Senftenberg. Heute sind es genau 23 Jahre seit meinem Matura- Abschluss. Ich lese viel. In der Nacht schlafe ich sehr unruhig. Gedanken über unsere Heimkehr beschäftigen mich.

22. Juni 1945 Zusammen mit Adam gehe ich nach Eisenpalmsdorf, wo ich den Hatzfelder Ing. Julius Anton besuche. Dieser ist kurz angebunden. Wir ziehen weiter nach Rixing, wo wir Michael Anton und Direktor Undis besuchen. Die beiden sind erfreut, und letzterer lädt uns sogar zum Mittagessen ein. Um 14 Uhr brechen wir auf.

23. Juni 1945 Ich gehe mit Hedwig und Anna zu Kopsa. Zurück trage ich Hedwig auf den Schulter. Ich schwitze.

24. Juni 1945 Ich gratuliere Knoll zum Namenstag und bekomme ein Glas Most, aus dem aber zuerst Katterl trinkt! Abends besuche ich die Familie Kübler. Ich bekomme Most mit Zucker darin und Mehlspeise (Polsterzipfel). Die andern bekommen nichts. Es sind halt einfache Leute.

25. Juni 1945 Es besuchen mich die Frauen von Nikolaus Bartl, Nikolaus Rech und Josef Unterreiner.

Seite 35 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

26. Juni 1945 Ich weihe das Wasser für Piesdorf. Den ganzen Tag lese ich und beende das herrlich schöne Buch „ Die Glocken vom Hochwald“.

27. Juni 1945 Ich halte die Kinderandacht in Gampern. Günther Berwi, Leni und Kathi besuchen mich. Vogelhubers Sohn Ernst kehrt heim. Große Freude!

28. Juni 1945 Bis Gallnbrunn begleite ich Günthers, die Niklos suchten. Unterreiner bringt mir einen Brief von Midi.

29. Juni 1945 Um 9 Uhr halte ich in Gampern ein Hochamt. Dr. Kasberger und Pfarrer Steinau assistieren mir dabei. Beim Hochamtsingen versagt mir fast die Stimme. Ich bin völlig heiser und habe keine Ahnung, was noch daraus wird. Zusammen mit Dr. Kasberger und Pfarrer Steinau besuche ich die Familie Gruber. Es ist ein trüber und regnerischer Tag. Ich gratuliere Kopsa zum Namenstag.

30. Juni 1945 Um 6:30 Uhr zelebriere ich.

1. Juli 1945 Am Morgen nehme ich in Gampern Beichten ab. Lessl, Aranka und Rieser Lissi sind bei mir zu Besuch. Dr. Kasberger übergibt mir 70 Mark als Seelsorgerhilfe.

2. Juli 1945 Maria Heimsuchung! Hier ist Bauernfeiertag. Der ganze Tag ist verregnet. Grabatz geht mir wieder nicht aus dem Sinn. Adam überbringt die Nachricht, dass man sich nach Kanada einschreiben lassen kann. Es reut mich bereits, dass ich die Namen und Daten Kopsa mitgegeben habe.

3. Juli 1945 Um 6 Uhr bahnen sich einige Sonnenstrahlen ihren Weg in mein Zimmer. Doch bald müssen diese einem regnerischen, trüben Wetter weichen. Ich lese den „Dorfpfarrer“.

4. Juli 1945 Nach einer schlaflosen Nacht stehe ich auf. Es regnet ununterbrochen. Ich habe mich erkältet und fühle mich elend. Herr Zappe besucht mich. Ich wäre lieber im Bett geblieben als Besuch zu empfangen.

Seite 36 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich begleite Herrn Zappe bis zum Baum. Eigentlich wollten wir heute Lessl und Riesers besuchen, doch wegen des Regens war dies nicht möglich. Am Abend trinke ich nur Tee.

Der Baum mit der Bank zwischen Piesdorf und Gallnbrunn

5. Juli 1945 Eine Messe ist angesagt. Ich fühle mich völlig kraftlos. Tillschneider besucht Lessl und Rieser. Zu meinem Bedauern kann ich nicht dabei sein. Ich bekomme Besuch von Spohner, Unterreiner, Kopsa und Sommerfeld. Dr. Kasberger übergibt mir 10 Mark für die Ministranten.

6. Juli 1945 Heute habe ich „Das Heimweh“ gelesen. Ein wunderbares Buch. Werde es öfters lesen.

7. Juli 1945 Ich gehe nach Gampern. Von Frau Gruber bekomme ich Eier, Reis, Käse und Zucker. Nachmittags besuche ich zusammen mit Tillschneider und Adam Huber. Der Gamperner Oberlehrer versichert mir, dass Rieser Lissi umziehen kann, sofern sie eine Wohnung findet. Es ist regnerisch.

8. Juli 1945 In der Nacht stahl man uns 13 kg Mehl, 4 kg Brot, 2 ½ kg Zucker, Butter, Eier, Konserven, Kartoffeln und einen Einkaufskorb. Die Kunde vom Diebstahl verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Bis Mittag bringen Kübler, Voglhuber, Knoll und Katterl 15 Eier, 1 kg Zucker, Kartoffeln, 6 kg Mehl, Geselchtes und Bratfleisch.

Seite 37 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

9. Juli 1945 Keine Messe Um 4:30 Uhr marschiere ich in Richtung Haid ab. Von da fahre ich mit dem Zug nach Attersee. Um 6:30 Uhr übersetze ich mit dem Schiff von Attersee nach Weyregg. In Attersee treffe ich Lessl. In Weyeregg (Foto) bewundere ich Riesers herrliche Gegend. Auf dem Attersee tummeln sich amerikanische Soldaten in Kähnen, Motor- und Segelbooten. Es ist sehr lustig. Hier sehe ich auch erstmalig 5 Schwäne. Der Attersee ist der größte See Österreichs. Er ist 20 km lang, 170 m tief und 3 km breit. Am Abend übersetze ich wieder von Weyregg mit dem Schiff „Unterach“ nach Atterssee. Von hier fahre ich mit dem Zug nach Haid und von dort gehe ich zu Fuß nach Piesdorf.

Weyregg am Attersee – Wohnort Riesers

Seite 38 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Nußdorf am Attersee – Wohnort der Fam. Lessl

Gallnbrunn – Wohnort der Fam. Tillschneider

Seite 39 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. Juli 1945 Ich gehe nach Gampern. Der Herr Pfarrer erkundigt sich über den Einbruch. Er spendet Kaffee, Zucker, Töpfe und Schüsseln. Der Bürgermeister bestätigt mir, dass für die gestohlenen Lebensmittel eine Ersatzkarte ausgestellt wird. Um 10 Uhr gehe ich zum Augenarzt. Dieser verschreibt mir eine Brille.

11. Juli 1945 Ich lese den „Dorfpfarrer“, von Achleitner.

12. Juli 1945 Keine Messe. Tillschneider, Adam und ich fahren nach Attersee und von da legen wir die vier Kilometer zu Fuß bis Nußdorf zurück. Hier besuchen wir den Grabatzer Schullehrer Lessl. Wir frühstücken hier und essen zu Mittag Suppe mit Grießnockerln und Palatschinken, gemacht aus Grabatzer Mehl. Ich besuche Dechant Gsellberger, der mich sehr freundlich empfängt. Von ihm erhalte ich das Alte und das Neue Testament. Er macht mir damit eine große Freude. Danach besuchen wir Lessls Schwager und ich treffe hier Georg Schneider aus Elek, einen weitläufigen Verwandten von mir. Um 15:50 Uhr fahren wir mit dem Schiff „Heimat“ nach Attersee zurück und von da mit dem Zug nach Haid. Tillschneider bekommt großen Hunger. Unweit von Haid lagern wir auf einer Wiese und legen eine Essenspause ein.

13. Juli 1945 Nach der Morgenmesse gehe ich mit Adam nach Timelkam. Ich lasse mir von der Gendarmerie eine Bescheinigung über die gestohlenen Sachen geben. Diese Bescheinigung gebe ich in Gampern ab, und hier verspricht man mir sogar eine Zusatzkarte. Am Nachmittag gehe ich mit Adam nach Kemating zu Herrn Zappe und zu Schorsch. Ich wiege noch 65 ½ kg.

14. Juli 1945 Nach der Kinderandacht gehe ich nach Gampern, wo ich einen Berechtigungsschein für Brot, Mehl, Zucker, Butter, Eier, Käse, Kartoffeln und Kaffeeersatz bekomme. Von Herrn Pfarrer bekomme ich ein Reibeisen.

15. Juli 1945 Riesers ziehen von Weyregg nach Gallnbrunn. Bei Kopsa gibt es eine Partie. Ich besuche Sulzberger.

16. Juli 1945 Mit Tillschneider gehe ich nach Gallnbrunn, um Riesers anzumelden. Lese das Buch „Kanonikus Sturmfried“ und besuche Riesers.

17. Juli 1945 „Kapuzinerbübl“ gelesen.

Seite 40 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. Juli 1945 In Gallnbrunn nehme ich am Requiem und am Begräbnis von Frau Brigitte Schuster teil. Um 13:30 Uhr ist alles vorbei. Im Pfarrhaus macht man keine Anstalten mich zum Mittagmahl zu behalten. Nachmittags gebe ich in Gampern die Erklärung ab heimkehren zu wollen. Ich besuche auch Engelhardt Wetti und Riesers. Nun bin ich sehr müde.

19. Juli 1945 Ich lese „Die Geschichte eines bösen Buben“ und besuche anschließend die Familie Karikas. Ungarische Gastfreundlichkeit wird mir zu teil. Da wird mir Rehbraten mit Kartoffeln und Salat und echter „schwarzer Kaffee“ gereicht. Frau Karikas gibt mir 3 kg Trockenbohnen und ein ¼ kg Rehbraten mit auf den Weg. Ich bin gerührt von dieser Freigiebigkeit, da ich doch weiß, dass Karikas selbst Flüchtlinge sind.

20. Juli 1945 Am Morgen lese ich eine halbe Stunde die Heilige Schrift. Nachmittags hole ich Lebensmittel und Raucherkarten ab. Tillschneider rüstet sich zum Schnaps brennen aus Hollerbeeren. Abends erfahre ich, dass das Unternehmen gescheitert ist.

21. Juli 1945 Midi kommt zu Besuch. Beim Ramscheln drücke ich Tillschneider mein Bedauern über das Misslingen des Schnapsunternehmens aus. Zappe und Schorsch besuchen mich. Letzterer bringt mir ein repariertes Feuerzeug mit.

22. Juli 1945 Ich nehme in Piesdorf die 100. Messe entgegen. Es ist ein sehr heißer Tag.

23. Juli 1945 Ich begleite Midi nach Vöcklabruck. Dort lerne ich ihre Dienstherrin, Frau Moser, mit ihren Buben, Wolfgang und Peter, kennen. Fräulein Anna Neider, die Tante von Frau Moser, serviert Kaffee und Butterbrot. Danach besuche ich Unterreiner, wo ich Milch und Butterbrot bekomme. Das alles mundet sehr gut, denn der Weg nach Vöcklabruck ist sehr lang und ermüdend. Um 18:15 Uhr treffe ich todmüde bei Kopsa ein. Heute benötige ich kein Wiegenlied mehr.

24. Juli 1945 Nach der Kinderandacht besuche ich Vikar Förstl in Gampern. Man bietet mir weder eine Jause noch einen Erfrischung an. Wie ganz anders war es doch in Grabatz.

25. Juli 1945 Ich zelebriere mit Schmerzen im Nacken. Telefonisch gratuliere ich Frau Tillschneider und Frau Rieser zum Namenstag. Es ist heute sehr warm.

Seite 41 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

26. Juli 1945 Es ist der Namenstag meiner Mutter. Wie gerne wäre ich heute bei ihr. Im letzten Jahr konnte ich als Dankeschön eine Glückwunschkarte mit mehreren tausend Lei schicken. Wie wird sie sich um mich sorgen. Alles was ich heute tun kann, ist, sie in mein Memento einzuschließen und Gott zu bitten uns ein Wiedersehen zu ermöglichen. Die Nackenschmerzen verstärken sich.

27. Juli 1945 Der Nackenschmerz hält an.

28. Juli 1945 Ich zelebriere mit linksseitigem Nackenschmerz. Danach beginne ich „Esau und Jakob“ zu lesen. Am Nachmittag kommt starker Wind und Regen auf. Es gibt einen Einbruchsversuch bei Knoll.

29. Juli 1945 Der Nackenschmerz lässt nach. Nachmittags gibt es bei Tillschneider eine „Ramschlschlacht“. Adam ist wegen seines schlechten Blattes nervös. Aus der Schlacht gehe ich mit einem Gewinn von 4,43 Mark heraus. Am Nachmittag machen etwa 35 Piesdorfer mit zwei Grasmähern etwa zwei Joch Weizen ab. Es ist das Feld der kränklichen Theresia Mühr, deren Mann noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist.

30. Juli 1945 Es ist ein schöner Tag. Ich beende „Esau und Jakob“.

31. Juli 1945 Zuerst fällt Hedwig hin und zieht sich eine Platzwunde über dem Auge zu, danach tritt Anna in eine Glasscherbe.

1. August 1945 Am Morgen zelebriere ich und nehme Beichten in Gampern ab. Ich bin sehr niedergeschlagen und sorge mich wegen der Heimfahrt. Ich glaube, ich werde Grabatz in diesem Jahr noch nicht wieder sehen. Am Nachmittag besucht mich Kaplan Horvath. Auch dieser malt unsere Zukunft in düsteren Farben. Er ist für das ungarische Rote Kreuz tätig. Er bittet mich an seiner Stelle am 5. August nach Pöndorf zur Aushilfe zu gehen. Ich kann aber seiner Bitte nicht nachkommen. Den ganzen Tag über ist es kühl. Am Nachmittag fällt plötzlich Regen.

2. August 1945 Ich zelebriere in Gampern und nehme anschließend die Beichten ab. Adam ist morgens vier Stunden in den Erbsen. Danach hilft er Tillschneider Weizen dreschen. Aus aufgelesenen Ähren erhalten sie 13 kg Weizen. Dr. Kasberger, der seit dem 15. Juli weg war, kehrt zurück. Nachmittags regnet es.

Seite 42 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

3. August 1945 Ich zelebriere und nehme Beichten ab.

4. August 1945 Ich hole mir ein Formblatt zur Nachforschung der Flüchtlinge. Kaplan Steinau nimmt mir die Beichte ab.

5. August 1945 Mit einem geborgten und einem eigenen Schirm bewappnet mache ich mich auf den Weg nach Gampern. Zusammen mit Kaplan Steinau unternehme ich einen Spaziergang. Bei unserer Rückkehr finden wir die Tür des Pfarrhauses abgeschlossen. Weder Dr. Kasberger noch seine Mutter oder Schwester sind zu Hause. Ich komme weder an die Schirme noch an mein Brevier. Meinen Ärger darüber spüle ich zusammen mit Steinau bei einem Glas Cognac und einer Tasse Kaffe runter. Da Steinau mich deswegen dauernd foppt, verstecke ich scherzeshalber seine Pfeife. Ich erhalte als Seelsorgerhilfe 80 Mark und von Dr. Kasberger ein Diözesangesangbuch mit Dedikation.

6. August 1945 Im weißen Anzug bringe ich die Pfeife zurück. Das gibt sowohl bei Gruber als auch im Pfarrhof ein großes Gelächter. Knoll fängt zu dreschen an. Ich bekomme von Voglhuber Bohnenkaffee, Seife und Butter gratis.

7. August 1945 Ich mache mich auf den Weg nach St. Georgen. Unterwegs hält ein amerikanisches Auto an und lädt mich zum Mitfahren ein. Dankend gebe ich Hochwürden Girlinger das Alte und Neue Testament zurück. Danach lasse ich mir die Haare schneiden. Nani und Rieser Lissi sind in Seewalchen beim Zahnarzt.

8. August 1945 In Gampern gebe ich die Formblätter für Dr. Tillschneider, Heinrich (Messner) und Elsässer Michel ab. Bei der Post bestelle ich die „Oberösterreichische Zeitung“. In der Nacht gab es Blitz und Donner.

9. August 1945 Adam bringt aus Gampern Weißbrot mit. Es regnet ununterbrochen und die Zeit vergeht nur sehr langsam. Im Traum erschienen mir Dr. Klein und Gross Elly aus Lenauheim.

10. August 1945 Im Radio hören wir von der Kapitulation Japans. Ich lese Reimichls „Alpenglühen“. Gegen 16 Uhr setzt ein starker Regen ein.

Seite 43 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. August 1945 Ich bekomme die „Oberösterreichische Zeitung“ zugestellt. Herr Zappe und Schorsch waren hier, warteten aber leider nicht ab, bis ich aus Gampern zurückkehrte.

12. August 1945 Sonntag. Ich besuche die Familie Gstättner (Nr. 2) und gehe danach zu Kopsa ramscheln. Abends spiele ich Tardl mit Voglhuber. Die Jugend hier besitzt keinen Anstand. Sie musizieren und singen rücksichtslos drauf los. Gegen 22 Uhr gehen sie endlich auseinander. Ich habe Kopfschmerzen. Vermutlich von den zwei Pfeifen, die ich am Nachmittag geraucht habe. Wir haben schönes Wetter.

13. August 1945 Bei lachendem Sonnenschein und ohne Kopfschmerzen stehe ich um 6 Uhr auf. Ich will Herrn Zappe besuchen, treffe ihn aber nicht an. Zusammen mit Schorsch ist er in Vöcklabruck in „Traktor – Angelegenheiten“ unterwegs. Von Frau Zappe bekomme ich Zünderbenzin. Adam gibt mir 5 Mark (Kriegsgeld) zurück, die der Kaufmann nicht annimmt. Dieses Geld habe ich von Dr. Kasberger am 5. August erhalten! Am Nachmittag kommt Unterreiner samt Frau und Gitti. Er will eine Schule für die Banater Kinder einrichten und erbittet nun dafür die Einwilligung des Bischofs. Ich kann Unterreiner nicht mein Zimmer zeigen, da die Hausleute auf dem Felde sind, und ich meinen Schlüssel im Zimmer vergessen habe. Ich begleite Unterreiners nach Gampern, wo ich ihnen die Kirche und das Kirchkreuz zeige. Gleich danach gehe ich zu Tillschneider.

14. August 1945 Gegen 10 Uhr setzte ein starker Regen ein. Midi kommt klatschnass aus Gampern an.

15. August 1945 Ich freue mich, nicht mehr nach Gampern gehen zu müssen. Dr. Kasberger meint, es kämen andere Kollegen zur Aushilfe. Falls meine Dienste dennoch gebraucht werden, bekomme ich bis zum 14. August Bescheid. Nun schwelge ich in der Freiheit, da keine Verständigung kam. Doch meine Freude währt nur kurz. Um 8:30 Uhr werde ich verständigt in Gampern bei der 9 Uhr Messe zu assistieren. Ohne Frühstück mache ich mich rasch auf den Weg. Ich komme trotz Regen ganz verschwitzt in Gampern an. Zusammen mit Herrn Gebetsberger assistiere ich dort. Um 13 Uhr regnet es sehr stark. Ich will Midi entgegengehen und komme nur bis zu Kopsa, wo ich Midi antreffe. Ich muss bereits um 14 Uhr wieder in Gampern bei der Vesper assistieren. Midi eilt nach Vöcklabruck und von da nach Gmunden.

Seite 44 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich dagegen eile zur Vesper und von da gleich weiter zu einer Ramschlschlacht, aus der ich mit 2,88 Mark Verlust heraus komme. Den ganzen Tag über regnet es. Heute ist Kirchweih in Bogarosch.

16. August 1945 Besuch von Unterreiner. Er teilt mir mit, dass ein Gesuch beim Bischof nicht mehr nötig sei, denn eine Schule kommt nicht in Frage. Von Herrn Zappe, den er in Vöcklabruck traf, erfuhr er, dass die anderen heimkehren.

17. August 1945 Heute ist Hedwigs zweiter Geburtstag.

18. August 1945 Die Schmidtbasl lässt sich die Karten aufschlagen und erzählt uns davon. Nach Vorzeigen eines Arbeitseinsatzes werden heute Lebensmittel verteilt.

19. August 1945 Ramschl bei Tillschneider. Während meines Besuches bei Kantner bügelt Frau Kritzinger ungeniert weiter (Dominica!). Hedwig ist sehr krank und erbricht öfters.

20. August 1945 In Gampern nehme ich ungarischen Flüchtligen die Beichte ab. Danach zelebriere ich und predige in ungarischer Sprache. Oberstleutnant Szabo spielt dazu die Orgel. Es ist eine Messe anlässlich des König Stefan Festes. Von den Flüchtlingen werde ich zum Mittagstisch eingeladen. Es sind die verschiedensten Ränge unter den Gästen vertreten. Es gibt Fleischsuppe, Kalbsbraten mit Kartoffeln und Krautsalat. Als Nachspeise gibt es reichlich Apfelkuchen. Eigentlich rechne ich ja damit zu Mittag Tokajer zu trinken, doch zu meinem Bedauern kommt nur Wasser auf den Tisch. In einem Briefumschlag überreicht mir der Obernotar „ein bescheidenes Honorar“, das ich dankend annehme. Als ich zu Hause ankomme, finde ich 120 Mark in dem Umschlag (ein fürstliches Honorar). Ich spreche mit Kopsa über den Zustand seiner schwerkranken Frau. Gegen Abend setzt Regen ein.

21. August 1945 Ich besuche die kranke Frau Kopsa und verspreche ihr sie morgen in der Früh um 8 Uhr mit dem heiligen Sakrament zu versehen. Sie willigt ein. Herr Zappe besucht mich und übergibt einen Brief vom Salzburger Fürstenbischof, den ich durchstudieren soll. Es geht um unsere Heimkehr. Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen.

22. August 1945 In Anwesenheit von Frau Tillschneider und Frau Elsässer spende ich Frau Kopsa das Sterbesakrament.

Seite 45 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Herr und Frau Lessl besuchen die Orte Gallnbrunn und Piesdorf. Ich bezahle meine Zeitung und gebe den Ministranten 23 Mark von Dr. Kasberger. Es ist ein wunderbar warmer Tag.

23. August 1945 Ich beantworte Midis Brief. Danach stelle ich Adam einem Tischlermeister vor. Der wird mir einen Koffer machen. Fräulein Gruber bringt mir Kofferscharniere, zwei Griffe, Nägel und Schrauben (alles gratis). Auch Butter bringt sie mir.

24. August 1945 Meine Schwägerin fährt mit Hilda nach Gmunden. Es ist regnerisch. Heute ist „Bartholomäus“ – Kirchweih in Blumenthal. Ich war schon mal zur Kirchweih dort. Doch in diesem Jahr?

25. August 1945 Von Günther Berwi erhalte ich einen Brief.

26. August 1945 Zusammen mit Adam und Tillschneider gehe ich nach Kemating. Herrn Zappe treffen wir aber leider nicht an. Wir gehen weiter zu Huber, um da zu ramscheln. Ich gewinne 1,60 Mark.

27. August 1945 Um 4:30 Uhr stehe ich auf. Danach gehe ich zu Tillschneider und muss 15 Minuten auf ihn warten. Er steht erst auf. Wir waren doch um 5 Uhr verabredet! Zu Fuß gehen wir eine Stunde durchs nasse Gras nach Vöcklamarkt. Dort kaufen wir Zugkarten nach Ebensee. Der für 7:36 Uhr angekündigte Zug kommt um 8:50 Uhr an und ist völlig überfüllt. Selbst auf den Stufen und den Puffern stehen Menschen. Andere zieht man durch das offene Fenster in den Wagen. Mit ellenlanger Nase sehen Tillschneider und ich dem abfahrenden Zug nach. Bevor wir uns nun auf den Weg zu Kaplan Horvath machen, verlangen wir aber noch unser Geld für die Zugkarten zurück. Es wird uns zurück erstattet. Wir wollten heute die Gefangenen Grabatzer Gottschall Mischi, Neurohr Hans, Brücker Heinrich und Dietrich Michael im Lager Ebensee besuchen. Bei Kaplan Horvath nehmen wir das Frühstück ein. Er fragt, ob ich nicht bereit wäre Seelsorger der ungarischen Flüchtlinge in Gampern und Umgebung im Namen des Roten Kreuzes zu werden. Ich will es mir überlegen. Im Bahnhof Haid nehmen wir unsere Jause ein. Um 11:45 Uhr komme ich sehr müde in Piesdorf an. Tillschneider ist natürlich noch viel müder. Vom Fahren bin ich erst einmal ordentlich kuriert. Ich denke, meine nächste Fahrt wird erst wieder nach Grabatz sein. Am Nachmittag kommt Dr. Kasberger und bittet mich morgen in der Früh in Gampern ein Begräbnis zu zelebrieren. Ich sage nur ungern zu, denn ich habe für morgen Früh hier in Piesdorf eine Messe verkündet. Diese werde ich jetzt absagen müssen. Ich denke, die Leute, die sie bestellt haben, wird es nicht erfreuen.

Seite 46 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. August 1945 Bekomme von Dr. Kasberger für die Aushilfe 20 Mark.

29. August 1945 Heute ist der 75. Geburtstag der Mutter. Sorgenvoll steigt mein Gebet zum Herrgott auf. Wenn ich doch bloß wüsste, ob sie noch lebt und wie es ihr geht. Wie grausam ist doch diese Welt! Seit fast einem Jahr weiß ich nichts mehr von den Meinen.

30. August 1945 Morgens zelebriere ich, um danach den Tag mit Lesen zu verbringen.

31. August 1945 Unterreiner besucht mich. Ich teile ihm mit, dass am 14. September für Gusti kein Requiem sein kann. Er bringt einen Zettel von Brück Heinrich mit. Am Nachmittag nehme ich drei Schulkindern die Beichte ab. Für den August bekomme ich 81,50 Mark. Es regnet, und ich wiege 66 Kilogramm.

1. September 1945 Es beginnt ein neuer Band des Breviers. Bei der Flucht vor einem Jahr dachte ich daran nur diesen einen Band mitzunehmen, denn bis dieser zu Ende gebetet ist, sind wir eh wieder zu Hause. Wie hatte ich mich getäuscht. Ich hoffe, dass wir den Herbstband des Breviers zu Hause in Grabatz zu Ende beten werden. Gebe es Gott! Ich sende ein Paket an Engelhard Michel und Brück Heinrich.

2. September 1945 Auf dem Weg nach Gampern ist das Wetter herbstlich neblig und kühl. Zuerst zelebriere ich und dann Kaplan Steinau. Dr. Kasberger predigt und macht den Subdiakon. Steinau fühlt sich nicht wohl und geht bereits vor der Vesper nach Hause. Grubers spendieren uns eine Jause. Die Familie Adam Haubenreich und ich nehmen die Jause dankend an. Dazu bekommen wir noch Butter, Zucker, Kaffee und Eier. Bei Kopsa wird geramschelt. Lessl und seine Tochter Aranka besuchen uns. Zusammen mit Tillschneider besuchen sie den Apotheker.

3. September 1945 Um 9:30 Uhr fahre ich mit Dr.Kasberger nach Attersee. Hier besuchen wir die Kirche und essen Mitgebrachtes von Dr. Kasberger, dazu bekommen wir vom Pfarrer Trauben und Äpfel. Der Pfarrer und seine Haushälterin haben einen großen Kropf. Wir ziehen weiter nach Abtsdorf. Hier bekommen wir warmen Tee und Zwetschgen und verzehren dazu unser restliches Essen. Vom hiesigen Pfarrer (hat auch einen ansehnlichen Kropf) werden wir bis zum Ortsausgang begleitet. In St. Georgen besuchen wir den nervenkranken Pfarrer. Wir bekommen Birnen, von denen ich gleich fünf Stück esse.

Seite 47 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Auf unserem Heimweg erzählt mir Dr. Kasberger, dass er mit Kaplan Steinau völlig unzufrieden ist. Dieser kennt keinen Gruß und kein Dankeschön. Dem wären nur seine Pfeife und sein Schnaps wichtig. Hans Asamer aus Gampern bringt mir zwei neue Koffer.

Blick auf Attersee am Attersee und seine Kirche

4. September 1945 Ich besuche Rieser und Tillschneider. Wollte auch Scheibmayer besuchen, doch es war keiner zu Hause.

5. September 1945 Vormittags bin ich in Gampern, nachmittags in Kemating und Eisenpalmsdorf. Von Grete Anton erhalte ich die Anschrift von Mathias Feri und Ochsenfeld Mischi. Zappe gibt mir die Anschrift von Kolla.

6. September 1945 In der Nacht hat es stark geregnet. Ich schreibe an Ochsenfeld und Kolla.

7. September 1945 Vormittags zelebriere ich in Gampern. Es ist ein schöner Tag.

Seite 48 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Gampern

8. September 1945 Patrocinium in Grabatz. Ob es wohl auch heute gefeiert wird? Kaplan Steinau bricht während der Messe in Gampern bewusstlos zusammen. Dr. Kasberger verspricht mir Stoff für eine Weste und 1-2 Hemden zu besorgen. Ich war zwar im Wirtschaftsamt, aber dort gibt es für Ausländer nichts. Nachmittags ramschle ich mit Tillschneider, Kopsa und Unterreiner, als Herr Zappe und Schorsch dazu kommen. Mir missfällt, dass die beiden kibitzen. Nach einer Weile kommt auch noch Herr Herbeck aus Gottlob dazu, der Herrn Zappe sucht. Herbeck erzählt von einem Soldaten aus Triebswetter, der sich eine französische Uniform und Papiere verschafft hat und damit bis ins Banat gekommen ist. Nun ist er wieder hier und sucht seine Familie. Er erzählt, dass alle auf unsere Heimkehr warten.

