Petra Neuherz

Der DKW-Standort Bärnbach- Eine historische Betriebsanalyse

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades einer Doktorin der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität

Univ.-Prof. Dr.phil. Stefan Karner Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte

Ao.Univ.-Prof. Mag. Dr.rer.soc.oec. Ing. Otto Krickl Institut für Organisation und Institutionenökonomik

Graz,/März/2013

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: Unterschrift:

- 2 - Danksagung

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an all jene Personen und Institutionen richten, die mich beim Zustandekommen meiner Dissertation unterstützt haben.

Eine wirtschaftliche Arbeit entsteht nicht ohne die fachliche Unterstützung und den seelischen Beistand wohlwollender Menschen. Dank schulde ich vor allem der stetigen Aufmunterung von Seiten meiner Familie und den hilfreichen Diskussionen mit vielen Akteuren, die in die Unternehmensgeschichte involviert waren und zu deren Entwicklung beigetragen haben.

Nicht nur für die Anregung sondern auch für die Betreuung meiner Dissertation möchte ich mich bei Herrn Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner bedanken. Seine große praktische Erfahrung und sein berufliches Engagement unterstützten mich im Laufe der Abfassung der Dissertation sehr. Für die praktische Umsetzung war auch der Pioniergeist von Prof. Karner, ein unschätzbar konstruktiver Wegbereiter und Ansporn zugleich. Wertvoll waren vor allem seine Anregungen in persönlichen Gesprächen sowie aus seinen Seminaren und Vorlesungen zum Thema Unternehmensgeschichte.

Weiters möchte ich mich auch bei allen Mitarbeitern des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte, im Besonderen bei Frau Doris Mauthner, für die Mithilfe bei der Bewältigung umfangreicherer Literaturrecherchen- und aufbearbeitungen, Terminkoordinationen sowie die Möglichkeit der Benutzung der Institutseinrichtungen bedanken.

Herrn Univ.-Prof. Dr. Otto Krickl sei an dieser Stelle für die Zweitbegutachtung der Dissertation gedankt.

Ein letzter Dank gebührt vor allem meiner Familie für die moralischen Unterstützung und die aufgebrachte Geduld.

- 3 - Abstract

Um den steigenden Strombedarf der Kohlengruben im weststeirischen Braunkohlerevier abdecken zu können und die nicht verwertbare Kohle in mangelnder Qualität verwerten zu können, wurde im Jahr 1920 mit dem Bau eines Dampfkraftwerkes in Bärnbach der Grundstein für den DKW-Standort Bärnbach-Voitsberg gelegt.

Diesem ersten Kraftwerk folgten im Laufe der Kraftwerksgeschichte drei weitere:

⇒ 1941: Voitsberg I ⇒ 1952: Voitsberg II ⇒ 1983: Voitsberg III

Aufgrund der Schließung des Bergbaues im Jahre 2004 wegen Unrentabilität und Erschöpfung der Braunkohlevorkommen wurde nach Verfeuerung der letzten Braunkohlevorräte das Kraftwerk Voitsberg III am 13. Mai 2006 konserviert. Im Jahr 2008 erwarb Mirko Kovats das Kraftwerk mit dem Vorhaben, das stillgelegte Braunkohlekraftwerk in ein Steinkohlekraftwerk umzurüsten. Dieses Vorhaben löste in der Bevölkerung zahlreiche Kontroversen aus: Auf der einen Seite wurde die Umweltbelastung und einhergehend damit die ökologischen Aspekte und Folgen für die Gesundheit und den Tourismus von den Kraftwerksgegnern aufgezeigt, bei den Befürwortern standen die ökonomischen Aspekte, wie zum Beispiel die Arbeitsplatzschaffung und Ankurbelung der Wirtschaft im Bezirk Voitsberg im Vordergrund. Allerdings wurde aufgrund von finanziellen Problemen und der Insolvenz des Konzerns von Mirko Kovats am 14. April 2011 der Antrag auf Umrüstung bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg zurückgezogen. Im Jahr 2013 wurde das Dampfkraftwerk Voitsberg zum Abbruch freigegeben.

Diese Arbeit hat sich das Ziel gesetzt, dass der Leser einen Einblick in die historische Geschichte des Kraftwerkstandortes Bärnbach-Voitsberg erhält. Vor allem die Errichtungszeit des ersten Kraftwerkes in Bärnbach war prägend für die Strukturen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft. Die Dissertation beschäftigt sich mit der chronologischen, betriebshistorischen Entwicklung des DKW-Standortes und versucht das Wesentliche über die Entwicklung des Standortes zu vermitteln.

- 4 - Abstract English

In order to meet the growing demand of electricity for the coal mines of the Western coal mining area and to use the non recoverable coal, which was of poor quality, in an economical way the construction of a steam power plant in Bärnbach in 1920 laid the foundation for a location in the region of Bärnbach-Voitsberg. The lignite reserves in the coal mining area at Oberdorf ensured the continued existence of coal mining in Western Styria and the construction of three more power plants:

• 1941:Voitsberg I • 1952:Voitsberg II • 1983: Voitsberg III

Due to the closure of the mining industry in 2004 because of unprofitability and depletion of lignite deposits, Voitsberg III was closed on May 13, 2006, after burning the last lignite deposits. In 2008 Mirko Kovats acquired the power plant with the intention to convert the power plant into a hard coal-fired power plant. This operation caused substantial controversy among the population: The association between power production and environmental influence was a matter of increasing interest to the public over the years. The opponents, on the one hand, highlighted the environmental pollution and concomitant the aspects and impacts on the health and tourism. The proponents of the projects, on the other hand, brought forward the economic aspects, such as the job creation and the stimulation of the economy in the of Voitsberg.

However, due to financial difficulties and the insolvency of the Group of Mirko Kovats on April 14, 2011, the application for a conversion was withdrawn by the district administration of Voitsberg. Thus, the future of the power plant in the district Voitsberg remains still uncertain for the residents.

This paper has set the goal to give the reader an insight into the historical background of the power plant site Bärnbach-Voitsberg. Above all, the establishment time of the first power plant in Bärnbach was formative for the structures of the Austrian electricity industry. The dissertation deals with the chronological and historical development of the plants and tries to convey the essence of the site’s development.

- 5 - Abkürzungsverzeichnis

1. WK Erster Weltkrieg 2. VG Zweites Verstaatlichungsgesetz 2. WK Zweiter Weltkrieg Abs. Absatz AE&E Austrian Energy & Environment AEW Alpen-Elektrowerke AG AG Aktiengesellschaft AHP VERBUND-Austrian Hydro Power AG

Al2O3 Aluminiumoxid AMS Arbeitsmarktservice ATP VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG ATB Antriebstechnik ATS Österreichischer Schilling atü Druck in at über dem Bezugsniveau BEWAG Burgenländische Elektrizitätswirtschaft BFI Berufsförderungsinstitut BGBl. Bundesgesetzblatt BH Bezirkshauptmannschaft BZÖ Bündnis Zukunft Österreich CaO Calciumoxid

CH4 Methan Cl Chlor CO Kohlenstoffmonoxid

CO2 Kohlenstoffdioxid dB(A) Schalldruckpegel in der Einheit Dezibel DENOX Rauchgasentstickung DI Diplomingenieur Dr. Doktor DKJ Donaukraftwerk Jochenstein AG DKW Dampfkraftwerk DONAUKRAFT Österreichische Donaukraftwerke AG EBIT Earnings before interest and taxes

- 6 - Edf Electricité de France EG Europäische Gemeinschaft EG-K Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen ElWOG Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz ENNSKRAFT Ennskraftwerke AG EMAS Eco-Management And Audit Scheme ERP European Recovery Program ESG Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme- und Verkehrsbetriebe AG ESTAG Energie Steiermark Holding EU Europäische Union EVN AG Energieversorgung Niederösterreich EVU Elektrizitätsversorgungsunternehmen F&E Forschung und Entwicklung FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoff H-FCKW Teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe H-FKW Teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe

Fe2O3 Eisenhydroxid g/kWh Gramm pro Kilowattstunde g/NM³ Gramm pro Normkubikmeter GKB Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau-Gesellschaft GKW Grenzkraftwerke GmbH GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GWh Gigawattstunde h Stunde Hrsg. Herausgeber

H2 Wasserstoff IG-L Immissionsschutzgesetz-Luft IKB Innsbrucker Kommunalbetriebe IRÄG Insolvenzrechtsänderungsgesetz ISO Internationale Organisation für Normung KAV Kalkadditivverfahren

K2O Kaliumoxid kcal/kg Kilokalorien pro Kilogramm KELAG Kärntner Elektrizitäts- AG

- 7 - kJ/kg Kilojoule pro Kilogramm km² Quadratkilometer KPÖ Kommunistische Partei Österreichs kW Kilowatt kWh Kilowattstunde MEUR Millionen Euro Mio. Millionen MgO Magnesiumoxid

Mn2O3 Manganeseoxid Mrd. Milliarden m Meter m/s Meter pro Sekunde mg/m³ Mikrogramm pro Kubikmeter MVA Megavoltampere MW Megawatt MWh Megawattstunde

Na2O Natriumoxid NEWAG Niederösterreichische Elektrizitätswerke AG

NH3 Ammoniak Nm³ Normkubikmeter

NOX Stickoxid ÖBAG Österreichische Bergbau- Aktiengesellschaft ÖBK Österreichisch-Bayerische Kraftwerke AG ÖDK Österreichische Draukraftwerke AG ÖKO Ökologie ÖIAG Österreichische Industrieholding AG OKA Oberösterreichische Kraftwerke AG OKG Osttiroler Kraftwerke GmbH ÖVP Österreichische Volkspartei ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft

P2O5 Phosphorpentoxid PWC PricewaterhouseCooper REA Rauchgasentschwefelungsanlage RM Reichsmark

- 8 - RGBl. Reichsgesetzblatt S Schilling SAFE Salzburger AG für Energiewirtschaft SCR Selektive katalytische Reduktion SELECT Österreichs Strommarke SGP Simmering-Graz-Pauker AG

SiO2 Siliziumdioxid SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreich SSG STEWEAG Steg GmbH STEFE Steirische Fernwärme AG STEFG Steirische Ferngas AG STEG Steiermärkische Elektrizitäts AG STEWAG Steirische Wasserkraft und Elektrizitätsgesellschaft StG Grazer Stadtwerke AG STGW Steirische Gas-Wärme GmbH StI Stadtwerke Innsbruck Elektrizitätswerke StK Stadtwerke Klagenfurt Elektrizitätswerke StS Salzburger Stadtwerke-Elektrizitätswerke

SO2 Schwefeldioxid

SO3 Schwefeltrioxid t Tonne t/h Tonnen pro Stunde

TiO2 Titandioxid TIWAG Tiroler Wasserkraftwerke AG TKW Tauernkraftwerke AG TÜV Technischer Überwachungs-Verein UBA Umweltbundesamt U/min Umdrehungen pro Minute UMS Umweltmanagementsystem UVPG Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz V Volt VA Voltampere VERBUND Österreichische Elektrizitätswirtschafts AG VIAG Vereinigte Industriewerke AG

- 9 - VKG Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH VKW Vorarlberger Kraftwerke-AG WIFI Wirtschaftsförderungsinstitut WStW-EW Wiener Stadtwerke- Elektrizitätswerke

- 10 - Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...... 13

Einleitung ...... 17

I. Zu den Anfängen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft 1918-1947: Die weiße Kohle ...... 19 Das Verbundnetz der „Ostmark“: AEW ...... 24 Die Österreichische Elektrizitätswirtschaft in der 2. Republik ...... 28 VERBUND ...... 32 Die Tochtergesellschaften ...... 38 Die Sondergesellschaften ...... 43 Die Österreichische Draukraftwerke AG ...... 46 Die Landesgesellschaften ...... 50 Die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (STEWEAG) ...... 53

II. Die steirische Elektrizitätswirtschaft auf Kohlenbasis: Der Standort Köflach-Voitsberg ...... 61 Die Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau-Gesellschaft (GKB) ...... 65 Dampfkraftwerk Voitsberg ...... 70 GKB-Dampfkraftwerk Bärnbach ...... 76 Voitsberg I ...... 83 Voitsberg II ...... 92 Voitsberg III ...... 101 Umweltmanagement und Umweltschutzmaßnahmen ...... 160 Betriebliche Sozialeinrichtungen ...... 165

III. Die Liberalisierung des europäischen Strommarktes und die Auswirkungen auf Voitsberg...... 170 Eingliederung des Kraftwerkes Voitsberg in die VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG ...... 174 Verkürzung des Kohlelieferungsvertrages ...... 175 Die Schließung von Voitsberg III ...... 177 Stranded costs ...... 183 Der Verkauf an Mirko Kovats und die A-TEC Industries AG ...... 186 Umrüstung auf Steinkohle ...... 192 Die Bürger machen gegen das Kraftwerk mobil ...... 194 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Konsequenzen des Dampfkraftwerkes für die Umwelt, Tourismus und Wirtschaft ...... 200 Wasserrechtsgesetz ...... 205 Feinstaub ...... 206 CO2-Ausstoß ...... 208 Die Chancen für den Bezirk Voitsberg durch das Dampfkraftwerk ...... 215 Die Insolvenz der AE&E ...... 217 Das Ende des Dampfkraftwerk-Standortes Bärnbach-Voitsberg ...... 221 Schlusswort ...... 222

- 11 - IV. Anhang ...... 227 Tabellenverzeichnis ...... 227 Abbildungsverzeichnis ...... 229 Quellen- und Literaturverzeichnis ...... 231 Verwendete Quellen ...... 231 Verwendete Literatur ...... 237 Beilagen ...... 243

- 12 - Vorwort

Abbildung 1: ÖDK Kraftwerk Voitsberg III

Quelle: Foto Grabner.

Die Wahl des vorliegenden Themas ergab sich aus Gesprächen und Überlegungen mit Herrn Prof. Stefan Karner zur österreichischen Energiewirtschaft, mit dem Schwerpunkt STEWEAG. Zudem war es mein Wunsch, mich in meiner Dissertation einem Themenbereich aus meinem Heimatbezirk, Voitsberg in der Weststeiermark, zu widmen. Weil das Dampfkraftwerk Voitsberg in den letzten Jahren wegen des Kaufes durch Mirko Kovats immer mehr in das Medieninteresse gerückt ist und nunmehr, 2013, zum Abbruch freigegeben wurde, kommt der Aufarbeitung dieser Thematik eine große Relevanz zu. War doch das Dampfkraftwerk Voitsberg einst einer der größten Stromerzeuger des Landes und auch ein bedeutender Arbeitgeber für den Bezirk Voitsberg.

Ein zusätzlicher Bereich, der direkt mit der Betriebsgeschichte des Dampfkraftwerkes zusammenhängt, sind die heimischen Braunkohlereviere. Sie hatten auf die Errichtung des Dampfkraftwerkes einen maßgeblichen Einfluss.

- 13 -

Zielvorgabe dieser Arbeit ist es, die wirtschaftliche Entwicklung des Dampfkraftwerkes Voitsberg von seiner Gründung im Jahre 1920 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt darzustellen, um Vorstellungen über wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Entwicklungen, die von diesem Unternehmen ausgegangen sind, aufzuzeigen.

Deshalb werden, um dieser Problemstellung nachzugehen, zunächst die wesentlichen Rahmenbedingungen, ausgehend von der Idee eines Dampfkraftwerkes in Voitsberg, welche für die österreichische Elektrizitätswirtschaft und in weiterer Folge für den Werdegang des Energieversorgungsunternehmens maßgebend waren, in Überblicksform charakterisiert.

Dieser erste Teil widmet sich den geschichtlichen Aspekten der österreichischen Elektrizitätswirtschaft mit folgenden Themenschwerpunkten:

• Dem Ersten Weltkrieg und der Genfer Sanierung 1922.

• Der NS-Kriegswirtschaft mit ihren Ausbauprogrammen, den Alpenelektrowerken, den Staustufen an den österreichischen Flüssen oder dem Speicherkraftwerk Kaprun.

• Dem 2. Verstaatlichungsgesetz 1947, das die österreichische Verbundwirtschaft neu regelte: VERBUND, Landes- und Sondergesellschaften.

• Den Konsequenzen und Folgen des 2. Verstaatlichungsgesetzes für die STEWEAG.

• Dem Bergbau in Bezug auf das weststeirische Kohlenrevier sowie der Entwicklung der Graz-Köflacher-Eisenbahn- und Bergbau-Gesellschaft.

Im Kernbereich der Arbeit werden die einzelnen Entwicklungsstufen des Dampfkraftwerkes Voitsberg beschrieben, von den Anfängen bis zur Gegenwart, wobei insbesondere die betriebswirtschaftlichen Aspekte Berücksichtigung finden.

- 14 - Für diesen Teilbereich werden folgende Sachverhalte erarbeitet:

• Die Entwicklungsstufen des Dampfkraftwerkes seit der Gründung (GKB- Dampfkraftwerk, Voitsberg I-III).

• Die Umweltschutzproblematik am Standort sowie die durchgeführten Umwelt- maßnahmen.

• Die Schließung des Dampfkraftwerkes und die Stranded-Costs-Problematik.

• Der Kauf durch Mirko Kovats mit dem Plan zur Umrüstung auf ein Steinkohle- kraftwerk.

• Die Bürgerinitiativen, Proteste und die Problematik der Umweltverträglichkeits- prüfung.

• Chancen und Nachteile der Wiederinbetriebnahme des Dampfkraftwerkes für den Bezirk Voitsberg.

• Die Insolvenz des Kraftwerksbesitzers und die damit verbundene Zurückziehung des Antrages zur Umrüstung.

Für die Erarbeitung dieser historischen Betriebsanalyse war die Recherche zahlreicher Quellen und Unterlagen erforderlich. Da das Dampfkraftwerk Voitsberg seit der Übernahme für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist, war es äußert schwierig, Fakten und Zahlenmaterial zu finden. Somit erstreckte sich die Literaturrecherche über ehemalige Mitarbeiter des Dampfkraftwerkes, das Archiv der STEWEAG, die Hauptbibliothek der Karl- Franzens-Universität Graz, zahlreiche Berichte in den Zeitungen sowie Quellen aus der Stadtbibliothek Voitsberg. Ergänzend zu diesen Recherchen wurde auch das Internet herangezogen.

- 15 - Die chronologische Erarbeitung der Problemstellung erfolgte mit Hilfe umfangreicher Quellenmaterialien. Anhand von Graphiken, Tabellen und Fotodokumentationen soll die übersichtliche Darstellung der Thematik ermöglicht werden.

Außerdem habe ich auch das persönliche Gespräch mit ehemaligen Mitarbeitern des Dampfkraftwerkes, Kraftwerksgegnern und -befürwortern gesucht. In diesen Gesprächen wurden mir wertvolle Hinweise und Anregungen zu verschiedenen Fragekomplexen gegeben und ihre oft sehr konträren Sichtweisen haben meine Arbeit maßgeblich beeinflusst.

- 16 - Einleitung

Gesunde Unternehmen wachsen mit langsamen und stürmischen Perioden kontinuierlich. Meist ändern sich im Laufe der Unternehmensgeschichte aber auch der Unternehmenszweck, das Unternehmensumfeld und der Unternehmensgegenstand. Zu all diesen Veränderungen tragen die Faktoren der natürlichen Zeitumstände, politische und managementbezogene Veränderungen, Fortschritt in der Technik sowie die Umweltproblematik bei. In der Geschichte eines Unternehmens sind die einzelnen Epochen durch das Einwirken dieser Faktoren entstanden.

Industriebetriebe haben einen großen Einfluss auf die natürliche Umwelt. Einerseits durch den Ressourcenverbrauch, andererseits durch die dadurch verursachten Emissionen. Vor wenigen Jahren bestand der Umweltschutz noch darin, Schornsteine höher zu bauen, damit die nähere Umgebung nicht mit den Abgasen belastet wird. Der globale Energieverbrauch ist in den letzten Jahrzehnten, bedingt durch den erhöhten Lebensstandard der Industriestaaten und der fortschreitenden Industrialisierung, enorm gestiegen.

Nach langer Enthaltsamkeit hat sich in den letzten Jahren, nicht zuletzt durch den wachsenden Druck aus gesellschaftlicher Sicht, auch in der Betriebswirtschaftslehre der Umweltschutzgedanke durchgesetzt: Das Umweltbewusstsein bewegt sich also im Spannungsfeld zwischen ökonomischer und ökologischer Effizienz und gesellschaftlicher Legitimität. Kein Unternehmen kann sich diesem Spannungsfeld entziehen, wenn es langfristig seine Existenz am Markt sichern will.

Meine Dissertation beschäftigt sich mit einem Thema, das in letzter Zeit vermehrt in den Medienberichten rund um den Bezirk Voitsberg erschien, nämlich mit dem Dampfkraftwerk Voitsberg. Einst wurde das Dampfkraftwerk erbaut, um die Kohlenbergwerke mit elektrischer Energie zu versorgen, später übernahm es die Aufgabe der zentralen Energieversorgung.

Im Zuge meiner Dissertation bot es sich daher an, die vielen Medienberichte der letzten Monate zu aufzuarbeiten und die betriebshistorische Geschichte des Dampfkraftwerkes Voitsberg in Bezug auf die Umweltproblematik zu beleuchten.

- 17 - Das Dampfkraftwerk Voitsberg wird im Laufe dieser Arbeit aus verschiedenen Sichtweisen beleuchtet, nämlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht, aus Sicht des VERBUNDES, aus der Sicht der Medien und aus Sicht des Bezirkes Voitsberg, denn für diesen war das Dampfkraftwerk ein ständiger Arbeitgeber. Auch die Schließung des Dampfkraftwerkes trug zur Erhöhung der Abwanderungsrate des Bezirkes deutlich bei, denn die Einwohnerzahl sank danach deutlich unter die 10.000er Grenze. Abschließend behandelt die Dissertation die Übernahme durch Mirko Kovats, mit dessen Kauf wieder Dynamik in die Geschichte des Dampfkraftwerkes kam.

Der Leser soll einen Einblick in die historische Geschichte des DKW-Standortes Bärnbach- Voitsberg bekommen. Vor allem die Errichtungszeit des ersten Kraftwerkes in Bärnbach war prägend für die Strukturen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft. Die nachfolgende Geschichte des DKW-Standortes beschäftigt sich mit der chronologischen betriebshistorischen Entwicklung und versucht, das Wesentliche über die Entwicklung des Standortes zu vermitteln.

Ein durchschnittlicher Haushalt verbrauchte damals rund 140 Kilowattstunden Strom im Jahr. Das ist ungefähr soviel, wie heutzutage ein Fernseher im Standby-Modus benötigt. Der Durchschnittsverbrauch eines Haushaltes beträgt heute etwa 4.000 kWh Strom pro Jahr.1

An diesem Beispiel wird deutlich erkennbar, welche Anforderungen an die Elektrizitätswirtschaft im Laufe der Jahre gestellt wurden und deswegen möchte nun ich auf die Geschichte der Elektrizitätswirtschaft in Österreich überleiten.

1 Vgl. VERBUND: Vom Elektromotor Österreichs zum europäischen Energiekonzern. http://www.verbund.at/cps/rde/xchg/internet/hs.xsl/153_154.htm, Mai 2008.

- 18 - I. Zu den Anfängen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft 1918-1947: Die weiße Kohle

Um einen Überblick über die Entwicklung des Dampfkraftwerkes zu gewinnen, ist es angebracht, die historische Entwicklung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft darzustellen. Im nächsten Abschnitt soll geklärt werden, unter welchen Rahmenbedingungen sich die österreichische Elektrizitätswirtschaft entwickelte und unter welchen Voraussetzungen das Dampfkraftwerk Voitsberg über Jahrzehnte geführt wurde.

Kaum in einem anderen Wirtschaftsgebiet ist der historische Werdegang für ihre Konstitution so bestimmend wie in der Elektrizitätsversorgung. Die Anfänge der Elektrizitätswirtschaft im heutigen Österreich sind auf den Pioniergeist privater Unternehmen zurückzuführen. Bereits 1873 wurde in Berndorf in Niederösterreich eines der ersten Kraftwerke Europas errichtet und so entstanden nach und nach in den einzelnen Bundesländern die ersten Bausteine des heutigen österreichischen Verbundsystems in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg.2

Eben die Nachkriegsjahre ab 1919 ließen auch den Gedanken eines Aufbauprogramms der österreichischen Elektrizitätswirtschaft entstehen. Erst im Zweiten Weltkrieg geriet dieser durch die erhöhten Anforderungen der Kriegswirtschaft und Rüstung an die Grenzen seiner Belastung. Die Versorgung der Rüstungsbetriebe mit elektrischer Energie wurde zum wichtigsten Bestandteil der Energiewirtschaft. In der Nachkriegszeit widmete man sich wieder dem Grundgedanken des Ausbaues der heimischen Wasserkräfte sowie dem Bau von Dampfkraftwerken auf Basis heimischer Kohle. Das erste wichtige Datum für die österreichische Elektrizitätswirtschaft war der 26. März 1947, als der Nationalrat das 2. Verstaatlichungsgesetz beschlossen hatte und damit ein Organisationsnetz zum Funktionieren der österreichischen Elektrizitätswirtschaft implementiert wurde.

„Die rechtliche Entwicklung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft wurde bereits in der Monarchie durch die Verordnung der Minister des Handels und des Inneren vom 25. März 1883, RGBl. Nr. 41, eingeleitet. Die Verordnung verlangte für die gewerbsmäßige betriebene Herstellung und den gewerbsmäßigen Betrieb von Anlagen für Erzeugung und Leitung von

2 Vgl. MUSIL, Ludwig: Die wirtschaftliche Bedeutung der Eigenerzeugung der Landesgesellschaften für die öffentliche Elektrizitätsversorgung, in: ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Die Landes- Elektrizitätsgesellschaften in Österreich. Heft 12, Wien 1967, S. 607.

- 19 - Elektrizität zu Zwecken der Beleuchtung, der Kraftübertragung und sonstiger gewerblicher und häuslicher Anwendung, die bis dahin als freies Gewerbe lediglich der Anmeldung bei der Gewerbebehörde bedurft hatten, gem. § 30 Abs. 1 und § 33 der Gewerbeordnung vom 20. Dezember 1859, RGBl. Nr. 227, eine von der politischen Landesbehörde zu erteilende Konzession.“3

Schon in der Österreich-ungarischen Monarchie stand die Ausnützung von Wasserkräften zur Erzeugung der elektrischen Energie im Vordergrund aller wirtschaftlichen Interessen. Die Steiermark selbst hatte sich als eines der industriell führenden und expansionsreichsten Länder der Monarchie etabliert. Diese wachsende Industrie benötigte vor allem Energie.

Diese Energie musste freilich erst produziert werden. Es gab zwei Möglichkeiten Strom zu erzeugen: Einerseits durch die Verfeuerung von Abfallkohle in Dampfkraftwerken und andererseits aus Wasserkraft mit Hilfe von Wasserkraftwerken. Die Steiermark verfügte über beides: bedeutenswerte Kohlevorkommen in den Revieren Fohnsdorf, Köflach, Trifail/Trbovlje und Wöllan/Velenje sowie beachtliche Wasservorkommen.4

In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg trugen im Land bereits 100 Kleinkraftwerke zu den örtlichen Stromversorgungen bei. Vorbildhafte Arbeit leisteten vor allem die beiden Murkraftwerke Peggau und Lebring, die durch ihren Zusammenschluss im Jahre 1910 zur STEG österreichweit neue Maßstäbe für die spätere Verbundwirtschaft setzten. Im Jahre 1913 begann dieser Verbund im untersteirischen Faal/Fala an der Drau mit dem Bau eines Wasserkraftwerkes, um die Stromlieferung nach Graz, Obersteiermark und Wien aufnehmen zu können. Weiters wurde ein 50.000 PS Draukraftwerk in Marburg geplant.5

Die Regierungserklärung des k.k. Ministerpräsidenten Dr. Ernst Seidler (Verwaltungsrat der STEWEAG) vom September 19176, zeigte die Notwendigkeit des Ausbaus der

3 BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE: Das österreichische Elektrizitätsrecht bis zum Beitritt zur Europäischen Union. www.energytech.at, September 2010. 4 Vgl. KARNER, Stefan: Die Steiermark in der österreichischen Wirtschaft des 20. Jahrhunderts, in: PICKL Othmar (Hg.), 800 Jahre Steiermark und Österreich 1192-1992. Graz 1992, S. 527. 5 Vgl. Ebd. S. 528. 6 Dr. Ernst Seidler (1862-1931): Ernst Seidler studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien und trat danach in den Staatsdienst ein. Dort war er zuständig für das Ackerbauministerium, Handelsverträge und Wasserrecht.1917 wurde er von Kaiser Karl zum österreichischen Ministerpräsidenten ernannt.

- 20 - österreichischen Elektrizitätswirtschaft auf und offenbarte den Zusammenhang der Alpenwasserkräfte mit der Wiederherstellung der österreichischen Volkswirtschaft.7

Die österreichische Wirtschaft hatte von Beginn an mit den Folgen des Ersten Weltkrieges zu kämpfen, da der österreichische Wirtschaftsraum auf einmal nur mehr einen Bruchteil des vorherigen ausmachte. Österreich musste nach Unterzeichnung des Vertrages von St. Germain Südtirol, Friaul und Triest an Italien abtreten, des Weiteren gab es Gebietsabtretungen an den SHS-Staat (darunter auch Marburg, die damals zweitgrößte Stadt der Steiermark, welche über ein enormes Wirtschaftspotential verfügte) und die Unabhängigkeit von Ungarn, Jugoslawien, der ehemaligen Tschechoslowakei und Polen wurde anerkannt. Weitere schwerwiegende Verluste stellten die Drauwasserkräfte, das Kraftwerk Faal/Fala, die Kohlenreviere Trifail/Trbovlje und Wöllan/Velenje sowie die landwirtschaftlichen Kapazitäten zur Nahrungsmittelproduktion durch die Abtrennung der Untersteiermark dar. Somit waren die langfristigen Planungen der STEG für den Ausbau der Stromversorgung bedeutungslos geworden, da das Faaler Kraftwerk nicht mehr im österreichischen Territorium lag. Daraus ergab sich eine weitgehende durch die Inflation begünstigte Exportabhängigkeit und man musste die Land- und Energiewirtschaft neu aufbauen.8

Im November 1918 wurde die demokratische Republik Deutsch-Österreich ausgerufen. Ihre ersten Jahre waren gekennzeichnet durch eine enorme Inflation. Bereits während des Krieges sank der Wert der Krone erheblich. Weil der Staat dringend Geld benötigte, wurden immer mehr Banknoten gedruckt, was zur Folge hatte, dass der Wert des Geldes drastisch sank. Dies war vor allem für den Mittelstand tragisch. Die Handelsbeziehungen mit den Nachbarländern, insbesondere mit Tschechien, Ungarn und Jugoslawien, waren durch hohe Zölle erschwert. So wurde die Inflation weiter begünstigt, die bis 1922 ungeheure Ausmaße erreichte. Angesichts dessen wurden am 18. November 1922 keine Banknoten mehr gedruckt und 1925, um der Situation wieder zu entfliehen, die Schillingwährung eingeführt.9

7 Vgl. TANZER, Kurt: Rede des Direktors Kurt Konrad Tanzer, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, 50 Jahre STEWEAG. Heft 4, Wien/New York 1971, S. 164. 8 Vgl. KARNER, 800 Jahre Stmk., S. 527 ff. 9 Vgl. NEUBAUER, Carmen: Die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft. Eine betriebshistorische Studie. SOWI-Diplomarbeit, Graz 2001, S. 2.

- 21 - „Einen entscheidenden Markstein auf dem Weg zur Ausbildung des österreichischen Energiewirtschaftsrechts bildete das Jahr 1922 mit dem Elektrizitätswegegesetz, BGBl Nr. 348/1922, und der noch aufgrund der Gewerbeordnung ergangenen Verordnung des Bundesministeriums für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten vom 26. Juli 1922, BGBl Nr. 570, über das konzessionierte Gewerbe des Betriebes von Anlagen zur Erzeugung oder Leitung von Elektrizität.“10

Mit der Genfer Sanierung11 gab es einen abrupten Wechsel in der Währungspolitik, hin zur unbedingten Stabilität der Währung. Man versuchte das Budget möglichst klein zu halten, erhöhte die Steuern und gab möglichst wenig Geld aus, was sich zu Lasten des Wiederaufbaues der Energiewirtschaft auswirkte. Infolge der schlechten Auftragslage stieg auch die Arbeitslosigkeit, weil es sich Firmen nicht mehr leisten konnten, die Produktion ständig aufrecht zu erhalten. Es kam zu einem Zusammenbruch der Wirtschaft. Eine ungeheure Inflation, wenig Einkommen, geringer Konsum, wenig Produktion und Investitionen von Unternehmern waren die Ursache.12

Im Oktober 1922 bekam Bundeskanzler Ignaz Seipel13 die gewünschte Anleihe (Genfer Protokolle). Obwohl die Sozialdemokraten dagegen waren, da die Belastung der Anleihe zu hoch war und dies wiederum negative Auswirkung auf die Arbeiterbevölkerung hatte, wurde die Sanierung dennoch vollzogen. Im Dezember 1924 beschloss man den Schilling einzuführen und am1. März 1925 wurde dies auch verwirklicht.14

In den Jahren der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg und in den danach folgenden Jahren bis zum Zweiten Weltkrieg lagen die Schwierigkeiten eher in der Überwindung des Umstellungsprozesses, dem die gesamte österreichische Wirtschaft nach dem Ersten

10 Vgl. BUNDESMINISTERIUM, Elektrizitätsrecht, September 2010. 11 Genfer Sanierung: 4. Oktober 1922, Staatsvertrag zwischen Österreich, Frankreich, Großbritannien, Italien und Tschechoslowakei im Rahmen des Völkerbundes. Österreich bekam 650 Goldkronen auf 20 Jahre geborgt um der Hyperinflation entgegenzuwirken und die Einführung des Schillings zu gewährleisten. Als Gegenleistung verpflichtete sich Österreich, sich nicht an Deutschland anzuschließen, sowie zur Kontrolle der Fiskalpolitik und zur Verpfändung von Staatsbesitz und Zöllen. 12 Vgl. AEIOU: Inflation. http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.i/i362903.htm, September 2010. 13 Ignaz Seipel (1876-1932): Seipel studierte Theologie an der Universität Wien und wurde 1899 zum Priester geweiht. 1918 wurde er Minister für öffentliche Arbeit und soziale Fürsorge. 1922-1924 war Seipel erstmals Bundeskanzler und er sanierte mit der Völkerbundanleihe die österreichische Wirtschaft indem er die Schillingwährung einführte. (Vgl. AEIOU: Seipel. http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.s/s513761.htm, September 2010). 14 Vgl. Ebd.

- 22 - Weltkrieg unterworfen war. Die Bevölkerung wollte sich nicht an den Kleinstaat anpassen und die kapitalkräftige Bevölkerung legte zudem ihr Geld lieber im Ausland an.

Schließlich widmete man sich in Österreich wieder der Elektrizitätswirtschaft. So plante etwa Ing. Richard Hofbauer15 in den Jahren 1918 und 1919 einen Entwurf für das Ausbauprogramm der steirischen Wasserkräfte. Am 18. Juli 1919 wurde die „Vorbereitung des Ausbaues der steirischen Wasserkräfte Ges.m.b.H“ gegründet und in das Handelregister eingetragen. 1921 wurde unter Landeshauptmann Anton Rintelen ein Wasserkraftgesetz in Zusammenarbeit mit Ing. Hofbauer ausgearbeitet, indem dem Land die wertvollsten Großwasservorkommen zugesichert wurden. Bereits 1925 wurde das Teigitsch-Kraftwerk in Arnstein eröffnet und die Stromlieferung nach Graz aufgenommen.16

15 Richard Hofbauer (1873-1928): Hofbauer studiert an der Technischen Hochschule in Graz und trat danach in den steirischen Landesdienst ein. 1919 schloss er einen Vertrag zur Vorbereitung des Ausbaues der steirischen Wasserkräfte GmbH ab. Diese Gesellschaft wurde für den Ausbau der steirischen Wasserkräfte gegründet. 1921 wurde daraus die STEWEAG gegründet und Hofbauer wurde zum obersten technischen Direktor ernannt. Diese Tätigkeit übte er bis zu Beginn seines Ruhestandes aus. 16 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 3 ff.

- 23 - Das Verbundnetz der „Ostmark“: AEW

Das nationalsozialistische Deutschland forcierte einen „Anschluss“ Österreichs an Deutschland und es kam zu innenpolitischen Spannungen in Österreich. Vor allem Hitlers Wahlerfolge in Deutschland versetzten die österreichischen Nationalsozialisten in Euphorie. Sie unternahmen gezielte Aktionen gegen die Regierung und hofften auf eine schnelle Machtübernahme, um den „Anschluss“ herbeiführen zu können.17

Österreich war in der Zwischenkriegszeit in Europa das Land mit der höchsten Arbeitslosenrate und einer Schrumpfung seiner Wirtschaft von –0,3 %. Große Teile der Bevölkerung glaubten nicht mehr an den Fortbestand des Staates und blickten immer stärker in Richtung Deutschland.18

Ab 1936 verstärkte sich der deutsche Druck auf Österreich. Durch die enormen Anforderungen der deutschen Wirtschaft war das Deutsche Reich an die Grenzen seiner Ressourcen angelangt und benötigte dringend Rohstoffe, um das Wirtschaftstempo aufrechterhalten zu können. Dies konnte aus NS-Sicht nur mit „Raumgewinn“, d.h. mit der Eroberung fremder Staaten erfolgen (Hoßbach-Protokoll 1937): Sudetenland, Tschechoslowakei und Österreich. 1938 wurde Österreich angeschlossen und die Nationalsozialisten übernahmen das Land. Weite Kreise der österreichischen Bevölkerung befürworteten den Zusammenschluss mit Deutschland. Ein Großteil der österreichischen Wirtschaft wurde in „Deutsches Eigentum“ übergeführt und es kam zu einer Ausbeutung der Rohstoffe zu Gunsten der deutschen Rüstungsindustrie. Allerdings wurde innerhalb eines Jahres die Arbeitslosigkeit in Österreich beseitigt.19

Der Zwang der wirtschaftlichen Gleichstellung Österreichs mit dem Deutschen Reich und die Produktionssteigerung der heimischen Rüstungsbetriebe stellten nun hohe Anforderungen an die Elektrizitätswirtschaft und so wurde die Versorgung der Rüstungsbetriebe mit elektrischer Energie zum wichtigsten Gegenstand der Energiewirtschaft. In den Jahren 1940/1941 betrug der ungedeckte Strombedarf in der Steiermark 9.000 kW, sodass zahlreiche Werke und Fabriken abgeschaltet werden mussten. Zur Verbesserung dieser Situation wurde die

17 Vgl. SCHAUSBERGER, Norbert: Österreich: Der Weg der Republik 1918-1980. Graz/Wien 1980, S. 27. 18 Vgl. Ebd. S. 30. 19 Vgl. Ebd. S. 34 ff.

- 24 - STEWEAG, die sich zu diesem Zeitpunkt im Besitz der reichseigenen Alpenelektrowerke Wien befand, bereits im Jahre 1938 mit dem Bau eines Dampfkraftwerkes in Voitsberg, mit einer Leistung von 40.000 kW beauftragt.20

Die deutsche Einflussnahme auf den österreichischen Energiesektor war 1938 in erster Linie durch die Gründung der Alpen-Elektrowerke AG erfolgt – einem Tochterunternehmen der Vereinigten Industriewerke AG (VIAG), die als Finanzholding die Interessen des Reiches wahrnahm. Hauptaufgabe dieser neuen Institution stellte die Erschließung und der Ausbau des österreichischen Energiepotentials, um den erhöhten Energiebedarf der Kriegsproduktion decken zu können, dar.

Am 22. April 1938 gründete die VIAG die „Österreichische Elektrowerke AG“ mit einem Stammkapital von 500.000 RM. Am 13. Mai 1938 wurde der Firmenwortlaut auf Alpen- Elektrowerke AG (AEW) geändert, da Hitler den Befehl erteilte den Namen Österreich für immer verschwinden zu lassen. Bereits am 23. Juni 1938 wurde das Aktienkapital auf 50 Millionen RM erhöht. Eine weitere Kapitalaufstockung erfolgte im Jahre 1941 in der Höhe von 100 Millionen RM. Die gesamte Investitionstätigkeit des Konzerns lag in den Jahren 1938-1941 zwischen 150 und 200 Millionen RM. Die Aufgaben der AEW umfassten:21

• den Ausbau von Großkraftwerken, • die Ermöglichung eines Verbundnetzes und • die Einflussnahme auf die gesamte ostmärkische Elektrizitätswirtschaft.

Zwar änderte sich nichts an der Aufgabenstellung der österreichischen Elektrizitätsunternehmen, der Mehrheitsbesitz ging jedoch an die Alpenelektrowerke (AEW) über. Die Beteiligungen der VIAG an den ostmärkischen Elektrizitätsunternehmen betrugen im Jahre 1941:22

20 Vgl. KARNER, Stefan: Elektrizität und Kohle, in: Roth, Paul (Hg.), Glas und Kohle. Bärnbach 1988, S. 79. 21 Vgl. KOLLER, Magdalena: Elektrizitätswirtschaft in Österreich 1938-1947. Von den Alpenelektrowerken zur Verbundgesellschaft. Sowi-Dissertation, Graz 1985, S. 77 ff. 22 Vgl. Ebd. S. 80.

- 25 -

• Tiroler Wasserkraftwerke AG: 98,3 Prozent • Steirische Wasserkraft- und Elektrizitätswirtschafts AG: 75,5 Prozent • Drautaler Elektrizitäts AG: 51 Prozent • Westtiroler Kraftwerke AG: 47,5 Prozent • Kärntner Elektrizitäts AG: 34,5 Prozent • Salzburger AG für Elektrizität: 26,1 Prozent • Kraftwerke Oberdonau AG: 25,4 Prozent

Um den Vierjahresplan23 erfüllen zu können, war eine beträchtliche Steigerung des Strombedarfes erforderlich, der einerseits durch die Produktionserhöhungen in den Betrieben und andererseits durch den zusätzlichen Energiebedarf der Bauvorhaben bedingt war. Somit wurden von Hitler folgende Ziele zum Ausbau der Elektrizitätswirtschaft im Rahmen eines Vierjahresplanes verfolgt:24

• Ausbau der Alpenwasserkräfte • Eingliederung der ostmärkischen Energiewirtschaft in die deutsche Elektrizitäts- wirtschaft • Aufbau einer Verbundwirtschaft und eines 100 kV-Netzes

Als Großprojekte wurde das Tauernkraftwerk und das Draukraftwerk Schwabeck in Kärnten als oberste Priorität des Ausbaues gesetzt. Zusätzlich wurde der Ausbau der Staustufen an der Donau Ybbs/Persenbeug forciert.

Bis zur Fertigstellung der Großwasserkraftwerke wurden kleinere Wasserkraftwerke mit Bauzeiten von rund zweieinhalb Jahren als Überbrückung erbaut. Gleichzeitig wurde aufgrund der großen Braunkohlevorkommen der Bau von thermischen Kraftwerken vorrangig gefordert. Des Weiteren lag ein Leitungskonzept vor, das den Stromtransport in das deutsche Reich über die Nord-Südachse ermöglichen sollte.25

23 Vierjahresplan: Ziel Hitlers war es auch die Wirtschaft der Kriegsstrategie zu unterwerfen, um das notwendige Rüstungspotential bereitstellen zu können. Somit stellte er anhand des Vierjahresplans am 15.3.1938 die Bedingungen, dass die deutsche Wirtschaft in vier Jahren kriegfähig und die deutsche Armee in vier Jahren einsatzfähig sein müssen. 24 Vgl. KOLLER, AEW, S. 68. 25 Vgl. Ebd. S. 69 ff.

- 26 - Durch die kriegsbedingten Schwierigkeiten in den Jahren 1943/1944 kam es zu einer Verzögerung und zum teilweisen Abbruch großer Bauvorhaben. Zu Beginn des Jahres 1945 musste die Stromversorgung der AEW für kurze Zeit sogar völlig eingestellt und konnte erst am 12. April 1945 wieder aufgenommen werden.26

Nach Kriegsende kam es zu einer Neuregelung der Besitzverhältnisse. Die Anlagen und Besitzungen der AEW wurden wieder in die österreichische Elektrizitätswirtschaft und in die treuhändische Verwaltung Österreichs gelegt. Als kommissarische Leiter wurden Dipl.-Ing. Karl Lausch und Ing. Wilhelm Ascher am 14. April 1945 eingesetzt. Am 6. Juni 1945 wurde die Führung der AEW den Direktoren Dipl.-Ing. Karl Lausch und Dipl.-Ing. Karl Hintermayer übertragen. Am 1. August 1947 übernahm, nach dem 2. Verstaatlichungsgesetz, die neu gegründete „Österreichische Elektrizitätswirtschaft-AG“ die Agenden der AEW.27

26 Vgl. KOLLER, AEW, S. 182. 27 Vgl. Ebd.

- 27 - Die Österreichische Elektrizitätswirtschaft in der 2. Republik

Nach dem „Anschluss“ Österreich wurde ein Energiekonzept umgesetzt, das auf die Anforderungen des „Großdeutschen Reiches“ zugeschnitten war. Somit mussten nach Kriegsende einzelne noch gar nicht oder nur teilweise umgesetzte Projekte auf die neuen, wieder österreichischen Gegebenheiten angepasst und organisatorisch neu aufbereitet werden. Weiters mussten jene Kraftwerksanlagen, die durch Bombenangriffe oder Demontagen unbrauchbar geworden waren, wieder repariert und in Betrieb genommen werden.

Es setzten sich wieder der Grundgedanke des Ausbaues der heimischen Wasserkräfte, sowie der Bau von Dampfkraftwerken auf heimischer Kohle durch und man versuchte ein Ausbaukonzept für die nächsten Jahre festzulegen. Gründe dafür waren unter anderem der ansteigende Strombedarf der industriellen Verbraucher und der mangelnde Winterstrom. Das Augenmerk wurde hauptsächlich auf Langzeitspeicherprojekte gerichtet und die Landesgesellschaften erklärten sich in intensiven Gesprächen bereit, ihre Kraftwerksbauten an den Bedarf der nächsten Jahre anzupassen. Die Kraftwerke sollten vor allem zur Ergänzung der Wasserkraftwerke im Winter dienen.28

In der Nachkriegszeit kam es zu einem rasanten Anstieg des Stromverbrauches, denn innerhalb von zehn Jahren verdreifachte sich der Strombedarf in Österreich. Ausgehend von der Leistung des Jahres 1947 (100 Prozent) wurden bereits im Jahr 1957 308 Prozent der Leistung benötigt. Im Jahre 1959 stieg die Stromnachfrage auf 362 Prozent.29

Es galt daher einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um die Elektrizitätswirtschaft in Österreich einer Neuregelung zu unterwerfen und den Wiederaufbau sowie den ständig steigenden Energiebedarf in Österreich zügig voranschreiten zu lassen. Die Verstaatlichung der wichtigsten Energieversorgungsunternehmen ergab sich deshalb aus einer logischen Notwendigkeit.

28 Vgl. KLIMESCH, Alfred: Die Entwicklung der Erzeugung und des Verbrauches der österreichischen Landesgesellschaften, in: ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Die Landes- Elektrizitätsgesellschaften in Österreich. Heft 12, Wien 1967, S. 617 f. 29 Vgl. GRADISCHNIG, Andrea: Die österreichischen Draukraftwerke AG. Eine historische Betriebsanalyse. SOWI-Diplomarbeit, Graz 1997, S. 4.

- 28 - So waren in der Zeit von 8. bis 10. Jänner 1946, bei einer in Wien stattfindenden Tagung der Vertreter der Bundesregierung, Landesregierung und Fachleuten der Elektrizitätswirtschaft alle der Meinung, dass die Neuorganisation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft nur gemeinwirtschaftlich orientiert, durch die Schaffung einer Organisationsform erfolgen könne. Das beschlossene 2. Verstaatlichungsgesetz als neues Organisationsstatut führte zu einer tief greifende Reorganisation und umfassenden Neuplanung der Elektrizitätswirtschaft, um die Erfüllung künftiger Aufgaben gewährleisten zu können. Am 28. Februar 1947 brachten die Interessensvertreter der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) und der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) einen Gesetzesentwurf für die Verstaatlichung der Elektrizitätswirtschaft ein.30

Die größte Strukturveränderung in der Nachkriegszeit stellte die Verstaatlichungsaktion der Jahre 1946/1947 dar, welche geordnete Besitzverhältnisse herbeiführen sollte und deshalb große Teile der Grundstoffindustrie, des Energiewesens, Großbanken und Betriebe der Investitionsgüterindustrie dem ausländischen Einfluss entzog.

In Österreich wurde eine „Alliierte Kommission“31 eingesetzt, auch mit der Aufgabe, die Trennung Österreich von Deutschland umzusetzen. Bei der Potsdamer Konferenz32 im August 1945 beschloss man, von Österreich keine Reparationen zu verlangen, ausgenommen waren jedoch die Ansprüche von Deutschem Eigentum in Österreich. Für Österreich bedeutete dies, dass das Deutsche Eigentum je nach Besatzungszone den jeweiligen Alliierten zugesprochen wurde.

„Fast alle wichtigen österreichischen Industrieunternehmen befanden sich zu diesem Zeitpunkt in den Händen deutscher Großkonzerne. Zu Kriegsende befanden sich 83% des österreichischen Bankenkapitals, 61% des Versicherungskapitals, 72% der Bergbau- und Hüttenbetriebe, 64% der Maschinen- und Metallindustrie, 71% der chemischen Industrie, 82% der Elektrizitätswirtschaft und 56% des Bauwesens in deutschem Besitz.“ 33

30 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 5 ff. 31 Alliierte Kommission: Wurde 1945 als Kontrollorgan in Wien gegründet und übernahm offiziell die Regierungsgewalt in Österreich. 32 Potsdamer Konferenz: Treffen der Hauptalliierten (Großbritannien, Frankreich, Sowjetunion, USA) des Zweiten Weltkrieges um über weitere Vorgehensweisen zu beraten. 33 PENZ, Susanne: Das Zweite Verstaatlichungsgesetz 1947 und der Aufbau der österreichischen Energiewirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, in: SCHÖPFER Gerald (Hg.), Aspekte zur Energiewirtschaft und Energiepolitik in Österreich seit 1918. Heft 4/5, Graz 1984, S. 80.

- 29 - Die drei bei den Nationalratswahlen Ende 1945 kandidierenden Parteien34 inkludierten die Verstaatlichung der Elektrizitätswirtschaft in ihr Programm. Zudem sollte damit eine organisatorische Grundlage für den weiteren Ausbau der österreichischen Elektrizitätsversorgung geschaffen werden, denn schließlich war Energie das Fundament für den Wiederaufbau und außerdem musste die Organisation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft auf eine neue Basis gestellt werden. Bis zu einem gewissen Grad war ein gemeinsamer Weg zu finden, die nach 1938 begonnenen Großbauvorhaben fertig zu stellen und die weiteren Stufen an der Donau sowie Großspeicherkraftwerke in den Alpen verwirklichen zu können. Außerdem sollten durch die Verstaatlichung die Potsdamer Beschlüsse verhindert werden.35

Somit wurden am 26. Juli 1946 das Erste Verstaatlichungsgesetz36 und am 26. März 1947 das 2. Verstaatlichungsgesetz verabschiedet. Durch das 2. Verstaatlichungsgesetz gelang es Österreich, alle großen Stromerzeuger des Landes in die öffentliche Hand zu übertragen, denn 85 Prozent der Erzeugung von elektrischer Energie ging auf Unternehmen des Bundes und Länder über. Für die verstaatlichten Betriebe musste eine angemessene Entschädigung bezahlt werden.37

Ausgenommen von der Verstaatlichung wurden jene Produktionsbetriebe, deren Kraftwerksleistung unter 200 kW lag und deren jährliche Energieabgabe nicht mehr als die doppelte Eigenerzeugung ausmachten. Weiters alle Eigenversorgungsanlagen, deren Stromabgabe an betriebsfremde Verbraucher jährlich weniger als 100.000 kWh betrug und eine weitere Stromabgabe nur an Landesgesellschaften, Sondergesellschaften und die Verbundwirtschaft erfolgte, sowie die Energieversorgungsanlagen der Städte Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt.38

34 Parteien: ÖVP (Leopold Figl), SPÖ (Karl Renner), KPÖ. 35 Vgl. MUSIL, Ludwig: Die STEWEAG in den Jahren 1945 bis 1970 – eine Dokumentation, in: ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, 50 Jahre STEWAG. Heft 4, Wien/New York 1971, S. 172. 36 1. Verstaatlichungsgesetz: Wurde am 26.7.1946 vom Nationalrat beschlossen, denn von 70 österreichischen Betrieben lagen 44 in der sowjetischen Besatzungszone. 37 Vgl. PUNTIGAM, Markus: Die Energie Steiermark AG. Das öffentliche Bild und die betriebswirtschaftliche Realität. SOWI-Diplomarbeit, Graz 2007, S. 7 f. 38 Vgl. MUSIL, STEWEAG, S. 173.

- 30 - Der neue Organisationsrahmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft gestaltete sich wie folgt:

⇒ Verbundgesellschaft ⇒ Sondergesellschaften ⇒ Landesgesellschaften ⇒ Städtischen Unternehmen

Eine Verbundgesellschaft in 100%iger Hand des VERBUNDES war für das Betreiben und Ausbauen der Leitungsnetze sowie für den Import und Export des Stromes zuständig. Die führenden Elektrizitätsversorgungsunternehmen in den Bundesländern wurden zu Landesgesellschaften. Sondergesellschaften mit mindestens 50 Prozent Bundesbeteiligung waren von nun an für die Errichtung von Großkraftwerken verantwortlich. Daraufhin wechselten Kraftwerke und Leitungen ohne Rücksicht ihren Besitzer.39

Somit wurde die österreichische Elektrizitätswirtschaft einer neuen Regelung unterworfen. Nach dem 2. Verstaatlichungsgesetz gibt es vier verschiedene Arten von Stromversorgungsunternehmen in der horizontalen Ebene:40

• Verstaatlichte Versorgungswerke • Private Versorgungsunternehmen • Industrielle Eigenversorgungswerke • Kraftwerke der ÖBB

In der vertikalen Ebene wurden die verstaatlichten Versorgungsunternehmen in der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG (Verbundgesellschaft) fusioniert. Diese Gesellschaft war von nun an mit der Planung, Bau und Vertrieb von großen Verteileranlagen beauftragt.41

39 Vgl. MUSIL, STEWEAG, S. 173. 40 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 80. 41 Vgl. Ebd.

- 31 - VERBUND

Der VERBUND ist Österreichs größter Stromerzeuger. Der österreichische Stromverbrauch beträgt rund 70 Mrd. kWh und wird zu 40 Prozent aus der Erzeugung des VERBUND- Konzerns gedeckt.42

„Zur treuhändigen Verwaltung der Bundesbeteiligungen an Sondergesellschaften (§ 4) und Landesgesellschaften (§ 3) ist eine Aktiengesellschaft (Verbundgesellschaft) zu errichten, deren Anteilsrechte im Bundeseigentum stehen. Je ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrates der Verbundgesellschaft werden vom Bund und von den Bundesländern entsendet. Das letzte Drittel setzt sich aus mindestens je einem Vertreter der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, des österreichischen Arbeiterkammertages, der landwirtschaftlichen Kammern Österreichs und der Arbeiter und Angestellten der verstaatlichten Unternehmungen der Elektrizitätswirtschaft zusammen. Die Bestellung der Vorstandsmitglieder der Verbundgesellschaft bedarf der Genehmigung durch die Bundesregierung.“43

42 Vgl. VERBUND: Vom Elektromotor Österreichs zum europäischen Energiekonzern. Unternehmensgeschichte, www.verbund.at, April 2010. 43 BGBl. 21/1947 über die Verstaatlichung der Elektrizitätswirtschaft, S. 473.

- 32 -

Gründung 1947 Branche Stromerzeugung, -handel, -übertragung, -vertrieb Firmensitz Wien Rechtsform Aktiengesellschaft Besitz 51% Republik Österreich > 10% EVN > 10% Wiener Stadtwerke > 5% TIWAG < 24% Streubesitz Management Dipl.-Ing. Wolfgang Anzengruber Dr. Johann Sereinig Dr. Ulrike Baumgarner-Gabitzer Mag. Christian Kern Mitarbeiter 2.700 (Stand: 1.9.2009) Stromerzeugung 124 Wasserkraftwerke (davon 21 Speicherkraftwerke und 103 Laufkraftwerke) 3 Wärmekraftwerke 3 Windparks Installierte Leistung 7.500 MW Wasserkraft 815 MW Wärmekraft 49 MW Windkraft Netz 3.500 km Trassenlänge 6.800 km Systemlänge Auslandsbeteiligungen 46% Poweo, Frankreich 45% Sorgenia, Italien 50% EnerjiSA, Türkei 100% Energji Ashta, Albanien Marktkapitalisierung 10 Mrd. Euro (Stand: 1.9.2009) Tabelle 1: Steckbrief VERBUND

Quelle: VERBUND, Geschichte, Februar 2010.

- 33 - Am 1. August 1947 wurde im Wiener Parlament als Verbundgesellschaft für ganz Österreich die Österreichische Elektrizitätswirtschaft-AG, die sich im Eigentum des Bundes befindet, gegründet. Ihr Ziel war es, Österreichs Elektrizitätssystem nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf- und auszubauen und die Stromversorgung in Österreich mit Hilfe von Landes- und Sondergesellschaften sicherzustellen. Schrittweise begann der VERBUND Erzeugung und Netz auf- und auszubauen, um dem kontinuierlich steigenden Strombedarf der Nachkriegszeit gerecht zu werden.

Ein wichtiger Meilenstein war die Fertigstellung des im Jahre 1938 begonnenen Speicherkraftwerkes Kaprun. Durch die Rückschläge des Krieges kam dieses Bauvorhaben zum Stillstand und erst im Jahre 1955 konnte die Speicherkraftwerksgruppe am Fuße des Großglockners mit 700 Mio. kWh in Betrieb genommen werden. Dadurch war Österreich wieder in der Lage, seinen Strombedarf aus heimischen Quellen zu decken.44

Doch das rasante Wirtschaftswachstum und der mit ihr einhergehende vermehrte Strombedarf ließ weitere wichtige Projekte zum Ausbau der Elektrizitätswirtschaft entstehen, denn bereits 1965 musste Strom wieder zugekauft werden. In den Jahren 1955 bis 1960 gingen unter anderem das Ennskraftwerk Hieflau, das Donaukraftwerk Ybbs-Persenbeug und das größte Salzach-Kraftwerk Schwarzach in Betrieb.45

Österreichs Wirtschaft boomte weiter und der Strombedarf wurde in den 60er Jahren beinahe verdoppelt. Es kam zu einem Mangel an Arbeitskräften für Kraftwerksneubauten und Österreich war erneut auf Stromimporte (etwa 1/4 des Strombedarfs) angewiesen. Deshalb wurde die Möglichkeit der Atomkraft ins Auge gefasst und hierfür der Standort Zwentendorf geplant, gegen dessen Inbetriebnahme sich die Bevölkerung aber in einer Volksabstimmung46 im Jahre 1978 entschied. Somit mussten erneut Alternativprojekte im Bereich der Wasser-, Wärme- und Windkraft geplant werden, wie zum Beispiel der Ausbau der Donaukraftwerke und das Speicherkraftwerk Malta.47

44 Vgl. VERBUND, Geschichte 1950-60, März 2010. 45 Ebd. 46 Volksabstimmung: Am 5. November 1978 stimmten 50,5% der abstimmenden Bürger gegen die Inbetriebnahme von Zwentendorf. Weiters wird ein Verfassungsgesetz beschlossen, das die Nutzung von Atomenergie in Österreich untersagt. 47 Vgl. VERBUND, Geschichte 1960-70 sowie 1970-80, März 2010.

- 34 - In den 80er Jahren wurden große Kohlekraftwerke wie zum Beispiel Dürnrohr in Niederösterreich oder Mellach in der Steiermark mit modernsten Umweltschutztechniken errichtet, sowie der Ausbau der Donau (Melk und Greifenstein) in Angriff genommen. Im Jahre 1988 wurden durch den Börsengang und die Novellierung48 des 2. Verstaatlichungsgesetzes 49 Prozent des VERBUNDES privatisiert und rund 50.000 Aktien an inländische und rund 20.000 Aktien an ausländische Anleger verkauft (51 Prozent sind im Besitz der Republik Österreich, rund 20 Prozent breit gestreut, jeweils mehr als 10 Prozent halten EVN und Wiener Stadtwerke sowie 5 Prozent die TIWAG). Der Ausgabepreis der Aktie lag umgerechnet bei 26,52 Euro. Ebenfalls übernahm der VERBUND im Jahre 1987 um 440 Mio. Euro die Anteile der Republik Österreich an sechs Sondergesellschaften (Österreichisch-Bayrische Kraftwerke AG, Donaukraftwerk Jochenstein AG, Ennskraftwerke AG, Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH, Tauernkraftwerke AG, Österreichische Draukraftwerke AG, Österreichische Donaukraftwerke AG).49

Der Beitritt Österreichs zur EU und die damit einhergehende Liberalisierung des Strommarktes brachten grundlegende Veränderungen für den VERBUND. Nach jahrelangem Agieren in einem regulierten Markt wurde der VERBUND plötzlich einer harten Konkurrenz ausgesetzt und musste rasch handeln. Am 1. Oktober 2001 erfolgte die vollständige Liberalisierung des österreichischen Strommarktes. Seitdem steht der VERBUND im freien Wettbewerb mit allen Elektrizitätsunternehmen Europas.50

Trotzdem schaffte es der VERBUND, seinen Erfolgskurs beizubehalten und konnte binnen weniger Jahre seinen Stromabsatz und Umsatz verdoppeln und etablierte sich europaweit als viertgrößter Wasserkrafterzeuger mit Beteiligungen in Frankreich, Italien und der Türkei (Wasserkraft liefert beinahe 90 Prozent des VERBUND-Stroms in Österreich). Daneben pflegt der VERBUND Geschäftsbeziehungen zu mehr als 20 Ländern in den Bereichen Erzeugung und Handel und verfügt über 13 Niederlassungen in Europa.51

„Im Jahr 2008 erzielt der VERBUND sein bislang bestes Ergebnis seiner Geschichte und erwirtschaftet mit einem Mitarbeiterstock von 2.500 Personen einen Umsatz von mehr als 3,7

48 Novellierung des 2. Verstaatlichungsgesetzes: Der Verbund darf teilprivatisiert werden, 51% müssen jedoch bei der Republik Österreich verbleiben. 49 Vgl. VERBUND, Geschichte 1980-90, April 2010. 50 Vgl. Ebd. Geschichte 1990-2000, April 2010. 51 Vgl. Ebd. Geschichte 2000-, April 2010.

