AEMAG 1-14 2009/2010 EVAPORI der B-Seite unter der verräuchert-antiquierten Neube- »Transkript 17/Transkript 18« LP lebung der klassischen Musik ein wahrer Malstrom an

Entr'acte Materie tummelt. Sicherlich eines der ambitioniertes- Das aemag des m.m labels war ein digitales Onlinemagazin ten musikalischen Werke von Oliver Peters und eines, mit Rezensionen aktueller Veröffentlichungen in den Richtun- Wer dazu neigt sich rar zu machen, rückt sich welches damit auch am nachhaltigsten bleibt. 5/5 gen Krautrock, Experimental, Abstrakt und Drone. Die nachfolgenden Texte sind im Zeitraum Januar 2009 bis selbst stets in den Fokus der audiophilen Jäger, die März 2010 auf einer eigens eingerichteten Webseite erschie- jeden noch so kurzen Kompilationsschnipsel ihres ELEH nen. Für die digitale Edition wurden die Texte 2020 behutsam begehrten Objekts mit Akribie erspüren und niederja- »Location Momentum« CD korrigiert. gen. Nach Auflösung der antiinformativen Labelstruk- Touch turen gerinnt der Output von Oliver Peters zu einem über die Jahre lauer gewordenen, aber hoffnungsvol- In Issue 4 besprochen, lieferte Nana April

len und absolut verfolgenswerten Rinnsal. Die »Re- June’s Werk »The Ontology Of Noise« einen gewag- URSULA BOGNER hearsals For Objects« als Einstieg in die Welt der ten und etwas altbackenen Versuch, düstere Klange- »Pluto Hat Einen Mond« 7’’ zurechtgestutzten Klangkörperakustik nutzend, setzt pik mit Breitbandfrequenzen und feldrekordistisch Faitiche/Maas Media Verlag sich »Transkript 17/Transkript 18« mittels Streichin- abgeleitetem Flickerklang zu verbinden. Eleh agieren

strumentverklärung und transparent eingesetzter Stu- ebenfalls auf einer limitierten und dazu noch synthe- Passend zur gleichbetitelten Ausstellung eine diotrickserei nochmals eine gute Fingerbreite vom thischen (Vintage-)ebene, vergeben sich jedoch jegli- 7’’ aus dem Nachlass der verstorbenen Ursula Bogner. Vorgängeralbum ab. »Transkript 17« beginnt als or- chen Querverweis auf bereits bestehende Verbindun- Das nennt man würdiges Gedenken, denn die 7’’ setzt chestraler Minuston, angesiedelt im ebenerdigen gen des kurzlebigen „Isolationism“-Genres. an die bereits auf Faitiche verlegte »Recordings 1969- Nullbereich der Klangachse, aufgedreht um Tonklus- »HeleneleH« klingt mit seiner durchgehend unverän- 1988« CD/LP an, vermittelt sie doch einen etwas de- ter, welche streng und wohlgesetzt im Soundarran- derten Dronestatik wie eine in Zeitlupe abgespielte zenteren Umgang mit frühelektronischer Klangerzeu- gement auftauchen, sich kurz einmal um die eigene Boards Of Canada-Platte, welche vorher vom Rhyth- gung, als die bisweilen recht poppig eingefärbten Gestalt drehen und dann im Hintergrund verschwin- musrankwerk fachmännisch entschält wurde. Wenn- Klangkonstrukturen des posthumen Debutalbums. Die den. Ähnlich wie Asmus Tietchens wird der Span- gleich das Prädikat „Elektronik“ bei Eleh greift und A-Seite verrenkt sich in sinusgeladener Powerrando- nungsbogen ohne musikalisches Theaterspiel dezent bisweilen das Bild gereifter Herren an Schaltkreissyn- makustik, während »Rhythmus 80« sich getreu Titel und wohlüberlegt gesetzt, ehe langsam über die A- thies hervorruft, klingen Eleh bei aller Künstlichkeit um eine Taktschleife ringelt, die ihre Monotonität Seite der aurale Interruptus stelzt und jegliche Klang- mysteriös und anonym. Die Musik reduziert auf zerleg- stets durch einkalkulierte Feedbacknoises aufzubre- akribie in leiseste Zwischentöne übersetzt. Endend wie te Einzeltöne, einschwingende Basslinien und ge- chen versteht. Umseitig hommagiert Bogner zukunfts- vorrauschauend mit »Synchronton 2« Jahre vorab den beginnend, verliert sich das »Transkript 17« im stillen dämpftem White Noise, spielen Eleh auf der untersten Grab der Auslaufrille. »Transkript 18« wirkt recht frisch, Stufe der Dynamik und erschaffen damit eine fast Detroiter Acidsound (und insbesondere Cybotron’s das Spiel mit Semiakustik läuft hier zur Perfektion auf, schon psychoakustische Dronemusik, die bei kleinster Clear!) auf eine gänzlich eigene, düstere Art und illus- noch einmal wird wie im Bleisetzkasten Element auf Veränderung des Hörens (Drehen des Kopfes, Nei- triert am Ende eine zuvor aus diffusen Elementen Element gelegt, stets die Regel der Stille und der gung der rechten/linken Ohrseite etc.) neue Frequen- kreierte Landschaft mittels synthetischer Geisterstim- gerade noch wahrnehmbaren Akustik einhaltend. zen hervorbringt oder existierende verstärkt. Eleh me und Glissandobasslauf. Eine recht kurzweilige EP, Orchestral wirkt das generell aufs Album gelegte geben sich betont nichterklärend, ohne Linernotes die als Appetithäppchen zum nächsten Bogner-Album Konzept der musikalischen Pause, wenngleich sich auf und Angaben bedeutet dieses Album eine willkom- mehr als tauglich ist. 4/5 mene Abkehr vom bisweilen allzu transparent gehal- sich Behrens insbesondere dann, wenn sein Material wie im Fluss. Die authentisch ranzige Antiquiertheit tenen Avantgardediskurs. Eleh fungieren auf klangli- die gewohnheitsmäßige Verselbstständigung erfährt, von »Spät-Europa« steht damit einmal mehr für die cher Ebene ähnlich philosophisch wie der unterge- welches so manches Fieldrecording so essentiell bewusst ad absurdum geführte Popromantik der frü- tauchte Andrew McKenzie des Hafler Trios. Ein sehr macht. »Sleppet« ist mehr Hörspiel statt Album hen 80ziger und mit »Schöne Dritte Welt« gibt es forderndes und wunderbar feingestimmtes Album (»Sleppet« entstand für eine Sendung des Deutsch- sogar ein trivial pervertiertes Schlagermachwerk mit voller subfrequenter Tonmodalitäten. 5/5 landradio Kultur) und sollte auch als solches verstan- Ohrwurmcharakter zu hören. Nachtigall, ick hör dir den werden. Nur dann entsteht tatsächlich jene Sog- trapsen. 4/5 MARC BEHRENS wirkung, welche sich aus dem hier abgebildeten Mär- »Sleppet« CD chenwald Skandinaviens auf den Hörer entfaltet. Es- RASHOMON Crónica sentieller Release ohne manierlichen Grobschnitt. 5/5 »The Finishing Line (Film Music Volume 2)« CD Hinterzimmer Records Norwegen ist, wenn man Marc Behrens ASMUS TIETCHENS Glauben schenken darf, zumindest klanglich einer »Spät-Europa« CD »The Finishing Line (Film Music Volume 2)« Vielzahl tektonischer Änderungen und Verschiebun- Die Stadt wirkt wie ein Everyday-Soundtrack: man sitzt in der gen unterworfen. »Sleppet« ist gleichzeitig Hörspiel Bahn, das immerwährende, repetitive Landschaftsbild und Dokumentation einer Reise nach Bergen, Utvær Whacky. Der szeneübliche Slang für allerlei rast vorbei, ineinandergeschmolzen in welkes Grau und anderen Tummelplätzen naturaler Sehenswürdig- abwegig-undefinierbares bekommt auf »Spät-Europa« des Schnees und dem kläglichen Grünrest unter der keiten, die neben Behrens auch Mitreisende wie Jana spätestens dann neue Bedeutungen, wenn die Kon- inzwischen vergangenen Eisdecke. Rashomon nutzt Winderen, Steve Roden und Chris Watson einschloss. serve mit viel Hissi-hissi auf den alten Masterbändern das musikalische Vokabular der frühen Progrock-Era Das sich dabei hauptsächlich Fieldrecording-Künstler neuen Umständen der Jetztzeit zugeführt werden soll. auf aufwendig inszenierte Weise: Fender Rhodes brül- über den Zeitraum von zehn Tagen im norwegischen Hat denn Tietchens gar nichts aus seiner bisweilen len gedämpft im Hintergrund, einzelne Sinuswellen Hinterland akustisch einnisteten und ihre auralen Ab- recht egozentrischen Moogmanövrierung gelernt? piercen den Klang auf fast artifiziell frequente Weise, leitungen zogen, verwundert angesichts der gewichti- Doch hat er. Das Format ist anders, statt elegischer Orgeln und Moogs schlingern durch die Szenerie als gen Qualität der Veröffentlichung nicht. Marc Beh- Breitepik auf mehreren Minuten gewalzt ergeben hier mechanisch-schnaufende und seltsam gedrückte Ba- rens, der sich seit langem üppig zeigt wie eh und je 22 Miniaturen ein Ganzes, das barockhafte Gönner- sistonalität der mit 1. – 4. Race überschriebenen Titel. und vom Minimalismus früher Tage abweicht, eröffnet tum hinter den oszillierenden Synthies weicht einer Sicher, Rashomon orientieren sich am originalen »The bereits im Opener »Sleppet (1) Seagulls And Cattle« geradezu nervös zerrenden Grundtonalität, welche Finishing Line« von 1977, einem Dokumentarfilm über eine leicht schräge Hommage an das aufkeimende sich sichtlich vom verbliebenen Sky-Musikdialog ab- die Gefahren, wenn sich Kinder und Halbstarke an den Industriebewusstsein der Hofbauern und Fischer mit- grenzen möchte. Frühe Hematic Sunsets kann man unbeschrankten Flanken der Eisenbahnlinien tummeln tels verzerrter Möwenschreie und hektisch geschnitte- sagen, ringmodulierte Flächen auf der Qietscheappa- und heraldisch Steine auf die vorbeidonnernden Züge ner Stahlgewitter. Überhaupt ist die digitale Bearbei- ratur und ein früher Bezug zur späteren Exoticaschiene werfen. Rashomon greifen die Thematik der Doku- tung der Soundquellen äußerst dezent und geradezu a la Massive Attack sei hier bescheinigt, denn anders mentation auf, blenden das pathetisch wirkende Ende konzeptuell zugeschnitten, Bachgeriesel und Glet- als zuvor steht dem Material die kurze Laufzeit besser des Films um auf harsch zerrende Minimalmantras auf schereis werden pointiert in Szene gesetzt, ehe der zu Gesicht. Wenngleich der Brocken sich durchaus Gitarre, Orgel und pfeifender Sinustonale oder zer- nächste Schwung destruktiver DSP dem Kitschbild ein bisweilen zum großen Laib hätte entwickeln dürfen, brechen die pompösen Orchestralsettings des »The vorschnelles Ende bereitet. Besonders gelungen zeigt vergeht in den Miniaturen das Sinnespiel und die Zeit First Race (9 And Under Fence Breaking)« in kleine Cutups, um diese mit Nadelspitzen auf der alten Re- Phillip Quehenberger scheut neben horrores- gernden Samples in eine völlig generative Orchester- vox neu zu arrangieren. Für jede Stimmung gibt es in ker Kafkagrundstimmung und noisegetriebener Distor- assemblage zu setzen, welche sich nach dem vom den vier Stücken des Albums die dazugehörigen Se- tion keineswegs trashige Drum’n’Bass-Schnipsel oder Künstler gewählten Credo der Erzählung (Einlei- kunden, für jeden Umschnitt auf dem Zelluloid die geradezu teutonisch transponierte Gitarrencuts einzu- tung/Mittelteil/Ende) bisweilen gedämpfter oder agi- mechanische Retourkutsche in Form einer fortlaufen- setzen, wenn es darum geht, dem altgedienten Begriff ler im Mix äußert. »Malaise« erinnert stark an die den Bricolage aus Spaghettiwestern, wunderbarer „Elektro“ Dampf unter dem in die Jahre gekommenen computerisierte Willkürschlaufe des Selektionistischen Mellotronbetüpfelung und allerlei klanglich erzeugter Hintern zu machen. »Hazard« klingt, als hätte SLP- Kollektivs: mittels algorhythmischer Prozessie- Exotica. Das ganze widmet sich stets dem Originalvi- Quehenberger Atari Teenage Riot beerbt und nach rung wird Improvisationsmaterial auf eigene Art vom deo, ganz so, als hätten Rashomon ihre klangliche eigenem Gutdünken aufgekocht, um neben vertrack- Computer zusammengemischt. Neben noisigen Tapestrie der Filmrolle auf den Leib geschrieben. ter Synthiestatik und querschlägerartiger Drumpro- Grundpastellen benutzt Schumacher auch disharmoni- Traumhaft. 5/5 grammierung Legendenbelebung zu betreiben. Wäh- sches Material wie Honkytonk-Pianos und Reibschlei- rend der russische Avantgardekünstler Alexei Borisov fen, die dem Stück einen leicht installationseigenen BENZO die E-Gitarre schwingen darf, verwirbelt »Hazard« Einschlag verleihen. »Weave« wirkt in der Endsumme »The Dust/The Tapes: Mania Remixes« CD stets seine Spuren und reaktiviert die Ressourcen bei ein wenig wie eine Unplugged-Version, mit Handin- PHILIPP QUEHENBERGER jedem Stück neu. Kein Ambientinterlude, kein Mikro- strumenten performt von Funkstörung und Autechre, »Hazard« CD cut- alles perfekt auf den Tanzboden einer klitschigen getrimmt und modifiziert von David Jackman. Ein Laton Dunkeldisko in Wien ausgerichtet, wobei das von den wahres Vergnügen für all jene, denen die eminenzhaf- Wänden perlende Schwitzwasser nicht fehlen darf. te Ätz(thetik) der akademischen Neuen Musik zuwider »The Dust/The Tapes: Mania Remixes« ist ei- Definitiv zum lauthören, und genau das was von Laton ist. 5/5 ne Sammlung von Remixen, welche allesamt Benzo erwartet wird – die zynische Umkehrung des Begriffes abbilden und im Original relativ nah am Klang seiner Qantisierung. Darauf einen Vodka. 5/5 JASON KAHN/ASHER restaurierten Synthesizer und deren musikalischer »Planes« CD Dramaturgie sitzen dürften. In diversen Remixen wird MICHAEL J. SCHUMACHER WERNER DAFELDECKER/CHRISTOF KURZ- hier geschnitten, gecuttet, gedubbt und Minimalaske- »Weave« CD MANN/ se betrieben, dass es einem schwerfällt, auch nur Entr'acte JOHN TILBURY/STEVIE WISHART ansatzweise etwas von Benzo zu erkennen. Lediglich »Werner Dafeldecker/Christof Kurzmann/ die fein austarierte Balance zwischen Mikrodub und Ein neues Kaninchen aus dem unermessli- John Tilbury/Stevie Wishart« CD elektronischer Aversion gegenüber gängiger Rhythmik chen Zauberhut von Entr’acte. Michael J. Schumacher Mikroton Recordings lassen die Laton’sche Handschrift erkennen, die vielen arbeitet mit einer ansehnlichen Anzahl diverser Klang- ihrer Releases eigen ist. Allerdings walzt sich das Kon- quellen, was bereits der Opener »Loom« eindrucksvoll Wer Minimalismus schätzt, wird bei Asher strukt um wenige, aber umso sorgfältiger ausgesuchte zu belegen weiß. Ein wenig wie »Thunder Perfect und Jason Kahn (letzterer als furioser Gegenpart zur Klänge im Tanzraster doch etwas aus. Gerade bei vier Mind« von NWW arbeitet Schumacher hier mit mal letzten Jon Mueller-Kollaboration bekannt) reichlich Remixen des Künstlers S. Mitterer hätte ein wenig mehr, mal weniger langsam/schnell abgespielten belohnt. Eigen für das Release ist die grenzenlose mehr Abwechslung unter der Mischvergabe doch gut Motorklängen und Pumpengeräuschen, die das Stück Verschmelzung der beiden Akteure- kein Hinweis getan. 3/5 in eine horrend digital klingende Ebene katapultieren, findet sich in dem statischen Rauschwald des um am Ende das statische Flickern der sich überla- 40minütigen Stückes auf den jeweiligen Anteil beider Künstler. »Planes« startet geradezu subtil leise, eine geklungen, während »wels 1 & 2« eine deutlich effek- ESPERIK GLARE taperauschende Landschaft mit entferntem Kinderge- tiertere und bisweilen eine fast kakophone Sprache »As The Insects Swarm« 7“ schrei und sich stets neu verbindenden Obertönen. sprechen. 4/5 Static Hum Records Überhaupt ist das Stück ein einziger langer meditati- ver Zen-Bestandteil- in absoluter Stille gehört, offen- LAURA GIBSON & ETHAN ROSE Auf Static Hum Records erschienen (und bis- baren sich dem Hörer gänzlich andere Eindrücke als »Bridge Carols« CD her die einzige Katalognummer seit Erscheinen 2008) beim Hören in der Metrobahn oder im Bus. Ob man Baskaru bietet die kurzweilige und auf farbigem Vinyl erhältli- das als Stärke oder Schwäche betrachtet, liegt als che »As The Insects Swarm«-7“ auf der A-Seite stark Kernfrage eindeutig beim Hörer. Asher und Kahn 2009 erstmalig erschienen und 2010 auf effektierte Harmonikaklänge und das undefinierbare bewegen sich in der Auswahl der zu verwendenden Baskaru neu aufgelegt, zeigt sich Ethan Rose von Klackern eines Klangfrosches aus Holz, eingehüllt in Töne fast ebenerdig mit einer gänzlich überraschenden Seite. Statt seufzender nebulös tiefgelegte Dronestatik. Esperik Glare dankt (hoch/tief/leise/laut) oder wirken an den leisesten Orgelsynthetik und pathosgeladener Ambientbemü- nicht umsonst RK Faulhaber, dessen Name fest im Albumstellen wie ein vergessenes Aufnahmegerät hung arbeitet Rose hier mit den stimmlichen Erzeug- Umfeld der Helen Scarsdale Agency verankert ist (und hinter einem rumpelnden Kühlschrank. Ein etwas nissen seiner Mitspielerin Laura Gibson. Interessan- und irr. app. (ext.) recht nahe schwierig zu bewertender Release, der jedoch klar aus terweise wirkt das Album geradezu geschlechtslos, steht), und der zumindest klanglich angemessen Pate dem Mikroton-Katalog heraussticht. 3/5 kaum einer Sparte zugehörig und ein wenig wie die gestanden haben dürfte. Trotz der immens kurzen Synthese aus Cluster’s letzter Platte zusammen mit Formatzeit entwickelt die A-Seite ein wahres Pande- Ein Quartett im Bereich der elektroakusti- Alison Goldfrapp. Das Ergebnis wirkt homogen und monium an unangenehmer Kälte, die sich am Ende in schen Musik bietet die unbetitelte CD von Dafelde- gewogen, wenngleich Laura Gibson bei ihrer Intonati- jene Form von Erleichterung auflöst, die der eines cker, Kurzmann, Tilbury und Wishart. Klanglich nervö- on auf ähnlich oktavierte Sprünge wie Björk setzt und Protagonisten in einer Lovecraft-Geschichte eigen sein se Strukturen werden mittels Software und Elektronik ihre vokalen Seufzerhymnen bisweilen recht offen- dürfte. Umseitig dürfen Monte Cazzaza-Anhänger aufgebrochen und auf charakterlich eher im orchestra- sichtlich an ihr Können im hochstimmlichen Bereich erstmals nach Jahren die Stimme des Industrialbe- len Bereich vermutete Klangsachverhalte angewandt. setzt. Ethan Rose verwendet neben den stimmlichen gründers hören, verliest Cazazza über einem hallig- 5 mit „Wien“ überschriebene Stücke und zwei „Wel- Anteilen E-Bow-Klänge und dronige Verwirbelungen, delaygeformten Bett von glockenähnlichen Drone- ser“ Werke werden auf der CD angeboten, mit viel allerdings in erstaunlich akustischer Weise. Der Klang schwingungen einen rezitativen Text einer Stadt im Beiwerk an der recht düsteren Thematik. Leichte wird zum Bett, zur Transportschiene für Gibson und See, nach einer Geschichte von (nomen est omen) Klänge sucht man vergebens, disharmonisch gestimm- ihre chimärenhafte Stimme, ohne sich allzu sehr in Edgar Allan Poe. Der etwas augenzwinkernde Hinweis te Klaviere und Klarinettendrones vermitteln eine Raum und Zeit auszudehnen. Die Kompositionen sind auf der Platte, das ganze in einer dunklen Kammer leicht Cage’sche Grundstimmung, wenngleich durch kurz und flüchtig, nicht im Aufbau, aber in der Erfass- aufgenommen zu haben, wirkt angesichts des recht die typisch idyllisch angehauchte Beschmückung barkeit der Klänge. Das Stück »O Frailty« verdeutlicht ernsten Materials (komponiert von 2006 bis 2008 (sic!)) durch Sinustöne und halbsynthesische Cluster eine den respektvollen Bezug der Künstler zueinander, in recht albern, macht die Platte aber keineswegs uninte- deutlich modernere Konkretsituation aufgezogen dem Rose die Musikerin lediglich über Taperauschen ressanter. Für Freunde der düsteren Experimentalistik wird. »wien 2« mit seiner üppigen Klavierlandschaft und akustischer Verzögerung gegeneinander singen ein Muss. 5/5 und den deutlich unter die Bassgrenze gezogenen lässt, um dann nach unter einer Minute in das End- Tonbandeinschwingungen hätte allerdings ohne Syn- stück mit seiner flirrenden Dämmerungsstimmung thetik deutlich aufgeräumter und nachvollziehbar überzublenden. 5/5 VRAL VMBO butidee, entnommen aus Albumteilen und in neuer Kulisse erzeugt, deren Artefakte sich bisweilen zu glatt »Vral Vmbo« CD klanglicher Deformation. Ein zerriges, sperriges Unge- in den Klangfluss schmiegen. Erst im letzten Quartal »Latent Defects« Download tüm, das die leise Wärme und Brutalität des Haupt- der CD blenden die Soundschleier um auf harsche Utech Records werks um ein vielfaches steigert. Weniger verspielt Casiodrones, digital gestretcht und mittels DSP har- und dafür umso bruitistischer, bietet »Latent Defects« monisch ausradiert, um damit dem Countdown ein Vral Vmbo (lies: Ural Umbo), bestehend aus eine gänzlich andere Ausschau. Orientiert an Boris interessantes, aber leider zu knappes Ende zu berei- Steven Hess und Reto Mäder, veröffentlichen auf dem und Sunn O))) bemühen Hess und Mäder neben der ten. Trotz der kurzen Spielzeit verschenken beide renommierten Utech Label ihr Debut, bestehend aus sattsam ausgestatteten Instrumentenecke auch leise Protagonisten zuviele Ideen und versinken in Beliebig- geradezu harmonisch verflochtenen Stimmungsbildern Zwischentöne, übersetzt in kreischende Kluster keit. Schade. 3,5/5 und gegensätzlicher Krachmentalität. Verzerrung fin- amplastiger Statik und dem explizit hochgefilterten det sich auf »Vral Vmbo« zuhauf, allerdings in gezähm- Sound der Dronementalität, die als letzte Instanz das Tomas Korber und Ralf Wehowsky (letzterer ter Art und Weise bzw. erstaunlicher Zurückhaltung. Album prägt. Zwei besonders schöne Alben, die in als RLW Relikt der P16.D4-Zeit) beackern die weiten Während Reto Mäder den finalen Schnitt und Mix ihrer Gesamtheit für sich stehen und ein grandioses Felder der noisigen Musique Concrete, eingespielt setzt, arbeitet Hess im Hintergrund mit Gitarre und Artwork von Keith Utech beinhalten. Definitiver Tipp mit Tonband, Abnehmer und digitaler Peripherie im Streichinstrument, Becken und Hallgerät und generiert des Monats. 2x5/5 Softwarebaukasten. Die Erfahrung zeigt, dass Material, welches von Reto Mäder (solo und als Mit- Wehowskys Einsatz deutlich zutage tritt (was sich in glied bei Sum Of R und Herpes Ö Deluxe unterwegs) JACQUES BELOEIL/MICHAEL ANACKER den Schnitten und Overdubs eindrucksvoll äußert), fachmännisch klanglicher Neubearbeitung unterwor- »30« CD während Korbers digitale Granulation der Rohmateria- fen wird. Während seine Mitgliedschaft zur eher diffus TOMAS KORBER/RALF WEHOWSKY lien eine leicht zerrende, ausgeblichene Ästhetik zur orientierten Sum Of R-Besetzung eher weniger zutage »Walküren Am Dornenbaum« CD ansonsten recht groben Oberfläche der Stücke ad- tritt, arbeitet Mäder klangbezogen auf einer wahren VARIOUS ARTISTS diert. Insbesondere die Verwendung romantischer Harmonieschiene: aus Rauschen und Tapemanipulati- »Entr'acte E84 Compilation« CD Schiller-Floskeln in den Albentiteln vermittelt die spar- on schälen sich kurze Akkorde, trippig zurechtgestutz- Entr'acte sam eingesetzte Wahl der akustischen Quellen sowie te Gitarrenschlieren, welche das stets zurückhaltend der geisterhaften Attitüde im barock anmutenden leise beginnende Konstrukt im späteren Verlauf verti- Jacques Beloeil und Michael Anacker bilden Klangzirkus. Wehowskys Tonbandschnitte und rasch kal unterwandert und auf ein fast proggiges Terrain den Auftakt mit ihrer exakt 30-minütigen Klangtapete, defiltrierten Sequenzierungen bieten eine zähe un- hievt. Hess und Mäders Ansatz einer gänzlich entge- die fast wie ein geremixter Livemitschnitt des Kontakt trennbare Masse, die statisch angelegte Noisediffusie- gengesetzt konkreten Musik reift sogar im Laufe der Der Jünglinge-Duos wirkt. Hinter feinausgezogener rung macht den Klang ebenerdiger und tiefgründiger. Spielzeit, da sich die mittleren und letzten Stücke Konkretmasse rezitiert eine verwaschen ausgefilterte Die kurzen Interludes zwischen den ausformulierteren ähnlich wie die Schaffensperiodik des Albums als Computerstimme den Countdown von 30 ab an ab- Stücken bieten ebenso Einblicke in eine minimalisti- wahre Epen ausnehmen. »Förlata Jag« bildet dabei wärts, allerdings ohne tatsächliche zeitlich (orientierte) sche, zurückgenommene Arbeitsweise, während die die Kernachse des gesamten Debutwerks und bedient Minutentaktung. Ein recht sparsames Release, den langen Epen sich mit ihrer gemütlichen Entfaltung auf sich einer gewissen körnigen Stummfilmästhetik, die Anacker und Beloeil werkeln in bester Scanner-Manier eine Stufe mit Ralf Wehowskys »Vier Vorspiele/L'Oeil den assoziativen Gedanken der CD noch einmal mehr ihre Spuren ab, ohne dem dünnen Fluss allzu oft neue Retourné« stellen. Großartiges Comeback eines alt- eindrucksvoll unter Beweis stellt. Als digitalen Bonus Elemente zuzusetzen. Eine recht zweischneidige Mi- gedienten Künstlers und eine würdige Fortsetzung enthält »Latent Defects« eine fortgesponnene De- schung, die aus »30« eine geradezu funkspruchartige seiner kollaborativen Fähigkeiten. 5/5 Verschiedene Interpreten, zusammengelegt ausgezogener Frequenzdrones ausreichend ab, um Chatham interagieren auf höchstem Niveau, eingeeb- in fünf Titeln statt auf einzelnen Veröffentlichungen, eine ausgewogene, fast schon zen-hafte Mischung zu net in die Welt des leisen Rocks und der klassischen das ist der Ansatz der ersten und wohl auch einzigen kreieren. »Scytale« beweist gerade durch seine lang- Jazztolle auf dem digitalen Wellenmeter. »The Bern Kompilation auf Entr’acte. Interessanterweise auf den same und stetig neugruppierte Steigung einen hohen Project« klingt nämlich zeitweilig recht unrockig- trotz Newcomer-Bereich setzend, bietet die unbetitelte CD Stilwechsel, angefangen von der großen Pause im exklusiver Ankündigung mittels Waschzettel weist sich eine übersichtliche Formula, die Entr’acte mit kom- ersten Akt bis hin zur üppigen Geräuschkorrelation in das Album als klassische Ode an Jazz und versteckter menden und vergangenen Releases sich als Label »Remodelled I«- eine brilliante Idee, die nahtlos an die Salonmusik aus. Mäders Mischung macht aus der gesetzt hat. Während Joshua Convey sich in seinem Albenzugabe, drei ausgewählte Bearbeitungen, an- klanglich äußerst genau ausbalancierten Session ein Stück der romantischen Noiseannäherung mittels schließt. Die Remixe bieten entgegengesetzt der geordnetes Werk, angefangen von der Klagemauer Bogen und Gitarre nähert und eine auf Lo-Fi gerichte- Albumlinie delikat Üppiges, insbesondere die epische aus Klavierdrones und Schifferromantik in »My Lady Of te Lagerfeuerstimmung erzeugt, zeigt Adrián Democ Bearbeitung von Luigi Turra wickelt das Grundkon- The Loire« bis hin zur elektronisch-akustischen Stadio- in »Dve Prosby (Two Prayers) (For Flute, Soprano And strukt um rauschwaldhafte Klangkörnungen und hoch- nakustikraumkulisse in »Under The Petals Of The Ro- String Quartet)« eine kammermusikalische Leistung, gepitchte Tonalien, während sich die Neukonstruktion se«, zu der die Mäder/Chatham’sche Crew ihren eige- die man auf Entr’acte sehr selten zu hören bekommt. von Yukitomo Hamasaki eher der dronalen Ebene nen Soundtrack spielt- ehe der letzte Ton im freneti- Als Schlusslicht bietet die Kompilation eine hörens- nähert, sich letztlich jedoch nicht genau auf eine schen Applaus untergeht. Ein musikalischer Scherz mit werte Schwerpunktverlagerung, eingefädelt auf fünf Stimmung festlegen möchte. Problematisch ist ledig- weitreichenden Folgen: Wie mag wohl die schuldig Perlen kurzer und auch langer Improvisation, Fluxus lich die Abgrenzung zu den Konstruktionen, da dass gebliebene Zugabe klingen? 5/5 Noise und reiner Akustik. Sämtlichen Stücken ist eine Album in seiner stillen und zurückgenommenen Klar- gewisse Fremdheit zu eigen, etwas, dass man nicht in heit eher für sich steht- die Remixe bilden das genaue REYNOLS Erwartung oder gar Anspruch ausdrücken kann. Mal Äquivalent zur minimalen Klangkunst der digitalen A- »10.000 Chickens Symphonie« 7“ sehen wohin die Reise gehen mag. 5/5 Seite. 4/5 Drone Records

