Für eine aktive und umweltfreundliche Stadt- 6 mobi lität: Wandel ermöglichen

Inhalt

6 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen..... 331

6.1 Einleitung: Zukunft der Stadtmobilität...... 332

6.2 Räumlicher Fokus...... 332

6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen...... 333 6.3.1 Verändertes Mobilitätsverhalten in den Städten...... 335 6.3.2 Demografischer Wandel...... 338 6.3.3 Geteilte Mobilität und ­Intermodalität ...... 339

6.4 Mobilität und Lebensqualität­ im Umweltverbund...... 344 6.4.1 Der ÖPNV als notwendiges Rückgrat der Stadtmobilität...... 345 6.4.2 Aktive Mobilität für mehr Lebensqualität...... 348 6.4.3 Stärkung des Umwelt­verbundes durch eine ­Verringerung des ­motorisierten ­Individualverkehrs ...... 354

6.5 Handlungsempfehlungen...... 357 6.5.1 Infrastruktur des Umweltverbundes erhalten und ­ausbauen...... 357 6.5.2 Akteure zusammenführen ...... 362 6.5.3 Integrierte Verkehrsentwicklungsplanung verbindlich machen und auf regionaler Ebene stärken...... 364 6.5.4 Straßenverkehrsrecht für die Verkehrswende ­reformieren...... 365 6.5.5 Streckenabhängige Pkw-Maut einführen...... 377

6.6 Fazit...... 380

6.7 Literatur...... 381

Abweichende Auffassung des Ratsmitglieds Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker ...... I–VIII

327 Abbildungen

Abbildungen

Abbildung 6-1 Stadttypen in Deutschland unter Berücksichtigung verkehrlicher Verflechtungen nach Raumtypologie RegioStaR 7...... 334

Abbildung 6-2 Modal Split nach Raumtyp...... 335

Abbildung 6-3 Entwicklung des Fahrradanteils am Verkehrsaufkommen nach Raumtyp...... 336

Abbildung 6-4 Entwicklung des Radverkehrs am Beispiel (Bezugsjahr 2001)...... 337

Abbildung 6-5 Entwicklung der Pkw-Verfügbarkeit in verschiedenen Kohorten...... 339

Abbildung 6-6 Typologie neuer, geteilter Mobilitätsangebote...... 340

Abbildung 6-7 Kriterien zur Bewertung der Umweltwirkung von neuen Mobilitätsangeboten....341

Abbildung 6-8 Verkehrsmodi, die laut Nutzerbefragungen statt Ridehailing verwendet worden wären...... 343

Abbildung 6-9 Relative Entwicklung der Schwerverletzten und Getöteten im innerörtlichen Verkehr...... 351

Abbildung 6-10 Straße als Sozialisationsraum...... 353

Abbildung 6-11 Abnehmender Flächenbedarf für ruhenden motorisierten Individualverkehr in Großstädten...... 355

Abbildung 6-12 Übersicht Handlungsempfehlungen...... 359

328 Tabellen und Kästen

Tabellen

Tabelle 6-1 Modal Split des Fußverkehrs in ausgewählten Raumtypen...... 338

Tabelle 6-2 Indikatoren von NEWS- und deren Bewertungskriterien...... 352

Tabelle 6-3 Vergleich der Zustimmung einer City-Maut vor und nach ihrer Einführung...... 358

Tabelle 6-4 Vor- und Nachteile von Mautsystemen...... 379

Kästen

Kasten 6-1 Akzeptanz durch verkehrspoli­tische Experimente erhöhen ...... 357

Kasten 6-2 Straßenrecht versus Straßenverkehrsrecht ...... 367

Kasten 6-3 Reform von Steuern und Abgaben ...... 377

329

6

Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Über die Mobilität der Zukunft wird auch in den Städten entschieden. Eine Mobilitätswende, das heißt die Verla- gerung auf den öffentlichen Personennahverkehr sowie Fuß- und Radverkehr, kann zum Klimaschutz beitragen, senkt den Energie- und Flächenbedarf, verbessert die Luftqualität und reduziert die Lärmbelastung. Damit ­fördert sie auch die Gesundheit und Lebensqualität der Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Um eine Verlage- rung zu erreichen, ist es erforderlich, die Attraktivität des Umweltverbundes durch den Ausbau der Infrastruktur und die Verbesserung der Qualität zu stärken. Gleichzei- tig sollte der motorisierte Individualverkehr verringert werden. Dafür schlägt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) vor, eine streckenabhängige Pkw- Maut einzuführen und Parkraum konsequent zu beprei- sen. Um es den Kommunen zu ermöglichen, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten, bedarf es auch einer grundle- genden Reform des Straßenverkehrsrechts. Die Länder sollten die Kommunen außerdem gesetzlich verpflichten, eine integrierte Verkehrsentwicklungsplanung durchzu- führen, die regionale Verkehrsverflechtungen einbezieht.

331 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

6.1 Einleitung: Zukunft der Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich als Er- gänzung des Sondergutachtens „Umsteuern erforderlich: Stadtmobilität Klimaschutz im Verkehrssektor“ des SRU aus dem Jahr 2017 (SRU 2017c), das die Frage adressierte, wie der 460. Städte können aus mehrfachen Gründen einen er- Verkehrssektor schnellstmöglich einen wirksamen Bei- heblichen Beitrag zur Zukunft der Mobilität leisten. Das trag zum Klimaschutz leisten kann, und seinen Fokus auf 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Städte sein die Fernverkehre und die Förderung der Elektromobili- (WBGU 2016). Städte stellen einen wichtigen Hebel dar, tät legte. Dieses Kapitel lenkt dagegen den Blick auf die um umweltrelevante Ressourcen- und Energieverbräu- Alltagsmobilität des überwiegenden Anteils der Bevöl- che zu verringern, weil in ihnen die größten Wirtschafts- kerung, denn knapp 80 % der Bevölkerung in Deutsch- leistungen erbracht werden und die meisten Menschen land leben in Groß- und Mittelstädten sowie Regiopolen leben. Insbesondere vom motorisierten Individual­ (Tz. 451). Die Wirtschaftsverkehre werden aufgrund der verkehr gehen durch Luft- und Lärmemissionen, eine erforderlichen inhaltlichen Eingrenzung nicht betrach- verminderte Verkehrssicherheit sowie einen hohen Flä- tet. Der Verkehrslärm wird in diesem Umweltgutachten chen- und Energiebedarf negative Gesundheits- und ausführlich in Kapitel 5 behandelt. ­Umweltwirkungen aus. Gleichzeitig tragen gerade die Städte der Industrienationen in besonderem Maße Ver- Im Fokus steht hier die Neuausrichtung des Stadtver- antwortung dafür, Lösungen für globale Probleme auf kehrs auf den Umweltverbund – nachfolgend verstanden einer kleineren Skala zu entwickeln (ebd.). Die Verän- als öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) sowie Fuß- derungen, die von Städten ausgehen, können deshalb in- und Radverkehr als Formen der aktiven Mobilität. Unter ternational zum Treiber von Entwicklung für den Um- ÖPNV werden nachfolgend Angebote im Nahverkehr in welt-, Klima- und Gesundheitsschutz werden. In Europa einem Gemeindegebiet über Strecken bis zu 50 km ver- haben die Vorgaben zur Luftreinhaltung beispielsweise standen, die nach einem regelmäßigen Fahrplan verkeh- eine lebhafte Debatte darüber ausgelöst, welche Rolle die ren und die jeder nutzen kann. Eine Mobilitätswende in Automobilität in der Stadt spielen soll. Aber auch unver- der Stadt erfordert ein Zusammenwirken von Maßnah- bindliche europäische Vorgaben wie das Konzept der men, die die Rahmenbedingungen für die Verkehrsmit- nachhaltigen urbanen Mobilitätspläne haben beträchtli- tel des Umweltverbundes verbessern (sogenannte Pull- che Wirkungen entfaltet. Instrumente), mit solchen, die den motorisierten Individualverkehr in den Städten reduzieren (sogenann- In modernen Städten sind heute die Auswirkungen einer te Push-Instrumente). Diese Maßnahmen werden nach- Mobilitätskultur erlebbar, die lange Zeit auf das Autofah- folgend abgeleitet. ren gesetzt und dazu geführt hat, dass Städte größten- teils vom Pkw dominiert werden. Der Blick muss nun ­darauf gelenkt werden, kompakte, nutzungsgemischte Stadtstrukturen mit einer hohen Lebensqualität zu ver- 6.2 Räumlicher Fokus einen. Man kann der bestehenden Situation eine klare Vision gegenüberstellen: Die Stadt für Morgen sollte auf- 461. Es bestehen regional sehr unterschiedliche Rah- regend, vielfältig und voller Leben und dabei auch mög- menbedingungen für die städtische Mobilität. Neben lichst leise, grün, kompakt und durchmischt sein (UBA der Größe der Stadt spielt unter anderem die Lage im 2017). Kurze Wege, schöne Grünanlagen, Fahrradwege, Raum eine Rolle, also beispielsweise, ob eine Stadt in kurz getaktete Bahnen und Elektrobusse sowie Carsha- einer ländlichen Region oder in einer Stadtregion liegt ring-Systeme, die emissionsarme Elektrofahrzeuge be- oder wie stark die interkommunale Zusammenarbeit reitstellen, ermöglichen eine umweltschonende Mobi­ ausgeprägt ist. Auch politische Schwerpunktsetzungen lität (ebd.). Mit den zur Verfügung stehenden Flächen spielen eine Rolle, wie beispielsweise die Ausrichtung wird sparsam umgegangen. Eine solche Mobilitätswen- der Regionalplanung. Etablierte Stadt-Umland-Bezie- de, verstanden als qualitative Veränderung des Mobili- hungen, die über gemeindeübergreifende Mobilitäts- tätsverhaltens, führt zu einer Vermeidung und Verlage- konzepte verfügen, sind ein gutes Beispiel hierfür. Da rung von Autoverkehr in der Stadt und leistet damit einen die administrativen Grenzen diese unterschiedlichen Beitrag zur Verkehrswende insgesamt. Sie wird ergänzt Rahmenbedingungen unzureichend abbilden, wurde um die Energiewende im Verkehr, die sicherstellt, dass vom Bundesministerium für Verkehr und digitale der verbleibende Endenergiebedarf mit neutraler An- ­Infrastruktur (BMVI) für die Mobilitäts- und Verkehrs- triebsenergie erfolgt (Agora Energiewende 2013). forschung die regionalstatistische Raumtypologie

332 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

­RegioStaR entwickelt, die auch die Grundlage für die scheidender Bedeutung. Die Stadtregion wird in der Unterscheidung verschiedener Stadttypen in der Stu- ­regionalstatistischen Raumtypologie durch ein Über- die „Mobilität in Deutschland (MiD) 2017“ darstellt einanderlegen der Pkw-Erreichbarkeit und der Pend- (Abb. 6-1). lerbeziehungen abgebildet (BMVI 2018b). Von be­ sonderer Bedeutung für das Verkehrssystem einer Die RegioStaR-Typologie bildet die unterschiedlichen Stadtregion ist die Verkehrsmittelwahl derjenigen, die Rahmenbedingungen der Städte für die Mobilität sehr in die Stadt zum Arbeiten oder Einkaufen fahren oder gut ab. Sie wird daher nachfolgend verwendet, um den um dort ihre Freizeit zu verbringen (Berufs-, Einkaufs- räumlichen Fokus des Kapitels zu bestimmen, sowie für und Freizeitpendelnde). Berufspendelnde sind nach die Aussagen, bei denen eine Differenzierung nach ver- der Definition der Bundesagentur für Arbeit alle sozial­ schiedenen Stadttypen erfolgt. Die Typologie RegioStaR versicherungspflichtig Beschäftigten, die in einer an- 7 unterscheidet zwischen sieben unterschiedlichen deren Gemeinde arbeiten als sie wohnen (Bundesagen- Stadttypen in städtischen oder ländlichen Regionen tur für Arbeit 2019, S. 42). Von den knapp 32 Millionen (BMVI 2018b): sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutsch- land pendelten im Jahr 2017 knapp 40 % zur Arbeit in ɦɦ Metropolen: Dies sind Städte in Stadtregionen mit einen anderen Stadt-/Landkreis (Bundesagentur für einer Einwohnerzahl über 500.000 (17,6 % der Bevöl- Arbeit 2017). Die durchschnittliche Pendeldistanz stieg kerung). von 14,6 km im Jahr 2000 auf 16,8 km im Jahr 2015 (BBSR 2017a). Die Wegezwecke in Deutschland sind ɦɦ Großstädte: Sie liegen ebenfalls in Stadtregionen und in allen Raumtypen ähnlich verteilt. Auf ausbildungs- haben eine Einwohnerzahl zwischen 100.000 und und berufsbedingte Wege entfallen 34 %, auf Wege für 500.000. Regiopolen sind Großstädte in ländlichen den Einkauf und private Erledigungen 30 % und auf Regionen, welche eine besondere regionale Rolle spie- Freizeitwege 28 % (infas et al. 2018a, S. 3). Auch wenn len (14,4 % der Bevölkerung). die Pendelbeziehungen für Einkauf und Freizeit vom Umland in die Stadt nicht gesondert erfasst wurden, ɦɦ Mittelstädte, städtischer Raum: Neben den großen ist davon auszugehen, dass diese auch einen erhebli- Städten gibt es sowohl in städtischen als auch in länd- chen Anteil der Stadt-Umland-Verkehre ausmachen. In lichen Regionen den Typ „Mittelstädte, städtischer den Ausführungen zur Stadtmobilität in diesem Kapi- Raum“. Dieser umfasst Städte mit einer Einwohner- tel wird daher die Stadtregion mitbetrachtet. zahl von 15.000 (bzw. zwischen 15.000 und 30.000 je nach Lage und Zentralität) bis 100.000, die nicht als zentrale Städte identifiziert wurden (39,8 % der Be- völkerung). 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen ɦɦ Zentrale Städte: Dies sind mittlere Städte in ländli- chen Regionen mit einer Einwohnerzahl über 40.000 und gehobener zentralörtlicher Bedeutung (6,1 % der 463. Der Stadtverkehr und die Zukunft der Mobilität Bevölkerung). stehen aktuell im Zentrum lebhafter gesellschaftlicher Debatten. Vor diesem Hintergrund sollen nachfolgend die gesellschaftlichen und demografischen, aber auch In städtischen und ländlichen Regionen findet sich da- technischen Veränderungen durch Digitalisierung, ge- rüber hinaus der Raumtyp „kleinstädtischer, dörflicher teilte Mobilität (meist Shared Mobility genannt) und Raum“ (ebd.). Dieser Raumtyp, in dem in Deutschland Intermodalität (Kombination verschiedener Verkehrs- 22,2 % der Bevölkerung leben, wird in diesem Kapitel träger in einer Wegekette, s. VIERGUTZ und SCHEI- nicht diskutiert. Mit dem ÖPNV im ländlichen Raum, ER 2018) skizziert werden. Diese Trends prägen die der dem kleinstädtischen dörflichen Raum ähnlich ist, Entwicklung der städtischen Mobilität und sollten des- hatte sich der SRU zuletzt in seinem Sondergutachten wegen politisch und planerisch berücksichtigt werden. 2017 befasst (SRU 2017c, Tz. 291). Dabei ist es wichtig herauszustellen, dass sich viele Ver- änderungen zwar zunächst in großen Metropolen voll- 462. Verkehrliche Verflechtungen richten sich nicht ziehen, diese Entwicklungen aber zunehmend auch nach administrativen Grenzen. Daher ist der Begriff Groß- und Mittelstädte betreffen werden. der Stadtregion für die Verkehrsentwicklung von ent-

333 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

ɦɦAbbildung 6-1 Stadttypen in Deutschland unter Berücksichtigung verkehrlicher Verflechtungen nach Raumtypologie RegioStaR 7

DK

Kiel

Rostock

Hamburg Schwerin

Szczecin Bremen

PL NL Berlin Hannover Enschede Potsdam Magdeburg Arnhem Bielefeld

Nijmegen Cottbus Essen Dortmund Halle/S. Venlo Düsseldorf Kassel Leipzig Erfurt Köln Dresden Chemnitz Bonn

BE

Frankfurt/M. Wiesbaden CZ

LU Mainz Luxembourg

Mannheim Nürnberg Saarbrücken

FR Stuttgart

Strasbourg Ulm

München AT Mulhouse Freiburg i.Br. Salzburg

CH Basel 100 km

Stadtregionen Ländliche Regionen

Metropolen Regiopolen, Großstädte Zentrale Städte Räumlicher Fokus Mittelstädte, städtischer Raum Mittelstädte, städtischer Raum des Kapitels Kleinstädtischer, dörflicher Raum Kleinstädtischer, dörflicher Raum

Stadtregionengrenze Name Datenbasis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR Grenznahe Großstadt mit stadtregionaler Geometrische Grundlage: Einheitsgemeinden und Gemeinde- verbände (generalisiert), 31.12.2016 © GeoBasis-DE/BKG Verflechtung zu Deutschland Bearbeitung: BBSR, A. Milbert; Grundkonzeption: BMVI © BBSR Bonn 2018

Die Einwohnergrenzen (> 15.000 für Mittelstädte, > 100.000 für Großstädte, > 500.000 für Metropolen) wurden zeitrobust (d. h. mög­ lichst unabhängig von Gebietsreformen und aktuellen Bevölkerungsdaten) interpretiert und weitere Kriterien (Entwicklungstendenz, Einwohnerinnen und Einwohner in der Region, zentralörtliche Bedeutung) zur Einordnung herangezogen. Zur Bestimmung der Stadt­ regionen wurden alle Verflechtungsbereiche um Großstädte (Erreichbarkeit der Großstadt mit dem motorisierten Individualverkehr in 30 Minuten oder Auspendleranteil > 25 %) festgelegt und Gebiete mit Pendlerbeziehungen untereinander von über 20 % zusammengefasst

Quelle: BMVI 2018a; 2018b

334 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

6.3.1 Verändertes Mobilitätsver- Statistisch entfallen auf jeden Haushalt 1,1 Autos (infas et al. 2018a, S. 33). In den größeren Städten nimmt der halten in den Städten Anteil von Haushalten ohne eigenes Auto allerdings im Gegensatz zum bundesweiten Trend zu: Besaßen im Jahr 464. Mobilität dient in der Regel der Befriedigung von 2002 36 % der Haushalte in Metropolen und 26 % in Re- Bedürfnissen durch Ortsveränderung (angelehnt an giopolen und Großstädten keinen Pkw (infas et al. 2003, ­BECKER et al. 1999, S. 71). Aus der Veränderung des S. 94), stieg dieser Anteil im Jahr 2017 auf 42 % bzw. Mobilitätsverhaltens lassen sich Trends, aber auch mög- 31 % (infas 2018, S. 19). liche Risiken für die nachhaltige Mobilität, insbeson­ dere in den Städten, ableiten. Auch beim Radverkehr lassen sich divergierende Trends zwischen Stadt und Land erkennen (Abb. 6-3). War der Gemessen an der Verteilung des Wegeaufkommens auf Fahrradanteil am Verkehrsaufkommen 2002 über alle die verschiedenen Verkehrsmittel (fortfolgend Modal Raumtypen hinweg ähnlich hoch (9 – 10 %), fiel dieser Split genannt), ist das Auto weiterhin das dominierende bis 2017 im dörflichen Raum auf 7 bzw. 8 %. Dagegen Verkehrsmittel im deutschen Verkehrsalltag. Auf dieses stieg der Fahrradanteil in Metropolen auf 15 % und in entfallen 57 % der Wege und 75 % der Personenkilome- Großstädten auf 14 %. Daraus ergeben sich veränderte ter (Pkm) (infas et al. 2018a, S. 3). In Metropolen spielt Mobilitätsmuster und auch generell eine höhere Mul­ der Umweltverbund die größte Rolle (62 % aller Wege). timodalität in den Städten im Gegensatz zu ländlichen In Regiopolen und Großstädten beträgt der Anteil des Regionen (infas et al. 2018a, S. 59). Umweltverbundes 50 %, in zentralen Städten in ländli- chen Regionen sind es 44 %, in Mittelstädten in Stadtre- 465. Während das Fahrrad in der 1. Hälfte des 20. Jahr- gionen 39 % bzw. in ländlichen Regionen 35 % (Abb. 6-2). hunderts das dominante Individualverkehrsmittel dar-

ɦɦAbbildung 6-2 Modal Split nach Raumtyp

Zu Fuß Fahrrad MIV -Fahrer MIV -Mitfahrer ÖV

gesamt 22 11 43 14 10

Raumtyp Metropole 27 15 28 10 20

n o i Regiopole und Großstadt 24 14 37 13 12

g e Mittelstadt, städtischer Raum 21 10 46 15 8 Stadt r

kleinstädtischer, dörflicher Raum 18 8 51 15 7

zentrale Stadt 24 13 41 15 7 gion e R Mittelstadt, städtischer Raum 20 9 49 16 6 h e c kleinstädtischer, dörflicher Raum 17 7 55 15 5 ändl i l

0 25 50 75 1 00

Angaben in Prozent; alle Wege; Abweichungen von 100%: Rundungsdifferenzen

MIV – motorisierter Individualverkehr, ÖV – öffentlicher Verkehr

Quelle: infas et al. 2018a, S. 47

335 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

ɦɦAbbildung 6-3 Entwicklung des Fahrradanteils am Verkehrsaufkommen nach Raumtyp Stadtregionen

Metropole 9 % 15 %

Regiopolen, Großstädte 10 % 14 %

Mittelstädte, städtischer Raum 9 % 10 %

Kleinstädtischer, dörflicher Raum 8 % 9 %

Ländliche Regionen

Zentrale Städte 9 % 13 %

Mittelstädte, städtischer Raum 9 %

Kleinstädtischer, dörflicher Raum 7 % 9 % 2002 2017

0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % 14 % 16 %

SRU 2020; Datenquelle: infas et al. 2019a, S. 21

stellte (HORN 2018, S. 7), begann nach dem 2. Welt- Im Gegensatz zur Nachkriegszeit wird das Fahrrad in- krieg sein rascher Niedergang: Unter dem Leitbild der zwischen zunehmend von Menschen mit hohem sozia- gegliederten und aufgelockerten Stadt wurden die Städ- len Status bevorzugt benutzt (SINUS Markt- und Sozial­ te autogerecht umgestaltet und das Fahrrad planerisch forschung 2017, S. 28 ff.). zunehmend als Störfaktor wahrgenommen (ebd., S. 10). Gleichzeitig wurde das Fahrrad als Fortbewegungsmit- 466. Eine Mehrheit der Autofahrenden in Deutschland tel der Armen stigmatisiert (ebd.; BERTHO-LAVENIR erklärt in Umfragen regelmäßig die grundlegende Be­ 2016), während das Auto zum Statussymbol avancierte reitschaft, je nach Stadtgröße häufiger zu Fuß zu gehen (GLASER 2016, S. 70). Seinen historischen Tiefstand (73 – 77 %) und Rad zu fahren (60 – 66 %) (BMUB und erreichte der Anteil des Radverkehrs europaweit im Laufe UBA 2017, S. 63). Dies kann als Ausdruck einer grund- der 1960er- und 1970er-Jahre (OLDENZIEL et al. 2016). sätzlich für Wandel offenen Mobilitätskultur gedeutet Einige Städte wie Kopenhagen oder Amsterdam stellten werden (s. aber auch SRU 2019, Abschn. 3.3.4 für die das Fahrrad aber bereits damals aufgrund eines breiten Lücke zwischen Werten und Handeln). Als Hemmnisse gesellschaftlichen Engagements wieder in den Mittel- für den Umstieg auf das Fahrrad wird häufig eine man- punkt der verkehrspolitischen Planungen. Der Rückgang gelhafte Radinfrastruktur, zu lange Fahrtwege und das des Radverkehrsanteils konnte daraufhin bei einem An- Fehlen (sicherer) Abstellmöglichkeiten angegeben (BMUB teil von rund 20 % gestoppt werden. Seit den 1980er-Jahren und UBA 2017, S. 63). Gerade in den Großstädten und steigt er wieder an (ebd., S. 13). In deutschen Großstäd- Metropolen, in denen der Radverkehrsanteil in den letz- ten fiel der Radanteil hingegen häufig in den einstelligen ten 15 Jahren bereits deutlich gestiegen ist, ist die Un- Prozentbereich und betrug beispielsweise 2002 in Ber- zufriedenheit mit der Situation des Radverkehrs insbe- lin 8 % und in Hamburg 9 % (infas et al. 2019a, S. 18). sondere unter den viel Rad Fahrenden am größten (infas et al. 2019a, S. 47). Rad Fahrende benutzen das Fahrrad In den letzten Jahrzehnten erlebte jedoch der Radver- hier also trotz der Unzufriedenheit mit der Verkehrs­ kehr in den deutschen Städten einen langsamen Wieder- situation für den Radverkehr (ebd.). aufstieg (Abb. 6-4 für die Entwicklung des Radverkehrs am Beispiel Berlin; BRACHER 2016, S. 268), wobei sich Aus dem Unmut über die Infrastruktur und die Planung der Radverkehrsanteil absolut gesehen weiterhin auf mo- des Stadtverkehrs sind in den letzten Jahren Volksbegeh- deratem Niveau bewegt: So stieg der Modal Split, also ren entstanden. Diese setzen sich auf kommunaler und der Anteil des Radverkehrs an allen Wegen, in Berlin wie Landesebene für eine Mobilitätswende und eine Verbes- in Hamburg bis 2017 auf 15 % (infas et al. 2019a, S. 18). serung der Fahrradinfrastruktur ein und haben innerhalb

