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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Faunistisch-Ökologische Mitteilungen

Jahr/Year: 2018

Band/Volume: Supp_40

Autor(en)/Author(s): Richling Ira

Artikel/Article: Die terrestrische und semiaquatische Molluskenfauna im Umfeld des Wesseker Sees (Schleswig- Holstein, Deutschland) im Hinblick auf Veränderungen im Wasserhaushalt 119-134 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at

Faun.-Ökol. Mitt. Suppl. 40,119-134 Kiel, 2018

Die terrestrische und semiaquatische Molluskenfauna im Umfeld des Wesseker Sees (Schleswig-Holstein, Deutschland) im Hinblick auf Veränderungen im Wasserhaushalt

Von Ira Richling

Summary The terrestrial and semiaquatic molluscs of the surroundings of the Lake Wessek (Schleswig-Holstein, Germany) with respect to changes in the hydrological re­ gime In summer 2007 the fauna of the nature preserve "Lake Wessek" and adjacent areas was investigated with the goal to use this group as an indicator for ecological changes by the intended water level rise. A total of 32 plots investi­ gated by hand-sampling combined with substrate sampling along six transects yielded 52 of land snails and eight species of water molluscs. This high num­ ber renders the area rich in species as nearly all molluscs typical for Schleswig-Hol­ stein's wetlands were found, among them moulinsiana and Vertigo angustior listed in the Annex II of the European Union's Habitat and Species Directive. In addition, species rarely reported for Schleswig-Holstein such as Nesovitrea petro- nella, Eucobresia diaphana, cf. trochiformis and Vertigo substriata occur in the area. The species composition of different sites reflected the differences in soil humid­ ity. In one case, remains of empty shells in the soil might reflect changes in habitat quality in the past, all confirming the utility of land snails as fine-scale indicators. A slow rise of the water-level, topology and previous habitat composition should allow a horizontal shift of the mollusc communities along the humidity gradient coupled with an expansion of the potential habitat area of more specialised hygro- philic species. A loss in mollusc diversity is not expected and especially the pro­ tected species listed in Annex II of the EU's Habitat and Species Directive are un­ likely to suffer degradation of their habitats.

Zusammenfassung Im Naturschutzgebiet „Wesseker See" und auf angrenzenden Flächen wurde im Sommer 2007 die terrestrische Molluskenfauna mit dem Ziel erfasst, diese als Indi­ katorgruppe für die ökologischen Auswirkungen einer geplanten Wasserstander- hebung zu nutzen. Insgesamt wurden 32 Probestellen manuell untersucht, die

119 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at zusammen mit Substratproben von sechs Transekten entlang eines Feuchtigkeits­ gradienten 52 Arten von Landschnecken und acht Arten von Wassermollusken er­ brachten. Das Gebiet ist als artenreich zu werten und beheimatet nahezu alle in Schleswig-Holstein für Feuchtbiotope typischen Arten. Hervorzuheben sind die Vorkommen der beiden FFH-Anhang-II-Arten Vertigo moulinsiana und Vertigo an- gustior. Außerdem wurden die für Schleswig-Holstein bisher selten nachgewiese­ nen Arten Nesovitrea petronella, Eucobresia diaphana, Euconulus cf. trochiformis und Vertigo substriata festgestellt. Die Feuchteunterschiede spiegelten sich sehr gut in den jeweiligen Artenzusam­ mensetzungen wider. Auf einer Fläche ließen sich historische Veränderungen des Habitats durch im Boden erhaltene Leergehäusen ablesen, was die feinskaligen In­ dikatoreigenschaften der Landschnecken bestätigt. Die festgestellte Biotopausstattung und Geländetopologie lassen bei allmähli­ chem Anheben des Wasserspiegels lediglich eine Verschiebung der Mollusken- zönosen entlang des Feuchtigkeitsgradienten vermuten sowie insgesamt eine Aus­ weitung der potenziellen Siedlungsflächen für anspruchsvolle hygrophile Arten. Mit einem Verlust an Diversität bei den Mollusken ist nicht zu rechnen und insbe­ sondere nicht mit einer Verschlechterung der Lebensstätten der Arten der FFH- Richtlinie, Anhang II.