SHINKEI + MISE_EN_SCENE RHYS CHATHAM In Stephen Kings Roman »Stark« hört der Pro- »Scytale« CD »The Bern Project« CD tagonist das Geräusch tausend nahender Sperlinge in mAtter Hinterzimmer Records seinem Kopf, sobald sich sein imaginärer bösartiger Zwilling auf den Weg macht, um seinen mörderischen Shinkei und mise_en_scene widmen sich de- Das Phänomen des musikalischen deja-vue Ambitionen nachzugehen. Reynols Ansatz einer Musik, diziert dem digitalen Minimal. In vier kollaborativ liegt derzeit in der Schweiz, genauer Bern. Reto Mä- die davon lebt, das hochpassgefilterte nervöse Ga- entwickelten Stücken sowie drei Remixen beschreiben ders Beitrag zur Hinterzimmerhistorie liegt zwar be- ckern und Tschilpen Abertausender Hühner in schnei- beide Künstler einen meisterlichen Bogen durch kör- wusst im kleinen (wenngleich der erfahrene Hörer dende Reverbs zu legen, erinnert geradezu an das nige Musique concrete, pfeifende Frequenzbänder unweigerlich auf die Mischtechniken Mäders stoßen lobotomisch bedingte Klanghalluzinieren der trauri- sowie statische Drones und entwickeln nebenbei die wird), aber äußerst fein differenzierten. Nach der Pro- gen Stephen King-Figur. Reynolds vermischen einge- Liebe zu langen Fades und kurz vorm digitalen Verlö- duktion von Vral Vmbo und der derzeitigen aktuellen frorene Reverbketten mit dem anfangs sehr fein zise- schen eingestreute Feedbacks. »Scytale« benutzt Produktion des vorliegenden Albums mag man Mäder lierten Hühnerklängen, um letztlich gegen Ende den bewusst eine reduzierte Grundthematik, stützt diese fast den Hans Dampf in allen Gassen andichten, wäre Horror der hier klanglich abgebildeten argentinischen jedoch mittels synthethisierter Feldaufnahmen und das Prädikat nicht so säuerlich behaftet- Mäder und Hühnerfarm noch einmal in aller Präzision darzulegen. Das Ergebnis wirkt wie eine Feldstudie, das ohrenbe- nite Man« als eher zerfahrener Industrial Listening und mehr ab. Eine Form der Respektbezeugung zwei- täubende Kreischen tausender Hühnerkehlen wirkt wie herausschält, während das leider recht kurze »The Last er angesehener Musiker, die Lust auf mehr macht. 5/5 ein Katalysator für die ansonsten ruhige, hallige Kom- Mode« die Schiene zur anonymen 80ziger-Popästhetik position, während die ohrenbetäubende Ausreizung a la Art Of Noise findet und dabei auch vor altmodi- TROUM der Höhen für eine grundnoisig-bedrückende Stim- scher Programmierarbeit an den Drums nicht zurück- »Sigqan« CD mung sorgt. Umseitig wird augenscheinlich dieselbe schreckt. Sollte man gehört haben. 5/5 Transgredient Records Feldaufnahme zugrunde gelegt, diesmal jedoch ange- siedelt im Tiefenbereich. Köner-esk wirken Reynols, TELL Drei Parts harmonischen Waberns und Fla- das Hühnergeschrei weicht einer leisen, feedbackari- »Tonal - Nagual« CD ckerns, stereoskopische Klangveraderungen geradezu enhaften Tonkadenz, welche vor allen in den Mitten Rossbin konzentrischer Gitarrenflächen erweitert mittels sanfter recht schattiert daherkommt, statt das Scharren und Delaystruktur und zurückgenommener Berückkoppe- Poltern der Tiere in den Vordergrund zu stellen. Es Joke Lanz zeigt sich hier von seiner charmant lung. Troum spielen auf ihrem ureigenen Instrumenta- gackert und zwitschert bisweilen, aber eher delayver- ernsten Seite, wenngleich man diese unter der rium sowie mittels Multitrack-Maschine eine geradezu klärt statt wirklich klar und präzise. Eine in allen Teilen schimpfluchesquen Schale des DaDa-Musikers biswei- ruhige, aber nie berieselnde Soundcollage diverser außergewöhnliche und gelungen umgesetzte Idee. len recht lange suchen muss. Sonst auf recht improvi- Quellmaterialien, eingehüllt in sanfte, dronige Akus- 5/5 salen Pfaden werkelnd, bedient Sudden Infant hier tikabhänge graziler Machart. Part 1 ist dabei das ge- Turntables und Electronics, während Christian Wol- radezu gegenteilige Klangimperfekt zu Part 2, dessen YELLOW UMBRELLA STUDIO fahrt sich um Perkussion kümmert. Das Konzept ist halbstündige Fahrt durch diverse klangliche Transfor- »Indefinite Man/The Last Mode« 7“ erstaunlich, denn trotz der gegensätzlichen Instrumen- mationen einen überaus noisigen Grundanschlag Genesungswerk tierung, welche für gewöhnlich eher für sich steht und vermittelt, sich dabei jedoch stets in neue Collagie- für trockene Mehrspurabläufe geeignet wäre, fügen rungen und Überlagerungen windet und somit sich Kein Dronerelease, wohl aber feinster High- sich die sieben Stücke der CD zu einem großen Gan- selbst stetig neu entwickelt. Part 1 hingegen bietet Speed Industrial Synthpop. Woran sich YUS orientie- zen zusammen. Ein wenig Noise, das stakkatisierte bisweilen fast synthetische Flächenlehre, spielt geglät- ren ist letztlich spekulative Rezensentenarbeit, klang- Scratchen undefinierbarer Rillengrooves und rück- tete Schrägen und Ecken mit makelloser Eleganz und lich gerät die 7“ im schicken Pappcover und schwerer wärtsgewandte Perkussionsschleifen bilden dabei die zeigt auf geradezu überirdisch klangverlassene Weise, Pressung zwischen „Snowflakes“ von TG und die Hauptgrundlage, ebenso wie kurz aufflackernde Plun- dass Troum nichts von Computermanipulation und späteren Erfolge des personell dezimierten Art Of derphonicversatzstücke inmitten spastischer Strobo- modernem digitalen Effekthaschertum halten. Part 3, Noise-Gefüges. Flöten, transponierte Synthesizer und skop-DJ-Arbeit. Christian Wolfahrt spielt recht dezent, auf dem Originalrelease so nicht enthalten und als gehackte Pattern verschmelzen zu einer klanglich ein gewisses Grundwissen über seine eigentliche Bonus beigegeben, bricht die Vorgängerstücke um austarierten und unterscheidbaren Songstruktur mit Aufgabe auf diesem Release ist empfehlenswert, um ein vielfaches, lässt der Improvisation und den ge- deutlichem Hang zu fernöstlicher Instrumentierung spätestens beim zweiten Titel die hier erfolgende streckten Gitarrenbarrieren mehr Luft, um daraus ein (welches sich in »Indefinite Man« hervorragend über- Arbeit beider Künstler im Kopf sauber aufzutrennen. fahriges, nervös sich schichtendes 15-Minuten-Werk prüfen lässt) sowie phasermanipulierter Herrenalt- Im späteren Verlauf räumt Lanz seinem Mitspieler zu schaffen. 5/5 stimme. »Indefinite Man« gerät indes weitaus freier als immer mehr Raum ein, die scharf kontuierten Schlag- die B-Seiten-Idee zu »The Last Mode«. Beiden Stü- werkklänge setzen sich gegen den dronalen Ablauf cken ist ein freier Gestus zu eigen, der sich in »Indefi- der Plattenspieler und elektronischen Zuspielern mehr CARL MICHAEL VON HAUSSWOLFF nicht reininterpretieren, denn zu großes Sinnieren LOVE-FINE »Bugs/Kryp« CD nimmt der Sache ihren Reiz. 5/5 »Temperature’s Rising« CD Laton Latona PIOTR KUREK Latons Haus(swolff)serie, begonnen mit der »Lectures« CD Russian Electropunk Shooting Stars. Love- akustischen Spurensuche von Ratten, übergeleitet zu Cronica Fine spielen für mich eher in der Liga M83 als in der den Maden unter der Diele, nun stehengeblieben bei großen weiten Liga des krachig verzerrten Pre-Alec der klanglichen Abbildung großer scharrender Käfer, Dass das ehemalige Mitglied von AMM und Empire-Umfeldes. »Temperature’s Rising« ist dabei in Zecken und anderen unliebsamen Insekten bietet ein der Gründer des Scratch Orchestras, Cornelius weiten Ansätzen die russische Synthetikannäherung an hervorragend weites Feld für Spekulationen über den Cardew, Vorträge hielt, dürfte ebensowenig bekannt M83’ »Run Into Flowers«, aber mit less Noise, dafür sonst recht zerrig-sperrigen Audiooutput des skandi- sein wie die Tatsache, dass trotz des schmalen Out- umso mehr Druck auf der digitalen Quetschkommode. navischen Minimalisten. Zugegeben, Hausswolffs puts anscheinend reichlich Material im Archiv zu fin- Interessant ist dabei die Fußnote, dass dieser Release bruitistische Konkretspielereien entlarven sich selbst den war, welches Piotr Kurek nun unter dem etwas tatsächlich auf einem Unterlabel von Laton (!) heraus- als mehr oder weniger groß angelegte Fingernagela- irrigen Albumtitel »Lectures« neu abgemischt veröf- gekommen ist. Besser bekannt für sperrige Dubelekt- rien auf Sperrholz bzw. meditativ ausgeführter Papier- fentlicht. Zu diesem Zweck erhielt Kurek Zugang zum ronik auf manipulierten Schaltkreisen und pfeifende wolleknispeleien, aber gerade in der Machart des mittlerweile familiär verwalteten Archiv des während Akustikauslotung a la Pan Sonic und Park Modern Albums liegt weniger der Reiz als in der konzeptiven eines Unfalls mit Fahrerflucht verstorbenen Künstlers. denkt man unweigerlich an eine etwas lockere Label- Grundhaltung. Wer schon mal das Geräusch von Rat- Die Aufnahmen sind brilliante kleine Beispiele für die philosophie, doch was da als zweiter Titel der 5-Track- ten im Gebälk, das inaudible Schmatzen der Maden in moderne, aber zurückgezogene Cut-Up-Technik der EP vorgelegt wird, spielt in der russischen Syn- verderbenden Fleisch gehört hat, erwartet weniger Neuzeit. Statt dem Cardew-Material mittels moderner thiepopgarde glatt alles gegen die Wand, was sich die Hörbarmachung tierischer Vorgänge als eher die DSP zu Leibe zu rücken, spielt Kurek mit Jazzcolorit tatsächlich dem manierlichen Shoegaze verschrieben klangliche Umsetzung all jener animalischen Verhal- und Improvisationsliebe seine eigene Version des hat. »Confusion« ist stakkatohafter Elektro, gepaart tensmuster, die diesen bisweilen zu Unrecht verkann- konzertanten Cardew-Universums. Dabei streift Kurek mit delayverklärter New Order-Ästhetik auf den gera- ten Tieren seitens des Menschen gemein ist, sei es die stillen Wasser von Nobukazu Takemura ebensowie den Taktspitzen (ein Cover des gleichnamigen NO- nun als konfuses Herumirren im Gebälk (Ratten), das wie die elitären Frühversuche der Loungemuzak, de- Hits?) und fuzziger Gitarrenbreitseite. »In My Room« hochfeine Knistern und Spratzeln kleinster Lebewesen ren einzige Berechtigung sich im unaufdringlichen ist hingegen fast schon gekreuzter Anne Clark/ (Maden) und nun eben das mehrfach herauskristalli- Vibraphonmantel äußert. Zwischen den Stücken spie- De/Vision-mäßiger Klangzirkus, Grooveboxgeschnat- sierte Knarren der Chitinpanzertiere. Ob es Hausswolff len sich als integrative Zwischenwerke die Lectures ab, ter und eine in allen Belangen belegte Doppelstimme, um just diese Frage geht, gehört zu den unhinterfrag- Vorträge von Cardew über Jazzmusik und Kunst, nar- welche mit den bleepigen Keys um die Wette philo- ten Tatsachen, die diese Reihe auf Laton aufwirft. Und rativ vorgetragen und lediglich ab und an unterbro- sophiert. Die beiden Remixe der Hitsingle »Tempera- bei aller klanglichen Kargheit gefällt sich diese Serie chen von der gelayerten Grundstimmung feingepitch- ture’s Rising« hingegen tragen wenig Neues bei, da als Porträit über menschliche Verhaltens- und Denkan- ter Saxophonspuren. Ein Album mit Geschichte, aber hätte man lieber die Idee des Minialbums mit zwei sätze gegenüber der tierischen Art genauso wie über auch mit der Hoffnung auf mehr. 5/5 weiteren Stücken forttragen sollen, statt die eher den Gedanken einer bloßen Hörbarmachung gänzlich schwachbrüstige Singlenummer zu unterstützen. Für uneitler Tiergeräusche. Mehr muss man sicherlich »Confusion« und »In My Room« satte 5/5

KONRAD SPRENGER Francisco López. Die Entscheidung, »The Invisible RAMESES III »Versprochen« LP City« auf Touch zu verlegen, dürfte dabei nicht von »I Could Not Love You More« CD Schoolmap ungefähr gekommen sein, vereint das subtile Album Type Records mit dem geschmackvollen Nachtportrait der Metropo- Konrad Sprenger spielt mit zahllosen Ab- le (Jon Wozencroft!) doch alles, was ein solides Dro- Die Gitarre im rauschenden Blätterwald, Ka- wandlungen stereoskopischer Restgeräusche, sei es nealbum benötigt. Das Nilsen dabei die verwendeten talysator für Gedanken und Ideen an ferne Wärme und als harmonisierter Gitarrenblues oder als Pfeifen einer Klänge auflistet, wäre nicht nötig gewissen, denn gelebte Melancholie. Welch ein Abgesang auf all das, alten Gebirgsbahn- irgendwo zwischen Hirsche Nicht existent ist vom verwendeten Material eh nur die was mal war und nie sein durfte. Wo andere den nöti- Aufs Sofa und meditativem Folk spiegeln sich vor Schnittmenge, welche sich in den Gesamtmix einzu- gen Schmelz in Stimme und Struktur haben, bietet allem Lokalkolorit und eine gewisse Freude an lo-fi- gliedern vermag. »The Invisible City« ist erstaunlich Rameses III sein feines Gitarrenspiel allen Delays und esquer Klangmitteilung in den Stücken wieder. Von warm und druckvoll, die Subtilität gerade beim Hören Filterketten dieser Welt an, um daraus druckvoll tem- HNAS’ Freude an avantgardistischer Wortspielerei durch Kopfhörer umwerfend. Die Feldaufnahmen perierten klassischen Droneambient zu erzeugen. Das stammen die bisweilen doch recht kauzigen Eigenna- mutieren zu generativ verzahnten Dronescapes, ein- geht bisweilen nicht ohne Kitsch und rückwärtsge- men der Stücke (»Das Helle Fell Am Hinterteil Des geschlossen in industrielle Klangversprengungen und wandte Riffs auf der Akustikgitarre, klingt aber als Hirschs« oder das Endstück »Die Artischocke Und Die Salasche Vogelschwärme (»Gravity Station«). Die Endprodukt dennoch sauber produziert und fast schon Blaue Banane«), während jedem Stück ein gewisses durchweg langen Stücke bricht Nilsen dabei mittels souverän. Die Welt auf Armlänge gehalten, betrachten Grundthema zu eigen ist- sei es in Form kurzer Gitar- kurzer Zwischentöne auf, das Gefüge gerät beim län- Rameses III ihr selbst erzeugtes Paralleluniversum mit rensprengsel mit separierter Harfenbeträufelung oder geren Hören mehr und mehr in Lovecraftsche Gefilde. dem selben Weltschmerz wie dazumal die gelebten konkreten Ereignissen, die mittels Delay und Hallfahne Die beunruhigenden Klavierintervalle von »Phase And 80ziger in allem Glanz, erstrahlt das Noisemovement ins rechte Licht präpariert werden. Insbesondere die Amplitude« vermengen sich mit dem Röhren einzelner im selben Moment wie supernovatische Gitarrenhar- Gitarrenstücke sind erwähnenswerte Kompositionen, Rasenmähermotoren, während das hochfrequente monieakkorde, deren sich stetig steigerndes Spiel kommen sie als alleinige elitäre Formsprache hier eher »Scientia« sonische Entwicklungen gerade geschlüpf- eine seltsame Mischung aus Noisedrone und Klassik zur Geltung als die bisweilen doch recht minimalen ter Vogeljungtiere simuliert. Auf »Virtual Resistance« emuliert. Der repetive Aufbau mancher Stücke lässt Zwischenformulierungen der LP. Eigentlich schade, beleuchtet Nilsen leerstehende Flughäfen bei Nacht, bisweilen das nötige Minimalgespür ein wenig zu denn so bietet die LP fast schon wenig eingefasstes angereichert mit dunstiger Gitarrenwand und selektiv plakativ heraushängen, alleine der gemächlich dahin- Künstlerisches zwischen klanglich doch weit entfernten eingestreuten Noiseintervallen. Egal wo sie liegen fließende Klangstrom hält die nötige Hörspanne, um Miniaturen. 3/5 mag, die unsichtbare Stadt, in BJ Nilsens Musik wird den Hörer in eine fast schon gedankenleere Position sie klangliche, greifbare Realität und das besondere zu schubsen – hat man schon mal gehört, das hier hat BJ NILSEN daran ist letztlich, dass dieser Ort überall sein kann. aber fast schon Blaupause-Qualität. 4/5 »The Invisible City« CD Da wundert es auch nicht, dass der namensgebende Touch Album-Endpunkt ethnische Klangentwicklungen a la HERPES Ö DELUXE Enigma aufsucht. Groß. 5/5 »Havarie« CD BJ Nilsen, zuletzt mit den Isländern Everest Records/Tollerort Organisation Stilluppsteypa auf Helen Scarsdale unterwegs, ist ein recht umtriebiger Musiker, dessen Output ebenso Schlagseite, es krängt an allen Ecken. Musika- lange zeitliche Fäden zieht wie Feldrekorderveteran lische Havarie zu erleiden bedeutet größtes Vertrauen in den Kapitän zu setzen, der das marode Gebilde ter Form auszusetzen. Wessen Ohren infolge des erheblich. Die Kubism und Circles Burts hingegen eines Kahns wieder in die rechte Spur zu lenken ver- unüberschaubaren Konstrukts aus Elektroakustik, setzen deutliche Akzente an die frühen ersten Video- mag. Herpes Ö Deluxe bieten entgegen ihres späte- Pseudodigitalia etc., was heutzutage erhältlich ist, sich clipversuche, in denen Farben bestimmten Tönen und ren beeindruckenden Werkes »Kielholen« (sic!) auf die Ohren verkleben lässt, vermisst recht bald den vice verca zugeordnet wurden. Für den Kontext der dem renommierten Hinterzimmerlabel erstaunlich Ohrenkitzel seltener, aber dennoch existierender »Colour Projections« bedeutet dies den unvermeidli- freies Material. Die Planken dieses Albums stellen Veröffentlichungen. Zugegeben, die Synthese aus chen Sinusklang auf differenziert temperierten Hertz- sozusagen die tiefen energischen Submodulationen Elektroakustik und digitaler Klangschaberei geht heu- zahlen, deren akustischer Unterton das mathematisch- dar, derbes Klanggebälk, deren Unwucht bisweilen te nicht mehr als neu durch, aber der behutsame dramaturg vernetzte Wirbeln und langsame Schwim- das leichtere Tontakelwerk anschneidet und oszillie- Einsatz moderner Bordmittel zeugt von mehr Filigrani- men der Formen auf dem Bildschirm begleitet. Das render Klangverformung unterwirft. Das Schiff hat tät als das bisweilen geübte Zumatschen existenter sich dabei mehr auf der Berechnungsebene tut statt leichte Schlagseite, es schreit der Pöbel in unzähligen Klangquellen. Haptic halten es ebenso, das von Adam dem Künstler Spielraum einzuräumen dürfte dabei auf Stimmlagen hinab in die eingeschwärzte See, deren Sonderberg eingespielte Material skaliert sich auf der Hand liegen, denn dafür sind die Graphiken zu akustisches Spiel sich in pulsierender Grundbass- einer Skala zwischen Schönberg-tief bis Neuland- sehr mit der computerisierten Geometrieschablone rhythmik äußert und bisweilen freiform über die hoch, mal prickeln die Höhen, mal brummt der Oszil- verzahnt. 4/5 schlüpfrigen Klangbohlen schwappt. Herpes Ö Deluxe lationsverlauf der Bässe wie eine sanfte Schwebung gelingt ein funktionaler Spagat zwischen der formrei- auf permant ruhiggehaltener Hertzzahl. Haptic betrei- BLACK TO COMM chen Improvisationsszene und dem generativen Loop- ben auf »Trebuchet« geradezu meditative Ohrenreini- »Alphabet 1968« CD sound diverser früher Main-Alben, angereichert um gung, putzen mit fein ausgezogenen Höhen die ver- Type Records französische Tonbanddialoge in echogetränkten Sturz- klebten Gehörgänge und schicken eine Vainio’esque flutgewässern. Unsinkbar wie einst die Titanic verla- Frequenzarie durch die Ohrmuschel, dass man biswei- Marc Richter, Betreiber des Hamburger Expe- gert sich »Havarie« besonders im letzten Stück »13. len das Gefühl hat, inmitten einer sattsam mit Insekten rimentallabels Dekorder, ist in den heutigen Gefilden Kaverne« auf den akustischen Unterton a la Onde und besetzen Wiese zu sitzen. »Counterpoise« mit seiner postmoderner Akustikbereisung recht umtriebig, dass die gemeinhin synthetische Barockattitüde von Art krakeligen Klangstruktur und einem Schönbergeffekt, nun das Typelabel sich seiner annimmt, scheint ange- Zoyd. Es rasselt und scheppert auf dem Oberdeck, welcher wahre Begehrlichkeiten an Klang und Hörer sichts der langsam steigenden Respektablierung von aber gottlob geht nichts über Bord. Ein fast schon weckt, bleibt aber trotz rigider Kürze Albumliebling. Black To Comm der logische Schritt in die richtige mahnender Albumtitel, deren Endszenario sich 5/5 Richtung zu sein. Dass sich Marc Richter als musikali- gottseidank nicht bewahrheiten möchte. 5/5 sches Chamäleon von Release zu Release neu erfin- Ein Stück Kunst von Entr’acte, denn Burt’s det, mag man anfangs kaum nachvollziehen können, HAPTIC »Colour Projections« kommen als Software, aufgelegt angesichts der tonalen Abstufung der Alben »Rück- »Trebuchet« CD wie alle übrigen Audioreleases und mit deutlich Mark wärts/Backwards« und »Fractal Hair Geometry« stellt THEO BURT Fell’scher Prägung. Dass Burt der Hälfte von SND sich allerdings die Frage, inwiefern die einzelnen Zwi- »Colour Projections« CD-ROM seinen Dank in den Linernotes übermittelt, mag noch schenschritte dem Hörer noch nachvollziehbar er- Entr'acte als Huldigung gelten, alleine die Tatsache, dass dieser scheinen mögen. »Alphabet 1968« lebt seinen eige- Release als Installation mehr Sinn macht als auf dem nen Spirit, zeigen sich hier erstmals die anfänglichen Bisweilen recht absolut gilt die Tatsache, sich heimischen Rechner, unterscheidet von der privaten klanglichen Möglichkeiten einer verzerrten und in der dem Hören von heute nicht unbedingt immer in volls- Experimentalfilmattitüde der Fell’schen Releases doch Tat künstlich abdatierten Urform des Drone. Wenn- gleich das Stück »Jonathan« einen recht simpel ge- allenfalls denen noch geläufig sein, die Visitenkarten sich aber nicht in der abgezirkelten Technikschiene mischten Harmoniedrone inmitten einer wuchtigen auf Bütten drucken lassen und mittels Stahlbolzen des Mego-Künstlers. Lee Gamble weiß die Psycho- Feldaufnahme forciert, wird der Hörer spätestens bei eine grazile, feinlinige Typographie aufpunktieren. akustik auf Stereoskalierung und DSP-Verschnitt zu »Trapez« die Richtersche Soundästhetik auf fast schon Geschmäcklerisch eine schöne Verpackung, die fast nutzen, alleine die Tatsache bisweilen recht akustisch Boards Of Canada-esques Territorium angehoben ein wenig elitär der Downloadmentalität gegenüber- anmutende Digitalis zu verwenden rückt das Album sehen. Rückwärtsschleifen, Banjos und Objektklänge steht und sich dennoch mittels minimaler Graphisie- mehr in eine xenakische Ecke, jedoch ohne den damit bilden eine psychedelisch anmutende Zauberland- rung nicht komplett dem Zeitgeist verweigert. Sicher- einhergehenden Kunstbonus. Das keiner heutzutage schaft, eine Wiesenwipfelästhetik à la erster Güte, die lich passt Aubry gerade deshalb ausnahmsweise in mehr ein Rad neu erfindet, dürfte bei näherer Betrach- neben einer kleinen zeitlichen Überlegenheit auch diese Hülle, die die Komplexität seines Klanges gera- tung der allgemein als Computermusik deklarierten einen geradezu kultartigen Ritus annimmt, der es sich dezu passend umschließt. Drei Stücke sind versam- Flut an Veröffentlichungen klar auf der Hand liegen, schwer zu entziehen gilt. Das tradierte Nutzen der melt, alle mehr oder weniger prozessierte Aufnahmen allerdings unterscheidet sich »Join Extensions« mittels Endlosschleife, der fast schon experimentellen Ver- aus Räumen in einem Berliner Altbau, deren sonischer großartigem Einsatz von Stille und Richtungswechsel beugung vor der hier ad absurdum geführten New Duft geradezu das Stadtbild derer in die Ohren trägt, in der Stereoskopie beträchtlich vom granular- Folk-Idee macht es gerade spannend, Richter auf welche sich just in der Nähe des vermutetermaßen vexierten Einheitsbrei der selbsternannten PD- und seiner Klangreise durch »Rauschen« und »Hotel empfindlichen Mikrophons bewegt haben. Straßen- Cycling74-Fraktion. Großartiges Werk, selbst für all Freund« zu folgen. Die Abkehr vom ewig wiederho- lärm wird zur fernen Illusion, die im Raum selbst vor- jene, denen Synthetik bisher nur bei Kraftwerk und lenden gelingt Black To Comm geradezu spielerisch handenen Frequenzen verstärken sich zu minimalen Seesselberg ein Begriff war. 5/5 und obgleich das Material sich sicherlich mit selber Feedbacktönen, deren klangliche Sterilität das fast Equipage vor Erscheinen des Debuts hätte bewerk- schon weißrauschartige Klangbild der Räume selbst AALFANG MIT PFERDEKOPF stelligen lassen können, überrascht Marc Richter stets übersteigt. Soundtechnisch perfekt, eine gute Anleh- »Is It Possible To Be At War With You?« CDR aufs Neue. Und das mit jedem Album. Muss man nung an Toshiya Tsunoda und eine große Hommage Dying For Bad Music gehört haben. 5/5 an David Lynchs meisterliche Nachbildung themati- sierter Räumlichkeiten in seinen Filmen. 4/5 Mirko Uhlig behaucht und beatmet sein Aal- GILLES AUBRY fangpseudonym neu und legt mit »Is It Possible To Be »s6t8r« CD LEE GAMBLE At War With You?« ein würdiges Nachfolgewerk zur Winds Measure Recordings »Join Extensions« CD vier Jahre zurückliegenden Aalfang-Dronesingle vor. Entr'acte Ein ganzes Aalfangalbum, schnörkellose Songminiatu- Gilles Aubry schafft es stets zu polarisieren. ren zwischen Folk und experimenteller Dronalität, Für die Leute, deren Hände im Plattenladen auch Das halbstündige Synthetiksignet, welches eingehüllt in Wanderfolkbluesgitarrenschnipsel und durchaus ins Fach der Neuen Musik und Installations- erstaunlich freizügige Parallelen zu Florian Hecker knisternder Timestretchmechanika. schreit soundtracks greifen sicherlich ein Muß, für den Lieb- aufweist, erweist sich bei näherer Betrachtung als man hier besser nicht, wenngleich in allen haber ungehörter Klänge ist Aubry ein gewissermaßen Softwarealbum par Excellenz und nimmt erstaunlich Folkgenres DIE Reverenz darstellt, aber Mirko Uhlig gerissener Künstler, der sein Scherflein Arbeit auf unbewusst breitbeinig Stellung neben Kim Cascones verfolgt mit seiner seltsam aus dem Kontext gerisse- bisweilen wackeligen Boden pflanzt. Das Cover ist frühen MaxMSP-Werken. »Join Extensions« erscheint nen Songsoundstruktur eine gänzlich andere Richtung. alleine schon ein Anreiz, die selten gewordene Tech- als Studioalbum ähnlich konzeptuell wie Florian He- Bisweilen melancholisch, bisweilen kraftvoll packend, nik, die Buchstaben in den Karton zu schlagen, dürfte ckers »Acid In The Style Of David Tudor«, verbeißt geht »Is It Possible To Be At War With You?« in eine vollkommen neue Richtung. Während auf den vorigen Dronefront sonst gerne anhaftet, gereicht ihm hier zur BBCB Aalfang-Alben noch der klassische Tonschnitt nebst wiederholten Bewunderung. Umso interessanter, dass »28.58« Download surrealer Tapestrie zwischen den Konkretklängen nun Frans De Waard, Inhaber des Plinkity Plonk Labels Electroton herrschte, weilt das neue Werk mehr als je zuvor in der und Betreiber von Korm Plastics, eine LP des im Vital Folkwelt, allerdings um ein vielfaches pervertiert und Weekly ausgiebig gelobten Künstlers verlegt und Die Abbreviation bbcb steht für die mikroto- dekontextualisiert. Drones schnarren als Bett für emo- dabei gleich in Punkto Organität der Haptik und dem nale Zutatenliste bleepbleepclickbuzz, zu Deutsch tional veranlagte Gitarrenfolks, digital hochgezogene Sound höchst gerecht wird: Eingedeckelt zwischen Fiepsen/Klick/Rauschen – und will unweigerlich bereits Vokale kreisen durch das Stereofeld, Cut, herüberge- zwei Hartpappen lagert das neu gemischte und re- ohne großes Vorhören erahnen lassen, in welche Rich- leitet aus dem letzten Gitarrenstrumm taucht Uhlig ab, masterte Minialbum auf starkem schwarzen Vinyl. Der tung die Reise geht. Dabei ist die tonale Struktur im wie ein Aal durchkämmt er die gleichförmigen Wellen- Aufwand lohnt sich, obschon der Redaktion keinerlei Gegensatz zum etwas trivialen Projektnamen weitaus täler seiner reichlich sattsamen Fließendmusik, abge- Vergleich zur normalen CDR vorliegt, ist der Klang komplexer, als man ahnen möchte. electroton wird stimmt mittels moderner Feldrekorderthematik und überwältigend transparent und klar, eine klare Ode an von Release zu Release freier, die Brüche werden dem trunken machenden Einsatz feingestimmter Ta- die feine Arbeitsweise Uhligs. Die A-Seite mit ihrem runder, die Textur der Rhythmik und Quantizierung pedelays. Während Uhligs Aal-Imprint in vergangenen Klangtryptich wirkt wie die absolute Zutatenliste eines feiner aufgelöst und bbcb ist die bisher freigeistigste Zeiten feines Artwork bot, erscheint »Is It Possible To Meistermenüs: weiche abgefederte Feldaufnahmen Kulminierung der bisher aufgelegten digitalen Pro- Be At War With You?« als professionell gedruckte inmitten gegeneinander gestimmter Streichinstrumen- dukt-Serie. Mit rund 29 Minuten recht kurzweilig auf CDR in Vierfarbschuber, plus Sticker auf der Vordersei- tierung, seltsam diffuse Knarzklänge getaucht in spar- EP-Maße geschnitten, hätten sämtliche Titel als Dop- te. Ein geradezu elegantes, zeitgemäßes Studiowerk, same Hallfahnen und stets eine gewichtige Menge an pel-12“ durchaus auch Sinn gemacht. Es geht um dass mir durchaus als Vinyl gefallen könnte. Eine wah- Dramaturgie und dem Mut zur Stille – all das verbin- Techno, um eine elegante Art des aufgesplitterten re Bereicherung für 2010, eine wahre Bereicherung für det sich in drei Stücken zu einer durchgehend hypno- 4/4-Takt, garniert mit allerlei szenemondänen Ingredi- all jene, die Crossovermusik im experimentellen Rah- tisierenden Melange aus Drone und Musique concre- enzen. Es klackert und klickt, der sanft wattierte Bass- men vermisst haben. Groß. 5/5 te. Umseitig finden sich erstaunlich sperrige Klänge, boden bringt die Boxen zum sanften Vibrieren, ohne angefangen von stereophonem Windpfeifen und dem aufdringlich zu wirken. Auf vier Stücke verbreitet sich MIRKO UHLIG Knallen einer Tür widmet sich Uhlig dem ausgetriebe- eine reizvolle und klanglich angerauhte Elektronik- »VIVMMI (Second Edition)« LP nen Stehton von einer gänzlich anderen Seite. Ähnlich polka sanft eingefärbter Natur, mit ordentlichem Plinkity Plonk wie Ovals Musikkonzept addiert sich »VIVMMI« naht- Druck in den Mitten. bbcb trennt sich dabei wohlwol- los in den Raumklang der gerade bespielten Räum- lend ab vom üblichen taktilen Bassdrumschrubben, Der Anfang ruft das Hören alter - lichkeiten, gerät das Klackern des Redaktionslaptop von jeglicher gänzlich glattgefeilter Quantisierung in Scheiben ins Gedächtnis, ein Vogelschwarm zwitschert zum integralen Bestandteil der Uhlig’schen Metamu- Quartz und Hertz und von der nervösen Großraum- seltsam verhal(l)ten durch frequenzreduzierte Bänder, sik. Wechselnde Droneschleifen erzeugen ein stabiles hektik der Neuen Elektronik. Nicht umsonst findet sich ehe der erste Stapel an Bordunalmantras auf den Soundnetz um den Hörer, vermengen sich phaserge- der Verweis auf Raster-Noton, auf Pan Sonic, auf finni- Hörer losgelassen wird. Explizit leise gehört offenbart leitet zu dichten Schwärmen tiefengeprägter Harmo- sche Minimalelektronik, ohne dabei entgegen der sich auf dem Re-Release einer Miniauflage von 65 nien, die sich über den Zweiton nie hinausbewegen sonstigen Maktschreierqualität der beigelegten Flug- CDRs eine Welt, die nur Mirko Uhlig mit seinen Hän- und entfernt auf die Nachhaltigkeit eines Thomas blätter in irgendeiner Weise gerecht zu werden. Ein den und Geräten erschaffen vermag. Das ihm dabei Köners setzen. Grandiose Neuauflage, die dringend ganz und gar willkommenes Release. 5/5 jeglicher Pathos abgeht, welcher der zeitgenössischen nötig war und auf Zeitlosigkeit setzt. 5/5 BEDOUIN ASCENT & MOVE D HATI gesetzt worden sind. »lodelvx« ist dabei leider nicht »Interference« 12“ »Recycled Magick Drones« 7“ wirklich aufregend. Selbst für ein Drone-Release be- BineMusic MOLJEBKA PVLSE mühen sich Moljebka Pvlse zu sehr um Glattheit, auf- »lodelvx« 7“ gesetzte Melancholie und übereifrig eingesetzte Ein kurzer Blick ins CD-Regal bestätigt meine Drone Records Delayschleifen. Generell gemessen hätte man diese Ahnung – Bedouin Ascent zieht seine sparsamen We- 7“ durchaus Eno/Fripp unterschieben können, ganz so ge durchs aemag-Archiv, selbst eine Kollaboration mit Gemächlichkeit ist aller (Drone)Laster Anfang. arg pathetisch treiben es MP jedoch letztlich auch Jim O’Rourke für Tortoise (?!) ist dabei. Move Ds brö- Hati eilen nicht, sie schlendern durch das marginal nicht. Wenngleich um nicht besondere Elemente seliger Audiocharme als Partnerverbund? Mehr als angedickte Frequenzspektrum ihrer eigenen Musik, ergänzt, zeigt sich doch wieder, dass es auch Gruppie- interessant liest sich die tatsächliche Begebenheit des bleiben dabei angenehm unterhalb der 0-db-Linie und rungen geben muss, welche den „Alten Schlag“ der übrigens exzellent aufbereiteten Vinylreleases. 1995 spielen imaginär über die Rille hinaus. Eines wird Ambientmusik beackern. Sehr sehr kurzweilig und arbeiteten beide Musiker an den hier ohne Nachbear- deutlich: Eine 7“ können Hati wohl kaum bespielen, dafür gerade noch 3/5 beitung übernommenen Stücken nach dem Auftritt denn das gibt ihre Slow-Mo-Athmosphärik einfach von Bedouin Ascent auf dem Interference-Festival. nicht her. Selbst über die knappe Spielzeit hinaus CHRISTIAN WOLFARTH Funky ist die Musik, mit einem Hauch spät-90ziger bleibt ein gewisser Resteindruck kleben, stellt sich die »Solo Acoustic Percussion- Vol. 1« 7“ Allüre auf den Hallgeräten. Dabei bieten die einzelnen Frage nach dem für den Hörer ungewissen, auf dem »Solo Acoustic Percussion- Vol. 2« 7“ Titel mehr als nur History-relevantes Material. Von Format nicht abgebildeten Ende. Dabei bietet die A- Hiddenbell Records purem Experimentalismus zu reden wäre wohl kaum Seite durchaus Material für eine ganze LP-Seite, denn angemessen, eher pendelt das Material zwischen Hati spielen in einer Liga mit Z’EV und Organum, Christian Wolfarth ist Schweizer Jazzschlag- einer cleanen Cylob-Variante und Seefeel-esquen wenngleich der Klang wesentlich dumpfer temperiert zeuger, sein privates Label Hiddenbell Records, ver- Bassdrehern auf der Sinusskala 10-30mhz. A-Seitig wirkt als der beider Großligisten der Dronemusik. Die antwortlich für bereits zwei erfolgte Ausgaben seiner glänzt dabei insbesondere Stück 2 mit seinen maliziö- schabende Klangwand der A-Seite wechselt in einer Soloperkussion-Serie auf 45ziger-Niveau. Die erste sen Streicherarragements und metallischen Perkussi- schier einlullenden Grillenkonzertage, unterbrochen Single in einer Serie von insgesamt 4 Ausgaben be- onselementen, welche etwas an Rephlex’ Braindance- vom rührseligen Klimpern riesiger verhallener Wasser- ginnt dabei erstaunlich flächig. Ein feiner elektromoto- Kader erinnern, während die Rhythmik typisch trippig schalen. Die B-Seite geht mehr in Richtung pre- rischer Drone zieht brummend, ebbend und brandend daherkommt. Der Eindruck weicht ein wenig zu schnell 80ziger-Droneklang, abgestreift und losgelöst von über die A-Seite, verweilt kurz in einem pressfehlerhaf- auf, umseitig zeigt sich besonders im vorletzten Stück jeglicher Entho-Esotherik strahlt das Material wie ein ten Knacken um dann schleifig-kreiselnd seinen Weg eine gute Portion vorweggenommener Analord- einziger Lichtblick im düsteren Raum, schwebt ein fortzusetzen. Die Modulationswelle ist dabei vornehm Charakter (!...), während der letzte Titel als Autoexit klanglich voll entwickeltes Dröhnen durch den Raum, zurückgenommen, lediglich die Rückkoppelmethodik kurzweilige Shuffleprogrammation in den Vordergrund ehe ein sanftes Delay dem Ritus ein Ende setzt. Muss bestimmt die pralle Sattheit des angenehm analog rückt. Mit fast 15 Jahren auf dem Buckel eine schöne man gehört haben. 