Pera-Blätter

Orient-Institut

Heft 19

2007

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Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

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Marcel Geser

Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

ORIENT-INSTITUT ISTANBUL Herausgeber: Orient-Institut Istanbul © Marcel Geser, 2007 Gedruckt 2007

Orient-Institut Istanbul Susam Sokak 16-18 D. 8 TR-34433 Cihangir - Istanbul Telefon +90-212-2936067 oder 2521983 • Fax 2496359 e-mail: [email protected] homepage: http://www.oidmg.org Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

MARCEL GESER

Vorgeschichte Nicht immer war Deutschland ein beliebtes Land für arbeitssuchende Immigranten. Im 18. und 19. Jahrhundert war das Gegenteil der Fall. Deutschland galt als ein Auswanderungsland. Wirtschaftliche Not, Hungerkrisen und politische Unruhen waren für viele der Auslöser, in der Fremde ihr Glück zu versuchen. Die "Wellen deutscher Auswan­ derer"1 ergossen sich erst über das untere Donaugebiet, später über Russland und dann vor allem über Amerika. Konstantinopel bildete während des 19. Jahrhunderts eine Art Endstation für deutsche Wan­ dernde. Von den wenigen Emigranten, die nach meist abenteuerlichen Reisen über den Balkan erschöpft in Konstantinopel ankamen, ge­ traute sich kaum jemand weiter in den Osten. In der Regel Hessen sich die Handwerker nur kurz in der Sultanshauptstadt nieder. Bei den wenigsten schien der Wunsch vorhanden gewesen zu sein, in Kon­ stantinopel ein neues Leben anzufangen. Der Handwerksbursche Ernst Christoph Döbel war einer dieser vielen Wandernden. Ihm brachte Konstantinopel kein Glück. In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts reiste er zurück in seine Heimat, wo er später einen Reisebericht verfasste. Darin erwähnt er eine deutsche Tuchfabrik, "in der sich mehrere deutsche Arbeiter befanden."2 Ob­ wohl die Arbeitssituation im Osmanischen Reich nicht viel besser war als in Deutschland, war es doch einigen gelungen, in der Fremde eine neue Existenz aufzubauen. Im Gegensatz zur Wanderbewegung nach Nordamerika blieb die Zahl der in die Türkei Auswandernden verschwindend gering. Die Gesamteinwohnerzahl Konstantinopels wird in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf ungefähr eine halbe Million geschätzt.3 Davon

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sollen 1850 nach Angaben der Fliegenden Blätter aus dem Rauhen Hause - einer Zeitschrift der Inneren Mission - ca. 1000 Personen aus dem deutschsprachigen Raum stammen. Aber:

Nur der kleinere Theil der genannten Anzahl hat hier seinen festen Wohnsitz, der grössere kommt und geht, um neu Herbeiziehenden Platz zu machen. Da die Meisten der zuwandernden Handwerksgesellen die Reise dorthin zu Fuss machen [...], so kommen sie meistens krank in Constantinopel an und müssen, entblösst von allen Mitteln fremde Hülfe in Anspruch nehmen.4

Über die Religionszugehörigkeiten der Deutschen notierten die Flie­ genden Blätter aus dem Rauhen Hause: "Alle Confessionen finden sich unter den Deutschen in Constantinopel vertreten, und auch alle Confessionslosigkeiten."5 Immerhin wäre bei den deutschen Protes­ tanten aber "noch Durst vorhanden nach Gottes Wort."6 Neben mittellosen Arbeitssuchenden lebten auch deutsche Gesandte und Offiziere in Konstantinopel. Der preussische Oberst von Goetze kam bereits 1789 in die Türkei und begründete damit die Tradition der deutschen Militärberater im Osmanischen Reich. Der bekannteste preussische Militärinstrukteur war Helmuth von Moltke. Er verbrach­ te drei Jahre in Konstantinopel (1836-1839) und hielt seine Erlebnis­ se und Eindrücke in einem Tagebuch fest.7 Erst mit dem Ende des Ersten Weltkriegs sollte diese Tradition abbrechen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befanden sich in Konstantinopel also einerseits mit sehr bescheidenen Mitteln ankommende deutsche Handwerker, andererseits deutsche Militärs und Gesandte und als dritte Gruppe Deutsche, die sich hier eine neue Existenz hatten aufbauen können, meist mit Frauen anderer Minoritätsgruppen Ehen eingingen und damit in der heterogenen multinationalen Grosshaupt­ stadt untertauchten. Stücker hielt in seinem 1862 erschienenen Buch Sitten und Charakterbilder aus der Türkei fest:

In Pera, [...], findet man viele Mischehen. So verheirathen sich die Deutschen sehr oft mit Armenierinnen, Griechinnen, Italienerinnen, usw., aber alle diese Ehen sind nicht durch Frieden und Eintracht gesegnet, und deshalb ist es eine natürliche Folge, dass die Früchte derselben sehr missrathen. [...] Die Erziehung der Kinder ist in jeder Hinsicht vernachlässigt.8

4 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Als vierte Gruppe könnten wir noch evangelische Missionare anführ­ en, die ebenfalls durch Kleinasien reisten und sich oft jahrelang in Konstantinopel aufhielten.

Gründung der evangelischen Gemeinde 1843 Einer dieser Missionare war Wilhelm Gottlieb Schauffler (1798- 1883). Er arbeitete seit 1831 für die amerikanische Missionsgesell­ schaft. Durch seine Initiative gründeten die deutschen Protestanten am 14. Juli 1843 die evangelische Gemeinde zu Konstantinopel.9 Ziel dieser Gründung war sowohl der Bau einer Kirche als auch die Beruf­ ung eines Pfarrers. Während die Katholiken in Pera bereits in mehreren Kirchen ihre Messen abhalten konnten, verfügten die Pro­ testanten nur über einige Kapellen. Aber auch da fand kein regel­ mässiger Gottesdienst statt. Diesem Defizit wollte die neue deutsche evangelische Gemeinde Abhilfe schaffen. "In den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts be­ fanden sich die Deutschen in hiesiger Stadt im Ganzen in einem Zustande grosser sittlicher Verwahrlosung", hielt Pfarrer Konstantin Schlottmann (1819-1887) um die Mitte des Jahrhunderts fest.10 Eine gut funktionierende evangelische Gemeinde sollte dieser "sittlichen Verwahrlosung" ein Ende bereiten. Neben einer Pfarrei war auch die Gründung einer evangelischen Schule und eines Krankenhauses von Anfang an ein Hauptanliegen der Gemeinde. Doch den deutschen Protestanten war klar, dass sie ohne Hilfe aus ihrer Heimat ihre Ziele unmöglich erreichen konnten. Mit dem preussischen König Friedrich Wilhelm IV (reg. 1840-1858) fand die Gemeinde die nötige Unter­ stützung. Friedrich Wilhelm IV war überzeugter Protestant und förderte die Diasporaarbeit der Kirche so gut er konnte. Noch im Gründungsjahr der evangelischen Gemeinde schickte er den Pfarrer Carl Forsyth Major (1802-1852) nach Konstantinopel. Dieser wirkte jedoch nur zwei Jahre lang als preussischer Gesandtschaftsgeistlicher (1843-1845). Danach blieb die Pfarrerstelle fünf Jahre lang unbesetzt. Wieder war es Missionar Schauffler, der sich energisch für die junge Gemeinde einsetzte. Auch der Diplomat und Orientalist Andreas David Mordtmann (1811-1880) förderte das evangelische Gemeinde-

5 Pera-Blätter 19 leben intensiv. Um die Not der ankommenden deutschen Handwerker zu lindern (im August 1844 starben drei deutsche Handwerker erschöpft von ihrer Wanderung im Hafenviertel ), gründeten die Protestanten noch unter der Leitung Majors am 1. September 1844 einen Verein mit dem Namen "Evangelisches Asyl". Er sollte "durch Handreich­ ung der Liebe" neuankommende Deutsche unterstützen, "bis sie eine angemessene Beschäftigung in ihrem Beruf gefunden, [und] im Fall sie erkranken, ihrer zu pflegen".11 Dazu sollte sobald wie möglich ein deutsches Krankenhaus eröffnet werden, wo auch kranke Mitglieder des Vereins gepflegt werden könnten. Vorsitzender dieses Vereins sollte immer der Königlich Preussische Gesandtschaftsprediger sein. Drei weitere Männer wählten die Mitglieder in den Vorstand. Obwohl Major 1845 Konstantinopel verliess, hielt der neu gewählte Vorstand (darunter auch Missionar Schauffler) am Plan der Errichtung eines Krankenhauses fest. Die Geldspenden nahmen ab, doch "können wir das gute Werk deshalb nicht fallen lassen", notierte ein Zeitgenosse.

Wir sind im Kleinen, was das Vaterland im Grossen. Will der Bayer, will der Sachse, will der Schweizer, will der Hesse, will der Württemberger nur für sich sorgen, so wird ein jeder vereinzelt dem Unglück unterliegen. Werden aber alle Deutsche sich brüderlich vereinen [...], so wird es mit Gottes Hilfe am besten Gelingen nicht fehlen. Alle europäischen Nationen haben ihre Krankenhäuser, nur der Deutsche irrt verlassen durch die Strassen ohne Obdach und ohne Pflege.12

Im Januar 1846 änderte der Vorstand den Namen des Vereins in "Evangelisch-deutscher Wohlthätigkeitsverein". Der Zweck blieb derselbe. Nur sollten von nun an auch Katholiken betreut werden. Zu­ dem beschloss Paragraph 5, dass auch deutsche Katholiken und nichtdeutsche Protestanten Mitglieder des Vereins werden konnten.13 Kurz darauf erliess der Verein nochmals einen Spendenaufruf für die Gründung eines Hospitals:

An die deutschen Brüder in Konstantinopel! [...] Wer unter Euch einen Ruhm darein setzt, ein Deutscher zu sein, der ein deutsches Herz in deutscher Brust bis hierher in dieses fremde Land gebracht hat, ein Herz, welches Mitleid hat mit der Not und dem Elend seiner Landsleute, der säume nun nicht, Hand ans Werk zu legen und durch

6 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul frische Teilnahme an dieser vaterländischen Sache dafür zu sorgen, dass für eine Anstalt der Unterhalt nicht fehle, [...] die Euch allen im Fall der Erkrankung einen Zufluchtsort und gute deutsche Behandlung anbietet.14

Mit diesem patriotischen Aufruf hatte der "Evangelisch-deutsche Wohlthätigkeitsverein" Erfolg. Er eröffnete am 6. April 1846 das erste deutsche Krankenhaus in einem gemieteten Gebäude am Yüksek Kaldirim in Galata. Da nur sechs bis acht Kranke im kleinen Hospital gepflegt werden konnten, beschloss der Verein noch im gleichen Jahr den Umzug in ein grösseres Gebäude. Die politische Instabilität zur Zeit der Märzrevolutionen von 1848/49 trieb nochmals viele Deutsche in die Fremde. Auch die in Konstantinopel lebenden Deutschen blieben von den Erschütter­ ungen in ihrer Heimat nicht unberührt. Bald gab es Spannungen innerhalb des evangelischen Wohltätigkeitsvereins. In zwei Generalversamm­ lungen im April und im August 1848 forderten die Liberalen die Abschaffung des evangelischen Grundcharakters des Vereins. Ab jetzt sollte er vor allem "deutsch" sein. Der überzeugte Protes­ tant Mordtmann, seit 1848 Vorsitzender des Vereins, konnte den liberalen Kräften entgegen- Pfarrer Fltedner (1) wirken. Vorerst blieb der Wohltätigkeitsverein evangelisch. Bereits im Oktober 1847 hatte Andreas David Mordtmann die 1836 von Pfarrer Theodor Fliedner gegründete Kaiserswerther Dia- konie um die Entsendung von Diakonissen an das deutsche Kranken­ haus gebeten. Fliedner ging sofort auf die Bitte ein und versprach, zu­ sätzlich eine Diakonisse zu senden, die eine evangelische Schule er­ öffnen sollte. In einem Brief an Theodor Fliedner vom 19. Januar 1848 begrüsste Mordtmann die Idee einer Schuleröffnung herzlich:

In Betreff des Anerbietens, die nöthigen Massregeln zur Errichtung einer evangelisch Deutschen Elementarschule kommen Sie einem längst gefühlten dringenden Bedürf­ nis entgegen. Diejenigen Deutschen, welche sich hier etabliren, verheiraten sich in der Regel mit Eingeborenen, mit welchen sie sich in griechischer, italiänischer oder türkischer Sprache verständigen; die Kinder lernen die Sprache der Mutter, da die Väter in der Regel ihr Geschäft ausserhalb des Hauses haben, und abends nicht Lust