336 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

ɦɦAbbildung 6-4 Entwicklung des Radverkehrs am Beispiel Berlin (Bezugsjahr 2001)

250 %

1952 203 % 200 %

2016 153 % 150 %

2001 100 % 100 %

50 % 1973 16 %

0 % 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

SRU 2020; Datenquelle: Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Berlin 2019b, S. 4

kurzer Zeit den Mobilitätsdiskurs mitgeprägt (LÜDE- (infas et al. 2018a, S. 25 und 55 ff.; BMU und UBA 2019, MANN und STRÖßENREUTHER 2018). Als Beispiel S. 65; CAM 2018, S. 58). Wird doch ein Pkw benötigt, hierfür wird die Berliner Initiative „Volksentscheid Fahr- greifen sie verstärkt auf Angebote der geteilten Mobili- rad“ (Volksentscheid Fahrrad 2017) genannt, die einen tät wie Carsharing zurück (infas et al. 2018a, S. 36 und Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Radverkehrs 83). Darin spiegelt sich ein pragmatischeres Verhältnis vorgelegt hat. Dessen Zielsetzungen wurden durch den und eine geringere emotionale Bindung junger Menschen Berliner Senat im Berliner Mobilitätsgesetz (MobG BE) an das Auto wider (KUHNIMHOF et al. 2019, S. 110). aufgegriffen, das im Sommer 2018 verabschiedet wurde. Ebenfalls besonders ausgeprägt ist die Nutzung von di- Bürgerinitiativen für eine bessere Fahrradinfrastruktur gitalen Mobilitätsdiensten bei jungen Stadtbewohnerin- entstanden in der Folge beispielsweise auch in Nord- nen und -bewohnern. Damit zusammenhängend ist auch rhein-Westfalen sowie in Frankfurt am Main, Stuttgart, multimodales Mobilitätsverhalten, also die Nutzung ver- Kassel und Darmstadt. schiedener Verkehrsmittel innerhalb eines festen Zeit- raums (infas et al. 2018a, S. 123 ff.), sowie intermoda- 467. Die veränderten Mobilitätsmuster sind bei jungen les Mobilitätsverhalten,­ also die Nutzung mehrerer Stadtbewohnerinnen und -bewohnern besonders ausge- Verkehrsmittel auf einem einzelnen Weg, überproporti- prägt. Diese verfügen heute tendenziell seltener über onal verbreitet („Junge Menschen sind Vorreiter beim einen Führerschein (infas et al. 2019c, S. 67) und insbe- Kombinieren von Verkehrsmitteln“, Pressemitteilung des sondere seltener über einen eigenen Pkw als entspre- Deutschen Verkehrsforums vom 7. November 2017). chende Vergleichsgruppen vor zwanzig Jahren (KUHNIM­ HOF et al. 2019, S. 73), wobei dieser Effekt in den Gleichzeitig bedürfen diese aus Umweltsicht positiv zu Metropolen und Großstädten besonders stark ausgeprägt bewertenden Mobilitätstrends einer aktiven Unterstüt- ist (ebd., S. 36 f.). zung. Stehen keine attraktiven Alternativangebote zum privaten Pkw zur Verfügung, wird vermutlich in späte- In der Folge benutzen junge Erwachsene überpropor­ ren Lebensphasen wie bei der Familiengründung, dem tional häufig das Fahrrad sowie den ÖPNV und verzich- Jobwechsel oder einem Umzug die Anschaffung eines ten häufiger als andere Gruppen auf ein eigenes Auto Pkw nachgeholt (LANZENDORF 2010; OAKIL et al.

337 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

2011; KUHNIMHOF et al. 2019, S. 17). Nur wenn der insbesondere Seniorinnen heute häufiger über diesen ver- Umweltverbund in den Städten entsprechend gestärkt fügen als Seniorinnen früherer Generationen (HOLZ­ wird, wird sich die beginnende Abkehr junger Erwachse- APFEL und VORREITER 2017, S. 15; infas et al. 2018b, ner vom eigenen Auto in einer langfristig niedrigeren S. 22). In der Folge wird das Auto öfter genutzt als bei frü- Pkw-Besitzrate niederschlagen. heren Kohorten. Ein Umstieg auf den Umweltverbund ist bei älteren Menschen mit steigendem Lebensalter nicht 6.3.2 Demografischer Wandel automatisch zu erwarten (HOLZAPFEL und VORREITER 2017, S. 15). Dieser würde erleichtert werden, wenn ent- 468. Ein für die Zukunft des städtischen Verkehrs wich- sprechende Alternativangebote vorhanden wären. Beson- tiger Faktor ist die demografische Entwicklung. Zwei As- ders für den Fußverkehr sind sichere und kurze Alltags­ pekte sind besonders relevant: die Verschiebung von wege wichtig, da Ältere im Straßenverkehr besonders Wohnorten innerhalb Deutschlands (Binnenwanderung) gefährdet sind (zur Verkehrssicherheit s. Abschn. 6.4.2.2). und die steigende Zahl älterer Menschen. In Deutschland gibt es derzeit ein Nebeneinander von wachsenden und 31 % der über 80-jährigen Männer und 45 % der über schrumpfenden Räumen. Zuzug findet dabei insbesonde- 80-jährigen Frauen ist von gesundheitsbedingten Mo­ re in die Ballungsräume statt. Zudem machen ­ältere Men- bilitätseinschränkungen betroffen (infas et al. 2018a, schen zukünftig aufgrund der steigenden Lebenserwar- S. 99). Zudem gibt mehr als die Hälfte der über 80-Jäh- tung einen größeren Anteil der Bewohnenden der Städte rigen an, aus gesundheitlichen Gründen kein eigenes aus. Damit gehen veränderte Anforderungen an die Infra- Auto zu besitzen (ebd., S. 101). Ein barrierearmes Le- strukturen und die Stadtentwicklung insgesamt einher. bensumfeld, das den direkten Zugang zu Dienstleistun- gen, wie Ärztinnen und Ärzten, aber auch Freizeitan­ 469. Für die Wahl des Verkehrsmittels und die Art der geboten und Grünflächen ermöglicht, ist somit ein Wege spielen Lebensphasen eine zentrale Rolle (HOLZ- zentraler Baustein für Lebensqualität und soziale Teil- APFEL und VORREITER 2017, S. 15): Seniorinnen und habe Älterer (KIZIAK et al. 2014). Senioren gehören neben Kindern und Jugendlichen zu dem Teil der Bevölkerung, der relativ häufig zu Fuß un- Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit den demo- terwegs ist (Tab. 6-1). Bei Kindern und Jugendlichen ist grafischen Veränderungen auf die Städte neue Heraus- zudem die Nutzung des Fahrrades besonders ausgeprägt forderungen zukommen. Die Autonutzung älterer Men- (infas et al. 2018b, S. 23). Bei älteren Menschen über- schen wird ohne attraktive Alternativangebote zukünftig wiegen lebensphasenbedingt Einkaufs-, Erledigungs- und weiter zunehmen. Eine menschengerechte Stadtentwick- Freizeitwege, gleichzeitig geht die durchschnittliche We- lung mit Fokus auf den Fuß- und Radverkehr, die eine gelänge deutlich zurück (eigene Auswertung der Daten barrierefreie, nutzungsgemischte und kompakte Bebau- von infas et al. 2019b). ungsstruktur mit kurzen Wegen vorsieht und die Sicher- heit aller Verkehrsteilnehmenden ermöglicht (Abschn. Mit Eintritt in das Rentenalter ist bei heutigen Kohorten 6.4.2.3), hilft daher dabei, dem demografischen Wandel öfter ein Auto verfügbar (Abb. 6-5). Als Erklärung kann in den Städten gerecht zu werden und Alternativen zum die höhere Verbreitung des Führerscheins gelten, wobei Auto anzubieten.

ɦɦTabelle 6-1 Modal Split des Fußverkehrs in ausgewählten Raumtypen

Gesamtbevölkerung 0- bis 17-Jährige 70 Jahre und älter

Deutschland 21 % 29 % 29 %

Metropolen 28 % 35 % 36 %

Mittelstädte, ländliche Regionen 20 % 25 % 30 %

Quelle: infas et al. 2019b, gerundet

338 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

ɦɦAbbildung 6-5 Entwicklung der Pkw-Verfügbarkeit in verschiedenen Kohorten

Anteile Pkw jederzeit verfügbar Linienverläufe geglättet 90% 45-jährig im Jahr 2008 80% 60-jährig 25-jährig im Jahr 2008 70% im Jahr 45-jährig 2002 im Jahr 2002 60-jährig 60% im Jahr 2002 75-jährig 25-jährig 50% im Jahr 2008 im Jahr 2008 75-jährig 40% im Jahr 2002

30% 2017

20% 2008

10% 2002 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 Lebensalter

Quelle: infas et al. 2019d

6.3.3 Geteilte Mobilität und erhebliche ökologische Entlastungswirkung ist daher entscheidend, dass die Fahrzeuge zukünftig geteilt ge- ­Intermodalität nutzt werden.

470. Drei technische Großtrends werden die Mobilität Das autonome Fahren findet derzeit große Aufmerksam- in den Städten der Zukunft entscheidend mitprägen. keit. Städtische Umgebungen mit verschiedensten Ver- Erstens gehört dazu die Elektrifizierung des Straßen- kehrsteilnehmenden, unterschiedlichen Geschwindig- verkehrs, welche den Kern einer Energiewende im keitsniveaus und einer hohen Interaktionsdichte stellen ­Verkehr darstellt. Hierzu hat der SRU sich bereits aus- jedoch sehr hohe technische Anforderungen an die Voll- führlich geäußert (SRU 2017c). Zweitens sind die Voll- automatisierung der Fahrzeuge. Branchenbeobachter er- automatisierung und schließlich die geteilte Mobilität, warten die Marktreife vollautonomer Fahrzeuge mit Zu- also die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen über die lassung in den Städten aus diesen Gründen frühestens Angebote des ÖPNV hinaus (fortfolgend Shared 2030 (VDA 2015, S. 15) oder später (KRAIL et al. 2019, ­Mobility genannt), zentrale Trends (FULTON und S. 34). Die Verbreitung von autonomen Fahrzeugen könn- MEROUX 2017). Wird davon ausgegangen, dass Autos te dazu führen, dass die Personenkilometer im Verkehr zukünftig zwar automatisiert und elektrisch, aber wei- weiter ansteigen, da die Fahrzeit für andere Tätigkeiten terhin primär privat und damit mit niedrigen Beset- genutzt werden kann und die Kosten pro gefahrenem zungsgraden gefahren werden, kann dies insgesamt ­Kilometer sinken (SRU 2017c, S. 113 ff.). Aus Sicht der sogar zu mehr Verkehr führen (ebd., S. 21; FRIEDRICH städtischen Verkehrsentwicklung wird es entscheidend und HARTL 2016, S. 27 ff.). Technische Effizienzvor- sein, das autonome Fahren politisch zu steuern und so teile werden dadurch im Zweifel aufgehoben. Für eine zu gestalten, dass die erwünschten ökologischen und

339 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

­sozialen Ziele erreicht werden. Dazu kann beispiels­weise sind, dass Nutzende von Carsharing eher bereit sein die Einbindung autonomer Fahrzeuge in den öffentlichen könnten, das eigene Auto abzuschaffen und ihre Mobili- Nahverkehr und eine streckenabhängige Maut beitragen tätsbedürfnisse multimodal zu erfüllen, wenn sie je nach (ebd.; s. a. Abschn. 6.5.5). Anlass den Umweltverbund und Sharing-Angebote kom- binieren können. Insbesondere jüngere Stadtbewohne- 471. Um die insbesondere aus ökologischen Gründen rinnen und -bewohner begreifen Mobilität immer stär- notwendige Verkehrswende zu erreichen, bedarf es ge- ker als Dienstleistung und machen sie weniger am Besitz rade in den Städten einer grundlegenden Transforma­ fest. Sie kombinieren verschiedene Verkehrsmittel fle­ tion der Mobilität, die über rein technische Anpassun- xibel und individuell angepasst, was in der Literatur unter gen hinausgeht und die Lebensqualität der Menschen in dem Begriff Mobility as a Service (MaaS) diskutiert wird den Mittelpunkt stellt (Abschn. 6.4.2). Hierfür stellt die (BORMANN et al. 2018, S. 14; Bitkom 2018, S. 5). Tech- Shared Mobility einen möglichen Baustein dar. Solche nische Voraussetzung dafür ist die Vernetzung von Fahr- neuartigen Mobilitätsdienstleistungen, die vor allem in zeugen und der Einsatz mobiler Endgeräte wie Smart- den Metropolen entstehen, weichen die Grenzen zwi- phones. Nutzende können über entsprechende Apps schen klassischem Individualverkehr und öffentlichem flexibel Verbindungen und Mobilitätsalternativen suchen Verkehr auf (LENZ und FRAEDRICH 2015, S. 177). Bei- sowie die Verkehrssituation jeweils aktuell bewerten spiele für die Shared Mobility sind flexibles Carsharing, (HEINRICHS und OOSTENDORP 2015). Mitfahrdienste und Ridesharing sowie Bikesharing und das Sharing von E-Scootern (Abb. 6-6). Neben einer Plattform für die Verbindungssuche inte­ grieren entsprechende MaaS-Angebote Ticket- und Be- Damit spiegeln sie gleichzeitig den gesellschaftlichen zahlsysteme und bieten zum Teil Pauschaltarife für die Trend wider, Alltagsgüter gemeinsam zu nutzen, statt Nutzung von Mobilität, also eine Mobilitätsflatrate, an persönlich zu besitzen, was unter dem Begriff der Sha- (WBGU 2019b, S. 206). Die Alltagsmobilität könnte ring-Ökonomie diskutiert und deren Potenzial durch di- ­dadurch in den Städten zukünftig stärker multi- und in- gitale Plattformen noch gefördert wird (WBGU 2019a, termodal erfolgen. Damit verbindet sich vor allem die S. 167). Vielfach besteht die Hoffnung, dass beispiels- Hoffnung, dass die digitale Integration und die Intermo- weise das Carsharing das Verkehrsaufkommen verringert dalität zu einer verstärkten Nutzung des Umweltverbun- (LENZ und FRAEDRICH 2015, S. 180). Gründe hierfür des führen (NEHRKE 2018), mithin auch die aktive

ɦɦAbbildung 6-6 Typologie neuer, geteilter Mobilitätsangebote

Geteilte Beförderung Geteiltes Fahrzeug

Private Gewerbliche Mitnahme Fahrgastbeförderung Verschiedene Varianten: • Stationsgebunden oder stationslos (free-floating) • Gewerblich oder privat (bspw. über Sammel- Einzel- Vermittlungsplattformen) beförderung beförderung

Ridesharing, Ridehailing E-Scooter- Mitfahrgelegen- (auch Ridepooling Carsharing Bikesharing sharing, heiten (auch Car- Ridesourcing E-Rollersharing pooling genannt) genannt)

SRU 2020; Datenquelle: HEINRICHS und PARZONKA 2017, S. 8; MEHLERT 2018

340 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

­Mobilität gestärkt wird. So kann die intermodale Kom- ­unterschiedlich. Die existierenden Untersuchungen zur bination verschiedener Verkehrsmittel des Umweltver- Nachhaltigkeit der Shared Mobility setzen verschiedene bundes auf einer Wegekette dabei helfen, die Erreich­ Schwerpunkte und decken häufig nur Teilaspekte der barkeit von Quartieren und Gebieten und damit die Umweltwirkung ab (Abb. 6-7). Gerade die Beurteilung Attraktivität des Umweltverbundes insgesamt zu erhö- der Kombinationswirkung verschiedener Angebote und hen (OOSTENDORP et al. 2019). die langfristige Veränderung von Mobilitätsverhalten er- fordern aber komplexe Verlaufsstudien, die bisher kaum Ob eine solche positive Wirkung erzielt werden kann, existieren. hängt aber sowohl vom konkreten Angebot als auch von den verkehrlichen und politischen Rahmenbedingungen 473. Insbesondere das stationslose, flexible Carsharing ab. Dabei sollte auch berücksichtigt werden, dass das (auch free-floating Carsharing genannt) verdankt sei- Smartphone als Nutzungsvoraussetzung neuer Mobili- nen Erfolg der flächendeckenden Verbreitung von mo- tätsangebote derzeit noch eine technische Hürde darstellt bilen Endgeräten. Es erlaubt die spontane Leihe eines und damit nicht allen Menschen eine Teilhabe ermöglicht. Fahrzeugs, das im Anschluss an einem beliebigen Ort in- nerhalb des Geschäftsgebietes des Anbieters abgestellt Umweltwirkungen der Shared Mobility werden kann. Damit ermöglicht das stationslose Carsha- 472. Entscheidendes Kriterium für die Gesamtentlas- ring, nur einen Weg zu fahren, und wird deshalb häufig tungswirkung neuer Mobilitätsdienstleistungen ist, ob für Fahrten innerhalb eines Stadtgebietes und damit für durch diese mehrheitlich bisherige Nutzende des moto- Alltagswege genutzt. Zu unterscheiden ist es vom bereits risierten Individualverkehrs gewonnen werden. Wenn seit einigen Jahrzehnten existierenden stationsbasierten die Angebote überwiegend Fahrten des Umweltverbun- Carsharing. Hier wird das Fahrzeug in der Regel vorab des substituieren und sogar neue Fahrten induzieren, ist reserviert, an einer Station ausgeliehen und nach der kein positiver Umwelteffekt zu erwarten. Die Bilanz ist Fahrt auch wieder an dieser abgestellt. Damit wird es je nach Art der betrachteten Mobilitätsdienstleistung eher für im Voraus geplante, besondere Anlässe genutzt.

ɦɦAbbildung 6-7 Kriterien zur Bewertung der Umweltwirkung von neuen Mobilitätsangeboten

Ressourcen- Umfang und verbrauch Notwendige Emissionen bei der Nutzung Art der über den Infrastruktur Substitution Lebenszyklus

Substitution Besetzungs- und Stations- anderer Antriebstechnik Herstellung Auslastungsgrad infrastruktur Mobilitäts- angebote

Geteilte Sammlung und Induktion Beförderung oder Lebensdauer Verteilung von zusätzlicher geteiltes Fahrzeug Fahrzeugen Nachfrage

Langfristige Notwendige Entsorgung und Veränderung von Leerfahrten Recycling Mobilitäts- verhalten

SRU 2020

341 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Relevant für die ökologische Entlastungswirkung des Car- Empirische und modellbasierte Forschungsergebnisse sharings ist vor allem, ob dies zu einer geringeren Nut- aus den USA deuten darauf hin, dass die ökologischen zung von Autos im Alltag und einem Rückgang des Folgewirkungen des Ridehailings kritisch zu bewerten ­privaten Autobesitzes führt. Im Vergleich zum stations- sind (SCHALLER 2018). So führte Ridehailing zu mehr losen Carsharing geben Nutzende des stationsbasierten motorisiertem Verkehr und mehr Staus (ebd.; ERHARDT ­Carsharing dieses deutlich häufiger als Grund für die et al. 2019). Ein Rückgang des motorisierten Individu- ­Abschaffung ihres Privatautos an (BMW AG et al. 2016, alverkehrs war hingegen nicht zu beobachten. Befragun- S. 250; NEHRKE und LOOSE 2018, S. 38). gen haben ergeben, dass 46 bis 61 % der Ridehailing-Nut- zenden sonst nicht auf das eigene Auto zurückgegriffen, Nutzende des stationsbasierten Carsharings legen mehr sondern den Umweltverbund genutzt oder die Fahrt Wege mit dem Umweltverbund zurück (Bundesverband überhaupt nicht angetreten hätten (Abb. 6-8). CarSharing 2018, S. 4), während das stationslose Car- sharing beispielsweise auf die Nutzung des ÖPNV bisher Entsprechende Untersuchungen für Deutschland exis- keinen signifikanten Effekt zu haben scheint (HÜLS- tieren aufgrund der fehlenden Zulassung der Dienste bis- MANN et al. 2018, S. 102). Unter den derzeitigen her nicht. Als potenziell relevant können Ergebnisse aus ­verkehrlichen Bedingungen führt das stationslose Car- Städten wie Boston oder New York gelten, die einen für sharing hinsichtlich der Gesamtanzahl von Pkw im die USA hohen Anteil des Umweltverbundes aufweisen ­öffentlichen Straßenraum nicht (ebd., S. 117) oder nur und deutschen Städten siedlungsstrukturell ähnlicher als zu einer geringen Reduktion (BMW AG et al. 2016, andere amerikanische Städte sind. Hier hätten beson- S. 252). Die niedrigen absoluten Verlagerungseffekte sind ders viele Verkehrsteilnehmende sonst den ÖPNV und jedoch auch auf die geringe Verbreitung des Carsharings nur wenige das eigene Auto genutzt (s. Abb. 6-8). Es ist insgesamt zurückzuführen (AHRENS et al. 2017, S. 50). daher durchaus plausibel anzunehmen, dass Ridehailing in Deutschland ebenfalls tendenziell negative Konse- 474. Ausgehend von den USA finden Vermittlungsdiens- quenzen für den Umweltverbund und damit insgesamt te zur Personenbeförderung durch Privatpersonen per negative Auswirkung auf das Verkehrsaufkommen sowie App (auch Ridehailing oder Ridesourcing genannt) wie die Umwelt- und Lebensqualität in den Städten hätte. Uber oder Lyft zunehmend Verbreitung. Ihr Geschäfts- modell ist gegenwärtig im Rahmen des Personenbeför- 475. Sollte das vollautonome Fahren zukünftig verfüg- derungsgesetzes (PBefG) in Deutschland nicht geneh- bar sein, ist auch denkbar, dass Ridehailing- und Ride- migungsfähig. Treten die Anbietenden hierzulande auf, pooling-Fahrten durch autonome fahrerlose Fahrzeuge lassen sie ihre Angebote häufig als Taxen zu und werden ausgeführt werden und die Betriebskosten weiter sinken. daher abweichend vom amerikanischen Geschäftsmo- Damit würde das Ridepooling preislich zunehmend mit dell von gewerblichen Fahrerinnen und Fahrern betrie- klassischen ÖPNV-Angeboten konkurrieren (HAZAN et al. ben. Über eine Reform des PBefG wird aber diskutiert 2016). Eine relevante Verringerung der Verkehrsleistung (s. SRU 2017b, S. 158 ff.). und damit verbundene positive ökologische Effekte sind laut Berechnungen nur dann zu erwarten, wenn Ride- Beim Ridehailing wird, anders als beim Ridesharing bzw. pooling ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz in Erschlie- bei privaten Fahrgemeinschaften, nicht der Besetzungs- ßungslücken und auf der letzten Meile ergänzt, statt die- grad einer sowieso stattfindenden Fahrt erhöht. Statt- ses zu substituieren (FRIEDRICH und HARTL 2016; ITF dessen wird ein einzelner Fahrgast an das gewünschte 2015). Dafür bedarf es jedoch auch entsprechender Ziel transportiert, was mit Leerfahrten und Anfahrtsstre- ­politisch zu setzender Rahmenbedingungen und kom- cken verbunden ist und zusätzlichen Verkehr induziert. munaler Strategien (Abschn. 6.5.1.4). Ein Rückgang der Verkehrsleistung durch Ridehailing würde voraussetzen, dass Fahrten mit ähnlichen Routen Wenig beachtet bleibt in der aktuellen technikzentrier- gebündelt und Fahrgäste gemeinsam befördert werden. ten Debatte zum Teil, dass private Fahrgemeinschaften, Dies wird als Ridepooling bezeichnet. In der Praxis ist es die analog zum Ridepooling auch als Ridesharing bezeich- allerdings schwierig, die verkehrlichen Effekte dieses net werden, bereits seit vielen Jahrzehnten existieren. ­Ridepoolings getrennt auszuweisen. Außerdem fallen Durch mobile Endgeräte und das Internet wird es mög- auch hier Leerfahrten und Anfahrtsstrecken an. Bisher lich, auch kurzfristig und spontan gemeinsame Fahrten gibt es keine Hinweise darauf, dass sehr hohe Besetzungs- zu verabreden (HEINRICHS und PARZONKA 2017, grade erreicht und die Effekte der Leerfahrten dadurch S. 12). Diese haben im Vergleich zur individuellen Auto- kompensiert werden (SCHALLER 2018, S. 17 ff.). nutzung unmittelbar eine ökologische Entlastungs­