5/5 wirkenden Dröhnens. Umseitig greift erstmalen der Wiederauflage mit hohem Potenzial. 5/5 Titel der Platte, das Schlagzeug wickelt sich um aus- Moljebka Pvlse mögen namentlich nicht be- gewaschene Beckentöne, Tuschmechanismen auf sonders fest im Gedächtnis verhaftet bleiben, Fakt ist dem Trommelleder bewirken eine angespannte, fast jedoch, dass ein Blick ins Web eine schier lange Liste schon erwartungsvolle Haltung. Das Tempo eher im von Releases aufzählt, welche von MP in die Welt mittleren Bereich setzend, zieht Wolfarth erstaunlich taktile Bewegungen des Schlagzeugrhythmus heraus re Klang diverser modifizierter Schrammel-/Klang- ben Modem-/Faxähnlichem Knispel- und Knirschmate- und bildet eine natürliche Collage aus Schwingung /Klingelobjekte ihr übriges zur verspielten Klangkulisse rial finden. »Fallüps« spielt mit der wohl klitterigsten und feinhumanmechanischer Linienführung. 5/5 beitragen. Über allem liegt jedoch eine seltsame digi- Pianomelodie überhaupt- dennoch, RM74s Ansatz tale Schleierwolke, resultierend in tapemanipulative einer digitalen und verzerrten Welt auf wenigen »Solo Acoustic Percussion- Vol. 2« könnte Soundeffekte, die das klanglich doch recht ambientale Mikrotonalitäten gelingt, wenngleich sich das Konzept ebenso gut von Table Of The Elements stammen, Klangwerk bisweilen stark anrauhen und dem ganzen klanglich schwer fassen lässt. Eine soundtechnisch auf denn die Synthese aus Fläche und hochpassgefilter- eine lofi-eske Ästhetik überstreifen. Das zweite Stück wenige Millisekunden zusammengerechnete Soundku- tem Rauschen verleiht der Komponente natürlichen wirkt wie ein Blick auf die tote See, ruhig und betont lisse bietet nun mal schwerlich akustische Abwechs- Swing, ohne dabei auf Rhythmik zu setzen. Lediglich semiakustisch überwindet das konkrete Spiel nie das lung, die bisweilen extremen Computereffekte tun ihr die Zwischentöne werden fein in die fast schon zeleb- omnipräsente Rauschen der analogen Aufnahmeein- übriges, die Gehörgänge mit überbordender Feed- ral gesetzten Mitten gepflanzt, um sich dort zu zahlrei- heiten, bewirkt Glockenspiel und Knistern eine medi- backwucht zu stürmen und jegliche imaginäre Vorstel- chen klangakustischen Verästelungen heranzubilden. tative Trockenübung mit viel verhaltenem Improvisati- lungen über Inhalt und Ästhetik dieses Albums über Auch hier ist die Soloperkussion eins mit der elektroa- onsspiel. Erst zum Ende hin erwacht das Wellental der Bord zu werfen. Umso schöner, dass bei einigen Au- kustischen Bearbeitung, kurze additionale Geräusch- Klänge zu Leben, wird das dumpf Verhaltene üppiger genblicken der gesamte Mikrokosmos sich öffnet und quellen wird man hier vergebens suchen. Das vorerst und strahlender, um am Ende alle Elemente klar aus auch makroelementales den Weg in die Gehörgänge letzte Werk behandelt das Thema minimaler Improvi- dem muffigen Rauschen der Maschinen herauszuschä- findet. Klaviere, Stimmen und allerlei diffuses durchfil- sation, eingebunden in das rhythmisierte Spiel von len und abzutrennen vom gärenden Morast der triertes Material dieser Welt gelingt die Entfesselung Schlegeln und Fingerkuppen (??) auf Schlagzeugfel- Chrombänderüberspielung. Das letzte Stück, verlotet aus der Sekundenregel, erstrahlt für einen andächti- len. Stark an Jon Mueller erinnernd, wirkt die Kompo- zwischen krautrockigem Gitarrentuning und dekon- gen Moment um dann wieder abzutauchen in pseu- sition in ihrer Kürze wie eine generative Zusammenmi- struierter Easy Listening-Instrumentierung ist ein abso- doakustische Kieseltonarien. 4/5 schung einzelner, separierter Klangereignisse. Den- lutes Musterbeispiel für wertungsfreie Metamusik. noch bietet gerade die lineare und überaus anmutig Einfach nur elegant und sich geradezu jeglicher Wer- URSULA BOGNER karge Klanglandschaft genug an Kreuzpunkten, um in tung entziehend. 5/5 »Recordings 1969-1988« CD ihrer Kürze einfach nur schlichtweg elegant zu wirken. GESELLSCHAFT ZUR EMANZIPATION 5/5 RM74 DES SAMPLES »Mikrosport« CD »Circulations« CD & 7“ WOUTER VAN VELDHOVEN Domizil Faitiche »Mort Aux Vaches« CD Staalplaat Reto Mäder auf ersten Solowegen. Der Titel Jan Jelinek’s Label Faitiche —Verschmelzung nimmt es bereits klar vorweg: extrakurze Samples, von Fakt und Fetisch— kann man nach nur zwei CDs Dass Wouter van Veldhoven Machinefabriek gepaart mit granularer Digitalästhetik. Auf dem ersten und zwei 7“-Veröffentlichungen getrost als mustergül- kennt und mit ihm bereits kollaboriert hat, wundert Hören wie das Bearbeiten einer Oval-CD mit manipu- tigen Versuch ansehen, ernsthaft mit Theorie belegte beim ersten Hören so gar nicht. Ähnlich wie Rutger liertem Samplespeicher, beim zweiten Durchgang Elektroakustik unters Volk zu bringen. Selten hat ein Zuydervelt koloriert van Veldhoven seine Musik mit eine feine gangbare Materie aus kurzgefassten Kon- pseudorealistisches Unterfangen so dermaßen frisch tiefgestimmten Harmonika-Drones und leichter Knis- kretelementen. Allerdings vergehen vier Titel, ehe ausgesehen, so unverfänglich und unkopflastig wie terromantik via Taperauschen, wohingegen der sono- auch die Originaltöne ihre Daseinsberechtigung ne- Faitiche gehen die wenigsten Konzeptlabel ihre Publi- kationen an. Doch der Reihe nach. Dem Zufall ge- nen ist die CD »Circulations« ein wichtiges Plunder- Klangstrukturen mittels Sampler und Delay zu sich schuldet ist, dass die erste Katalognummer (Ursula phonics-Statement dieser Tage, eine ganz und gar selber finden, während feine Sinusmodulationen von Bogners spröde Elektronik zwischen Eimert, Stockhau- sorgfältige Abwägung künstlerischer und musikrechtli- der künstlichen Welt da draußen erzählen. »Golden« sen und Kraftwerkschem Wave-Charme) wohl kaum cher Interessen. Allerdings schimmert ein gewisser kippt bisweilen in seinen eigenen Emotionskessel wie aus der Versenkung geholt worden wäre, hätte Jelinek augenzwinkernder Charme durch, der entgegen der verflüssigtes Wachs, Stücke fallen in sich zusammen, nicht den Sohn von Frau Bogner auf Reisen getroffen. ausgereiften Erklärung auch vielleicht gar nicht so strukturieren sich neu und ergeben ein rundes Ge- Die weitere Geschichte ist recht ausführlich im Booklet streng rational betrachtet werden möchte. Insgesamt samtbild einer Welt, welche in ihren tiefsten Poren der CD dargestellt, doch inzwischen nagt in der Hö- 20 Miniaturen hat die G.E.S. vorgelegt, alle mehr oder doch so etwas wie eine harzig-klebrige Güte entwi- rerschaft die Frage am Informationsstamm, ob Ursula weniger ausformuliert und dabei dennoch erstaunlich ckelt, welche wir nicht sehen, wohl aber doch gut Bogner tatsächlich so reell sein soll, wie das Frontispiz nahe am Soundexperiment. Die G.E.S. hat ihre Stücke erahnen können. Das Endergebnis ist dabei weniger uns vorgeben möchte. Nichtsdestotrotz ist ihre Musik publik vorgespielt, in aller Öffentlichkeit irgendwo, die Pop noch Ambient, wenig Schönklang, dafür aber (mit viel Eso-Pathos auf dem Sinuswellenkamm) eine Bandmaschine unter dem Arm, der sonst wohl die umso ehrlicher im Endeffekt – »Golden« bleibt eine Tour durch sämtliche elektroakustischen Bereiche Taschenausgabe von „Soundcultures“ hält. Die Er- Ambientproduktion ohne Eso, dafür mit umso mehr zeitgenössischer Abstraktion made in 1969 bis 1988. gebnisse sind stellenweise bearbeitet und dennoch Klangfarbe und -temperatur, was letzlich auch eine Es pluckert streng linear, so ganz alte Schule, es nah am Klang: Taxifahrer, Restaurantgeräusche und gewisse Hommage an die Zeit setzt, als solche Musik rauscht und zischt, Minimalismus in Reinform. Bildhaft Feldaufnahmen beleben die Aufnahmen und vermi- noch entsprechend vokal umgesetzt wurde. Auf so ist Bogners Musik, unwillkürlich denkt man an die schen die Grenzen zwischen Konzept und Klang umso was verzichtet Jules nämlich gänzlich, macht dafür schlichte Filmmusik zu UFO-Filmen a la »Plan 9 From mehr... Die parallel herausgegebene Single beinhaltet aber auch alles richtig. Musik die heute noch Bestand Outer Space«. Nur selten lässt sie die Konkretness Auskopplungen aus dem Album nebst einem Bonus- hat und etwas erzählt, was in der heutigen Zeit nicht ihrer erlebten Tage in die Musik einfließen, lediglich stück. Beeindruckend ist dabei auch die Qualität von mehr angemessen erscheint im musikalischen Werte- im Opener »Begleitung für Tuba« und »Für Ulrich« Faitiches Œvre: Schwere Kartondigipaks mit weißem wandel. 4/5 zieht der Klang einer Tuba ihre Bahnen durch das Papierbezug und einer Schreibmaschinenästhetik, mäandernde Sich-Winden und Schlängeln der Sinus- welche die verstaubte Ära der bespielten Konzepte NOVI_SAD formationen. Felix Kubin hätte Bogners Enkel sein einmal mehr ins rechte Licht rückt. Chapeau Faitiche! »Mort Aux Vaches« CD können. 5/5 5/5 Staalplaat

Was macht man als Klangkonzeptionist, wenn MARSEN JULES Das Staalplaat bisweilen auch bei der sonst die Feldaufnahme draußen auf dem Rummelplatz mit »Golden« CD sehr lobenswert ausstaffierten MOV-Reihe schwächelt, GEMA-rechtlich abgesicherter Musik durchsetzt ist Genesungswerk ist angesichts des bereits veröffentlichten Kosmos an und man diese bearbeitet? Faitiche stellt auch in der überzeugenden Künstleraufnahmen nicht tragisch, zweiten Katalognummer umfangreiche Booklettexte Sieben Stücke, welche von großer Sehnsucht allerdings vermittelt das sehr aufwendig aus alten zur Verfügung, die eben diese und andere Fragen im künden, von allerlei gemischten Gefühlen im Herbst, Technovinylplatten gestanzte Cover plus labelbede- Umgang mit geschützten Material klären, aber auch bis hin zu heiteren Wegzeichen der Melancholieüber- ckender Siebbedruckung doch schwerste solide Arbeit andere dafür aufstellen. Signifikant mutig gibt sich das windung und der Entfaltung glücksstaffierter Emotio- sowohl an CD-Aufmachung als auch am Klang. Wohl- Label, ein Fond soll gegründet werden, der Künstler in nen. Marsen Jules lässt dabei Gitarre, Klavier und an, zu meckern gibt es klangtechnisch nichts, aber Prozessen unterstützt. Auch ohne dieses noble Ansin- Echokammer für sich sprechen, die aufgelösten man fragt sich nach spätestens 10 Minuten, welche Zitierungen Thanasis Kaproulias alias novi_sad an sein chestration des felinen Orchesters besteht aus durch- ten des Hjuler’schen Atmens während seiner Lesung eigenes one-track-Werk gestellt hat. John Duncan? aus intelligent aneinander- und übereinandergelegten des Grimmelhausen-Textes „Simplicissimus“. In der Mitnichten, das streng minimalistische Background- Katzenschnurrern, wobei die gesamte LP auf zwei Tat die bemerkenswert schmerzhafteste Art der Sound pfeifen welches auf der CD mittels Resonanzeffektes Seiten nichts anderes bietet außer besagten guttura- Poetry, in der sich das Klacken der Rekordertaste wie etwas angereichert wird, wäre von John Duncan so len Tierlaute, keine Effekte, keine Edits, gar nichts. eine Drehradmanifestation am gestörten Funkradio wohl nie über den Status einer Skizze hinausgekom- Das mag musikhistorisch in Ordnung sein, es sträubt ausnimmt. Überhaupt liegt der CD ein großer Humo- men. Alva Noto’s Xerrox-Serie? Dafür zu plump und sich alleine die Mähne des Verfassers, ein solch kon- ransatz zugrunde. Mama Bär singt und spricht mit ungeschliffen. Herr Kaproulias spielt 50 Minuten leider zeptuelles und reindigitales Werk auf diesem Wege herabgezogenen Formanten, mal klar, mal einge- ohne Bruchstelle gerade vier klassische Spratzel- bewerten zu müssen. Interessant wäre eine Liveauf- äschert in gedehnte Tonschnittabfolgen, am Tonkopf /Noiseschleifen im Dauerloop, additionale Bearbei- nahme aus 1977 gewesen, doch so bemüht man sich entlanggezogen. Wenn Kommissar Hjuler auf Dänisch tung durch Laut/Leise-Gefälle exklusive. Das gerade um neuzeitliche Nachbauung des konzeptuellen Sach- über das reformfreudige Polizeiwesen des Nachbar- dieser Beitrag eine solch solide Aufmachung erhält, verhaltes. Terry Fox ist in die selbe Kerbe zu legen wie staates resümiert, wird klar, dass sich die Idee mittels lässt bei einem Label wie Staalplaat lediglich Wundern Leif Elggrens schnarchiges „Zzzzzzzz“-Werk, aber eingefügter hochgepitchter Stimmfragmente aka und Kopfschütteln bewirken. Aufmachung volle 5 dafür ist das Hören der durchaus possierlichen Kat- Kommissar Hjelium und Spieluhrklingeln wahrhaft Punkte, aber für die Musik entfällt diesmal die Wer- zenklänge ein bisweilen doch recht anrührendes Un- traumhaft ad absurdum führen lässt. Absurd ist nicht tung. Thema verfehlt auf ganzer Linie. -/5 terfangen. Die Idee dahinter ist jedoch zu speziell, um ganz richtig, trifft die Beschreibung wohl eher neben- sie im gewohnten Hörkontext bewerten zu können. - sächlich den Hjuler/Bär’schen Kern der Sache, denn TERRY FOX /5 grundsätzlich entzieht sich ihr umfangreiches Werk »The Labyrinth Scored For 11 Different Cats« LP dem Betrachter bei genauerer Analyse des klangli- Choose Records KOMMISSAR HJULER & MAMA BÄR chen Sachverhaltes. Sehr speziell, aber fein. 5/5 »Asylum Lunaticum« CD Der Waschzettel zum Release stapelt mir ein Intransitive Recordings LICHT-UNG wenig zu hoch. Das ist nicht dem Künstler selbst anzu- »Kristall« 7“ lasten, denn der kann am wenigsten für die Lobprei- Kommissar Hjuler und Mama Bär wirken in Drone Records sungen der Label. Die Idee einer Symphonie für elf der improvisierten Landschaft der Musik bisweilen wie Katzen, die nichts anderes machen, außer Schnurren ein rüder Witz, ein ordentliches geblähtes Aufstoßen Ein beigelegter Pin, eine liebevoll bedruckte (!) ist angesichts der schweren Güte dieser Arbeit von sämtlicher nicht- musikalischer Regeln. Das macht ihre Rückseite und ein gespraytes Cover schaffen auf An- 1977 auch nicht besser zu verstehen, wenn man be- Arbeit nicht besser zur kategorisieren, aber mitnichten hieb Sympathie, die Musik nicht weniger. Licht-ung ist denkt, dass die Katzenlaute für 552 Stufen, elf kon- einfacher zu beschreiben. Wes Kind die beiden Künst- fakt- und infobezogen recht schweigsam, zwar sehr zentrische Ringe und 34 Drehungen des Bodenmosa- ler sind, bemerkt man am ehesten bei der Zitation betriebsam und eher in der unorthodox-verzettelten iks der Kathedrale von Chartres stehen. Nun gut, ihrer musikalischen Unterstützer, zu denen auch Rudolf Ecke der experimentellen Musik tätig, hier allerdings zumindest eine der besseren Avantgardeideen, Klän- Eb.er von Runzelstirn & Gurgelstock gehört. In dessen geradezu lieblich und freigeistig, wofür die Namen ge mit Bildern verbinden zu wollen. Leider ist die Umfeld des schnellen Tonschnitts und der leisen Dy- der beiden Stücke geradezu bürgen. »Listen To The Arbeit nicht in einer Restaurationsfassung von 1977 namik passen sich Hjuler und Bär geradezu feinsinnig Music Playing In Your Head« ist analoge Feedback- erhalten, sondern 2003 neu digital eingespielt wor- ein, besteht der erste Text der CD (um ein Beispiel zu verdrahtung a la David Lee Myers mit ordentlich Rau- den. Und da ist der Knackpunkt: Die einstündige Or- nennen) aus den aneinandergeschnittenen Fragmen- schen drauf, ein wenig Mikroakribie im Stile von V/VM und last but not least so differenziert fern, dass man zerspiel, Heimorgel auf Acid sozusagen und das alles sungswerkinhaber Andreas Mal Hoeschen, eine fein meint, einem zeitlich langgezogenen Bremsvorgang mit dem lieblichen Geflöte heimischer Singvogelarten. ausbalancierte Gestaltung, die in Verbindung Musik > der Untergrundbahn in Hamburg zu lauschen. Char- Der Rhythmus wandert im Stereo, das Bein wippt und Titel > Interpret ebenfalls angenehm nichtssagend mant und reicht allemal für einen kurzen Sprung ins bisweilen generiert sich ein volkstümlicher Bezug aus bleibt. Monatssieger auf ganzer Linie. 5/5 Unterbewusstsein, hingegen die B-Seite trägt dem der Platte, den man einerseits mögen, aber auch Namen des Releases eher Rechnung: »Heute War Ich hassen kann. Polarisierende Single. 4/5 RUSSELL HASWELL Bei Den Weißen Elefanten« ist ein in der Tat kristall- »Wild Tracks« CD klarer elektroakustischer Drone auf der Grundlage KALLABRIS Edition Mego eines transponierten Glockenspiels. Die Tonspur ist »Music For Very Simple Objects« 10“ dabei genauso aberwitzig halluzinogen wie der Titel Substantia Innominata Noisewart Mr. Haswell stapelt sehr niedrig ob des Stückes, aber augenzwinkernd hintergründig. Es der ungewöhnlichen Albummachart. Sehr klein nimmt schlingert und scheppert auf den Frequenzen und Eine 10“ mit Boyd Rice-Bezug? Wohl kaum. sich der Name gegen den Titel aus, die Linernotes im letztlich fällt doch alles in die große Stille. Eines der Kallabris aus dem unwegsam-verschwiegenen Cranio- KIDZBOX- Schuber sind eher kleine augenfällige An- etwas obskureren Werke auf Drone Records, aber sehr clast-Umfeld bewegt sich mit »Music For Very Simple merkungen, die Russell Haswell in klarer Sprache und fein aufbereitet und mysteriös wie der Musiker dahin- Objects« im angenehm nichtssagenden Raum, der ohne Emotion an den Hörer heranträgt. Bisweilen ter. 4/5 Titel der Platte mit dem Hang zur visuellen Vorstellung glaubt man fast, eine Spur Unterwürfigkeit zu spüren, des musikalischen Inhalts passt weniger hierher als obschon Haswell über eine starke Backcatalogue- KARTEN FRANKREICH gedacht. Eine Mischung aus minimaler Schwingrhyth- Sammlung seiner sonst recht noisegeprägten Musik »Segment Remixes« 7“ mik, Dronefacetten und kurzen konkreten Überleitun- verfügen dürfte. Statt Comdyna, Wavetablet und post- Genesungswerk gen erzeugen eine Stimmung, wie sie hier im Büro xenakischer Lärmattitüde versammelt Haswell auf zuletzt beim Hören alter S.B.O.T.H.I.-LPs auftrat. »Wild Tracks« all jene feldrekorderschen Skurrilitäten, Geschichtsaufbereitung anhand dieses limi- Kallabris arbeitet zeitgemäß mit moderner Studio- die so manch angehendem Elektroakustiker eine Lek- tierten Vinyls aus dem Genesungswerkhaus, genauer technologie, seine konkreten Geräuschhaftigkeiten tion in punkto naturaler Dramaturgie verpassen könn- aus dem Jahre 1999. Segment, seines Zeichens Remi- dagegen, sei es das Knarren einer Tür oder das al- ten. Das Haswell dabei auch technische Bestandteile xer auf der N-Platte von ConSouling Sounds (siehe tersbedingte Schnarren und Fauchen in Würde gealte- in seine Ausführungen einpflegt, macht dieses Release diese aemag-Ausgabe) bearbeitet zwei Karten FRank- ter Haushaltshilfen, beweisen einen subtilen und zu einer ungewöhnlichen Konzeption. Klangmäßig reich-Titel, ersterer »Wem die Stunde schlägt« mit wohlbedachten Aufbau. Sinusähnliche Melodiefolgen, verdichtet sich hier einiges in den abgeschlossenen angenehm orchestraler Untergrundbetupfung und gepaart mit Synthesizerakkorden bereichern das oh- Stücken der CD. Ein verrottender Vogel in der Mit- superben Frequenzverschiebungen auf der Sheppard- nehin klare, aber nicht kärgliche Arrangement. Umsei- tagssonne, umschwärmt von Fliegen wird mittels Skala. Schon der erste Akkord zieht unweigerlich in tig bietet die Platte konkrete Abfolgen von Wasser- hochempfindlicher Mikrophonie abgenommen und den Bahn, die kräftige Präsenz synthetisierter GAS- rauschen und Metallperkussion, unterbrochen von das Ergebnis ist fast schon übelkeiterregend ehrlich Akustik als Grundlage für weitere sonische Trickserei- kurzen fensterähnlichen Harmoniefolgen, Stimmen und schonungslos. Ein Helikopterflug gerät mittels en zieht den Hörer hinab in den pervertierten Schön- und dem unterschwelligen Sirren bearbeiteter Feld- sonischer Festhaltung der Rotorschwingungen zur bergkosmos der Originalmusiker. »Auf in den Tanz« aufnahmen. Schön formal ausgearbeitet, mit einem bizarren Noisecollage aus natürlich klingenden Be- bildet die B-Seite, beginnend mit geflangter starken Hafler Trio-Bezug zu Stille und cinematischen standteilen einer Flugtour. Das anmutige »Falling Moogrhythmik und leicht Lali Puna-esquem Synthesi- Aufbau. Das Artwork zur Platte stammt von Gene- Snow #4, +20dB (Extract)« zeigt die verblüffend musi- kalische Konsistenz auftreffender Schneeflocken auf schende Aufnahme der »Homotopy To Marie« von Places«, Puls und Platz, all das ist ein wahrer Klangbo- kaltem Untergrund, während der letzte Titel die uralte Nurse With Wound, eingehüllt in stereoskopische gen voller Kuriositäten, dem Ach!-Gefühl, wenn ein Konserve eines pfeifenden Windzugs unter der Tür Klangabnahmen alter Schallbecken. »Aíneen Musta wohlvertrauter elektroakustischer Regen aus den Bo- neu belebt. Haswells »Wild Tracks« ist weniger Klan- Puhelin = Black Telephone Of Matter« klingt weder xen quillt und einem das Gefühl gibt, einfach noch galbum als vielmehr die Hörbarmachung unserer wie Kunst noch wie Krempel, sondern einfach wie eine nicht alles gehört zu haben. So muss Musik klingen, Umwelt in extremen oder schwierigen Momenten. artifiziell unterstützte Abbildung unserer feinverdrahte- die zum Erscheinen der abgedruckten Coverlandkarte Chapeau. 5/5 ten Welt, hörbargemacht auf einer 12“-CD. Groß. 5/5 noch nicht existiert hat. 5/5

MIKA VAINIO ANDREA BELFI & MACHINEFABRIEK KIM CASCONE »Aíneen Musta Puhelin = Black Telephone Of Matter« CD »Pulses & Places« CD »Anti-Musical Celestial Forces« CD Touch Korm Plastics störung

Pan Sonic’s Soloaushängemitglied Mika Vai- Manche Releases enthalten neben der aura- Spoken Word, eingebettet in klare Feldauf- nio erschafft mit »Black Telephone Of Matter« ein len Qualität auch etwas hübsch haptisches, etwas aus nahmen. Kim Cascone verlässt die mysteriösen soft- weiteres Folgewerk voller obskurer Frequenzverstel- der guten :zoviet-france:-Zeit: – ein gediegenes Cover waremodifizierten Pfade seines letzten Digitalreleases lungen und distortiongetränkter Mikrokonkretion. zum fühlen, riechen oder auch mal etwas verquer- »The Astrum Argentum« und begibt sich zurück in die Interessant ist die Umsetzung, die gewaltige Klangs- komisches mit Kunst- bzw. Antikunstcharakter. Brom- klar umrissene Umwelt, bildet lediglich mit den Wor- prache, die bei Vainio von Release zu Release reift wie Bron ist das Sublabel von Frans De Waard’s Korm ten des Sprechers kurze akustische Assoziationspunkte ein gut gelagerter Château-Lafite oder sein offensicht- Plastics, eine Serie feiner klanglicher Kostbarkeiten in und dann wird der Ton leise, hinab geht es in langge- licher Hang zu Stille und geschmackvollem Cutup. zwei Sorten Karton eingeschlagen, mit Papierfahne zogene Cellotöne, ein paar verhaltene Stimmen im »Silencés Traverses De Mondes Et De Anges« ist ein zum Herausziehen und dem Gefühl einer kleinen ge- digitalen Korridor sowie sacht manipulierte Hinter- solches Spitzenwerk, zusammengesetzt aus zermalm- zähmten Origami-Sensation. Machinefabriek und Belfi grundgeräusche unbekannter Herkunft. Das ganze ten Orchesterspuren und hochpassinfiltrierten Kon- kommen hier über die bizarre Haptik des Releases Bild schwankt, es säuselt und fräst sich die Klangmate- kretspitzen, welche sich ähnlich einem klinisch heraus- hinaus, passend zum geprägten Cover in Form einer rie von Aggregatzustand zu Aggregatzustand ähnlich geschälten Oberton fast schwere- und mühelos in die alten Landkarte gibt es schnarrige Mikrophonien ein- einer Wundertrommel durch die digitalen Halden, Hörfaser nisten. Die letzten Minuten in trügerische samer Studioklänge, der Stuhl vorm Mischpult darf Bahnsteige und minimalen Elektroakustiktreatments. Stille getaucht, läutet »Silencés Traverses De Mondes knarzen und sein kleckeriges Scherflein zum Klang Musik für David Lynch, wenngleich der Anteil Konzept Et De Anges« eine John Duncan gewidmete Hom- dazugeben, während Belfi Messingschüsseln schrubbt diesmal erstaunlich gering für Cascone’s sonstige mage ein, versehen mit fernen Radiointerferenzströ- und Zuydervelt alias Machinefabriek seine fein austa- Verhältnisse ausfällt und das Ende etwas abrupt aus mungen und knarrigen Rauschanteilen auf der gesam- rierten Klangbeigaben dazurührt. Die vier Titel über- den Träumen reisst. 4/5 ten Stereoskala. Es ist nicht die brachiale Kompromiss- spannen sämtliche Zustände im Studio, von gelöster losigkeit, sondern eher die Subtilität, die Vainio aus- Mikroakribie bis hin zu glacialen Droneschichten, macht. Pan Sonics rhythmisches Derivativ ist nichts im welche so luftig leicht erscheinen, dass es einen fast Vergleich zu Vainios fein aufbereiteter Musikmaterie. selbst aus dem Ohrensessel hebt. Dabei gehen beide Auch historische Betrachtungen wie in »Swedenbor- Künstler vorsichtig genug um, um dieses lockere gia« kommen zu Wort, klingen wie eine schlecht rau- Klangsoufflee nicht platzen zu lassen. »Pulses & MUDBOY NÖRZ MOWE »Mort Aux Vaches« CD »(Also Known As) Acker Velvet« CD »Humsibum« LP Staalplaat Schraum 90% Wasser

Diesmal in gediegenen Holzpaneelen wirkt Schraums neuester Release geht diesmal er- Mowe sind dem Klang nach ein weiterer, das neueste Installment der niemals endenden MOV- neut in die Kammermusikalität, die Grätsche zum deutlich an Column One angelehnter Ableger des Serie wie eine Lektion in Sachen origineller Coverge- bereits im aemag rezensierten »Discard Hidden Lay- aberwitzig verzweigten 90% Wasser-Labels. Die Ver- staltung. Die Musik ist reichlich gewöhnungsbedürftig, ers?« von Hughes/Scherzberg/Wiese hätte indes ge- wendung leiser Kinderstimmen in Verbindung mit dennoch nach mehrmaligem Hören nicht weniger waltiger nicht ausfallen können. Nörz arbeiten mit gräsig-gefilterten Feldaufnahmen sorgt für den ersten originell. mudboy erarbeitet seine Musik mit limitier- diversen Celli, einem Tapedeck und Feedbackschlei- Ansturm aufrechter Nackenhaare. Eine Kirmesorgel ten Zuspielmöglichkeiten, ein kurzes Delay hier, eine fen, welche in Verbindung mit dem obertonreichen wankt durch die Stereoaufnahme und lässt die Unter- Rückwärtsschleife dort, überhaupt wirkt die Musik wie Celloklang zu wahren Droneschichten stockt wie flui- lippe des Hörers etwas subaltern abstehen, während ein kurzes Pastiche, zusammengesetzt aus Casioton- des Eiweiß in heißem Wasser. Was als betont rauschi- offene Türen mit Geschrei erobert werden und ho- schleifen und mudboys Stimme, immer wieder schim- ger Artefaktsound beginnt, mutiert über die kurze nigmondsüße Melodien dem quergelenkten Feed- mernd und sich neu findend, swinging lofi-phonics Spieldauer der CD zu einer betont lässigen und er- backfeuer vorangehen. Umseitig raunen gestreckte eben. »B.O.G.« ist Fernweh in Holland, die Orgel staunlich unanstrengenden Collage aus Feedback, Stimmen etwas unverständliches in die stille heilige schwingt und noist, so kräftig zerren Register und stereophon gemischter Knispelattitüde und dem Nacht, während furzende Moogsynthesizer ihre anrü- Verstärker am dünnen Luftstrom, Hunde jaulen im breitwandigen Schwirren der Cellosaiten. Bisweilen chige Elektronik zum besten geben. Es ist soweit! Ja Hintergrund, eiskaltes Wasser gerinnt zu merkwürdi- gleitet die Komposition ins betont konkrete ab, dann tatsächlich, der Samplewahnsinn von Column One gen Tongebilden, während die Kulisse sich immer wiederum knarrt es geradezu elektroakustisch durch begegnet einem in Mowes Welt auf Schritt und Tritt mehr selbst dekonstruiert und am Ende in infernali- die Boxen, während die klangliche Besiedelung der bzw. Runde und Rille. Beschreiben kann man diese sches Hundegezeter übergeht. »Osandways« homma- konstanten Blockdröhnungen sich fast schon vornehm Platte dennoch nicht. Am besten kaufen und hören, giert Musik à la Aki Tsuyuko, eine einsame Orgel in- zurückhält. Nörz erschaffen eine artige, aber in ihrer denn Mowe machen Kino für die ungeschlossenen mitten rauschig-kratziger Verzerrung und flitterigen klanglichen Vollkommenheit angenehm biestige Vor- Augen und Ohren und nicht nur für den Kopf. 5/5 Sprengeln raschelnder Blätter und tschilpender Vögel. stellung verquerer Kammermusik, mit dem deutlichen Leider hält die CD die stille zurückgenommene Struk- Fokus auf ungewöhnliche Metrik und einem Quantisie- N turierung nicht gänzlich, lediglich obige Titel gewäh- rungsmechanismus, der deutlich Zufall ruft- Musik, die »Trischen« LP ren eine innige Betrachtung der sparsamen Instrumen- sich nicht festlegen will, aber bei genauerer Betrach- Genesungswerk tierung, wogegen der Rest der ohnehin knappen CD tung eigentlich die Schublade fast zuzieht. Fast aber wie eine lustlose Abkurbelung der vorherigen Parame- nur, und dennoch haben wir so was wenn wir ehrlich N hat ein gutes Jahr, wie kein anderer hat der ter wirkt. Insofern schade, da eine ganze CD mit bei- sind, auch mal wieder gebraucht. Ganz klarer Tages- Gitarrist von [multer] dieses Jahr das aemag begleitet den Titeln in Variation durchaus seinen Reiz gehabt sieger. 5/5 und nun im Fast-Winter erfolgt die Besprechung der hätte. 3/5 letzten N-Veröffentlichung im gewichtigen Pappcover und mit einer gänzlich schwarz belabelten Pressung. »Trischen« ist ein Werk für den Herbst, die Klangwel- len branden förmlich durch den Phonowandler, agie- ren zur jeweilig traurig-tristen Aussicht aus dem Fens- staunlich kurzweilig, der generelle musikalische Takt einer freien Komposition. Fünf weitere Gäste hat Cos- ter und schaffen assoziative Gedanken zum wolken- wirkt straff, aber nicht angezogen. Für Ambient zu rau, ta geladen um seine Struktur aufzugreifen und weiter behangenen Himmel. Von Küsten erzählen die Titel, für Drone zu verspielt, konzentriert sich »Gyokuro« auf fortzuführen. Labelchef Gregory Büttner spielt das von der Drift und dem Salzwasser der rauen stürmi- wenige Klänge, um diese in bester Minimalmanier Quellmaterial auf zehnfacher Geschwindigkeit, subtra- schen See, vom ewigkreisenden Strom der Gezeiten. durch Abwechslung und kontrastreiche Bearbeitung hiert die anfallenden Mitteltöner und reichert das Und genau diese Stimmung belebt N so perfekt, als gegenüberzustellen. Selten hat eine der letzten Veröf- aufgebrochene Klanggerüst unter Zuhilfenahme von fungiere die Gitarre und das Analogdelay als Dirigen- fentlichungen aus dem Drone-Untergenre so wunder- Feedbacktreatments und eigener Feldaufnahmen an. tenstab für die aufgewühlte Wasserflut. Verzerrer bar unesotherisch geklungen. Do Birds Practice Their Ähnlich wie Peter Rehberg legt Büttner den Audiofo- überborden das ruhig dahinfließende Klangbett mit Songs In The Garden Of Gyokuro? Gute Frage. 