- 35 - Mrd. Euro, ein EBIT von mehr als 1,1 Mrd. Euro und ein Konzernergebnis von fast 867 Mio. Euro.“52

Der VERBUND baute im Jahr 2010 seine Wasserkraftkapazitäten um 500 MW aus und bis 2015 sind weitere Projekte im Bereich der Wasserkraft mit 550 MW in Planung.53

Die wichtigsten Kennzahlen:

2006 2007 2008 Umsatzerlöse Mio. € 2.878 3.038 3.745 EBIT Mio. € 807 916 1.139 Konzernergebnis Mio. € 501 579 687 Operativer Mio. € 754 808 934 Cashflow Economic Value Mio. € 374 440 441 Added Gearing % 75,4 70,0 80,2 EBIT Marge % 28,0 30,2 30,4 Tabelle 2: Die wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick

Quelle: VERBUND, Unternehmensprofil, April 2010.

Alternativprojekte

Wasserkraft Der VERBUND betreibt insgesamt 88 Laufkraftwerke und 20 Speicherkraftwerke an allen wichtigen Flüssen Österreichs mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit, nämlich sauberer umweltfreundlicher Strom aus heimischen Energiequellen. Am 1. September 2009 übernahm der VERBUND 13 Wasserkraftwerke am bayrischen Inn. Damit ist er der viertgrößte Wasserkrafterzeuger Europas. Für die Betriebsführung und Instandhaltung dieser Ökostrom- Anlagen mit einer Maximalleistung von mehr als 7.500 Megawatt und einer

52 Vgl. VERBUND, Geschichte 2000-, April 2010. 53 Vgl. Ebd.

- 36 - durchschnittlichen Jahreserzeugung von rund 30 Mrd. kWh ist die Austrian Hydro Power AG verantwortlich. Weiters zählen zu ihren Aufgaben die Planung und der Bau neuer Wasserkraftanlagen.54

Wärmekraft Die Erzeugungsgesellschaft für Wärmekraft ist die Austrian Thermal Power GmbH & Co KG. Sie betreibt acht Kraftwerke mit einer Maximalleistung von vier Mrd. kWh elektrischer und 900 Mio. kWh thermischer Energie unter Einhaltung höchster Umweltstandards, denn die Wärmekraftwerke verfügen über moderne Rauchgas-Reinigungssysteme. Im Jahre 2011 wurde zusätzlich ein neues Gas- und Dampfkraftwerk in Mellach mit einer Leistung von 832 MW in Betrieb genommen.55

Windkraft Die Verwaltung der drei Windparks in Bruck an der Leitha, Hollern und Petronell-Carnuntum erfolgt durch die Austrian Renewable Power GmbH. Insgesamt 25 Windränder erbringen eine Leistung von 49 Megawatt und produzieren umweltfreundlichen Strom für 30.000 Haushalte. Weitere Projekte in Rumänien und Bulgarien sind geplant.56

Übertragungsnetz „Die VERBUND-Austrian Grid AG betreibt das größte und leistungsfähigste Hochspannungsnetz in Österreich mit Spannungsebenen von 380, 220 und 110 kV. Dem Unternehmen obliegt die Betriebsführung, Instandhaltung, Planung und Ausbau des Netzes. Mit einer Trassenlänge von 3.471 Kilometern und darauf verlaufenden Leitungen mit einer Gesamtlänge von 6.775 Kilometern bildet das Übertragungsnetz des VERBUNDES das Rückgrat der österreichischen Stromversorgung. Es stellt den überregionalen innerösterreichischen, sowie den internationalen Energieaustausch sicher und gewährleistet eine stabile Versorgung.“57

54 Vgl. VERBUND: Neugestaltung der Verbund-Erzeugungsstruktur. http://www.verbund.com/cc/de/news- presse/news/2002/08/23/Neugestaltung, Mai 2011. 55 Vgl. Ebd. 56 Vgl. Ebd. 57 Ebd. Übertragung, April 2010.

- 37 - Zu den Aufgaben des VERBUNDES zählen:58

• Ermittlung des gegenwärtigen und künftigen Strombedarfs. • Ausgeglichenheit zwischen Erzeugung und Bedarf im Verbundnetz. • Errichtung und Betreibung von Verbundleitungen. • Veranlassung des Baues und Betriebes von Großkraftwerken durch ihre Sondergesellschaften. • Abschluss von Stromlieferungs- und Transportverträgen mit dem Ausland. • Erarbeitung von koordinierten Kraftwerksprogrammen als Leitlinie für die künftige Erzeugung elektrischer Energie in Österreich.

Die Tochtergesellschaften

Das Kerngeschäft des VERBUNDES wurde in zwei Wertschöpfungsstufen gegliedert. Somit wurden der hydraulische und der kalorische Erzeugungsbereich voneinander getrennt:

⇒ Wasserkraftbereich: VERBUND-Austrian Hydro Power ⇒ Wärmekraftbereich: VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG

Im folgenden Teil der Dissertation werden die beiden Tochterunternehmen vorgestellt.

58 Vgl. BGBl. 21/1947, S. 473.

- 38 - VERBUND-Austrian Hydro Power (AHP)

Die Kompetenz der VERBUND-Austrian Hydro Power liegt im Bereich der Wasserkraft. Sie ist Österreichs größter Erzeuger von umweltfreundlichem Strom aus Wasserkraft.

Im Jahre 1999 fand die Fusion der Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH mit der Österreichischen Donaukraftwerke AG, der Tauernkraftwerke AG und Vorarlberger Erdgas GmbH zur Austrian Hydro Power AG statt.59

Weiters kaufte der VERBUND im Jahre 2000 die Anteile der KELAG an der ÖDK (49 Prozent) und die Sondergesellschaft wurde rückwirkend mit 1. Jänner 2000 in das neu gegründete Tochterunternehmen Austrian Hydro Power AG (AHP) eingegliedert.60

Durch einen weiteren Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 18. September 2003 wurde die Osttiroler Kraftwerke Gesellschaft m. b. H. zur Aufnahme in die Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG), durch Übertragung des gesamten Betriebes, bestimmt. Mit dem Generalversammlungsbeschluss vom 17. März 2004 wurde die Gesellschaft als übertragende Gesellschaft mit der VERBUND-Austrian Hydro Power AG als übernehmende Gesellschaft mit Sitz in Wien verschmolzen.61

Das Tochterunternehmen der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG (VERBUND) mit Sitz in Wien besitzt Wasserkraftwerke in sieben Bundesländern (Kärnten, Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien) und beschäftigt rund 1.050 Mitarbeiter. Im Besitz befinden sich 90 Wasserkraftwerke (69 Lauf- und 21 Speicherkraftwerke) mit einer Turbinenleistung von 6.150 MW (22.800 GWh jährlich). Davon erbringen die Laufkraftwerke an der Donau, Drau, Enns, Mur, Inn und Salzach eine Jahresstromerzeugung von 18.300 GWh (Leistung 3.300 MW). Die Speicherkraftwerke befinden sich in den Bundesländern Salzburg, Tirol und Kärnten und tragen jährlich 4.500 GWh (2.850 MW) zur Stromerzeugung bei.62

59 Vgl. AEIOU: Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH. http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.v/v168458.htm, Mai 2010. 60 Vgl. Wikipedia: Verbund AG. http://de.wikipedia.org/wiki/Verbund_AG, Juni 2011. 61 Vgl. Osttiroler Kraftwerke Gesellschaft m.b.H.: Firmenbuchauszug mit historischen Daten, FN 59828 h mit Stichtag 4.5.2010. 62 Vgl. VERBUND: Geschäftsbericht 2002. Austrian Hydro Power AG. S. 3.

- 39 -

Eigentümerstruktur:

Österreichische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft 80,33% KELAG – Kärntner-Elektrizitäts-AG 10,02% Energie Steiermark Holding AG 5,31% WIENSTROM GmbH 2,94% EVN AG 0,73% Energie AG Oberösterreich 0,44% Land Tirol 0,12% Land Burgenland 0,10% Gesamt 100,00% Abbildung 2: Eigentümerstruktur der AHP

Quelle: VERBUND: Geschäftsbericht 2002, Austrian Hydro Power AG, S. 1.

VERBUND-Austrian Thermal Power (ATP)

Die VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG (ATP) zählt zu den größten thermischen Stromerzeugern und Fernwärmelieferanten Österreichs.

Sie wurde 2001 gegründet und die Wärmekraftanlagen der Draukraft, Verbundkraft und STEWAG eingegliedert und beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Die ATP verfügt über neun Kraftwerke mit einer Leistung von 1.850 MW. Die kalorischen Kraftwerke bilden neben den Wasserkraftwerken einen Ausgleich für Witterungseinflüsse und Reservefunktion im Winter. Die Brennstoffbasis ist heimische Braunkohle, Steinkohle, Erdgas und Heizöl sowie die Mitverbrennung von Biomasse. Hinsichtlich dem Umweltschutz und der Energieeffizienz entsprechen die Anlagen den höchsten Standards.63

63 Vgl. VERBUND: Geschäftsbericht 2002.Austrian Thermal Power AG.S. 3.

- 40 -

Eigentümerstruktur:

Österreichische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft 55,65% STEWEAG-STEG GmbH 33,41% KELAG- Kärntner-Elektrizitäts-AG 6,51% WIENSTROM GmbH 3,06% Andere Eigentümer 1,36% Gesamt 100,00% Abbildung 3: Eigentümerstruktur der ATP

Quelle: VERBUND, Geschäftsbericht 2002, Austrian Hydro Power AG, S. 1.

„Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden die thermischen Kraftwerke der STEWAG in die im Mai 2001 gegründete VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG gegen Gewährung eines Anteils von 33,4% eingebracht. Durch die Bündelung der kalorischen Erzeugung können Synergien in erheblichem Ausmaß genutzt werden. Für das Kraftwerk Voitsberg wurde im Jahr 2001 von der Europäischen Kommission eine positive Entscheidung über die Gewährung einer Beihilfe zur Abdeckung von Stranded Costs getroffen. Auf Basis der innerstaatlichen Beihilfeverordnung sind im Jahr 2002 bereits entsprechende Beihilfen zugeflossen.“64

64 VERBUND: Geschäftsbericht 2002.Austrian Thermal Power AG. S. 2.

- 41 - AUSTRIAN THERMAL POWER GMBH & CO KG

STABSTELLE SEKRETARIAT

BETRIEB INSTANDHALTUNG KAUFMÄNNISCHES SERVICE

WERKSGRUPPE OPERATIVE CONTROLLING ST. ANDRÄ INSTANDHALTUNG PERSONAL VOITSBERG

WERKSGRUPPE TECHNISCHES PROJEKTE DÜRNROHR SERVICE NACHNUTZUNG

WERKSGRUPPE MELLACH WERNDORF

Abbildung 4: Organigramm der ATP

Quelle: VERBUND: Umwelterklärung zum Standort Voitsberg. Voitsberg, Mai 2003, S. 7.

Im Sinne der Wirtschaftlichkeit wurden folgende eingegliederte Kraftwerke außer Betrieb genommen und konserviert:65

⇒ Korneuburg (2000) ⇒ Zeltweg (2001) ⇒ Werndorf I (2001) ⇒ Pernegg I und II (2002) ⇒ St. Andrä (2004) ⇒ Voitsberg III (2006)

65 Vgl. VERBUND: Geschäftsbericht 2002, Austrian Hydro Power AG, S. 2.

- 42 - Die Sondergesellschaften

Die Sondergesellschaften errichten und betreiben Großkraftwerke sowie die dazugehörigen Übertragungsleitungen und Umspannwerke für die überregionale Versorgung, die nicht für den Aufgabenbereich der Landesgesellschaften bestimmt sind.

„Großkraftwerke, die im Wesentlichen nicht zur Erfüllung der Aufgabe der Landesgesellschaften (§ 3) bestimmt sind und nicht als Eigenversorgungsanlagen unter § 1, Abs. 2 lit. b fallen, sind mit den zugehörigen Leitungen und Umspannwerken an Sondergesellschaften zu übertragen (§ 8). Wenn es energie- und wasserwirtschaftliche Interessen erfordern, können von einer Sondergesellschaft auch mehrere Großkraftwerke mit den zugehörigen Leitungen und Umspannwerken errichtet und betrieben werden.“66

Wann ein Projekt als Großkraftwerk zu bezeichnen ist, wird nach Anhörung der Verbundgesellschaft von der Bundesregierung entschieden. Die Sondergesellschaften sind verpflichtet ihre gesamte Produktion an das Verbundnetz zu liefern und erhalten dafür einen entsprechenden Kostenersatz vom VERBUND.67

Die treuhändige Verwaltung der Bundesbeteiligungen an den Sondergesellschaften obliegt dem VERBUND. Die Sondergesellschaften müssen laut Gesetz im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, wobei der Bund eine Beteiligung von mindestens 50 Prozent hält. Die verbleibenden 50 Prozent müssen den Bundesländern zur Beteiligung freistehen.68

Die nachfolgende Abbildung stellt einen Überblick der Sondergesellschaften dar:

66 BGBl. 21/1947, S. 472. 67 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 13. 68 Vgl. BGBl. 21/1947, S. 473.

- 43 - Sondergesellschaft Kurzform Bestehen Verbundanteil Heute

Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH vormals: Dampfkraftwerk Korneuburg GmbH VKG 1958 bis 1999 100% Austrian Hydro Power (AHP) Wien Österreichische Donaukraftwerke AG DONAUKRAFT 1947 bis 1999 95,22% Austrian Hydro Power (AHP) Wien Tauernkraftwerke AG TKW 1947 bis 1999 91,50% Austrian Hydro Power (AHP) Salzburg Österreichische Draukraftwerke AG ÖDK 1947 bis 2000 51% Austrian Hydro Power (AHP) Klagenfurt Osttiroler Kraftwerke GmbH OKG 1948 bis 2003 51% Austrian Hydro Power (AHP) Innsbruck Ennskraftwerke AG ENNSKRAFT 1947 bis dato 50% 50% Verbund, 50% Energie AG OÖ Steyr Österreichisch-Bayerische Kraftwerke AG ÖBK 1950 bis 1999 50% Grenzkraftwerke GmbH (GKW) Simbach-Braunau Donaukraftwerk Jochenstein AG DKJ 1956 bis 1999 50% Grenzkraftwerke GmbH (GKW) Passau-Schärding

Tabelle 3: Die Sondergesellschaften im Überblick

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur.

- 44 - Neben diesen Gesellschaften wurden im § 4 des Verstaatlichungsgesetzes die Vorarlberger Illwerke AG (1927) und die Westtiroler Kraftwerke AG (1940) ebenfalls als Sondergesellschaften bezeichnet.

„Hinsichtlich dieser beiden Gesellschaften kam das 2. Verstaatlichungsgesetz noch nicht zum Tragen, da beide zum so genannten „Deutschen Eigentum“ zählten und unter öffentlicher Verwaltung standen.“69

Im Jahre 1999 fand die Fusion der Verbundkraft Elektrizitätswerke GmbH mit der Österreichischen Donaukraftwerke AG, der Tauernkraftwerke AG und Vorarlberger Erdgas GmbH zur Austrian Hydro Power AG statt.70

Am 1. Juli 1999 wurde die Grenzkraftwerke GmbH mit Sitz in Sinnbach am Inn gegründet. Sie betreibt seitdem die Betriebsführung der Kraftwerke der Österreichisch-Bayerischen Kraftwerke AG und der Donaukraftwerk Jochenstein AG an der deutsch/österreichischen Grenze an Inn und Donau.71

„Im Jahre 2000 kaufte der VERBUND die Anteile der KELAG an der ÖDK (49%) und die Sondergesellschaft wurde rückwirkend mit 1. Jänner 2000 in das neu gegründete Tochterunternehmen VERUND-Austrian Hydro Power AG (AHP) eingegliedert.“72

Durch den Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 18. September 2003 wurde die Osttiroler Kraftwerke Gesellschaft m. b. H. zur Aufnahme in die Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG) durch Übertragung des gesamten Betriebes, bestimmt. Mit dem Generalversammlungsbeschluss vom 17. März 2004 wurde die Gesellschaft als übertragende Gesellschaft mit der VERBUND-Austrian Hydro Power AG als übernehmende Gesellschaft mit Sitz in Wien verschmolzen.73

69 KOLLER, AEW, S. 201. 70 Vgl. AEIOU, Verbundkraft. http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.v/v168458.htm, Mai 2010. 71 Vgl. Grenzkraftwerke GmbH: Wasserkraft. http://www.alpine-wasserkraft.com/Mitgl_GKW.html, Mai 2010 72 Wikipedia: Österreichische Draukraftwerke, http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Draukraftwerke, August 2010. 73 Vgl. OSTTIROLER KRAFTWERKE GESELLSCHAFT M.B.H.: Firmenbuchauszug mit historischen Daten, FN 59828 h mit Stichtag 4.5.2010. - 45 - Die Österreichische Draukraftwerke AG

Am 1. August 1947 schlug die Geburtsstunde der neu gegründeten Sonder- und Aktiengesellschaftgesellschaft mit Sitz in Klagenfurt. Aus dem Besitz der Alpen- Elektrowerke AG wurden der Österreichischen Draukraftwerke AG (ÖDK) im Jahre 1948 die Draukraftwerke Schwabeck, Lavamünd und das im Besitz der STEWEAG befindliche Dampfkraftwerk Voitsberg mit zwei Maschinensätzen von je 20.000 kW inklusive der zugehörigen Leitung Lavamünd-Schwabeck-Arnstein-Voistberg, übertragen. Diese Anlagen zählten damals zu den wichtigsten Säulen der Stromversorgung Österreichs.74

Gleichzeitig wurden die gesellschaftlichen Organe – Aufsichtsrat und Vorstand – konstituiert. Die Eintragung ins Handelsregister erfolge am 28. August 1947 in Klagenfurt. Das Aktienkapital betrug bei der Gründung sechs Millionen Schilling, wobei sich die Anteilsrechte wie folgt verteilten:75

Aktionäre Anteil in S Anteil in % Bund 3.300.000 S 55,5% Land Niederösterreich 150.000 S 2,5% Land Wien 150.000 S 2,5% Land Steiermark 1.200.000 S 20,0% Land Kärnten 1.200.000 S 20,0% Summe 6.000.000 S 100,0% Tabelle 4: Anteilsrechte der Österreichischen Draukraftwerke AG

Quelle: GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 27.

74 Vgl. KOLLER, AEW, S. 200. 75 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 27. - 46 - Durch das 2. Verstaatlichungsgesetz wurden die Besitzverhältnisse neu geregelt, denn die Mehrheit der Aktien musste sich im Bundesbesitz befinden. Im Jahr 1971 verteilten sich die Anteilsrechte deshalb wie folgt:76

• Bund: 60 Prozent • Kärntner Elektrizitäts-AG: 28 Prozent • Land Steiermark: 10 Prozent • Land Kärnten: 2 Prozent

Im Jahre 1987 wurden durch die Novellierung des 2. Verstaatlichungsgesetzes die Bundesanteile an den Sondergesellschaften in das Eigentum der Verbundgesellschaft übertragen, wodurch die ÖDK in den Verbundkonzern eingegliedert wurde. Somit war die Verbundgesellschaft mit 51 Prozent beteiligt und die restlichen 49 Prozent befanden sich im Besitz der Kärntner Elektrizitäts AG.77

Am 13. September 2000 erwarb der VERBUND alle KELAG-Anteile an der Draukraft und rückwirkend mit 1. Jänner 2000 wurden die Österreichische Draukraftwerke AG in das im Jahre 1999 neu gegründete Tochterunternehmen VERBUND-Austrian Hydro Power AG (AHP) eingegliedert. Die Betreibung der thermischen Kraftwerke wurde von der VERBUND- Austrian Thermal Power GmbH & Co KG übernommen.78

76 Vgl. FRAISSLER, Walter: Betriebsgeschichte des Dampfkraftwerkes Voitsberg unter besonderer Berücksichtigung des Umweltschutzes. SOWI-Diplomarbeit, Graz 1998, S. 21. 77 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 21. 78 Vgl. VERBUND, Geschichte, Mai 2010. - 47 - Die Kraftwerksanlagen der ÖDK

Die Österreichische Draukraftwerke AG verfügte über alle drei Typen von Kraftwerken, nämlich Fluss-, Speicher- und Wärmekraftwerke in Kärnten und der Steiermark und erzeugte somit Grund-, Mittel- und Spitzenlastenergie:79

⇒ 10 Flusskraftwerke an der Drau ⇒ 2 Speicherkraftwerke in Oberkärnten (inkl. drei Kleinkraftwerken) ⇒ 3 Dampfkraftwerke in St. Andrä im Lavantal, Voitsberg und Zeltweg

Reißeck-Kreuzeck Malta Obere Drau Speicherkraftwerk Speicherkraftwerk Laufkraftwerk • Jahresspeicher Reißeck • Malta Oberstufe • Paternion • Tagesspeicher Reißeck • Malta Hauptstufe • Kellerberg • Tagesspeicher Kreuzeck • Malta Unterstufe • Villach • Niklai • Mühldorf • Steinfeld Mittlere Drau Untere Drau Dampfkraftwerke Laufkraftwerk Laufkraftwerk thermisches Kraftwerk • Rosegg-St. Jakob • Edling • St. Andrä • Feistritz-Ludmannsdorf • Schwabeck • Voitsberg III • Ferlach-Maria Rain • Lavamünd • Zeltweg • Annabrücke Tabelle 5: Kraftwerksanlagen der Österreichischen Draukraftwerke

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur.

79 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 28. - 48 - Betriebswirtschaftliche Entwicklung der ÖDK

Die nachfolgende Abbildung stellt die jährliche Energieerzeugung der ÖDK vom Gründungsjahr 1947 bis 1995 dar.

6000

5000

4000

3000 GWh 2000

1000

0 1947 1955 1965 1975 1985 1995

Abbildung 5: Entwicklung der Österreichischen Draukraftwerke AG von 1947 bis 1995

Quelle: GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 50.

Anhand dieser Grafik ist ersichtlich, dass die Leistung der Österreichischen Draukraft AG enorm gestiegen ist. Wurden im Gründungsjahr 115 GWh erzeugt, so waren es im Jahr 1950 (3 Jahre später) bereits 580 GWh. Der rapide Anstieg der Stromproduktion erforderte eine schnelle Errichtung von weiteren Wasser- und Wärmekraftwerken. In rascher Folge wurden die Draukraftwerke ausgebaut. Nennenswert sind hier die Errichtung der Kraftwerksgruppe Malta (1971-1978) und der Bau des Dampfkraftwerkes Voitsberg III (1977-1983). Im Jahre 1985 erbrachte die ÖDK den Höchstwert von 5.586,5 GWh – das 48fache im Vergleich zum Jahr 1947.80

80 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 51. - 49 - Die Landesgesellschaften

Den größten Kraftwerksgesellschaften in den einzelnen Bundesländern wurde die Funktion von Landesversorgungsunternehmen zugesprochen. Somit blieben neun Landesgesellschaften, die als eigentliche Träger der Elektrizitätsversorgung in den Vordergrund gestellt wurden.

„Im § 3 des 2. Verstaatlichungsgesetzes wird die Aufgabe der Landesgesellschaft dahingehend definiert, dass sie die allgemeine Versorgung mit elektrischer Energie im Bereich der einzelnen Bundesländer durchzuführen, die Verbundwirtschaft im Landesgebiet zu besorgen und Energie mit benachbarten Gesellschaften auszutauschen hat.“81

Den Landesgesellschaften obliegt somit die Allgemeinversorgung mit elektrischer Energie in den einzelnen Bundesländern. Eine weitere Funktion liegt darin, den Strom den Kunden billig, sicher und in ausreichendem Maße bereitzustellen. Es wurde jedoch nicht geregelt, dass der Strombedarf aus Eigenerzeugung stammen muss, sondern auch Fremdbezug kam in Betrachtung.82

Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes gingen alle Anteilsrechte an den Landesgesellschaften in das Eigentum der Bundesländer über. Die Landesgesellschaften im Sinne des Bundesgesetzblattes für die Republik Österreich des Jahres 1947 sind in nachfolgender Tabelle aufgelistet:

81 BGBl. 21/1947, S. 472. 82 Vgl. MUSIL, Elektrizitätsversorgung, S. 608. - 50 - Landesgesellschaft Kurzform Gründung Sitz Heute

Wiener Stadtwerke- Elektrizitätswerke 83 WStW-EW 1899 Wien Wienstrom Oberösterreichische Kraftwerke AG84 OKA 1920 Linz Energie AG Oberösterreich Salzburger AG für Elektrizitätswirtschaft SAFE 1920 Salzburg Salzburg AG85 Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts- AG STEWEAG 1921 Graz Energie Steiermark AG86 Niederösterreichische Elektrizitätswerke AG NEWAG 1922 Wien EVN AG87 Kärntner Elektrizitäts- AG88 KELAG 1923 Klagenfurt Tiroler Wasserkraftwerke AG TIWAG 1924 Innsbruck Vorarlberger Kraftwerke AG89 VKW 1928 Bregenz Burgenländische Elektrizitätswirtschafts- AG90 BEWAG 1958 Eisenstadt Tabelle 6: Die Landesgesellschaften im Überblick

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur.

83 Mit Ausnahme Wiens waren alle Landesgesellschaften als Aktiengesellschaften organisiert. 84 Ursprünglich OWEAG (Oberösterreichische Kraftwerke AG), ab 1929 ÖKA (Österreichische Kraftwerke AG) nach Fusion mit der Elektrizitätswerke Stern & Haffels AG (Quelle: Schöpfer, Aspekte zur Energiewirtschaft, S. 1). 85 2000 fusionieren SAFE und Salzburger Stadtwerke zur Salzburg AG (Quelle: Salzburg AG: Geschichte. www.salzburg-ag.at). 86 Die Energie Steiermark wurde 1996 als Dachgesellschaft der steirischen Landesenergieversorgungsunternehmen STEWEAG, Steirische Fernwärme GmbH (STEFE) und Steirische Ferngas AG (STEFG) gegründet, um am liberalisierten Energiemarkt bestehen zu können. Im Juni1997 brachte das Land Steiermark 99,8% der STEWEAG Aktien in die Energie Steiermark ein. (Quelle: Puntigam, Die Energie Steiermark AG, S. 9 f.). 87 Die börsennotierte EVN mit Sitz in Maria Enzersdorf entstand im Jahre 1986 durch die Verschmelzung der NEWAG mit dem Erdgas- und Fernwärmeunternehmen NIOGAS. (Quelle: EVN: Geschichte. www.evn.at). 88 Bis 1939 KÄWAG (Kärntner Wasserkraftwerke AG) (Quelle: KELAG: Geschichte. www.kelag.at). 89 Hervorgegangen aus dem E-Werk Jenny & Schindler (gegründet 1901) und der Vorarlberger Kraftwerke Ges.m.b.H. (gegründet 1916) (Quelle: Schöpfer, Aspekte zur Energiewirtschaft, S. 2). 90 Das Burgenland bekam seine Landesgesellschaft erst im Jahre 1958. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Versorgung von der STEWEAG und von der NEWEAG übernommen. (Quelle: ÖZE: Die Landes- Elektrizitätsgesellschaften in Österreich, S. 655 ff.).

- 51 - Die städtischen Unternehmen

Daneben gibt es fünf Elektrizitätsversorgungsunternehmen in den Landeshauptstädten Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg für welche das Verstaatlichungsgesetz eine Ausnahme vorsah. Dies resultierte aus dem Wunsch dieser Städte, die Energieversorgung nicht an die Landesgesellschaften zu übertragen. Die Aufgabe dieser EVU’s liegt in der Stromversorgung des Stadtgebietes und der umliegenden Gemeinden.91

Städtische Unternehmen Heute

Grazer Stadtwerke AG (StG) Energie Graz GmbH Stadtwerke Innsbruck Elektrizitätswerk Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) (StI) Stadtwerke Klagenfurt Elektrizitätswerk Energie Klagenfurt GmbH (StK) Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme- und Linz Strom GmbH Verkehrsbetriebe AG (ESG) (100%ige Tochter der LINZ AG) Salzburger Stadtwerke-Elektrizitätswerke Salzburg AG (StS) (Zusammenschluss von SAFE und StS) Tabelle 7: Von der Verstaatlichung ausgenommene Elektrizitätsversorgungsunternehmen

Quelle: BGBl. 21/1947, S. 473 sowie GRADISCHNIG, ÖDK, S. 18.

Ferner gibt es noch zahlreiche kleinere Energieversorgungsunternehmen für lokale Versorgungsgebiete, die nicht im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.92

91 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 18. 92 Vgl. Ebd. - 52 - Die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (STEWEAG)

Die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (STEWEAG) spielt in der Entwicklung des Dampfkraftwerkes in Voitsberg eine wichtige Rolle. Zuerst war das Dampfkraftwerk der größte Konkurrent des jungen Unternehmens, welcher das Fortbestehen und den Werdegang der STEWEAG in Frage stellte. Später ging das Kraftwerk in den Besitz der STEWEAG über und war der wichtigste Energieträger des Unternehmens. Allerdings wurde das Kraftwerk im Zuge des 2. Verstaatlichungsgesetzes aus dem Unternehmensbild der STEWEAG entrissen und hatte somit eine große Lücke hinterlassen, denn das Unternehmen musste dadurch erneut mit großen Schwierigkeiten kämpfen.

Im folgenden Kapitel werden der Werdegang der STEWAG und das Zusammenspiel mit dem Dampfkraftwerk in Voitsberg näher erläutert.

Einleitung

Zur Zeit der Gründung der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG war Österreich geprägt von den Folgen eines verlorenen Ersten Weltkrieges und dem Zerfall eines großen Wirtschaftsgebietes. Die Formierung der STEWEAG war der erste Schritt in Richtung Aufbauwerk, denn die Elektrizitätswirtschaft musste sich den neuen Gegebenheiten anpassen und energiewirtschaftlich unabhängig vom Ausland werden.93

Im Jahre 1919 wurde die Vorbereitung des Ausbaues der steirischen Wasserkräfte GmbH für die Projektierung des Ausbaues der steirischen Wasserkräfte und die Errichtung von Hochspannungsanlagen durch eine Interessensvertretung des Landes Steiermark und der steirischen Industrie gegründet. Gleichzeitig wurde ein 15-jähriges Bauprogramm mit zwölf Werken (Lauf- und Speicheranlagen) ausgearbeitet, um dem steigenden Energiebedarf durch Wasserkraftnutzung gerecht zu werden.94

93 Vgl. Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft: Die Landes-Elektrizitätsgesellschaften in Österreich. Heft 12, Wien 1967, S. 685 sowie TANZER, Rede, S. 162 ff. 94 Vgl. Ebd. - 53 - Die Zeit von 1921 bis 1938

Am 30. März 1921 wurde in einer Generalversammlung die „Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft“ mit einem Aktienkapital von 20.000.000 Kronen (Stammaktien zu je 1000 Kronen), mit Sitz in Graz, Grazbachgasse 39, gegründet. Zu den Mitbegründern zählten das Land Steiermark, die Stadt Graz, verschiedene Industrie- und landwirtschaftliche Gemeinschaften. Richard Hofbauer ging als erster Direktor hervor.95

1922 wurde mit dem Projekt „Teigitschkraftwerk“ der Grundstein der STEWEAG gelegt, denn vor allem die Mittelsteiermark und die Landeshauptstadt Graz litten unter enormer Energienot. Durch den angeschlagenen österreichischen Kapitalmarkt und die enorme Geldentwertung zu dieser Zeit konnte keine gesicherte Finanzierung der geplanten Bauvorhaben gewährleistet werden. Um das Teigitschkraftwerk fertig stellen zu können, wurde am 19. Oktober 1923 das Aktienkapital um 33,7 Mrd. Kronen durch den Beitritt einer italienischen Finanzgruppe (Edisongesellschaft Milano und der Holzfirma Feltrinelli) aufgestockt.96

Die Fertigstellung des Projektes erfolgte am 28. März 1925 durch eine feierliche Betriebseröffnung und der Bau eines nächsten Kraftwerkes in Bruck/Mur wurde bereits ins Auge gefasst. Damit war das Fundament gegeben und ein neuer Schwung kam in die Angelegenheiten der STEWEAG.97

Im Jahr 1924 wurde der Beschluss gefasst, die im Bau befindliche 60 kV-Fernleitung von Arnstein nach Graz über Bruck, Mürzzuschlag bis Ternitz für eine Betriebsspannung von 110 kV zu verlängern und dadurch die österreichische Sammelschiene Nord-Süd zu begründen. Durch den Abschluss von Stromlieferungsverträgen im Jahre 1925 mit der Stadt Graz und weiteren Großabnehmern war der Absatz der im Teigitschkraftwerk erzeugten Energie gesichert und die erste Etappe des Ausbauprogramms der STEWEAG erreicht. Die STEWEAG wurde somit ein Stromversorgungsunternehmen98

95 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 4. 96 Vgl. Ebd. 97 Vgl. TANZER, Rede, S. 165. 98 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 5. - 54 - Die 170 kilometerlange 20.000-kV-Leitung (Weststeiermark-Mittelsteiermark-Oststeiermark- südliches Burgenland) wurde noch im gleichen Jahre fertig gestellt und die Oststeirisch- burgenländische Wasserkraftwerke AG als Tochtergesellschaft der STEWEAG gegründet.99

Im Dezember 1927 folgte nach zwei intensiven Baujahren die Betriebseröffnung des Pernegger Werkes mit einer Leistung von 24.900 PS. Im Jahre 1928 hatte sich die Stromerzeugung der STEWEAG gegenüber dem Jahre 1926 bereits verdoppelt und weitere Projekte, wie der Bau der Packer-Sperre im oberen Teigitschgebiet und ein Murkraftwerk zwischen Mixnitz und Frohnleiten, wurden umgesetzt.100

Der Stromverkauf nahm stetig zu – Gründe dafür waren vor allem die abgeschlossenen Stromlieferungsverträge nach Wien und Niederösterreich im Jahre 1930. Die Stromaufbringung betrug für die Steiermark 30 bis 50 Prozent, die restlichen Kapazitäten wurden für Lieferungen nach Wien und Niederösterreich bereitgestellt. Im Jahre 1931 überstieg der Stromabsatz der STEWEAG zum ersten Mal 100 Mio. kWh.101

300

250

200 Jahresverkauf in Mio. kWh 150

100

50

0 1926 1928 1930 1932 1934 1936 1937

Abbildung 6: Jahresverkauf der STEWEAG in Millionen kWh

Quelle: FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 5.

99 Vgl. TANZER, Rede, S. 165. 100 Vgl. Ebd. 101 Vgl. KLIMESCH, Alfred: Die Entwicklung der Erzeugung und des Verbrauches der österreichischen Landesgesellschaften, in: ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Die Landes- Elektrizitätsgesellschaften in Österreich. Heft 12, Wien 1967, S. 685. - 55 - Der trotz schwankenden Niederschlagsmengen weiter steigende Umsatz ließ die 300-Mio- Grenze im kWh-Umsatz erreichen und das Bedürfnis nach weiteren Energiequellen entstehen. Zur Sicherung der Bedarfsdeckung in den Wintermonaten und zum Ausgleich jahreszeitlicher und witterungsbedingter Erzeugungsschwankungen der Laufwerke wurde die Errichtung eines Dampfkraftwerkes in Voitsberg zur Verwertung der Abfallkohle der GKB forciert.102

Die Jahre 1938-1945

Das Jahr 1938 schreibt ein neues Kapitel in der Historie der STEWEAG, denn Österreich wurde dem Dritten Reich einverleibt und die hohen Anforderungen der Rüstungsindustrie und der Kriegswirtschaft stellten hohe Beanspruchungen an das junge Unternehmen.

Die Aktienmehrheit der STEWEAG, die sich früher im Besitz der österreichisch-italienischen Finanzgruppe befand, ging im Zuge der Eingliederungspolitik des Dritten Reiches an die Alpenelektrowerke AG in Wien über. Zum Kriegsende waren 75,5 Prozent des Aktienkapitals der STEWEAG in den Händen der Alpenelektrowerke Aktiengesellschaft, die wiederum zum Konzern der reichseigenen Vereinigte Industrieunternehmen Aktiengesellschaft Berlin gehörte. Die STEWEAG bekam von der VIAG und von der AEW Geldmittel zum weiteren Ausbau der Stromversorgung, um der Expansion der Produktion in den Industriebetrieben und der Rüstungswirtschaft Rechnung tragen zu können.103

Die wichtigsten Schritte waren:104

⇒ Dampfkraftwerk Voitsberg I (1938-1941) ⇒ 100 kV Leitung: Schwabegg-Arnstein ⇒ 100 kV Verbundnetz: Voitsberg-Graz/Nord-Bruck-Hessenberg/Donawitz ⇒ 30 kV Leitung: Hessenberg-Rottenmann-Liezen ⇒ Ausbau der Ennskraftwerke ⇒ Anschluss des steirischen Stromnetzes an das ostmärkische Verbundnetz

102 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 7. 103 Vgl. Ebd. S. 8. 104 Vgl. KARNER, Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich 1938-1945. Aspekte ihrer politischen, wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Entwicklung. 3. Aufl., Graz 1994, S. 371. - 56 - Im Jahre 1939 wurde die Oststeirisch-burgenländische Wasserkraftwerke AG mit der STEWEAG fusioniert und im Jahre 1940 übernahm die STEWEAG das weststeirische Verteilernetz der Graz-Köflacher-Eisenbahn und Bergbau-Gesellschaft mit dem DKW- Standort Bärnbach sowie andere kleine Elektrizitätswerke.105

Nach kurzer, intensiver Bauzeit ging das Dampfkraftwerk Voitsberg mit einer Leistung von 20.000 kV im Juni 1940 in Betrieb. Doch trotz der rigorosen Ausweitung der Stromerzeugung kam es durch den enormen Verbrauch der Rüstungsindustrie zu ständigen Versorgungsproblemen. Für die Kriegswirtschaft mussten in den Jahren 1944-1945 63 Prozent der Gesamtstromaufbringung der Steiermark aufgewendet werden.106

Im letzten Kriegsjahr 1944 konnte das Murkraftwerk Dionysen bei Bruck in Betrieb genommen werden und die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft erreichte damit einen Umsatz von mehr als 500 Mio. kWh. Die STEWEAG hatte die Folgen der Vernichtungen des Zweiten Weltkrieges gut überstanden und war unter den Industrieunternehmen der Steiermark eines der wenigen, die sich mit voller verbliebener Kapazität neuen Aufgaben widmen konnte.107

1938 1945 Speicherkraftwerke 52.109 MWh 63.064 MWh Laufkraftwerke 196.230 MWh 233.457 MWh Dampfkraftwerk Voitsberg - 173.707 MWh Summe 248.339 MWh 470.228 MWh Tabelle 8: Strombereitstellung der STEWEAG 1938 bis 1945

Quelle: KARNER, 3. Reich, S. 388.

105 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 9. 106 Vgl. KARNER, 3. Reich, S. 387. 107 Vgl. TANZER, Rede, S. 165. - 57 - Die Zeit 1945-1947

Nach Kriegsende wurden die Besitzverhältnisse der AEW neu geordnet, denn der Besitz der AEW war deutsches Eigentum und die Anlagen mussten wieder in die Verwaltung Österreichs eingegliedert werden. Deshalb wurden am 14. April 1945 vom Zentralkomitee der Österreichischen Widerstandsbewegung als provisorische Zwischenlösung Vertreter für die Verwaltung der STEWEAG-Aktien eingesetzt. Am 6. Juni 1945 wurden Dipl. Ing. Karl Lausch und Dipl. Ing. Karl Hintermayer vom Staatsamt für Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr als öffentliche Verwalter bestellt.108

Da die neuen Regierungsvertreter Österreichs das Ziel verfolgten, die Stellvertreter des Dritten Reiches aus den einflussreichsten Positionen der Energiewirtschaft zu entfernen und diese durch politisch unbedenkliche Repräsentanten zu ersetzen, beordnete die Landesregierung den ehemaligen STEWEAG Direktor Kurt Konrad Tanzer (1938 von den Nationalsozialisten abgesetzt), Dipl. Ing. Edmund Berger, sowie Dipl. Ing. Karl Lipp zu den öffentlichen Kuratoren.109

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches und der einhergehenden Kriegswirtschaft brach auch die Energiewirtschaft in sich zusammen. Die Stromerzeugung der STEWEAG ging von 470 Millionen kWh im Jahre 1944 auf 282 Millionen kWh im Jahre 1945 und 258 Millionen kWh im Jahre 1946 zurück. 1945 verlor die STEWEAG die maschinelle und elektrische Ausrüstung des Dionysener Werkes durch Demontage der sowjetischen Armee, sowie den Großteil ihrer industriellen Abnehmerschaft. Das Kraftwerk konnte erst 1949 wieder in Betrieb genommen werden.110

Das Jahr 1946 war gekennzeichnet durch einen strengen Winter mit niedrigen Wasserführungen und auch das Dampfkraftwerk Voitsberg konnte infolge einer Kohlen- und Transportkrise die Bedarfsdeckung nicht gewährleisten. Um diesen Energiemangel zu kompensieren, wurde 1946 mit

108 Vgl. KOLLER, AEW, S. 182 f. 109 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 11. 110 Vgl. Ebd. - 58 - ⇒ dem Bau des Salza Kraftwerkes, ⇒ der Erweiterung des Dampfkraftwerkes Voitsberg, ⇒ der Errichtung der Hirzmannsperre, ⇒ dem Bau eines Umspannwerkes in Bärnbach und ⇒ dem Bau eines Umspannwerkes in Mitterndorf begonnen.111

Das 2. Verstaatlichungsgesetz ermöglichte der STEWEAG, zahlreiche private und kommunale Elektrizitätswerke durch den Verstaatlichungsbescheid in ihr Eigentum zu überbringen. Mit dem 2. Verstaatlichungsgesetz befindet sich das Unternehmen wieder im Alleinbesitz der Steiermark.

Konsequenzen der 2. Verstaatlichung für die STEWEAG

Zur Zeit des 2. Verstaatlichungsgesetzes und vor der Übernahme der Funktion einer Landesgesellschaft verfügte die STEWEAG über drei Wasserkraftwerke entlang der Mur, drei an der Teigitsch, über das Dampfkraftwerk Voitsberg sowie über Hochspannungsleitungen nach Niederösterreich.112

Das 2. Verstaatlichungsgesetz brachte eine grundlegende Änderung in der Struktur und in den Besitzverhältnissen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft. Kraft dieses Gesetzes musste die STEWEAG das Dampfkraftwerk Voitsberg an die neue Sondergesellschaft „Österreichische Draukraftwerke AG“ (ÖDK) abtreten. Des Weiteren wurde auch die 110- kV-Leitung Hessenberg-Bruck-Ternitz, das Umspannwerk Mürzzuschlag, sowie die Schaltstelle Bruck Mur an die Verbundgesellschaft abgegeben. All das hinterließ große Lücken in der Energieversorgung der STEWEAG, denn es fehlte an Ergänzungsleistungen im Winter.113

111 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 12. 112 Vgl. BOHMANN, Rudolf: 10 Jahre zweites Verstaatlichungsgesetz, in: Die österreichische Elektrizitätswirtschaft 1947-1957, Wien/Heidelberg. 113 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 80. - 59 - Daher beteiligte sich die STEWEAG intensiv an dem Ausbau weiterer Kraftwerke. Mit der Fertigstellung des Krafthaus Hieflau wurden auch die Energiebilanz des Unternehmens und deren Ertragslage deutlich verbessert. Deshalb erfolgte der Bau eines weiteren Kraftwerkes in Pernegg, welches aber erstmals mit Heizöl betrieben wurde.114

Auf der einen Seite bekam die STEWEAG die Aufgabe der Landesversorgung in der Steiermark, auf der anderen Seite waren Einbußen, durch die Abtretung des Kraftwerkes Voitsberg an die Österreichischen Draukraftwerke AG, welche im Land Kärnten beheimatet ist, zu verzeichnen. Da dieses Kraftwerk im geschichtlichen Verlauf der STEWEAG entstand, gab es keine energiewirtschaftliche Begründung für die Abtretung des Dampfkraftwerkes. Ein deutlich fühlbarer Kapazitätsverlust für die STEWEAG. Die Übergabe an die ÖDK erfolgte am 1. April 1948.115

Als Entschädigung für die Abtretung bekam die STEWEAG das im Besitze der AEW AG befindliche Aktienpaket der STEWEAG, sowie 1948 die Betriebsführung der 110-kV-Leitung Altenmarkt-Liezen und 1950 die Pölswerke in Knittelfeld.116

114 Vgl. TANZER, Rede, S. 165. 115 Vgl. Musil, STEWEAG, S. 173. 116 Vgl. Ebd. S. 175. - 60 - II. Die steirische Elektrizitätswirtschaft auf Kohlenbasis: Der Standort Köflach-Voitsberg

Bereits vor 100 Millionen Jahren begann die „alpidische Gebirgsbildung“ und vor 20 Millionen Jahren ging diese zu Ende. Die Alpen hatten sich weiträumig aus dem Meer emporgehoben. Es entstanden Sümpfe und Moore, in denen sich über hunderttausende Jahre eine enorme Menge an pflanzlicher Substanz anhäufte. Diesem biochemischen Prozess folgte die chemische Inkohlung, bei der vor allem Zeit, Druck und Temperatur eine wichtige Rolle spielten. Dabei nahm der Gehalt von Sauerstoff und Wasserstoff ab und Kohlenstoff wurde immer mehr angereichert. Ein zehn Meter großer Kohlenblock braucht eine Dauer von 30.000 bis 40.000 Jahre für die Zusammensetzung. In der Steiermark hinterließen diese Sumpfwälder gewaltige Braunkohlelager, wie etwa im Bezirk Voitsberg, Wies-Eibiswald und Fohnsdorf. Erst im Jahre 1780 wurde erstmals begonnen die Kohle abzubauen, vorerst nur für die Verwendung zur Alaunerzeugung.117

Den steirischen Hauptenergieträger nach dem Ersten Weltkrieg stellte die Kohle dar. Durch den Zusammenbruch der Österreichischen-Ungarischen Monarchie verlor Österreich bedeutende Steinkohlereviere in Böhmen, Mähren und Schlesien. Die Steiermark allerdings war reich an Kohle.118

Deshalb wurde in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg der Kohleabbau in den Revieren Fohnsdorf, Seegraben und Köflach vorangetrieben, um von den Auslandsimporten unabhängig zu werden. Die Jahresförderung der Braunkohle erhöhte sich von 1,4 Millionen Tonnen im Jahre 1919 auf 1,7 Millionen Tonnen im Jahre 1921. Zu dieser Zeit wurden 9.345 Menschen in der Kohlenindustrie beschäftigt.119

117 Vgl. GKB: Die Bergbaugeschichte, www.gkb-bergbau.at, November 2008. Alaunerzeugung: Alaun ist ein leicht lösliches Salz der Schwefelsäure und wurde zur Ledergerbung, Papier- und Textilherstellung sowie Heilkunst verwendet und wurde aus dem Bergbau gewonnen. (Quelle: Alaunwerk: Chronik. www.alaunwerk.de). 118 Vgl. KARNER, Stefan: Der Kampf zwischen „weißer“ und schwarzer Kohle. Zu den Anfängen einer gesamtsteirischen Elektrizitätswirtschaft, in: Blätter für Heimatkunde, Graz 1977. 119 Vgl. KARNER, Stefan: Die Steiermark im 20. Jahrhundert. Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur. 2. Aufl., Graz 2005, S. 188 f. - 61 - Im Jahre 1990 trug die Kohle nur mehr 1,9 Prozent zum Energieverbrauch in Österreich bei. Somit verlor sie im Laufe der Zeit ihren Stellenwert am Energiesektor und deshalb wurde ein Großteil der steirischen Bergbaue in den achtziger Jahren geschlossen.120

Die zur damaligen Zeit bedeutendsten Braunkohlevorkommen Österreichs befinden sich etwa 20 km westlich von Graz im Köflach-Voitsberger Braunkohlebecken mit vier Flözhorizonten. Diese Braunkohlebecken entstammen erdzeitlich dem Tertiär und sind als Lignit in mehreren Teilmulden gelagert. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Kohle zuerst im Grubenbau und später im Tagbauverfahren abgebaut.121

Das weststeirische Braunkohlerevier Voitsberg-Köflach besitzt eine Länge von etwa 9 km und 4 km Breite mit einer Fläche von über 33 km². Im Tertiärbecken von Voitsberg-Köflach befinden sich zehn bis zu 300 m tiefe kohlenführende Mulden, die Mitte des vorigen Jahrhunderts exploratorisch erschlossen wurden.122

Das weststeirische Braunkohlerevier teilt sich in folgende Abbaugebiete auf, deren prozentualer Anteil umgerechnet auf die Gesamtfördermenge sich wie folgt verteilt:123

⇒ Voitsberg-Tregist 5,5-6,3 Prozent ⇒ Bärnbach-Oberdorf 1,3-1,5 Prozent ⇒ Bärnbach-Mitterdorf 60,0-61,4 Prozent ⇒ Rosental-Köflach-Pichling 16,5-16,9 Prozent ⇒ Lankowitz 14,6-15,3 Prozent ⇒ Piber 0,002-0,003 Prozent

120 Vgl. KARNER, Steiermark, S. 453. 121 Vgl. GRÄF, Walter: Der Wald, der zu Kohle wurde, in: Roth, Paul (Hrsg.), Glas und Kohle. Bärnbach 1988, S. 9 f. 122 Vgl. LASNIK, Ernst: Glück auf! Glück ab! Die Ära des braunen Goldes. Kohlebergbau in der Weststeiermark. 1. Aufl., Hart-Purgstall 2004, S. 49. 123 Vgl. Ebd. S. 100. - 62 - Im Jahre 1890 gab es 60 aktive Grubenfelder im Köflach-Voitsberger Kohlenrevier:124

o Pichling I 5 o Pichling II 4 o Hochtregist 3 o Tregist 3 o Piber 7 o Bärnbach 9 o Rosental I und II 8 o Lankowitz 5 o Oberdorf 1 o Köflach 1 o Zangtal 14

Im Jahre 1955, in der Blütezeit des Bergbaues, wurden drei Millionen Tonnen Braunkohle im weststeirischen Braunkohlerevier gewonnen, was etwa 50 Prozent der gesamtösterreichischen Produktion ausmachte.125

Lange Zeit spielte der Untertagbau eine wichtige Rolle. Unter den schwierigsten Bedingungen wurde mit enormem körperlichem Einsatz Kohle abgebaut. Die Kohlegewinnung unter Tage bereitete für jedes Bergbauunternehmen wirtschaftlich große Probleme, denn der Abbau war technisch sehr aufwendig und nur dann vertretbar, wenn die Kohlequalität außerordentlich gut und eine entsprechende Nachfrage gegeben war. Da der Untertagbau mit der Zeit aber unrentabel wurde, wurden Ende der 80er Jahre die Grubenbetriebe Zangtal und Karlschacht geschlossen und im Jahre 1990 der letzte Hunt aus der Grube Karlschacht hochgezogen. Danach erfolgte die Kohlegewinnung hauptsächlich im Tagbauverfahren, bei dem man über einen hochtechnologischen Maschinenpark und Fuhrpark verfügte. Durch die billige Konkurrenz aus dem Ausland verschlechterten sich jedoch die Rahmenbedingungen für den Kohleabbau immer mehr. Aufgrund dessen erfolgte im Jahr 2005 die letzte Kohlelieferung an die Industriekunden und im Jahre 2006 an das Dampfkraftwerk Voitsberg.126

124 Vgl. LASNIK, Glück, S. 107. 125 Vgl. GKB, Bergbaugeschichte. www.gkb-bergbau.at, November 2008. 126 Vgl. Ebd. - 63 - Der Kohlebergbau prägte 250 Jahre lang den Bezirk Voitsberg, denn er war ein wichtiger Begleiter der industriellen Revolution und für die Bewältigung von schwierigen Zeiten, vor allem in den Nachkriegsjahren, maßgebend.

- 64 - Die Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau-Gesellschaft (GKB)

Die Kohle hatte auch einen maßgeblichen Einfluss auf das Entstehen des Eisenbahnwesens. Einerseits wurde die Kohle mittels der Eisenbahn transportiert, anderseits diente sie der Lokomotive als Antrieb.

Mit dem Kohleabbau im weststeirischen Revier wurde nachweislich um 1789 begonnen. Damals betrieben zahlreiche Besitzer Bergbaue im kleinsten Ausmaß. Im Jahr 1856 schlossen sich sieben kleinere Bergbauunternehmen zusammen und gründeten die Voitsberg-Köflacher- Lankowitzer Steinkohlen-Gewerkschaft, um die weststeirische Braunkohle zu vertreiben. Am 20. Jänner 1855 wurde um Bevollmächtigung zum Bau einer Lokomotiv-Eisenbahnstrecke von Köflach nach Graz angesucht, welche am 26. August 1855 von Kaiser Franz Joseph durch eine kaiserliche Privilegiumsurkunde bewilligt wurde. Demzufolge wandelte sich die Kohlegewerkschaft in eine Aktiengesellschaft mit der Firmenbezeichnung „Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau- Gesellschaft“ um.127

Vor allem bestand die Hoffnung darin, durch die Landeshauptstadt Graz, welche damals 60.000 Einwohner zählte, Kohle zum Beheizen der Haushalte und an die Industriebetriebe zu verkaufen.128

Der Bau der Eisenbahnstrecke wurde an den Bauunternehmer Karl Pollay übertragen, welcher das Vorhaben im April 1857 begann und bereits zwei Jahre später vollendete. Am 22. Juni 1859 wurde der erste Kohlenzug von Köflach nach Graz geliefert und am 3. April 1860 wurde die Bahn für den allgemeinen Verkehr freigeben und somit war die Weststeiermark verkehrstechnisch erschlossen. Da die Kohle nun über eine gut ausgebaute Infrastruktur, vor allem in die Landeshauptstadt Graz, vertrieben werden konnte, war auch ein wirtschaftlicher Aufschwung des Kohlebergbaus in der Steiermark beobachtbar. Die Gesamtfördermenge der Braunkohle erhöhte sich von 19.655 Tonnen (1853) auf 111.500 Tonnen (1863) und brachte somit einen wirtschaftlichen Aufschwung für den Bezirk Voitsberg mit sich. Eine enorme Zuwanderung von Arbeitern im Kohlerevier ließ die Arbeiterkolonien entstehen und belebte Handel, Gewerbe und Kultur.129

127 Vgl. LASNIK, Glück, S. 349. 128 Vgl. EBERHARD, Franz: Kohle und Eisenbahn, in: Roth, Paul (Hg.), Glas und Kohle. Bärnbach 1988, S. 67 f. 129 Vgl. LASNIK, Glück, S. 349 ff. - 65 - Am 6. Oktober 1863 wurde ein Revierstollen mit einer Gleislänge von einem Kilometer, welche die Bergbaubetriebe in Piberstein, und Köflach verband, eingeweiht. Die GKB etablierte sich in diesem Gebiet und bereits im Jahre 1871 erwarb das Unternehmen eine weitere Konzession für den Bau einer Eisenbahnlinie von Lieboch nach Wies. In einem wirtschaftlich besonders instabilen Jahr, im Jahre 1872, begann die GKB mit der Errichtung der Bahnlinie nach Wies, welche drei Jahre später eröffnet wurde.130

Neben der GKB erlangten die Bergbaue der Österreichischen-Alpine Montangesellschaft (Alpine), die Lankowitzer Kohlen Compagnie und die Steirische Kohlenbergwerke AG in der Region eine erhebliche Bedeutung.131

Durch ein Übereinkommen infolge massiven Kapitalmangels übernahm vom 1. September 1878 bis zu deren Auflösung Ende 1923 die Südbahn-Gesellschaft die Führung des Bahnbetriebes der GKB. Danach übernahm die Österreichische Bundesbahn die Betriebsführung und erst am 1. Juli 1924 wurde die Leitung wieder an die GKB abgegeben. Die Bahnstrecke Graz-Köflach ist eingleisig und weist eine Länge von 41 Kilometern auf. Ab Lieboch zweigt eine 51 Kilometer lange Eisenbahnstrecke nach Wies-Eibiswald ab.132

Im Jahre 1928 wurde die Aktienmehrheit der GKB von der Alpine erworben. Im Jahre 1946 gingen kraft des 1. Verstaatlichungsgesetzes die Anteilsrechte der Gesellschaft in das Eigentum der Republik Österreich über, organisatorisch blieb jedoch das bisherige Konzernverhältnis mit der Alpine weiterhin bestehen. Durch das Rekonzernierungsgesetz133 von 1960 wurden die Anteile des Bundes an der Lankowitzer Kohlen-Compagnie und an der Steirischen Kohlenbergwerke Aktiengesellschaft rückwirkend zum 1. Jänner 1954 in das Eigentum der GKB übertragen. Seit dem Jahre 1973, dem Jahr des Zusammenschlusses der Alpine und der VOEST, war die GKB als 100%ige Tochtergesellschaft dem VOEST- ALPINE Konzern angeschlossen. Nach der Auflösung des VOEST-ALPINE Konzerns erfolgte eine Neugliederung der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG – fasst alle verstaatlichten Betriebe zusammen). Somit stand die GKB unter der Kontrolle der Österreichischen Bergbau-Aktiengesellschaft (ÖBAG), welche eine der sieben

130Vgl. LASNIK, Glück, S. 437 ff. 131 Vgl. Ebd. S. 449 ff. 132 Vgl. EBERHARD, Eisenbahn, S. 68. 133 Vgl. BGBl. 37/21.6.1960. - 66 - Tochtergesellschaften der ÖIAG war. Im Juni 1989 wurde die GKB in eine GmbH umgegründet.134

Den größten wirtschaftlichen Erfolg erlebte die GKB in den 50er Jahren mit mehr als 5.500 Beschäftigten im Bergbauwesen. Mitte der 60er sanken jedoch die Erträge infolge der westeuropäischen Kohlenkrise. Dadurch mussten erhebliche Absatzrückgänge in Kauf genommen werden. Durch die gesetzten Maßnahmen, um die weststeirische Kohle konkurrenzfähiger zu machen, mussten immer mehr Bergbaubetriebe geschlossen werden.135

Hauptgründe dafür waren vor allem:136

⇒ sinkende Fördermengen, ⇒ wachsende Betriebskosten des Tagbaues Karlschacht I infolge von Auskohlung, ⇒ Lohn- und Preiserhöhungen, ⇒ lagerbedingte Schwierigkeiten sowie ⇒ Substitutionskonkurrenz mit anderen Brennstoffen (Heizöl).

Doch die Krise nahm ihren Fortlauf und erreichte im Jahre 1973 ihren Höhepunkt. Für die GKB als Kohleproduzent hatte sich die Absatzlage immer mehr verschlechtert. Der Grund dafür lag in den Billigangeboten der Energieträger Öl, Gas und Fernwärme. Dank der beiden Erdölkrisen in den Jahren 1973 und 1979 konnte sich das Unternehmen durch die Aufwertung der Kohle ein wenig erholen, denn Privathaushalte und Unternehmen mussten den Heizölengpass mit Kohle kompensieren.137

Durch den Abschluss eines Kohlelieferungsvertrages zwischen der GKB und der ÖDK am 20. Juli 1977 über die Abnahme von 1 Million Tonnen Braunkohle jährlich war der Absatz der heimischen Braunkohle für 25 Jahre ab dem Jahr 1983 gesichert. Die Eröffnung des Großtagbaues Oberdorf am 12. Oktober 1977 erfolgte durch den damaligen Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, die erste Kohle wurde jedoch erst im Jahre 1979 gefördert. Die Förderleistung im Jahre 1980 betrug 128.127 Tonnen und im Jahr 1981 bereits 779.728

134 Interview mit Frau Eibinger, einer ehemaligen GKB-Angestellten, Köflach am 15. September 2010. 135 Vgl. SCHREYER, Jörg: Wirtschaftsraum Voitsberg. Probleme und Zukunftsperspektiven einer steirischen Industrieregion. Graz 1994, S. 26. 136 Vgl. Ebd. 137 Vgl. Ebd. S. 27. - 67 - Tonnen Kohle. Mit 1. Jänner 1983 begann die Lieferverpflichtung für das Kraftwerk Voitsberg III mit einer jährlichen Fördermenge von 1 Million Tonnen Braunkohle.138

Der Bergbau war das wichtigste Standbein des Unternehmens. Rund 70 Prozent der Einnahmen der Gesellschaft wurden durch den Vertrieb der Braunkohle erwirtschaftet. Durch den im Jahre 1987 zu wesentlich schlechteren Konditionen neu verhandelten Kohlelieferungsvertrag mit den Österreichischen Draukraftwerken, welche als Hauptabnehmer der GKB-Kohle fungierten, musste ein gewaltiger Umsatzeinbruch in Kauf genommen werden (von 1,4 Mrd. Schilling 1986 auf 900 Mio. Schilling 1987).139

Angesichts von Unrentabilität und Auskohlung kam es zur Schließung von weiteren Gruben:140

⇒ 1974: Zangtaler Oberflötz ⇒ 1975: Franzschacht Köflach/Lankowitz ⇒ 1989: Zangtaler Kohlebergbau ⇒ 1990: Karlschacht-Grube

Die GKB begann sich deshalb auf neue Geschäftsfelder zu konzentrieren und so entstanden neue Projekte:

138 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 69. 139 Vgl. SCHREYER, Voitsberg, S. 27. 140 Vgl. Ebd. - 68 -

GKB Reisen GmbH Freizeitwirtschaft GKB-See GmbH (Piberstein) „GKB Freizeitland Weststeiermark GmbH“ Golfanlage Piberstein GmbH & Co KG Schießanlage Zangtal GmbH GKB-Plan-Bau GmbH (Gebäudesanierungen und Neubauten) Dienstleistungen Tel-Elektro GmbH (Telekommunikation u. Elektroserviceleistungen) Realitäten- und Wohnungsservice GmbH Immobilien (Bewirtschaftung der GKB Grundstücke und der Werkswohnungen) Kalk- und Schotterwerk Graden Industriemineralien Geschäftsanteile am Gneisgewinnungs- betriebes W. Schifferl KG in Bad Gams Umwelt Bewirtschaftung der Aschekippe Karlschacht

Autobuslinie LKW-Güterbeförderungsunternehmen Verkehr Graz-Köflacher-Bahn Graz-Eibiswalder-Bahn Tabelle 9: Geschäftsfelder der GKB

Quelle: SCHREYER, Voitsberg, S. 28 f.