9. September 1945 Wir treffen uns bei Tillschneider zum Ramscheln. Zuerst beginnen wir mit Adams Karten, doch bald bringt Lissi neue Spielkarten. Mit diesen spielen wir geraume Zeit, bis wir plötzlich merken, dass die „Rot 7“ fehlt. Und so was bei geübten Spielern!!! Es werden weiterhin die schmutzigen Karten zum Spielen genommen. Tillschneider ist patentierter Zahler. Alle anderen gewinnen. Am Mittag kommen Engelhardt Sebastian und Haag. Sie suchen ihre Familien. Klein schreibt, dass Gottschall Jergl heimfuhr und er auch fahren werde.

Seite 49 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. September 1945 Schwacher Regen

11. September 1945 Dr. Kasberger ersucht mich brieflich am 13. und 14. September in Gampern zu zelebrieren. Herr Steinau wird zur gründlichen Untersuchung nach Vöcklabruck ins Krankenhaus gebracht. Der ungarische Arzt stellt einen Sonnenstich und eine Herzstörung fest. Am Nachmittag regnet es.

12. September 1945 In Stetten sammele ich den Kirchenbeitrag ein (87 Mark). Die Leute hier sind sehr freundlich. Bei Höckner in Nr. 1 bekomme ich sogar Jause. Dieser erzählt mir, dass sein Bruder Gottfried morgen nach Neulengbach reist. Ich gebe ihm einen Brief für Rat Klamminger mit und bitte ihn schöne Grüße an Pfarrer Krudl auszurichten. Auch Nani schickt etwas für Obermayer und Rieser Lissi für Michel mit.

13. September 1945 In Viehaus (Foto) sammele ich 231 Mark Kirchenbeitrag ein. Stallinger und Wageneder Eier an. Ich verspreche die Eier bei nächster Gelegenheit abzuholen. In Gallnbrunn sammele ich den Kirchenbeitrag ein und kaufe von Ablinger Honig und von Frau Scheibmayer 20 Eier. In Piesdorf bekomme ich 224 Mark Kirchenbeitrag. Merschbach Karl schickt uns „Tubal“ und „Tabeles“ Karten. Am 9. September bekam ich vom Asamer 1 kg Schweinefleisch. Nani legte es in den Keller und als sie es heute braten wollte, war die Schüssel leer. Eine Katze fraß vermutlich das rohe Fleisch. Ich freute mich doch so auf den Braten. Nun muss ich mich mit Grießnudeln begnügen. Oh weh!

14. September 1945 Schöner Herbsttag. Vormittags bin ich in Gampern. Herr Steinau ist wohlauf. Heute vor einem Jahr traf die Hiobsbotschaft ein, die die gesamte Banater Bevölkerung aufscheuchte und zur Flucht trieb.

Seite 50 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

15. September 1945 Vor einem Jahr traten wir unseren Leidensweg an. Es ist ein unfreundlich regnerischer Tag.

16. September 1945 Am Nachmittag kommen Messner (Heinrich) und Lissi aus Pocking in Bayern zu Besuch. Was für eine Überraschung. Heinrich berichtet, dass Carolus Schwester, Bittenbinder und Neurohr (Nr. 2) in Pocking waren. Heute ramschle ich mit einer Mark Verlust.

17. September 1945 Hansagyi verabschiedet sich. Er kehrt zurück nach Ungarn. Bevor Messner sich verabschiedet, wird noch einmal bei Tillschneider geramschelt, aber mit neuen Karten.

18. September 1945 Ich zelebriere ohne Ministranten. Das Buch „Ritter Namenlos“ gelesen.

19. September 1945 Ich besuche Herrn Zappe und Schorsch. Frau Zappe gibt mir ½ kg Reis mit.

20. September 1945 Unterreiner kommt am Nachmittag. Er gibt für 1 kg Butter 70 Mark! Ich spiele mit ihm Tabeles. Obwohl ich schon völlig vergessen hatte, wie es geht, finde ich doch wieder ins Spiel. Die Frauen von Schmidt Toni (Bartls), Rech Niklos und Unterreiner Josef kommen, um sich von Frau Brandner die Karten aufschlagen zu lassen. Auch Midi ist angerückt.

21. September 1945 Ein schöner Tag. Zusammen mit Tillschneider suche ich Schwammerl (Pilze) im Wald. Wir finden nur wenige Eierschwammerl, die wir uns teilen. Gedünstet munden diese sehr gut. Hedwig ist krank (38,7 °C Fieber). Mit Nani und Adam spiele ich Lorum.

22. September 1945 Engelhard verabschiedet sich, und auch Midi fährt zurück nach Vöcklabruck. Wir schicken Brot für Gottschall Mischi und Denuel mit. Hedwig ist sehr krank. Ihre Mandeln sind angeschwollen. Sie isst nichts und den wenigen Kaffee, den sie trinkt, erbricht sie gleich wieder. Midi verspricht den Vöcklabrucker Arzt zu schicken, der aber um 17 Uhr immer noch nicht eingetroffen ist. Adam fährt vergeblich nach Seewalchen, denn der dortige Arzt ist nicht zu Hause. Gegen 18:45 Uhr kommt der Vöcklabrucker Arzt und diagnostiziert einen Mandelabszess. Er verordnet Tabletten, Tropfen und sehr viel Wärme. Hedwig darf nur flüssige Speisen zu sich nehmen. Ich bete den Rosenkranz um die Genesung von Hedwig.

Seite 51 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

23. September 1945 Ich habe eine fast schlaflose Nacht hinter mir. Mein erster Gang führt mich am Morgen zu Hedwig. Meine Schwägerin sagt, Hedwig hat die Nacht über kaum geschlafen. Die Atembeschwerden sind gestiegen. Um 10 Uhr kommt endlich der Arzt aus Seewalchen. Dieser stellt eine hochgradige Diphtherie bei Hedwig fest und ordnet eine sofortige Überführung ins Krankenhaus nach Vöcklabruck an. Ich gehe sogleich zu Schimpl Josef und bitte ihn Hedwig mit seinem Wagen nach Vöcklabruck zu fahren. Nach einem verbissenen “Kreuz sakra“ holt er dann doch seinen Zweiradler hervor und spannt ihn ein. Um 10:15 Uhr fährt Nani mit Hedwig, der ich vorher mit Weihwasser das Kreuzzeichen mache, fort. Ich habe das Empfinden Hedwig nicht mehr lebend zu sehen. Tränen rollen mir über die Wangen. Ich bete vormittags und nachmittags den Rosenkranz. Nani kehrt gegen 16 Uhr zurück und berichtet ganz niedergeschlagen, dass Hedwig in höchster Gefahr schwebt. Von da an bin ich sehr beunruhigt. Nach der Abendandacht bete ich mit den Gläubigen für ein schwer krankes Kind. Ich gehe heute früh zu Bett in der Hoffnung die vorige Nacht nachholen zu können. Ich täusche mich aber gewaltig. Immer wieder kommt mir Hedwig in den Sinn und ich bete den Rosenkranz. Ganz düster ist der Himmel, als wolle auch er um Hedwig trauern. Die ganze Nacht hindurch regnet es.

24. September 1945 Ich zelebriere und opfere die heilige Messe für Hedwig. Tränen rollen mir über die Wangen. Ich wage das Gebet nach der Messe nicht zu beten und verspreche bis zu Hedwigs Genesung nicht zu rauchen. Um 8 Uhr gehen Adam und Nani nach Vöcklabruck ins Krankenhaus. Hedwigs Lippen begrüßen mich nicht. Oh wie weh mir das tut. Es ist mir so unbeschreiblich schwer, es bangt mich so sehr. Gott gebe, dass ich nicht Recht habe. Wie wäre ich ihm dankbar! Doch Adam und Nani kehren mit der traurigen Kunde zurück, dass Hedwig gestern um 18 Uhr verstorben ist. Ich gehe nach Gampern, um für morgen um 15 Uhr das Begräbnis zu organisieren. Auch nach Kemating bringe ich die traurige Nachricht. Den ganzen Tag regnet es.

25. September 1945 Adam fährt mit dem Wagen nach Vöcklabruck, um Hedwigs Leichnam abzuholen. Ich bitte die Gehmaier Kathi frische Blumen zu besorgen, damit wir Hedwig einen letzten Gruß bringen können. Knoll Hansi und Marianne bringen je einen Blumenstrauß. Nani weint. Ich kann mich auch nicht halten. Ich bete das Brevier am Kanapee und sehe im Geiste Hedwig vor mir stehen und auf das Brevier deutend sagen: „Onkel bete..“. Mein Herz krampft sich zusammen. Ich fühle so sehr, was ich mit Hedwig verloren habe. Spricht jemand von Hedwig, muss meine Schwägerin weinen und ich auch.

Seite 52 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Es ist wieder ein regnerischer Tag. Wenn es doch aufhellen würde bis heute Nachmittag, denn um 15 Uhr soll das Begräbnis stattfinden. Midi kommt gegen 11:30 Uhr klatschnass an. Gegen 13 Uhr treffen die Familien Rieser und Tillschneider mit Blumensträußen ein. Es wird bitterlich geweint. Kurz darauf kommt auch Herr Lessl. Um 14:15 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Gampern. Auch einige Piesdorfer Frauen und Kinder kommen mit. Adam ist mit Hedwig bereits da. Vor der Kirche steht der kleine, armselige Brettersarg, der meinen kleinen Liebling in sich birgt. Mit Tränen in den Augen grüße ich Hedwig stumm, die mich so oft mit „ Guten Morgen Onkili..“ begrüßt hat. Der bittere Schmerz wird nur durch das Bewusstsein des Glaubens gemildert, dass Hedwig im Himmel für uns beten wird. Punkt 15 Uhr beginnt die Beerdingungszeremonie, die Dr. Friedrich Kasberger, assistiert vom Flüchtlingspfarrer Johann Steinau, vollzieht. Zu dieser Trauerfeier finden sich sämtliche Grabatzer Flüchtlinge aus der gesamten Umgebung ein. Manche von ihnen müssen einen zweistündigen Fußmarsch zurücklegen, um dabei sein zu können. Auch Herr Zappe mit Tochter und Spohner kommen, um ihre innigste Teilnahme zu zeigen. Herr Lessl singt nach Einsegnung der Leiche „ O wie kurz ist unser Leben…“. Alle weinen. Nach dem Lied gehen wir in den Friedhof. Hedwigs Grab liegt in dem Friedhofsteil, der hinter dem Hochaltar liegt. Nani weint bitterlich, als der Sarg ins Grab gesenkt wird. Ich bekomme eine Gänsehaut. Dr. Kasberger sagt, sie möge stiller sein (taktlos!). Zum Schluss singt Herr Lessl noch ein Abschiedslied. Weihwasser ist unser letzter Gruß. Erdschollen fallen langsam auf den Sarg, der langsam darunter verschwindet. Tränen und Blumen sind Zeugen dafür, wie lieb wir Hedwig hatten. „Auf ein Wiedersehen in der ewigen Heimat, gute, liebe Hedwig“! Dich hat aber der liebe Gott zu sich genommen und dich vom Erdenleid bewahrt. Bete für uns alle, dass wir dich auch im Himmel einst wiedersehen. Wir vergessen dich nicht! Es ist schon eine seltsame Bestattungsanstalt in Vöcklabruck, die noch nicht einmal ein Grabkreuz mitgibt! Deshalb ist nun vorläufig kein Kreuz auf Hedwigs Grab. Dr. Kasberger nimmt für das Begräbnis kein Geld ab und begleicht sogar die Spesen für die Messner, Totengräber und Ministranten. Er ersucht mich morgen das Begräbnis mit Requiem für einen 85. jährigen Mann zu übernehmen, da er nach Nußdorf muss.

26. September 1945 Um 9 Uhr marschiere ich nach Gampern. Ich habe fast keine Stimme mehr. Die Ursache dafür dürfte das anhaltend schlechte Wetter sein. Dr. Kasberger geht wegen des schlechten Wetters nicht nach Nußdorf und hält die Begräbnisrede selbst. Ich muss nur das Requiem halten. Dafür überreicht er mir 20 Mark. Ich ersuche Dr. Kasberger, er möge doch mit Schuhmacher Scheibmayer sprechen, damit dieser mir ein Paar schwere Schuhe zur Verfügung stellt, denn meine leichten Schuhe sind für diese Gegend hier nicht geeignet. Vormittags und nachmittags gehe ich an Hedwigs Grab.

Seite 53 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Das Grab der kleinen Hedwig Haubenreich

Sterbekarte

Seite 54 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

27. September 1945 Es ist trüb und es regnet. Fräulein Hepp erkundigt sich nach ihrer Mutter (Frau Dr. Reichardt). Midi kehrt nach Vöcklabruck zurück. Herr Schimpl nimmt nichts für Hedwigs Transport ab.

28./29. September 1945 Es regnet. Ich habe meinem Hausherren Voglhuber zum Namensfest gratuliert. Schmidtbasl hörte im Radio, dass ab dem 1. Oktober der Postverkehr mit Niederösterreich wieder frei wäre. Regnerisch.

30. September 1945 Ich habe heute Nacht vor Kälte kaum geschlafen. Drei Fenster waren gestern den ganzen Tag über offen. Ich habe eine zu kurze „Tuchet“, die dazu noch viel zu schwach mit Federn gefüllt ist. Meine Füße wurden die ganze Nacht über nicht warm. Die Kirche ist sowohl vormittags als auch nachmittags voll besetzt. Den ganzen Tag über ist es trüb und kalt. Am Nachmittag gehe ich mit Adam zur Familie Rieser. Ich wiege noch 65 Kilo.

1. Oktober 1945 Nieselregen

2. Oktober 1945 Um 7 Uhr Engelmesse für Hedwig. In der Nacht stirbt Frau Kopsa. Ich gehe nach Gampern, um mit dem Herrn Pfarrer das Begräbnis zu besprechen. Um 16 Uhr bin ich im Pfarrhaus, wo Pfarrer Steinau arbeitet. Dr. Kasbergers Schwester serviert Pfarrer Steinau Tee und Gebäck. Mir als zufälligem Gast wird nichts angeboten. Ich bete am Sarg von Frau Kopsa.

3. Oktober 1945 Um 5:30 Uhr marschiere ich nach Haid. Unterwegs esse ich zwei Brote und ein gekochtes Ei. Von Haid fahre ich mit der Elektrisch nach Attersee und gehe von da zu Fuß weiter nach Nußdorf. Frühstück bei Lessl. Bereits um 7:30 Uhr setzt schwacher Regen ein. Um 10 Uhr lasse ich mir die Haare schneiden. Danach regnet es schon stärker. Nach dem Mittagmahl bei Lessl fällt Regen, Hagel und Schnee. Um 15:15 Uhr gehe ich zum Schiffssteg, um von Nußdorf nach Attersee zu fahren. Lessl kommt mit zum Begräbnis von Frau Kopsa. Es ist kalt. Meine Schuhe bekommen auf dem Weg nach Hause den Rest. Völlig durchgefroren und mit nassen Füßen komme ich in Piesdorf an. Mich erwartet ein kaltes Zimmer. Ich friere in der Nacht.

4. Oktober 1945 Ich halte das Requiem am Grabe von Frau Kopsa. Lessl singt das Abschiedslied bei der Einsegnung und am Grabe. Uns kommt es vor, als wären wir in Grabatz. Anschließend gehe ich an Hedwigs Grab.

Seite 55 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Das Wetter ist grauslich. Regen und Schnee, der gleich schmilzt, verwandeln die nicht gepflasterten Straßen in Schmutz. Meine Güte, wie oft muss ich doch an die schönen gepflasterten Gemeinden daheim denken. Tritt man hier aus dem Hause, hat man schon nasse Füße. Unser leichtes Schuhwerk taugt hier einfach nichts. Wie wird es erst im Winter sein? Gott erbarme! Lessl isst bei uns zu Mittag. Um 12:30 Uhr begleite ich ihn bis Reichentalheim, von wo aus er mit der Elektrisch nach Attersee fährt. Auf dem Rückweg kehre ich bei Tillschneider ein und wir spielen Tardl.

5. Oktober 1945 Am Nachmittag kommt Klampfer (Gottschall) Käthi. Sie ersucht mich an das Ordinariat Linz zu schreiben, um Hans, Niklos und Hüpfel zu suchen. Sie kondoliert wegen Hedwig.

6. Oktober 1945 Messner Heinrich und Frau kommen zum Kondolieren. Sie bringen für Anna und Hedwig je ein Kleid mit. Hedwig kann es leider nicht mehr tragen. Ich nehme Beichten ab. Es regnet.

7. Oktober Ich gehe nach Gampern. Bei Gstättner läuft mir das Wasser in den Schuh. Ich besuche Hedwigs Grab. Am Nachmittag ramschle ich bei Engelhardt mit 14,23 Mark Verlust.

8. Oktober 1945 Ich zelebriere. Messner Heinrich hilft. Nach zwei Wochen Regen ist heute wunderschönes Wetter. Die Messnerin macht mir eine schwarze Hose.

9. Oktober 1945 Die Hose passt tadellos. Frau Heinrich nimmt mir nichts dafür ab. Messners reisen ab, und Zappes kommen zu Besuch. Es ist ein schöner Tag. Um 11 Uhr werde ich zur kranken Frau Schimpl gerufen.

10. Oktober 1945 Ich nehme Frau Schimpl die Beichte ab. In der Nacht konnte ich nur die heilige Ölung spenden. Herr Schimpl drückt mir Geld und eine Virginia Zigarre in die Hand.

11. Oktober 1945 Ich besuche Herrn Zappe und Schorsch. Zappe will heimfahren. Morgen fährt er nach Linz, um sich die nötigen Papiere zu verschaffen.

12. Oktober 1945 Und wieder setzt Regen ein. Ich schreibe einen Brief an Pfarrer Krudl in Senftenberg.

Seite 56 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

13. Oktober 1945 Lebensmittel- und Raucherkarten werden mir nicht ausgestellt, da ich noch nicht gemeldet bin. In Viehaus bekomme ich Eier. Es regnet nicht mehr.

14. Oktober 1945 Sonntag. Ich zelebriere und predige.

15. Oktober 1945 Um 6 Uhr morgens bin ich bereits in Haid. Von hier geht es über Attersee nach Nußdorf zum Pfarrer. Dieser stellt mir eine Meldekarte aus. Das Mittagmahl nehme ich bei Lessl ein. Nach dem Mittagessen begebe ich mich zusammen mit Lessl auf die Suche nach Mathias Feri, den wir im Kartoffelacker finden. Um 14:30 Uhr kehrt Lessl zurück nach Nußdorf, und ich gehe an den Bahnhof. Es ist trüb.

16. Oktober 1945 Ich bringe meine Meldekarte zu Dr. Kasberger nach Gampern und bekomme im Gegenzug Lebensmittelkarten. Ich schaue Herrn Karikas zu, wie er Hedwigs Kreuz schnitzt. Ich bete an Hedwigs Grab. Die Blumen sind alle verwelkt, und nur das Tannengrün schmückt noch das Grab meines kleinen Lieblings. Dr. Kasberger sprach mit dem Bürgermeister über mein Schuhwerk und dieser versprach mir ein Paar Stiefel. Herr Zappe sprach in Linz mit einem rumänischen General, dem Führer der Kommission.

17. Oktober 1945 Ich zelebriere eine Engelmesse zum Namenstage Hedwigs. Gebmayer gebe ich 10 Mark Ministrantengeld von Dr. Kasberger. Adams Familie legt auf Hedwigs Grab neue Kränze und Blumen. Ich gehe mit Dr. Kasberger auf den Berg. Bei unserer Rückkehr serviert man Dr. Kasberger, ¼ l Schnaps und ein Stamperl, mir nichts!!

18. Oktober 1945 Mit Tillschneider gehe ich zu Herrn Zappe. Dieser registriert alle, die heimkehren wollen. Er fährt Samstag wieder nach Linz, um mehr zu erfahren.

19. Oktober 1945 Im Auftrag Dr. Kasbergers spreche ich bei Katterl wegen der Aufnahme eines Wiener Kindes vor. Das Ergebnis ist negativ. Seltsamerweise drückt Dr. Kasberger mir solche Aufträge auf. Nani findet bei Anna Kopfläuse. Ich gebe Adam Geld für Hedwigs Bestattung. Die letzten ungarischen Flüchtlinge gehen heim.

20. Oktober 1945 Auf Hedwigs Grab steht ab heute ein Eichenkreuz (geschnitzt vom ungarischen Flüchtlingsbildhauer Wilhelm Karikas).

Seite 57 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Darauf steht: „Hier ruhet in Gott Hedwig Haubenreich 17.8.1943 – 23.9.1945“. Ich bekomme einen Brief von Dr. Buding in Sachen „Ansiedlung der Banater Schwaben in Elsaß-Lothringen“. Dieser Brief trifft mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es haben sich doch alle Grabatzer hier in der Gegend für eine Heimreise entschlossen. Sie wollen bei der erst besten Gelegenheit heimfahren. Ich bin unschlüssig. Der Brief wirft neue Bedenken auf.

21. Oktober 1944 Missionssonntag! Ich zelebriere und lese anschließend die Hirtenbriefe der Bischöfe vor.

22. Oktober 1945 Am Vormittag fahre ich nach Vöcklamarkt. Hier erfahre ich, dass Kaplan Horvath bereits vor 10 Tagen nach Münzkirchen bei Schärding verzogen ist, ohne sich von mir zu verabschieden. Am Nachmittag gebe ich etwa drei Stunden Lateinunterricht. Danach gehe ich nach Kemating und erfahre, dass morgen eine Kommission nach Vöcklabruck kommt. Bin vom vielen Reisen müde.

23. Oktober 1945 Tillschneider, Huber, Tarde und Bartl lassen sich in Vöcklabruck für die Heimreise registrieren. Das Familienoberhaupt muss persönlich erscheinen. Schmidtbasl teilt mir mit, dass sie morgen mit Lissi nach Gmunden geht, um sich registrieren zu lassen. Wir sollten es uns auch überlegen. Ich gehe zwar bald zu Bett, kann aber nicht schlafen.

24. Oktober 1945 Nach einer gänzlich schlaflosen Nacht stehe ich heute Morgen auf. Die ganze Nacht über schwirrten mir die verschiedensten Gedanken im Kopf herum. Um 0:45 Uhr musste ich aufstehen. Ich überlegte, ob ich nicht Adam zum Registrieren nach Gmunden schicken soll. Ich fühle mich so erbärmlich wie am 14. September 1944. Als ich heute Morgen aufstand, hoffte ich, Adam wäre unterwegs nach Gmunden. Er war es aber nicht. Nach der Messe kommt Rieser Lissi zu mir und sagt, sie lässt sich auch nicht registrieren. Sie hat so ihre Bedenken wegen Peter. Ich gehe mit ihr zu Herrn Zappe. Dieser spricht uns zu, nach Gmunden zum Registrieren zu gehen. Nachmittags gebe ich Lateinunterricht.

25. Oktober 1945 Ich fahre auch mit nach Linz. Lissi, Schmidtin und Lessl lassen sich sofort bei der rumänischen Kommission registrieren. Mich plagt eine Seelenqual. Als ich aber sehe, dass sich auch Anton, Undis, Decker und Schummer aus Hatzfeld registrieren lassen, fasse ich Mut und tue es auch. Ich bin sehr beunruhigt. Ich spreche mit Bartl Evi und Jakob und erfahre, dass bereits viele Familien heimgereist sind.

Seite 58 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Wir fahren über Linz zurück nach Vöcklamarkt. Das Einsteigen ist richtig „lebensgefährlich“. In Vöcklamarkt springen wir schnell in die Elektrisch und werden ohne Fahrschein erwischt. Jakob Bartl und ich zahlen den doppelten Fahrpreis. Lissi und die Schmidtbasl konnten rechtzeitig aussteigen und mussten nichts bezahlen. Um 23:55 Uhr öffnet Herr Voglhuber mir die Tür. Fange wieder an zu rauchen.

26. Oktober 1945 Nach der Messe teile ich Adam und Midi meine Entscheidung von gestern mit. Midi zeigt sich darüber enttäuscht und sagt, sie wird nicht mitkommen. Ich rauche eine Pfeife.

27. Oktober 1945 Midi kehrt nach Vöcklabruck zurück. Es regnet und stürmt.

28. Oktober 1945 Sonntag. Während der Messe verkünde ich den Hirtenbrief. Danach verliere ich bei Kopsa im ramscheln 1,33 Mark.

29. Oktober 1945 Adam streicht Hedwigs Kreuz. Herr Karikas verlangt nichts für die Schnitzarbeit.

30. Oktober 1945 In St. Georgen lasse ich mir die Haare schneiden. Anschließend fahre ich nach Gallnbrunn, wo ich Huber treffe. Dieser teilt mir mit, dass Herr Zappe seine Tochter nach Hause schickt. Ich überlege, ob ich ein paar Briefe mitschicken soll. Da diese Nachricht aber nicht offiziell ist, lasse ich es bleiben und gehe zur Familie Rieser, um „Mensch ärgere dich nicht“ zu spielen.

31. Oktober 1945 Heute muss ich erst um 13 Uhr in Gampern sein. Ich bin ja froh nicht durch das nasse Gras zu müssen. Herr Steinau geht sang- und klanglos nach Aspach, um dort seine neue Stelle anzutreten. Er findet es nicht der Mühe wert sich von mir zu verabschieden. Oh Höflichkeit!! Dr. Kasberger bietet mir das Nachtmahl aber kein Nachtquartier an. Um 18 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Piesdorf zurück, obwohl ich morgen in der Früh um 6 Uhr wieder in Gampern sein muss. Ich taste mich voller Angst und Bange durch den dunklen Wald. Bin froh, als ich Piesdorf erreiche. Ich werde mich nie wieder so spät auf den Weg machen.

1. November 1945 Allerheiligen! Um 5:15 Uhr marschiere ich wieder zu Fuß durch die Dunkelheit nach Gampern.

Seite 59 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Zwischen 6 Uhr und 9 Uhr nehme ich Beichten ab und halte danach ein Hochamt mit Predigt. Dr. Kasberger hält anschließend eine Allerseelenpredigt. Bis 16:30 Uhr höre ich noch Beichten und mache mich danach auf den Weg zurück nach Piesdorf. Ich will zwar früh schlafen gehen, komme aber vor 23 Uhr nicht ins Bett.

2. November 1945 Allerseelen! Wieder gehe ich so früh nach Gampern, wo ich Beichten abnehme und drei Messen lese. Darüber hatte mich Dr. Kasberger nicht informiert. Rücksichtslos!!! Das Frühstück und Mittagessen nehme ich im Pfarrhaus ein. Dr. Kasberger halst mir nun auch noch die Verteilung des „Linzer Kirchenblattes“ in Piesdorf, Gallnbrunn, Rübensdorf und Brandham auf. Regelrechter Trägerdienst. Messner und Schulkinder könnten das auch tun.

3. November 1945 Ich verteile zwölf Kommunionen. Erstmalig und probeweise ertönt die neu eingebaute Sirene gegen Einbruch im Feuerwehrturm. Diese erinnert mich an die unzähligen Fliegeralarms. Herr Zappe besucht mich und teilt mir mit, dass die Transporte nach Rumänien nur noch bis zum 15. November gehen. Ich bin aufgeregt und gehe mit ihm nach Gallnbrunn.

4. November 1945 In Gampern teilt mir Dr. Kasberger mit, dass in Piesdorf an Sonn- und Feiertagen keine heiligen Messen stattfinden dürfen. Er übergibt mir 60 Mark für die Aushilfe und 20 Mark für die Ministranten. Adam war in Vöcklabruck und hat dort erfahren, dass die Rumänen die Deutschen ausweisen.

5. November 1945 Starker Nebel. Lateinunterricht.

6. November 1945 Kopsa übersiedelt nach Piesdorf. Frau Rieser macht mir eine neue Weste.

7. November 1945 Trübes Wetter.

8. November 1945 Ich gehe nachmittags zu Herrn Zappe, dessen Tochter heute abreist. Voglhubers Sohn, Hans, kommt aus dem Klagenfurter Gefangenenlager frei.

9. November 1945 Mein Bett wird vom kalten Fenster weggerückt. Das ist gut so. Doch es fehlt seit ca. drei Wochen mein Wasserkrug und somit muss ich meine Zähne bei Adam putzen.

Seite 60 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. November 1945 Ich habe in der Nacht vor Kälte nicht geschlafen. Aus meinem Zimmer wird ein hoher Schrank entnommen. Es verbleiben daher als Einrichtung: 1 Schubladenkasten, 3 hohe Kästen, 1 Tisch, 1 Bett, 2 Stühle, ein Lavoir mit 21 cm Durchmesser, 1 Seifenschale, Bilder, 1 Marienstatue und ein Weihwasserkessel

11. November 1945 Martini! Kirchweih zu Hause. Wo wohl mein Bruder Martin ist? Gestern schneite es den ganzen Tag. Etwa 15 cm Schnee bedecken den Boden. Um 5:45 Uhr stapfe ich nach Gampern und sitze vergeblich im Beichtstuhl. Es kommt keiner. Dr. Kasberger sagt, er hätte feste Schuhe für mich. Da ich aber keine Tasche habe, werde ich sie bei der nächsten Gelegenheit mitnehmen. Dr. Kasberger teilt mir mehrere Messen für nächste Woche ein. Er weiß doch, dass ich auch meine Messen habe. Ich wäre nur neugierig, was er ohne mich machen würde. Am Nachmittag Ramschl bei Tillschneider.