5/5 kus auf sanft abgewedelte Subbässe und reverbge- ihrer zittrigen Kraft, die musikalischen Wellenform speiste Einzeltonphänomene, ehe das fragile Klangge- bildet seismisch erhobene Spitzen, während die Welt RUI COSTA AND FRIENDS rüst in leise Ungeräuschhaftigkeit fällt. Pali Meursault zwischen umdrehen und auflegen der Platte die alte »Sightseeing For The Blind« CD und Bill Jarboe liefern hingegen erstaunlich unhomo- bleibt. N als musikalischer Poseidon wird dieser Rolle 1000füssler gene Stücke ab, Meursault darf sich in fünf Minuten mehr als gerecht und selbst wenn der Vorhang fällt, Unbeständigkeit via Rauschen und Feedback wälzen, trägt die rauschige Auslaufrille den Klang der gebran- Im Booklet schweiferisch erklärt, hat Costa während Jarboe das wohl schwächste Werk liefert: Ein deten Welle weiter. 5/5 die Lissabon’schen Plätze und Orte der Allgemeinheit unsauber erzeugter Digitaldrone wandert fünf Minuten mittels eines Stadtführers erkundet und dabei Auf- ereignislos durchs Stereofeld. Maile Colbert hat seine MIRKO UHLIG nahmen erstellt, welche nun auf 26 Minuten gestreckt Lektion von Terre Thaemlitz gelernt und spielt beein- »Gyokuro« CDR mehrere digitale Synthesen durchwandern um letztlich druckend mit dem Verhältnis Stille und Ton, ehe in der Gears Of Sand als reichhaltig avantgardeskes Klangwerk jene besuch- Mitte ein Hafler Trio-esker Drone einsam seine nervö- ten Plätze als Komposition abzubilden. Der Subbass sen Runden zieht. Marc Behrens liefert mit »Site For A Mirko Uhligs Beitrag zur eigenen und gene- des Anfangs weicht kurze Zeit später einer unsauber Numb« den längsten Gastbeitrag, alleine sein Mix sungswerktechnischen Diskographie zusammen mit N eingeleiteten Scratchorgie mit dramaturgisch- vermag ebenso wenig zu überzeugen wie seine Vor- klingt mir noch sehr angenehm nach, doch »Gyokuro« horroresken Transpositionsdrones, um später Lissa- reiter. Das binaurale Rascheln der Feldaufnahmen ist zaubert all jene Facetten ans Tageslicht, welcher sich bons unter der Oberfläche lauernden Nachtstimmung dabei Grundgerüst für eine rumpelnde Komposition, »Sanddorn« nicht bedient. Bisweilen ist es besser, Platz zu machen, welche Costa in beunruhigende die nach wenigen Minuten fast ein wenig in Beliebig- Dinge zu teilen und da macht auch dieses Album Dronebögen und kritterige Schleifgeräusche wickelt. keit zu versinken droht. Sehr durchwachsen, für Bütt- absolut keine Ausnahme. Eine gänzlich andere Welt Die klangliche Betonung liegt dabei mehr auf den ner und Costa selber jedoch 3,5/5 besteigt Uhlig hier, so farbenprächtig wie die be- Einzeltönen Lissabons, Straßenzüge und Autoverkehr druckte CDR präsentieren sich alle jene Hafler sind ebenso wenig zu hören wie atmosphärisches FUCK BUTTONS Trio’schen Spektraldrones, Tinkersprengsel und Großstadtflair. Costa bedient sich bei seiner Audiocol- »Surf Solar« Picture 7“ leichtgewandteten Streichersonette, welche wie in lage durchaus den Mitteln neuzeitlicher Komponisten, ATP/R »Practice« das Klanggefieder erden oder in »Their alleine seine Erzählführung anhand der verschiedenen Songs« das Gefieder sanft abschaben und die darun- Audiotransformationen vermag den Hörer vollends zu »Surf Solar« ist wagemutiger Noisepop, ir- terliegende warme Vogelhaut als Resonanzkörper für überzeugen, es weniger mit einem elektroakustischen gendwo zwischen Library Tapes und M83, weniger metallische Ambarchi-Drones nutzen. Die CD ist er- Abbild der Stadt zu tun zu haben als vielmehr mit symphonisch, dafür aber mit anmutiger Orchestrie- rung mithilfe des bandeigenen Samplers. Die ideale lerisch erstaunlich vielschichtig. Randall Fraziers Stim- 7“»Sanddorn« im aemag-Büro gar nicht erst im Regal Festivalsteilvorlage mit Ohrwurmcharakter, die sich so me zum fast schon neoorchestralen Sound Petits wirkt einsortiert wurde, sondern wöchentlich läuft. Uhligs ganz und gar unkommerziell geben will und daran wie eine Glasnadeldusche auf schlüpfrigem Marmor, Beitrag ist gewohnt frequenziert, seine Bearbeitung letztlich gnadenlos scheitert. Eingängiges Intermezzi so feingliedrig wirken Digitalexzess und Stimme zu- klingt zumindest auf der Promo-CDR wie ein psycho- auf der A-Seite, zerschreddert und auf Uptempo gelif- sammen. Aidan Bakers Beitrag ist mit keiner seiner akustischer Drone-Test vom Hafler Trio unter Zuhilfen- tet via Gate und Decayregler, unterlegt von einer fast guitar-only Kompositionen zu vergleichen, wohl aber ahme der Anti-Group. Der Ton wandert nicht nur schon pervertiert süßlichen Klangrhythmusnote, die eine Annäherung an psychedelisch motivierte High binaural, sondern scheint seine Klangfülle je nach ein wenig zu offensiv den Loopcharakter des Stückes Energy Jazzsphären, deren Grundtonalität auf verzerr- Position des Hörers zu verändern. Mindfuck par bestimmt. Umseitig geht es allerdings weniger poppig tem Wassergurgeln beruht. Cosey gibt den Vamp und excellence, wenngleich für die Dauer des Stückes zur Sache. Zeitverzögerte Schlagzeugmanifestos und rezitiert passend zur rückwärtsgerichteten Subbass- gewagt kurz. Segment liefert den 13-minütigen ein schmissiger Harmonikaakkord dominieren hier das Klangbastonade die entsprechenden surrealen Verse, Soundtrack, beginnend mit orchestralen Schwingun- eher sanft abgeschwächte Klangbild, bisweilen ein während Faustmitglied Jean-Hervé Peron anfangs gen und harmonisierten Brüchen, später überwech- wenig an die Akkordschiene eines Marc Richter (Black Hörner sprechen lässt, ehe Feuerwerkskörper gerade- selnd auf geräuschhafte Subakustik à la Onde mit To Comm) erinnernd. Ein paar eingestreute Vokal- zu heroisch die fast an die Marsellaise heranreichen- stakkatohafter Polyrhythmik und klickerigen Gitarren- schnipsel durch den Harmonizer gedreht ergeben ein den Wortdarbietungen Perons untermalen und damit sprengseln. FFB bezieht die Energie seines Reworks fast schon anti-pop kulturelles Soundhighlight mit dieser Kompilation eine Ehrerbietung zum Labelbe- definitiv aus dem Drone Industrial, delikat wird mittels gnadenloser Zerstörung des sonst so glatt polierten stehen in Form einer musikalischen Postkarte verlei- Verzerrung und hochpassgefilterten Gitarrenschlieren Musikparcours der Neuzeit. Das so etwas heute noch hen. Eine weitere Perle bildet der Beitrag von Lydia das Bergen’sche Grundgerüst eingestampft und mit- seine Berechtigung haben sollte, das haben die Fuck Lunch in Form düsterer horroresk verzerrter Synthesi- tels rückgewandeter Klangbildung wieder aufgebaut. Buttons hier eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Mu- zermusik, die Stimme heruntergezogen auf ein lüster- 12 Minuten essentielle Minuten, mit geradezu wahn- tig. 5/5 nes Frage und Antwortspiel mit dem Hörer. Erinnert witzig verblüffenden Anleihen an Cans athmosphäri- fast wieder an die goldene Zeit von Throbbing Gristle. sches Synthesizerspiel. N selbst remixt sich selbst, PHILIPPE PETIT & FRIENDS Sieg auf ganzer Linie. 5/5 seine Kontribution wirkt allerdings gewohnt zerbrech- »(Reciprocess : +/vs)« CD lich und nah am Audio-Nullpunkt, genauso fragil wie BiP_HOp & WIRE N(5) die originelle Covergestaltung in Form eines nahab- »Skizzen + Notizen« LP genommenen Stempelkranzes in einer Blume. Großar- Insgesamt 18 Künstler prosten hier Philippe ConSouling Sounds tige Platte, nicht nur für Freunde und Genießer des Petit zu, darunter Namen wie Aidan Baker, Cosey Genres. 5/5 Fanni Tutti oder dem Strings Of Consciousness- N legt mit obiger LP einen würdigen Re- Kollektiv. Petit stellte das Grundgerüst, eine 70- mixvertreter seiner älteren Platte »Bergen« auf Gene- BRUCE GILBERT minütige Komposition, welche von befreundeten sungswerk nach. Consouling Sounds versammelt Mir- »Oblivio Agitatum« CD Künstlern fach- und eigengerecht verwertet und er- ko Uhlig (Aalfang mit Pferdekopf), Segment, Fear Falls Editions Mego gänzt wurde. Das Ergebnis wurde schlussendlich zum Burning und N selbst auf zwei LP-Seiten und der ath- zehnjährigen Labelbestehen und zur 25-jährigen DJ- mosphärische Faden der versammelten Kompositio- Hmm. Bruce Gilberts Beitrag nach jahrelan- Karriere aufgelegt und vom WIRE sogar kostenlos nen könnte größer nicht sein. Überhaupt ist es das ger Releaseabstinenz bringt mich wiederum zum dem Magazin beigelegt. Die CD selber ist geschmäck- Jahr für Uhlig/N, deren vorausgegangene Nachdenken, inwieweit solche umkulteten Audiobei- träge noch gefragt sind. Opener und Closer des Al- drum, aber alles ganz leise und dezent. Mir persönlich MIRKO UHLIG/N bums zeigen nicht wirklich neue Erkenntnisse, wohl klingt das alles ein wenig zu weit entfernt vom eigent- »Sanddorn« 7“ aber Minimalismus extremster Form, wobei die Frage lichen Gedanken, denn zwischen Suburbia und japani- Ex Ovo& Genesungswerk nach Quelle und Ursprung des Materials sich wohl scher Clubmusik liegen hier wahre Welten, die CD kaum stellt. »Isopyre« zeigt zwar postindustrielle versteht sich eher als Näherung an die bunte farben- Mirko Uhligs Beitrag zur Sanddorn 7“ sprengt Strömungen (und eine gewisse Nähe zu werkbündi- prächtige Welt, in der die Musik spielt. Und das ist ja alles bisher Gehörte. Ein melancholischer Pianoloop scher Audiokratie), »Zeros« wirkt hingegen als 26 auch schon mal was, wenn auch nicht ganz so viel wie wird von unterschwelligen Drones begleitet, lediglich Minuten währendes Chamäleon wie eine Chimäre aus erwartet. 3/5 die Anschlagdynamik variiert die Dominanz der Töne, den guten Zeiten des Industrial, als P16.D4 noch an modernes Effekthaschertum sucht man zwischen den Tapes schraubten und Illusion Of Safety das Zeitalter STRATEGY verlorenen Tönen vergebens. Nach der Hälfte der des ernstzunehmenden Akustiknoise einläuteten. So »Noise Tape Reggae« 7“ Uhlig’schen Seite ändert sich die Sonate, wird zu einer ganz neu klingt die CD einfach nicht, das Rauschen Entr'acte breiten John Carpenter-esken Stimmung, unterlegt der Aufnahmen wirkt geradezu verdächtig nach mit schiffssirenenhaften Drones und dem begleiten- Rerelease- wer weiß in welcher Schublade Gilbert das Der gute alte Tapeloop, jene technisch etwas den Knistern der transparenten Schallplatte. Die Sze- DAT zur CD gefunden hat. Für den Retrocharme ge- aufwendigere Spielerei kommt hier mit der Unterstüt- nerie endet fast schon unsensibel abrupt, die Grund- rade noch 3,5/5 zung analoger Gerätschaften aus. Klingt den Worten stimmung hallt dafür umso länger im Gehörgang nach wie Strotter Inst. auf Audiotape gehievt. Oder nach. N, der Gitarrist von [multer], verlegt umseitig MARCONI UNION Turntablism auf Spulenband. Grundlage der beiden seine Stimmung auf frequenzangereicherte Drone- »Tokyo« CD Vinylseiten sind bearbeitete Reggae-Mixtapes, ver- landschaften, eingehüllt in das höhengefilterte BineMusic wandelt in endlose Loops, angefüttert mit analoger Schneetreiben einsamer, weiter Prärien. Es wabert Verschaltung. »Repurposed Dub« beginnt erstaunlich und summt, die Intensität der Töne bestimmt das Das Artwork wirkt wie eine verhuschte Auf- unanonym, das Grundmaterial wird lediglich durch Feedback der verwendeten hochgestimmten Gitar- nahme einer Lichtreklame aus dem fahrenden Auto den Einsatz sich aufbauender Delayschleifen ange- renseiten und dennoch ist die Musik so lieblich de- heraus und auch die Musik scheint einem ähnlich dickt und durch Filterfahrten weitgehend dumpfer und zent, dass sie guten Gewissens als positiv gefärbte flüchtigen Charakter zu unterliegen. Ich weiß nicht, satter geschnitten. Dub wird großgeschrieben, aber es Möbelmusik gelten darf. Das Artwork, gedruckt auf wie Tokio klingt und so ganz suburban wie gedacht fehlt ein wenig Abwechslung auf der A-Seite. Das Folien, umschließt die transparente Single im übrigen klingt diese CD auch nicht. Marconi Union transportie- umseitige Werk »Taper's Rock Dub« macht hingegen hervorragend visuell, die Musik wirkt genauso. Klarer ren jedoch den Drive’n’Feel einer Großmetropole in alles richtig: Der Beat wippt wie zu Squarepushers als Wasser und das eisige Treiben der auf dem Ein- dubbige, teilweise flächige Exkursionen mit einem „Ultravisitor“-Zeiten, die Basis wird mittels Geschwin- band abgelichteten Sträucher im Winter wirkt erstaun- thematischen Schwerpunkt der dunklen, neongefilter- digkeiten einer psychedelischen Tonverlaufsfolge lich als Wechselbeziehung zwischen Bild und Ton. 5/5 ten Clublandschaften Japans. Experimental wirkt hier unterworfen und die Bässe wirken mittels Verzerrung kaum was, weder die metallischen Resonanzen noch und resonanzhafter Delayspitzen wie Echodoppelun- die verhallenden Perkussionen, aber die Musik ent- gen einer defekten Bandmaschine. Sehr kurze Schei- zieht sich gekonnt der konkreten Bezeichnung Techno be, aber zumindest auf der B-Seite würdig umgesetzt. auf charmante Weise. Viervierteltakt und Fläche, dort 4/5 mal ein Dubeffekt, dort eine reverbgefaltete Snare- THE INFANT CYCLE vour. Waren die ersten Publikationen angelehnt an die einer Grundidee, zum Nullpunkt hin erweitert um »The Secret Message« 7“ computergestützte Veredelung des Hackbretts, wird immer raffiniertere Klangbrechungen und elektroakus- Drone Records hier auf »Recherche_00« bisweilen recht Tietchen-esk tische Manipulationen. Teilweise fast schon wie eine das Signal eines Yamaha-Synthesizers einer Frischzel- digitale Abkopie von Organum, aber mit einem sehr The Infant Cycle sind beileibe kein unbe- lenkur via DSP unterworfen. »Phase 1« wirkt wie eine selbstständigen Charme und fast schon analoger schriebenes Blatt, das Inlay ihrer Single listet säuber- Annäherung an Tietchens Teilmengen, ein reduziertes Wärme. Organums Beiträge (»Tocsin +1« bis »Tocsin lich wertungsfrei ihre bis dato erschienenen Veröffent- Klickgeräusch wird fauchenden Tönen beigemengt, +2«) sind naturbelassene und fast wenig bearbeitete lichungen auf. Das merkt man der Musik auch an: das Konglomerat wirkt dabei wie ein Schaltkreisfehler Klavierabtastungen, verziert um kleinere Hallspielerei- Professionelle Dronemusik mit viel Sinn für Dramatik neben einem ständig auf- und zugedrehten Bunsen- en und resonanzgefilterte Hintergrunddrones. »Tocsin und letztlich auch mit Seele. Die verborgene Nachricht brenner. Erstaunlich minimal für Heribert Friedl, aber +2« greift die kleine Klavierweise der ersten Struktur in dieser Platte bleibt indes auch unsichtbar, die Musik darum nicht weniger hypnotisch. »Phase 2« klingt auf, lediglich ergänzt um Bogenstreiche auf blankem selber ist jedoch eine Steilfahrt durch phrasierte Dro- etwas fülliger, fermentiert das Klicken zu granularen Metall und in den Inneren des Klaviers abgenomme- nes und schlingernde Konkretmaterie, durch intelli- Tempifahrten und sirrenden Feldaufnahmenverschie- nen Mikrostrukturen. Musik für kalte Wintertage. 5/5 gente Anordnungen industrieller Restgeräusche und bungen. Der Gestus der Aufnahmen liegt dabei bei orchestraler Mikrotonalität. Ein wahrer Ohrenschmaus, Chartiers L-NE-Labelästhetik und minimaler DJ ORDEAL welchen The Infant Cycle hier bieten. Das Arrange- Feinstrhythmik. Sinustöne brechen die monotone, »Sea/Seagull« LP ment kippt, der monotone Rumpeldrone mit entfernt softindustrielle Kulisse etwas auf, ohne die Macht der JACQUES BELOEIL musikalischer Herkunft gleitet über in den klanglichen hohlklopsartigen Klickersounds zu brechen. Vielleicht »Bidules 1-9« LP Abyss schleifiger Stimmverzerrungen und sanfter sollte Herr Friedl mal mit Tietchens einen Milchkaffee Entr'acte Feedbackverzierung. Die B-Seite »Trombone« wirkt trinken gehen. 5/5 anfangs wie klassische Instrumentalharmonien, wech- Die zweite monatliche Empfehlung geht selt jedoch nach wenigen Augenblicken zu einer ORGANUM/Z’EV diesmal an DJ Ordeal und Jacques Beloeil. Die raue rhythmisch unterlegten Soundcollage, welche sich so »Tocsin -6 Thru +2« CD stürmische See, konterkariert mit den Geräuschen obertonreich über den Hörer ergießt, das man sich Die Stadt hochgepitchter Bandschlaufen, die im musikalischen fragt, ob man nicht das Fenster öffnen sollte, um all rauen Klangkorsett wie Seevögel wirken und sich der klanglichen Vielfalt Raum zu geben. Exzellentes »Tocsin -6 Thru +2«, dass erste kollaborative neben den echten Möwengeräuschen wie artifizielle Material. 5/5 Ergebnis der beiden Platzhirsche harscher Dronever- Soundsplitter ausnehmen. Für Ambient zu sperrig, vielfältigung und perkussiver Elektroakustik ist ein wirken die zwischen der Brandung und dem Auftreffen HERIBERT FRIEDL Monolith karger fehlgeleiteter Max/MSP Maxime und der Wellen am Strand eingesetzten Cut-Ups tiefge- »Recherche_00« CD artefaktischer Filterbiegung. Die sechs Z’EVschen setzter Streicher wie eine Nachvertonung des Spiel- Non Visual Objects Werke (»Tocsin -6« bis »Tocsin 0«) sind seltsam, wirre berg’schen Weißen Hai-Themas. DJ Ordeal mischt klangakustische Phänomenergebnisse. Klavierseiten zwischen die Wellen neben allerlei Vogelgeräuschen Der glasklare Sound der NVO-Publikationen schlingen sich um metallisch reverbierende Resonanz- auch die kurz eingespielte Acapella-Stimme einer war bereits an anderer Stelle ausführlich gelobt wor- körper, umgeben von einem wahren Gewitterstrom unbekannten Soulsängerin, während eine weitere den und auch Heribert Friedls Beitrag zur wachsenden klebriger Artefaktion im Stile eines schlecht aufgeras- Frauenstimme kurz nach Entsteigen der Wellen ihr CD-Reihe des Labels hält diesen Standard mit Bra- terten MP3s. Die kurzen Stücke wirken wie Skizzen Sauerstoffbedürfnis mittels eines feuchten Seufzens kundtut. Ordeals Mischung steigert sich mit Fortlauf Musik folgt den teilweise recht eingängigen Musiker- der Einstand mit rasanten Pulsfahrten durch 12000hz- der A-Seite, die Wellen werden zum Träger weiterer vorstellungen. Die B-Seite wartet mit dem alleinigen Töne weicht später mehr und mehr dem Einsatz zer- leiser Informationen (vielleicht die »tiny bits«, die klei- Stück »Bidule 9« auf und was sich da über den Hörer störter Droneflächen und schlägt einen Spagat zu nen {klanglichen} Stücke, die Ordeal in den Notes ergießt, ist gar nicht in Worte zu fassen. Beloeil wischt Tietchens älteren Werken. Der Werkbund- erwähnt?), ehe das Stück endgültig in die Auslaufrille sämtlichen Kammermusikkonzertantenregeln fort und Klangphilosophie nicht unähnlich, verweben sich geis- der LP überschwappt. Umseitig findet sich das Stück fährt ein harsch-droniges Regiment mittels seiner terhafte Schwingungen zu federnden Dronebetten für »Seagull«, eine Vertonung des Möwenthemas mittels Unterhaltungsorgel auf. Wo die A-Seite sich wie ein die laut und leise eingewebten Kratzer, Schlieren und einer unechten Möwe (generiert aus dem zu schnell musikalischer Biedermeiertraum verhält, gerät genau bizarren Einzeltöne aus Tietchens' Studio. Große Sa- abgespielten Teil einer Vokalaufnahme) sowie dem diese Regel umseitig zur Farce. Es dröhnt und knarzt, che. 5/5 Anschein nach echten Klängen der Wassermöwe. Das die Orgel wird mittels extensiver Filterung ihrer Abde- Experiment wirkt, als hätte Ordeal das ganze auf Echt- ckung beraubt, während Beloeil mit hervortretenden HAMAYÔKO zeitbänder übertragen und noch während des Mi- Augen die Tasten bearbeitet, um sich nach einem »SHASO –train window–« LP schens kräftig am Band gezerrt. Gespeist in feinste mörderischen Arpeggio ein Glas Wein zu genehmi- MARINOS KOUTSOMICHALIS Reverbschwaden und mit leicht angezerrter Struktur gen, ohne den Rekorder dabei abzustellen. Wirklich »Anasiseipsychos« CD klingt die B-Seite so dermaßen kunstvoll via Rück- große Klasse. 5/5 Entr'acte wärtsspur und Tapedelay, dass die Monotonie und Repetition des ganzen sich nach kurzer Eingewöh- ASMUS TIETCHENS Entr’acte bietet mit »SHASO –train window–« nungszeit mehr und mehr in Wohlgefallen löst. 5/5 »Flächen Mit Figuren« CD ein fremdartig wirkendes Audiowerk der Künstlerin Non Visual Objects Yôko Higashi, deren musikalischer Duktus sich zwi- Trashpattern. Ein kleines Casio SK1 wird mit- schen Musique concrete und Electropop ausbreitet. tels einfachster Lo-Fi Effekte in ein minimales Maxi- Nach Asmus Tietchens' reduzierter Mikroa- Geradezu cinematisch verwebt sich hier der leise malorchester konvertiert. Felix Kubin werden einige kribie (verteilt auf bisher sieben in Serie laufende Ton- säuselnde Gesang einer japanischen Oper mit den rufen, Gameboy Alliance die anderen. Dabei wirkt die träger) wartet man eigentlich wieder auf ein konkretes teilsynthetischen Klängen von hamaYôko. Das in den Platte von Beloeil zunächst wie eine akademisch- Werk zwischen Stimme und Wasser – nichts von alle- Credits Felix Kubin gewürdigt wird, mag man ange- wichtige Referenzplatte, der Inhalt ist es hingegen dem wird wahr. »Flächen Mit Figuren« versteckt sein sichts der versammelten Klänge als gegeben und nicht, es sei denn, der gelahrte Musikprofessor der Quellmaterial gut, unter neuem Titel wird die Frage, passend ansehen, jedoch liegt in hamaYôko’s Musik Neuzeit bewiese starken Humor – denn die kleinen ob es eine weitere Ausgabe der Teilmengen darstellt, ein gänzlich anderer Ansatz als im Mooggezwitscher »Bidules« erstrecken sich auf der A-Seite zunächst wie völlig überflüssig, denn das Material bietet seit lan- des Hamburger Felix Knoth. Die A-Seite ist dezent, kleine Minikompositionen eines wiederholt abgespiel- gem das abwechslungsreichste von Tietchens über- die australisch wirkenden Didgeridoo-Drones und ten trashigen Musikdemopattern. Dabei folgen die haupt. Lange dünne, wie Spinnfäden gewebte Hinter- quietschenden Scharniere werden mit Raumaufnah- Stücke mit starker Referenz an mitteleuropäische Or- grundchöre beschreiten unbeirrt durch synthetische men aus dem Fernseher verputzt und neu verklebt, gelmusik auf doppelter Geschwindigkeit keiner ge- Ploppklänge und moog-genährte Sinus-Etüden ihren sodass sich eine eigenständige Collagenform einstellt, nauen Schematik. Die Auswahl der Effekte ist ebenso langsamen Gang, rechts und links harren derweil ver- die selbst vor dem Einsatz einer schrägen Kirmesme- reduziert wie der charmante Lollipopcharme des ge- borgen im digitalen Dunkel wölfisch hervorbrechende lodie im Kinderzimmer nicht zurückschreckt. Der samten Werkes. Mittels einfacher Delayeffekte wird Kaskaden schweifiger Klänge und verbogene Indust- Electropopansatz zeigt sich nur selten, lediglich im teils die dünne Songstruktur gedoppelt, der Rest der riereste. Das Material gerät von Titel zu Titel dezenter, Endstück korrelieren verzerrte Casiotöne und Synthe- sizerfeedbacks mit Higashi’s Stimme. Die Rückseite ist mente aus dem konkreten Bereich dann doch eine Wenn die Covertypo schon nichts aussagt, gröber eingeteilt, in drei großen Kompositionen zeigt bessere Wahl gewesen. Sehr spezielles Konzept. 3/5 dann aber bitte die Graphik. Das lentikulare Cover sich mit einem Mal die fast schon Boards Of Canada- zeigt im Raffereffekt billiger 3D-Wackelbilderl das ähnliche Stimmung, die hamaYokô aufzubauen ver- YELLOW SWANS putzige Vektorgesicht einer Katze, welches sich mit steht. Feedbacks und Vibraphonklänge vermischen »Mort Aux Vaches« CD zunehmender Schieflage in die Fratze einer außerirdi- sich zu seltsam horroresken Klangepen, deren ge- MY CAT IS AN ALIEN schen Mieze verwandelt. Hach, treffender kann man mächlich vorbeiziehender Soundschleier durch »Mort Aux Vaches« CD einen Bandnamen nicht illustrieren, der Schriftzug Grundpulse und andere Achsenklänge gehalten wird. Staalplaat MORT AUX VACHES unterhalb der ganzen Geschich- Leichte Kost ist »SHASO –train window–« dennoch te darf sich dabei einen ebensolchen Gaukeleffekt nicht. 5/5 Bruitismus großgeschrieben. Metallschleifen, gefallen lassen. Die Musik scheint sich dabei so gar Horndrones wie zu besten David Jackman Zeiten und nicht der mäandernden Form der Umverpackung zu Koutsomichalis ist mir kein Begriff, wenn- rostige Gitarren, eingehüllt in einen Lärm, der ebenso verschreiben. Die unbetitelten Stücke klingen, als gleich seine Biografie auf einen angesehenen Künstler gut von Survival Research Laboratories' industrieller hätten Tortoise im Studio ihren Sampler fallen gelas- schließen lässt. Eine Stunde lang moduliert er hier nun Lärmberauschung stammen könnte. Die wahre klang- sen, welcher nun im Hold-Modus einzelne Takes ihrer Sinustöne, sei es in Reinform oder als Sheppard- liche Substanz wird wohlverborgen unter einer dicken Stücke anhält und als Dauerloop in die Effektsektion ähnlicher Tonverlauf, das Ergebnis ist bei leisem Vo- Schicht bröseliger Klangverklebung, der infernalische des Studios feuert. Neben sanften Gitarrendrones, lume erstaunlich interessant. Grundpulse variieren nur Noise bricht sich in statischen analog verdrahteten klingelnden Löffeln in Kaffeetassen sowie reichlich gemächlich, die Oberflächentöne wirken wie akusti- Wellenschlägen bis an die Schläfe des geneigten synthetisch wirkende Vogelstimmen bemerkt man sche Lücken, die nur das an die Ohren der Hörer Hörers. Die vier unbetitelten Stücke sind dabei alles nach kurzer Zeit einen ausgeprägten Hang der Akteu- kommen lassen, was sich auch bei leiser Grundlaut- andere als langweilig. Auf der gesamten Audioskala re zum Improvisieren. Wes Kind das Material nun stärke durchsetzen kann. Das war es dann leider auch passiert etwas, sei es in Form langer, sich gegenei- wirklich ist, verrät der zweite Titel. Es klingelt und schon. Irgendwann kippt das Interesse an der klangli- nander aufschaukelnden E-Gitarren Soli sowie röhren- scheppert, Bleche rutschen über den Boden, Synthesi- chen Gesamtsituation, der berüchtigte Redundanzef- den Feedbacks, die eines Henryk Rylanders würdig zerakkorde verlaufen im Nichts und wirken phantom- fekt tritt ein. Dabei hätte die Idee durchaus Potenzial. wären. Klassischen Noise sucht man dennoch verge- haft auf die zusammenlaufenden Kanäle am Mischpult, Das Verhältnis von hohen und tiefen Tönen ist nicht bens, der die Umstände begleitende Krach dient hier Becken und Hi-Hats werden ihrer Würde beraubt und beliebig, sondern zeugt von einer hochwertigen Vor- vielmehr der audiophilen Andickung des ohnehin in clowneske Klangabfolgen gepresst. Fast 30 Minu- bereitung. Sicherlich ist es angesichts des Konzeptes recht üppigen Materials. Yellow Swans wirken nicht ten konkretsymphonisch-synthetische Echoräusche und Materials schwer, eine ansprechende klangliche wie Menschen, wohl aber wie Maschinen, die inner- bzw. aurale LSD-Klangtapeten. Insgesamt ein reichlich Umsetzung zu gewährleisten, aber Koutsomichalis halb ihres auralen Disputs versuchen, Rockmusik zu psychedelisches Werk, welches sich in zahlreichen zeigt leider nicht die Raffinesse von Alva Noto oder produzieren. Besonders eilig scheinen sie es dabei Stimmungsabfolgen wiederholt und neu entwickelt. gar Carl Michael von Hausswolff. Die Linernotes der nicht zu haben, denn die gesamte CD strotzt nur so Klarer Tipp des Monats. 5/5 CD sprechen von »Sideeffects« und anderen Begleit- vor Langsamkeit und Gemächlichkeit im Aufbau. Star- erscheinungen, die während der Wahrnehmung auf- ker Tobak und sicherlich nicht für jedermann. Und das treten sollen, aber so ganz überzeugen will mich die zuckersüße Einbandbild darf man dabei auch nicht Sache nicht. Dafür ist das Material einfach zu dezent allzu ernst nehmen. Nicht alles was außen zu sehen ist, und glatt. Vielleicht wäre eine Addition weiterer Ele- muss auch in der Verpackung drin stecken. 4/5 INCITE/ ESTHER VENROOY & REVEREND BEAT-MAN AND »Mindpiercing« CD HELEEN VAN HAEGENBORGH THE CHURCH OF HERPES Hands Productions »Mock Interiors« CD »Your Favorite Position Is On Your Knees« CD Entr'acte Voodoo Rhythm Bei Incite/ sitzt man zwischen den Stühlen. Minimalistische Arrangements mit Schwung und Aus- Das vielzitierte Piano wird hier für klangliche Hereinspaziert, hereinspaziert ins brennende lauf sucht man vergebens, in knackigen Titeln geht es Experimente herangezogen. Es knistert, rauscht und Schweizerland. Die Messe hat soeben begonnen und um die Dekonstruktion von Breakcore und tradierten blubbert, die DSP-Techniken von Esther Venrooy der ehrenwerte Reverend heißt sie herzlich willkom- Technobreaks und das mit viel Geschick. Man hat das quetschen jeden noch so potenziellen Klick und Deca- men. Choräle werden heute in den Orgelkasten ver- Gefühl, man lauscht einer verkratzten Alec-Empire CD ytone im Klavierkasten auf der Suche nach verwertba- bannt und zu klanglichen Gespenstern im Hintergrund im Zeitraffer, die stotternde Dynamik durch einen ren Restgeräuschen aus. »Feinstofflich« arbeitet sich degradiert, während die Gemeinde den ganz eigenen kaputten Amp wiedergegeben. Das Material ist er- an Klaviersaitendrones und Geräuschen ab, die streng und freizügigen Lobgesängen des Reverend lauscht, staunlich interaktiv, ebenso wie die Livepräsenz des nach zerknitterten PET-Flaschen klingen und sich kreuz wie er mit rauschiger Rock’n’Roll-Stimme zum Angriff Hamburger Duos Incite/. Die der CD auf dem Daten- und quer durch das Stereofeld fräsen. »Blueprint« ist gegen das eingefahrene Choreinerlei der katholischen carrier beigelegten Quicktime-Videos stellen den Link eine monochrome Rückwärtsfahrt durch rollende Kla- Kirche bläst. Herpes Ö Deluxe und der Reverend zu ihrer audiovisuellen Performance in traumhaften vierakkorde, vernetzt und vernebelt zu ominös dahin- verlagern dafür den Schwerpunkt auf stimmige Klang- Graustufen dar. Ein Mehrgewinn ist das Wissen um ihr eilenden Feedbackdrones. Esther Venrooy seziert die konzepte, da darf es auch mal rasseln und schleifen im Auftreten sicherlich, umso spaßiger fällt dafür dann Klaviermusik von Heleen van Haegenborgh auf akribi- Kirchenschiff, der Messkelch darf als perkussives Ele- die Imagination von Bildern im Kopf zur wiedergege- sche Weise, ihre Schnitt- und Effektiertechnik besteht ment dienen und überhaupt schaffen die Reflexionen benen CD aus. Audiotechnisch produziert zwischen aus interferenzlastigen Cut-Ups, digitalen Schnittmen- der trutzigen Kirchmauern in der Schweiz recht selt- Noise und komprimierten Drumrolls bilden Incite/ gen zwischen ausbrechender Statik und genussvoll same Klangformationen. Es summt und dröhnt und einen stereoiden Breakcorealptraum ohne Härteallü- ausrollenden Tapeechos. Dabei lässt sie Haegenborgh Reverend Beat-Man hat alle Hände und klanglichen ren oder martialisches Klanggepose. Nötig haben die viel Freiraum, bisweilen hat man das Gefühl vor dem Facetten seiner rauhgestimmten Kehle zu tun, um alle beiden es auch nicht: »Headroom« bratzt auch so geistigen Auge eine verschwommene Ansicht beider in diesen Reigen miteinzubeziehen. Da darf der Rock- ordentlich im Bassbereich, der Charme einer Industria- Künstler zu sehen, wie um sie herum der Raum still- appell nicht zu kurz kommen, wer nicht andächtig lkulisse wird mittels gephaserte SlowMo-E-Gitarre steht und die Klaviertaste sich in millimetergenauer niederkniet habe doch bitte dafür zu sorgen, dass das gewahrt sowie zu den synkopisch- Zeitlupe herunterbewegt, um dann quälend langsam Fußwippen nicht völlig aus dem Takt gerät. Großarti- maschinengewehrhaften Beats im Vordergrund ad- die Saite zum Klingen zu bringen. Das Klangwerk ge kurzweilige CD, und ein wahrlicher Andachtspunkt diert, binaurale Effekte inklusive. Der wahre Headfuck ächzt und balgt unter dem komprimierten Zeitkonti- am Sonntag, wenn man schon nicht den Weg in die ist dann jedoch titelgebendes »Mindpiercing«, ein nuum, während Esther Venrooy mit beiden Händen in Kirche findet. 5/5 wahres Biest aus amoklaufender Effektsektion, zerstör- die von Klängen angefüllte Zimmerluft greift um dar- ten Hardcorebeats und einer Langsamkeit, die das aus Schnitte für ihre Software zu extrahieren. Wunder- ganze noch ein wenig pervertierter und fieser erschei- bare Musik für all jene, denen das Staunen über kon- nen lässt. Hi-Tech-Tunes par Excellenz. 5/5 krete Musik noch nicht abhanden gekommen ist. 5/5