Einleitung Mollusken stellen aufgrund ihrer oft sehr engen Bindung an ihre Lebensräume vor allem in Hinblick auf Feuchtigkeit, Belichtung, Nähr StoffVersorgung, Temperatur­ regime, Bodenstruktur, Vegetationszusammensetzung und Kalkverfügbarkeit sehr gute Indikatoren dar. Genauere Angaben zur ökologischen Einordnung und Aut- ökologie mitteleuropäischer Arten sind beispielsweise L o z e k (1964), F a l k n e r (1991) und F a l k n e r et al. (2001) zu entnehmen. Weiterhin lassen sich Mollusken mittels einer standardisierten Beprobung in ausreichender Anzahl nach weisen, so dass auch eine quantitative Bewertung von Veränderungen möglich ist. Nicht zu­ letzt können Ablagerungen von Leergehäusen im Boden sogar einen Blick in die jüngere Biotopgeschichte erlauben. Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen der planungstechnischen Untersu­ chungen am Wesseker See bezüglich einer beabsichtigten Wasserstandsanhebung durchgeführt (B r i n k m a n n 2007, 2008). Das Gebiet und seine historische Entwick­ lung sind ausführlicher in F riederichsen & B r i n k m a n n (2018) beschrieben. Trotz umfangreicher Tätigkeiten von Malakologen in Schleswig-Holstein (W ie s e 1991) wurde das Gebiet zuvor nie gezielt auf Mollusken untersucht, womit die Studie gleichzeitig eine regionale Ersterfassung der Molluskenfauna ist. Verschiedene aquatische Standorte wurden im Rahmen der Makrozoobenthosuntersuchung be- probt, deren Ergebnisse die Ergänzung der aktuellen Studie bezüglich der Wasser­ mollusken darstellt (B r i n k m a n n et al. 2018). Die Untersuchung soll die Wirkungen einer Wasserstandshebung auf geschützte und naturschutzrelevante Arten sowie die daraus folgenden Veränderungen der Malakofauna abschätzen.

Untersuchungsflächen und Methoden Anhand einer Vegetationskarte wurden sechs Transekte mit je fünf Probestellen im Umfeld des Wesseker Sees festgelegt, die seenah am Übergang zum aquatischen

120 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at Milieu begannen und in trockeneren seefernen Bereichen endeten (Abb. 1). Die Er­ fassung der Mollusken entlang von Feuchtigkeitsgradienten stellte sicher, dass die vor der Wasserstandsanhebung vorhandenen Habitate und Feuchtigkeitsniveaus beprobt wurden und somit auch die nach Abschluss der Wiedervernässung zu er­ wartenden Biotope repräsentiert waren. Zwei weitere Probestellen bei den Tran- sekten 4 und 6 ergänzten die Aufnahmen. Alle Probestellen wurden im Gelände mit einem GPS-Gerät eingemessen. Bei der Auswahl wurden Habitate bevorzugt, die eine möglichst artenreiche Landschneckenfauna sowie Potenziale für das Auf­ treten der Vertigo-Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie erwarten ließen.

Abb. 1: Übersicht der Lage der Transekte zur Untersuchung der Landschnecken im Gebiet des Wesseker Sees. Schwarze Striche: Transekt 1 bis 6 (TI bis T6).

Die Freilandarbeit erfolgte im September 2007. Jede Probestelle wurde für ca. 20 Minuten manuell nach Schnecken abgesucht und anschließend die Vegetation nach anhaftenden Schnecken abgeklopft. Weiterhin wurde eine Substrat-Bodenprobe von 25x25 cm (V \e m2) und 10 cm Tiefe entnommen (ca. 6,25 L Substrat), im Labor mittels Schlämmverfahren fraktioniert (D eic h n e r et al. 2004), ausgelesen und quan­ titativ auf Mollusken ausgewertet. Die Bodenprobentiefe von 10 cm war gewählt, um eventuell vorhandene Schalenablagerungen (stark verwitterte Gehäuse) zu er­ fassen und Rückschlüsse auf die Besiedlung in jüngerer Vergangenheit zu ermögli­ chen. Für Abschätzungen der Bestandsdichte von Vertigo moulinsiana wurden Flä­ chen von je 1 m2 abgeklopft und die lebenden Tiere ausgezählt. Die Bestimmung der Mollusken erfolgte anhand von Glö er & M eier -B ro o k (2003), Glö er (2002), K er n e y et al. (1983), ergänzt durch E h r m a n n (1933) und Gey e r (1927), K il l e e n et al. (2004), Nomenklatur und Systematik folgen der aktuellen Roten Liste Deutsch­ lands (JUNGBLUTH & KNORRE 2012).