342 6.3 Gesellschaftliche ­Entwicklungen

ɦɦAbbildung 6-8 Verkehrsmodi, die laut Nutzerbefragungen statt Ridehailing verwendet worden wären

NYC DOT 2018 41 % 12 % 34 % 10 % 3 % (New York City)

Henao 2017 22 % 12 % 32 % 22 % 12 % (Denver)

Gehrke et al. 2018 42 % 12 % 23 % 18 % 5 % (Metropolregion Boston)

Clewlow 2017 (sieben amerikanische 15 % 24 % 19 % 21 % 22 % Metropolregionen)

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

ÖPNV Aktive Mobilität Taxi, Mitfahrgelegenheit etc. Auto Fahrt hätte nicht stattgefunden / induzierte Nachfrage

Angaben gerundet

SRU 2020; Datenquelle: NYC DOT 2018; GEHRKE et al. 2018; CLEWLOW und MISHRA 2017; HENAO 2017

wirkung, da sie eine Mitfahrt auf ohnehin stattfindenden 477. Positiver stellt sich die verkehrliche und ökologi- Fahrten anbieten. Allerdings könnte dieses Angebot auch sche Bilanz für die geteilte Nutzung von nicht motori- Verkehr vom ÖPNV auf den motorisierten Individual­ sierten Fahrzeugen wie Fahrrädern dar. Relevante Um- verkehr verlagern (ebd., S. 33). welt- und Klimaeffekte ergeben sich beim Bikesharing aus der notwendigen Umverteilung von Fahrzeugen, was 476. Große Aufmerksamkeit erfährt derzeit der Verleih bei rein stationsbasierten Bikesharing-Systemen aller- von E-Scootern, die aufgrund ihres geringen Gewichts dings seltener notwendig ist (LUO et al. 2019, S. 184). niedrige Emissionen pro Kilometer haben. Die durch- Eine Verringerung der Verkehrsleistung des Umweltver- schnittlich zurückgelegte Wegstrecke liegt bei unter bundes und der aktiven Mobilität durch Bikesharing ist 2 km pro Verleihvorgang, weshalb die E-Scooter primär nicht möglich, allenfalls eine Verschiebung innerhalb des in Konkurrenz zur aktiven Mobilität stehen (civity Ma- Umweltverbundes. In der Praxis wird Bikesharing häu- nagement Consultants 2019). Dass sie vor allem den fig in Verbindung mit dem ÖPNV eingesetzt, beispiels- Fußverkehr substituieren, bestätigen auch Befragungen weise bei 25 % der Nutzenden in Paris und 40 % der Nut- (Agora Verkehrswende 2019a, S. 11). Eine geografische zenden in Hamburg. Bikesharing-Fahrten substituieren Auswertung der zurückgelegten Wege legt nahe, dass die zu einem kleinen Teil auch bisherige Fahrten mit dem E-Scooter derzeit überproportional von Touristinnen motorisierten Individualverkehr, so 20 % der Fahrten in und Touristen genutzt werden (civity Management Con- Paris und 12 % der Fahrten in Hamburg (VCÖ – Mobilität sultants 2019). Da die durchschnittliche Lebensdauer mit Zukunft 2018). der E-Scooter derzeit nur rund drei Monate beträgt, ist die Produktion für die Ökobilanz maßgeblich (HOL- Bedeutung von Mobilitätsdaten für LINGSWORTH et al. 2019, S. 6). Weil auch das Nach- ­Inter­modalität laden aufgrund nicht entnehmbarer Akkus derzeit mit 478. Vor allem auf längeren Wegen besteht die Notwen- hohem Aufwand und Mehrfahrten verbunden ist (ebd.), digkeit, verschiedene Verkehrsmittel des Umweltverbun- sind die Umweltwirkungen derzeit eher negativ zu be- des und gegebenenfalls der Shared Mobility miteinander werten. Derzeit arbeiten die meisten E-Scooteran­ zu kombinieren. Zentrale Kriterien für den Erfolg inter- bietenden nicht kostendeckend, weshalb eine Markt­ modaler Mobilität sind die Qualität des Mobilitätsange- konsolidierung (SCHELLONG et al. 2019) und die bots, die Informationsverfügbarkeit sowie Präferenzen zunehmende Verbreitung langlebigerer Modelle erwar- der Nutzenden in Bezug auf Preis, Komfort, Reisezeit tet wird (Agora Verkehrswende 2019a, S. 15). etc. (HEINRICHS und OOSTENDORP 2015). Die Ver-

343 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

fügbarkeit von mobilen Endgeräten bei Reisenden und ihre Daten mit anderen Anbietenden zu teilen. Durch die Vernetzung der Verkehrsinfrastrukturen ermöglicht ihre detaillierten Mobilitätsdaten der Nutzenden verfü­ es heute, die Mobilitätsdienstleistungen entsprechend gen private MaaS-Akteure jedoch häufig über detaillier­ individualisiert und passgenau auszuwählen. In der Kon­ te Informationen der Nachfrage für verschiedene Ver­ sequenz wird zur Erleichterung intermodaler Reiseket­ kehrsverbindungen und somit beispielsweise mögliche ten häufig die Einführung einer einheitlichen Mobili­ Erschließungslücken des ÖPNV. tätsplattform (z. B. in Form einer Smartphone-App) empfohlen, welche Reiseplanung, Preisvergleich, Bu­ 480. In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass Ange­ chung und Abrechnung von verschiedenen Mobilitäts­ bote der Shared Mobility nicht automatisch eine Mobili­ modi vereint (NEHRKE 2018; DACKO und SPALTE­ tätswende in den Städten fördert. Im Gegenteil können HOLZ 2014). Entscheidend für die Funktionalität einer diese insgesamt zu mehr Verkehr und in der Regel auch integrierten Mobilitätsplattform ist die Einbeziehung zu mehr Emissionen führen, wenn die neuen Angebote möglichst vieler Marktteilnehmenden und ihrer Mobili­ mehrheitlich Wege der aktiven Mobilität oder des Um­ tätsangebote. Gleichzeitig muss die Qualität der Ange­ weltverbundes substituieren. Die urbanen Verkehrspro­ botsdaten der Mobilitätsdienstleister entsprechend hoch bleme können nicht durch technische Innovationen allein sein, sodass Nutzende sich auf die Angaben verlassen gelöst werden (WBGU 2019b). Sie benötigen vielmehr können. eine Einbettung in eine nachhaltigkeitsorientierte Ge­ samtstrategie einer städtischen Mobilitätswende. Dabei 479. Mit der wachsenden ökonomischen Bedeutung von wird oft vergessen, dass auch der ÖPNV eine seit langem Mobilitätsdaten (BMVI 2017) ist davon auszugehen, dass erprobte Form der geteilten Mobilität darstellt und auf­ sich der Wettbewerb um Angebots- und Nachfragedaten grund seiner Bündelungseffekte besonders effizient ist. und die Kontrolle über zentrale Vermittlungsplattformen Entscheidend ist daher, dass die Vermeidung und Verla­ der MaaS intensiviert. Bereits heute basiert beispielswei­ gerung des Verkehrs auf den Umweltverbund vor der Nut­ se das Geschäftsmodell der Ridehailing-Anbietenden zung ergänzender Sharing-Angebote Priorität genießen nicht darauf, eine Mobilitätsdienstleistung im eigentli­ sollte. Dazu ist eine realistische und differenzierte Ein­ chen Sinn anzubieten. Vielmehr wird eine digitale Platt­ schätzung der Folgewirkungen der Shared Mobility not­ form zur Verfügung gestellt, die private Fahrtanbietende wendig, damit diese an ökologischen, stadtplanerischen und -interessenten vermittelt. Es ist zu vermuten, dass und verkehrlichen Zielen ausgerichtet werden kann. sowohl einige Anbietende des Ridehailings als auch Auto­ mobilfirmen über ihre Apps zukünftig als zentrale Ver­ Um aus Umwelt- und Verkehrssicht positive Effekte zu mittler sämtlicher Mobilitätsformen auftreten wollen. erzielen, ist insbesondere eine stärkere räumliche Steu­ Dabei können die Unternehmen jedoch selbst festlegen, erung der Sharing-Angebote notwendig (Tz. 523, 562 ff.). welche Alternativen zu ihren eigenen Angeboten ange­ Daneben haben viele Maßnahmen, die aus Sicht der För­ zeigt und wie diese gewichtet werden, ob also beispiels­ derung umweltfreundlicher städtischer Mobilität sowie­ weise ökologisch sinnvollere Alternativen wie ÖPNV-Re­ so zu empfehlen sind, auch positive Nebeneffekte für die lationen überhaupt in die Verbindungen einbezogen geteilte Mobilität: Ein konkurrenzfähiger und verläss­ werden. Im Zweifel droht der ÖPNV durch die Verbrei­ licher ÖPNV wird eher intermodal genutzt (Tz. 517), tung von privaten Mobilitätsplattformen zurückgedrängt eine streckenabhängige Pkw-Maut erhöht den Anreiz zu werden. Umgekehrt könnten Kommunen und städti­ zum Ridepooling und -sharing (Abschn. 6.5.5). sche ÖPNV-Anbieter auch neue Mobilitätsangebote in ihr Portfolio integrieren und somit die Schnittstelle zukünf­ tiger Mobilität unter planerischen und ökologischen Ge­ sichtspunkten mitgestalten (HASSE et al. 2017). 6.4 Mobilität und Lebens­ qualität im Umweltverbund Öffentliche Verkehrsunternehmen stellen heute zumeist ihre Fahrpläne und Echtzeitdaten, also ihre Angebotsda­ ten, öffentlich zur Verfügung. Dies ist grundsätzlich zu 481. Der in den 1980er-Jahren geprägte Begriff des Um­ begrüßen, weil ein möglichst offener Umgang mit Daten weltverbundes war Ausdruck einer neuen, sozial und öko­ neuen Mobilitätsanbietern den Marktzugang erleichtert logisch geprägten verkehrsplanerischen Philosophie. und es einen Wettbewerb um benutzerfreundliche Mo­ Diese zielte darauf ab, allen Stadtbewohnerinnen und bilitätslösungen anregt. Umgekehrt gab es in der Vergan­ -bewohnern ein zugängliches, jederzeit verfügbares, flä­ genheit jedoch wenig Anreize für private Marktakteure, chendeckendes, umweltschonendes Grundverkehrssys­

344 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

tem aus ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr zur Verfü- Aufwand die Wege des täglichen Lebens zurückzulegen, gung zu stellen (ZIMMERMANN 1986, S. 56). Als unabhängig davon, ob es sich um Ältere, Kinder, Men- Gegenentwurf zur Verkehrsentwicklung der 1960er- und schen mit Einschränkungen (Rollstuhl, Rollator) oder 1970er-Jahre, die primär auf den motorisierten Indivi- besonderen Transportbedürfnissen (Fahrräder, Haustie- dualverkehr ausgerichtet war, wurde damit die gemein- re, Koffer) oder große Gruppen handelt. Er steht auch same strategische Entwicklung des ÖPNV sowie des Fuß- unabhängig von Witterungsbedingungen zur Verfügung. und Radverkehrs als umweltfreundliche und aktive Nur der ÖPNV (allerdings nicht der Schienenpersonen- Mobilitätsalternative zum motorisierten Individualver- nahverkehr) ist zudem verpflichtet, sich die Belange kehr gefordert. ­mobilitätseingeschränkter Menschen zum Maßstab zu ­machen und bis 2022 eine vollständige Barrierefreiheit Aktive Mobilität wird die Mobilität genannt, die mithilfe anzustreben (§ 8 Abs. 3 S. 3 PBefG, der auf Richtlinie der Muskelkraft erfolgt. Hierzu zählen in erster Linie der 2001/85/EG bzw. völkerrechtliche Vorgaben zurückgeht), Fuß- und Radverkehr. Aber auch die Nutzung von Inline­ was erhebliche Investitionen erfordert. Für den Ausbau skates, Skateboards oder Tretrollern sind Formen aktiver des ÖPNV muss in langen Zeiträumen gerechnet wer- Mobilität. Das Konzept des Umweltverbundes geht davon den, weil sowohl die erforderlichen Planungs- und Ge- aus, dass die Bausteine, das heißt ÖPNV sowie Fuß- und nehmigungsverfahren als auch der Infrastrukturausbau Radverkehr, strategisch entwickelt werden. Sie ermögli- lange Zeiträume benötigt. chen städtische Mobilität sowohl eigenständig als auch in Kombination miteinander und können somit die verschie- Gegenüber dem Fuß- und Radverkehr eignet sich der denen Mobilitätsbedürfnisse der Stadtbewohnerinnen und ÖPNV besser für längere Strecken, auf denen er mit dem -bewohner auch ohne privaten Pkw erfüllen, weshalb zum motorisierten Individualverkehr konkurriert. Dies gilt Teil auch Sharingdienste und Mitfahrgelegenheiten dem umso mehr, wenn er multimodal mit anderen Transport- Umweltverbund zugerechnet werden (UBA 2013). mitteln kombiniert wird. Im Vergleich zum motorisierten­ Individualverkehr hat der ÖPNV Vorteile für die Gesund- 482. Die Umweltvorteile der Verkehrsträger im Umwelt- heit, weil er den Nutzenden mehr physische Aktivität verbund sind unterschiedlich ausgeprägt. Fuß- und Rad- ­abverlangt. Die Bedeutung der Fußwege für Zu- und Ab- verkehr hinterlassen am wenigsten Spuren in der Um- gang sowie die Zwischenwege werden statistisch syste­ welt. Wenn der Fuß- und Radverkehr den motorisierten matisch unterschätzt, obwohl sie wesentlicher Bestand- Individualverkehr ersetzt, entstehen Umweltvorteile in teil der ÖPNV-Nutzung sind (HILLNHÜTER 2016, S. 3). Bezug auf den Klimaschutz, den Flächen- und Energie- Auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit ist der ÖPNV bedarf sowie die Luftqualität und die Lärmbelastung dem motorisierten Individualverkehr deutlich überle- (SRU 2017c, S. 15). Hierbei ist die Abgrenzung von Um- gen, was auch zu niedrigeren Unfallkosten führt (SAIG- welt- zu Gesundheitsvorteilen fließend. Der ÖPNV ver- HANI 2017). fügt über große Umweltvorteile, die vor allem aus seiner Bündelungsfunktion resultieren, die zu einem geringen 484. Vielerorts – nicht nur in den Metropolen – ist der Flächen- und Energiebedarf gegenüber dem Pkw-Verkehr ÖPNV aber an den Grenzen seiner Kapazität angelangt, führt (BLANCK und ZIMMER 2016, S. 39; Agora Ver- denn er wird seit Jahren immer stärker genutzt, ohne kehrswende 2018, S. 29). Die Mehrwerte des ÖPNV und dass das Beförderungsangebot entsprechend gestiegen der aktiven Mobilität, die über die Umweltvorteile ge- ist. Während in Deutschland im Jahr 2000 insgesamt gut genüber dem motorisierten Individualverkehr hinausge- 9,6 Milliarden Personen befördert wurden, stieg diese hen, verdienen besondere Beachtung, wenn der Umwelt- Zahl bis 2017 auf knapp 12,3 Milliarden. Im Jahr 2017 verbund strategisch entwickelt werden soll. wurden pro Tag durchschnittlich 31,5 Millionen Fahr- gäste im Linienverkehr transportiert („Personenverkehr mit Bussen und Bahnen im Jahr 2017 weiter auf Wachs- 6.4.1 Der ÖPNV als notwendiges tumskurs“, Pressemitteilung Nr. 122 des Statistischen Rückgrat der Stadtmobilität Bundesamts vom 4. April 2018). Trotzdem ist der Markt- anteil des ÖPNV insgesamt nicht gestiegen. Die hohe 483. Die Bevölkerung ausreichend mit Verkehrsleistun- Auslastung gilt in besonderem Maß für die Metropolen. gen im öffentlichen Personennahverkehr zu versorgen, So stieg die Zahl der Fahrgäste zum Beispiel in Berlin ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge (§ 1 Abs. 1 Regio- zwischen 2007 und 2016 um ein Viertel an (infas et al. nalisierungsgesetz (RegG)). Der ÖPNV soll es den Men- 2019a, Tab. 1), was auf den höheren Versorgungsgrad schen ermöglichen, bezahlbar und mit überschaubarem durch den ÖPNV zurückzuführen ist.

345 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

In den Metropolen Deutschlands bewerten trotzdem Ausbau von Radwegen in der Regel dazu, dass Menschen, 71 % der Befragten die Verkehrssituation des ÖPNV als die vorher den ÖPNV benutzt haben, auf das Fahrrad gut oder sehr gut (infas et al. 2018b, S. 25). Bundesweit umsteigen. Dies gilt gerade deshalb, weil der ÖPNV auf wird der ÖPNV jedoch relativ kritisch gesehen: Hier be- kurzen Strecken keine Reisezeitvorteile zum Fahrrad auf- wertet ihn mehr als die Hälfte der Befragten lediglich als weist. Bessere Radwege verringern daher nicht in erster befriedigend oder schlecht (ebd., S. 24). Linie den Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Modal Split, sondern ungewollt zum Teil auch den 485. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs an des ÖPNV. Daher muss gleichzeitig der ÖPNV attrak­ den zurückgelegten Personenkilometern liegt bundes- tiver werden, wenn nicht lediglich die Anteile innerhalb weit bei 59 % der Gesamtpersonenkilometer (22 Pkm des Umweltverbundes umverteilt werden sollen (Tz. 509). pro Tag). In den Mittelstädten im städtischen Raum sind es sogar 78 % (31 Pkm pro Tag). Der ÖPNV hat in Groß- Um den ÖPNV als leistungsfähiges Rückgrat des Stadt- städten an Werktagen im Binnenverkehr hinsichtlich der verkehrs strategisch zu stärken, müssen die Städte eine Verkehrsleistung eine hohe Bedeutung. Allerdings macht Vision entwickeln, die langfristigen Entwicklungen ge- der Binnenverkehr nur einen vergleichsweise geringen recht wird und gleichzeitig fortlaufende Optimierungen Anteil am gesamten motorisierten Individualverkehr in ermöglicht. Vor allem in Kombination mit aktiver Mobi- der Stadt aus, weil viele Verkehre durch Einpendelnde lität und durch flexible Bedienformen kann der ÖPNV erzeugt werden. Zudem entfallen auf den ÖPNV im Bin- auch in Klein- und Mittelstädten zu einer vernünftigen nenverkehr an einem mittleren Werktag in Berlin 43,9 % Mobilitätsalternative werden (zum ländlichen Raum und (versus motorisierter Individualverkehr 42,1 %) und in dem öffentlichen Personennahverkehr vgl. SRU 2017c, Frankfurt am Main 34,5 % (versus motorisierter Indivi- Kap. 5.9). dualverkehr 47,5 %) der Personenkilometer (AHRENS 2015, Tab 14a). 6.4.1.1 Anforderungen an einen attraktiven ÖPNV In Großstädten ist es einfacher, einen attraktiven ÖPNV bereitzustellen. Dies bestätigt sich auch, wenn man den 487. Aus Umwelt- und Gesundheitssicht wäre es wün- Modal Split mit Unter- und Kleinzentren vergleicht. Diese schenswert, wenn mehr Menschen in Städten den ÖPNV haben durchschnittlich einen Anteil von 3,2 % ÖPNV nutzen würden. Dies gilt auch, weil in vielen Städten im Binnenverkehr. Mittelzentren liegen mit 5 % etwas wegen des starken Autoverkehrs die geltenden Grenz- darüber. Bei Oberzentren liegt der ÖPNV-Anteil dage- werte für Luftschadstoffe nicht eingehalten werden. Kon- gen bei circa 14,3 % in Städten unter 500.000 Einwohne- trovers diskutiert wird jedoch, wie der ÖPNV am besten rinnen und Einwohnern und schon bei 19,6 % in solchen attraktiver gestaltet werden kann. Erforderlich dafür ist mit mehr als 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein erheblicher Ausbau der Kapazitäten. (AHRENS 2015). Dennoch gibt es auch bei kleineren Städten Vorbilder für die häufige Nutzung des ÖPNV Menschen beurteilen den ÖPNV nach verschiedenen Fak- (WERNER 2018). Bei einer Einwohnerzahl von knapp toren (DZIEKAN und ZISTEL 2016, S. 360). Die wich- über 10.000 weist zum Beispiel die Stadt Dippoldiswal- tigsten sind die Reisezeit (Gesamtdauer zwischen Aus- de im Binnenverkehr einen ÖPNV-Anteil von 8,7 % auf. gangspunkt und Ziel), die Verfügbarkeit, Planbarkeit und Mit einer etwas höheren Bevölkerungsanzahl gilt dies Verlässlichkeit, Service und subjektive Sicherheit, der auch für die Mittelzentren Werder an der Havel (9,1 %), Komfort sowie die Kompatibilität mit den eigenen Be- Neuss (7,7 %) und Velbert (8,9 %). In Hinblick auf Ober- dürfnissen. Auch die Tarifgestaltung (Tz. 490) und ein- zentren unter 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern fache Zahlungsmöglichkeiten spielen eine Rolle. Um Mo- gibt es ähnliche Ausnahmen. So konnten auch die Städ- bilität zu gewährleisten, muss der ÖPNV zudem für alle te Halle an der Saale (21,1 %), Potsdam (17,3 %) und verfügbar sein, also auch für Menschen, die in ihrer Mo- Jena (17,9 %) einen überdurchschnittlichen ÖPNV-An- bilität eingeschränkt sind. Verfügbarkeit bedeutet zum teil ­realisieren (AHRENS 2015). einen die räumliche Verfügbarkeit, die die Entfernung zur Haltestelle bezeichnet, zum anderen die zeitliche 486. Um die Anteile des Umweltverbundes an den Wegen Verfügbarkeit, die aussagt, wie häufig das Verkehrsmit- zu steigern, müssen auch die Wechselwirkungen zwi- tel verkehrt (Takt) und zu welchen Zeiten, insbesonde- schen Maßnahmen zur Steigerung des ÖPNV auf der re auch abends, nachts und am Wochenende. Das Ange- einen und des Fuß- und Radverkehrs auf der anderen bot des ÖPNV sollte deshalb in einem häufigen und leicht Seite betrachtet werden. Zum Beispiel führt ein besserer merkbaren Takt erbracht werden. Bei einem integralen