FOLD Zupfinstrumente dem Stil mancher musikalischer Hol- durchaus aus der üppigen Kiste zeitgenössischer ex- »Savour The Butterflies« SD Card lywoodproduktionen gerecht wird. Die erste Hälfte perimenteller Ausdrucksformen zu bedienen. Kurge- BineMusic von »Plans« grenzt sich dabei deutlich vom Rest aus, fasste Delays und Feedbacks bilden die sonore Unter- ein Break bricht das viel zu kurze Intermezzi der In- lage mancher der 14 kurzweiligen Titel. Chords wer- Digitale Musik scheint in der neuzeitlichen strumente abrupt ab, während eingangs schon vorge- den hinweggerafft und neu zusammengesetzt, noi- Musikverwertung immer mehr dem haptischen Ton- führter Noisedrone den Ausweg aus dem Stück weist. seinfluenzierte Versatzstücke werden durch digitale träger zu entbehren und sich auf nicht-flüchtige Arte- »Prix De Rome« ist ein nervöser Endtitel, durch Pha- Bearbeitung zu verschmierten und klitterigen Klang- fakte unserer computerisierten Welt zu beschränken: senverschiebungen generiert Teardo ein deutlich von mauern. Teilweise schwingt ein gewisser reduzierter der Speicherkarte. Das Artwork gerät zum Icon in der Avantgarde beeinflusstes Werk. Die Streicher Gestus mit, der sich auch in der Auswahl der klangli- Briefmarkengröße, das Leporello zum Release findet werden teilweise geradezu manisch, die hohen Laut- chen Bearbeitungsmöglichkeiten erschöpft. »Lovely sich als wenige MB großes PDF – da ist es fast schon stärkedynamiken erinnern frappierend an die neuzeit- Banalties« als Stück Nummer 10 wirkt da wie ein schö- ironisch, dass ausgerechnet die SD Karte als Medium lichen Vertonungen alter Stummfilme. Das dichte ner Moment, der alles andere als banal wirkt – weil herhalten muss. »Finest Dust« bietet heruntergerech- klangliche Gehölz, welches Teardo wie einen Schei- das Album sich einfach selber nicht zu ernst und wich- nete 8Bit-Beats mit leicht an CoH erinnernden Drum- terhaufen aufrichtet, wird getragen durch den dichten tig nimmt. 5/5 rolls und tiefen Bässen zwischen den klickerigen dronigen Unterton der B-Seite. Eines der ungewöhn- Klangartefakten. Vom Aufbau her eher dem Breakbeat lichsten Veröffentlichungen, die ich seit langem auf TARAB verortet, erscheint »Finest Dust« eher wie eine Neu- einer 7“ finden konnte. 5/5 »Take All The Ships From The Harbour, vertonung des Breaks in den späten Neunzigerjahren, And Sail Them Straight Into Hell« CD während »Savour The Butterflies« den klassischen GINTAS K 23five Gegenpart bietet: Klavierintroduktion, elegant verwir- »Lovely Banalities« CD belte Pattern, deren konstantes Wesen als Bett für die Crónica Es gibt tatsächlich noch Musiker, die an der ausgefransten Klaviereinzeltöne dienen darf. Ich wer- Klangerzeugung längst vergangener Tage festhalten. de das Gefühl nicht los, das Fold sich hier an längst Feldaufnahmen heutzutage nach eigenem Nachdem Nana April Jun bereits vorher kläglich an vergangene Musikgenres wagen und diese Aufgabe Gutdünken zu verarbeiten ist lange kein Kunstgriff seiner Hommage an Könersche Droneschleifen ge- grandios meistern. 4,5/5 mehr, umso erstaunlicher mutet da Gintas K’s Titel scheitert ist, wirkt Tarabs Werk wie ein Menetekel für von »lieblichen Banalitäten« an. Schätzt der eigenen all jene nachfolgenden Musikprojekte, die sich an TEHO TEARDO Künstler seine Musik so gering ein, oder verweist der klassische Künstlerstrukturen wagen wollen. Dennoch, »Voyage Au Bout De La Nuit« 7“ Name des Albums eher auf das vielbeachtete Verar- allen Unkenrufen zum Trotz, wirkt die CD mit dem Japanapart beiten diffuser Außengeräusche hin? Banal ist die bildhaften Titel keineswegs wie ein stilistischer Ab- Musik sicher nicht, dazu steckt zuviel Dynamik und klatsch. Teilweise wirkt es so, als habe Tarab den »Plans« startet wie eine Maschine, aus dem Differenz in den Aufnahmen. Während der Anfang Backkatalog von Fatcat’s 12“ Splitserie im Kopf ge- leicht angenoisten Dronechord des Anfangs schälen recht lärmig beginnt, wird ab Stück 3 eher klar, wohin habt, so divers, so vielseitig präsentiert er das Material sich langsam Pizzicatostreicher und delaygeschwän- es gehen soll. Teilweise an Marc Behrens reduzierte in all seiner Naturhaftigkeit. Feldaufnahmen geraten gerte Cellotöne. Vom Klang her an eher klassische Musik erinnernd, wird kein klanglicher Kniff ausgelas- zu düsteren Wäldern, Tarabs Klangkunst forciert gera- Musik erinnernd, erschafft Teardo eine dichte Ath- sen, dem zugrunde gelegten Material die nötige Be- dezu einen Status zwischen Noise und natürlichen mosphäre, die durch den Einsatz diverser Streich- und arbeitung zukommen zu lassen und sich dabei auch Tiefenanteilen. Ähnlich wie Nurse With Wound zele- briert das knapp einstündige Werk Brüche und Ab- und zu dem zurückkehren, was er vor Jahren meister- repetitiven Klangraumfeld. Ovro liefern eine gute spaltungen, zwischen Feedback und knispeliger Wald- lich beherrscht hat. Ein Werk mit wahrer Vorbildfunkti- Balance, die A-Seite dreht sich im dezent schlingern- und Wiesenaura finden sich ebbende und driftende on zwischen Digitaldrift, Analogvibe und einer Kon- den Gitarrenrückwärtskorso, während der Untergrund Klangcluster, deren ausgehöhltes Klangmysterium kretness, die man getrost als essentiell einschätzen der Komposition sich in dicken, schlierig- fetten grau- Lust auf mehr macht. Eine sehr lebendige CD, die darf. 5/5 en Bassdrones ergeht, deren dezentes Schleif-und dazu auch noch schön gestaltet mit poetischen Bei- Wechsel-Dich-Spiel den Grundstein für eine Tortoise- gabetexten einen sehr wertigen Eindruck macht und ASMUS TIETCHENS eske Minimalkomposition legt. Die B-Seite greift da- sich nicht unter den zeitgenössischen Scheffel stellen »In die Nacht« CD bei scheinbar auf das umseitige Klanggerüst zurück muss. Chapeau. 5/5 Die Stadt (eine Form des Remixes?), addiert verzerrte Einzel- momente aus den Untiefen schlecht gestimmter Bass- ANDO Ein Zug fährt in die Nacht und Asmus Tiet- gitarrensaiten und beweist zaghaftes Feldrekorder- »Habitat« CD chens zieht die lebenden Regler dazu. Die Bildhaf- ambiente durch den Einsatz equalizerter Konkreter- BineMusic tigkeit dieses moogbasierten Werkes zielt auf den eignisse im Stereofeld der Vinylrille. Ein wenig zu Unterhaltungswert von Pop wie kein anderer. Experi- dezent, dafür umso mehr lofi, was uns auch mal wie- Taylor Deupree auf weniger klickerigen Pfa- menteller und eingängiger als manches andere Werk der freut, denn Audio muss nicht immer hochglänzend den, dafür mit umso mehr Dub unter der digitalen auf Sky ist dies eine CD, die tatsächlich so etwas wie daherkommen. Apropos hochglänzend: Selten ein so Workstation. Was anfangs wie ein Update von Poles kuriose Einfälle bietet. Asmus gibt hier seinem Pseu- fein auf den Klang abgestimmtes Cover gesehen. alten Minimaldubgeschichten klingt, wird nach weni- do-Pop eine gehörige Schippe endzeitlicher Furore, Denn dieses ist mindestens genauso freigeistig reduk- gen Minuten zu einer geradezu reduzierten Techno- so in etwa, als würde er die angetrockneten Blüten tiv wie der Klang der weißen Single darin. Ekstase, zwischen Ravealltag und bruchstückhafter des Mainstreamformats neu mit Wasser benetzen. Der Listeningphase. Der geräuschhafte Zug der Stücke Hematic Sunsets-Humorfaktor ist indessen recht hoch, KEIN ZWEITER (teilweise wirken die perkussiven Elemente wie aus der die Stücke wirken wie aus einem Guss und wäre nicht »Muskeln und Kraft = Überlegenheit« LP Natur herausgelöste Holzklöppelaufnahmen) zeigt das unsägliche dramatische Movement der versam- 90% Wasser allerdings, das dieses synthetisierte Werk keineswegs melten Titel, wäre diese CD wohl dennoch reichlich regulär neuartig daherkommt, sondern seine Wurzeln leblos. Egal, Asmus Tietchens zieht sein Register aus Das schwarzweiße, leicht griesige Cover der im digitalen 12k-Leben verortet. Zwischen irrwitzig der überaus schwärzlichen Einstellung seiner industri- Platte strahlt eine gewissenermaßen homoerotische ausgephaserten Delayfahnen und reichhaltiger ellen Populärmusik und das ist auch gut so. So kennt Aura aus, die Rückseite mit betont lässig aufgeknöpf- Rhythmustalfahrt wirkt »Habitat« so angenehm unor- man ihn nun mal. 4/5 ter Jacke und Muskelshirt hingegen versprüht typi- thodox, geradezu losgelöst vom üblichen Akademi- schen Bauarbeitersex mit gleichzeitiger Hedonism- kerhintergrund das man sich fragen muss, wieso man OVRO Attitüde. Kein Zweiter schafft den Spagat zwischen erst so lange auf dieses Werk warten musste. »Horizontal/Vertikal« 7“ Elektronik à la DAF und dem Acid einer gewisserma- Bemerkenswert wirkt da schon fast der Ansatz des Drone Records ßen etwas geschraubt wirkenden Post-Technophase – zweiten Stückes auf der CD. Es schwingt und dubbt im was unter dem Aspekt der Lyrics zustande kommt, ist Untergrund auf so reichhaltige Art, dass die tiefen In letzter Zeit geraten die Dronesingles zu ein anderes Blatt. Angenehm beständig zeigt sich die Frequenzgänge wie aurale Streicheleinheiten wirken. immer bemerkenswerteren Einzelwahrnehmungen aus LP, der Klang variiert ausreichend zwischen Soft In- Vielleicht sollte Johannes Heil sich damit mal befassen der Masse an Veröffentlichungen im monoton- dustrial und einer Attitüde, die ihren Ursprung sicher auch in der NDW sucht. »87.000 Kastraten« zeigt Einschläge, es weicht die Angst vor Bartok'scher Stak- vorragend eingesungene Pointe beeinhaltet. »Pan Or dabei als Zwischenstück beispielsweise Betrachtungen katorhythmik angestaubter Drumemulatoren, es Ama« ist im übrigen uneingeschränkt zu empfehlen, am Pissoir inklusive männlicher Machopose (Rülpsen schwingt die Konkretness mancher Roedelius'scher und sei es wegen der unbetitelten Titelnummer 7. und Speichelspeien inklusive), ehe ein schwerwiegen- Produktion mit und wahrscheinlich hatte Herr Ganz großartiges Werk eines viel zu selten releasen- der Rhythmus diese etwas zu intime und nahe Szene Gretschmann noch zum Entstehungszeitpunkt den den Künstlers. 4,5/5 aufbricht – es heißt aufatmen. Umseitig erwartet den Maschinenparkschaltplan von Michael Fakesch in Hörer die umso ruhigere Projektseite, eingehüllt in seinen Unterlagen gefunden. House, Ambient und ASMUS TIETCHENS verzerrte Schwaden samtiger Klangfarben. Die Stücke eine Portion leicht minimaler Trockenrhythmik kenn- »Eine Menge Papier« CD werden länger, ausformulierter und weichen hier be- zeichnen »Pan Or Ama«, es knistert in den Span- aufabwegen sonders von der a-seitigen Formula ab. Inwiefern Kein nungsbögen, während Gretschmann den Funk wie Zweiter tatsächlich einen gewissen Homostatus pflegt einen Haarscheitel sanft zurückstreicht und auf die Asmus' Pre-Mengenserien und somit alles vor (einige Schlüsselwörter der Texte lassen eine solche Basis von Drum, Bass und Fläche reduziert. Das hinter der sonischen Auseinandersetzung mit Sinus und Betrachtung durchaus zu) sei dahingestellt, jedenfalls »Pan Or Ama« einige Jährchen zyklischen Vergessen Rauschen birgt noch wesentlich feinere Schätze, als ist das die ideale Darkroomuntermalung für stiefel- und Vergrabens liegen, macht dieses Labeljuwel erst man denken mag – beachtet man Tietchens Output schnürende Machohengste und gestählte Männerkör- recht wieder für die Nachwelt interessant. 5/5 an Material in den letzten zwanzig Jahren und lässt per, denen der Schweiß vom Lederanzug tropft. Der man sich davon nicht abschrecken, entgehen einem süffisant auf experimental getrimmte Klang mag da »Mono« geht in eine andere Richtung, Film- Dinge wie »Papier ist geduldig« oder »6.9.98 7 Uhr/8 die Diversität dieser Platte noch zusätzlich erweitern, musik darf es diesmal sein, manchmal stellenweise wie Uhr« nicht. Ersterem gewährt aufabwegen in sehr das Cover tut es mittels visueller Umsetzung bereits. für einen Film Noir, im nächsten Augenblick beutelt hochwertiger und edler Manier einen Publikumsneu- Ein Blick auf angezogene Bizepsbeulen unter glatter Console den Moment sich vereinigender Lippen und zugang (der angesichts der damals sehr niedrig gehal- Haut, eine dekorative Außenumhüllung für durchaus Tränen im Regen, bis es sanft auf der Gitarre zupft tenen Limitierung auch geraten erscheint) und erwei- angenehme, wenngleich testosteron-strotzende Musi- und ein nicht einzuberechnender Moment tiefer An- tert das recht kurzweilige Material der originalen Syn- ken. 5/5 dacht über allem liegt. und Sonic Youth tactic 7“ um eine weitere, nie veröffentlichte Single wird hier heroisch gefrönt, der Wiedererkennungswert sowie Material aus den Sitzungen, die es nicht auf das CONSOLE der Herren Eno und Moore wird hier auf Einzel- Vinylformat geschafft hatten. Der Klang ist erstaunlich »Pan Or Ama« CD schwingungen im GesamtpopAPPARAT reduziert, für die 1996 umgesetzte 7“, hier zieht vor allem Tiet- »Mono« CD während der Rest sich in zeitloser Mäanderform über chens' großartiger Umgang mit dem Quellmaterial Disko B uns Hörer ergießt. Besonders anspielwert zeigt sich sämtliche Register avantgardistischen Könnens. Wie »Foster Kane«, zugrunde gelegt durch die vom Ver- unschwer zu erkennen bzw. auch zu hören, beruht das Eine Neueinspielung und ein Re-Release fasser vermutete Vertonung eines einsamen Spazier- Material dabei auf Papiergeräuschen, eine Serie, die kennzeichnen das Console-Konvolut des Disko B La- gangs durch verregnete Gassen, aural umgesetzt via Asmus aufgrund des limitierten Frequenzganges des bels in München. Jahre sind vergangen, an Roedelius, Gitarrensprengseln und sanften Feedbackformationen Materials und seiner beschränkten Weiterverarbeitung Cluster und Neu! kommen nur all jene vorbei, die inmitten der langsam dahingleitenden Loops. Oder jedoch frühzeitig wieder beendete. Teilweise sehr nicht mit dem kosmischen Klang längst vergangener aber »Magnolia«, eine frappierend an ein Björkarran- krachig mit deutlichen Anleihen an Asmus Tietchens Vinyl-Epigonen aufgewachsen sind. Console belebt gement erinnerndes Popwerk, welches mittels exten- Achtziger-Konkretindustrial: »P.I.G. 5« mit seinen Krautrock um dezente moderne und geradezu frische sivster Streichermondänität glänzt und eine ganz her- betont sinusoiden Einzelklängen gerät zur fast schon skizzenhaften Abstraktion von Papierklang, hingegen KK NULL/JOHN WIESE Auftragsarbeiten, deren Inhalt sich teilweise als Radio- betont »P.I.G 4« auf recht kurze Weise die Schönheit »Mondo Paradoxa« CD spiel offenbart, andere wirken in ihrer üppigen Klangil- von Tietchens' Bearbeitungsmanie, kennzeichnet sich aufabwegen lustrierung recht eigenständig. Der gefürchtete Mus- das Stück doch durch recht scharfgeschnittene und - limgauzeeffekt tritt nicht zutage, wenngleich das Über- gefilterte Einzelereignisse ehemaliger Schriftstückver- Das, was John Wiese und KK Null hier in thema das Morgenland darstellt, welches Viebegs formungen. Letztes Stück bietet dem Hörer eine wun- zweijährigem Mailaustausch mischen und zusammen- Maschinen und Sampler hier besingen. Leider fallen derbar noisige Vertonung all dessem, was Tietchens bringen, wird dem Terminus Noise annähernd ge- die meisten der hier versammelten Titel zu ernst aus, an Papier in seinem Studio wahrscheinlich aufbieten recht, wären da nicht die teilweise stilistisch herausra- zu durchformuliert und wirken wie schnöde Höradap- und – gespannt lauschend und schelmisch lächelnd- genden Lofi-Elemente, deren genügsam ausgebreite- tationen der eigentlich vorgesehenen Zwecke. Ob- auch zerknüllen konnte. 5/5 tes Klangspektrum den 54 Minuten eher wie eine wohl Viebeg erstaunlich reichhaltige Materialien ver- lockere Masse untergemischt und -gehoben wird. wendet, um daraus seine bisweilen zenähnlichen PTU Orgasmisch angelegte Feedbackeruptionen und Pha- Klangkompositionen zu erstellen, haftet allem ein »Hard Week« CD sermodulationen des Quellmaterials (deren Herkunft gewisser akademischer Überbau an, den das erste Laton in ihrer Fransigkeit nicht mehr erkennbar ist) verzerren Durchhören nicht recht abzuschütteln vermag. Der ein wenig das ruhigere Lofi-Spiel, allerdings spielen letzte Titel der CD zeigt dabei den Ausweg aus dieser Hmm, zugegeben, an maschinellem Einfalls- beide Musikparteien sehr gleichberechtigt. »5:25« ist Situation: einem wiederholten Gongschlag wird mit- reichtum mangelt es hier nicht, allerdings wirkt das eines der besten Beispiele: Über einen feedbackge- tels Acid zu Leibe gerückt, das fanale Wiegenlied der gesamte Release geradezu so, als hätte man Daft schwängerten Hallbogen kreisen zwei ausgelotete, Wüstensöhne vermag sich da noch etwas humorvoller Punk ein stilistisch nicht ganz annähernd klangver- sich aufeinander abwiegende Sinustöne, deren Clip- herauszuschälen als der Rest. 3/5 wandtes Denkmal setzen wollen. So ganz arg hou- pingphasen eine gewisse Philus-Affinität nicht ab- selastig geht es hier nicht zu Werke, die Klänge vermi- schütteln können. »6:22« wirkt anfangs wie die von PATRICK PULSINGER schen sich stets zu annähernd avantgardesken Mini- weiter Ferne aufgenommene und wiederholt abge- »Dogmatic Sequences – The Series 1994-2006« CD malexkursen, nur reicht die bei weiten zu krass ausge- spielte Aufnahme einer großen Stadt, umringt von Disko B reizte Spielweise der Repetition nicht für einen unbe- geradezu Tietchenesken Drones, deren kristalline schwerten Hörgenuss. Die guten Ideen wirken ein Klangneutralität einen großartigen Gegenpunkt zum Hmm, Flashback trifft es hier genau. Flash- wenig bewegungslos in dieser Masse von Electro- schwirrenden Noiseteppich im Hintergrund setzt. back: Das bedeutet zurückzusehen auf Vergangenes, loops und kurioser Technoverzärtelung, da bleibt Beautiful noise… 4/5 verdrängtes oder (un)zeitgemäßes, als die Welt noch wenig wenig über, was tatsächlich fesseln könnte. ihrer zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt eigenen Definitiv eines der Releases, welches Laton nicht un- AFANASSI VIEBEG Gesetzmäßigkeit folgte. Patrick Pulsinger verbindet bedingt gerecht wird und etwas enttäuscht zurück- »Karawanenmusik V« CD Gewohnheit mit Moderne, Rares mit Gewöhnlichem lässt. 2/5 Moloko+ und eine Menge dazwischen. Future Jazz nannte es bereits Alec Empire und Patrick Pulsinger übersetzt Afanassi Viebeg gehört zum Umfeld des Co- ihn neu, quasi als Neuübersetzer einer etwas unzeit- lumn One-Dunstkreises, in dessen nebelverhangener gemäßen Musikrichtung, die als Absplitterung vom Atmosphäre sich so manch eigentümlicher Künstler Elektronika-kosmos ihre eigene Berechtigung fand. versteckt hält. Viebegs Solo versammelt zahlreiche »Agom Drag« klingt wie Warehouse auf 2.0, »Numb Thrust« bietet neben schraddeligen Gitarren (gespielt ges, von Ebenen geprägtes Eigenleben. Und plötzlich auf diese Art und Weise Gefühl für Zeit und Raum, von Phillip Quehenberger!) komatöses 4/4 Gestampfe steht man wieder am Anfang. I don't understand. Alles bilden auf diese Art und Weise den Soundtrack für neben allerlei Highend-Effekten. Acid ist hier die trei- geht kaputt. Oder auch nicht. Manchmal ist es nur ein den einsamen Spaziergänger im Wald, ohne ein Kli- bende Kraft, wer hinter die minimale Fassade schauen kleiner Schritt ungeordnetes wieder auf die Reihe zu schee zu bedienen. Das Northam sein Stück im Som- will, muss allerdings etwas tiefer graben. »Dogmatic bekommen. Aber das hängt von der eigenen Einstel- mer für das Vinyl editierte kommt auch tiefenpsycho- Sequences – The Series 1994-2006« ist, wie der Titel lung ab. Irgendwo unter der tintenschwarzen Patina logisch dem Material zugute. Selten hat eine so aus- suggeriert, eine Kompilation welche man durchaus des Covers hat der Künstler eben sein eigenes kleines ufernde Komposition eine so hohe Ereignisdichte von hinten aufgezäumt ansehen darf – das Alte vorne Universum der Bruchhaftigkeit abgebildet. 5/5 aufgewiesen, ohne dabei zum Sturm zu mutieren. Auf an, das Neue hintenan. »City Lights (Part 1)« klingt wie diese Weise hört man den Wind weniger im Gebälk, Squarepusher zu besten »Budakhan Mindphone«- MICHAEL NORTHAM dafür mehr im Gemüt. 4,5/5 Zeiten. Highend-Jazz inklusive Rückwärtsschleifen. »Suhina« 10“ »LOOQ« updated Villalobos auf dem Mindlevel und Substantia Innominata BENJAMIN BRUNN bietet extraordinäres Beatgeshuffel inmitten fluffiger »77« 12“ Dronechords. Fazit: Essentiell für jeden, der mit elekt- Das Thema der Platte hätte auch von der K BineMusic ronischer Musik zu tun hat. Konsequenter Weg und Foundation stammen können. Michael Northam ver- sicherlich federführende Inspiration manch eines Mi- tont hier den Wind zwischen den Bäumen, auf finnisch A-seitig abgefeuertes Minimalambiente mit nimalakustikers. suhina genannt. Was sich als schöngeistiges Ambient- dezenter Chordbeschallung macht die Aufwartung experiment versteigen möchte, ist in der Endsumme und gerät nach wenigen Sekunden Laufrillenbewälti- GRMMSK erstaunlich unesotherisch geworden. Northam zieht gung in jene Rhythmik, die sich oberhalb der Wahr- »Punk On Kuollut« 3“-CDR alle Register seines musikalischen Könnens und nehmungsgrenze recht arhythmisch verschiebt, aber Totes Format scheint zu den wenigen zu gehören, die eine Kompo- mit jedem Patternwechsel dem Hörer die Möglichkeit sition über den Zeitraum mehrerer Jahre gedeihen gibt, das Loopszenario vor seinen Ohren neu zu unter- Der literarische Cut-Up. Was will er einläuten? lassen können ohne der Verlegenheit zu verfallen, suchen. Modular-Dub auf Höchststufe mit einem leich- Den Schnitt, den Bruch im linearen Wechselspiel von nach wenigen Wochen den Abschluss herbeizuzerren. tem Schwung avantgardesker Taktverschiebung. Um- These und Antithese? Grmmsk beleuchtet jenen Beide Vinylseiten wirken dabei sehr transluzent und seitiges Werkstück unter Zuhilfenahme von Material Schnitt auf auralem Terrain, sozusagen neutral ab vom klar abgegrenzt. Bisweilen hat man das Gefühl, die der obskur anmutenden Gruppe »Schnell Nachts schriftlichen Teil der Cut-Up Definition. Cut. Bruchhaf- leisen Zwischentöne der Feedbacks und trudelnden Noch Fisch« ist dann allerdings doch ein Weg in die tigkeiten in sich selbst werden aufgedeckt. Ja, genau, Dronecluster reichern sich mit dem Knistern des Vinyls andere Richtung. Jazzige Gefilden werden hier betre- I don't understand. Verstehen übt sich in der Anei- an, so fragil erscheinen die Zwischenbrücken der je- ten und wenn der Takt sich auch noch so verführerisch nanderreihung phasergeleiteter Fehlerbeats. Banaler weiligen Komposition. Wie GAS ohne Beats, wohl in die Ohren der Nachtclubbesucher schmiegt, gegen Gitarrenmusik. Muzak. Fernem Krauten unter aber um das zehnfache am Pitchregler hochge- die so unglaublich kurztastig betätigte Orgel im Mit- schwarzweißen Himmelsfärbungen. Marschmusik schraubt und mit einer majestätischen Würde, die man telteil kommt selbige nicht an. Der Bass furzt, der Acid durch mindestens drei Dekaden abwegiger Klangge- sonst nur in den leiseren Backgroundklangarien der stöhnt und letztlich landen alle zum Kaffee wieder im schwätzigkeit. Bruch. Erneut führt die Cut-Up Definiti- frühen Tortoise und ihren »Millions Now...« wieder Chez Paris. Könnte von Ludovic Navarre sein, wenn er on das ganze ad absurdum. Zwischen zahlreichen findet. Orgelähnliche Töne wechseln in malströmarti- denn mal richtig einen im Tee hätte. 5/5 Spezialeffekten führt »Punk On Kuollut« ein eigenwilli- gen Verschiebungen ihren Standort und verwischen TAM QUAM TABULA RASA noch einmal sämtliche Register zu ziehen, ehe die Hauses Laton und bei Gott, perfekt ist dieses Album »Cotidie Morimur« 7“ Grundlagenknappheit das Label außer Gefecht setzt tatsächlich. Eine solch lebendige Schnittästhetik hätte Drone Records oder aber wirklich reiner Veröffentlichungswille dahin- ich angesichts des Produktionsansatzes nicht erwartet. tersteckt – alles klingt hier, als spiele jeder der Künst- Synkopische Schlagzeuge klingen wie lebendig ge- Auf 45rpm gerade siechender Spielmanns- ler ein kleines Requiem für das Veröffentlichungsfor- wordene Maschinen, bratziges Industrialgewitter von zugabstraktion, auf 33rpm eine Mischung aus ovales- mat. Emerald spielen auf »Lasting« roedeligen japani- Franz Pomassl (der einen Teil der Albentitel überarbei- ker Lockedgroovemontage und geradezu schläfrig- schen Spacekrautrock, Labeleigner Scott Foust selbst tet hat) wird in waveeditierte 3/16 Takteinheiten ge- suggestiver Langsamkeit inmitten der parallel ablau- spielt hier in einigen Titeln den experimentalfreudigen presst und teilweise handbremsenartig angezogen fenden Klangereignisse. Charmant ist das sanft indust- Beelzebub, der mittels Langstreckenpiano und kit- oder durch sämtliche ungeraden Taktbemessungen rielle Outfit der Titel, besonders die geradezu mantri- schig verklärter Naturgeräuschkulisse leicht ange- geschleift. »Mondaynity« bietet aber auch sensibel sche B-Seite mit dem elegischen Namen »Ataxià« staubtes Konkretmusikflair versprüht. Überhaupt fin- geschnittenes Collaging, eine Symbiose aus Rauschen spiegelt einen geradezu einfühlsam ablaufenden den sich Klavierklänge hier zuhauf, sei es als chromati- und einer Stimme, die in einem Badezimmer aufge- Klangprozess wieder, in dessen Cage'scher Maschi- scher Kompositionsweg (Karla Borecky »Structure«) nommen zu sein scheint und dabei so unnahbar fern nenwiederholung so etwas wie ein chakrisches Be- oder ausweglose Pianoarie (Idea Fire Company's »The und entrückt klingt, dass es einem die Nackenhaare wusstsein für Klänge widerhallt. Die A-Seite hingegen Sinking Ship«). Frans De Waard und Asmus Tietchens aufstellen möchte. Das faszinierende ist der unge- pervertiert Organums Chaoskompositionen via sanfter bilden hier das eher strengere Klientel, Frans De wöhnliche Klang des Albums – es rockt und mosht als Repetition und nahtloser Aneinanderreihung industri- Waards rauschige Feldaufnahme plus minimaler Digi- wäre es konventionell eingespielt werden, nur stel- eller Klänge sowie abgenudelter Softjazzplatten im talprozessierung bildet die eine Seite, Tietchens Werk- lenweise offenbart sich der klitterige Sound des Edi- ausgewaschenen Hintergrund. Nicht gerade was für titel klingt als hätte er versucht, Minimaltechno zu tings. Seien es die streng stufenartigen Pitcheffekte den Weihrauchgarten, aber definitiv etwas zum Stau- produzieren. Sehr schräg. Idea Fire Company's »The oder die kurzzeitig angehaltenen Klänge, die ein digi- nen. 5/5 Sinking Ship« bildet übrigens den B-seitigen Ab- tales Eigengeräusch bergen. Dieses Album lebt vom schluss. Sehr klagend wird das Klavier eingesetzt, die exzessiv gehaltenen Schnitt. Und damit cut. Wer nun VA Geräusche zerren am Ausschwung der Klaviersaiten. meint, ein Schnittprogramm und ein Produzent allein »Lasting« CS Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Schade. 5/5 würde unweigerlich zu einem solchen Album führen, Pineapple Tapes wird nach dem Hören eines Besseren belehrt. Eine ANDRES LÕO Empfehlung für dieses Album schien uns mehr als Mit »Lasting« kreiert das Unterdepartment »Skeletons On Rock« CD angeraten. 5/5 Pineapple Tapes des amerikanischen Labels Swill Laton Radio sein letztes Publikationswerk, verantwortlich ist RLW die nächstdrohende Verknappung von Chromkasset- Wavelabrock, Audacityindustrial, Soundfor- »Contours Imaginaires« 10“ ten im amerikanischen Raum und der Mangel an Fer- gedub- »Skeletons On Rock« ist insofern unkonventio- Substantia Innominata tigungsfirmen für gewöhnliche Audiokassetten. Sehr nell, weil das Album nicht auf herkömmlichem Wege schade, denn diese internationale Kompilation von im Studio mehrspurig entstand, sondern in einem Ralf Wehowsky, Exmastermind hinter P16.D4, diversen Materialien ist letztlich ein schönes, kubisch Waveeditor aneinandergeschnitten wurde. »Syncopa- legt auf Substantia Innominata ein Beispiel zeitloser zusammengewürfeltes Werk elektronischer und abs- ted and cut in perfect order« steht auf dem CD- Bruchhaftigkeit vor, generiert aus einem (Fast-)hauch trakter Musik. Sei es dem Umstand geschuldet, hier Rücken, gesäumt vom gewohnt chiquen Artwork des von Nichts. Wenige Sekunden Piano und Stimme gereichen zu nahezu 21 Minuten Musik, gepresst auf von Gilles Aubry, Material vor, welches wohl kaum und der Titel »The Floor Released« sind dabei leider transzendentes braunmamoriertes Vinyl. Das RLW sich zerrissener im Stereokanal flattern könnte. Nicolas die einzigen wirklich herausstechenden Titel mit ihrer modernster Techniken zur Dekonstruktion bedient, Wiese, Lars Scherzberg und John Hughes spielen hier leicht mäandernden Tonform, die wie eine etwas erscheint angesichts des dröhnig-frequenzlastigen Computer, Saxophon und Kontrabass und klingen verspielte und entwirrte Variante von Nobukazu Einstiegs klar. »Ombre D'Erosion« beginnt schwebend erstaunlich homogen, trotz der ruckartig verschobe- Takemuras Abstraktjazz klingt und neben sehr schö- leicht, ehe ein etwas angeschlagen wirkendes Piano nen Musikrealitäten zwischen den avantgardistisch nen Kurzweilmelodien auch effizientes Mikroediting erklingt sowie ein pfeifender Ton, einer Wasserpfeife verzerrten Taktmaßen. Die in Orchesterqualität einge- bietet. Der Tonfall der CD ist dabei durchaus ange- nicht unähnlich, das dezente Szenario betritt. Imaginä- spielten Stücke des Trios zeugen von der rauen Ur- nehm, ergeht die kurzweilige CD sich in teilweise re Konturen scheint es tatsächlich zu geben, unter der form des Jazz, von teilweise bis in die letzte Transposi- raschelnde Digitaldekonstruktionen und leisen Hinter- schleifigen und mit allerlei hochgefilterten Geräuschen tion der Klänge durchkomponierte Improvisationsfor- grundschwingungen a la Steve Roden. Der Rest bevölkerten Vinyloberfläche wimmelt es teilweise nur men und zeitgenössischer Destruktivität via Sampler schlägt sich mir aber zu sehr in Eno-eske Ambient- so von sehr leisen Einsprengseln kleinerer Klangereig- und Software. Das Endergebnis ist dabei unter der stimmung durch, die leider dem Quellmaterial nicht nisse, Geisterschwingungen, Phantomfrequenzen oder Bank weg einer hohen Qualität unterworfen und nie wirklich gerecht wird. Mir ein bisschen zu viel Shoega- einfach nur imaginären Tonkanten. Die B-Seite bietet musikegoistischer Selbstzweck, sondern steter Wech- zing, der hier mal gar nicht passen möchte und über- gleich zwei Stücke, »Cellule Imaginaire« und »Erosion sel zwischen den Begebenheiten des schnarrenden dies ein zu verkitschter Ansatz in der Ausführung. 