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haben, deutschen Sprachunterricht zu ertheilen; so dass die Mehrzahl der Kinder ihre deutsche Abstammung gänzlich vergessen.15

Auch mangle es an der Erziehung in der evangelischen Religion, be­ schwerte sich Mordtmann. Die politischen Unruhen in den Revolu­ tionsjahren und die Spannungen innerhalb des evangelischen Wohl­ tätigkeitsvereins verhinderten jedoch die Entsendung der Diakonis­ sen. Dabei hätte das deutsche evangelische Krankenhaus die Hilfe Kaiserswerther Krankenschwestern dringend nötig gehabt. Von Okto­ ber 1847 bis Januar 1849 wütete in Konstantinopel eine Cholera­ epidemie. Finanzielle Hilfeleistungen aus der Heimat blieben aus, so dass das Hospital in schwere Probleme geriet. Die Wiederbelegung der Pfarrstelle durch Konstantin Schlott­ mann im August 1850 war für das Überleben des Krankenhauses und die weitere Entwicklung des evangelischen Gemeindelebens von grosser Wichtigkeit. 1851 wurde dem Wohltätigkeitsverein Geld, das in Preussen gesammelt wurde, ausgezahlt. Damit konnten die Schul­ den gedeckt werden. Trotzdem führten die Spannungen, die 1848 in Folge der Märzrevolutionen in Deutschland im Verein ausgebrochen waren, 1851 zu einer Spaltung des "Evangelisch-deutschen Wohl- thätigkeitsvereins". Der leitende Arzt des Krankenhauses, Dr. Stoll, gründete den "Deutschen Wohltätigkeitsverein" und behielt das Krankenhaus in Galata. Im Gegenzug richtete Schlottmann als Vor­ sitzender des "Evangelisch-deutschen Wohlthätigkeitsvereins" am 22. März 1851 in der Sakiz Agac Sokak (später SakizAgaci Caddesi, heute Auf Yümaz Caddesi) in einem Holzgebäude ein neues evangelisches Krankenhaus ein. Bis 1870 existierten in Konstantin­ opel parallel zwei deutsche Krankenhäuser.

Beginn der Diakoniearbeit Einer der ersten Besucher des neuen evangelischen Krankenhauses war Theodor Fliedner. Er befand sich auf der Heimreise von Jerusa­ lem, wo er vier seiner Diakonissen stationiert hatte, um im Heiligen Land den evangelischen Glauben zu verbreiten. Nun sollten auch in Konstantinopel Kaiserswerther Schwestern ihrer Arbeit nachgehen.

8 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

"Die Mohammedaner bekommen immer mehr Respekt vor der Reli­ gion der Protestanten", glaubte Fliedner 1851, "je mehr sie sehen, dass diese wegen ihres einfachen Gottesdienstes, ihres Fernseins von abgöttischen Bildern und Heiligendienst etc. viel mehr Verwandt­ schaft mit dem Islam hat, als die andern christlichen Konfessionen."16 Ein Jahr später erreichten die ersten drei Kaiserswerther Diakonissen Konstantinopel. Friedrich Wilhelm IV. stiftete eine vollständige Apo­ theke, die die Diakonissen auf ihre Reise mitnahmen. Fliedner war sich sicher, im schwachen Osmanischen Reich viele Muslime von seiner Religion überzeugen zu können:

Gerade in jetziger Zeit, wo der Muhamedanismus in einer Gährung begriffen ist, und in Constantinopel mehr Muhamedaner Christen geworden sind, als in vielen vorhergehenden Jahrhunderten, ist es ohne Zweifel von der grossesten Wichtigkeit, dass die evangelische Kirche dort durch die Werke der Liebe ihren Glauben und ihr Leben beweist.17

Gründung eines ersten deutschen Kindergartens Nachdem Konstantin Schlottmann die Seelsorge der deutschen Pro­ testanten übernommen hatte und die evangelische Gemeinde seit 1846 auch über ein eigenes Krankenhaus verfügte, wurde nun der Wunsch nach einer eigenen Schule wieder laut. Gleich nach seiner Ankunft in Konstantinopel begann Schlottmann im Oktober 1850 mit der Aufstellung von Gemeindelisten. 300 bis 400 deutsche Protestan­ ten konnte er in der Grosstadt ausfindig machen.18 Darunter waren auch viele Kinder. Mordtmann, der ab Mai 1850 Mitglied des Schul­ vorstands war, klagte:

Niemand erzählt unseren Kindern die Geschichten, wie Gott das Werk der Erlösung durch Seinen Sohn ausführt, niemand bringt ihnen die Wahrheiten und Lehren des Evangeliums bei. Ja es gibt in unserer Gemeinde viele Kinder, welche mit ihrem Vater nicht einmal in deutscher Sprache reden können.19

Am 12. Dezember 1850 konnte die erste deutsche Schule in Räum­ lichkeiten des preussischen Gesandtschaftspalais mit drei Kindern eröffnet werden. Den Unterricht übernahm ein aus Deutschland

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entsandter Lehrer namens Hermann Dreyer. Der Gesandtschaftspre­ diger Schlottmann schlug zudem vor, der Schule einen Kindergarten anzuschliessen. Damit sollte Kindern, die noch nicht gut deutsch sprachen, der Übertritt in die deutsche Schule erleichtert werden. 1851 notierte Schlottmann:

Wir haben uns durch eigene Prüfung überzeugt, wie auch bei wirklich talentvollen Kindern, die schon im siebenten Jahre vier oder fünf, ja noch mehrere der hier lebenden Sprachen sprechen, die Entwickelung ihrer Geistesanlagen gerade durch diese einseitige Ausbildung des Sprachtalents völlig gehemmt wird, f...] Jedes Gefühl einer Muttersprache, jedes Bewusstsein einer eigenen Volkstümlichkeit wird durch jene Zungenfertigkeit erstickt.20

Der Andrang an die erste deutsche Schule war nicht gross. Schlott­ mann beschwerte sich noch im gleichen Jahr, dass viele Deutschen "die hier verbreitete Überschätzung des frühen Erlernens vieler Sprachen teilen". Sie mässen dem "gründlichen deutschen" Elemen­ tarunterricht keinen Wert zu und besässen für eine evangelische Erziehung "kein Herz".21 Trotzdem hofften die Fliegenden Blätter aus dem Rauhen Hause 1851, "dass die neue Schule selbst den Widerstand vieler mattherziger Deutschen, die vor ihren griechischen und persischen Frauen es nicht wagen, ihre Kinder deutsch und evangelisch erziehen zu lassen"22 brechen würde. Doch bereits im Januar 1852 musste die Schule mit dem Kindergarten die Räumlich­ keiten im Gesandtschaftspalais wieder verlassen. Erst fünf Jahre später konnten die Protestanten ihr eigenes Schulhaus auf dem heutigen Gelände Aynah Qesme eröffnen. Allerdings wurde der neuen evangelischen Schule kein Kindergarten mehr angeschlossen. Am 17. November 1861 wurde im gleichen Schulgebäude die von den Protestanten lang ersehnte Kirche eingeweiht.

Aus der berechtigten Angst, das Hospital in der Sakiz Agac Sokak könnte ein Raub der Flammen werden und es sich ausserdem als un­ zulänglich erwies, mietete der evangelische Wohltätigkeitsverein ein Steingebäude in der Telegraf Sokak (einer Seitenstrasse der Büyük Parmak Kapi Sokagi, heute Tel Sokagi).

10 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Deutsches evangelisches Krankenhaus 1856 (2) Am 21. Juli 1853 bezogen die Kaiserswerther Diakonissen ihr neues Zuhause. Trotz der verbesserten Situation gab es aber immer noch Dinge, an die sich die Schwestern nicht gewöhnen konnten:

Dieses sind erstens: die Wanzen. [...] Das Zweite sind: die Scorpionen, deren es auch viele im Hause giebt. [...] Das dritte und schlimmste ist: die vielen Feuersbrünste. Wenigstens brannte es schon 12 mal, seit wir hier sind, und dann werden nicht Ein, oder zwei Häuser ein Raub der Flammen, sondern Hunderte. Der Feuerlärm hört sich gar zu schrecklich an. Sie schlagen mit Holzkeulen, die unten mit Eisen beschlagen sind, auf die Pflastersteine, und rufen: Jankin war! (Feuersbrunst ist) mit furchtbar starker Stimme. Dies Jankin war, und die Frage: Ner Jankin war? (Wo ist Feuer?) war eins der ersten Worte, die ich lernte.23

Bereits wenige Monate nach dem Umzug in die Telegraf Sokak begann für die Diakonissen eine schwierige Zeit. Das Osmanische Reich erklärte im Oktober 1853 Russland den Krieg. "Hier in Con- stantinopel sieht es durch die politischen Händel gerade aus, als wenn ein schweres Gewitter am Himmel steht, und sich kein Lüftchen regt", schrieb Schwester Ernestine am 6. März 1854 an Kaiserswerth. "Alles ist stille unter den Türken; aber es ist eine unheimliche Stil­ le."24 In den Jahren des Krimkriegs war das deutsche Krankenhaus international belegt. Die Schwestern konnten sich über mangelnde Arbeit nicht beschweren. Im Jahre 1854 betrug die Zahl der Gepfleg­ ten 113, in den ersten sieben Monate des Jahres 1855 sogar 150. Dies war deutlich mehr als in früheren Jahren. "Wir werden immer mehr bekannt", freute sich die Diakonisse Ernestine, "und man schenkt uns

11 Pera-Blätter 19 allgemeines Zutrauen, mehr als wir verdienen."25 Mitten im Krim­ krieg löste Carl Nathanael Pischon (1827-1887) Konstantin Schlott­ mann, der im Herbst 1855 in Zürich eine Professur für Altes Testa­ ment übernahm, als preussischen Gesandtschaftsprediger ab. Pischon fand eine Gemeinde vor, die innerlich stabil war. Doch er hatte mit anderen Problemen zu kämpfen. Schwester Ernestine beschwerte sich in einem Brief vom 28. Juli 1855 an Kaiserswerth:

Im Geistigen sieht es hier sehr betrübt aus. Die Predigten werden spärlich besucht; die Zahl der Kirchgänger beträgt oft nur 20. [...] Man hält sich in Constantinopel für frei, und viele wollen daher vom Gehorsam des Glaubens und den kirchlichen Ord­ nungen und Gnadenmitteln nichts wissen. Die Armen bedenken nicht, dass sie bei aller vermeinten Freiheit die jämmerlichsten Knechte des Unglaubens und der Fleischeslust sind.26

In die Amtsjahre Pischons fiel auch die Verlegung des Friedhofs für christliche Europäer von den Grands Champs (Gelände, auf dem später die -Kaserne gebaut wurde) nach Feriköy 1857.27 Ausserdem forderte Pischon im gleichen Jahr, dass jedes in der evangelischen Gemeinde geborene Kind innerhalb von sechs Wochen getauft werden sollte. Trunksüchtigen unverbesserlichen Protestanten wurde der Ausschluss aus der Gemeinde angedroht. Neben der Leitung der evangelischen Gemeinde war Pischon als Vorsitzender des evangelischen Wohltätigkeitsvereins auch mit der Verwaltung des deutschen Krankenhauses betreut. Nach dem Ende des Krimkriegs durfte er am 15. Oktober (dem Geburtstag des Königs Friedrich Wilhelm IV) 1856 einen Hospitalanbau einweihen. Diesen besuchte Theodor Fliedner im Mai 1857 und schwärmte: "Von oben ist eine prachtvolle Aussicht auf den zu den Füssen liegenden Bosphorus und die Küsten Kleinasiens."28 Das deutsche Krankenhaus konnte sich in den folgenden Jahren weiter etablieren. Auch einige Türken besuchten das Hospital: "Die Türken fangen allmälig an, sich etwas an uns anzuschliessen", meinte Schwester Ernestine im März 1858, "doch sind es noch immer nur einzelne."29 Der evangelische Wohltätigkeitsverein erfreute sich in diesen Jahren ebenfalls regen Zuwachses. Die Zeitung Preussische Korres-

12 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul pondenz hielt am 11. Januar 1857 fest, dass der Verein 1855 erst 170, ein Jahr später aber bereits 254 Mitglieder zählte.30 Trotzdem blieb die finanzielle Lage stets instabil. In stiller Arbeit wirkten die Kai­ serswerther Diakonissen am deutschen Krankenhaus weiter, nach wie vor mit dem Ziel, möglichst viele Muslime und "die verderbten Christen des Morgenlandes"31 vom Evangelium zu überzeugen. Schwester Margaretha betete 1857: "Der grosse Herr und Heiland wolle segnen und helfen, dass viele Kirchen erbaut werden! O dass auch in allen Moscheen sein Lob ertönte, und die Muselmänner ihren Heiland erkennten!"32 Fliedner und seine Diakonissen waren sich sicher, dass im untergehenden Osmanischen Reich die Missionsarbeit so einfach wie nie zuvor sein würde. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen sollte.