Ausgekohlte Lagerstätten wurden mittels einer eigenen geschaffenen Abteilung innerhalb der GKB, die für die Residualwirtschaft und Landschaftsgestaltung verantwortlich ist, mit Hilfe von zahlreichen Rekultivierungs- und Aufforstungsmaßnahmen in einen Naturraum umgewandelt. Ziel war es, einen neuen ökologischen Kreislauf herzustellen.

- 69 -

Dampfkraftwerk Voitsberg

Abbildung 7: Das Dampfkraftwerk Voitsberg aus der Vogelperspektive

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung.

Kalorische Dampfkraftwerke

Mit der Stromerzeugung aus reiner Wasserkraft kann die Energieversorgung Österreichs nicht sichergestellt werden. Vor allem in den wasserarmen Wintermonaten, wenn die Erzeugung der Flusskraftwerke abnimmt, jedoch der Strombedarf infolge der kalten Jahreszeit besonders hoch ist, müssen Dampfkraftwerke einen beachtlichen Anteil der österreichischen Elektrizitätswirtschaft decken.

- 70 - Dampfkraftwerke haben drei wichtige Funktionen:141

• die Sicherung der Bedarfsdeckung in den Wintermonaten, • der Ausgleich jahreszeitlicher und witterungsbedingter Erzeugungsschwankungen der Laufwerke und • die langzeitige Einsatzreserve bei Ausfällen von Kraftwerken.

Neben den saisonalen Schwankungen schaffen kalorische Kraftwerke den Überjahresausgleich, hervorgerufen durch den Witterungscharakter des Jahres. Um einer starken Auslandsabhängigkeit zu entgehen, muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wasser- und Wärmekrafterzeugung bestehen.

Kohlenfeuerung

Die Braunkohle wird vor der Verbrennung in Schlagradmühlen gemahlen und getrocknet. Dabei werden zu große Kohlepartikel zurückgeführt. Danach wird der Kohlestaub mit hoher Geschwindigkeit in den Kessel transportiert.142

Die in dem fossilen Brennstoff gespeicherte Wärmenergie wird bei der Verbrennung freigesetzt. Mit dieser frei werdenden Wärme wird Wasser verdampft und dadurch die Dampfturbine betrieben. Die Dampfturbine wandelt die Energie des Dampfes in mechanische Energie um, die über einen Generator in elektrische Energie umgewandelt wird. Jedoch nur 40 Prozent davon sind auch Energie erzeugend, denn 60 Prozent sind Verluste, zum Großteil durch Kühlwasser. Ein gewisser Anteil der erzeugten Energie wird dabei für den Eigenbedarf benötigt. Der Wirkungsgrad kann jedoch durch Auskoppelung von Fernwärme für Raumheizungen oder industrielle Prozesse erhöht werden. Somit erhöht sich der Brennstoffnutzungsgrad erheblich. Der nicht mehr nutzbare Dampf wird anschließend kondensiert und die dabei entstehende Abwärme über das Kühlwasser in die Umgebung abgegeben.143

141 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 64. 142 Vgl. BÖHMER, Siegmund et al: Stand der Technik bei kalorischen Kraftwerken und Referenzanlagen in Österreich. Wien 2003, S. 94. 143 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 64. - 71 - Bei der Kohleverfeuerung muss darauf geachtet werden, dass es sich um hochwertige Kohle handelt, die den folgenden Anforderungen entspricht:144

⇒ Hoher Heizwert ⇒ Geringer Wassergehalt ⇒ Geringer Schwefelgehalt zur Entlastung der Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) ⇒ Geringer Aschegehalt ⇒ Geringer Gehalt an Chlorid und Fluorid ⇒ Zerkleinerung und Homogenisierung der Kohle

Durch gezielt gesetzte Maßnahmen kann ein Kesselwirkungsgrad von 90-94 Prozent erreicht werden:145

⇒ Minimierung der Wärmeverluste durch unverbrannte Gase (H2, CO) ⇒ Minimierung der unverbrannten Bestandteile in den Rückständen (Glühverlust) ⇒ Verhinderung der Kondensation der Abgase an den Heizungsflächen (Korrosion) ⇒ Hoher Druck und Temperatur des Dampfes ⇒ Zwischenüberhitzung des Dampfes um den Nettowirkungsgrad zu erhöhen ⇒ Hohes Druckgefälle im Niederdruckteil der Dampfturbine (Frischwasserkühlung) ⇒ Minimierung des Wärmeverlustes durch Nutzung der Restwärme als Fernwärme ⇒ Minimierung des Wärmeverlustes über die Schlacke und durch Isolierung ⇒ Vorwärmung des Kesselspeisewassers mit Dampf ⇒ Optimierte Schaufelgeometrie der Turbinen

144 Vgl. BÖHMER, Technik, S. 14. 145 Vgl. Ebd. S. 15. - 72 - Energie Luft Wasser Betrieb

Brennstoffe Verbrennung Kühlwasser Kalk Hilfsdampf Kühlung Nutzwasser Ammoniak el. Energie Trinkwasser

Kalorisches Kraftwerk

Nutzenergie Abluft Kühlwasser Reststoffe Verlustenergie Emissionen Abwasser Abfall Schwingungen

Abbildung 8: Energie- und Massenströme eines kalorischen Kraftwerkes Quelle: BÖHMER, Technik, S. 15.

- 73 - Emissionen

Bei der Erzeugung von Energie durch die Verfeuerung von Kohle fallen reichliche Mengen von Emissionen an. Diese Emissionen werden in nachfolgender Tabelle aufgelistet.

Emissionen in die Luft: Emissionen ins Wasser:

• Staub (inklusive PM10 und PM2,5) • Wärme durch Kühlwasser • Schwefeldioxid • Biozide • Stickoxide • Dispergiermittel • Kohlendioxid • Hydrazin • Kohlenmonoxid • Salzfracht • Schwermetalle • Ammonium • Kohlenwasserstoffe • Schwermetalle • Chlorwasserstoffe, Fluorwasserstoff • Dioxine/Furane

• N2O2, NH3, CH4 Abfälle aus dem Kraftwerksbetrieb • Grobasche • Flugasche • Gips • Abfälle aus der Rauchgasentschwefelung • Abfälle aus der Rauchgasreinigung • Filterkuchen aus der Abwasserreinigung • Sonstige gefährliche und ungefährliche Abfälle Lärmemissionen Erschütterungen Tabelle 10: Emissionen beim Betrieb von Großfeuerungsanlagen

Quelle: BÖHMER, Technik, S. 51 f.

- 74 - „Stand der Technik zur Reduktion der Staubemission ist der Einsatz von Elektrofiltern oder Schlauchfiltern. Diese sind unabhängig vom Rauchgasvolumenstrom und vom Brennstoff bei neuen und alten Anlagen anwendbar. Eine Abscheidung vom Staub und schwerflüchtigen Schwermetallen erfolgt auch in der nassen Wäsche zur Rauchgasentschwefelung. Hier können zusätzlich zu den Filteranlagen bis zu 90% des Reststaubgehaltes ausgewaschen werden.“146

Ein geringer Anteil der unverbrennbaren Bestandteile wird als Grobasche am Kesselboden entsorgt. Der Großteil wird aber als Flugasche aus dem Kessel ausgetragen und anhand von Filtern und Wäschern von der Abluft getrennt. Die im Verbrennungsprozess angefallene Asche findet in den nachfolgend aufgezählten Bereichen Verwendung:147

⇒ Flugasche als Zusatzstoff in Beton ⇒ Flugasche in Zement ⇒ Flugasche als zementstabilisierte Aschemischung zur Verfüllung von Hohlräumen ⇒ Asche als Versatzstoff im Bergbau ⇒ REA-Gips in der Baustoffindustrie ⇒ Sprühabsorbtionsprodukt als Deponiebasisabdichtung ⇒ Grobasche aus der Kohlefeuerung ⇒ Flugasche aus der Ölfeuerung

146 BÖHMER, Technik, S. 16. 147 Vgl. Ebd. S. 177 ff. - 75 - GKB-Dampfkraftwerk Bärnbach

Abbildung 9: Das ehemalige GKB-Dampfkraftwerk

Quelle: Foto Neuherz.

Um den steigenden Strombedarf der Kohlengruben auch weiterhin gewährleisten zu können und ebenso die immer wieder anfallende Kohle (Feinkohle) in mangelnder Qualität verwerten zu können, wurde 1920 neben der Bahnstation Oberdorf I in Bärnbach mit dem Bau eines Dampfkraftwerkes (2.000 PS) begonnen, welches als Vorläufer von Voitsberg I-III anzusehen ist.148

Nach Genehmigung vom Staatsamt für Handel, Gewerbe, Industrie und Bauten begann die GKB am 23. August 1920 mit dem Bau eines kalorischen Kraftwerkes in Bärnbach. Dieses diente hauptsächlich zur persönlichen Bedarfsdeckung des Bergbaureviers Rosental, Oberdorf und Zangtal. Bereits am 1. Juli 1922 wurde die GKB-Anlage in Betrieb genommen, die Kommissionierung erfolgte im darauf folgenden Monat Juli. Dieses Kraftwerk verfügte über eine 2.000-PS-Dampfturbine mit 1.500 kW Drehstromleistung.149

148 Vgl. LASNIK, Ernst: Das braune Gold. Die Geschichte der weststeirischen Kohlereviere. Graz 1997, S. 235. 149 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 74. - 76 - Da die steirische Kohle hinsichtlich der ausländischen Konkurrenz mit Absatzproblemen zu kämpfen hatte, wurde nach Maßnahmen gesucht, um die 3.300 Arbeitsplätze zu erhalten, denn die durchschnittliche Tageförderung sank von 2.805 t im Jahr 1922 auf 1.983 t im darauf folgenden Jahr.150

Deshalb mischte im Jahre 1921 auch der damalige Präsident der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergwerks AG (GKB) Dr. Viktor Wutte in der Elektrifizierungsdebatte mit. Doktor Wutte wollte eine Gleichberechtigung der Stromerzeugung aus GKB-Kohle gegenüber der Stromerzeugung aus Wasserkraft erreichen, denn dadurch konnte die Abfallkohle gewinnbringend verwertet und die Schwächung der Monopolstellung der STEWEAG zu einem gleichberechtigten Partner auf diesem Gebiet gewährleistet werden. Die STEWAG etablierte sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Bau des Teigitschkraftwerkes zur Versorgung der Mittelsteiermark als junges dynamisches Unternehmen.151

Am 10. März 1923 gab Dr. Wutte seine Absicht bekannt, den erzeugten Strom auch gewerbsmäßig zu verkaufen und suchte diesbezüglich um Genehmigung bei der Landesregierung an. Da die bisherige Anlage mit ihrer Leistung nicht ausreichend erschien, beantragte er den Ausbau des bestehenden Kraftwerkes auf bis zu 13.500 kW, welches das Arnsteiner STEWEAG Werk, dessen Eröffnung 1925 geplant war, deutlich übertreffen sollte. Es war geplant, den produzierten Strom über eine 107 km-lange 60-kV-Fernleitung von Graz über Bruck bis nach Kapfenberg zu leiten. Diese Gebiete galten jedoch auch als große Hoffnungsträger für die STEWEAG. Somit war der Kampf zwischen weißer und schwarzer Kohle entfacht, denn nach Auffassung der STEWEAG musste der Ausbau der Wasserkraft zu einer einheitlichen Landesstromversorgung als Hauptaugenmerk forciert werden.152

Entscheidend für weitere Entwicklungen waren der Einfluss der steirischen Landesregierung unter der Führung des steirischen Landeshauptmannes Dr. Anton Rintelen und die Mitsprache von Dr. Wutte als ehemaligem Wirtschaftskommissionär. Somit war das Bestreben der Landesregierung, einen Kompromiss zwischen der GKB und der STEWEAG zu erreichen.153

150 Vgl. KARNER, Kohle. 151 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 74. 152 Vgl. Ebd. S. 75. 153 Vgl. Ebd. - 77 - Als erstes wurde die Forderung der GKB bezüglich des Ausbaues von 13.500 kW auf 7.500 kW reduziert, doch auch damit gab sich die STEWEAG nicht zufrieden, da sie die Angst plagte, dass dies negative Folgen für das geplante Teigitschkraftwerk haben könnte und der ausländische Geldmarkt für Wasserkraftwerke ungünstig beeinflusst würde, dessen Investitionen sie aber dringend benötigte. Sie argumentierte dahingehend, dass es keinen Ansporn für ausländischen Kapitalisten gebe, in ein Wasserkraftwerk zu investieren, wenn in der Nähe ein kalorisches Kraftwerk erbaut werde.154

Bereits am 27. April 1923, sieben Tage später, wurde der Kompromiss vorgeschlagen, einen gegenseitigen Stromlieferungsvertrag zwischen der STEWEAG und der GKB abzuschließen. In diesem wurde festgeschrieben, dass die GKB den von ihr produzierten Strom in das STEWEAG Netz einspeist und – falls die STEWEAG in den GKB-Bereich Deutschlandsberg eindringen sollte, die Kohlengrube in Bergla, dessen Eröffnung bevorstand, mit Strom versorgt werden müsste. Weiterhin verzichtet die GKB auf den Stromabsatz im Grazer Stadtgebiet.155

Aber auch auf diesen Kompromiss ging die STEWEAG nicht ein. Am 20. Juli wurde erneut verhandelt, wobei die Vertreter des Landes eine positive Grundeinstellung zur STEWEAG einnahmen und eine genaue Aufteilung der Versorgungsgebiete der STEWEAG und der GKB erarbeiteten. Somit bekam die GKB die Gebiete Murau, Judenburg, sowie das Gebiet westlich von St. Michael, Kainachlauf, Mur bis zur Landesgrenze Spielfeld. Der Strombedarf in diesem Gebieten war unterdurchschnittlich und es bedurfte der Errichtung eines langen Verteilungsnetzes.156

Dieser Vorschlag wurde aber von Seiten der GKB abgelehnt. Ein weiterer Vorschlag war die Gründung einer Verteilungsgemeinschaft mit Sitz im Ausland (um das benötigte Kapital leichter aufbringen zu können), deren Begründer die STEWEAG und die GKB sein sollten, welcher schlussendlich von beiden Seiten Zustimmung fand. Unter anderem sollten aber auch andere Strom erzeugende und Strom liefernde Unternehmen miteinbezogen werden, wie zum Beispiel der Verbund steirischer E-Werke, die Alpine und die STEG.157

154 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 76. 155 Ebd. 156 Ebd. 157 Ebd. - 78 - Die GKB brachte daraufhin einen weiteren Antrag ein, nämlich dass:158

• sämtliche Mitglieder nur Strom aus dieser Verteilergemeinschaft beziehen dürfen, • die STEWEAG verantwortlich für die Stromversorgung von Graz ist sowie eine Stromabgabe von fünf Mio. kWh jährlich und 25 Mio. kWh an die GKB abliefern muss, • sich bei steigendem Strombedarf die GKB und die STEWEAG die Mehrlieferungen teilen und • neue Gesellschaftsmitglieder mit ihren Werken nur das beliefern können, was übrig bliebe.

Außerdem wurde für den Fall, dass der Bedarf noch immer nicht gedeckt sein würde, beschlossen, dass die GKB ihre 6.000-kW-Reserve aktivieren und die STEWEAG ihr Werk Bruck-Mixnitz mit finanzieller Unterstützung der GKB ausbauen sollte. Als Frist für den Antrag wurde der 7. Juli 1923 festgesetzt und bereits zwei Tage vor Ablauf der Frist bekam die GKB die Konzession zum Betrieb der 1.500 kW und 6.000 kW Dampfturbine.159

Zu diesem Zeitpunkt war das Ansehen Wuttes in ein negatives Licht gerückt, da dieser GKB- Aktien zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten bei der Zentralbank verwendet hatte und so war der Regierungsbeschluss vom 5. Juli 1923 formal intern und sollte erst nach Klärung der Aktienfrage rechtskräftig werden, was schließlich am 7. September 1923 geschah. Am 30. November 1923 bekam die GKB die Konzession zur Verteilung des kalorischen Stromes in den Bezirken Voitsberg, Graz-Umgebung und Bruck, jedoch erst dann, wenn in diesen Bezirken die Stromlieferung aus dem Arnsteiner Werk im Besitz der STEWEAG unzureichend sein sollte.160

Das Dampfkraftwerk lieferte seinen Strom in den Bezirk Deutschlandsberg und daraus ging die Südweststeirische Elektrizitätsversorgung hervor. Weiters wollte die GKB mit der STEG ein Abkommen treffen, dass das Dampfkraftwerk als Reserveanlage der STEG-Kraftwerke Deutsch-Feistritz und Lebring fungieren sollte, was jedoch scheiterte, denn das Dampfkraftwerk durfte nicht mehr als 6.000 kW überschreiten. Nach Aussage von Ing. Eichkitz: „ Es würde damit die kalorische Großkraftanlage eine Bedeutung erhalten, welche

158 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 76. 159 Vgl. Ebd. S. 77. 160 Vgl. Ebd. - 79 - ihr in einem Staat, wie es Österreich ist, nicht zukommt“. Das Dampfkraftwerk blieb deswegen weiterhin ein eingeschränkter Betrieb mit einem kleinen Verteilungsnetz nach Deutschlandsberg und Eibiswald.161

Die wirtschaftliche Lage unter der Leitung von Direktor Wutte war auf ein sehr schlechtes Niveau gesunken, sodass die GKB kurz vor dem Konkurs im Jahre 1928 von der Alpine Montan übernommen wurde.162

Vom 1. Jänner 1932 bis zum 31. Dezember 1936 betrieb das Elektrizitätswerk Gösting das südwestliche Leitungsnetz der GKB und war für dessen Ausbau im Bezirk Deutschlandsberg, unter der Leitung von Ing. Erich Franz, verantwortlich. Durch die schlechte wirtschaftliche Lage musste aber auch diese Betriebsführung nach 1936 beendet werden.163

Die STEWEAG hingegen etablierte sich erfolgreich in der österreichischen Verbundwirtschaft. Doch mit Abschluss eines weiteren Stromlieferungsvertrages mit der Stadt Wien im Jahre 1930 stand die STEWEAG zum ersten Mal vor dem Problem des Strommangels, denn bisher hatte sie immer mehr Strom erzeugt als verbraucht, nun musste die sie selbst Strom einkaufen, um die zahlreichen Stromkunden weiterhin beliefern zu können. Deshalb kam die Möglichkeit in Betracht, die kalorische Energie der GKB, die nun der Alpine-Montan gehörte, in das Leitungsnetz der STEWEAG einzuspeisen. Darüber hinaus wurde am 1. Juli 1937 ein Energielieferungsabkommen abgeschlossen, indem sich die GKB verpflichtete, eine dauerhafte Kraftwerksleistung von 3.000 kWh der STEWEAG zur Verfügung zu stellen und sich im Gegenzug die STEWEAG bereit erklärte, jährlich 3,5 Millionen kWh, abzunehmen.164

Die STEWEAG verpflichtete sich, 25.000 Tonnen Kohle aus den Bergbauen der GKB zu beziehen und im Austauschverfahren Strom an die GKB zu liefern. Obendrein übergab die GKB der STEWEAG ihre Leitungs- und Transformatorenanlagen sowie das gesamte Stromversorgungsgebiet für 410.000 RM.165

161 Vgl. KARNER, Kohle. 162 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 77. 163 Vgl. Ebd. S. 78. 164 Vgl. Ebd. 165 Vgl. Ebd. S. 79. - 80 - Mit diesem Schritt hatte sich der Streit zwischen schwarzer und weißer Kohle sowie der Konkurrenzkampf zwischen der STEWEAG und der GKB erübrigt.

Durch den Zweiten Weltkrieg und den „Anschluss“ Österreichs an das deutsche Reich im Jahre 1938 wurden sämtliche Kraftwerke der Kriegswirtschaft unterworfen und es kam ihnen eine wehrwirtschaftliche Bedeutung zur Versorgung der Ostmark zu. Durch den enormen Druck der Rüstungsindustrie mussten umgehend neue Energiequellen erschlossen werden. Das bereits ausgearbeitete Konzept des Kraftwerkes Hieflau musste zurückgestellt werden, denn die STEWEAG wurde zur Verbesserung der Energiesituation beauftragt, in Voitsberg ein weiteres Dampfkraftwerk zu errichten.166

In den Jahren 1938 bis 1941 wurde in Voitsberg ein weiteres innovatives Dampfkraftwerk mit einer Leistung von 40.000 kW errichtet. Um die Stromversorgung des neuen Kraftwerkes während der Errichtung zu ermöglichen, wurde es mit einer 20.000 Voltleitung mit dem GKB-Kraftwerk in Bärnbach verbunden. Nachdem sich die STEWEAG bereit erklärt hatte, die GKB Betriebe mit Strom zu versorgen, kam es im Jahre 1942 zur Stilllegung des Bärnbacher GKB-Dampfkraftwerkes, welches im Laufe seiner 20-jährigen Betriebszeit 135.371.210 kWh Strom erzeugt hatte, von denen 65.813.321 kWh an fremde Abnehmer abgegeben wurde. Die letzte Inbetriebnahme der Anlage erfolgte vom 28. August bis zum 4. September 1943.167

166 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 36. 167 Vgl. Ebd. - 81 -

Abbildung 10: Luftaufnahme des ehemaligen GKB-Dampfkraftwerk

Quelle: Foto Neuherz.

- 82 - Voitsberg I

Abbildung 11: Das Dampfkraftwerk Voitsberg I mit den beiden Kühltürmen

Quelle: Foto Neuherz.

Die Anfänge des Dampfkraftwerkes Voitsberg gehen bis in das Jahr 1938 zurück. Damals fiel im Juli 1938 der Beschluss der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG, ein Dampfkraftwerk in der Peripherie der Stadt Voitsberg im Süden des Kohlereviers Oberdorf zu errichten. Die STEWEAG suchte am 22. Juli und am 2. September 1938 um elektrizitäts-, wasserrechtliche und baurechtliche Bewilligung an. Nach positiver Erledigung wurde am 3. September die Arbeitsgemeinschaft Hinteregger & Fischer und Ast & Co mit der Errichtung beauftragt. Nach intensiven Bauarbeiten fand bereits am 20. Dezember 1938 die Gleichenfeier für das Kesselhaus statt.168

Am 1. August 1940 konnte das Kraftwerk mit seinem ersten Generator den Betrieb aufnehmen und bereits ein Jahr später am 2. August 1941 wurde der zweite Generator an das Netz angeschlossen und eine Leistung von 40.000 kW erreicht.169

168 Vgl. STADLER, Gerhard/WEHDORN, Manfred: Architektur im Verbund. Band 100, Wien 2007, S. 368. 169 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 38. - 83 -

Abbildung 12: Innenaufnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg I

Quelle. Foto Neuherz.

Dieses neue Dampfkraftwerk, dessen Hauptbrennstoff Abfallkohle für die Energieerzeugung war, übernahm ab sofort die Versorgung der GKB-Betriebe mit Elektrizität und musste als Gegenleistung 25.000 Tonnen Abfallkohle von dem Bergkohlerevier beziehen.

Die Kohle für die Verfeuerung wurde zum Großteil aus dem Köflacher Kohlerevier bezogen, während ein kleiner Teil aus dem Bergbau Wies kam. Hauptsächlich wurde Abfallkohle verfeuert, die vor der Errichtung des Kraftwerkes ohne Verwendung auf Halden gekippt wurde. Der Heizwert der Kohle lag zwischen 1.800 und 3.300 Kalorien mit einem Aschegehalt von 20 Prozent bis 35 Prozent und einem Wassergehalt von 25 Prozent bis 35 Prozent. Für die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom, mussten 1,5 kg Kohle aufgebracht werden. Die Kohle wurde auf einem nahe liegenden Kohlelagerplatz (242 x 34 Meter) entlang der Graz-Köflacher Bahn gelagert. Dieser Kohlelagerplatz wurde durch den weiteren Ausbau des Kraftwerkes auf 290 Meter erweitert und diente als Sammelstelle in den Sommermonaten bei Stillstand des Kraftwerkes und als Speicher für den erhöhten Winterbedarf. Bei einem Volumen von 36.000 Tonnen entsprach das bei Vollbetrieb dem Kohleverbrauch eines gesamten Monats. Anhand von Waggons wurde die Kohle angeliefert. Erst nach der

- 84 - Errichtung der Förderbandbrücke von der Zentralsortierungsanlage der GKB und einer Erhöhung der Kapazität auf 50.000 Tonnen im Zuge des Neubaues von Voitsberg II konnte die Kohle direkt in den Kesselbunker oder zum Lagerplatz befördert werden.170

Die anfallende Kohlenasche wurde mit Hilfe eines Seilbahnzuges auf einen nahe liegenden Platz, etwa 500 Meter vom Werk entfernt, gelagert. Dieser Ascheberg wurde in den Jahren des Zweiten Weltkrieges von Herrn Hartenstein erworben, dieser benötigte die Asche für sein in der Nähe errichtetes Betonziegelwerk, in dem die ausgeglühte rote Asche als Grundstoff der Betonziegel verarbeitet wurde. Nach dem Tod von Herrn Hartenstein wurde das Werk an die Firma Terkl-Beton verkauft.171

Mit der Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg im Jahre 1940 stiegen die Umsatzziffern der STEWEAG. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges verfügte die STEWEAG über 117 MW Kraftwerksleistung, obwohl sich ein 20 MW-Satz des Dampfkraftwerkes Voitsberg zu Kriegsende in Berlin zur Reparatur befand. Im Mai 1947 wurde dieser Satz wieder nach Voitsberg geliefert. Die Jahre 1946 und 1947 waren gekennzeichnet durch Trockenheit und eine dadurch katastrophal niedrigen Wasserführung, weiters gab es noch Schwierigkeiten bei der Kohlebeschaffung für das Dampfkraftwerk Voitsberg. Nach Eintreten günstiger Voraussetzungen für die Kohlebeschaffung wurde die Errichtung eines dritten 20- MW-Satz in Planung genommen, welcher aber durch das Verstaatlichungsgesetz nicht mehr gebaut wurde.172

Am 6. Juni 1948 kam es gemäß der Bestimmungen des 2. Verstaatlichungsgesetzes in einem feierlichen Akt zur Übernahme des Dampfkraftwerkes durch die Österreichische Draukraftwerke AG. Die gesamte Belegschaft wurde zu den gleichen vertraglichen Bedingungen übernommen. Für die STEWEAG bedeutete die Abtretung des Dampfkraftwerkes eine große Lücke in der Energieerzeugung, die erst im Jahre 1962 durch das Kraftwerk Pernegg geschlossen werden konnte.173

170 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 44 ff. 171 Vgl. LASNIK, Braune Gold, S. 233. 172 Vgl. MUSIL, STEWEAG, S. 168 f. 173 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 38. - 85 - Durch den enormen Mangel an Winterenergie in der Nachkriegszeit (1950-1952) mussten die ersten Investitionen und Erneuerungen getätigt werden. Deswegen wurden in den Jahren 1950 bis 1952 das Kraftwerk Voitsberg um einen dritten Maschinensatz mit 20.000 kW Leistung und um einen vierten 100-t/h-Kessel mit einem Schmelztrichter erweitert. Die Inbetriebnahme erfolgte am 6. Dezember 1952. Dieser Kessel war eine besondere Innovation für Österreich, denn es handelte sich hierbei um den größten Kessel in Österreich zu dieser Zeit, welcher mit einem speziellen Schmelztrichter ausgestattet war, der den flüssigen Abzug der Asche ermöglichte.174

„Die vorhandenen Gebäude reichten für die Erweiterung des Kraftwerkes nicht aus, daher mussten das Kesselhaus, um 21 Meter, und das Maschinenhaus, um 20 Meter, verlängert werden. Neben einer Vielzahl von kleineren baulichen Änderungen wurde auch die 110 kV- Freiluftschaltanlage neu errichtet werden. Für die Aufstellung des dritten Aggregates, die Modernisierung der bestehenden Anlagen, die Errichtung einer Dampflieferungsanlage für die Zentralsortierungsanlage der GKB sowie den Bau einer modernen Kohlefördebandanlage wurden in den Jahren 1950-1952 über 100 Millionen Schilling aus ERP-Mittel zur Verfügung gestellt und investiert.“175

174 Vgl. STADLER, Architektur, S. 368. 175 FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 39. - 86 - Steckbrief Voitsberg I

Anlagenbeschreibung Hochdruck Blockanlage Kraftwerkstyp Kondensationskraftwerk Bau 1938-1941 Erweiterung 1950-1952 Energieträger Braunkohle Planung Steirische Wasserkraft und Elektrizitäts-AG Engpassleistung 60 MW Kesselanlage Kesselleistung: 340 t/h 4 Strahlungskesseleinheiten: Kessel 1 und 2: BJ 1940 Dampfleistung: 60/70 t/h Kessel 3 und 4: BJ 1941/52 Dampfleistung: 80/100 t/h Kessel 1+2+3: Kohlenstaubfeuerung mit je 3 Krämer- Schlägermühlen Firma: Wiener Lokomotivsfabrik AG Kessel 4: Kohlestaubfeuerung und Schmelztrichter für den flüssigen Ascheabzug Firma: SGP Druck: 42 bar Dampftemperatur: 465°C Dampfturbine Turbinenleistung: 60 MW 3 20-MW-Gleichdruckkondensationsturbinen Turbine 1: 1940 Turbine 2: 1941 Turbine 3: 1952 Eintrittsdruck: 34 bar Frischdampftemperatur: 460 °C Firma: AEG Berlin Generator 3 Drehstrom-Synchron-Generatoren je 22 MVA Leistung Leistung: 66 MVA Nennspannung: 10.000 V Nenndrehzahl: 3000 U/min Inbetriebnahme: 1.8.1940: 1. Generator 2.8.1941: 2. Generator 6.12.1952: 3. Generator

- 87 - Gebaut von: SSW Wien Kühlturm Anzahl: 2 Durchsatz von je 5000 m³ pro Stunde Höhe: 35 m Fußdurchmesser: 30,6 m Kronendurchmesser: 20,7 m Gebaut: Firma Overhoff Wien Bekohlungsanlage Förderleistung: 60 Tonnen stündlich Anlagenwirkungsgrad 24,5% Stilllegung 27.8.1983 Tabelle 11: Technische Daten Voitsberg I

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg.

Aufgrund des starken Anstieges des Elektrizitätsbedarfes und der vorhandenen Braunkohlevorkommen wurde mit dem weiteren Ausbau der Anlage Voitsberg begonnen. Mit der Inbetriebnahme von Voitsberg III im Frühjahr 1983 wurde Voitsberg I nach 43 Betriebsjahren mit Beschluss des Aufsichtsrates vom 27. Juni 1983 am 27. August 1983 stillgelegt, nachdem es in diesem Jahr nur mehr fünf GWh Strom erzeugt hatte. Noch im gleichen Jahr begann man mit der Demontage der Anlage.176

176 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 39. - 88 - Umweltschutzproblematik am Standort

In den Jahren der Errichtung (1938-1941) stellte der Umweltschutz in der Politik und in der Bevölkerung kein vorrangiges Thema dar. Das Hauptaugenmerk lag auf der Reduktion des Energiemangels und dem industriellen Ausbau der Steiermark. Mit der Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg I änderten sich jedoch die Umweltbedingungen für die Menschen im nahe liegenden Kraftwerksumgebungsbereich wesentlich.

Der STEWEAG wurde bei der Errichtung des Kraftwerkes I von der Landesregierung Steiermark folgende Auflagen vorgeschrieben:177

⇒ Die Abgase müssen durch entsprechende Einrichtungen entstaubt werden. ⇒ Der Wirkungsgrad der Anlagen solle 90 Prozent bis 95 Prozent betragen. ⇒ Verbrennungsrückstände dürfen nur nach Durchfeuchtung abtransportiert werden. ⇒ Der Kohlelagerplatz muss mit einer Befeuchtungsanlage ausgestattet sein. ⇒ Der Einbau einer Rauchgasprüfeinrichtung in jedem Kessel soll für die Einhaltung der Grenzwerte sorgen.

Im Jahre 1942 kam es wegen der starken Luftbeeinträchtigung zu massiven Beschwerden aus der Bevölkerung:

„Seit ungefähr einem Jahr hat die Ruß- und Staubplage, verursacht durch das Dampfkraftwerk Voitsberg, in einem derartigen Ausmaß zugenommen, dass sie bis zu einem gewissen Grade unerträglich und im gegenwärtigen Umfang, gelinde ausgedrückt, als Skandal bezeichnet werden muss. Abgesehen davon, dass die in unmittelbarer Nähe des Kraftwerkes stehenden Gebäude sowohl an den Außenflächen, als auch im Inneren erheblichen Schaden nehmen, erstreckt sich die Staubplage im Norden bis Rosental und im Süden, durch den Wind begünstigt, bis nach Krems. Innerhalb dieses Gebietes ist es kaum möglich Wäsche im Freien zu trocknen und die Fenster auf längere Zeit zu öffnen, ohne dass Wäsche oder Einrichtungsgegenstände erheblichen Schaden nehmen. Diese Staubplage wird aber nicht allein durch den durch die Kamine des Werkes abziehenden Staub, sondern auch durch Abtreiben des Kohlenstaubes vom Kohlenlagerplatz ganz wesentlich verursacht. Da dieser Zustand auf Dauer unhaltbar und untragbar ist, wäre die STEWEAG zu verhalten,

177 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 91. - 89 - einerseits den Konsens, mit dem bereits Maßnahmen zur Hintanhaltung der Staubplage getroffen wurden, einzuhalten und andererseits, Maßnahmen zu treffen, die dieser unerträglichen Plage entsprechend Einhalt gebieten. Die Vertreter der STEWEAG äußerten sich dahin, dass sie selbstverständlich alle Vorkehrungen treffen werden, um die Beeinträchtigungen entweder ganz oder wenigstens auf ein Mindestmaß zu beschränken. Diese Vorkehrungen werden jedoch mit Rücksicht auf die Kriegslage und die Schwierigkeit der Materialbeschaffung erst in zwei Jahren restlos durchgeführt werden können….“178

Daraufhin wurden vom Reichsstatthalter der STEWEAG folgende Nachtragsvorschreibungen auferlegt:179

1. Anstatt der Zyklonenentstaubung müssen Elektrofilter für die Rauchgasreinigung eingebaut und ein Reinigungsgrad erreicht werden, bei dem die Ruß- und Rauchbelästigung ausbleibt. 2. Beim Ablassen der Asche darf durch neue Vorkehrungsmaßnahmen keine Staubentwicklung auftreten. 3. Das gesamte Gelände ist durch einen rasch wachsenden Baumbestand gegen die Nachbarschaft abzugrenzen.

Von Seiten des Kraftwerksbetreibers wurde folgende Stellungnahme abgegeben:

… von einer Rußbelästigung bei ordnungsgemäßen Betrieb, so wie er im Großkraftwerk geführt werden muss, deswegen nicht die Rede sein kann, da wegen der genauen Überwachung der Verbrennungsvorgänge eine Rußabscheidung, die mit Verminderung des Kesselwirkungsgrades verbunden ist, schon aus wirtschaftlichen Gründen von der Werksleitung nicht zugelassen wird… Die Elektrofilter jetzt einzubauen, ist aus folgenden zwei Gründen praktisch nicht möglich: 1. Benötigen diese Filter wesentlich größere Grundflächen, die zwischen den bestehenden Baulichkeiten, Kessel- und Maschinenhaus, schwer unterzubringen sind. 2. Werden solche Filter im Inland nicht hergestellt.“180

178 Bezirkshauptmannschaft Voitsberg: Bau- und Gewerbeakten aus dem Jahre 1938. 179 Bescheid des Reichsstatthalters: 20.11.1943 GZ.: V f – 313 Ste 4/2 1943. 180 Amt der Steiermärkischen Landesregierung: Bescheid Zl. 3-343 Ste55/16 von 1951. - 90 - Infolge der damaligen Kriegssituation und der finanziellen Not war es von Seiten der STEWEAG jedoch nicht möglich, die ihr auferlegten Vorkehrungen zum Umweltschutz einzuhalten. Und von Seiten der Bevölkerung wurden die Umweltschutzinteressen durch den Gedanken der Notwendigkeit der Energieversorgung Österreichs und den Gedanken des raschen Wiederaufbaues des Landes nach dem 2. Weltkrieg in den Hintergrund gedrängt und gerieten erst mit dem Neubau von Voitsberg II Mitte der Fünfziger wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung.

Jahresstromerzeugung des Dampfkraftwerkes Voitsberg I von 1940 bis 1955

Im unten angeführten Diagramm ist die Jahresstromerzeugung des Dampfkraftwerkes I von 1940 bis 1955 veranschaulicht. In den Jahren 1943 und 1944 wurde das Kraftwerk durchgehend, auch in den Sommermonaten, betrieben. In den Jahren 1945 und 1946 wurde durch den Zusammenbruch der Kriegswirtschaft die Produktion verringert. Des Weiteren befand sich eine Turbine zur Reparatur in Berlin, welche erst 1946 wieder eingebaut wurde. Durch die Inbetriebnahme des 3. Generators am 6. Dezember 1952 nahm die Jahreserzeugung stark zu.

350 309 303 300 294

250

200 180 172 170 168 139 138 150 134 Mill kWh 99

100 82 69 49 50 52 18 0 1940 1942 1944 1946 1948 1950 1952 1954

Abbildung 13: Jahresstromerzeugung Dampfkraftwerk Voitsberg I 1940 bis 1955

Quelle: FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 43.

- 91 - Voitsberg II

Abbildung 14: Das Dampfkraftwerk Voitsberg II mit Kühlturm

Quelle: Fotos Neuherz.

Die ersten Planungen zur Erweiterung des Kraftwerkes begannen im Jahr 1954, als beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung um die energierechtliche Genehmigung zur Erweiterung eines fünften Kessels und eines vierten Maschinensatzes angesucht wurde. Hierbei handelt es sich um eine hochmoderne Hochleistungs-Dampfkesselanlage, welche Österreichs ersten Höchstdruck-Hochtemperaturkessel verkörperte. Mit einer Dampfleistung von 210 Tonnen stündlich etablierte sich Voitsberg II auch bundesweit zum größten Dampferzeuger und durch die Erweiterung von 65.000 kW auf insgesamt 125.000 kW zum drittgrößten Dampfkraftwerk Österreichs. Das Kesselhaus mit dem Kesseltragegerüst stellte eine weitere Innovation im heimischen Kraftwerksbau dar.181

Im Frühjahr des Jahres 1955 wurde mit den Tiefbauarbeiten begonnen und im Juli des gleichen Jahres erfolgte die Montage der gekoppelten Stahlkonstruktion sowie im November jene des Kesselblockes. Nach Durchführung zahlreicher Druckproben im Frühjahr 1956 wurde im September der Kessel ausgeheizt. Bereits im Dezember ging mit der ersten Dampfabgabe der Maschinensatz in Betrieb. Hans Hoppenberger war für die Gestaltung des

181 Vgl. STADLER, Architektur, S. 370. - 92 - neuen Werkteiles in sorgfältiger Abstimmung zu den bereits bestehenden Bauten verantwortlich.182

Abbildung 15: Technik- und Schaltraum von Voitsberg II

Quelle: Fotos Neuherz.

Der Kostenaufwand des Dampfkraftwerkes Voitsberg II betrug 209 Millionen Schilling, der wie folgt den einzelnen Komponenten zugerechnet wurde:

⇒ 21 Prozent bauliche Anlage ⇒ 70 Prozent maschinelle und elektrische Anlage ⇒ 9 Prozent Nebenkosten, Zinsen, Zentralregie

Die Finanzierung des Projektes wurde durch eine vom Konzern auferlegte Energieanleihe im Jahre 1953 sowie durch eine Weltbankanleihe und dem Eigenkapital der ÖDK aufgebracht.183

Mit der Inbetriebnahme von Voitsberg II mit einer Turboleistung von 65.000 kW erfolgte eine erneute Vergrößerung und Modernisierung der Werksanlagen. Der neu erbaute Kraftwerksblock bildete mit Voitsberg I eine bauliche Einheit, konnte aber unabhängig davon betrieben werden. Die dafür benötigte Feinkohle wurde mittels Förderbändern aus der Zentralsortierungsanlage des Voitsberg-Köflacher Braunkohlereviers bezogen. Das Dampfkraftwerk Voitsberg I wurde mit einem Dampfdruck von 43 atü und einer Dampftemperatur von 465 °C betrieben, während Voitsberg II bereits mit 140 atü und einer

182 Vgl. STADLER, Architektur, S. 370. 183 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 46. - 93 - Frischdampftemperatur von 530 °C bedient wurde. Ein Novum für Österreich, denn erstmals wurden auch Zwischenüberhitzungen des Dampfes (auf 525 °C) angewendet.184

Für die Brennstoffversorgung des Kraftwerkes wurde ein Kohlelieferungsvertrag zwischen der GKB und der ÖDK mit einer jährlichen Lieferung von 700.000 Tonnen Kohle aus dem weststeirischen Bergbaugebiet von 1955 bis 1987 abgeschlossen. Um die Abnahmeverpflichtungen gewährleisten zu können, mussten Kohledeponien mit einem Fassungsvermögen von mehr als 1 Million Tonnen errichtet werden. Im Zuge des Neubaues wurde eine Bekohlungsanlage mit einer 900 Meter langen Förderbandbrücke installiert, die eine Kohlelieferung von der Zentralsortierungsanlage der GKB direkt in die Kesselbunker oder zum Kohlenlager ermöglichte. Die Gesamtförderleistung der Anlage betrug 450 t/h.185

Im Jahre 1973 wurden erstmalig Umweltschutzvorkehrungen getroffen, indem ein Elektrofilter mit einem Abscheidegrad der Rauchgase von bis zu 99 Prozent eingebaut wurde. Ab 1981 fanden Entschwefelungsversuche mit dem Kalkadditivverfahren statt, um dieses später bei Voitsberg III anzuwenden. Nach der Inbetriebnahme von Voitsberg III im Jahre 1983 verminderte sich die Stromproduktion von Voitsberg II permanent, deshalb übernahm es im Jahre 1987 nur mehr eine Reservefunktion. Bis dahin erzeugte das Kraftwerk mit 135.937 Betriebsstunden rund 8,5 Mrd. kWh Strom. Durch den Aufsichtsratbeschluss vom 23. Juni 1995 wurde das Dampfkraftwerk Voitsberg II endgültig aus dem Betrieb genommen.186

184 Vgl. BELSAK, Hans et al: Österreichische Draukraftwerke Aktiengesellschaft. Klagenfurt 1972, S. 118. 185 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 52. 186 Vgl. Ebd. S. 46 f. - 94 - Steckbrief Voitsberg II

Anlagenbeschreibung Hochdruck-Blockanlage Kraftwerkstyp Kondensationskraftwerk Entwurf Hans Hoppenberger Bau 1954-1956 Inbetriebnahme Dezember 1956 Leistung 65.000 kW Dampfkessel 210 t/h Dampfzustand 140 atü Dampftemperatur 530 °C Zwischenüberhitzung 525 °C Turbosatz 3000 U/min Brennstoff Weststeirische Braunkohle Hu 1.800-3.000 kcal/kg Aschegehalt 30% Gesamtfeuchtigkeit 30% Energieeinspeisung 110-kV-Verbundnetz Kesselleistung 210 t/h Turbinenleistung 65 MW Generator Kühlung durch Wasserstoff Leistung: 65 MVA Nennspannung: 10,5 kV Inbetriebnahme: 20.12.1956 Gebaut von: AEG Berlin Strahlungskessel Dampfleistung:190/210 t/h mit Konzessionsdruck: 137 bar Zwischenüberhitzung Hochdruckdampftemperatur: 530 °C Dampftemperatur n. Zwischenüberhitzung: 525 °C Gebaut von: Waagner-Biro Kesselblock 3 Elektrospeisepumpen mit einer Förderleistung von je 130 t/h bei 157 bar Kohlenstaub-Eckfeuerung 4 KSG-Schlagradmühlen

- 95 - Kondensationsturbine 65 MW Dreihäusige Maschine mit zweiflutigem Niederdruckteil Dampfzustand bei Eintritt: 108 bar bei 525 °C Gebaut: AEG Essen 1956 Ölfeuerung Zünd- und Stützfeuerung Anzahl Kühlturm 1 Abkühlung von 11.000 m³ Wasser stündlich um 10 °C (von 35 °C auf 25 °C) Höhe: 53 m Durchmesser: 46 m Gebaut: Firma Overhoff Wien Stilllegung 23.6.1995 Tabelle 12: Technische Daten Voitsberg II

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg sowie BELSAK, ÖDK.

- 96 - Umweltschutzproblematik am Standort

Mit der Bekanntgabe des Baues von Voitsberg II kam es neuerlich zu Beschwerden aus der Bevölkerung, die eine weitere massive Verschlechterung der Luftqualität befürchtete.

In einer Stellungnahme von Seiten der ÖDK an die BH Voitsberg hieß es:

„Die Erhöhung der Lebensstandards der Bevölkerung durch die laufende Industrialisierung Österreichs bringt eben auch gewisse Nachteile mit sich, die in Kauf genommen werden müssen…Wir haben in unserem DKW Voitsberg die modernsten und wirkungsvollsten Flugascheabscheider mit einem Kostenaufwand von über 10 Millionen Schilling eingebaut. Die Ascheabscheidung beträgt derzeit 96%...“187

Mit dieser Stellungnahme gab sich die Behörde zufrieden. Das Kraftwerk musste allerdings nie Emissionsmessungen für die Feststellung der Einhaltung der Grenzwerte durchführen. Des Weiteren wurden auch seitens der Behörde keine Immissionsmessungen in der Kraftwerksumgebung durchgeführt.188

Erst im Jahre 1969 ergriff die BH infolge einer Beschwerde des unmittelbar in der Nähe liegenden Landeskrankenhaus Voitsberg vom 14. November 1969 hinsichtlich der ständigen Verschmutzung des Spitalsgeländes durch Rußablagerungen die Initiative und führte Befragungen in den Gemeinden Rosental und Bärnbach durch. In beiden Gemeinden gaben die Bewohner an, dass sie sich durch die Abgas-, Rauch- und Flugascheentwicklung belästigt fühlten.189

Am 29. Oktober 1970 wurde in einem Schreiben der BH Voitsberg die ÖDK mit Messungen über die ausgeworfene Flugaschenmenge bei Volllastbetrieb beauftragt. Jedoch bereits am 13. November 1970 fanden sich die Vertreter der ÖDK bei der BH Voitsberg ein und verkündeten, dass sie die Messungen nicht durchführen würden.

187 FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 94. 188 Ebd. 189 Vgl. Ebd. S. 95. - 97 - Überschreitungen konnten ohnehin festgestellt werden, denn der im Jahre 1955 eingebaute Filter entsprach nicht den Erwartungen, die vorgeschriebene Flugaschenmenge von 950 kg pro Stunde einzuhalten.190

„Bei einer am 18.12.1970 vor Ort, mit Vertretern der Ämter und der ÖDK durchgeführten Verhandlung, legte sich die ÖDK weiterhin quer und stellte fest, dass der Ascheausstoß 1.461 kg pro Stunde beträgt (bei einem mittleren Heizwert der Kohle von 2.546 kcal/kg und einem Aschegehalt von 22,7%), dass bei einer Umfrage in Voitsberg – die übrigens nie durchgeführt wurde – keine Klagen wegen der Umweltbelästigung laut geworden wären, und dass der Einbau moderner Filteranlagen für alle fünf Kessel aus statischen, räumlichen und wirtschaftlichen Gründen unmöglich sei. Weiters wurde von den ÖDK-Vertretern der Kohleliefervertrag, der die Abnahme von jährlich 700.000 Tonnen Feinkohle bis zum Jahre 1986 aus den Bergbauen der GKB vorsieht, ins Spiel gebracht und die personellen Auswirkungen auf die Betriebe der GKB und ÖDK durch eine Stilllegung des Kraftwerkes wurden ebenfalls veranschaulicht.“191

In der Zwischenzeit war das Thema immer mehr in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt und es kam zur Bildung von Umweltschutzgruppen, die den Einbau einer Filteranlage forderten und sich somit aktiv für eine Verbesserung der Umweltsituation einsetzten. Durch Zeitungsartikel und Leserbriefe wurde vehement versucht, Druck gegen die ÖDK zu machen. Schließlich konnte auch die Politik nicht mehr tatenlos zusehen und schaltete sich ein, um eine Entspannung der sich immer mehr zuspitzenden Lage herbeizuführen. Mitte des Jahres 1971 lenkte die ÖDK ein und äußerte den Vorschlag, in Voitsberg II eine Filteranlage mit einem Entstaubungsgrad von 99 Prozent zu installieren. Diese neue Filteranlage mit einem Kostenaufwand von 35 Millionen Schilling und einem Wirkungsgrad von 99,73 Prozent wurde Mitte des Jahres 1973 fertig gestellt und somit die erste Umweltschutzmaßnahme durchgeführt. Durch diesen Schritt konnte die Staubbelastung in der Gegend drastisch gesenkt werden und trug maßgeblich zum Wohl der Bevölkerung bei.192

190 Vgl. Ebd. 191 FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 95 f. 192 Vgl. Ebd. S. 96. - 98 - Jahresstromerzeugung des Standortes Voitsberg 1956-1982

Die nachfolgende Tabelle zeigt einen Überblick der Jahresstromerzeugung in GWh des Standortes Voitsberg von 1956 bis 1982:

776 794 800 759 743 743 712 706 700 628 594 591 531 600 529 517 507 512 508 488 460 459 500 453 397 363 400 355 323 309 275

300 243 GWh 200 100 0 1956 1959 1962 1965 1968 1971 1974 1977 1980

Abbildung 16: Jahresstromerzeugung Voitsberg I 1956 bis 1982

Quelle: FRAISSLER, Voitsberg, S. 43.

Wurden in der Vorkriegszeit hauptsächlich die Wasserkraft und die Kohle zur Energiegewinnung eingesetzt, traten nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem sehr starken Wachstum die Energieformen Erdöl und Ergas in Erscheinung.

Nachdem die Steigerung des Stromabsatzes anhielt, plante man Anfang der sechziger Jahre die nächste Erweiterung der bestehenden Anlagen Voitsberg I und II. Jedoch aufgrund der billigen Ölimporte konnten die kohlegefeuerten Kraftwerke nicht mithalten und die Planung wurde wieder aufgegeben. Erst nach einer zehnjährigen Pause und infolge des ersten Ölschocks und der daraus resultierenden extrem hohen Preissprünge und der Bewusstseinsbildung für heimische Energieträger, begann man 1973 neuerlich den Ausbau der Kraftwerksanlagen in Voitsberg zu forcieren. Durch moderne Abbaumethoden fiel immer mehr Feinkohle an, die im Hausbrand und in der Industrie nicht verwertbar war.

- 99 -

Abbildung 17: Entwicklung des Ölpreises 1960 bis 2008

Quelle: Blog.de: Entwicklung Rohölpreis, http://bohnenzaehler.blog.de/2007/09/20/89_roholpreis~3014379/, Oktober 2010.

Auf dem internationalen Ölmarkt kam es in den Jahren 1973/74 und 1979/81 zu extrem hohen Preisschwankungen, welche in den Industriestaaten große Anpassungsprobleme zur Folge hatten. Für den Energiesektor bedeutete dies ein Umdenken und eine Trendwende. Ziel war es, vom dominierenden Energieträger Erdöl so rasch wie möglich auf einen anderen überzugehen.

Im August 1973 kam es zu einem Treffen der ÖDK- und GKB-Vertetern im weststeirischen Kohlerevier infolge eines Besuches des damaligen Handelsministers Dr. Staribacher, bei dem die Zukunft des Bergbaues und des Dampfkraftwerkes besprochen wurde. Dr. Staribacher erteile den Auftrag, Prospektionsarbeiten zur Erschließung eines neuen Tagbaues durchzuführen.193

193 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 68. - 100 - Voitsberg III

Abbildung 18: ÖDK Kraftwerk Voitsberg III194

Quelle: Foto Neuherz.

In den Jahren 1975/1976 wurden erneut Bodenuntersuchungen durch die österreichische Gesellschaft Austro-Mineral im weststeirischen Kohlenrevier durchgeführt, aus denen hervorging, dass der Bezirk Voitsberg über ein enormes Braunkohlevorkommen verfügte. Diese Prospektionsarbeiten wurden von der ÖDK und STEWEAG finanziert. Man schätzte ein Volumen von 31 Millionen Tonnen Braunkohle mit einer wirtschaftlichen Lebensdauer von etwa 30 Jahren, die aufgrund eines mittleren Heizwertes nur in Großkraftwerkanlagen wirtschaftlich genutzt werden konnte. Trotz der zahlreichen Schließungen der Kohlegruben im In- und Ausland wegen Unrentabilität verfolgte die ÖDK weiterhin den Gedanken der Nutzung der heimischen Braunkohle. Das geplante Kraftwerk sollte die Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Stromimporten reduzieren und als Ergänzung zur Wasserkraft in den Wintermonaten Strom liefern. Bereits im Jahr 1976 wurde das Projekt Dampfkraftwerk

194 Bild: selbst aufgenommen: Am linken Bildrand befindet sich der 99 Meter hohe Kühlturm des Dampfkraftwerkes Voitsberg III. Gleich daneben befindet sich das Kesselhaus, in dem die Entstickungsanlage eingebaut wurde. Der Elektrofilter befindet sich zwischen dem Kesselhaus und dem 180 m hohen Schornstein. Am rechten Bildrand befindet sich die zweistraßige Rauchgasentschwefelungsanlage. - 101 - Voitsberg III in das koordinierte Ausbauprogramm der VERBUND- und Landesgesellschaften mit der voraussichtlichen Inbetriebnahme im Jahre 1983 aufgenommen und ein Genehmigungsverfahren eingeleitet.195

Als Standortalternative kam auch noch der Ort Gaisfeld, 7 km östlich von Voitsberg, in Betracht, denn man wollte ein Kraftwerk mit 330 MW nicht inmitten eines von rund 30.000 Menschen bewohnten Gebietes errichten. Neben der geringen Bevölkerungsdichte und den größeren Platzreserven waren auch die Kühlwassermengen der Teigitsch und der Gößnitz als Vorteil für den Standort Gaisfeld zu nennen. Jedoch wurde dieser Plan nach näheren Untersuchungen wieder aufgegeben, denn die fehlende Infrastruktur sowie die Probleme beim Transport der Kohle und Lagerung der Asche zeigten überwiegende Nachteile auf.196

Mit dem Ziel der Sicherung der Arbeitsplätze im Dampfkraftwerk und im Kohlebergbau sowie der Gewährleistung der Energieversorgung Österreichs mittels heimischer Stromerzeugung auch in den Wintermonaten, kam der Entschluss von Seiten der Draukraft 1977 zur Errichtung eines weitaus größeren, innovativen Dampfkraftwerkes, Voitsberg III. Mit einer erstaunlichen Leistung 360.000 kW zählte dieses Dampfkraftwerk zu den größten thermischen Anlagen in Österreich. Weiters bezog die Draukraft für den Betrieb des Komplexes wie vertraglich vereinbart eine Million Tonnen Braunkohle jährlich aus der Kohlenmulde Oberdorf (Köflach/Voitsberg), welche sich über ein Areal von zwei km² erstreckte und mehr als 31 Millionen Tonnen Braunkohle beinhaltete. Bei Vollbetrieb wurden bis zu 280.000 kg Kohle in einer Stunde verfeuert.197

195 Vgl. FRÜHBAUER, Erwin: Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 185 ff. 196 Vgl. MÜLLER, Heribert/FUCHS, Josef: Das Projekt Dampfkraftwerk Voitsberg 3, Entwicklung und Ablauf, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 188 ff. 197 Vgl. LASNIK, Braune Gold, S. 235. - 102 - Bewilligungsverfahren

Ein im Laufe der Geschichte immer höher werdendes Umweltbewusstsein in der Bevölkerung sowie die Forderungen, durch Anwendung von modernsten Techniken die Umweltbelastungen auf ein Minimum zu reduzieren, stellten enorme Anforderungen an das Bewilligungsverfahren zum Bau des Dampfkraftwerkes Voitsberg III.

Es galt, eine große Anzahl von Verwaltungsverfahren in Bezug auf Emissionsbegrenzungen nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften sowie Verfahren zur Steiermärkischen Bauordnung, an dem sich auch eine Vielzahl an Nachbarn beteiligten, zu bewältigen.

In der nachfolgenden chronologischen Übersicht werden die wichtigsten Ereignisse im Zuge des Bewilligungsverfahrens zum Bau des Dampfkraftwerkes dargestellt:

- 103 -

03.08.1976 Ansuchen der Österreichischen Draukraftwerke AG bei der Stadtgemeinde Voitsberg um die Erteilung der Widmungsbewilligung 21.09.1976 Abschluss des Widmungsverfahrens durch die Stadtgemeinde Voitsberg. Der ÖDK wurde die Berechtigung des Baus des Werkes erteilt. 30.09.1976 Antrag auf Durchführung des energiewirtschaftlichen Verfahrens gem. § 4 des Energiewirtschaftsgesetzes beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung. 14.12.1976 Durchführung des dampfkesselrechtlichen Genehmigungsverfahrens vor Ort. 13.01.1977 Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung stuft das Bauvorhaben nach örtlichen Erhebungen und mündlichen Verhandlungen unter Beachtung bestimmter Auflagen als bedenkenlos ein. In dem Bescheid wird auf die Forderung einer Rauchgasentschwefelungsanlage verzichtet, da sie nicht als Stand der Technik galt und den Betrieb des Kraftwerkes erschweren würde. Jedoch wurden die Errichtung eines 180 m hohen Schornsteines und die Installation von Elektrofiltern gefordert. 22.12.1978 Die ÖDK AG beantragt bei der Stadtgemeinde Voitsberg die baubehördliche Bewilligung. 26.01.1979 109 Bewohner der unmittelbaren Umgebung erheben Anspruch auf Parteienstellung. Sie fordern eine Erhöhung des Schornsteines, Ableitung der Abgase von Voitsberg I und II über den Schornstein von Voitsberg III, zusätzlich wurde eine Entschwefelungsanlage gefordert. 19.01.1979 Kundmachung im Amtsblatt für Steiermark und in der Grazer Zeitung zur örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung am 29.01.1979. 03.04.1979 Schreiben der ÖDK an die Gemeinde Voitsberg mit der Erklärung, eine Entschwefelungsanlage errichten zu wollen, wenn diese dem Stand der Technik entspricht. 17.04.1979 Bescheid der Gemeinde Voitsberg über die Baubewilligung für Voitsberg III unter Beifügung von 74 Auflagen, die jedoch nicht die Errichtung einer Filteranlage betreffen, und nur dann vorgesehen ist, wenn dies die Umweltsituation erfordert und die wirtschaftliche

- 104 - Möglichkeit gegeben ist. Der Umweltschutzverein „Schützt den Bezirk Voitsberg“ stellt den Antrag, die Baubewilligung nur unter Vorschreibung einer Entschwefelungsanlage zu erteilen. 18.07.1979 Einholung eines zusätzlichen Gutachtens bei Univ. Prof. Dr. Kopp zur Absicherung der Baubewilligungsentscheidung. 15.10.1979 Auch die nächste Instanz, die Rechtsabteilung III des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, weist den Antrag des Umweltschutzvereines ab, womit diesem nur mehr eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde übrig bleibt. Nov. 1979 Die Beschwerde gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wird beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. 19.06.1980 Aufhebung des Bescheides der Steiermärkischen Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung, dass die Nachbarn bereits im Widmungsverfahren persönlich zu laden gewesen wären und dadurch in ihren Rechten übergangen wurden. 04.11.1980 Die Baubewilligung wird aufgehoben und auch der Baubewilligungs- bescheid der Gemeinde Voitsberg für nichtig erklärt. Da der Kraftwerksbau zu diesem Zeitpunkt voll im Gange ist, ergeben sich somit große Probleme für die ÖDK und somit müssen diese Arbeiten eingeschränkt werden und sogar ein Baustopp wird infolge der Rechtsunsicherheit in Erwägung gezogen. 10.12.1980 Nach Entwicklung eines Stufenplanes zur Errichtung einer Rachgasanlage verpflichtet sich die ÖDK, im Rahmen eines Feststellungsbescheides diese in das Werk einzubauen. Die Umweltschützer sind mit dieser Lösung zufrieden und ziehen die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid zurück. 01.03.1983 Die Stadtgemeinde Voitsberg erteilt die Benützungsbewilligung für das Dampfkraftwerk Voitsberg III und somit ist die ÖDK berechtigt, das Kraftwerk am 15.3.1983 in Betrieb zu nehmen. Tabelle 13: Bewilligungsverfahren für das Dampfkraftwerk Voitsberg III

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg.