2/5 De L'Imaginaire«. Ersteres mit stochastischen Pitch- Hier und dem digital verzwirbelten Jetzt. Das ganze klängen, untermalt von der Imagination ferner Auto- klingt dann letztlich streckenweise wie eine Jazzplatte SYMBIOSIS ORCHESTRA rennstrecken, angeordnet auf Shepard-Skalen, umwirrt hochgerechnet auf 160 BPM, mit denen P16.D4 trans- »Live Journeys« CD und umgarnt von digitalen Schnattergeräuschen und formatorisches Frisbee spielen. Klanglich bietet »Dis- Baskaru einem geisterhaft verzerrten Klavier. »Erosion De card Hidden Layers?« eine Menge, angefangen von L'Imaginaire« ist einem fließenden Übergang unter- stillen Passagen, in denen jegliches Instrumentarium Ein kurzes Stutzen, aber tatsächlich, es steht worfen und bietet Stimmen, die seltsam sägend in der den mechanischen Atem angehalten hat, bis hin zu Robin Rimbaud auf der Hülle. Scanner ist einer von Luft zu schweben scheinen, nicht unähnlich dem ext- krachigen Verrückungen auf die Can wohl neidisch vielen Musikern um das Kollektiv Symbiosis Orchestra. rem gestreckten Klang einer singenden Klavierseite. herabblicken würden. Nicolas Wiese spielt zwischen »Live Journeys« beginnt wie ein Klassikorchester mit Auch das Szenario spielt sich langsam faserig aus, ein den Aufnahmen eigene computergestützte Arrange- Violine und einer Chorsängerin, Vibraphon und Gitar- kurzer Grundton, kurzes Erwachen und das Bewusst- ments und Miniaturen ein, deren bewegtes digital re und bietet den Charme einer etwas zerfaserten sein, den Tonarm wieder abzunehmen. 4,5/5 fermentiertes Elementespiel eine willkommene Ab- Filmmusik mit fernöstlichem Einschlag in der Art der wechslung zum ernsteren Spiel des Trios darstellt. 5/5 Gitarrenspielweise. Das ganze macht sich über die HUGHES/SCHERZBERG/WIESE zeitliche Dauer sehr schön, der Klang gerät mehr und »Discard Hidden Layers?« CD ETHAN ROSE mehr zu fordernder Mutationsklassik, immer wieder Schraum »Oaks« CD aufgebrochen von noisiger Statik und granularer Pul- Baskaru verisierungsmechanik. Das Album zeigt deutliche Splittrig geht’s hier zu, geradezu gekonnt Anleihen eines Orchesters, gehievt auf neuzeitliche zerstörerisch, den Mundwinkel stets zu einem trium- Eine Wurlitzer Theaterorgel aus dem Jahre 2.0, denn das Orchester bedient sich neben den klas- phalen Grinsen verzogen. Das hamburgisch- 1926 diente als ausschließliches Grundmaterial in allen sischen Ingredienzen wie Violine und Gesang auch berlinerische Improvisationstrio legt hier, eingespielt auf der Orgel abrufbaren Variationen. »Rising Waters« zeitgenössischer Softwaretechniken. Damit wären wir auch beim Thema: Einzig der nervöse und deutlich tation und improvisatorischer Klangkaskade. Die ganz- verwischungen und bietet am Ende eine Sammlung Dada-beeinflusste Gesang von Iris Garrelfs macht es seitige B-Seite (tatsächlich finden sich auf der 10“ zwei chimärischer Musik. Das letzte Stück auf der ersten CD teilweise etwas schwer, der Musik etwas beruhigendes lange Stücke) erzeugt ein ähnliches Szenario, aller- hingegen bietet entgegen des Randommodus der abzugewinnen. Wenngleich ihre Stimme in transferis- dings tritt die vormals vornehm zurückgehaltene Effek- ersten beiden Werke einen sequenzierten Orgeldro- tisch-manipulierter Manier nie ein Gefühl der Belie- tierung der Klänge stärker zutage. Ab der Plattenmitte ne, moduliert über die zeitliche Dauer von knapp 22 bigkeit erzielt, klebt sie bisweilen zu dicht an den entstehen seltsam mantrische Muster, dem Klang Minuten, mutiert zu einer frequenzreichen Fahrt durch fragilen Improjazz-Arrangements der Musikerkollegen. einer Orgel nicht unähnlich, ergänzt um zahllose wei- silbrige Schattenwälder und sepiafarbene Eindrücke Neben der Klassik bietet das Orchester auch rhyth- tere Elemente, die sich aus Feldaufnahme, Drones unserer Umwelt. Die zweite CD ist hingegen ein Stück musbasiertes Material in zahlloser Form, sei es als und leicht angezerrten Obertönen zusammensetzen. Pianomusik, ausgedehnt auf die Dauer von knapp 75 autechrelastige Patternsequenz oder zuluinfiltriertes Eine sehr schöne Platte, die ohne den nötigen Pomp Minuten und wirkt hier besonders stilvoll, ähnlich einer Ritualgetrommel. Dass das Orchester multimedial einer überschminkten Musikerwartung daherkommt. Etude von Akira Rabelais, gehüllt in Rauschen, natura- auch Bilder einbindet wäre fairerweise noch zu erwäh- Neben der RLW von Substantia Innominata mein lem Clipping und Umweltnoise. Einziger Kontrapunkt nen. Ein kurzer Einblick bietet das CD Cover mit seiner derzeit favorisiertes Release. 5/5 ist hier die sogar nicht passen wollende Technik, die rasternotonaffinen Bildstruktur, allerdings fehlen diese Klavierriffe immer und immer wieder in die Stille zu im Endprodukt gänzlich. Vielleicht wäre eine DVD hier KENNETH KIRSCHNER versenken. 4,5/5 das bessere Maß der Dinge gewesen. 3,5/5 »Filaments & Voids« 2xCD 12k VOICE OF EYE NOISE-MAKER’S FIFES »Substantia Innominata« 10“ »Zona Incerta« 10“ Es gibt Tonträger, da kann man als Rezensent Substantia Innominata Substantia Innominata sich die Finger blutig schreiben. Sicherlich ist das schmackhafte Beiwerk dieser Doppel-CD der ange- Substantia Innominata beweist seit ihrer klei- Ähnlich einer Kette von Plunderphonictrickse- nehm unverkopfte Beilagentext von Marc Weiden- nen Releasekollektion größte qualitative Sorgfalt, aber rei und schamanistischem Tranceinschlag bereiten baum, doch was sich theoretisch so angenehm liest, hier scheint mir das Droneklischee in jeglicher Hinsicht NMF auf der 10“ sorgfältig zwei Stücke natural gehal- ist in Wirklichkeit der Alptraum eines Kritikers. Kirsch- ausgereizt. Drei lange Stücke mit Vokaldrones, die tenem Ambient und Feldaufnahme vor dem Hörer ner bereitet in »Filaments & Voids« die Zettelkasten- über die Rezitation menschlicher Vokale nicht hinaus- aus. Beide Seiten beginnen relativ leise und zögernd, mentalität auf und man möge den ersten Wortstamm geht und auf Dauer doch etwas zu belanglos wird. ehe eine Mischung aus synthetischer Grundbetonung »Fil-e« hier bitte sehr ernst nehmen, denn die Stücke Einziger Lichtblick ist die B-Seite mit ihrer etwas ge- und relativ uneffektierter Klangmaterie auf dem Stere- beschreiten eine Richtung, die es fast unmöglich trageneren Machart, letztlich bleibt jedoch ein fader ofeld erscheint. Die A-Seite geht dabei stärker in die macht, einen kritikalen roten Faden zu finden. Bereits Nachgeschmack für knapp 40 Minuten Musik. dunklere Seite des Releases ein, vereinigen sich hier das erste Stück bietet über die Dauer einer knappen Laut Aussage nutzen Voice Of Eye auf dieser 10“ Synthesizerspuren und dekonstruierte Feldaufnahmen halben Stunde tausende Drones, abgelegt in kaleido- neben selbstgefertigten Effekteinheiten auch weltmu- zu einer Klangmasse, die den Hörer unerwartet einlullt skopischen Abwandlungen ihrer selbst. Man hat das sikalische Instrumente, von denen das menschliche und dabei ein Gefühl erzeugt, den einzig wahren State Gefühl, als wolle Kirschner tilgen, was sich noch vor Ohr jedoch aufgrund der starken Dekonstruierung Of Trance zu erreichen. Der Klang wirkt weder schwer wenigen Minuten im Gehörgang befand, so subtil nichts mitbekommt. Die Stücke sind sehr fließend, die noch räucherstäbchenambientebetont, sondern wirkt geht Kirschner zu Werke, blendet sanft Pausen zwi- Subbassdominanz der einzelnen Stücker hervorragend wie eine intelligente Schnittmenge aus Felddokumen- schen die oftmals nur Sekunden währenden Drone- herausgemastert, doch das Endergebnis bietet zu wenig Raum für Einzelwahrnehmungen der hier ver- JANA WINDEREN Garet, dessen gemeinsames Werk mit Dean King mir wendeten Klangerzeuger. Definitiv die schwächste »Heat: Live In Japan« CD noch wohl in den Ohren liegt, erhebt sich hier weit Veröffentlichung des Bremer Labels. 2/5 Touch über die Ebene des Mikrotonalen hinaus. Startet »Intrinsic Motion« noch relativ dezent, als hätte man INFRA RED ARMY Jana Winderen beweist laut Ausführungen weißes Rauschen mittels Tonband in unerhört langsa- »Entrails« CD des beiliegenden Promotextes hohes Geschick im mer Art abgespielt, beginnt »For Shimpei Takeda« mit Laton Abnehmen submariner Klänge und Gletschergeräu- leisen sinuesken Feedbacks und träge ausschwingen- schen. Der vorliegende kurzweilige Mitschnitt eines den Saiten eines unbekannten Instruments. Beach- Dmitry Soroka, ukrainischer Musiker, be- ihrer Konzerte ähnelt dennoch stark der Vorführung tenswert ist dabei der langsame Aufbau, der Wechsel schreitet abseits seines seit der Jugend vorgegebenen der rollenden, schmatzenden und leisen Töne ihrer zwischen hohen und sehr tiefen Tönen mittels langge- Pfades mit der Gitarre hier den Weg der Elektroakus- bevorzugten Klanggebiete als einem Livekonzert mit zogenen Einschwingvorgängen sowie der dezenten tik und computergestützten Komposition. Tendenziell dekonstruktiver Bearbeitung des Quellmaterials. Ähn- Zumischung manipulierter Feldaufnahmen. Der obli- angesiedelt in der non-mainstreamlastigen Musikwelt, lich einem DJ mischt Winderen Aufnahme über Auf- gate beiliegende Klappentext zur CD ist allerdings bewegen sich die auf »Entrails« versammelten Werke nahme übereinander, gleicht die Frequenz an und eine relativ kopflastige Sezierung der Vorgänge auf auf einer emotional verankerten Ebene. Bisweilen setzt leise Fades zwischen den jeweiligen Bestandtei- dem Tonträger und macht am Ende nicht eben muten Titel wie »NocTurn« oder »EnCore« wie in len. Der ebbende Fluss droniger Delayfrequenzen schlauer. Relativ auffallend ist der Einsatz von Zeit, Auftrag gegebene Film- bzw. Theatermusiken an. Das mag da noch via DSP umgesetzt worden sein, der Transponierung und eben Bewegung, in deren Radius Material präsentiert sich agil und lebendig, beinhaltet Rest wirkt wie der bereinigte Wahrnehmungsklang sich sämtliche Werke auch bewegen. Die Umsetzung sowohl Versatzstücke klassischer Musik in Form von eines Menschen, der seinen Kopf in eiskaltes Glet- der Bewegung gerät dabei teilweise recht schnittig im Streichern und Klavieren, als auch verfremdete Akzen- scherwasser steckt und dabei das Wasserrauschen der wortwörtlichen Sinne, erreicht der Zenit einiger der te der abseitigen Klangkunst von heute. Auffallend bei endlosen Unterwasserweiten ins Ohr gebrüllt be- vier Titel doch bisweilen kurze Momente der Stille, in »Entrails« ist der, wie eingangs erwähnte, überwie- kommt. Der Effekt gleicht dabei durchaus dem einer deren nächstem Verlauf das Auf- und Abtauchen eines gend hohe Einsatz emotionaler Stilmittel. Sei es als recht großen Stereoweite, ähnlich dem Wassertropfen völlig neuen Klangereignisses keine Seltenheit dar- volksweisenhafte Funktion der Gitarre in »Deja«, dem in der Regentonne, akustisch betrachtet. Jana Winde- stellt. Ein sehr reichhaltiges Konzept und dennoch bruitistisch klimpernden Klavier in »Cage«, oder dem ren greift dabei so kristallin in die reiche Klangfauna meisterlich umgesetzt. 4,5/5 schwammigen Noisebeginn in »Shram« mit seiner der sonst verborgenen Orte ein, als hätte sie die Auf- horroresken Frequenzverstimmung – alles deutet auf nahmen nicht via Unterwassermikrophon aufgenom- HECKER eine geradezu cinematische Arbeitsweise hin, die sich men, sondern ein Audiomikroskop in den Fjord gehal- »Acid In The Style Of David Tudor« CD bisweilen unerwartet ins Gegenteil verschiebt und ten. Essentiell, spannend, ohne Frage. 5/5 Edition Mego damit aufzeigt, dass der Sinn der Musik sich durchaus in ihrer wechsellaunigen Art ergibt. Allerdings erge- RICHARD GARET Hecker vereint Avantgardemusiker David Tu- ben Soundlandschaften wie »PureCell« auch ernsthaf- »Intrinsic Motion« CD dor mit dem berüchtigten TB909-Techno der späten tere Ansinnen. Vor dieser Kulisse bemerkt man erst Non Visual Objects Achtziger zu einer wahrhaft surrealen Interpretation recht, wie weit Soroka seine musikalischen Ideen aus des Technomovements um 1988. Nimmt man den Jazz und Klassik gezogen hat. 5/5 Bewegung ist hier das zentrale Thema, dem Titel der CD genauer auseinander, fragt man sich ob hier in reduziert-minimaler Weise gefrönt wird. Richard Herr Tudor Acid auch so umgesetzt hätte. Das Ergeb- nis bietet auf dem ersten Hören keinen genauen An- reden“ wird hier zur musikalischen Tour de Force, und die Sau Sau sein darf. Ilse Lau verherrlichen die haltspunkt, bewegen sich die Stücke in gewohnt He- eingebunden in klassische Versatzstücke des Radi- Ehrlichkeit, erkunden via extensiver Avantrockbetup- cker'scher Manier auf dem höchsten Abstraktionslevel, oplays oder der Schallplattennovela. Auf der A-Seite fung das selbsterklärte Ziel der Tornadologie und welches es zu erreichen gilt. Der Anfang beweist be- zeigt sich genau dieser Ansatz hervorragend, die sich widmen den Uhlenbusch Onkel Heini. Ein so familiär reits mit seinen überaus maliziös ausgeführten bin- in ihrer Verzweiflung an einen Fernsehpsychologen angelegtes und geführtes Release verdient auch damit auralen Mono-/Stereomanipulationen bereits bestes wendende Frau windet sich graziös um den eigentli- den Preis für wohlverdientes Spiel, sowohl in Ausstat- Understandment neuzeitlicher Klangakustik. Hecker ist chen Punkt ihres Anliegens herum, der gelegentlich tung als auch in der konsequenten Umsetzung. »De Psychoakustiker, die analog vorbereiteten Grundtöne unterbrechende TV-Seelsorger bemerkt mit steter Tinnen Mannen« ist neben der eingangs erwähnten des Buchla Modularsynthesizers werden mittels Verschwafelung eigentlich gar nichts – seine mit aller- Klangsituation ein wunderbares Beispiel für Avantgar- Comdyna Computersystem auf ein Level à la 2.0 ge- lei psychologischen Begründungen gespickten Aus- derock in jeglicher Coleur, sei es als Slow Rock oder hievt und schlussendlich mit allerlei Binaural- sowie lassungen sind reine Worthülsen, repetitive Klang- synthesiertes Elementespiel zwischen Trompete, Monomischtechnik editativ aufbereitet. Der Aufforde- schalen, deren Sinn und Logik der Frau zwar nicht Schlagwerk und Violine. Ilse Lau schaffen ihren eige- rung, dieser CD jedoch mit höchster Lautstärke zu aufgehen mögen (wenngleich sie stets durch verbales nen Status mittels angereicherter Krautrockästhetik in lauschen, sollte jedoch nur von denen nachgegangen Abnicken Verständnis mimt), aber dem Hörer den Schieflage und das ist angesichts ihres leider viel zu werden, die das dafür nötige Hifi-Equipment ihr eigen Genuss beschert, sich am gelahrten Gespräch beider frühen Bandablebens eine famose Sache. 4/5 nennen. Die als Zwischenspieler enthaltenen »ASA«- zu erfreuen und geradezu pervertiert zu beobachten, Stücke sind tinnitusaffine Strukturen, die jedoch mit wie das Gespräch letztlich mit keiner Hilfe für die Frau ALVA NOTO + RYUICHI SAKAMOTO/ ihrem zerrenden Obertonklang schon eher an das endet. Die B-Seite geht dabei etwas zahmer an die ENSEMBLE MODERN Sägezahnzwitschern der Roland-Silberkiste erinnern. Grundthematik heran. Der neuzeitliche Hauskonsu- »utp_« CD+DVD Das finale »Ten« birgt als Grundszenario allerlei Kom- ment aufgeweichter Shoppingsendungen kommt nicht Raster Noton pressionsartefakte, deren Witz darin liegt, dass ver- umhin, den teilweise geschraubten und gewundenen mutlich Hecker sein Album als schlechtes MP3 kodiert Ausführungen zweifelhafter Amateurmoderatoren zu Insen und Vrioon sind Meilensteine der RN- neu eingespielt hat und mittels extensiver Stereoma- lauschen und dabei zu bemerken, dass eben jenes Geschichte und das in jedweder Hinsicht. »utp_« ist nipulation in Kurzform gegossen hat. Ein Album für Spiel mit Worten und aus dem Zusammenhang geris- glaciale Klassik, ein weiteres Juwel aus dem Hause jene, die 5.1-Aufnahmen mit Lautsprechern von Bang senen Satzteilen die eigentliche Kommunikation ent- Noto/Sakamoto, dieses Mal mit fachlicher und musika- & Olufsen konsumieren oder sich die Mühe machen, larvt und degradiert auf ein reines kommunikatives lischer Unterstützung des Ensembles Modern. Gleich Synthesizerschaltkreise zu vertonen. 5/5 Problem: Es wird hier einfach mal bewusst und im der Anfang hat eine geradezu betörende Wirkung, Kunstkontext am Material vorbeigesprochen. 5/5 Sinus und Rauschen verweben sich mit den bruitisti- JÜRGEN ECKLOFF schen Geigenausbrüchen und den endlos gedehnten »Zwei Sinterflaschen in Wechselschaltung« LP ILSE LAU Streicherdrones zu einer edlen Metamusik, die Zeit 90% Wasser »De Tinnen Mannen« CD und Raum aufhebt und trotz allem Ernstes eine gewis- Fidel Bastro se Spielhaftigkeit nicht verliert. »Grains« zeigt den Die menschliche Kommunikation, angesiedelt Einsatz Alva Notos in größeren Facetten, das Piano zwischen verstehen wollen und nicht verstehen kön- Ilse Lau's Vorvermächtnis schlägt Wurzeln in Sakamotos wird abgeschliffen und bis auf das Skelett nen oder sollen wird hier aufs feinfühligste von Jürgen der Veröffentlichung »De Tinnen Mannen«, fröhlich freigelegt, während das Ensemble Modern seine In- Eckloff seziert. Das berüchtigte „Aneinander vorbei- beschwingt, eine Landschaft in der Pelikane rülpsen strumente geradezu archäologisch reinigt und somit auf klare, reduzierte Klänge herunterbricht. Eines der den währender Exzess, der in der nächsten Sekunde gesammelt auf einer CD Einzug zu halten, aber was schwermütigsten Stücke mit der Synthese aus einen wieder völlig freies Spiel der musikalischen Elemente hier gewaltig fehlt ist der Hematic Sunsets-Einschlag, verlangsamten Debussy und einem verjüngten Robert garantiert. Jeder der nachfolgenden Titel ist einem wenngleich der Witz hier doch etwas offensichtlich ist. Rutman. Interessant ist für »utp_« der Einsatz der In- Instrument gewidmet, sei es der Ukulele, dem Cello Das knallbunte Bonbonfoliencover der reproduzierten strumentennebengeräusche. Man scheint genau zu sowie Daumenklavier oder diversem anderen Spielge- Sleevehälfte passt definitiv zum Klang. Asmus beginnt hören, wie die Musiker ihre Saiten spannen, das Piano rät. Colleens Ansatz ist dabei bedächtig ruhig und frei, »Litia« wuchtig mit getaktetem Rhythmus und schön angeschlagen wird. Mit genau jenen Restklängen die digitale Transformation kaum spür- und hörbar, breitwandiger Hallfahne, dass es den Tanztee zur arbeiten die Musiker, schicken die Spuren durch Ef- stattdessen offenbaren die geschichteten Klänge eine Entstehungszeit dieses Albums gerockt hätte, aber fektkreise und transmutieren alles zu einer Musik, die seltsame Form der Wehmut, die sich in allen Komposi- teilweise wird es etwas banal und lang. Zu lang. Die entfernt an RLWs großartige Geräuschetuden erinnert. tionen wie ein roter Faden durch das Werk schlängelt. Bonusstücke sind dann doch wieder mehr der Aus- »Transition« ist ob der Kürze des Stückes ein weiteres »The Melodica Song« ist dem einsamen Seemann in gleich für das vorhergegangene Album, schiefge- Großwerk auf »utp_«, die einzelnen Klänge werden nostalgischer Verklärung gewidmet, »The Thump stimmt und angereichert mit dem repetitiven Schnau- hier nicht mehr als Einzeltöne wahrgenommen, son- Piano Song« spielt auf afrikanische Rhythmik und den ben der Maschinen rast der Popwaggon dem Ab- dern harmonisiert ausgegeben und zu einem Drone roten Zauber des Dschungels an, während zum Ende grund entgegen. Die vier Bonusstücke sind schön transformiert, dessen Obertöne teilweise an ein Schif- das europäische Kammermusikensemble seine Be- abstrahiertes Yamahageklöppel mit der Betonung auf ferklavier erinnern. Die beiliegende DVD enthält das rechtigung findet. »The Cello Song« mit seinen echo- Experiment und Fehler. Abstruse Musik für Hinterhof- Konzert sowie ein Making Of zur CD und Entste- lotartigen Celloschwingungen klingt wie eine Offenba- lokale oder avantgardistische Fleischeslustfilme. Ja- hungsweise des Projekts. Alleine das Konzert ist ein rung an einen dogmatischen Kurzfilm, während »Peti- woll, heute geht es mit Glacehandschuhen und ge- Vergnügen, mit seiner visuellen Bandbreite erhöht die te Fleur« wieder die kleine Spieluhr des Anfangs inne- bürstetem Zylinder in den Aroma Club. Album: 3/5; DVD den Genuß dieser Veröffentlichung ganz erheb- hat. Wunderbare Musik, die viel von der Sehnsucht Bonus: 5/5 lich. 5/5 der Welt in sich trägt. Eine äußerst strenge, aber auch sehr mütterliche Musik. 4,5/5 ILLUSION OF SAFETY COLLEEN »More Violence And Geography« CD »Mort Aux Vaches« CD ASMUS TIETCHENS Die Stadt Staalplaat »Litia« CD Die Stadt Illusion Of Safety sind eine Institution erha- Ein etwas älterer Staalplaat-Titel in der un- bener Klangfetischisten und werden es wohl auch vergleichlichen MOV-Reihe, diesesmal als kleines Tietchens goes Pop. Ein wenig mager ist das ewig bleiben. Das hier neu aufgelegte Tosen und akustisches Bonbon in französischer Frauenhand. Ergebnis schon, denn obschon Herr Tietchens seinen frenetische Dröhnen der '88 IOS Besetzung spielt hier Colleen macht von Anfang an alles richtig, spielt einen ganz eigenen Mainstreamregeln folgt, ist das eigen- beste Ballhausbeschallung, verhalltes Klimpern, rasant kleinen mechanischen Walzer auf winzigen Spieluhren, willige Ergebnis von Moog und erstem Digitalexzess abgespielte Rockloops und ein Noisedrive, den Fausts deren teilweise hübsch sich überlagerndes Resonanz- so was von ordinär unprätentiös, dass man sich denkt, Peron selbst mit seiner Kettensäge nicht erreichen spiel sie in dumpfe Hallräume wirft, ehe einige der hier könne sich Asmus einen Scherz mit seinen Hörern könnte. Illusion Of Safety machen einfach, statt kon- Töne sich überwerfen und sich in bizarren Klangfor- erlaubt haben. Zugegeben, die kurzen Einwürfe zwi- zeptuell herumzukleckern, eine Veröffentlichung, die mungen winden. Jede Transformation ist jeweils von schen den teilweise extrem lange ausgespielten Titeln den freien Geist der NWW-Zeit und Current93-Ära geradezu schreckhafter Zögerlichkeit, ein nur Sekun- haben in ihrer zeitlichen Kürze sehr großes Potential, atmet, um am Ende seine intimen Augenblicke in analoge Reverbs und unscharf gehaltene DJ- kunst, eine mäandernde Kette unaufdringlichem Am- braucht es dann auch mal. Alle Register werden hier Ästhetiken zu werfen. Teilweise clashen Illusion Of bients, tote Drones, Statik. Sicherlich ist »Generators« gezogen. Und wer das alles nicht versteht, sollte die Safetys Plattenausschnitte aus Rockmusikeskapaden ein Set, welches sich erst nach langem Hören ent- CD mal vor der Schule in der Cliquenraucherecke zu imaginären Cage'schen Tapeschnitten zusammen, schließt. Der Punkt ist die Wiederholung, die die CDs abspielen. Damit bist du einer von allen bei soviel dann wiederum spielen Burke und Illusion Of Safety- wie zähflüssige Versionen einer tonalen Kette wirken stilistischer Vielfalt. 5/5 Core so was von improvisiertes Geschrote und Ge- lassen. Musik für krankheitsbedingt unterbesetzte knödel, dass man sich am Ende fragt, wer das Riesen- Agenturbüros. Aber dann bitte mit lautem Lüfterrest- knäuel aus Krach und Maschinerie wieder auf- geräusch und dem altersbedingten Knarzen der Fest- »Syncophant Of Purdah« CD löst. »More Violence And Geography« ist ein gordi- platte. 4/5 »Sulaymaniyah« CD scher Knoten und gleichzeitig eine Hommage an die Staalplaat Industrialzeit der späten 80er. Die auf dem Sleeve MARC WANNABE aufgedruckten Satellitenaufnahmen stellen dazu den »Things Don't Last Very Long« CD Muslimgauze bedarf keiner großen Worte. passenden Link her, spiegeln sie doch die Komplexität Moloko+ Zugegeben, ich bin nicht gerade großer Fan seines dieses Albums in all ihren Facetten wieder. 5/5 mit Verlaub gesagt, recht gigantischen Audioerbes, Cultureclash. Kampf der Genres. Audioge- welches Staalplaat als Verwalter unter das Volk gibt. MONOS brösel aus dem kollektiven Musikgedächtnis der letz- Man kann aber jeder Muslimgauze-Veröffentlichung »Generators« 2xCD ten Jahre. Hip-Hop, Grime, Dub, Experimentelles und eine gewisse Genialität nicht absprechen und seien Die Stadt abstrahiertes Rhythmusgefühl. Random Music, bizarres die Beiträge noch so reduziert, noch so sehr Statikpat- Audiotheater für Leute, die unter ihre Achim Woll- tern, noch so sehr Grundgerüst für ein nie beendetes Colin Potter, die rechte Hand von Steven scheid-MP3s einen Technobeat mischen. Marc Wan- Klangdokument. »Syncophant Of Purdah« ist so ein Stapeltons Avantgardeauswurf Nurse With Wound nabe präsentiert mit »Things Don't Last Very Long« Werk, fragmentare Loops, breite Triphop-Beats mit schlägt mit »Generators« sehr dezente Töne an. Der fucked up Jazz, Knödelpop, dümmliche Hip-Hop viel Drive und dem nötigen Knowhow des Effektes, Verbund mit Darren Tate erschließt ziemlich all jene Etüden und breites Verständnis für jegliche Form von mehr ist da nicht zu hören. Man kann sicherlich bei Seiten, die man bei NWW nicht genügend amplifiziert öffentlichkeitsfern entstandenen Schülerhandyauf- einer solchen Menge an Material und Remixen des vorfindet: Ambient, Drone, Rausch, Phaser. »Genera- nahmen getreu dem Motto: mach mir die Sau für 1 bereits in zehnfacher Ausfertigung vorliegenden tors« ist erstaunlich anonym gehalten, farbenprächtige Minute Schulhofimpression. Alles aufgezeichnet. Da Grundmaterials eine gewisse Beliebigkeit nie aus- Grafikräusche auf dem mit dem Wort STILL betitelten darf es auch mal grunzen oder spastische Vokalver- schließen, aber warum Staalplaat eine CD heraus- Zweierdigipack sind die einzigen Anhaltspunkte, de- renkungen geben. Mach dich zum Horst verdammt bringt, die außer wenigen ausformulierten Stücken ren Informationswert jedoch außer im visuellen bei noch mal. Wannabe darf alles, erlaubt sich alles und lediglich fragmentales Loopgewummer bietet – keine Null liegt. Was sich hier auf annähernd zwei Stunden zieht auch noch andere mit hinein. Column One sind Ahnung. Da mag der Sachverhalt sein, dass Muslim- Material tummelt, ist phasergeleitetes Ambientdröh- dabei und dürfen Wannebe auditiv abkanzeln und ihn gauze eine Beendigung der hier versammelten Num- nen, amplifizierte Geräusche eines stoßseufzenden in der Karzer schicken, während Stea Andreasson ihn mern noch vor sich hatte, ehe sein frühzeitiges Able- Wasserkochers und Potters elektronisches Treatment, wieder aus der Ecke zieht um ihm mit rotem Loli- ben eintrat, aber für eine CD ist das wenig, leider. 3/5 das hier positiv dünn wirkt. Bisweilen wirken die anei- tamund die Leviten zu lesen. Andreassons filmisches nandergereihten Phasenverschiebungen der fern Zitateschnippeln aus der Krimiserie Der Alte mag da »Sulaymaniyah« bietet dagegen mehr Klänge erklingenden Klangereignisse wie Reich'sche Klang- als pädagogisches Anschauungsmaterial dienen. Das an, seien es acidgetränkte Breakbeats zwischen ver- hallten rückwärtsgespielten Arabstimmen oder Oizo- werkerkiste. Da sei es auch verziehen, dass einige der ses einfach mal zusammengemischt haben, was man sche Distortiontracks mit ordentlich Bassdruck. Biswei- ausgespielten Passagen haarscharf an der Erwartung an Column One bewundern oder hassen kann. Das len hat man das Gefühl, dass Muslimgauzes analoges vorbeiziehen. Das ist das einzige Manko, aber es hat Zusammenspiel der Wellen, das ferne Geschrei spie- Equipment wohl mit Computertreatment noch mäch- auch keiner verlangt, das Rad neu zu erfinden. Sehr lender Kinder koppelt sich mit dem resonierenden tiger gewesen wäre, hätte es nicht die unumstößliche solides Material. 4/5 Spiel von klöppelnden Fahnenmasten und einem Haltung gegen digitale Lösungen gegeben. Intelligent Glockenspiel. Die zweite CD bietet sehr archaische reihen sich Phasenverschiebungen auf, Breakbeats COLUMN ONE Klangkonstrukte der Schalinskifamilie, teilweise ange- pitchen auf einmal nach unten weg, Drumloops wan- »Classic Chill Out Rhythms II« 2xCD ordnet zwischen Anrufbeantworteransagen derer dern im Stereofeld und zeigen damit der 4/4 Schule Moloko+ Kinder. Im Gegensatz zur ersten CD ein etwas ernst- auch auf, welchen Wert Avantgardetricks in diesem hafterer Hörgenuss, der aber wiederum aufzeigt, dass Bereich haben. Im Gegensatz zu »Syncophant Of Es gibt Dinge, die dürfen manche Musiker die Herren des 90% Wasser-Kollektivs auch mal Kinder Purdah« ein vielversprechendes Bindeglied der Ar- einfach nicht machen. Klischees bedienen zum Bei- waren, es wahrscheinlich auch noch heute sind und chivserie und noch dazu ein sehr schön gestaltetes spiel. Umso schöner, wenn manch einer sich einen wahrscheinlich immer noch ihr altes Legospiel unter Audiowerk. 4,5/5 Dreck um tradierte Musik schert und obendrein eine dem Bett aufbewahren. 