12. November 1945 Frau Voglhuber fragt mich, ob ich warmes Wasser wünsche. Ich lehne ab. Letzte Nacht schlief ich etwas besser, weil ich meinen Rock an hatte und so mit der „Tuchet“ die Füße bedecken konnte.

13. November 1945 Lessl und Aranka besuchen mich. Ich erhalte Briefe von Pfarrer Krudl und Messners.

14. November 1945 Dr. Kasberger lässt mir mitteilen, dass ich morgen ein Requiem zu zelebrieren habe. Ich ziehe die von Dr. Kasberger erhaltenen „Tschinakl“ an. Statt der versprochenen Stiefel bekam ich ein altes Paar Schuhe, scheinbar aus dem Mittelalter, die unter aller Kritik sind. Diese sind wohl neu gesohlt, doch absolut formlos.

15. November 1945 Morgens halte ich mein Requiem in Gampern. Dann bringe ich Dr. Kasberger die Schuhe zurück. Er sendet mich zu den Bauern, um diese aufzufordern Heu für die ungarischen Flüchtlinge zu stellen. Solche Aufträge überträgt mir Dr. Kasberger mit Vorliebe. Am Altar fühle ich die ungeheuere Zugluft, die meine Stimmbänder völlig strapaziert.

16. November 1945 Der Schnee ist weg. Übrig bleibt nur Schmutz.

17. November 1945 Ich tardle mit Kopsa bei trübem Wetter.

Seite 61 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. November 1945 Durch dichten Nebel und Schmutz gehe ich nach Gampern. Ich rutsche unterwegs mehrmals aus und falle in den Dreck. Ich sehe aus wie ein Ferkel. Am Abend kehre ich wieder im Nebel zurück nach Piesdorf.

19. November 1945 Um 5:30 Uhr gehe ich bei hellem Mondschein und gefrorenem Boden nach Gampern. Die frische Morgenluft tut sehr gut. Ich höre Beichten und halte eine Standeslehre für Mädchen.

20. November 1945 Den ganzen Tag über hält der Nebel an. Die heutige Standeslehre für Burschen hält Dr. Wohlschuss, Pfarrer in Mauer. Ich bin gefesselt von seiner sonoren Stimme.

21. November 1945 In Gampern halten Pfarrer der umliegenden Nachbarorte Messen. Am Nachmittag sind im Pfarrhaus Dr. Wohlschuss, Pfarrer Sieghard aus Seewalchen und Pfarrer Thalhaus aus Timelkam. Ich trinke rasch meinen Tee und verabschiede mich. Zu Fuß stapfe ich zurück nach Piesdorf. Dr. Kasberger findet es aber überhaupt nicht verwunderlich, dass ich in der Dunkelheit hin und her laufe.

22. November 1945 Ich erhalte Briefe von Midi, Günther Berwi und Hackbeil Kathi.

23. November 1945 Kaltes, trockenes Wetter.

24. November 1945 Ich besuche Herrn Zappe in Kemating. Die Hausfrau teilt mir mit, dass die Familie Zappe gestern Abend nach Rumänien abgereist ist. Ich gehe zu Schorsch. Er sagt mir, dass Herr Zappe eine Leika (Fotoapparat) und ziemlich viel Geld riskiert hat, um unter dem Namen „Tsapa“ zu reisen. Er nahm fast das gesamte Gepäck mit. Er lässt uns alle grüßen. Schorsch ist gekränkt, weil er ihn nicht auch mitgenommen hat.

25. November 1945 Ich teile Tillschneider und Frau Rieser die Neuigkeit über Zappe mit. Die Erde ist mit Schnee bedeckt, der aber bis Mittag weg ist. In meinem Zimmer ist es ziemlich frisch. Das Wasser ist eisig. Ein warmes Zimmer ist doch etwas ganz anderes. Wir ramscheln bei Kopsa.

Seite 62 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

26. November 1945 Direktor Undis besucht mich und bestellt 10 heilige Messen für seine Frau, die am 15. Dezember bei einem Luftangriff in Amstetten ums Leben kam. Auch Lörincz sucht mich wegen der Registrierung auf. Ich warte vergeblich auf Unterreiner.

27. November 1945 Dr. Kasberger überträgt mir die Einsegnung einer Verstorbenen. Dabei treffe ich den Schuhmacher Scheibmayer, der laut Aussage von Dr. Kasberger meine Schuhe repariert hat. Dieser weiß aber von gar nichts. Ich spreche Dr. Kasberger auf die Sache an.

28. November 1945 Ich übergebe Adam 60 Mark. Bei Tillschneider spielen wir „Mensch ärgere dich nicht“. Heinrich Streibls Vater teilt mir mit, dass sein Sohn bis Weihnachten auf einer Umschulung ist und anschließend das Postamt Gampern übernehmen soll.

29. November 1945 Sonnenschein. Ich schreibe an Midi und Pfarrer Krudl.

30. November 1945 Ich erfahre, dass ich am Sonntag nicht nach Gampern muss. Ich gehe zu Fuß nach Seewalchen und besuche Pfarrer Sieghard. Er übergibt mir freiwillig ein paar Predigtbücher. Ich beichte und ziehe weiter über Kemating nach Piesdorf. Ich komme ins Schwitzen, denn ich war schon lange nicht mehr so müde wie nach diesem Rundgang. In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ gelten die Volksdeutschen als zwangsevakuiert.

1. Dezember 1945 Auf Grund einer Regierungsverfügung verlieren die Flüchtlinge aus Rumänien ihre Staatsbürgerschaft. Große Bestürzung.

2. Dezember 1945 Ich zelebriere um 8 Uhr in Piesdorf. Alle Bänke sind belegt (vier Menschen stehen). Auf dem Altar und seitlich davon sind Tannenbäume aufgestellt. Ich habe kalte Finger. Herr Voglhuber bietet mir an meine Schuhe wegen der Kälte abends ins Zimmer stellen zu dürfen!

3. Dezember 1945 Ich gehe nach Gampern, um nach den Registrierungen zu sehen. Herr Lörincz teilt mir mit, dass er nur 25 Vordrucke bekommen hat und diese bereits für Siebenbürger Sachsen verbraucht wären.

Seite 63 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Sobald er Nachschub erhält, werde ich benachrichtigt. Ich kann dann bei der Registrierung der Banater helfen. Am Nachmittag kommt Schorsch zu Besuch. Er sagt, er werde sich nicht registrieren lassen, denn dies gilt nur für Zwangsevakuierte und nicht für die Flüchtlinge, denen das Staatsrecht abgesprochen wurde. Man vermutet, diese Registrierung sei eine Sache der Siebenbürger Sachsen, die die Banater Schwaben hintergehen wollen. Ich weiß nicht, was ich tun soll!

4. Dezember 1945 Es schneit. Am Nachmittag besucht mich Unterreiner und teilt mir mit, dass die Registrierung von den Amerikanern angeordnet wurde und er bereits registriert ist. Zusammen besuchen wir Tillschneider.

5. Dezember 1945 Die Sonne scheint. Es ist fast wie im Frühling. Ich erhalte einen Brief von Günther Berwi.

6. Dezember 1945 Ich zelebriere. Am Nachmittag schneit es. Adam gebe ich Geld für die Verpflegung.

7. Dezember 1945 Es schneit den ganzen Vormittag. Ferencz Salomon aus Diösgyör in Ungarn bittet mich eine Messe und Danksagung zugunsten seiner Angehörigen zu lesen. Er spendet 200 Mark und verspricht auch noch Mehl zu bringen.

8. Dezember 1945 Ich marschiere vergnügt nach Gampern. Alles ist zugeschneit und ein Weg ist nicht zu sehen. Ich breche öfter im Schnee ein. Als ich an Hedwigs Grab komme, sind meine Schuhe und Socken ganz nass. Danach sitze ich zwei Stunden im Beichtstuhl und ich merke deutlich, dass nicht geheizt wurde. Dr. Kasberger empfängt einen Herrn Dr. Schneider (Prof. i. R.) aus Wien. Midi sucht mich. Zusammen gehen wir nach Piesdorf.

9. Dezember 1945 Mir ist sehr kalt. In der Nacht schlief ich vor Kälte trotz Unterhemd, Taghemd. Nachthemd und Wattenjacke sehr schlecht. Die Fenster sind dermaßen zugefroren, dass man nicht hindurch sieht. Bei Tillschneider wird geramschelt. Heute lege ich mich mit einem heißen Stein und einer Pelzkappe ins Bett.

10. Dezember 1945 Midi schenkt mir, bevor sie wieder zurück nach Vöcklabruck geht, eine Zahnbürste, Zahnpulver und Pantoffeln. Ich begleite sie nicht, weil mein rechtes Auge verdächtig rot ist. Es ist mildes Wetter.

Seite 64 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. Dezember 1945 Ich gehe nach Gampern und verständige Herrn Salomon, dass die Messen am 7. und 19. Dezember stattfinden werden.

12. Dezember 1945 Die ganze Nacht und den ganzen Vormittag schneit es. Ich muss als Erster zur Kirche stapfen. Schneeschaufeln ist hier nicht bekannt.

13. Dezember 1945 Wieder stapfe ich zur Kirche. Am Nachmittag schreibe ich an Günther Berwi und Dr. Kern.

14. Dezember 1945 Eine neue Geldwährung wird eingeführt. Österreich steigt von der Reichsmark auf Schilling um. Dr. Kasberger lässt mich nach Gampern kommen. Er teilt mir mit, dass er für mich kein Geld umtauschen kann, weil ich als Ausländer gelte. Ich fülle ein Formular aus, damit ich wenigstens die 4.150 Schilling bekomme. Was wohl mit dem restlichen Geld geschieht?

15. Dezember 1945 Die Sonne scheint. Eine einzige Person kommt in Piesdorf zur Beichte.

16. Dezember 1945 Ich zelebriere und predige in Piesdorf. Alle Bänke sind voll besetzt. Zwölf Personen stehen.

17. Dezember 1945 Als „erste Schwalbe“ erhalte ich von Herrn Prieschl aus Urfahr eine 20 Schilling Banknote für eine Messe.

18. Dezember 1945 Herr Salomon bringt 3 kg Mehl und Geld für die Messen. Ich schreibe an Pfarrer Krudl.

19. Dezember 1945 Ich halte eine Messe für Herrn Salomon. Er gibt mir 400 Mark. Soviel bekam ich noch nie für eine Messe! Von Dr. Kasberger erhalte ich 4.150 Schilling und unterschreibe für den Erhalt des Geldes. Danach besuche ich die Familie Karikas, die mich sehr freundlich mit Milch und Butterbrot empfängt. Bei meiner Rückkehr teilt mir Adam mit, dass Lessl hier war und mitteilen lässt, dass wir morgen zur Registrierung nach Linz fahren. Am Nachmittag kommen Herr Anton und Schorsch mit der Nachricht, dass zwischen den Feiertagen in Linz nichts erreicht werden kann. Der rumänischen Kommission mangelt es an Drucksorten.

Seite 65 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Man bat Direktor Undis sich darum zu kümmern, der lehnte aber ab. Vielleicht besinnt er sich noch. Ein Lichtbild der letzten acht Jahre ist unbedingt erforderlich.

20. Dezember 1945 Ein schöner Tag. Am Abend regnet es aber.

21. Dezember 1945 Wir gehen nach Haid, von wo wir statt um 9:53 Uhr um 11:18 Uhr nach Attersee fahren. Dort gehen wir gleich zum Fotografen, der uns freundlicherweise gleich die Aufnahmen von Frau Tillschneider, Frau Rieser mit Kindern, Adam mit Familie und mir macht. Wir konnten anschließend gleich wieder nach Piesdorf zurückkehren. Die Bilder können erst am 28. Dezember abgeholt werden.

22. Dezember 1945 Ich erhalte Briefe von Günther Berwi, Unterreiner und Hackbeil Kathi.

23. Dezember 1945 Ich nehme zwei Schulkindern die Beichte ab. Herr Karikas bringt mir 2 kg Bohnen, ½ kg Reis und ½ kg Grieß. Ich lege mir einen neuen Kartenbeutel mit 10 Mark Startkapital an. Bei Kopsa ramschle ich mit 1, 92 Mark Gewinn (guter Beutel).

24. Dezember 1945 Ich gratuliere Adam zum Namenstag. In meinem Zimmer habe ich „Bethlehem“ aufgestellt. Um 16 Uhr feiern wir die Christmette in Gampern. Von Dr. Kasberger bekomme ich eine Künstlerkarte zu Weihnachten (sonst nichts!). Ich gebe Adam und Nani 20 Schilling und 5 Mark als Christkindlgeschenk. Anna bekommt auch 5 Mark.

25. Dezember 1945 Besuche Knoll, Furthauer, Kritzinger, Sulzberger und Kübler. Ich gebe Voglhuber 20 Zigaretten, 5 Zündsteine, 2 Schachteln Streichhölzer und 1 Päckchen Zigarettenpapier zu Weihnachten. Günther Berwi kommt zu Besuch. Auf dem Weg zu Engelhardt falle ich hin und schürfe mir die Haut am rechten Fuß auf. Bei Bastl gibt es Mehlspeise, Tee und Schnaps. Bei Voglhubers das gleiche.

26. Dezember 1945 Nachmittags wird bei Tillschneider geramschelt. Günther Berwi fährt zurück.

27. Dezember 1945 Um 7 Uhr zelebriere ich die heilige Messe. Diese ist für den gefallenen Hans Tillschneider.

Seite 66 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Danach besuche ich Herrn Schorsch, der mir aus Herrn Zappes Beständen auf dessen Wunsch hin etwa einen Liter Benzin, 10 kg Kornmehl und Wein gibt. Schorsch fährt mit Undis und Anton nach Linz zur Registrierung. Den ganzen Tag über herrscht starker Nebel.

28. Dezember 1945 Um 7 Uhr zelebriere ich ohne Ministranten. Danach gehe ich mit Tillschneider Hilda bei schwachem Regen zu Fuß nach Haid, von wo aus wir mit dem Zug nach Attersee fahren. Dort holen wir die Fotos ab. Diese sind sehr schön, 6 Stück kosten aber 3,50 Mark. Des Wetters wegen gehe ich nicht wie geplant nach Nußdorf, sondern fahre um 11:33 Uhr zurück. Dr. Kasberger bestellt mich nach Gampern. Natürlich ist Herr Pfarrer nicht zu Hause. Das Endresultat meiner Reise sind nasse Schuhe und Strümpfe.

29. Dezember 1945 Ich erhalte eine Karte von Pfarrer Krudl aus Senftenberg. Adam gebe ich 60 Mark für Verpflegung. Ich warte vergeblich auf Herrn Schorsch, um zu erfahren, was sie in Linz erledigt haben.

30. Dezember 1945 Ich zelebriere und predige in Piesdorf. Die Kirchenbänke sind besetzt und selbst im Gang stehen die Gläubigen. Adam kocht, da Nani krank ist.

31. Dezember 1945 Es liegt wieder ziemlich viel Schnee. Nachmittags um 15 Uhr soll ich in Gampern sein. Doch ich fürchte mich vor diesem Gang, da noch kein Weg getreten ist und ich befürchte nasse Schuhe und Füße zu bekommen. Eine kleine Bilanz: Die regelmäßigen Gänge nach Gampern bereiteten mir viel Ärger. Obwohl mir Herr Dr. Kasberger Stiefel oder feste Schuhe versprach, erhielt ich weder das Eine noch das Andere. Auch meine Kleider litten unter den Witterungsverhältnissen. Oft kam ich verschwitzt in Gampern an, wo ich dann im Beichtstuhl unter Kälte litt. Mein Gehör büßte viel ein, auch das schreibe ich den ungünstigen Witterungsverhältnissen zu. Nach Piesdorf fand Dr. Kasberger seitdem ich hier bin nur ein einziges Mal den Weg, um mich zur Aushilfe nach Pöndorf zu schicken. Dieser Ort ist etwa 14 km entfernt und ich lehnte glücklicherweise ab. Ich weiß auch nicht, ob ich mich in der unbekannten Gegend zurechtgefunden hätte. Wie froh wäre ich gewesen, wenn mich Dr. Kasberger mit seinem Besuch beehrt hätte. Ich empfand auch meine Besuche im Gampener Pfarrhaus als eine Last für ihn. Fast jedes Mal musste sich Dr. Kasberger „niederhauen“. Wenn ich sonntags nach Gampern musste, konnte ich stets bis nach dem 9:30 Uhr Gottesdienst nüchtern bleiben, ich bekam vorher kein Frühstück.

Seite 67 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Am 27. April kamen wir abends in Piesdorf an. Bis auf den heutigen Tag nahm ich 216 heilige Messen an, von denen es mir gelungen ist 210 zu lesen. 6 Messen bleiben für das Jahr 1946. Die Leute scheinen meine Lage zu würdigen, denn sie überhäufen mich mit Messen. Der Besuch der Messen war sehr gut, außer bei ungünstigem Wetter. Viele Sorgen hatte ich bisher. Seitdem Hedwig von uns gegangen ist, verging kein Tag, an dem ich nicht viel an sie denken musste. Um wie vieles wäre es doch leichter, wenn wir sie noch hätten. Fast jedes Mal, wenn ich in Gampern war, besuchte ich Hedwigs Grab. Ganz bange ist es mir um unsere Zukunft. Möge Gott uns helfen, dass wir wohlbehalten heimkehren können und uns nicht das härteste Schicksal zugedacht werde. In der heutigen Silvesterandacht will ich unserem Herrgott für seinen Schutz danken und ihn bitten, er möge uns allen, die wir den Wanderstab am 15. September 1944 ergriffen, den Weg zurück in die Heimat zeigen. Viele Sorgen habe ich auch um Midi! Auch unser weniges Geld bereitet uns Sorgen. Ich nehme ungarischen Flüchtlingen die Beichte ab. Der Weg nach Gampern ist sehr schlecht. Ich wate stellenweise durchs Wasser. Um 18:30 Uhr kehre ich heim. Nani liegt den ganzen Tag über im Bett, und Adam kocht. Um 22 Uhr gehe ich im ungeheizten Zimmer schlafen. Brrrrr!

1. Januar 1946 Ein neues Jahr beginnt. Im Namen Gottes wollen wir anfangen. Ihn um seine Gnade und seinen Schutz anflehen sowie um eine gute Wendung unseres Schicksals bitten. Um 8 Uhr zelebriere ich in Piesdorf. Das Kirchlein ist voll besetzt. Anschließend statte ich Asamer, Knoll, Schimpl, Sulzberger und Kritzinger Besuche ab. Ich bekomme Most, Eieromelette, Kuchen, Geselchtes und von Schimpl eine Zigarre vorgesetzt. Bei Kopsa wird geramschelt. Tillschneider ist wegen des schlechten Blattgangs nervös. „Plackich“ muss er sich von Adam, dem das Blatt glänzend geht, Geld borgen. Insgesamt verliert er 6 Mark.

2. Januar 1946 Das Zimmer ist zugefroren. Ich will gerade zu Tillschneider meinen Neujahrsgruß überbringen, als ein Mann aus Höhenberg kommt und mich mitnimmt. Dr. Kasberger ist beim Begräbnis eines ermordeten Geistlichen in der Gegend, und somit muss ich einem Mann nach einem Schlaganfall die letzte Ölung spenden. Auf dem Rückweg habe ich große Angst mich zu verirren. Ich komme um 16:15 Uhr schweißgebadet bei Tillschneider an. Der teilt mir mit, wenn er gewusst hätte, dass ich so spät komme, wäre er über Mittag in Gampern geblieben. Wir spielen zwei Partien „Mensch ärgere dich nicht“. Abends gehe ich mit Voglhuber zu Kübler.

Seite 68 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

3. Januar 1946 Am Nachmittag gehe ich mit Herrn Schorsch nach Gallnbrunn. Unterwegs erzählt er mir, dass er sich in Linz bei der rumänischen Kommission registrieren ließ. Anton, Undis, Schirmer und Lessl taten es auch. Er hat auch einen rumänischen Offizier getroffen, der ihm bestätigt hat das Richtige getan zu haben. Denn diejenigen, die sich bei der deutschen Kommission registrieren lassen, verlieren ihre rumänische Staatsbürgerschaft. Herr Schorsch hat auch einen Brief von seiner Mutter aus Hatzfeld erhalten. Der Postverkehr ist wieder frei, außer für Deutschland und Japan. Als wir zurückkehren, ist Midi da.

4. Januar 1946 Wegen der Registrierung habe ich eine schlaflose Nacht hinter mir. In der Kirche ist es sehr kalt. Ich habe erstmalig meinen Wintermantel an. Dr. Kasberger ruft mich, um einen Begräbnisgottesdienst zu halten.

5. Januar 1946 Ich habe wieder die „Oberösterreichischen Nachrichten“ abonniert. Nani hat ein Huhn geschlachtet, wobei das Blut als Vorspeise diente. Es war ein gutes „Krumberpaprikasch“. Heinrich Brück hat mir geschrieben.

6. Januar 1946 Mutterseelenallein marschiere ich durch den Wald nach Gampern, wo ich Hedwigs Grab besuche. Danach halte ich ein Hochamt in Latein, wobei mir meine Stimme fast ihren Dienst versagt. Nur mit größter Mühe schaffe ich dieses Hochamt. Am Nachmittag ramscheln wir. Tillschneider hat schon wieder kein Glück. Dr. Kasberger lässt mir ausrichten, dass ich morgen in Gampern zu zelebrieren habe.

7. Januar 1946 Ich zelebriere in Gampern. Tillschneider, Rieser Lissi, Kopsa, Paul und Fendler fahren nach Linz, um sich registrieren zu lassen. Dr. Kasberger übergibt mir 70 Mark für mich und 17 Mark für die Ministranten.

8. Januar 1946 Ich übergebe Dr. Kasberger einen Brief, der an Bischof Pacha gerichtet ist, zur Weiterleitung an das Ordinariat Linz. Ich bitte ihn darin mir mitzuteilen, ob wir ungefährdet heimkehren können. Ich deute auch an, dass wir alle große Sehnsucht nach der Heimat haben. Am Nachmittag spiele ich bei Tillschneider „Mensch ärgere dich nicht“, wobei mir dieser mitteilt, dass er in Linz wegen fehlendem Staatsbürgerzeugnis nicht registriert wurde. Rieser Lissi und ihre Mutter wurden zwar registriert, doch da Frau Rieser nicht die nötigen Unterlagen für Niki mit hatte, muss sie morgen wieder hin. Auch Hilda will es noch einmal versuchen.

Seite 69 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Wir hatten heute ein Festmahl. Es gab das Huhn, dessen Blut wir bereits am 5. Januar verspeist haben. Dieses gebackene Huhn war für den Sylvesterabend gedacht, doch da Nani krank und Adams Kochkünste noch nicht so weit waren, kam es heute auf den Tisch. Es war das erste gebackene Huhn in Österreich. Wie viele Hühner wurden in Grabatz „gekragelt“? Am Abend fühle ich mich nicht wohl. Vermutlich wegen der vielen Pfeifen in Gallnbrunn.

9. Januar 1946 Riesers wurden registriert, Tillschneider jedoch nicht. Herr Salomon meint, dass es so etwas nicht geben darf. Ich bekomme von ihm 4 ½ kg Mehl, 50 Zigaretten, 50 g Tabak, 1 Karton Zigarettenhülsen, Fischkonserven, Seife und Kekse. So zuvorkommend traf ich vorher noch niemanden. Gott möge ihn dafür belohnen.

10. Januar 1946 Am Nachmittag setzt Regen ein.

11. Januar 1946 Über Nacht tauten meine Fenster auf. Ein warmer Südwind lässt den Schnee verschwinden und wenn man ins Freie geht, glaubt man, es sei geheizt.

12. Januar 1946 Lessl ist für den 15. Januar nach Ried bestellt wegen einer umfangreichen Besprechung in Sachen „Frankreichaktion“. Regen.

13. Januar 1946 Mit meinen aus den Fugen geratenen Halbschuhen stapfe ich mit einer Sturmlampe bewappnet durch den Dreck nach Gampern. Dementsprechend sehe ich dann auch aus. Schuhmacher Ziegler verspricht mir meine Schuhe zu reparieren. Ich spreche mit Dr. Kasberger darüber. Dieser fragt, ob ich mit Scheibmayer nicht zufrieden wäre, da ich nun zu Ziegler bin. Ich antworte ihm, dass meine alten Schuhe auch nicht von Scheibmayer sind. Darauf ist er recht ungehalten. Er schickt mich auch zu Katterl wegen des Kirchenblattes. Ich soll seinen Eltern ausrichten, dass er noch selten einen solch dummen Buben gesehen hat. Das werde ich aber nicht tun. Wenn er es tun will, soll er es doch selber tun. Als ich zu Tillschneider gehe, ist die Erde schwarz. Gegen 16 Uhr jedoch fängt es wieder zu schneien an. Nun ist alles wieder weiß. Wir sehen sogar schon die ersten Schneemänner.

14. Januar 1946 Ich zelebriere erstmalig in Stiefeln.

Seite 70 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

15. Januar 1946 In der Nacht träume ich vom Grabatzer Fleischhauer, Nikolaus Klein. Dieser teilt mir im Traum mit, dass es im Pfarrhaus überhaupt nicht schlimm aussieht. Ein Pfarrer aus der Mehala wäre nun zuständig und es wären 10 Rumänen im Dorf. Adam bringt meine Schuhe zu Ziegler, der sich über die herausstehenden Nägel darin wundert. Er versichert mir alles zufriedenstellend zu reparieren.

16. Januar 1946 Adam bringt mir meine Schuhe wieder. Sie wurden mit Leder besohlt und er bezahlt dafür umgerechnet 270 Lei !!!.

17. Januar 1946 Durch den Schnee mache ich mich auf den Weg nach Haid, wobei ich mehrfach im Schnee einbreche. Von Haid fahre ich dann mit der Elektrisch weiter nach Attersee und gehe von dort zu Fuß nach Nußdorf. Lessl liegt noch im Bett. Am Nachmittag gehe ich mit Aranka zum Einkaufen. Ich kaufe mir Schnürsenkel, Postkarten, Schuhfett, ein Trägerband und Zwirn. Um 17:32 Uhr bin ich wieder zurück in Haid.

18. Januar 1946 Ich werde verständigt, dass ich morgen um 7 Uhr in Gampern zelebrieren muss.

19. Januar 1946 Dr. Kasberger teilt mir mit, dass es den Leuten missfällt, dass Nani nicht zum Gottesdienst erscheint. Herr Schorsch will nichts mehr vom nach Hause fahren wissen. Er war auch bei der Besprechung über die Frankreichansiedlung dabei, genau so wie die Herren Undis und Anton. Vergeblich frage ich nach einem Bezugsschein für eine Decke. Petroleum habe ich bekommen.

20. Januar 1946 Ich ersuche den Jugendführer Aumann aus Wien ein Bild von Hedwigs Grab zu machen. Er tut es bereitwillig und verspricht mir sowohl das Bild als auch das Negativ nach Gampern zu senden. Herr Schilzong und Frau Dinger besuchen uns. Von ihnen erfahre ich, dass Heckl und Saus bereits zu Hause sind. Was tun? Grabatz oder Frankreich?

21. Januar 1946 Unterreiner bringt Hedwigs Sterbebildchen. 100 Stück kosten 18 Mark. Ich schreibe an Kern.

22. Januar 1946 Rieser erhalten eine Karte von Karl Martin. Er schreibt, dass die Verhandlungen über das Schicksal der flüchtigen Volksdeutschen laufen.

Seite 71 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Er meint, im Frühjahr wird jeder nach Hause können. Ein neuer Hoffnungsschimmer. Das Wasser in meinem Zimmer ist im Krug eingefroren.

23. Januar 1946 Lese „Das Auge der Alpen“.

24. Januar 1946 Besuch bei Höchner in Stetten. Ich bekomme Mehl, Eier und Geselchtes.

25. Januar 1946 Ich gehe zu Tillschneider. Da mir auffällt, dass die Schmidtbasl schon wieder nicht hier ist, frage ich scherzeshalber nach, ob sie böse sei. Da teilt man mir mit, dass Rieser Lissi Tillschneider Hilda eine Damastdecke geschenkt hat und diese nun wieder zurück verlangt. Am Tonfall höre ich den Verdruss heraus. Man sagt mir, dass man die „Tuchet“ und die Decken in Szeged gelassen hat, aber den Damast mitbrachte. Frau Elsässer sagt zu Tillschneider, er wäre kein Mann. Streit!

26. Januar 1946 Der Wasserkrug ist genauso zugefroren wie der Weihkessel. Nachmittags schreibe ich an Kern, Günther und Ochsenfeld.

27. Januar 1946 Es ist Sonntag. Ich sitze im Beichtstuhl, predige und halte ein Requiem. Laut Pressebericht sollen alle Registrierungen bis zum 31. Januar abgeschlossen sein. Herr Lörincz lässt mir aber mitteilen, dass er noch immer keine Drucksorten hat. Schlamperei!

