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Parzifal

Ueli Seiler-Hugova: Das Große Parzivalbuch – Wolfram von Eschenbachs Parzival als ein moder- ner Einweihungsweg, der zur Integration und Individuation führt, Verlag SchneiderEditionen, , 2. Auflage 2014, 520 Seiten, 48 EUR.

Wenn jemand 50 Jahre seines Lebens mit dem pendium« an inhaltlichen Zusammenfassungen Parzival-Epos gelebt und gearbeitet hat und von Gralsstoffen, ihren historischen Wurzeln, dann seine Erkenntnisse in einem groß ange- auch die des Verfassers (Wolframs) und einer legten Werk darlegt, ist man doch sehr gespannt, Fülle von Deutungsaspekten, die jeder nach ei- in was man da einge- und entführt wird – zumal genem Belieben und Interesse weiter verfolgen der Untertitel viel verspricht. Der Verfasser war kann? Wobei das angeführte Literaturverzeich- Waldorfschüler, sein Vater Begründer der Schul- nis sehr dienlich sein kann. Hinzu kommt, dass und Heimgemeinschaft Schlössli Ins; dieser hat- das nunmehr in zweiter Auflage vorliegende, te ihn und ein paar andere Knaben mit zwölf umfassende Parzival-Buch in einer sehr schö- Jahren zu Gralsrittern ernannt. Seit dieser Zeit nen, hochwertigen und mit vielen Bildern (u.a. lebt Seiler-Hugova mit den Gralsgeschichten. aus Parzival-Handschriften) gestaltet ist. Es ist Aus diesem Erfahrungs- und Erlebnisfundus, eine Freude, darin zu blättern. Daraus wird der durch die Beschäftigung mit Astrologie und auch verständlich, warum der Autor das Buch Anthroposophie erweitert und vertieft wurde, im Titel als »groß« bezeichnet, was eben nicht entstand Das Große Parzivalbuch. nur dem Umfang von gut 500 Seiten mit seinen Die Erwartungshaltung, hier ein profundes und vielfältigen Fassungen und Aspekten gezollt ist, gediegenes Werk vorliegen zu haben, das aus sondern der Absicht, eine umfassende Samm- der Fülle der Literatur einschließlich der an- lung vieler Bereiche anzubieten. Das Werk ist in throposophischer Autoren eine vertiefende und vier Teile gegliedert und dabei werden Inhalt der originäre Einsicht in dieses komplexe Epos ge- Erzählung, Interpretationen, die mittelalterliche währt, nicht erfüllt worden. Aber darum geht es Erzählung »Flore und Blancheflur« von Konrad dem Autor im Grunde nicht. Vielmehr scheint Fleck (in der romantischen Versfassung der es sein Anliegen zu sein, weniger vertikal als Dichterin Sophie Bernhardi) sowie unter dem horizontal mit diesem Stoff umzugehen. Denn Titel »Gralszusammenhänge« verschiedenste die im Zentrum stehende Wolfram-Darstellung Motive, Personen, Werke, Historisches und an- wird sowohl inhaltlich ausführlich berücksich­ deres mehr behandelt. tigt und mit den im Umkreis existierenden Grals- So ist der erste Teil, der das Epos von Wolfram legenden in Zusammenhang gebracht als auch von Eschenbach in einer sehr flüssigen Weise mit interpretatorisch mit verschiedenen Ansätzen kurzen Zusammenfassungen und wesentlichen aus Astrologie, Anthroposophie, Tiefenpsycho- Textstellen aus der Übersetzung von Wilhelm logie, Historischem und anderem beleuchtet. Stapel nacherzählt, eine Glanzleistung. Die alles Wobei aber diese Aspekte meistens nebenei- Sperrige des vollständigen Textes vermeidende nander stehen und nicht zu einem stringenten, und in Neudeutsch gehaltene Wiedergabe stellt schlüssigen Gesamtansatz verbunden werden. das inhaltliche Geschehen, trotz aller Prägnanz, Wenn man diese horizontale Anordnung als Ab- ausführlich und eindrücklich vor. Dieser Teil sicht unterstellt, kann man sich durchaus mit umfasst ca. 200 Seiten. Es folgt dann auf gut dieser Aufarbeitung des Stoffes anfreunden. 100 Seiten »Interpretation«, die im Wesentlichen Denn wo findet man schon ein solches »Kom- – neben begrifflichen Erläuterungen, die aus tie-