- 105 - Ausschlaggebend für die Errichtung war die unmittelbare Nähe des Bergbaues, der die Versorgung mit Kraftwerkskohle ohne großen Transportaufwand ermöglichte. Die durch moderne Abbaumethoden gewonnene Feinkohle konnte aber nur in Großkesselanlagen umweltschonend verwertet werden. Für die Etablierung eines wichtigen Energiestandortes, war dies von enormer Bedeutung für das weststeirische Kohlerevier und somit Vorbedingung für die Errichtung von Voitsberg III. Für die Anlage Voitsberg III bot sich das Gelände südlich der beiden Kraftwerke Voitsberg I und Voitsberg II an, doch zu allererst mussten das Bachbett der Kainach und die 110-kV-Leitung verlegt werden, um eine Geländevergrößerung zu bewirken und eine optimale Situierung aller Baukörper der Anlage im südlichen Bereich des bestehenden Kraftwerksgeländes zu ermöglichen. Außerdem bewirkte die Verlegung des Flusslaufes eine Vergrößerung des Kohlelagerplatzes sowie die Südbegrenzung des Werksgeländes. Diese Vorarbeiten wurden 1977 abgeschlossen.198

Im Jahre 1977 wurde ein Kohlelieferungsvertrag mit einer jährlichen Fördermenge von rund 1 Mio. Tonnen bis zum Jahre 2008 zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft (GKB) und der ÖDK abgeschlossen, der auch die Ascheablagerung regelte. Die Braunkohle aus Oberdorf hatte einen mittleren Heizwert von 10.500 kJ/kg (2.500 kcal/kg) und konnte somit wirtschaftlich nur über kurze Strecken transportiert werden. Der Kohlentransport erfolgte über ein 1.600 m langes Förderband mit einer Kapazität von 450 t/h und einer Bandgeschwindigkeit von 3,25 m/s aus dem Tagbau Oberdorf direkt in sechs Betonhochbunker oder über ein Abwurfband in den 1,2 Mio. t fassenden Kohlenlagerplatz. Vom Kohlelagerplatz gab es ein weiteres 390 m langes Förderband zurück zum Kesselbunker des Blockes 3.199

Auseinandersetzungen mit Umweltschutzaktivisten und -vereinen führten im Jahre 1980 zu einer vorläufigen Einstellung des Bauvorhabens (Dezember 1980 bis Februar 1981). Die Bauarbeiten konnten erst durch einen Feststellungsbescheid, in dem eine Zweistufenlösung für eine Rauchgasentschwefelung vereinbart wurde, fortgesetzt werden.200

Die Bestellungen des Turbosatzes und des Dampferzeugers erfolgten in den Jahren 1979/1980. Die Hauptbauarbeiten am Kraftwerksvorhaben begannen im Jänner 1980 mit

198 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 80 f. 199 Vgl. MÜLLER, Voitsberg III, S.187 ff. sowie vgl. LIEGL, Johann: Die schalltechnische Ausführung und schwingungstechnische Überwachung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 213 ff. 200 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 53 f. - 106 - einer Umspundung der Hauptbauwerke. Im Sommer 1980 wurde das Kesseltragegerüst errichtet und im darauf folgenden Herbst die maschinellen Hauptmontagen vorgenommen. Somit konnten die Kesseldruckproben trotz Unterbrechung und Vorverlegung des Inbetriebnahmetermins von Herbst 1983 auf Februar 1983 im Februar/März des Jahres 1982 termingerecht erfolgen. Am 1. Februar 1983 ging der 30tägige Probebetrieb vonstatten, der am 8. März 1983 erfolgreich abgeschlossen wurde.201

Am 1. April 1984 hatte das Dampfkraftwerk Voitsberg III seinen Betrieb als größtes Braunkohlekraftwerk Österreichs aufgenommen. In der Zeitspanne von April 1983 bis April 1984 wurde das Kraftwerk bereits mit 4.250 Volllaststunden eingesetzt und erzeugte 1.406 GWh. Durch die Verwendung der Braunkohle aus dem weststeirischen Kohlerevier wurde die steigende Importabhängigkeit gedämpft und 500 Arbeitsplätze erhalten. Jährlich wurden 1 Mio. t Kohle verfeuert und dadurch Erdölimporte im Ausmaß von 1 Mrd. S/a eingespart und ein wesentlicher Beitrag zur Winterbedarfsbedeckung, hervorgerufen durch die geringe Erzeugung der Wasserkraftwerke, die in den Wintermonaten nur 50-60 Prozent des Bedarfs deckten, erzielt. Durch das innovative neue Kraftwerk wurde die Primärenergie Kohle besser ausgenutzt, denn im Vergleich verbrauchte Voitsberg III um 40 Prozent weniger Brennstoff als die Anlage Voitsberg I.202

In den Jahren 1986 und 1987 stand das Dampfkraftwerk Voitsberg bereits voll im Einsatz und verkörperte die erste Großfeuerungsanlage auf Braunkohlebasis in Europa mit 90 Prozent Entschwefelungsgrad. Die Kosten beliefen sich auf 1,2 Mrd. Schilling und nur österreichische Firmen wurden mit dem Bau der Anlage beauftragt.203

Die erzeugte Energie des Dampfkraftwerkes wurde über eine 110-kV-Doppelleitung der STEWAG in den Grazer Raum eingespeist. Durch den großen Energiebedarf im steirischen Stromnetz musste die erzeugte Energie aus dem 375-MVA-Maschinensatz in das Landesnetz der STEWEAG über eine 800 m lange Stichleitung in das Umspannwerk Bärnbach eingespeist werden. An diese Schaltanlage waren die beiden Doppelleitungen nach Hessenberg und Arnstein und die Dreibeinleitung nach Graz-Nord-Zwaring angeschlossen.

201 Vgl. FUCHS, Josef: Die Gesamtplanung und Auslegung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 190. 202 Vgl. BLASSNIG, Wilfried: Die Energiesituation und der kalorische Kraftwerksbau am Beispiel des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 298. 203 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 81. - 107 - Dies erforderte zahlreiche Lastflussberechnungen und Stabilitätsuntersuchungen in Kooperation mit VERBUND und STEWEAG sowie eine Netzverstärkung, einen Umbau der Netzschutzeinrichtungen und den Austausch der Schaltgeräte.204

Mit der Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg III inklusive der ersten Stufe der Rauchgasentschwefelung als Nassverfahren wurde Voitsberg I stillgelegt, Voitsberg II übernahm weiterhin eine Reservefunktion.

204 Vgl. FUCHS, Voitsberg III, S. 190, sowie vgl. RAINER, Horst: Die elektrischen Anlagen des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 219 sowie vgl. URABL, Erich/FICKERT, Lothar: Der 110-kV- Leitungsschutz des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 249. - 108 - Bauplan

Dez 1976 Baureife-Erklärung des Projektes 8. Juli 1977 Baubeschluss durch den Aufsichtsrat der ÖDK AG 1978-1980 Errichtung des Betriebsgebäudes und Zufahrt zum Betriebsgelände von der Packer Bundesstraße, Verlegung des Bachbettes der Kainach 1979 Errichtung eines Aschebandkanals mit Unterquerung der Packer Bundesstraße, Aufschüttung des gesamten Areals für die Hochwassersicherheit, Errichtung der Wohnlagerunterkünfte, Küchengebäude, Speisesaal und Kantine 1.1.1980 Baubeginn Hauptbauwerk 1.7.1980 Freigabe der Kesselhausfundierung für die Montage Kesseltragegerüst 1.9.1980 Freigabe des Verkehrsturms für die Montage der Stahlkonstruktion der Kesselhaus-Einhausung 31.10.1980 Freigabe des Mittelbaues für die Auflagerung der Kesselhausbühnen- konstruktion 31.1.1981 Freigabe der Schrägbandfundamente für die Montage der Schrägbandbrücke (Bekohlung) 1.4.1981 Freigabe der E-Filterfundamentplatte für die Filtermontage 1.8.1981 Freigabe der Kranbahn für die Montage des Maschinenkranhauses 1.9.1981 Freigabe des Schalthauses für die Montage der steuerungstechnischen Anlage mit Schaltwarte 1.9.1981 Freigabe des Schornsteins für die Rauchrohrmontage 1.10.1981 Freigabe des Maschinenhauses für die Montage der Turbine 1.2.1982 Freigabe des Kühlturmes für den kühltechnischen Einbau Fertigstellung der Vollentsalzungsanlage und Neutralisationsanlage 28.5.1982 Inbetriebnahme der Eigenbedarfsanlage 30.6.1982 Inbetriebnahme des Meldesystems des Prozessrechners Juni/Juli 1982 Inbetriebnahme des 110-kV-Leitungsschutz Inbetriebnahme des 110-kV-Sammelschienenschutz 2.7.1982 Inbetriebnahme der Telefon-Nebenstellenanlage 22.7.1982 Kiesfiltereinbau 26.7.1982 Implementierung der Nebenkühlwassersysteme 27.7.1982 Einbau der Deionatpumpen

- 109 - 29.7.1982 Speisewasserbehälter Druckprobe 2.8.1982 Hauptkühlwasserpumpen 11.8.1982 Speisepumpe 1 13.8.1982 Speisepumpe 2 18.8.1982 Speisepumpe 3 23.8.1982 HD-Rohrleitungen Druckprobe 30.8.1982 Saugzugventilatoren und Kaltglasgebläse 31.8.1982 Frischluftgebläse 1.9.1982 Kühlturm, Kondensreinigungsanlage 2.9.1982 HD-Vorwärmer Druckprobe 3.9.1982 Luvo, Druckluftversorgung 14.9.1982 Zündung des ersten Ölrenners (1. Kesselzünden) 20.27.9.1982 Beheizung des Kessels und der HD-Rohrleitungen mit 1%iger Folsäure 14.10.1982 Inbetriebnahme Turbosatz Ende Oktober Inbetriebnahme der unabhängigen Stromversorgungsanlage 26.11.1982 Hochfahren der 110-kV-Leitung 27.11.1982 Inbetriebnahme der EB-Umschaltautomatik 29.11.1982 Füllen des Generators mit Wasserstoff 30.11.1982 Erster Dampf zur Turbine 1.12.1982 Nenndrehzahl 3.000 min-1 erreicht 14.12.1982 Nennlast 339 MW erreicht 15.12.1982 Zuschalten der HD-Vorwärmer 1.2.1983 Beginn des 30tägigen Probebetriebes und Abgabe von Fernwärme an die STEWEAG Frühjahr 1983 Inbetriebnahme des Kraftwerkes Frühjahr 1984 Beginn mit dem Bauarbeiten der REA 2 1986 Fertigstellung der Rauchgas- und Entschwefelungsanlage Tabelle 14: Bauabschnitte Dampfkraftwerk Voitsberg III

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur STADLER, Architektur, S. 372 sowie ÖZE Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft: Dampfkraftwerk Voitsberg III.

- 110 - Mit der Bausausführung waren insgesamt 56 verschiedene Firmen beauftragt. Der Belegschaftsstand einschließlich der Firmen betrug rund 290 Mann. Bedingt durch die kurze Bauzeit war der Einsatz von Spezialgeräten erforderlich. Die gesamte Bau- und Montageüberwachung erfolgte durch den TÜV Wien.205

205 Vgl. FEISCHL, Voitsberg III, S. 280. - 111 - Kohlelieferungsvertrag

Aus der Zusammenarbeit der GKB mit der Montanistischen Hochschule in Leoben ging ein Gutachten mit einem bestätigten Förderplan von 1,25 Millionen Tonnen Braunkohle jährlich hervor. Die Eröffnung des Tagebaues in Oberdorf war nur in Zusammenhang mit der Errichtung des Kraftwerkes von Bedeutung. Denn für den Bergbau war in Anbetracht der Investitionen nur eine gesicherte Abnahme von 1 Millionen Tonnen Kohle wirtschaftlich rentabel. Weiters war infolge des Heizwertes der Kohle von 10.500 kJ/kg und Schwankungen von bis zu 20 Prozent eine relativ kurze Transportstrecke der Kohle sinnvoll. Für den kapitalintensiven Bau eines Dampfkraftwerkes war die Sicherstellung der Brennstoffversorgung von mindestens 25 Jahren relevant. Auf Grundlage dieser gegenseitigen Abhängigkeit musste ein Kohlelieferungsvertrag aufgesetzt werden.206

Ein Kohlelieferungsvertrag mit einer Liefer- und Abnahmeverpflichtung von 1 Mio. Tonnen Kraftwerkskohle wurde am 20. Juli 1977 zwischen der GKB und ÖDK unterzeichnet. Die Geltungsdauer des Vertrages erstreckte sich über den Zeitraum 1. Jänner 1983 bis 31. Dezember 2008 und schloss unmittelbar an den bestehenden Kohlelieferungsvertrag aus dem Jahre 1955 an. Etwaige Preisanpassungen infolge der zukünftigen Kostenentwicklung im Tagbau und Energiemarkt mussten beim Vertragsabschluss berücksichtigt werden, was wiederum die Verhandlungsbasis erschwerte.207

Die Qualität der Braunkohle wurde vertraglich festgelegt und durfte sich nur in gewissen Bandbreiten bewegen, ansonsten musste mit finanziellen Abzügen208 gerechnet werden. Die Vertragskohle wies folgende Charakteristiken auf:209

206 Vgl. MOSER, Johann/SMOLAK, Anton: Die Brennstoffversorgung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 300. 207 Vgl. Ebd. S. 300 ff. 208 Aufgrund der Nichteinhaltung des Heizwertes der gelieferten Kohle im Jahre 1994 wurden von der ÖDK um 21 Millionen Schilling weniger als ursprünglich vereinbart bezahlt. Quelle: FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 69. 209 Vgl. MOSER, Voitsberg III. S. 301. - 112 -

Körnung 0-30 mm, mit 15% Überkornteil bis max. 40 mm Heizwert 10.490 kJ/kg Wassergehalt 35% Aschegehalt 31% Gehalt an Verbrennungsschwefel 0,7% Tabelle 15: Qualität der Vertragskohle

Quelle: MOSER, Voitsberg III, S. 301.

Um die Qualität der Probe laufend überprüfen zu können, wurden anhand von Halbmonatsproben die oben genannten Eigenschaften kontrolliert. Weiters erfolgte die Kohlelieferung mittels einem Förderband mit einer Leistung von 450 t/h in den Monaten Jänner, Februar, November, Dezember mit jeweils 120.000 t Fördermenge und in den Monaten März bis Oktober mit 65.000 t Fördermenge. Die Kohle gelangte bei Kraftwerksbetrieb direkt in die Bunker der Kohlenmühlen, des Weiteren diente für die nicht benötigte Kohle ein Lagerplatz mit einer Kapazität von 1.1 Millionen Tonnen (entspricht einem 4.000-stündigen Volllasteinsatz von Voitsberg III) für den Überjahresausgleich. Denn vor allem in den Wintermonaten war dieser in einer von Wasserkraft dominierten Elektrizitätsversorgung von großer Bedeutung. In Zuge dessen erfolgte die Ascheablagerung im ausgekohlten Karlschacht 2.210

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kohlelieferungsverträge mit der Graz-Köflacher Eisenbahn und Bergbau-Gesellschaft (GKB) Mitte der Fünfziger Jahre betrug der Preis für Heizöl in Österreich etwa das Doppelte des Preises für inländische Braunkohle. Somit schien nicht nur die Brennstoffversorgung des Kraftwerkes sondern auch die Abnahme der Abfallkohle für lange Zeit gesichert.211

Jedoch sorgte der Kohlelieferungsvertrag im Laufe seines Bestehens ständig für Auseinandersetzungen der beiden Parteien. Bereits im Jahre 1985, nur zwei Jahre nach Inkrafttreten des Lieferungsvertrages, vertrat die GKB die Meinung, dass die Kohle von der ÖDK zu einem zu niedrigen Preis212 bezogen wurde und dies immense Verluste für die GKB

210 Vgl. MOSER, Voitsberg III, S. 301. 211 Vgl. BELSAK, ÖDK, S. 120. 212 Der Preis lag um 30% niedriger als dem von der Paritätischen Kommission genehmigten Niveau. (Quelle: Kleine Zeitung: 9.4.1987, S. 21). - 113 - sowie Arbeitsplatzabbau bedeutete. Die ÖDK berief sich jedoch immer wieder auf das Abkommen und die Verhandlungen blieben erfolglos. Die Konsequenzen daraus waren drastische Sparmaßnahmen und Reduzierung des Mitarbeiterstandes von 1600 auf 600.213

Durch das Vordringen von Heizöl und Erdgas in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre, musste die Österreichische Draukraftwerke AG ihre abgeschlossenen Kohlelieferungsverträge einhalten und riesige Mengen Kohle auf Lager legen (rund 1.200.000 Tonnen). Die Folge daraus war die Anschaffung von neuen Lagerhalden, Zinsverlusten und Substanzverlusten durch die Lagerung der Kohle. Somit wurde dem weststeirischen Bergbau die kontinuierliche Kohlenabnahme gesichert und er dadurch vor wirtschaftlichen Schaden bewahrt.214

Im Jahr 1994 forderte die ÖDK eine Verringerung der vertraglich festgelegten Kohleabnahmeverpflichtung um 40 Prozent auf 600.000 Tonnen pro Jahr sowie eine Verlängerung des Vertrages bis zum Jahr 2017, da auf den Kohlelagern riesige Vorratsmengen lagerten und auch der Preis für Braunkohle 30 Prozent über dem der importierten Steinkohle lag. Im Jahre 1995 lagen auf den Kohlehalden Vorräte, um das Kraftwerk fünf Jahre im Normalbetrieb betreiben zu können. Dieser Kohleüberschuss resultierte aus den milden Wintern der Vorjahre und der dadurch niedrigen Zahl an Betriebsstunden in den Jahren 1992-1995. Jedoch fehlte von Seiten der GKB die Bereitschaft über eine Vertragsanpassung zu verhandeln, da weitere 200 Bergbauarbeiter gekündigt werden mussten. Die GKB bot lediglich der Verbundgesellschaft an, 51 Prozent der GKB zu einem Preis von 400 Millionen S zu erwerben, um in die bestehenden Verträge eingreifen zu können, dies wurde aber vom VERBUND abgelehnt.215

Somit war die ÖDK weiterhin gezwungen, 1 Million Tonnen Braunkohle jährlich abzunehmen und weitere Lagerplätze zu errichten.

„Würde man rein wirtschaftliche Kriterien für die Stromerzeugung heranziehen, dürfte das Kraftwerk Voitsberg III nicht ans Netz gehen, da die Stromerzeugungskosten mit ca. 120 Groschen pro Kilowattstunde um ein Vielfaches höher sind als zum Beispiel importierter Atomstrom, der bereits mit 30 Groschen pro Kilowattstunde produziert werden kann. Die ÖDK zahlt für 1 Million Tonnen Braunkohle jährlich den Betrag von 530 Millionen Schilling.

213 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 71. 214 Vgl. BELSAK, ÖDK, S. 118. 215 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 72. - 114 - Zum Vergleich kostet auf dem Weltmarkt 1 Million Tonnen Steinkohle, die einen besseren Heizwert aufweist, ca. 300 Millionen Schilling. Aus diesem Grund liegen allein die Primärengergiekosten für die erzeugte Kilowattstunde bei ca. 50 Groschen.“216

In der Zeitspanne 1938 bis 2005 lieferte die GKB über 40 Mio. Tonnen Kraftwerkskohle aus dem weststeirischen Revier an die Österreichische Draukraftwerke AG für die Dampfkraftwerke Voitsberg I-III. 19,6 Mio. t wurden auf Basis des Kohlelieferungsvertrages für das Dampfkraftwerk III produziert.217

216 FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, Interview mit Herrn Kirisits, S. 73. 217 Vgl. LANDSMANN, Helmuth: Vergleichmäßigung von Kraftwerkskohle bei der GKB-Bergbau GmbH, in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, Heft Nr. 6, Volume 152, Wien 2007, S. 186.

- 115 - Lageplan Voitsberg III

Abbildung 19: Lageplan Voitsberg III

Quelle: FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg.

- 116 - Steckbrief Voitsberg III

Anlagenbeschreibung Braunkohlekraftwerk mit Entstickungs- und Entschwefelungsanlage Entwurf Rudolf Nitsch Ausführung 1977-1983 Inbetriebnahmejahr 1983 Funktionsweise Der im Dampfkessel erzeugte Heißdampf wurde dem Hochdruckteil und nach neuerlicher Überhitzung dem Mitteldruck- und anschließend dem Niederdruckteil der Turbine zugeführt. Elektrische Engpassleistung 330 MW Generatorleistung 375 MVA Fernwärmeauskopplung 37 MW th Dampfauskopplung 10 MW th Abgaswärmetauscher Brennstoff Regelbrennstoff: Braunkohle Anfahrbrennstoff: Heizöl-schwer Brennstoffvorrat Braunkohle aus dem Revier Oberdorf El. Nettowirkungsgrad 38,1% Schornstein Betonschornstein mit einem Stahlinnenrohr Stahlrohrdurchmesser 5,5 m Schornsteinanzahl 1 Schornsteinhöhe 180 m Fußdurchmesser 21,8 m Kronendurchmesser 10,2 m Wandstärke 30 cm Abfälle aus dem Betrieb Asche, Schlacke, Entschwefelungsprodukt (Gips) Abfallmengen Asche und Schlacke ca. 60 t/h Gips ca. 9,5 t/h Verwertung Asche und Schlacke wurden für die Rückverfüllung des Tagbaues genutzt, Gips aus der Entschwefelungsanlage wurde an die Zementindustrie verkauft. Umweltmesssysteme Messung der Kraftwerksemissionen. Laufende Überwachung der Luftgüte durch stationäre und mobile

- 117 - Immissionsmessstationen für Schwefeldioxid, Stickoxid, Ozon und Staub für meteorologische Daten. Besonderheiten Lieferung von Fernwärme an das von der STEWAG betriebene Fernwärmenetz durch Auskopplung von Wärme aus dem Rauchgas vor der Entschwefelungsanlage bzw. durch Auskopplung von Dampf aus der Turbine. Dampferzeuger Zwangsdurchlaufkessel (Sulzer) Frischdampfmenge 890 t/h Frischdampftemperatur 535 °C Frischdampfdruck 184 bar Speisewassereintrittstemperatur 253 °C Kesselmindestlast 55% Kesselwirkungsgrad (Kohle) 90,0% Heizflächengröße 44.746 m² Gesamtrohrlänge 383.000 m Feuerungsart Tangentialfeuerung Kohlestaubfeuerung (6 Schlagradmühlen) Ölfeuerung Anzahl der Brenner 6 Heizwert der Kohle 8.400-12.600 kJ/kg Kohleverbrauch 283 t/h Kohlezuteilung Förderbandanlagen, Hochbunker, Trogkettenförderer (Redler) Schlackeabzug Nassentschlacker Maschinenhaus Der im Maschinenhaus befindliche Maschinensatz besteht aus einem Hochdruck-, einem Mitteldruck-, einem zweiflutigen Niederdruckteil und einem mit Wasserstoff gekühlten Generator. Sämtliche Teile sind an einen gemeinsamen Wellenstrang gekoppelt. Drehzahl des Turbosatzes 3.000 U/min Turbinenlänge 35,5 m Speisewasserpumpen 3 x 50% Elektroantrieb Art der Kühlung Kühlturm

- 118 - Kühlwasserentnahme Wehranlagen bei Kainach- und Gradenbach Kühlung Rückkühlung in einem 99 m hohen Beton-Naturzug- Kühlturm Gesamte Kühlwassermenge 25.000 m³/h (Kreislaufführung über Kühlturm) Kühlwasserbedarf 720 m³/h (Entnahme aus der Kainach) Prozesswasserbehandlung Neutralisation Abwassermenge 0,3 m³/h Salzfracht 3,1 kg/h Prozesswasserabgabe Kainach/Kläranlage Rauchgasreinigung Entschwefelungsanlage Entstaubungsanlage Entstickungsanlage

Raugasmenge 1.100.000 Nm³/htr Entschwefelungsanlage 1. Stufe: Kalkadditivverfahren (Wirkungsgrad < 50%). 2. Stufe: Nassentschwefelung Ein Gemisch aus Kalksteinmehl und Wasser wird als Kühlmittel und Absorbens verwendet Inbetriebnahme 1983: 1. Stufe 1986: 2. Stufe Rauchgasaustrittstemperatur 80 °C

Rohgaskonzentration – SO2 3.000-4.500 mg/Nm³ Schwefelabscheidegrad > 90% (Vorschreibung)

Schwefeldioxidemission Gemessene Emission: 230-320 mg/Nm³tr

(als HMW, bei 6% O2) Grenzwert: 400 mg/Nm³tr Fracht: 1.005 t/a Spezifische Fracht: 0,84 g/kWh Bedarf Kalksteinmehl 8,6 t/h Kalkvorratssilo 2 x 2.000 m³ (~ 2 x 2.000 t) Kalktagessilo 69 m³ (~ 69 t) Abwasser Die Rauchgasentschwefelung im KW Voitsberg III arbeitet abwasserfrei Entstaubungsanlage Elektrofilter

- 119 - Inbetriebnahme 1983 Rohgaskonzentration – Staub 50-100 g/Nm³

Staubemission Gemessene Emission: 10-30 mg/Nm³tr

(als HMW, bei 6% O2) Grenzwert: 50 mg/Nm³tr Fracht: 35 t/a Spezifische Fracht: 0,04 g/kWh Stickoxidreduktion Die SCR-Anlage (selektive katalytische Reduktion) wurde 1990 in Betrieb genommen. Katalysatoren Keramische Waben- und Plattenkatalysatoren; 3 Lagen 126 Module je Lage Katalysatorvolumen 202 m³, ca. 200 t je Lage Ammoniakwasserverbrauch 59 kg/h (mit einer Lage) Ammoniakwasserlagerung Lagertank mit 200 m³ Inhalt Inbetriebnahme 1990 SCR-Anlage 1998 Feuerungsumbau und Primärmaßnahmen

Rohgaskonzentration – NOx > 800 mg/Nm³tr bezogen auf 6% O2 (ohne Primärmaßnahmen)

Stickoxidemission Gemessene Emission: 150 mg/Nm³tr mit SCR; 180-190

(als HMW, bei 6% O2) mg/Nm³tr mit FTM

Grenzwert: 200 mg/Nm³tr Fracht: 621 t/a Spezifische Fracht: 0,63 g/kWh Erreichte Minderung 80% (SCR); 75% (FTM)

Ammoniakschlupf < 10 mg/Nm³tr bezogen auf 6% O2

CO-Emission Gemessene Emission: 180-195 mg/Nm³tr

(als HMW, bei 6% O2) Grenzwert: 200 mg/Nm³tr Fracht: 621 t/a Spezifische Fracht: 0,67 g/kWh

CO2-Emission Fracht: 1.009.000 t/a Spezifische Fracht: 0,98 kg/kWh Konservierung 13.5.2006

Tabelle 16: Kenndaten Kraftwerk Voitsberg III

Quelle: Tabelle selbst erstellt auf Basis der Literatur BÖHMER, Technik.

- 120 - Betriebsstunden

Das Dampfkraftwerk Voitsberg mit einer elektrischen Engpassleistung von 330 MW wies über die Jahre folgende Betriebsstunden auf:

Jahr Betriebsstunden Jahr Betriebsstunden 1993 944 h 1997 3.475 h 1994 1.566 h 1998 2.458 h 1995 3.994 h 1999 4.745 h 1996 3.198 h 2000 5.140 h Tabelle 17: Betriebsstunden des Dampfkraftwerkes Voitsberg III

Quelle: BÖHMER, Technik, S. 55.

Kosten

Ingesamt betrugen die Gesamtprojektkosten des Dampfkraftwerkes Voitsberg III einschließlich der Rauchgasentschwefelungsanlage 3.311 Millionen Schilling (240.625.000 €). Davon entfielen:218

Auf den Grunderwerb: 10,6 Mio. S 0,7 Mio. € 0,3% Bauliche Anlagen: 672,6 Mio. S 48.9Mio. € 20,3% Maschinelle Anlagen: 2.137,3 Mio. S 155.3 Mio. € 64,8% Elektrische Anlagen: 491,1 Mio. S 35.7 Mio. € 14,8% Gesamtkosten 3.311,6 Mio. S 240.6 Mio. € 100,0%

218 Vgl. LASSNIG, Peter/OGRIS, Heinz: Aus dem kaufmännischen Geschehen während der Kraftwerkserrichtung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 302. - 121 - Finanzierung

Im Zusammenhang mit der Errichtung des Dampfkraftwerkes Voitsberg III wurde von den Aktionären eine Aktienkapitalbeistellung von 558 Millionen Schilling beschlossen, welche bis Ende des Jahres 1984 einbezahlt wurde. In Form von Baukostenzuschüssen hatten sich ebenfalls die Landesgesellschaften KELAG (15 Prozent), STEWEAG (10 Prozent) und TIWAG (5 Prozent) beteiligt, um im Gegenzug einen Anteil der erzeugten Energie zu erhalten. Die Landesgesellschaften hatten dadurch die Möglichkeit, die Kostenvorteile der modernen Großanlage zu nützen und Strom im Umfang ihrer Beteiligung zu beziehen.219

Die Gesamtfinanzierung des Kraftwerkes stellte sich wie folgt dar:220

EIGENMITTEL 27,0 Mio. € FREMDMITEL Energieanleihen 52,0 Mio. € Sfr-Anleihen 58,6 Mio. € ERP-Kredite 10,1 Mio. € In- und Auslandskredite 33,3 Mio. € Baukostenbeiträge EVU 59,6 Mio. € 213,6 Mio. €

240,6 Mio. €

219 Vgl. HAUTZENBERGER, Hans/KLINGER, Franz: Das Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 187. 220 LASSNIG, Voitsberg III, S. 303. - 122 - Investitionskosten der Rauchgasreinigungsanlage des Dampfkraftwerkes Voitsberg III

Die gesamten Investitionskosten der Rauchgasreinigungsanlage betrugen 126,2 Mio. € und teilten sich wie folgt auf die einzelnen Anlagenkomponenten auf:

Maßnahme Investition (Mill. €) Elektrofilter 10,9 Kalkadditivverfahren 7,6 Nasse Rauchgasentschwefelung 80,7 SCR-Anlage 18,2 Feuerungstechnische Maßnahmen 4,9 Wärmetauscher im Rauchgaskanal 3,9 SUMME 126,2 Tabelle 18: Investitionskosten des Dampfkraftwerkes Voitsberg III

Quelle: BÖHMER, Technik, S. 190.

- 123 - Architektur

Bei der Planung der neuen Werksanlage fiel das Hauptaugenmerk auf die Integration der Anlage in das Landschaftsbild. Umwelt und Bauwerk sollten miteinander harmonieren. Zumal mussten die beiden Altanlagen Voitsberg I und Voitsberg II in das Entwurfskonzept miteinbezogen werden.

Das Voitsberger-Köflacher Becken liegt in einer Tallandschaft am Fuße der Glein- und Stubalpe. Der Flusslauf der Kainach untermalt mit seiner Flussrichtung das Landschaftsbild. Das langgestreckte Gebiet Bärnbach-Voitsberg weist Seehöhen zwischen 500 und 800 Meter auf. Der westliche Teil (Köflach) schließt an die Stubalpe mit Gipfel- und Kammlagen von 1500-2000 m an. Die unmittelbare Umgebung des Kraftwerkes ist durch den Ortskern von Voitsberg und die Stadterweiterungen geprägt.221

„Die neue Kraftwerksanlage, die mit ihrem bedeutenden Bauwerksvolumen in ihren Einzelelementen und ihrer Gesamtheit nicht nur die Dimension der bestehenden Anlagen weit überragt, sondern für das Stadtbild Voitsberg wie für die umgebende Landschaft neue bestimmende Akzente schafft., erfordert ein sorgfältiges Entfalten und Einordnen ihrer Bauwerksstrukturen und -größen in die städtebaulichen und landschaftlichen Gegebenheiten.“222

Die Werksanlagen des Dampfkraftwerkes Voitsberg III befinden sich südlich der bestehenden Kraftwerke Voitsberg I und II. Im Kern der Anlage befinden sich der Kesselblock und das Maschinenhaus. Südlich davon befinden sich der Kühlturm, östlich die Kohlebunker sowie der Kohlelagerplatz. Während der Bauphase waren 14 Turmdrehkräne im Einsatz. Die Kraftwerksanlage wurde von Rudolf Nitsch in Abstimmung auf Landschaft und vorhandene Baustruktur gestaltet.223

221 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 28. 222 NITSCH, Rudolf: Das Gestaltungskonzept und die Disposition des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 269. 223 Vgl. STADLER, Architektur, S. 372. - 124 -

Abbildung 20: Dampfkraftwerk Voitsberg III im Längsschnitt

Quelle: BÖHMER, Technik, S. 54.

- 125 - Anlagenbereiche im Dampfkraftwerk Voitsberg III

Abbildung 21: Anlagenbereiche im Dampfkraftwerk Voitsberg III

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 18.

01 Bekohlung BEK 09 Elektrische Anlagen EAN 02 Kesselhaus KES 10 Lagerstätten LAG 03 Maschinenhaus MAS 11 Werkstätten WST 04 Entstickung NOX 12 Labor LAB 05 Entaschung ASH 13 Büro BUR 06 Rauchgasentschwefelung REA 14 Brunnen BRU 07 Kühlkreislauf KKL 15 Grundstücksbewirtschaftung GSB 08 Speisewasser-, SPW 16 Altanlagen ALA Kondensataufbereitung Tabelle 19: Anlagenbereich im Dampfkraftwerk Voitsberg III

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 18.

Das Gelände verfügte über einen Kohlelagerplatz mit einem Fassungsvermögen von mehr als 1 Mio. Tonnen. Voitsberg III war für rund 4.000 Volllaststunden ausgelegt und besaß eine Reihe umwelttechnischer Einrichtungen und Maßnahmen. Mit dem eingebauten Elektrostaubfilter wurde der Ascheanteil im Rauch zu 99,9 Prozent ausgeschieden. Eine

- 126 - weitere wichtige Komponente war die Entschwefelungsanlage, mit der die SO2-Anteile im Rauchgas um 90 Prozent vermindert wurden. Auch der 180 m hohe Schornstein wirkte gegen die Immissionen. Der Heizdampf wurde über zwei Anzapfungen am Niederdruckteil der Turbine in das Fernwärmenetz der STEWEAG eingespeist. Es wurden Schalldämpfungsmaßnahmen am Kühlturm durchgeführt und durch das unterirdische Abtransportieren der Asche verminderte sich die Lärm- und Staubbelastung für die Umgebung. In einer zweiten Ausbaustufe wurde die Rauchgasentschwefelungsanlage REA 2 entwickelt. Hierbei handelte es sich um ein Nassverfahren, bei dem das gesamte Rauchgas in zwei Straßen erfasst und dadurch einen Entschwefelungsgrad von 90 Prozent erreicht wurde.224

224 Vgl. KARNER, Elektrizität, S. 81. - 127 - Güterbilanz Dampfkraftwerk Voitsberg III

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

Der Brennstoff Kohle wurde direkt in den Kohlebunker des Kraftwerkes durch ein Kohleförderband von der Zentralsortierung zum Kohlelagerplatz gefördert. Somit hatte sich der Brennstoffumschlag erheblich reduziert. Von der Abwurfstelle des Förderbandes wurde die Kohle durch Schubraupen auf den Kohlelagerplatz gebracht und von dort aus über den Kohletiefbunker in die Hochbunker des Dampfkraftwerkes gefördert.225

Weitere wesentliche Betriebsstoffe des Kraftwerkes waren der Kalk für die Entschwefelung und Heizöl für die Heizung des Kraftwerkes im Stillstand sowie für den Anfahrbetrieb. Für die Wasseraufbereitung wurde Salzsäure, Natronlauge, Ammoniak und Levoxin verwendet.226

Zu den Hilfsstoffen für Produktion und Instandhaltung zählten:227

⇒ Öle und Schmiermittel ⇒ Diesel ⇒ Flockungshilfsmittel und Härtestabilisatoren ⇒ Wasserstoff ⇒ Gase ⇒ Bauhilfsstoffe ⇒ Putz- und Reinigungsmaterialien

Die Kohlenanlieferung erfolgte direkt über ein Förderband vom nahe liegenden Bergbau. Die Betriebs- und Hilfsstoffe wurden entweder per Bahn oder überwiegend durch den LKW- Verkehr geliefert. Das Kraftwerk verfügte über einen eigenen Betriebsanschluss an das Eisenbahnnetz.228

225 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 19. 226 Vgl. Ebd. 227 Vgl. Ebd. 228 Vgl. Ebd. S. 22. - 128 - Wasser

Für die Trinkwasserversorgung und Wasseraufbereitung (Erzeugung von Kesselspeisewasser) wurde das Wasser aus den werkseigenen Brunnen entnommen. Das Kesselspeisewasser musste vor seiner Verwendung in zwei Vollentsalzungsstraßen chemisch aufbereitet werden. Das Wasser aus der Kainach und aus dem Gradenbach wurde nach Reinigung mit einem Kiesfilter für den Kühlkreislauf verwendet und in einem 110 m hohen Beton-Naturzug- Kühlturm rückgekühlt (25.000 m³/h). Das Kühlturmabschlämmwasser fand wiederum als Zusatzwasser für die Entschwefelungsanlage und den Nassentschlacker oder zur Anfeuchtung der Asche Verwendung. Die Betriebswässer wurden entweder in die Kanalisation oder unter Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte und ständiger Überprüfung in die Kainach rückgeleitet.229

Energie

Die für den Betrieb des Kraftwerkes benötigte Energie konnte entweder aus der Eigenerzeugung oder bei Stillstand aus dem Netz gedeckt werden. Der elektrische Eigenbedarf betrug:230

⇒ Bei Volllast: 32 MW ⇒ Davon benötigten die Kessel- und Turbinenanlagen: 16 MW ⇒ Und die Umweltschutzeinrichtungen (Filter, Entschwefelungsanlage): 10 MW

Die Beheizung des Gebäudes erfolgte durch die Auskopplung von Dampf aus der Turbine. Bei Stillstand des Gebäudes mussten die Temperaturen in allen Betriebsgebäuden über dem Gefrierpunkt gehalten werden, um das Einfrieren der mit Wasser gefüllten Anlagenteile zu vermeiden.231

229 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 20. 230 Vgl. Ebd. 231 Vgl. Ebd. - 129 - Produktionsverfahren

„In der Kesselanlage wird durch Verbrennung von Braunkohle Heißdampf erzeugt, der in der Turbine mit angeschlossenem Generator in elektrische Energie umgewandelt wird. Die aus physikalischen Gründen entstehende Kondensationswärme wird über einen Kühlturm in die Atmosphäre abgeleitet. Zur Verringerung der bei der Verbrennung entstehenden Luftschadstoffe sind ein Elektrofilter zur Staubabscheidung, eine Entschwefelungsanlage und eine DeNOx-Anlage zur Stickoxidreduktion (seit 2000 nur mehr primärseitige Entstickung) vorhanden.“232

Produkte

Die erzeugten Produkte aus dem Kraftwerksbetrieb waren:233

⇒ Strom (Einspeisung in das 110 kV-Netz des VERBUNDES) ⇒ Fernwärme (Betreibung durch die Steirische Gas & Wärme GmbH) ⇒ Reststoffe (zur Verwertung in der Baustoffindustrie)

Reststoffe und Altstoffe

Die anfallende Asche wurde zur Rückverfüllung des ausgekohlten Tagbau Karlschacht 2 verwendet (siehe Kapitel Asche).

„Teilweise wird die Asche zur Herstellung von Zement, sowie die Kesselschlacke zur Produktion von Leichtbaustoffen eingesetzt. Sämtlicher in der Rauchgasentschwefelung anfallende Gips wird als Erstarrungsregler in der Zementindustrie sowie zur Herstellung von Putzgips verwertet. Ein Zwischenlager für Gips im Bereich des Karlschacht 2 dient als Puffer um die saisonal unterschiedlichen Massenströme aus dem Kraftwerk zu den Abnehmern in der Baustoffindustrie auszugleichen.“234

232 VERBUND, Umwelterklärung, S. 20. 233 Vgl. Ebd. S. 21. 234 Ebd. S. 21. - 130 - Boden

Das Kraftwerk Voitsberg erstreckt sich inklusive Karlschacht 2 über eine Gesamtfläche von 40 ha. Das Kraftwerk selbst liegt in einem Brunnenschutzgebiet der Gemeinde Voitsberg, deshalb wurden bei Betrieb des Kraftwerkes laufende Wasseruntersuchungen zur Überprüfung der Wasserqualität vom Hygieneinstitut Graz oder vom betriebseigenen Labor durchgeführt.235

Personal

Zu den Aufgaben des Personals zählten:236

⇒ Anlagenbetrieb unter Beachtung der Betriebs- und Überwachungsbestimmungen ⇒ Überwachung, Wartung und Instandhaltung der Anlage ⇒ Erneuerungs- und Montagearbeiten

235 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 22. 236 Vgl. Ebd. S. 23. - 131 - Umwelt

Die fortschreitende Industrialisierung brachte nicht nur Vorteile, sondern vor allem auch Nachteile in Bezug auf die Umwelt mit sich. Eine wichtige Voraussetzung für das Wachstum unserer Wirtschaft stellte der Faktor Strom dar. Die Erzeugung von Elektrizität zählte daher zum wichtigsten Industrieprodukt. Problematisch waren vor allem kalorische Kraftwerke, bei deren Verbrennungsprozess schädliche Stoffe wie Oxyden des Kohlenstoffes und Stickstoffes, Kohlenwasserstoffe, Flugasche und Schwefeldioxid freigesetzt wurden. Der Umweltschutz stellte daher für den Strommarkt ein wichtiges Thema dar und ist im Laufe der Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft zu einem klaren Wettbewerbsvorteil geworden. Deshalb wurde die Umweltpolitik stark in alle Unternehmensbereiche des Dampfkraftwerkes Voitsberg etabliert. Der Umweltschutz stand somit immer gleichberechtigt mit allen anderen Unternehmenszielen.237

Bereits bei der Planung des Dampfkraftwerkes Voitsberg III wurde intensiver Kontakt mit Gutachtern aufgenommen, um die Aspekte des Umweltschutzes in die Planung mit einzubeziehen. Dabei wurde mit folgenden Instanzen zusammengearbeitet:238

⇒ Arbeitsinspektorrat Graz (Arbeitnehmerschutz) ⇒ Landesstelle für Brandverhütung (Einteilung der Brandabschnitte)

Umweltschutzproblematik am Standort

Bei den Planungsarbeiten zum Bau von Voitsberg III waren sich zahlreiche Umweltschutzgruppen über die Bedeutung des Kraftwerkes in Bezug auf die Arbeitsplatzsituation bewusst. Viele hundert Arbeitsplätze im Bergbau der GKB als auch bei der ÖDK Voitsberg standen auf dem Spiel. Der Verein „Schützt den Bezirk Voitsberg“ stellte sich deshalb nicht gegen den Ausbau des Kraftwerkes, sondern forderte durch sensible Öffentlichkeitsarbeit die Installation einer Entschwefelungsanlage.

Mit Bescheid vom 17. April 1979 des Voitsberger Bürgermeisters Dr. Kravcar wurde der Österreichischen Draukraftwerke AG die Baubewilligung mit insgesamt 74 Auflagen erteilt. Jedoch sollte die Einrichtung einer Rauchgasentschwefelungsanlage erst erfolgen, wenn sie

237 Im Anhang befinden sich die Umweltleitsätze der Österreichischen Draukraftwerke AG, welche in der Unternehmenskultur verankert waren und zu denen sich alle MitarbeiterInnen verantworten mussten. 238 Vgl. RAINER, Voitsberg III, S. 218 f. - 132 - dem Stand der Technik entsprach und es die Emissionssituation erforderte bzw. die wirtschaftliche Situation zuließ. Somit musste lediglich eine Platzvorsorge für die Rauchgasentschwefelungsanlage getroffen werden. Der Verein „Schützt den Bezirk Voitsberg“ erhob Einspruch gegen diesen Bescheid mit der Forderung einer Rauchgasentschwefelungsanlage, der jedoch im zweiten Instanzenweg vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung abgelehnt wurde. Somit wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingelegt, dass im Zuge des Widmungsverfahrens im Jahre 1976 unmittelbare Nachbarn von diesem ausgeschlossen und damit in ihren Rechten übergangen wurden und damit eine Aufhebung der Baubewilligung erreicht. Nach verbindlicher Zusage der ÖDK zu einer Entschwefelungsanlage wurde die Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid wieder zurückgezogen.239

Infolgedessen wurde von der Österreichischen Draukraftwerke AG am Kraftwerksstandort Voitsberg eine Fülle von Investitionen zur Schadstoffverminderung und für den Umweltschutz getätigt, die sich äußerst positiv auf dem Lebensraum in Voitsberg auswirkten. In den nachfolgenden Kapiteln werden die einzelnen Investitionen durch die Gesellschaft näher erläutert, die maßgeblich zur Luftreinhaltung im Voitsberger Becken beigetragen hatten.

239 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 99 f. - 133 - Elektro-Filteranlage

Der Komplex des Dampfkraftwerkes wurde mit dem neuesten Stand der Technik zu dieser Zeit versehen, um die durch den Betrieb gegebenen Umweltbelastungen so gering wie möglich zu halten. Durch den Einbau einer Elektro-Filteranlage wurden die im Rauchgas enthaltenen feinen Staubteile absorbiert. Die Wirksamkeit des E-Filters lag bei 99,8 Prozent, sodass das Rauchgas nahezu staubfrei wieder in die Atmosphäre gelangte. Durch den Einsatz einer Rauchgaswäsche wurden auch die Schwefeldioxydanteile praktisch zur Gänze aus dem Rauchgas entfernt. Zur Reduzierung des Stickoxydanteiles wurde eine Entstickungsanlage mit eingebaut. Damit konnte bewiesen werden, dass mit diesem Dampfkraftwerk eine Vorreiterrolle im weltweit erforschten Rauchgasreinigungsprozess eingenommen werden konnte. Denn unter strengster Beachtung der Sicherheitsvorschriften und dem Einsatz von modernen technischen Verfahren zur Behandlung der Abwärme und Abgase waren die Auswirkungen auf die Umwelt nur sehr gering.240

Abbildung 22: Die Elektro-Filteranlage des Dampfkraftwerkes Voitsberg III

Quelle: Foto Neuherz.

240 Vgl. LASNIK, Ernst: 750 Jahre Stadt Voitsberg. Sonderausstellung 1245-1995. Graz 1995, S. 219. - 134 - Rauchgasentschwefelung

Vor der Stilllegung von Voitsberg I und der Inbetriebnahme von Voitsberg III mit einem 180 m hohen Kamin wurden die Werke I und II ohne Entschwefelungsanlagen betrieben. Erst mit Stilllegung von Voitsberg I wurde in den beiden anderen Blöcken Maßnahmen zur Rauchgasentschwefelung eingebaut.

Bereits im Jahr 1979 wurde von Seiten der ÖDK Versuche zur Rauchgasentschwefelung in den braunkohlegefeuerten Dampfkraftwerken Voitsberg II (65 MW) und St. Andrä (110 MW) durchgeführt. Die Problematik mit der Braunkohle war allerdings, dass im Gegensatz zur Steinkohle innerhalb von 10 Minuten Schwefelgehaltsschwankungen von 100 Prozent auftreten konnten.241

Durch das Dampfkesselemissionsgesetz von 1980 (welches später durch das Luftreinhaltegesetz und die Luftreinhalteverordnung ersetzt wurde) war für den Bau von Kraftwerken eine Rauchgasentschwefelung Bedingung, doch zu diesem Zeitpunkt waren Rauchgasentschwefelungsanlagen für Braunkohlekraftwerke technisch nicht ausreichend erprobt. Im Zuge der Genehmigung und auf Druck der Bevölkerung wurde von der Behörde zwingend der spätere Einbau einer Rauchgasentschwefelungsanlage vorgeschrieben, wenn dies dem Stand der Technik entsprach. Die ÖDK war somit gezwungen, in einer Zweistufen- Lösung für Rauchgasentschwefelung das Risiko auf sich zu nehmen und die Weiterentwicklung dieser Entschwefelungstechnik auf Braunkohlebasis auszuarbeiten und umzusetzen.242

Trotz der nicht ausgereiften Technik musste sich die ÖDK im Jahre 1980 dazu verpflichten, eine Rauchgasentschwefelungsanlage basierend auf zwei Stufen zu errichten:

1. Stufe: Trotz Inbetriebnahme von Voitsberg III durfte der Gesamt-SO2-Ausstoss nicht erhöht werden. Es handelte sich hierbei um eine trockene Additiventschwefelung mit 50 Prozent Entschwefelungsgrad.

241 Vgl. ÖDK: Thermal Power Plant Voitsberg 3, in: Österreichische Draukraftwerke Aktiengesellschaft, Broschüre, S. 8 sowie vgl. SCHRÖFELBAUER, Voitsberg III, S. 309. 242 Vgl. FRÜHBAUER, Voitsberg III, S. 185 ff. - 135 - 2. Stufe: Eine Gesamtentschwefelung von 80 Prozent ab April 1986 sowie eine Gesamtentschwefelung von 90 Prozent ab Betriebsperiode 1986/1987. Dies erfolgte durch eine Nachschaltung einer Nassentschwefelungsanlage.243

Seit 1982 ermöglichte das Trockenadditivverfahren (REA 1) die Reduzierung der Schwefeldioxidanteile aus dem Rauchgas auf rund 50 Prozent. Im Jahre 1986 wurde im Block III eine Nassrauchgasentschwefelungsanlage (Kalkstein-Nassverfahren, REA 2) eingerichtet. Somit konnte in den Betriebsjahren 1986/87 mit beiden Rauchgasentschwefelungsanlagen ein Entschwefelungsgrad von 90 Prozent erreicht werden.244

Abbildung 23: Die Rauchgasentschwefelungsanlage von Voitsberg III

Quelle: Foto Neuherz.

Die Kosten für die REA beliefen sich auf 1,2 Milliarden Schilling und der Bau der Anlage wurde zum Großteil von der Firma Waagner-Biro mit japanischer Lizenz in Graz ausgeführt.245

243 Vgl. BÖHMER, Technik, S. 56 sowie Vgl. SCHRÖFELBAUER, Voitsberg III, S. 311 ff. 244 Vgl. GREIL, Sabine: Geländeklimatologische Untersuchungen im Voitsberger-Köflacher Becken unter Berücksichtigung der Schadstoffbelastung der Luft. Gewi-Dissertation, Graz 1990, S. 310. 245 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 105. - 136 -

Bei der Nassentschwefelung wurde ein Gemisch aus Kalksteinmehl und Wasser als Kühlmittel und Absorbens verwendet. Die Anlage war zweistraßig ausgeführt: Eine Straße war mit einem Wärmetauscher zur Wiederaufheizung der Rauchgase, die zweite Straße mit einem Wärmetauscher zur Auskopplung von Fernwärme ausgerüstet. Der anfallende Gips fand in der Zement- und Baustoffindustrie seinen Absatz. Die Nassentschwefelung arbeitete zur Gänze abwasserfrei.246

Bei der REA 2 entschied sich die ÖDK für ein Kalkwaschverfahren247 mit verwertbarem Gips als Endprodukt. Mit dem Bau wurde die Firma Waagner-Biró in Graz beauftragt. Bei einer Restfeuchte des Gipses von weniger als 20 Prozent wurde ein Entschwefelungsgrad von 90 Prozent erreicht. Die gereinigten Rauchgase wurden über den Schornstein in die Atmosphäre abgegeben. Da die Schwefelgehaltsschwankungen der Kohle sehr stark sind, wurde das Additivverfahren nach Inbetriebnahme von REA 2 zur Spitzenabdeckung herangezogen, 248 damit die SO2-Grenzwerte nicht überschritten würden.

Gemäß dem Luftreinhaltegesetz schrieb die Behörde einen Grenzwert von 400 mg/Nm³ Schwefeldioxid vor, welchen das Kraftwerk mit Hilfe der Rauchgasentschwefelungsanlage um die Hälfte unterschreiten konnte (Schwefeldioxidausstoß von rund 200 mg/Nm³). Das Ausmaß des Schwefeldioxidausstoßes hing von der Qualität der verfeuerten Kohle aus dem weststeirischen Kohlerevier ab, welche aber hohen Schwankungen unterlag. Das Trockenadditivverfahren REA 1 wurde nur mehr bei sehr hohen Schwefelkonzentrationen der Braunkohle oder bei Kapazitätsengpässen von REA 2 angewandt.249

246 Vgl. Ebd. S. 103 ff. 247 Kalkwaschverfahren: Das vom Staubfilter kommende Rauchgas wird in die Waschzone des Waschturmes eingeleitet, wo es mit der feinverteilten Waschflüssigkeit in innigen Kontakt tritt, hierbei wird das SO2 an den in der Waschflüssigkeit enthaltenen Kalkstein gebunden. Das dabei entstehende Folgeprodukt Gips wird aus der Waschflüssigkeit abgetrennt und für die weitere Verwendung getrocknet. (Quelle: Brunner, Paul et. al: Umwelt und Unternehmen, S. 354). 248 Vgl. SCHRÖFELBAUER, Herbert/MAIER, Herwig: Das verfahrenstechnische Konzept der Rauchgasentschwefelung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 314 f. 249 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 105. - 137 - Schwefeldioxidausstoß in Tonnen pro Jahr

Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht den Schwefeldioxidausstoß des Kraftwerkes vor und nach der Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage. Es ist sehr deutlich erkennbar, dass die Schadstoffmengen durch den Einbau der Entschwefelungsanlage stark zurückgegangen sind. Die SO2-Gesamtemission konnte von rund 12.500 t auf weniger als 500 t reduziert werden.

SO2- SO2- SO2- Asche- Asche- Asche- Emission Emission Emission Emission Emission Emission 1985, t 1986, t 1987, t 1985, t 1986, t 1987, t 12.514,93 3.944,99 478,68 360,20 188,60 161,13

Tabelle 20: Gegenüberstellung der Jahre 1985 bis 1987 der SO2- und Asche-Emissionen

Quelle: GREIL, Voitsberger-Köflacher Becken, S. 333.

Mit der Inbetriebnahme von Voitsberg III stiegen die Brennstoffmengen um das 3- bis 4- fache an. Laut Emissionsbilanz lag der monatliche Maximalwert der Brennstoffmenge bei 53.200 Tonnen, mit Voitsberg III gab es zusammen mit Voitsberg II einen Höchstverbrauch von 267.300 Tonnen. Dies führte auch zu einer Vergrößerung des SO2 Ausstoßes um 40

Prozent. Durch den Einsatz von REA 2 konnte im Jahr 1986 die SO2 Emission von rund 12.500 t im Jahr 1985 auf unter 4.000 t gesenkt werden.250

Erst durch Nachschaltung der zweiten Straße, der REA 2, im Jahre 1987 wurde der SO2 Ausstoß auf rund 480 t gesenkt. Deshalb wurde dem Kraftwerksbetreiber im Jahre 1991 für die vorbildhafte erste Anwendung einer nassen Rauchgasentschweflungsanlage auf Braunkohlebasis von der Fachzeitschrift „Power“ in New York der amerikanische Fachpreis „Powerplant Award“ für Unternehmen mit beispielgebender Technologie der Entschwefelung in einem braunkohlebefeuerten Kraftwerk verliehen.251

250 Vgl. GREIL, Voitsberger-Köflacher Becken, S. 331. 251 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 106 ff. - 138 -

Abbildung 24: Powerplant Award 1991

Quelle: Foto Neuherz.

- 139 - SCR-Anlage

Versuche im Jahr 1985 zeigten, dass SCR-Anlagen (selektive katalytische Reduktion) auch bei aschereichen Braunkohlen einsetzbar sind. Zuerst war die Verwendung von druckverflüssigtem Ammoniak geplant, aus sicherheitstechnischen Gründen wurde jedoch die Anlage mit Verwendung von Ammoniakwasser ausgelegt.252

Die SCR-Anlage wurde 1990 in Betrieb genommen. Dabei wurde Ammoniakwasser vor den Katalysatoren eingedüst und die Stickoxide in Wasserdampf und Stickstoff zerlegt. Mit dieser Anlage konnten rund 80 Prozent der Stickoxide reduziert werden. Seit 2001 erfolgte die Erstickung durch feuerungstechnische Maßnahmen:253 Der Einsatz von Ammoniakwasser war bei den Primärmaßnahmen nicht mehr notwendig, weshalb die SCR-Anlage wieder abgestellt wurde.254

Abbildung 25: SCR-Anlage von Voitsberg III

Quelle: Foto Neuherz.

252 Vgl. BÖHMER, Technik, S. 128. 253 Feuerungstechnische Maßnahmen: Dabei wird ohne Änderung der Brennstoffzusammensetzung durch bautechnische und betriebliche Maßnahmen die Bildung von NOX im Zuge der Verbrennung vermindert. (Quelle: BRUNNER, Paul et al: Umwelt und Unternehmen, S. 356). 254 Vgl. BÖHMER, Technik, S. 129. - 140 -

Benson-Kessel

Bei dem Kessel handelte es sich um einen Benson-Kessel in Einzug-Turmbauweise. Der Kessel verfügte über eine Leistung von geschätzten 1.000 Tonnen Dampf pro Stunde. Die erforderliche Kühlwassermenge von 25.000 m³ konnte aus der Kainach nicht entnommen werden, deshalb erfolgte die Rückkühlung in einem Naturzug-Nasskühlturm. Der Wärmeaustausch fand durch eine Gegenstromnasskühlung statt.255

Das warme Wasser gelangte über zwei Steigschächte in ein Hauptverteilersystem in rund 10 Meter Höhe. Die Rohre waren mit Spezialspritzaggregaten ausgestattet, sodass fein zerstäubtes Wasser auf die Kühleinbauten regnete. Das herabgefallene Wasser sammelte sich im Becken und wurde über ein Auslaufbauwerk und Rohrleitungen aus Stahl, den im Maschinenhaus aufgestellten Hauptkühlwasserpumpen, wieder zugeführt. Das Ersatzkühlwasser wurde aus der Kainach entnommen und anschließend für den Gebrauch als Kühlwasser für den Kühlturm in Kiesfiltern gereinigt.256

255 Vgl. CICHOCKI, Bernd et al: Der Bau des Kühlturmes für das Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 287. 256 Vgl. ROSPINI, Peter: Die Speisepumpen im Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 209 f. - 141 -

Abbildung 26: Der Kühlturm von Voitsberg III

Quelle: Foto Neuherz.

Voitsberg bekam durch den beeindruckenden Kamin mit einer Höhe von 180 Metern und den Kühlturm mit 100 m bzw. 78 m Durchmesser zwei neue Industriewahrzeichen. Das Dampfkraftwerk wurde mit dem Geramb-Preis für landschaftsgerechtes Bauen ausgezeichnet.257

257 Vgl. LASNIK, Braune Gold S. 235. - 142 -

Abbildung 27: Geramb-Preis für landschaftsgerechtes Bauen

Quelle: Foto Neuherz.

- 143 - Kiesfilteranlage

Das Dampfkraftwerk Voitsberg hatte mit einem Kühlwasserbedarf von 720 m³/h einen sehr geringen Bedarf an Kühlwasser, da durch das Vorhandensein eines Kühlturmes weniger Wasser benötigt wurde. Im Vergleich verbrauchte das Dampfkraftwerk Dürnrohr mit Lage an der Donau 46.000 m³/h und konnte auf einen Kühlturm verzichten.258

Für das Kühlwasser standen die Kainach oder der Gradenbach zur Verfügung. Das Flusswasser für den Kühlturm wurde nach der Vorreinigung durch Rechen und Siebtrommeln durch eine Kiesfilteranlage gereinigt. Zur Entkeimung des Hauptkühlwasserkreislaufes wurde eine Chlorungsanlage installiert. Durch den hohen Kalkgehalt des Flusswassers war eine ständige Phosphatdosierung notwendig, um eine 2,5-fache Eindickung erreichen zu können. Das Abschlämmwasser wurde entweder für die Aschebefeuchtung und den Nassentschlacker verwendet, oder wieder in den Kainachfluss rückgeleitet. Bei der Rückleitung des Wassers in die Kainach wurde durch eine von der Behörde kontrollierte Messstation die Qualität des Wassers überprüft.259

258 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 113. 259 Vgl. AMBRUSCH, Walter: Die Rohrleitungen im Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 210 ff. - 144 - Schalldämmungsmaßnahmen

Es wurden bereits im Jahre 1975 Schallmessungen in der Nachbarschaft bei der Altanlage bei Tag und Nacht durchgeführt. Die Messung erfolgte bei Volllast von Dampfkraftwerk I und II sowie bei Betriebsstillstand. Somit konnten Planungsrichtwerte für das Dampfkraftwerk III als Basis herangezogen werden.260

Von der Behörde wurden im näheren Umgebungsbereich des Kraftwerkes Messpunkte mit zulässigen Schallpegeln festgelegt. Hauptausgangspunkt war das nahe liegende Krankenhaus. Bei Tag wurde der Schallpegel mit 55 dB(A), bei Nacht mit 48 dB(A) festgelegt.261

Durch zahlreiche schalltechnische Maßnahmen, die sich auf den gesamten Baukörper erstrecken, wie zum Beispiel auf den Kühlturm, auf die Förderbänder, im Freien stehende Transformatoren und Aggregate sowie Bekohlungsschubraupen, die während der gesamten Bauphase kontrolliert und messtechnisch überprüft wurden, konnten die vorgeschriebenen Dauerschallpegel unterschritten werden. Große Teile des Baukörpers wurden aus schallreinem Beton hergestellt und wo immer es erforderlich war, wurden zusätzliche Schallschutzmaßnahmen nachgerüstet. So zum Beispiel wurden auch sämtliche Fenster und Lichtbänder doppelt verglast und Türen mit Schallschleusen eingebaut.262

260 Vgl. SOCHER, Bernhard: Die schalltechnische Ausführung und schwingungstechnische Überwachung des Dampfkraftwerkes Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 216 f. 261 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 22. 262 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 112. - 145 - Asche

Auch die Lagerung der anfallenden Aschemengen wurde vertraglich festgelegt. Durch eine unterirdische Aschebandtrasse mit einer Länge von 840 m und einer Förderleistung von 250 t pro Stunde wurde die Asche im stillgelegten Tagbau Karlschacht 2 deponiert. Zuvor gab es nur mündliche Vereinbarungen mit der GKB und die ÖDK war immer gezwungen, die Asche an verschiedenen Standorten zu lagern, was wiederum den verkehrstechnischen Aufwand vergrößerte.263

Der ehemalige Braunkohletagbau Karlschacht 2 mit einem Fassungsvermögen von rund sechs Mio. m³ wurde seit 1982 zur Lagerung der Abfallasche genutzt. Mittels eines Einschlämmverfahrens wurde die Asche mit Wasser versetzt und breitete sich fließfähig im gesamten Kippenbereich aus. Da sich dadurch im Laufe der Zeit ein grüner Schlämmteich mit einem ph-Wert von 12,9 gebildet hatte, wurde die Asche ab 1985 trocken zwischengelagert und anschließend mit Hilfe von Schubraupen verschoben und verdichtet.264

Die Asche aus braunkohlebetriebenen Dampfkraftwerken konnte bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen in der Zement- und Ziegelindustrie oder als Dünger verwendet werden. Durch die Bewässerung der Asche wurde die Maßnahme der Staubreduktion erfüllt.