Gründung der Kaiserswerther Kleinkinderschule Kurz nach dem Tode Theodor Fliedners am 4. Oktober 1861 gründeten die Kaiserswerther Diakonissen im Krankenhaus eine Kinderstation. Am 8. November traf die neue Schwester in Konstan­ tinopel ein, wo sie mit drei Waisenkindern ihren Dienst aufnahm. Damit arbeiteten nun vier Schwestern am Hospital. Schwester Gretchen war für die Kinderstation zuständig, die am 30. Mai 1864 durch eine Kleinkinderschule (einen Kindergarten) mit 18 Kindern erweitert wurde. "Zur grössten Freude der Schwestern ist endlich auch eine Kleinkinderschule in Constantinopel zu Stande gekom­ men", berichtete Kaiserswerth 1864. Da die Schwestern keine passende Unterkunft für die Kinder finden konnten, eröffneten sie den Kindergarten in ihrem Esszimmer. Der Innenhof des Kranken - hauses diente "dem muntern Kindervölkchen zum Spielplatz, wenn die kurzen Unterrichtsstunden vorüber" waren.33 Auf die Dauer konnte die Kleinkinderschule nicht im Esszimmer bleiben. Am 13. Februar 1865 zog der Kindergarten in ein Miethaus, dessen Standort wir leider nicht kennen. Dort unterrichtete Schwester Gretchen in den nächsten drei Jahren zwischen 30 und 40 Kinder. Das Ziel des Kindergartens war wie schon 1850, den kleinen Kindern deutsch beizubringen, um ihnen später den Einstieg in die

13 Pera-Blätter 19 evangelische Schule zu erleichtern. Ausserdem wollten die Diakonis­ sen schon die jüngste Generation im evangelischen Glauben erzie­ hen. Um mehr Patienten aufnehmen zu können, wurde die Kindersta­ tion am 17. Juli 1868 vom Krankenhaus in das Miethaus der Klein­ kinderschule verlegt. Bald erwies sich das Haus als zu klein und die beiden Kaiserswerther Schwestern zogen mit ihren Kindern in ein grösseres Gebäude in der Serkis Sokak 32, einer Seitenstrasse der Hamal Ba§i Sokak (heute Hamalba§i Caddesi) um. Damit lag das "Kinderhaus" in unmittelbarer Entfernung der Englischen Botschaft. Pfarrer Bernhard Hülsen, der 1862 das Amt des Gesandtschafts­ predigers übernommen hatte, betonte die Wichtigkeit der evange­ lischen Erziehung ebenfalls:

Die kleinen Kinder wuchsen grösstenteils ohne Aufsicht, namentlich ohne Zucht und Vermahnung der Älteren auf, ohne Gebet, ohne Kunde von Gott und dem Heilande, zum Teil ohne die Sprache zu lernen. Die Seelsorge muss hier an der frühesten Jugend beginnen, wird sie da versäumt, so ist für später wenig Aussicht auf Erfolg ihrer Bemühungen.34

Noch keine zwei Jahre lebten und arbeiteten die Diakonissen in ihrem neuen Miethaus, als ein Grossbrand in Pera Anfang Juni 1870 das Gebäude komplett zerstörte. "Aber alle Zöglinge und Pfleglinge und alle Schwestern sind am Leben erhalten, während Hunderte um sie verbrannten oder verschüttet wurden", notierte Julius Disselhoff (1827-1896), der ab 1865 die Kaiserswerther Diakonie leitete, in seinem Jahresbericht.35 Das Ausmass der Katastrophe war enorm. Das zweite deutsche Krankenhaus, das sich in der Nähe des Kindergartens befunden haben muss, brannte ebenfalls bis auf die Grundmauern nieder. Fortan gab es nur noch ein deutsches Krankenhaus, das "preussisch" evangelische. Am 7. Juli 1870 berichtete eine Diakonisse:

Als wir erfuhren, dass es in Pera irgendwo brennen sollte, begaben wir uns mit einigen Hospitalschwestern zur Kirche. [...] Von der Kirchtreppe aus sahen wir ganz am Ende von Pera einige Häuser brennen. Die Flammen griffen schnell um sich, denn der Wind war stark. Nun eilten wir schnell nach Hause. Schwester Sophie hatte

14 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul die Kinder unten im Flur versammelt und versuchte, sie zu beruhigen. Da uns das Feuer schon ziemlich nahe gekommen war, brachte eine Schwester die verängstigte Schar in die deutsche Elementarschule und wir andern fingen an, die wertvollsten Sachen einzupacken. In aller Eile wurde die Zisterne leer gepumpt und mit den Kleidern der Kinder gefüllt. [...] Nach einigen wenigen Gängen war es aber nicht mehr möglich, ins Haus zu gelangen. Die Flammen schlugen zu Türen und Fenstern hinein, und als ich als letzte herunterkam, brannte es unten im Hausflur schon lichterloh.36

Die zerstörte Kleinkinderschule fand kurz nach der Katastrophe im preussischen Gesandtschaftsgebäude Unterschlupf. Sechs Wochen nach dem Brand waren die Schwestern wieder vollständig in ihrem provisorischen Zuhause eingerichtet. "Alle Tage erkenne ich mehr, in welch' grosser Gefahr wir waren bei dem Feuer", schrieb eine Schwester an Kaiserswerth. "Hätte der Herr den Flammen nicht ge­ wehrt, so hätten sie uns verzehrt, wie so viele Hunderte. Es ist ganz sicher, dass über 1500 Menschen das Leben bei dem Brande verloren haben. Welch' eine unvergessliche Schreckenszeit."37 Da der Konak des preussischen Gesandtschaftspalais, in dem der Kindergarten Un­ terschlupf gefunden hatte, im Herbst 1871 abgerissen wurde, zog die Kleinkinderschule im November 1871 in die Polonya Sokagi 20 (Rue de Pologne, heute Nur-i Ziya Sokagi). Im Dezember 1871 wurden 18 Kinder im Alter von drei bis vierzehn Jahren unterrichtet. "Den Nationen nach waren die Kinder Deutsche, Italiener, Armenier, Eng­ länder, Franzosen, Juden und Proseliten [zum Judentum übergetre­ tene NichtJuden]; die meisten sind Protestanten, einige auch Katholi­ ken und Israeliten."38

Umzug nach Bebek Der Kaiserswerther Vorsteher Julius Disselhoff besuchte im Winter 1872/73 während seiner Orientreise Konstantinopel. Er beschrieb das Miethaus als "dumpf und "eng"39, seine Zukunft als ungewiss, da die Miete sehr hoch sei. Ausserdem hielt er in seinem Jahresbericht fest, "dass eine Unzahl von Ratten und Mäusen sich als zinsfreie Miether einquartiert" hätten.40 Der Kindergarten zählte zu jenem Zeitpunkt zwischen 30 und 40 Kinder. Bevor das "Kinderhaus" geschlossen

15 Pera-Blätter 19 werden musste, erhielt Kaiserswerth ein Angebot von der amerikanischen Missionsgesellschaft. Diese besass in Bebek ein Haus, welches den Kindergarten- und Waisenkindern zur Unterkunft angeboten wurde. Im Mai 1873 zogen die Kinder mit ihren Diakonissen nach Bebek. Damit verliess der deutsche Kindergarten zum ersten und einzigen Mal in seiner Geschich­ te Pera. Ausserdem übergab der evange­ lische Wohltätigkeitsverein, der sich ab dem 14. Februar 1873 nur noch "deutscher Wohlthätigkeits-Verein" nannte, die Ge- juiiusDisSelhoff(3) schäfte an Kaiserswerth. Pfarrer Paul Suhle (1842-1906), der die evangelische Gemeinde ab 1870 bis zu seinem Tod betreute, schrieb im Juli 1873 an Disselhoff:

Ihren geehrten Brief vom 17. Juli, mit dem Sie unserm Vorstande die Übernahme des Bebeker Kinderhauses durch Ihren Verein gefälligst mittheilen, habe ich soeben erhalten und werde in der nächsten Sitzung dem Vorstande davon Kenntnis geben. Weitere Verhandlungen liegen meiner Ansicht nach nun nicht vor.41

Suhle war, wie wohl andere auch, nicht begeistert vom Umzug der Anstalt. Im oben zitierten Brief schloss er sich der schon "mehrfach getheilten Ansicht" an, wonach "für das Aufblühen des Instituts eine der Stadt näher gerückte Lage desselben günstiger sein würde."42 Schwester Marie Hirsch, die im Oktober 1872 die Leitung des Kin­ dergartens übernahm, war aber überzeugt, dass die Kleinen "dort in der frischen Luft bald das elende Aussehen verlieren"43 werden. Da neben den Kindergartenkindern fast ausschliesslich Kinder unterge­ bracht wurden, "die Vater oder Mutter oder beide verloren"44 hatten, war die Anstalt in Bebek in erster Linie ein evangelisches Waisen­ haus. Die gute Luft schien sich tatsächlich positiv auf die Kinder ausgewirkt zu haben, wie Marie Hirsch in ihrem ersten Jahresbericht festhielt:

16 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Der Gesundheitszustand unserer Kleinen ist in Bebek ungleich besser als in Pera. Einige Erkältungen ausgenommen, hatten wir hier gar keine Krankheit unter den Kindern während im Anfang des vorigen Jahres ein Kind nach dem andern erkrankte, mehrere sogar an den Pocken.45

Aber auch die Schwestern fühlten sich besser. Die Frau von Mis­ sionar Schauffler schrieb bereits im August 1873, dass sich die gesunde Luft von Bebek an den Schwestern vollständig bewährt habe. "Ihre Gesundheit ist allseitig besser; Schwester Luise sieht ganz anders aus, hat ihr Kopfweh verloren und ist munter und frisch."46 Im ersten Jahr erzogen die Schwestern 65 Kinder in vier Klassen. In der Kleinkinderschule befanden sich 20 "Zöglinge". 1874 begannen Kaufverhandlungen zwischen Kaiserswerth und der amerikanischen Missionsgesellschaft, doch Grund zur Freude hatte Schwester Marie nicht. Die Anstalt befand sich in einer misslichen Lage. Dem "Kinderhaus" fehlte es nicht nur an Geld sondern auch an Arbeitskräften. Trotzdem konnten 1874 26 Kindergartenkinder von einer weltlichen Frau Lägel betreut werden. Besonders deren Sprach­ kenntnisse (Griechisch, Türkisch, Deutsch, Französisch und etwas Englisch) waren Ursache für den "recht gute[n] Erfolg in der Klein­ kinderschule"47. Es besuchten sieben Armenier, zwei Türken, drei Engländer, eine Bulgarin, eine Griechin, drei Deutsche, eine Schweizerin und sechs "Halbdeutsche"48 den Kindergarten. Am Ende ihres zweiten Jahresberichts hoffte Marie Hirsch, "dass dieser Bericht über die Schule nicht der letzte sei. Wenn es uns nicht erlaubt ist zu wachsen wegen des grossen Mangels an Arbeitskräften, so bitten wir nur, fortbestehen zu dürfen. Gott sei die Sache befohlen."49 Bereits im Oktober 1874 zweifelte Kaiserswerth wegen des grossen Mangels an Diakonissen, ob die Erziehungsanstalt in Bebek fortbestehen könne. Als zu Beginn des Jahres 1875 die beiden in Bebek arbeitenden Diakonissen Marie Hirsch und Friederike Niebel den Entschluss fassten, aus der Schwesternschaft auszutreten, konnten die Stellen nicht mehr neu besetzt werden. Die Verkaufsverhandlungen mit der amerikan-ischen Missions­ gesellschaft wurden im April abgebrochen und die übrigen Schwes­ tern bis Juli auf andere Arbeitsfelder ver-setzt. Damit war der

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Kaiserswerther Ver-such, in Konstantinopel eine Tochteranstalt zu errichten, gescheitert. Pfarrer Suhle als Vorsitzender des Wohltä­ tigkeitsvereins war erneut verantwortlich für eine Wiederer-richtung des Kindergar­ tens. Doch Hess die-se noch einige Jahre auf sich warten.