121 122 Tabelle 1: Beschreibung der Transekte und Probestellen, genaue Lage der Probestellen (Koordinaten als UTM im Zonenfeld 32U) und jeweils

festgestellte Siedlungsdichte der Landschnecken (Dichte [lebenden Individuen/m2/ Anzahl Leergehäuse/m2]); Länge in Klammern______©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschafte.V.(FÖAG);downloadwww.zobodat.at P > V, 2 3 D G CD 43 5 •43 :q ^ n G cn U cn bo QJ ;> > $ co 2 $ bO | g G C 3 3 PO JG 3 7 .s d PO bb| bb .2 Gl G l 'G n c O 3 J co bJD T3 QJ qj iS 8 ^ 2 .-s bO ^ QJV J aT 2 .a ä ^ 0 n r 0 ^ ÖJD QJ bO bO QJ QJ £ G CD i (Ö G S G QJ co j r QJ 3 u g £ ^ ^ £ § • 3 7 O S co ^ G g M u '■■3 QJ > CJ 1 QJ 2 S S .. C G G 9Ä 3 . G 3 G I-5 CD G § G . ^ G G ^ v CD ^ 3 3 u « .u sp-r fi-g £ U~) 2 2 2 h 5 co G qj 2 P S °J QJ - r o E—1 co ^ bO 8 2 h QJ -g G

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Ergebnisse In den sechs untersuchten Transekten im Umfeld des Wesseker Sees wurden insge­ samt 52 Arten an Landschnecken gefunden (Tab. 2). In den 30 Bodenproben von insgesamt nur 2 m2 (ca. 0,2 m3 Bodensubstrat) wurden etwa 6700 Exemplare von Binnenmollusken erfasst und in diesen nahezu das gesamte hier dokumentierte Ar­ tenspektrum nachgewiesen. Zusätzlich wurden acht Arten von Wassermollusken in Übergangsbereichen festgestellt. Detaillierte Artenlisten zu den einzelnen Probe­ stellen sind Richling (2008) zu entnehmen. Im Vergleich zu ähnlichen Biotopen in Schleswig-Holstein sind die durchschnitt­ Siedlungsdichten der meisten Arten jedoch gering (Tab. 1), was auch darin zum Ausdruck kommt, dass viele kleine Arten trotz der Suche im Freiland nur in den Bodenproben nachgewiesen werden konnten. Unter den Nachweisen waren einige für Schleswig-Holstein seltene bzw. bisher selten festgestellte Arten wie Nesovitrea petronella, Eucobresia diaphana, Euconulus cf. trochiformis, Vertigo substriata sowie die beiden FFH-Anhang-II-Arten Vertigo mou- linsiana und V. angustior. Sowohl von Vertigo moulinsiana als auch von der in Schles­ wig-Holstein wesentlich selteneren Vertigo angustior wurden gleich mehrere bisher für Schleswig-Holstein noch nicht bekannte Vorkommen festgestellt. Von der letzt­ genannten Art waren zum Untersuchungszeitpunkt insgesamt nur 16 bestätigte Le­ bendvorkommen in Schleswig-Holstein bekannt; aktuell sind es 20 (Wiese 2007, 2012), von denen wiederum nur vier oder fünf, ähnlich wie am Wesseker See, auf Sumpfwiesen-Standorte entfallen.

Transekt 1 - Grünland und Flutrasen Die Molluskenfauna war insbesondere angesichts des recht deutlichen Feuchtegra­ dienten innerhalb des Transekts arten- und individuenarm. Als anspruchsvolle Ar­ ten wurden lediglich Euconulus praticola und Perforatella bidentata festgestellt. Der Übergang zum Semiaquatischen am Anfang des Transekts spiegelte sich in der Molluskenfauna neben dem Auftreten von Wassermollusken an der Besiedlung mit Vertigo antivertigo und Euconulus praticola wider. Für trockenere Bereiche war vor allem Succinella oblonga kennzeichnend.

Transekt 2 - Schilf fläche und wenig Bruchwald Der Transekt wies im Bereich der Schilf- und Seggenrieder eine sehr artenreiche Molluskenfauna auf. Einige Arten waren stellenweise in hohen Dichten anzutref­ fen. Die Probestelle am Rand des Bruchwaldes erwies sich dagegen als auffällig ar­ ten- und individuenarm und ergab trotz des abweichenden Biotoptyps keine Er­ weiterung im Artenspektrum des Transekts. Als seltene bzw. ökologisch an­ spruchsvolle Arten sind Vertigo angustior, V. moulinsiana, Euconulus praticola, Eu­ cobresia diaphana und Nesovitrea petronella zu nennen. Besonders bemerkenswert war das offensichtliche Vorhandensein von vielen unterschiedlichen Mikrohabitaten an Probestelle 2-5, was durch das Vorkommen von allein fünf unterschiedlich einge- nischten Vertigo-Arten auf sehr begrenzter Fläche deutlich wird. Das Vorhanden­ sein von großen Bülten der Rispensegge (Carex paniculata, Abb. 2) hat sich wahr­ scheinlich begünstigend ausgewirkt.