Baumgarting

Seite 72 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Der Attersee

Der Weg nach Gampern

Seite 73 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. Januar 1946 Zu Fuß gehe ich eine Stunde nach Baumgarting zum Haare schneiden. Auf dem Rückweg sehe ich bei Herrn Lörincz vorbei. Er hat nur wenige Drucksorten bekommen. Es heißt also, weitermachen.

29. Januar 1946 Zusammen mit Adam gehe ich nach Höhenberg. Wir besuchen Tarde, Hellberg und Saager. Den ganzen Rückweg über regnet es. In Gampern besuche ich Tillschneider. Die ganze Familie ist bei Enzinger „Wurstmachen“. Das Schwein wurde bereits gestern geschlachtet. Eine Verfügung wird herausgebracht, die folgendes vorsieht: Die Volksdeutschen sind der Arbeitspflicht unterworfen. Kommen sie dieser Verfügung nicht nach, werden die Rationssätze gekürzt. Frau Elsässer klagt mir ihren Streit mit Tillschneider.

30. Januar 1946 Ich spiele „Mensch ärger dich nicht“ mit Frau Elsässer und schnitze dabei Würfel. Da Nani keinen Platz hat, will ich den Tisch zur Seite schieben. Die Schmidtin greift beim Versuch mir zu helfen ins Messer. Tillschneider teilt mir mit, dass Lörincz Drucksorten bekommen hat. Er bittet mich morgen nach Gampern zu kommen.

31. Januar 1946 Ich gehe nach Gampern und lasse uns registrieren. Auch Midi lasse ich registrieren. Herr Dr. Linninger überprüft die Kirchenbücher. Er stellt fest, dass die Seelsorgeraushilfe von Januar falsch eingetragen ist. Es werden aber auch noch andere Mängel in den Büchern entdeckt. Ich mache mir Sorgen darüber, dass ich als Midis Wohnort bei der Registrierung Piesdorf angegeben habe. Schneegestöber.

1. Februar 1946 Ich schreibe an Ochsenfeld, Midi und Günther.

2. Februar 1946 Lichtmess! Heute beginnt die „Kälberwoche“. Die ganze Woche über gibt es Bauernfeiertage.

3. Februar 1946 Vor der Kirche rutsche ich auf dem leicht gefrorenen Boden aus und rutsche auf dem Rücken bis zur Fahrbahn. Bei dieser Vergnügungsfahrt hole ich mir Hautabschürfungen an beiden Händen. Schilzong kommt und sagt, in Linz registrieren die Amerikaner. Alle Grabatzer, die sich registrieren, können nach Hause.

Seite 74 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

4. Februar 1946 In der Nacht bricht Adams Bett zusammen.

5. Februar 1946 Heulender Sturm. Ich gebe Adam 60 Mark für die Verpflegung.

6. Februar 1946 Tillschneider Hilda meldet, dass Hirsch Stefan von daheim kam.

7. Februar 1946 Michael Zimmermann kommt um eine eidesstattliche Erklärung für die Registrierung. Unterreiner schickt ihn weg.

8. Februar 1946 Nach der Messe gehen Tillschneider, Adam, Engelhardt, Frau Elsässer und ich nach Höhenberg zu Hirsch. Dieser sagt, dass nun Radocsay in Grabatz Pfarrer wäre. Das Feld wurde enteignet, es sind viele Kolonisten im Dorf. Er hat auch Günther Jakob, Hackbeil Hans und Hackbeil Niklos in Grabatz gesehen. Reichel, Tschanader und Zöllner Adam geben nun in Grabatz den Ton an. Hirsch hat in einer Temeswarer Zeitung einen Artikel gelesen, der vom Bischof gezeichnet war, in dem stand, dass Pfarrer Haubenreich seine Stelle dadurch verloren hat, dass er nicht zurückgekehrt ist. Bei Hirsch ist volles Haus. Beim Schuster in Höhenberg trinken wir feinen Most. Heute Nacht starb Dr. Kasbergers Mutter.

9. Februar 1946 Abschluss der Lichtmess-Opferwoche. Am Vormittag kondoliere ich im Pfarrhaus und am Nachmittag besucht uns Lessl und wir spielen „Mensch ärgere dich nicht“. Lessl ist mit großem Interesse dabei. Um 16:30 Uhr setzt ein Schneesturm ein. Dieser verwandelt binnen kurzer Zeit alles in eine winterliche Landschaft.

10. Februar 1946 Alles ist weiß. Um 8:15 Uhr gehe ich nach Gampern zur Begräbnisfeier. Dr. Kasberger nimmt die Zeremonien im Haus und Friedhof selbst vor. Auch das anschließende Requiem hält er selbst. Um 11 Uhr setzt ein fürchterlicher Schneesturm ein. Man sieht keine 10 Schritte weit.

11. Februar 1946 Ich lehne ein Hochzeitsmahl ab, da Günthers bei Hirsch zu Besuch sind. Es ist regnerisch und der Schnee schmilzt.

Seite 75 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

12. Februar 1946 Nachmittags um 14 Uhr setzt Schneefall ein. In diesem heftigen Schneesturm gehe ich nach Kemating, um zu erfahren, ob und wie Herr Schorsch sein Aufenthaltsgenehmigungsgesuch eingereicht hat. Die Frist dafür läuft am 15. Februar ab. Schorsch hat als Grund die Rückführung nach Frankreich angegeben. Voller Sorgen komme ich durch tiefen Schnee watend zurück. In dieser Nacht schlafe ich nur kurz und unruhig.

13. Februar 1946 Nach der Morgenmesse gehe ich nach Gampern, um mir ein Aufenthaltgeneh- migungsformular zu besorgen. Midis Ausweis und Karteikarte lasse ich vernichten, da Midi mittlerweile in Gmunden um eine Aufenthaltsgenehmigung angesucht hat. Heute ist Anna besonders schlimm. Sie bringt mich um meine Geduld. Danach habe ich beim „Fuxen“ so schlechte Karten, dass meine Nervosität den Höhepunkt erreicht. Alles scheint zusammen zu spielen.

14. Februar 1946 Dr. Kasberger gibt mir eine Bescheinigung, die aussagt, dass ich hier als Hilfspriester tätig bin. Ich gebe das Gesuch für Aufenthaltsverlängerung zusammen mit der Bescheinigung ein. Bis die Lage in Rumänien geklärt ist, möchte ich in Oberösterreich bleiben. Nach dieser Einreichung bin ich etwas beruhigter.

15. Februar 1946 Wind, Schnee und Regen.

16. Februar 1946 Ich bin etwas erkältet und heiser. Der Wastl Bauer aus Viehaus bringt mir vier Eier und ein Pfund Kalbfleisch.

17. Februar 1946 Dr. Kasberger ersucht mich am 19. und 20. Februar in Gampern um 7 Uhr zu zelebrieren. Er selbst fährt zum Zahnarzt nach Braunau. Ich erhalte einen Brief von Hans Hüpfel.

18. Februar 1946 Ich besuche Herrn Soos in Baumgarting. Dieser ist mit vier Töchtern und einem Sohn da. Er klagt mir sein Leid. Durch den Regen ist die Rückkehr aus Baumgarting sehr schlecht.

19. Februar 1945 Durch den Dreck marschiere ich nach Gampern. Meine Stiefel werden bis zu den Knien schmutzig. Ich bin froh, als ich wieder zu Hause bin. Morgen muss ich den Weg noch einmal machen.

Seite 76 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

20. Februar 1946 Heute ist der Weg nicht so schlecht. Der heftige Wind scheint gute Arbeit geleistet zu haben. Ich wäre am liebsten im warmen Bett geblieben. Ich hole unsere Registrierscheine ab. Meiner trägt die Nummer 455103. Frau Neurohr und Frau Paul besinnen sich erst heute ihre Aufenthaltsverlängerungsgesuche zu machen. Gegen Mittag und im Laufe des Tages kommt es öfters zu Schneegestöbern.

21. Februar 1946 Bei heftigen Schneeschauern will ich zu Anna und Nani nach Gallenbrunn. Ich gehe bis zum Scheibmayer und kehre dann um.

22. Februar 1946 Ich nehme die Einsegnungszeremonie eines 85. jährigen Mannes vor, der bei Timelkam vom Zug erwischt wurde. Dr. Kasberger lässt mir ausrichten, dass ich morgen um 7 Uhr in Gampern zelebriere. Ein Wiener Jurist bringt mir das Foto von Hedwigs Grab.

23. Februar 1946 Der Schnee liegt tiefer als die Stiefel hoch sind und er läuft mir somit beim Gang nach Gampern in die Röhren. Völlig durchnässt komme ich dort an. In der Sakristei drückt Dr. Kasberger mir sein Bedauern zu diesem mühseligen Gang aus und bestellt mich gleichzeitig auch für die nächsten zwei Tage nach Gampern. Eine tiefe Unzufriedenheit macht sich in mir breit. Könnte er mich denn nicht wenigstens zum Übernachten einladen?

24. Februar 1946 Von Grubers bekomme ich „Federweißen“ und werde auch von ihnen für meine schweren Gänge nach Gampern bedauert. Dr. Kasberger erwidert darauf nur: „Er hat ja eh gute Stiefel“.

25. Februar 1946 In Gampern halte ich ein Requiem. Bin erstaunlich gut bei Stimme. Ich bitte Herrn Salomon um die Vermittlung eines Rucksacks.

26. Februar 1946 Ich gehe nach Gampern, um mir Bezugsscheine für eine Wolldecke, Regenmantel, Hosenträger und Sockenhalter zu verschaffen. Ich muss aber vorerst bei den Kaufleuten nachfragen, ob diese Sachen überhaupt vorrätig sind. Es ist mir alles sehr anstrengend und ich habe Kopfschmerzen in der Schläfengegend.

27. Februar 1946 Tauwetter. Ich schreibe an Pfarrer Krudl.

Seite 77 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Der Waldweg Piesdorf – Gampern ...

... ist heute asphaltiert.

Seite 78 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. Februar 1946 Der Herr Oberlehrer schenkt mir einen Pyjama aus einer amerikanischen Hilfsaktion. Nani erhält einen Brief von ihrer Schwester aus Sanktmartin. Diese lässt mir mitteilen, dass meine Mutter gesund und stark sei. Nanis drei Schwestern wurden allesamt nach Russland verschleppt. Es ist alles sehr teuer. Sie mussten ein Schwein von nur 59 kg für 472.000 Lei verkaufen. Die Briefmarke kostet 850 Lei! Der Tag ist nebelig.

1. März 1946 Ich probiere meinen neuen Pyjama aus. Er passt wie angegossen. Darin träume ich von Grabatz. Ich sehe mein Haus, in dem alles auf seinem Platz steht, bis auf das Klavier. Vier rumänische Kolonistenfrauen waren gerade dabei sich im Pfarrhaus einzunisten, doch als sie mich sahen, sind sie schnellstens verschwunden. Möge Gott meinen Traum Wirklichkeit werden lassen.

2. März 1946 Ich gehe nach Gampern, um eine Bescheinigung für Nanis Schwager zu besorgen.

3. März 1946 In Gampern zelebriere ich und nehme Beichten ab.

4. März 1946 Faschingsmontag! Ich gehe nach Stetten. Bartl Jakob, Rosenzweig Joschi und Schilzong sind auch da.

5. März 1946 Schwacher Schneefall. Bartl Jakob ist zu Mittag unser Gast.

6. März 1946 Ich gratuliere Dr. Kasberger zum Namenstag und bekomme von ihm eine gebrauchte Decke. Wir erfahren, dass Pfarrer Radocsay verstorben ist.

7. März 1946 Dr. Kasberger gibt mir vier Eier und bittet mich aufzuschreiben, was Adams Familie noch so alles benötigt. Er werde die Liste beim Linzer Bischof abgeben.

8. März 1946 Nebel und Dreck. Ich zelebriere in Gampern. Dr. Kasberger gibt mir ein Pfund Fleisch und Mehl mit.

9. März 1946 Bei schmutzigem Wetter gehe ich nach Baumgarting zum Haare schneiden.

Seite 79 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. März 1946 Ich nehme in Gampern Beichten ab. Von Dr. Kasberger bekomme ich für diese Beichtwoche 50 Schilling und 20 Schilling privat dazu. Der frühe Gang nach Gampern hat mich völlig erledigt.

11. März 1946 Adam erhält von Joschka, unserem Bruder, einen Brief. Darüber herrscht große Freude. Ich bitte Dr. Kasberger uns auf die Bittliste zu setzen, um an der amerikanischen Hilfsaktion beteiligt zu werden. Ich bekomme Post von Midi, Kern und Hüpfel Hans.

12. März 1946 Ich fahre nach Vöcklabruck, um unser abgeliefertes Geld als Einlage bei der Oberösterreichischen Volkskredit GmbH zu verbuchen. Zusammen mit Adam besuche ich Unterreiner. Danach spazieren wir entlang der Vöckla. Ein schöner Tag.

13. März 1946 Ich bekomme von Dr. Kasberger sechs Eier mit. Adam fährt nach Linz. Ich gebe ihm eine Vollmacht zum Geldabheben mit. Erhalte einen Brief von Günther Berwi.

14. März 1946 Ich werde vom Postamt verständigt, dass ich meinen Bezugsschein abholen kann. Wie umständlich!! Dr. Kasberger beauftragt mich zu Furthauer zu gehen wegen der bevorstehenden Tanzveranstaltung. Ich soll ihm mitteilen, dass diese Tanzveranstaltung nicht stattfinden soll. Und schon wieder soll ich für ihn die Kohlen aus dem Feuer holen!!!

15. März 1946 Ich schreibe meiner Mutter einen Brief. Es ist ein schöner Tag.

16. März 1946 Es schneit, aber der Schnee bleibt nicht liegen.

17. März 1946 Ich predige in Gampern und verkünde den „Fastenhirtenbrief“, damit sich Dr. Kasberger für morgen „schonen“ kann. Um 15 Uhr bringt mich der ungarische Ingenieur Szathmary nach Timelkam, wo ich eine Beerdingungszeremonie halte. Der Verstorbene ist ein ungarischer Oberstleutnant, der im Alter von 36 Jahren zusammen mit zwei anderen im Auto vom Zug erfasst wurde. Die Orgel spielt der aus der Temeswarer Elisabethstadt kommende Kantor, Hans Weiss. Beim Verlassen des Friedhofs bitten mich Leute die Beerdigung eines Verstorbenen, dessen Sarg bereits im Grabe ist, zu halten. Anschließend gehe ich zu Fam. Horvath.

Seite 80 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Hier lerne ich einen Oberleutnant Gulassy kennen, Jahrgang 1908, ein prima Kerl. Wir trinken einen 3 Sterne Cognac. Ich werde gebeten auch die Zeremonien der anderen beiden Unfallopfer in Vöcklabruck zu übernehmen. Die Ungarn in Timelkam bitten um die Gelegenheit ihre Osterbeichten abzulegen. Szathmary bringt mich zurück nach Gampern.

18. März 1946 Vormittags besucht mich Schorsch. Er sagt, Zappe sei nun bei seinem Bruder in Temeswar. Er kam dort all seiner Habe entledigt an und konnte nicht mehr in seine Mühle zurückkehren. Nachmittags werde ich von Gampern mit dem Auto eines ungarischen Oberingenieurs abgeholt. Die Frau des Oberingenieurs lenkte das Auto und Ingenieur Szathmary sitzt daneben. Wir fahren nach Vöcklabruck. Hier beerdige ich die erwähnten Verunglückten für ein Honorar von 30 Schilling. Von einer ungarischen Flüchtlingsfrau werde ich nach einer Beichtgelegenheit gefragt. Ich sage ihr, wenn in Timelkam das Requiem für die verunglückten Ungarn stattfindet, gibt es danach die Gelegenheit zu Beichten.

19. März 1946 In mein „Memento“ schließe ich heute ganz besonders Joschka, Kilian, Wild, Springer und Engelhardt ein, die heute Namensfest haben.

20. März 1946 Ich will Dr. Kasberger bezüglich der Aushilfe in Buchberg befragen. Er ist aber nicht zu Hause.

21. März 1946 Heute ist der 20. Jahrestag meiner Priesterweihe. In der heiligen Messe gedenke ich dankbar meiner Mutter und meinen Wohltätern. Ich danke auch für die erhaltenen Gnaden in der Zeit vom 21. März 1926 bis 21. März 1946. In der Fremde muss ich diesen Tag feiern! Wie anders wäre es daheim gewesen? Über Attersee fahre ich nach Nußdorf, wo Lessl mich erwartet. Frau Lessl freut sich ungemein über meinen Besuch. Wir sprechen über unsere Lage, und die Sehnsucht nach der Heimat erstarkt in uns. Gegenseitig lesen wir uns Briefe von zu Hause vor.

22. März 1946 Keine heilige Messe. Zu Fuß gehe ich nach Vöcklamarkt, um von hier um 7:30 Uhr in den überfüllten Zug nach Attnang zu steigen. Nach einer Stunde Wartezeit in Attnang geht es weiter nach Gmunden. Hier warten Midi mit Peterle und Wolfi auf mich. Ich werde von Frau Moser zum Mittagmahl eingeladen. Nach dem Essen im Freien ist es eine tropische Hitze. Danach spazieren wir durch die Stadt am Traunsee. Mit der Elektrisch fahren wir zum Bahnhof, wo Midi mir eine Fahrkarte löst. Um 18 Uhr fahre ich nach Traunkirchen. Von hier aus gehe ich zu Fuß nach Buchberg, wo ich bis zum 27. März in einer Lungenheilstätte die Seelsorgervertretung mache.

Seite 81 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Der hiesige Seelsorger betreut in dieser Zeit Ranshofen. Der Pfarrer von Ranshofen schrieb an Dr. Kasberger, er könnte doch den Piesdorfer Pfarrer, also mich, hierher entsenden. Dr. Kasberger versprach es ohne mich vorher zu fragen. Mir wurde allerdings dadurch ein Strich durch mein Vorhaben, mit Lessl einen Ausflug nach Unterach zu machen, gezogen. Doch hier in Buchberg werde ich von einer Oberin freundlich aufgenommen, bekomme ein schönes geräumiges parkettiertes Zimmer mit Kachelofen. Hier werde ich nun bis zum 27. März wohnen. Das Zimmer ist warm. Ich fühle mich im Gegensatz zu meinem Piesdorfer Zimmer quasi wie im Himmel, schlafe aber nicht besonders gut.

23. März 1946 Ich zelebriere in einer sehr netten Kirche. Nach der heiligen Messe halte ich zwei Krankenkommunionen.

24. März 1946 Um 6:30 Uhr spende ich die heilige Kommunion. Die Kirche ist voll. Eine 75- jährige Frau kommt auf den Stock gestützt einen einstündigen Weg daher. Vor der Messe beichten noch fünf Personen. Der Arzt der Heilanstalt ersucht mich morgen im Rahmen der heiligen Messe der Oberin zu gedenken, die Namensfest hat.

25. März 1946 Um 6 Uhr zelebriere ich und halte eine kurze Messe, in der ich der Oberin gedenke. Den ganzen Vormittag über regnet es. Man bringt mir einen Regenschirm auf mein Zimmer. Welche Umsicht! Auch das Essen wird mir stets auf dem Zimmer serviert.

26. März 1946 Um 13 Uhr kommt Midi. Sie bringt mir einen Brief von ihrer Mutter. Ich gebe ihr 30 Schilling. Um 18:30 Uhr fährt Midi nach Gmunden zurück.

27. März 1946 Heute zelebriere ich zum letzten Mal in Buchberg. So ganz anders fühle ich mich in der kleinen, schmucken, peinlich sauberen, 1932 erbauten Kapelle. Patronin dieser Kapelle ist die heilige Theresia vom Kinde Jesu. So freundlich die Kapelle hier ist, so kalt ist die in Pisdorf. Die Lungenheilstätte wurde vom Land Oberösterreich im Jahre 1922 für 145 Patienten gegründet. Zur Zeit sind 142 Plätze belegt, darunter sind einige KZ-ler. Vormittags kommt Herr Wimmer zurück. Er gibt mir als Honorar 100 Schilling und 20 Schilling für die Fahrt. In Buchberg fühle ich mich sehr wohl. Ein warmes Zimmer, reichlich Verköstigung und eine prompte Bedienung machen mir den Aufenthalt sehr angenehm. Die Leute sind sehr freundlich und ich fühle mich unter diesen Umständen fast heimisch. Um 11 Uhr fahre ich zurück. Midi erwartet mich in Gmunden am Bahnhof. Um 12:10 Uhr erreiche ich Vöcklabruck.

Seite 82 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Hier unterbreche ich meine Fahrt, um Unterreiner zu besuchen. Dieser gibt Adams Sparkarte zurück. Er konnte das Geld nicht abheben. Adam müsse selber kommen. Auch der Wecker konnte nicht repariert werden, da keine Feder vorhanden. Ich fahre nach Piesdorf zurück und bin sehr enttäuscht, weil ich keine Post aus Rumänien vorfinde. Ich muss mich halt weiter gedulden.

28. März 1946 Es ist ein schöner Frühlingstag. Nach der Messe gehe ich nach Gampern, wo Dr. Kasberger mir mitteilt, dass ich von Samstag bis Montag in Seewalchen aushelfen soll. Danach gehe ich zum Rasieren und Haare schneiden nach Baumgarting. Nachmittags plagen mich Kopfschmerzen.

29. März 1946 Nani fährt mit Kopsa und Rieser Lissi nach Linz. Adam fährt nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben.

30. März 1946 Um 8:15 Uhr trete ich meinen Marsch nach Seewalchen an. Pfarrer Sieghard ist gerade unterwegs zur Schule, um seinen Füllfederhalter zu suchen. Er empfängt mich sehr freundlich, doch gleich darauf stellt sich heraus, dass Pfarrer Sieghard mich bis zum 4. April benötigt und nicht, wie von Dr. Kasberger mitgeteilt, nur bis Montag. Ich nehme dies nicht mit besonderer Freude zur Kenntnis, da ich meinen Geburts- und Namenstag in Piesdorf feiern wollte. Nachmittags wird mir ein Brief vom Pfarrer in Steinbach am Attersee überbracht, in dem ich gebeten werde vom 7. bis 9. April in Steinbach auszuhelfen. Ich sage dem Termin zu. In der Nacht schlafe ich sehr schlecht und wenig.

31. März 1946 Die Morgenmesse hält Kaplan Virgil. Dieser ist ein eigentümlicher Mensch, der keinen Tabakrauch ertragen kann. Er kommt in die Kanzlei, sieht mich rauchen und verschwindet blitzschnell wieder. Um 8 Uhr halte ich meine erste Predigt. Die Kirche ist voll. Die Empore, die fast bis zur Kanzel reicht, trägt nicht zur Verschönerung der Kirche bei. Es ist ein eigentümliches Gefühl auf der Kanzel.

1. April 1946 Um 14 Uhr zelebriere ich mit den Schulkindern den Kreuzweg. Zusammen singen wir ein zackiges Kreuzweglied. Schön! Am Nachmittag rüste ich mich, um Dr. Ferling zu besuchen. Ich komme aber nicht dazu, weil Dr. Kasberger ankommt. Ich sage ihm, dass ich mich für den 7., 8. und 9. April nach Steinbach versprach. Es ist ihm nicht recht.

Seite 83 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

02. April 1946 Um 8:30 Uhr zelebriere ich. Es ist mein Geburts- und Namenstag. Während der heiligen Messe gedenke ich ganz besonders meinem verstorbenen Vater, meiner Mutter, meinen Geschwistern, Angehörigen, Bekannten, Wohltätern, Gläubigen und den Flüchtlingen. Um 14 Uhr findet der Kreuzweg statt. Ich habe meine Freude, obzwar diese Aushilfe für mich sehr ermüdend ist. Pater Sieghard vergilt meine Arbeit mit einem herzlichen „Vergelts Gott“ und 60 Schilling. Auch ein Trinkglas erbettele ich mir von ihm. In meinem Zimmer mit Aussicht auf den Attersee war es am ersten Tag geheizt, danach nicht mehr, obwohl ich es gut ertragen hätte. Die Küche war nicht besonders! Um 16:15 Uhr mache ich mich auf den Heimweg. Vor Seewalchen begegne ich Herrn Lessl, der in Piesdorf war, um mir zu gratulieren. Über diese Begegnung bin ich sehr erfreut und nehme seine Glückwünsche entgegen. Etwa 2 km vor Seewalchen nehmen mich zwei Ungarn mit dem Auto bis nach Gampern mit. Ich bin froh nicht den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen zu müssen. In Piesdorf angekommen warten bereits Kopsa und Tillschneider auf mich, um mir zu gratulieren. Auch Herr und Frau Knoll gratulieren mir und überreichen mir Most, den ich dann gleich mit Kopsa und Tillschneider trinke. Ich weihe mein neues Trinkglas ein. Meine Schwägerin bringt mir eine Namenstagstorte. Auch meine Nichte Anna gratuliert mir. Von Voglhubers finde ich in meinem Zimmer eine mit Grün geschmückte Schüssel mit fünfzehn Eiern als Geschenk. Ich freue mich über die Aufmerksamkeit. Freilich, in Grabatz wäre dieser Tag anders gefeiert worden.

03. April 1946 Ich gebe Adam wieder 60 Schilling für die Verpflegung. Midi und Unterreiner treffen mich bei Rieser und Tillschneider in Gallnbrunn. Alle gratulieren mir.

04. April 1946 Ich erhalte einen Brief von Michael Müller. Am Nachmittag kehrt Midi nach Gmunden zurück. Ich gebe ihr 10 Schilling für ihren Namenstagswunsch. Anna bekommt 5 Schilling. Ich begleite Midi ein ganzes Stück und verspreche ihr am Donnerstag, dem 11. April, zusammen den Feuerkogl zu befahren. Die Köchin von Steinbach kommt, um mich schon für morgen einzuladen, da der Herr Pfarrer krank ist. Ich verspreche ihr morgen Nachmittag zu kommen. Ich besuche Dr. Kasberger und finde auch Pfarrer Sieghard aus Seewalchen vor. Sie gratulieren mir zum Namensfest.

05. April 1946 Nani fährt nach Vöcklabruck, um Schuhe zu kaufen, und sie will versuchen etwas aus dem amerikanischen Spendenbestand zu bekommen. Um 11:50 Uhr mache ich mich auf den Weg nach Haid. Von da fahre ich mit der Elektrisch Nummer zwölf 2 km nach Attersee und von da setze ich mit dem Schiff nach Steinbach über. Vom Schiffssteg in Steinbach aus erreiche ich das auf einer kleinen Anhöhe liegende gotische Kirchlein in etwa 5 Minuten.

Seite 84 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich gehe ins Pfarrhaus und werde von Pfarrer Anton Lehner freundlich empfangen. Dieser hat gerade eine Taufe hinter sich und ist nun sehr müde. Ich bekomme auch sofort ein Frühstück, bestehend aus Brot, Butter, Marmelade und Most. Auf dem Rückweg treffe ich in Haid auf Herrn Undis. Dieser behauptet, wir würden abgeschoben. Doch nach all den anderen Volksdeutschen kommen die Banater zuletzt an die Reihe. Weiter behauptet er, dass wir aus dem Banat ins rumänische Reich umgesiedelt werden und jeder von uns 8-9 Joch Feld bekommen soll. Die geflüchteten Priester dürfen dann aber nicht mehr ihr Amt ausführen, sondern müssen manuelle Arbeit leisten (Unglaublich!!!). Ich bin neugierig, was meine Schwägerin für Nachrichten bringt. Herr Undis sagt weiter, dass wir Volksdeutschen Männer bis zum 60. Lebensjahr kaserniert werden. Ich nehme teil am Rosenkranz beten für die Mutter des Bürgermeisters und sage: „Herr gib ihr die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihr“.

6. April 1946 Um 10 Uhr beerdigt der Herr Pfarrer die Mutter des Bürgermeisters, Frau Elisabeth Ebner. Anschließend halte ich das Requiem und verlese ca. 65 Fürbitten. Wenn es nicht regnet, möchte ich gerne am Donnerstag den Feuerkogel besuchen. Um 18 Uhr fängt es an zu regnen.

7. April 1946 Es ist sehr unfreundlich und kalt. In Steinbach ist das Wetter schöner. Herr Pfarrer macht selbst Feuer. Ich kann am Ende dieses Tages 53 Beichten verzeichnen. Der Herr Pfarrer hält eine Beichtlehre für Verheiratete. Ich bekomme etwas Tabak von ihm.

8. April 1946 Der Steinbacher Pfarrer fühlt sich sehr unwohl. Er bittet mich die Beichtlehre für Burschen zu übernehmen. Es kommen zwölf Burschen und ein Mann zur Beichte. Das Ergebnis ist unbefriedigend.

9. April 1946 21 Beichten, darunter auch vier Ungarn. Herr Pfarrer fragt an, ob ich in die Schule gehen möchte. Ich lasse mich darauf nicht ein und halte die Beichtlehre für Mädchen. 21 Mädchen kommen zur Beichte. Der Pfarrer möchte, dass ich bis Sonntag in Steinbach bleibe. Ich aber will nach Hause, weil ich sehr neugierig darauf bin zu erfahren, ob ich Post habe.