346 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

Taktfahrplan werden Pläne der einzelnen Linien mitein­ grund der hohen Nutzerzahlen auf niedrigem Niveau. ander koordiniert und zu einem Netz verknüpft (ebd.). Gesetzliche Vorgaben im Schweizer Personenbeförde- Da nur eine begrenzte Anzahl der Fahrten im ÖPNV di- rungsrecht legen fest, wie die Mindestversorgung vor Ort rekt mit einer Linie erfolgen kann, muss oftmals umge- aussehen muss. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass stiegen werden. Deshalb sind Anschlusssicherheit und die Schweiz in absoluten Zahlen einen hohen und wach- Wartezeiten mit Einfluss auf die Gesamtreisezeit ein senden Anteil an Pkw-Fahrten verzeichnet, was auch auf wichtiger Aspekt. Planbarkeit und Verlässlichkeit berüh- die Bedeutung von Push-Instrumenten, also solchen, die ren vor allem die Pünktlichkeit des Verkehrsmittels sowie die Nutzung des Pkw zurückdrängen, neben Pull-Instru- Ausfall- und Anschlusssicherheit. Letztere muss auch ge- menten, also solche die Anreize bieten, hinweist. geben sein, wenn ein Verkehrsmittel ausfällt oder zu spät kommt. Am besten sind dabei Systeme, die ohne Planung Besonders ausgeprägt ist die ÖPNV-Nutzung in Zürich, zu nutzen sind, und bei denen sicher ist, dass man sein wo der Modal-Split-Anteil des ÖPNV im Jahr 2015 41 % Reiseziel erreicht. Teilweise übernehmen Verkehrs­ betrug. In Kombination mit einem Fußverkehrsanteil von unternehmen (z. B. in Nordrhein-Westfalen) die Kosten 26 % und einem Fahrradanteil von 8 % waren bereits für eine Taxifahrt, wenn sich ein Anschluss länger als 2015 drei Viertel der Züricher mit dem Umweltverbund eine bestimmte Zeit verzögert („Mobilitätsgarantie“), unterwegs. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der sodass die Fahrgäste sicher sein können, in einem be- ÖPNV in Zürich seit Jahrzenten kontinuierlich ausge- stimmten Zeitraum ihr Ziel zu erreichen. Ein wichtiger baut wurde. 1979 wurde die grundsätzliche Bevorzugung Aspekt für die Nutzungsfreundlichkeit ist zudem die kon- des öffentlichen Verkehrs festgeschrieben, zehn Jahre sistente und zuverlässige Information während der ge- später das ­S-Bahn-Netz ins Züricher Umland in Betrieb samten ­ÖPNV-Reisekette (DZIEKAN und ZISTEL 2016, genommen. Während der ÖPNV qualitativ auf hohem S. 376). Neben der objektiven Sicherheit (z. B. Schutz Niveau ausgebaut wurde, wurde gleichzeitig der Auto- vor technischen Gefahren und absichtlicher Schädigung) verkehr deutlich eingeschränkt. Pförtnerampeln begren- spielt die subjektive Sicherheit eine wichtige Rolle. zen die Zahl der in die Stadt einfahrenden Fahrzeuge. Zudem erwarten die Nutzenden, dass der ÖPNV entspre- Die Zahl der Parkplätze wurde auf dem Niveau von 1990 chend ihres Status, ihrer Werte, ihrem Bedarf und nach eingefroren, sodass für jeden neuen Parkplatz an ande- ihren Ansprüchen ausgestaltet ist (WERNER 2018). Ins- rer Stelle einer wegfällt. Tiefgaragen sorgen dafür, dass gesamt bleibt festzuhalten, dass die Qualität des Ange- der Parkraum im öffentlichen Raum erheblich zurückge- bots direkte­ Auswirkungen darauf hat, wie stark der drängt werden konnte. ÖPNV nachgefragt wird. Finanzierung 6.4.1.2 Ansätze zur Steigerung der Attraktivität 489. Die ÖPNV-Aufgabenträger, die für die Sicherstel- lung einer Versorgung verantwortlich sind, vergeben die 488. Ansatzpunkte, mit denen der ÖPNV attraktiver ge- Verkehrsleistungen als Dienstleistungsaufträge im Wett- macht werden kann, sind vor allem Reisezeit, Qualität bewerb oder als Direktvergabe durch ein Unternehmen und Preis des Angebots. Generell kann die Schweiz als im eigenen Besitz. In beiden Fällen unterliegen sie for- Vorbild dafür dienen, wie starke Zuwächse im ÖPNV er- malen Anforderungen, die sich aus dem vergaberecht­ reicht werden können. Der Anteil des öffentlichen Ver- lichen Regime ergeben. Zusätzlich bestehen rechtliche kehrs an den Verkehrsleistungen im Personenverkehr ist Anforderungen an Barrierefreiheit und Klimaschutz. Die dort zwischen 2000 und 2007 von 17 % auf 21 % ange- novellierte Richtlinie über die Förderung sauberer und stiegen und hat sich seither auf diesem Niveau stabili- energieeffizienter Straßenfahrzeuge 2009/33/EG ver- siert. Zurückzuführen ist der Bedeutungsgewinn in ers- langt, dass in Kommunen knapp ein Viertel der neu in ter Linie auf Fahrplanverdichtungen und kürzere Betrieb genommenen Busse im ÖPNV bis 2025 null Emis- Fahrzeiten infolge von Infrastrukturausbauten (Bundes- sionen aufweisen und zum Beispiel rein elektrisch ange- amt für Statistik 2018). Dabei bietet der öffentliche Ver- trieben werden. Bis 2030 muss es schon ein Drittel sein, kehr eine flächendeckende Versorgung mit geschlosse- was erhebliche Investitionen erfordert. nen Wegeketten auch in abgelegene Orte. Ein vernetzter Taktfahrplan sorgt für durchgehende Transportketten In den letzten Jahren sind die Preise des ÖPNV stark an- über alle Verkehrsmittel hinweg wie Bahn, Busse, Schif- gestiegen. Um den ÖPNV attraktiver zu machen, werden fe und Seilbahnen. Die Schweiz hat die höchsten Pro- auch deshalb verstärkt günstige oder kostenlose Ange- Kopf-Ausgaben für den öffentlichen Verkehr in Europa bote diskutiert. Modellprojekte zum kostenlosen ÖPNV – der Zuschuss je Personenkilometer ist dagegen auf- werden auch in einigen deutschen Kommunen erprobt,

347 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

um die Luftqualität zu verbessern. Ein Angebot dieser gestärkt wurden. In den Jahren 2006 bis 2017 wurde Art gibt es zum Beispiel zeitlich befristet und vom Bund stärker ausgebaut, als die Nachfrage wuchs. Netz- und gefördert für Neukundinnen und Neukunden in Bonn. Erschließungsmängel wurden systematisch analysiert Gegen einen kostenlosen – oder auch stark verbilligten – und reduziert und die Beförderungsgeschwindigkeit ÖPNV spricht zurzeit allerdings, dass die zu erwarten- sowie die Zuverlässigkeit erhöht (ebd.). Die Preise des de Zunahme der Fahrgastzahlen von den derzeitigen ÖPNV entwickelten sich zudem sehr unterschiedlich. ­ÖPNV-Systemen gar nicht aufgenommen werden kön- Während die Preise für Einzelfahrten und Wochenkar- nen, weil diese bereits jetzt an ihre Kapazitätsgrenzen ten stetig stiegen, wurde der Preis für die Jahreskarte stoßen. gesenkt, um eine Stammkundschaft zu gewinnen. Damit lohnte sich eine Jahreskarte bereits bei 14 Fahr- Zudem wären erhebliche Finanzierungsmittel erforder- ten im Monat mit dem öffentlichen Verkehr. 2016 be- lich, denn der öffentliche Personenverkehr wird in saßen etwa 30 % der Einwohnerinnen und Einwohner Deutschland im Wesentlichen durch die Aufwendungen eine Jahreskarte. Von großer Bedeutung war die flä- der öffentlichen Haushalte sowie durch Fahrgeldeinnah- chendeckende Parkraumbewirtschaftung, die nach und men finanziert. Ohne die Fahrgeldeinnahmen wäre daher nach auf immer mehr Bezirke ausgedehnt wurde und die Qualität und Frequenz des Angebots gefährdet. Nach nunmehr einen Großteil der inneren Bezirke umfasst. einer Schätzung wird angenommen, dass ein kostenlo- Die Parkdauer für Nicht-Anwohnerinnen und Nicht- ser ÖPNV jährlich deutschlandweit 12 Mrd. Euro kosten Anwohner ist dabei tagsüber auf 2 bzw. 3 Stunden be- würde (Rhein-Neckar-Zeitung 17.08.2018). Städte, in schränkt und die Parkgebühren betragen 2,10 Euro pro denen der ÖPNV (wenigstens vorübergehend) entgelt- Stunde (WINKLER 2019). Der Anteil des Umweltver- frei gestaltet wurde, wie Templin oder Lübben, finan- bundes am Modal Split hat sich dadurch in Wien von zierten vor der Umstellung lediglich einen geringen einem ohnehin hohen Niveau (60 % im Jahr 1993) wei- ­Anteil ihres ÖPNV durch Fahrgastentgelte (VCD 2012). ter gesteigert (72 % im Jahr 2018) (ebd.). Bis 2025 soll ein Anteil von 80 % erreicht werden (Stadt Wien 2014, Daneben wird seit Langem über neue Finanzierungsins- S. 22). Neue Wohngebiete werden von Anfang an ab- trumente diskutiert. Dabei können potenzielle Nutzen- gestimmt auf den ÖPNV geplant, sodass bereits Anbin- de in die Finanzierung einbezogen werden, wie zum Bei- dungen bestehen, bevor die ersten Bewohnerinnen und spiel beim Semesterticket, bei dem sich auch solche ­Bewohner einziehen. Studierende beteiligen müssen, die hinterher den ÖPNV gar nicht nutzen. Möglich ist es auch, wie in Frankreich Im Ergebnis ist für den Erfolg des ÖPNV in Wien eine alle Arbeitgeber durch eine Abgabe heranzuziehen, ge- wirksame Kombination von Push- und Pull-Maßnahmen gebenenfalls unter der Voraussetzung eines geänderten verantwortlich. Auch die gestiegenen Studierendenzah- Rechtsrahmens. Ein im politischen Bereich häufig ge- len und die Zunahme der Touristenzahlen hatten Ein- nanntes Instrument ist das sogenannte Bürgerticket. fluss auf die Verkehrsnachfrage. Die Wirksamkeit von Dabei handelt es sich um eine Abgabe, die zum Beispiel preispolitischen Maßnahmen hängt entscheidend davon von allen Bürgerinnen und Bürgern einer Stadt entrich- ab, dass das Angebot parallel so attraktiv gestaltet wird, tet wird. Diese berechtigt dann zur kostenfreien oder dass Mobilität ohne eigenen Pkw problemlos möglich ist. teilweise kostenfreien Nutzung des ÖPNV. Solche Vor- Zudem müssen Erlösausfälle durch andere Finanzie- schläge werden zurzeit auch vom Land Berlin geprüft, rungsinstrumente ersetzt werden (SOMMER und BIE- das wegen des geplanten Ausbaus des ÖPNV vor einer LAND 2018). großen Finanzierungslücke steht.

490. Auf Interesse stoßen auch Modelle wie in Wien, 6.4.2 Aktive Mobilität für mehr wo eine Jahreskarte für 365 Euro angeboten wird. In- Lebensqualität teressanterweise war allerdings nach Untersuchungen von Verkehrswissenschaftlerinnen und -wissenschaft- 491. Die aktive Mobilität ist – als ein Kernelement im lern das 365-Euro-Jahresticket dort nicht der entschei- Stadtmobilitätssystem – ein wichtiger Baustein des Um- dende Faktor für die gestiegene ÖPNV-Nutzung (SOM- weltverbundes. Aus kommunaler Sicht ist die Mobilitäts- MER und BIELAND 2018). Entscheidend war vielmehr, wende notwendig, damit die Nachteile des motorisier- dass Wien sein Angebot seit Jahrzehnten kontinuier- ten Individualverkehrs (vgl. Abschn. 6.4.3) verringert lich verbessert hat, indem das U- und S-Bahn-Netz aus- werden. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger bringt gebaut sowie Straßenbahnen und Busse als Zubringer eine Wende hin zu einer aktiven Mobilität zudem wei­

348 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

tere Vorteile für Gesundheit und Lebensqualität. Beides 493. Nach einer aktuellen Studie der Weltgesundheits- steht auch miteinander in enger Wechselwirkung. Zum organisation (World Health Organization – WHO) be- Beispiel gehen Menschen lieber an Straßen entlang, die wegen sich 42 % der Erwachsenen in Deutschland nicht nicht stark befahren sind. Wenn dies mehr Menschen ausreichend. Damit gehört Deutschland gemeinsam mit tun, trägt das wiederum dazu bei, dass der Autoverkehr Portugal, Italien und Zypern zu den Ländern in Europa, abnimmt. Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger für in denen der Bewegungsmangel am höchsten ist (jeweils ihre Gesundheit und Lebensqualität sollte über die ak­ mehr als 40 % der Erwachsenen; GUTHOLD et al. 2018a, tive Mobilität als Hebel für die Mobilitätswende genutzt S. 30). Der Bewegungsmangel hat in Deutschland im Un- werden. tersuchungszeitraum zwischen 2001 und 2016 zudem am stärksten (> 15 %) zugenommen (GUTHOLD et al. 6.4.2.1 Positive Wirkungen von aktiver 2018b). Auch die physische Aktivität von Kindern und ­Mobilität Jugendlichen im Alltag hat sich im letzten Jahrzehnt stark verringert (infas et al. 2018b, S. 6), obwohl das Sport- Gesundheitliche Vorteile von Bewegung verhalten von Jungen sich kaum verändert, von Mädchen 492. Bewegung hat zahlreiche positive Wirkungen auf sogar leicht zugenommen hat (SIGMUNDOVÁ et al. den Körper. Dabei trägt grundsätzlich jeder Zugewinn an 2019). Bewegung, sei er auch noch so klein, zur körperlichen Fitness bei. Insbesondere gering aktive Personen profi- 494. Aktive Mobilität kann ein Lösungsansatz für ein tieren bereits von regelmäßig durchgeführten Alltagsak- stärkeres Wohlbefinden und ein verringertes Krankheits- tivitäten. Höhere Intensitäten sind zumeist mit zusätz- risiko sein. Um die negativen Effekte unzureichender lichen positiven gesundheitlichen Effekten verbunden ­Bewegung zu vermeiden, empfiehlt die WHO Erwachse- (DISHMAN et al. 2013). Durch physische Aktivität wird nen, sich mindestens 150 Minuten pro Woche mit das Gehirn besser mit Sauerstoff und Nährstoffen ver- moderater Intensität bzw. 75 Minuten mit erhöhter In- sorgt, was sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit tensität zu bewegen. Diese Maßgaben entsprechen auch auswirkt. Bewegung begünstigt darüber hinaus die Neu- den Empfehlungen für Deutschland (RÜTTEN und bildung von Nervenzellen, welche für das Lernen eine PFEIFFER 2016). Konstant und über verschiedene Kul- wichtige Rolle spielen. Kognitive Fähigkeiten von Kin- turkreise hinweg wenden Menschen durchschnittlich dern und Jugendlichen wie Planen, Entscheiden, spon- 60 bis 90 Minuten pro Tag für ihre Mobilität auf (soge- tanes Reagieren und das Reflektieren des eigenen Ver- nannte Marchetti-Konstante oder konstantes Reisezeit- haltens stehen ebenfalls in positivem Zusammenhang budget) (RANDELHOFF 2016; infas et al. 2018b). Diese mit körperlicher Aktivität (VOLL und BUUCK 2012; Zeit kann für eine aktive Mobilität im Alltag genutzt wer- BHERER et al. 2013). den, um so die aus gesundheitlichen Gründen erforder- liche Bewegung ganz oder teilweise zu realisieren (LA- Auch für die Prävention von Erkrankungen und als The- ROUCHE et al. 2014; AUDREY et al. 2014). rapie ist Bewegung von hoher Bedeutung (siehe u. a. WINZER et al. 2018; ADAMI et al. 2010; GRAF und WES- Für Menschen mit Bewegungsmangel ist die Hemm- SELY 2010; MARTINSEN 2008). Bewegungsmangel geht schwelle zum Fahrradfahren verglichen mit der Aufnah- mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran- me sportlicher oder anderer anstrengender Aktivitäten kungen sowie Stoffwechselerkrankungen, wie zum Bei- niedriger (GÖTSCHI et al. 2016, S. 63). Diese Menschen spiel (zentrale) Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 können bereits durch eine geringe Steigerung des Akti- einher (PANDEY et al. 2015; LACHMAN et al. 2018; vitätsniveaus Gesundheitseffekte erzielen (WARBUR- AUNE et al. 2015). Es besteht auch ein nachweislicher TON und BREDIN 2017). Dadurch erreicht aktive Zusammenhang mit dem erhöhten Auftreten einiger ­Mobilität auch Bevölkerungsgruppen, die sich Sport zeit- Krebsarten (LI et al. 2016) sowie von Osteoporose lich oder finanziell nicht leisten können. (WINKELMANN et al. 2015). Physische Aktivität kann darüber hinaus das Risiko verringern, dass psychische 495. Menschen, die aktiv mobil sind, profitieren auch Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen von einer Steigerung ihrer Abwehrkräfte (DISHMAN auftreten (REBAR et al. 2015; RÜTTEN und PFEIFFER et al. 2013). HENDRIKSEN et al. (2010) konnten zeigen, 2016; DISHMAN et al. 2013). Insgesamt hat dies zur dass Pendelnde, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhren, Folge, dass Bewegungsmangel zu den zehn Hauptrisiko- im Durchschnitt einen Tag weniger pro Jahr krank waren. faktoren der Krankheitslast in Deutschland zählt (PLASS Auch insgesamt überwiegen die gesundheitlichen Vor- et al. 2014). teile gegenüber den Risiken des Fahrradfahrens im

349 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

­Straßenverkehr (ROJAS-RUEDA et al. 2011; de HARTOG Einzelhandels, insbesondere durch die Zunahme des On- et al. 2010). Bei einem höheren Anteil an Rad Fahrenden linehandels (BBSR 2017b). Dies ist deshalb problema- wird das Augenmerk der Planung beim Ausbau der Fahr- tisch, da der öffentliche Raum eine zunehmende Bedeu- radinfrastruktur zudem verstärkt auf deren Sicherheit tung als Aufenthalts- und Begegnungsraum erhält, weil gerichtet (ADFC 2018b). Damit wird ein Beitrag zur immer mehr Menschen allein leben („Zahl der Ein­ ­„Vision Zero“ bis 2050 (keine Verkehrstoten mehr) der personenhaushalte in Deutschland seit 1991 um 46 % ge- EU geleistet (Europäische Kommission 2018, S. 4). stiegen“, Pressemitteilung Nr. 272 des Statistischen Bun- desamts vom 16. Juli 2019). Anlässe, aus dem Haus zu 496. Eine Veränderung des Modal Splits (ein Modal gehen, sind daher nicht nur die Notwendigkeit, sich zu Shift) zugunsten der aktiven Mobilität trägt in doppel- versorgen, sondern auch erlebnisorientierte und soziale ter Hinsicht zur Gesundheitsförderung bei. Neben den Gründe. Dabei steigt das Bedürfnis nach attraktiven und positiven Gesundheitswirkungen im Zuge einer erhöh- lebendigen öffentlichen Räumen trotz oder gerade auf- ten körperlichen Aktivität können durch eine Verlage- grund der Digitalisierung (BBSR 2017b, S. 75). Die Funk- rung vom inaktiven motorisierten Individualverkehr auf tionsvielfalt öffentlicher Räume ist für den sozialen Zu- den Fuß- und Radverkehr zusätzlich die mit dem moto- sammenhalt von entscheidender Bedeutung (STEFFEN risierten Individualverkehr verbundenen Belastungen et al. 2004). Hierzu gehört auch, wie gern und wie viel und Risiken verringert werden. Hierzu gehören Krank- sich die Bewohnerinnen und Bewohner im Stadtraum heitslasten durch Luftschadstoffe und Lärm (vgl. Kap. 5.3; aufhalten und bewegen. Aktive Mobilität und positive für eine Übersicht s. TOBOLLIK et al. 2018; SRU 2012; Bedingungen hierfür tragen somit unmittelbar dazu bei, 2017c). den öffentlichen Raum zu stärken. Damit können sie einen Beitrag leisten, seine Funktionsvielfalt zu erhalten Vorteile für die Lebensqualität in den und den sozialen Zusammenhalt zu stärken (BUCKSCH ­Stadtquartieren und SCHNEIDER 2014). 497. Aktive Mobilität führt dazu, dass der öffentliche Raum verstärkt genutzt und somit belebt wird. Hieraus Wenn Wegeverbindungen für aktive Mobilität und Frei- entstehen Potenziale, die über die individuellen Gesund- raumverbundsysteme geschaffen werden, lassen sich hohe heitsvorteile hinausgehen und sich auf die Stadtgesell- Synergieeffekte erzielen, die gleichermaßen Mensch und schaft erstrecken. Die Belebung des öffentlichen Raums Natur zugutekommen. Fuß- und Radverkehr beanspruchen kann beispielsweise zur Förderung der lokalen Wirt- lediglich ein Zehntel bis ein Fünftel der Fläche des fließen- schaft, zur Begegnung und Kommunikation, zum Sicher- den Pkw-Verkehrs. Der Stellplatzbedarf für ein Fahrrad be- heitsempfinden, zur Identifikation und so insgesamt zur trägt ungefähr ein Fünftel des Stellplatzbedarfes für einen Erhöhung der Lebensqualität in den Quartieren beitra- Pkw (BRACHER et al. 2002; SRU 2012, Tz. 291). gen (BUCKSCH und SCHNEIDER 2014; SCHWEDES et al. 2016, S. 267; Council of Pontevedra 2017). 498. Gehen höhere Anteile aktiver Fortbewegungsarten mit verringerten Anteilen des Pkw-Verkehrs einher, wirkt Der öffentliche Raum hat sich durch verschiedene Ent- sich dies positiv auf die aktive Mobilität von durch den wicklungen in den letzten Jahrzehnten massiv verändert, Pkw-Verkehr in ihrer Verkehrssicherheit besonders ge- nicht zuletzt durch die starke Zunahme der Automobili- fährdete Gruppen (wie Kinder, Jugendliche und Senio- tät seit den 1960er-Jahren (SCHMIDT et al. 2013, S. 15), ren) aus. Entscheidende Faktoren für eine langfristige was die Aufenthalts- und Bewegungsqualität in den Stadt- Änderung des Modal Splits sind daher zum einen eine quartieren erheblich beeinträchtigt. Teilweise können Verkehrssituation, die die Sicherheit aller Verkehrsteil- die Potenziale der aktiven Mobilität für die Lebensqua- nehmenden gewährleistet (Abschn. 6.4.2.2), und zum lität in den Stadtquartieren daher erst ausgeschöpft wer- zweiten eine entsprechende bewegungsfreundliche den, wenn zugleich der motorisierte Individualverkehr Stadtstruktur (Abschn. 6.4.2.3). reduziert wird und durch geringere Lärm- und Luftschad- stoffemissionen sowie eine veränderte Nutzung von Flä- 6.4.2.2 Gefährdung von zu Fuß Gehenden chen das Interesse wächst, sich aktiv im öffentlichen und Rad Fahrenden im Straßenverkehr Raum aufzuhalten (Abschn. 6.4.3). 499. Obwohl die Zahl der Verkehrsunfälle in Deutschland Die Nutzung des öffentlichen Raums wird nicht nur durch seit vielen Jahren weitgehend konstant ist (Statistisches die Automobilität beeinträchtigt, sondern auch durch Bundesamt 2019e, S. 4 ff.), ging die Anzahl der im Stra- weitere Entwicklungen, wie die Strukturschwäche des ßenverkehr getöteten Menschen jahrzehntelang zurück.