4/5 Persiflage bietet, die fast als Sarkasmus angesehen TOMAS PHILLIPS/DEAN KING werden kann. Column One cutten, scratchen, loopen, SND »À Travers Le Bord« CD sampeln und vertricksen hier abseits versiffter Stehca- »Atavism« CD Non Visual Objects fetische und plastikgefertigter Chinarestaurantinteri- Raster-Noton eurs hier ihre eigene Cafe del Mar Stimmung. Die Mit Hall und Knistern geht es auf dieser er- Stimmung ist gut, handelt es sich hierbei um cineasti- SND waren irgendwie nie wirklich weg. Ab- staunlich kurzweiligen CD los, nach einer schier endlos sche Bögen abstrahierter Ambientästhetik, treibend, gesehen von Remixen und unbetitelten Schallplatten, erscheinenden Pause der Stille und Ereignislosigkeit packend und absolut gnadenlos im Verreißen des deren obskurer Inhalt sich wiederum am stakkatohaf- reihen sich Movement an Movement, spielen beide gängigen Chillout-Themas. Neben dem fast schon ten Rumpeln resonierender Technopattern ableiten Musiker sich doch zahllose Genres ihrer Zunft und klischeeartigen Einsatz ordinärer Effekte wie lineare (und erkennen) ließ, folgt nun auf Raster Noton als erschaffen immer wieder aneinandergesetzte Miniatu- Hallfahnen und klassischer Droneführung nutzen CO zukünftiger Mille Plateaux Ersatz die neueste CD der ren, bisweilen über die Dauer von Minuten bis hin zu sämtliche Register ihres Maschinenparks, um den beiden Musiker Fell und Steel. »Atavism« bietet klang- Sekunden. Stilluppsteypas archaischer Powerbookd- Stellenwert des ruhig gehaltenen Klangschleierwa- lich nichts Neues, die altbewährten DSP-Künste sind rone wird hier zitiert nebst Oval-esken Mono- berns innerhalb der ach so eingefahrenen Avantgar- immer noch präsent und stetes Erkennungsmerkmal chromambientflächen bis hin zu traditionellen Knis- dewelt zu erhöhen. Einige der Stücke sind dabei alles eines jeden der unbetitelten Stücke hier. Atavismus peletuden der neuzeitlichen Avantgardemusik. Die andere als gewöhnlich, »Gangstar More Part 1« bietet bedeutet aber auch soviel wie Rückschlag, bezogen Zusammenarbeit der beiden Künstler setzt bewusst eine seltsam verzerrte Version hauseigenen CO- auf evolutionäre Vorgänge und zurück gehen SND Akzente, teils durch den Einsatz kurzer Pausen, die Hiphops, gespickt mit deftigen Scratches und einer tatsächlich: hin zur Minimalstrhythmik, den tradierten fast dem Umwenden der Notenblätter innerhalb eines Prise Humor, wenn Herr Schalinski seinen lakonisch Technovorstellungen, dem metallisch auslaufenden klassischen Orchesters gleichkommt. Nichts wirkt dahergesprochenen Text über den seltsam anmuten- Klick, Glitch, was-weiss-ich. SND haben das Fleisch hektisch oder überstürzt, Phillips und King spielen den Synthesizersplitter alias Bass-Ersatz legt. »Am vom Minimalhype abgefressen, die gemästete Musik- gerade virtuos auf ihrer kleinen musikalischen Hand- Strand« ist wiederum diese Holzhammerästhetik, die- vorstellung der Neuzeit und der Clubgänger von Seh- nen und all den anhaftenden biologischen Partien halb der kehligen Resonanz) und einer Stimme, deren Geräusch rhythmisch unter der Flächenpatina hervor- befreit und die Knochen freigelegt. SND spielen eine Spiel wie ein geschnittenes Formantpuzzle diverser schaut. Glockentöne ergänzen das etwas angeraute andere Liga als die restliche Minimaltechnofraktion, Katzenlaute klingt. Alles ist dabei langsam, überhaupt Klangbild, ehe die Seite einen weiteren Prozess erlebt, aber warum es gerade dem Titel nach um atavistische spielt zeitliche Dynamik eine große Rolle, verdrängt der die zahlreichen Einzeltöne in höhergefilterte Re- Vorgänge gehen soll ist mir ein Rätsel. SND machen bisweilen den Gedanken, ob die klangliche Sparsam- sonanzfeedbacks wirft. Sehr schöne DIY-Schleifen das was sie am besten können: hacken, stottern, bre- keit der Elemente nicht doch allzu bald zu einer ästhe- digitalen Dekonstruktionismus mit obligater Sinusmo- chen und jedes Klicken mit ordentlicher Resonanz tischen Ermüdung führen – nein, ganz klar nein. Kinit dulation am rauschigen Ende. Eine sehr herausste- polieren. Das war alles schon mal da, ist aber immer Her beherrschen das klanglich archaisch gehaltene chende Drone 7“ des feinen Bremer Labels. 5/5 noch faszinierend zu hören. Vielleicht, weil sie so was Orchester mit Zupfinstrumenten und dronigen Synthe- wie eingeschworene Musiker sind, aber vielleicht sind sizerschleifen. Kinit Her spielen hier ganz großes Sub Rosa dürfte den audiophilen Avantgar- sie auch einfach nur sie selbst geblieben. 4/5 Klangkino, die folkloristische Linienführung des Al- defans gerade eine Eselsbrücke in die Hirnrinde bums überwiegt jeden Ansatz, den ich von Hinter- schlagen, handelt es sich doch dabei um das belgi- KINIT HER zimmer bisher kenne. Und das ist verdammt gut so. sche Label mit exzentrischer Randnischenexklusivität, »Glyms Or Beame Of Radicall Truthes« CD 5/5 deren Veröffentlichungen teils mehrere Dekaden Hinterzimmer Records elektronischer Musik umfassen. Hier bildet der Name NOISE DREAMS MACHINA jedoch eher den Bezug zur botanischen Weißen Rose, Hinterzimmer re-innovieren ihre Labelästhetik »In/Out« 7“ als zum Industriallabel und auch tonal mögen Artefac- um ein Album, welches sich zu Recht Avantgarderock ARTEFACTUM tum dem Namensnutzer ihres Singletitels nicht ge- nennen darf. Hinterzimmer brechen mit alten Ge- »Sub Rosa« 7“ recht werden. Artefactums 7“ in knalligem Pink spielt wohnheiten, alles in schleifige Musique concrete hül- Drone Records mit teils etwas klassischen Drones auf Streicherbasis len zu wollen und geben Kinit Her Raum und Klang, mit schlitterig getakteten Delays, unterlegt vom leisen um die Hinterzimmersche Klangtapete neu zu strei- Ein etwas anderer Start für eine Drone 7“. Geräusch platzender Wasserblasen sowie choraler chen. Das Kinit Her Metal mögen, ist auf der CD gut Sperriger Noise, herabgebremstes Rauschen mit ei- Verschnittmengen. Leider scheinen Artefactum an den hörbar, der Einfluss der stimmlichen Akrobatik man- nem zyklisch wiederkehrenden Klang, der sich stark tradierten Dronetechniken der Neuzeit etwas festzu- ches raukehligen Headbangpoeten ist auch hier ver- nach Kreissägen in Zeitlupe anhört. Die A-Seite ergeht hängen, denn fast jeder Klang ist eingefasst in zahllo- treten, aber über allem liegt ein sehr subtiler Schleier, sich in zahlreichen mäandrischen Irrungen und Wir- se Delays und Reverbs und bietet einen eher zu orga- eine gewisse Entkernung des eigentlichen Heavy rungen, vermeidet die bloße tonale Standhaftigkeit nisch fließenden Klangstrom auf der A-Seite. Die Metal-Gedankens, eine fast schon surreale Fortfüh- mancher Droneplatte und zuckt unter der Last soft- Kehrtwende des Plattentellers fördert dann jedoch das rung des waschechten Rocks. Schnelle Drums sind waregestützter Klangmodulationen auf teils zerrige Art Beste der Single zutage. Die B-Seite bietet sehr feines passé, große reverbale Räume und eine breite klangli- und Weise, ehe ein eher beiläufig eingestreuter Ober- Streichergeknirsch, angereichert mit spartanischen che Mauer aus Synthesizer, Stimme und Gitarre bilden flächendrone auf der kristallinen Kante des Grundma- Stimmzitaten und ergänzt um mittelöstliche Drones, folkloristisches Musikgut, nicht unähnlich der soni- terials eine Weile mitschwingt und am Ende in gitar- deren Klang einen fast tranceähnlichen Wachtraum schen Ästhetik von Current93 und seinem Leader renampgeschwängerter Dröhnalität untergeht. Die hervorrufen. Hintergründig agierend finden sich leise David Tibet, welche ebenfalls als Kinit Herscher Ein- zweite Seite beginnt unsauber eingefasst in wabernde Trommelklänge, die dem ganzen einen fast schon fluss herhalten dürfen. Stimmlich agiert ein wohltuen- Drones, deren Betonung bei 33rpm eher auf dem schamanistischen Stempel aufdrücken. Fast schon des Balancespiel zwischen tiefen Vokalen (aber ober- Mittenteil der Boxen entfällt, ehe ein stetes sonores schade, dass es nur eine B-Seite geben kann. 4/5 ALEXANDR VATAGIN NANA APRIL JUN TOTSTELLEN »Shards« CD »The Ontology Of Noise« CD »Tunnel Brücke« CDR Valeot Records Touch Reduktive Musiken

Alexandr Vatagin bildet mit anderen Musi- Totgesagte leben länger, und das gilt auch Totstellen ist eine Meisterklasse für sich. kern das ebenfalls auf Valeot ansässige Kollektiv na- u.a. für Dark Ambient-Experten à la Thomas Köner. Nach der sehr schönen kleinen Droneexkursion mit mens Tupolev, legt mit »Shards« jedoch ein ernstzu- Stilistisch bereichert sich Nana April Jun nämlich am Evapori auf dem Berliner AIC Label geht es hier in nehmendes Solo vor. Anders als im eher folkigen körnig/schleifig/kiesigen Klang so mancher Mille Pla- klanglich weniger feingestimmte Soundgebiete. Viel- Reigen der Tupolevmusik entspinnt Vatagin hier teaux-Veröffentlichung Köners, allerdings klanglich leicht mag es an der Akustik liegen (wenn ich recht klanglich sehr facettenreiche Miniaturen, teils sehr viel zu schütter und farblos, um den Konzeptkünstler verstehe, wurde das Quellmaterial der Bearbeitungen detailfreudige Konkretmusik, deren Klang erstaunlich das Wasser zu reichen. Man verstehe es nicht falsch: unter einer Brücke aufgenommen – man beachte den warm und träge dahinfließt. Feedbacks und sinusoide Ich schätze Köners Klangkraft sehr, aber hier wirkt Titel) oder an der Ruhe, mit der Totstellen sein Mate- Filterungen diverser Synthesizerkanäle bilden das alles trotz steriler Materie sehr farblos, öde und bis- rial vor dem Hörer ausbreitet. Überhaupt, Totstellens Spinnennetz um die klanglich dumpf und langsam weilen recht ereignislos. Die Zeiten des Isolationismus Existenz im bürgerlichen Leben schafft wie immer vorbeiziehenden Geräuschanteile. Vatagin gelingt es innerhalb der zeitgenössischen Musik sind schon recht einen idealen Grundboden für seine akustischen Ex- innerhalb seiner eigenen aufgelegten Zeitbeschrän- lange vorbei. Die gesamte CD beinhaltet ein Thema, perimente. Seine Fähigkeit in Bereiche vorzustoßen, kung spannende Zerrspiele zwischen den Klangkom- Noise in verschiedenen Varianten, sei es als Schnitt- die normalerweise dem Normalbürger verschlossen ponenten zu bilden, den Atonal-Anteil kräftig aufzu- menge pansonischer Knisterschnittmenge oder verhal- bleiben, betoniert die Einstellung seiner Musik erheb- bohren und um diverse leise Elemente zu ergänzen, lenem Rauschen in resonanzhaltigen Räumen. Und da lich und bringt sie dem Hörer auch genauso nahe: die sich darüber hinaus wie mikroskopische Zusatzein- ist das Problem: Die zeitliche Länge manches Stückes unglaublich warm und unendlich. Musikalisch ver- heiten verhalten. Instrumental nutzt Vatagin teilweise macht es hier fast wieder schwer, über die tatsächli- mengt finden sich Breitwandloops schwadronierend das Equipment von Tupolev in erstaunlich klar gehal- chen Einfälle und kreativen Ideen dieser ‚Ontologie’ im Hintergrund, sägende Klänge rauschen seitwärts tener Form. »Shards« bildet einen Mischhybrid aus zu schreiben. Da wird über den einen oder anderen und abwärts durch das Klangbild und erinnern frap- Jazz, Drone und streckenweise Mikrosound. Sinus, gut abgepassten Kunstgriff zu schnell digital hinweg- pierend an Nurse With Wounds vordigitale Klange- Hochpassfilterung und Kammerorchester spielen hier gewischt. Weniger ist manchmal mehr, auch wenn das pen. Bisweilen säuselt eine Stimme fern der mecha- einträglich nebeneinander, fusionieren, stoßen sich feldaufnahmenlastige Endstück mit abstraktem Passfil- nisch reibenden Klangkaskaden, ehe ein stets nicht ab, trennen sich auf und bilden dann wiederum lange terdub ganz schön schmissig daherkommt. Eins muss miteinberechneter Effekt das ganze Hörgerüst zum Ausläufer leisetretender Elektroakustik. man Touch jedoch lassen: Wozencrofts Grafiken sind Kippen bringt. Der letzte Titel ist ein 24 Minuten lan- Einzig unverzeihlich ist die kurze Spieldauer, aber stete unzukommentierende Begleiter ihres Trägers. ges Exzerpt einer Installation, ein monolithisches Ge- angesichts der Qualität mag dieser abgegriffene 2,5/5 bilde aus Krach, sorgfältig equalizierten Akustikauf- Avantgardetrick verziehen sein. Das ganze als Album nahmen irgendwelcher befremdlichen Klangerzeuger und weniger als EP hätte dem Material hier dennoch und artifizieller Soundeffekte, eine Reise durch sämtli- durchaus gebührt. Sehr große Empfehlung fürs Früh- che Stahlträger der Brückenkonstruktion, die hier als lingserwachen. 5/5 geistige Überidee die Verbindung zur Theorie schafft. Große Sache, nicht nur klanglich. 5/5

COLUMN ONE Prins) für solche artefaktischen Minimalakustikexperi- zende Terminalcomputer am Flughafen und Ryuichi »The Audience Is Sleeping« CD mente auch noch Stipendien bezahlt bekommen. Sakamotos Pianoetüden werden teilweise kraftvoll Moloko+/90% Wasser Klanglich ist die CD recht reduziert gehalten, wie beim transformiert und digital ausgelesen weiterbearbeitet, skandinavischen Großminimalisten ist zeitliche Distanz bis schlussendlich kiesiges Rauschen und verhallende Alleine der Beilagentext dieser CD ist ein und kaum merkliche Varianz ein großes Thema, wel- Resonanzen übrigbleiben. Alva Notos digitales Proze- Stelldichein des kompletten 90% Wasser-Apparates, chem hier auch ausreichend in 30 Minuten gefrönt dere geht allerdings konsequenterweise noch einen inklusive Gäste wie Rechenzentrum und Marc Wanna- wird. Zeitweise drängt sich dann aber doch allzu sehr Schritt weiter. Der Vergleich zu Wolfgang Voigts GAS- be. Das übrigens hübsch aufgemachte Digipakcover die Frage auf, inwieweit der Künstler in den Prozess Epik drängt sich stark auf, die Streicherseiten werden ist nicht das einzig ästhetische hier, auch die Musik ist seiner hier verwendeten Instrumente eingegriffen hat. gedehnt und dann digital festgehalten, während der in ihrer Art schlicht atemberaubend. Schon der Anfang Streckenweise gemahnt hier der verlockende Künst- Ton unendlich nachhallt und statisch sein Tempi erinnert an Column One's Werdegang auf ihrem eige- lergriff des Leerlaufs, wo die Maschine ihrem eigenen hält. Man hat das Gefühl als versuche Nicolai die des- nen Label, ehe Rechenzentrums kühle Mikrotonal- Prozess folgen darf. Es schabt, es kratzt und plinkert in tillierten Zutaten seiner Klangsprache immer wieder zu funkmaschine einsetzt. Ab hier merkt man, wie sehr streng reduktionistischer Weise, nicht ein Ton zuviel, filtern, um auch die letzten naturalen Bestandteile die Elemente Feldaufnahme-trifft-Clicks&Cuts aufei- nicht ein Netzbrummen zu wenig, alles hier klingt kalt herauszulösen und vom nachfolgenden unweigerli- nander abgestimmt sind, Vögel werden im freien Flug und streng nach pedantisch ausgeführter Musikformel. chen Maschinendiskurs fernzuhalten. Das Ergebnis angehalten, um als verbogen-rhythmische Samplefin- Der hier völlig fehlende konzeptuelle, geschweige klingt wie fiebriger Ambient, wie flackernde Statik ken elementare Teile der Perkussion zu bilden oder denn musiktheoretische Hintergrund lässt die CD wie eines toten Radiosenders oder wie die Übertragung Objektaufnahmen, die nach ihrer radikalen Transfor- eine lose Aneinanderreihung artifiziellen Rauschens eines Schönbergkonzertes im Langwellenrund- mation als polyphoner Groove wiederauferstehen. klingen, die hier durch allerhand selbstgebautes Ma- funk. Die Eigenart der xerroxisierten Samples liegt Beschwingt ist die Atmosphäre, die dieses Gerüst schinenwerk entsteht und jeglicher Führung durch den dabei deutlich auf den kaum greifbaren Stil. Man kann atmet. Nintendoklänge, heruntergebrochene IDM- Komponisten entbehrt. Neu ist das ganze nicht und die einzelnen Bestandteile kaum klassifizieren, sei es Rhythmik und sanfte Synthesizerwolken durchwehen vor allem war es schon in viel besserer Form da. Vor nun der Noise, der Drone, der ausgehöhlte Ambient und -ziehen die endlosen Weiten des Column One- dem Hintergrund, dass das ganze auch noch mit För- oder die klassischen Resonanztrauben, die teilweise Sektors. Hat man sicher alles schon mal gehört, aber derung entstanden ist, macht es mir die Veröffentli- an der Soundoberfläche erscheinen – man hat das nicht in dieser verspielten, fast schon mantrischen chung nicht sympathischer. Herr Euler-Donnersperg Gefühl die Musik rutscht einem aus den Händen. Von Anordnung. Hier stimmt wirklich jede Kante, jede hätte es sicher Kunstscheiße genannt. 1/5 einigen Längen abgesehen eines der schönsten Veröf- versäumte audiophile Entgratung und der Mille Pla- fentlichungen auf Raster Noton seit langem und eine teaux-Vergleich wäre hier schon ordinär. 4,5/5 ALVA NOTO tiefambiente dazu. Ganz fassen kann man diese Neu- »Xerrox 2« CD veröffentlichung nicht, dazu bricht sie (wiedermal) zu GERT-JAN PRINS Raster-Noton sehr mit Alvas Klanggewohnheiten. 4/5 »Cavity« CD Cavity Teilweise in harsches, eher subambientes Rauschen gehüllt und formal wie eine schlechte Da hat jemand seinen Hausswolff gut stu- Transmitterübertragung gehalten, enthüllt die Xer- diert. Manchmal frage ich mich, warum gerade solche roxmethode, die Nicolai hier anwendet, bestes Dron- Künstler (in eben diesem vorliegenden Fall Gert-Jan ing in hochstilisierter Manier. Streicherklänge, abstür- ./MORFROM/. Slipeks Release »52.09« mit reduzierter Musik auf Bisweilen verschwinden die backgroundbedingten »Around The Corner« CD Electroton heraus. Der Titel ist gleichzeitig die Lauf- Grenzen der Künstler, da darf Mika auch gerne mal 121234 länge des Albums, es geht fein minimal zur Sache, die Person wechseln oder Capece verziert die bröcke- aber nach drei Titeln bekommt man doch leise Zwei- ligen Noiseblöcke mit Conradesken Klangschleiern. Schön, dass sich jemand mal wieder um die fel, wohin es gehen soll. Cernlab begreift seine musi- Widmet sich das erste Teilwerk der CD noch der eher Musique concrete verdient macht. Bei aller Compu- kalische Formula als akustisches Researching, das noisigeren Seite, sind im letzten Quartal zahlreiche terakustik und Retroglitchästhetik der Neuzeit darf Resultat ist dafür umso weniger akademisch als es die Perlen zu finden. »Hondonada« beeinhaltet Wasser- man schließlich nicht vergessen, wo der ganze Ge- Herangehensweise bzw. Intention dahinter suggeriert. tropfen und jazzartige Auswucherungen, während räuschklang eigentlich seine Wurzeln hat. ./MorFrom/. Im Gegenteil, die Ergebnisse sind schlicht und einfach »Sigilo« selbst Asmus Tietchens gefallen dürfte mit sind keine Verpackungskünstler (das Cardboard ist bis auf wenige Ausnahmen zu antiquiert, die klangli- seinen versprengten Droneinschüben auf monochro- nicht gerade hübsch geraten), aber umso mehr Klang- che Statik der Stücke und ihre hoffnungslos vorher- mer Basslinie. Den Abschluss dieser ungewöhnlichen künstler. Was es hier zu hören gibt, schlägt die visuelle sehbare Struktur verbreitert diesen Eindruck zusätz- Zusammenarbeit markiert dann »Manana«. Die Layer- Seite um Längen. Es knarzt, holpert, fiept und drückt lich. Cernlab lässt die wenigen guten Ausnahmen technik die Vainio hier anwendet, formt aus einzelnen in feinster Konkretmanier und trotz alledem gelingt es leider hoffnungslos zwischen softindustriellen Stücken Saxophontönen einen vielschichten Schiffsklavierdro- beiden Künstlern die strenge Balance zwischen Com- versickern. Dabei hätte der eine oder andere Titel ne, der sich energetisch nach oben schraubt und kon- puternoise und klassischer Geräuschakustik quasi mit durchaus Potential zwischen jeder modernen Minimal- stant gehalten seinem Ende entgegengeht. Ein in dem kleinen Finger zu halten. So ein gut ausgelotetes kompilation zu bestehen. Angesichts des Albumma- vielerlei Hinsicht auch kammermusikalisches Klang- Musikalienwerk gerät einem nicht jeden Tag unter die ßes ein sehr schwacher Trost. 2,5/5 werk im übertragenen Sinne. 5/5 Finger und genau das macht die CD so sympathisch. Die Reinakustik mancher Klänge sollte man allerdings LUCIO CAPECE & MIKA VAINIO MIMETIC nicht zu gering einschätzen, hier geht es teilweise sehr »Trahnie« CD »Out Of Tune« Picture LP konkret zu, aber dennoch ein sehr verspieltes und Edition Mego Moloko+ klanglich ausdifferenziertes Werk. Wäre Lionel Ma- chetti Pop, wäre er ./MorFrom/. Hut ab. 5/5 Vainio, der alte Pansonic-Recke, frönt ge- Mimetic ist teils Techno, teils Konkretelektro meinsam mit dem Instrumentalisten Lucio Capece und die Bearbeitungen der hier versammelten Freun- CERNLAB seiner formidablen Soundästhetik jenseits seiner redu- de sind es auch. Experimental ja, aber auch dermaßen »52.09« Download zierten Installationsambitionen. Bewaffnet mit Elektro- lässig elektroid, dass man sich schon wundert, wieso Electroton nik und einigen Effekten vermengt Vainio das Saxo- Herr Schalinski und sein Column One-Orchester ein phon/Bassklarinettenspiel von Capece mit seiner urei- dermaßen technoides Brett auf die A-Seite pressen Electroton versprüht mit Nürnberger Charme genen Minimalelektrik. Die sägenden und teilweise lassen. Ist Norscq noch vergleichsweise ruhig mit frühe Anleihen an Raster Music, dem Vorgänger des kraftvoll ausgespielten Saxophondrones pressen sich seinen angezippten Geräuschen und breiten Elektro- heutigen Überlabels Raster-Noton. Alles ist schön teilweise in subharsche Klanglinien, deren Geometrie loops, bricht Column One den Bann dermaßen unge- reduziert, die Releases kommen mit TrackID und Zeit- um einige Grundgeräusche und atomares Sinusspiel wohnt technoid, dass man sich fragt, ob da nicht die formula daher, das Cover ist bis auf 8pt große Arial- ergänzt wird. Lobenswert ist das Spiel der Dynamik, Seiten durcheinandergekommen sind. Eine zarte Mac- buchstaben blütenweiss oder erst gar nicht vorhan- beide Künstler scheinen Hand in Hand zu arbeiten Vocoderstimme plappert, ein schmissiger Beat setzt den. Nach der letzten EP von Poratz kommt Marek und ihr Spiel um teilweise neue Aspekte zu erweitern. ein, während die Gitarre gerne mal den Stereokanal wechselt und endlos lange Echos werfen darf. Eines EVAPORI wiederholten Brummschleifen unter den gestreuten der ungewohnteren CO-Stücke und ein krasser Stil- »Rehearsals For Objects« CD Sounds macht es fast schon wieder interessant, mal wandel obendrein. Die A-Seite endet mit einem Remix 1000füssler selber die Lautsprecher um einige Zoll im Raum zu von Stocha, dessen wuchtige Haubitzenpattern fast verschieben und den damit verbundenen Akustiksitua- durch das Arrangement sacken und obendrein mit 1000füsslers industriell gefertigte Releases tionen zu lauschen. Ganz schön interaktives Material. raffinierter Goblin-Melodie daherkommen. Der Sei- erreichen einen neuen Maßstab. Neben Tietchens und 5/5 tenwechsel fördert die eher Listening-artigen Stücke der sehr schön angelegten Heizungs-CD ist Evaporis hervor, beginnend mit Elektroplasmas zerrendem Beitrag zum CD-Labelkatalog ein weiteres ungewohnt BLACK TO COMM Remix von »Flood«, dessen Einleitung zahlreichen klingendes Zeugnis Neuer Musik. Völlig losgelöst vom »Fractal Hair Geometry« CD mechanischen Geräuschen die Möglichkeit zur Klang- Digitalkrach oder jedweder Plugin-Klangmasse er- MACHINEFABRIEK entfaltung gibt, ehe ein industrieller Mechanikrhyth- scheinen die hier versammelten Stücke wie alte »Dauw« CD mus das grobe Konkretarrangement breitwalzt. Ton- Schneidetischexzesse eines digital aufgemöbelten VOKS mäßig reichlich abstrakter Stoff, der inhaltlich auch Walter Ruttmanns. Die raumklangtechnisch ausge- »Darkvaks« 3“CD nicht zur genremäßig abgeschlossenen A-Seite passen steuerten Klänge und Geräusche werden mittels ihrer DANIEL PADDEN will. Ah Cama-Sotz spielen den längsten Titel auf und Aufnahmeposition verfremdet und steuern damit »Pause For The Jet« CD verwandeln »Illlektrik.Toolz« in ein Scannereskes Dar- gegen den sonst allgegenwärtigen digitalen Verfrem- Dekorder kambient Szenario. So ganz gefällt mir Ah Cama-Sotz dungsprozess. Klanglich angesiedelt zwischen einer Ansatz nicht, denn zu selten scheinen die Zwischen- ausziselierten Kapotte Muziek-Komposition und einer Black To Comm sind auf ihrem mittlerweile einwürfe des Remixes herausgestellt oder gar ausge- Esseiva-Etude, passiert im zeitlichen Rahmen dieser zweiten CD Release einem deutlichen musikalischen spielt zu werden. Ein Umstand der allerdings verzeih- CD anfangs eine Menge: feine Schleifklänge wechseln Quantensprung unterworfen und formulieren in sieben lich ist, betrachtet man das intelligente Noisesequen- teils in rapiden Wechseln ihre Soundzustände, lösen elegischen Werken zwischen gutturaler Phaserakustik cing und die komplexe verschachtelte Rhythmik, die sich auf und bilden feine Schnittkanten, an deren teils und Schwerelosigkeit ihre eigene Interpretation des an eine deutsche Muslimgauze-Variante erinnert. Phil gratfreien Oberflächen sich allerlei konkretes Material zeitlosen Dröhnens. Wer sich das letzte Werk »Rück- Von beendet die Platte letztlich mit Streichern und ansammelt, ehe es mit einem schnellen Schnitt in wärts Backwards« vor Augen hält, mag es kaum glau- wirren Stimmsamples, deren Verlauf hörspielartige andere Ebenen gehoben wird. Der zweite Satz zeigt ben, wie unnahbar fern vom vergangenen Klang die Sequenzen freilegt, die man so nicht ganz erwartet die stärkste Dekonstruktion mittels Audioschnitt und neue CD klingt. Das offenbart sich bereits am Anfang hätte. Das Geschrei eines Kindes bildet den fast cine- Collaging, weicht doch der geschickte Einsatz der der CD. »Negative Volumes« klingt streng nach Okkul- matischen Übergang zu einer horrifizierten Variante Stille teilweise radikalen Rückwärtsrichtungen des tismus mit seinen geisterhaften Schwingungen und des Streichorchesters, verbunden mit digitalen Studi- Quellmaterials, ehe der letzte Akt der CD in teilweise dem steten Heulen analogsynthetischer Gespenster. otricksereien. Zum Ende hin spielt Phil Von die senti- recht droniges Basisbrummen gleitet und etwas »Leigh Bowery« ist Wolfgang Voigts GAS Projekt in mentalsten Versatzstücke aus Samuel Barbers Adagio schlüpfrig den Weg aus der Komposition weist. Eva- reduzierter Form und bietet schrille phasergetriggerte For Strings in seine Aufnahme hinein. Eine sehr schö- poris Ansatz einer völlig raumklangbezogenen Kom- Drones mit stampfendem Minimalbeatgerüst, klang- ne Platte durch und durch. 4,5/5 positionsweise macht vor allem dann Sinn, wenn die lich ebenfalls nicht unähnlich den ausgefalleneren ohnehin sehr liquiden und scharf gestellten Produktionen von Johannes Heil. »M. B. Memorial (Rest)geräusche in teilweise verzweifelt wirkender Building« vereinigt die europäische Welt mit dem Flucht ihre Plätze suchen. Die in endloser Rotation Okzident mithilfe orientalischen Glimmers und sanft ausgefilterter Flötenakustik, deren gut gewählte Mi- Ahhh, Goodiepal. Wenngleich nur mastering- schen den musikalischen Zeilen ein reduzierter Ansatz schungsverhältnisse einen ausgewogen halluzinoge- technisch von ihm ausgeführt, stellt die Verlinkung auf zu Minimalmusik sowie verspielter, aber dennoch nen Klang erzeugen. Black To Comm zeigen eine den skandinavischen Säulenheiligen des Konkret-Folk- ernster Kammermusik. »Three Farewells« mit seinem recht unstete Klangakustik und genau da liegt der Synthpops dennoch eine Bereicherung für all jene da, gezogen dronalen Beginn kippt in der zweiten Hälfte Knackpunkt bei dieser Veröffentlichung. Black To die mit seinen Werken vertraut sind und nun über den in quietschigen Jazz, konterkariert mit klagenden Comms orgellastiger Sound verbirgt teilweise recht Goodiepal-Kosmos hinausblicken wollen. Voks ist die Vokalläufen, während »English Again« als Ausklangs- radikal – und ohne Chance, es zu umgehen – das logische, konsequente und dennoch eigenständige und fast acappella-Stück in wenigen Minuten all das wahrscheinlich wesentlich interessantere Klangmateri- Schlussfolgerung zu Goodiepal, wenngleich der verkörpert und ausdrückt, was die vorigen 35 Minuten al, welches den Studioaufnahmen wohl zu Grunde lag. Schwerpunkt dieser frühen Dekorderveröffentlichung bereits erahnen ließen: Ein unmissverständlicher Hang Schade eigentlich. 3,5/5 auf synthetischer Folklore liegt. Der Vergleich zu Felix zu traditioneller Musik und weitgefasster Experimen- Kubin liegt nahe, ist der Klang doch ein ebenso bizar- tierfreude innerhalb der für sich selbst aufgestellten Rutger Zuydervelt’s erdrückend outputlasti- res Konglomerat digitaler Verwischung und den rei- traditionellen Regeln. Chapeau. 5/5 ges Pseudonym Machinefabriek zeigt mit »Dauw« nen Synthesizerklängen, genussvoll und zelebral über Ambitionen, neben der von mir sehr geschätzten Mort diverse Modifizierungseinheiten wiedergegeben. PHILIP SAMARTZIS/MICHAEL VORFELD Aux Vaches CD im vergangenen Jahr, Dauerläufer in Stimmen sucht man allerdings vergebens, lediglich »Scheckenrock« CD meiner Anlage zu werden. Der klickrig-verschachtelte der kurze Opener intoniert mittels stark verlangsamter SHINKEI/LUIGI TURRA Stil von Rutger Zuydervelt und seine angenehm un- Atemgeräusche Kuh- und andere Tiergeräusche eines »Yu« CD akademischen Gitarrendroneexkursionen auf »Dauw« altstämmigen Tierhofes inmitten der skandinavischen Non Visual Objects sind ein weiterer Beweis für die unendliche musikali- Einöde. Sicherlich eines der experimentelleren Dekor- sche Formsprache von Machinefab- der-CDs, aber nichts desto trotz eine sehr humorvolle Ich bewundere NVO schon seit Jahren für riek. Rückwärtslaufende Gitarrenbünde wechseln hier und kurzweilige Collage aus Folk und digitalem Re- den trockenen, akribisch gefilterten Geräuschklang, mit spitzen Granularklängen, verwoben und eingenäht prozess. 5/5 der den hauseigenen Künstlern so eigen ist, Jedes in zahllose Musique concrete-Formationen in hinter- Release ist ein Spagat zwischen Installationsmusik und gründig eingespielte Geräuschwellen. »Fonograaf« Ein anfangs recht folklastiges Werk, was Pad- musique concrete plus dem neuzeitlichen Digitaltrans- klingt, als hätte Thomas Köner den Laptop gegen die den auf Dekorder ablegt. Nichtsdestotrotz trügt der formationsanteil. Die limitierte Veröffentlichung Gitarre getauscht, so nah liegt der Vergleich zu Köners Schein, nichts auf dieser CD hält sich an feste Song- »Scheckenrock« legt den Fokus auf trockene, schön subbassdominierten Mille Plateaux-Werken. »Engine- writerstrukturen, wenngleich der folkige Anfang eine raumhaft abgenommene Fieldrecordings zirpender er« bietet auf kompakter Länge subdigitale Restge- gänzlich andere Herangehensweise suggeriert. Volca- Grillen, ein musikalisches Thema, dem sich beide räusche, stark verlangsamtes Vinylknistern und die no The Bear’s Daniel Padden schafft zwischen ausfor- Künstler in »Krause« auf fast schon schmerzhaft akusti- bizarre Ästethik früherer »Homotopy To Marie«- mulierten Konkretsymphonien und zierlichen Sekun- sche Weise widmen: Nach einigen Minuten dringt der Inspiritationen. Metall schwingt, Gitarrenseiten biegen denminiaturen einen radikalen Bogen, der gleichzeitig Grillenschwarm, ausgedünnt um wenige Augenblicke, und dehnen sich aus zu teils angezerrten, teils ange- vor geschichtsträchtiger Musikzitation nur so strotzt. als sinusartiger Drone in hochfrequente Klangbereiche nehm warm ausschwingenden Harmonien, stets be- Zwischen den faserigen Drones, den lofi- vor. Spätestens ab hier nehmen alle Dinge einen fast gleitet von den oftmals vornehm zurückhaltenden Einsprengseln konkreter Geräuschzelebrierung und schon traumartigen Zustand an, verklebt doch das Konkretklängen. Eine CD, die dem Lauschen bei ge- den markig-reizvollen Vokalbeiträgen schwingt Psy- frequenzlastige Digitalzirpen jedes daruntergelegte ringer Lautstärke wieder einen Sinn gibt. 5/5 chedelik mit, ein Stück weiter begegnet einem zwi- Geräusch neu, abhängig vom Hörer und seinem Ab- stand zum Lautsprecher. Ein Effekt, den normalerwei- nahmen nicht größer sein. Eine spannende Veröffent- fentlichung einen angenehmen Weitblick, zumal Re- ser nur die stringente Musik des Raster-Noton-Hauses lichung, die nicht unbeachtet bleiben sollte. 