10. April 1946 Ich höre 16 Beichten und bekomme 60 Schilling. Am Nachmittag fahre ich wieder nach Hause.

Seite 85 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. April 1946 Ich fahre über Haid und Attnang nach Gmunden zu Midi. Da Frau Moser zur Post muss, können wir erst nach 12 Uhr los. Wir fahren nach Ebensee und dann mit der Seilbahn in 15 Minuten hoch zum Feuerkogel. Wir fahren 1630 Meter hoch. Anfangs habe ich ein ganz besonderes Gefühl, doch als ich aus dem „Glaskasten“ nach unten schaue, wird es mir ganz heiß. Wir verbringen etwa 45 Minuten auf dem schneebedeckten Berg. Hier wird noch Ski gelaufen. Für einen Schilling kaufe ich ein Glas Wasser (etwas anderes gibt es auch nicht). Wenn ich die Zugfahrt und Seilbahn (6 Schilling) zusammenzähle, kostet mich dieser Ausflug 20 Schilling. Ich bezahle für Midi auch alles mit. Abends komme ich müde zu Hause an.

12. April 1946 In Gampern helfe ich Matrikel schreiben. Danach spreche ich mit dem Herrn Oberlehrer wegen Anna. Dieser meint, eine Privatprüfung wäre im Juli möglich. Ich besuche Hedwigs Grab.

13. April 1946 Ich fahre wieder nach Steinbach zur Aushilfe. Dem Herrn Pfarrer scheint es gesundheitlich wieder etwas besser zu gehen. Von Familie Jahn aus Pantschowa bekomme ich eine Decke.

14. April 1946 Palmsonntag! Ich nehme zwanzig Beichten ab und halte Palmweihe vor der Messe. Es ist sehr anstrengend. Mit dem Schiff „Burgau“ übersetze ich von Steinbach nach Attersee und bin eingeklemmt wie in einer Konservedose. Ich kann mich auf der Schiffsplattform nicht bewegen.

15. April 1946 Jahrestag der Priesterweihe Joschkas. Ich opfere ihm um 7 Uhr eine Messe. Adam, Nani und Anna sind auch dabei. Ich schreibe Joschka einen Brief.

16. April 1946 Über Vöcklamarkt fahre ich zusammen mit Rieser Lissi nach Linz. Hier besuchen wir Schilzong, Kowenz und Merschbach in Baracke Nr. 143 C der Fabrikkaserne. Auch Frau Hoffmann und Anheuer Elsa aus Neupetsch treffe ich in Baracke Nr. 11 E. Diese fahren demnächst nach Hause. Um 20:15 Uhr komme ich strapaziert zu Hause an.

17. April 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich ohne Ministrant für den verstorbenen Pfarrer Radocsay. Nani, Schmidtbasl und Tillschneider sind anwesend. Ich erhalte die Bestätigung zum Geld abheben und damit automatisch eine Zusatzkarte.

Seite 86 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. April 1946 Gründonnerstag! In Gampern nehme ich vormittags Beichten ab. Am Mittag fahre ich nach Steinbach. Der Herr Pfarrer empfängt mich sehr kühl. Nach der Begrüßung lässt er mich stehen. Als ich ihm sage, dass ich meine Sachen auf das Zimmer bringe, meint er, dass heute Mittag in Gampern noch eine Auferstehungsprozession ist und ob ich da nicht auch dabei sein möchte. Ein Wink.

19. April 1946 Karfreitag! Ich halte in Steinbach die Zeremonie. Es regnet in Strömen. In der Nacht drangen Diebe in den Keller und in die Vorratskammer des Pfarrhauses ein und entwendeten Fleisch, Butter und Messwein.

20. April 1946 Um 8 Uhr halte ich eine Feuerweihe. Am Nachmittag fahre ich zurück nach Piesdorf. Midi besucht mich und bringt mir von Frau Moser einen Tabakbeutel mit.

21. April 1946 Ostern! In Gampern halte ich das feierliche Hochamt und um 14 Uhr in Piesdorf eine Andacht. Bei Tillschneider spiele ich zwei Partien Ramschl mit Lajcsi, Bartl, Hirsch, Kopsa, Huber, Tillschneider, Rosenzweig und Adam. Riesers können die vielen Grabatzer Gäste fast nicht unterbringen. Am Abend fuxe ich dann noch mit Nani, Midi und Adam.

22. April 1946 Adam, Tillschneider, Kopsa und Bartl gehen nach Höhenberg. Rosenzweig Joschi ist unser Gast zu Mittag. Ich vertraue Joschi den Fundort der Grabatzer Matrikel an. Am Abend wird wieder geramschelt.

23. April 1946 Midi fährt über Vöcklamarkt zurück. Es ist den ganzen Tag über sehr kühl. In Gampern findet die Trauung Kritzinger/Klestl statt, die von Dr. Kasberger gehalten wird. Wäre es nicht schöner gewesen, Dr. Kasberger hätte mich mit der Trauung betraut? Beim Hochzeitsmahl fühle ich mich sehr beengt. Keine Spur von Aufmerksamkeit. Herr Kritzinger bleibt ohne Gedeck. Bin ich etwa überzählig?

24. April 1946 Ich gehe nach Gallnbrunn, um Tillschneider zu seinem Geburtstag zu gratulieren.

Seite 87 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

25. April 1946 Die Markus-Prozession kommt nach Piesdorf. Ich ziehe nicht mit. Adam fährt nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben. Für mich bekommt er nichts, muss persönlich hin. Ich gebe Adam 60 Schilling für die Verpflegung.

26. April 1946 Herr Lessl und Michael Müller besuchen mich.

27. April 1946 Heute vor einem Jahr kamen wir in Piesdorf an. Ich erhalte einen Brief von meinem Bruder Martin aus der Schweiz.

28. April 1946 Weißer Sonntag! Günther Berwi und Helen sowie Basch Joschi aus Graz sind zu Besuch.

29. April 1946 Um 9:45 Uhr kommt ein Prüfer der Bezirkshauptmannschaft aus Vöcklabruck herauf, um die Registrierscheine in Gampern zu kontrollieren.

30. April 1946 Ich fahre nach Vöcklabruck, um 100 Schilling abzuheben.

1. Mai 1946 Wir, Basch, Spohner, Huber, Rieser, Hilda und ich fahren nach Attersee und wollen da das Schiff besteigen. Dieses ist aber dermaßen überfüllt, dass wir uns zu Fuß auf den Weg nach Nußdorf machen. Lessl erwartet uns. Müller Michel ist auch da. Hier wird erst einmal gegessen. Illy (Helene) Lessl wurde in Vöcklabruck operiert und liegt noch im Krankenhaus. Auf dem Rückweg erwischt uns der Regen. Am Abend um 20:30 Uhr halte ich die erste Maiandacht mit Ansprache.

2. Mai 1946 In Gampern nehme ich sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen die Beichte ab.

3. Mai 1946 Ich zelebriere in Gampern und gehe danach nach Baumgarting zum Haare schneiden.

4. Mai 1946 Morgens zelebriere ich in Gampern und komme nach dem Frühstück zurück. Am Nachmittag muss ich aber wieder hin.

Seite 88 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

5. Mai 1946 Zusammen mit Dr. Kasberger assistiere ich beim Begräbnis der Anna Starzinger. Die Beerdingungszeremonie seiner Mutter hält Domherr Starzinger persönlich. Um 15 Uhr hält der Domherr eine Maiprozession gegen den Willen von Dr. Kasberger.

6. Mai 1946 Nani, Frau Tillschneider und Frau Elsässer besuchen Salzburg und finden aus Vöcklamarkt nicht hinaus. Ich erhalte einen Brief von meiner Mutter und eine Karte von Helmut Neurohr.

7. Mai 1946 Unfreundliches Wetter mit Nebel und schwachem Regen.

8. Mai 1946 Zusammen mit Adam gehe ich in einem zweistündigen Fußmarsch nach Meiselgrub. Dort besuchen wir die Familien Unterreiner, Bartl, Rech und Fridmanski. Während ich zu Unterreiner gehe, bleibt Adam bei Fridmanskis. Im Regen gehen wir zurück nach Piesdorf. Bei Pöring im Wald sehen wir das Grab eines abgestürzten Amerikaners.

9. Mai 1946 Schwacher Regen.

10. Mai 1946 Requiem für den verstorbenen Johann Renner. Ich schreibe an Helmut Neurohr, Ochsenfeld, Hartmann Liesl und Neurohr (Nr. 2).

11. Mai 1946 Frost!

12. Mai 1946 Dr. Kasberger geht zum Missionsschluss nach Frankenburg. Um 15 Uhr halte ich eine Maiandacht in Gampern und am Abend in Piesdorf. Partie in Gallenbrunn.

13. Mai 1946 Ich schreibe meiner Mutter, Fuchs, Klein und Schüpfer Kathi.

14. Mai 1946 Ich bekomme Briefe von Joschka und Gruber Michel. Nani bekommt von ihrer Schwester das Staatsbürgerzeugnis in einem Expressbrief (Porto 4.500 Lei).

Seite 89 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

15. Mai 1946 Um 14 Uhr gehe ich mit Dr. Kasberger nach St. Georgen. Wir besuchen den Kaplan und anschließend das Kloster. Ich schreibe an Dechant Kilian und Günther Jakob.

16. Mai 1946 In Gampern bekomme ich endlich einen Bezugsschein für eine Wolldecke. Den Antrag dafür habe ich bereits am 14. März bei Frau Haschka abgegeben. Das nennt man rasche Erledigung!!! Nun stelle ich einen Antrag für ein Lavoir und einen Regenmantel. Werde wohl wieder zwei Monate darauf warten müssen! Ich spreche bei Herrn Oberlehrer wegen Annas Privatprüfung vor. Diese wird im Juli stattfinden. Danach besuche ich Herrn Fuchs aus Wien, den ich merkwürdigerweise bekehren soll. Ich übergebe ihm einen Katechismus. Dr. Kasberger nimmt zudringlicher Weise alles an, um es dann wiederum an mich weiter zu leiten.

17. Mai 1946 Ich zelebriere um 7 Uhr.

18. Mai 1946 Kasberger überrascht mich beim Kartenspiel.

19. Mai 1946 In Gampern zelebriere und predige ich. Am Nachmittag gehe ich zu Bastl.

20. Mai 1946 Ich fahre nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben. Nani und Lissi fahren auch mit. Vergeblich versuche ich ein Lavoir und einen Regenmantel zu bekommen. Bei der Firma Scheicher sagt man mir, ich soll wegen eines Regenmantels in 14 Tagen wieder vorbei schauen. Ich lasse den Antrag dafür bei Frau Unterreiner, die mir verspricht dies zu tun. Ing. Dumitrescu kommt mit Lissi nach Gallnbrunn.

21. Mai 1946 Nani, Anna und ich fahren nach Haag am Hausruck. Hier besuchen wir die Familien Hackbeil, Hüpfel und Günther. Alle wohnen zusammengepfercht (2-3 Personen in einem Zimmer). Die Flüchtlingskinder bekommen hier keinen Religionsunterricht. Um 15:50 Uhr fahren wir nach Lambach zurück und finden sogar Sitzplatz. Doch nach dem Umsteigen in den Zug Linz-Salzburg ist die Fahrt miserabel und der Zug überfüllt. Um 20 Uhr kommen wir in Piesdorf an. Ich schicke je eine Karte an Hüpfel Niklos, Joschka, Midi und Günther Jakob. Bastl, Adam und Kopsa waren heute in Linz.

Seite 90 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

22. Mai 1946 Tillschneider und Neurohr (Schwob) Hans besuchen mich. Am Abend kehrt Adam mit Tabak und „Paradeispflanzen“ aus Linz zurück.

23. Mai 1946 Trotz einer Magenverstimmung gehe ich nach Baumgarting zum Haare schneiden. Ich schreibe an Gruber Michel und an Bauer Niklos.

24. Mai 1946 Dr. Kasberger ruft mich nach Gampern, um mir mitzuteilen, dass ich morgen dort zelebrieren soll. Danach bringe ich einen alten Rock zum Schneider, der mir daraus eine Hose machen soll. Dieser verspricht mir, dass die Hose am 15. Juni fertig ist.

25. Mai 1946 Am Morgen zelebriere ich in Gampern. Wir bekommen Besuch von Brück Heinrich und Dörner Michel, die aus dem Lager Wegscheid entlassen wurden.

26. Mai 1946 Bekenntnissonntag in ganz Österreich. Am Nachmittag kommen Lissi, Hilda, Jakob, Basch Joschi und Pilger Leni zu Besuch. Es regnet ausgiebig. Basch sagt, dass in Grabatz eine Deputation aus Bukarest war und den Deutschen zugesichert hat, dass sie nicht ausgesiedelt werden. Die Flüchtlinge werden aber alle zurückgewiesen.

27. Mai 1945 Dr. Kasberger kommt zur Maiandacht nach Piesdorf. Er hält eine Ansprache über die Renovierung der Kirche und die Einführung von elektrischem Licht. Ich gebe Adam 60 Schilling.

28. Mai 1946 Ich erhalte einen Brief von meiner Mutter. Adam fährt nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben. Frau Schmidt (Laschober) schreibt mir einen Brief.

29. Mai 1946 Ich gehe nach Gampern, um mir Vorschuhe bei Scheibmayer zu erbetteln.

30. Mai 1946 In Gampern halte ich ein Hochamt mit Predigt. Danach bin ich sehr müde.

31. Mai 1946 Am Vormittag kommt endlich Ochsenfeld mit einem Brief von Bischof Augustin Pacha. Ich gehe mit Ochsenfeld zu Dr. Kasberger.

Seite 91 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Dieser stellt seine Schwester gar nicht vor. Abends halte ich die letzte Maiandacht. Ochsenfeld übernachtet in meinem Schlafgemach.

1. Juni 1946 Mit Ochsenfeld fahre ich nach Nußdorf. Bei unserer Rückreise treffen wir Ing. Anton. Er lädt uns zu sich ein und tischt eine feine Jause auf. Am Abend kehren wir wieder nach Piesdorf zurück. Der Ausflug gefiel Ochsenfeld.

2. Juni 1946 Ochsenfeld zelebriert in Piesdorf, und ich nehme die Beichten ab. Danach überredet er mich mit ihm zu fahren. Ich teile Dr. Kasberger brieflich mit, dass ich über Pfingsten weg bin.

3. Juni 1946 Mit dem Schnellzug fahren wir von Vöcklamarkt nach Salzburg. In Salzburg nehme ich ein Bad. Das war fein. Ich konnte seit Grabatz nicht mehr so ausgiebig baden. Bei Frau Meisl, in der Bergstrasse, Nr 4 lerne ich Pater Sabin aus Kroatien kennen. Er macht einen guten Eindruck auf mich. Am Nachmittag fahre ich mit der Seilbahn zur Burg hoch. Von da habe ich eine herrliche Aussicht. Die Seilbahn wird mit Wasser betrieben. Danach besuche ich die Franziskaner- und die Stiftskirche und kehre zum Übernachten zu Frau Meisl zurück. Nachtmahl im Restaurant. Ich schreibe an Adam und Midi.

4. Juni 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich am Franziskusaltar der Franziskanerkirche. Danach besichtige ich die durch Bomben schwer beschädigte Domkirche und den Residenzplatz mit seinem Springbrunnen. Um 11 Uhr höre ich das Glockenspiel. Ich fahre mit dem völlig überfüllten Autobus nach Ernsting, wo ich von der Familie des Keglewitscher Lehrers, Mathias Roth, freundlich aufgenommen werde. Ich bekomme Essen und übernachte hier.

5. Juni 1946 Wir besuchen Landsleute aus Keglewitsch, Gyulwes und Morawitz. Am Nachmittag kommt mich Peter Marschang aus Keglewitsch besuchen. Josef Karl erzählt mir, dass viele Keglewitscher gestern nach Rumänien abgereist sind. Ich besuche den hiesigen Pfarrer. Der lässt mich sehr lange warten.

6. Juni 1946 Mit einem Lastauto fahren wir nach Salzburg und von hier mit dem Zug weiter nach St. Gilgen, wo wir um 13:40 Uhr ankommen. Frau Auer freut sich über unser Kommen. Sie öffnet eine große Leberpastete und kocht russischen Tee. Wir packen ein wie die „Ardealer Wallachen“. Frau Auer wohnt in einer Villa. Ihr Mann war Kaufmann und Direktor der rumänisch-königlichen Banken. Wir machen einen Rundgang um den See. Am Abend spielen wir bis 0:30 Uhr Remi.

Seite 92 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

7. Juni 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich in St. Gilgen und fahre danach nach St. Wolfgang. Mit der Seilbahn geht es hoch auf den Schafberg. Herrlicher Ausblick auf viele Berggipfel und Seen. Bei unserer Rückkehr erwartet uns Frau Auer mit Fisch in Tomatensauce und Wein. Am Nachmittag machen wir eine Berg- und Talfahrt für 10 Schilling. Am Abend essen wir bei Frau Auer Reis mit Champignons, russischen Tee und spanische Nüsse. Uns für das Essen bedankend gehen wir um 23:30 Uhr schlafen

8. Juni 1946 Um 5:30 Uhr fahren wir nach Salzburg, wo ich bereits um 8 Uhr in der Sebastiankirche zelebriere. Um 9: 30 Uhr fahre ich nach Bischofshofen und von da an mit einem Lastauto nach Radstadt. Es ist eine sehr ungemütliche Fahrt. Hier finde ich in der Person des Dechanten, Anton Breitkopf, einen höflichen Priester, der mich nach der Begrüßung im Gang stehen lässt wie der hl. Paulus die … Im Gasthaus esse ich zu Mittag. Die Rückfahrt ist genau so schlimm wie die Hinfahrt. Hätte ich vorher gewusst, wie unbequem diese Fahrt würde, wäre ich der Einladung Ochsenfelds unter keinen Umständen gefolgt. Ich habe fürchterliche Kopfschmerzen.

9. Juni 1946 Bei einem Spaziergang mit Ochsenfeld treffe ich Hönig Seppi. Es regnet.

10. Juni 1946 Als ich am Morgen das Zimmer verlassen will, finde ich die Türe abgesperrt. Ich klopfe und poche, doch niemand antwortet. Da öffne ich das Fenster und rufe auf die Straße. Um 8 Uhr zelebriere ich. Danach besuchen wir den Organisten Pagitsch. Hier ist die gesamte Familie musikalisch. Drei Brüder und eine Schwester konzertieren (Zither, Violine, Harfe, Akkordeon).

11. Juni 1946 Ochsenfeld fährt nach Tamsweg, um eine Rückfahrgelegenheit nach Salzburg zu suchen.

12. Juni 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich. Ein 67-jähriger Mann ministriert.

13. Juni 1946 Wegen meiner Magenverstimmung nehme ich kein Frühstück zu mir. Über Radstadt und Bischofshofen fahre ich nach Vöcklamarkt. Bin froh, wieder zurück zu sein. Ich finde einen Brief von Günther Berwi vor, die mir schreibt, dass sie am 10. Juni nach Hause fährt.

Seite 93 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

14. Juni 1946 In Gampern besuche ich Dr. Kasberger, der ziemlich kühl ist. Im Gemeindeamt lasse ich mich registrieren. Adam tat es bereits am 12. Juni.

15. Juni 1946 Ich gehe nach St. Georgen, um meine Taschenuhr und meinen Wecker abzuholen. Kaplan Girlinger ließ sie reparieren, nimmt mir aber die sechs Schilling Reparaturkosten nicht ab. Auf dem Rückweg will ich auch noch meine Hose von Schneider Zopf abholen. Dieser versprach mir die Hose am 15. Juni fertig zu haben. Er hat noch gar nicht damit angefangen. Ich soll am 26. Juni wieder kommen. Erhalte einen Brief vom Günther Jakob Vetter.

16. Juni 1946 Ich zelebriere und predige in Piesdorf. Es regnet.

17. Juni 1946 Ich fahre nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben. Dort suche ich wieder vergeblich nach einem Regenmantel. Am Mittag speise ich bei Unterreiner. Undis und beide Antons sind auch da. Sie lassen sich in Vöcklabruck ihre Schriften beglaubigen, um zu beweisen, dass sie niemals politisch tätig waren.

18. Juni 1946 Mit Nani fahre ich nach Gmunden. Es regnet den ganzen Tag. Ich gehe nicht aus dem Haus. Bei unserer Rückkehr erwarten mich Briefe von Dr. Klein, Pfarrer Krudl und Schüpfer Kathi.

19. Juni 1946 Ich schreibe einen Brief an Dr. Pacha.

20. Juni 1946 Fronleichnam! Der Tag ist trüb und regnerisch.

21. Juni 1946 Ich schreibe einen Brief an Frau Dr. Schmidt (Laschober).

22. Juni 1946 Kühl und regnerisch.

23. Juni 1946 Die Kirche ist heute während der Messe voll, jedoch auf dem nach Hause Weg werde ich richtig nass.

24. Juni 1946 Namenstag des Bauern Knoll.

Seite 94 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

25. Juni 1946 Ich hole Lebensmittel und Raucherkarten ab, zugleich hole ich Rauchwaren: 50g Tabak, 10 Zigaretten und ein Pack Zigarettenpapier. Ich lasse mir im Gemeindeamt einen Antrag auf Reiseerlaubnis bestätigen. Uneinigkeit im Tardl. Kopsa behauptet, dass der König stärker ist als die X. Ich behaupte das Gegenteil. Es kommen Briefe von Rosenzweig Joschi und Ochsenfeld.

26. Juni 1946 Mit großer Freude merke ich, dass die Sonne um 6 Uhr schon in mein Zimmer lacht. Wie lange es wohl schön bleiben wird. Ich gehe zu Schneider Zopf wegen meiner Hose. Ich soll nächste Woche Donnerstag wiederkommen. Von da gehe ich nach Baumgarting zum Haare schneiden. Dr. Kasberger lässt mir mitteilen, dass ich am 29. und 30. Juni in Gampern aushelfen soll. Um 7 Uhr soll ich dort sein.

27. Juni 1946 Zusammen mit Nani, Anna, Familie Tillschneider und Rieser fahre ich nach Traunkirchen. Dort besichtigen wir die Kirche, die Johanniskapelle und den Friedhof. Danach fahren wir weiter nach Bad Ischl. Dort besichtigen wir den Kaiserpark mit der Kaiservilla, in der jede Menge Reh- und Hirschgeweihe an den Wänden hängen, alles Wildtrophäen des Kaisers. Außerdem sehen wir uns in der Kaiservilla das Frühstückszimmer der Kaiserin Elisabeth, das rote Zimmer, das einfache Schlafzimmer des Monarchen und den Tisch an, auf welchem das Ultimatum des Ersten Weltkriegs unterzeichnet wurde. Vor der Villa steht ein Springbrunnen, etwa 10 bis 12m hoch. Im Kaiserpark nehmen wir auch unsere mitgebrachte Jause ein. Ich rauche danach eine Pfeife. Auf dem Rückweg treffen wir eine Temeswarer Frau, die in Ebensee war. Sie sagt, ich könne mit dem Transport nächste Woche ohne weiteres mitfahren. Tillschneider macht Frau Rieser rebellisch.

28. Juni 1946 Immer wieder kommen mir Transportgedanken. Tillschneider und Rieser Lissi fahren nach Ebensee und kehren erst spät abends mit der Botschaft zurück, sie seien vom ungarischen Transportleiter sehr freundlich empfangen worden und sie sollen am Montag, dem 1. Juli, mit dem Gepäck nach Reichenthalheim kommen, wo sie von einem Auto um 5 Uhr früh samt Gepäck mitgenommen werden.

29. Juni 1946 Ich gehe nach Gampern, um Beichten abzunehmen. Ein Salzburger Priester ist hier, der zelebriert und predigt. Dr. Kasberger ist seit Donnerstag verreist. Mittags war Herr Lessl bei uns zu Gast. Leider traf ich ihn nicht mehr an. Am Nachmittag gehe ich nach Gallnbrunn, wo fieberhaft gepackt wird.

Seite 95 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

30. Juni 1946 Ich nehme in Gampern wieder Beichten ab. Der Salzburger Pfarrer fährt um 13:30 Uhr weg. Ich halte eine Andacht. Danach gehe ich nach Gallnbrunn zum Abschiedsramscheln. Tillschneider, Lajcsi, Adam und Kopsa sind bereits versammelt. Um 19:10 Uhr brechen wir auf. Wir nehmen Abschied von Tilschneider und Riesers. Großes Weinen bricht aus! Nach der Andacht, die ich in Piesdorf halte, gehen wir zu Kopsas, um Abschied zu nehmen.

1. Juli 1946 Um 6:15 Uhr gehe ich nach Gampern. Herr Ferstl zelebriert am Hochaltar. Zusammen gehen wir anschließend nach Witzling, um beim Schneider meine Hose abzuholen. Doch leider ist dieser verreist. Nach Ebensee ins Lager übersiedeln: Tillschneider (3 P.) Rieser (4 P.) Huber (3 P.), Tarde (3 P.), Kopsa (4 P.), Fendler (2 P.), Hirsch (6 P.), Bartl (2 P.), Bartl (3 P.), Unterreiner (3 P.), Hackbeil (3 P.) Rech (2 P.), Müller Michel, Neurohr Hans und Dörner Michel.

2. Juli 1946 Maria Heimsuchung! Um 7:15 Uhr zelebriere ich in Gampern. Ganz besonders schließe ich die nach Ebensee Übersiedelten in mein Gebet ein. Ich bin hoffnungslos!

3. Juli 1946 Um 7:15 Uhr zelebriere ich in Gampern und eile anschließend nach Hause, um nach Nußdorf zu fahren. Lessl kommt mir aber entgegen und ist unser Gast. Er erzählt, dass Aranka in Ebensee war und die Grabatzer am 1. Juli mit dem Transport nicht mitfahren konnten. Vielleicht klappt es ja am 5. oder 15. Juli. Ich begleite Lessl um 14:30 Uhr nach Haid. Ich schreibe meiner Mutter und Jakob Dietrich.

4. Juli 1946 Nachmittags nehme ich in Gampern Kinderbeichten ab. Meine Hose ist immer noch nicht fertig. Der Schneider sagt, ich soll am 12. Juli wieder kommen. Bei Schorsch trinke ich zwei Stamperln Cognac.

5. Juli 1946 Ich fahre zu Lessl nach Nußdorf. Neurohr (Schwob) Hans und Müller (Christl) Michel sind aus Ebensee hier. Vermutlich werden sie am 15. Juli die Heimreise ins Banat antreten können. Illy und Frau Lessl können die Heimreise auch antreten, Lessl und Aranka aufgrund ihrer Pässe nicht. Das ist das Ergebnis von Arankas Reise nach Linz. Ich übergebe Herrn Anton ein Foto zur Reproduktion.

6. Juli 1946 Nach dem Gewitter von gestern Abend ist es kühl geworden.

Seite 96 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Ich bekomme einen Brief vom Senftenberger Bürgermeister, in dem man mir bestätigt, dass ich nicht politisch aktiv war.

7. Juli 1946 Die ganze Zeit regnet es. Zum Glück kommt Bastl zum „Fuxen“. Ich schreibe an Pfarrer Krudl.

8. Juli 1946 Am Nachmittag treffen Tillschneider und Kopsa aus Ebensee ein.

9. Juli 1946 Vormittags gehe ich vergeblich nach Gampern, um einen Bezugsschein für eine Wolldecke für Anna zu erhalten. In Stiefeln wate ich durch den Wald und habe Ohren- und Zahnschmerzen.

10. Juli 1946 Zusammen mit Midi fahre ich nach Vöcklabruck, wo ich Geld für mich und Adam abhebe. Das Staatsbürgerzeugnis lasse ich zusammen mit der Bescheinigung aus Senftenberg beglaubigen. Adams und Midis Zeugnisse auch. In Sachen Reiseerlaubnis stehe ich etwa zwei Stunden an, bevor ich zu Rittmeister Eschenhofer komme, der in den Antrag „Sicherheitsreferat“ einträgt. Von der Gendarmerie erfahre ich, dass die Anträge in 14 Tagen abgeholt werden können. Ich suche auch in Vöcklabruck vergeblich nach einem Regenmantel und einem Lavoir. Um 12 Uhr reise ich mit dem D-Zug zurück. Wegen der starken Ohr- und Zahnschmerzen nehme ich ein Aspirin und trinke einen „Schwarzen“. Steinau kommt aus Aspach mit dem Rad zu Besuch.

11. Juli 1946 Regen. Ich erhalte Briefe von Bauer Josef (Niklos Sohn) und Ochsenfeld.

12. Juli 1946 Die Familie Holm bestellt eine Messe. Ich schreibe an Heinrich (Messners), Bauer Niklos, Dietrich Magdalena, Klein Jergl, Günther Jakob und Rosenzweig Joschi.

13. Juli 1946 Ich gehe mit Anna zur Einschreibung. Im September findet die Privatprüfung statt. Sie kann dann in die 3. Klasse.

14. Juli 1946 Dr. Kasberger teilt mir zu meiner größten Freude mit, dass ich die ganze Woche über in Gampern zelebrieren soll. Dadurch ist mein ganzes Wochenprogramm futsch. Nun kann ich meine ganzen festgesetzten Messen in Piesdorf absagen. Am Nachmittag taufe ich Bastls Sohn Michael.

Seite 97 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

15. Juli 1946 Am Morgen zelebriere ich in Gampern und am Nachmittag gehe ich mit Schorsch nach Eisenpalmsdorf. Es regnet.