In der Zwischenzeit war in der deutschen Heimat ein neues Reich gegründet worden. Wilhelm I. (1797-1888) von Preussen wurde im Januar 1871 zum Deutschen Kaiser proklamiert. Mit der damit voll- zogenen Gründung des Deutschen Kaiserreichs begannen 'rühm- reiche' Jahre für die Deutschen in Konstantinopel, die erst 1918 mit der Niederlage im Ersten Weltkrieg ein Ende fanden. Am 28. August 1872 eröffnete der Vorstand der 1868 gegründeten Deutschen und Schweizer Schulgemeinde ein massives dreistöckiges Haus in unmittelbarer Nähe des Galata-Turms. Der damalige Rektor Felix Theodor Mühlmann schwärmte über den Standort dieser konfessions- losen Schule:

Wahrlich, es dürfte wenig deutsche Schulen geben, denen eine so herrliche Land­ schaft in die Fenster hineinlacht, und vor deren Thüren sich eine Welt so reicher geschichtlicher Erinnerungen ausbreitet!50

Am 1. Dezember 1872 schlössen sich die Protestanten der neuen Schule an. Die evangelische Schule in Aynah Cesme wurde geschlos­ sen. Einen Kindergarten gab es in der Bürgerschule (Deutsche Schu­ le) aber nicht. Im Herbst 1875 begannen die Bauarbeiten für das neue deutsche Krankenhaus an seinem heutigen Standort. Julius Disselhoff bat den Wohltätigkeitsverein, diesen Neubau möglichst schnell zu Ende zu bringen, "da, wie Sie selbst besser als wir wissen, die Räume des jetzigen Krankenhauses für ihren Zweck sehr wenig geeignet sind, und unsere Diakonissen unter schwierigen Verhältnissen schon so lange darin ausgehalten haben"51. Am 14. Januar 1877 konnte das

18 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul neue Krankenhaus an der heutigen Siraselviler Caddesi feierlich eingeweiht werden. Im Jahresbericht von Kaiserswerth notierte Disselhoff erleichtert:

An die Stelle des alten, baufälligen und unpractischen Hauses, in welchem unsere Diakonissen 24 Jahre lang im Dienste des deutschen Wohlthätigkeitsvereins an Kranken aller Nationen gearbeitet haben, ist im Anfange des Jahres 1877 ein neues stattliches Hospital getreten, würdig des neuen deutschen Reiches, auf dessen Kosten es zum grössten Theil erbaut ist. Dazu hat es eine herrliche und gesunde Lage.52

Noch im gleichen Jahr musste das Krankenhaus seine Qualität bewei­ sen. Der Türkisch-Russische Krieg von 1877/78 füllte die Kranken­ zimmer. Ein weiterer wichtiger Neubau wurde ebenfalls 1877 eingeweiht - das deutsche Botschaftsgebäude am Taksim-Platz (das heutige Gene­ ralkonsulat in Gümü§suyu). Eigentlich hätte die deutsche Botschaft auf dem preussischen Grundstück in der Rue Yazici (heute Serdari Ekrem Sokagi) gebaut werden sollen. Doch der damalige Gesandte Joseph Maria von Radowitz (1839-1912) verhinderte dieses Vorha­ ben, da er glaubte, dass sich der Mittelpunkt Peras Richtung Taksim verschieben würde. Damit hat er Recht behalten. Wachsende politische und wirtschaftliche Beziehungen zwischen dem Deutschen und dem Osmanischen Reich wurden mit gegen­ seitigen Geschenken verstärkt. Im Jahre 1880 überliess Abdülhamid II. (1842-1918) den Deutschen das Tarabya-Grundstück. In einem Telegramm vom 22. Mai 1880 bedankte sich Wilhelm I. "in militär-

19 Pera-Blätter 19 isch knapper Weise": "[...] Seine Majestät erblickt darin neuen Be­ weis der Freundschaft des Sultans und nimmt Geschenk mit besonde­ rem Dank an"53. Fünf Jahre später begannen in Tarabya die Bauarbei­ ten. Auch von deutscher Seite blieben die Geschenke nicht aus. Das prachtvollste dürfte der Kaiser-Wilhelm-Brunnen (Alman <^e§mesi) sein. Ihn Hess Wilhelm II. (1859-1941) zum Anlass seines zweiten Besuchs in Konstantinopel auf dem Sultanahmet-Platz er- richten, wo er am 27. Januar 1901 feierlich eingeweiht wurde.

Gründung des Teutonia-Kindergartens I Nachdem der Kindergarten schon vier Jahre lang geschlossen war, richtete Pfarrer Suhle 1879 einen Fonds ein, um Geld für eine Wie­ dereröffnung zu sammeln.54 Doch erst mit einem Konzert des deut­ schen Gesangsvereins am 11. Dezember 1881 im Festsaal der Kaiser­ lichen Botschaft reichten die Finanzen aus, um einen Neuanfang in die Wege zu leiten. Suhle hatte dafür bereits mit Kaiserswerth Kon­ takt aufgenommen, um wieder eine Diakonisse für die Kindergarten­ arbeit zu gewinnen. "Wir möchten, falls unsere Verhandlungen hin­ sichtlich des Locals günstig ausfallen, bald nach Ostern oder doch zum lten Mai beginnen", schrieb Suhle am 6. Februar 1882 an Dis- selhoff. "Sie würden uns sehr verbinden, wenn Sie uns wissen Hes­ sen, ob Aussicht auf eine Kaiserswerther Lehrerin vorhanden."55 Kai­ serswerth sagte zu und schickte Susanna Wasum nach Konstantin­ opel. Am 31. Mai 1882 konnte der Kindergarten in den Räumen der "alten Teutonia am Teke"56 wiedereröffnet werden.57 Welche Räum­ lichkeiten damit gemeint sind, ist uns nicht klar. Das gemietete Lokal scheint sich aber in unmittelbarer Entfernung des 'Derwischklosters' (tekke) befunden zu haben. An dieser Stelle war es der Kleinkinderschule zum ersten Mal in ihrer Geschichte möglich, über längere Zeit zu bleiben. Genau 15 Jahre wurden die Kinder in Galata betreut. Ihre Anzahl schwankte in diesen Jahren zwischen 50 und 70. Trotz des erfolgreichen Neustarts war die finanzielle Lage um 1886 so schlecht, dass nur ein Basar, der am 15. Dezember 1886 unter dem Patronat der Frau des Botschafters stattfand, den Fortbestand des Kindergartens sichern konnte. Ein Jahr

20 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul später musste der Kindergarten sogar für fast zwei Monate geschlos­ sen werden, da das Geld nicht mehr ausreichte. Ausserdem scheint Susanna Wasum Konstantinopel verlassen zu haben, denn erst mit der Entsendung von Schwester Lina Brückmann konnte die Kleinkinder­ schule am 20. Oktober 1887 wieder eröffnet werden. Die Anstellung einer weltlichen Kindergarten-Lehrerin hätte sich der Wohltätigkeits­ verein nicht leisten können. Er war auf die Hilfe einer billigen Ar­ beitskraft aus Kaiserswerth angewiesen.

Teutonia-Kindergarten um 1882 (6)

Im Juni 1888 wurde Wilhelm IL, gerade mal 29jährig, zum Deut­ schen Kaiser und König von Preussen proklamiert. Kaiser Wilhelm war ein grosser Orient-Liebhaber und interessierte sich sehr für Ar­ chäologie. Bereits ein Jahr nach seiner Thronbesteigung besuchte er während seiner Orientreise auch Konstantinopel. "Am 2. November, morgens 10 Uhr verkündeten Kanonenschüsse das Herannahen der Schiffe", hielt eine Diakonisse im Jahresbericht fest. Die ganze Stadt sei für diesen Anlass verschönert worden, "verschiedene Strassen wurden gepflastert und eben gemacht; mehrere alte Häuser wurden niedergerissen und an ihre Stelle eine Bretterwand aufgerichtet und mit der 'heiligen' gelben Farbe angestrichen." Nachdem das evan­ gelische Kaiserpaar einer Messe in der deutschen Kirche beigewohnt hatte, besuchte die Kaiserin Auguste Viktoria das deutsche Hospital:

21 Pera-Blätter 19

Um 1 Uhr rückte Militär heran, um die Strasse nach dem Hospital frei zu halten. [... ] Als wir nun schon jeden Augenblick dachten, die Kaiserin würde anlangen, wurde uns plötzlich zu unserer schmerzlichen Überraschung die Nachricht überbracht, Ihre Majestät werde das Hospital nicht besuchen, einer Anordnung des Kaisers zufolge, weil sich nämlich in einer der Baracken noch ein an den Pocken erkrankter Patient befand, wolle uns aber im Garten begrüssen.58

Hier kam die Kaiserin nach zwei Uhr an, "war sehr lieb und redete freundlich mit allen ihr Vorgestellten."59 Der Besuch des Kaiserpaars schmeichelte den in Konstantinopel lebenden Deutschen. Er weckte in ihnen das Gefühl, von der 'Heimat' wahr und ernst genommen zu werden. Ausserdem verkörperte der pompöse Auftritt Wilhelms II. Macht und Stärke. Die Kaiserswerther Diakonissen hingegen waren besonders über den Besuch ihrer Kaiserin erfreut. "Uns allen aber wird es eine schöne Erinnerung bleiben, unsere teure Kaiserin bei uns gehabt zu haben."60 Neben den elf Schwestern, die zu jenem Zeitpunkt im Kranken­ haus tätig waren, arbeitete Lina Brückmann bis Ende Schuljahr 1889 als zwölfte Schwester am Kindergarten. Dieser wurde von ca. 40 Kindern besucht. Ab Herbst 1889 leitete die Diakonisse Agnes Berent fünf Jahre lang die Kleinkinderschule. Sie unterrichtete im Durch­ schnitt 50 Kinder. Bevor Schwester Emilie Steinberg (1867-1931) im Herbst 1894 ihre Vorgängerin ablöste, zerstörte am 10. Juli ein schweres Erdbeben die Deutsche Schule in Galata. "Das Deutschtum in Konstantinopel ist durch die schwere Beschädigung der 'Deut­ schen Bürgerschule' in härtester Weise betroffen worden", meldete die Kölnische Zeitung am 3. August 1894. "Diese Schule hat seit einer Reihe von Jahren eine überaus segensreiche Tätigkeit entfaltet, der es zu danken ist, wenn Tausende von Kindern dem deutschen Wesen erhalten geblieben sind." Das ohnehin "wenig erfreuliche Ge­ bäude der Schule" habe durch das Erdbeben so schwere Risse erlitten, "dass es die Kinder ohne Gefahr für Leib und Leben nicht mehr besuchen können."61

22 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Umzug in die Deutsche Schule Da den Experten eine Ausbesserung der Schäden unwirtschaftlich erschien, kam für sie nur ein Neubau in Frage. Dieser konnte am 14. September 1897 an seinem heutigen Platz in der §ah Kulu Bostan Sokagi eröffnet werden. Auch der in der alten Teutonia unterge­ brachte Kindergarten, dessen Räume Pfarrer Suhle im August 1897 als "alt und baufällig"62 bezeichnete, durfte im stolzen Bau zwei neu eingerichtete Zimmer im Untergeschoss mieten. Hier wurde aus der "mit grosser Mühe wieder lebensfähig gewordenen Anstalt"63 eine mächtige deutsche Kultureinrichtung, die sich bis 1918 grösster Be­ liebtheit erfreute.