Damit die Ascheablagerungen das Grundwasser nicht beeinflussen konnten, wurde die Braunkohleasche mit Karbidkalk (ein Rückstand der Azetylenglasherstellung) in einer Mischanlage im Karlschacht 2 verdichtet. Somit fiel auf der gesamten Aschekippe kein Sickerwasser an. Das Regenwasser sammelte sich am tiefsten Punkt der Oberfläche und wurde zum Befeuchten der Asche auf der Kippe versprüht.265

Die Grobasche, die im Kessel des Dampfkraftwerkes Voitsberg III anfiel, wurde über einen Nassentascher ins Wasserbad geleitet, bei dem sich der Wassergehalt der Asche durch eine kurze Verweildauer auf rund 40-50 Prozent erhöhte. Im Elektrofilter erfolgte die Ausscheidung der Flugasche. Danach wurde die Asche in Silowägen zur Zementindustrie geliefert, oder in einem 800 t fassenden Aschesilo gebunkert und bei einer Aschemenge von 50 t Asche/h und einer Verweilzeit von 16 Stunden auf 40 °C abgekühlt. Anschließend

263 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 70. 264 Vgl. SCHACHERMAYER, Elisabeth et al: Systemanalyse und Stoffbilanz eines kalorischen Kraftwerkes. Band 67, Wien 1995, S. 21. 265 Vgl. Ebd. S. 22. - 146 - erfolgte die Vermengung der Asche und Flugasche sowie deren Abtransport über die Förderschnecke zum unterirdischen Förderband, mit dem sie nach 800 m auf der Aschedeponie mit einer Fläche von 400 x 350 m abgeworfen wurde. Durch Schalldämmungsvorkehrungen und unterirdische Aschenbeförderung betrug die Staub- und Lärmbelastung praktisch Null.266

Abbildung 28: Transportförderband und Ascheabwurf vom Förderband

Quelle: GANGL, Aschedeponien, S. 30.

Mit Schubraupen wurde die Asche in 20 cm hohen Lagen in der Kohlendeponie verteilt und verdichtet. Um Staubentwicklungen zu verhindern, erfolgte eine Bewässerung des Areals mit Hilfe von Starksprüh-Anlagen.267

Abbildung 29: Schubraupe und Sprühlanzen zur Bewässerung der Asche

Quelle: GANGL, Aschedeponien, S. 30.

266 Vgl. GANGL, Gerald: Vorschläge zur Vermeidung der Staubentwicklung bei Aschedeponien. GEWI- Diplomarbeit, Graz 2003, S. 29 f. 267 Vgl. Ebd. - 147 - Mit Grünschnitt aus Gärten, Straßenbegrenzungen und Verkehrsflächen wurde die Aschedeponie abgedeckt. Somit fungierte der Grasschnitt als Düngemittel, Samenlieferant sowie Feuchtigkeitsspeicher und minimierte die Staubentwicklung bei Windeinwirkung. Durch den Wassergehalt des Grünschnitts wurde über längere Zeit der Aschekörper mit Feuchtigkeit versorgt und auch anspruchslose Gräser konnten dadurch auf dem Ascheboden sehr gut gedeihen. Somit beschränkte sich die Befeuchtung der Aschedeponie nur auf die neu angelieferte Asche.268

Abbildung 30: Die Aschedeponie Karlschacht 2

Quelle: Foto Neuherz.

Die im Karlschacht 2 verkippte Asche reicherte die Erdkruste mit zahlreichen Schwermetallen wie zum Beispiel Arsen, Selen und Quecksilber an. Infolge des Laborberichtes Nr. 101/99 kam der Asche folgende Charakteristiken zu:

268 Vgl. GANGL, Aschedeponien, S. 41. - 148 -

Untersuchungsparameter in Prozent

SiO2 47,2

Al2O3 33.7

Fe2O3 8,6 CaO 3,3 MgO 2,4

SO3 0,5

K2O 2,6

Na2O <0,1

P2O5 0,2

TiO2 1,3 Cl <0,1

Mn2O3 <0,1 Glühverlust 1,6 Wasseranspruch 35,5 Tabelle 21: Zusammensetzung der Asche aus dem Dampfkraftwerk Voitsberg

Quelle: GANGL, Aschedeponien, S. 19.

Kraft der bergrechtlichen Bewilligung der Aschedeponie des Dampfkraftwerkes mussten die Grenzwerte der Deponieverordnung 1996 nicht eingehalten werden.269

269 Vgl. GANGL, Aschedeponien, S. 22. - 149 - Fernwärme

Die Idee zur Nutzung der Abwärme von kalorischen Kraftwerken war bereits sehr früh entstanden, um in den Innenstädten die Gefahr von Bränden zu vermindern und der Verschmutzung durch die Kohle Einhalt zu gebieten. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden in den USA Fernheizwerke zur Beheizung der Großstädte erbaut. Das erste Fernheizwerk Österreichs ging 1949 in Klagenfurt in Betrieb und weitere folgten in allen Bundesländern. Der eigentliche Durchbruch der Fernwärme setzte erst mit der weltweiten Erdölkrise zu Beginn der siebziger Jahre ein. Die hohe Akzeptanz, die der Fernwärme in der Öffentlichkeit zukommt, verdankt sie vor allem einem ständig wachsenden Umweltbewusstsein der Bevölkerung.270

Abbildung 31: Fernheizkraftwerk der Steirischen Gas & Wärme GmbH

Quelle: Foto Neuherz.

Wesentlicher Vorteil der Fernwärme ist die Möglichkeit, den Wirkungsgrad von thermischen Kraftwerken zu erhöhen, indem mittels einer Kraft-Wärme-Kopplung Wärmeleistung auskoppelt wird. Die Auskopplung der Fernwärme ist eine wichtige Maßnahme zur Verbesserung der Effizienz und Verbesserung der Luftqualität und bietet den Vorteil der

270 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 78. - 150 - geringen Umweltbelastung, vor allem durch den Einsatz von Rauchgas-Reinigungssystemen, Filtern und Katalysatoren, die bei Einzelraumheizungen nicht zur Anwendung kommen.271

Für die Fernwärmeauskoppelung kann einerseits der Heißdampf aus dem Turbinenprozess, oder die Restwärme der Rauchgase verwendet werden. Die Kondensationswärme wird dabei nicht an das Kühlwasser sondern in das Fernwärmenetz eingespeist. Das 130 °C warme Wasser wird über ein Rohrleitungsnetz zu den Verbrauchern weitergeleitet.272

Das Fernwärmenetz Voitsberg-Bärnbach-Rosental-Köflach

Bereits vor der Errichtung von Voitsberg III fanden Gespräche zwischen der ÖDK und der STEWEAG über die Möglichkeit der Implementierung eines Fernwärmenetzes im Bezirk Voitsberg statt, um die eingesetzte Primärenergie in Dampfkraftwerken so gut wie möglich zu verwerten. Somit wurden erste Kontakte mit den Gemeinden Bärnbach und Voitsberg im Jahre 1978 hergestellt und bereits im Jahre 1979 wurde durch Landeshauptmann Niederl der Spatenstich für das Fernwärmeprojekt vorgenommen. Infolgedessen erfolgte die Errichtung eines Fernwärmenetzes mit einer Trassenlänge von 12 Kilometern (24 km inklusive der Verästelungen).273

Nach rund zweijähriger Bauzeit wurde im August 1982 mit dem Füllen der Rohrleitungen begonnen. Zu diesem Zeitpunkt reichte das Fernwärmenetz von der Hauptschule Franz-Jonas- Allee in Voitsberg bis zur Stadionstraße in Bärnbach mit einer Luftlinie von vier Kilometern. Gleichzeitig wurde im Bereich der ehemaligen Zentralsortierungsanlage ein mobiler Heizcontainer mit einer Leistung von 500 Kilowatt eingerichtet. Nach Abschlussprüfung der Rohrleitungen konnten im September 1982 die Fernwärmeabnehmer zum ersten Mal Wärme aus dem Netz beziehen.274

Mit der Inbetriebnahme von Voitsberg III im Frühjahr 1983 wurde die Fernwärme vom Kraftwerk ausgekoppelt und der Heizkessel der STEWEAG fand nur bei Kraftwerksstillstand Verwendung.275

271 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 64. 272 Vgl. BÖHMER, Technik, S. 141. 273 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 79. 274 Vgl. Ebd. S. 80. 275 Vgl. Ebd. - 151 - Bei dem Abkühlungsprozess des Dampfkraftwerkes Voitsberg fiel eine enorme Menge an Warmwasser an. Zur besseren Nutzung dieser Rohenergie wurde das Warmwasser in ein Fernwärmeversorgungssystem der STEWEAG gespeist und die nahe liegenden Haushalte der Gemeinden Voitsberg, Bärnbach und Rosental mit Fernwärme versorgt.

Anschließend bekundete auch die Gemeinde Köflach Interesse am Aufbau eines Fernwärmenetzes, allerdings war hierfür die Errichtung einer 3,8 Kilometer langen Verbindungsleitung von Voitsberg nach Köflach notwendig, deren Finanzierung durch die STEWEAG nicht bewerkstelligt werden konnte. Damit umfangreiche Fördermittel für den Ausbau der Fernwärme in Anspruch genommen werden konnten, wurde die FEKÖ- Assanierungsgesellschaft Fernwärmeversorgung Köflach m.b.H. gegründet und das Fernwärmenetzes ausgebaut.276

Auf dem Fabriksgelände der Glasfabrik Stölzle Oberglas wurde ein mobiler Heizkessel platziert und im Herbst 1985 die ersten Fernwärmeabnehmer mit Energie versorgt. Bereits im Jahre 1986 fand die Fertigstellung der Verbindungsleitung zwischen Voitsberg und Köflach statt und Teile der Gemeinde Rosental und Köflach wurden aus der Abwärme des Dampfkraftwerkes Voitsberg III mit Fernwärme versorgt. In den darauf folgenden Jahren erfolgten in der Weststeiermark große Netzerweiterungen.277

„Das KW Voitsberg 3 speist 37,5 MWth in das Fernwärmenetz der STEWEAG ein. Neben der Auskopplung der Heizwärme können seit 1995 über einen vor der Entschwefelungsanlage installierten rauchgasbeheizten Wärmetauscher weitere 10 MWth genutzt werden. Durch die Nutzung der Rauchgaswärme steigt der Kesselwirkungsgrad um 1,2 Prozentpunkte, der Blockwirkungsgrad steigt wegen der verringerten Auskopplung von Dampf aus der Turbine um 0,2 Prozentpunkte.“278

Die Wärme wurde in Form von Dampf aus den Turbinen des Kraftwerkes Voitsberg III entnommen und über Wärmetauscher dem Fernwärmeumlaufwasser zugeführt. Die Gesamtleistung, die aus dem Kraftwerk Voitsberg bezogen wurde, betrug 47.500 kW. Bei Stillstand des Kraftwerkes wurde der Reserveheizkessel einer in unmittelbarer Nähe des

276 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 81. 277 Vgl. Ebd. 278 BÖHMER, Technik, S. 142. - 152 - Kraftwerkes errichteten Fernwärmezentrale mit einer Leistung von 32.200 kW mit Erdgas beheizt.279

Hinsichtlich des Umweltschutzes kommt dem Fernwärmenetz im Bezirk Voitsberg eine große Bedeutung zu. Der Hausbrand, welcher bei ungünstigen Wetterbedingungen hohe Immissionsbelastungen verursacht, konnte erheblich reduziert werden.

279 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 82 f. - 153 - Schadstoffbelastungen im Voitsberger Becken

Eines der größten Umweltprobleme stellt die Belastung der Atmosphäre durch luftfremde Stoffe dar. Durch die fortschreitende Industrialisierung, die Globalisierung und den Verkehr werden erhebliche Mengen an Schadstoffen in die Erdatmosphäre abgegeben. Vor allem in den Ballungsräumen ist angesichts der starken Besiedlung die Luftverunreinigung enorm und kann bei ungünstiger Wetterlage katastrophale Auswirkungen haben.

„Luftschadstoffe werden in der Atmosphäre einerseits durch chemische Reaktionen gelöst oder umgewandelt, anderseits von meteorlogischen und topographischen Einflüssen abhängig verdünnt, nachdem sie meist in hohen Konzentrationen (je nach Emittent) aus Rauchfängen geblasen wurden. Ausbreitung und Reaktion der Schadstoffe unterliegen somit sehr komplexen Zusammenhängen der Meteorologie, Klimatologie und der Chemie. Wind- und Witterungsverhältnisse entscheiden maßgeblich über den Verunreinigungsgrad der Luft. Als eine Form der nassen Deposition ist der „saure Regen“ zu nennen. Dieser entsteht durch Anreicherung von Schadstoffen in Wolken.“280

Abbildung 32: Kreislauf Emission–Transmission–Immission281 Quelle: UBZ STEIERMARK, Luft, Oktober 2010.

280 GREIL, Voitsberger-Köflacher Becken, S. 312. 281 Emission: In die Außenluft entweichende luftverunreinigte Stoffe. Sie treten dort auf, wo die Atmosphäre Einfluss auf die Bewegung luftfremder Substanzen nimmt (Kaminöffnung) Immission: Luftverunreinigte Stoffe, die an der Einwirkungsstelle auftreten, Einwirkung von Luftverunreinigungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen und Sachgüter (Quelle: BACHMANN et al.: Arbeitshilfen für Erwachsenenbildung, S. 89). Transmission: Ausbreitung der Luftverunreinigung, Transport der Schadstoffe von der Entstehungsquelle (Emission) zu Objekten der Umwelt, wo sie als Immission auftreten. (Quelle: GREIL, Sabine: Geländeklimatologische Untersuchungen, S. 308). - 154 - Der politische Bezirk Voitsberg liegt am Fuße der Glein- und Stubalpe und besteht aus 25 Ortsgemeinden und einer Fläche von 678,52 km². Davon entfallen aber rund 63 Prozent auf Waldfläche. Durch die Abschirmung der Alpen und Beckenlage ergeben sich klimatologisch sehr ungünstige Voraussetzungen, denn der Austausch der schadstoffreichen Luft findet nur unzureichend statt.

Die Merkmale des Voitsberger Beckens sind eine erhöhte Inversionsbereitschaft sowie geringe mittlere Windgeschwindigkeiten vor allem in den Wintermonaten. Vormittags strömen die Luftmassen talabwärts nach Graz. Um die Mittagszeit hebt sich durch die Sonneneinstrahlung die Inversionsschicht und nach einer windstillen Phase, bei der die Emissionen gespeichert werden, setzt am Nachmittag langsam der Talaufwind ein und belastet die an den Prallhängen befindlichen Gemeinden Köflach, Maria Lankowitz, Graden und Piberegg.282

Das Voitsberger-Köflacher Becken mit einer durchschnittlichen Seehöhe von 500 bis 800 Meter ist aufgrund der geländeklimatologischen Inversion stark beeinflusst.283

282 Vgl. SCHACHERMAYER, Systok, S. 54. 283 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 28. - 155 - Immissionsmessnetz

Bereits seit dem Jahre 1973 befinden sich im Köflacher-Voitsberger Becken folgende sechs Immissionsmessstellen der Österreichischen Draukraftwerke AG und der Steiermärkischen

Landesregierung, die SO2, NO und NOX sowie meteorologische Daten wie Windverhältnisse messen und auswerten:284

⇒ Rosental ⇒ Kowald ⇒ Voitsberger-Freibad ⇒ Krems ⇒ Piber ⇒ Köflach

Im Juli 1977 wurden in Zusammenarbeit mit der Steiermärkischen Landesregierung 126 Fichtenprobestämme ausgewählt und markiert und somit ein Bioindikatornetz angelegt. Ab dem Jahr 1978 wurden jeweils im Oktober Nadelproben aus Trieben entnommen und im Labor analysiert.285

In den Jahren 1982/1983 wurde eine Erweiterung des bestehenden Umweltmesssystems mit einer einhergehenden Automatisierung der Datenerfassung und Datenarchivierung vorgenommen. Anforderungen an das neue Messnetz waren eine hohe Verfügbarkeit und hohe Qualität der Messdaten sowie ein geringerer Aufwand für Wartung und Betrieb. Die Kosten des Projektes beliefen sich auf 22,5 Millionen Schilling und statteten das Messnetz mit folgenden neuen Funktionen aus:286

⇒ permanente Erfassung der Emissions- und Immissionssituation, ⇒ Überwachung der Luftreinhaltung und Überschreitung der Grenzwerte, ⇒ Archivierung der Messwerte und ⇒ Übertragung der Messwerte an die Umweltzentrale Graz der Steiermärkischen Landesregierung.

284 Vgl. GREIL, Voitsberger-Köflacher Becken, S. 44. 285 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 110. 286 Vgl. Ebd. S. 108 f. - 156 - Jede Station war anhand einer Fernwirkanlage mit der Messzentrale des Dampfkraftwerkes verbunden. Die aus den Außenstationen gelieferten Daten wurden alle 30 Minuten auf die Emissions- und Immissionsmesswerte überprüft, in einer Messwertliste dokumentiert und archiviert. Das gleiche geschah mit den örtlichen Messwerten. Bei Überschreiten der Grenzwerte erfolgte eine sofortige Alarmierung des Betriebspersonals.287

Am Eingang des Kraftwerkes wurden mit Hilfe eines Monitors die aktuellen Halbstundenmittelwerte der Messstationen und Trendentwicklungen der Bevölkerung zugänglich gemacht. Sämtliche erfasste Daten der Luftschadstoffmessungen standen der Behörde online zur Verfügung.288

Aber auch im Kraftwerk selbst wurden Messanlagen zur Analysierung von Schwefeldioxid, Stickoxid und Sauerstoff installiert. Im Kraftwerk II befand sich eine Messanlage auf der Kesseldecke und im Kraftwerk III am Kamin in 98,5 Meter Höhe. Ein weiteres Messgerät zur

Bestimmung des SO2-Gehaltes im Rohgas vor dem Rauchgasentschwefelungsprozess sowie Wind- und Temperaturmessgeräte wurden am ÖDK-Kamin installiert.289

287 Vgl. BUCHACHER, Erich et al: Das Umweltmeßsystem (Luftgüteüberwachung) für das Dampfkraftwerk Voitsberg 3, in: Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft, Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Heft 7/8, Wien/New York 1984, S. 324. 288 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 111. 289 Vgl. GREIL, Voitsberger-Köflacher Becken, S. 45. - 157 - Kamin

Kalorische Kraftwerke zählen zu den Hauptverursachern der Luftverschmutzung. Um die Immissionen in der näheren Umgebung des Kraftwerkes zu vermindern, ging man im Laufe der Jahre dazu über, höhere Kamine zu bauen (Voitsberg I und II Kaminhöhe 70 m, Voitsberg III 180 m). Jedoch wurden durch diese Methode nur eine Verlagerung der Immissionen und eine Vergrößerung der mit Schadstoff belasteten Fläche erreicht.

Abbildung 33: Der Kamin von Voitsberg III mit einer Höhe von 180 m

Quelle: Foto Neuherz.

Untersuchungen im Voitsberger Becken ergaben, dass vor der Inbetriebnahme von Voitsberg III bei den Blöcken I und II mit einem 70 m hohen Kamin sehr hohe Immissionswerte im Nahbereich des Kraftwerkes auftraten. Durch die Inbetriebnahme von Voitsberg III mit dem 180 m hohen Kamin und der Rauchgasentschwefelungsanlage verlagerte sich der Immissionsschwerpunkt aus dem Becken in unbelastete Höhenbereiche und es kam zu einer Entlastung des Nahbereiches. Vor allem die Gebiete , und Kemetberg hatten wesentlich höhere Belastungen als vorher. Die Station in Piber in 590 m Seehöhe und Hanglage meldete zu Mittagszeiten höhere Werte als die Messstation in Voitsberg. Die Windverhältnisse hatten einen maßgeblichen Einfluss auf die Ausbreitung der Emissionen.290

290 Vgl. GREIL, Voitsberger-Köflacher-Becken, S. 329 ff. - 158 - Vergleich der Emissionen Kraftwerk - Region

Kraftwerk Region Steiermark

SO2 t/a 750 2.100 21.000

CO2 kt/a 1.100 1.600 10.500

NOx t/a 620 5.500 48.000 Staub t/a 120 960 9.000 CO t/a 300 38.000 210.000 Tabelle 22: Vergleich der Emissionen Kraftwerk-Region

Quelle: SCHACHERMAYER, Systok, S. 49.

Anhand dieser Tabelle ist ersichtlich, dass das Kraftwerk einen bedeutenden Anteil an den

SO2 und CO2 Emissionen hatte. Bei Staub NOx und CO waren die Beiträge eher geringer. Zurückzuführen war diese Tatsache auf die Rauchgasreinigung und die effizienten Verbrennungstechniken.

- 159 - Umweltmanagement und Umweltschutzmaßnahmen

Das Umweltmanagement am Standort Voitsberg diente der Verbesserung der Umweltschutzleistungen im gesamten Unternehmen und war als Einheit in die bestehende Organisationsstruktur integriert.

Abbildung 34: ÖQS-Begutachtungsnachweis

Quelle: Foto Neuherz.

Ein Umweltbeauftragter war am Standort direkt der Betriebsleitung zugeordnet und war für den folgenden Tätigkeitsbereich verantwortlich:291

⇒ Kontrolle der Umweltpolitik am Kraftwerksstandort, ⇒ Mitarbeit bei der Erstellung des Umweltprogramms, ⇒ Anwendung und Aufrechterhaltung des Umweltmanagementsystems und ⇒ Koordination der Betriebsprüfung am Standort.

291 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 116. - 160 - Ziele des Umweltmanagementsystems am Standort Voitsberg:292

⇒ Darstellung/Umsetzung der Umweltpolitik ⇒ Schaffung einer Datenbasis für umweltrelevante Entscheidungen ⇒ Minimierung von Umweltrisiken ⇒ Frühere Reaktion auf umweltbezogene Entwicklungen ⇒ Förderung der internen und externen Kommunikation ⇒ Bewusstseinsbildung und Weiterbildung der Mitarbeiter ⇒ Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ⇒ Verbesserung des Umweltstatus des Unternehmens ⇒ Betriebswirtschaftliche Orientierung bei der Umsetzung der Umweltmaßnahmen ⇒ Lenkung und Ausgleich von Nutzungskonflikten ⇒ Kontrollinstrument zum Nachweis der Erfüllung der festgelegten Umweltpolitik

Aus den Überprüfungen des Umweltmanagementsystems einhergehend mit der dazugehörigen Input/Output-Analyse (siehe Anhang) des Kraftwerkes ging hervor, dass das Kraftwerk in Bezug auf den Umweltschutz einen sehr hohen Standard aufwies.293

292 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 33. 293 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 38. - 161 - EMAS-Verordnung

Zu den ersten thermischen Anlagen Österreichs zählend, wurde das Dampfkraftwerk nach den strengen Richtlinien der EMAS-Verordnung der Europäischen Union ökologisch zertifiziert.294 Für das vorbildhafte Umweltmanagement wurde dem Dampfkraftwerk das ÖKO-Audit und die Zertifizierung nach ISO 14001 durch die EU-Gutachter zugesprochen.295

Ein auf der EMAS-Verordnung und EN ISO 14001 beruhendes Umweltmanagementkonzept unterstützte das Dampfkraftwerk Voitsberg bei der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen sowie bei der Koordinierung und Reformierung der Prozessabläufe. Somit konnten Fehler sofort erkannt und durch das Einleiten von Sofortmaßnahmen behoben werden. Dieses installierte Umweltmanagementsystem wurde in seiner Funktion periodisch durch die Umweltbetriebsprüfung (EMAS) auf seine Wirksamkeit überprüft.296

Die internationale Norm stellte folgende Anforderungen an ein Umweltmanagement- system:297

⇒ Allgemeine Forderung ⇒ Umweltpolitik ⇒ Planung ⇒ Implementierung und Durchführung ⇒ Kontroll- und Korrekturmaßnahmen ⇒ Bewertung durch die oberste Leitung

Das Umweltmanagementsystem des Kraftwerks Voitsberg, welches im Jahr 1994 eingeführt wurde, lässt sich durch die fünf Säulen auf der nächsten Seite beschreiben. Das Zusammenwirken dieser fünf Bausteine sowie die Dokumentation der Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gewährleisteten die Funktion eines solchen Systems.

294 Am 10.3.1993 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung (EWG) Nr. 1836/93 des Rates über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (Environmental Management and Audit Scheme, kurz EMAS) veröffentlicht. Die Verordnung trat am 13.7.1993 in Kraft und gilt seit dem 11.4.1995. (Quelle: FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 117). 295 Vgl. LASNIK, Braune Gold, S. 235. 296 Vgl. VERBUND, Umwelterklärung, S. 2. 297 Vgl. Ebd. S. 3. - 162 -

Umweltpolitik Organisation Auswirkungen auf die Aufbau- und Überprüfung Umweltziele Personal Umwelt Ablaufkontrolle Umweltprogramm Öffentlichkeit Umweltleitbild Umweltbeauftragter Umweltprüfung Prozessführung Umweltbetriebsprüfung Umweltprogramm Organigramme Umweltrechtsregister Betriebsvorschriften Stellenbeschreibung Umweltcontrolling Arbeitsanweisung Personalschulung Umweltinformationssystem Vorgabedokumente Umwelterklärung Abfallwirtschaft Werksmitteilungen Umweltbericht Emissionserklärung Korrekturmaßnahmen Kommunikation Messgeräteüberwachung Vorbeugemaßnahmen Betriebsstatistik Alarm-Notfallpläne Beschaffung Dokumentenlenkung Tabelle 23: Umweltmanagementsystem am Standort Voitsberg

1. Säule: Die Umweltpolitik nahm Bezug auf die geschäftspolitischen Grundsätze des Unternehmens und wurde regelmäßig überprüft u. angepasst. 2. Säule: Der Umweltbeauftragte koordinierte das Funktionieren des Managementsystems. 3. Säule: Im Rahmen einer Umweltprüfung wurden die Auswirkungen des Kraftwerksbetriebes auf die Umwelt untersucht. 4. Säule: Die Lenkung der verschiedenen Prozesse gewährleistete die Einhaltung der gesetzten Vorgaben. 5. Säule: Durch jährliche Betriebsprüfungen wurde die Funktionsfähigkeit des UMS überprüft und bei Abweichungen Gegenmaßnahmen eingeleitet.

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 35-37.

- 163 -

Umweltschutzmaßnahmen im Überblick

Jahr Umweltschutzmaßnahme 1973 Installation eines Elektrofilters bei Voitsberg II zur Staubabscheidung 1983 Inbetriebnahme Voitsberg III mit Kalkadditivverfahren (KAV) Inbetriebnahme KAV-Anlage Voitsberg II 1985 Beginn von DENOX-Langzeitversuchen mit 2 SCR-Anlagen 1986 Vollbetrieb der ersten Straße Nassentschwefelung Voitsberg III 1987 Betrieb von Voitsberg III mit beiden Straßen der Nassentschwefelungsanlage 1988 Versuche zur Stickoxidreduktion mit dem SNCR-Verfahren (selektive nichtkatalytische Reduktion)298

Oberluftebene zur NOX-Reduktion

1989 Zweite Oberluftebene nur NOX-Reduktion

1990 SCR-Anlage zur NOX-Reduktion 1994 Rauchgaswärmetauscher zur Fernwärmeerzeugung 1995 Einführung eines Umweltmanagementsystems gemäß EMAS-Verordnung 2000 Abgabe der Regenerierabwässer aus der chemischen Stufe der Kondensatreinigung in die öffentliche Kanalisation Tabelle 24: Umweltschutzmaßnahmen des Dampfkraftwerkes Voitsberg III

Quelle: BÖHMER, Technik, S. 57.

Durch die oben dargestellten Umweltmaßnahmen konnten für das Kraftwerk Voitsberg folgende Verbesserungen erzielt werden:

1980 2001 Staubemission 3,5 g/kWh 0,1 g/kWh Schwefeldioxid-Ausstoß 17 g/kWh 1 g/kWh Stickoxid-Menge 2,2 g/kWh 0,6 g/kWh Tabelle 25: Emissionsverringerungen durch Umweltvorkehrungen

Quelle: VERBUND, Klimabilanz, Oktober 2010.

298 SCNR-Verfahren: Die Verringerung der Stickoxide gelingt mittels Ammoniak oder Harnstofflösung auch ohne Katalysator und ist vor allem bei Rauchgasen anwendbar. (Quelle: BRUNNER, Paul et al: Umwelt und Unternehmen, S. 358). - 164 -

Betriebliche Sozialeinrichtungen

Sozialeinrichtungen

Die Sozialmaßnahmen im Unternehmen waren eine wichtige Priorität des Unternehmensgegenstandes und fanden große Anerkennung bei den Mitarbeitern. Zurückzuführen war dies auf die jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Führungsebene und dem Betriebsrat.

Folgende Sozialleistungen wurden den Dienstnehmern des Kraftwerkes gewährt:299

⇒ Bessere Urlaubsbestimmungen für invalide Dienstnehmer ⇒ Treueprämien für langjährige Mitarbeiter ⇒ Deputatansprüche auf Strom und Kohle gestaffelt nach Familienstand ⇒ Beihilfen bei besonderen Anlässen (Geburt, Heirat, Todesfall) ⇒ Werksverpflegung ⇒ Dienstwohnungen für qualifizierte Mitarbeiter bzw. Wohnungsgeld ⇒ Betriebsarzt ⇒ Gesundenuntersuchungen mit 3jährigen Turnus ⇒ Ab dem 3. Dienstjahr: Aufstockung der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Leistungen für die Dauer von 12 Monaten auf 100 Prozent des Nettogehaltes ⇒ Prämienzahlungen für Krankenzusatzversicherungen ⇒ Unfallversicherung ⇒ Ab fünf Jahren Betriebszugehörigkeit: Gewährung einer laufenden Beihilfe zur Sozialpension. Bei langer Betriebszugehörigkeit bis zu 80 Prozent des Aktivbezuges ⇒ Betriebsausflüge und Betriebsveranstaltungen ⇒ Weihnachtsgeschenkaktionen für bis zu 14 Jahre alte Kinder der Mitarbeiter/innen ⇒ Organisierung von geförderten Erholungsaufenthalten ⇒ Verbilligter Besuch von Theaterveranstaltungen, Konzerten und VHS-Kursen ⇒ Werksbibliothek

299 Vgl. BELSAK, ÖDK, S. 144 ff. - 165 -

⇒ Erholungsheime in Österreich und an der Adria (die Höhe der Förderung richtete sich nach dem Familienstand und Einkommen) ⇒ Werksbad ⇒ Jährliches Pensionistentreffen ⇒ Werkssportgemeinschaft

War man anlässlich des 25-jährigen Bestehens der ÖDK stolz auf das soziale Engagement des Unternehmens, wurde man im Laufe der Jahre immer leiser im Umgang mit dem Thema in der Öffentlichkeit.

„Besonders durch die massive Kritik in den Medien in der heutigen Zeit hoher Arbeitslosigkeit, werden diese Sozialleistungen von der Öffentlichkeit eher als Privilegien eines geschützten Wirtschaftsbereiches angesehen. Die Kärntner Kronenzeitung hat den ÖDK-Konzern und seine Mitarbeiter in einer Artikelserie mit dem reißerischen Titel „Die Stromkassierer“ in sehr polemischer Form wegen der angeblichen Privilegien angegriffen.“300

Aber auch in Bezug auf Rationalisierungsmaßnahmen wurde am Standort Voitsberg immer wieder soziales Engagement bewiesen. Personaleinsparungen wurden immer so bewerkstelligt, dass die Stellen pensionierter Arbeitnehmer nicht mehr nach besetzt wurden.

300 FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 123. - 166 -

Lehrlingsausbildungen

Aufgrund von fehlendem Fachpersonal in den 50er Jahren entschloss sich die ÖDK bereits im Jahre 1953 die benötigten Fachkräfte selbst auszubilden. Bis zum Jahre 1960 wurden die Lehrlinge in den Kraftwerken vor Ort ausgebildet, danach wurde im Dampfkraftwerk St. Andrä eine zentrale Lehrwerkstätte geschaffen, in der die Lehrlinge eine einjährige Grundausbildung erhielten und anschließend im Kraftwerk direkt ausgebildet wurden. Um die Ausbildung der Lehrlinge weiterhin zu verbessern, beschloss die ÖDK im Jahre 1967 die Grundlehrzeit in der zentralen Lehrwerkstätte um ein Jahr zu verlängern, ehe die Lehrlinge in den Kraftwerken eingesetzt wurden. Diese Entscheidung erforderte jedoch die Einrichtung einer eigenen Lehrwerkstätte und den Bau eines Wohnheims im Jahre 1967. In einer modern ausgestatteten Lehrwerkstätte wurden jährlich mehr als 20 Jugendliche zu Facharbeitern ausgebildet. Bis zum Jahre 1967 wurden 56 Prozent der ausgebildeten Lehrlinge in den ÖDK Betrieben weiterbeschäftigt.301

Folgende Lehrberufe wurden ausgebildet:302

⇒ Betriebselektriker ⇒ Maschinenschlosser ⇒ Chemielaborant ⇒ Bürokaufmann ⇒ Koch

Für die Berufe Koch und Bürokaufmann fand die Lehrlingsschulung nicht intern statt, sondern durch den Besuch der für den Lehrberuf vorgesehenen Berufschulen.303

Bereits zu Beginn der achtziger Jahre war der Bedarf an Facharbeitern gedeckt, jedoch entschied man sich, am Standort Voitsberg weiterhin Lehrlinge zur Entlastung der angespannten Lehrstellensituation im Bezirk Voitsberg auszubilden. Die ausgebildeten Fachkräfte wurden jedoch nicht in ein neues Dienstverhältnis übernommen, sondern mussten

301 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 119. 302 Vgl. Ebd. 303 Vgl. Ebd. - 167 -

sich am freien Arbeitsmarkt um eine neue Stelle bewerben. Der gute Ruf der Ausbildung trug jedes Jahr zu einer hohen Anzahl von Bewerbungen für eine Ausbildung bei.304

Werkssportgemeinschaft

Zur Pflege der sozialen Kontakte der Mitarbeiter und zur Förderung des Arbeitsklimas und sozialen Kompetenz unter den Kollegen wurde im Jahre 1955 im Rahmen der Österreichischen Draukraftwerke AG eine Werkssportgemeinschaft gegründet.305

Am Kraftwerksstandort Voitsberg standen den Mitarbeitern folgende Tätigkeiten zur Freizeitgestaltung zur Verfügung:306

⇒ Tennis ⇒ Tischtennis ⇒ Fußball ⇒ Kegeln ⇒ Bergsteigen ⇒ Eisschießen ⇒ Sauna ⇒ Skifahren ⇒ Schach

Im Rahmen von freiwilligen Sozialleistungen wurde die Werkssportvereinigung von der ÖDK unterstützt. Zusätzlich musste von jedem Werkssportvereinsmitglied ein Mitgliedsbeitrag und ein Sektionsbeitrag eingezahlt werden, welcher sich nach den Interessen und Aktivitäten der Mitarbeiter orientierte. Die Werkssportgemeinschaft mit Hauptsitz in Klagenfurt musste einmal jährlich im Rahmen einer Hauptversammlung einen Tätigkeitsbericht abliefern. Die Freizeitanlagen, wie zum Beispiel der Fußball- oder Tennisplatz wurden von der ÖDK zur Verfügung gestellt, die Erhaltung und Wartung der Anlagen oblag den Mitgliedern.307

304 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 120. 305 Vgl. BELSAK, ÖDK, S. 154. 306 Vgl. FRAISSLER, Dampfkraftwerk Voitsberg, S. 121. 307 Vgl. Ebd. S. 122. - 168 -

Berechtigt zum Beitritt zur Werkssportgemeinschaft waren vorerst nur Betriebsangehörige. Im Laufe der Zeit konnten aber auch Familienangehörige und firmenfremde Personen, sofern sie einen im Betrieb beschäftigten Fürsprecher hatten, der Gemeinschaft beitreten. Besonders den pensionierten Mitarbeitern bot die Werkssportgemeinschaft die Möglichkeit, weiterhin Kontakt zum Unternehmen und zu den Mitarbeitern zu pflegen.308

ÖDK Chor

Seit dem Jahre 1954 existiert der Männerchor des Dampfkraftwerkes Voitsberg. Dabei handelt es sich um einen eigenständig eingetragenen Verein mit 33 Mitgliedern. Gegründet wurde dieser Chor vom ehemaligen Betriebsleiter DI Pfeifer und mit Ausnahme des Chorleiters durften nur Beschäftigte und Pensionisten dem Chor angehören. Das Gesangsrepertoire des Chores reichte vom Steirischen Volkslied bis hin zur Klassik. Bei der 50-Jahrfeier des Chors wurde eine Aufführung in der Maschinenhalle des Werkes 2 am 19. Juni 2004 vor 700 Zuschauern abgehalten.309

308 Vgl. BELSAK, ÖDK, S. 154. 309 Vgl. Kleine Zeitung: Bestandsjubiläum. 6. Juni 2004, S. 30. - 169 -

III. Die Liberalisierung des europäischen Strommarktes und die Auswirkungen auf Voitsberg

Durch die Idee einer Europäischen Union wurde auch an der Liberalisierung der Elektrizitätswirtschaft gearbeitet und 1996 deren EU-Richtlinien für den Elektrizitätsbinnenmarkt bestimmt. In den erarbeiteten Elektrizitätsbinnenmarktregelungen der EU ist die Verpflichtung der EU Mitgliedsstaaten ihre Elektrizitätsmärkte zu öffnen und allen Kundenkategorien ihren Netzzugang zu gewähren, verankert. Ziel ist es, die Strompreise so günstig wie möglich für den Konsumenten bereitzustellen.

Die Öffnung des europäischen Strommarktes bewegte sich infolge einer Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit Europas weg vom Monopol des Energieversorgers hin zu einer kostengünstigeren Versorgung der europäischen Wirtschaft mit Energie. Dadurch waren ein intensiverer Wettbewerb und eine stärkere Marktorientierung möglich.

Am 19. Dezember 1997 wurde die Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie vom Rat der Europäischen Union beschlossen, welche am 30. Jänner 1997 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft (Nr. 96/92/EG) veröffentlicht wurde. Zwanzig Tage nach der Veröffentlichung trat diese am 19. Februar 1997 gem. Art. 28 der Elektrizitäts-Binnenmarkt Richtlinie in Kraft und regelte eine Öffnung der europäischen Strommärkte in den folgenden neun Jahren.310

Zur Schaffung eines europaweiten Wettbewerbs im Energiebereich mussten alle EU- Mitglieder bis Mitte des Jahres 1998 gesetzliche Regelungen erarbeiten, um der Verpflichtung der Öffnung des europäischen Strommarktes im Jahre 1999 nachzukommen.311

310 Vgl. GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 22. 311 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 11. - 170 -

Als EU-Marktöffnungsgrad wurde in der Elektrizitätsbinnenmarktregel folgende stufenweise Erhöhung als Mindestmarktöffnungsgrad festgelegt:

Zeitraum Schwellenwert Marktöffnung 19.2.1997 40 GWh 22,7% 19.2.2000 20 GWh 28,4% 19.2.2003 9 GWh 33,0% Tabelle 26: EU-Marktöffnungsgrad

Quelle: GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 22.

Durch Inkrafttreten dieses neuen Gesetzes konnten Industriekunden mit einem Jahresstromverbrauch von 40 GWh ihre Stromlieferanten sofort frei wählen und den Preis für den Strom bis zu einem bestimmten Grad selbst bestimmen. Ab dem 19. Februar 2000 durften auch Abnehmer mit einem Jahresstromverbrauch von 20 GWh den Stromanbieter frei wählen.312

Im Energieliberalisierungsgesetz vom 19. Juli 2000 wurde eine vollständige Zulassung aller österreichischen Stromkunden zum europäischen Strommarkt beschlossen. Somit erfolgte bereits am 1. Oktober 2001 die vollständige Öffnung des Strommarktes und seit diesem Zeitpunkt kann jeder, unabhängig vom Jahresstromverbrauch, seinen Stromanbieter selbst wählen.313

Die Kernpunkte der Binnenmarktlinie sind:314

⇒ Unbundling ⇒ Organisation des Netzzuganges ⇒ Netztarife ⇒ Regelzonen ⇒ Regulierungsbehörden

312 Vgl. NEUBAUER, STEWEAG, S. 11. 313 Vgl. STOCKINGER, Bettina: Die Liberalisierung des europäischen Strommarktes. SOWI-Diplomarbeit, Graz 2001, S. 85. 314 Vgl. Ebd. S. 19 f. - 171 -

In Österreich wurde infolge der Liberalisierung im Jahr 1998 das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) neu festgelegt und im Juli 2000 der Artikel 7 des Energieliberalisierungsgesetztes neu geregelt. Den Stromverbrauchern wurde somit die Möglichkeit eingeräumt, ihren Stromanbieter frei zu wählen und auf der anderen Seite erlaubte die Gesetzesnovellierung den Energieproduzenten, alle Kunden zu beliefern.315

„Das ElWOG hat zum Ziel, die österreichischen elektrizitätsrechtlichen Bestimmungen mit dem EU-Recht zu harmonisieren und jene rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen E-Wirtschaft in einem internationalen Umfeld erhöhen. Gleichzeitig sollen mit dem neuen ElWOG die bisherigen Zielsetzungen der österreichischen Energiepolitik (Umwelt- und soziale Verträglichkeit, Versorgungssicherheit und Kostenminimierung) fortgeführt werden“.316

Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen des ElWOG:317

⇒ Anschluss- und Versorgungspflicht ⇒ preisgünstige Elektrizitätsversorgung ⇒ Abnahmeverpflichtungen ⇒ Wahrung der umwelt- und sozialverträglichen Ausübung ⇒ Vorrangstellung erneuerbarer Energieträger

Das Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission“ sind als Regulierungsfaktoren implementiert worden.318

315 Vgl. STOCKINGER, Liberalisierung, S. 27. 316 Ebd. 317 Vgl. Ebd. S. 29. 318 Vgl. Ebd. S. 30. - 172 -

Die Aufgaben dieser Regulierungsbehörden sind:

Regulierungsbehörden Aufgaben Überwachung- und Aufsichtsfunktion Wettbewerbsaufsicht Strompreisvergleiche Überwachung der Entflechtung (Unbundling) Elektrizitäts-Control GmbH Überwachung der Einfuhr aus Nichtmitgliedsstaaten Ausarbeitung von Marktregeln Feststellung von Reziprozitätsbedingungen319 Erfüllung der Vorgaben der Europäischen Kommission Genehmigung der allgemeinen Bedingungen der Netzbetreiber Tarifbestimmung Elektrizitäts-Control Kommission Untersagung von sittenwidrigen Bedingungen Erteilung von Netzzugangsverweigerungen Streitschlichtungen, Konfliktlösungen Bestimmung des Zuschlages zum Systemnutzungstarif Tabelle 27: Die Aufgaben der Regulierungsbehörden

Quelle: Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts-Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission, BGBl I., 121/2000.

Damit auch Österreich der harten Konkurrenz des europäischen Strommarktes im Zuge der Liberalisierung standhalten und in der europäischen Union wettbewerbsfähig bleiben konnte, wurden in der Energiewirtschaft einige Strukturveränderungen vorgenommen. So wurden die Austrian Hydro Power AG für die Sparte Energieerzeugung aus Wasserkraft und die Austrian Thermal Power GmbH & Co KG für die Sparte kalorische Energieerzeugung gegründet und die Kraftwerksanlagen in die einzelnen Sparten eingegliedert.320

319 Reziprozitätsbedingungen: Ausländische Unternehmen dürfen nicht mehr Strom in ein anderes Land exportieren als importiert wird. 320 Siehe Kapitel VERBUND, Tochtergesellschaften. - 173 -

Eingliederung des Kraftwerkes Voitsberg in die VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG

Im Jahr 2000 kaufte der VERBUND die Anteile der KELAG an der ÖDK (49 Prozent) und die Sondergesellschaft wurde rückwirkend mit 1. Jänner 2000 in das neu gegründete Tochterunternehmen Austrian Hydro Power AG (AHP) eingegliedert.321

Für die Sparte kalorische Kraftwerke wurde 2001 die VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG (ATP), welche zu den größten thermischen Stromerzeugern und Fernwärmelieferanten Österreichs zählt, gegründet. In diese Gesellschaft wurden anschließend alle Wärmekraftanlagen der Draukraft, Verbundkraft und STEWEAG eingegliedert. Somit wechselte auch das Kraftwerk Voitsberg seinen Besitzer und wurde von nun an von der Austrian Thermal Power GmbH & Co KG betrieben.322

Die weit überhöhten Kohlebezugskosten aufgrund des abgeschlossenen Kohlelieferungsvertrages wurden über den amtlich verordneten Stromtarif abgegolten. Jedoch war mit der Liberalisierung der Strommärkte diese Preisfestsetzung nicht mehr möglich. Somit wurde der Verlust aus dem Dampfkraftwerk direkt auf den VERBUND abgewälzt, denn mit dem vereinbarten Kohlepreis konnten die Einnahmen aus der Stromerzeugung die Bezugskosten der Kohle nicht abdecken.

„Nach dreijährigen schwierigen Verhandlungen, ausgelöst durch die Liberalisierung des Strommarktes, konnten sich GKB-Bergbau und VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & Co KG (ATP), vormals Draukraft, nun auf den gesetzlichen Grundlagen des ElWOG bzw. der Stranded-costs-Verordnungen des Wirtschaftsministers über die Neugestaltung des Kohlelieferungsvertrages 1977 einigen. Der Anfang Juni von beiden Vertragspartnern unterzeichnete Vertrag sieht vor, dass die GKB-Bergbau nur noch bis zum 30. Juni 2004 (und nicht bis Ende 2008) Braunkohle liefert – dies allerdings zum eingefrorenen Preis aus 1999.“323

321 Vgl. WIKIPEDIA, Verbund. http://de.wikipedia.org/wiki/Verbund_AG, Juni 2011. 322 Vgl. VERBUND: Neugestaltung der Verbund-Erzeugungsstruktur. http://www.verbund.com/cc/de/news- presse/news/2002/08/23/Neugestaltung, Mai 2011. 323 VERBUND: Einigung Verbund-GKB Bergbau über Kohlelieferung bis Mitte 2004. www.verbund.at/cps/rde/xchg/internet/hs.xsl/354_2415.htm, Oktober 2010. - 174 -

Verkürzung des Kohlelieferungsvertrages

Der Bergbau war das wichtigste Standbein der GKB. Rund 70 Prozent der Einnahmen der Gesellschaft wurden durch den Vertrieb der Braunkohle erwirtschaftet. Durch den neu verhandelten Kohlelieferungsvertrag im Jahre 1987 zu wesentlich schlechteren Konditionen mit den Österreichischen Draukraftwerken als Hauptabnehmer der GKB-Kohle musste ein gewaltiger Umsatzeinbruch in Kauf genommen werden (von 1,4 Mrd. Schilling 1986 auf 900 Mio. Schilling 1987).324

Im Oktober 2000 wurde nach langen Verhandlungen eine Verkürzung der Vertragslaufzeit bis 30. Juni 2004 vereinbart und die Stilllegung des Kraftwerkes im Jahr 2006 in Aussicht gestellt, da die Kohle nicht wettbewerbsfähig war.325

Laut Kohlelieferungsvertrag hätte die ÖDK an die GKB 470 Schilling pro gelieferte Tonne Kohle bezahlen müssen. Tatsächlich wurde aber ein Abschlag von 200 Schilling vorgenommen, da die Kosten weit über dem Weltmarktpreis lagen.326

Mit Auslaufen des Kohlelieferungsvertrages wurde auch das Ende des Braunkohletagbaues eingeläutet, wodurch für die Region ein bedeutender Arbeitgeber verloren ging. Dem GKB- Bergbau drohte durch die anwachsenden Forderungen gegenüber der ATP die Überschuldung. Nach der Schließung waren nur noch wenige Mitarbeiter für Rekultivierungsmaßnahmen bei der GKB beschäftigt.

Von den noch vorhandenen Kohlemengen sind noch 2,5 Millionen Tonnen wirtschaftlich abbaubar gewesen. Hauptproblem des Energiestandortes war, dass der vertraglich fixierte Braunkohlepreis doppelt so hoch wie der Weltmarktpreis war. Die Erhaltung des Kraftwerkes als Reservefunktion für Krisensituationen wurde in Erwägung gezogen.

Im Mai 2000 erarbeitete die Arbeitsgruppe „Zukunft – Bezirk Voitsberg“ mit Vertretern der Wirtschaftskammer, des AMS, der Industriellenvereinigung und des Landes Steiermark ein

324 Vgl. SCHREYER, Voitsberg, S. 27. 325 Vgl. KLETZAN, Daniela/KÖPPL, Angela: Environmentally counterproductive support measures. Maßnahmen im Bereich Energie. Wien 2002, S. 24. 326 Vgl. STEIERMÄRKISCHER LANDTAG: Stenographischer Bericht, 6. Sitzung, 13. Februar 2001, S. 5.

- 175 -

Konzept zur Restrukturierung des Bezirkes. Ziel war es, durch Kooperationen mit der WIFI und dem BFI den Qualifikationsbedarf der Wirtschaft zu decken und die Arbeitsplatzverluste der ÖDK und GKB abzufangen. Weiters wurde an einer Verbesserung der Infrastruktur, an der Vermarktung und Sicherung von industriellen Grundstücken sowie an der Installierung eines Innovationsförderungsprogramms gearbeitet.327

Trotz des Gutachtens der steiermärkischen Arbeiterkammer, aus dem hervorging, dass eine Umrüstung des Kraftwerkes auf Steinkohle wirtschaftlich rentabel wäre, wurde die Schließung des Dampfkraftwerkes vollzogen.328

Impulsstudie Arbeiterkammer

Im Jahre 2003 wurde eine Impulsstudie im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Steiermark zur Erhaltung des Energiestandorts Voitsberg III durchgeführt. Diese Studie wurde von DI Dr. P Schenk Me&More – einem Ingenieurbüro und Unternehmensberater in Graz – erstellt. Ziel der Studie war es, die Chancen für die Weiterbetreibung des Kraftwerkes sowie Verbesserungsschläge darzulegen, um somit den Weiterbetrieb der Anlage zu sichern.

Die Studie besagt, dass die Vorräte der heimischen Braunkohle unter Aufsetzung eines neuen Vertrages noch etwa 10 Jahre lang abbaubar wären. Danach sollte die Kesselanlage auf andere Brennstoffe umgerüstet werden (Steinkohle, Erdgas, Biomasse). Mit dem Weiterbetrieb könnten zudem rund vier Mio. Euro an Netzkosten eingespart werden. Zum Zeitpunkt der Studie war das Kraftwerk 20 Jahre in Betrieb und voll funktionsfähig. Die technische Lebensdauer eines Kraftwerkes wird international mit 40 Jahren bemessen.329

327 Vgl. LANDTAG, Stenographischer Bericht, S 6. 328 Vgl. ARBEITERKAMMER STEIERMARK: Dampfkraftwerk Voitsberg III. Dringlichkeitsantrag vom 22.11.2007. http://www.akstmk.at/www-395-IP-38411.html, November 2008. 329 Vgl. ARBEITERKAMMER: Erhaltung – Energiestandort Dampfkraftwerk Voitsberg 3. Impulsstudie im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Steiermark. http://stmk.arbeiterkammer.at/pictures/d12/Studie_VO_2003.pdf , November 2008. Die Studie umfasst 72 Seiten und ist unter dem Link http://www.akstmk.at/bilder/d12/Studie_VO_2003.pdf abrufbar! - 176 -

Die Schließung von Voitsberg III

Im Bezirk Voitsberg wurde das Dampfkraftwerk Voitsberg unter politischem Geheiß erbaut, um den Bergbau und die dazugehörigen Arbeitsplätze abzusichern. In der Hochblüte des Bergbaues waren bis zu 6.500 Personen bei der GKB beschäftigt. Ab dem Jahre 1988 wurden keine neuen Mitarbeiter eingestellt. Der Bergbau wurde Mitte des Jahres 2004 infolge von Unrentabilität geschlossen, obwohl eine Versorgung des Kraftwerkes mit Kohle noch bis 2013 möglich gewesen wäre.330

Hauptproblem des Energiestandorts war, dass der vertraglich fixierte Braunkohlepreis mehr als das Doppelte des Weltmarktpreises betrug. Deutlich billiger hätte Strom durch Zufeuerung von Biomasse erzeugt werden können, jedoch hätte der benötigte Umbau der Anlage mehr als 50 Millionen € gekostet.331

Am 20. November 2003 beschloss der Aufsichtsrat der ATP das Kraftwerk Voitsberg III zu schließen. Für den weststeirischen Arbeitsraum bedeutete dies einen Verlust von 90 Arbeitsplätzen im Kraftwerk.332

Laut Aussage des Projektleiters Otto Wanz brachte das Kraftwerk dem VERBUND Verluste in der Höhe von 30 Millionen Euro jährlich ein. Am 30. Juni 2004 endete der Kohleliefervertrag zwischen der Austrian Thermal Power und der GKB und nach Verfeuerung der letzten Braunkohlevorräte wurde das Kraftwerk Mitte des Jahres 2006 vom Betrieb genommen und konserviert.333

Am 20. November 2003 demonstrierten 80 Mitarbeiter der VERBUND Tochter Austrian Thermal Power (ATP) vor der VERBUND-Zentrale in Wien gegen die Schließung des Kraftwerkes und den Verlust von 280 Arbeitsplätzen.334

330Vgl. Kleine Zeitung: Letzter Hilferuf für GKB. 5. September 2003, S. 21. 331 Vgl. Die Presse: Köflach bleibt auf Kohle sitzen. 5. September 2003, S. 21. 332 Vgl. PARLAMENT: Anfrage von der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann betreffend die Erhaltung der Energieversorgungssicherheit im Süden Österreichs anlässlich der Stilllegungspläne des Kraftwerkstandortes Voitsberg. www.parlament.gv.at/PG/DE/XXII/J/J_01511/fname_016973.pdf, November 2008. 333Vgl. Kleine Zeitung: Projektleiter Otto Wanz und Bürgermeister Johann Glettler sprechen mit Kleine-Zeitung- Lesern. 13. Juni 2003, S. 16. 334Vgl. Kleine Zeitung: Ungleiche Kraftprobe mit Verbund. 21. November 2003, S. 32. - 177 -

Im Juli 2003 fand auf Initiative der Nationalratsabgeordneten Elisabeth Großmann ein Energiegipfel in Voitsberg statt, mit dem Ziel, über die Zukunft des Dampfkraftwerkes Voitsberg zu diskutieren. Die Steiermark wurde von einem Energieproduktionsstandort zu einem Strom-Importland degradiert. Da das Dampfkraftwerk, mit den modernsten Umweltvorgaben ausgestattet, erst ein Drittel seiner Lebensdauer in Betrieb war, wurden vom Betriebsrat 32.000 Unterschriften für die Erhaltung des Energiestandortes gesammelt und an Landeshauptfrau Waltraud Klasnic übergeben. Indes wurde vom SPÖ-Landtagsabgeordneten Karl Petinger bei der Steiermärkischen Landesregierung der Antrag eingebracht, ein Nachnutzungskonzept für den Energiestandort erarbeiten zu lassen.335

Die Nationalratsabgeordnete Elisabeth Grossmann stellte im Juni 2004 eine parlamentarische Anfrage an Minister Martin Bartenstein, hinsichtlich der Versorgungssicherheit und des zukünftigen stabilen Netzbetriebes für den Süden Österreichs sowie im Hinblick auf eine Beurteilung der Chancen für den Weiterbetrieb des Kraftwerkes. Im Norden Österreichs herrschte ein Erzeugungsüberschuss, jedoch konnte der Süden, aufgrund von Leitungsengpässen bei der Nord-Süd-Verbindung, nicht entsprechend versorgt werden.336

Bei einem Black-Out, einhergehend mit einem einstündigen Stromausfall, würden rund 21,4 Millionen Euro an Wertschöpfungs-Potential verloren gehen. Hauptgeschädigter wäre die Lebensmittelgüterindustrie. Angesichts dessen forderte auch die Industriellenvereinigung eine Schließung der Lücke im Hochspannungsnetz bei Abschaltung von Voitsberg III.337

Die Antwort von Minister Bartenstein lautete: „Im liberalisierten Elektrizitätsmarkt sind Entscheidungen über Planung, Investition, aber auch Stilllegung von Kraftwerken Angelegenheit der Investoren beziehungsweise Betreiber dieser Kraftwerke.“338

Die europäische Elektrizitätswirtschaft geht von einer starken Verknappung des Stromangebots in Österreich aus. Anlässlich einer Konferenz in Prag wurde die Errichtung von Kraftwerken mit einer Kapazität von 600.000 Megawatt in den nächsten Jahren thematisiert. Die Investitionen werden auf 500 Mrd. Euro geschätzt, wobei die Hälfte auf die Erneuerung bestehender Anlagen entfällt. Ein neu errichtetes Gas-Kraftwerk im Süden

335 Vgl. Kleine Zeitung: „Konservierung“ geplant. 9. Juli 2003, S. 19. 336 Vgl. Kleine Zeitung: Winzige Chance. 23. Juni 2004, S. 21. 337 Vgl. Die Presse: Energie: Strommangel kostet 38.500 Jobs. 3. November 2004. 338 Kleine Zeitung: Winzige Chance. 23. Juni 2004, S. 21. - 178 -

Österreichs mit einer Leistung von 832 MW Strom und bis zu 400 MW Fernwärme fungiert als Ersatz für das Kraftwerk Voitsberg. Aufgrund von (speziellen) Genehmigungen konnte dieses neue Kraftwerk allerdings nicht am selben Standort errichtet werden.339

Für die 216 bei der GKB beschäftigten Mitarbeiter wurde eine Kohlestiftung ins Leben gerufen, in der das Land jährlich für einen Zeitraum von vier Jahren 335.000 € an Förderungen für ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsprogramm der Dienstnehmer zur Verfügung stellte. Die restliche Finanzierung erfolgte durch die GKB sowie Solidarbeiträge des AMS. Zudem wurde Anfang des Jahres 2003 die Bergdirektion in Köflach aufgegeben und nach Bärnbach-Oberdorf verlegt. Im Juni 2004 fand die letzte Lieferung an das Dampfkraftwerk Voitsberg statt. Bis Ende 2004 wurden noch kleine Lieferungen an die Firma Sappi in Gratkorn getätigt.340

Am 12. Juni 2005 stürmten rund 30 Aktivisten von Greenpeace das Werk. Am Boden wurde Biomasse für die notwendige Umrüstung des Kraftwerkes verteilt. Am Kraftwerk wurde ein

250 m² großes Plakat mit den Worten „Stopp CO2. Biomasse statt Kohle!“ aufgehängt. Zusätzlich wurden der Kraftwerksleitung 50 Säcke mit Hackschnitzel mit der Forderung „Nicht zusperren. Umbauen!“ übergeben. Mit dieser Aktion forderten die Aktivisten den Erhalt des Kraftwerkes und dessen Umrüstung auf ein 70-MW-Biomassekraftwerk durch die Politik. Greenpeace erhoffte sich dadurch:

⇒ ein Bekenntnis der Steiermark zum Klimaschutz, ⇒ die Unterstützung der heimischen Forst- und Landwirtschaft, ⇒ die Rettung der Arbeitsplätze in Voitsberg, ⇒ die Umrüstung zum Öko-Strom, ⇒ mehr Energieunabhängigkeit zum Ausland und ⇒ einen verminderten Import von Atomstrom.341

Oswin Kois, Vorstandsdirektor der Austrian Thermal Power, äußerte sich dazu, dass bei Umrüstung 1.000 Kubikmeter Biomasse pro Stunde verfeuert werden müssten und logistisch dieses Problem schon alleine wegen der bereits großen CO2-Intensität im Bezirk Voitsberg

339 Vgl. Die Presse: Verbund plant neues Großkraftwerk. 25. Juni 2003. 340 Vgl. Kleine Zeitung: „Kohle“ für die Stiftung. 16. Dezember 2003, S. 19. 341 Vgl. GREENPEACE: Biomasse für Voitsberg. http://www.greenpeace.at/2180.98.html, September 2010. - 179 -

nicht lösbar sei, denn alle vier Minuten müsste ein LKW die Biomasse anliefern, des Weiteren sei nicht genug steirische Biomasse vorhanden.342

Auch der VERBUND-Generaldirektor Hans Haider nahm Stellung:

„Zur Sicherung der steirischen Stromversorgung forciert der VERBUND das Projekt eines Gas-Kombi-Kraftwerkes in Mellach südlich von Graz, welche bei 800 MW elektrischer und

250 MW thermischer Leistung in etwa gleich viel CO2-Emissionen verursacht, obwohl es rund drei mal so viel Strom erzeugt wie das Braunkohlekraftwerk Voitsberg. Zur nachhaltigen Sicherung der Energieversorgung des Wirtschaftsstandortes Steiermark will der VERBUND in den kommenden Jahren in den Ausbau von Kraftwerken und Netzen insgesamt rund 600 Mio. Euro investieren. Das macht deutlich mehr Sinn als das Geld für Projekte zu verschwenden, die weder wirtschaftlich noch ökologisch vertretbar sind.“343

Außerdem betonte Haider, dass die Zuerkennung der Stranded Costs für den DKW-Standort von Seiten der EU mit der Schließung des Bergbaues bis 2004 und der Schließung des Kraftwerkes bis 2006 verknüpft war. Bei Nichteinhaltung des Schließungsplanes hätten die Betriebsbeihilfen zurückgezahlt werden müssen. Auch für die Erreichung der Kyoto-Ziele zur 344 Verringerung des CO2-Ausstoßes war ein Weiterbetrieb des Kraftwerkes ausgeschlossen.

Heftige Kritik gegen die Schließung des Kraftwerkes kam auch von Seiten der ÖVP, der KPÖ und den Grünen. Unter anderem wurde der SPÖ vorgeworfen, die angekündigten Maßnahmen gegen die Schließung des Kraftwerkes unbeachtet gelassen zu haben. Laut Franz Voves von der SPÖ wurde eine Übernahme des Kraftwerkes von Seiten der Energie Steiermark vorgeschlagen.345

342 Vgl. Kleine Zeitung: Interview mit Oswin Kois. Klare Beschlüsse zur Stilllegung. 13. Juli 2005, S. 25. 343 VERBUND: Statement zu Greenpeace-Forderung. http://www.zukunft- voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/OTS_20050713_OTS0054.pdf, Februar 2011. 344 Vgl. VERBUND: Verbund präsentiert das „Steiermark-Paket“ für eine sichere Stromversorgung. www.verbund.at/cps/rde/xchg/internet/hs.xsl/354_2733.html, Oktober 2010. 345 Vgl. ORF: Kraftwerk Voitsberg vor dem Aus. http://oesterreich.orf.at/steiermark/stories/108106, November 2008. - 180 -

Für die Schließung des Kraftwerkes und die Entlassung der rund 93 Mitarbeiter des Kraftwerkes wurden verschiedene Sozialpläne ausgearbeitet: ⇒ Beschäftigung innerhalb des VERBUNDES ⇒ Vorruhestandsmodell ⇒ Aussteigermodell mit Zusatzabfertigung ⇒ Stiftung346

Nachdem die letzten Braunkohlevorräte im Jahre 2006 aus dem Kohlerevier Oberdorf verfeuert wurden, wurde am 13. Mai 2006 das Dampfkraftwerk durch Beschluss der Eigentümergesellschaft und der ATP abgestellt. Dies war ein schwerer Schicksalsschlag für den Bezirk Voitsberg, denn es gingen nicht nur rund 100 Arbeitsplätze verloren, das Dampfkraftwerk war auch der ganze Stolz des Bezirk Voitsberg gewesen. Die Turbinen stehen seitdem still. Im Bezirk steht nun eine Industrieruine, die weiterhin, ohne eine bestehende Wertschöpfung, beständig gewartet werden muss.