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www.diedrei.org Buchbesprechungen 87 fenpsychologischen oder anthroposophischen und des Animus im anderen Geschlecht«. Nicht Bereichen stammen – inhaltliche Zusammen- anders geht der Verfasser bei der Vereinigung hänge aufzeigen. Der dritte Teil, die wunderbare Gawans mit Orgeluse vor: »Nun wird das Bei- Fassung von »Flore und Blancheflur« durch die lager von Gawan und Orgeluse als Beispiel für Romantikerin Sophie Bernhardi, ist ein wirk- das, was im gesamten Schloss stattfand, be- liches Kleinod. Diese berührende Geschichte schrieben. Hier vereinigen sich Mann und Frau einer Liebe zwischen Okzident und Orient, die in einer Art ›chymischen Hochzeit‹«. Dabei zum Umfeld der Gralssagen gehört und im 8. bleibt es. Auch wie diese Begriffe C. G. Jungs Jahrhundert spielt, erinnert in manchem – moti- und der Alchemie sich mit den Darstellungen visch und sprachlich – an Novalis. Diese nicht so Wolframs decken, bleibt mehr oder weniger un- bekannte Dichtung hier mit aufzunehmen und entwickelt. So ist z.B. das gesamte Pelrapeire- damit einer größeren Leserschaft zugänglich zu Geschehen für sich ein Mysterium. Die wun- machen ist sehr verdienstvoll. Der vierte Teil dersame Brotvermehrung, die durch Parzivals greift historische Hintergründe auf, untersucht Eingreifen plötzlich und unerwartet eintrifft, astrologische Motive des Epos, wobei die Ar- wird nicht erwähnt. Wie hängt das zusammen beiten von Walter Johannes Stein und Werner mit der »Anima«? Mit Recht wird bemerkt, dass Greub eine nicht unbedeutende Rolle spielen. mit der »wankenden Brücke«, die Parzival über- Darüber hinaus werden Zusammenfassungen queren muss, auf ein übersinnliches Geschehen anderer Erzählungen wie die von Chrestien de hingewiesen wird. Doch wie man diese ganze Troyes, Robert de Boron sowie einiger Sagen aus komplexe Darstellung als ein solches verstehen dem Artus-Kreis gegeben und verglichen. Au- kann, bleibt offen. Die Erscheinung Kundries, ßerdem regen die Kurzübersichten der Bücher beschrieben als »Totengöttin Hel …, Schwel- von Rudolf Meyer und Bernd Lampe an, sich lenhüterin, Schatten Parivals«, bleibt ebenso weiter mit ihnen zu beschäftigen. Sie werden ohne weitere Erläuterung. Der so verkürzte allerdings nicht weiter diskutiert. Umgang mit tiefenpsychologischen oder spi- Da es sich bei den Erläuterungen im zweiten rituellen Begriffen bleibt unbefriedigend, weil Teil zumeist um Zusammenfassungen und weder ausreichend erläutert noch begründet. Überblicke der Handlungs- und Personenzu- Das aber muss man eigentlich erwarten, selbst sammenhänge handelt, sind diese für den Un- dann, wenn man nicht den Anspruch einer wis- kundigen sehr hilfreich, sich in dem Dickicht senschaftlichen Darstellung erhebt, wie es im der vielen Namen und Verflechtungen der Vorwort ausdrücklich vermerkt wird. Personen zurechtzufinden. Ebenso die schau- Auch die gewiss nicht von der Hand zu wei- bildartigen Gegenüberstellungen und Entwick- sende Sicht, Parzival als Gralskönig im »Wer- lungsskizzen, die – ausgehend von der grund- de, der du bist!« als Erfüllung der Dreiheit von legenden Darstellung Werner Liesches des Par- Leib, Seele und Geist anzusehen und somit als zival- und Gawanweges – die jeweiligen Ent- jemanden, der dieses Prinzip »im Werk seiner wicklungsetappen recht anschaulich machen. selbst integriert und individuiert« hat, stellt den Die eigentlichen Deutungen allerdings geben Leser vor die oben genannten Schwierigkeiten. – wie schon erwähnt – nur ansatzweise Ver- Bei der Aufzählung der Planetenmotive, wie ständnishilfen, weil sie weder textlich noch sie im Lebenslauf Parzivals auftreten, ergeht es begrifflich genügend ausgeführt werden. Eini- nicht anders. ge Beispiele sollen das verdeutlichen. Die drei Sehr gut nachzuvollziehen ist das Urteil, dass Nächte, die Parzival und Kondwiramur mitei- alle Parzivalerzählungen vom Ursprung her, nander verbringen, werden als »erfüllte Trou- nämlich von Wolframs Epos aus gelesen wer- badurminne« dargestellt und daraus gefolgert: den müssten, weil es die kompletteste Fassung »Somit haben wir hier das Bild der ›chymischen bietet. Außerdem sind die Ausführungen zu den Hochzeit‹ … Es geht um mehr als eine sexuelle astrologischen Motiven im vierten Teil, die an Vereinigung . Es geht um das Finden der Anima das Buch Die Wirklichkeit des Grals von Werner die Drei 3/2015

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Greub anknüpfen, sehr erhellend. Überhaupt wunderbare Lektüre für Schüler und auch für möchte ich dem Autor sehr zustimmen, dass, Deutschlehrer, der dort eine vorbildliche Erzähl- auch wenn man die Grundintention der Arbeit grundlage erhält. Ebenso ist es für Neueinsteiger von Greub ablehnt, sie doch eine Fülle interes- zu empfehlen, weil es die Inhalte gut aufbereitet, santer und wichtiger Erkenntnisse hergibt, wie für den Kenner allerdings nur bedingt, da die z.B. zur Historie, Astrologie und zum Wille- tiefer gehenden Erläuterungen ausbleiben oder halm, die keineswegs ignoriert werden müssen. nicht überzeugen – aber die ganze Zusammen- Wem kann man dieses Buch nun empfehlen? stellung mit der schönen Gestaltung dennoch Ich wünschte mir die ersten 300 Seiten als ein ihren Reiz hat. Reinhard Bode kleines Büchlein zusammengefasst. Es wäre eine Philosophie der Freiheit

Werner A. Moser: Anthroposophie als Geisteswissenschaft, Verlag des Nachlasses von Werner A. Moser, Basel 2014 (Veröffentlichungen aus dem Nachlass, Band IV), 157 Seiten, 30 EUR. Bezug über: Stephan Frei, Spalenberg 29, CH-4051 Basel, http://verlagwamosernachlass.ch.