Kindergarten in der Deutschen Schule um 1897 (7) Diesen Erfolg hatte der Kindergarten vor allem seinem Kaiser zu verdanken. Mit Wilhelm II. flössen erstmals wieder grosse Geldströ­ me in das finanzschwache Osmanische Reich. Dafür war in erster Linie der Bau der Anatolischen Eisenbahn verantwortlich, der ersten grösseren Eisenbahnverbindung, die Istanbul mit Ankara und Konya verband.64 Hugo Grothe, der in seinem 1903 erschienenen Buch Auf türkischer Erde von seinen Reiseeindrücken berichtete, schwärmte über die "Chemin de fer ottoman d'Anatolie", die "durch deutschen Unternehmensgeist [...], durch deutsches Kapital und das Meister-

23 Pera-Blätter 19 tum deutscher Ingenieure in den Jahren 1891 bis 1896 zur Vollendung gebracht" wurde.65 Er war überzeugt, dass mit "der neuen Bahn [...] europäische Civilisation ins Land"66 ziehe. "Eine mächtige Zivilisa­ tionsarbeit" habe die Anatolische Bahn geschaffen. Eine "Saat" sei ausgestreut, "die eines Tages eine reiche Ernte geben muss."67 Diese Bahnverbindung sollte später mit dem Bau der Bagdadbahn (Konya- Bagdad-Basra) eine Landverbindung zum Persischen Golf herstellen. Die Bagdadbahn war das wichtigste Prestigeobjekt des deutschen Imperialismus, konnte jedoch erst im Juli 1940 fertig gestellt werden. Die geplante Transkontinental-Bahn zog ihre Schienen durch das un­ tergehende Osmanische Reich und "stiess damit in ein Machtvakuum vor."68 Diese Art der "friedlichen Durchdringung"69 fand in Deutsch­ land viele Anhänger. Anstelle einer aggressiven Kolonialpolitik woll­ ten viele Imperialisten mit dem Bahnbau, der Errichtung von deut­ schen Schulen und Krankenhäusern und mit der Förderung der deutschen Sprache das "deutsche Element" im Nahen und Mittleren Osten verankern. "An der Durchführung der Aufgabe Berlin - Bagdad", so war sich Albert Ritter in seiner viel gelesenen Broschüre Berlin-Bagdad von 1913 sicher, "hängt das Schicksal unserer Rasse. Verfehlen wir sie, so gibt es kein Wohnland mehr in der Welt, das der Teutone als Herr betreten kann, unser Los bleibt es dann, Kultur­ dünger zu sein."70

Die goldenen Jahre Mit dem wachsenden deutschen Einfluss im Osmanischen Reich wuchs auch die Zahl der Deutschen in Konstantinopel. Beamte und Ingenieure Hessen sich nieder, um den Bahnbau voranzutreiben. Um die Jahrhundertwende eröffneten diese in Yedikule und Haydarpa§a zwei neue deutsche Schulen. In der Schule in Haydarpasa wurde im Januar 1910 ebenfalls ein Kindergarten eingerichtet. Diese kulturelle Durchdringung wurde auch in Deutschland aufmerksam verfolgt und von vielen Kreisen gutgeheissen. Die Zeitung Welt am Montag schrieb am 21. November 1898:

24 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Wir helfen den Türken, Eisenbahnen und Häfen anzulegen. Wir suchen, eine Indus­ trie bei ihnen zu erwecken. Wir stützen sie mit unserem Kredit. [...] Wir leihen ihnen deutsche Beamte und deutsche Militärs, [...]. Der 'kranke Mann' [am Bosporus] wird gesund gemacht, so gründlich kuriert, dass er, wenn er aus dem Gesundheitsschlaf aufwacht, nicht mehr zum Wiedererkennen ist. Man möchte meinen, er sehe ordent­ lich blond, blauäugig germanisch aus. Durch unsere liebende Umarmung haben wir ihm soviel deutsche Säfte einfiltriert, dass er kaum noch von einem Deutschen zu unterscheiden ist.71

Die mächtige deutsche Präsenz in der Türkei wurde mit einem zwei - ten Besuch des Kaiserpaars 1898 unterstrichen. Der Kaiserswerther Jahresbericht schilderte dieses prägende Ereignis ausführlich:

Am Morgen des 18. Oktober 1898 nahte sich das Kaisergeschwader der Hauptstadt Konstantinopel. Unter den Schiffen, welche der 'Hohenzollern' entgegenfuhren, war eins für die Lehrer und Kinder der deutschen Schule bestimmt, mit welcher [...] eine von einer Diakonissin geleitete Kleinkinderschule verbunden ist. So gehörte eine unserer Schwestern [...] zu den ersten, welche das deutsche Kaiserpaar bei seiner Ankunft im Orient grüssten.72

Wie schon bei ihrer ersten Orieritfahrt 1889 "beehrte die Kaiserin das deutsche Hospital mit Allerhöchst Ihrem Besuche."73 Natürlich prä­ sentierte die Gemeinde auch ihre neu eingeweihte Schule, wo die "Kindertante" ebenfalls anwesend war. Dieser zweite Besuch stärkte das Selbstbewusstsein der deutschen Gemeinde nochmals erheblich. Ausserdem war das Ansehen der Deutschen in Konstantinopel noch nie so gross wie um die Jahrhundertwende. Die Zahl der Kindergar­ tenkinder lag zwischen 1897 und 1919 konstant über 100, in den meisten Jahren sogar über 200. Nur ein Bruchteil dieser Kinder war deutscher Herkunft. Zwischen 1900 und 1903 waren von durch­ schnittlich 200 Kindergartenkindern 30 deutschsprachig, dies ent­ spricht 15 Prozent.

Diese riesige Schar von Kindern war unmöglich von einer einzigen Diakonisse zu betreuen. "Bei der grossen Bedeutung, die unsere Kin­ derschule für die ganze deutsche Gemeinde und Förderung christ­ lichen Sinnes innerhalb derselben hat", bat Suhle im Februar 1899,

25 Pera-Blätter 19

"wenn irgend angänglich, uns zu Ostern eine zweite Diakonissin für die Kinderschule entsenden zu wollen."74 Die Diakonie ging auf die Bitte ein und schickte Schwester Barbara Kettler in die "Hauptstadt des falschen Propheten", wie Konstantinopel in den Kaiserswerther Jahresberichten immer wieder genannt wurde.

Kindergarten in der Deutschen Schule 1904 (8) Sieben Jahre später, am 11. Dezember 1906, starb der Botschaftspre­ diger Paul Suhle nach 36jähriger Tätigkeit als Gemeindepfarrer. Er wurde auf dem Friedhof in Feriköy beigesetzt. Im selben Jahr berich­ teten die Schwestern aus der Kleinkinderschule:

Im übrigen ist das bunte Gemisch von Sprachen und Religionsbekenntnissen dassel­ be wie immer. Wir haben zur Zeit 6 Religionsbekenntnisse und 14 Nationalitäten un­ ter den Kindern. Die dadurch entstehenden Schwierigkeiten werden aber wieder durch den längeren Besuch des Kindergartens ausgeglichen, der sich, wie ich schon. im vorigen Berichte erwähnte, manchmal auf 6 Jahre, vom 3. bis 9. Lebensjahr ausdehnt.75

Damit sollten die multinationalen Kinder genügend Zeit haben, um gut deutsch zu lernen. Unmittelbar nach der Abdankung Suhles über­ nahm Siegfried Graf von Lüttichau (1877-1965) an Weihnachten 1906 die Pfarrstelle. 13 Jahre leitete er die evangelische Gemeinde in Konstantinopel und war wie seine Vorgänger auch gleichzeitig Vor­ sitzender des Wohltätigkeitsvereins. Trotz des grossen Erfolgs der

26 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

deutschen Kultureinrichtungen waren auch seine Türkeijahre von Krisen geschüttelt. Während des ersten Balkankriegs von Oktober 1912 bis Mai 1913, in dem sich christliche Balkanstaaten vom Os- manischen Reich ablösten, fürchteten er und die Diakonissen gewalt­ tätige Übergriffe:

Wer den Islam kennt, der weiss, wie in solchen Zeiten, namentlich wenn die Nieder­ lage der Türken bekannt wird, die Gemüter der Muhamedaner ganz besonders fana­ tisch erregt sind, wie der Christenhass schnell sich in blutigen Taten äussert, wenn nicht eine starke Regierung die Ausschreitungen im Keim erstickt.76

Doch die Angst war unberechtigt. "Auch in der Kleinkinderschule konnten unsere beiden Schwestern ihre regelmässige Arbeit tun; es ist ja ein weiter Weg vom Hospital, wo die Schwestern wohnen, zur deutschen Schule, aber nach den ersten unruhigen Tagen kamen die Kinder auch wieder in grösserer Zahl."77 Kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs fand am 10. August 1914 in Kaiserswerth eine der vielen Orientkonferenzen statt. Ungewohnt deutlich diskutierten die Schwestern ihren missionarischen Misserfolg in der islamischen Welt:

Wir wissen ja, wie unendlich viel wir bekommen haben in der Liebe des gekreuzig­ ten und auferstandenen Heilandes, wie gerade durch die Arbeit der christlichen Frau an anderen die Herrlichkeit unseres christlichen Glaubens gegenüber dem Islam so siegreich hervortritt, und doch sehen wir, wie trotzig [...] die Burg des Islam noch dasteht und wie wir mit unserer eigenen Macht sie nicht zu Fall bringen.78

Trotzdem wollten die Diakonissen nicht aufgeben: "Fürwahr es gilt nicht müde werden in der Arbeit der Liebe und sich füllen lassen mit der Gewissheit des Glaubens: der Herr wird dennoch siegen."79Nicht nur der Sieg Gottes schien ihnen gewiss, auch von einem Sieg Deut­ schlands im Ersten Weltkrieg waren sie, wie die meisten Deutschen, überzeugt. In der Türkei, dem 'Waffenbruder' Deutschlands, war die Begeisterung für Deutschland natürlich gross. 1915 berichtete Kai­ serswerth:

27 Pera-Blätter 19

Während alle anderen Anstalten der feindlichen Nationen geschlossen sind, blüht unsere Arbeit und wird getragen von dem Zutrauen der Bevölkerung, allerdings in erster Linie der moslemitischen. Die eingeborene christliche Bevölkerung ist leider in weiten Kreisen durch unsere Feinde gegen Deutschland eingenommen, sie ist der Meinung, Deutschland und sein Kaiser seien schuld daran, dass das Elend dieses neuen Krieges, [...], über sie gekommen sei.80

Da in den Kriegsjahren andere Kindergärten und Schulen geschlossen waren, wuchs die Anzahl der Kinder im deutschen Kindergarten und der Schule noch-mals stark an. Im Bericht von 1916 meldete eine Diakonisse:

Wir haben solch eine herzige Schar in unsrer Schule, die uns viel Freude macht. Die Zahl der Kinder ist so gewach­ sen, dass unser Raum sehr eng ist. In meiner Klasse muss ich viele Kinder auf kleine Tische setzen, da auf den 8 Bänken kein Platz mehr ist. ' pfarrer y Lmichau (9)

Besonders selbstsicher endete auch Pfarrer Lüttichaus Bericht über das Gemeindejahr 1916:

Die Ehre des Vaterlandes und der Ruhm dessen, der nach unserer innerlichsten Überzeugung unsere deutsche Geschichte zu der Grösse empor geleitet hat, auf der wir heute stehen, ist das erhabene Leitmotiv, dem wir in allen Stücken folgen.82

Ein Jahr später besuchten 325 Kinder die Kleinkinderschule. Die Hil­ fe einer dritten Diakonisse war dringend nötig. 1917 und 1918 arbei­ tete neben der Leiterin Emilie Weischede (seit Herbst 1903) und Ger­ trud Reckermann Schwester Karoline Pilger am Kindergarten. Sie alle erlebten den dritten und letzten Besuch Kaiser Wilhelms II. in Konstantinopel:

Es war am Montag den 15. [Oktober 1917] morgens um Vi 12 Uhr, als der Kaiser am Bahnhof in Stambul ankam. Türkische Schulen bildeten Spalier vom Bahnhof bis zur Brücke, die ganze Brücke entlang und dann die -Strasse bis hinunter nach Dolma Bagtsche. Unsere deutsche Schule mit ihren 1400 Kindern stand auf der Brücke; es war ein reizender Anblick, die Mädchen alle in weiss mit ihren niedlichen Sträusschen. Die Sonne strahlte vom tiefblauen Himmel. 3 Minuten nach Vi 12

28 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul kündeten Kanonenschüsse die Ankunft des Kaisers. [...] Im ersten Wagen sass rechts der Kaiser, links der Sultan, gegenüber Enver Pascha. Der Kaiser sah so frisch und wohl aus, die Augen leuchteten, als er die vielen deutschen Kinder sah. Und die Kinder! Welch ein Jubel! Ein Hurrageschrei, ein Fahnenschwenken, ein Blumen­ werfen, es war ein wunderbares Bild!83

Doch die deutsch-osmanische Niederlage war nur noch eine Frage der Zeit. Der Waffenstillstand von Mudros am 30. Oktober 1918 be­ endete den Krieg zwischen dem Osmanischen Reich und den Sieger­ mächten. Wenige Tage nach dem Waffenstillstand begann die alliierte Besatzung der Türkei. Kaiserswerth wollte die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Orientarbeit aber nicht aufgeben:

Wir mögen nicht denken, dass der Sturm des Krieges so über unsere Arbeit dahin- gefahren, dass sie nun vernichtet sein soll. Wie schwer die Zeiten auch sind und tat­ sächlich schon so viele Arbeit schon hat aufgegeben werden müssen, wir verlieren die Hoffnung nicht!84

Mit allen anderen Deutschen mussten jedoch auch die Kaiserswerther Diakonissen die Türkei innert vier Wochen verlassen, alle deutschen Einrichtungen wurden besetzt. Die Worte des Botschaftspredigers Lüttichau bringen den Schock über den Zusammensturz der - beson­ ders unter Wilhelm II. - florierenden deutschen Kulturstätten gut zum Ausdruck:

Am 4. Februar [1919] verliessen die letzten deutschen Diakonissen unser herrliches Hospital, das von den Engländern besetzt wurde. [...] Unser Werk am Goldenen Hörn ist zusammengebrochen, so jäh, so furchtbar, dass man sich kaum der Tränen erwehren kann. [...] Wir kommen uns heimatlos vor, wir Auslanddeutsche, heimatlos im doppelten Sinn, entwurzelt da, wo wir unser Zuhause geschaffen, und nicht mehr zuhause dort, wo unsere Wiege stand.85

Am 18. und 22. März trafen nach einer langen beschwerlichen Reise sieben Schwestern aus Konstantinopel in Kaiserswerth ein. Die rest­ lichen erreichten ihr Mutterhaus im April. Die deutsch-osmanische Niederlage im Ersten Weltkrieg bedeutete das Ende der Kaiserswer­ ther Orientarbeit am deutschen Kindergarten. Die Schwestern kehr­ ten nicht wieder an die Kleinkinderschule zurück.