350 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

Erst seit 2018 steigt sie erstmals wieder an: von 3.180 um 500. Insbesondere für ältere Stadtbewohnerinnen und -be- 3 % auf 3.275 Menschen. Gleichbleibend hoch sind die bei wohner ist die Verkehrssicherheit des Fuß- und Radverkehrs Unfällen Schwerverletzten mit knapp 68.000 (ebd., S. 6). von besonderer Bedeutung. Ältere werden bei Unfällen im Straßenverkehr überproportional häufig schwer verletzt Gemessen an dem Anteil an den in Deutschland zurück- oder getötet. Im Jahr 2017 wurde nur ein knappes Viertel gelegten Personenkilometern, verunglücken allerdings (24 %) aller zu Fuß zurückgelegten Personenkilometer von zu Fuß Gehende und Rad Fahrende überproportional oft der Gruppe der über 65-Jährigen gegangen (eigene Berech- im Verkehr (Statistisches Bundesamt 2019e, S. 136; infas nungen, basierend auf infas et al. 2018c), jedoch gehörten et al. 2019a, S. 19). im selben Jahr fast 32 % der schwerverletzten Fußgängerin- nen und Fußgänger zu dieser Gruppe (Statistisches Bun- Im Straßenverkehr sind zu Fuß Gehende durch Kraft- desamt 2019e, S. 177). Sogar mehr als die Hälfte der 2017 fahrzeuge besonders gefährdet. 89 % aller bei einem Ver- getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger (knapp 51 %) kehrsunfall getöteten zu Fuß Gehenden und 71 % aller waren über 65 Jahre alt (ebd., S. 174). schwerverletzten zu Fuß Gehenden wurden im Jahr 2018 durch einen Zusammenstoß mit einem Kraftfahrzeug ver- Ähnliches gilt für das Fahrrad. Während Seniorinnen und ursacht (Statistisches Bundesamt 2019c). Alarmierend Senioren nur 17 % zu den mit dem Fahrrad zurückgeleg- ist auch die Tatsache, dass die Zahl der Fahrradunfälle­ ten Personenkilometer beitrugen (eigene Berechnungen, zuletzt deutlich gestiegen ist (Abb. 6-9; DVR 2019). Bei basierend auf infas et al. 2018c), waren knapp 27 % der Unfällen mit Pkw waren Rad Fahrende nur zu 24,5 % und schwerverletzten Rad Fahrenden im Jahr 2017 über 65 bei Unfällen mit Güterkraftfahrzeugen nur zu 19,5 % Jahre alt, bei den Getöteten waren es sogar fast 60 % Hauptverursachende (Statistisches Bundesamt 2019d, (Statistisches Bundesamt 2019e, S. 178 und 175). S. 8). Die Zahl der schweren Unfälle mit Elektrofahrrä- dern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen 501. Kinder haben im Vergleich zu ihrem Bevölkerungs- (Statistisches Bundesamt 2019b, S. 12; 2019c, S. 118). anteil ein geringeres Unfallrisiko als andere Altersgrup- Eine Ursache könnte sein, dass die Anzahl der zugelas- pen. Wenn sie verletzt werden, geschieht dies in den senen Elektrofahrräder steigt und dass diese überwie- meisten Fällen im Fahrzeug ihrer Eltern (Statistisches gend von Älteren gefahren werden. Bundesamt 2019a, S. 8). Trotzdem verunglückten im

ɦɦAbbildung 6-9 Relative Entwicklung der Schwerverletzten und Getöteten im innerörtlichen Verkehr

110 %

100 %

90 %

80 %

70 %

60 %

50 %

40 %

30 % 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017

Insgesamt Pkw Fahrrad zu Fuß

Basisjahr 1991 = 100 %

SRU 2020

351 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Jahr 2017 29.259 Kinder auf deutschen Straßen, von werden, können die Vorteile der aktiven Mobilität für denen 61 starben. Dies bedeutet eine Steigerung von Gesellschaft und Umwelt nutzbar gemacht werden. 2,5 % gegenüber 2016 (ebd., S. 5). Die meisten Unfälle von 6- bis 14-Jährigen zu Fuß oder auf dem Fahrrad er- Verbesserung der Walkability eignen sich zu Zeiten, in denen Kinder auf dem Weg von 503. Bewegungsfreundliche Umweltbedingungen (Walk­ oder zur Schule sind (ebd., S. 10). Dies weist auf die Be- ability) haben sich als ein Zusammenspiel aus verschie- deutung des Schulwegs für die Sicherheit von Kindern denen Faktoren herausgestellt, die sich über zusammen- im Straßenverkehr hin (Tz. 504). gefasste Merkmale wie Nutzungsmischung, Konnektivität und Einwohnerdichte kartografisch aufbereiten lassen 6.4.2.3 Bewegungsfreundliche Stadtstrukturen (GRASSER et al. 2016). Zudem kann zur Erhebung der lokal unterschiedlichen Strukturen die sogenannte 502. Seit einigen Jahren hat sich die Erkenntnis durch- ­Neighbourhood Environmental Walkability Scale (NEWS) gesetzt, dass nicht allein das Wissen der Einzelnen über (BÖDECKER et al. 2012) oder das ALPHA-Environmen- die gesundheitlichen Vorteile der Bewegung darüber ent- tal Modul genutzt werden (BUCKSCH und SPITTAELS scheidet, wie viel oder wenig sich jemand bewegt (Ver- 2011). Auch wenn die abgefragten Kriterien die Indikato- haltensansatz), sondern auch die Umwelt, in der sich ren des NEWS in der deutschen Version (NEWS-Germa- eine Person bewegt (Verhältnisansatz) (BUCKSCH und ny) noch nicht immer präzise und umfassend abbilden SCHNEIDER 2014, S. 97). Wenn die Bereiche Verkehr, (Tab. 6-2), verdeutlicht bereits der Kanon der Indikato- Gesundheit und Umwelt im Zusammenhang betrachtet ren die große Bedeutung, die von der Stadtstruktur und

ɦɦTabelle 6-2 Indikatoren von NEWS-Germany und deren Bewertungskriterien

Indikator Abgefragt durch folgende Kriterien

A Einwohnerdichte Maß der Bebauung

B Flächennutzung (Heterogenität) Fußläufige Wegedauer zu verschiedenen Nah-Mobilitätszielen

C Flächennutzung (Zugang) Zugang zu Dienstleistungen/Freizeitzielen/ÖPNV-Haltepunkten innerhalb von 10 – 15 Gehminuten

D Konnektivität Sackgassen, Wegeverbindungen, Entfernung zwischen Kreuzungen, mehrspurige Kreuzungen, Möglichkeit alternativer Routen

E Möglichkeiten zum Gehen und Gehwege, Zustand der Gehwege, Erreichbarkeit der Fuß- und Radwege, Fahrradfahren getrennte Verkehrsführung

F Ästhetik/Umwelt Bäume, Schatten, interessante Dinge, Sauberkeit, Attraktivität von Natur- räumen und der Bebauung

G Verkehrssicherheit Verkehrsstärke und -belastung, Verkehrsgeschwindigkeit, Zebrastreifen und Fußgängerampeln, Abgase

H Schutz vor Kriminalität Beleuchtung, Einsehbarkeit, Kommunikation, wahrgenommene Krimina­ lität und Unsicherheit (tagsüber/nachts)

I Zufriedenheit Erreichbarkeit (und Qualität) verschiedener Angebote (Schnellstraßen, ÖPNV, Dienstleistungen, Freizeit, Schulen), Möglichkeiten für den Fuß- und Radverkehr, Dauer Arbeits-/Schulweg, soziale Kontakte, Sicherheit, Verkehrsgeschwindigkeit und -belastung/Lärm, Lebensqualität und Kind- gerechtigkeit der Wohnumgebung

SRU 2020; Datenquelle: BÖDECKER et al. 2012; IPEN 2010

352 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

ɦɦAbbildung 6-10 Straße als Sozialisationsraum

Marktplatz in Karlsbad, um 1850 (links), Leipziger Platz in Berlin, um 1930 (rechts)

Quelle: public domain

-gestaltung für eine bewegungsfreundliche Umgebung Erst die Dominanz des Autoverkehrs in den Städten hat ­ausgehen. Eine am Fuß- und Radverkehr orientierte Stadt- die Bewegungsfreiheit der zu Fuß Gehenden und Rad entwicklung erfordert eine kleinteilige, dem menschlichen Fahrenden maßgeblich beschnitten. Besonders drama- Maßstab entsprechende, nutzungsgemischte und kom- tisch stellt sich dies für Kinder dar, die sich ihre Umge- pakte Bebauungsstruktur mit kurzen, barrierefreien bung immer seltener und später im Leben selbstständig Wegen. Die Infrastruktur muss ebenso funktional wie und spielerisch erschließen können. Es fördert viele wich- ­ästhetisch ansprechend sein. Wird eine bewegungsfreund- tige körperliche, geistige und soziale Entwicklungen, den liche Umgebung gefördert, so ergeben sich Synergie­ Schulweg schon in den ersten Schuljahren selbstständig effekte mit einer effizienten Flächennutzung und einer (im ersten Schuljahr gegebenenfalls noch in Begleitung) qualitativen Aufwertung des öffentlichen Raums. aktiv zu bewältigen: „Schulwege sind mehr als das ­Zurücklegen von Strecken im Raum. Sie sind Erlebnis-, Wenngleich es durchaus Aspekte der Stadt- und Infra- Erfahrungs- und Lernwege“ (LIMBOURG 2009, S. 7). strukturgestaltung gibt, die für verschiedene Altersgrup- Neben dem körperlichen Training sind hierbei insbeson- pen eine unterschiedliche Relevanz haben (BAUMAN dere die kognitiven und sozialen Fähigkeiten von Bedeu- et al. 2012), kommen eine hohe Walkability und Barriere­ tung. Durch den selbstständig zurückgelegten Schulweg freiheit im Gegensatz zum motorisierten Individual­ trainieren Kinder ihr räumliches Vorstellungsvermögen verkehr grundsätzlich allen Menschen unabhängig vom und bauen Schritt für Schritt eine kognitive Landkarte Alter und sozialen Status zugute. Damit beinhalten diese ihrer Umwelt auf. Dabei lernen sie, Entfernungen, Geh- Ansätze auch einen Gerechtigkeitsaspekt. zeiten und Geschwindigkeiten sowie mögliche Gefahren einzuschätzen. Durch die immer neuen Situationen und Bei der Förderung von Aspekten der Walkability sind ihre Beobachtungen auf dem Schulweg und die Interaktion möglichen Wechselwirkungen untereinander zu beach- mit Gleichaltrigen werden beispielsweise Reaktionsfä- ten. So können beispielsweise in dicht bebauten Stadt- higkeit, Kommunikationsfähigkeit, Einfühlungsvermö- quartieren die Vorteile einer kompakten Stadtstruktur gen und Hilfsbereitschaft geschult. Bewegung und der durch negative soziale Einflüsse, wie mangelnde soziale Austausch von Neuigkeiten vor Unterrichtsbeginn hel- Netzwerke, oder stadtstrukturelle Defizite, wie wenige fen Kindern, konzentriert in den Tag zu starten (ebd.). Parks, aufgehoben werden (BUCKSCH und SCHNEI- DER 2014, S. 110; KACZYNSKI und GLOVER 2012). Häufig bringen Eltern ihre Kinder aus Gründen der Ver- kehrssicherheit mit dem Auto zu Schule. Dies hat wiede- Kinderfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung rum höhere Risiken für die Kinder zur Folge, die den 504. Bewegungsfreundliche Stadtstrukturen waren in Schulweg selbstständig zurücklegen (ADAC 2018b). Kin- den Städten Realität, bevor mit der Verbreitung des Au- der, die mit dem Auto zur Schule gefahren werden, haben tomobils ein tiefgreifender Wandel einsetzte (Abb. 6-10; zudem weniger Gelegenheit, die oben genannten Fähig- BITTKAU und STÖLTING 2018, S. 98). keiten auszubilden. Gemeinsame Lösungen hierfür kön-

353 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

nen im Rahmen eines schulischen Mobilitätmanagements zugunsten aktiver Fortbewegung unterstützt. Neben erarbeitet werden. Auch über den Schulweg hinaus gilt einer erhöhten Lebensqualität in den Stadtquartieren be- es, Räume und ein soziales Umfeld zu schaffen, die Be- fördern bewegungsfreundliche Stadtstrukturen und eine wegung als naheliegende Option anbieten. Dies trifft Veränderung des Modal Split zugunsten aktiver Mobi­ auch auf Jugendliche zu (BUCKSCH et al. 2019). Noch lität zusätzlich den Umwelt- und Klimaschutz. einen Schritt weiter als das schulische Mobilitätsmanage- ment gehen einige Kommunen mit einer kindgerechten Verkehrsplanung. Dabei kommen verschiedene Instru- 6.4.3 Stärkung des Umwelt­ mente wie das Leitbild der bespielbaren Stadt (Gries- heim) oder die Spielleitplanung zum Einsatz (u. a. in Bre- verbundes durch men) (BITTKAU und STÖLTING 2018, S. 99). Wie dem eine ­Verringerung des Walkability-Ansatz ist auch diesen Instrumenten gemein, dass sie die Verkehrssicherheit und Lebensqualität in den ­motorisierten Stadtquartieren erhöhen und aktive Mobilität fördern. ­Individualverkehrs

Wechselwirkungen zwischen der Geschwindig­ keit des Verkehrs und den Stadtstrukturen 507. Der motorisierte Individualverkehr hat erhebliche 505. Die Erkenntnis, dass Mobilität Stadt formt, bietet negative Gesundheits- und Umweltwirkungen, die sich die Möglichkeit, indirekt auf die Stadtstruktur Einfluss in den Städten konzentrieren. Dies betrifft vor allem Luft- zu nehmen, beispielsweise durch die Reduzierung der und Lärmemissionen, eine reduzierte Verkehrssicherheit Geschwindigkeiten. Hierdurch können bestehende Struk- sowie einen hohen Flächen- und Energiebedarf. Zwar turen an die menschlichen Bedürfnisse angepasst wer- können durch Verlagerungen im Stadtverkehr in Bezug den, um die Umgebung somit wiederum attraktiver für auf die CO2-Emissionen nur vergleichsweise geringe Ein- den Fuß- und Radverkehr zu gestalten (SCHMIDT et al. sparungen erzielt werden, da der höchste Anteil der 2013, S. 14). Mit der steigenden Verkehrsleistung hat Treibhausgasemissionen im Verkehr auf der Mittel- und nicht die Mobilität, wohl aber der Mobilitätsaufwand zu- Langstrecke entsteht (SRU 2017c). Dennoch ist auch genommen (das heißt der Aufwand, das Bedürfnis nach dieser Beitrag nicht zu vernachlässigen. Mobilität zu befriedigen). Bei einem gleichbleibenden Reisezeitbudget von circa 60 bis 90 Minuten pro Tag sind Der Straßenverkehr trägt in den Städten maßgeblich zur die zurückgelegten Kilometer stetig gestiegen, weil sich Belastung der Luft mit NOx und Feinstaub bei. Im Jahr die Strukturen an die schnellere Geschwindigkeit ange- 2018 wurde der Jahresmittelgrenzwert für NO2 von passt haben bzw. diese erst ermöglichen (SRU 2017c, 40 µg/m³ in mehr als fünfzig deutschen Städten über- Tz. 81). Das bedeutet, dass die meist gleichen Mobili- schritten („Stickstoffdioxidbelastung geht 2018 insge- tätsbedürfnisse auf immer längeren Strecken befriedigt samt leicht zurück“, Pressemitteilung des UBA vom 31. werden. Bei stagnierender Mobilität wachsen sowohl die Januar 2019). Auch die Feinstaubbelastung ist in vielen Verkehrsströme als auch der Mobilitätsaufwand und be- Städten immer noch so hoch, dass negative Effekte für wirken eine steigende Inanspruchnahme von Energie, die Gesundheit durch den Straßenverkehr entstehen kön- Flächen und der natürlichen Umwelt (HÄNGGI 2017). nen (SRU 2017c, S. 63 f.). Zudem ist der Straßenverkehr Es gilt also, den Mobilitätsaufwand bei gleichbleibender in Deutschland die Hauptlärmquelle (Tz. 356; s. a. SRU Mobilität wieder zu reduzieren. Auf die Vorteile einer 2917c, S. 63 f.). Auf die Gefährdung insbesondere von Geschwindigkeitsreduktion auf Tempo 30 innerorts für zu Fuß Gehenden und Rad Fahrenden durch den Stra- die Verkehrssicherheit, den Umweltschutz und die ßenverkehr wurde bereits eingegangen (Tz. 499–501). ­Lebensqualität hat der SRU bereits wiederholt hinge­ wiesen (Tz. 401, 438; SRU 2012; 2018). Während der Energiebedarf des motorisierten Individu- alverkehrs neben der Anzahl der Fahrzeuge auch von 506. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bewe- deren Energieeffizienz sowie der Nutzung abhängt, ist gungsfreundliche Stadtstrukturen das Resultat unter- der Flächenbedarf unmittelbar von der Anzahl der Pkw schiedlicher Ansätze aus der Stadt- und Verkehrsplanung abhängig. Dies betrifft insbesondere auch die Flächen für wie eine Erhöhung der Walkability, eine kinderfreund­ den ruhenden Verkehr, weil Pkw 97 % der Zeit nicht ge- liche Stadt- und Verkehrsplanung oder die Steigerung der nutzt werden (KUHNIMHOF 2018, S. 27). Derzeit wird Verkehrssicherheit sein können. Diese Ansätze werden der öffentliche Raum durch die hohe Verkehrsdichte in ihrerseits durch eine Veränderung der Mobilitätsmuster den Städten und die hohe Anzahl parkender Fahrzeuge

354 6.4 Mobilität und Lebens­qualität im Umweltverbund

überproportional beansprucht (Tz. 536), obwohl er allen stadtverträgliche Mobilität aus der Publikation „Stadt Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen sollte (Agora für Morgen“ (Tz. 460) geht das Umweltbundesamt Verkehrswende 2019b, S. 12). (UBA) von einem Zielwert von 150 Pkw pro 1.000 Ein- wohnerinnen und Einwohner aus. Bei diesem Zielwert, Der alleinige Umstieg auf Elektrofahrzeuge würde den der etwa der Hälfte (Metropolen Ostdeutschland) bis Ausstoß von Luftschadstoffen lokal zwar vermindern und einem Viertel (Mittelstädte, städtischer Raum West- auch den Energiebedarf aufgrund der – im Vergleich zu deutschland) der heutigen Pkw-Dichte entspricht (infas Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor – erhöhten Fahr- et al. 2018a, Abb. 38), würde sich das Stadtbild deutlich zeugeffizienz reduzieren. Jedoch würde er den Flächen- verändern. Ein entsprechender Umbau würde mit einer bedarf nicht reduzieren und auch im Hinblick auf die Umverteilung des Straßenraums zugunsten des Umwelt- Verkehrssicherheit keine Verbesserung darstellen. Die verbundes sowie mit einem Abbau von Stellplätzen Lärmemissionen würden durch die Elektromobilität bei ­einhergehen. Zunächst könnte der durchschnittliche Pkw durch die verringerten Motorengeräusche nur bei ­Flächenbedarf für den ruhenden motorisierten Indivi­ geringen Geschwindigkeiten (unter 30 km/h) gesenkt dualverkehr in Großstädten pro Einwohnerin und Ein- (Tz.401; SRU 2017c, S. 101). wohner hierdurch um 1,5 m² auf dann 3 m2 gesenkt wer- den (Abb. 6-11). Um die Vision zu verwirklichen, sollte 508. Eine geringere Pkw-Dichte in den Städten ist nicht nach Einschätzung des UBA dieser Wert nach vollstän- nur Ziel einer Stärkung des Umweltverbundes, sondern digem Rückbau der autogerechten Stadtstrukturen spä- im Hinblick auf den Flächenbedarf und die Raumauftei- ter noch einmal um die Hälfte auf 1,5 m² pro Einwohne- lung für Mobilität sowie die Verkehrssicherheit gewis- rin und Einwohner reduziert werden. Dieser Platz sermaßen auch deren Voraussetzung. In der gebauten könnte für Wohnen, Erholung und umweltfreundliche Stadt verringern private Fahrzeuge direkt den öffentli- Mobilität besser sowie wirtschaftlicher genutzt werden chen Raum. In der eingangs erwähnten Vision für eine (UBA 2017, S. 5).

ɦɦAbbildung 6-11 Abnehmender Flächenbedarf für ruhenden motorisierten Individualverkehr in Großstädten

Quelle: BAUER et al. 2018, S. 38, basierend auf UBA 2017

355 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

509. Wird die durch einen geringeren Pkw-Bestand frei prägt. Straßen und Plätze waren unattraktiv und zuge- werdende Fläche für alle wahrnehmbar für die Lebens- parkt. Die Stadtverwaltung entschied sich, die negativen qualität in den Stadtquartieren genutzt, so stellt dies für Entwicklungen aufzuhalten, den öffentlichen Raum für die Mobilitätswende in den Städten potenziell den stärks- die Menschen attraktiver zu gestalten und die Qualität ten Hebel dar. Ein geringerer Flächenbedarf kann direkt des Stadtraums zu verbessern. Kern ihrer Strategie war durch eine Verknappung des Stellplatzangebotes und eine Priorisierung der aktiven Mobilität zulasten ande- kompakte, nutzungsgemischte Bau- und Infrastrukturen rer Verkehrsträger (Council of Pontevedra 2017, S. 19). erzielt werden. Indirekt ermöglichen dies weitere In­ strumente, jedoch erst, wenn sie – einzeln oder in der Zunächst wurde die denkmalgeschützte Altstadt umge- Summe – dazu führen, dass der Autobesitz in der Stadt staltet, indem der Raum zugunsten des Fußverkehrs um- weiter abnimmt. Neben einem systematischen Ausbau verteilt und der Stadtraum gestalterisch aufgewertet der entsprechenden Infrastruktur für den Umweltver- wurde. Das Straßenpflaster, die Stadtentwässerung und bund (Pull-Instrumente) sind hierzu daher gleichzeitig die Beleuchtung wurden erneuert und neues Stadtmo­ Maßnahmen notwendig, die den motorisierten Individu- biliar eingesetzt. Diese Veränderungen wurden nach und alverkehr reduzieren (Push-Instrumente). Nach Jahr- nach auf das Stadtgebiet ausgeweitet. In den äußeren zehnten autozentrierter Stadt- und Verkehrsplanung be- Stadtringen wurden zahlreiche kostenfreie „Park+Walk“- deutet der Einsatz von Push-Instrumenten zulasten des Plätze geschaffen. Service-Fahrzeuge dürfen seitdem in motorisierten Individualverkehrs, den Menschen stärker der Innenstadt nur noch 15 Minuten kostenfrei parken; in den Mittelpunkt zu stellen. Nur durch eine Kombina- die innerstädtischen Tiefgaragen sind kostenpflichtig. tion aus Push- und Pull-Instrumenten wird es möglich, Seit 2010 wird zudem sukzessive Tempo 30 als stadtwei- dass die Förderung eines Verkehrsmittels (z. B. des te Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt. Der Fußgän- ÖPNV) im Umweltverbund nicht in erster Linie zum gerstadtplan Metrominuto, der ähnlich eines Metroplans Umstieg auf ein anderes Verkehrsmittel des Umweltver- die Entfernungen zwischen dreißig Sehenswürdigkeiten bundes (z. B. vom Fahrrad auf den Bus) führt, sondern in der Stadt aufzeigt, wurde inzwischen von zahlreichen langfristig dazu, dass Mobilität in der Stadt auch ohne anderen Städten übernommen. einen privaten Pkw für alle Bürgerinnen und Bürger auf allen Wegen ermöglicht wird. Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise nahm die Zahl der Arbeitsplätze in Pontevedra daraufhin bis 2015 um 510. Stadt-Umland-Verkehre (Tz. 462) sind heute we- 7 % zu. Die autofreien Stadträume wurden verstärkt von sentlicher Bestandteil des Verkehrs in den Städten. Sie Kindern zum Spielen genutzt und es gab vermehrt Zu- beeinflussen den Modal Split in Städten mit hohen züge von Familien. Nicht nur im Bereich der kompakten ­Anteilen an Pendelnden sowie Durchgangsverkehren er- Innenstadt wurde der Verkehr reduziert, sondern das heblich. Auf der Suche nach der richtigen Strategie aus Verkehrsaufkommen halbierte sich in der gesamten Stadt. Push- und Pull-Instrumenten müssen die Stadt-Umland- Während 1999 täglich noch 52.000 Autos in Pontevedra Verkehre zwingend mitbetrachtet werden und Teil der genutzt wurden, waren es 2014 nur noch 17.000. Da-

Lösung werden. Ansonsten bleiben die innerstädtischen durch verringerten sich die CO2-Emissionen um eine Quartiere auch bei hohen Anteilen des Umweltverbun- halbe Tonne pro Einwohnerin und Einwohner pro Jahr des im Binnenverkehr weiterhin stark durch die vom mo- (Council of Pontevedra 2017). torisierten Individualverkehr dominierten Stadt-Umland- Verkehre belastet (FRERICHS et al. 2018). Oslo, Norwegen 513. Oslos Innenstadt wurde im Rahmen eines umfang- 511. Mittlerweile gibt es weltweit Vorreiterstädte unter- reichen Klimaschutzpakets zu einer autofreien Zone schiedlicher Größe für die autoarme Mobilität, wie zum ­umgestaltet. Im Jahr 2013 hatte der motorisierte Indivi-

Beispiel Wien (Tz. 490). Bei der Analyse dieser Fall­ dualverkehr noch einen Anteil von 39 % an den CO2- beispiele lohnt sich ein Blick auf die unterschiedlichen Emissionen der norwegischen Hauptstadt, der Verkehrs- Motivationen hierfür und die Strategien zur erfolgrei- sektor insgesamt sogar 61 % (City of Oslo 2016, S. 11). chen Umsetzung. Die Stadt legte daher den Schwerpunkt beim Klimaschutz auf den Verkehrssektor (ebd.; s. a. Europäische Kommis- Pontevedra, Spanien sion o. J.). Die Verkehrswende soll zudem zu einer um- 512. Ende der 1990er-Jahre war das öffentliche Leben fassenden Verbesserung der Luftschadstoff- und Lärm- der spanischen Stadt Pontevedra durch Leerstände von emissionen und einer effizienteren Flächennutzung Geschäften, Drogenmissbrauch und Vandalismus ge- führen (City of Oslo 2019).