Es hat lange gedauert mit der Herausgabe dieses kommen kann. Damit geht es gleich zur Sa- wichtigen Werkes des Philosophen und Anthro- che: die Entfaltung des Wesens des Erkennens posophen Werner A. Moser (1924-2003). Jetzt, und der Wissenschaft und deren Bedeutung nach fast 40 Jahren, ist es als Nachschrift, die der für den Menschen und die Welt. Dann folgen Autor zu Lebzeiten nicht veröffentlichen wollte, zentrale Kapitel über das Wesen des Denkens erhältlich. Es handelt sich um acht Vorträge, als Kern der Welt, das Denken als wesenswirk- die am in Dornach (Schweiz) im same Grundlage der Welt und das Verhältnis Herbst 1976 gehalten wurden. Sie widmen sich des Wesens des Denkens zum Logos. Weiter einem zentralen Aspekt der Anthropsophie, der geht es um das Denken als Ausgangspunkt der nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat. esoterischen oder okkulten Schulung, als Mittel Es geht um einen Weg in die Anthroposophie, der der Überwindung der Intellektualität und als sich seinen eigenen Bezugs- und Angelpunkt in Schwelle der geistigen Welt. der Verständigung des menschlichen Bewusst- Darüber hinaus wird die Fruchtbarkeit der im seins mit sich selbst schafft. Dieser Weg findet Mittelalter ausgearbeiteten Universalienlehre seinen selbständigen Ausgangspunkt und seine für ein vertieftes Verständnis der Erscheinungen methodische Referenz in den philosophisch-an- des Wesens des Denkens im menschlichen Be- throposophischen Grundschriften Rudolf Stei- wusstsein dargelegt. Mit diesen Gesichtspunk- ners, inbesondere in dem Werk Die Philosophie ten ergeben sich Einsichten in das Wesen der der Freiheit. Für diesen Weg steht die Ausbildung Abstraktion und Reflexion sowie deren Über- des reinen Denkens, die Selbstbewusstwerdung windung in einer bewussten Selbstergreifung der wissenschaftlichen Methode im individu- des tätigen Denkens in der Meditation. Hier öff- ellen Menschen und die Eigenständigkeit der net sich auch die Perspektive einer Herleitung Einsicht in die aufgezeigten Übungen im Vorder- von Schulungsübungen aus der Unteruchung grund. Werner Moser zeigt mit vielen Zitaten aus des Wesens des Denkens in seiner Bedeutung dem Werk Steiners auf, welch hohen Stellenwert für Erkenntnis und Freiheit. dieser selbst dem philosophisch-wissenschaft- Die Betrachtungen kulminieren in einem Aus- lichen Weg zugeschrieben hat. blick zu Kunst und Religion. In direkter An- Die Untersuchung beginnt mit einer differen- knüpfung an wird anhand der zierten Charakterisierung des genannten Weges Natur des Denkens nachgewiesen, dass dieses im Verhältnis zu anderen Wegen, auf denen aus denselben Quellen schöpft wie Kunst und man zum Anerkennen der Anthroposophie Religion und deshalb das Instrument sein kann,

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www.diedrei.org Buchbesprechungen 89 um Wissenschaft, Kunst und Religion zu einer dung dieser Nachschrift als Arbeitsbuch wäre Ganzheit, zu einer Geistesverbundenheit zu- ein Sachregister hilfreich gewesen. rückzuführen, die den Fähigkeiten und Bedürf- Man kann sich fragen, warum das Buch in nissen eines durch eigenes Denken selbständig einem Selbstverlag durch den Nachlassbesitzer gewordenen Individuums gerecht wird. und -verwalter Stephan Frei (Basel) erscheinen Das Buch ist sorgfältig gestaltet und heraus- musste. Für diese wichtigen Ausführungen zur gegeben. Man erfährt, wie die Nachschrift der Anthroposophie hätte man sich Produktion und Vorträge zustande gekommen ist und wie sie Vertrieb durch einen bereits bestehenden Verlag bearbeitet wurde. Der Sprachstil des Autors ist gewünscht. Die Ausführungen von Werner Mo- frisch, zeigt gedankliche Klarheit und ist im- ser sprechen jedoch für sich selbst und dank der manent aus der Sache entwickelt. So entsteht Mitarbeitenden und dem Herausgeber hat man ein unmittelbarer Eindruck von der lebendigen jetzt Gelegenheit, an diesem Gedankenreichtum Vortragsweise Werner Mosers. Für die Verwen- teilhaben zu können. Renatus Ziegler