16. Juli 1946 Ich erhalte Briefe von meinem Bruder Martin und Neurohr Helmut.

17. Juli 1946 Ich zelebriere in Gampern. Am Nachmittag hole ich endlich meine fertige Hose ab und bezahle dafür 32 Schilling. Frau Hoffmann und Frau Rieser aus Ebensee besuchen uns. Ich schreibe an Dr. Unterweger.

18. Juli 1946 Am Morgen marschiere ich nach Gampern zum Zelebrieren. Nach der Messe gehe ich rasch zu einer Krankensegnung nach Höhenberg und danach beeile ich mich, um wieder rechtzeitig in Gampern zu sein. Frau Hoffmann ist unser Gast zu Mittag und bedankt sich überschwänglich dafür. Sie sagt, sie habe seit zwei Jahren nicht mehr so gut gegessen. Ich besuche Tillschneiders in Gallnbrunn. Sie sind auch aus Ebensee zu Besuch. Ich werde ohne Regenmantel und Hut von einem Gewitter überrascht. Von der Enzinger Berta bekomme ich einen Regenmantel und von Weber Hias einen Hut ausgeliehen. Die Piesdorfer kommen wegen meiner Ausstattung aus dem Staunen nicht heraus.

19. Juli 1946 Nach der Messe in Gampern bringe ich den Regenmantel und den Hut nach Gallnbrunn zurück. Ich gratuliere Tillschneider zu seinem bevorstehenden Namensfest und gleichzeitig zum 28. Ehejubiläum am 20. Juli.

20. Juli 1946 Nani gebe ich für die abgelaufene und für die kommende Periode 120 Schilling. Ich besuche die kranke Frau Pizner und bekomme zwei Eier.

21. Juli 1946 Um 10 Uhr predige und zelebriere ich in Gampern. Es ist sehr warm.

22. Juli 1946 Um 14 Uhr fahre ich über Vöcklamarkt nach Vöcklabruck, um von Unterreiner meine „Allierte Reiseerlaubnis“ abzuholen. Diese ist für ganz Österreich bis zum 18. August gültig. Danach fahre ich bis Vöcklamarkt und gehe von da zu Fuß nach Piesdorf. Es ist ein sehr heißer Tag.

23. Juli 196 Um 12 Uhr treffe ich bei Lessl in Nußdorf ein.

Seite 98 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Dieser liegt wegen eines Furunkels an der Sitzfläche im Bett. Ich besuche die Familien Pilger und Basch und fahre um 16:45 Uhr zurück.

24. Juli 1946 Ich fahre zu Ochsenfeld nach Salzburg. Beim Mittagessen besprechen wir den Aufruf aus den Salzburger Nachrichten in Sachen „Frankreichregistrierung“. Um 15 Uhr besuchen wir das Marionettentheater. Wir sehen uns „Aschenbrödel“ an. Es gefällt mir sehr gut. Um 17:35 Uhr fahre ich nach Vöcklamarkt zurück. Die Fahrt kostet mich acht Schilling. Tillschneider ist aus Ebensee da. Ich kaufe ihm drei Feuerzeuge für zwölf Schilling ab.

25. Juli 1946 Mit der Elektrisch fahre ich nach Vöcklamarkt und von hier mit dem Zug weiter nach Ebensee. In Vöcklabruck steigt Unterreiner dazu. In Ebensee gehen wir etwa eine ½ Stunde zu Fuß bis zur Baracke „Arany Biko“ des ehemaligen Konzentrationslagers. Freudig werden wir von den seit dem 1. Juli wartenden Grabatzern empfangen. Hier sieht es aus wie in einer Räuberhöhle. 3 Etagenbetten, Gepäck, Bänke, Stühle und zwischendrin musizierende Erwachsene und Kinder geben ein buntes Bild ab. Alle sind des Wartens müde. Von der Schmidtbasl werden wir zum Essen eingeladen. Danach besuchen wir Frau Hoffmann aus Temeswar in der Baracke “Hungaria“. In der Lagerkanzlei erkundige ich mich nach dem Abreisetermin. Mir wird mitgeteilt, dass man darüber noch nichts Sicheres weiß. Man wird auch nur noch Flüchtlinge mit einem Einweisungsschein annehmen, der von Major Giurgiu aus Linz unterschrieben ist. Für die Flüchtlinge sieht es trostlos aus. Das KZ- Gelände ist von einem elektrischen Stacheldrahtzaun und Wachtürmen umgeben. Hier kommt keiner lebend heraus. Vor dem ehemaligen Krematorium sehe ich ein weißes Kreuz und Kränze liegen. Nach langen Wartezeiten und gedrängt im überfüllten Zug komme ich endlich in Vöcklamarkt an. Zu Fuß spaziere ich nach Piesdorf.

Banater Kinder im Lager Ebensee – Juli 1946

Seite 99 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

26. Juli1946 Mutters Namenstag. In Gedanken bin ich bei ihr. Um 11 Uhr halte ich das Begräbnis und das Requiem für Johann Ablinger aus Stein. Es ist sehr heiß. Meiner Schwägerin schenke ich zum Namenstag 20 Schilling und ein Feuerzeug. Auch Schmidtbauer schenke ich eines.

27. Juli 1946 Ich wasche mich in einem Waschbottich. Seit über einem Jahr marschiere ich nun fast täglich nach Gampern. Dr. Kasberger fiel es aber nie ein, mir die Benutzung seines Badezimmers anzubieten. Ich verständige die Familien Holm und Mayer und teile ihnen die Termine für ihre bestellten Messen mit. Von diesen bekomme ich fünf Eier.

28. Juli 1946 Am Tag ist es sehr schwül. In der Nacht regnet es.

29. Juli 1946 Heute beginnen die Friedensverhandlungen in Paris. Was diese uns wohl bringen werden? Ich will Ing. Anton besuchen, treffe aber nur seine Mutter an.

30. Juli 1946 Nach der Messe in Gampern gehe ich zu Dr. Kasberger, treffe ihn aber nicht an.

31. Juli 1946 Am Nachmittag kommen Frau Huber und Herr Tarde aus Ebensee zu uns. Von ihnen erfahren wir, dass Tillschneider nach Gmunden gefahren ist, um alle registrieren zu lassen. Der Transport geht morgen oder übermorgen. Die Grabatzer werden dazugehören. Ich gehe zu Pater Virgil, um zu beichten.

1. August 1946 Ich erzähle Dr. Kasberger nach der Messe vom Schicksal der Flüchtlinge. Dieser meint, er habe schon Schlimmeres durchgemacht. Er begleitet mich auf meinem Weg nach Hause. Dabei fragt er mich, ob ich bereit wäre in Neukirchen auszuhelfen? Ich sage zu. Als ich später darüber nachdenke, reut es mich zugesagt zu haben. Im Winter war ich gut genug für Gampern. Jetzt bei diesem schönen Wetter soll ich einen 2 ½ Stunden Fußmarsch auf mich nehmen? Ich teile Dr. Kasberger schriftlich mit, dass ich ich die Aushilfe in Neukirchen ablehne. Aranka und Basch Berwi sind zu Mittag bei uns. Am Nachmittag kommen Fendler und Kopsa Greti. Sie sagen, Tillschneider hat in Gmunden nichts erreicht. Er ist furchtbar aufgeregt. Bis zum 15. August will man noch warten. Vergeblich warte ich auf Post von zu Hause.

Seite 100 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

2. August 1946 Ich zelebriere in Gampern. Herrn Lörincz zahle ich 3,60 Schilling für die Rundschau.

3. August 1946 Nach der Messe in Gampern werde ich gebeten zwei Gebetbücher einzubinden (Arbeiten a la Student).

4. August 1946 Zwischen 6 Uhr und 10 Uhr sitze ich im Beichtstuhl. Ferstl sagt, gestern Abend bis 22:30 Uhr im Beichtstuhl gesessen zu haben. Hier wollte ich nicht Kaplan sein! Dr. Kasberger gibt mir 80 Schilling für die Aushilfe. In Piesdorf hätte ich mehr verdient, ohne nasse Schuhe zu bekommen. Am Nachmittag kommen Engelhardts mit Paul Greti und Maierle zu Besuch. Letzterer sagt, Zimmermann hat einen Brief aus Sanktmartin bekommen. Darin wird berichtet, dass die Kommunisten 40 unschuldige Bauern auf dem Feld erschossen haben.

5. August 1946 Mit dem Fahrrad besuche ich Schorsch und Anton. Dieser teilt mir mit, dass die Aussichten auf eine Heimreise düster wären. Ich denke an einen Zeitungsartikel, der kurz nach der Abreise Tillschneiders erschien. In dem hieß es, dass die Bevölkerung Kriegsblinde aufnehmen soll. Erstens sei dies ein gutes Werk und zweitens bringe es fünf Schilling pro Kopf und Tag.

6. August 1946 Am Nachmittag gehe ich mit meiner Schwägerin nach Bierbaum, um Frau Spohner zu besuchen. Diese wohnt im Gasthaus „Zum grünen Baum“. Sie sagt, es wurden ihr alle Zwiebeln gestohlen.

7. August 1946 Mit meiner Schwägerin, Anna, und Paul Greti fahre ich zu Lessls nach Nußdorf. In unserer Abwesenheit trifft Midi in Piesdorf ein. Herr Horvath teilt mir mit, dass das Lager Ebensee geräumt wurde. Die Insassen wurden nach Wels gebracht. Falls man einen Durchlass für die russische Zone nicht erwirken kann, wird für die Flüchtlinge vorerst in Wels ein Lager hergerichtet. Ich möchte schnellstens nach Wels. Dr. Kasberger unterbindet dies, indem er mir eine Andacht in Gampern aufdrückt. Welch eine Ausnutzung!

8. August 1946 Gestern hat man bei Sulzberger und heute bei Knoll gedroschen. Ich warte vergeblich auf Post.

9. August 1946 Zusammen mit Midi besuche ich Lessl, der noch immer im Bett liegt.

Seite 101 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

10. August 1946 Von Dr. Kasberger erhalte ich folgenden Brief: „Mein lieber Herr Pfarrer! Falls ich bis Sonntag nicht hier bin bitte ich folgende Funktionen zu halten: Am Samstag um 20:30 Uhr – Rosenkranz und Segensandacht. Am Sonntag – hl. Messe und um 15 Uhr Segensandacht. Ansonsten die hl. Messe um 7:30 Uhr an jedem Wochentag. Ich komme wahrscheinlich am Dienstag im Laufe des Tages zurück. Ich bitte Sie auch die Kirchenblätter samt Beilagen in Ihren Ortschaften auszutragen. Das ist ja wohl leicht bei den wenigen Hausnummern. Viele Grüße, Dr. Kasberger!“ Ich gehe nach Gampern und teile die Kirchenblätter aus. Ich hoffe danach im Pfarrhaus übernachten zu können. Man bedauert mich im Pfarrhaus, dass ich nun nach Piesdorf zurück muss, um morgen in der Früh wieder zu kommen. Dieser Pfarrhof ist stumpfsinnig!! Elsässer Peter und Haag kommen zu Besuch.

Das Pfarrhaus in Gampern heute. Damaliger Wohnsitz Dr. Kasbergers und seiner Schwester

Seite 102 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. August 1946 In Gampern zelebriere ich, predige und lese die Worte des Erzbischofs Dr. Konrad Gräbers. Anschließend bin ich durchgeschwitzt. Am Nachmittag besuche ich Karikas. Haag und Elsässer Peter sind immer noch zu Gast.

12. August 1946 Zelebriere in Gampern. Nachmittags gehe ich mit Schorsch zu Herrn Anton.

13. August 1946 Dr. Kasberger ist bereits zurück. Mit einem steifen Genick zelebriere ich am Seitenaltar. Ich erhalte Briefe von Dietrich Magdalena, Karl Josef und Prof. Leeb.

14. August 1946 Mit Midi gehe ich nach Vöcklamarkt. Hier treffen wir Friedmanskis Frau die sagt, Dinger Susi sei nach Linz gekommen. Rieser Peter wollte auch kommen. Ich treffe Kaplan Horvath, der mir zuspricht einige Ortschaften mit ungarischen Flüchtlingen zu betreuen. Im Zug nach Vöcklabruck biete ich Kaplan Horvath das „Du“ an. Midi reist weiter nach Gmunden. Vergeblich versuche ich meinen Reisepass zu verlängern. Josef Unterreiner wurde nicht operiert, er kam mit Injektionen davon. Per Anhalter fahre ich nach Gampern zurück.

15. August 1946 Ich zelebriere in Gampern. Erstmalig fragt mich Herr Dr. Kasberger, ob es ermüdend für mich war? Er gibt mir für den Messner eine ganze und eine angerauchte Zigarette mit. Welch eine Anmaßung!

16. August 1946 Ich schreibe an Josef Unterreiner, Jakob Dietrich und an meinen Bruder Martin.

17. August 1946 Dr. Kasberger gibt mir ein Empfehlungsschreiben für Rittmeister von Eschenhofen mit. Ich erhalte einen Brief von meiner Mutter und von Bauer Josef.

18. August 1946 Nach der Frühmesse ersucht mich Dr. Kasbergers Schwester ein Päckchen im Auftrage Dr. Kasbergers zu Trausner zu bringen. Es dürfte Fleisch beinhaltet haben. Bei meiner Rückkehr wird das Werk gekrönt. Ich bekomme von Fräulein Elisabeth Grubers Waldmannknochen!!! Ich werfe denselben auf den Acker. Adam fährt nach Linz.

Seite 103 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

19. August 1946 Ich zelebriere bei einem Kinderbegräbnis. Am Nachmittag kommt Schorsch. Zusammen wollen wir nach Eisenpalmsdorf. Doch zweifelhaftes Wetter hält uns zurück. Am Abend um 20:45 Uhr kehrt Adam aus Linz zurück. Er teilt uns mit, dass Riesers am Sonntag mit dem Transport abgefahren sind. Auch Hackbeil Kathi durfte mitfahren, nachdem sie ihren goldenen Ring und ihre Kette dafür opferte.

20. August 1946 Ich schreibe Briefe an Messner, Bauer Niklos und Bauer Josef.

21. August 1946 Der Regen hält mich von der Fahrt nach Vöcklabruck ab.

22. August 1946 Am Vormittag kommt Basch Berwi zu Besuch. Auch Tillschneider besucht uns und berichtet, dass er und seine Familie am 26./27. August heimfahren werden. Die übrigen Flüchtlinge werden in ein Lager in der Nähe von Lambach abgeschoben. Ich erhalte einen Brief von Bischof Dr. Pacha.

23. August 1946 Ich gebe Nani 60 Schilling. Am Nachmittag kommt Tillschneider, um sich zu verabschieden.

24. August 1946 Kirchweih in Blumenthal! Meine Gedanken sind dort. Bei trübem, unfreundlichem Wetter rasiere ich meinen Bart ab.

25. August 1946 Ich zelebriere in Gampern. Dr. Kasberger fährt um 9 Uhr nach Schörfling zur Firmung. Um 11 Uhr gehe ich zu Grubers und kaufe Tabak. Als ich ins Pfarrhaus zurückkehre, werde ich unfreundlich empfangen. Man scheint aus dem Häusel zu sein, dass ich erst um 11:45 Uhr erscheine. Um 14:30 Uhr halte ich eine Taufe und um 15 Uhr eine Andacht. Zusammen mit Dr. Horvath besuche ich die Familie Farkas in Bierbaum. Um 20:30 Uhr halte ich eine Andacht in Piesdorf.

26. August 1946 Unfreundliches Wetter. Mit Schorsch gehe ich zu Ing. Anton, um sechs Pass- und sechs Visitbilder abzuholen.

27. August 1946 Ich schreibe an Joschka und Günther Berwi. Es ist ein herrlicher Tag.

Seite 104 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

28. August 1946 Mit dem Rendl-Auto fahre ich mit nach Vöcklabruck. Hier reiche ich einen Antrag für eine „Allierte Reiseerlaubnis“ ein. Dieser wir abgelehnt, da er weder in Blockschrift noch maschinengeschrieben ist. Nun muss ich die ganze Prozedur wiederholen. Von hier fahre ich nach Lambach und frage mich nach dem Lager 1010 durch. Hier sind die „Ebenseer Flüchtlinge“ untergebracht. Ich werde sehr freundlich empfangen. Unterreiner Kathi bereitet auch sogleich eine Jause vor. Nach dem Essen muss ich mich beeilen, da mein Zug um 17:40 Uhr abfährt. Bartl Niklos und Huber begleiten mich zur Haltestelle „Markt Lambach“. Hier fällt mir auf, dass ich meine Schlüsseltasche mit Silberbleistift, Taschenmesser, Feuerzeug, Nagelfeile und Pfeifenstopfer im Lager vergessen habe. Ich bitte Bartl Niklos mir die Tasche am Freitag zur Haltestelle zu bringen.

29. August 1946 Mit Nani fahre ich zu Schilzong nach Linz. Dort bekommen wir zu Mittag Lagerkost. Um 14 Uhr fahren wir nach Ebelsberg, wo wir Elsässer Pit und seine Mutter besuchen. Die freuen sich. Von Frau Elsässer bekomme ich eine Tiroler Pfeife, 15 Pfund Blatttabak, ½ l Magentropfen, Äpfel, Paprika, Mehlspeise, Sirup und Tomaten. Wir werden gebeten bei ihnen zu übernachten. Da wir dies bereits Schilzong versprachen, müssen wir leider ablehnen.

30. August 1946 Von Wanzen maltretiert und zerschunden kommen wir nur zu wenig Schlaf. Morgens und mittags gibt es Lagerkost. Um 16:20 Uhr fahren wir ab. Zu meinem größten Ärger ist Bartl Niklos nicht an der Haltestelle „Markt Lambach“. Von Haid gehen wir zu Fuß nach Hause.

31. August 1946 Ich gehe zum Gemeindeamt Gampern, wo ich kein Formular für eine Reiseerlaubnis bekomme. Obwohl ich andeutete nach Witzling gehen zu wollen, hält mich Dr. Kasberger mit dem Schreiben des Wochenbuches auf. Ich versuche mich zu beeilen und stülpe dabei ungewollt das Tintenglas um. Die Tinte läuft über die Trauungsbilder. Dr. Kasberger will mich zum Überkleben mit weißen Streifen aufhalten. Ich lehne ab und gehe zu Schorsch. Wir besorgen eine Sperrplatte, um „Mensch ärgere dich nicht“ zu basteln. Schorsch wird das bewerkstelligen. Zu Hause trinke ich einen schwarzen Kaffee und esse Reisjuwetsch. Danach verspeise ich drei Kolben gekochten Mais.

1. September 1946 Die Familie Karikas kommt nach Piesdorf, um sich zu verabschieden. Die Familie wird nach Linz übersiedeln. Herr Horvath und Familie Zimmermann kommen auch mit. Wegen des Besuchs werde ich mit meinem Brevier erst um 23:15 Uhr fertig.

Seite 105 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

2. September 1946 Ich fahre nach Salzburg, wo ich Ochsenfeld und Lehrer Wilhelm treffe. Ich spreche auch mit Monsignore Pieger, der erst kürzlich aus Rumänien zurückgekehrt ist. Er berichtet, dass der Transport reibungslos am 23. August die Grenze bei Curtici passiert hat. Danach kamen die Flüchtlinge in ein Bukarester Lager. Die Zeitungen schrieben, die Flüchtlinge wären nach Arad, Temeswar und Großwardein gebracht worden. Dies stimmt aber nicht. Da Monsignore Pieger 8 Tage in Bukarest verbringen durfte, konnte er alle Lagerinsassen wieder finden. Die Kommunisten beherrschen das Land zu 100%. Die Lage der Deutschen in Rumänien ist aussichtslos. Am Abend kehre ich wieder nach Piesdorf zurück.

3. September 1946 Von Tillschneider Hilda erhalte ich einen Brief aus Weiden am Neusiedler See. Unterreiner schickt mir ein Formular für die Reiseerlaubnis. Ich gehe nach Gampern, um dieses Formular von Dr. Kasberger abzeichnen zu lassen. Dieser ist jedoch nicht zu Hause.

4. September 1946 Mit dem Rendl-Auto fahre ich wieder nach Vöcklabruck und zurück. Dort besuche ich Unterreiner, der mir meine Schlüsseltasche, die ich in Lambach vergaß, überreicht. Er sagt mir, Bartl Niklos behauptet an der Haltestelle gewesen zu sein. Ich reiche meinen Antrag für eine Reiseerlaubnis ein.

5. September 1946 Mit meiner Schwägerin fahre ich nach Nußdorf. Bei Lessl frühstücken wir und bei Pilger essen wir zu Mittag. Basch begleitet uns bis Piesdorf. So langsam verschwinden auch wieder die Wanzenbisse.

6. September 1946 In Gampern nehme ich Beichten ab und zelebriere. Danach gehe ich zu Schorsch, um das fertige „Mensch ärger dich nicht“ abzuholen. Ich gehe nach Baumgarting zum Haare schneiden. Basch ist bis zum Nachmittag noch bei uns zu Gast.

7. September 1946 Bei schönem Wetter gehe ich nach Witzling und besuche Schorsch.

8. September 1946 Um 10 Uhr zelebriert Dr. Linninger in Gampern. Dr. Kasberger und ich assistieren. Um 15 Uhr hält Dr. Kasberger eine Litanei und ein „Te Deum“ wobei Dr. Linninger und ich assistieren. Nach der Messe trinken wir Champagner.

Seite 106 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

9. September 1946 Keine Messe. Ich fahre nach Vöcklabruck zur Überprüfung der Registrierscheine.

10. September 1946 Heute bin ich sehr missmutig. Es ist schlechtes Wetter.

11. September 1946 Ich bekomme meine formlosen Schuhe für 30 Schilling. Wegen der Kirchensteuer gehe ich nach Viehaus, doch alle sind auf dem Feld.

12. September 1946 In Viehaus sammle ich Kirchensteuer ein. Schreibe an Midi und Dr. Pacha.

13. September 1946 In Viehaus, Gallnbrunn und Piesdorf nehme ich 659,50 Schilling Kirchensteuer ein. Von Scheibmayer, Stallinger und Stockinger habe ich jeweils drei Eier bekommen.

14. September 1946 Am Vormittag liefere ich im Pfarrhaus die Kirchensteuer ab. Danach spreche ich mit dem Oberlehrer wegen Annas Prüfung.

15. September 1946 Ich zelebriere und predige in Pisdorf.

16. September 1946 Ich zelebriere in Piesdorf und gehe danach nach Gampern, um mit dem Herrn Oberlehrer wegen Anna zu sprechen. Dieser teilt mir mit, dass Anna um 15 Uhr zur Prüfung kommen soll. Ich will noch nach Staudach, doch Dr. Kasberger sendet mich noch weitere Kirchensteuer einzutreiben.

17. September 1946 Nebel. Herr Horvath kommt zu Besuch.

18. September 1946 Draußen regnet es. Ich schreibe an Bauer Michel und P. Carolus.

19. September 1946 Keine Messe. Ich besuche Lessl in Nußdorf am Attersee. Den ganzen Tag über spielen wir Remi. Ich übernachte in einem schönen Zimmer in der Pension „Waldrose“.

Seite 107 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

20. September 1946 Ich zelebriere in Nußdorf. Danach frühstücke ich bei Lessl „Kakao“. Bis Mittag schneiden wir Kartonschachteln. Dann besuche ich den Herrn Dechant, der mich sehr freundlich empfängt. Er schenkt mir Bücher, und ich lasse mich im „Verein zum Hinscheiden des heiligen Josef“ einschreiben. Danach besuche ich Pilger. Dieser teilt mir mit, dass Müller (Christl) Michel zu Hause in Grabatz ist. Auch Tillschneiders haben aus Arad telefoniert. B. Joschi ist in Curtici im Lager. Nach dem Mittagstisch spielen Pilger, Illy, Aranka, Lessl und ich Remi. Es geht mir fabelhaft! Um 16:54 Uhr fahre ich mit dem Dampfer „Unterach“ aus Nußdorf ab. Nun ist auch amtlich Herbst. Sehr unfreundlich.

Franziska und Johann Lessl in Österreich

21. September 1946 Ich zelebriere und predige zum Schulanfang in Gampern. Von Dr. Kasberger erhalte ich 100 Schilling für den Monat September.

22. September 1946 Am Nachmittag wird Scheibmayer ausgeraubt.

Seite 108 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

23. September 1946 Es ist nun schon ein Jahr her, seit Hedwig gestorben ist und wir sitzen immer noch da in der Ungewissheit. Um 7 Uhr lese ich die Messe für Hedwig und fahre danach nach Vöcklabruck. Hier stehe ich beim Bezirkshauptmann zwei Stunden lang in der Warteschlange, um zu erfahren, dass mein Antrag auf Reiseerlaubnis vermutlich verloren ging. Pfarrer Zehners Antrag, der zusammen mit meinem eingereicht wurde, liegt seltsamerweise vor. Der Beamte gibt mir ein neues Formular. Ich werde mir wohl überlegen müssen, ob ich diesen Weg noch einmal machen werde. Ich habe nun vier Wege in dieser Angelegenheit umsonst gemacht. Den Plan, morgen nach Salzburg und St. Gilgen zu fahren, gebe ich auf. Ich besuche Schorsch und gemeinsam gehen wir zu Herrn Anton.

24. September 1946 Ich erhalte eine Karte von Ochsenfeld aus Salzburg, in der er mir mitteilt, dass er Salzburg verlassen wird. Er will nach Italien auswandern. Diese Nachricht trifft mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel.

25. September 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich. Es ereignet sich nichts Besonderes.

26. September 1946 Ich fahre nach Linz, um die Familie Karikas zu besuchen. Es treffen Briefe von Midi und Pfarrer Lehner aus Steinbach am Attersee ein.

27. September 1946 Ich lasse mir in Gampern wieder den Antrag auf Reiseerlaubnis bestätigen. Von Gruber bekomme ich Zwetschgen und Nüsse.

28. September 1946 Lessl und Basch Berwi sind zu Besuch. Wir spielen Remi. Ich gebe Voglhuber 20 Zigaretten zum morgigen Namenstag.

29. September 1946 In Gampern zelebriere ich und lese den Hirtenbrief vor. Nachmittags gehe ich zu Bastl.

30. September 1946 Um 7:15 Uhr zelebriere ich in Gampern. Danach eile ich über Haid nach Attersee, von wo aus ich nach Steinbach übersetze. In Steinbach werde ich zur Aushilfe erwartet. Ich schlafe wieder in dem feinen Bett und bekomme 75 Schilling für Intentionen.

Seite 109 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

1. Oktober 1946 Ich verbringe in Steinbach den ganzen Tag in der Schule. Dies habe ich seit Grabatz nicht mehr getan. Das Sprechen belastet meine Lunge. Herr Pfarrer kehrt in der Nacht zurück.

2. Oktober 1946 Ich bekomme für die Aushilfe und Fahrspesen 20 Schilling und ein paar kg Äpfel. Der Pfarrer fragt an, ob ich nicht bereit wäre im November 8 bis 14 Tage auszuhelfen. Er möchte sich die Mandeln schneiden lassen. Um 16:23 Uhr dampfe ich mit der „Unterach“ ab. Während ich zu Fuß von Haid nach Piesdorf marschiere, spüren meine Arme die Last der Äpfel. Nani empfängt mich mit einem Brief von Riesers. Dr. Kasberger sagt meine Aushilfe für den 3. und 4. Oktober ab, da ein Gastpriester hier ist.

3. Oktober 1946 Am Nachmittag besuche ich Schorsch. Es bläst ein kalter Wind.

4. Oktober 1946 Um 7:30 Uhr zelebriere ich.

5. Oktober 1946 Schlechtes Wetter. Ich zelebriere in Gampern.

6. Oktober 1946 Bei ganz schlechtem Wetter gehe ich um 6 Uhr morgens nach Gampern. Ich habe ganz nasse Socken und mir ist schrecklich kalt. Der Heimweg ist genauso unfreundlich und schmutzig.

7. Oktober 1946 Die Uhren werden auf die Winterzeit umgestellt. Zu meiner großen Freude muss ich heute um 9 Uhr durch den Regen und Morast nach Gampern marschieren. Nass und verschmutzt komme ich dort an. Um 12:30 Uhr gehe ich bei Wind und Regen wieder zurück nach Piesdorf. Midi ist zu Besuch und hat zwei Porzellanpfeifen von Herrn Moser für mich. Auch zehn Rasierklingen und eine Raucherkarte hat sie mir mitgebracht. Ich gebe ihr dafür zehn Schilling, und danach spielen wir Remi. In meinem Zimmer ist es ziemlich kalt. Seit diesem Sommer fehlen mir zwei Fensterscheiben in der Größe 25 x 25 cm.

8. Oktober 1946 Ich bekomme eine Karte von Wilhelm Denuel aus Salzburg. Midi kehrt zurück nach Gmunden. Gerade als ich mein Zimmer verlassen will, tritt Dr. Kasberger herein. Bei stürmischem Wetter und starkem Regen begleite ich ihn bis tief in den Wald. Alles andere niederzuschreiben erübrigt sich von selbst.

Seite 110 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

9. Oktober 1946 Den ganzen Tag fülle ich mit Briefe schreiben aus. Das Wetter ist sehr unfreundlich.

10. Oktober 1946 Aus den Nachrichten erfahre ich, dass sich alle Flüchtlinge mit grünem Ausweis und DP Index Card beim zuständigen Informationscenter zu melden haben. Auch alle Kinder ab dem Alter von einem Jahr. Adam ist zornig und nicht gewillt dahin zu gehen. Ich werde mich morgen nach der Messe auf den Weg nach Vöcklabruck machen.