123 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at Tabelle 2: Liste der erfassten Molluskenarten für das Gebiet des Wesseker Sees. An­ gaben zur Gefährdungseinstufung nach der Rote Liste Deutschlands (Jungbluth & Knorre 2012) und Schleswig-Holsteins (Wiese et al. 2016): 1 = vom Aussterben be­ droht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; R = extrem selten; V = Vorwarnliste; G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes; D = defizitäre Datenlage; * = ungefährdet; nb = nicht bewertet, Neozoon. x = Lebendnachweis, + = nur Leergehäuse.

Rote Liste Nummer des Transekts D SH 1 2 3 4 5 6 Landschnecken aculeata (O. F. Müller 1774) * * X X * * Aegopinella nitidula (D raparnaud 1805) - X X X X X * * Aegopinella pura (Alder 1830) - - X - + - Arianta arbustorum (Linnaeus 1758) * * X X X X X X Arion ater-Komplex D G - - - - X - * * Arion intermedius (N ormand 1852) - - - - X - Arion lusitanicus Mabille 1868 n b n b X X X X - - * * Carychium minimum O. F. Müller 1774 X X X X X X Carychium tridentatum (Risso 1826) * * - X X X X X * * Cepaea hortensis (O. F. Müller 1774) X X X X X - * * Cepaea nemoralis (Linnaeus 1758) - + X X X X Cepaea sp. juvenil X X X X + X Clausilia pumila C. Pfeiffer 1828 2 V - X X X X X * * lubrica (O. F. Müller 1774) - + X - - -

Cochlicopa lubricella (Rossmássler 1835) V V - - - + - - * Cochlicopa repentina Hudec 1960 1 - X X X + X X Cochlicopa sp. juvenil X + + X - X * * Cochlodina laminata (Montagu 1803) - - - X X - * * Columella aspera Waldén 1966 - - - - X X * * Columella edentula (D raparnaud 1805) - X X X X - * Deroceras agreste (Linnaeus 1758) G - - - - - X * * Deroceras laeve (O. F. Müller 1774) X - - X - - Deroceras sp. Kalk-Schálchen - + + + - X * * Discus rotundatus (O. F. Müller 1774) - - X X X - * Eucobresia diaphana (D raparnaud 1805) V - X - - - - * * Euconulus fulvus (O. F. Müller 1774) - X - - X -

Euconulus praticola (Reinhardt 1883) V 3 + X + X - X Euconulus cf. trochiformis (Montagu 1803) D D - - + + - - Fruticicola fruticum (O. F. Müller 1774) * * _ _ _ X _ _ Helix pomatia Linnaeus 1758 * * _ _ _ X _ _ * marginata (O. F. Müller 1774) G - - - - X - * * incarnatus (O. F. Müller 1774) - - X X - - * * Nesovitrea hammonis (Stróm 1765) X X X + X X Nesovitrea petronella (L. Pfeiffer 1853) 2 2 - + - - - - * * Oxychilus cellarius (O. F. Müller 1774) - - - X X - * * Oxychilus draparnaudi (Beck 1837) - - - + - - Oxychilus sp. juvenil - - X + X - * * Oxyloma elegans (Risso 1826) - - - + - X Perforatella bidentata (Gmelin 1791) 3 V X - X - X - * * Punctum pygmaeum (D raparnaud 1801) + X + + X X

124 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at

Rote Liste Nummer des Transekts D SH 1 2 3 4 5 6 Succinea putris (Linnaeus 1758) * * X X X X X X * Succinella oblonga (D raparnaud 1801) * X - - - - - * Trochulus hispidas (Linnaeus 1758) * + X X X X X Vallonia costata (O. F. Müller 1774) * * - - - + + - * * Vallonia excéntrica Sterki 1893 - - - _ _ X * * Vallonia pulchella (O. F. Müller 1774) X - - X - X Vertigo angustior Jeffreys 1830 3 2 - X - - - X * Vertigo antivertigo (D raparnaud 1801) V X X + X - X Vertigo moulinsiana (D upuy 1849) 2 3 - X X X - X * * Vertigo pusilla O. F. Müller 1774 - X - X - * * Vertigo pygmaea (D raparnaud 1801) X X - - - X Vertigo substriata (Jeffreys 1833) 3 V - X - - X X * * contracta (Westerlund 1871) - - - - X - * * Vitrea crystallina (O. F. Müller 1774) - X X - X - * * Vitrina pellucida (O. F. Müller 1774) - - - - + X * * nitidus (O. F. Müller 1774) X X X X - X Wassermollusken * Anisus leucostoma Millet 1813 V - - + X - - Aplexa hypnorum (Linnaeus 1758) 3 3 X X X X - - * * Galba truncatula (O. F. Müller 1774) + X X + - X * * Pisidium casertanum (Poli 1791) - + X - - - * Pisidium obtusale (Lamarck 1818) V - - - + - X * Pisidium personatum Malm 1855 V - - - + - X Pisidium sp. juvenil X - X - X - * * Planorbis planorbis (Linnaeus 1758) X - - + - - Stagnicola palustris-Komplex D * X - X X - - Artenzahl (60) 22 31 33 37 31 27 1Über den Artstatus von Cochlicopa repentina besteht noch immer Uneinigkeit, weshalb sie hier aus praktischen Gründen entsprechend der aufgeführten Roten Listen und Richling (2008) als eigene Art aufgeführt wird, obwohl sie nach Studien von Armbruster (1994) sowie Armbruster & S chnegel (1994), die die von Hudec (1960) genannten diagnostischen Merkmale überzeugend in Frage stellen, nur als eine Morphe von C lubrica aufzufassen ist.