29 Pera-Blätter 19

Wiederaufbau nach dem Ersten Weltkrieg Erst mit der Gründung der Türkischen Republik durch Mustafa Ke- mal Atatürk im Oktober 1923 endete die lange Abwesenheit der Deutschen in Istanbul. Am 3. März 1924 unterzeichnete die Türkei mit Deutschland einen Friedensvertrag. Damit durften deutsche Staatsangehörige in die Türkei zurückkehren. Als erste deutsche In­ stitution wurde die Teutonia am 12. September 1923 zurückgegeben. Hier fand am 11. Juni 1924 eine ausserordentliche Gemeindever­ sammlung statt. Von 169 geladenen männlichen Mitgliedern nahmen 50 an der Versammlung teil. Den Vorsitz übernahm Pfarrer Lüttichau, der am 7. Mai aus Deutschland angereist war, um die neue Gemeinde bei ihrem Aufbau zu unterstützen. "In einem Augenblick, in dem die Gemeinde äusserlich und innerlich erstarkte und einer neuen Blüte entgegenging", hielt Lüttichau im Protokoll fest, "wurde sie durch feindliche Gewalt in alle Winde zerstreut, ihres Eigentums beraubt und völlig entwurzelt."86 Diese Empörung teilte auch Gustav Diel­ mann (ein Schweizer), der in seiner Rede zur offiziellen Wiederer­ öffnung der Teutonia am 18. Januar 1924 eine Rückkehr zu alter Stär­ ke heraufbeschwor: "Ein Volk, das die besten Eigenschaften verkörpert, kann nicht untergehen, es wird sich den ihm gebührenden Platz an der Sonne zurückerobern."87

Am 19. Juni 1924 erreichte der neue Pfarrer Kurt Berckenhagen (geb. 1891) Istanbul. Die evangelische Gemeinde wurde zu diesem Zeit­ punkt auf 500 Mitglieder geschätzt. Im Vergleich dazu sollen sich vor dem Krieg ca. 3000 Deutsche in Konstantinopel befunden haben.88 Von einer weiteren Zuwanderung waren aber alle überzeugt. Der Missionar Ernst J. Christoffel beschrieb die Migrationsbewegung der Deutschen in diesen ersten Jahren in seinem Buch Zwischen Saat und Ernte:

Als Ende 1923 und Anfang 1924 die Deutschen wieder in die Türkei zurückkehren konnten, fand sich auch eine grosse Zahl solcher Landsleute ein, die in der Heimat infolge der wirtschaftlichen Lage entwurzelt, hier im Ausland eine neue Existenz suchten oder sich auf jede nur mögliche Weise durchbringen wollten. [...] Als ich

30 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

1924 im Sommer wieder nach Konstantinopel kam, fand ich dort eine grosse Anzahl Arbeitsloser, entwurzelter Deutscher, die grosse Mehrzahl Jugendliche. Sie waren in einer entsetzlichen Lage.89

Neben der Betreuung dieser Neuankommenden war die Wiederer­ öffnung der Deutschen Schule das grösste Ziel der deutschen Ge­ meinde.

Da sich bis Ende Juli dieses Jahres [1924] schon rund 50 deutsche und Schweizer Kinder in Konstantinopel befanden, die notgedrungen englische, französische, italienische und jüdische Schulen besuchen mussten, so machte sich der lebhafte Wunsch geltend, wieder eine eigene deutsche Schule zu haben.90

Bereits am 26. Juni 1924 hatte die Gemeinde ein Gesuch an den türk­ ischen Unterrichtsminister gerichtet, mit der Bitte, die Deutsche Schule wiedereröffnen zu dürfen. Das Gesuch wurde gutgeheissen, worauf am 10. November die Schule mit 116 Kindern in einem Mietshaus in der Polonya Sokagi 25 eingerichtet wurde. Erster Rektor wurde Richard Preusser (geb. 1877). Er hatte erst sechs Jahre zwi­ schen 1903 und 1909 als Lehrer der Deutschen Schule gearbeitet. Dann leitete er bis 1918 die deutsche Schule Mietshaus der Deutschen Schule in Haydarpasa, die jedoch mit dem 1924 (10) Krieg verloren ging. Das gleiche Schicksal ereilte auch die Schule in Yedikule. Der wieder eröffneten Deutschen Schule wurde auch ein Kindergarten angeschlossen. Damit befand sich der Kindergarten schon zum zweiten Male in seiner Geschichte in der Polonya Sokagi. Nur 20 Tage nach dem Unterrichtsbeginn Hess ihn das türkische Unterrichtsministerium jedoch am 30. November 1924 wieder schliessen.91 Die deutsche Gemeinde hatte die Bewilligung für die Wiedereröffnung der Schule erhalten, nicht aber für einen Kinder-

31 Pera-Blätter 19 garten. Am 1. Januar 1925 durfte Richard Preusser den Kindergarten zwar wieder eröffnen, "leider aber nur mit deutschen Kindern."92 Fortan durften Kinder anderer Nationszugehörigkeit nicht mehr unterrichtet werden. Das gemietete Gebäude erwies sich schon im ersten Schuljahr als viel zu klein. Die alte Deutsche Schule war noch immer von den Fran­ zosen besetzt, doch die Gemeinde hoffte, den ehemaligen Stolz der deutschen Gemeinde bald übernehmen zu dürfen. Dank tatkräftiger Unterstützung der deutschen Botschaft übergab der Vertreter der französischen Botschaft das 1897 eröffnete Gebäude am 1. Septem­ ber 1925 der Schulgemeinde. "Gross war die Freude, aber gross war auch die Trauer", hielt Preusser im zweiten Schulbericht von 1925/26 fest.93 Die Schule befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Trotzdem versammelten sich am 7. September die Schul- und Kin­ dergartenkinder in der Mietsschule, um "in geschlossenem Zuge" in das alte Gebäude umzuziehen, "auf deren Dache zum erstenmal wieder seit 7 Jahren die deutsche und türkische Fahne stolz und froh im frischen Morgenwinde flatterten."94 Überglücklich über diesen Umzug schrieb Preusser im Jahresbericht:

Möge von diesem Hause wieder ein Strom des Segens ausgehen, dem Lande, dessen Gastfreundschaft wir geniessen, zum Wohle und unserm deutschen Vaterlande zum Ruhme.95

Doch bevor dieses patriotische Ziel umgesetzt werden konnte, benötigte die Schule umfassende Reparaturen. Auch die Räumlich­ keiten des Kindergartens bedurften einer Renovierung, die am 6. April 1926 mit einer kleinen Feier abgeschlossen werden konnte. Eine grössere Feier veranstaltete die Schulgemeinde am Schluss des Schuljahres. In Tarabya feierten die Deutschen am 20. Juni ihr tradi­ tionelles Kinderfest, das gewöhnlich im Mai stattfand. Die Kinder­ garten-Kinder führten zu diesem Anlass ihren Reigen auf. Ab November 1924 leitete die damals 18jährige Hella Kreuzer geb. Knechtel den Kindergarten erst im Miethaus in der Rue de Pologne, dann in der Deutschen Schule. Die 49 Knaben und Mädchen, die sich 1925/26 im Kindergarten aufhielten, betreute sie zusammen mit Else Ruff in 28 Wochenstunden.

32 Geschichte des deutschen Kindergartens Istanbul

Kindergarten mit Hella Kreuzer um 1926 (11) Neben der geglückten Übernahme der Deutschen Schule erhielt auch die evangelische Gemeinde am 16. Mai 1925 ihre Kirche in Aynah Cesme zurück. Nur das deutsche Krankenhaus blieb auch nach dem Abzug der Engländer 1923 noch in fremder Hand. Bis 1928 wurde das Gebäude an die Amerikaner vermietet. Erst am 15. September 1931 nahm das deutsche Krankenhaus erneut mit Kaiserswerther Diakonissen seinen Dienst wieder auf.96 Wenige Monate später verliess Pfarrer Berckenhagen Istanbul und reiste zurück nach Deut­ schland. Als sein Nachfolger, Pfarrer Martin Kriebel (geb. 1907), Istanbul erreichte, war die Infrastruktur der deutschen Gemeinde wieder hergestellt. Doch auch Kriebels Jahre als Pfarrer gestalteten sich alles andere als einfach. Besonders durch die Hilfe des späteren Botschafters in Ankara Franz von Papen (1879-1969) wurde Adolf Hitler am 30. Januar 1933 von Reichs-Präsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur war schnell in die Tat umgesetzt. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar veranlasste Hitler, so gut wie alle Grundrechte ausser Kraft zu setzen. Nur einen Monat später hob er mit dem sog. Ermächtigungsgesetz die Gewal­ tenteilung auf. Nach dem Tode Hindenburgs wurde Adolf Hitler am 2. August 1934 Führer und Reichskanzler in einer Person. Als Obers­ ter Befehlshaber der Wehrmacht war ihm auch die Armee unterstellt. Damit war die braune Diktatur errichtet. Leider dauerte es nicht lange, bis auch in der Türkei der National-

33 Pera-Blätter 19

Sozialismus Fuss fassen konnte. Bereits im Mai 1933 gründeten Sym­ pathisanten die Hitler-Jugend Istanbul.97 Sie war genauso straff organisiert und gegliedert wie in Deutschland. An die Deutsche Schule wurden nun verstärkt nationalsozialistische Lehrer und Lehrerinnen geschickt, die von Deutschland bezahlt wurden. Gerade das Alman Lisesi als "Kulturbollwerk ersten Ranges"98 lag den Natio­ nalsozialisten am Herzen. Hier, wie auch in der Teutonia, wurden Nazi-Filme gezeigt und in den jährlichen Sportfesten die "NS-Sport- und Jugendideologie"99 zur Schau gestellt. Der NSDAP-Ortsgruppen­ leiter Alfred Guckes schickte HJ-Kinder sogar nach Deutschland, damit sie "möglichst viel von dem neuen nationalsozialistischen Geist in Deutschland in sich aufnehmen."100 Die grösste deutsche Buchhandlung in den 30er Jahren war die Buchhandlung Kalis. Hier konnten nationalsozialistische Zeitungen wie der Stürmer und Signal gekauft werden. "Die Deutsche Schule bestellte bei ihm und schickte auch die Schülerinnen explizit dorthin."101 Im Gegenzug kauften die aus Nazi-Deutschland geflohenen Deutschen ihre Bücher und Zeitungen beim jüdischen Buchhändler Caron. Sein Geschäft wurde in den 30er Jahren Treffpunkt und Informationsbörse für viele Exilwissenschaftler, die in der Türkei Schutz vor der nationalsozialis­ tischen Verfolgung fanden.