Nach dem endgültigen Stillstand am 15. Mai 2006 wurden noch 40 Mitarbeiter für einen Monat für die Konservierung des Kraftwerkes im Betrieb eingesetzt, um Leitungen, Dampfkessel und Maschinen für die Zukunft haltbar zu machen.347

In Zeiten des Stillstandes des Kraftwerkes waren fünf Mitarbeiter täglich mit der Konservierung des Kraftwerkes am Kraftwerksstandort Voitsberg beschäftigt. Ihre Arbeit erstreckte sich über die Wartung der Anlagen und Gebäude, sodass das Kraftwerk jederzeit wieder in Betrieb genommen werden konnte.348

Der Einsatz von Kohle und die wirtschaftliche Bedeutung des Kohlebergbaus sind in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Der Großteil der Kohlegruben und Kraftwerke wurde mittlerweile stillgelegt.

Die Subvention der Kohle war in den letzten Jahren stets einer starken Kritik unterworfen: Einerseits steht der Abschaffung der Kohlesubvention die Erhaltung der Arbeitsplätze entgegen, andererseits übt der Liberalisierungsgedanke der Europäischen Union Druck auf die

346 Vgl. Kleine Zeitung: Der Würfel ist gefallen. 21. Juli 2005, S. 25. 347Vgl. Die Presse: Voitsberg: Aus für „steirischen Atommeiler“. 11. Mai 2006. 348 Interview und Kraftwerksbesichtigung mit Herrn Ing. Günther Wolf, Mitarbeiter der A-TEC, Voitsberg am 22.9.2010. - 181 -

Energiesubventionen aus, da sie eine Wettbewerbsverzerrung darstellen. Zudem belasten die Ausgaben den öffentlichen Haushalt und könnten anderwärtig als Instrument zur Erreichung der Kyoto-Ziele verwendet werden.

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Stranded costs

„Unter „Stranded Costs“349 versteht man bestimmte, in der Vergangenheit vorgenommene Investitionen oder abgeschlossene Rechtsgeschäfte im Bereich der Elektrizitätswirtschaft, die durch Erlösminderungen infolge der Marktöffnung unrentabel werden können.“350

Im Jahr 1977 nahm man die höheren Baukosten eines Braunkohlekraftwerkes in Kauf, um damit die Abhängigkeit zu Erdöleinfuhren zu vermindern. Somit erfolgte der Bau von Voitsberg III in Verbindung mit nationalen Wirtschaftsinteressen und unter Einfluss der weltweiten Energiekrise von 1973. Doch die Verfeuerung der teuren heimischen Braunkohle führte zu erheblich höheren Kosten.351

Denn die Kohle hatte in der Elektrizitätswirtschaft immer mehr an Bedeutung verloren und gleichzeitig auch keine Aussicht auf Wettbewerbsfähigkeit in der Europäischen Union. Der Bau und Betrieb des Dampfkraftwerkes Voitsberg wurden mit Regierungsbeschluss im Jahr 1976 auferlegt, um einen langfristigen Vertrag zwischen GKB und ÖDK (20. Juli 1977 bis zum 31. Dezember 2008) über Braunkohle abzuschließen.352

Um die Arbeitsplätze in der Region Voitsberg zu erhalten, wurde von der EU kraft des § 69 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 121/2000 im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates verordnet, dass die Stranded Costs über die Zahlung einer Abgabe von 0,042 Cent pro bezogener Kilowattstunde vom Stromkunden bis längstens 31. Dezember 2009 eingehoben werden konnten. Somit wurden die Sicherstellung des Braunkohlebergbaus und die Erhaltung der Arbeitsplätze in der Region gewährleistet. Das Dampfkraftwerk wurde dadurch für die höheren Kosten aus dem Kohlelieferungsvertrag und für die Erlösminderungen im Sinne des Liberalisierungsgedankens von der EU entschädigt.353

349 Siehe Anhang: Stranded-Costs-Verordnung. 350 PAUGER, Dietmar/PICHLER, Harald: Das österreichische Elektrizitätsrecht. Kommentar zum EIWOG 2000. 2. Aufl., Graz 2002, S. 410. 351 Vgl. Ebd. 352 Vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION: Staatliche Beihilfe Nr. N 34/99 – Österreich Ersatz von „Stranded Costs“ Brüssel 25.7.2001, http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-1999/n034-99.pdf, November 2009. 353 Vgl. KLETZAN, Energie, S. 24 und 43 sowie BGBl. II, 354. Verordnung über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen, ausgegeben am 28. September 2001. - 183 -

Gemäß Artikel 86 Abs. 2 müssen für eine Subvention folgende Vorraussetzungen erfüllt sein:354

• Die Beihilfe wird nur für eine Entschädigung, die einer Dienstleistung des allgemeinen wirtschaftlichen Interesses zugute kommt, gewährt. • Der Beihilfenempfänger muss mit der Dienstleistung betraut sein. • Die Ausgleichszahlungen müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. • Der Handelsverkehr darf nicht zu Lasten der Gemeinschaft beeinträchtigt werden.

Die Begünstigten müssen jährlich bei der Regulierungsbehörde Anträge auf Ausgleichszahlung stellen. Anhand dieses Antrages wird beurteilt, ob die Ausgleichszahlung zur Gänze bezahlt oder reduziert wird. Zudem erhalten Unternehmen, die Ausgleichszahlungen beziehen, keine Finanz- und Umstrukturierungsbeihilfen.355

Der abgeschlossene Kohlelieferungsvertrag zwischen der ÖDK und der GKB wurde jedoch verkürzt und endete somit am 30. Juni 2004. Aufgrund dessen beschränkte die EIWOG ebenfalls die Ausgleichzahlungen auf die Lebensfähigkeit des begünstigten Unternehmens:356

Am 2. November 2000 teilte die Europäischen Kommission mit, dass die Finanzhilfe für das Dampfkraftwerk Voitsberg von 2,43 Mrd. ATS (177 MEUR) auf 1,82 Mrd. ATS (132,6 MEUR) gekürzt würde. Grund dafür war die verkürzte Laufzeit des Vertrages über Braunkohle mit einer neuen Geltungsdauer bis zum 30. Juni 2004.357

Der Großteil der Fördermittel für das Dampfkraftwerk Voitsberg wurde für Stilllegungsarbeiten sowie für die Sanierung des Abbaugebietes und Umweltmaßnahmen verwendet.

Bereits im Jahr 2006 wurde über den EU-Abgeordneten Jörg Leichtfried eine Anfrage an die Europäische Kommission betreffend die eventuelle Rückzahlung der Schließungsprämie bei Umrüstung des Kraftwerksstandortes gestellt. Die Antwort der zuständigen EU-

354 Gemäß Artikel 86 Abs. 2, Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag). 355 Vgl. EUROPÄISCHE KOMMISSION: Staatliche Beihilfe, November 2009. 356 Vgl. Ebd. 357 Vgl. Ebd. - 184 -

Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, fiel durchaus positiv aus, denn bei einer Umrüstung auf einen anderen Primärenergieträger besteht keine Rückzahlungsverpflichtung der Beihilfe.358

Durch die Gewährung der Stranded-costs erhielt der VERBUND von der EU die Genehmigung, als Ausgleichsposten für die teure heimische Braunkohle der GKB und für den Schließungsvorgang Preisaufschläge von 132,6 Millionen Euro an die Stromkunden zu verrechnen. Im Falle einer Umrüstung des Kraftwerkes müssen die Stranded-Costs nicht an den Stromkunden zurückbezahlt werden.

358 Vgl. Kleine Zeitung: Pläne kommen auf den Tisch. 7. November 2007, S. 28. - 185 -

Der Verkauf an Mirko Kovats und die A-TEC Industries AG

Nachdem die deutsche Firma Lohmann mit dem Wunsch, die Anlage zu erwerben und in die Türkei weiterzuverkaufen, an den VERBUND herantrat, lud der VERBUND auch andere Interessenten zur Angebotslegung für das Kraftwerk Voitsberg ein. Indes wurden von externen Fachleuten folgende Optionen für den Weiterbetrieb von Voitsberg geprüft:359

⇒ Umrüstung auf Steinkohle und eigene Weiterführung ⇒ Umrüstung auf Steinkohle durch Dritte ⇒ Umrüstung auf Biomasse ⇒ Verkauf der Maschinen und Verwertung des Grundes ⇒ Verwertung des gesamten Standortes

Nach Entschluss des VERBUNDES zur Nichtweiterbetreibung des Kraftwerkes, ließ die Geschäftsführung der Austrian Thermal Power GmbH & Co KG am 25. Jänner 2008 verlautbaren, in einem EU-konformen Bieterverfahren den Erwerb der gesamten Kraftwerksanlage inklusive Liegenschaft sowie den Erwerb von Kraftwerkskomponenten des seit zwei Jahren stillgelegten Kraftwerkes auszuschreiben.360

Gutachten des VERBUNDES zeigen, dass das Gesamtprojekt 20-30 Millionen Euro an Wert besitzt.361

Kurz vor Ende der Frist zur Angebotslegung bestätigte PricewaterhouseCooper (PWC) am 22. April 2008, dass sich rund 50 Bewerber für das Kraftwerk in Voitsberg interessierten. Das konservierte Kraftwerk war sowohl im Rahmen einer Teilverwertung als auch Gesamtstandortverwertung käuflich.362

Bei dem durch die PWC im Auftrag gegebenen Bestpreisbieterverfahren zur Verwertung des Standortes Voitsberg konnte die größtmögliche Transparenz und Professionalität der Verhandlungen gewährleistet werden. In der zweiten Phase blieben 28 in- und ausländische

359 Vgl. Kleine Zeitung: Verbund schweigt eisern zu Lösung für Voitsberg. 23. November 2007, S. 44. 360 Vgl. VERBUND: Kraftwerksanlage Voitsberg. Verbund-Austrian Thermal Power leitet Bieterverfahren ein. www.verbund.at/cps/rde/xchg/internet/hs.xsl/354_7321.htm, Oktober 2010. 361 Vgl. Die Presse: Kraftwerk Voitsberg. Pläne für Müllverbrennung. 9. Mai 2008. 362 Vgl. OE24: Knapp vor Gebotsende 50 Interessenten für Alt-Kraftwerk Voitsberg. http://www.oe24.at/wirtschaft/50-Interessenten-fuer-Alt-Kraftwerk-Voitsberg/295142, April 2008. - 186 -

Bewerber übrig, von denen drei in die engere Auswahl kamen. In der letzten Phase des Verfahrens wurde noch mit drei Bewerbern verhandelt.363

Ab dem 2. Juni 2008 mussten die letzten drei Interessenten ein verbindliches Angebot legen. Darunter waren der Baukonzern Alpine, Mirko Kovats mit der A-TEC-Tochter Austrian Energy & Environment und der deutsche Anlagenbauer Becker, der den Standort nicht weiter betreiben, sondern verwerten wollte.364

Auf Vermittlung des früheren ÖVP-Landesrates und ESTAG-Vorstandes Gerhard Hirschmann interessierte sich der Industrielle Mirko Kovats für den Kauf des Kraftwerkes. In Zusammenarbeit mit Gerhard Hirschmann, der Stadtgemeinde Voitsberg und Mirko Kovats sollte das Dampfkraftwerk auf Steinkohle umgerüstet und wieder in Betrieb genommen werden. Das 330-MW Kraftwerk hätte somit ein Sechstel des steirischen Strombedarfes decken können. Die Steinkohle sollte daher über die Bahn aus Polen, mit zwei Zügen pro Werktag, angeliefert werden.365

Die ersten Angebote überstiegen angeblich die 20-Millionen-Euro-Grenze, wobei der Alpine- Konzern dem Vernehmen nach das höchste Angebot gelegt hatte. Sowohl Alpine als auch Kovats hatten allerdings um Fristerstreckung gebeten, um die rechtliche Abklärung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei Umrüstung des Kraftwerks durchzuführen.366

Der Industrielle Mirko Kovats hatte der VERBUND-Tochter Austrian Thermal Power ein doppeltes Angebot vorgelegt. Ein Angebot zur Demontage des Werkes und ein zweites zum Kauf und Weiterbetrieb des ehemaligen Energie-Standortes Voitsberg. Ziel von Kovats war die Stärkung des Kohlekraftwerkskesselgeschäfts sowie die erneute Einspeisung in das 110 kV-Netz und der damit einhergehenden Deckung von rund einem Sechstel des Energiebedarfes der Steiermark.367

363 Vgl. VERBUND: Bieterverfahren Voitsberg. A-TEC ist Bestbieter zur Gesamtstandortverwertung. www.verbund.at/cps/rde/xchg/internet/hs.xsl/354_8327.htm, Oktober 2010. 364Vgl. Kleine Zeitung: Nur noch drei Bieter im finalen Rennen um Kraftwerk Voitsberg. 3. Juni 2008, S. 26. 365 Vgl. Kleine Zeitung: Mirko Kovats will Voitsberg wachküssen. 26. Oktober 2007, S. 38. 366 Vgl. Die Presse: Kraftwerk. Verkauf von Voitsberg in der Endrunde. 1. Juni 2008. 367 Vgl. Die Presse: Energie. Kovats will Kraftwerk Voitsberg kaufen. 26. Oktober 2007. - 187 -

Laut Informationen dürfte der gebotene Preis von Mirko Kovats bei 35 Millionen Euro gelegen haben.368

Am 30. Juli 2008 ging die A-TEC als Bestbieter aus dem von PWC abgewickelten Bieterverfahren hervor und der Vertrag zur Gesamtstandortverwertung wurde unterzeichnet. Über den verhandelten Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Mit der im Kraftwerksgeschäft tätigen Konzerngesellschaft Austrian Energy & Environment Gruppe sollte die geplante Umrüstung durchgeführt werden.369

Kovats war auch der Wunschkandidat vom Bürgermeister der Stadt Voitsberg, Ernst Meixner, gewesen, denn sein Vorhaben war es, auch ein Kompetenzzentrum am Kraftwerksstandort zu errichten. Damit wurden 150-200 neue Arbeitsplätze im Bezirk in Aussicht gestellt. Des Weiteren verfügt der Bezirk Voitsberg über eine HTL mit Schwerpunkt Maschinentechnik sowie eine Berufsschule im Bereich Elektrotechnik. Die Umrüstung des Kraftwerkes auf Steinkohle hätte sich auf einen Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahre erstreckt.370

Laut Mirko Kovats beträgt das Investitionsvolumen für den Umbau des Kraftwerkes und die notwendige neue Logistik mit einer Kohleentladestation rund 100 Mio. Euro. Die A-TEC Beteiligungs GmbH unter der Leitung des Geschäftsführers Dr. Alfred Weinberger übernahm fortan die notwendigen Angelegenheiten zur Umrüstung des Kraftwerkes Voitsberg. Auch Kovats Unternehmen Austrian Energy & Environment (AE&E) war als Auftragnehmer involviert. Die EBS Kraftwerk Voitsberg Betriebs GmbH wurde gegründet, welche die AE&E beauftragte, ein Angebot für den Umbau in eine Ersatzbrennstoff-Anlage zu erstellen.371

Als erste Schritte wurden die Abbrucharbeiten der beiden Altanlagen Voitsberg I und Voitsberg II mit Anrainerverhandlungen von Kovats beauftragt. Der Umbau von Voitsberg III war mit einer Zeitspanne von eineinhalb Jahren kalkuliert.372

368 Vgl. Der Standard: Kovats-Pleite trifft auch „Prestige“-Kraftwerk. 26. November 2010. 369 Vgl. Die Presse: A-TEC kauft stillgelegtes Kraftwerk Voitsberg. 30. Juli 2008. 370 Vgl. Kleine Zeitung: Jubel über Zuschlag an Kovats.1. August 2008, S. 26. 371 Vgl. Die Presse: Kraftwerk Voitsberg. Pläne für Müllverbrennung. 9. Mai 2008. 372 Vgl. Die Presse: Ungeduld, Ängste, Abbruch und eine Vertröstung. 12. März 2009. - 188 -

Mirko Kovats

Dr. Mirko Kovats wurde am 3. August 1948 in Wien als Sohn einer ungarischen Einwandererfamilie geboren. Er studierte Handelswissenschaften an der Universität für Welthandel in Wien und promovierte bereits im Alter von 23 Jahren.373

Im Jahr 2003 kaufte er sich für 68,8 Millionen Euro bei der VA Tech ein. Er setzte sich massiv für Kapitalerhöhungen ein und stockte somit seine Anteile auf. Eineinhalb Jahre später verkaufte er seinen Anteil mit einem Gewinn von 50 Millionen Euro an die Firma Siemens weiter.374

Zitat Kovats: „Atomkraft haben wir nicht, bei Wasserkraft schreien die Grünen wegen der Frösche, bei Gas sind wir von den Russen abhängig. Sollen wir uns alle nass rasieren?“375

A-TEC Industries AG

Ende der 90er Jahre begann Mirko Kovats seinen Konzern A-TEC Industries aufzubauen, indem er im Jahre 1997 50 Prozent der Anteile der insolventen Salzburger Werkzeugmaschinenfabrik EMCO erwarb und somit den Grundstein für den Industriekonzern A-TEC legte. Danach folgten die Austria Antriebstechnik (ATB), die Tiroler Montanwerke in Brixlegg und der Anlagenbauer Austrian Energy & Environment (AE&E). Durch Zukäufe von wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen, welche er wieder sanierte, erweiterte er kontinuierlich seinen Konzern.376

373 Vgl. WIKIPEDIA: Mirko Kovats. http://de.wikipedia.org/wiki/Mirko_Kovats, Juni 2011. 374 Vgl. Ebd. 375 Kleine Zeitung: Mirko Kovats will Voitsberg wachküssen. 26. Oktober 2007, S. 38. 376 Vgl. Kleine Zeitung: Überflieger. 23. Oktober 2010. - 189 -

Im Jahre 2009 gehörten dem Konzern mehr als 70 Unternehmen an, welche ungefähr 11.500 Mitarbeiter (2.000 in Österreich, davon 600 bei der AE&E) beschäftigten und einen Umsatz von rund drei Milliarden Euro (2009) erwirtschafteten. Es gab vier Kernbereiche:

• Anlagenbau • Antriebstechnik • Werkzeugmaschinenbau • Minerals & Metals377

Die A-TEC Industries AG war seit 1. Dezember 2006 als eines der größten Unternehmen an der Wiener Börse notiert. Kovats selbst hielt 67 Prozent der A-TEC Aktien.378

Die Anteile an der A-TEC verteilten sich wie folgt:379

⇒ 55,2 Prozent M.U.S.T Privatstiftung von Mirko Kovats ⇒ 11,3 Prozent Capital und Industrie Investment AG (Mikro Kovats) ⇒ 6,9 Prozent J.E. Loidold Privatstiftung ⇒ 26,6 Prozent notierten an der Börse

377 Vgl. A-TEC Industries: Über A-TEC Industries. http://www.a-tecindustries.com/de/, November 2008. 378 Vgl. Die Presse: A-TEC-Pleite: Abstimmung über Sanierungsplan. 27. Dezember 2010. 379 Vgl. Die Presse: A-TEC Sanierung nur mit Kovats-Entfernung möglich. 21. Oktober 2010. - 190 -

Tochterunternehmen

Die A-TEC ist eine Holding, die aus den folgenden vier Bereichen besteht:

⇒ Anlagenbausparte Austrian Energy & Environment (AE&E) ⇒ Werkzeugmaschinenbauer EMCO ⇒ Kleinmotorenbauer Austria Antriebstechnik (ATB) ⇒ Montanwerke Brixlegg (Kupferverarbeitung)380

Austrian Energy & Environment (AE&E)

Die zum A-TEC Konzern gehörende Firma Austrian Energy hat weltweit Erfahrungen im Geschäft mit der Energietechnik und ist vorrangig in den Sparten Dampferzeugung und Rauchgasreinigung tätig.381

Die AE&E beschäftigt weltweit 5.200 Mitarbeiter, davon 600 in Österreich. Das Unternehmen ging aus den Vorgängerunternehmen Simmering-Graz-Pauker AG (SGP) und Waagner Biro hervor. Im Jahre 1989 wurde die staatliche SGP geteilt und die Sparte Energie- und Umwelttechnik mit der Voestalpine fusioniert. Im Jahre 1992 erfolgte die Fusionierung mit Waagner Biro zur AE&E. Der Betrieb wurde 1999 von der VA tech an die Babcock Borsig Power GmbH verkauft, nachdem der Babcock-Konzern 2002 Konkurs anmeldete, übernahm die A-TEC das insolvente Unternehmen.382

Im Jahr 2009 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 187 Mio. Euro. Die AE&E Gruppe umfasst rund 37 Gesellschaften, zu der auch die AE&E Austria zählte. Mit einem Anteil von 50-60 Prozent stellte die AE&E die größte Divison der A-TEC Industries dar.383

380 Vgl. A-TEC Industries: Über A-TEC Industries. http://www.a-tecindustries.com/de/, November 2008. 381 Vgl. Ebd. 382Vgl. Die Presse: A-TEC reißt Anlagenbauer AE&E mit in die Pleite. 24. November 2010 sowie Der Standard: Kovats-Pleite trifft auch „Prestige-Kraftwerk“. 26. November 2010. 383 Vgl. Der Standard: Kovats-Pleite trifft auch „Prestige-Kraftwerk“. 26. November 2010. - 191 -

Umrüstung auf Steinkohle

Der Einsatz von Steinkohle, vor allem in kalorischen Kraftwerken auf Braunkohlebasis, ist ein stark diskutiertes Thema. Österreich verfügt im Gegensatz zu anderen Ländern über keine nennenswerten Steinkohlevorkommen. Angesichts des höheren Aufwandes – Import der Kohle aus dem Ausland – und der damit verbundenen höheren Kosten, ist Steinkohle nicht sehr beliebt. Dennoch wurden zahlreiche auf Braunkohlebasis geführte Kraftwerke bereits auf Steinkohle umgerüstet, wie zum Beispiel das Kraftwerk Riedersbach 2 im Besitz der ENERGIE AG Oberösterreich.384

Steinkohle hat gegenüber der Braunkohle einen großen Vorteil: Zum einen durch den höheren Energiegehalt je Masseneinheit und zum anderen durch den geringeren Ascheanteil. Dies ermöglicht auch den Transport der Steinkohle über größere Distanzen (Import aus dem Ausland). Die Investitionen einer Umrüstung inkl. des Ausbaus der Infrastruktur betragen zwischen 32-45 Mio. Euro. Der Kessel des Dampfkraftwerkes Voitsberg III kann für den Verbrennungsprozesses der Steinkohle verwendet werden, jedoch muss die Kohle den Eigenschaften des Kessels angepasst und dementsprechend gemischt werden. Bei der Herstellung des Kohlestaubes sind andere Mühlen als bei Braunkohle erforderlich.385

Vor 50 Jahren wurde das Kraftwerk von der Bevölkerung akzeptiert, weil es als größter Arbeitgeber der Region maßgeblich für die Erhaltung der Arbeitsplätze im Bergbau verantwortlich war. Nach der Schließung des Bergbaues und aufgrund eines starken Wertewandels – erhöhtes Umweltbewusstsein und begrenzte Ressourcen aus fossilen Brennstoffen – erfreuen sich Jahre später kalorische Verbrennungsanlagen zur Energieerzeugung keiner großen Beliebtheit mehr.

Lange Zeit herrschte in der österreichischen Elektrizitätspolitik der Grundgedanke einer ausreichenden Energiebereitstellung. Der Ausbau der Elektrizitätswirtschaft durch den Bau neuer Erzeugungskapazitäten und der Abschluss von Lieferverträgen standen im Vordergrund. Durch die gesellschaftlichen und umweltpolitischen Veränderungen haben sich

384 Vgl. ARBEITERKAMMER: Erhaltung Energiestandort Dampfkraftwerk Voitsberg 3. http://stmk.arbeiterkammer.at/pictures/d12/Studie_VO_2003.pdf, November 2008, S. 34. 385 Vgl. Ebd. S. 36. - 192 -

aber auch neue Unternehmensprinzipien wie Umweltverträglichkeit und soziale Verträglichkeit in der Elektrizitätspolitik durchgesetzt.386

386 Vgl. STOCKINGER, Liberalisierung, S. 1. - 193 -

Die Bürger machen gegen das Kraftwerk mobil

Unmittelbar nach dem Verkauf des Kraftwerkes konstituierten sich deshalb auch Bürgerinitiativen und Skeptiker, die vor den ökologischen Folgen einer Umrüstung und Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes im Luftsanierungsgebiet warnten.

Noch vor wenigen Jahren spielte sich jedoch das gesamte Szenario umgekehrt ab: 32.000 Weststeirer unterschrieben damals für die Weiterführung des Kohlekraftwerkes in Voitsberg. Seit Jahren strömt kein Rauch mehr aus Voitsberg III und wieder werden Unterschriftenlisten gesammelt und Plattformen gebildet, aber diesmal aus Sorge, dass das Kraftwerk wieder in Betrieb genommen wird.

Rund 500 Einsprüche wurden bis zum Ende der Einspruchsfrist am 29. Juni 2009 gegen die geplante Wiederinbetriebnahme bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg eingereicht. Die größte Sorge der Bevölkerung war die Beeinträchtigung der Luftqualität sowie die Schall- und Wasseremissionen. Am 1. Juli 2009 fand eine öffentliche, mündliche Verhandlung zum Kraftwerksprojekt im Speisesaal des Dampfkraftwerkes statt.387

Aufgrund völlig unzureichender Unterlagen der Antragssteller wurde die Verhandlung vom Verhandlungsleiter Dr. Schweighofer von der BH Voitsberg abgebrochen und folgende Vorgehensweise beordnet:388

1. Einreichung sämtlicher Gutachten in Schriftform bei der BH Voitsberg. 2. Nach vollständiger Einreichung erfolgt eine sechswöchige Einsehungsfrist für Interessierte.

Am 1. März protestierten in Graz rund 500 Personen gegen die Wiederinbetriebnahme des stillgelegten Kohlekraftwerkes. Mit Atemschutzmasken, Plakaten und schwarzen Luftballons wurde auf die Langzeitschäden für Umwelt und Bewohner aufmerksam gemacht. Nach der Ablehnung einer Umweltverträglichkeitsprüfung von Seiten der zuständigen Behörde wurde

387 Vgl. ORF: 500 Einsprüche gegen Kraftwerk Voitsberg. http://oesterreich.orf.at/steiermark/stories/371562, Juni 2009. 388 Vgl. BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT VOITSBERG: Dampfkraftwerk Voitsberg. Umrüstung des Blockes III auf Steinkohle. Verhandlungsschrift vom 1.7.2009. - 194 -

Herrn Landeshauptmann Franz Voves ein schwarz bemalter Karton mit der Aufschrift „450.000 kg Feinstaub“ überreicht.389

Schützt den Bezirk Voitsberg

Die Verkaufspläne des VERBUNDES ließ auch den Verein „Schützt den Bezirk Voitsberg“ erneut aktiv werden. So forderte dieser Verein bereits bei Voitsberg II einen elektrischen Staubfilter und bei Voitsberg III die erste Rauchgasentschwefelungsanlage Europas. Diesmal verlangte der Verein eine Umrüstung auf erneuerbare Energie in Verbindung mit einem Kompetenzzentrum. Laut dem Obmann des Vereins Harald Knappitsch werden bei Steinkohle zwar weniger Tonnen Input pro Stunde benötigt (Braunkohle: 300 t/h; Steinkohle: 390 120-150 t/h), jedoch würden zusätzlich 1,4 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre der Region abgegeben.391

Aktion Zukunft Bezirk Voitsberg

Infolge des Verkaufs und der Umrüstungspläne wurde auch der Verein „Aktion Zukunft Bezirk Voitsberg“ gegen die Inbetriebnahme des Kraftwerkes gegründet. Der Initiator Georg Kürzl sammelte Unterschriften gegen die Umrüstungspläne des Kraftwerkes. Auf der Internetplattform www.zukunft-voitsberg.at werden die Aktivitäten des Vereins publiziert. Gefährdet sind laut Kürzl nicht nur die Bewohner des Bezirkes, sondern auch der Tourismus.

389 Vgl. ORF: Demonstration gegen Steinzeit-Kraftwerk. http://steiermark.orf.at/stories/426245/, März 2010. 390 1,4 Millionen Tonnen CO2 entspricht dem Ausstoß von rund 600.000-1.000.000 Autos (Quelle: Kleine Zeitung: Initiative gegen Umrüstung. 14. Dezember 2007, S. 35). 391 Vgl. Kleine Zeitung: Initiative gegen Umrüstung. 14. Dezember 2007, S. 35. - 195 -

Der Verein forderte daher:392

⇒ Keine Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes, da dies zu einer massiven Belastung der Luft führen würde. ⇒ Eine nachhaltige, umweltverträgliche Nachnutzung der ÖDK-Grundstücke unter Berücksichtigung der Interessen der Bürger und der Schaffung langfristiger Arbeitsplätze. ⇒ Die Nutzung des Areals als Gewerbe- und Industriepark. ⇒ Implementierung eines Kompetenzzentrums als Innovationsmotor.

Verein Frauenappell – Nein zu ÖDK Voitsberg

Nach der im Herbst 2009 getroffenen Entscheidung der FA 13 des Landes Steiermark über das negative Urteil zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung organisierten sich Frauen aus dem Bezirk Voitsberg und starteten eine Unterschriftenaktion. Innerhalb kürzester Zeit wurden 2.000 Unterschriften (ausschließlich von Frauen) gesammelt und bei der BH Voitsberg und Gemeinde Voitsberg vorgelegt.393

Mit dem Leitgedanken: „Die Gesundheit und das Leben unserer Kinder und unserer Familien sind unbezahlbar und können nicht gegen Arbeitsplätze aufgerechnet werden“ forderte der Verein:

⇒ Berufung gegen den Bescheid von Seiten der BH Voitsberg ⇒ Wahrnehmung der Ängste der Familien des Bezirkes Voitsberg ⇒ Erreichung der Klima-Ziele ⇒ Keine Gefährdung der Gesundheit ⇒ Offenlegung der Pläne für das angekündigte Forschungszentrum ⇒ Unterstützung von Projekten für erneuerbare Energie ⇒ Erhaltung des Lebensraumes im Bereich Voitsberg

392 Vgl. ZUKUNFT VOITSBERG: Aktuelle Informationen zum Projekt. http://www.zukunft- voitsberg.at/Dilletantische-Vorgangsweise.36.0.html, Februar 2011. 393 Vgl. Interview mit Obfrau vom Verein Frauenappell Susanne Unger, Voitsberg am 17.6.2011. - 196 -

Greenpeace

Bei der Schließung des Dampfkraftwerkes im Jahre 2006 forderte Greenpeace, das 330-MW- Kraftwerk zu einer 70-MW-Biomasse-Anlage umzubauen. Diese Biomasse sollte aus dem Umland zusammengetragen werden.394

Am 29. Juni 2009 überreichten zehn Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace dem Voitsberger Bezirkshauptmann Hannes Peißl und dem Verhandlungsleiter Franz Schweighofer eine Petition gegen die Umrüstung. Mit der Botschaft: „Kohlekraft ist Klimakiller. Nein zu Voitsberg Umrüstung“ wurde aktiv auf den Klimawandel hingewiesen. Anstatt der Wiederinbetriebnahme setzen sich die Aktivisten für erneuerbare Energie ein, indem sie die Entwicklung von Solarzellen forderten.395

Am 6. November 2009 protestierten die Aktivisten von Greenpeace am Voitsberger Hauptplatz erneut gegen die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes. Weiterhin kündigten sie an, Feinstaub-Messungen in bewohntem Gebiet und in der Nähe von Schulen durchzuführen.

Nach Ansicht von Greenpeace sind Kohlekraftwerke CO2-Schleudern, die in Zeiten des Klimaproblems nicht betrieben werden dürfen.396

Im März 2010 führte Greenpeace zwei Tage lang Feinstaubmessungen am Köflacher Bahnhof sowie in den Ortszentren von Bärnbach und Voitsberg durch. An allen drei Messpunkten wurde eine mehrfache Überschreitung der Grenzwert festgestellt, wobei jene Werte in Voitsberg am höchsten waren.397

Politik

Politische Interventionen prägten seit Jahren die Schließungs- und Umrüstungsdebatte des Kraftwerkes. Machten sich zu Beginn die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) sowie die Grünen gegen die Schließung des Kraftwerkes stark, so waren es dieselben Parteien, die sich Jahre später gegen die geplante Umrüstung des Kraftwerkes engagierten:

394 Siehe Kapitel: Schließung des Dampfkraftwerkes Voitsberg. 395 Vgl. Kleine Zeitung: Greenpeace fordert in Voitsberg Umstieg auf Alternativenergie. 30. Juni 2009, S. 23. 396 Vgl. Kleine Zeitung: Rauchender Schlot vor dem Rathaus. 6. November 2009, S. 32 sowie vgl. Kleine Zeitung: Gegen Steinkohle-Kraftwerk. S. 18. 397 Vgl. Kleine Zeitung: Warnung vor Feinstaub. 19. März 2010. - 197 -

⇒ Die österreichische Volkspartei, darunter der Vizebürgermeister der Stadt Voitsberg, Walter Gaich, setzte sich vehement gegen die Umrüstung und Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes ein.

⇒ Die Klubchefin der Grünen, Ingrid Lechner-Sonnek, verfasste einen offenen Brief an Mirko Kovats, in dem sie dem Unternehmer aufforderte, von den Umrüstungsplänen Abstand zu nehmen.398

⇒ Das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) forderte ebenfalls eine UVP für Voitsberg III. Außerdem verlangte das BZÖ kraft des demokratischen Rechtsstaates, in dem Gesetze einzuhalten sind, dass der Beschluss des steirischen Landtages, kein kalorisches Kraftwerk mehr in Betrieb zu nehmen, umgesetzt wird.399

Naturfreunde

Im Dezember 2009 setzten sich die Naturfreunde Voitsberg für die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes ein. Mit der Unterschriftenaktion „Wir brauchen Arbeit“ wurde aktiv für die Inbetriebnahme geworben, mit der Begründung, dass jeder Arbeitsplatz zähle. Die Naturfreunde forderten die Vereinbarkeit von Natur, Gesundheit und Industrie.400

Gleichzeitig distanzierten sich die Naturfreunde Steiermark in einer Stellungnahme von der Unterschriftenaktion der Naturfreunde Voitsberg zur Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes, und dementierten die Unterstützung der Landesleitung der steirischen Naturfreunde, denn Arbeitsplätze würden auch durch Investitionen in eine gesunde Umwelt geschaffen werden, so LAbg. Mag. Rupp. Weiters müsse hinsichtlich der Ergebnisse des Klimagipfels in Kopenhagen wirtschaftliches Handeln genau abgewogen werden.401

398 Vgl. Der Standard: Keine UVP für Voitsberg III. 17. Dezember 2009. 399 Vgl. Kleine Zeitung: Umrüstung. 18. November 2009, S. 26. 400 Vgl. Kleine Zeitung: Naturfreunde für ÖDK. 23. Dezember 2009, S. 37. 401 Vgl. ZUKUNFT VOITSBERG: Steirische Naturfreunde distanzieren sich von Voitsberg. http://www.zukunft-voitsberg.at/Naturfreunde-Steiermark-distanzieren-sic.57.0.html, Februar 2011. - 198 -

Einwendungen der Bürger

Auch ein großer Anteil der Bevölkerung machte sich gegen die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes stark und äußerte folgende Bedenken zum geplanten Kraftwerksprojekt:402

⇒ Beeinträchtigung der Lebensqualität, Umwelt und Gesundheit ⇒ Hohe Lärmbelastungen und Erschütterung durch Kohletransport ⇒ Belastung von Obst und Gemüse ⇒ Verstärkte Schadstoffemissionen und Feinstaubbelastung ⇒ Wertverlust der Immobilien ⇒ Abhängigkeit vom Ausland durch Steinkohleimport ⇒ Verbrennung der Steinkohle aufgrund der Chlorwerte, Dioxine und Furane problematisch ⇒ Tourismusschädigung: Piber, Therme Nova ⇒ Zusätzliche Belastung für die Kainach und Beeinträchtigung der Wasserqualität durch Kühlwasserentnahme ⇒ Fehlende Studien in Bezug auf die Gesundheit in den Projektunterlagen ⇒ Massive Schädigung der Forstwirtschaft ⇒ Bezweiflung der in Aussicht gestellten 200 Arbeitsplätze, denn die ÖDK hatte nur 90 ⇒ Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch den Feinstaub, speziell Asthma ⇒ UVP-Pflicht: Das Kraftwerk ist wegen des langen Stillstandes und Änderungen in der Feuerungstechnik als Neuanlage einzustufen und somit UVP-pflichtig

402 Vgl. BH VOITSBERG, Verhandlungsschrift, S. 6 ff. - 199 -

Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und Konsequenzen des Dampfkraftwerkes für die Umwelt, Tourismus und Wirtschaft

Die Errichtung eines kalorischen Kraftwerkes zur Stromerzeugung unterliegt zahlreichen gesetzlichen Vorschriften. Seit dem 1. Juli 1994 sind diese gesetzlichen Vorschriften in einem Genehmigungsverfahren, der Umweltverträglichkeitsprüfung,403 zusammengefasst. Allerdings ist eine solche nur für Kraftwerke ab einer Brennstoffwärmeleistung von 100 MW notwendig. Für kleinere Kraftwerke finden einzelne behördliche Genehmigungsverfahren statt. Die Aufgabe einer UVP besteht darin, die Auswirkungen von kalorischen Kraftwerken auf das Ökosystem und die Umwelt unter Einbeziehung der Bevölkerung festzustellen.404

„Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben dienen. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf 1. Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, 2. Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, 3. Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie 4. die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern. Sie wird unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Wird über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Rahmen mehrerer Verfahren entschieden, werden die in diesen Verfahren durchgeführten Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen zusammengefasst.“405

403 UVP: Eine UVP ist ein konzentriertes Verfahren, in dem alle Materienrechte gesammelt abgehandelt werden. Sie untersucht die Auswirkungen auf Landschaft und Tiere genauer als die jeweiligen Einzelverfahren und räumt Umweltschutzgruppen, Bürgerinitiativen und der Umweltanwältin Parteienstellung ein. (Quelle: Kleine Zeitung: Ringen um Kohle geht weiter. 15. Juli 2010). 404 Vgl. HASCHER, Gerd: Betriebswirtschaftliche Aspekte zu Genehmigungsverfahren und zur Auftragsvergabe von kalorischen Kraftwerken. SOWI-Diplomarbeit, Graz 1995, S. 2 f. 405 UVPG: § 2 Begriffsbestimmung, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. - 200 -

Beteiligte einer UVP:

⇒ Die Behörden, die für die Einzelgenehmigung verantwortlich sind ⇒ Der Projektwerber ⇒ Der Umweltrat ⇒ Die Öffentlichkeit

Der Projektwerber stellt im Rahmen der UVP einen Genehmigungsantrag, der eine Umweltverträglichkeitserklärung enthält. Diese Erklärung beschreibt die Art, Menge und Qualität der zu erwarteten Emissionen und Umweltbelastungen am Projektstandort und Maßnahmen zur Vermeidung/Verminderung dieser. Außerdem enthält sie eine Auflistung der positiven und negativen Auswirkungen des Projektes. Danach verfasst die Behörde ein Umweltverträglichkeitsgutachten durch Sachverständige. Zusätzlich wird ein Prüfbuch von Seiten der Landesregierung erstellt. Sechs Wochen nach Eingang des Gutachtens muss die Behörde eine öffentliche Erörterung des Konzeptes mit allen Parteien abhalten und nach Überprüfung der Kriterien einen Bescheid erlassen.406

Am 22. September 2009 brachte die Stadtgemeinde Voitsberg den Antrag auf Feststellung, ob bei der Umrüstung des Dampfkraftwerkes Voitsberg von Braunkohle auf Steinkohle eine UVP-Pflicht bestünde, bei der UVP-Behörde ein. Grund: Der Kraftwerksstandort befindet sich in einem vom Feinstaub belasteten Gebiet.407

Im UVP-Feststellungsverfahren zur Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes Voitsberg, kam die UVP-Behörde am 15. Dezember 2009 zum Entschluss, dass keine UVP-Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, da es sich um keine UVP-relevante Kapazitätsausweitung der Brennstoffwärmeleistung handle:408

406 Vgl. HASCHER, Genehmigungsverfahren, S. 5 f. 407 Vgl. LAND STEIERMARK: DKW Voitsberg – Umrüstung auf Steinkohle. Feststellungsbescheid, Graz, 15. Dezember 2009, S. 3. Der Feststellungsbescheid ist im Anhang beigefügt. 408 Vgl. Der Standard: Keine UVP für Voitsberg III. 17. Dezember 2009. - 201 -

⇒ Durch die technisch unveränderte Weiterverwendung des Dampfkessels und des Generators wird die genehmigte Brennstoffwärmeleistung nicht erhöht. ⇒ Ein höherer Heizwert der Steinkohle bedeutet lediglich, dass mit weniger Input mehr elektrischer Output erreicht werden könne, was hinsichtlich des Umweltschutzes ein klarer Vorteil wäre. ⇒ Die Umrüstung von Braunkohle auf Steinkohle hat keine Erhöhung der Brennstoffwärmeleistung zur Folge und stellt somit keine Kapazitätserweiterung im Sinne des § 3 UVPG 2000 dar. ⇒ Laut § 2 Z 8 EG-K wird definiert, dass derartige Änderungen nicht als Neuvorhaben einzustufen sind.409

Somit lehnte am 15. Dezember 2009 die zuständige Fachabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung mittels eines Feststellungsbescheides ab. Der Bescheid des Landes wurde auch vom Umweltsenat in Wien bestätigt.

Von Seiten der A-TEC wurde immer mit der Begründung argumentiert, dass die alte Betriebsbewilligung für das frühere Dampfkraftwerk noch Gültigkeit besitze und somit die geplanten Umbauarbeiten keiner UVP bedürften.410

Der Umwelttechniker Josef Korber schaltete daraufhin, angesichts der fahrlässigen Gefährdung der Allgemeinheit und der Nichtdurchführung der Umweltverträglichkeits- prüfung, die Staatsanwaltschaft ein.411

Auch die Grünen waren der Ansicht, dass hinsichtlich des Einbaus einer neuen Brennkammer, erforderlich durch die Umrüstung von Braunkohle auf Steinkohle, der Tatbestand einer wesentlichen Anlagenänderung gegeben sei und somit UVP-Pflicht bestände. Zudem befindet sich das Voitsberger Becken in einem Feinstaubsanierungsgebiet, in dem die Feinstaub- Grenzwerte auch ohne Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes ständig überschritten werden.412

409 Vgl. LAND STEIERMARK, Feststellungsbescheid, S. 9 f. 410 Vgl. ORF: Keine UVP für Kraftwerk Voitsberg III. http://oesterreich.orf.at/steiermark/stories/410389/, Dezember 2009. 411 Vgl. Kronen Zeitung: Causa „Kraftwerk Voitsberg III“ wird Fall für die Justiz. 25. Juli 2010. 412 Vgl. ORF: Kraftwerk Voitsberg. Anfragen im Parlament. http://oesterreich.orf.at/steiermark/stories/412535/, Dezember 2009. - 202 -

„Es kommt durch das neue Kraftwerk zu einer massiven Erhöhung der thermischen Leistung weit über dem für die UVP notwendigen Schwellenwert. Denn laut Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen (EG-K) ist bei einer Erneuerung des Feuerraumes das Kraftwerk als Neuanlage zu bewerten und damit UVP-pflichtig. Diese Erneuerung ist durch die im Projektantrag angeführten Umbauarbeiten (Ausbau der bestehenden Brenner, Schließen der Membranwand im Bereich der Brenneröffnungen, Einbau neuer Brenneröffnungen in den Kesselwänden, Einbau neuer Brenner als Eckfeuerung in drei Ebenen, neue Kohlestaubleitungen zu den Brennern, geändertes Temperaturprofil durch Brennstoffwechsel, Anpassung der Nachschaltheizflächen, HD-Überhitzer und Zwischenüberhitzer u.v.m.) eindeutig gegeben. Auch die erhebliche Umweltbelastung müsste bei einem Ausstoß von 2,382

Millionen Tonnen CO2, 1,813 Millionen kg SO2, 1,813 Millionen kg NOx und 455.000 kg Staub unbestritten sein und eine UVP erfordern.“413

Maßnahmen gegen den Feststellungsbescheid

Daraufhin erfolgten Einsprüche von Seiten der Umweltanwältin Ute Pöllinger, den Stadtgemeinden Voitsberg und Bärnbach sowie der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg beim Umweltsenat in Wien.414

Zusätzlich verfassten im März 2010 die Grünen in Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative „Zukunft Voitsberg“ eine Beschwerde an die EU-Kommission, in welcher drei Verstöße gegen das EU-Recht vorgebracht wurden:

1. „Die Landesregierung hätte in direkter Anwendung der Umweltverträglichkeits- richtlinien die Erweiterung des Kohlekraftwerkes Voitsberg für UVP-pflichtig erklären müssen. 2. Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg hätte im Jahr 2007 keine Unbedenklich- keitsbescheinigung ausstellen dürfen. 3. Der österreichische Gesetzgeber kommt den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes nicht nach.“415

413 ZUKUNFT VOITSBERG: Feststellungsverfahren. http://www.zukunft- voitsberg.at/Feststellungsverfahren.56.0.html, Februar 2011. 414 Vgl. Kleine Zeitung: Unterlagen noch nicht beim Umweltsenat. 10. März 2010. 415 Vgl. Kleine Zeitung: ÖDK: Beschwerde an die EU-Kommission. 17. März 2010, S. 24. - 203 -

Der Grazer Anwalt Dieter Neger reichte im Auftrag von Organisationen, Vereinen und Privatpersonen (rund 11.000) in Brüssel Beschwerde ein. Grund für die Beschwerde war die Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch Österreich, denn laut Europäischen Gerichtshof können Bürger gegen negative UVP-Feststellungsbescheide Rechtsmittel einlegen.416

Am 13. Juli 2010 wurden die Vertreter der Gemeinden Voitsberg und Bärnbach und der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg, sowie die Privatpersonen Krista Zalar, Günther Zalar und Mario Hirschböck, die ebenfalls Beschwerde beim Umweltsenat einlegten, zu einer mündlichen Verhandlung nach Wien eingeladen.417

Nach einer eineinhalb Stunden langen Verhandlung und anschließender Beratung mit drei Richtern wurde beschlossen, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung für den Umbau in ein Steinkohlekraftwerk notwendig sei. Begründet wurde diese Entscheidung durch die nur geringfügig steigende Brennstoffwärmeleistung. Somit wurde die Berufung gegen den Feststellungsbescheid des Landes abgewiesen.418

Kraft dieser Entscheidung bedarf es zwar keiner UVP, jedoch sind die ordentlichen Genehmigungsverfahren zur Wiederinbetriebnahme noch ausstehend:

⇒ Bauverfahren durch die Standortgemeinden Bärnbach und Voitsberg ⇒ Wasserrechtsverfahren durch die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg und durch das Land (Untersuchung der Auswirkungen auf das Wasserschutzgebiet Tregist) ⇒ Verfahren nach dem Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen419 durch die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg420

Gemäß der Entscheidung des Umweltsenates kann innerhalb einer Frist von sechs Wochen von den Standortgemeinden Einsprüche beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof eingebracht werden, die allerdings keine aufschiebende Wirkung haben, sofern keine beantragt bzw. diesem Antrag stattgegeben wird.421

416 Vgl. Ebd. 417 Vgl. Kleine Zeitung: Umweltsenat ist am Ball. 13. Juli 2010, S. 19. 418 Vgl. Kleine Zeitung: Umweltsenat entschied. Keine UVP für Voitsberger Kraftwerk. 14. Juli 2010, S. 18. 419 Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen: Wird auch als kleine UPV bezeichnet, da die Auswirkungen des Projektes auf Luft, Wasser und Boden deckungsgleich wie bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung behandelt werden. (Quelle: Kleine Zeitung, Ringen um die Kohle geht weiter. 15. Juli 2010, S. 20.) 420 Vgl. Kleine Zeitung: Ringen um die Kohle geht weiter. 15. Juli 2010, S. 20. 421 Vgl. Kleine Zeitung: Unterlagen noch nicht beim Umweltsenat, 10. März 2010. - 204 -

Am 29. Juli 2010 beschloss der Stadtrat der Stadtgemeinde Bärnbach als Standortgemeinde eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen, um im Feststellungsverfahren nach dem UVP-Gesetz keine verfahrensrechtlichen Möglichkeiten verabsäumt zu haben.422

Wasserrechtsgesetz

Im Mai 2010 äußerte sich Umweltlandesrat Manfred Wegscheider zur Causa und wies darauf hin, dass die geplanten Umbaupläne aus Wasserschutzgründen nicht genehmigungsfähig und umsetzbar wären. Das gesamte Kraftwerksareal befindet sich nämlich im Bereich eines Wasserschutzgebietes und laut Wegscheider entsprechen die notwendigen Abriss- und Umbauarbeiten für den Weiterbetrieb mit Steinkohle nicht den wasserrechtlichen Auflagen.423

„Denn jener Bereich, wo der Umbau auf neue Bestandteile wie Kohlebunker geplant ist, befindet sich im Wasserschutzgebiet für den Brunnen Tregist. Dieser sei wiederum für einen großen Teil der Wasserversorgung von Voitsberg notwendig. Würden die Abbruchmaßnahmen zu einer Beeinträchtigung der Wasserversorgung führen, gibt es keine weitere Genehmigung und das Projekt ist gestorben. Sollte es von technischer Seite her möglich sein, die Kohlebunker an einem anderen Ort zu errichten, dann heißt es wieder zurück an den Start. Ein Umweltverträglichkeitsverfahren sei dann aber notwendig, weil das Kraftwerk nicht in gegebener Form wieder aufgesperrt werden würde.“424

422 Vgl. BÄRNBACH ONLINE: Informationen zu ÖDK III. http://www.baernbach.at/cms/beitrag/10002441/236615, September 2010. 423 Vgl. Die Presse: Kraftwerk Voitsberg. Schwenk der SPÖ. 6. Mai 2010. 424 Vgl. Kleine Zeitung: Neue Fakten sprechen gegen ein Kraftwerk. 5. Mai 2010. - 205 -

Im folgenden Kapitel werden die Nachteile der Kraftwerksumrüstung für den Bezirk Voitsberg und die Bevölkerung näher erläutert. Unter anderem werden folgende Faktoren behandelt:

⇒ Massive Feinstaubbelastungen ⇒ Umweltschäden

⇒ CO2-Ausstoß ⇒ Verlust von Arbeitsplätzen im Tourismusbereich ⇒ Abnahme der Bevölkerungszahl und Überalterung der Region ⇒ Wertabnahme der Immobilien ⇒ Grundwasserbeeinflussung ⇒ Schadstoffbelastungen der Böden ⇒ Einschränkungen für zukünftige Betriebsansiedlungen

Feinstaub

Laut Daten des Umweltbundesamtes (UBA) wurden bereits im März des Jahres 2010 an 15 Messpunkten in Österreich die zulässige Feinstaubbelastung mindestens 25-mal überschritten. Dies entspricht der Anzahl der Überschreitungen, die pro Jahr zulässig sind. Am meisten verunreinigt ist die Luft in Graz, denn der Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wurde seit Beginn des Jahres bereits 43-mal überschritten. Für Kesselanlagen gilt ein Staubgrenzwert von 50 mg/m³. In Voitsberg wurde der Immissionswert im selben Zeitraum bereits 24-mal überschritten, in Köflach sogar 26-mal.425

425 Vgl. Der Standard: An 15 Stellen staubt es viel zu viel. 4. März 2010. - 206 -

Abbildung 35: Feinstaubüberschreitungstage in Graz

Quelle: ZUKUNFT VOITSBERG: Downloads, Anhang zur Petition, http://www.zukunft- voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/Petiton_Anhang.pdf, Juni 2010.

Zurzeit gibt es drei Messstationen im Bezirk Voitsberg (Freibad Voitsberg, Neue Mittelschule Alleestraße und Hochgößnitz), bei denen täglich alle 30 Minuten die Luftgütewerte kontrolliert werden. Ist das Wetter im Bezirk Voitsberg stabil und liegen die Temperaturen unter Null, dann ist die Feinstaubbelastung im Bezirk sehr stark, denn die Schadstoffe des Hausbrands und Straßenverkehrs können nicht abziehen.426

Durch den ganzjährigen Betrieb des Kraftwerkes (Voitsberg III wurde im Durchschnitt nur 5 Monate betrieben) ist von einer massiven Verschlechterung der Feinstaubbelastung auszugehen. Zudem ist die Feinstaubbelastung in der Region Voitsberg auch ohne Kraftwerk sehr hoch und die Region als Feinstaubsanierungsgebiet ausgewiesen.

Damit die Ökosysteme und Vegetation vor den schädlichen Wirkungen der Abgase geschützt werden und um die Einhaltung der Grenzwerte gewährleisten zu können, sind alle Gebiete, die einen erheblichen Beitrag zur Immissionsgrenzüberschreitung leisten, dazu verpflichtet, Aktionspläne zu erstellen, um die Konzentration der Partikel zu verringern. Bei Überschreitung der Grenzwerte werden Sanktionen auferlegt.

426 Vgl. Kleine Zeitung: Tief verbesserte Luftwerte. 23. Jänner 2009, S. 25. - 207 -

Bei Überschreiten der Grenzwerte fordert die EU-Richtlinie die Erstellung von Aktionsplänen für Gebiete, in denen die Grenzwerte zuzüglich der zeitlich befristeten Toleranzmargen überschritten werden, um so eine Verminderung der Konzentration der Feinstaubpartikel herbeizuführen.427

Aus dem Schornstein des umgerüsteten Steinkohlekraftwerkes mit einer Leistung von 400 MW würden jährlich 160.000 kg Staub freigesetzt werden. Da die Filtertechnik des Dampfkraftwerkes mit einem Alter von 25 Jahren nicht dem neuesten Stand der Technik entspricht, muss mit einer massiven Grenzwertüberschreitung gerechnet werden.428

Da der Bezirk Voitsberg bereits laut IG-L als Sanierungsgebiet ausgewiesen ist, wird nochmals eine massive Luftverschlechterung durch die Inbetriebnahme des Kraftwerkkomplexes befürchtet. EU-Bürger haben somit das Recht, die Erstellung eines Aktionsplanes in der betroffenen Gemeinde zu erwirken.

CO2-Ausstoß

429 Für Österreichs Kyoto-Ziel im Jahre 1990 wurde eine Verringerung des CO2-Ausstoßes von minus 13 Prozent bis zum Jahr 2012 festgelegt. Laut einem aktuellen Bericht der EU- Kommission wird Österreich als einziges der 15 EU-Staaten diese Vorgaben nicht erfüllen. Die gesamte EU wird jedoch am Ende der Kyoto-Periode im Jahre 2012 die Vorgaben erfüllen und wahrscheinlich sogar anstatt der geplanten 8 Prozent bis zu 13,1 Prozent CO2 reduziert haben.430

427 Gemäß EU-Richtlinie 1999/30 EG, S. 3. 428 Vgl. ZUKUNFT VOITSBERG: Anfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg durch den Obmann Georg Kürzl am 3.8.2009. http://www.zukunft- voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/Schweighofer_Gutachten.pdf, Juni 2011. 429 Kyoto-Protokoll: Am 11. Dezember 1997 beschlossenes Protokoll zum Klimaschutz. Das Abkommen ist am 16. Februar 2005 in Kraft getreten und regelt bis zum Jahre 2012 völkerrechtlich verbindliche Zielwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen gegen die globale Erwärmung. (Quelle: WIKIPEDIA: Kyoto-Protokoll. http://de.wikipedia.org/wiki/Kyoto-Protokoll, Juni 2011.) 430 Vgl. Wirtschaftsblatt: Peinlich. Nur Österreich schafft das Kyoto-Ziel nicht. http://www.wirtschaftsblatt.at/home/schwerpunkt/dossiers/klimaschutz/peinlich-nur-oesterreich-schafft-das- kyoto-ziel-nicht-397435/index.do, Juni 2011. - 208 -

Kohle ist jener Energieträger, bei dessen Verfeuerung zur Energieerzeugung am meisten CO2 freigesetzt wird. Während das alte Braunkohlekraftwerk hauptsächlich in den Wintermonaten in Betrieb stand, ist bei dem geplanten Neuprojekt eine ganzjährige Betriebszeit vorgesehen. Somit kommt hinzu, dass es für die Umwelt keine Erholungsphasen gibt.

Steinkohle ist eine schmutzige und veraltete Energieform, die den CO2-Ausstoß vergrößert und als klimaschädlich gilt. Voitsberg III würde bei Wiederinbetriebnahme 2,4 Millionen

Tonnen CO2 pro Jahr produzieren und somit mehr als jedes andere Kraftwerk im Land. Für die Klimaschutzbemühungen würde sich dieses Projekt daher negativ auswirken.431

„Das Kraftwerk wird jährlich unglaubliche zwei Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre blasen. Das entspricht dem CO2 Ausstoß von rund 1.000.000 Fahrzeugen. Das sind mehr

Fahrzeuge als in der gesamten Steiermark dzt. zugelassen sind! CO2 ist der weltweit größte Klimakiller und verursacht auch in Österreich bereits Umweltkatastrophen. Voitsberg wäre dadurch ein Sargnagel für Österreichs Klimaschutzpolitik und würde massiv zu Umweltkatastrophen beitragen!“432

431 Vgl. Kleine Zeitung: Chronologie. 27. November 2009, S. 17. 432 ZUKUNFT VOITSBERG: Anfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg durch den Obmann Georg Kürzl am 3.8.2009. http://www.zukunft-voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/Schweighofer_Gutachten.pdf, Juni 2011. - 209 -

Klimabündnis

Im Jahre 1996 ist die Stadt Voitsberg dem Klimabündnis beigetreten und die Ortstafeln wurden mit dem Zusatz Klimabündnisgemeinde versehen. Der Beitritt erfolgte damals durch einen Gemeinderatsbeschluss und stellt eine freiwillige Selbstverpflichtung dar. Ein Klimabündnis-Manifest wurde unterzeichnet. Mit dieser Unterzeichnung wurden folgende Verpflichtungen eingegangen:433

⇒ Halbierung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 ⇒ Unterstützung der Regenwalderhaltung ⇒ Verzicht auf Tropenholz, FCKW, H-FCKW und H-FKW ⇒ Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Klimabündnis ⇒ Erstellung eines kommunalen Klimaschutz-Konzeptes ⇒ Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen im Bereich Energie, Verkehr, Land- wirtschaft, Beschaffung und Entwicklungspolitik

Abhängigkeit vom Ausland

Beim Betrieb des Kraftwerkes mit Braunkohle wurde der Brennstoff direkt über die Förderbänder vom Bergbau zum Kraftwerk angeliefert. Der Import der Steinkohle würde sich allerdings als sehr mühsam herausstellen, denn bei Steinkohle handelt es sich um einen fossilen Energieträger, der täglich aus dem Ausland per Bahn importiert und unterirdisch abgeladen werden müsste. Dies verstärkt wiederum die Abhängigkeit zum Ausland. Auch der Transport der Steinkohle führt zu Lärmbelästigungen und Feinstaubbelastungen im Bezirk und verschlechtert zudem die Klimabilanz.

Waldbauern

Die Waldbauern befürchten durch die Inbetriebnahme des Kraftwerkes negative Auswirkungen auf den Baumbestand und einen vermehrten Befall durch den Borkenkäfer, verursacht durch die Klimaerwärmung.

433 Vgl. KLIMABÜNDNIS: Beitritt zum Klimabündnis. http://www.klimabuendnis.at/start.asp?ID=221683&b=348&b2=732&am=2, Februar 2011. - 210 -

Außerdem kam es im Jahr 2008 zu einer Rodung von 30.412 m² Wald, dessen Waldfläche im Waldentwicklungsplan als Luftverbesserer des Kraftwerkes ÖDK eingetragen war. Bei einer Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes würde diese Waldfläche als Immissionsverbesserer nicht mehr vorhanden sein und somit bestünde die Gefahr einer erhöhten Immissionsbelastung.434

Grundwasserbeeinflussung

Durch den wesentlich höheren Chlorgehalt der Steinkohle und der Lagerung im Bereich des Wasserschutzgebietes ist mit einer massiven Beeinflussung der Grundwasserqualität zu rechnen.435

Tourismus

In den 80er Jahren wurde mit der Errichtung der Freizeitinsel Piberstein mit einem Tenniszentrum, Hotelanlage und Badesee sowie der Golfanlage Erzherzog Johann das Bergbaugelände in Maria Lankowitz sinnvoll zu einer touristischen Attraktion umgewandelt. Zu den weststeirischen Aushängeschildern zählen aber vor allem das Lipizzanergestüt in Piber und die Hundertwasser-Kirche in Bärnbach. Die Bedeutung des Tourismus im Bezirk Voitsberg hat in den letzten Jahren vor allem durch den Bau der Therme Nova zugenommen.