Freies Leben, freies Lieben

Barbara Sichtermann: Ich rauche Zigarren und glaube nicht an Gott. Hommage an Louise Aston, edition ebersbach, Berlin 2014, 144 Seiten, 16,80 EUR. Hommage ist der richtige Begriff, denn über Schriftstellerei. Sie bewegte sich in Kreisen der das Leben von Louise Aston (1814-1871) ist we- politischen Bohème, kleidete und benahm sich nig bekannt. Ihre hinterlassenen Schriften sind wie ein Mann, wechselte die Liebhaber, disku- Gedichte und Romane, zudem inhaltlich dem tierte bis in die Morgenstunden in Kneipen – gefühlsgeschwängerten Zeitgeschmack ange- das alles, um dabei zu sein, wo Revolutionsluft passt. So geht Barbara Sichtermann den ein- aufkam, und um zu provozieren. Dies ist ihr in zig möglichen Weg und erschließt aus wenigen der preußischen Königsstadt spielend gelungen. Quellen erstaunlich klar Facetten dieser außer- Sie lud nicht nur die Ablehnung der frühen Frau- gewöhnlichen Frau. In vier Kapiteln des Buches enrechtlerinnen (wie Luise Otto-Peters) auf sich, sind sie bezeichnet: »Die Schriftstellerin«, »Die sondern auch den Hass der Nachbarn, die sie bei Emanzipierte«, »Die Freischärlerin«, »Die Ausge- der Polizei anzeigten, was ihre Ausweisung zur wiesene«. Zugleich arbeitet die Autorin heraus, Folge hatte. Aus heutiger Sicht ist es tragisch, wie alle vier sich ineinander verweben, denn wie die Vorreiterinnen der späteren Frauenbe- Louise Aston wollte leben, was sie vertrat. Das wegung sich an der Brechung bestimmter Tabus Buch schildert eine komplexe Persönlichkeit, die wie Gottgläubigkeit und Weiblichkeit so fraglos als Frau ihre Individualität verwirklichen wollte, stießen und dabei übersahen, dass in Louise das ohne Rücksicht auf das damalige Frauenbild aufleuchtete, wofür sie kämpften. Denn was tat oder gesellschaftliche Ächtung. sie nach der Ausweisung? Sie erhob öffentlich Wiewohl in einem freigeistigen protestantischen Einspruch bei der Behörde (von einer Frau ein Pfarrhaus aufgewachsen, schwor sie der Reli- damals undenkbarer Schritt) und verfasste die gion ab. Ein Grund war ihre Verheiratung mit Kampfschrift Meine Emanzipation, Verweisung einem älteren Fabrikanten, die sie als Freiheits- und Rechtfertigung (1846). Dieses Schriftstück beraubung und Verrat am eigenen Ich erlebt, die ist eine Perle im Gegensatz zur überladenen aber religiös begründet und verbrämt wurde. Sprache und den kitschigen Szenen ihrer drei Nach der Scheidung von Samuel Aston und dem Romane (wie von Sichtermann dargestellt). Tod von zwei kleinen Töchtern wohnte sie mit Hier steigern sich Louises Qualitäten der Wort- ihrer vierjährigen Tochter in Berlin. Aston ent- gewandtheit, Argumentationsschärfe und Ur- zog ihr bald per Gericht das letzte Kind. Louise teilskraft gegenseitig. lebte teils von seinem Unterhalt, teils von der Leider nützte die Aktion nichts, obwohl sie bei die Drei 3/2015