Bei weitem nicht alle in Istanbul ansässigen Deutschen waren Nazis. Doch der braune Ungeist war stärker als viele glauben. Besonders drastisch beweisen dies Schülertabellen der Deutschen Schule: Während 1932/33 343 Schüler und Schülerinnen jüdischen Glaubens waren, zählte das Alman Lisesi im Schuljahr 1942/43 nur noch 7 jüdische Kinder.102 Auch in Istanbul bedurfte es Zivilcourage, um sich "vom allgemeinen Trend zu distanzieren."103 Pfarrer Kriebel, selber kein überzeugter Nazi, musste sich ebenfalls bald nach Amtsbeginn nationalsozialistischen Stimmen im Kirchengemeinderat beugen. Den sog. Anschluss Österreichs befürwortete er im Jahresheft von 1938 "klar und eindeutig mit grosser Freude"104, um den Zwist mit der nationalsozialistischen deutschen Vertretung in Istanbul nicht zu verschärfen. Die evangelische Kirche blieb aber während der ganzen

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Nazi-Zeit "eine der wenigen institutionellen Stellen, die grundsätz­ lich für politisch und 'rassisch' Verfolgte offenblieb"105. Doch abge­ sehen vom Gottesdienst zur Feier des 50. Geburtstages von Adolf Hitler am 20. April 1939 blieben die Kirchbänke meistens leer.

Über die Situation des Kindergartens in dieser Zeit wissen wir leider nicht viel. Hella Knechteis Nachfolgerin wurde 'Tante Gundi'. Sie betreute im Schuljahr 1941/42 unter anderen Helga Bruckner- Raymund und Erwin Kohle. Frau Raymund erinnert sich, dass der Kindergarten einen direkten Zugang zum Innenhof hatte. Er scheint also über all die Jahre die gleichen Räumlichkeiten behalten zu haben. Auf den Privatfotos der Familie Kohle von 1941 sind nur neun Kindergarten-Kinder abgebildet. Frau Raymund glaubt aber, dass es mehr gewesen seien.106 Nachdem der Kindergarten zwischen 1942 und 1943 wohl kurz geschlossen war, eröffnete ihn die Kindergärtnerin Gisela Kedor am 4. Februar 1943 mit 12 Kindern wieder, "von denen aber wegen Krankheiten, Verkehrsschwierigkeiten usw. meist die Hälfte oder mehr fehlten."107 "Der schwache Besuch ihres Kindergartens war und ist für sie eine Enttäuschung", schrieb der damalige Direktor der Schule Ludwig Scheuermann. Doch er habe sie zu überzeugen ver­ sucht, "dass es hier gilt, einen sonst unwiederbringlich verlorenen Posten deutscher Kulturarbeit in der Türkei in bessere Zeiten hinüberzuretten."108

Leider sollten erst keine besseren Zeiten auf die deutsche Gemeinde zukommen. Im August 1944 brach die neutrale Türkei ihre diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich ab. Kurz darauf verliess Botschafter von Papen die Türkei. Am 5. August 1944 wurden alle Inhaber und Inhaberinnen eines deutschen Passes aufgefordert, innerhalb einer Woche das Land zu verlassen. "672 reisten bis zum 16. August nach Deutschland; 626 deutsche Staatsan­ gehörige, die nicht zurückkehren wollten, wurden durch die türkische Polizei aufgefordert, sich zum Zwangsaufenthalt in Anatolien zu melden."109 Nur wenige gut situierte Staatsangestellte, Universitäts-

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Professoren und Ärzte durften in Istanbul bleiben. Alle anderen trafen sich in den drei anatolischen Städten Yozgat, Qorum und Kir$ehir wieder. Das Zusammenleben dieser heterogenen Gruppe gestaltete sich als schwierig. Unter den Internierten befanden sich sowohl Nationalsozialisten als auch aus Hitler-Deutschland Geflohene. Ausserdem waren die Lebensumstände bedrückend. "Es gab dort [in Kirsehir] weder Wasserleitung, noch Kanalisation, noch - natürlich - Gas", berichtete der 1933 von den Nazis aus dem Dienst entlassene Wirtschaftswissenschaftler Fritz Baade später.110 Ausserdem fürchte­ ten sich viele vor dem kalten Winter: "Da sitzen wir nun schon eine Woche in der Gefangenschaft im anatolischen Graubünden", schrieb Johannes Posth (ehemaliger Bankdirektor der 1906 gegründeten Deutschen Orientbank) am 3. September 1944 aus Yozgat, "Häuser aus Pappmache mit dünnen, meist zerschlagenen oder verklebten Scheiben. Wenn man hört, dass der Winter in einem Monat beginnen soll, und dass der Thermometer successive bis 35 Grad minus fallen wird, bekommt man es mit der Angst zu tun."1" Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs erklärte die Türkei Deutschland und den Krieg, um Mitglied der Vereinten Natio­ nen werden zu können. Die Situation der Internierten änderte sich dadurch nicht. Sie erhielten im Dezember 1945 das Recht, an ihren alten Wohnort - in der Regel Istanbul - zurückzukehren. Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg waren alle deutschen Einrichtungen 1944 geschlossen worden. Nur das Deutsche Krankenhaus durfte seinen Dienst fortsetzen.

Wiederauflyau nach dem Zweiten Weltkrieg Nach neunjähriger Unterbrechung erhielt die deutsche Gemeinde im Juli 1953 ihr altes Schulhaus zurück. Unter der Leitung des neuen Rektors Karl Steuerwald (1905-1989), der bereits seit 1930 in Istan­ bul lebte und später das Türkisch-Deutsche Standardwörterbuch ver- fasste, wurde der Unterricht am 1. Oktober wieder aufgenommen.112 In seinem ersten Jahresbericht formulierte Steuerwald die Absicht, im Schuljahr 1954/55 den Kindergarten wieder zu eröffnen. Allerdings dürften sowohl Kindergarten als auch Vorschule, wie schon bei der

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Wiedereröffnung nach dem Ersten Weltkrieg, "nicht von Kindern türkischer Staatsangehörigkeit besucht werden."113 Anscheinend fehlte dem Rektor im Herbst 1954 die Bewilligung für eine Wiederer­ öffnung. Denn erst im Winter 1955/56 gestattete das Türkische Unterrichtsministerium der Deutschen Schule einen Kindergarten anschliessen zu dürfen. Da aber "der hierfür in Frage kommende Personenkreis an und für sich schon nicht gross" sei, so Steuerwald in seinem zweiten Jahresbericht, "so verringert er sich, praktisch betrachtet, noch erheblich durch die Tatsache, dass viele Erziehungs­ berechtigte zu weit von der Schule entfernt wohnen." Eine Wiederer­ öffnung komme daher bis auf weiteres "kaum in Frage".114

Gründung des Teutonia-Kindergartens II Während der Kindergarten vorerst noch geschlossen blieb, Hessen viele Familien ihre Kinder von deutschen Au-Pair-Mädchen betreu­ en.115 Ausserdem scheint es auch einen oder mehrere privat geleitete Kindergärten gegeben zu haben.116 1961 begann Frau Weber, eine ausgebildete Kindergärtnerin, in der Teutonia "Spielstunden" anzu­ bieten. Sie musste bald wieder aufhören, doch Frau Zahn erklärte sich bereit, sich während einiger Stunden pro Woche um die Kinder zu kümmern. Beide scheinen unentgeltlich gearbeitet zu haben.117 Im Frühjahr 1961 kam Helga Blanke als 22jähriges Au-Pair-Mäd• chen nach Istanbul. Nachdem sie sechs Monate lang Kinder einer türkischen Familie betreut hatte, wollte sie gerne noch länger in der Türkei bleiben und bewarb sich darum bei der deutschen Grund­ schule. Da Frau Blanke von Beruf Kindergärtnerin war, schlugen ihr einige Eltern vor, einen Kindergarten zu gründen. Besonders durch die Unterstützung von Herrn Wahl konnte Helga Blanke am 1. No­ vember 1961 den Teutonia-Kindergarten ins Leben rufen. Das Ziel war nach wie vor dasselbe: Die Kinder sollten gut deutsch lernen. Bis 1964 lebte und arbeitete Frau Blanke in der Teutonia. Betreut wurden die Kinder im ehemaligen "Lufthansa-Zimmer". Schon nach kurzer Zeit gewann sie das Vertrauen der deutschen Gemeinde, die nun immer häufiger ihre Kinder in die Teutonia schickten. Erst waren es vor allem Kinder von Lehrern des Alman Lisesi. Später betreute Frau

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Blanke auch die Kinder von Wirtschaftsvertretern und Mitarbeitern des Generalkonsulats. Aufgenommen wurden per Statuten nur "gesunde deutschsprachige Kinder""8, nicht mehr als 25. Auch sechs österreichische Kinder besuchten den Unterricht von Helga Blanke, die den Kindergarten ohne Hilfskräfte leitete. Besonders gegen Ende ihrer Tätigkeit waren auch viele sog. binationale Kinder angemeldet. Angestellt war Frau Blanke von der Teutonia. Um aber eine Aufent­ haltserlaubnis zu erhalten, nahm sie das Generalkonsulat unter seinen Schutz. Ebenfalls sehr viel Arbeit hatte Pfarrer Walter Bott, Frau Blankes späterer Ehemann. Er betreute zwischen 1959 und 1965 das "Heim der deutschen Seemanns-Mission". Neben der Gründung des Teutonia-Kindergartens brachte das Jahr 1961 eine weitere wichtige Veränderung im Gemeindeleben. Die Grundschule verliess das Alman Lisesi. Seit der Wiedereröffnung der Schule 1953 legte das türkische Unterrichtsministerium immer grösseren Wert auf den türkischen Sprachunterricht. Dies stiess auf Ablehnung innerhalb der Gemeinde. Im sog. Paluka-Haus in Osman- bey / §i§li {Kodaman Sokak 130, heute Kodaman Caddesi) gründeten die Deutschen eine neue Grundschule. Offiziell trug sie den Namen "Kulturreferat der Deutschen Botschaft". Ihr erster Direktor wurde Herr Ritzenthaler, der mit seiner Familie 1961 aus Deutschland angereist war. Während im Erdgeschoss vier gut besuchte Klassen unterrichtet wurden, lebte die Familie Ritzenthaler im Obergeschoss. Drei Jahre später beschloss der Teutonia-Vorstand, in seinem Garten einen Neubau für die Grundschule zu errichten. In drei Sommer­ monaten konnte der Bau fertig gestellt werden. Das Paluka-Haus wurde geschlossen, und im Herbst 1964 begann der Unterricht an der neuen Grundschule. Wahrscheinlich wurde sie noch im selben Jahr in Deutsche Botschaftsschule umbenannt. Herr Ritzenthaler blieb bis 1966 ihr Direktor.119 Im Herbst 1964 übernahm Oda Boro, die ebenfalls lange Jahre als Au-Pair-Mädchen gearbeitet hatte, die Leitung des Kindergartens. Drei Jahre später wurde Ingeborg Celik ihre Nachfolgerin. Über die deutsche Botschaft in Bonn wurde Frau Celik nach Istanbul ge­ schickt, wo sie vier Jahre lang in selbstloser Arbeit im Durchschnitt

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25 Kinder deutschsprachiger Eltern - darunter auch viele Holländer - betreute. Der Kindergarten war immer noch der Teutonia unterstellt. Ein Elternvorstand, dessen Mit-glieder auch alle im Vorstand der Teutonia waren, leitete die Ge- > J| schatte. Bis 1971 stand Frau Celik JL-'t] nur eine türkische Helferin zur IflSff f Seite. Wie Frau Blanke lebte und * arbeitete sie in der Teutonia. Ihre fc||H Nachfolgerin wurde Antje Wir- * sing. Unter deren Leitung kehrte •-. f'% 'Tante Ingeborg' im Herbst 1976 "ff an den Kindergarten zurück, in dem sich ZU jener Zeit aufgeteilt Kindergartenkinder von Frau Qelik (12) in eine Kinder- und eine Vorschulgruppe über 50 Kinder befanden. Nochmals fast vier Jahre wirkte Frau Celik am Kindergarten, ehe sie im Frühjahr 1980 ihren Dienst beendete.120 In diese Zeit fiel ein linksextremistisches Bombenattentat der Türk Devrimci Gencleri ('Junge türkische Revolutionäre') auf die Teutonia (26.10.1977), dem beinahe viele Kinder des Kindergartens zum Opfer gefallen wären.121 Nur weil die Kinder etwas zu spät die Trep­ pen hinunterstiegen, blieben sie unverletzt. "Wäre die Bombe fünf Minuten später explodiert, wären die meisten Kinder gestorben", glaubten Zeugen des Attentats.122 Zwei Menschen, darunter ein Chauffeur des Kindergartens, Kenan Yurdakos, wurden beim Attentat verletzt. Doch auch die Kinder, obwohl äusserlich unversehrt, standen noch lange unter Schock. "Hätten sie [die Attentäter] den Zu­ stand der Kinder gesehen, hätten sie es bereut, die Bombe geworfen zu haben", war ein türkischer Angestellter überzeugt.123 Nachdem Monika Yaramanci kurz den Kindergarten geleitet hatte, wurde Marie-Luise Baresel im Herbst 1982 ihre Nachfolgerin. Sie betreute den Kindergarten bis zum Anfang des Jahres 86. Dann blieb der Kindergarten ohne Leitung. Erst im September 1987 gewann der Vorstand mit Renate Schlosser Zengin eine Nachfolgerin. Sie feiert dieses Jahr ihr 20. Jubiläum.