Ein sehr deutlicher Feuchtegradient war weder im Freiland im Verlauf des Tran- sekts festzustellen noch im Vorgefundenen Artenspektrum der Mollusken. Die ter­ minalen Probestellen 2-1 und 2-2 sowie 2-5 stellten feuchtere Habitate dar als der mittlere Bereich. Indizien hierfür liefern die Nachweise der semiaquatischen Galba truncatula und der aquatischen Aplexa hypnorum sowie der Landschnecken Euconu- lus praticola, Zonitoides nitidus, Vitrea crystallina, Vertigo antivertigo und erhöhte An­ teile von Carychium minimum.

Transekt 3 - Schilffläche und Bruchwald Der Transekt lag im gleichen Gebiet wie Transekt 2 und beinhaltete zumindest zwei Probestellen des großen sich fortsetzenden Schilfrieds. Er wies eine ähnliche Arten­ vielfalt wie Transekt 2 auf, jedoch fehlten nahezu alle seltenen und stenöken

125 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at Sumpf wiesen-Arten. An Stelle dieser kamen typische Wald- bzw. Bruchwald-Arten hinzu, z. B.Acanthinula aculeata, Euconulus cf. trochiformis, Monachoides incarnatus, Discus rotundatus und Perforatella bidentata. Letztere Art ist in Schleswig-Holstein typisch für ursprüngliche und ungestörte Habitate (Wiese 1991). Der Bruchwaldbe­ reich des Transekts wies damit eine charakteristische Artengemeinschaft auf, wäh­ rend das Schilfried vergleichsweise artenarm war. Die Riedflächen waren relativ trocken (kein Nachweis von Vertigo antivertigo, Euconulus praticola, keine aquati- schen oder semiaquatischen Arten).

Abb. 2: Probefläche 2-2 mit der größten festgestellten Dichte von Vertigo moulinsi- ana.

Transekt 4 - Schilffläche, Ruderal-Übergangsbereiche, Wald Dieser Untersuchungsbereich umfasste die größte Habitatvielfalt der bearbeiteten Transekte (trockenes und überflutetes Schilfried mit und ohne Seggen, trockenes Seggenried im Wald und Übergänge zu Ruder albereichen), was sich in der höchs­ ten Artenzahl widerspiegelt. Gleichzeitig fehlten weitestgehend wie in Transekt 3 die spezialisierten Arten. Für die offenen Bereiche sind lediglich Vertigo moulinsiana und Euconulus praticola zu nennen. Die zum Zeitpunkt der Probennahme überflu­ tete Stelle 4-1 wurde von aquatischen Arten in zum Teil extrem hohen Individuen­ dichten dominiert, bietet aber offensichtlich bei anderen Wasserständen auch feuchtetoleranten terrestrischen Schnecken geeignete Bedingungen, wie die Leer­ gehäuse von Carychium spp., Cochlicopa repentina, den Bernsteinschnecken, Vallonia pulchella, Zonitoides nitidus, Vertigo moulinsiana und V. antivertigo zeigen. Bemerkenswert waren die hohen Anzahlen von Leergehäusen und die Artenzu­ sammensetzung in den Proben am Übergang der Schilffläche zum Ruderalbereich (Probestellen 4-2 und 4-3). Hier fallen unter den ausnahmslos als Leergehäuse nach­ gewiesenen Arten einige weniger feuchte angepasste Ubiquisten wie z. B. Aegopi- nella nitidula, Punctum pygmaeum, Nesovitrea hammonis und Oxychilus cellarius in ho­ her Anzahl auf, sowie Arten, die typisch für offene, trockene Standorte sind (Coch­ licopa lubricella, Vallonia costatd). Hinzu kam Vallonia pulchella, die charakteristisch