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Prominenten wie Karl August Varnhagen von ihren Kampfgeist gebrochen. Ein Romanfrag- Ense Beifall fand. Sie zog nun als eine Heimat- ment Louises mit dem Titel Trop tard (Zu spät) lose durch Mitteleuropa; war kurzzeitig heim- fand sich im Nachlass ihrer Schwester, einer tief lich mit falschem Pass doch wieder in Berlin und religiösen Schriftstellerin. Auch dies eine Über- schloss sich schließlich im Zuge der Revolution raschung, dass die Atheistin mit dieser Schwe- in Deutschland im April 1848 einem Freikorps ster lebenslang in Kontakt stand. Sie war eben an, das mit der preußischen Armee gegen die zu individuell, um in Typologien zu passen. Dänen kämpfte. Für das Ideal einer vereinten Eine Frauengestalt, die in ihren drei Romanen deutschen, demokratischen Nation mit freiheit- auftaucht, steigert sich im dritten zu einer Ver- licher Verfassung – in Frankfurt tagte in der körperung von Louises Zukunftsvisionen und Paulskirche gerade die Nationalversammlung kann als ihr Vermächtnis betrachtet werden. Die – begab sich Louise nicht nur offiziell als Kran- schöne Aristokratin Alice ist eine unabhängige, kenschwester ins Lazarett, sondern auch an die kluge Frau, die sich als Diplomatin in Männer- Front und in Straßenkämpfe, was Sichtermann kleidern geschickt durch die Intrigen bei Hof aus den plastischen Schilderungen in Louises laviert und bis zum König vordringt. Sie be- drittem Roman Revolution und Konterrevolution nutzt ihre Stellung, um den Schwachen und (1849) folgert. Bitter enttäuscht, dass die März- Unterdrückten zu helfen. In der Figur ist vereint, Revolution bereits Ostern 1848 gescheitert war was Louise damals erst bruchstückhaft gelingen und die Restauration einzog, gründete sie die konnte: Freiheitskämpferin, emanzipierte Frau nur kurzlebige Zeitschrift Der Freischärler und und Lebenskünstlerin zugleich zu sein. verarbeitete ihre Erfahrungen in jenem Roman. Louise Astons Leben wirft in einem Jahrhundert Auf den Kampffeldern hatte sie Daniel Meier des Patriarchats und der Dominanz der Män- kennengelernt, den sie – als erklärte Feindin der ner in allen öffentlichen Bereichen wie einen Ehe – im November 1850 dennoch ehelichte. Ihr Lichtkegel voraus. Barbara Sichtermann hat ruinierter Ruf – als »persona non grata« wieder dieses Leben einfühlsam nachempfunden und aus Berlin und aus Bremen ausgewiesen – ko- dafür umsichtig recherchiert. Hilfreich sind ihre stete den renommierten Bremer Arzt, der zu ihr knappen historischen und sozialgeschichtlichen stand und sie verteidigte, die Karriere. Künftig Ergänzungen. Sie entdeckte für ihre Kapitelü- musste er sich als Feldarzt auf der Krim oder in berschriften in Louises Werken, deren Pathos Siebenbürgen, später als Badearzt in Kurorten uns fremd ist, sogar moderne Sentenzen wie: verdingen. Louise zog mit ihm und unterstützte »Freiem Leben, freiem Lieben bin ich immer treu ihn, da er im Krieg ein Bein verloren hatte. Es geblieben«, »Fragmentarisch wie die moderne scheint gesichert, dass sie dauerhaft glücklich Welt«, »Heraus mit dem Freischärlerschwert des zusammenlebten. freien Wortes«. Am 26. November 2014 wäre Nach 1949 trat Louise weder politisch noch Louise Aston 200 Jahre alt geworden; das Buch schriftstellerisch in Erscheinung. Die Enttäu- ist ihr Geburtstagsgeschenk. schung über die Konterrevolution hatte wohl Barbara Messmer

Wer ist integer?

Andreas Laudert: Integrität, Aquinarte Verlag, Kassel 2014, 26 Seiten, 13,90 EUR.

Das von Andreas Laudert in diesem neuen, in gemeinsam hat. Wer kennt nicht den Schock, der Reihe »Zwölf Briefe zur Lebenskunst« er- wenn man feststellen muss, dass ein Mensch, schienenen Aquinarte-Büchlein gewählte The- den man bisher als integer eingeschätzt hatte, ma »Integrität« hat mich sogleich angesprochen. sein Rückgrat verliert, einknickt, wo er hätte zu Ein Wort, so häufig benutzt und so wenig reflek- sich selbst und anderen stehen müssen? Und wie tiert wie z.B. »authentisch«, mit dem es ja viel ist es, wenn ich bemerke, dass der Mut mich

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www.diedrei.org Buchbesprechungen 91 verlässt, gerade in der entscheidenden Situation gehörigkeiten zu Geschlecht, Beruf, Volk und zu meinem Wort und meinen Werten zu stehen Familie verlasse und mich auf den Weg zu einer und sie zu verteidigen? prozessualen Identität mache, die nicht vorher- Laudert fasst die Integrität in dem gut 20-sei- sehbar ist – auch nicht für mich selbst. tigen Essay von einer bestimmten Perspektive Authentisch gelebte Orientierungslosigkeit an: Das Ideal der »Selbst-Übereinstimmung« kann – so Laudert – in einer neuen Weise zur wird in die Grundspannung von Beschränkung Orientierung für andere werden. Integrität wird und Fülle hineingestellt. Beschränkung bildet umgeformt von einer charakter- oder kulturge- mit dem Geborenwerden unsere irdische Iden- bundenen Festlegung zu einer radikalen Über- tität; wir verlieren die Fülle des ungebundenen einstimmung mit dem Jetzt meines Selbst, das Geistes, die unendlichen Möglichkeiten der sich seiner Vergangenheit, wenn nicht komplett Welt der Verwandlung, wenn wir in Leib und entledigt, so doch von ihr frei gemacht hat. Er Schicksal einziehen. formuliert damit das Lebensgefühl einer Gene- Zwischen der Sehnsucht nach der (verlorenen) ration, die sich von der Hingabe an das einzige Fülle und dem Leid der personalen und körper- Lebensideal, den einen Lebenspartner, den ei- lichen Identität spielt sich das moderne Leben nen Lebensweg, die eine Weltanschauung ab- ab – mit seinen tausend Identitätskrisen. Die gewendet hat und gelernt hat, sich in der Sphä- Suche nach Freiheit wird hier zur existenziellen re der Fülle halten zu können, ohne sich dabei Integrationsleistung, indem ich die »alten« Zu- verlieren zu müssen. Lydia Fechner