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Zusammenfassung Der Wunsch nach einem eigenen Kindergarten war in der deutschen Gemeinde schon sehr früh präsent. Bereits um 1850 wurde der ersten deutschen evangelischen Schule in Konstantinopel ein Kindergarten angeschlossen. Das Ziel dieses ersten Versuchs war, den multilin­ gualen Kindern deutscher Herkunft noch vor dem Schuleintritt 'anständig' deutsch beizubringen. Den zweiten Versuch unternahmen die Kaiserswerther Diakonissen 1864. Ihre Motivation lag vor allem darin, aus den ihnen anvertrauten Kindern christliche Persönlichkei­ ten heranzubilden. Sie waren von Anfang an gerne bereit, alle Kinder - egal welcher Nationalität - in der Kleinkinderschule aufzunehmen. Der Sprachunterricht war für die Diakonissen nur von untergeord­ neter Bedeutung. In der Hochphase des deutschen Kulturimperialismus um die Jahr­ hundertwende war der 1882 wieder eröffnete Kindergarten eine zen­ trale Kultureinrichtung. Hier sollte möglichst vielen Kindern Deutsch beigebracht werden, um das "deutsche Element" im untergehenden Osmanischen Reich zu stärken. Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg war es den Deutschen nicht mehr erlaubt, Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu un­ terrichten. Von 1925 - der Wiedereröffnung des Kindergartens - bis 1944 blieb die Zahl der Kinder konstant unter 20. Nach der Übernah­ me des Alman Lisesi 1953 blieb der Kindergarten in den 50er Jahren wegen zu kleiner Nachfrage geschlossen. Erst 1961 wurde der Teu- tonia-Kindergarten (neu-)gegründet, der die lange Tradition des deut­ schen Kindergartens in Istanbul bis zum heutigen Tag weiterführen konnte. Mit der Zunahme von sog. binationalen Kindern ist auch die Anzahl der Kindergartenkinder in den letzten Jahren wieder deutlich gestiegen. Trotz der turbulenten Geschichte des deutschen Kindergartens hat sich am eigentlichen Unterrichtsziel nicht viel verändert: Auch heute sollen Kindern mit deutsch(-türkischen) Wurzeln solide deutsche Sprachkenntnisse vermittelt werden.

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Literaturverzeichnis

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' van Laak, 34 2 Kellner-Heinkele, 65 3 Toprak, 109 4 Kriebel, 2 5 Kriebel, 7 6 Ebenda 7 von Moltke, Helmuth: Unter dem Halbmond. Erlebnisse in der alten Türkei 1835-1839. Tübingen, Basel 1979 8 Kriebel, 48 9 Kriebel, 8 10 Kriebel, 7 11 Kriebel, 17 12 Kriebel, 18 13 Kriebel, 20 14 Kriebel, 21 15 Kriebel, 31 16 Kriebel, 36

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17 BDS IV 1858/59, 42 18 Kriebel, 52 19 Kriebel, 42 20JEG 1911/12, 32f. 21 JEG 1911/12,50 22 Kriebel, 47 23 BDS I 1854, S. 35f. 24 BDS II 1854/55,66 25 BDS II 1854/55, 67 26 BDS II 1854/55, 72 27 Kriebel, 86f. 28 BDS III 1856/57,52 29 BDS III 1856/57,54 30 Kriebel, 97 31 BDS V 1860-62, 26 32 BDS III 1856/57, 57 33 BDS VI 1862-64, 19 34 Kriebel, 119 35 BDS IX 1868-70,20 36 Kriebel, 157 37 BDS IX 1868-70,20 38 BDS X 1870-72,23 39 BDS XI 1872-74, 13 40 BDS X 1870-72,23 41 Brief Suhle an Kaiserswerth, 28. Juli 1873. FKS 256, Bebek 1871-76 42 Brief Suhle an Kaiserswerth, 12. Juni 1873. FKS 256, Bebek 1871-76 43 Schwester Marie Hirsch an Kaiserswerth, 22. April 1873. FKS 256, Bebek 1871-76 44 Ebenda 45 Bericht über die Diakonissenschule in Bebek bei Constantinopel über das Jahr 1873. FKS 256, Bebek 1871-76 46 Brief Marg. R. Schauffler an Julius Disselhoff 18. August 1873. FKS 256, Bebek 1871-76 47 Bericht von Marie Hirsch 1874. FKS 256, Bebek 1871-76 48 Ebenda 49 Ebenda 50 Festschrift 15 Jahre Bürgerschule. AA 350, Akte 166 51 Brief Kaiserswerth an deutschen Wohlthätigkeitsverein, 1. Juni 1875. FKS

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256, Bebek 1871-76 52 BDS XIII 1876-1878, 21 ff. 53 Bachmann, 28 54 Kriebel, 202 55 Suhle an Kaiserswerth, 6. Februar 1882. FKS 256, KKS 1881-99 56 General-Versammlung vom 5. Mai 1882. EZAB 122/78 57 Suhle an Kaiserswerth, 22. Mai 1882. FKS 256, KKS 1881-99 58 BDS XIX 1888-1890, 23f. 59 BDS XIX 1888-1890,25 60 Ebenda 61 o.V., 173 62 Brief Suhle an Kaiserswerth, 9. August 1897. FKS 256, KKS 1881-99 63 Brief Suhle an Kaiserswerth, 3. Januar 1893. FKS 256, KKS 1881-99 64 Die Strecke Istanbul Haydarpasa - Eskisehir - Ankara wurde im Juni 1892 eröffnet. Die Verbindung Eskisehir - Konya im Juli 1896. Nach: Heigl, 27 65 Grothe, 232 66 Grothe, 233 67 Grothe, 303 68 van Laak, 93 69 van Laak, 94 70 Gründer, 214 71 van Laak, 92 72 BDS XXIII 1896-99, 5 73 Ebenda 74 Brief Suhle an Kaiserswerth, 17. Februar 1899. FKS 256, KKS 1881-99 75DDB 1907,30 76DDB 1913, 1 77DDB 1913,4 78DDB 1914,2 79 Ebenda 80DDB 1915, 2f. 81 DDB 1916, 12 82 Ergänzungsbericht über die Erweiterung der Gemeinde-Pflegestation zu Konstantinopel (Februar 1916). FKS 256, Diverses 1902-19 83 DDB 1917, 13f. 84 DDB 1918,11 85JEG 1916/17 und 1917/18, 26 86 Niederschrift der Gemeinde-Versammlung vom 11. Juni 1924. FKS 256,

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Korrespondenz 1919-25 87 Radt, 64 88 Vom Deutschtum in Konstantinopel. Anhang Brief Preusser an Lüttichau, 14. Januar 1925. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55 89Kriebel, 291 90 Vom Deutschtum in Konstantinopel. Anhang Brief Preusser an Lüttichau, 14. Januar 1925. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55 91 Brief Ruffan Lüttichau, 15. Dezember 1924. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55 • 92 Brief Preusser an Lüttichau, 14. Januar 1925. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55 93 Richard Preusser: Bericht über das zweite Schuljahr nach dem Kriege 1925-1926. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55, 12 94 Ebenda, 13 95 Ebenda 96 Knebel, 304 97 Dietrich, 233 98 "Bericht über die Deutsche Schule in Istanbul und Vorschläge zur Wahrung reichsdeutscher Belange." In: Dietrich, 239 99 Dietrich, 235 "*0 Dietrich, 194 101 Dietrich, 255 102 Bericht Rudolf Benze über die Reifeprüfung, Schlussprüfung und Schul­ revision Mai/Juni 1943 in Istanbul. BA R/4901 6657 103 Dietrich, 248 104 JEG 1938,3 105 Dietrich, 220 106 Interview mit Helga Bruckner-Raymund, 9. Mai 2007 107 Bericht Rudolf Benze über die Reifeprüfung, Schlussprüfung und Schul­ revision Mai/Juni 1943 in Istanbul. BA R/4901 6657 108 Ebenda 109 Verein Aktives Museum, 44 110 Verein Aktives Museum, 45 1,1 Verein Aktives Museum, 44 112 Jahresbericht 1953/54. FKS 323, Deutsche Schule 1923-55 113 Ebenda 1,4 Ebenda 115 Brief von Gerhart Mahler, 28. Dezember 2006

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1,6 Interview mit Annette Böhmer, 28. Januar 2007 117 Interview mit Helga Blanke-Bott, 10. Mai 2007 "8 Ebenda 119 Interview mit Liselotte Ritzenthaler, 9. Mai 2007 120 Interview mit Ingeborg Celik, 29. April 2007 121 Vgl. Radt, 125 122 Türkischer Zeitungsartikel im Besitz von Ingeborg Celik 123 Ebenda

Bildnachweis:

Bilder 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 9 mit freundlicher Genehmigung der Fliedner- Kulturstiftung Kaiserswerth.

Bilder 8, 10 und 11 mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Schule Istanbul.

Bilder 6 und 12 mit freundlicher Genehmigung des deutschen Kindergartens Istanbul und Frau Ingeborg

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Bisher erschienene Pera-Blätter

Nr.l VORHOFF, Karin: Die Aleviten - eine Glaubensgemeinschaft in Anatolien. 1995. Nr.2 SCHÖNIG, Claus: Von Hunnen, Türken und Mongolen. Eine vorgeschlagene Periodisie- rung der türkischen Geschichte. 1994. Nr.3 NEUWIRTH, Angelika: Zur Symbolik des Islam. Neue Überlegungen zur Gebetsrich­ tung. 1995. Nr.4 HÖFERT, Almut: Das Fremde durch die Brille des Eigenen. Das mittelalterliche Erbe im europäischen Türkenbild der Renaissance. 1995. Nr.5 BERG, Andrea: Baschkirien und Tatarstan im Spiegel der türkischen Presse. 1996. Nr.6 SCHÖNIG, Hanne: Feudalistisch organisierte Nomaden im Wandel der Zeit: Die Tuareg in Südostalgerien. 1996. Nr. 7 DRESSLER, Markus: Vom Ulu Önder zum Mehdi - Zur Darstellung Mustafa Kemals in den alevitischen Zeitschriften Cem und Nefes. 1996. Nr.8 BERGER, Albrecht: Minderheiten und Ausländer im byzantinischen Konstantinopel. 1996. Nr.9 DALITZ, Renee: The Sewing Machine and the Car. A Critical Introduction to Western Feminist Theories of Knowledge. 1996. Nr.10 PUSCH, Barbara: Die Umweltdiskussion bei muslimischen Intellektuellen und radi­ kalen Grünen in der Türkei. 1996. Nr.ll PFEIFFER, Judith: Twelver Shi'ism as State Religion in Mongol Iran: An Abortive Attempt, Recorded and Remembered. 1996. Nr.12 WILD, Stefan: Türken, Araber und Deutsche. Bemerkungen zur Entstehung und Be­ wertung von Völkerfreundschaften. (Deutsch-türkische Ausgabe) 1991. Nr. 13 BUCHNER, Roswitha: Die Photographenfirmen Sebah & Joaillier. Das Bild im 19. Jahrhundert. 1997. Nr.14 Istanbul-Miniaturen. Zusammengestellt und übersetzt von Klaus-Detlev Wannig.. Türkisch-deutsche Ausgabe anläßlich des 1 Ojährigen Bestehens des Abteilung Istanbul des Orient-Instituts der DMG. Nr. 15 LIER, Thomas; PREISSLER, Holger; SCHUBERT; Gudrun: Hellmut Ritter und die DMG in Istanbul. Herausgegeben anläßlich des 10jährigen Bestehens des Abteilung Istanbul des Orient-Instituts der DMG. Nr. 16 YESiLADA, Karin: Die geschundene Suleika - Das Eigenbild der Türkin in der deutsch- . sprachigen Literatur türkischer Autorinnen. 2000. Nr. 17 AYGEN, Zeynep: Vom Stadtrand zum innerstädtischen Verfall - Kreuzberg in Berlin- Zeyrek in Istanbul. 2000 Nr. 18 MOTIKA, Raoul: Entwicklungstendenzen des Islams in Tatarstan. 2002

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Deutscher Kindergarten in Istanbul ORIENT-INSTI IHIHMHHTSTANBUL