126 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at für feuchte, offene Habitate ist. Diese Kombination legt die Vermutung nahe, dass die zur Zeit der Probennahme vom Neophyten Riesenbärenklau (Heracleum man- tegazzianum) nahezu in reinem Bestand dominierte angrenzende Ruderalfläche zu­ vor eine Wiese mit charakteristischer Artengemeinschaft und einem dem Gelände­ anstieg entsprechenden Feuchtegradienten war, an deren „Hangfuß" sich das Scha­ lenmaterial akkumuliert hatte. Das Seggenried im Wald (Probestelle 4-5) wies eine verarmte Schneckenfauna aus Ubiquisten auf, was auf die geringe Bodenfeuchtig­ keit in diesem Bereich hindeutet.

Transekt 5 - Wald Der einzige ganz im Wald verlaufende Transekt besaß ein durchschnittliches Spekt­ rum der im Gebiet vertretenen Arten, das eher unspezifisch bzw. für trockenere Waldstandorte typisch ist. Zu den Arten trockener Waldstandorte zählen z. B. Acanthinula aculeata, Aegopinella pura, Columella aspera, Euconulusfulvus, Vertigo pus- illa und Vitrea contracta. Die Individuendichte war mit Ausnahme der feuchten Stelle 5-3 gering. Die einzige anspruchsvolle Art, die aber ebenso nur in sehr gerin­ ger Anzahl auftrat, war Perforatella bidentata. Der vergleichsweise geringe Feuchte­ grad des Waldes zeigte sich neben den oben genannten Arten im Fehlen von Zoni- toides nitidus, der zumindest in Leergehäusen zu erwarten gewesen wäre.

Abb. 3: Probefläche 6-3 mit der größten festgestellten Dichte von Vertigo angustior.

Transekt 6 - Dauerweide und Sumpfdotterblumenwiese Die Fläche wies eine auffällige Abnahme der Artenzahl und Siedlungsdichten der Mollusken von Probestelle 6-2/ 6-3 (Abb. 3) zu 6-5 auf, die mit dem Übergang der Sauergras- zu einer Süßgrasvegetation im ansteigenden Gelände einherging. Für einen reinen Sumpfwiesenbereich war mit 20 Arten eine hohe Vielfalt gegeben, die zwar nicht an die Werte von Transekt 2 herankommt, aber dennoch einige bemer­ kenswerte Arten umfasste. Zu diesen zählen allein zwei anspruchsvolle Windel­ schneckenarten, Vertigo moulinsiana, V. angustior und Euconulus praticola. Mit einer Dichte von 64 Individuen/m2 und über doppelt so vielen Leerschalen kann man bei

127 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at Vertigo angustior sogar vom Nachweis einer guten Population ausgehen, die mög­ licherweise noch weitere Bereiche im Umfeld besiedelte, wie die Schalenfragmente in der Zusatzprobe am benachbarten Bruchwaldrand zeigten. Zumindest in einigen Bereichen der Wiese dürfte sich die Weidenutzung durch starken Vertritt und damit Beeinträchtigung der Bodenstruktur negativ auf die Molluskengemeinschaft ausgewirkt haben.