11. Oktober 1946 Nachdem der Nebel sich verzogen hat, kommt die Sonne hervor und es wird ein schöner Tag. Ich gehe nach Vöcklabruck und nehme auch die Registrierausweise von Adam, Nani und Anna mit, doch da man einen Fingerabdruck braucht, kann ich nichts für sie erledigen. Mit Unterreiners Unterstützung kann ich meine Sache bis Mittag klären. In meinem Ausweis steht nun: „Ex Enemy DP Identification Card U 288093“. Den Mittag verbringe ich bei Unterreiner. Wir spielen Tabeles, wobei ich neun Partien gewinne.

12. Oktober 1946 Starke Reifbildung am Morgen. Ich schlief vor Kälte sehr schlecht (zwei Scheiben fehlen). Adam bringt mir Lebensmittel- und Raucherkarten und bekommt dafür von mir 120 Schilling. Am Nachmittag gehe ich nach Baumgarting zum Haare schneiden. Danach nach Gampern. Hier ist ein Primiziant, der im Krieg ein Auge verlor und am Arm schwer verwundet wurde.

13. Oktober 1946 Mit Unterreiner, der mich mit dem Fahrrad besucht, und der gesamten Familie Engelhardt spiele ich Karten. Ein schöner Tag.

14. Oktober 1946 Herrliches Wetter.

15.Oktober 1946 Als ich am Nachmittag nach Gampern gehe, um einzukaufen, sehe ich, dass die Piesdorfer Kirche ohne mein Wissen renoviert wird. Ich kann somit keine Messe halten. Adam ist nach Vöcklabruck zur Registrierung.

16. Oktober 1946 Über Haid fahre ich nach Attersee zu einer Priesterkonferenz. Außer den Priestern, die ich bereits kenne, lerne ich auch die Pfarrer aus Weyregg, Aurach und Unterach kennen. Die Konferenz findet in einem ungeheizten Zimmer ohne Bewirtung statt. Mit einem Wagen fahre ich heim.

Seite 111 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

17. Oktober 1946 Ich zelebriere und frühstücke in Gampern. Danach nehme ich Matrikeleintragungen vor. Bei herrlichem Herbstwetter besucht uns Basch Berwi, um Nani zum Namenstag zu gratulieren.

18. Oktober 1946 Am Nachmittag kommt Aranka Lessl und bleibt über Nacht.

19. Oktober 1946 In Gampern hält Dr. Kasberger die Beerdingungszeremonie eines Kindes.

20. Oktober 1946 Ich zelebriere in Gampern. Frau Habring füllt mir die Aktentasche mit Äpfeln und lädt mich für den Winter über ein bei ihnen zu übernachten. Eine wahrhaftige Opferseele. Ich wiege wieder 68kg.

21. Oktober 1946 Nachdem ich um 11 Uhr in Gampern zelebriert habe, besuche ich Schorsch und Ing. Anton. Es ist herrliches Wetter.

22. Oktober 1946 Ich erhalte einen Brief von Karikas. Die Kirche wird von innen bemalt. Regnerisches Wetter.

23. Oktober 1946 Ich schicke Herders Bücher zurück und schreibe eine Karte dazu.

24. Oktober 1946 Am Morgen war es frostig. Nun bläst ein kalter Wind. Ich erhalte einen Brief von Martin und nehme Matrikeleinträge vor.

25. Oktober 1946 Zu Fuß gehe ich nach Vöcklabruck, wo ich beim Arbeitsamt und der Bezirkshauptmannschaft die Identifikationskarten stempeln und unterschreiben lasse. Danach besuche ich Unterreiners, die mitgeteilt bekamen, dass ihnen keine Unterstützung mehr gezahlt wird und sie sich nach Arbeit umsehen sollen. Zu Fuß gehe ich wieder heim. In Timelkam will ich Lehrer Weiß besuchen, der ist aber nicht daheim. Danach gehe ich zum ungarischen Flüchtlingsschneider Horvath und bitte ihn mir eine Stiefelhose zu schneidern. Er sagte zu. Heute Früh war es gefroren.

26. Oktober 1946 In der Nacht schlugen Diebe bei Scheibmayers die Fensterscheiben ein und entwendeten verschiedene Sachen.

Seite 112 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Basch Berwi besucht uns, doch ich muss nach Gampern, wo ich zwischen 16 Uhr und 18 Uhr Beichten abnehme. Dr. Kasberger verweigert mir die Aushilfe in Steinbach.

27. Oktober 1946 Ich zelebriere und predige in Gampern. Nachmittags spiele ich Remi mit mäßigem Erfolg.

28. Oktober 1946 Als ich in der Früh nach Gampern gehe, regnet es.

29. Oktober 1946 Bin bis 7:30 Uhr in Gampern im Beichtstuhl und zelebriere danach.

30. Oktober 1946 Anna beichtet zum ersten Mal. Ich schreibe Identitätsausweise für Flüchtlinge in Piesdorf. Ich frage Dr. Kasberger, ob ich den Schulkindern die Beichte abnehmen soll. Darauf antwortet er mir, dass er dies auch allein schaffe. Ich soll morgen noch einmal nach Gampern kommen und kann dann nach Steinbach zur Aushilfe. Ich denke gar nicht daran morgen wieder nach Gampern zu gehen bei diesem schmutzigen Wetter.

31. Oktober 1946 Ich fahre nach Steinbach am Attersee, wo ich von Pfarrer Lehner erstaunt empfangen werde. Es hieß, es käme ein Primiziant zur Aushilfe. Die Flüchtlingsfamilie Jahn aus Pantschowa wohnt nun im Pfarrhaus. Sie laden mich zu gebratenen Kastanien ein.

1. November 1946 Mein Tagesablauf besteht aus Beichtstuhl, Hochamt, Predigt und wieder Beichtstuhl. Pfarrer Lehner hält die Friedhofsprozession.

2. November 1946 Allerseelenmesse. Wegen des Regens wird heute nur einmal in den Friedhof gegangen. Familie Jahn lädt mich abermals zu Bratkastanien ein. Ich erzähle ohne falsche Hintergedanken von meiner Abweisung wegen ein Paar Schuhen. Da nimmt Frau Jahn ein neues Paar ihres Mannes und übergibt sie mir. Sie bringt mich dadurch in Verlegenheit, denn ich kann mir vorstellen, dass Herr Jahn diese Schuhe auch sehr gut gebrauchen kann. Doch beide bestehen darauf, und somit nehme ich sie. Ich werde sie gut gebrauchen können. Gott vergelte Familie Jahn diese edle Tat. So helfen Flüchtlinge. Jedoch diejenigen, die helfen könnten, tun es nicht. Pfarrer Lehner ersucht mich Matrikel einzutragen. Er gesteht mir, dass er an der Kanzleiarbeit keine Freude hat.

Seite 113 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

3. November 1946 Während der Predigt weise ich auf Barmherzigkeit, Nächstenliebe und mehr Verständnis für die Flüchtlinge hin. Der Gesang des Pfarrers stört mich, da dieser ohne Gehör seinen eigenen Rhythmus singt. In der Nacht war Frost und am Tag klarer Sonnenschein.

4. November 1946 Als der Pfarrer an diesem Abend aus Linz zurückkehrt, bekomme ich 50 Schilling als Aushilfsspesen und dazu ein Paar Socken. Vielleicht beeindruckte ihn meine Predigt vom 3. November. Er ersucht mich noch vor dem Advent um zwei bis drei Aushilfstage. Morgen will ich nach Nußdorf fahren.

5. November 1946 Um 5:15 Uhr gehe ich in völliger Dunkel heit zum Schiffssteg (Foto). Obwohl ich eine Men- ge Streich- hölzer anzün- de, finde ich den Steg nicht. Ich gehe den ganzen Weg nochmals zu- rück, um noch- mals Anlauf zu nehmen und finde endlich zur Straße hinunter. Ich habe schon Angst nicht rechtzeitig zum Schiffssteg zu kommen. Ich schaffe es und um 5:37 Uhr fahren wir los. Als einziger gehe ich nicht in die Kabine sondern bleibe in eisiger Kälte an Deck. In Nußdorf eile ich im Regen zur Kirche. Da aber Herr Dechant noch im Pfarrhaus ist, gehe ich auch dorthin. Seine Schwester, die verkörperte Freundlichkeit, öffnet mir und meldet mich bei ihrem Bruder an. Der Herr Dechant, wie immer freundlich, kommt auf mich zu und zusammen gehen wir zur Kirche. Er hilft mir beim Ankleiden vor der Messe. Ich frühstücke mit ihnen und wir verweilen bei einem gemütlichem Gespräch. Danach besuche ich Herrn Lessl in der „Villa Waldrose“. Bis ich jedoch dort ankomme, bin ich völlig zugeschneit. Nach dem Mittagessen helfe ich Lessls Schachteln kleben. Danach gehe ich zum Rasieren und Haare schneiden. Am Abend lädt mich die Familie Basch zum Nachtmahl ein. Ich gehe zu Lessls schlafen.

Seite 114 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

6. November 1946 Ich kehre nach Piesdorf zurück, bin aber sehr enttäuscht, da keine Post gekommen ist.

7. November 1946 Ich zelebriere in Gampern. Da die Schwester Dr. Kasbergers im Krankenhaus liegt, frühstücken wir beim Messner. Es ist sehr schmutziges Wetter.

8. November 1946 Frühstück bei Trausner in Gampern. Bis Mittag nehme ich Matrikeleinträge vor. Ich bekomme 120 Schilling für Intentionen von Dr. Kasberger. Für Anna gibt er 20 Schilling Kleingeld mit. In Steinbach wohnte ich wie ein Kulturmensch in einem warmen Zimmer. In Piesdorf ist es die gleiche Misere wie zuvor. Herr Voglhuber erwähnt aus eigenem Antrieb, dass man in meinem Zimmer einen Ofen aufstellen könnte, wenn man einen hätte. Über diese Erkenntnis bin ich sehr erfreut und bin bemüht einen Ofen zu besorgen.

Die Kirche von Steinbach am Attersee

Seite 115 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Steinbach vor einer herrlichen Bergkulisse

9. November 1946 Heute zelebriere ich zum ersten Mal in der neu renovierten Piesdorfer Kirche. Hier wurden sogar Leitungen für elektrisches Licht eingezogen. Könnte ich doch ständig hier zelebrieren! Viel Mühe, Kälte und Schmutz würde mir dadurch erspart bleiben. Ich gebe Adam 60 Schilling für die Verpflegung. Ich schreibe an Pfarrer Lehner in Steinbach.

10. November 1946 Ich gehe nach Gampern, wo ich zelebriere und predige. Bei Trausner esse ich zu Mittag. Als ich wieder nach Piesdorf komme, finde ich Lehrer Unterreiner, Zimmermann Franz und Mischko vor, die zum Mittagmahl unsere Gäste waren. Wir spielen Tabeles und Remi.

11. November 1946 Zu Hause ist heute Kirchweih. Ich gehe zu Schorsch, der sich für 500 Schilling eine feine Violine gekauft hat. Sie ist leicht zu spielen und hat einen angenehmen Ton. Bei Trausners in Gampern esse ich zu Mittag. Es gibt gebackenen Hahn. Danach schreibe ich ein persönliches Gesuch für die Aufenthaltsgenehmigung und gehe dann zu Ing. Anton nach Eisenpalmsdorf. Dieser schneidet fünf Kubikmeter Holz mit der Kreissäge.

12. November 1946 Morgens ist es noch gefroren, doch bald darauf kommt die Sonne raus. Von Holm bekomme ich Milch und zwei Eier. Auf dem Heimweg ruft mich die Eichstiel Resi rein und gibt mir ein schönes Stück Schweinefleisch.

Seite 116 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

13. November 1946 Ich besuche Midi in Gmunden. Zusammen besuchen wir die Stadtpfarrkirche, die Kapuziner- und die Spitalkirche. Da ich meine Brille vergessen habe, kann ich leider nicht alles gründlich genug sehen, doch die Kapuzinerkirche gefällt mir am besten. Frau Moser ist nach Schärding abgereist. Für sie springt Herr Heindl beim Remi ein. Dieser bringt eine Flasche Wein mit, die wir zu zweit leeren. Ich bin beruhigt, dass Midi ihren Registrier- und Aufenthaltsschein hat. Deswegen kam ich eigentlich nach Gmunden. Zum ersten Mal benutze ich ein Wärmekissen, das mir sehr gute Dienste leistet.

14. November 1946 Um 7:10 Uhr fahre ich mit der Tram zum Bahnhof. Midi gab mir eine Bluse und ein getragenes Hemd für Adam mit. In Attnang hält der Zug für eine ganze Stunde. Ich nutze diese Zeit, um mir die Wallfahrtskirche anzusehen. Diese schöne Kirche liegt etwa 15 Minuten vom Bahnhof entfernt. Gegen 12 Uhr komme ich müde in Piesdorf an. Dennoch gehe ich, weil ich es versprochen habe, nach Witzling zu Schorsch. Um 19 Uhr heult die Piesdorfer Sirene. Alle Einwohner laufen mit Hacken, Heugabeln und Stöcken bewaffnet zu Scheibmayers Haus, weil dort bereits zwei Mal eingebrochen wurde. Man sucht das Haus und die ganze Umgebung ab. Ohne Erfolg. Ich schlafe schlecht ein. Ich denke an eine Nachricht von meiner Mutter, in der sie mir mitteilt, dass man Leuten in Sankmartin alles weggenommen hat, und diese innerhalb von 48 Stunden ihr Haus verlassen mussten.

15. November 1946 Ich gehe nach Gampern, wo ich einen Bezugsschein für einen Militärpullover erhalte. Frau Haschka beschwert sich über Adam, der so manche Namen verteilt hat. Unter anderem auch „Schwein“. Es ist nebelig und nasskalt.

16. November 1946 Die ganze Woche hindurch wasche ich mich schon in warmem Wasser.

17. November 1946 Mittagmahl bei Trausners. Am Nachmittag halte ich eine Andacht in Piesdorf (Foto).

Seite 117 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

18. November 1946 Ich halte eine Trauzeremonie in Gampern. Seit 10:15 Uhr regnet es trostlos. So gehe ich nach Piesdorf. Mit einem von Gruber ausgeliehenen Schirm stapfe ich durch den Regen und werde ganz schmutzig.

19. November 1946 Ich erhalte einen Brief von meiner Mutter und schreibe an Günther Berwi, Tillschneider Hilda, Schüpfer Kathi und an meine Schwester.

20. November 1946 Um 13:15 Uhr gehe ich nach Gampern, um Beichten abzunehmen. Um 16:15 Uhr kehre ich, nachdem ich ein Glas Milch getrunken habe, durch den Dreck zurück nach Piesdorf.

21. November 1946 In Gampern nehme ich Beichten ab. Danach halte ich mit den Kindern eine Anbetungsstunde. Am Nachmittag bin ich wieder im Beichtstuhl. Trausner lädt mich auf eigene Initiative zum Übernachten ein. Dr. Kasberger hätte mich ruhig nach Hause gehen lassen. Vermutlich werden nun Grubers beleidigt sein, weil ich nicht bei ihnen übernachte.

22. November 1946 Ich halte wieder eine Anbetungsstunde und nehme danach Beichten ab. Ich übernachte auch wieder bei Trausners.

23. November 1946 Der gleiche Tagesablauf wie die beiden Tage zuvor. Schlafe wieder bei Trausners.

24. November 1946 Um 14 Uhr halte ich die Schlussandacht mit einem „Te Deum“ und einer Heldenehrung. Dazu kamen auch die Pfarrer aus Seewalchen und Timelkam sowie ein Kleriker der Veszpremer Diözese, der zurzeit zur Erholung in Timelkam weilt.

25. November 1946 Ich zelebriere in Gampern und gehe danach nach Piesdorf, um einige Sachen für Steinbach zu packen. Da die Schwägerin mit dem Schlüssel weg ist, mache ich mich ohne irgend etwas auf den Weg. Bin ungehalten. Über Haid und Attersee fahre ich nach Steinbach. Hier besuche ich die Familie Jahn im Pfarrhaus. Diese teilen mir mit, dass der Herr Pfarrer bereits am Morgen um 5 Uhr abgereist ist.

Seite 118 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

26. November 1946 Ich zelebriere am Morgen in Steinbach und verbringe den Rest des Tages in der Steinbacher Schule.

27. November 1946 Ich halte in Steinbach eine Andacht. Von den 16 mitgenommenen Zigaretten habe ich nur noch zwei Stück. Diese müssen für die nächsten zwei Tage reichen. Pfeife und Tabak liegen auch in Piesdorf! Am Abend kehrt Pfarrer Lehner aus Linz zurück. Er gibt mir 35 Schilling für die Aushilfe.

28. November 1946 Um 5:37 Uhr übersetze ich mit dem Schiff nach Nußdorf. Hier frühstücke ich bei Herrn Dechant. Danach besuche ich Lessl, der allein zu Hause ist. Illy ist in Linz zur Untersuchung. Lessl, Pilger und ich spielen Remi. Am Nachmittag lasse ich mir die Haare schneiden. Zum Abendessen sind wir, Lessl und ich, zu Gast bei Pilger. Danach spielen wir Remi bis nach Mitternacht.

29. November 1946 Um 8:45 Uhr komme ich in Piesdorf an. Keine Post! Bin enttäuscht.

30. November 1946 Am Nachmittag gehe ich mit Nani und Anna zu Schorsch. Der hat eine Violine für mich (350 Schilling). Der Bogen und der Kasten sind kaputt. Im Verhältnis zu seiner Violine ist diese zu teuer. Nani nimmt eine Decke mit, um Anna daraus einen Mantel schneidern zu lassen. Der Weg nach Witzling ist sehr schlecht.

1. Dezember 1946 Bei sehr schlechtem Weg gehe ich nach Gampern, wo ich zelebriere. Ich schreibe an Lessl und Pilger.

2. Dezember 1946 Schorsch repariert Dr. Kasbergers Violine. Ich kaufe die Violine mit dem kaputten Bogen und Kasten nicht. Diese ist mir in diesem Zustand zu teuer. Am Nachmittag gehe ich mit Schorsch nach Eisenpalmsdorf.

3. Dezember 1946 Ich gehe nach Gallenbrunn, um Butter für Pilger zu besorgen. Am Mittag kommt Paul Greti zu Besuch. Ich schreibe die Pfarrer aus Bern und Zürich um Woll- und Weihnachtspakete an.

4. Dezember 1946 Nani fährt mit Anna nach Vöcklabruck, um Geld abzuheben. Sie bringt mir auch welches mit. Mit dem ersten Transport dürfen nur Einheimische mitfahren, Fremde müssen warten. Nani und Anna auch.

Seite 119 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

5. Dezember 1946 Am Morgen gegen 5 Uhr mache ich mich zusammen mit Adam und Nani auf den Weg nach Nußdorf, wo wir bei Pilgers zu Gast sind. Lessl scheint beleidigt zu sein. Illy erzählt uns von der schweren Kropfoperation ihrer Mutter. Am Nachmittag besuchen wir noch Paul Greti, die in der „Villa Fürthaler“ wohnt. Basch stellt uns die Hausherrin vor. Eine alte joviale Matrone. Durch den Schmutz waten wir zum Schiffssteg, von wo aus wir um 16: 23 Uhr mit dem Schiff nach Attersee (Foto) fahren. Als wir am Abend gegen 20 Uhr in Piesdorf ankommen, finde ich einen Brief von meiner Mutter vor, die mir mitteilt, dass wir kein Haus mehr haben. Dahinter steht nur das Wort „Zigeuner“. Nun habe ich weder Appetit noch zu sonst etwas Freude.

6. Dezember 1946 „Wir haben kein Heim mehr“! Dieser Satz verfolgt mich den ganzen Tag. Ich habe keine Lust zu gar nichts. Es schneit schon den ganzen Tag.

7. Dezember 1946 Alles ist weiß. Adam bringt mir Wein- und Lebensmittelkarten. Ich gebe ihm dafür 60 Schilling.

8. Dezember 1946 Über gefrorenen Boden gehe ich nach Gampern, um die Mädchenbeichte abzunehmen. Dr. Kasberger gibt mir 80 Schilling für die Aushilfe.

9. Dezember 1946 Nach den Anweisungen eines Maurers hackt Adam ein Ofenloch in die Wand. Er kommt aber einen Meter neben dem Rauchfang heraus und ärgert sich darüber. Danach hackt Maurer Gattinger ein richtiges Loch, dichtet es aber nicht ab. Am Nachmittag trage ich meine Kremser Schuhe zum Doppeln zu Ziegler. Ich schreibe an Dr. Pacha und Dr. Schoißwohl.

10. Dezember 1946 Es schneit den ganzen Tag. Ich schreibe meiner Mutter.

Seite 120 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

11. Dezember 1946 Mein Ofen wird fertig gestellt und man heizt ein. Da aber das Feuer ausgeht, ist es dennoch kalt. Ich verbringe den ganzen Tag mit Briefe schreiben. Ich schreibe an Gyöze, Dr. Klein, Bauer Jani, Gottschall Jergl, Tillschneider Jergl, Günther Berwi, Klein Jergl, Schüpfer Kathi, Kilian und Funk.

12. Dezember 1946 Meine Bude ist wohlig eingeheizt. Vergnügt beobachte ich den Feuerschein an der Wand.

13. Dezember 1946 Um 7 Uhr zelebriere ich.

14. Dezember 1946 Es schneit. Von Messners erhalte ich Post.

15. Dezember 1946 Es ist sehr kalt und die Fensterscheiben sind vereist. Auf meinem Weg nach Gampern bekomme ich kalte Finger und Ohren. Über eine Stunde verbringe ich im Beichtstuhl. „Unica persona venit“. Vor dem Matrikel schreiben hole ich meine gedoppelten Schuhe von Ziegler ab. „Horribile audictu“! - Frau Haschka sucht mich im Pfarrhof auf, um mir mitzuteilen, dass ich einen Bezugsschein für Schneeschuhe bekäme. Woher nun dieser plötzliche Wandel? Am Nachmittag besuche ich Schorsch. Hier lerne ich Ing. Varga kennen. Der Weg zurück von Witzling durch den Schnee ist sehr schwer. Durchgeschwitzt komme ich in Gampern an, wo mir Fräulein Kasberger Leber und ein schönes Stück Schweinefleisch übergibt.

16. Dezember 1946 Zum ersten Mal leuchtet die Lampe in der Piesdorfer Kirche. Die Altar- und Sakristeibeleuchtung lässt aber noch auf sich warten. Dr. Kasberger schenkt mir eine „Balilokappe“, und Herr Sulzberger schenkt mir eine Virginia Zigarre. Zusammen mit Schorsch mache ich mich auf den Weg zu Ing. Anton. Der ist aber heute nicht so freundlich wie sonst. Da auf dem Rückweg durch den Schnee die Spuren verweht sind, ist der Gang sehr schweißtreibend.

17. Dezember 1946 Vergeblich warte ich auf Post. Ich beende Lisbeth Burgers „Die Ehen des Pastor Mauerberg“. Ein herrliches Buch.

18. Dezember 1946 Am Morgen zelebriere ich in der Kälte. Das Taufbecken ist zugefroren. Am Nachmittag schreibe ich Matrikel.

Seite 121 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

19. Dezember 1946 Tags über scheint die Sonne. Nachts gefriert es.

20. Dezember 1946 Bei Sonnenschein und klirrender Kälte schreibe ich Briefe.

21. Dezember 1946 Adam fährt schon seit drei Tagen Bäume nach Witzling. Nani hilft mir beim „Abstecken“. Beim Zelebrieren bekomme ich kalte Finger.

22. Dezember 1946 Um 14 Uhr findet in Gampern die Weihnachtsfeier für Kinder statt. Anna spielt auch mit. Selbst ein amerikanischer Offizier ist anwesend. Gestern war Adam bei Katterl Schnaps kosten.

23. Dezember 1946 Am Morgen findet die Kinderbeichte statt. Ich gehe nach Witzling, um zu sehen ob Annas Mantel fertig ist. Am Nachmittag fahren wir nach Wels, wo ein amerikanisches Paket für uns eingetroffen ist. Dort besuche ich auch Fräulein Rosi Kovacs.

24. Dezember 1946 Am Morgen zwischen 7 Uhr und 8 Uhr halte ich in Gampern eine Weihnachtsbeichte für Erwachsene. Von Dr. Kasberger bekomme ich zwölf Rasierklingen, Fleisch, Brot, Butter und 50 Schilling für Adam. Danach gehe ich nach Witzling, um Annas Mantel abzuholen. Adam und Nani sind in Wels. Am Mittag kommt Midi zu Besuch und bringt mir Geschenke von Frau Moser mit. Der Wastl Bauer schickt mir Fleisch, Mehl und Schnaps. Adam, Nani und Midi bekommen jeweils 50 Schilling von mir. Anna schenke ich ein Märchenbuch und 5 Schilling. Herr Voglhuber bekommt 20 Zigaretten und Frau Voglhuber drei heilige Messen. In Gampern findet um Mitternacht die Mette statt, die ich aber nicht besuche. Gegen 23 Uhr lege ich mich ins Bett und denke noch lange an die Heimat und an meine Lieben.

25. Dezember 1946 In Piesdorf lese ich zwei Messen und gehe anschließend nach Gampern, wo ich ein Hochamt mit Predigt halte. Ich wünsche Dr. Kasberger ein gesegnetes Weihnachtsfest und beglückwünsche ihn zur Ernennung zum Geistlichen Rat. Müde kehre ich nach dem Mittagstisch nach Piesdorf zurück.

26. Dezember 1946 Nach der Morgenpredigt in Piesdorf wartet Midi vergeblich auf Zimmermanns. Zu Mittag gibt es Entenbraten und Mokkatorte. Am Nachmittag spielen wir Karten.

Seite 122 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

27. Dezember 1946 Oh, diese Kleidungssorgen! Ich gebe Midi mein Pyjamaunterteil, ein blaugetupftes Unterhemd und ein Unterhemd mit kurzen Ärmeln, damit sie sich etwas daraus machen kann. Zu Mittag kommen Frau Pilger, Berwi und Fräulein Spohner. Da ist der Tisch zu klein. Eng zusammengerückt kommen dennoch alle zum Essen. Danach wird Remi gespielt. Um 14:15 Uhr brechen alle auf. Die Nußdorfer begleiten wir bis nach Haid, Midi anschließend bis Vöcklamarkt. Müde kehre ich zurück.

28. Dezember 1946 Annas Erstkommunion! Um 6:15 Uhr gehe ich mit Anna, Nani und der Gehmeyr Kathi nach Gampern. Dr. Kasberger hält die heilige Messe, in deren Rahmen die Erstkommunion erfolgt. Begleitet von Kathi, Loisi und Maria, schreitet Anna zum Hochaltar. Dr. Kasberger hält eine ergreifende Rede, in der er auf die Flucht der unschuldigen Kinder hinzielt. Nach der Messe übergibt er Anna ein schönes Erstkommunionsbild. Ich danke Dr. Kasberger.

29. Dezember 1946 Nach der Messe in Gampern bringt mir Tibi Schokolade, 10 Raleigh Zigaretten, Kaffeeextrakt und einen Brief von Frau Karikas in die Sakristei. Von der Höckner Traudi werde ich für den Nachmittag eingeladen. Ich lehne aber ab. Nachmittags besuche ich sie aber dennoch. Freudig werde ich mit folgenden Worten empfangen: „Herr Pfarrer, sie haben ja gelogen!“ Leider ist Toni nicht zu Hause.

30. Dezember 1946 Durch tiefen Schnee stapfe ich nach Baumgarting, um mir die Haare schneiden zu lassen. Da der Rasierer aber nicht zu Hause ist, besuche ich die Familie Soos im Gasthaus. Diese bewirten mich mit Most, Eierspeise, Schnaps, Kaffee und Zigaretten. Auf meinen eigenen Spuren stapfe ich zurück. Gegen 17 Uhr komme ich an. Unterwegs begegne ich Frau Spohner, die mir mitteilt, dass sie ausziehen müssen. Am Sonntagmorgen war das Wasser in der Ampolne (Taufkessel) am Rande eingefroren. In der Mitte jedoch war ein wunderschöner Christbaum mit Kügelchen und Geäst entstanden. Ich rief mehrere meiner Gläubigen zu diesem kleinen Wunder und alle staunten. Ich beauftragte den Katterl Toni mir zur heutigen Messe Wasser aus dieser Ampolne zu bringen. Kurz vor der Messe kommt der Toni aber ohne Wasser an. Ungeduldig sende ich ihn zurück, um mir die Ampolne zu bringen. Er kommt zwar mit dem Kessel, aber ohne Wasser zurück. So ungeschickt!!!

31. Dezember 1946 Der letzte Tag des Jahres! Das Wetter ist rauer geworden. Für einige Tage kam ich ohne Pelzkappe zurecht. Nun wird sie aber wieder ausgepackt. In Gampern nehme ich Beichten ab und schreibe Matrikel.