356 6.5 Handlungsempfehlungen

Durch zahlreiche Maßnahmen wurden ÖPNV sowie Fuß- gezielt zu reduzieren. Solche verkehrspolitischen Maß- und Radverkehr priorisiert. Hierzu gehörten die Festle- nahmen zugunsten umweltfreundlicher Mobilität haben gung von Fahrspuren ausschließlich für den ÖPNV und Auswirkungen auf den Lebensalltag und die Routinen umweltfreundliche Transportmittel sowie die Instand- jedes einzelnen Menschen und treffen daher häufig auf haltung des extensiven Radwegenetzes auch im Winter. Widerstände. Die Frage der gesellschaftlichen Zustim- Weil Oslo hügelig ist, wurde ein Förderprogramm für mung und Teilhabe ist damit für den Erfolg einer städti- Elektrofahrräder aufgelegt. Das ÖPNV-Netz wurde so schen Mobilitätswende sehr relevant (Kasten 6-1). verdichtet, dass 90 % der Bewohnerinnen und Bewohner Oslos innerhalb von 300 m Entfernung zu einer ÖPNV- Anbindung leben, womit auch für Mobilitätseinge- schränkte eine Nutzbarkeit gegeben ist (Europäische 6.5 Handlungsempfehlungen Kommission 2019, S. 14). Die Verkehrswende wurde ge- nutzt, um die Menschen stärker in den Mittelpunkt der 515. Die Verlagerung des motorisierten Individualver- Stadtentwicklung zu stellen und die Lebensqualität in kehrs auf den Umweltverbund ermöglicht eine höhere der Stadt zu steigern. Lebensqualität und Sicherheit in der Stadt und verrin- gert die Umweltbelastungen. Nachfolgend werden zen- Nach anfänglichem Protest von Gewerbetreibenden wur- trale Instrumente skizziert, mit denen diese Verlagerung den die ursprünglichen Pläne, die Innenstadt vollstän- erreicht werden kann. Generell können sie in Push- und dig für den Autoverkehr zu sperren, abgeschwächt. In Pull-Faktoren unterschieden werden. Akteure der Verla- dem 1,3 km² großen Gebiet arbeiten über 100.000 Men- gerung im städtischen Raum sind die Kommunen – zahl- schen, während nur rund 1.000 Menschen in dem Gebiet reiche Instrumente zielen deshalb darauf ab, sie zu be- wohnen. In drei Phasen wurden bis 2018 über 750 stra- fähigen, den nötigen Wandel zu realisieren. Dafür bedarf ßenbegleitende Parkplätze in der Innenstadt beispiels- es Investitionen in die Infrastruktur und rechtliche Än- weise in Fahrradspuren oder Spielplätze umgewandelt. derungen. Außerdem sollten die Möglichkeiten der Be- Einige Straßenzüge wurden komplett für den Autover- preisung und Planung verbessert werden. Nicht zuletzt kehr gesperrt. Zur Aufwertung des öffentlichen Raums sollten die institutionellen und organisatorischen Mög- gehört dessen Ausstattung mit Sitzgelegenheiten, Spiel- lichkeiten erweitert werden (Abb. 6-12). und Sportmöglichkeiten, Trinkwasser und öffentlichen Toiletten ebenso wie eine Anpassung der Straßenbeleuch- 6.5.1 Infrastruktur des Umwelt- tung (City of Oslo 2019). Oslo erhielt von der Europä­ ischen Kommission 2019 den Titel „Grüne Hauptstadt verbundes erhalten und Europas“ (Europäische Kommission 2019). ­ausbauen

514. Insbesondere Maßnahmen, die auf die Stärkung ak- 516. Attraktive Städte sind vor allem solche, in denen tiver Mobilität und des Umweltverbundes abzielen, kom- die Menschen gerne zu Fuß gehen und Radfahren, die men nicht umhin, den motorisierten Individualverkehr kurze Wege haben und die über eine gute Versorgung

Kasten 6-1: Akzeptanz durch verkehrs­ tigen Verkehrspolitik steigen, weil von den Anwohne- politische Experimente erhöhen rinnen und Anwohnern die negativen Auswirkungen häufig über- und positive Effekte unterschätzt werden. Neben grundlegenden Empfehlungen, welche die Transparenz, Verständlichkeit und Folgen von ver- Als klassisches Beispiel dafür gilt die City-Maut, die kehrspolitischen Maßnahmen betreffen (PRIDMORE in einer Reihe europäischer Städte eingeführt wurde und MIOLA 2011), gibt es Hinweise darauf, dass die und deren öffentliche Zustimmung nach Einführung Akzeptanz für verkehrspolitische Maßnahmen zur Stär- in der Regel deutlich anstieg (PRIDMORE und kung der aktiven Mobilität und Nachhaltigkeit nach MIOLA 2011). In Stockholm entschlossen sich die deren Einführung steigt. Lokale verkehrspolitische Ex- Landesregierung und die Stadtverwaltung versuchs- perimente können daher helfen, die verkehrlichen Maß- weise eine City-Maut einzuführen und anschließend nahmen auf die Bedürfnisse vor Ort abzustimmen. über die dauerhafte Einführung abstimmen zu las- Gleichzeitig kann die Zustimmung zu einer nachhal­ sen. Im Jahr 2006 wurde sechs Monate lang bei der

357 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Einfahrt in die Innenstadt eine tageszeitabhängige vermeidung, das Parkangebot und die Lebensquali- Gebühr erhoben und parallel das ÖPNV-Angebot aus- tät unterschätzt hatten (SCHUITEMA et al. 2010, gebaut. Im Versuchszeitraum ging dadurch der S. 107). Dass die Bürgerinnen und Bürger die City- ­Zufahrtsverkehr in die Stadt um 19 % zurück (Mil- Maut auch wieder hätten abschaffen können, verlieh jöavgiftskansliet 2006, S. 28). Als der Versuch abge- der versuchsweisen Einführung durch die Stadt zu- schlossen war, stimmten 53 % der Bewohnerinnen sätzliche Legitimität (ISAKSSON und RICHARD- und Bewohner der Stadt für die Beibehaltung der SON 2009). In anderen Städten ist ebenfalls zu be- ­City-Maut. Vor der Einführung hatte die Zustimmung obachten, dass Menschen Maßnahmen tendenziell noch unter 40 % gelegen. Befragungen zeigten, dass eher akzeptieren, wenn sie diese in der praktischen viele Anwohnende die positiven Effekte für die Stau- Erprobung erlebt haben (Tab. 6-3).

ɦɦTabelle 6-3 Vergleich der Zustimmung einer City-Maut vor und nach ihrer Einführung

Zustimmung vor Einführung Zustimmung nach Einführung

Stockholm 38 % 51 %

London 40 % 48 – 57 %

Bergen 19 % 58 %

Oslo 30 % 41 %

Trondheim 9 % 47 %

Quelle: PRIDMORE und MIOLA 2011, S. 10, angepasst

Ein weiteres Beispiel ist die Unterteilung von jeweils Diese Möglichkeit wird auch von zivilgesellschaft­ neun Straßenblocks in sogenannte „Superblocks“ in lichen Akteuren unter dem Begriff des taktischen Ur- Barcelona. Innerhalb dieser Superblocks werden die banismus diskutiert (LYDON und GARCIA 2015). Ein Straßen zu Begegnungszonen und Spielplätze und Beispiel in Deutschland ist der jährliche „Park(ing) Grünanlagen werden geschaffen. Eine der ersten Be- Day“, an dem Autoparkplätze für Picknicks, zum Spie- gegnungszonen im Stadtteil Poblenou wurde relativ len oder als Erholungsfläche genutzt werden (LETZ kurzfristig und mit wenig Konsultation eingeführt. In et al. 2017). Auch im Rahmen der Europäischen Mo- der Folge gab es anfangs zahlreiche Bedenken und Wi- bilitätswoche erproben viele Kommunen und zivilge- derstände der Anwohnenden (Die Zeit 26.09.2019), sellschaftliche Akteure jährlich die mögliche Umge- unter anderem auch, weil für sie die Umgestaltung zu staltung des Straßenraums. Durch diese Interventionen diesem Zeitpunkt eine Umstellung bedeutete und zu- werden die Vorteile der Umverteilung von Straßen- nächst nur wenig Vorteile brachte (ROBERTS 2019). raum sichtbar und unmittelbar erlebbar. Neben der Nach einigen Monaten folgten in Abstimmung mit den möglichen Erhöhung der Zustimmung und der Vor- Anwohnenden bauliche Veränderungen wie Spielplät- bildwirkung ergibt sich für die Planenden in den Kom- ze und Picknickbänke. Als in der Folge der Zugewinn munen der Vorteil, dass die Wirksamkeit und Akzep- an Lebensqualität unmittelbar erlebbar wurde, stieg tanz möglicher Maßnahmen unmittelbar überprüft, die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich an (ebd.). Planungskorrekturen vorgenommen und Fehlentschei- dungen vermieden werden können (ebd., S. 2). Ent- Selbst sehr kleinteilige und lokal begrenzte Verände- sprechende rechtliche Möglichkeiten für kommunale rungen können einen Meinungsumschwung anstoßen. Versuche sollten daher ausgebaut werden (Tz. 553)

358 6.5 Handlungsempfehlungen

ɦɦAbbildung 6-12 Übersicht Handlungsempfehlungen

Bund Länder Kommunen

Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur ausbauen

Fuß- und Radverkehr institutionell verankern

Infrastruktur Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ändern, Erhalt und Betrieb erhalten und einbeziehen ausbauen Sharing-Angebote räumlich Faire Wettbewerbsbedingungen steuern, Daten für für Mobilitätsdaten herstellen Verkehrsplanung nutzen

Akteure Mobilitätsmanagement nutzen zusammenführen

Planung Verkehrsentwicklungsplanung Städte über 50.000 Einwohner verbessern verbindlich machen planen Verkehr integriert

StVG: Gesetzeszweck und VO- StVO nutzen, um Verkehre neu Ermächtigungen zeitgemäß zu organisieren ausrichten

Anforderungen an die Parkraum konsequent Parkraumbewirtschaftung neu bewirtschaften Straßen- regeln verkehrsrecht Deckelung Bewohnerparken Bewohnerparken höher reformieren aufheben bepreisen

Regelhöchstgeschwindigkeit innerorts 30 km/h Fahrradstraßen einrichten, fließenden Verkehr ÖPNV, Fuß- und Radverkehr beschränken privilegieren

Ökonomische Streckenabhängige Pkw-Maut Instrumente einführen nutzen Straßennutzung konsequent bepreisen

SRU 2020

mit öffentlichem Nahverkehr verfügen. Eine Stadt der 6.5.1.1 ÖPNV: Erhaltung der ­Infrastruktur kurzen Wege erfordert es, die Siedlungs- und die in Gemeindeverkehrsfinanzierungs- ­Verkehrsentwicklung zusammenzudenken und kom­ gesetze einbeziehen pakte, nutzungsgemischte Stadtquartiere zu fördern (s. Kap. 7; SRU 2018). Eine weitere Zersiedlung, wie 517. Die Kapazität des ÖPNV muss stark erhöht wer- sie zum Beispiel durch § 13b Baugesetzbuch (BauGB) den. Das Ziel sollten flächendeckende, differenzierte gefördert wird (SCHMAUCK und TAUTENHAHN Erschließungsstandards wie in der Schweiz sein. Dafür 2019, m. w. N.), der die Einbeziehung von Außen­ sollte auch der beschlossene Deutschland-Takt der bereichsflächen in das beschleunigte Verfahren er­ Bahn zügig umgesetzt werden. Dieser integriert als ab- möglicht, ist in dieser Hinsicht nicht zielführend gestimmter, vertakteter Zugfahrplan für ganz Deutsch- (SRU 2017a). land den Nah- und Fernverkehr – von der regionalen

359 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Strecke bis hin zu den Hauptverkehrsachsen. Er ist be- sparnis (Tz. 505) sehr stark im Fokus der Bewertung. sonders in der Verknüpfung zum ÖPNV von Bedeu- Erforderlich wäre es stattdessen, Netz- und Umwelt- tung, weil er durchgehende Wegeketten ermöglicht. effekte stärker einzubeziehen (s. dazu vertieft SRU Um auch in suburbanen Räumen mehr Verkehr auf den 2017c). ÖPNV zu verlagern, muss dieser entsprechend ausge- baut werden. Dabei müssen sich Wegeketten so ver- 6.5.1.2 Fuß- und Radverkehrsinfrastruktur knüpfen lassen, dass die Abhängigkeit vom Pkw ausbauen ­vermieden wird, zum Beispiel, indem sichere und aus- reichende Fahrradstellplätze an S- und Regionalbahn- 518. Die Infrastruktur des Fuß- und Radverkehrs muss höfen geschaffen werden und eine attraktive Radinfra- vor allem in und von den Städten ausgebaut werden. Da struktur als Zubringer ausgebaut wird. Bei der hierfür erhebliche Mittel erforderlich sind, sollten ­Länder Entwicklung neuer Wohn- und Gewerbegebiete müs- und Kommunen eine deutliche Ausweitung der Pro-Kopf- sen ÖPNV-Anschlüsse und Radwege vorweggenommen Ausgaben für Fuß- und Radwege vorsehen. Die Ausgaben werden (Tz. 483; SRU 2018, Tz. 130). Das Ziel sollte pro Kopf und Jahr für den Radverkehr liegen in deut- ein bundesweites, integriertes Netz des öffentlichen schen Städten immer noch im unteren einstelligen Be- Verkehrs sein. Dafür muss das Hauptnetz des Nahver- reich (von 2,30 Euro in München bis zu 5 Euro in Stutt- kehrs in den Großstädten massiv ausgebaut und der gart), während in den europäischen Vorreiterstädten wie Anschluss zu den Nebennetzen sichergestellt werden. Amsterdam 11 Euro pro Kopf investiert werden, in Für einen leistungsstarken ÖPNV ist eine planungssi- ­Kopenhagen sogar 35 Euro (TIEMANN et al. 2018, chere und ausreichende Finanzierung des Betriebes S. 10). Demgegenüber werden in Deutschland erhebli- und der Instandhaltung sowie für den Neubau von Stre- che Summen für den motorisierten Individualverkehr cken, Haltestellen und Bahnhöfen erforderlich. Die lan- aufgebracht. gen Planungszeiten und teilweise erforderlichen Ge- nehmigungsverfahren sind zu berücksichtigen. Die Für den Bau von Radwegen entlang von Bundesstraßen Verteilung öffentlicher Mittel muss zwischen den Ver- ist hingegen der Bund zuständig. Von diesen sind bislang kehrsträgern so verändert werden, dass das Ziel einer nur 40 % mit Radwegen ausgestattet. Der gegenwärtige nachhaltigen Mobilität gefördert wird. Für die Finan- (zweite) Nationale Radverkehrsplan läuft 2020 aus. Der zierung der Infrastruktur des ÖPNV sind seit der Fö- Bund sollte ihn ab 2021 ambitioniert fortschreiben, Mit- deralismusreform 2006 in erster Linie die Bundeslän- tel für investive Ausgaben vorsehen und den Ausbau von der zuständig. Trotzdem besitzen Bundesmittel auch Radwegen an Bundesstraßen vorantreiben. Mit den im hier eine große Bedeutung, weil es sich um erhebliche Bundeswettbewerb „Klimaschutz durch Radverkehr“ ge- Investitionsvolumina handelt. Dementsprechend sah förderten Projekten hat das Bundesumweltministerium der Koalitionsvertrag 2018 vor, dass der Bund die Fi- bundesweit seit 2016 Verbundvorhaben zum Radverkehr nanzierung für das Gemeindeverkehrsfinanzierungs- mit einem Fördervolumen in Höhe von rund 92 Millio- gesetz (GVFG) bis 2021 auf eine Milliarde Euro pro nen Euro unterstützt (Kommunalrichtlinie 2016/2017). Jahr erhöht und diese jährlich dynamisiert für Aus- und Wünschenswert wäre es, diese (investive) Förderung Neubaumaßnahmen zur Verfügung stellt. auch auf die Fußverkehrsinfrastruktur auszuweiten (BAUER et al. 2018, S. 45). Die Städte sollten investive Sowohl für den Bereich von Investitionsvorhaben über Mittel für den Fußverkehr auch für Maßnahmen zur Ver- fünfzig Millionen Euro, die weiterhin über das Bundes- besserung der Aufenthaltsqualität, der Anpassung der GVFG erfolgen sollen, als auch für Investitionen durch Beleuchtung und für Stadtmobiliar verwenden. Das Ziel die Länder unterhalb dieser Größenordnung ist es er- sollte sein, dass sich Wege des Fußverkehrs nicht nur auf forderlich, dass die Mittel zukünftig zunächst für die notwendige Zu- und Abwege zu anderen Verkehrsmit- Erhaltung der bestehenden Infrastruktur verwendet teln wie Bus und Auto erstrecken, sondern Menschen werden können, weil der Bedarf hier erheblich ist (In- zum Beispiel auch verstärkt in der Freizeit zu Fuß gehen. traplan Consult und VWI 2009). Die Finanzierung soll- Die Bundesregierung sollte auch eine Nationale Fuß­ te auch für den laufenden Betrieb zur Verfügung ste- verkehrsstrategie verabschieden; einen Entwurf dafür hen. Die – überwiegend neu zu schaffenden – GVFG hat das UBA in einer Studie vorgelegt (BAUER et al. der Länder sollten ebenfalls so ausgestaltet werden, 2018). Unterstützt werden könnte der Ausbau zudem, wie dies zum Beispiel bereits in Nordrhein-Westfalen indem auch die Programme der Städtebauförderung die der Fall ist (ÖPNVG NRW). Gegenwärtig steht bei der ­Be­lange des Fuß- und Radverkehrs berücksichtigen Bewertung von Infrastrukturprojekten die Reisezeiter- (SRU 2018).

360 6.5 Handlungsempfehlungen

6.5.1.3 Institutionelle Verankerung des Fuß- Fahrpläne und Betriebszeiten. Erste Datensätze sollen und Radverkehrs sicherstellen gemäß Delegierter Verordnung (EU) 2017/1926 zum 01.12.2019 bereitstehen. Die Pflicht bezieht sich neben 519. Der Fuß- und Radverkehr ist bislang nicht ausrei- klassischen Anbietern des öffentlichen Personennah­ chend institutionell, zum Beispiel in den Verwaltungen, verkehrs auch auf private Anbieter von nachfrageorien- verankert (BAUER et al. 2018, S. 31). Es fehlen dort oft tierten Verkehrsangeboten, wie zum Beispiel Carsharing- (Fach-)Personal, Wissen und Akzeptanz. Eine Verkehrs- und Bikesharing.­ Auf diese Weise werden einheitliche planung für aktive Mobilität erfolgt deshalb nur unzurei- Wettbewerbsbedingungen für öffentliche und private chend und Fördermittel können nicht abgerufen werden. ­Ak­teure angestrebt und einheitliche technische Stan- In Bund, Ländern und Kommunen sind Fuß- und Rad- dards eta­bliert. verkehr oftmals nicht adäquat in den Organisationsstruk- turen abgebildet. Wichtig wäre deshalb, dass auf allen Die Delegierte Verordnung erfordert staatlicherseits die Ebenen der Verwaltung in diese Bereiche investiert wird. Einrichtung eines nationalen Zugangspunktes (NAP). Vor allem die Kommunen müssen gezielt Personal ein- Dafür wird der „Mobilitäts Daten Marktplatz“ (MDM) stellen (NOBIS et al. 2016, S. 83). genutzt, der bereits Nationaler Zugangspunkt für weite- re Delegierte Verordnungen im Rahmen der Richtlinie Auch wenn das BMVI im Jahr 2019 Stiftungsprofessuren für Intelligente Verkehrssysteme 2010/40/EU ist. Ver- für Radverkehrsforschung ausgeschrieben hat (BMVI pflichtend zugänglich zu machen sind statische Daten; 2019b), bleibt die Forschung und Lehre im Bereich Fuß- die Entscheidung, ob auch dynamische Daten zugänglich und Radverkehr unzureichend. Diese Bemühungen soll- gemacht werden sollen, obliegt dem Mitgliedstaat. Der ten fortgesetzt und auf den Fußverkehr ausgedehnt SRU befürwortet, dynamische Daten weiträumig einzu- ­werden. Dieser sollte ebenfalls stärker in Forschungs- beziehen, da nur aktuelle Abfahrts-, Ankunfts- und Ver- programme, Wettbewerbe und Ressortforschungspro- spätungszeiten und die gerade vorliegende Verfügbarkeit gramme aufgenommen und durch die Förderung von Mo- von Fahrzeugen an Sharing-Stationen einen Mehrwert dellprojekten unterstützt werden (BAUER et al. 2018). zur intermodalen Nutzung von Verkehrsträgern bietet. Erforderlich ist es daneben, die übergreifende Kompe- Die Delegierte Verordnung sieht die Möglichkeit vor, dass tenz von Verkehrsplanerinnen und -planern in der Datengeber die Verwendung ihrer Angebotsdaten in einer ­Ausbildung zu stärken. Kenntnisse der integrierten Lizenzvereinbarung regeln und finanziell vergüten las- ­Verkehrsentwicklung, die die Aspekte Fußverkehr, Rad- sen können. Die technische Bereitstellung von Daten ist verkehr, öffentlicher Verkehr und Umweltplanungen ins- daher getrennt zu betrachten von ihrer Lizensierung und gesamt umfasst, sollten stärker in die entsprechenden offenen Zugänglichkeit. Aus verkehrlicher Sicht ist ein Studiengänge integriert werden. offener Wettbewerb um die effizientesten und umwelt- freundlichsten Mobilitätslösungen, nicht jedoch um Da- 6.5.1.4 Digitale Infrastrukturen für umwelt­ tenmonopole und Plattformökonomien, wünschenswert. freundlichen Verkehr bereitstellen Der SRU befürwortet daher grundsätzlich einen Open- Data-Ansatz, bei dem Angebotsdaten in freien Formaten 520. Angebote der Shared Mobility haben nur dann einen offen zugänglich und verwendbar sind. ökologischen Mehrwert, wenn sie den ÖPNV und die ak- tive Mobilität ergänzen und in eine Verkehrspolitik ein- Nachfragedaten der Mobilitätsdienstleister gebettet sind, die effizientere Alternativen zum Gebrauch gestaltend nutzen privater Kraftfahrzeuge fordert und fördert. Um inter- 522. Um die ökologischen Potenziale der Sharing-Ange- modale Wegeketten und deren Planung zu erleichtern, bote zu heben, bedarf es einer entsprechenden Ausrich- bedarf es insbesondere einer entsprechenden Datenver- tung an stadtplanerischen und verkehrlichen Zielen. An- fügbarkeit. gebote wie Carsharing oder Ridepooling sollten den ÖPNV in Erschließungslücken und auf der letzten Meile Fairness für Angebotsdaten herstellen einer Reisekette möglichst ergänzen, aber nicht verdrän- 521. Durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/1926 gen (Tz. 480). Wenn den Kommunen Nachfragedaten zur Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reiseinfor- von Sharingdiensten zur Verfügung stehen, kann dies den mationsdienste existieren inzwischen klare Pflichten zur Kommunen und Unternehmen des ÖPNV dabei helfen, zentralen Verfügbarmachung und zu standardisierten die existierenden Verkehrsströme besser einzuschätzen Formaten von Verkehrs- und Reisedaten (hier Angebots- und daraus Rückschlüsse über den notwendigen Infra- daten genannt). Dies betrifft beispielsweise Betreiber, strukturausbau für Fuß-, Radverkehr und ÖPNV zu zie-