Zeichnen in Theresienstadt

Anne Weise: Alfred Bergel. Skizzen aus einem vergessenen Leben. Wien – Theresienstadt – Auschwitz. Herausgegeben vom Karl König Institut, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2014, 270 Seiten, 39,90 EUR. Im Konzentrationslager verschwanden die gel hingegen erlitt in Wien immer mehr Re- Menschen hinter Nummern. Dieses Buch ist, striktionen: Berufsverbot, Vermögensverlust, wie die Autorin Anne Weise in der Vorbemer- Zwangsräumungen und schließlich als 40-Jäh- kung äußert, der »Versuch, einem Menschen riger zusammen mit seiner Frau die Deporta- seinen Namen, seine Biografie wiederzuge- tion nach Theresienstadt. Ein erhaltener Brief ben«. Im ersten der insgesamt sieben Kapitel lässt in seiner Sachlichkeit die Demütigungen erzählt sie von der Kindheit und Jugend Alfred ahnen, denen er ausgesetzt war. Bergels (1902-1944) und seiner Freundschaft In gewisser Weise war in Theresienstadt die mit Karl König (1902-1966) in Wien. Später kulturelle Elite Europas versammelt. Alfred Ber- fand König durch Norbert Glas zur Anthropo- gel musste dort Unterricht geben und zeichnen. sophie, die der Freund jedoch nicht ergreifen Von diesen Zeichnungen hat sich eine Anzahl konnte. So gingen sie getrennte Wege ... Karl erhalten. Das Seltsamste an ihnen: Sie sind wie König studierte Medizin. Bergel wurde akade- ein Blick durch seine Seele. Man nimmt wahr mischer Maler und Zeichenprofessor. durch ihn. Nach dem Anschluss Österreichs wurden beide Ein perfides Interesse der Nazis an Alfred Ber- als Juden diffamiert. Karl König gelang 1938 die gel bestand darin, dass er Kopien von teilweise Flucht nach Schottland. Dort traf er die meis­ berühmten Kunstwerken erstellen musste. Auch ten Angehörigen seiner anthroposophischen wurde bei Darstellungen von Theresienstadt auf Jugendgruppe wieder. Gemeinsam retteten sie den Bildern ein heiteres, nicht der Wirklichkeit die Idee eines heilpädagogischen Institutes und entsprechendes Aussehen verlangt. Das muss für bauten das erste Camphill-Dorf auf. Alfred Ber- ihn ein zusätzliches Martyrium gewesen sein. die Drei 3/2015