Voraussichtlich werden bei einer Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes 30-50 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Vom Tourismusverband wird allerdings, im Falle der Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes, ein Verlust von hunderten Arbeitsplätzen im Tourismusbereich der Region prognostiziert. Denn beim Urlaub spielt der Erholungs- und Entspannungsfaktor eine wichtige Rolle und viele Touristen wollen die Natur und Landschaft genießen.436

434 Vgl ZUKUNFT VOITSBERG: Anfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg durch den Obmann Georg Kürzl am 3.8.2009. http://www.zukunft-voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/Schweighofer_Gutachten.pdf, Juni 2011. 435 Vgl. Ebd. 436 ZUKUNFT VOITSBERG: Anfrage bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg durch den Obmann Georg Kürzl am 3.8.2009. http://www.zukunft-voitsberg.at/fileadmin/user_upload/PDF/Schweighofer_Gutachten.pdf, Juni 2011. - 211 -

Daher gab der Landeshauptmannstellvertreter Hermann Schützenhöfer eine Studie zur Analysierung der Auswirkungen eines Steinkohlekraftwerkes auf die Region in Auftrag.437

Die 55-seitige Studie, welche hauptsächlich Augenmerk auf die regionalwirtschaftlichen Effekte hinsichtlich der verminderten Attraktivität des Tourismusstandortes legt, wurde von der Joanneum Research Forschungsgesellschaft unter der Projektleitung von Franz Prettenthaler erstellt und kam zu folgendem Ergebnis:438

„Ohne Kraftwerk wird dem Bezirk bis 2020 ein Anstieg bei den Nächtigungen um zehn bis 17 Prozent diagnostiziert. Sollte das Kraftwerk wieder dampfen, würde das einen Entfall von 17.600 bis 31.700 Nächtigungen bis 2020 bedeuten. Das würde 80 bis 140 Arbeitsplätze vernichten. Wenn man rechne, dass die Nächtigungen auf das Niveau von 2006 zurückgehen, wären das sogar 62.500 bis 76.600 Nächtigungen und 140 bis 200 Jobs, die auf der Strecke blieben. Würde man hingegen die Kraftwerksblöcke in Voitsberg abreißen oder touristisch umgestalten (Kletterwand), könnte man 60 bis 360 unselbstständige Beschäftigte in der Tourismusbranche anstellen mit einer zusätzlichen Bruttowertschöpfung von drei bis 17 Millionen Euro.“439

Durch die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes könnte die neu aufgebaute Identität des Bezirkes im Hinblick auf den Tourismus wieder verloren gehen. Kraftwerk und Erholungsgebiet sind nicht miteinander vereinbar. Der Bezirk Voitsberg etablierte sich in den letzten Jahren, vor allem durch die Therme Nova, als Wohn- und Erholungsgebiet im Großraum Graz. Die Wiederinbetriebnahme steht somit deutlich im Konflikt mit der Tourismusentwicklungsstrategie der Region, denn aus der Studie geht hervor, dass es eindeutig einen negativen Zusammenhang zwischen dem Kohlekraftwerksstandort und den Nächtigungszahlen gibt.

437 Vgl. Kleine Zeitung: Keine Verschlechterung. 14. April 2011, S. 31. 438 Vgl. Kleine Zeitung: Kraftwerk vernichtet Jobs. 12. Mai 2011, S. 31. 439 Vgl. Kleine Zeitung: Kraftwerk vernichtet Jobs. 12. Mai 2011, S. 31. - 212 -

Gesundheit

Rund 70 Ärzte des Bezirk Voitsberg haben eine Petition verfasst und einen Protest-Brief an Landeshauptmann Franz Voves geschickt, in denen die massiven Bedenken gegen die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes geäußert wurden und forderten ein umfassendes Umweltverträglichkeitsverfahren. Infolge der hohen Rate an Krebs- und Herz-Kreislauf- Erkrankungen sowie anderen gesundheitlichen und ökologischen Problemen im Bezirk Voitsberg drängen die Ärzte in dieser Petition auf ein UVP-Verfahren, denn eine Inbetriebnahme von Kohlekraftwerken ist vom heutigen Stand der Wissenschaft aus abzulehnen. Zusätzlich führt jede Erhöhung der Feinstaubbelastung zu einer erhöhten Sterblichkeit, hervorgerufen durch Lungenerkrankungen. Als Alternative schlagen die Mediziner einen Ökocluster für alternative Energie vor.440

„Der Bezirk Voitsberg hat schon jetzt eine hohe Feinstaubbelastung, eine sehr hohe Herz- Kreislauf-Mortalität und laut Statistik Austria eine der höchsten Krebssterblichkeiten in ganz Österreich. Des Weiteren war das alte Kraftwerk nur fünf bis sechs Monate pro Jahr in Betrieb, nach der Neuinbetriebnahme wird jedoch ein Ganzjahresbetrieb vorgesehen. Wir sind nicht a priori dagegen, das Werk wieder aufzusperren. Eine Voraussetzung dafür ist aber aus unserer Sicht, dass zuvor eine UVP durchgeführt wird.“441

Abbildung 36: Statistik über bösartige Neubildungen von Krebs vom 10.4.2008 Quelle: ZUKUNFT VOITSBERG, Petition.

440 Vgl. ORF: Ärzte-Protest gegen Kraftwerk Voitsberg. http://steiermark.orf.at/stories/421621/, Februar 2010. 441MEDICAL TRIBUNE: Interview mit Distriktarzt Dr. Otto Feil. http:www.medical- tribune.at/dynastic.cfm?dsmid=103509&dspaid=850226, September 2010. - 213 -

„Nach dem Gutachten des Amtssachverständigen würden vom geplanten Steinkohlekraftwerk im Vergleich zum alten Kraftwerk ÖDK 3 1200 Prozent (!) mehr Staub, 50% mehr

Schwermetalle, 192 Prozent mehr Stickoxide, 80 Prozent mehr SO2 und 136 Prozent mehr 442 CO2 freigesetzt werden.“

Abbildung 37: Emissionen des geplanten Steinkohlekraftwerkes

Quelle: ZUKUNFT VOITSBERG, Petition.

442 MEDICAL TRIBUNE: Proteste gegen Kraftwerk in Voitsberg. Steirische Ärzte gegen Kohle. http:www.medical-tribune.at/dynastic.cfm?dsmid=103509&dspaid=850226, September 2010.

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Die Chancen für den Bezirk Voitsberg durch das Dampfkraftwerk

Bei der Aufzählung der Chancen der Wiederinbetriebnahme für den Bezirk Voitsberg spielen verschiedene Ebenen eine wichtige Rolle. Hierzu zählen die Aspekte der Energie-, Verkehrs- und Regionalpolitik sowie auch die technologischen und kommerziellen Belange.

Die Bevölkerung im Bezirk Voitsberg hatte seit der Volkszählung im Jahre 1939 bis zum Jahr 1971 kontinuierlich zugenommen. Hauptgrund dafür war vor allem der Bergbau. Seit den 70er Jahren jedoch nimmt die Bevölkerung beinahe im selben Maß wieder ab. Als Ursachen dafür sind die Stilllegung des Bergbaues und die mangelnden Arbeitsplätze in der Region zu nennen.443

Für den Weiterbetrieb des Kraftwerkes sprechen de facto auch die Arbeitsplätze. Die Wiederinbetriebnahme des Kohlekraftwerkes würde in der Region zusätzlich 50-60 Arbeitsplätze bringen. Eine weitere Chance bietet die Möglichkeit der Innovationsforschung in der Energietechnik. Denn mit dem geplanten Kompetenzzentrum könnten weitere 100 Arbeitsplätze geschaffen werden und Voitsberg könnte sich zu einem Forschungsstandort für 444 CO2-Speicherung etablieren.

Deshalb ist der Bezirk Voitsberg stets bemüht, zahlreiche Projekte engagiert auszuarbeiten und zielbewusst umzusetzen. Auch die Gemeinden schließen sich immer wieder zusammen, um neue Konzepte zu verfolgen und die räumlichen Disparitäten in der Region auszugleichen. Denn nicht nur die Bewohner profitieren von neuen Arbeitsplätzen, auch die gesamte Wertschöpfung im Bezirk wird dadurch erhöht.

Jede Inbetriebnahme eines Wirtschaftszweiges bringt auch Vorteile für andere heimische Unternehmen. Der Kreislauf der Wirtschaft wird durch die Eröffnung einer neuen Branche angekurbelt und es werden wieder Aufträge an Unternehmen in der Region vergeben. Durch die Inbetriebnahme des Kraftwerkes erhöht sich die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen. Mit der Einrichtung eines Forschungszentrums und einer

443 Vgl. PICHLER, Gerlinde: Räumliche Disparitäten und Regionalentwicklung im Bezirk Voitsberg. Sozioökonomischer Vergleich des Zentralraumes mit der Peripherie. GEWI-Diplomarbeit, Graz 2005, S. 21. 444 Vgl. Kleine Zeitung: Heißer Tanz um den Strom aus Kohle. 27. November 2009, S. 17. - 215 -

Ausbildungseinrichtung entsteht eine neue Möglichkeit, die Wirtschaft im Bezirk anzukurbeln.

Die Präsenz eines Kraftwerkes in Krisenzeiten ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilität der Wirtschaft. Der Krisenprävention wird im Bereich der Elektrizitätswirtschaft nicht viel Bedeutung beigemessen. Private Haushalte und Wirtschaftsbetriebe sind von einer sicheren Elektrizitätsproduktion stark abhängig. Bei unerwünschten Eingriffen bzw. Terroranschlägen würde das Versorgungssystem der Elektrizität stark negativ beeinflusst sein. Diese Schäden könnten jederzeit ausgelöst werden und beachtliche Auswirkungen nach sich ziehen.

Im Jahr 2012 ist die Steiermark ein Stromimport-Land. Der Stromhunger des Landes und die Möglichkeit, den Strom in das landeseigene Netz einzuspeisen und somit teure Netznützungsgebühren zu sparen, ließe sich mit dem 330 Megawatt starken Kohlekraftwerk kompensieren. Der Wirtschaftsstandort Steiermark hängt laut aktuellen Bericht des Bundesrechnungshofes zum Thema Stromsicherheit in Österreich und der Steiermark stark von den Stromimporten ab. Diese Abhängigkeit würde durch die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes sinken.

Nicht nur, dass die bestehende Infrastruktur wieder Nutzung fände, auch für die Region stünde wieder ein Fernwärmelieferant zur Verfügung. Kraft-Wärme-Kopplung bringt enorme Vorteile für die Steirische Gas & Wärme GmbH, da sie Dampf auskoppeln kann und nicht mit dem vorhandenen Heizkraftwerk teuer produziert werden muss.

Für den öffentlichen Verkehr ergibt sich eine weitere Chance für den Bezirk Voitsberg. Da die Steinkohle mit der Bahn angeliefert werden soll, ist deswegen ein Ausbau des Bahnnetzes unumgänglich. Mit dem Ausbau des Bahnnetzes könnten die Fahrpläne verdichtet und die Kapazitäten gesteigert werden und somit einen Vorteil für die vielen Pendler im Bezirk bringen. Die Anbindung zur Koralmbahn über die Schleife Lieboch wäre eine wichtige Lebensader für den Bezirk Voitsberg.

Die GKB beschäftigte im Jahr 2009 über 400 Mitarbeiter und zählt zu den größeren, stabileren Arbeitgebern des Bezirkes. Mit der Realisierung des Kraftwerkprojektes würden zusätzlich Kapazitäten geschaffen werden. Der zweigleisige Ausbau der Strecke Graz

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Lieboch ist der größte Wunsche der GKB. Der Transport der Steinkohle würde für die GKB eine Absicherung auf Jahre bedeuten.445

Die Insolvenz der AE&E

Die Kosten für das Kraftwerksprojekt Worsley der australischen AE&E Tochter in Australien, welche sich als doppelt so hoch erwiesen hatten als ursprünglich kalkuliert, drückten den Halbjahresgewinn der A-TEC um 76 Prozent auf 5,8 Millionen Euro.446

Denn die AE&E hatte bei dem Kraftwerksprojekt in Australien rund 130 Mio. Euro verloren, nachdem ein Auftrag einer staatlichen chinesischen Stahlgesellschaft storniert wurde und sich ein zweites Projekt durch höhere Sicherheitsauflagen massiv verteuert hatte.447

Daraufhin wurde von Seiten des börsennotierten Konzerns eine Gewinnwarnung herausgegeben, da das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr einen operativen Verlust von etwa 27 Millionen Euro erwartete, anstatt dem ursprünglich angepeilten Betriebsergebnis von 80 Millionen Euro Gewinn.448

Aufgrund des Scheiterns der Refinanzierung einer am 2. November 2010 fälligen Unternehmensanleihe mit einem Volumen von 91 Millionen Euro meldete am 20. Oktober 2010 die börsennotierte A-TEC Industries AG Insolvenz an. Gründe dafür waren eine von Banken nicht verlängerte Kreditlinie von knapp 800 Mio. Euro wegen der oben genannten Probleme beim australischen Kraftwerksprojekt, sowie das Platzen der Emission einer wichtigen Anleihe, welche der A-TEC-Tochter Austrian Energy & Environment (AE&E) Verluste in einer dreistelligen Millionenhöhe eingebracht hatte.449

Außerdem waren zeitgleich noch zwei weitere Anleihen mit 180 Mio. Euro und 110 Mio. Euro am Markt. Leadmanager für diese beiden Anleihen waren die Raiffeisen Zentralbank AG, die Deutsche Bank und das Finanzhaus Nomura. Nach Anmeldung der Insolvenz hatten die Banken die AE&E Kreditlinien über 800 Mio. Euro eingefroren.450

445 Vgl. Kleine Zeitung: Nun ist die Bahn bei den Pendlern am Zug. 24. Mai 2009, S. 39. 446 Vgl. Die Presse: A-TEC unter Druck: Investoren scheuen riskanten Anleihe. 12. Oktober 2010. 447 Vgl. Der Standard: Mirko Kovats Mischkonzern A-TEC insolvent. 20. Oktober 2010. 448 Vgl. Die Presse: A-TEC erwartet 27 Millionen operativen Verlust. 14. Oktober 2010. 449 Vgl. Der Standard: Mirko Kovats Mischkonzern A-TEC insolvent. 20. Oktober 2010. 450 Vgl. Die Presse: A-TEC Sanierung nur mit Kovats-Entfernung möglich. 21.Oktober 2010. - 217 -

Laut Konkursdelikt schuldete die A-TEC Industries AG den Anlegern:

Volumen Finanzierung Fälligkeit 100 Mio. Euro Teilschuldverschreibungen 02.11.2010 180 Mio. Euro Wandelschuldverschreibungen 05.05.2014 110 Mio. Euro Teilschuldverschreibungen 27.10.2014 Tabelle 28: Schuldenaufstellung der A-TEC

Quelle: Die Presse, 7. November 2010.

Die Insolvenz der A-TEC Industries zählte mit Passiva inklusive Haftungen von 677 Millionen Euro zur drittgrößten (nach Konsum und der Baufirma Maculan) in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Von Mirko Kovats wurde den Gläubigern im Rahmen des neuen Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung eine Mindestquote von 30 Prozent angeboten.451

Hauptaktionär war Mirko Kovats, der zwei Drittel der A-TEC-Anteile über eine Stiftung hielt. Laut Auszug des Kreditschutzverbandes belief sich die Verschuldung der A-TEC auf 370 Millionen Euro, weitere 307 Millionen Euro umfassten Haftungen:452

⇒ Geldgeber: 302 Millionen ⇒ Verbindlichkeiten gegenüber verbundene Unternehmen: 35 Millionen ⇒ Banken: acht Millionen ⇒ Rest: Lieferanten und anderen Gläubigern

Neues Insolvenzrecht

Nach dem neuen Insolvenzrecht (IRÄG), gültig seit 1. Juli 2010, können insolvente Unternehmen an Stelle des Konkurses ein Sanierungsverfahren beantragen. Ziel dieser Gesetzesänderung ist es, insolventen Unternehmen die Unternehmenssanierung leichter zu ermöglichen. Das bisherige zweigliedrige Verfahren (Konkursordnung und

451 Vgl. Die Presse: A-TEC Sanierung nur mit Kovats-Entfernung möglich. 21. Oktober 2010. 452 Vgl. Kleine Zeitung: A-TEC: Sanierung nur ohne Kovats sinnvoll. 21. Oktober 2010. - 218 -

Ausgleichsordnung) wurde durch ein einheitliches Insolvenzrecht (Insolvenzordnung) ersetzt. Dabei wurde die Ausgleichsordnung aufgehoben.453

Kovats und der Gläubigerausschuss hatten den Banken angeboten, 25,1 Prozent der von Mirko Kovats gehaltenen Aktien an die Banken zu verpfänden, zusätzlich sollten die Dividenden der Konzernschwester Montanwerke Brixlegg mit einem Volumen von 12 Millionen Euro in die AE&E fließen. Im Gegenzug dazu wurde von den Banken die Wiederbereitstellung der eingefrorenen 800-Millionen-Kreditlinie und die Bereitstellung von frischem Kapital gefordert. Diese forderten allerdings mehr Besicherungen. Der Sanierungsplan hätte innerhalb von 90 Tagen nach Insolvenzeröffnung angenommen werden müssen, ansonsten würde dem Konzern der Konkurs drohen.454

Jedoch sind sämtliche Verhandlungen des insolventen Mischkonzerns A-TEC mit den Gläubigerbanken über die Weiterfinanzierung gescheitert. Diese forderten mehr Sicherheiten sowie den Rücktritt von Kovats.

Nach mehreren Verhandlungen stimmten am 29. Dezember 2010 die Gläubiger dem nachgebesserten Sanierungsplan (zusätzlich erhalten die Gläubiger Geld aus nicht schlagenden Rückstellungen) des Sanierungsverwalters zu und wendeten somit den Konkurs ab. Laut vorliegendem Sanierungsplan muss der Sanierungsverwalter Matthias Schmidt einen Investor für den Konzern finden, der die A-TEC mit liquiden Mitteln versorgt, um den Weiterbetrieb finanzieren zu können. Sollte dieser nicht gefunden werden, müsste der Konzern zerschlagen und einzelne Teile des Unternehmens verwertet werden. Die Kosten des Sanierungsverfahrens wurden mit vier Millionen Euro beziffert. An der Spitze der A-TEC blieb vorerst Mirko Kovats.455

Insolvenz der AE&E

Kurz nach der Insolvenzmeldung der A-TEC meldete auch die Tochter AE&E am 24. November 2010 aufgrund der eingefrorenen Kreditlinien, Überschuldung, des Fehlens einer positiven Fortbestandsprognose und des starken Auftragsrückgangs ein Sanierungsverfahren

453 Gemäß § 273 Insolvenzordnung: Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen zum IRÄG 2010. 454 Vgl. Die Presse: A-TEC: Banken wollen nur bis Ende Jänner finanzieren. 2. November 2010. 455 Vgl. Die Presse: A-TEC: Kovats, der Meister der Hinhaltetechnik. 11. Februar 2011. - 219 -

ohne Eigenverwaltung an. Das Sanierungsverfahren wurde jedoch per Gerichtsbeschluss in ein sofortiges Konkursverfahren umgewandelt. Die AE&E brachte 60 Prozent des Umsatzes der A-TEC. Die gesamte AE&E wies laut Schätzungen des Kreditschutzverbandes von 1870 Passiva von einer Mrd. Euro auf.456

Der Tochterbetrieb AE&E Austria wurde am 2. Dezember 2010 von dem Anlagenbauer Andritz AG gekauft und damit konnten rund zehn Millionen Euro lukriert werden. Die Passiva des Unternehmens mit 375 Mitarbeitern (310 in Raaba und 65 in Wien) beliefen sich auf 227 Millionen Euro. Von Seiten der Andritz wurde verkündet, kein Interesse am Kraftwerk in Voitsberg zu haben, denn laut Expertenmeinungen sind Kraftwerke auf Steinkohlebasis nicht mehr rentabel.457

456 Vgl. Die Presse: A-TEC Sparte AE&E ist nicht mehr zu retten. 29. Dezember 2010. 457 Vgl. Die Presse: A-TEC: AE&E in Raaba muss schnell verkauft werden. 29. November 2010. - 220 -

Das Ende des Dampfkraftwerk-Standortes Bärnbach-Voitsberg

Seit Herbst 2008 und seit dem Kauf des Kraftwerkes durch Mirko Kovats bewegten sich die Gegner und Befürworter des Kraftwerkes im Bezirk Voitsberg in einer ständigen Berg- und Talfahrt. Zweieinhalb Jahre später stand fest, dass das Kraftwerksprojekt der A-TEC gescheitert war:

Die A-TEC zog den Antrag auf Umrüstung von Braun- auf Steinkohle unter Anwendung der Bestimmungen des Emissionsschutzgesetzes für Kesselanlagen (EG-K) bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg am 14. April 2011 zurück. Die Genehmigungsbehörde setzte der A-TEC eine Nachfrist zur Behebung verschiedener Mängel und zur Nachreichung ergänzender Unterlagen, welche am 19. April 2011 endete. Hinsichtlich der finanziellen Krise der A-TEC wurde der Antrag vor Verstreichen der Frist zurückgezogen.458

Im Jänner 2013 kaufte die Firma Porr Umwelttechnik GmbH das Dampfkraftwerk Voitsberg von der A-TEC und bereitet seitdem das Grundstückareal von ca. 245.000 m² durch den Abbruch der Kraftwerke Voitsberg I bis III für den Verkauf und die Nachnutzung vor. Dabei werden sämtliche Materialien und Anlagenteile wieder verwertet:459

• 200.000 Tonnen Stahlbeton • 40.000 Tonnen Metalle

Die Dauer des Abbruchs der Kraftwerksanlage wird sich auf einen Zeitraum von 18 Monaten belaufen.

Mit der voraussichtlichen Sprengung des 180 m hohen Kamins, dem Industriewahrzeichen von Voitsberg, im Jahr 2014, findet jahrzehntelange Kraftwerksgeschichte des DKW- Standortes Bärnbach-Voitsberg ein Ende!

458 Vgl. Kleine Zeitung: Erster Etappensieg für die Kraftwerksgegner. 4. Mai 2011, S. 28 f. 459 Vgl. PORR: PORR Umwelttechnik erwirbt Kohlekraftwerk Voitsberg, http://www.put.at/index.php?id=1076&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3113&cHash=466c19e81799b1cfd7ea6651 59a71d9d, Februar 2013. - 221 -

Schlusswort

Mit dem 2. Verstaatlichungsgesetz wurde in den Nachkriegsjahren eine Elektrizitätswirtschaft aufgebaut, die gegenwärtig noch sichtbarer Beweis der großartigen Leistung dieser Generation ist. An deren Basisfunktion hat sich bis heute nichts geändert. Jedoch haben sich die Bedingungen geändert, unter denen die Elektrizitätswirtschaft heutzutage ihre Aufgaben bewältigen muss.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war wirtschaftlich ein Aufholbedarf gegeben, der sämtliche Umweltdiskussionen in den Hintergrund stellte. Im Zuge dieses wirtschaftlichen Aufschwungs stieg auch der Verbrauch an fossilen Energieträgern in Europa stark an. Die rauchenden Kamine wurden zugunsten des ökonomischen Wohlstandes akzeptiert und die ökologischen Lebensbedingungen vernachlässigt. Sämtliche negative Auswirkungen auf die Umwelt wurden als notwendige Begleiterscheinung des materiellen Wiederaufbaues und der Versorgung der Bevölkerung akzeptiert. Der Energieverbrauch in Österreich von 1947 bis Ende der 70er-Jahre verfünffachte sich. Seit den 80er-Jahren gibt es nur mehr einen leichten Anstieg.460

Bis in die siebziger Jahre war das Denken der Menschen geprägt durch einen enormen Fortschrittsgedanken, in dem der Strom den Motor des ständigen Wirtschaftswachstums darstellte und für Wohlstand sorgte. Erste Widerstandsbewegungen der Bevölkerung gegen Kraftwerksprojekte traten österreichweit Mitte der Siebziger in Erscheinung, als sich das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft zu etablieren begann, da doch jede Form der Energienutzung einen Eingriff in die Umwelt darstellt. Von da an wurde der technische Fortschritt oft als Bedrohung für Mensch und Natur erkannt. Beim Kraftwerk Zwentendorf scheiterte erstmals ein energiepolitisches wichtiges Projekt am Widerstand der Bürger. Die Elektrizitätswirtschaft reagierte anfangs sehr unsensibel auf die Widerstände der Bevölkerung und Umweltschutzbewegungen und konnte sich nur sehr schwer auf deren Bedürfnisse einstellen.

Obwohl der Verbrauch an elektrischer Energie ständig wächst und der Strom die Antriebskraft unserer Wirtschaft ist, findet fast jedes neue Projekt auch Gegner. Gleichgültig,

460 BRUNNER, Paul et al: Umwelt und Unternehmen. Erfolgreiches Umweltmanagement, Strategien, Lösungen. Wien 1995, S. 343. - 222 -

ob es sich dabei um das Kernkraftwerk Zwentendorf, das Speicherkraftwerk Osttirol, das Kohlekraftwerk Dürnrohr oder das Donaukraftwerk Hainburg handelt. Die Situation erschwert sich, indem die Gegner eines Speicherkraftwerkes Befürworter eines Kernkraftwerkes, die Befürworter eines Wasserkraftwerkes Gegner eines Kohlekraftwerkes sind, und allen gemeinsam ist, dass die Mobilisierung der Politik Projekte verhindert oder verzögert.

Der Bau neuer Kraftwerke gewährleistet die Bereitstellung der benötigten Energie, um Industrie, Haushalte, Gewerbe und Landwirtschaft zu versorgen und schafft somit die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze und belebt gleichzeitig die Wirtschaftsstruktur und -entwicklung.

Die Erzeugung elektrischer Energie muss sich naturgemäß vorausschauend auf dem Bedarf, entsprechend dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, richten. Die österreichische Elektrizitätswirtschaft betrieb darum in den ersten Nachkriegsjahren den intensiven Ausbau der heimischen Wasserkräfte und errichtete Dampfkraftwerke zur Verfeuerung heimischer Kohle. Strom aus Wasserkraft und heimischer Braunkohle waren wesentliche Stützen der österreichischen Elektrizitätsversorgung in den vergangen Jahrzehnten. Während sich Strom aus Wasserkraft nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, ist die Stromerzeugung aus Kohle ständig umstritten.

Wir leben in einer Zeit, in der sich die weltwirtschaftlichen Beziehungen verschlimmern, in der die Versorgung mit Rohstoffen aus dem Ausland zu einem unsicheren Faktor geworden ist und in der die Frage des Umwelt- und Naturschutzes in der Bevölkerung immer größere Bedeutung erlangt hat.

Der Verbrauch von Energie nimmt in einem stetigen Ausmaß zu. Der damit verbundene Verbrauch von nicht erneuerbaren fossilen Ressourcen und die daraus resultierenden Emissionen stehen nicht im Einklang mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit sowie mit den globalen Umweltschutzprogrammen.

Diese Kraftwerkskontroversen führten die Energie- und Elektrizitätswirtschaftspolitik in eine existentielle Krise. Weshalb die Bestrebungen sich dahingehend durchsetzten, einen Kompromiss zwischen Ökonomie und Ökologie zu schaffen. So ist es zu einer

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Selbstverständlichkeit geworden, die technisch bestmöglichen Umweltschutzvorkehrungen und -einrichtungen zu implementieren. Die Kosten des Umweltschutzes beim Kraftwerksbau machen einen sehr hohen Teil der Gesamtkosten des Projektes aus. Auch wird die Bevölkerung bei vielen Projekten aktiv miteinbezogen.

In den 80er Jahren spielte der Feinstaub in der Bevölkerung noch keine große Rolle. Da das Kraftwerk Voitsberg ohnehin nicht das ganze Jahr betrieben wurde und während der Betriebszeit der Anlage ständige Investitionen im Bereich des Umweltschutzes getätigt wurden, wie zum Beispiel der Einbau von Anlagen zur Rauchgasentschwefelung als auch zur Reduktion von Stickoxiden, arrangierte sich die Bevölkerung mit dem rauchenden Schlot.

Allerdings wurde mit dem Ende des Bergbaues in der Weststeiermark und den zur Neige gehenden Kohlendepots auch das Schicksal von Voitsberg III besiegelt. Denn früher wurde das Kraftwerk von der Bevölkerung akzeptiert, da es wichtig für den Fortbestand des Bergbaues, dem damaligen größten Arbeitgeber der Region, war, und zur Erhaltung der Arbeitsplätze beitrug. Jetzt sind die Gruben geschlossen und der Bergbau für die Region Geschichte.

Im Jahr 2008 erfolgte dann eine überraschende Wende in der Kraftwerks-Causa. Mirko Kovats erwarb den konservierten Kraftwerkskomplex und verlautbarte seinen Plan, dass Braunkohlekraftwerk durch Unterstützung des Voitsberger Bürgermeisters Ernst Meixner und von Landeshauptmann Mag. Franz Voves auf Steinkohle umzurüsten. Allerdings wuchs infolge der dürftigen Informationspolitik der A-TEC als Kraftwerkseigentümer in der Bevölkerung die Angst vor einer enormen Umwelt- und Gesundheitsbelastung durch die Anlage und es formierte sich ein klarer Widerstand von Seiten der Bevölkerung und der Regionalpolitik gegen das Kraftwerk.

Permanente Nachrichtenmeldungen über spektakuläre Umweltskandale wie Tschernobyl oder Fukushima bringen die Industrie in der Öffentlichkeit in Verruf und sorgen für weitere gesetzliche Verschärfungen. Zeitweise galt der Umweltschutz als eines der wichtigsten politischen Anliegen, denn nur wenige Bereiche finden in der Öffentlichkeit ein so starkes Interesse wie der Umweltschutz und rufen die Sorge um die eigene Gesundheit innerhalb der Bevölkerung hervor und erhöhen das Gesundheits- und Umweltbewusstsein der Menschen. Deshalb ist es für die öffentliche Informationspolitik eines Unternehmens unumgänglich,

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wissenschaftliche Erkenntnisse für jedermann verständlich zugänglich zu machen. Alles, was als umweltschädigend angesehen wird, wird automatisch in der Bevölkerung als unerwünscht betrachtet, unabhängig von dessen Schwere und Risikograd. Der Mensch hat verstanden, dass er mit seiner Lebens- und Wirtschaftsweise die Umwelt und damit einhergehend auch sich selbst belastet.

Ein Mensch überlebt ohne Luft nicht lange, noch dazu muss jeder die Luft einatmen, die ihn umgibt. Deshalb kommt einer hohen Luftqualität sehr viel Bedeutung hinzu. Die meisten Luftverunreinigungen entstehen heutzutage in der Industrie durch Verbrennungsprozesse. Außerdem hängen Luftschadstoffe sehr stark mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern zusammen.

Das rapid gewachsene Umweltbewusstsein der Bevölkerung durch das Bekanntwerden gravierender wirtschaftsbedingter Umweltbelastungen hat den Druck auf Unternehmen verstärkt. Seit den achtziger Jahren nahmen die Forderungen der Gesellschaft, wirtschaftsbedingte Umweltschäden zu reduzieren, stark zu. Moderne, zukunftsorientierte Unternehmen integrieren sämtliche Umweltschutzaspekte bereits in die Gesamtplanung.

Gesellschaftliche Gruppen fordern immer mehr eine Verstärkung der Umweltschutzleistungen sowie Transparenz und Nachvollziehbarkeit der unternehmerischen Aktivitäten. Bürgerinitiativen fordern eine Aufklärung über die tatsächlichen sozialen und ökologischen Auswirkungen des Unternehmens. Sie wollen über alle Maßnahmen informiert werden, die Unternehmen zur Gewährleistung des Umweltschutzes ergriffen haben. Mit gezielten Aktionen, wie zum Beispiel Besetzungen oder Protesten, sind sie in der Lage, Unternehmen in Bedrängnis zu bringen.461

Gerade beim Thema Umwelt besteht die Gefahr, dass etwas, das heute als richtig befunden wird, sich morgen als falsch herausstellt. Unser gesellschaftliches Umfeld ändert sich nämlich radikal. Die Wechselwirkungen zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind ständig in Bewegung. Die gesellschaftliche Akzeptanz sichert somit auch den Fortbestand eines Unternehmens. Schadstoffbelastungen der Luft stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für den Menschen dar und haben zudem eine komplexe Wirkung auf das Weltklima.

461 Vgl. BREIDENBACH, Raphael: Umweltschutz in der betrieblichen Praxis. Erfolgsfaktoren zukunftorientierten Umweltmanagement. 2. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 23 f. - 225 -

Jeder Akteur in der Wirtschaft muss sich ständig dem rasanten Wandel der gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und technischen Veränderungen anpassen, um dauerhaft überleben zu können. Eine grundlegende Regel des Wirtschaftens ist, dass man nicht mehr ausgeben darf, als man einnimmt. Diese Tatsache muss aber auch auf die Umwelt übertragen werden, in welcher der natürliche Haushalt der Natur mit seinen knappen Ressourcen berücksichtigt werden muss.

Das Projekt Dampfkraftwerk Voitsberg zeigt uns, welche Auswirkungen unzureichende Informationspolitik auf den Ausgang von derlei Projekten haben können. Menschen sollen Klarheit haben und nicht Angst. Aktive Informationspolitik zur Befriedigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit und Behörden in Form von Umweltberichterstattungen, Pressemitteilungen oder Fachpublikationen ist ein wichtigstes Instrument des Umweltmanagements. Dadurch wird die Bevölkerung über die Umweltmaßnahmen informiert und Informationen sind eine gute Ausgangsbasis für den wechselseitigen Dialog zwischen Unternehmen und Stakeholdern.462

„Aufgabe einer öffentlichen Wissenschaft ist es nicht nur, wissenschaftliche Erkenntnisse bedarfsgerecht zu vermitteln und kritisch zu beleuchten, sondern auch Horizonte zu eröffnen. Deshalb wird, soweit möglich und geboten, die historische Perspektive mit eingebunden. Zukunftsängste relativeren sich im geschichtlichen Vergleich, und geschichtliches Denken ist zugleich Denken der Zukunft.“463

462Vgl. BREIDENBACH, Umweltschutz, S. 204. 463 BAUMACH, Günter et al: Arbeitshilfen für die Erwachsenenbildung. Wirtschaft – Umwelt – Rechtsbewusstsein. 29. Ausgabe, Stuttgart 1994, S. 5. - 226 -

IV. Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Steckbrief VERBUND ...... 33

Tabelle 2: Die wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick ...... 36

Tabelle 3: Die Sondergesellschaften im Überblick ...... 44

Tabelle 4: Anteilsrechte der Österreichischen Draukraftwerke AG ...... 46

Tabelle 5: Kraftwerksanlagen der Österreichischen Draukraftwerke ...... 48

Tabelle 6: Die Landesgesellschaften im Überblick ...... 51

Tabelle 7: Von der Verstaatlichung ausgenommene Elektrizitätsversorgungsunternehmen ... 52

Tabelle 8: Strombereitstellung der STEWEAG 1938 bis 1945 ...... 57

Tabelle 9: Geschäftsfelder der GKB ...... 69

Tabelle 10: Emissionen beim Betrieb von Großfeuerungsanlagen ...... 74

Tabelle 11: Technische Daten Voitsberg I ...... 88

Tabelle 12: Technische Daten Voitsberg II ...... 96

Tabelle 13: Bewilligungsverfahren für das Dampfkraftwerk Voitsberg III ...... 105

Tabelle 14: Bauabschnitte Dampfkraftwerk Voitsberg III ...... 110

Tabelle 15: Qualität der Vertragskohle ...... 113

Tabelle 16: Kenndaten Kraftwerk Voitsberg III ...... 120

Tabelle 17: Betriebsstunden des Dampfkraftwerkes Voitsberg III ...... 121

Tabelle 18: Investitionskosten des Dampfkraftwerkes Voitsberg III ...... 123

Tabelle 19: Anlagenbereich im Dampfkraftwerk Voitsberg III ...... 126

Tabelle 20: Gegenüberstellung der Jahre 1985 bis 1987 der SO2- und Asche-Emissionen .. 138

Tabelle 21: Zusammensetzung der Asche aus dem Dampfkraftwerk Voitsberg ...... 149

Tabelle 22: Vergleich der Emissionen Kraftwerk-Region ...... 159

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Tabelle 23: Umweltmanagementsystem am Standort Voitsberg ...... 163

Tabelle 24: Umweltschutzmaßnahmen des Dampfkraftwerkes Voitsberg III ...... 164

Tabelle 25: Emissionsverringerungen durch Umweltvorkehrungen ...... 164

Tabelle 26: EU-Marktöffnungsgrad ...... 171

Tabelle 27: Die Aufgaben der Regulierungsbehörden ...... 173

Tabelle 28: Schuldenaufstellung der A-TEC ...... 218

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: ÖDK Kraftwerk Voitsberg III ...... 13

Abbildung 2: Eigentümerstruktur der AHP ...... 40

Abbildung 3: Eigentümerstruktur der ATP ...... 41

Abbildung 4: Organigramm der ATP ...... 42

Abbildung 5: Entwicklung der Österreichischen Draukraftwerke AG von 1947 bis 1995 ..... 49

Abbildung 6: Jahresverkauf der STEWEAG in Millionen kWh ...... 55

Abbildung 7: Das Dampfkraftwerk Voitsberg aus der Vogelperspektive ...... 70

Abbildung 8: Energie- und Massenströme eines kalorischen Kraftwerkes ...... 73

Abbildung 9: Das ehemalige GKB-Dampfkraftwerk ...... 76

Abbildung 10: Luftaufnahme des ehemaligen GKB-Dampfkraftwerk ...... 82

Abbildung 11: Das Dampfkraftwerk Voitsberg I mit den beiden Kühltürmen ...... 83

Abbildung 12: Innenaufnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg I ...... 84

Abbildung 13: Jahresstromerzeugung Dampfkraftwerk Voitsberg I 1940 bis 1955 ...... 91

Abbildung 14: Das Dampfkraftwerk Voitsberg II mit Kühlturm ...... 92

Abbildung 15: Technik- und Schaltraum von Voitsberg II ...... 93

Abbildung 16: Jahresstromerzeugung Voitsberg I 1956 bis 1982 ...... 99

Abbildung 17: Entwicklung des Ölpreises 1960 bis 2008 ...... 100

Abbildung 18: ÖDK Kraftwerk Voitsberg III ...... 101

Abbildung 19: Lageplan Voitsberg III ...... 116

Abbildung 20: Dampfkraftwerk Voitsberg III im Längsschnitt ...... 125

Abbildung 21: Anlagenbereiche im Dampfkraftwerk Voitsberg III ...... 126

Abbildung 22: Die Elektro-Filteranlage des Dampfkraftwerkes Voitsberg III ...... 134

Abbildung 23: Die Rauchgasentschwefelungsanlage von Voitsberg III ...... 136

Abbildung 24: Powerplant Award 1991 ...... 139

- 229 -

Abbildung 25: SCR-Anlage von Voitsberg III ...... 140

Abbildung 26: Der Kühlturm von Voitsberg III ...... 142

Abbildung 27: Geramb-Preis für landschaftsgerechtes Bauen ...... 143

Abbildung 28: Transportförderband und Ascheabwurf vom Förderband ...... 147

Abbildung 29: Schubraupe und Sprühlanzen zur Bewässerung der Asche ...... 147

Abbildung 30: Die Aschedeponie Karlschacht 2 ...... 148

Abbildung 31: Fernheizkraftwerk der Steirischen Gas & Wärme GmbH ...... 150

Abbildung 32: Kreislauf Emission–Transmission–Immission ...... 154

Abbildung 33: Der Kamin von Voitsberg III mit einer Höhe von 180 m ...... 158

Abbildung 34: ÖQS-Begutachtungsnachweis ...... 160

Abbildung 35: Feinstaubüberschreitungstage in Graz ...... 207

Abbildung 36: Statistik über bösartige Neubildungen von Krebs vom 10.4.2008 ...... 213

Abbildung 37: Emissionen des geplanten Steinkohlekraftwerkes ...... 214

- 230 -

Quellen- und Literaturverzeichnis

Verwendete Quellen

Gesetze, Verordnungen und Bescheide

AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT: EU-Richtlinie 1999/30 EG des Rates vom 22. April 1999 (= AMTSBLATT, Grenzwerte).

BUNDESGESETZ ÜBER DAS INSOLVENZVERFAHREN: Insolvenzordnung, Fassung vom 8.6.2011 (= BUNDESGESETZ, Insolvenzordnung).

BUNDESGESETZ ÜBER DIE PRÜFUNG DER UMWELTVERTRÄGLICHKEIT: Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVPG 2000), BGBl. Nr. 697/1993 (= BUNDESGESETZ, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz).

BUNDESGESETZBLATT FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH: Bundesgesetz vom 26. März 1947 über die Verstaatlichung der Elektrizitätswirtschaft, 21. Stück, Nr. 81 (=BUNDESGESETZBLATT, Verstaatlichungsgesetz).

BUNDESGESETZBLATT II FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH: 354. Verordnung über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen, ausgegeben am 28. September 2001, (= BUNDESGESETZBLATTT, Beihilfen).

ENERGIELIBERALISIERUNGSGESETZ: Bundesgesetz über die Aufgaben der Regulierungsbehörden im Elektrizitätsbereich und die Errichtung der Elektrizitäts- Control GmbH und der Elektrizitäts-Control Kommission, BGBl. I, Nr. 121/2000, (= ENERGIELIBERALISIERUNGSGESETZ, Regulierungsbehörden).

ENERGIELIBERALISIERUNGSGESETZ: Bundesgesetz über die Stranded-Cost Verordnung, BGBl. I, Nr. 121/2000, (= ENERGIELIBERALISIERUNGSGESETZ, Stranded-Cost).

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AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG: Bescheid Zl. 3-343 Ste55/16 von 1951 (= LANDESREGIERUNG, Bescheid).

BESCHEID DES REICHSSTATTHALTERS: 20.11.1943 GZ.: V F – 313 STE 4/2 1943 (= REICHSSTATTHALTER, BESCHEID).

LAND STEIERMARK: DKW Voitsberg – Umrüstung auf Steinkohle. Feststellungsbescheid, Graz, 15. Dezember 2009 (= LAND STEIERMARK, Feststellungsbescheid).

LANDTAG STEIERMARK: Stenografischer Bericht zur 15. Sitzung des Landtages Steiermark, 12. Dezember 2006, (= LANDTAG, Bericht).

STEIERMÄRKISCHER LANDTAG: Stenographischer Bericht, 6. Sitzung, 13. Februar 2001 (= LANDTAG, Stenographischer Bericht).

Bau- und Gewerbeakten

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT VOITSBERG: Bau- und Gewerbeakten aus dem Jahre 1938-1979 (= BH VOITSERG, Akten).

BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT VOITSBERG: Dampfkraftwerk Voitsberg. Umrüstung des Blockes III auf Steinkohle. Verhandlungsschrift vom 1.7.2009, (= BH VOITSBERG, Verhandlungsschrift).

Firmenschriften

BHM Berg- und Hüttenmännische: Vergleichmäßigung von Kraftwerkskohle bei der GKB- Bergbau GmbH. Monatshefte, Heft Nr. 6, Volume 152, Wien 2007. (= BHM, Kraftwerkskohle)

STEWEAG: 50 Jahre STEWEAG. Jubiläumszeitschrift anlässlich zum 50jährigen Jubiläum. (= STEWEAG, 50 Jahre).

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Geschäfts- und Betriebsberichte

VERBUND: Geschäftsbericht 2002. Austrian Hydro Power AG. (= VERBUND, Geschäftsbericht AHP).

VERBUND: Geschäftsbericht 2002. Austrian Thermal Power GmbH & Co KG. (= VERBUND, Geschäftsbericht ATP).

Umweltberichte:

VERBUND: Umwelterklärung zum Standort Voitsberg. Voitsberg 2003 (= VERBUND, Umwelterklärung).

Broschüren und Prospekte:

ÖDK: Thermal Power Plant Voitsberg 3, in: Österreichische Draukraftwerke Aktiengesellschaft, Broschüre (= ÖDK, Thermal).

Firmenbuchauszüge:

OSTTIROLER KRAFTWERKE GESELLSCHAFT M.B.H.: Firmenbuchauszug mit historischen Daten, FN 59828 h mit Stichtag 4.5.2010.

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Internet:

AEIOU: http://www.aeiou.at.

ARBEITERKAMMER: http://stmk.arbeiterkammer.at.

A-TEC Industries: http://www.a-tecindustries.com/de.

BÄRNBACH ONLINE: http://www.baernbach.at.

BEWAG: http://www.bewag.at/.

BLOG: http://bohnenzaehler.blog.de

BUNDESMINISTERIUM FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT: http://aktuell.lebensministerium.at.

BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, INNOVATION UND TECHNOLOGIE: www.energytech.at.

EUROPÄISCHE KOMMISSION: http://ec.europa.eu.

EVN AG: http://www.evn.at.

GEOCITIES: www.geocities.com.

GKB: www.gkb-bergbau.at.

GREENPEACE: http://www.greenpeace.at.

GRENZKRAFTWERKE GMBH: http://www.alpine-wasserkraft.com.

KELAG: www.kelag.at.

KLIMABÜNDNIS: http://www.klimabuendnis.at.

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KPÖ STEIERMARK: http://alte.kpoe.at.

LANDTAG STEIERMARK: www.landtag.steiermark.at.

MEDICAL TRIBUNE: http://www.medical-tribune.at.

OE24: http://www.oe24.at.

ORF: http://steiermark.orf.at.

PARLAMENT: www.parlament.gv.at.

PORR: www.put.at

SALZBURG AG: http://www.salzburg-ag.at.

STEWEAG: http://www.e-steiermark.com.

TIROLER WASSERKRAFT: Die http://www.tiroler-wasserkraft.at.

TU GRAZ: ftp://ftp.tu-graz.ac.at/.

UBZ STEIERMARK: http://www.ubz-stmk.at.

VERBUND: http://www.verbund.at.

WIENENERGIE: http://www.wienenergie.at.

WIKIPEDIA: http://de.wikipedia.org.

WIRTSCHAFTSBLATT: http://www.wirtschaftsblatt.at.

ZUKUNFT VOITSBERG: http://www.zukunft-voitsberg.at.

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Medien:

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Kleine Zeitung 2005 bis 2011.

Die Presse 2003 bis 2011.

Der Standard 2009 bis 2010.

Kronen Zeitung 2010.

Zeitschriften:

Österreichische Zeitschrift für Elektrizitätswirtschaft: 1967-1984, Hrsg. Verband der Elektrizitätswerke Österreich. (= VOITSBERG III)

Mündliche Quellen

Interviews:

Interview mit Frau Elke Eibinger, Köflach am 15. September 2010.

Interview und Kraftwerksbesichtigung mit Herrn Ing. Günther Wolf, Mitarbeiter der A-TEC, Voitsberg am 22.9.2010.

Interview mit Obfrau vom Verein Frauenappell Susanne Unger, Voitsberg am 17.6.2011.

- 236 -

Verwendete Literatur

Wissenschaftliche Literatur

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BOHMANN, Rudolf: 10 Jahre zweites Verstaatlichungsgesetz, in: Die österreichische Elektrizitätswirtschaft 1947-1957, Wien/Heidelberg (= BOHMANN, 10 Jahre).

BÖHMER, Siegmund et al: Stand der Technik bei kalorischen Kraftwerken und Referenzanlagen in Österreich. Wien 2003 (= BÖHMER, Technik).

BREIDENBACH, Raphael: Umweltschutz in der betrieblichen Praxis. Erfolgsfaktoren zukunftorientierten Umweltmanagement. 2. Aufl., Wiesbaden 2002 (= BREIDENBACH, Umweltschutz).

BRUNNER, Paul et al: Umwelt und Unternehmen. Erfolgreiches Umweltmanagement, Strategien, Lösungen. Wien 1995 (= BRUNNER, Umwelt und Unternehmen).

DIETINGER, Elisabeth: Die Entwicklung der Elektrizitätswirtschaft in der Steiermark von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert. Graz 2003 (= DIETINGER, Elektrizitätswirtschaft).

EBERHARD, Franz: Kohle und Eisenbahn, in: Roth, Paul (Hg.), Glas und Kohle. Bärnbach 1988 (= EBERHARD, Eisenbahn).

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SCHWEDA, Caroline Maria: Erneuerbare Energieträger in der Steiermark. Graz 2005 (= SCHWEDA, Energieträger).

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STERNARD, Dietmar: Auswirkungen der Liberalisierung des österreichischen Strommarktes auf die Organisationsstruktur eines Energievorsorgungsunternehmen am Beispiel der STEWEAG. Graz 1999 (= STERNARD, Liberalisierung).

STOCKINGER, Bettina: Die Liberalisierung des europäischen Strommarktes. SOWI- Diplomarbeit, Graz 2001 (= STOCKINGER, Liberalisierung).

STÖFFLER, Bettina: Die Umweltberichterstattung im Bereich der betrieblichen Wasserwirtschaft. Graz 1997 (= STÖFFLER, Umweltberichterstattung).

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VEIT, Margareta: Die steiermärkische Elektrizitäts-AG im Rahmen der gesamtösterreichischen Elektrizitäts-Wirtschaft. Eine historische Betriebsanalyse. Graz 1997 (= VEIT, Steierm. Elektrizitäts-AG).

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Beilagen

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Bundesgesetzblatt zum 2. Verstaatlichungsgesetz

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Auszug aus dem Kohlelieferungsvertrag

Auszug aus dem Kohlelieferungsvertrag vom 4.10.1938 zwischen der Alpine Montan AG und der STEWAG:464

„1. Sie (die STEWEAG, Anm. d. V.) errichten auf eigene Kosten das Dampfkraftwerk im Köflacher Revier in Bärnbach auf einem für Bergbauzwecke nicht in Betracht kommenden Gelände.

2. Sie verpflichtet sich, die für das Dampfkraftwerk nötige Kohle ausschließlich von uns und der GKB zu beziehen. Wir liefern Ihnen als garantierte Mindestmenge jährlich 25.000 Tonnen Abfallkohle uns Sie verpflichten sich, diese Menge, gleichgültig, ob Sie sie beziehen oder nicht, zu bezahlen.

3. Sollten wir Ihren weitergehenden Ansprüchen auf Kohle durch Lieferung von Abfallkohle […] nicht entsprechen und auch Stromlieferungen […] nicht übernehmen, so sind Sie berechtigt, die Abfallkohle in einer Körnung bis höchstens 10 mm (Hödlgrube) zu beziehen. Bevor Sie einen Bezug tätigen, werden Sie uns das entsprechende Angebot der Grube übermitteln […]

4. Sie übernehmen die Abfallkohle von uns und der GKB nach dem Anfall, ohne Rücksicht auf Verbrauch im neuen Kraftwerk, so dass die Lagerhaltung ihnen zufällt […]“

464 KARNER, Steiermark, S. 374. - 252 -

Chronik STEWEAG 1919-1950

1919 Vorbereitung des Ausbaues der steirischen Wasserkräfte GmbH. Aufstellung: 15-jähriges Bauprogramm. 30.3.1921 Gründung der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-Aktiengesellschaft Übertragung der Konzessionen und Material der oben genannten GmbH. Oberbaurat Ing. Richard Hofbauer wird zum Direktor ernannt. 4/1921 Der steirische Landtag übernimmt für eine Prioritäts-Anleihe mit einer Nominale bis zu 400 Millionen Kronen die Haftung. 7/1921 Erhöhung des Aktienkapitals auf 600.000.000 Kronen. 9/1921 Ein österreichisches Bankensyndikat wird gebildet um das geplante Bauprogramm (Ennswerk im Gesäuse, Teigitschwerk, Murkraftwerke) zu finanzieren. 12/1921 Abschluss eines Pacht- und Darlehensvertrages über die Übernahme eines 2000-PS-Dampf-Turboaggregates zur Erweiterung des Grazer Städtischen Elektrizitätswerkes. 1/1922 Der Verwaltungsrat beschließt die Organisation der Bauleitung des Teigitschkraftwerkes und das Einholen von Angeboten für den Bau. 4/1922 Baubeginn Teigitschkraftwerk. 6/1923 Das im Grazer Städtischen E-Werk installierte Dampf-Turboaggregat wird in Betrieb genommen. 10/1923 Beitritt einer italienischen Finanzgruppe (Edisongesellschaft in Mailand) zur Finanzierung des STEWEAG-Bauprogrammes. Aufstockung des Aktienkapitals um 33,7 Mrd. Kronen. Der Verwaltungsrat ernennt Direktor Oberbaurat Ing. Richard Hofbauer zum Generaldirektor und Direktionssekretär und Kurt Tanzer zum kommerziellen Direktor der STEWEAG. 5/1924 Der Verwaltungsrat übernimmt ein Finanzierungsoffert für den Ausbau der ersten Stufe des Brucker Murkraftwerkes Pernegg. Der Verwaltungsrat beschließt den Ankauf des Bürogebäudes Opernring 7 als Standort für das Zentralbüro. 12/1924 Probestau des Speichers Langmann. Begründung der österreichischen Nord-Süd Sammelschiene (Graz-Ternitz). 1/1925 Der Stollen des Teigitschkraftwerkes wird erstmals probeweise gefüllt.

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2/1925 Der Probebetrieb des Kraftwerkes Arnstein wird aufgenommen. Beschluss über den Baubeginn der ersten Stufe des Murkraftwerkes Bruck/Mixnitz (Pernegg). Schaffung einer Baudirektion mit Dr. Ing. Josef Ornig als Baudirektor (Stellvertreter: Ing. Karl Augustin). 3/1925 Die 60-kV-Leitung (26,5 km) von Arnstein zum Umspannwerk Graz-Süd wird unter Spannung gesetzt. 18.3.1925 Fertigstellung des Teigitschkraftwerkes. 25.3.1925 Beginn der Stromlieferung an das E-Werk der Stadtgemeinde Graz und an die Steiermärkische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (STEG). 28.3.1925 Feierliche Eröffnung des Kraftwerkes Arnstein in Anwesenheit des Bundespräsidenten, Bundeskanzlers, Unterrichtsminister, Landeshauptleute von Niederösterreich und Steiermark, Bürgermeister von Wien und Graz und zahlreicher weiterer wichtiger Persönlichkeiten. 10/1925 Gründung der Oststeirisch-burgenländischen Wasserkraftwerke AG als Tochtergesellschaft (OSTBURG). Vergabe der Hauptarbeiten für das Murkraftwerk Pernegg. 11/1925 Stromlieferung an die Pichler Werke in Weiz, 31,4 km lange 20-kV-Leitung (Graz Süd-Stuhlsdorf-Raabklamm). 1/1926 Das Kraftwerk Teigitschmühle geht in Betrieb. 2/1926 Die 128 km lange 60/110-kV-Leitung Graz Süd-Mürzzuschlag-Ternitz wird bis zu dem fertig gestellten Umspannwerk Mürzzuschlag unter Spannung gesetzt. Stromlieferung an die Schoeller-Bleckmann-Werke AG, Stadtwerke Kindberg, Kohlenbergbau Ratten. Inbetriebnahme der 20-kV-Leitung Bruck-Peggau (STEG). 4/1926 Stromlieferung an die Feistritzwerke Gleisdorf, Stadtwerke Hartberg und OSTBURG. 5/1926 Das Umspannwerk Ternitz wird in Betrieb gesetzt. 12/1926 In der Generalversammlung wird die Golderöffnungsbilanz per 1.1.1926 beschlossen. 12/1927 Aufnahme des Probebetriebes im Murkraftwerk Pernegg (110 kV-Leitung Graz-Bruck). 4/1928 Zufriedenstellende Absolvierung des Probelaufes des KW Pernegg.

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12/1928 Stromlieferung an die Alpine in Kindberg. Generaldirektor Ing. Richard Hofbauer tritt in den Ruhestand. 4/1929 Beschluss über die Errichtung des Speichers Pack mit fünf Mio. Kubikmeter Inhalt und einer Schwergewichtsmauer. 6/1929 Abschluss des Stromlieferungsvertrages mit der Stadt Wien 110-kV-Leitung Ternitz-Wien. 7/1929 Entwurf des Gesellschaftsvertrages zur Gründung einer GmbH für das Bauprojekt „Ennswerk im Gesäuse“. 11/1929 Stromlieferung an die Böhler Werke AG. Anschluss des EW Kapfenberg an das 20-kV-Netz. 12/1929 Genehmigung für Erweiterungsarbeiten für das Arnsteinkraftwerk, Bau des Umspannwerkes Graz-Nord und Murkraftwerk Mixnitz. 1/1930 Der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Steirischen Ennswerke GmbH wird abgeschlossen. 4/1930 Beginn der Bauarbeiten des Speichers Pack. 7/1930 Fertigstellung 27,5 langen 20-kV-Leitung Gleisdorf-Feldbach. 12/1930 Stromlieferung an das EW Wien und an die Veitscher Magnesitwerke. 4/1931 Der 3. Maschinensatz des Arnsteinkraftwerkes geht in Betrieb. 9/1931 Der 1. Maschinensatz des Murkraftwerk Laufnitzdorf geht in Betrieb. 11/1931 Das Sperrenkraftwerk Pack speist Strom in die 5,5 km lange 20-kV-Leitung Pack-Langmann ein. 12/1931 Der jährliche Stromabsatz der STEWEAG übersteigt die 100 Mio. kWh. 1933 Der jährliche Stromverkauf beträgt erstmals mehr als 200 Mio. kWh. 1935 Direktor Dr. Ing. Josef Ornig stirbt am 20.3. und Generaldirektor a. D. Hofrat Ing. Richard Hofbauer stirbt am 8.11.1935. 1938 Die Aktienmehrheit der STEWEAG geht an die Alpenelektro Werke AG über. 1938 Direktor Kurt Tanzer wird entlastet und Ing. Sepp Helfrich wird angeführt. Baubeginn Dampfkraftwerk Voitsberg I. Der Jahresabschluss wird gemäß den Bestimmungen des deutschen Aktienrechts gegliedert. 2.1.1939 Die Ostburg wird übernommen. 26.5.1939 Der Vorstand legt aufgrund der Umstellungsverordnung die Reichsmark- Eröffnungsbilanz vor.

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5/1939 Die zum Konzern der reichseigenen Vereinigten Industrie-Unternehmungen AG gehörende Alpen-Elektrowerke-AG in Wien erwirbt 75,5% des Aktienkapitals. 6/1939 Dipl.-Ing. Karl Augustin, Dipl.-Ing. Alois Hölzl und Dr. Odo Pretner werden zum Vorstand der STEWEAG bestellt. 10/1939 Das EW der Gebrüder Oberaigner in Liezen wird erworben. 6/1940 Das Umspannwerk Böhler II wird in Betrieb gesetzt. 12/1940 Übernahme des weststeirischen Verteilernetz der Graz-Köflacher-Eisenbahn mit dem Dampfkraftwerk-Standort Bärnbach. Inbetriebnahme von Voitsberg I und der 110-kV-Leitung Arnstein-Graz Nord (27,7 km). Das Stromaufkommen der STEWEAG überschreitet 300 Mio. kWh. 12/1941 Dipl.-Ing. Alois Hölzl scheidet aus dem Vorstand aus, Alfred Fleischmann und Dipl.-Ing. Franz Pichler werden neu bestellt. Erstmals wurden mehr als 200 Mio. kWh verkauft. 5/1942 Das Gesellschaftskapital wird um 6.660.000 RM auf 28.860.000 RM erhöht. Im gesamten Absatzbereich der STEWEAG wird der Reichs-Tarif eingeführt. 8/1944 Inbetriebnahme des Murkraftwerkes Dionysen. Umsatz von mehr als 500 Mio. kWh. 5/1945 Dipl.-Ing. Karl Augustin wird nach Russland verschleppt. 6/1945 Verlust der Ausrüstung des Dionysener Werkes durch Demontagen der Sowjets. 7/1945 Direktor Kurt Tanzer, Dipl.-Ing. Edmund Berger und Dipl.-Ing. Carl Lipp werden vorübergehend zu den öffentlichen Verwaltern bestellt.

11/1945 Direktor Dipl.-Ing. Karl Augustin stirbt am 15.11. im Gefangenenlager in Russland. 3/1946 Die STEWEAG feiert ihr 25-jähriges Bestandsjubiläum in der Grazer Burg. 5/1946 Der reparierte Rotor des Turbosatzes vom Dampfkraftwerk Voitsberg wird aus Berlin zurückgebracht und ist noch vor Jahresende einsatzbereit. 11/1946 Vorbereitungen zum Bau des Salza-Kraftwerkes. 26.3.1947 Der Nationalrat beschließt das 2. Verstaatlichungsgesetz und im Zuge dessen erhält die STEWAG die Aufgabe einer Landesgesellschaft für das südliche Burgenland und der Steiermark.

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26.3.1947 Bewilligung zum Bau der Hirzmannsperre. 11/1947 Baubeginn der Hirzmannsperre. 4/1948 Das Dampfkraftwerk Voitsberg, die 110-kV-Leitung Voitsberg-Arnstein werden im Zuge des Verstaatlichungsgesetzes an die Österreichischen Draukraftwerke AG übergeben. 5/1948 Kurt Konrad Tanzer wird zum Generaldirektor, Prof. Dr. techn. Ludwig Musil zum technischen Direktor und Arnold Barwig zum kaufmännischen Direktor bestellt. 11/1948 Das in Niederösterreich befindliche Leitungsnetz wird an die NEWAG verkauft. 1/1949 Das Umspannwerk Liezen und Deutschlandsberg und die 60-kV-Leitung -Deutschlandsberg werden in Betrieb genommen. 9/1949 Das Salzakraftwerk nimmt die Stromerzeugung auf. 12/1949 Das Kraftwerk Dionysen kann die Stromerzeugung wieder aufnehmen. 1/1950 Gemäß dem 2. Verstaatlichungsgesetz wird die 110-kV-Leitung Hessenberg- Bruck-Ternitz, die Schaltstelle Bruck und das UW Mürzzuschlag an die Verbundgesellschaft übergeben. Das Netz der Pöls-Werke Knittelfeld und das Kleinkraftwerk St. Michael werden aus dem Eigentum der AEW an die STEWEAG überführt. 4/1950 Der Hirzmannstausee wird probeweise gefüllt. 12/1950 Das Teilstück Gleisdorf-Oberwart der 60-kV-Leitung Graz-Oberwart wird mit 20 kV unter Spannung gesetzt. Tabelle 1: Chronik der STEWEAG

Quelle: Chronik selbst erstellt auf Basis der Literatur STEWEAG: 50 Jahre STEWEAG. Jubiläumszeitschrift anlässlich zum 50jährigen Jubiläum. S. 53-67.