Bemerkenswerte Nachweise einschließlich der Arten der FFH-Richtlinie, An­ hang II Die Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana) wurde in vier der sechs unter­ suchten Transekte nachgewiesen, wobei in einem der beiden nicht besiedelten Transekte (Transekt 5) bei der seinerzeitigen Ausprägung kaum geeignete Habitate ausgebildet waren. Im Untersuchungsgebiet wurden vor allem feuchte Großseggenrieder besiedelt, die mehr oder weniger mit Schilf durchsetzt waren. In nahezu reinen Schilfberei­ chen konnte an einer Stelle noch ein sehr geringer Bestand festgestellt werden (Pro­ bestelle 3-1). Außerdem war V. moulinsiana in den feuchten Seggenbereichen der Bruchwälder in den Transekten 2 und 3 anzutreffen. Die durchschnittlichen Siedlungsdichten pro Quadratmeter lagen im unteren zweistelligen Bereich und waren damit für eine Untersuchung im Herbst ver­ gleichsweise gering. Nur auf einer Probefläche (2-2, Abb. 2) wurden um die 200 Tiere/m2 festgestellt. Weitere Vorkommen im Umfeld des Wesseker Sees sind sehr wahrscheinlich und vor allem dort zu erwarten, wo die ausgedehnten Schilfflächen von Großseggen durchsetzt werden. Teilweise überflutete Bereiche kommen hierbei ebenso in Be­ tracht, da V. moulinsiana überwiegend an Pflanzenstängeln klettert. Die Schlanke Windelschnecke (Vertigo angustior) wurde an zwei unterschiedli­ chen Sumpfwiesen-Standorten östlich bzw. südöstlich des Wesseker Sees nachge­ wiesen. Die Probestellen mit Vertigo angustior waren im jeweiligen Transekt die ar­ tenreichsten. Das Vorkommen am Endpunkt von Transekt 2 (Probestelle 2-5) war offensicht­ lich sehr individuenarm; denn es wurden trotz zusätzlicher Boden- bzw. Substrat­ probennahme (insgesamt 3/u m2) und sehr intensiver Suche vor Ort insgesamt nur zwei lebende und ein totes Exemplar gefunden. V. angustior war dort mit den bei­ den weiteren Windelschneckenarten V. pygmaea und V. substriata vergesellschaftet. Im näheren Umkreis siedelten weiterhin V. moulinsiana und V. pusilla. Der Standort war durch einzelne Bulte vonCarex paniculata gekennzeichnet, die zwischen einigen Büschen (Crataegus) und hoher Vegetation standen, welche von Schilf und Großs- eggen dominiert wurde. Das Auftreten von V. angustior im Transekt 6 war mit einer Dichte von 64 Tie­ ren/ m2 offensichtlich individuenreicher. V. angustior lebte vergesellschaftet mit V. moulinsiana und V. pygmaea. Als Leergehäuse wurden weiterhin V. antivertigo und V. substriata festgestellt. Der Fund von zahlreichen leeren Gehäusen bei Probe­ stelle 6-3 (Abb. 3) und Fragmenten an Zusatzprobestelle 6-6, die ein weniger geeig­ netes Habitat für V. angustior zu sein schien, machten deutlich, dass die Art auf der Fläche weiter verbreitet war. Das Fehlen an weiteren Punkten in dem relativ kurzen Transekt mit einem deutlichen und kontinuierlichen Feuchtegradienten legt die Vermutung nahe, dass wahrscheinlich nur in einem sehr schmalen hangparallelen Streifen geeignete Bedingungen vorhanden waren.

128 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at Der Nachweis vom Dunklen Waldkegelchen (Euconulus cf. trochiformis) stellt den ersten Hinweis auf diese Art in Schleswig-Holstein dar. Erst in neuerer Zeit wurde der jetzt als Artenkomplex zu verstehendeEuconulus alderi (Gray 1840) in zwei Ar­ ten, E. praticola und E. trochiformis, auf getrennt (FALKNER et al. 2002). Bisher nahm man an, dass die bekannten Funde von E. alderi aus Norddeutschland E. praticola zuzuordnen sind (z. B.Z ettler et al. 2006). E. cf. trochiformis besiedelt wie E. prati­ cola feuchte Habitate, scheint aber mehr in Waldbereichen vorzukommen, was auch die Nachweise der beiden Arten im Gebiet des Wesseker Sees zeigen. Aufgrund von noch immer bestehenden Unsicherheiten in der eindeutigen Unterscheidbar­ keit der beiden Arten, ist die Bestimmung hier als unsicher anzusehen. Von der Weißen Streifenglanzschnecke (Nesovitrea petronella) (Abb. 4) gibt es nur wenige Nachweise aus Schleswig-Holstein (W iese 1991). Der Fund am Wesseker See erweitert das bekannte Verbreitungsgebiet im Östlichen Hügelland etwas nach Nordosten.

Abb. 4: Nesovitrea petronella - nur selten in Schleswig-Holstein nachgewiesen.

Der Verbreitungsschwerpunkt der Ohrförmigen Glasschnecke (Eucobresiadiapha- na) (Abb. 5) liegt weiter im Süden Deutschlands (Kerney et al. 1983), und es sind nur sporadische Vorkommen aus Norddeutschland bekannt. Aus der Region des Wesseker Sees war die Art bis 2007 nicht bekannt (Wiese 1991).

Diskussion und Abschätzung der Effekte einer Wasserstandsanhebung Mit insgesamt 52 Arten von Landschnecken wurden im Bereich des Wesseker Sees mit Ausnahme der sehr seltenen, stenöken Art Cochlicopa nitens (Gallenstein 1848) alle für Schleswig-Holstein zu erwartenden Arten der untersuchten Feuchtbio­ toptypen in mindestens einem der Transekte nachgewiesen. Die in den Transekten ausgeprägten Unterschiede im Feuchteregime spiegelten sich sehr deutlich in der Zusammensetzung der Molluskengemeinschaft wider. Im Falle einer auffälligen Diskrepanz zwischen Lebend- und Leergehäusenachweisen im Transekt 4 konnten

129 ©Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG);download www.zobodat.at plausible Vermutungen über die von dem Neophyten Heracleum mantegazzianum zerstörte ursprüngliche Ausprägung eines Habitats angestellt werden. Somit doku­ mentiert die Erhebung von 2007 sehr gut die damaligen Habitatzustände, und es ist davon auszugehen, dass Verschiebungen in der Molluskenfauna ein sensibler Indi­ kator für die Veränderungen der Biotope durch eine Wasserstandsanhebung sein werden.