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Am 16. Oktober 1944 ging ein Transport nach zeigt auf, dass die Impulse ihrer Herzen stärker Auschwitz. Alfred Bergel und seine Frau waren waren als die Macht der Aufseher, auch stärker darunter. Möglicherweise ging sie freiwillig mit als die Angst – und das in höchster eigener Not.« ihm. Bei der Ankunft zwei Tage später wur- Auch Alfred Bergel wird geschildert als einer, den die Menschen »selektiert«: Die Eheleute der die Menschlichkeit nicht aufgab. Es leben wurden getrennt. Wer als nicht arbeitsfähig nur noch wenige Menschen, die ihn gekannt erschien, kam sofort in die Gaskammer. Dort haben. Die KZ-Unterlagen wurden zum großen starb Alfred Bergel noch am gleichen Tag, am Teil vernichtet. So war die Quellenlage äußerst 18. Oktober 1944. schwierig. Es ist ein großes Verdienst, wie viel Sophie Bergel kam in ein weiteres Lager, nach die Autorin trotzdem gefunden und mit tief- Lenzing. Dort wurde sie Ende Januar 1945 von er Anteilnahme beschrieben hat. Karl Königs der Roten Armee befreit. Doch die Wiener Fa- Tagebücher gehören dazu und das Gespräch milie Bergel war nach dem Krieg fast ausge- mit Bergels Schüler, dem Maler Fred Terna. Er löscht. »Wie können wir dieses Unrecht, dieses überlebte. unvorstellbar Böse fassen, das in Auschwitz Anne Weise fertigte Fotos von den Gedenkstät- und anderen Konzentrationslagern geschehen ten in Theresienstadt und Auschwitz an, die ist?«, fragt die Autorin. »Niemand hat die Gas- noch heute bedrückend wirken. Daneben zeigt kammern lebend verlassen ...« ihr Buch einmal mehr den kulturellen Aderlass Im Kapitel 4, »Das Menschliche ist unantast- Europas durch diese Verbrechen. Erschreckend bar«, schreibt Anne Weise über das Schick- ist auch, dass man Bekannten von Franz Kafka sal Karl Königs. Sie erwähnt, wie er Böhmen hier wiederbegegnet, wie dem Maler Franti- als Herzstück Mitteleuropas empfand. Seine sek Feigl oder seinem Klassenkameraden Emil spätere Frau Tilla Maasberg stammte aus der Utitz. Auch seine Lieblingsschwester Ottla ist Herrnhuter Brüdergemeinde. Er wollte Zinzen- erwähnt, die einen Kindertransport von There- dorfs und Comenius‘ Gedanken zu einem eu- sienstadt nach Auschwitz begleitete ... ropäischen Kulturimpuls weiterentwickeln. Es Fred Terna schreibt im Nachwort: »Am Leben gelang ihm: Mit der Camphill-Bewegung, einer geblieben zu sein ist kein Vorzug, sondern eine spirituellen Gemeinschaft auf der Grundlage Verpflichtung«. Es war möglich gewesen, »dass der Anthroposophie Rudolf Steiners und einem das Böse ein System der vollen Kontrolle aufge- dadurch möglichen neuen Verständnis des baut hatte«. Wie soll man verhindern, dass so Christentums, werden überall auf der Welt klei- etwas je wieder geschieht? Hass auf die Peiniger ne Inseln dieses mitteleuropäischen Kulturim- kann nicht die Lösung sein. Aber auch heute pulses geschaffen. Karl König sagte über die noch trete Widerstand auf, der die Offenbarung Heilpädagogik: »Sie will zu einer weltweiten der Verbrechen erschwert. Wie wichtig ist es, Tätigkeit werden, um der überall entstandenen diesen Gegenkräften, die die Spuren der Men- ›Bedrohung der Person‹ hilfreich entgegenzu- schen verwischen wollen, in den Arm zu fallen. treten ... Das ist die einzige Antwort, die wir Die Autorin Anne Weise (geb. 1965) studierte heute ... einer am Abgrund tanzenden Mensch- Kultur- und Kunstwissenschaften. Sie ist seit heit entgegenstellen können.« 2011 für das Karl König Archiv in Aberdeen Vermutlich kam Bergel in Theresienstadt ein (Originalarchiv in Schottland, Forschungs- zweites Mal mit der Anthroposophie in Berüh- archiv in Arlesheim unter Leitung von Peter rung. Es ist nicht bekannt, ob er sie jetzt ergriff. Selg, ein Büro in Berlin) mitverantwortlich. Im – Heimlich arbeitete eine Gruppe von Menschen Karl König Institut, dem rechtlichen Träger der an Texten Rudolf Steiners. Eine Gefangene kann- Berliner Dependance, betreut sie die Bereiche te den Text der Menschenweihehandlung der Forschung und Archivierung. Ihr Buch wendet Christengemeinschaft auswendig und improvi- sich an alle Menschen, die gewillt sind, die Ver- sierte Zusammenkünfte an immer wechselnden brechen des Holocaust nicht zu vergessen. Orten. »Die Hilfe der Inhaftierten untereinander Maja Rehbein

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www.diedrei.org Buchbesprechungen 93 »Farbe ist Medizin, sie ist das Mittel, mit dem wir helfen«

E. Leonora Hambrecht: Liane Collot d’Herbois – Ein Lebensweg. Band 2: Heilende Bilder, Verlag der Kooperative Dürnau, Dürnau 2014, 298 Seiten, 125 EUR.