361 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

hen. Dabei ist die Verarbeitung von personenbezogenen be- und Entleihorte definiert werden, um beispiels­weise Daten nicht notwendig. Es geht vielmehr um die Stand- an ÖPNV-Stationen eine nahtlose Mobilität zur Erschlie- ortdaten von verfügbaren Sharingfahrzeugen sowie räum- ßung einzelner Quartiere zu ermöglichen. Technisch lich aggregierte Mobilitätsdaten von Mobility-as-a-Ser- möglich wäre auch eine automatische Drosselung der vice-Unternehmen und ihre Nutzungsstatistiken. Geschwindigkeit von E-Scootern in vorab definierten Bereichen und Gefahrenzonen (Agora Verkehrswende Dynamische Reise- und Verkehrsdaten können den Kom- 2019a). Erst nach der generellen Zulassung der Elek­ munen erste Anhaltspunkte über die Nachfrage bestimm- trokleinstfahrzeuge im Juli 2019 begann das Kraftfahrt- ter Verkehrsverbindungen bieten. Aus Sicht des SRU soll- bundesamt mit der Prüfung der Software der bereits zu- ten Kommunen darüber hinaus mit Mobilitätsanbietern gelassenen E-Scooter. Vor allem Kommunen fordern, auch weitergehende Datenaustauschvereinbarungen dass zukünftig Verbotszonen und Auf- und Abstellstand- (Data Sharing Agreements) zu Mobilitätsdaten in ma- orte definiert werden können (Deutscher Städtetag et al. schinenlesbarer und damit weiterverarbeitbarer Form 2019). abschließen. Dies erleichtert in der Folge auch die räum- liche Steuerung der Angebote. Als technischer Standard Schon heute sind viele Anbietende neuer Mobilitäts- hat sich hierfür die Mobility Data Specification (MDS) dienstleistungen dazu bereit, freiwillig mit den Städten etabliert, die bereits von zahlreichen Städten weltweit zu kooperieren. Sie stoßen auf kommunaler Seite jedoch eingesetzt wird. teilweise auf unklare Zuständigkeiten und wenig Be- wusstsein für die potenzielle eigene Rolle. Hilfreich könn- Da stationslose Sharing-Angebote wie E-Scooter und te in Städten die Benennung von Zuständigen für Shared Bikesharing nicht genehmigungspflichtig sind, werden Mobi­lity sein, die auch die Frage der Mobilitätsdaten und für diese Angebote derzeit nur freiwillige Vereinbarun- ­gewünschten räumlichen Steuerung intern mit den ent- gen zu Datenaustausch und räumlicher Steuerung abge- sprechenden Fachämtern koordinieren. schlossen. In diesem Sinne wurde im August 2019 eine Absichtserklärung zwischen Deutschem Städtetag, Deut- 6.5.2 Akteure zusammenführen schem Städte- und Gemeindebund und Anbietenden von E-Scooter-Verleihsystemen geschlossen. Wenn ein Ge- 524. Seit vielen Jahren engagieren sich auch deutsche nehmigungs- bzw. Konzessionsregime geschaffen würde Städte im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung. (Abschn. 6.5.4.5), könnten die Kommunen die Mobili- Sie sind in europäischen und internationalen Netzwer- tätsanbietenden zur Vereinbarung entsprechender Da- ken, wie beispielsweise „civitas“, „covenant of mayors“, tenaustauschvereinbarungen verpflichten. In Abwesen- „resilient cities“ oder „C40“ aktiv, welche die Stadt- und heit ­entsprechender landes- und bundesrechtlicher Verkehrsentwicklung vor dem Hintergrund der Heraus- Rechtsvorschriften können Kommunen auch die Ver- forderungen des Klima- und des Umweltschutzes inte­ handlungen über die pauschalisierten Parkgebühren bei- griert betrachten. Diese Netzwerke verfolgen unter- spielsweise für Carsharing-Fahrzeuge nutzen, um eine schiedliche Schwerpunkte. Ihnen ist gemein, dass sie entsprechende Datenzusammenarbeit im Austausch für einen erheblichen Wissenstransfer zwischen den Städ- einen finanziellen Rabatt zu etablieren. Werden Sharing- ten ermöglichen (CIVITAS o. J.; Covenant of Mayors for Angebote als städtische Verkehrsleistungen ausgeschrie- Climate & Energy o. J.; SCHWEDES et al. 2017). Bei der ben, wie stationsbasiertes Bikesharing, sollte der Daten- Stadtmobilität sind Stadtpolitik und -verwaltung die ent- austausch von vornherein Teil der Vereinbarungen mit scheidenden Akteure, da diese für die Umsetzung ver- den Anbietenden werden. antwortlich sind. In der Bundes- und Landespolitik fin- den entsprechende Städtenetzwerke noch zu wenig Räumliche Steuerung von Sharing-Angeboten Beachtung. Proaktive Städte sollten als wichtige Akteu- digital organisieren re und Multiplikatoren der Mobilitätswende noch stär- 523. Auf der Basis entsprechender rechtlicher Regelun- ker als bisher anerkannt und gefördert werden. Es ist gen und technischer Standards wie MDS wird es mög- deshalb wünschenswert, dass Bund und Länder die Ak- lich, die Sharing-Angebote besser räumlich zu steuern tivitäten der Städte für eine ambitionierte Umsetzung und beispielsweise Verbotszonen für Sharing-Fahrzeu- der Mobilitätswende finanziell unterstützen und die eu- ge (durch sogenanntes Geofencing) zu definieren. Diese ropäische sowie die internationale Vernetzung fördern. können auch temporärer Natur sein (z. B. bei angekün- In ihren Förderprogrammen sollten sie die für eine nach- digten Demonstrationen oder einer Sondernutzungen haltige Stadtentwicklung unabdingbare, integrierte Sicht- der Fläche). Umgekehrt können auch prioritäre Abga- weise verankern.

362 6.5 Handlungsempfehlungen

525. Trotz erheblicher Synergiepotenziale zwischen ­verkehrspsychologischer Perspektive sind für eine Ver- Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschutz im Bereich der änderung der Mobilitätsroutinen der Schul- und der städtischen Mobilität werden die unterschiedlichen Be- Arbeitsweg von besonderer Bedeutung. Auf Bundes- reiche kommunal noch immer weitgehend getrennt von- ebene wurden immer wieder verschiedene Ansätze un- einander bearbeitet. Dies führt dazu, dass mögliche terstützt (z. B. die Projekte „effizient mobil“ oder ­Synergieeffekte nicht realisiert werden. Um dies zu „Mobil.Pro.Fit“ und der Wettbewerb „mobil gewinnt“ ­verändern, bedarf es einer systematischen Integration (BMVI und BMU 2018) im Rahmen der Förderricht­ von Gesundheitsbelangen in die Verkehrsentwicklung, linie „Betriebliches Mobilitätsmanagement“ des BMVI). wie es beispielsweise London mit seiner Healthy- Eine weitere Verstetigung dieser Ansätze muss aber Streets-Kampagne praktiziert, welche eine Grundlage nicht nur vom Bund, sondern auch durch die Bundes- bei der Erstellung der lokalen Verkehrsstrategie bildete­ länder erfolgen. Dies findet beispielsweise bereits in (ALDRED und CROFT 2019; Mayor of London und Nordrhein-Westfalen statt (JANSEN und UNGER-­ Transport for London 2017). Weitere Bereiche, die von AZADI 2019, S. 28). der Stärkung des Umweltverbundes in den Städten pro- fitieren, sind unter anderen der Tourismus und die Frei- Arbeitswege gehören zu denjenigen regelmäßigen Wegen, raumentwicklung. Auch Akteure aus diesen Bereichen für die sich veränderte Routinen besonders gut etablie- sollten für die Mobilitätswende gewonnen und in die ren lassen. Dem betrieblichen Mobilitätsmanagement Umsetzung einbezogen werden. Der SRU empfiehlt kommt somit sowohl eine Schlüsselrolle zur Stärkung daher die Einbindung von Gesundheitsexpertinnen und des Umweltverbundes als auch ein hohes Potenzial in -experten sowie der Akteure des kommunalen Touris- der Umsetzung zu. Im betrieblichen Mobilitätsmanage- musmanagements und der Freiraumentwicklung (zur ment kommt eine weit gefächerte Anzahl von Maßnah- Definition vgl. SRU 2018, S. 56) in den Prozess der men zum Einsatz. Dazu zählen unter anderem Mobi­ ­Erstellung integrierter Verkehrsentwicklungskonzepte litätsberatungen für neue Mitarbeitende, verbilligte (vgl. Tz. 448 ff.). Jobtickets, Anreize zum Fahrradfahren, wie Fahrrad­ leasing, Umkleideräume und Duschen, sichere und aus­ 6.5.2.1 Mobilitätsmanagement als Instrument reichende Abstellplätze sowie die Unterstützung von nutzen Fahrgemeinschaften (MIE o. J.). Innerbetriebliche Maß- nahmen können zum Beispiel die Organisation von 526. Mobilitätsmanagement ist ein Ansatz, die Verkehrs- Dienstreisen (Bahnfahrten statt Flugreisen) oder die nachfrage zielorientiert zu beeinflussen, um den Perso- Umstellung des Fuhrparks betreffen (Diensträder, E-Mo- nenverkehr effizienter, umwelt- sowie sozialverträglicher bilität und Ladeinfrastruktur) (ebd.). Das betriebliche und deshalb nachhaltiger zu gestalten. Akteure des Mo- Mobilitätsmanagement bietet erhebliche Vorteile für bilitätsmanagements sind zum Beispiel Arbeitgeber oder ­Arbeitgeber, Beschäftigte und Umwelt (UBA 2019, S. 10). Schulen, aber auch Kommunen. Das Management bietet So kommt die aktive Mobilität der Beschäftigten wegen vor allem Maßnahmen an, durch die Individuen oder be- der positiven Gesundheitseffekte (Tz. 492 ff.) auch dem stimmte Zielgruppen die Nutzung ihrer Verkehrsmög- Arbeitgeber zugute. lichkeiten und -mittel ändern. Das Mobilitätsmanage- ment hat das Ziel, Verkehr zu vermeiden oder zu verlagern Schulisches Mobilitätsmanagement sowie eines, das Kin- und liefert so einen wesentlichen Beitrag zu einer mo- dergartenkinder und deren Eltern adressiert, sollte ein dernen Verkehrsgestaltung (REUTTER 2014). Auf kom- zentraler Baustein des kommunalen Mobilitätsmanage- munaler Ebene werden in Deutschland bereits vielfach ments sein. Die Spirale steigender Bring- und Abholdiens- Mobilitätsmanagementkonzepte verfolgt, zum Beispiel te durch Eltern kann durchbrochen werden, wenn die in München oder Frankfurt am Main (REUTTER und ­relevanten Akteure wie Schulen, Eltern, Polizei, Verkehrs- STIEWE 2019, S. 18 f.). unternehmen und die Kommunen zusammenwirken, um nicht zuletzt den Sorgen von Eltern als wesentliche Trei- Mobilitätsmanagement ist wichtig, weil das individu- ber der Fahrdienste zu begegnen (Tz. 450; IKEDA et al. elle Mobilitätsverhalten in hohem Maße durch erlern- 2019). Entsprechende Maßnahmen wie Zu-Fuß-Halte- te Routinen geprägt wird, die dazu dienen, die Komple- stellen oder Elternhaltestellen (Haltestellen im fußläu- xität (der Fortbewegung) im Alltag zu reduzieren. Die figen Einzugsbereich, an denen Eltern ihre Kinder abset- Mobilitätswende erfordert eine Mobilitätskultur, wel- zen können) oder ein Sicherheitstraining für Schulkinder che die Gesundheit der Einzelnen und die Lebensqua- bestehen bereits in vielen Kommunen (BLEES et al. lität in den Städten in den Vordergrund stellt. Aus 2018).

363 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Wenn Kinder lernen, aktiv mobil zu sein, behalten sie als päischen Kommission im Aktionsplan urbane Mobilität Erwachsene oft ihr erlerntes Mobilitätsverhalten bei und (Europäische Kommission 2009) anvisiert, auf EU-Ebe- geben es später an die eigenen Kinder weiter (LIM- ne verpflichtend für die Mitgliedstaaten eingeführt, son- BOURG et al. 2000). Es handelt sich daher um eine be- dern nur durch Leitlinien ausgearbeitet worden (WEFE- sonders nachhaltige Verkehrsmaßnahme (LIMBOURG RING et al. 2013), die Ende 2019 aktualisiert worden 2009). Erfolgreiche Pilotprojekte zum Beispiel in Aachen sind. Das Konzept wird durch den Austausch von Best- und Berlin belegen die Wirksamkeit des Ansatzes (HEI- Practice-Beispielen und Konferenzen unterstützt und DEMANN 2018). Das schulische Mobilitätsmanagement stellt einen wertvollen Ansatz dar, die integrierte Ver- wird schon in einigen Bundesländern gefördert. Kom- kehrsplanung zu stärken und die verschiedenen Verkehrs- munale Netzwerke, um schulische Aktivitäten zu unter- formen gemeinsam zu betrachten (SRU 2012, Tz. 337 ff.). stützen, bestehen in Hessen (Fachzentrum Schulisches Mobilitätsmanagement) (ivm GmbH 2019) oder in 529. Die integrierte Verkehrsentwicklungsplanung soll- Nordrhein-Westfalen (Zukunftsnetz Mobilität NRW te neben verkehrlichen auch Umweltschutzziele sowie 2019). Andere Bundesländer sollten solche Netzwerke Klimaschutz- und Anpassungsziele für den Verkehrssek- ebenfalls einrichten und mit ausreichend Personal und tor festlegen. Dabei sollten auch verbindliche Maßnah- Finanzmitteln ausstatten. Aufgrund der herausragenden men geplant werden, die dazu beitragen, den Verkehr in Bedeutung für die Mobilitätswende sollte Bildung für den Kommunen zu dekarbonisieren. Auch Ziele zur Er- umweltfreundliche und gesunde Mobilität in allen Bun- höhung der Lebensqualität und der Gesundheit und Mul- desländern ein fester Bestandteil des Lehrplans und der tifunktionalität sollten von den Kommunen angestrebt Schulprogramme werden (BMU 2018). Es ist geplant, werden. Um dies sicherzustellen, sollte die Aufstellung das schulische Mobilitätsmanagement im Berliner solcher Ziele in den zu schaffenden gesetzlichen Grund- ­Mobilitätsgesetz zu verankern (Senatsverwaltung für lagen erwähnt werden. Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Berlin 2019c). Diese Regelung könnte, wenn sie sich bewährt, von anderen Wünschenswert wäre darüber hinaus, dass eine inte­ Bundesländern übernommen werden. grierte Planung verkehrlich relevante Aspekte aus Fach- plänen, wie der Luftreinhalteplanung oder der Lärmmin- derungsplanung, und übergeordnete Rahmenbedingungen 6.5.3 Integrierte Verkehrsentwick- einbezieht (Tz. 448 ff.; SRU 2012, Tz. 337 ff.). Dies ist lungsplanung verbindlich allerdings schwierig, weil gegenwärtig weder die zeitli- chen Vorgaben noch die Erhebung der Daten und die Ver- machen und auf regionaler wendung von Verkehrsmodellen einheitlich erfolgen Ebene stärken (Tz. 451). Die Planung muss darüber hinaus wichtige Fragen hinsichtlich der Zukunft des Stadtverkehrs 527. Mit der kommunalen Verkehrsplanung steuert die ­adressieren, um mit langfristigem Zeithorizont und aus- Gemeinde das Verkehrsgeschehen auf ihrem Gebiet. Sie reichender Flexibilität bevorstehende Entwicklungen be- bildet zum Beispiel die Grundlage für den kommunalen rücksichtigen und unter Umständen nachsteuern zu Infrastrukturausbau, die Verteilung von Geldern im Ver- können. Zu diesen Aspekten zählen auch der Wirtschafts- kehrsbereich und die Planung des öffentlichen Nahver- verkehr sowie Konzepte für Sharing- und Ladesysteme kehrs. Die integrierte Verkehrsentwicklungsplanung ist (wie Auto, Fahrrad, E-Scooter). Die Planung bewirkt im Kontext einer integrierten Stadtentwicklungsplanung dann insgesamt eine Auseinandersetzung der Kommu- zu erstellen. Sie betrachtet die Verkehrsentwicklung nen mit der aktuellen verkehrlichen Situation, den zu er- ­gesamthaft, das heißt strategisch und in ihrer Wechsel- wartenden Verkehrsentwicklungen und den daraus ab- wirkung zu anderen relevanten Entwicklungen (umfas- zuleitenden Maßnahmen. Die zuständige Behörde sollte send FGSV 2013). Bislang ist sie rechtlich nicht zwin- eine integrierte Verkehrsentwicklungsplanung in einem gend vorgeschrieben (dazu bereits SRU 2005). strukturierten Verfahren mit Behörden- und Öffentlich- keitsbeteiligung erstellen. Die Planung sollte Entwick- 528. Seit einigen Jahren fördert die EU das Konzept der lungsziele enthalten, mit der alle relevanten Maßnahmen integrierten Verkehrsentwicklungspläne (Sustainable insbesondere zu Infrastruktur, ÖPNV und Verkehrsre- Urban Mobility Plans – SUMP), die dem Ansatz der deut- gulierung koordiniert werden müssen. Sie muss zudem schen integrierten Verkehrsplanung entsprechen. Auf- mit der Raumplanung abgestimmt sowie in regelmäßi- grund von Subsidiaritätsbedenken ist die integrierte gen Abständen überprüft und fortgeschrieben werden ­Verkehrsplanung nicht, wie ursprünglich von der Euro- (REESE 2018).

364 6.5 Handlungsempfehlungen

530. Bei der Planung muss die Region betrachtet wer- konkreten Beschlüssen zur Finanzierung, zur Umsetzung den, um die Verflechtungsräume in ihren übergreifen- und zur personellen Untersetzung flankiert werden. Der den Funktionen zu unterstützen. SCHWEDES (2012) SRU hatte 2005 in seinem Gutachten „Umwelt und Stra- ist der Auffassung, dass ohne eine regional integrierte ßenverkehr“ dem Bund ursprünglich empfohlen, ein Verkehrspolitik erfolgreiche verkehrspolitische Strate­ ­Gemeindeverkehrsplanungsgesetz zu schaffen, das ver- gien auf lokaler Ebene nichts ausrichten können. Insbe- bindliche Vorgaben für die Aufstellung und die Ausge- sondere Pendelbewegungen zu Arbeitsorten, Freizeitak- staltung eines solchen Plans enthalten sollte (SRU 2005, tivitäten oder Einkauf sind Beispiele für die funktionalen Tz. 484 ff.). Ob eine solche Regelung notwendig ist, wird Beziehungen zwischen der Stadt, ihrem Umland und den durchaus kontrovers diskutiert (WOLFRAM et al. 2010). ländlichen Räumen. Gemeindeübergreifende Planungen, Gegenüber einer Verpflichtung der Kommunen auf Bun- zum Beispiel durch die gemeinsame Erarbeitung und Um- desebene entfaltet allerdings Art. 84 Abs. 1 S. 7 Grund- setzung interkommunaler Mobilitätskonzepte, können gesetz (GG) seit 2006 eine Sperrwirkung. Die Kommu- eine Möglichkeit darstellen, um über administrative nen können nicht mehr unmittelbar durch Bundesgesetz Grenzen hinweg zu handeln. Zentral für die suburbanen verpflichtet werden. Der SRU empfiehlt deshalb aufgrund Räume ist insbesondere die Verknüpfung mit dem inner- der geänderten verfassungsrechtlichen Situation Lan- städtischen Verkehrsnetz, auch wenn dieses vielerorts desregelungen zu erlassen, die zur Aufstellung von inte- bereits an seiner Kapazitätsgrenze angelangt ist. Regio- grierten Verkehrsentwicklungsplänen in Städten ab nale Mobilitätskonzepte sollten sich auf die tatsächli- 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verpflichten. chen Verflechtungsbereiche (Abb. 6-1) beziehen. Ein Dazu könnten Bund und Länder auf der Ebene der Ver- gutes Beispiel ist die Region Hannover, die gleichzeitig kehrsministerkonferenz ein Muster-Gemeindeverkehrs- Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs planungsgesetz erarbeiten und bei Bedarf fortschreiben und Träger der Regionalplanung ist (PRIEBS 2002). (analog z. B. der Musterbauordnung (MBO) auf der Ebene der Bauministerkonferenz). Eine weitere Möglichkeit zur umweltfreundlichen Ver- kehrsverlagerung ist die Errichtung von Radschnellwe- Ein Beispiel für die landesrechtliche Regelung ist § 16 gen. Elektrofahrräder können vor allem für Pendel­ MobG BE, der bestimmt, dass die Verkehrsentwicklungs- distanzen von bis zu 15 km eine Alternative zum Pkw planung (Berlin: Stadtentwicklungsplan Mobilität und darstellen (Agora Verkehrswende 2017). In vielen euro- Verkehr) die Grundlage aller verkehrsspezifischen Pla- päischen Ländern existieren bereits zahlreiche Rad- nungen darstellt. Sie dient dazu, die im Gesetz genann- schnellwege, die besonders von Pendlerinnen und Pend- ten Ziele der Mobilitätsgewährleistung in integrierter, lern genutzt werden. In Kopenhagen wurden bis zum verkehrsmittelübergreifender Betrachtung zu gewähr- Jahr 2018 neun Routen mit einer Gesamtlänge von leisten sowie zu konkretisieren (Modal Split, Verkehrs- 200 km gebaut, wodurch 25 % der Pendelnden vom Auto sicherheit und Gesundheits-, Umwelt-, Klima- und auf das Rad umstiegen. Auch in Deutschland werden in- ­Ressourcenschutz). Zu diesem Zweck stellt er Qualitäts- zwischen die ersten Radschnellwege geplant oder gebaut, ziele insbesondere für die Erhaltung, Modernisierung so der Radschnellweg zwischen Darmstadt und Frank- und Erweiterung der Verkehrsinfrastruktur auf und be- furt/Main oder der Radschnellweg Ruhr RS1, der mit stimmt das Vorrangnetz des Straßenverkehrs. Das Plan- einer Gesamtlänge von gut 100 km von Duisburg über werk wird durch regelmäßige Fortschrittsberichte und Mülheim/Ruhr, Bochum und Dortmund bis nach Hamm Evaluationen begleitet und ist mit der Nahverkehrspla- ­führen soll. nung sowie der Fuß- und Radverkehrsplanung verzahnt.

531. Gegenwärtig erfolgt die Verkehrsentwicklungspla- 6.5.4 Straßenverkehrsrecht nung auf kommunaler Ebene auf freiwilliger Basis, an- ders als (in den meisten Bundesländern) die Nahver- für die Verkehrswende kehrs-, Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung. ­reformieren Zahlreiche Städte verfügen nicht über eine Verkehrsent- wicklungsplanung oder ihre Planung ist nicht auf einem 532. Das Straßenverkehrsrecht stellt das Kraftfahrzeug aktuellen oder fachlich hochwertigen Stand, wie eine in den Mittelpunkt. Dies gilt sowohl für das Straßenver- kürzlich durchgeführte Erhebung im Rahmen des EU- kehrsgesetz (StVG) als auch für die Straßenverkehrs- Projektes CIVITAS PROSPERITY ergab (ARNDT und Ordnung (StVO) sowie für nachgeordnete Regelwerke. DREWS 2019). Selbst innovative Verkehrsentwicklungs- Das Straßenverkehrsgesetz betrifft fast zur Gänze die Zu- pläne bleiben zudem wirkungslos, wenn sie nicht mit lassung von Kraftfahrzeugen, die Erteilung von Fahr­

365 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

erlaubnissen, die Haftung von Kraftfahrzeugführenden, den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter er- das Fahreignungs- und das Kraftfahrzeugregister. Eine heblich übersteigt.“ Damit wird dem fließenden Verkehr gesamthafte Regelung im Sinne der Steuerung des Stra- – zu dem auch der Radverkehr, aber nicht der Fußverkehr ßenverkehrs ist dort nicht angelegt. Auch die StVO ist zählt – eine hohe Bedeutung zugeordnet. Er darf nur auf- auf Kraftfahrzeuge ausgerichtet, andere Verkehrsarten grund von erheblichen Gefahren eingeschränkt werden. werden nur am Rande geregelt. Dies zeigt bereits die Rei- Die Einschränkung beispielsweise des Fußverkehrs ist da- henfolge der Bestimmungen: bis einschließlich § 24 StVO gegen nicht begründungsbedürftig. Es wird durchaus in- (Besondere Fortbewegungsmittel) behandelt das Gesetz frage gestellt, ob diese Bestimmung mit den Wertungen keine anderen Verkehrsarten als den Verkehr mit Kraft- des Grundgesetzes zu vereinbaren ist, „denn sie gibt dem fahrzeugen. § 25 StVO erwähnt erstmals Fußgänger, Interesse an der Fortbewegung ein höheres Gewicht als ­allerdings ist ihnen auch nur dieser eine und der nach- dem Interesse an der Sicherheit und der ­Gesundheit von folgende Paragraf gewidmet. Menschen“ (HERMANN et al. 2019, S. 80 ff.).