Seite 123 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Dr. Kasberger danke ich für alle guten Taten, die er und seine Schwester an uns vollbracht haben, und wünsche beiden ein gutes neues Jahr. Wieder ist ein Jahr zu Ende und ich danke Gott für seinen Schutz, für die Kraft, die er uns gab, um dieses schwere Los zu tragen. Oftmals waren Ungeduld, Verzweiflung, Ratlosigkeit, Kleinmut und die Sorgen um die Daheimgeblieben im Vordergrund. Ich sehe immer noch keine Lösung für unser Schicksal. Die schwierigen Gänge nach Gampern nahmen mir oft die Lust weiter zu machen, obzwar ich bestrebt war alle Mühseligkeiten und Schwierigkeiten Gott unserem Herrn als Opfer zu bringen. Ich musste auch immer wieder Ausreden erfinden, wenn ich von meinen Gläubigen gefragt wurde, warum ich nicht im Pfarrhof wohne. Man hatte Mitleid mit mir. Nur Dr. Kasberger beteuerte immer wieder: „Es ist doch ein wunderschönes Gehen durch den Wald“. Oftmals hielt ich keuchend und müde am Waldrand an. Wunderbarerweise zog ich mir niemals eine ernstliche Krankheit zu, obwohl ich sehr häufig verschwitzt im kalten Beichtstuhl saß. Der Ofen in meinem Zimmer lässt mich freudiger die Nacht erwarten. Im Jahre 1946 habe ich 243 heilige Messen angenommen, von denen ich 205 absolviert habe. Die restlichen 38 Messen werden im nächsten Jahr absolviert. Ich habe die Bischöfe von Bern und Zürich sowie Kardinal Spellmann um Hilfe gebeten. Bis heute habe ich noch keine Antwort. Von zu Hause (Mutter, Bruder, Schwester) habe ich noch keine Weihnachtspost und das schmerzt mich besonders. Ich schrieb in diesem Jahr 64 Briefe nach Rumänien, 32 nach Österreich, 10 nach Deutschland, 9 in die Schweiz und 2 nach Amerika. Insgesamt schrieb ich 117 Briefe und 135 Karten. Erhalten habe ich 116 Briefe und 81 Karten. Von Gampern ging ich heute nach der Sylvesterandacht mutterseelenallein durch den dunklen Wald heimwärts. Wie so oft in diesem Jahr war es ziemlich unheimlich. Obwohl die Piesdorfer Kapelle sauber renoviert und freundlich ist, hat Dr. Kasberger noch nicht die Zeit gefunden diese zu besichtigen.

Ende

Seite 124 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Die letzte Ruhestätte von Pfarrer Franz Haubenreich in Timelkam/Österreich

Seite 125 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Kurze Personenbeschreibungen:

Franz Haubenreich – Pfarrer Geboren am 2. April 1902 in Aradsanktmartin wächst Franz Haubenreich zusammen mit seinen fünf Geschwistern in der kleinen Gemeinde auf. In der nahegelgenen Kreisstadt Arad und in Temeschburg besucht er das Gymnasium. Ebenfalls in Temeschburg/Banat studiert er zwischen 1920 und 1925 Theologie und empfängt am 21. März 1926 die Priesterweihe. In den Jahren 1926 bis 1933 ist er in Tschakowa, Neupetsch und Lippa als Kaplan tätig. Von 1933 bis zu seiner schicksalshaften Flucht im Herbst 1944 betreut er die Gemeinde Grabatz als Seelsorger und Administrator. Zuerst in Senftenberg in Niederösterreich und danach in Piesdorf im Attergau kann Franz Haubenreich während seiner Flucht vor den Russen eine vorübergehende Bleibe finden. Nach einer Aushilfszeit in Gampern wird er als Kaplan in Neukirchen bei Altmünster und später in Steinbach am Attersee eingesetzt. In den Jahren 1958 bis 1962 bemüht sich Pfarrer Haubenreich vergeblich um eine eigene Pfarrei, diese wird ihm jedoch letztendlich nach einer ärtzlichen Untersuchung verwehrt. Man diagnostiziert eine sehr schwache Lunge und eine beidseitige Stimmbandschwäche. Vom 1. März 1954 bis zu seinem Tode lebte er in Theresienthal bei Gmunden/Österreich, wo er am 21. März 1976 seine goldene Priesterweihe empfägt. Theresienthal war ein von Klosterschwestern geführtes Kinderheim, Hort und Kindergarten. Franz Haubenreich ist Rektor dieser Anstalt und in der Pfarrei Gmunden als Schul- und Aushilfsseelsorger tätig. Am 20. Juli 1976, morgens um 8 Uhr, verstirbt Pfarrer Haubenreich nach einem kurzen und schweren Leiden. Er wird auf dem Timelkamer Friedhof unweit von Seewalchen beigesetzt.

Adam Haubenreich – Tischler Am 05. Januar 1907 in Aradsanktmartin geboren kommt Adam Haubenreich 1935 zusammen mit seiner Frau Anna (Nani) nach Grabatz, wo sein älterer Bruder Franz als Seelsorger tätig ist. In Grabatz kommt auch ihr erstes Kind, Anna, am 2. Januar 1937 zur Welt. Während Adam Haubenreich seiner Tätigkeit als Tischler nachgeht, versorgt seine Frau Anna die Wirtschaft im Grabatzer Pfarrhaus. Am 17. August 1943 kommt ihr zweites Kind, Hedwig, zur Welt. Zusammen mit Pfarrer Franz Haubenreich flieht die Familie im September 1944 nach Österreich. Midi, die Tochter seines Bruders Anton Haubenreich, die ebenfalls in Grabatz wohnt, flüchtet mit und heiratet in Österreich den Grabatzer Wilhelm Denuel.

Seite 126 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Josef Haubenreich – Pfarrer Bruder von Franz Haubenreich. 1909 in Aradsanktmartin geboren folgt er dem Bildungsweg seines älteren Bruders Franz. Nach seinem Theologiestudium empfängt Josef Haubenreich am 15. April 1934 in Grabatz von Bischof Dr. Augustin Pacha die Priesterweihe. Er ist als Pfarrer in Blumenthal, Deutschsanktmichael und Berzovia tätig, wo er am 12. November 1960 plötzlich verstirbt.

Josef Unterreiner – Lehrer Am 1. Mai 1899 in Grabatz als Sohn des Peter Unterreiner und der Elisabeth Paul geboren, besucht Josef Unterreiner nach seiner Grabatzer Schulzeit die Lehrerbildungsanstalt in Hodmezövazarhely/Ungarn. Im Jahre 1916 geht er freiwillig zu den ungarischen Honveds und kämpft als Fähnrich bis 1918 an der italienischen Front, wo er während einer Gallenblasenoperation nur ganz knapp einem Luftangriff entkommt. Nach Kriegsende beendet er seine Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt und bekommt anschließend eine Lehrerstelle in Neupanat bei Arad. Während dieser Zeit lernt Josef Unterreiner seine Lehrerkollegin Anna Chenchinsky aus Borgoprund (rum. Prundul Bargaului) kennen und heiratet diese im Jahre 1922. Nur ein Jahr später kommt der erste Sohn Gustav (Gusti) und wieder ein Jahr später der zweite Sohn Maximilian zur Welt. Das Lehrerehepaar Unterreiner wird 1927 nach Grabatz versetzt, wo beide bis zu ihrer Flucht im Jahre 1944 als Lehrer tätig sind. Hier erblickt ihre Tochter Brigitte am 08. Oktober 1936 das Licht der Welt. Nach ihrer Flucht nach Österreich findet die Familie im österreichischen Vöcklabruck ein neues Zuhause und das Lehrerehepaar Unterreiner seine letzte Ruhestätte.

Georg Tillschneider – Schuster Am 5. März 1893 als Sohn des Nikolaus Tillschneider und der Anna Maria Müller in Grabatz geboren erlernt er bereits als Kind das für diese Familie obligatorische Schusterhandwerk und mehrere Musikinstrumente. Sein Vater war Schuhmacher und Musikant, genau so wie sein Bruder Anton, der Gründer der späteren Grabatzer „Tillschneider Blaskapelle“, in der auch Georg Tillschneider, in Grabatz nur als „Buschaks Jergl“ bekannt, wie selbstverständlich mitwirkte. Wie auch im Tagebuch beschrieben war Georg Tillschneider ein humorvoller und lebenslustiger Mensch, der weder dem Spiel noch einem Gläschen Wein abgeneigt war. Eigenschaften, die von Pfarrer Haubenreich in seinem Tagebuch so manches Mal kritisiert werden.

Seite 127 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Die zuerst nach Senftenberg in Niederösterreich und später in die Nähe von Gmunden geflüchtete Familie Tillschneider kehrt im Sommer 1946 nach Grabatz zurück. Am 29. Juli 1970 erliegt Georg Tillschneider einem plötzlichen Schlaganfall.

Johann Lessl – Lehrer Im Tagebuch wird der Name Lessl häufig erwähnt. Doch wer war eigentlich dieser Hans Lessl? Etwa 1884 kommt sein Vater Karl Les(z)l als Lehrer nach Grabatz. Er stammt aus Tschanad und spielt nebenbei an der Grabatzer Kirche die Orgel. Seine Frau ist Maria Katharina Franz. Am 1. Mai 1886 erblickt ihr Sohn Johann Josef Lessl in Grabatz das Licht der Welt. Dieser tritt ebenfalls in die Fußstapfen seines Vaters. Er wird Lehrer an der Grabatzer Schule, spielt Sonntags die Kirchenorgel und singt dazu. Er macht sowohl als Kantor als auch als Lehrer seinem Beruf alle Ehre. Er heiratet Anfang 1917 die aus Großkomlosch stammende Franziska Kemper und sie bekommen zwei Töchter, Helene, geb. 15.12.1913 und Aurelia (Aranka), geb 05.04.1916. Beide Töchter waren später Kindergärtnerinnen in Grabatz. Im September 1944 floh die gesamte Familie nach Österreich. Helene (Illy) Brenndörfer lebt heute in Seewalchen am Attersse. Ihre jüngere Schwester Aurelia (Aranka) Filimon verstarb bereits im Jahre 1994 ebenfalls in Seewalchen.

Das Familiengrab in Seewalchen

Seite 128 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Michael Undis, geb 21. Juli 1891 in Sankthubert/Banat - Generaldirektor der Bohn`schen Ziegelfabrik in Hatzfeld; Anfangs wirkt Michael Undis als Direktor der Bohn`schen Ziegelei in Bekescsaba/Ungarn und anschließend in Szegedin. Nach dem Tode von Michael Bohn im Jahre 1925 übernimmt Michael Undis im Jahr darauf als Generaldirektor die Bohn`sche Ziegelei in Hatzfeld. Nur wenige Jahre später ist er Hauptaktionär dieses Unternehmens. Wie im Tagebuch beschrieben flüchtet er im Herbst 1944 nach Österreich und wird, nachdem sich die Kriegswirren glätten, Direktor der „Wiener Ziegelfabrik- und Baugesellschaft“. Michael Undis verstirbt am 7. Januar 1970 in Wien und wird auf dem Wien/Inzersdorfer Friedhof beigesetzt.

Elisabeth Rieser, geb. Elsässer, geb 08.01.1914 Als die Rote Armee im Herbst 1944 von Norden her immer näher rückt, flüchtet die 30- jährige Elisabeth Rieser zusammen mit ihren beiden Söhnen und ihrer Mutter Magdalena Elsässer geb.Tillschneider nach Prag. In der tschechischen Hauptstadt ist zum damaligen Zeitpunkt ihr Ehemann, Peter Rieser, als Soldat stationiert. Als aber auch Prag in Gefahr gerät, zieht die kleine Familie weiter ins Salzburger Land, dahin, wo auch Georg Tillschneider, der Bruder von Magdalena Elsässer, geflüchtet ist. Knapp zwei Jahre später kehrt Elisabeth Rieser mit ihrer Mutter, der von Pfarrer Haubenreich so oft erwähnten „Schmidtbasl“, und ihren Söhnen nach Grabatz zurück. Auch ihr Ehemann Peter überlebt den Krieg und die gesamte Familie ist bald wieder beisammen. Im August 1971 verliert Elisabeth Rieser nach einem tragischen Verkehrsunfall ihren Ehemann Peter (*29.07.1910 in Ulmbach/Neupetsch) und ihren ältesten Sohn Michael (*28.04.1932 – 13.08.1971) innerhalb weniger Tage. Mit der Familie ihres jüngsten Sohnes, Nikolaus, (*08.10.1934) kommt Elisabeth Rieser nach Deutschland, wo sie am 26. Juni 2005 in Waldkraiburg im Alter von 91 Jahren verstirbt.

Elisabeth Rieser (links) mit ihren beiden Söhnen und der „Schmidtbasl“ (Mitte) .

Seite 129 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Michael Rieser (1.v.l) und sein Bruder Nikolaus (3.v.l.) Mit deutschen Soldaten in Prag

In Prag: Michael Rieser (1. v.l.), Nikolaus Rieser (2.v.l), Peter Rieser (4.v.l) und Elisabeth Rieser geb. Elsässer (rechts).

Seite 130 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Eine Reise auf den Spuren des Tagebuches

Es war eher zufällig, dass mich im Sommer des vergangenen Jahres Frau Anna Stangl geb. Haubenreich ansprach, und wir, wieder zufällig, auf ein Tagebuch ihres Onkels, Franz Haubenreich, zu sprechen kamen.

Als ich dann im September letzten Jahres zusammen mit meiner Frau und meinen beiden Töchtern einen kurzen Familienurlaub am Attersee verbrachte, besuchte ich Frau Stangl und bekam von ihr das Tagebuch freundlicherweise zur Ansicht überreicht. Ich durfte es sogar mit nach Hause nach Deutschland nehmen, um es in Ruhe zu studieren. Darüber hinaus erhielt ich von Frau Stangl sogleich die Erlaubnis für eine eventuelle Veröffentlichung des Inhalts dieses Tagebuchs.

Zu Hause angekommen begann ich mit der Bearbeitung des Tagebuchs. Es war ein kleines Taschenheftchen in einem Format von etwa 8 x 12 cm, das mit Bleifschrift in Kleinstschrift beschrieben war. Stellenweise musste ich eine großen Lupe zur Hilfe nehmen, damit die teilweise über die Jahre hinweg vergilbten Buchstaben sichtbar wurden. Das Lesen war dadurch sehr mühsam, jedoch auch äußerst interessant für mich, da ich darin erfahren konnte, wie es den Menschen in der damaligen Zeit während der Flucht erging. Ich war gefesselt von den Worten und konnte deutlich die Angst, den Unmut und auch die Hoffnungslosigkeit des Verfassers nachempfinden.

Nachdem ich jeden einzelnen Tag der 28 beschriebenen Monate im Geiste mit Herrn Pfarrer Franz Haubenreich gelitten, gehofft und auch gebangt hatte, bereute ich es, im letzten Urlaub keine Fotos von den im Tagebuch genannten Orten gemacht zu haben. Ich wollte mich auch körperlich dort befinden, wo er die schwerste Zeit seines Lebens verbringen musste, fern ab von seiner geliebten Heimat. Ich wollte an den Orten stehen, wo er sich gerne befand, die Kirchen besichtigen, in denen er predigte und dort ein Gebet für ihn sprechen und ich wollte unbedigt die Wege beschreiten, die er tagtäglich bei tropischer Hitze sowie bei klirrender Kälte, Matsch und Regen in tiefster Nacht oder am frühen Morgen zurücklegen musste, da man im Pfarrhaus in Gampern kein Erbarmen mit ihm hatte. Anfang Mai diesen Jahres befuhr ich aus diesem Grund zusammen mit meiner Frau die Tagebuch-Route, wobei die Landschaftsbilder entstanden, die nun zwischen die Zeilen Pfarrer Haubenreichs eingefügt wurden.

Seite 131 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Bei herrlichstem Wetter kamen wir im Attergau an. Zwischen Vöcklamarkt und Vöcklabruck folgten wir plötzlich einer Straße, die nach Gampern führte. Majestätisch baute sich eine wunderschöne Kirche (Foto) mit einem kleinen Friedhof im Vorgarten vor uns auf. Es war der Friedhof, in dem die kleine Hedwig Haubenreich im September 1945 beigesetzt wurde. Das Grab, das in dem Teil des Friedhofs lag, der hinter dem Hochaltar liegt, gibt es heute leider nicht mehr. Das Pfarrhaus, der damalige Wohnsitz Dr. Friedrich Kasbergers, liegt nur wenige Schritte davon entfernt.

Einem etwa 4 Kilometer langen Waldweg folgend erreichten wir dann Piesdorf, den Ort, in dem Pfarrer Haubenreich als Seelsorger tätig war. Das kleine aber wunderschöne Kirchlein liegt auf einem kleinen Hügel und ragt über den Ort. Schräg gegenüber der Kirche saß vor ihrem Haus ein altes Mütterlein, die ich nach Pfarrer Haubenreich fragte. Sie konnte sich zu meiner Überraschung noch gut an den freundlichen jungen Pfarrer und daran erinnern, wie sie als Kind regelmäßig seine Messen besuchte.

Seite 132 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

An den Haustüren in dem kleinen Ort sahen wir dann die im Tagebuch auftretenden Namen Proidl, Katterl, Schimpl oder Vogelhuber. Das damalige Haus des Alois Voglhuber, in dem Pfarrer Haubenreich wohnte, wurde in der Zwischenzeit abgerissen und eine Garage darauf errichtet. Das Haus des Josef Schimpl, in dem Adam Haubenreich mit seiner Familie untergebracht war, gibt es aber noch. Die Zeit schien hier fast stehen geblieben zu sein. Auch der alte Baum am Ortsrand gegen Gallnbrunn steht noch.

Wir folgten dem Weg und kamen nach etwa 3 Kilometern an einen Ort, in dem die Straße als Sackgasse zu enden schien. Da kein Ortschild angebracht war, gingen wir davon aus, dass es sich hier um einen sich außerhalb der Ortschaft befindlichen größeren Bauernhof handeln würde. Wir sahen einen im jugendlichen Alter befindlichen Burschen über den Hof zu den Stallungen gehen. Meine Frau ließ die Fahrzeugscheibe hinunter und fragte: „Verzeihen Sie! Könnten Sie uns sagen, wie wir von hier nach Gallnbrunn kommen?“ Der Bursche schaute uns vedutzt an und antwortete: „Gollnbrunn? Jo, do bist scho“. Wir sahen uns verwundert an und mussten lachen. Diese Ansammlung von nur sieben Häusern entpuppte sich also als Gallnbrunn. Hier wohnten während ihrer Flucht die Familien Tillschneider und Rieser.

Zwischen Piesdorf und Gampern durchfuhren wir den Wald auf gleichem Weg, auf dem Pfarrer Haubenreich seine täglichen Fußmärsche absolvierte. Wir hielten am Waldrand an und ließen die Athmosphäre auf uns wirken. Obwohl die schmale Straße heute asphaltiert ist, dringt kaum Licht durch die dichten Baumkronen und es ist unheimlich und finster in dem Wald.

Unsere Reise führte uns weiter nach Vöcklabruck, in den Ort, in dem die Lehrerfamilie Unterreiner zu Hause war.

Nur wenige Minuten davon entfernt liegt Timelkam, ein recht großer Ort. Im hiesigen Friedhof fanden Pfarrer Franz Haubenreich, sein Bruder Adam und seine Schwägerin Anna ihre letzten Ruhestätten.

Auf unserem Weg nach Seewalchen, etwa 10 Kilometer von Timelkam entfernt, nahmen wir uns kurz Zeit, um die Familie Stangl in Neubrunn zu besuchen. Wir wurden sehr freundlich von Hans und Anna Stangl geb. Haubenreich empfangen. Wir erfuhren, dass Franz Haubenreich weitere fünf Geschwister, vier Brüder und eine Schwester, hatte: Josef war Pfarrer in Blumenthal, Adam Tischler, Martin, der Vater von Anna Stangl, war als Kriegsgefangener in der Schweiz interniert, Anton, der Vater von Maria (Midi) Haubenreich, die bei ihrem Onkel in Grabatz wohnte und mit diesem im Herbst 1944 flüchtete und Maria. Voller Stolz zeigte uns Hans Stangl seine Drechselarbeiten, ein Hobby, mit dem er erst kürzlich begann und das ihm viel Spaß bereitet.

Seite 133 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Von Neubrunn sind es gerade mal 2 Kilometer bis Seewalchen/Rosenau, einer Wohnsiedlung, die erst nach Kriegsende entstand, und von Flüchtlingen aus dem Banat und Siebenbürgen gegründet wurde. Hier wohnt auch Frau Helene (Illy) Brenndörfer geb. Lessl, die ich kurz besuchte. Illy Brenndörfer ist mittlerweile 92 Jahre alt und lebt zusammen mit der Familie ihres Neffen, Erwin Filimon, dem Sohn ihrer Schwester Aranka, unter einem Dach. Ich musste ein bisschen lauter sprechen, da ihr Gehör nicht mehr ganz so gut ist, als wir über Grabatz sprachen, aber sie konnte sich noch gut an die alten Zeiten erinnern. Erwin Filimon, ein sehr netter Hobbyastronom, gab mir freundlicherweise Auskunft über seine Mutter Aranka und seine Großeltern, Hans und Franziska Lessl.

Weiter führte uns unsere Reise entlang des Attersees, auf dem nach wie vor die benannten Schiffe fahren und die Schwäne zu Hause sind. Auch hier scheint die Zeit fast spurlos verstrichen zu sein.

In Weyregg waren wir von der herrlichen Umgebung fasziniert. Es war der zeitweilige Wohnsitz von Frau Elisabeth Rieser, ihren beiden Buben, Nikolaus und Michael, sowie ihrer Mutter Elisabeth Elsässer (Schmidtbasl).

Nur wenige Autominuten entfernt liegt Steinbach am Attersee. Eine sehr schöne Kirche liegt vor einer atemberaubenden Alpenkulisse. Hier war Pfarrer Franz Haubenreich mehrfach zur Aushilfe als Seelsorger tätig. Dieser wunderschöne Ort am Attersee diente bereits in früheren Zeiten Künstlern wie Gustav Mahler oder Franz Klimt als Sommerresidenz.

Auf der anderen Seeseite besuchten wir noch die benachbarten Orte Nußdorf und Attersee, die sehr häufig im Tagebuch erwähnt werden.

Insgesamt war diese Reise für uns wie eine Zeitreise auf den Spuren des ehemaligen Grabatzer Dorfpfarrers Franz Haubenreich. Auf jeden Fall konnten wir beeindruckt durch seine gefühlvollen Zeilen im Tagebuch an vielen Stellen und Orten die Anwesenheit seines Geistes auch noch nach so vielen Jahren deutlich spüren.

Ich bedanke mich sehr herzlich für ihre Unterstützung bei Frau Anna Stangl, Herrn Erwin Filimon, Herrn Maximilian Unterreiner und Herrn Nikolaus Rieser.

Alfred Ivanov, Juni 2006

Seite 134 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Attersee Panorama

Seite 135 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Anschriften einiger Grabatzer während der Flucht (Ende 1944) - dem Tagebuch entnommen

Jakob Heinrich Seitenstetten, Nr. 33

Hans Lessl (Lehrer) Rainfeld an der Gölsen, Nr. 57, bei Frau Rader

Michael Elsässer Strengberg bei Amstetten, Limbach 2

Dr. Josef Klein Krumau an der Moldau, Friedhofstr. 153

Viktor Neurohr Mauthausen, Nr. 26, bei Karl Frauscher

Georg Gottschall Kirchschlag, Kreis Krumau, bei Frau Hollbaum

Michael Bauer Stachau in Böhmen, Nr. 253

Helene Hackbeil (Lehrerin) Rainfeld an der Gölsen, Nr. 49, bei Höllweger

Katharina Schütt Ober Zwiedlern, Nr. 7, Kreis Krumau

Mathias Neurohr Großuretschlag, Nr. 17, Post Kirchschlag

Heinrich Rehm Krumau an der Moldau, Dürnhof Nr. 10

Franz Ries Königsalm, Nr. 11, Post Senftenberg

Theresia Osmak Krumau, Eisengraberamt Nr. 84, bei Fr. Hauer

Marianne Neurohr Lager St. Josef, Nr. 54, Budweis 11

Bauer Seppl Stachau in Böhmen

Kathi Neurohr (Wachtler) Sankt Johann, Nr. 77, Post St. Peter in der Au

Jakob Gaul Rastbach, Nr. 11, Post Gföhl

Josef Gaul Zwettl, Kesselbotenstr. 4

Nikolaus Haag Tweras (im Pfarrhof), Kreis Krumau a.d. Moldau

Johann Lamesfeld Zwettl, Landstr. 30

Anna Müller (Mäß) Planken, Nr. 75, Post Wolfsbach bei Amstetten

Barbara Denuel (Mangol) Waidhofen an der Ybbs, Wienerstr. 43

Seite 136 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Magdalena Hackbeil Sankt Johann, Nr. 72, Post St. Peter in der Au

Barbara Hüpfel (Krutsch) Wolfsbach, Nr. 59, Kreis Amstetten

Franz Neurohr Ybbsitz, Nr. 129, Niederösterreich

Johann Bauer Kirchschlag, Nr. 6, Kr. Krumau

Elisabeth Rieser Prag VI. Nr. 26, am Schwackow

Leni Bartole (Manjet) Tusch, Nr. 6, Post Kirchschlag, Kr. Krumau

Elisabeth Sattler Groß Schönau, Schule, Zimmer 2

Michael Neurohr Stachau, Nr. 253, Protektorat

Josef Basch Graz, Bürgergasse Nr. 2

Dr. Ernest Sauer Hof an der Saale, Grenzsteinstr. 37 C

Dr. Konrad Sauer Eisenstein im Bayerischen Wald

Franz Müller Waidhofen an der Ybbs, Hintergasse 13

Maria Klein (Bartl) Aschach in Oberösterreich, Bergstr. 159

Michael Elsässer (Fudrie) Stubau, Nr. 7, Post Krumau an der Moldau

Nikolaus Bartl Rohrberg 51, Kreis Salzwedel, Sachsen

Schütze Alfred Merle Technische Kompanie II. Regiment Senne Nord, Augustdorf, Detmold

Strmm. Nikolaus Bartole Zwickau, Sudetengau, Teillazarett, Alte Schul.

Strmm. Adam Hüpfel Feldpostnr: 58275

Rottf. Viktor Klein Feldpostnr: 59719.

Strmm. Peter Rieser Regiment „D“, Heinrich Himmler Kaserne, Prag

Schütze Viktor Neurohr 1. Dolmetscherkompanie, 29. Rossauer – Kaserne, IX. Bezirk, Wien

Seite 137 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Grabatzer Flüchtlinge in Senftenberg, Kreis Krems (1944/45)

Unterreiner Josef, Anna, Brigitte

Tillschneider Georg, Magdalena, Hilda

Huber Georg, Frau, Andreas

Bücher Barbara, Erich, Erika

Haubenreich Franz, Adam, Anna (Nani), Anna, Maria (Midi)

Hackbeil Katharina, Nikolaus, Anna, Eduard

Hüpfel Magdalena, Helene

Günther Barbara

Bartole Elisabeth, Maria, Elisabeth

Bartole Barbara

Kopsa Peter und Frau

Heller Barbara, Hedda, Anna, Horst

Klein Elisabeth, Leontine

Bartl Elisabeth

Paul Margarethe

Gergen Katharina, Helene

Rosenzweig Josefa, Raimund, Rudolf

Neurohr Margarethe, Brunhilde, Horst

Janitschek Maria, Anna

Bauer Josef, Katharina

Tarde Franz

Seite 138 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Stilblüten – zum Nachweis der arischen Herkunft! aus dem Nachlaß von Pfarrer Haubenreich

*Während des 2. Weltkrieges musste jeder Banater seine „arische“ Herkunft belegen. Dazu wendete man sich an seinen zuständigen Pfarrer, der dann aus den Kirchenmatrikel den „kleinen Ahnenpass“ erstellte. Aus den Briefen wird deutlich, zu welchen Missverständnissen/Missgeschicken diese Angelegenheit führen konnte:

1. Brief: Sehr geehrter Herr Pfarrer! Senden Sie bitte meine Großmutter, zwecks Eheschließung, im beiliegenden Kuvert. Ich bin „arabischer“ Abstammung. Wollen Sie mir dies bitte bestätigen? Mehr Angaben kann ich nicht machen, da meine Großmutter bereits 1878 verstorben ist, und mich als einziges Vermächtnis hinterlassen hat. Sie soll sehr energisch gewesen sein.

2. Brief: Sehr geehrter Herr Pfarrer! Man braucht zur arischen Abstammung die Eltern meiner Großmutter. Diese sollten mir baldigst zugehen.

3. Brief: An das Pfarramt! Ich benötige einen „Agrariernachweis“ meines Großvaters.

4. Brief: Geschätzter Herr Pfarrer! Senden Sie mir Unterlagen meiner Großmutter, benötige diese dringend. Zwecks allgemeiner Umwälzung brauche ich den Ausweis meiner Geburt. Meine Geburt erfolgte in ihrer Kirche. Wollen Sie mir dies bestätigen. Dazwischen muss ich noch bestätigen, dass meine Eltern ganz vergessen haben zu heiraten.

5. Brief: Geehrter Herr Pfarrer! Ich plage mich schon lange mit der Geburt meiner Großmutter. Können Sie mir dabei behilflich sein?

Seite 139 Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Impressum

Tagebuch des Pfarrers Franz Haubenreich

Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Grabatz c/o Alfred Ivanov

Internet: http://www.grabatz.de

© HOG Grabatz, 2006

Herstellung:

Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vorbehalten.

Seite 140

Die letzte Ruhestätte von Pfarrer Franz Haubenreich