Wir wissen viel über Goethes Farbenlehre, viel- und den sichtbar erschaffenen Organen. leicht einiges über Rudolf Steiners Erweiterung Ob wir mit dieser objektiven Bewegung der Far- dieser Farbenlehre, aber weniger ist uns die be mit einem Patienten arbeiten oder ob aus Möglichkeit bekannt, dieses Wissen in einen diesem Wissen künstlerische Bilder entstehen, zentralen Schulungsweg des Künstlers oder die nur auf den Betrachter wirken: In beiden des Maltherapeuten methodisch-praktisch um- Fällen wirkt es heilsam auf den Organismus. zusetzen. Nur unter diesem Aspekt ist die Be- »Sie müssen Bilder malen, die heilend sind«, merkung Liane Collot d’Herbois‘ zu verstehen, forderte Ita Wegmann die Malerin immer wie- wenn sie sagt, sie ergänze Rudolf Steiner. Dieser der auf und drängte sie, sich ganz dem male- selbst hatte ja ausgeführt, dass er 30 Jahre malen rischen Impuls hinzugeben. Das tat sie auch müsste, um das darzustellen, was er als einen und schuf so eine Systematik einer kunstthe- neuen Impuls in der Malerei zu geben hätte. rapeutischen Krankheitslehre, die weit in die In ihrer dramatischen Biografie hat Liane Collot Zukunft weist (worauf Margarethe Hauschka d’Herbois schon vieles in jungen Jahren durch- im Vorwort zu L. C. d’Herbois‘ erstem Buch lebt, was sie im künstlerischen Gestalten zu Farbensphären auch hinweist). ganz eigenen, neuen Wegen bis zur Frage der Im Band 1 von Ein Lebensweg wurde der Schu- Aquarellschichttechnik brachte. Dann erst er- lungsweg über die von Liane Collot d’Herbois hielt sie über Hilma Walter und gegebenen zwölf Kohleübungen detailliert be- von anthroposophischer Seite die gedanklich- schrieben. In dem vorliegenden 2013 erschie- geisteswissenschaftliche Bestätigung ihres bis- nenen zweiten Band von E. Leonora Hambrecht her selbständigen Weges. Hiervon angeregt und finden wir den Extrakt einer über 25-jährigen in ständiger Zusammenarbeit mit Ita Wegman, Zusammenarbeit der Autorin und ihrer Kollegin vertiefte sie systematisch den Aspekt, dass die Elisa Métrailler mit L. Collot d’Herbois. Eine Wirkung der Welt der Farben, wenn sie wirk- unendliche Fülle von Briefen, Lebensbeschrei- lich aus den unsichtbaren Schöpferkräften von bungen und Notizblättern geben einen tiefen Licht und Finsternis begriffen wird, auf die See- Einblick in L. Collot d’Herbois‘ eigenen Lebens- le so einwirkt, dass diese aus ihrem krankma- und Schulungsweg; auch in das, was sie als chenden »Gefallensein« erlöst wird und dass Schulungsweg in ihren zwölf Kohleübungen man so korrigierend und heilend auf unsere objektiv nachvollziehbar der Menschheit zur Lebenskräfte und leibliche Konstitution wirken Verfügung stellte. kann. Zudem erleben wir bei der Lektüre, wie es sich Es wird ihr zunehmend zur inneren Sicherheit, für Hambrecht immer wieder fügte, gerade aus den Gesetzmäßigkeiten der beleuchteten, noch rechtzeitig wertvolle Zeitzeugen zu finden blau tingierten Finsternis hinter dem Licht und und Gespräche mit ihnen zu führen über L. C. den Rottönen bis zum hellen Gelb der Finsternis d’Herbois‘ Wirken in den Jugendjahren – kurz vor dem Licht Goethes und Steiners Farbenleh- bevor diese dann verstarben. re so zu vertiefen und zu erweitern, dass exakte Neben der Tatsache, dass L. C. d’Herbois der Organ- und Stoffwechselbezüge zum mensch- Verfasserin jahrzehntelang Notizen und Mate- lichen Organismus beschrieben werden kön- rial zukommen ließ für eine spätere Biografie, nen. Es entsteht eine objektive Verbindung von ist der Umstand von unschätzbarem Wert, dass den unsichtbaren Kräften Licht und Finsternis, Hambrecht selbst den malerischen Schulungs- die die sichtbare Farbe schaffen, zu den eben- weg von L. C. d’Herbois beschritt. So ist es ihr falls unsichtbaren, organerschaffenden Kräften möglich, aus eigener fundierter Erfahrung und die Drei 3/2015

www.diedrei.org 94 Buchbesprechungen ständigem Studium der geisteswissenschaft- Buch eine fundierte Grundlage an – nicht nur lichen Anregungen Steiners, Einsichten von für Therapeuten und Ärzte, sondern für jeden großer Evidenz zu vermitteln. an L. C. d’Herbois’ Bildern interessierten Men- Obwohl das Buch, bei aller Komplexität der schen. In einer gesonderten Mappe fi nden wir Aufgabe, sehr konzentriert und knapp verfasst 50 kartonierte Bilder aus ihrem Werk in her- ist, vermag die Darstellung dem Leser, neben vorragend aufwendiger Druckqualität, die die allen absichtlich offen gelassenen Fragen, ge- Durchsichtigkeit und Farbwirkung der Bilder nügend Anregung zu geben, in welcher Rich- bestens wiedergibt. tung er eigenständige Wege zu Antworten fi n- Wem der oft persönlichere, auf die Verfasserin den kann. bezogene Schreibstil nicht distanziert und ob- L. C. d’Herbois‘ Mal- und Heilimpuls hat sich jektiv genug erscheinen mag, sollte berücksich- weltweit (schon zu Lebzeiten) verbreitet. Über- tigen, dass das Meiste aus engem, jahrzehnte- all entstanden Ausbildungsorte für ihre Mal- langem Kontakt zur Künstlerin selbst entstan- methode. Doch um die Größe dieser Pionierar- den ist und dadurch gerade seine besondere beit wirklich zu ermessen und auch geistig den Färbung und Qualität erhält. Impuls zu verstehen, bietet das vorliegende Isola Schubert

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Eugen Heinrich Schmitt Die Gottheit Christi im Geist des modernen Menschen 218 Seiten, gebunden Euro 18,– / ISBN 978-3-938156-31-5 Wer erfahren will, wie die göttliche Welt in einem Menschen nicht nur geahnt, sondern auch erlebt und erkannt wird, und Eugen Heinrich Schmitt ihn von Grund auf verändert, der lese dieses Buch eines zu DiE GottHEit CHriSti im GEiSt DES Unrecht vergessenen Philosophen (1851 – 1916). moDErnEn mEnSCHEn Schmitt erlebte den Christus in sich, der den «Vater» zeigt und als göttliche Freiheit, Liebe und Einheit mit Gott im Menschen wirken möchte. Von da aus fällt ein scharfes Licht auf die Begrenzt heit der heutigen Theologie, die den Geist Christi in den Evangelien eher verbirgt, als ihn zugänglich macht. Schmitt entschlüsselt die Symbole der Evangelien und formuliert in klaren Begriffen, was einst in Bildern dargestellt werden musste.

die Drei 3/2015

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