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Chronik der GKB

26.8.1855: Konzessionserteilung über den Bau der Strecke Graz-Köflach an die Voitsberg-Köflach-Lankowitzer Steinkohlengewerkschaft. 1857: Baubeginn der Eisenbahnstrecke. 22.6.1859: Der Fahrbetrieb wird aufgenommen. 3.4.1860: Offizielle Eröffnung der Eisenbahnstrecke. 8.9.1871: Konzessionserteilung für den Bau der Strecke Lieboch - Wies. 9.4.1873: Eröffnung der Eisenbahnstrecke nach Wies. 28.6.1878: Beschluss der Betriebsübernahme durch die Südbahngesellschaft. 1.9.1878: Übernahme durch diese. Bis 1914: Projekte zur Erweiterung des Eisenbahnnetzes nach Marburg und Knittelfeld, die jedoch keine Verwirklichung fanden. 1.1.1924: Liquidation der Südbahngesellschaft und Übernahme durch die ÖBB. 1.7.1924: Betriebsführung wieder erneut durch die GKB. Seit 1928: Die Österr. Alpine-Montan Gesellschaft hält die Aktienmehrheit der GKB. 1930: Übernahme der Sulmtalbahn mit der Strecke Leibnitz - Pölfing-Brunn. 1.4.1930: Übernahme des Betriebes der Sulmtalbahn durch die GKB. 1935: Gründung des GKB-Kraftwagenbetriebes. 1944: Änderung des Firmennamens in „Steirische Bergbau- und Eisenbahn Gesellschaft“ der Reichwerke „Hermann Göring“. 27.5.1967: Einstellung der Sulmtalbahnstrecke Leibnitz - Pölfing - Brunn. 1974: Übernahme durch den Konzern der VÖEST-Alpine AG. 1975: Schließung des Kohlenbergwerkes Bergla und Ende des Kohlenverkehrs zwischen Lieboch und Bergla. 1978: Ende des Dampfbetriebes. 1989: Die GKB wird in eine GmbH umgegründet. 1998: Spaltung der GKB in die Bereiche Verkehr (GKE) und Bergbau. 31.12.1998: Ablauf der eisenbahnrechtlichen Konzession der GKB. 1998/99: Verlängerung dieser bis 1999. Tabelle 2: Chronik der GKB Chronik selbst erstellt auf Basis der Literatur GEOCITIES: Trainbase. Eisenbahnen in Österreich. www.geocities.com/MotorCity/Lane/9551/gkb2.htm?200811, November 2008.

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Chronik GKB – Großtagebau Oberdorf

Anlässlich der Grubenfahrt in Bergla mit Handelsminister Dr. Josef Staribacher, Sektionschef Dr. Frank, ÖDK-VD Werner, ÖDK-VD Dr. Hautzenberger, 17.8.1972 ÖAMG-GD Dr. Sernetz und Bergdirektor Rath kommt es zu einem unverbindlichen Angebot für ein neues 330 MW ÖDK-Kraftwerk in Voitsberg bei einer 25 Jahre dauernden Liefermöglichkeit. 1972/73 Überprüfung der Lagerstättenvorräte, insbesondere in Oberdorf. Die ÖDK informiert die GKB über die Absicht ein neues Kraftwerk ÖDK III 16.5.1973 für 330 MW auf Kohlenbasis zu errichten, wenn die GKB sich für 25 Jahre mit 1 Mio. Tonnen Braunkohle verpflichten kann. 20.12.1973 Die STEWEAG teilt mit, dass sie ein zweites Fernheizkraftwerk plant. Vergabe der Prospektions- und Explorationsarbeiten an die Fa. Austromineral, 22.11.1973 Wien, zur Untersuchung der Oberdorfer Lagerstätte. Beginn der Untersuchungsbohrungen. Zur Finanzierung der Untersuchungsarbeiten stellen die ÖDK und STEWEAG 20.2.1974 6 Mio. Schilling, die Stmk. Landesregierung 2,5 Mio. Schilling und die Bergbauförderung der Bundesregierung ebenfalls 2,5 Mio. Schilling bereit. Abschluss der Prospektion und Exploration mit 27 km seismischen Profilen 15.3.1975 sowie 64 Bohrlöchern mit 7.900 Bohrkernmetern. Übergabe des von der GKB erarbeiteten „Projekt Großtagebau Oberdorf“ an Minister Dr. Staribacher: 31,2 Mio. t Kohle bei 139 Mio. m³ Abraum (4,45 15.7.1975 A/K) mit 700 Mio. Schilling Aufschließungskosten, wovon 253 Mio. Schilling für Vorabraum und 447 Mio. Schilling für Grundablösen sowie für maschinelle, elektrische und bauliche Anlagen vorgesehen sind. Von der Montanuniversität ergeht eine positive Projektstellungnahme von 12.11.1975 o. Prof. Dr. Fettweis und ao. Prof. Dr. Lechner an das Ministerium. 17.12.1975 Der Aufsichtsrat der GKB genehmigt das Projekt zur Regierungsvorlage. Die Bundesregierung beschließt die Erschließung des Kohlevorkommens 9.3.1976 Oberdorf laut Projektantrag. Ansuchen der GKB an die ÖIAG zwecks Übernahme der Bundeshaftung für die 23.3.1976 erforderlichen Kredite. Beginn der Schlägerungen für die Transporttrasse des kleinen 4/1976 Schaufelradbaggers vom Zangtaler Muttlkogel nach Oberdorf sowie der

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Schlägerungen für das Tagbaugelände. Beginn der Projektausführung und Bestellausschreibungen sowie Beginn der 8/1976 Rodungsarbeiten zum Aufschluss der Bandtrassen. 29.10.1976 Erste Baukommissionierung für neue Trafostationen. Erste Baukommissionierung der Abraum-Bandanlagen Oberdorf- 26.11.1976 Marienschacht. 14.7.1977 Erste Betriebsbewilligung für die elektrischen und maschinellen Anlagen. 5.9.1977 Einschulung des Bedienungspersonals an den Bandanlagen. Einsatz des Miet-Schaufelradbaggers SRs240 am Abraumband 11b auf der 6.9.1977 520 m SH Trasse sowie des Hochlöffelbaggers M 154 am Band 16 auf der 500 m SH Trasse; am Marienschacht geht das Kippenband IIa in Betrieb. 22.9.1977 Erste Rückung des Bandes 11b. Offizielle Eröffnung des Großtagebaues Oberdorf durch den Bundeskanzler Dr. 12.10.1977 Bruno Kreisky (14:00 Uhr). 22.10.1977 Erste Verlängerung des Bandes 11b um 50 m auf 300 m. Anlieferung der Bauteile und Beginn des Zusammenbaues des ersten 8/1978 Lauchhammer VEB Schaufelradbaggers SRs400. 11/1978 Beginn der Montage des zweiten SRs400. Einstellung der Abraumgewinnung mit dem, von der Fa. Negrelli gemieteten, 22.12.1978 SRs240 und Ende der Verkippung am Marienschacht (in Summe 1,651 Mio. m³). Auffahrt des SRs400 vom Montageplatz auf 430 m SH zur Bandtrasse auf 20./21.1.1979 540 m SH. Einsatz des ersten Großbaggers SRs400 am Strossenband 11c sowie stationäre 24.1.1979 Inbetriebnahme des Bandabsetzers ARs 1600 (20+30) an der Kippe Karlschacht Tagbau 1. 4/1981 – Verkippung des ausgekohlten Karlschacht Tagbau 2 mit 7,89 Mio. m³ Abraum. 9/1982 9/1982 – Mobile Sondergewinnung der VA-Eisenerz auf der Westmulde für 7/1983 1.086 Mio. m³ Schotterabraum am Block IV. 21.6.1983 Ende der Gewinnung in der Westmulde mit SRs400/I. 8.7.1983 Beginn der Gewinnungsgruppe 1 am Block III in der Ostmulde. Beginn der Abraumgewinnung durch die Firma Halatschek am Block IV der 28.11.1983 Westmulde.

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3.11.1984 Beginn der Gewinnungsgruppe 2 am Block III der Ostmulde. Beginn der mobilen Gewinnungsgruppe 3 mit Hydraulik-Tieflöffelbagger und 19.11.1984 Brecher in der Westmulde. 9.9.1985 Beginn der zweiten mobilen Gewinnungsgruppe G4 in der Westmulde. 10/1985 Beginn der Montage des dritten Schaufelradbaggers VABE 700. Inbetriebnahme des Schaufelradbaggers VABE 700 (S III) am Block III, 5/1986 SRs400 (S I) bleibt als Reservegerät. Ende der Verkippung am Karlschacht Tagbau 1 mit in Summe 42,92 Mio. m³ 10/1986 Abraum von Oberdorf (Jänner 1979 – März 1981: 14,3 Mio. m³ und Juli 1982 – Oktober 1986: 28,6 Mio. m³). 11/1986 Beginn der Verkippung in Schaflos mit Abraum von Oberdorf. Ende der Abraumgewinnung durch die Fa. Halatschek 7/1987 (in Summe: 5,92 Mio. m³). 1/1989 Eingliederung des Tagbaus Zangtal in den Tagbau Oberdorf. Beginn der Abraumgewinnung mit der Gewinnungsgruppe 2 mit dem VABE 1/1990 700 am Block IV der Ostmulde. Wegen zunehmender Bergschäden im Bereich Peter-Leitner-Siedlung muss das 4/1990 Abbaukonzept in der Westmulde entsprechend einem Gutachten von Prof. Hollmann und DI Pintaritsch umgestellt werden. Restkohlung der Westmulde im Streifen-Abbau mit den mobilen Einheiten und 7/1990 Beginn der Innen-Rückverkippung. Überstellung des Absetzers von Schaflos zur Oberdorfer Westmulde. In 4./5.5.1991 Schaflos wurden 25,28 Mio. m³ verkippt. 12.11.1991 Auskohlung der Westmulde im Streifen-Abbau. 5/1992 Außerbetriebnahme des SRs400 (I). Errichtung eines Schwimm-Sink-Analysenlabors zur Verbesserung der 6/1992 Kohlenqualitätsprognose. 2/1993 Einsatz von 2 allradgetriebenen Starrahmen-Muldenkipper Kälble KV 33. Asche-Tegel Versuchskippe zur Untersuchung der Auswirkungen des 10/1993 Ascheeinsatzes im Tagbau. Rutschungen im Bereich der Nordböschung mit nachfolgender 11/1993 Sicherungsarbeiten. Beauftragung Prof. Riedmüller, TU Graz, mit Standsicherheitsgutachten 4/1994 Nordböschung.

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8/1995 KFZ-Werkstätte Oberdorf neu. 9/1995 Brand der Abraum-Bandanlage A 9 auf der Kippe Karlschacht I. 11/1995 Einstellung des Außenkippenbetriebes Karlschacht I. 2/1996 Errichtung einer Mogensen Stangensizeranlage zur Taubabtrennung. 8/1996 Fertigstellung des Bandsammelplatzes Nord. 12/1996 Asche – Tegel – Mischkippe zur lokalen Stabilisierung der Abraummassen. Feststellung der Verkippung der Westmulde und Umstellung des Bandabsetzers 1/1997 Ars 1600 zum Muttlkogl. 1/1998 Betriebsbeginn Mobilbrecher IV. 4/1999 Überstellen des Ars 1600 in die Ostmulde. Errichtung der Baggertransportrampe Ost unter Verwendung von 4/1999 Wirbelschichtflugasche vom Kessel 11 der Firma SAPPI Gratkorn. 1999 Ersteinsatz von Muldenkippern des Fabrikates Terex-TR 45. Rekultivierungsprojekt mit dem Institut für Forstliche Arbeitswissenschaft der 4/2000 Uni München, Herstellung der Versuchsflächen. Zusammenlegung der Betriebe Aufbereitung, Mech. Werkstätte und E- 2/2001 Wirtschaft mit dem Tagbaubetrieb Oberdorf. 4/2001 Übersiedlung der Zentralwerkstätte nach Oberdorf. 7/2001 Sicherungsprojekt Band 50. Vorlage des für die Endgestaltung bindenden bodenmechanischen und 12/2001 bergschadenkundlichen Gutachtens von Prof. Dr. Friedrich Hollmann und Dipl.-Ing. Erich Pintaritsch zur Standsicherheit der Ostböschung. 3/2002 Einstellung der Gewinnungsgruppe I mit SRs 400 (II). Einstellung der Gewinnungsgruppe II mit VAE 700 (S III) – Ende des 7/2003 Schaufelradbaggereinsatzes 5/2004 Vorliegen des Rekultivierungsleitfadens für den Tagbau Oberdorf. 8/2004 Ende der Kohlegewinnung am Tagbau V Muttlkogel. 11/2004 Ende der Kohlegewinnung in der Ostmulde. Tabelle 3: Chronik GKB – Großtagebau Oberdorf

Quelle: Chronik selbst erstellt auf Basis der Literatur TU Graz: GKB-Geschichte. ftp://ftp.tu- graz.ac.at/pub/publik/.../Bergbauchronik_Oberdorf.doc, November 2010.

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Chronik der Österreichischen Draukraftwerke AG

1.8.1947 Gründung der Österreichischen Draukraftwerke AG. 1948 Übernahme der Draukraftwerke Schwabeck und Lavamünd, des Dampfkraftwerkes Voitsberg und der Baustelle der Kraftwerksgruppen Reißeck- Kreuzeck. 1949 Fertigstellung des Draukraftwerkes Lavamünd. Baubeginn des Dampfkraftwerkes St. Andrä I. 1950 Inbetriebnahme des Tagesspeicherwerkes Reißeck-Kreuzeck. Baubeginn des Dampfkraftwerkes St. Andrä. 1951 Erweiterung des Dampfkraftwerkes Voitsberg. Übernahme des Kraftwerkes Mühldorf. 1952 Inbetriebnahme des Tagesspeichers Gondelwiese. Inbetriebnahme der zweiten Maschine der Kraftwerksgruppe Reißeck-Kreuzeck. Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes St. Andrä. Inbetriebnahme des 3. Maschinensatzes des Dampfkraftwerkes Voitsberg. 1953 Ausbau des Jahresspeicherwerkes Reißeck. 1954 Baubeginn des Dampfkraftwerkes Voitsberg II. 1955 Baubeginn des Tagesspeichers Kreuzeck. 1956 Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg II. 1957 Inbetriebnahme von 2 Maschinensätzen des Jahresspeicherwerkes Reißeck. Inbetriebnahme von 2 Pumpensätzen der Pumpstation Hattelberg (Reißeck). 1958 Inbetriebnahme des Tagesspeichers Roßwiese. Inbetriebnahme des 1. Maschinensatzes des Tagesspeichers Kreuzeck. 1959 Inbetriebnahme des 2. Maschinensatzes des Tagesspeichers Kreuzeck. Inbetriebnahme des Zwischenkraftwerkes Niklai (Reißeck-Kreuzeck). Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes St. Andrä 2. Baubeginn des Dampfkraftwerkes Zeltweg. Baubeginn des Dampfkraftwerkes Edling. 1960 Inbetriebnahme des 3. Pumpensatzes der Pumpstation Hattelberg (Reißeck). 1961 Inbetriebnahme des 3. Maschinensatzes des Jahresspeicherwerkes Reißeck. Rekorderzeugung von 2.293 GWh. 1962 Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Edling. Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Zeltweg.

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Übernahme des Kraftwerkes Steinfeld. 1964 Baubeginn der Gößüberleitung (Reißeck-Kreuzeck). 1965 Fertigstellung der Stauzielerhöhung des Dampfkraftwerkes Lavamünd. Baubeginn des Draukraftwerkes Feistritz-Ludmannsdorf. 1966 Fertigstellung der Großüberleitung. 1967 Fertigstellung der Unterwassereintiefung im Dampfkraftwerk Lavamünd. 1968 Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Feistritz-Ludmannsdorf. 1969 Rekorderzeugung von 3.395 GWh. 1970 Baubeginn des Dampfkraftwerkes Rosegg-St.Jakob. 1971 Baubeginn der Kraftwerksstufe Malta. Baubeginn des Dampfkraftwerkes Ferlach-Maria Rain. 1972 Firmenjubiläum – 25 Jahre ÖDK. 1973 Inbetriebnahme des 1. Maschinensatzes und Wehrgenerator im Dampfkraftwerk Rosegg. 1974 Inbetriebnahme des 2. Maschinensatzes und Fertigstellung Dampfkraftwerk Rosegg. 1975 Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Ferlach-Maria Rain. 1976 Inbetriebnahme des 1. Maschinensatzes in der Kraftstation Rottau (Malta) Rekorderzeugung: 4.020 GWh. 1977 Baubeginn des Dampfkraftwerkes Annabrücke. Baubeginn des Dampfkraftwerkes Voitsberg III. Teilinbetriebnahme Malta Ober- und Hauptstufe. Fertigstellung des Kraftwerkes Malta Unterstufe. 1978 Fertigstellung aller maschinellen Anlagen der Kraftwerksgruppe Malta. 1979 Erstes volles Betriebsjahr der Kraftwerksgruppe Malta. 1980 Montagearbeiten beim Kraftwerk Annabrücke. 1981 Baubeginn des Kraftwerkes Villach. Baubeginn der Rauchgasentschwefelungsanlage für die Dampfkraftwerke Voitsberg I und II. Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Annabrücke. 1982 Wasserbauprojekt: obere Drau. Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage für das Dampfkraftwerk Voitsberg II.

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1983 Baubeginn des Dampfkraftwerkes Kellerberg. Inbetriebnahme des 1. Maschinensatzes im Dampfkraftwerk Villach. Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Voitsberg III mit der Rauchgasentschwefelungsanlage 1. Stilllegung des Dampfkraftwerkes Voitsberg I. Anwendung des Kalkadditivverfahrens im Dampfkraftwerk St. Andrä 2. 1984 Inbetriebnahme des 2. Maschinensatzes des Dampfkraftwerkes Villach. Baubeginn der Rauchgasentschwefelungsanlage 2 für das Dampfkraftwerk Voitsberg III. 1985 Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes Kellerberg. Baubeginn des Dampfkraftwerkes Paternion. 1986 Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage 2 für das Dampfkraftwerk Voitsberg III.

Inbetriebnahme der Simultanabschneideanlage für SO2 im Dampfkraftwerk St. Andrä. Stilllegung des Dampfkraftwerkes St. Andrä I. 1987 Inbetriebnahme des 1. Maschinensatzes im Dampfkraftwerk Paternion. 1988 Fertigstellung des Dampfkraftwerkes Paternion. Betriebsaufnahme des neuen ÖDK-Lastenverteilers in der Hauptverwaltung. Erprobung von DENOX-Pilotanlagen in den Dampfkraftwerken Voitsberg III und St. Andrä. Beginn der Umwelt- und Raumverträglichkeitsprüfung im Bereich Obere Drau I. Die im Besitz der Republik Österreich befindliche Österreichische- Elektrizitätswirtschaft-AG übernimmt 51% der Anteile der ÖDK. Zu 49% beteiligt sich die KELAG am Unternehmen. 1989 Sanierung der Kölnbreinsperre. Beschluss über die Errichtung eines Fernwärmeversorgungssystems in St. Andrä. Errichtung eines Luftgütemessnetzes für das Land Kärnten. Vergabe der SCR-Entstickungsanlage für das Dampfkraftwerk Voitsberg III. 1990 Gründung der DRAUCONSULTIN-GmbH mit der KELAG. 1991 Erstellung eines Umrüstungs- und Nachrüstungskonzeptes für das Dampfkraftwerk. Power Plant Award durch die amerikanische Fachzeitschrift Power International

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für innovative Leistung auf dem Gebiet der Rauchgasreinigung (Dampfkraftwerk Voitsberg III). Abschluss der Raum- und Umweltverträglichkeitsprüfung Obere Drau. Pilotprojekte in St. Andrä und Zeltweg bezüglich Biomasse. 1992 Baubeginn Rauchgasreinigungsanlage Dampfkraftwerk Zeltweg. Projektierung des Umbaues des Dampfkraftwerkes Voitsberg II von Braunkohle auf einen Erdgaskombiblock. 1993 Vollstau im Kölnbreinspeicher. Errichtung eines 4. Maschinensatzes im Dampfkraftwerk Schwabeck. Umbau des Dampfkraftwerkes St. Andrä von Braunkohle auf Steinkohle inkl. der Adaptierung einer Rauchgasreinigungsanlage. 1994 Gründung der Draurecycling Reststoffverwertung GmbH mit dem VERBUND. Inbetriebnahme der Rauchgasreinigungsanlage im Dampfkraftwerk Zeltweg. Eröffnung des ÖDK-Drauradweges von Spital bis Völkermarkt. Beendigung der Sanierungsarbeiten an der Sperre Kölnbrein. 1995 Erarbeitung eines neuen Leitbildes und Designs (Corporate Identity). Erneuerung der Leittechnik im Dampfkraftwerk Zeltweg. Einbau des 4. Maschinensatzes im Dampfkraftwerk Schwabeck. 1996 Öko-Audit für Voitsberg und Obere Drau. Errichtung eines digitalen Kommunikationsnetzes. Automatisierung der Flusswerkskette „Drau 2000“. 1997 50 Jahre VERBUND. 50 Jahre Österreichische Draukraftwerke AG. Neuorganisation des Verbundkonzerns. 13.9.2000 Der VERBUND kauft alle Anteil der KELAG an der ÖDK. Rückwirkende Eingliederung zum 1.1.2000 in das 1999 neu gegründete Tochterunternehmen VERBUND-Austrian Hydro Power AG (AHP). Die thermischen Anlagen wurden von der VERBUND-Austrian Thermal Power GmbH & CO KG (ATP) betrieben. Tabelle 4: Chronik der Österreichischen Draukraftwerke AG

Quelle: Chronik selbst erstellt auf Basis der Literatur GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 31 ff sowie Wikipedia: Österreichische Draukraftwerke, http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Draukraftwerke, August 2010.

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Chronik des Dampfkraftwerkes Voitsberg

Kraftwerk Voitsberg I

1940: Inbetriebnahme Kessel 1 + 2 (je 70 t/h).

Inbetriebnahme Maschine 1 + 2 (je 20 MW el). 1941: Inbetriebnahme Kessel 3 (100 t/h). 1950: Inbetriebnahme Kessel 4 (100 t/h). 1983: Außerbetriebnahme der Anlage Voitsberg I (27.8.1983). Tabelle 5: Chronik Kraftwerk Voitsberg I

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 10 f.

Kraftwerk Voitsberg II

1956: Inbetriebnahme Voitsberg II

(Kesselleistung 210 t/h, Generatorleistung 65 MW el). 1973: Neuer Elektrofilter. 1981: Beginn der Entschwefelungsversuche mit Kalkadditivverfahren (KAV). 1982: Versuche zur Nassentschwefelung mit Schlauchfilter. 1983: Inbetriebnahme der definitiven KAV-Anlage zur Entschwefelung. 1986: Das Kraftwerk wird konserviert. 1995: Außerbetriebnahme der Anlage Voitsberg II (18.9.1995). Tabelle 6: Chronik Kraftwerk Voitsberg II

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 10 f.

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Kraftwerk Voitsberg III

1983: Inbetriebnahme Voitsberg III mit Fernwärmeauskoppelung

(Kesselleistung 980 t/h, Generatorleistung 330 MW el). Inbetriebnahme Kalkadditivverfahren (KAV) zur Entschwefelung. 1984: Für die architektonische Gestaltung des Dampfkraftwerkes wurde dem Standort 1984 das „GERAMB-Dankzeichen“ für gutes Bauen verliehen. 1985: Bist 1988 Betrieb von zwei SCR-Versuchsanlagen zur Stickoxidreduktion. 1986: Inbetriebnahme der Nassentschwefelung (als erstes Braunkohlekraftwerk in Europa) Straße 1 im April. Inbetriebnahme Nassentschwefelung Straße 2 im November.

KAV wird nur mehr zur SO2-Spitzenabdeckung eingesetzt. 1987: Versuche zur Stickoxidreduktion nach dem SNCR-Verfahren. 1988: Ende des SCR-Langzeitversuchs. Erste Versuche zur Gipsverwertung in einer Zementindustrie und Einbau einer Oberluftebene zur Stickoxidreduktion. 1989: Weitere Versuche zur Gipsverwertung. Einbau einer zweiten Oberluftebene. 1990: Einbau einer SCR-Anlage. Großtechnische Gipsverwertung in der Zementindustrie. 1991: Wegen der hervorragenden Leistungen am Sektor Emissionsreduktion bei braunkohlegefeuerten Kraftwerken wurde das Kraftwerk mit dem „International Powerplant Award“ ausgezeichnet. 1992: Detaillierte Untersuchungen zur Ascheverwertung und großtechnischer Einsatz zur Deponieabdichtung im Karlschacht 2. 1994: Einbau eines Rauchgaswärmetauschers für die Fernwärmeerzeugung. 1995: Einführung eines Umweltmanagementsystems nach EMAS-Verordnung. 1996: Konformitätsbescheinigung gemäß EMAS-Verordnung: Eintragung nach dem Umweltgutachter- und Standortverzeichnisgesetz mit der Reg.Nr.: A-S-0000011. 1997: Zertifizierung nach der internationalen Norm EN ISO 14001. 1998: Umbau des Feuerungssystems zur Optimierung der primären Stickoxidreduktion und dadurch gravierende Einsparungen des Ammoniakwassers für die nachgeschaltete SCR-Anlage.

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Untersuchung der Reststoffqualitäten hinsichtlich der Anforderungen der neuen Deponienverordnung. Akkreditierung des chemischen Prüflabors (bis 2002). 1999: Optimierung des Feuerungssystems nach dem Umbau, um zukünftig ohne SCR- Anlage und Ammoniakwasser das Auslangen zu finden. Fortsetzung der Deponieabdichtung im Karlschacht 2. Neuerrichtung eines Lagers für gefährliche Abfälle. 2000: Anpassungsprojekte an die neuen Abwasseremissionsverordnungen. Großtechnische Ascheverwertung zur Zementherstellung (Zementersatzstoff). 2001: Verstärkte Aktivitäten in Zusammenarbeit mit der GKB Bergbau GmbH zum Deponieabschluss Karlschacht 2. Behördliche Genehmigung und erfolgreicher Betriebsversuch zur Mitverbrennung von Tiermehl. 2002: Optimierungsarbeiten zur Entsprechung der neuen Abwasseremissions- verordnungen. 2003: Einstellarbeiten zur Absenkung der Mindestlast auf rund 150 MW-el. Errichtung eines neuen Gipszwischenlagers. 2004: Die Laufzeit des Kohlelieferungsvertrages wurde von 2008 auf 2004 gekürzt. 2005: Zwischen Greenpeace und VERBUND entsteht eine heftige Debatte um die Zukunft des Kohlekraftwerkes. Greenpeace fordert eine Umstellung auf Biomasse. 2006: Schließung des Kraftwerkes im Mai 2006. 2007: Der Investor Mirko Kovats zeigt Interesse an dem stillgelegten Kraftwerk und auf Steinkohle umzurüsten. 2008: Die Kovtas-Gruppe erhält den Zuschlag für das Kohlekraftwerk Voitsberg in einem öffentlich ausgeschriebenen Best-Bieterverfahren. Das Kraftwerk soll in ein Steinkohle-Kraftwerk umgerüstet werden und ein Kompetenzzentrum soll entstehen. 2009: Im Mai bringt die A-TEC den Antrag auf Umrüstung bei der BH Voitsberg ein. Bei einer öffentlichen Genehmigungsverhandlung im Juni zur Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes wurde mehr als 500 Einsprüche vorgelegt, darunter auch ein Einspruch von Greenpeace. Im September beschließt der steirische Landtag eine rechtliche Prüfung eines Feststellungsverfahrens für eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Im Zuge des Verfahrens kommt man im Dezember 2009 zum Entschluss, dass keine Pflicht zu

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einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. 2010: Rund 70 Ärzte im Bezirk äußern sich in einer Stellungsnahme gegen die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes. Immer stärker wird der Widerstand in der Bevölkerung. Im Oktober meldet die A-TEC Konkurs an. 2011: Am 14. April 2011 zog die A-TEC den Antrag auf Umrüstung des Kohlekraftwerkes bei der BH zurück. Tabelle 7: Chronik Kraftwerk Voitsberg III

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 10 f.

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Umweltleitbild VERBUND

⇒ Der VERBUND verpflichtet sich in allen Tätigkeitsbereichen zu einem verantwortungs- vollen, an Nachhaltigkeit orientierten Umgang mit der Umwelt.

⇒ Vordinglichstes Anliegen ist die Schonung der natürlichen Ressourcen durch Optimierung der Stoff- und Energieflüsse unter Berücksichtigung der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Die Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen hat dabei Vorrang vor deren Verringerung.

⇒ Der VERBUND bemüht sich um die Förderung der erneuerbaren umweltschonenden Energiequellen. Bereits jetzt stammen im langjährigen Mittel etwa 90% seines

Stromes aus der CO2-freien, regenerativen Wasserkraft. Die Positionierung als eines der umweltfreundlichsten Energieunternehmen in Europa wird durch Forcierung von Pilot- und Demonstrationsprojekten zur Erprobung innovativer Energietechniken für Biomasse, Sonne und Wind untermauert.

⇒ Der VERBUND begnügt sich beim Schutz der Umwelt nicht mit der Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen sondern setzt selbst neue Maßstäbe durch die Anwendung entsprechender technologischer Umweltstandards.

⇒ Für die systematische Planung sämtlicher Umweltaktivitäten bedient sich der VERBUND eines professionellen Umweltmanagementsystems, das in die bestehende Organisationsstruktur und in die operativen Ebenen integriert ist.

⇒ Verantwortliche Umweltbevollmächtigte und –beauftragte sorgen für die effiziente Umsetzung der Umweltschutzphilosophie des VERBUNDES.

Abbildung 1: Umweltleitbild VERBUND

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 5.

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Umweltleitsätze VERBUND

1. Wir als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des VERBUND sehen es als unsere Pflicht an, bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Kraftwerksanlagen in hohem Maß auf Schutz und Erhaltung der Umwelt Bedacht zu nehmen und sorgfältig die betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen. Vor technischen Lösungen zur Verringerung von Umweltbeeinträchtigungen steht unser Streben nach deren grundsätzlicher Vermeidung.

2. Für die Durchführung sämtlicher Umweltaktivitäten wird ein professionelles Umweltmanagementsystem eingeführt, das in die bestehende Organisationsstruktur integriert ist. Durch diese Systematik ist die kontinuierliche Verbesserung sichergestellt. Umweltbeauftragte sorgen für die effiziente Umsetzung der Umweltschutzphilosophie.

Abbildung 2: Umweltleitsätze VERBUND

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung.

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Leitbild der Draukraft

1. Wir sind eine tragende Säule des VERBUND, des führenden Unternehmens der Österreichischen Elektrizitätswirtschaft.

2. Mit unseren Fluss-, Speicher- und Dampfkraftwerken in Kärnten und der Steiermark leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur lückenlosen Stromversorgung Österreichs.

3. Im Interesse der Kunden erfüllen wir unsere unternehmerische Tätigkeit in partnerschaftlicher Zusammenarbeit.

4. Wir gehören zu Europas umweltfreundlichsten Energieunternehmen. Technik und Natur verantwortungsbewusst zu vereinen ist uns ein Anliegen. Die Ergebnisse unserer Forschungs- und Entwicklungsarbeit sind international anerkannt.

5. Wir erfüllen den Versorgungsauftrag unter Nutzung der regionalen und geographischen Stärken nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Kunden-, Ertrags- und Wettbewerbsorientierungen sichern unseren langfristigen Unternehmenserfolg am Markt.

6. Unserer wichtigstes Kapital sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir durch zukunftsorientierte Personalentwicklung fördern.

7. Eigenverantwortung, unternehmerisches Denken, offene Kommunikationsbereitschaft, Teamarbeit und Leistungsorientierung prägen unser Handeln.

8. Mit unseren Tochtergesellschaften bieten wir den Kunden eine breite Dienstleistungs- palette an, die weit über die Stromerzeugung hinausgeht.

9. Gemeinsam stehen wir für hohen technologischen und ökologischen Standard, sinn- volle Innovationen und aktive Zusammenarbeit. Abbildung 3: Leitbild der Draukraft

Quelle: GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 44 f.

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Umweltleitbild der Draukraft

1. Die MitarbeiterInnen und Mitarbeiter der Österreichischen Draukraftwerke AG sehen es als ihre Pflicht an, bei der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Kraftwerksanlagen sowohl die Vermeidung von Umweltbeeinflussungen als oberste Priorität zu sehen, als auch sorgfältig die betroffenen privaten und öffentlichen Interessen in Betracht zu ziehen.

2. Weiters ist die ÖDK bemüht, durch eine an die landschaftlichen Gegebenheiten abgestimmte Architektur die Bauwerke in die Umwelt einzufügen, damit ein Eingriff in das Landschaftsbild auf ein Minimum beschränkt bleibt. Unvermeidliche Eingriffe während des Baugeschehens werden weitgehend durch darauf folgende landschaftsgestaltende Maßnahmen, die oft über das Maß der behördlichen Vorschreibungen hinausgehen, behoben.

3. Ein professionelles Umweltmanagementsystem, welches dem EU-Standard entspricht, wird für die systematische Durchführung sämtlicher Umweltaktivitäten eingeführt und in die bestehende Organisationsstruktur integriert und in allen operativen Ebenen implementiert. Mit der effizienten Umsetzung der Umweltschutzphilosophie sind Umweltbeauftragte betraut.

4. Zum Schutz der Umwelt werden neue Maßstäbe durch die Anwendung höchster technologischer Standards gesetzt, und nicht bloß auf die Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen Rücksicht genommen. Alle erforderlichen Sicherheitseinrichtungen und organisatorischen Maßnahmen werden stets auf optimalen Stand gehalten, um Betriebsstörungen zu vermeiden oder deren Auswirkungen weitgehend zu minimieren. Um diese Zielsetzung erreichen zu können, kooperieren die Österreichischen Draukraftwerke AG eng mit den zuständigen Behörden, welche auch die Erhaltung der Grenzwerte und Vorschriften überwachen.

5. Um dem bisher skizzierten Umweltleitbild gerecht zu werden, ist qualifiziertes Personal erforderlich. Daher ist die Österreichische Draukraftwerke AG um die ständige Weiterbildung der Arbeitnehmer bemüht. Auch Liefer- und Partnerfirmen dieses Unternehmens werden zu umweltgerechten Handeln entsprechend den Draukraft- Grundsätzen verpflichtet. Abbildung 4: Umweltbild der Draukraft

Quelle: GRADISCHNIG, Draukraftwerke AG, S. 47 f.

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Umweltleitbild Kraftwerk Voitsberg

⇒ Das Kraftwerk Voitsberg ist das einzige mit heimischem Brennstoff gefeuerte Kraftwerk Österreichs. Es erzeugt Ergänzungsenergie zur erneuerbaren Wasserkraft aus heimischer Braunkohle.

⇒ Mit dem Einsatz von entsprechendem technischen Know-how wurde das Dampfkraftwerk seit der Errichtungsphase mit Anlagen zum Umweltschutz (Schwerpunkte: Luft- und Wassereinhaltung, Reststoffverwertung) ausgestattet und nachgerüstet. Die gesetzten Maßnahmen sind durch internationale Auszeichnungen anerkannt. Ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung der Belastung der Region durch Hausbrand ist die Auskopplung von Fernwärme für die umliegenden Gemeinden. Pilot- und Demonstrationsprojekte zur Erprobung neuer innovativer Techniken sorgen für eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

⇒ Neben dem Standort jederzeit abrufbaren aktuellen Informationen über Betrieb, Emissionen und Immissionen werden unsere Interessenspartner im jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht des VERBUND über die Umweltaktivitäten und die wesentlichsten umweltrelevanten Daten informiert. Zur ständigen Verbesserung des Umweltschutzes werden konkrete Umweltziele mit den erforderlichen Maßnahmen festgelegt.

⇒ Zur Verankerung des Umweltbewusstseins am Standort wurden vier verpflichtende Umweltleitsätze festgeschrieben.

Abbildung 5: Umweltleitbild Kraftwerk Voitsberg

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S.5.

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Umweltleitsätze Kraftwerk Voitsberg

⇒ Zum Schutz der Umwelt begnügen wir uns nicht mit der Erfüllung gesetzlicher Mindestanforderungen sondern setzten neue Maßstäbe durch die wirtschaftlich vertretbare Anwendung des Standes der Technik. Wir halten alle erforderlichen Sicherheitseinrichtungen und organisatorische Maßnahmen aktuell, um Betriebsstörungen zu vermeiden oder deren Auswirkungen weitestgehend zu minimieren. Zur Erreichung dieser Ziele arbeiten wir eng mit den zuständigen Behörden zusammen, welche auch die Einhaltung der Grenzwerte und Vorschriften überwachen.

⇒ Um das klaglose Funktionieren der Energieerzeugung sicherzustellen, ist qualifiziertes Personal erforderlich. Daher gilt unsere Vorsorge der steten Weiterbildung der Arbeitnehmer. Auch in unserem Bereich tätige Liefer- und Partnerfirmen werden zu umweltgerechten Handeln verpflichtet.

Abbildung 6: Umweltleitsätze Kraftwerk Voitsberg

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S.5.

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Schematischer Ablauf der Stromerzeugung des Dampfkraftwerkes

Abbildung 7: Schematischer Ablauf der Stromerzeugung des Dampfkraftwerkes

Quelle: Academic dictionaries and encyclopedias, Schema eines Dampfkraftwerkes. http://de.academic.ru/pictures/dewiki/83/Schema_Dampfkraftwerk.PNG, Oktober 2010.

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Standort-Organigramm Dampfkraftwerk Voitsberg

Betriebsleitung Inspektionsdienst

Sekretariat Chemisches Labor

Betriebskaufmann Sachbearbeiter

Dampfkraftwerk Dampfkraftwerk Dampfkraftwerk St.Andrä Voitsberg Zeltweg

Betriebsingenieure

Beauftragte Schichtmeister Schreibkraft Technisches Büro für Admin. Personal

Umwelt, Abwasser Blockwarte

Abfall, Gift Schichtelektriker

Aufsicht Aschekippe Entascher

Strahlenschutz Bekohlung

Sicherheit Kesselhaus

Brandschutz Maschinenhaus + Aufbereitung

Public Relation REA 2

Aschenkippe

Abbildung 8: Standort-Organigramm Dampfkraftwerk Voitsberg

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 34.

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Durchschnittliche Input/Output-Bilanz des Standortes Voitsberg

Input Output Energie:

Kohle 792 MWth Elektr. Strom netto 298 MWel (ca. 300 t/h) Fernwärme bis 47 MWth Heizöl 1.000-2.000 t/a Verluste, Abwärme ca. 450 MWth Treibstoffe ca. 160 t/a Elektr. Netto- wirkungsgrad ohne Fernwärme ca. 36,1 % Luft:

Verbrennungsluft 930.000 Nm³tr./h Rauchgase (RG) 1,06 Mio. Nm³tr./h Kühlturmluft 19-22 Mio. Nm³/h Kühlturmluft 19-22 Mio. Nm³/h REA-Oxidationsluft 15.000 Nm³/h Treibstoffabgase ca. 2,5 Mio. Nm³/a

Emissionen mit dem RG:

Staub 25 kg/h Nm³: Normkubikmeter, SO2 320 kg/h bezogen auf 0 °C, 1012 mbar NOX 235 kg/h CO ca. 0,2 t/h CO2 ca. 305,8 t/h Wasser:

Flusswasser 700-850 t/h Abwässer 400-550 t/h Brunnenwasser ca. 14 t/h H2O-Dampf in RG aus Verbrennung ca. 162 t/h H2O-Dampf aus REA ca. 58 t/h H2O-Verdunstung im Kühlturm 200-400 t/h Sonstige Betriebsstoffe: Reststoffe, Abfälle:

Kalksteinmehl REA 2 8,6 t/h REA 2-Gips 12-14 t/h Kalksteinmehl REA 1 max. 25 t/h Grob- und Flugasche ca. 60 t/h (ca. 1200 t/a) CO2 f. Nassentschl.- 5 kg/h Neutralisation (ca. 6 t/a) H2-Zusatz f. Generator 1 Fl/d Labor-Chemikalien 250-400 kg/a HCl 33%ig 6,5 kg/h Rechengut 3 t/a NaOH 50%ig 2 kg/h Altmetalle 100-200 t/a NH3 0,1 kg/h Abfälle getrennt 5-10 t/a Mineralöle 4,5 t/a Reinigungsmittel ca. 1,5 t/a Tabelle 8: Durchschnittliche Input/Output-Bilanz des Standortes Voitsberg

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 24. h…… bezogen auf eine durchschnittliche Volllastbetriebsstunde a…… bezogen auf ein durchschnittliches Einsatzjahr mit etwa 4.000 Betriebsstunden

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Umweltprogramm am Standort Voitsberg

Ziel Maßnahme Realisierung Labor: Verringerung der Minimierung des Chemikaliensortiment und 1996 Chemikalienvielfalt Ausmustern selten benötigter Altbestände. Umbau und Modernisierung der Bekohlungs- Vereinfachte Kohle- anlagen: Umbau „X-Station“; Ausbau eines logistik; Reduzierung des 1996 Förderbandes: Jährliche Einsparung von etwa 10 Energieverbrauches MWh elektrische Energie. Erneuerung der Altkanalisation, Anschluss Grundwasserschutz weiterer Bereiche an die kommunale 1996-1998 Kanalisationsanlage. Großtechnische Verwertung der gesamten Jahresmenge an Gips aus der Nassentschwefelungsanlage in der Zement- und Putzgipsindustrie. Reststoffverwertung Großtechnische Verwertung von Braunkohleasche Seit 1996 für Deponieabdichtung und Zementherstellung in der Größenordnung einiger tausend Jahrestonnen. Großtechnische Verwertung von Kesselschlacke für Leichtbaustoffe. Sprühanlage bei der Ammoniakwasser- Erhöhung der Personen- Abfüllstation zur Niederschlagung eventuell 1997 und Anlagensicherheit freiwerdender Dämpfe. Anschluss von Nutzwasser für Klimaanlagen und Einsparung von Wasserstrahlpumpen: 1997 Trinkwasser Trinkwassereinsparung von rund 2.500 m³/Jahr. Demontage eines 4.000 l Warmwasserboilers mit

einer Anschlussleistung von 37 kWel. Erneuerung der Fenster in der mechan. und Energieeinsparung 1997 elektri. Werkstätte: Verbesserung des „k-Wertes“ (Wärmerbedurchgangszahl) von 4,9 auf < 2 W/m²K.

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Bau eines Ölabschneiders plus Sandfang am 1997 Alteisensammelplatz. Vermeidung von Sanierung der Ölsammelgrube beim Ölmagazin. Ölleckagen Freiluftschaltanlage, Mittelumspanner 5: Installation einer Ölauffangwanne. 1998 Planung und Umsetzung von Anpassungsprojekten an neu in Kraft getretene Vermeidung und Abwasseremissionsverordnungen. Verringerung von 1997-2001 Bsp. Vermeidung der Rückgabe von jährlich etwa Abwasseremissionen 20.000 kg abfilitrierbare Schwebstoffe an den Vorfluter. Neue Schubraupe für Bewirtschaftung Einsparung von Kohlelagerplatz (rund 25.000 l weniger 1998 Dieselkraftstoff Kraftstoffverbrauch pro Jahr). Überprüfung des Wasser-Dampf-Kreislaufes und Wirkungsgradmessungen an der Dampfturbine. Ertüchtigung der Nassentschwefelungsanlage durch strömungstechnische Untersuchungen und Anlagenoptimierung 1998-1999 den Einbau neuer Sprühdüsen (Voll- anstelle von Hohlkegel). Effizienzverbesserung der Wäscher um bis zu 10%. Gesichertes zentrales Neuerrichtung eines Lagers für gefährliche Lagern gefährlicher Abfälle. 1998-1999 Abfälle Entstickungsanlage: Feuerungsumbau zur Optimierung der primären Verfahrensvereinfachung Stickoxidreduktion. Einsparung von rund 2.000 1998-2001 und Vermeidung von m³ Ammoniakwasser pro Jahr. Ammoniakwasser Repräsentative Analyse und Einstufung der Bedarfsgerechte Sandfanginhalte. Wenn diese als ungefährlich – Entsorgung der d.h. nicht ölhältige – Abfälle entsorgt werden 1999 Sandfanginhalte können, ergibt sich eine jährliche Kosteneinsparung von rund € 10.000.

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Grundwasserschutz zur Abdichtungsarbeiten an der Nord- und Ostflanke gesicherten der Deponie im Bereich des Dolomites und des 1999-2000 Aschelagerung im quartären Schotters. Karlschacht 2 Einsparung Untersuchungen zur Mitverbrennung ausgesuchter Primärbrennstoff: Ersatzbrennstoffe in geringem Ausmaß (nach Zusatznutzung ÖNORM S 2100 ungefährliche Stoffe). 2000 vorhandener technischer Ressourcen Bereinigung im Demontage der ehemaligen Notstrombatterien in 2001 Altbestand Voitsberg II Voitsberg II. Entsorgung der Abfälle. Nachrüstung eines Restölabscheiders beim Vermeidung von Ölabscheider, Waschplatz, CAT-Garage, 2002 Ölleckagen Kohlelagerplatz. Vermeidung und Umbau der Kläranlage bei der CAT-Garage. Verringerung von Kohlelagerplatz zu einer dichten Senkgrube 2002 Abwasseremissionen. umgebaut. Rechtskonformität Vermeidung von Stillsetzung des Ölabscheiders bei der KAV- 2002 Ölleckagen Entladestation. (KAV = Kalkadditivverfahren). Ankauf eines neuen lärmarmen LKW für den Vermeidung und Gipstransport vom Kraftwerk zum Zwischenlager Verringerung von Lärm- Karlschacht II (keine Ausnahmegenehmigung für 2002 emissionen, weniger Nachttransporte mehr erforderlich). Ersparnis Treibstoffverbrauch Treibstoffverbrauch rund 300 l/Jahr. Rekultivierung nach Stand der Technik: Nachnutzung Abdichtungs- und Rekultivierungsmaßnahmen. 2002-2006 Karlschacht II Landwirtschaftl. Nutzung (Futterklee) von 2 ha. Verminderung der Abhängig vom Kraftwerkseinsatz Optimierung Zwischenlagermengen der Kohleanlieferung. Einsparung an Treibstoff- 2002-2006 der Kohle und Personalaufwand rd. 0,3 Mio. €/Jahr. Einsatz synthetischer Schmieröle bei REA- Einsparung Schmieröle Wäschepumpen mit erheblich längerer Lebens- 2003 dauer. Einsparung an Schmierölen um 140 l/Jahr.

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Rechtskonformität Umbau der stationären Halonlöschanlage auf 2003 Notfallvorsorge mobile CO2-Löschanlage. Anpassung der Steuerung für den Elektrofilter. Instandhaltungs- Dadurch weniger Klopfzeiten. 2003 optimierung Einsparungspotential an Energie und Eigenleistung rd. € 10.000/Jahr. Absenkung der fahrbaren Mindestleistung von 180 MW-elektr. auf 150 MW-elektr. Emissionsminderung 2003 Reduktion Kohleverbrauch um 26 t/Stunde, entsprechende Emissionsminderung. Änderung der Steuerung der Kesselentwässerung. Energieeinsparung Optimierung des Überhitzegrenzwertes. Dadurch 2003 weniger Dampfverluste und Deionateinsparung. Untersuchung der Möglichkeiten für Automatisierung der Beleuchtung (v.a. Energieeinsparung 2003 Kesselhaus, Maschinenhaus) zum Bsp. durch Dämmerungsschalter, Bewegungsmelder. Verbessern des Automatisierungsgrades der Energieeinsparung Heizungsregelungen in den Werkstätten. 2003 Einsparpotential rd. 57 MWh therm./Jahr. Optimierung der Hutzenheizung Elektrofilter. Energieeinsparung 2003 Einsparpotential rd. 192 MWh elektr./Jahr. Optimierung der Heizungsregelung im Energieeinsparung Bürogebäude mit Nachtabsenkung. 2003 Einsparpotential rd. 30 MWh therm./Jahr. Reduktion der Umspannverluste (MU 1, MU 5) bedingt durch Änderung der Eigenbedarfs- Energieeinsparung Versorgung REA 2 bei Kraftwerksbetrieb. 2003 Einsparpotential rund 70 kWh- elektr./Betriebsstunde. Errichtung eines neuen Gipszwischenlagers zur Reststoffverwertung 2003 gesicherten Bevorratung im Karlschacht 2. Tabelle 9: Umweltprogramm am Standort Voitsberg

Quelle: VERBUND, Umwelterklärung, S. 38-40.

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Auszug Gesetzestext Berg- und Energierecht

6. Stranded Costs-Verordnung II:

Die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl. I Nr. 354/2001 (Stranded Costs-Verordnung II), lautet (ohne Anhang - die aufgehobene Bestimmung ist durch Fettdruck hervorgehoben):

"Auf Grund des §69 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz - ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 121/2000 wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates verordnet:

Anwendungsbereich

§1.(1) Diese Verordnung hat die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zum Gegenstand, die zur Abdeckung von Erlösminderungen dienen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen.

(2) Die Regelung über die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen für sonstige Erlösminderungen, die im Zusammenhang mit der Marktöffnung entstanden sind und deren Zulässigkeit gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag durch Entscheidung der Kommission vom 25. Juli 2001, Zchn. SG(2001)D/290567, festgestellt wurde, bleibt einer gesonderten Verordnung vorbehalten.

Begünstigte Unternehmen

§2. Unternehmen, denen zur Abdeckung von Erlösminderungen im Sinne des §1 Abs1 eine Beihilfe gewährt wird, sind

1. die VERBUND - Austrian Thermal Power AG (als Rechtsnachfolgerin der Österreichischen Draukraftwerke AG);

2. der Unternehmensbereich Elektrizitätserzeugung der Tiroler Wasserkraftwerke Aktiengesellschaft;

3. der Unternehmensbereich Elektrizitätserzeugung der Steirischen Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG sowie

4. der Unternehmensbereich Elektrizitätserzeugung der Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft.

Unrentable Investitionen und Rechtsgeschäfte

§3. Für die Abdeckung von Erlösminderungen im Sinne des §1 Abs1 können für nachstehende Investitionen und Rechtsgeschäfte Beihilfen gewährt werden:

1. Kraftwerk Voitsberg 3;

2. Kohle-Lieferungsvertrag abgeschlossen zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft (GKB) und der Österreichischen Draukraftwerke Aktiengesellschaft (ÖDK) vom 20. Juli 1977. - 284 -

Begrenzung der Beihilfen

§4. (1) Zur Abdeckung von Erlösminderungen für Investitionen oder Rechtsgeschäfte gemäß §3 sind den im §2 genannten Unternehmen bis 31. Dezember 2006 Beihilfen zu gewähren. Die Beihilfen sind mit einem Höchstbetrag von insgesamt 132,61 Mio. Euro (1824,75 Mio. Schilling) begrenzt.

(2) Von dem in Abs1 genannten Höchstbetrag entfallen auf

1. die VERBUND - Austrian Thermal Power AG ein Anteil von 70%,

2. die Tiroler Wasserkraftwerke Aktiengesellschaft ein Anteil von 5%,

3. die Steirische Wasserkraft- und Elektrizitäts-AG ein Anteil von 10%,

4. die Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft ein Anteil von 15%.

Organisationsänderungen und Rechtsnachfolge

§5. Bei Übertragung der im §3 angeführten Anlage oder von Teilen dieser Anlage werden die Beihilfen dem übernehmenden Unternehmen gewährt.

Aufbringung der Mittel

§6. (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen gemäß §1 Abs1 sind bis zum Ablauf des 30. Juni 2006 die in der Anlage festgesetzten Beiträge durch den Netzbetreiber vom Endverbraucher einzuheben.

(2) Für Endverbraucher, die im Jahre 1997 ihren Bedarf an elektrischer Energie zur Gänze oder teilweise aus einer Eigenanlage gedeckt haben oder deren Versorgung im Jahre 1997 zur Gänze oder teilweise nicht durch das Versorgungsunternehmen erfolgte, an deren Netz der Endverbraucher angeschlossen ist, ist über Antrag ein von der Anlage abweichender Beitrag durch die Elektrizitäts-Control GmbH bescheidmäßig zu bestimmen.

(3) Bei der Berechnung individueller Beiträge für Endverbraucher gemäß Abs2 ist Berechnungsgrundlage der rechnerisch ermittelte Bezug von der Verbundgesellschaft im Jahre 1997, der wie folgt ermittelt wird: Beginnend mit dem Bezug von Verteilernetzbetreibern im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG wird der rechnerisch ermittelte Verbundstrombezug von Kunden als Produkt der vom jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmen bezogenen Mengen an elektrischer Energie (kWh) und dem Faktor, der sich als Quotient des Verbundstrombezuges des jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmens bezogen auf die Summe aus diesem Verbundstrombezug, der jeweiligen Eigenerzeugung und sonstigen Bezügen des vorgelagerten Verteilerunternehmens ergibt, gebildet. Die Berechnungsgrundlage reduziert sich entsprechend der Verringerung des Fremdstrombezuges.

Einhebung der Beiträge

§7. (1) Die Beiträge gemäß §6 sind beginnend mit 1. Oktober 2001 einzuheben. - 285 -

(2) Die Netzbetreiber haben vierteljährlich, beginnend mit 1. Jänner 2002, die ihrer Gesamtabgabe an die Endverbraucher entsprechenden Beiträge an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann die Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben.

(3) Die der Elektrizitäts-Control GmbH abgeführten Beiträge sind den begünstigten Unternehmen vierteljährlich, beginnend mit 1. Februar 2002, im Sinne des §4 Abs2 zuzuteilen.

Ausweis von Beiträgen auf Rechnungen für elektrische Energie

§8. Die Netzbetreiber haben die Beiträge gemäß §6, die Endverbrauchern verrechnet werden, auf den Rechnungen oder Teilrechnungen für die Netznutzung gesondert auszuweisen.

Bilanzielle Behandlung von Beihilfen

§9. (1) Die begünstigten Unternehmen haben die gewährten Beihilfen im Jahresabschluss erfolgswirksam auszuweisen. Die im §4 Abs2 Z2 bis 4 angeführten Unternehmen haben diese Beihilfen auch in den Bilanzen und Ergebnisrechnungen für den Erzeugungsbereich auszuweisen.

(2) Die gemäß §4 Abs2 bestimmten Beträge stellen einen Vermögensgegenstand dar, der beim begünstigten Unternehmen gemäß §224 Abs2 HGB unter der Position B.II.4 (sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände) auszuweisen und im Anhang zu erläutern ist. Der Vermögensgegenstand ist nach Maßgabe der in den jeweiligen Jahren tatsächlich zugeflossenen Beihilfen zu vermindern.

Übergangsbestimmung

§10. (1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der gemäß §69 Abs6 ElWOG iVm §9 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 52/1999 bis 30. September 2001 einzuhebenden Beiträge bleibt durch diese Verordnung unberührt. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann diese, sich aus der Abgabe an alle Endverbraucher und dem, in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000 sowie des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 430/2000, festgelegten Betrag von 0,574 g/kWh ergebenden Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat die bis zum 30. September 2001 vereinnahmten Mittel an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH hat diese Mittel gemäß den in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen den begünstigten Unternehmen zuzuteilen.

(2) Bis zur Erlassung einer Verordnung gemäß §1 Abs2 stellen die gemäß §4 Abs2 Z1 bis 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. II Nr. 52/1999 bestimmten Beträge - soweit sie nicht im Zusammenhang mit Erlösminderungen gemäß §1 Abs1 dieser Verordnung stehen - einen Vermögensgegenstand dar, der beim begünstigten Unternehmen gemäß §224 Abs2 HGB unter der Position B.II.4 (sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände) auszuweisen und im Anhang zu erläutern ist. Dieser Vermögensgegenstand kann in der Bilanz in voller Höhe angesetzt werden. Sollten in einem der folgenden Jahre bei den begünstigten Unternehmen die im §69 Abs3 und 4 ElWOG festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung der Betriebsbeihilfe nicht erfüllt sein, ist der - 286 -

Vermögensgegenstand anteilig zu reduzieren. Der Vermögensgegenstand ist weiters nach Maßgabe der in den jeweiligen Jahren tatsächlich zugeflossenen Betriebsbeihilfen zu vermindern.

(3) Die Kosten für die Nachweise der Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung von Betriebsbeihilfen für sonstige Erlösminderungen (§1 Abs2) sind von den beantragenden Unternehmen zu tragen.

In- und Außer-Kraft-Tretens-Bestimmungen

§11. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Oktober 2001 in Kraft.

(2) Die Verordnung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2006 mit der Maßgabe außer Kraft, dass die Zuerkennung von Beihilfen bis zum 31. Dezember 2006 erfolgen kann.

(3) Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 52/1999 (auch kundgemacht zu Zl. 551.352/72-VIII/1/99 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 33 vom 18. Februar 1999) tritt mit Ablauf des 30. September 2001 außer Kraft."

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Forderungen von Gutachten

Auszug zur Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg zur Erstellung folgender zwölf Gutachten durch den Verein Zukunft Voitsberg:465

1. Feinstaubbelastung: Strafzahlungen an die EU Wir fordern daher die Behörde auf, ein Gutachten mit folgenden Punkten erstellen zu lassen: a. Erhebung des IST-Zustandes der jährlichen Feinstaubbelastung b. Erhebung um wie viel sich die jährliche Feinstaubbelastung durch die Inbetriebnahme des Dampfkraftwerkes erhöhen wird c. Erhebung wie hoch die daraus voraussichtlich resultierenden EU-Strafen sein werden und d. Bekanntgabe ob allfällige Strafen mit dem Steuergeld der Bevölkerung (des Bezirkes Voitsberg) oder durch den Betreiber des Kraftwerkes bezahlt werden.

2. Feinstaubbelastung: Aktionspläne für Gegenmaßnahmen Wir fordern daher die Behörde auf, Aktions- und Luftreinhaltepläne unter Anführung der Gegenmaßnahmen zu erstellen und rechtzeitig vor der nächsten Verhandlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

3. Vermeidung von Umweltschäden Wir fordern daher die Behörde auf, Aktionspläne zur Vermeidung von Umweltschäden unter Anführung von Gegenmaßnahmen zu erstellen und rechtzeitig vor der nächsten Begründung weshalb nach Meinung der Behörde Umweltschäden infolge der Inbetriebnahme des Kraftwerkes auszuschließen sind.

4. CO2-Ausstoß Wir fordern die Behörde auf, ein Gutachten mit folgenden Punkten erstellen zu lassen: a. Auswirkungen des neuen Kohlekraftwerkes auf die in der Steiermark festgelegten Klimaziele b. Auswirkungen des neuen Kohlekraftwerkes auf die in Österreich festgelegten Klimaziele

465 Zukunft Voitsberg: : Anfrage an die BH Voitsberg durch den Obmann Georg Kürzl vom 3.8.2009. - 288 -

c. Auswirkungen des neuen Kohlekraftwerkes auf die CO2 Bilanz in Österreich d. Prüfung ob Strafzahlungen und in welcher Höhe diese anfallen könnten e. Prüfung ob diese Strafen mit dem Steuergeld der Bevölkerung (des Bezirkes Voitsberg) oder durch den Betreiber bzw. Eigentümer des Kraftwerkes bezahlt werden.

5. Voitsberg ist Klimabündnisgemeinde Wir fordern daher die Behörde auf, ein Rechtsgutachten mit folgenden Punkten erstellen zu lassen: a. Ist eine Inbetriebnahme des Kraftwerkes rechtlich überhaupt möglich, da diese gegen einen aufrechten Gemeinderatsbeschluss erfolgt? b. Kann die Gemeinde dadurch schadenersatzpflichtig werden? c. Kann die Gemeinde dadurch auch strafrechtlich belangt werden?

6. Waldrodung auf den Grundstücken Nr. 146/1 und 146/5 KG Lobming und Nr. 289/6 KG Voitsberg Vorstadt Wir fordern daher die Behörde auf, ein Gutachten darüber erstellen zu lassen, ob eine Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt rechtens ist, da durch die erfolgte Rodung der Zustand wie beim Betrieb des Braunkohlekraftwerkes nachweislich nicht mehr gegeben ist.

7. Arbeitsplätze Wir fordern daher die Behörde auf, ein volkwirtschaftliches Gutachten mit folgenden Punkten erstellen zu lassen: Auswirkungen der Inbetriebnahme des Tourismus siehe insbesondere auf a. die Therme Nova b. das Bundesgestüt Piber c. das Projekt Bad Köflach d. den Golfplatz Maria Lankowitz e. den Badesee Piberstein

8. Abnahme der Bevölkerungszahl und Überalterung der Region Voitsberg-Köflach Wir fordern daher die Behörde auf, ein Gutachten erstellen zu lassen, wie sich die Inbetriebnahme des Kraftwerkes auf die zukünftige Bevölkerungsentwicklung des

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Kernraumes Voitsberg-Köflach auswirken wird.

9. Wert der Immobilien Wir fordern die Behörde daher auf, ein Gutachten erstellen zu lassen ob sich durch die Inbetriebnahme des Kraftwerkes eine Wertminderung von Immobilien im Kernraum Voitsberg-Köflach sowie unseres Eigenheimes ergibt.

10. Grundwasserbeeinflussung Wir fordern daher ein zusätzliches Gutachten über die Grundwasserbeeinflussung durch den wesentlich höheren Chlorgehalt der Steinkohle bei der vorgesehenen Lagerung auf offener Deponie (Wasserschutzgebiet) sowie die Beiziehung eines Geohydrologen.

11. Schadstoffbelastungen der Böden Durch den jahrzehntelangen Hausbrand und den ÖDK Betrieb mit Braunkohle sind größte Schadstoffbelastungen der Böden laut einer seinerzeitigen Studie im näheren Stadtbereich vorhanden. Daher fordern wir eine genaue Ist-Zustandsermittlung der Bodenbelastung und ein Sachverständigen-Gutachten über die zukünftig zu erwarteten Belastungen sowie die Ladung eines entsprechenden Sachverständigen zur Verhandlung.

12. Einschränkungen für zukünftige Betriebsansiedelungen Wir fordern ein Gutachten darüber, welche Zusatzbelastungen durch den zukünftigen Emittenten bei neuen Betriebsgründungen für den Kernraum Voitsberg-Bärnbach- Köflach noch zugelassen werden. Es soll damit komplett vermieden werden, dass das umgerüstete Kraftwerk ÖDK III das komplette Emissionspotential ausschöpft und zukünftig keine Möglichkeiten von Betriebsgründungen kleinerer Emittenten mehr bestehen. Wir befürchten ohne diese Feststellung den kommerziellen Todesstoß für eine wirtschaftliche Entwicklung des Bezirkes für die Laufzeit des umgerüsteten Kraftwerkes.

Wir fordern, dass sämtliche Sachverständigengutachten auf dem jetzigen 3-jährigen Zeitraum ohne ÖDK-Betrieb basieren und nicht auf dem fiktiven seinerzeitigen Braunkohlebetrieb.

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Wir fordern, dass die Verfahren und Überprüfungen nicht unabhängig voneinander, sondern gemeinsam durchgeführt werden und unter Abstimmung auf die entsprechenden Rechtsvorschriften zu behandeln sind. Es soll damit verhindert werden, dass einzelne Parameter auf die Gesundheit durchaus ertragbar zu bewerten wären, jedoch im Zusammenwirken auf die Gesundheit und das Lebensumfeld übermäßig belasten und dadurch die Lebensqualität übergebührlich verschlechtern.

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