5/5 duktive Musiken wenig Vinyl aus dem eigenen Hause bewirkt. Bewegung ist »Scheckenrock« dennoch zu anbietet. »Terre Et Argent«, ein Paradebeispiel wie eigen, kippt doch das Konglomerat aus Feldaufnah- DAVID JACKMAN Achtzigerindustrial klingt, bietet neben übersteuerten me, undefinierbarem Geräuschanteil und wohltuend »Edge Of Nothing« 10“ Gitarrenformationen, geräuschhaften Synthesizerläu- behutsamer digitaler Transformation in bisweilen Die Stadt fen und einer Unmenge an Delays und weiteren DIY- kaskadenhaft kräftige Noise-Ergüsse, jedoch ohne die Effekten eine Vielzahl noisiger Klangwerke, deren Struktur der verwendeten Klänge allzu strapaziös zu Die auf beiden Seiten mit gleichem Stück Rhythmik und musikalische Akzentenbetonung teilwei- verbiegen oder gar lärmig erscheinen zu lassen. Hier ausgestattete 10“ spielt sich besser auf der bewusst se an die frühe Neuzeit herankommt und die Einstür- verstehen beide Musiker ihre Arbeit so, dass sie den falsch gewählten Geschwindigkeit, offenbart doch die zenden Neubauten um Längen schlägt. Während die Brei nicht verderben, sondern stets die Obergrenze zu halbe Drehzahl des Plattentellers eine klanglich deut- Instrumentale eine gewisse Charmehaftigkeit und kraft- und gehaltvoller Konkretmusik beibehalten. lich detailliert wahrnehmbarere (und zwangsweise Raffinesse beinhalten, sind die teilweise in extremer Definitiv eine angenehm natural belassene Klangkulis- auch längere) Variante der beiden musikalischen Manier verzogenen Schlagwortkanonaden des NTL- se, ein Hybrid aus Surround-Experiment und Installati- Themen dieser Jackman-Scheibe. Klanglich differen- Vokalisten seltsam gedämpft in den Hintergrund ge- onsmusik. 4,5/5 ziert sie sich wenig von dem, wofür Jackman und mischt, gepaart mit dem Effekt, dass man jegliche insbesondere sein früher Organum-Output stehen. Vokalität gedanklich den industriellen Synthesizer- Obgleich der prägnante Titel eine Verknüp- Archaische Hornklänge, die bei der falschen Ge- schamanentänzen zurechnet, die einen hier empfan- fung zu ebenfalls verknappter Musik beinhaltet, ist das schwindigkeit dem phantasiebegabten Hörer das gen. Apropos: Überhaupt ist die NTL-Platte ein eige- hier aufgefahrene Œvre musikalischer Zutaten reichlich Gefühl geben, den Mundstückklängen und dem Keu- nes klangliches Biotop, welches sich über diverse üppig ausgefallen. Kinder spielen inmitten rauschiger chen der Hornbläser gleich mit zu lauschen. Sound- Musikrichtungen hinwegsetzt. Miasmatische Synthesi- Vinylaufnahmen, ihr fröhliches Geschrei, gepaart mit technisch dicht besetzt und von noisig-lofi-iger Quali- zerschlieren, torpedoartige Gutturalnoiseelemente Rufen, eingedeckt in surreale Naturumgebungen. tät gekennzeichnet, ist »Edge Of Nothing« eine Platte, und der teilweise verblüffende Einsatz geradliniger Bisweilen erliegt man dem Charme der unprozessier- die sich im Regal auch neben Robert Rutmans Stahlor- Schlagzeugrythmen. Um ansatzweise den ersten Titel ten Feldaufnahmen, wären da nicht die stets im Hin- chestrationen gut ausmacht. Einziger Kritikpunkt: zu rezitieren: eine mehr als (zufrieden)stellende Platte. tergrund lauernden artifiziellen Geräusche, mal in Warum die B-Seite nicht auch klanglich variabel nut- 5/5 Form tiefer Frequenzbässe, dann wiederum in so zen? 4/5 scharfer und schneidender Form, dass sich bisweilen ATOM TM der Verdacht aufdrängt, die Künstler hätten ihr Mate- NON TOXIQUE LOST »Liedgut« CD rial durch Audiomikroskope aufgenommen. Neben »Terre Et Argent« LP, 2te Edition Raster-Noton den bewusst künstlichen Quellen, deren Existenz wohl Reduktive Musiken für jeden Hörer einleuchtet, verrät das Coversleeve Herr Schmidt auf Raster-Noton? Zugegeben, ein paar weitere Zitate musikalischer Abstammung. Non Toxique Lost's LP- gemessen an seinen doch recht ausgefallenen Veröf- Wenn mitten im digitalen Dschungelkosmos ein Wiederveröffentlichung alter Kassettenpublikationen, fentlichungen auf Mille Plateaux habe ich etwas gänz- schnarrendes Radio leise dudelige Soulnummern der aufbereitet mit geschmacklich hochwertigem Sieb- lich anderes erwartet, quasi eine logische Fortführung frühen musikhistorischen Zeit von sich gibt, könnte der druckcover in Eigenherstellung: Reduktive Musiken seiner streckenweise recht funkigen Abstraktionen. Kontrast zu den teils tiefnatural wirkenden Feldauf- und der Wachsende Prozess zeigen mit dieser Veröf- Erstmal ist »Liedgut« eine Sammlung minimaler Klangkompositionen rund um das Thema Weißes tale Synthesizerschwaden plonkiger Effekte. Auch hier verpackung – erstaunlich leicht und dennoch von Rauschen. Wie von Raster Noton gewohnt, beginnt atmet der Geist von Kraftwerk, gerade der Vocoder- hoher klanglicher Kompression. Agile Geräuschmusik auch diese CD schön konzeptuell, der klangliche gesang über weißes Rauschen und den technisierten mit einem deutlichen Bezug auf das DIY-Ethos. Ent- Sturm des ersten Stückes, generiert aus purem Ana- Alltag erinnert an die stakkatohafte Lyrik früherer gegen des allgemeinen Vorurteils der „Computermu- lograuschen bildet den Übergang zu den insgesamt 4 Kraftwerk-e. Das Schlusswort am Ende des Tonträgers sik“ ein schönes handgemachtes Epos in Klang und verschiedenen Musikzyklen, beginnend mit dem Zyk- spricht Florian Schneider von Kraftwerk selbst, Aufbau, wenngleich die Verknüpfung zu mancher lus „Wellen und Felder“: Neben sanften Akkordflä- vocoderhaft verzerrt. Was er sagt, wird nicht verraten, Harshambientplatte der Achtziger dann vielleicht doch chen, über deren resonanzhafter Oberfläche lyrische wäre aber Anwärter als Steigerung der ganzen Kraft- etwas weniger streng reißerisch auf dem Cover pro- Computerstimmen ihren Daft Punkesken Monologen werk-Barockthematik, um die diese Arbeit kreist. pagiert werden könnte. 4/5 frönen, bietet der erste Zyklus erstaunlich nahe Refe- Schneider trat übrigens selber vor kurzem aus Kraft- renzen zu Kraftwerk und ihren späten digitalen Wer- werk aus. Hut ab. Das hier sollte sich keiner entgehen STROTTER INST. ken. Überhaupt ist das Thema Technisierung hier lassen. Wir warten schon auf die nächste Atom TM. »Minenhund« CD einmalig: Wellen und Täler, der graphische Ansatz 5/5 Hinterzimmer Records jeder im Audioschnitt dargestellten Wavedatei, ist hier zentrales Grundthema, synthetisch erläutert und er- FEINE TRINKERS BEI PINKELS DAHEIM Christoph Hess kreiert in 14 Stücken einen staunlich poetisch umgesetzt. Bereits der zweite Zyk- »Vaginal Erbrechen« CDR gewaltigen Fluss endloser Endlosrillenmusik. Sein lus weicht einer abstrakteren Formensprache, der Reduktive Musiken Instrumentarium ist gleichzeitig mit dem sinnigen Vokalanteil ist anders betont und die Thematik des Vorsatz versehen, das maximale aus der Verkettung Funksignals gerät zur glitchigen Fahrt durch Klicker- Zugegeben, die Slasherbraut auf dem Sieb- von manipulierten Lenco-Schallplattenspielern und beats, Errorsignalen und dem Einsatz eines gestörten druckcover bewirkt doch reichlich andersgeartete Effektketten herauszuholen. Wahrscheinlich lacht Herr Handyfunksignals (im Bereich von Lautsprechern auf- Gefühle beim Anblick dieser Mixtur aus 7“ Schutz- Hess herzhaft über den Einsatz der sonst so allgegen- genommen), welches hier den perkussiven Teil des pappe, Insert und beigelegter CDR und auch der wärtigen Computersysteme, denn hier klingt alles Stückes »Funksignal« bildet. Ab hier bildet der Tech- vulgäre Titel spielt eher auf manche Betitelung früher streng nach 33rpm/45rpm-Algorithmik, Loop über nologieansatz gänzlich andere Blüten. Der Zyklus der Noise-Veröffentlichungen hin. Der Schein trügt. Das Loop schichtet sich zu mal fast diskotauglichen Vier- Zwischenstücke, anonym eingefasst in die Titelnamen humoristisch gehaltene Beiblatt verrät freilich wenig viertelknarzern, dann wiederum zu liquiden Droneex- »Mittlere Composition«, spricht eine wiederum andere über den hier versammelten „Handwerkerdrone“, nur kursionen, die man in dieser Form kaum von einem Sprache als das vorhergegangene Material. Elemente das feine Schleifen in Looprotation, gepaart mit ver- Schallplattenspieler ohne Schallplatte erwartet hätte. des Barock und Biedermeiers finden hier ihren Platz, sprengtem Echokammerdröhnen und bizarren Sekun- Dass Hess es vermeidet mittels aufgelegter Schallplat- verspielte Arrangements und langsame Rhythmik deneinspielern schneller Vokalcutups verrät uns etwas ten Klänge zu generieren, unterscheidet ihn wiederum werden mit Versatzstücken aus synthetischer Klassik über die hier vorherrschende Klangsprache. Und die von Antimusikern à la Otomo Yoshihide, die eher mit konterkariert. Bisweilen schummeln sich Feldaufnah- ist gar nicht mal uninteressant. Beginnt das Album manipuliertem Vinyl ihre Klänge hervorrufen. Das men dazwischen, Vogelgezwitscher bildet den finalen relativ harsch, weicht es kurz darauf den mäanderhaf- Schaben des Nadelabnehmers über den metallischen Übergang zum letzten Zyklus des Weißen Rauschens. ten Droneverwirrungen eines Mirko Uhlig, deren An- Drehteller und andere zweckentfremdete Apparaturen Die CD schließt damit, womit sie anfing. Aus dem teil im Vergleich zu vorherigen Veröffentlichungen gerät immer wieder zu bildhaften sonischen Abstrakti- heruntergerechneten Rauschsignal schält sich eine auf sehr hoch angelegt ist, die Musik – gemessen an der onen, mal an geisterhaft ratternde Webstühle erin- einem Chord aufgesetzte Rhythmik, eingehüllt in digi- wahrscheinlich bewusst provokativ gehaltenen Um- nernd (Titel »#3«), dann wiederum an die klangliche Nachbildung eines pflügenden Traktors gemahnend sikansätzen. Auch visuell bietet die CD einiges: ein lich niederzukämpfen. Diesmal sind die Waffen schär- (Titel »#10«), inklusive Vogelgezwitscher und Berg- feines CD-Jackett aus schwarzer Pappe mit silbernem fer, der Klang bricht und rollt um dann überraschend landambiente. Wenngleich erstaunlich in Bezug auf Druck zeugt vom Grundsatz, dass hier Qualität vor umzukippen: Über Kampfgeschrei und digitale Vogel- die klangliche Varianz eines unbelegten Plattenspie- Quantität geht. Wer auf Avantrock steht, sollte hier schwärme schwebt konstant Goreckis Dritte Sympho- lers, gerät Strotter Inst. fast in die unvermeidliche unbedingt zugreifen. 4/5 nie, gleich einem auditivem Heldenepos für all jene, Grätsche zu Kunstmusik und Installation. Beliebig wird die im Kampf gegen die Stille gefallen sind. Unwillkür- es nie, aber das gleichförmige Multilayerformat aus FAUST lich stellt sich eine innere Unruhe ein, gepaart mit Loops, die auf zwei Geschwindigkeiten basieren, »Rien« CD einer Melancholie, die ich lange nicht mehr bei einer schüttelt den Kunstcharakter dieses Werkes trotzdem Table Of The Elements Besprechung hatte. Ein unglaubliches Album. Nach nicht ab. Dennoch, wer seinen alten Vinylspieler letzt den Endcredits sitze ich noch lange da und frage mich noch entsorgt hat, wird sich beim Hören dieser Schei- Die kurze Kunststille, die den Anfang des Al- was ich da eigentlich gerade gehört habe. Cinemati- be sicherlich ärgern. 4,5/5 bums bildet, weist nach nur wenigen stillen Sekunden sches Szenario für die Ohren. 5/5 den (Aus)weg in klangterritorisch völlig andere Gebie- SUM OF R te. Man sitzt da und lauscht, wartet darauf, dass der CHEN YI »s/t« CD erste Soundsturm vorbeigeht und wird dann in den »THE 1978 - 1983« LP Utech Records nächsten Klangraum geschickt. Windig ist es hier, 90% Wasser Kinder spielen, und ganz fern, fast so fern wie ein Das Hinterzimmerkollektiv um Mäder, Ziegler Gebet geflüstert auf tibetanischem Hochland, ertönt Zugegeben, als Freund obskurer Tonträ- und Hess formiert sich hier weder zu krümeliger Elekt- verhallen ein Saxophon, während Jean-Hervè Peron gerhistorien bin ich ja einiges gewohnt, aber das hier roakustik (RM74) oder gar Turntable-Avantgarde weit entfernt etwas ruft. Musik, die keine Musik ist, die schlägt dem Fass den Boden aus. Eine sich von der (Strotter Inst.), sondern bietet breitgewalzte, kiesige so chimärenhaft wirkt und ebenso gut ein Exzerpt aus Umwelt abkapselnde Kommune (benannt nach einem Dröhnschleifen in superbem Mischverhältnis zu Krach einem Film darstellen könnte. Richtungswechsel. Wie kommunistischen Führer) hinterlässt in den 1980zigern und hochdefinierter hintergründig agierender Ge- erobert man die Stille fragen sich Faust und stellen nach Auflösung eine Reihe von Bändern, die in endlo- räuschakustik. Bisweilen schimmern Ansätze der sonst gleich darauf ein Konzept auf, die eine aktive und ser Arbeit zusammengepfriemelt wurden und nutzt lose und in Einzelarbeit tätigen Musiker durch, etwa asketische Herangehensweise an den Klang an sich dafür angeblich für die damalige Zeit höchst professi- das monoeske Kratzen der Lencoplattenspieler am erfordert. »Eroberung Der Stille, Teil II« ist angerei- onelle Technik, ohne was davon zu verstehen. Wenn Anfang von »Ural Umbo« oder Mäders Orgelspiel in chert mit sequenzieller Geräuschvielfalt, eine Wunder- das stimmen sollte, stellt sich wohlweislich die Frage »Bones, Beers And Muscles«. Die Breitwandkulisse aus tüte angefüllt mit all dem, was sich als Mittel im Kampf nach dem Dilettantismus, der notgedrungen dieser LP verzerrter Gitarre und endlos ausgestreckter Analogd- gegen Ruhe und Stille verwenden lässt. »Listen To The innewohnen sollte. Die Platte selber ist nämlich ent- rones verdeckt bisweilen jeden Ansatz des Beiläufigen Fish« ist der erste konventionelle Titel, illustriert von gegen dieser Befürchtung erstaunlich homogen, ein und gerät schnell zu ruhender Statik inmitten eines einem Piktogramm-Ohr nebst Pfeil, der wiederum auf wenig Crass, ein bisschen Punk, einfach alles – ein stets mäandernden Klangflusses. Zugegeben, ein jenen stilisierten Fisch verweist, um den es hier gut. Mischmasch aus Stakkatorhythmik, Feedback, zerstör- wenig Einhörungsvermögen muss man für diese CD Auch hier ist das Sonische wohlstrukturiert, die Gitarre ten Vokallinien und ein bisschen Synthesizerdroning: mitbringen, denn hier bricht das sonst für eher halb- vornehm zurückhaltend eingesetzt, um eine ange- Voila. Dass das ganze nie ans Licht kommen sollte akademische Musik bekannte Hinterzimmertrio mit nehme, fast schon rauschhafte Atmosphäre zu kreie- (angeblich waren einige Kommunenmitglieder dage- seinen elektroakustischen und antimusikalischen Mu- ren. Ein zweites Mal wird angesetzt, die Stille klang- gen, Arbeiten zu veröffentlichen) und das Ergebnis eher sehr nach Berechnung und musikalischer Grund- um sie dann gegen den Putz seiner Ausstellungswand FAUST/NURSE WITH WOUND bildung klingt, macht die Platte mysteriöser als der zu lehnen. Nichts bleibt am Platze und wenn doch, »Disconnected« CD Sleevetext vielleicht offenlassen will. Fakt ist, dass es dann nur sehr fern hörbar. Eine durch und durch ge- ANDREW LILES & JEAN-HERVÈ PERON sich hierbei um astreine Musik handelt, Musik, die lungene Scheibe, die jedoch den Nachteil nach sich »Fini!« CD trotz ihres Alters und zwei Dekaden Unterschied in zieht, nach knapp 20 Minuten wieder vorbei zu sein. art-errorist Zeit und Genre frisch klingt ohne Ende. Und mal ehr- 5/5 lich: Warum sollte Flood denn teilweise mitproduzie- Faust und Nurse With Wound teilen sich jene ren, wenn die Musiker eigentlich keinen Plan von Zugegeben, auch als Musiker frage ich mich, Wurzeln, um deren Existenz sich Gruppen wie Can ihrem Maschinenpark haben? Und wieso habe ich warum die konzeptuelle Reihe von David Jackman, die oder Amon Düül verdient gemacht haben: Krautrock. bisweilen das Gefühl, dass da mal Herr Schalinski am mit »Sanctus« begann, sich auf jeder CD in titelge- Während mancher Musiker den Vergleich geradezu Mikrophon war? Mit einem Augenzwinkern von 90% nauer Repetition wieder findet. Auch »Amen« hält an abergläubisch scheut, hat Steven Stapelton von Nurse Wasser, eine unglaubliche Platte, sei die Geschichte dem Konzept fest, die Komposition in identischer With Wound nie einen Hehl aus seinem Ursprung wahr oder erfunden. 5/5 Lauflänge zweimal abzubilden. Dennoch ist die Musik gemacht. Um es genau zu sagen, das Album klingt, geradezu omnipräsent während des Hörens. Sanft wie Krautrock klingen soll. Wohlgemerkt: »Disconnec- fließt der Subbass durch die Drones und liquid- ted« ist weder ein NWW-Album, noch ein Faustisches ORGANUM verhafteten Summ-Arien entfernt gefilterter Klanger- Solo. Beide Musiker halten sich hier entgegen ihres »Die Hennen Zähne« 3"CD eignisse. Die Klänge reichen von hallgenährten Kla- sonstigen musikalischen Treibens sehr vorsichtig zu- »Amen« CD viereinsprengseln bis hin zu dem mantrahaft gespro- rück. Gemeinsam mit Faust zeigt sich bereits in dem Die Stadt chem Wort Amen, welches die Komposition wie ein ersten Stück »Lass Mich« genau jene Tendenz. Gitar-

roter Faden durchzieht. Nichts, wirklich nichts zeigt ren dominieren nur kurz, gleiten dann ab in schlittern- Organums herrlich grammatikalisch unkorrek- Kanten hier, alles wirkt an der Art der Komposition de Bahnen akkurat geschnittener Tapeereignisse und ter Titel »Die Hennen Zähne« vereint zwei nie realisier- geradlinig, jedoch ohne mit dem Bezug Kitsch zu Effekte, um sich dann mit Proberaummitschnitten und te 7" auf dem deutschen Experimentallabel Die Stadt. kollidieren. Allerdings erschöpft sich das Konzept nach rückwärtsgerichteten Harmonieverläufen wieder zu Eingeklemmt zwischen 3"-Plastiktray und weißer finis- dem ersten Titel zu sehr. Das zweite Stück bietet le- vereinigen. »Disconnected« zeigt den Träumer Staple- hüberzogener Digipakpappe liefert Organum konkre- diglich minimale Varianz zum ersten Titel und die ton, sein Repertoire an Drones und weit entfernt aus- ten Klang in anmutig kurzen Stücken, als wären sie weiteren CDs aus der Reihe kranken ebenfalls an gerichteten Becken- und Streicherklängen. Bisweilen dem Umstand geschuldet, dem heutigen Verhältnis zu diesem Umstand. Problematisch ist es alleine deshalb, gleitet das Stück in territoriale Nähen zu Werken wie Zeit und Alltagshektik entgegenzustehen. Sei es mant- weil Jackman auf jegliche konzeptuelle Erläuterung »Sand Tangled Women« oder »Echo Poeme«. Gera- rische Überlagerung verhältnismäßig monotoner Lofi- verzichtet und somit den Hörer seiner eigenen Inter- dezu elegisch fließt der auditive Strom des Stückes Rhythmik über einem stehenden Gerüst dronal ta- pretation überlässt. Aber sicherlich steckt genau da durch Digderidooklänge und digital auseinanderge- pemodulierter Hornklänge (»Die Kralle«), einer Schiffs- die Berechnung dahinter. 3,5/5 zogene Stimmschnipsel. Cut. In der Ferne wird Metall sirene klanglich nicht unähnlich, wenngleich tiefer, bis hörbar, dann erst zieht der Fade-Out. »It Will Take hin zu berstenden Katarakten aus Glas und manisch- Time« wird seinem Titel mehr als gerecht, die langsa- disharmonischen Hornstößen (Titelstück »Die Hennen men gestrummten Gitarrenschlieren verlieren sich am Zähne«). »Kazi« wirkt in seiner Schlichtheit wie der Ende in glockenklanghellen Harmonien und dem Soundtrack eines Galeristen in großer Räumlichkeit, mithilfe von Effekten tiefergestimmten Gesumme der seine Bilder und Objekte über den Boden schleift, wieder in der Stille. Hier fällt auf, das Faust und Kom- gen Schlägen aufs Trommelfell eines reduziert wir- ASMUS TIETCHENS pagnon stets den dramaturgischen Klang der Stille kenden Schlagzeugs. Man wird das Gefühl nicht los, »Formen letzter Hausmusik« CD wählen, um die Stücke voneinander abzusetzen. Erst es hier mit einer auf akustischer Ebene genäherten Die Stadt wenn der Hörer denkt, der Zenit zur Repetition sei Experimentalsprache zu tun zu haben, zeigt doch das überschritten, vernichtet Stapelton genau jene Denk- erste Viertel der CD durchaus Konventionalität. Die Der deutschen Jugend. Genau mit diesem weise radikal. NWW-Hörer wissen wie. Die limitierte klangliche Auswahl zwischen dem Bestand einer leise geäußerten Satz beginnt die auf Die Stadt wie- Edition der CD beinhaltet zwei weitere Titel, einer Rockband der frühen 1970ziger und den immer wie- derveröffentlichte CD der vormals auf dem NWW- davon lediglich ein akustischer Versatzblocker in Form der eingestreuten Bestandteilen digitaler Dekonstruk- Label United Dairies herausgegebenen LP »Formen von knapp 1 ½ Minuten Stille. »Hard Rain« beginnt tion wird im zweiten Viertel allerdings rapide schnell letzter Hausmusik«. Zugegeben, als geneigter Tiet- als Spoken Word/Reimstück, untermalt von fast kon- wieder fallengelassen und weicht nach einer kurzen chens-Hörer der Neuzeit sollte man seine eigene ventionellem Gitarrenspiel, sägenden Effekten und Fieldrecording-Intonation klanglich abstrakteren Ge- Erwartungshaltung an dieses Werk ablegen und jegli- flutterigem Synthesizerspiel. Mir drängte sich der filden. Der Titel »The Fly On The Windowsill Is Dead« che Objektivität an die hier versammelten Klänge in Verdacht auf, dass es ein reines Faust-Stück ist; Alles glänzt als Paradebeispiel. Liles zerdehnt Peron's einen Winkel der Hirnkammer verbannen. »Volksfest« wirklich, alles klingt nach Faust und die minimale Stimme wie einen rosafarbenen Kaugummi in Silben versprüht genau den erwarteten Charme eines Titels Akustik, der das Stück folgt, enthüllt nicht einmal und chorales Stottern, um das Resultat um düster einer ehemaligen United Dairies LP: Enigmatisch, mit einen klanglichen Schatten von Steven Staple- kolorierte Drones und Cut-Ups zu wickeln, deren ge- zahlreichem Samplefutter zwischen den akustischen ton. Auch wenn Krautrock nie wieder so werden wird, niale Banilität darin besteht, französische Popsongs zu Zeilen, höre ich gelegentlich Tietchens Zeitzeichenor- wie zu Amon Düül's Zeiten: Mit diesem Beitrag schaf- bilden. Der Trick funktioniert im musikalischen Kontext chester als zerfetztes Samplesujet, dann wiederum das fen es beide Künstler, doch genau diese Haltung um eindrucksvoll, unterbrechen doch die nachkomponier- pfeifende Geräusch tiefgestimmter Geräuschlinien ein großes Stück einbrechen zu lassen. 5/5 ten zuckersüßen Popakkorde das dissonant hämmeri- und zwischendurch immer wieder Tietchens schiefge- ge Stück über eine tote Fliege auf dem Fensterbrett stimmten Moog. Dem Abonnenten der Rerelease- Labelchef und Avantgardefestivalvorsitz geradezu leichtsinnig frohgestimmt. Die letzte Anwahl Reihe von Tietchens Werken ist die CD der Hydro- Jean-Hervè Peron arbeitet mit Andrew Liles, dem von Titeln der CD offenbart die Mehrsprachigkeit phonien im letzten Jahr sicher nicht entgangen. Hier Klangalchimisten, dessen Beiträge zu Nurse With beider Künstler. »I Lost My Faith In Words« ist splee- findet sich die »Hydrophonie 1«, ein wuchtiges Kon- Wound, Fovea Hex oder Diana Rogerson an sich niger Filterjazz, untermalt von ausgedünnten Drones glomerat aus spitz zugefiltertem Wasserrieseln, nebel- schon so etwas wie eine geheime Zutat bilden. Dieses und dem steten Geräusch zweier tennisspielender haft verstimmten konkreten Geräuschen und harschen Mal entführen uns beide Musiker in völlig andere Menschen. Jean-Hervè Peron's bilingualer Monolog ein- und ausrollenden Klängen der Feedbacks. Ob- musikterritoriale Gefilde. Übersteuerte Gitarren, sä- über Kommunikation schafft eine geradezu unter- wohl Tietchens hier nicht nur reine Wasserklänge gende Hammondorgeln und Versatzstücke aus puren schwellig fordernde Stimmung des Hörenden, das benutzt (auf den späteren Veröffentlichungen redu- Feldaufnahmen bilden den musikalischen Kontrast, nachfolgende »Congo Bongo La La La« zeigt die zierte Asmus das Material tatsächlich nur auf Wasser), den das geschmackvoll illustrierte Digipack in seiner Möglichkeiten von Jazz in Zeitlupe während akustische ist die Stimmung nicht weniger streng und kalt. Eine knallig rosaroten Farbe scheinbar synchron zum Ton Bonbons wie das wenigsekündige »?« dem Hörer die ähnliche Klaustrophobie in Bezug auf aquatische visuell darstellen soll. Schon das erste Stück »The Möglichkeit geben, das hier hörbare in akkurat ge- Klänge sehe ich nur auf der CD »Die Nacht Aus Blei« Drummer Is On Valium« zeigt einen gewissen humori- trennte Sektionen einzutiteln. Fin. 5/5 erreicht. Auch wenn Tietchens erst Jahrzehnte später gen Einschlag. Peron's charmant dialektisch gespro- seine musikalische Neigung zu Reduktion und wie er chener Text wird konterkariert von den hammerarti- sagt, Menschenferne propagierte, ist das hier ver- sammelte Material nicht weniger streng und fern. Sei Realität, die den Hörer fesseln und immer wieder räuschen. Der recht kraftvolle Auftakt des Stückes es das zähe Schleifen und Zerren in »Kammermusik 1« zwingen, die Musiker für ihre Ruhe und Akribie zu weicht nach knapp zwei Dritteln einem dronalen Aus- oder die Tapeeditierungen in »Hitch«, die dem Stück loben, mit der die Stücke ihren Aufbau finden. Unwill- klang, frei von Stimme dafür mit Lile'schen Versatzstü- eine fast schon industrielle Note verleihen – Asmus kürlich fühlt man sich angenehm in den Sessel ge- cken aus sanften Feedbacks und Harmonieläufen. spielt mit den Formen der letzten Hausmusik in sei- drückt, man lauscht, das einzig Mimische getarnt hin- »Gone« ist eine Überraschung, führt doch tatsächlich nem Sinne virtuos. Ferner spiegelt die CD recht ein- ter zuckenden Schläfen- man kann sich einfach kein ein Erzähler durch das minimal gehaltene Gerüst des drucksvoll den Spagat zwischen dem industriellen Bild machen, dieses Mal als einzige Empfehlung. Titels. Seine Stimme, seltsam erhaben über dem sanf- Tietchens der vergangenen Jahrzehnte und dem re- Kaufen und selber hören und ganz nebenbei das ten und dennoch unsteten Arrangement erzählt eine duzierten Klangtüftler heute. 5/5 merkwürdig Lewis Carroll'sche Cover bewundern. 5/5 dadaistische Geschichte, dem Weltschmerz nicht unähnlich, während Fovea Hex' Stimmenchor sich gen FAUST ANDREW LILES & FOVEA HEX Ende mehr und mehr schreienden Sirenen bewegt. »c'est com...com...compliqué« CD »Gone Evering Evening« 7" Eine EP, die Lust macht auf ein Album dieser unge- ASMUS TIETCHENS wöhnlichen Gruppe. Enya für Avantgardisten. 5/5 »Abfleischung« CD Dada ist Faust. Faust ist Dada. Faust ist Kraut- Die Stadt Die aktuelle Wiederveröffentlichung von As- rock. Mehr Info braucht es nicht, um innerhalb weni- mus' bisher nur auf Vinyl erhältlichem Werk »Abflei- ger Minuten zu begreifen, um was es hier ab der ers- Die Stadt legt mit der 7" von Fovea Hex schung« zeigt eine gänzlich andere Welt als die CDs ten Sekunde geht. Angemessene Worte für eine Band neue Maßstäbe. Wo sonst reduzierte Weisspagina- der Reihe davor. »Abfleischung« ist Resultat einer zu finden, deren innovativer Status im Bereich des Cover vorherrschten (mit dem silberumrandeten Vig- Zusammenarbeit mit Terry Burrows, die neben einer Krautrocks seit vierzig Jahren (!) ungebrochen ist, fällt nettendruck surrealer Fotomotivik) kommt die neue 7" Solo-LP von Tietchens und einer von Burrows auch schwer. Auch dem Rezensenten fiel es nicht einfach, mit klassizistisch schnörkelartigem Artwork daher. Ein zwei fruchtbare Kollaborationen zwischen beiden die übrigens bei Ankunft im Postkasten noch unveröf- Gatefoldcover rundet den soliden Eindruck der klei- Musikern hervorbrachte. Tietchens hat für »Abflei- fentlichte CD nach einmaligen Hören zu besprechen. nen Single-EP ab, in deren Mitte die Texte beider schung« seine eigenen Werke recyclet und der soni- Ein Versuch: Der mändernde Klang der einzelnen Stücke abgedruckt wurden. Der einzige Kritikpunkt schen Umgebung angepasst. Die kompromisslose Kompositionen ist das, was als erstes wirklich auffällt. hier ist allerdings das Format. Fovea Hex epischer Kürze der Titel zeigt dabei, wie stringent und klar Nichts, auch gar nichts zieht einen stilistischen Faden Ambientdonnerschlag funktioniert (bei aller klangal- Tietchens Reworkprozess gewesen sein muss. Zeigt nach sich, jedes Werk klingt abgeschlossen wie ein chemistischen Raffinesse) nur in endlos währender sich das erste Viertel der CD noch relativ locker ange- Soundkapitel für sich. Peron's hochgradig surrealen Präsentation selbst. »Every Evening« beginnt still und ordnet zwischen den Freibändern und Tietchens mo- Texte zeugen von dem, was Can mit ihrem Stimmak- sanft mit Harmoniumklängen, konterkariert von leise noesken Dronefanfaren, deren Vitalität den Hinter- robaten Suzuki vorgemacht haben: Den Klang zu angeschlagenen Klavierklustern. Eingehüllt und ge- grund der Stücke bereichert, weicht genau jene kris- bebrücken, Verweise zum Klang zu schaffen, um den nährt mit Hall und allerhand sonischen Tricks entsteht talline Schönheit zum Ende hin mehr und mehr repeti- Hörer am Ende des Titels dem nachhallendem Ein- eine leise besinnliche Welt, nicht unähnlich dem ver- tiven Tapeloops und industriellen Klangintermezzos. druck der Musik zu überlassen. Und genau da geht es zerrten Blick durch ein halb gefülltes Wasserglas. Interessant ist die Tatsache dass zahlreiche Werktitel los: Hier von einer pathetischen Rockplatte zu spre- Simond's Stimme präsentiert machtvolle a-cappella- der CD diversen Versionen entsprungen sind, die auf chen, würde der Musik wohl kaum gerecht werden. Texte, unberührt von den um ihre Stimme herumge- zahlreichen Wiederverwertungen einer Komposition Vielmehr sind es genau jene Spiele mit der auralen führten Droneschlieren und verlangsamten Atemge- beruhen (bspw. »Mineral 1-4«). Klingen zahlreiche Klänge recht ähnlich zueinander, so zeichnen sich einige der Titel durch radikale Varianz aus. »Ein fleissi- ges Insekt 2« siedelt sich an zwischen Freibändern und Teilmengen, während die vorgeschobene Varianz »Ein fleissiges Insekt 5« rein gar nichts von der splittrigen Klanghaftigkeit mehr über lässt, sich dafür in seltsame Hallfahnen wirft und am Ende genauso abrupt endet wie fast jeder Titel der CD. Für Tietchens eine aus- nehmend schwierige Scheibe, dennoch nicht weniger hörenswert. 4,5/5