Abb. 5: Eucobresia diaphana lebt in Schleswig-Holstein am Rande ihres Areals.

Die nachgewiesene Molluskenfauna ist in einigen Bereichen als schützenswert anzusehen, jedoch waren die besonderen Arten und die Stellen hoher Artenvielfalt in der Regel in den feuchten Abschnitten der Transekte zu finden. Da an alle Tran- sekte trockene - und artenarme - Bereiche angrenzten, ist zu vermuten, dass bei einem ausreichend langsamen Wasseranstieg lediglich eine Verschiebung bzw. Ausweitung der Siedlungsbereiche erfolgt. In den gewählten Transekten überwo­ gen eindeutig die Abschnitte, die für viele Sumpfarten und für die Zielvorstellung eines Feuchtgebietes nicht genug Bodenfeuchte aufwiesen. Das betraf vor allem weite Teile des ausgedehnten Schilf-Seggen-Rieds zwischen Oldenburger Graben und Randkanal nördlich von Gut Ehlerstorf (Transekte 2 und 3) und den Wald und die angrenzende Wiese zwischen den beiden Gewässern südlich des eigentlichen Wesseker Sees (Transekte 1 und 5). Neben dem reinen Wasser stand wird sich vor allem die damit einhergehende Veränderung der Vegetation auf die Mollusken­ fauna auswirken, insbesondere das Verhältnis von Schilf, Süß- und Sauergräsern und Binsen. Geringe Schwankungen in der Salinität werden vermutlich keine un­ mittelbaren Auswirkungen auf die Landschnecken als nicht direkt im aquatischen Milieu lebende Faunenbestandteile haben. Bezüglich der Vorkommen der beiden FFH-Anhang II-Arten sind keine Ver­ schlechterungen ihrer Lebensräume bei einer mäßigen Wasser standsanhebung und damit möglicherweise verbundenen Veränderungen in der Salinität des Unter­ grunds zu erwarten. Vertigo moulinsiana siedelt in Bereichen mit Wasserstandsschwankungen und be­ vorzugt sogar überstaute Bereiche (z. B. Cameron et al. 2003, Killeen 2003, Tat-

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TERSFIELD & M cinnes 2003, Jueg 2004). Sie kann diese demnach tolerieren, wie auch das zahlreiche Vorkommen im nassen Bereich des Transekts 6 zeigt. Eine Salztole- ranz der Art ist nicht bekannt, aber diesbezügliche Veränderungen werden vermut­ lich vor allem das direkte Umfeld des Wesseker Sees und damit lediglich Transekt 4 betreffen. Vertigo angustior als die in Schleswig-Holstein wesentlich seltenere Art reagiert wahrscheinlich empfindlicher auf Änderungen im Feuchteregime (Came- ron et al. 2003, Killeen 2003), wie das sehr beschränkte Auftreten in Transekt 6 deutlich macht und insbesondere, was eine dauerhafte Überstauung angeht. Die beiden besiedelten Flächen besitzen jedoch kleinräumige, deutliche Feuchtegradi­ enten, so dass ein Ausweichen der Art in neue Optimalbereiche möglich scheint. Bezüglich der Salinität scheint Vertigo angustior eine vergleichsweise tolerante Art zu sein, denn sie siedelt auch entlang der Ostseeküste in Dünenbereichen, die salz­ haltiger Luft ausgesetzt sind (Cameron 2003, Moorkens & Gaynor 2003, Pro - schwitz 2003, Valovirta 2003, Zettler et al. 2006, W iese 2012) und sogar an Stand­ orten, bei denen von der Möglichkeit einer kurzfristigen Überspülung von Meer­ wasser ausgegangen werden muss, wie das Vorkommen einer kleinen Population in der Strandvegetation ca. 1,4 km westlich des Bülker Leuchtturms beweist (eigene Beobachtung).

Danksagung Ich danke Herrn Dr. Rainer Brinkmann für die Möglichkeit der Bearbeitung der Landschnecken im Rahmen der Gesamtbeauftragung. Weiterhin gilt mein Dank Dr. Vollrath Wiese für die Unterstützung meiner Freilandarbeit an einem Geländetag und für die Diskussion der Funddaten.

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