533. § 45 StVO stellt die zentrale Ermächtigungsgrund- Umweltschutzgründe können nur in Ausnahmefällen Ver- lage der Straßenverkehrsbehörden für den Erlass von kehrsregelungen begründen. Abgesehen von den im Bun- verkehrsregelnden Anordnungen in der StVO dar. Der des-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelten Son- erste Absatz erlaubt es den Behörden, die Nutzung be- derfällen zur Umsetzung von Luftreinhalteplänen und stimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Lärmaktionsplänen kennt die StVO nur die Berücksich- Sicherheit oder der Ordnung des Verkehrs zu beschrän- tigung des Schutzes der (unmittelbar betroffenen) Wohn- ken oder zu verbieten sowie den Verkehr umzuleiten. bevölkerung vor Lärm und Abgasen (§ 45 Abs. 1 S. 2 Neben der Verkehrssicherheit stellt damit auch die Ord- Nr. 3 und Abs. 1b S. 1 Nr. 5 StVO). Auch insoweit gelten nung des Verkehrs einen Anordnungsgrund dar. Der jedoch die Maßgaben von § 45 Abs. 9 StVO. Im Übrigen ­Begriff der Ordnung wird dabei gleichbedeutend mit spielt der Umweltschutz für Anordnungen nach § 45 StVO Leichtigkeit oder auch Flüssigkeit verwendet und meint keine Rolle. Es wird somit deutlich, dass die StVO bislang in der Rechtspraxis in erster Linie den flüssigen Auto- nicht darauf ausgerichtet ist, den Verkehr ausgleichend verkehr (KÖNIG in: KÖNIG/DAUER 2017, Rn. 28; zu verteilen und zu steuern, um Umwelt- und Gesund- ­REBLER in: BACHMEIER/MÜLLER/REBLER 2017). Eine heitsbelastungen zu verringern. Dies ist Ausdruck­ des Einschränkung des Autoverkehrs aus Gründen der Umstands, dass das Straßenverkehrsrecht in einem engen ­Sicherheit setzt eine konkrete Gefahr für ein durch § 45 Sinne grundsätzlich als Ordnungsrecht mit dem alleini- StVO geschütztes Rechtsgut voraus (STEINER in: gen Ziel der Gefahrenabwehr verstanden wird (NOTZ KÖNIG 2016, Rn. 17). Die Flüssigkeit des Verkehrs ist 2018). Das so ausgestaltete Straßenverkehrsrecht wirkt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erhalten fort und setzt den Kommunen enge Grenzen bei der För- (SAUTHOFF 2010, Rn. 581). derung des Umweltverbundes (WERNER 2017).

Die durch § 45 Abs. 1a bis 1g StVO ermöglichten verkehrs- 534. Viele Kommunen konstatieren daher dringenden regelnden Maßnahmen sind relativ eng gefasst (u. a. Be- Änderungsbedarf im Bereich des Straßenverkehrs- und wohnerparken, Fußgängerbereiche) und können nicht Straßenrechts (Kasten 6-2). Sie sind der Auffassung, dass unter Rückgriff auf § 45 Abs. 1 StVO angeordnet werden der geltende Rechtsrahmen erhebliche Hemmnisse für (STEINER in: KÖNIG 2016, Rn. 17). § 45 Abs. 9 StVO eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsentwicklung – stellt zudem strenge Anforderungen an Verkehrsbe- ­einschließlich eines sicheren und komfortablen Radver- schränkungen. Nach Satz 1 dürfen Verkehrszeichen und kehrs – enthält (BRACHER et al. 2018). Erforderlich ist Verkehrseinrichtungen nur dort angeordnet werden, wo deshalb neben der Gefahrenabwehr ein vorsorgendes sie zwingend erforderlich sind. Nach Satz 2 dürfen Verkehrsrecht, das die Gefahrenvorsorge für Mensch und ­„Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für Umwelt in den Blick nimmt. die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder Anfang 2020 ist die StVO novelliert worden. Damit soll- nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr te sie besser auf die Bedürfnisse des Radverkehrs ausge- rechnen muss.“ § 45 Abs. 9 S. 3 StVO bestimmt, dass Be- richtet werden (BMVI 2019a). Die Veränderungen sind schränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur positiv zu bewerten, insbesondere die höheren Bußgel- festgesetzt werden dürfen, „wenn auf Grund der beson- der zum Beispiel für unzulässiges Halten in zweiter Reihe deren örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, und auf Geh- und Radwegen. Der bislang nur richterrecht- die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in lich festgelegte Mindestabstand von 1,5 m beim Überho-

366 6.5 Handlungsempfehlungen

len von Fahrrädern ist jetzt ausdrücklich festgeschrieben Straßenverkehrsgesetz zeitgemäß ausrichten: worden und Lkw müssen beim Rechtsabbiegen in der Gesetzeszweck und Verordnungsermächti­ Regel Schrittgeschwindigkeit fahren. Allerdings stellt die gungen anpassen Novelle die Gesamtausrichtung des Straßenverkehrs- 535. Um das Straßenverkehrsgesetz modern auszurich- rechts nicht infrage. Zuvor waren deutlich weitergehen- ten, ist es erforderlich, die Zweckbestimmung des Stra- de Vorschläge, unter anderem vom UBA, der Fraktion ßenverkehrsrechts weiter zu fassen. Dabei kann sich der Bündnis 90/Die Grünen, von Verbänden und anderen In- Bundesgesetzgeber auf weitere ihm zustehende bundes- stitutionen, vorgelegt worden (Deutscher gesetzliche Kompetenzen stützen, wie das Recht der Luft- 2019a; ADFC 2018a; RINGWALD et al. 2018; RINGWALD reinhaltung aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG oder das Recht und CAGAN 2019). Nachfolgend soll deshalb dargestellt der Wirtschaft aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (HERMANN werden, warum und an welchen Punkten das Straßenver- et al. 2019, S. 88 ff.). Orientierung kann hierbei das Bau- kehrsrecht dringend reformbedürftig bleibt. gesetzbuch (BauGB) bieten. § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB nennt als Belange, die bei der Bauleitplanung besonders zu Für eine Umgestaltung des Verkehrs müssten die Kom- ­berücksichtigen sind: „die Belange des Personen- und munen aber die Möglichkeit erhalten, sowohl den ruhen- ­Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, ein- den als auch den fließenden Kfz-Verkehr so zu lenken schließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und und gegebenenfalls einzuschränken, dass mehr Platz und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Be- Rechte für den Umweltverbund geschaffen werden. Dies rücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung ist bislang nur sehr eingeschränkt möglich. von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwick-

Kasten 6-2: Straßenrecht versus Straßen­ währleisten, wobei es praktisch zumeist um den verkehrsrecht Auto­verkehr geht und dessen Leichtigkeit nur in ­besonders gelagerten Einzelfällen infrage gestellt Bei einer Änderung des Verkehrsrechts muss der Sys- werden darf. Es geht dem Straßenrecht vor (Bun- tematik und den Gesetzgebungskompetenzen Rech- desrecht bricht Landesrecht). Nur wenn die StVO- nung getragen werden. Man unterscheidet zwischen Maßnahme ins „Dingliche“ reicht, sie also zum dem Straßenrecht, welches das Recht an der Straße ­Beispiel regelt, dass eine Straße nur noch als Fahr- regelt (öffentliches Sachenrecht), und dem Straßen- radstraße genutzt werden kann, ist sie durch diesen verkehrsrecht, welches das Recht auf der Straße Vorrang nicht mehr gedeckt. Die wichtigsten recht- ­ordnet (Ordnungsrecht) (HERMANN et al. 2019 lichen Grundlagen des Straßenverkehrsrechts sind m. w. N., auch zum Planungsrecht für Straßen). das Straßenverkehrsgesetz, die Straßenverkehrszu- lassungsordnung (StVZO) und die StVO mit der Das Straßenrecht, insbesondere das Bundesfernstra- dazu erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ßengesetz (FStrG) sowie die Straßengesetze der Län- (VwV-StVO). der für die übrigen Straßen, legt fest, welche Ver- kehrsarten ohne besondere Erlaubnis auf der Straße Wie der Straßenraum verteilt und ausgestaltet wird, zulässig sind (RINGWALD et al. 2018, S. 12). Für folgt oftmals auch aus zahlreichen Richtlinien, denen das Straßenrecht ist der Bund nur zuständig, wenn unterschiedliche Rechtsverbindlichkeit zukommt, Fernverkehrsstraßen betroffen sind. Für das übrige die aber gerade in der Praxis große Wirksamkeit ent- Straßenrecht haben die Länder nach Art. 70 GG die falten. Besonders wichtig sind die Richtlinien für die Gesetzgebungskompetenz. Anlage von Stadtstraßen mit ihren Teilen Erschlie- ßung, Knotenpunkte, Linienführung und Quer- Die Gesetzgebungskompetenz für den Straßenver- schnittsgestaltung sowie technische Richtlinien für kehr ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG dem Bund Fußgängerüberwege (BRANDT 2016, S. 37). Erheb- zugewiesen und es ist als abschließendes Bundes- liche Bedeutung in der Praxis entfalten darüber recht konzipiert. Das Straßenverkehrsrecht regelt, ­hinaus Empfehlungen der Forschungsgesellschaft für wie der öffentliche (als solcher gewidmete) Stra- Straßen- und Verkehrswesen wie die Empfehlungen ßenraum zu nutzen ist. Es soll Gefahren abwenden für Radverkehrsanlagen, die teilweise verbindlich und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ge- einzuhalten sind.

367 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

lung“. Das Straßenverkehrsgesetz sollte um eine gleich mung (Kasten 6-2) wird allen der Gebrauch der Straße oder ähnlich lautende Bestimmung erweitert werden, die zu Verkehrszwecken erlaubt und die Straße in eine Stra- ausdrücklich darauf Bezug nimmt, den Verkehrsaufwand ßengruppe eingestuft, zum Beispiel als Bundesautobahn zu verringern, ohne die Mobilität der Menschen einzu- oder als Bundes-, Landes-, Kreis- oder Gemeindestraße. schränken, und die zudem auch den ÖPNV und den nicht In der Widmung kann auch geregelt werden, dass Ver- motorisierten Verkehr adressiert (ebd., S. 110 ff.). Als kehrsflächen nur eingeschränkt öffentlich genutzt wer- Zweck des Gesetzes sollte auch die Verkehrssicherheit den dürfen (z. B. Fuß- oder Radverkehr). Das Bundes- aufgenommen werden, mit dem Ziel, Verkehrstote voll- verfassungsgericht (Urteil v. 09.10.1984 – 2 BvL 10/82, ständig zu vermeiden (Vision Zero) und die Zahl von BVerfGE 67, 299) entschied in den 1980er-Jahren in Verkehrsverletzten zu verringern. Die Belange des nicht einem Fall, der Hamburg betraf, dass die Regelung des motorisierten Verkehrs und des ÖPNV sollten dabei aus- Parkens von Fahrzeugen zum Bereich des Straßenver- drücklich vorrangig berücksichtigt werden dürfen, wobei kehrs gehört, für die der Bundesgesetzgeber zuständig in der Umsetzung ausreichend Flexibilität für verhält- ist und die er erschöpfend geregelt hat. Hamburg durfte nismäßige Lösungen vorhanden sein muss. deshalb in seinem Wegegesetz nicht festlegen, dass das Parken an bestimmten Orten vom Gemeingebrauch aus- Regelungen in der StVO, die eine vom BMVI erlassene genommen ist. Daraus wird abgeleitet, dass Parken ge- Verordnung ist, können nur auf der Grundlage von ge- nerell Gemeingebrauch darstellt. setzlich geregelten Ermächtigungsgrundlagen erfolgen. Daher müssen auch diejenigen in § 6 StVG enthaltenen Die Nutzung des öffentlichen Raums durch Parken ließe Verordnungsermächtigungen weiter gefasst werden, die sich daher neu ausrichten, wenn auf Bundesebene eine Re- die Rechtsgrundlage für den Erlass der StVO bilden, gelung geschaffen würde, wie sie in der Schweiz existiert. damit zusätzliche Maßnahmen in der StVO geregelt wer- Dort kann das Parken auf einer öffentlichen Straße zeit- den können. Dazu zählen unter anderem Verordnungs- lich beschränkt oder sogar vollständig untersagt werden ermächtigungen, um Verkehrsbeschränkungen zuguns- (RINGWALD et al. 2018, S. 35). Das Parken über längere ten des Umweltverbundes zu ermöglichen (Tz. 549 ff.). Zeit kann zum „gesteigerten Gemeingebrauch“ erklärt wer- Nachfolgend werden die Änderungsbedarfe im Hinblick den und erfordert dann eine kostenpflichtige Genehmi- auf die thematischen Aspekte ruhender Verkehr, fließen- gung. Gesteigerter Gemeingebrauch liegt vor, wenn ande- der Verkehr sowie Fuß- und Radverkehr dargestellt. re von der Nutzung der Fläche dauerhaft ausgeschlossen werden. Der SRU empfiehlt, wie auch der Deutsche Städ- 6.5.4.1 Ruhenden Kfz-Verkehr steuern tetag, eine grundsätzliche Neuabgrenzung von „Gemein- gebrauch“ und „Sondernutzung“ zu prüfen (Deutscher 536. Ein Kraftfahrzeug beansprucht erheblichen öffent- Städtetag 2016, S. 18). Dies könnte dazu führen, dass Par- lichen (Park-)Raum, weil es durchschnittlich nur 3 % ken nur auf gesondert ausgewiesenen Flächen erlaubt ist, des Tages gefahren wird, aber 97 % der Zeit stillsteht anstatt dass Parkverbotszonen festgelegt werden müssen. (KUHNIMHOF 2018, S. 27). Der öffentliche Raum wird damit in hohem Maße beansprucht. Stehende Fahrzeu- Rechtliche Anforderungen für Parkraum­ ge beeinträchtigen auch die Sicherheit anderer Verkehrs- bewirtschaftung neu regeln teilnehmenden zum Beispiel durch Sichtbehinderung. 538. Weniger weitreichend und schneller umsetzbar wäre Der Bau und die Erhaltung von Parkplätzen führen au- es, zunächst die Anforderungen, unter denen eine Park- ßerdem zu hohen Kosten für die Kommunen (SAIGHA- raumbewirtschaftung zulässig ist, neu zu regeln. Bislang NI 2017). Ein intelligentes Parkraummanagement ist wird die Festsetzung von Parkraumbewirtschaftungs­zonen daher eine der zentralen Stellschrauben, um die Umwelt- auf § 45 Abs. 1 S. 1 StVO gestützt, lediglich das Bewoh- und ­Gesundheitsbelastungen durch den Kfz-Verkehr in nerparken fällt unter § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO. Wenn daher den Städten zu reduzieren. eine großräumige Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden soll, muss für jede einzelne Straße nachgewiesen Parken als unbeschränkten Gemeingebrauch werden, dass straßenverkehrsbezogene Gründe vorliegen. überdenken Andere Gründe als ein hoher Parkdruck, wie zum Beispiel 537. Parken auf öffentlichen Straßen ist in Deutschland der Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen unabhängig von der Dauer grundsätzlich erlaubt, weil es oder die Unterstützung einer geordneten städtebaulichen sich nach geltendem Recht um Gemeingebrauch handelt. Entwicklung (§ 45 Abs. 1b Nr. 5 StVO), sind in der Ver- Unter Gemeingebrauch versteht man die Nutzung der gangenheit von der Rechtsprechung überwiegend abge- Straße durch die zulässige Verkehrsart. Durch die Wid- lehnt worden (HERMANN et al. 2019).

368 6.5 Handlungsempfehlungen

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat aber in seinem Bewirtschaftung der Parkplätze auf der Straße deshalb Urteil vom 5. September 2018 (Az.: 4 K 1613/15.WI) zu auch den Quell- und Zielverkehr mit dem Auto verrin- den Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in Frankfurt am gern. Stellplatzverordnungen bzw. Stellplatzsatzungen Main ausgeführt, dass es die Aufnahme eines Parkraum- regeln die Anzahl der bei einem Neubau neu zu schaffen- bewirtschaftungskonzepts in den Luftreinhalteplan als den Parkplätze. Diese Regelwerke beruhen auf der jewei- kurzfristig umsetzbare und mit deutlichem Minderungs- ligen Landesbauordnung. Die erforderlichen Stellplätze potenzial versehene Maßnahme für erforderlich hält. werden in der Regel in Abhängigkeit von der Anzahl der Dabei solle der Parkraum auf den Flächen, die dem öf- Wohneinheiten festgelegt. Allerdings ist in einigen Bun- fentlichen Verkehr gewidmet sind, gegebenenfalls neu desländern die Stellplatzpflicht aufgehoben oder flexibi- geregelt und bewirtschaftet werden. Die Reduzierung lisiert worden oder es wird den Kommunen überlassen, bzw. Abschaffung kostenlosen Parkraums dürfe zu einer Festsetzungen zu treffen. So kann zum Beispiel in Ba- erheblichen Abnahme des innerstädtischen motorisier- den-Württemberg ein Autostellplatz durch den Bauen- ten Individualverkehrs, insbesondere des Parksuchver- den durch vier Fahrradstellplätze ersetzt werden. Diese kehrs, und somit zu einer signifikanten Minderung der Flexibilisierung ist begrüßenswert, weil sie Anreize für

NO2-Belastung führen. Kostenloser Parkraum solle einen geringeren Autobesitz bietet, aber auch weil sie die grundsätzlich Anwohnenden und Schwerbehinderten Baukosten senkt (HEINRICHS et al. 2015). vorbehalten und vorgehalten bleiben. Dieses Urteil stellt aber bislang einen Einzelfall dar. Stellplatzsatzungen sollten zukünftig in Mobilitätssat- zungen umbenannt werden, um deutlich zu machen, dass Um klarzustellen, wann solche Festsetzungen getroffen nicht nur Autoparkplätze geregelt, sondern auch andere werden können, sollte die Möglichkeit geschaffen wer- Mobilitätsarten adressiert werden. Für neu zu entwi- den, eine Parkraumbewirtschaftung aus Gründen der ckelnde Quartiere sollten Mobilitätskonzepte mit inte­ Verkehrssicherheit und zur Minderung von weiteren Ver- griertem niedrigen Stellplatzschlüssel und einer Anbin- kehrsbelastungen anzuordnen (HERMANN et al. 2019, dung an den öffentlichen Verkehr vorgesehen werden. S. 203 ff.). Dafür ist es aus systematischen Gründen sinn- Dies kann im Rahmen der Bauleitplanung bzw. von städ- voll, die Ermächtigungsgrundlage in § 6 StVG zu ergän- tebaulichen Verträgen festgesetzt werden (BLECH- zen, um neben den Vorgaben für Parkplätze bei Groß- SCHMIDT 2016). Beispiele dafür sind die Lincoln-Sied- veranstaltungen und dem Bewohnerparken auch eine lung in Darmstadt, der Domagkpark in München oder konsistente Regelung für großräumige Parkraumbewirt- die Seestadt Aspern in Wien. schaftungen zu schaffen. Von dieser sollte dann in der StVO Gebrauch gemacht werden, indem eine Regelung Der SRU empfiehlt den Ländern zudem, die Stellplatz- für großräumige Parkraumbewirtschaftungen in § 45 pflicht zu überarbeiten. So sollte insbesondere ein Abs. 1 S. 2 StVO eingefügt wird. ­Maximalwert von unter einem Kraftfahrzeug-Stellplatz pro Wohnung festgelegt werden. Im Hinblick auf den er- 6.5.4.1.1 Parkmöglichkeiten reduzieren forderlichen Ausbau der Elektromobilität (SRU 2017c) sollte in Zukunft jeder neue Stellplatz Zugang zu einer 539. Ein ökologisch wirksames Parkraummanagement Ladestation haben. Maßnahmen zur Bereitstellung alter- setzt voraus, dass Parkplätze zum einen knapp sind und nativer Mobilitätsangebote (z. B. Sharing) sollten gene- zum anderen gezielt bewirtschaftet werden. Das Park- rell – und nicht nur in Ausnahmefällen – Stellplätzen für platzangebot kann verknappt werden, indem der Zu- Pkw gleichgestellt werden (SRU 2018). Bauende sollten wachs an Stellplätzen begrenzt wird. Zudem sollte das zudem verpflichtet werden, Fahrradstellplätze zu schaf- bestehende Parkraumangebot in Parkhäusern und Tief- fen – wie es beispielsweise in Brandenburg nach § 49 garagen effizienter genutzt werden, was durch die Be- Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) bereits vorge- grenzung öffentlicher Parkmöglichkeiten und die Verla- sehen ist (SRU 2018). gerung in die bestehenden Parkhäuser und Tiefgaragen erreicht werden kann. Parkplätze im öffentlichen Raum reduzieren 541. Wenn Parkplätze vom öffentlichen in den privaten Stellplatzverordnungen flexibilisieren Raum verlagert werden, wird der öffentliche Raum ent- 540. Ebenso wie Parkmöglichkeiten im öffentlichen lastet. Etwa die Hälfte der Parkplätze in Kernstädten ist Raum schaffen auch private Parkmöglichkeiten einen An- in privatem Besitz in Form von Parkhäusern und Stell- reiz, einen privaten Pkw zu besitzen. Eine Reduzierung plätzen. Der Rest ist Teil der öffentlichen Fläche (AGFS des privaten Stellplatzbaus kann in Verbindung mit einer 2015, S. 22 und 65). Das Stellplatzvolumen der Parkhäu-

369 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

ser wird in Innenstädten selten vollständig ausgeschöpft renrecht es nach § 6a Abs. 2 S. 2 StVG ermöglichen würde, (Quantum Research 2013, S. 18). Wenn das Parkraum­ die Gebühren am Nutzen auszurichten. Die Rechtspre- angebot auf der Straße reduziert werden würde, würde chung hat bereits vor 25 Jahren entschieden, dass die sich der ruhende Verkehr stärker in Parkhäuser und Höhe der Parkgebühr nach den jeweiligen örtlichen Ver- ­Tiefgaragen verlagern. Die Kommunen könnten dann hältnissen festgelegt werden muss, damit die Gebühr ­öffentliche Parkflächen zu Rad- oder Fußwegen oder Grün­ dem Wert des Parkraums für den Benutzer angemessen flächen umwidmen. Durch den Bau neuer Rad(schnell)­ angepasst ist (VGH München, Urteil vom 29.06.1994 – wege könnte dann wiederum eine Verlagerung vom mo- 4 N 93.832, NVwZ-RR 1995, S. 415). Parkgebühren torisierten Individualverkehr auf das Fahrrad angereizt ­orientieren sich in Deutschland nicht an den tatsächlich werden. Wenn die Kommunen die Umwidmung der Flä- anfallenden Kosten. Darunter fallen sowohl Bereitstel- che für Nutzende und Anwohnende deutlich sichtbar ma- lungs- und Unterhaltungskosten für den Parkplatz als chen, kann der Mehrwert der zurückgewonnenen Fläche auch externe Kosten, das heißt Umwelt- und Gesund- den Anwohnenden bewusster werden. heitskosten, Opportunitätskosten, die eine alternative Nutzung der Fläche berücksichtigen, sowie Staukosten, 6.5.4.1.2 Parkraumbewirtschaftung ausgestalten die durch den Park- und Suchvorgang für andere Teil- nehmende entstehen (KNIEPS et al. 2018, S. 15 f.). Die 542. Ein stringentes kommunales Parkraummanagement Gebühren werden zu wenig an öffentlichen Interessen, umfasst neben der absoluten und/oder zeitlichen Ver- wie beispielsweise der lokalen Luftreinhaltung oder einer knappung des Parkplatzangebotes sowie der Verlagerung stadtverträglichen Mobilität, ausgerichtet. Grundsätz- der Nachfrage in Parkhäuser und Tiefgaragen auch die lich wäre zudem eine dynamische Bepreisung möglich, Parkraumbewirtschaftung und die öffentliche Kommu- die nach Wochentagen und Tageszeiten sowie der aktu- nikation. Die Parkgebühr ist ein besonders sichtbarer ellen Verkehrsdichte differenziert und damit eine Len- Kostenfaktor und beeinflusst das Mobilitätsverhalten kungswirkung erzielt. § 6a Abs. 6 StVG sollte entspre- entscheidend (OEHLMANN et al. 2019, S. 18). Durch chend ergänzt werden. Verknappung und Verteuerung des Parkraums im Stadt- kern können der einfahrende Verkehr deutlich vermin- Begrenzung der maximal zulässigen Gebühr dert und Anreize zur Verlagerung hin zu alternativen Ver- für Bewohnerparken aufheben kehrsmitteln wie Fahrrad, ÖPNV oder Sharing-Angeboten 544. Im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung werden gesetzt werden. Außerdem lassen sich bestehende Park- regelmäßig Sonderparkberechtigungen für Bewohnerin- plätze effizienter nutzen (ebd.; Difu 2016, S. 6). Aus nen und Bewohner des entsprechenden Stadtgebiets fest- rechtlicher Sicht wird unterschieden zwischen dem Kurz- gelegt. Entweder werden besondere Flächen für das Be- zeitparken und dem Bewohnerparken im öffentlichen wohnerparken reserviert oder es erfolgt eine Freistellung Raum. von der Parkraumbewirtschaftung nach § 45 Abs. 1b Nr. 2a StVO. Die Bepreisung des Bewohnerparkens ist Kurzzeitparken im öffentlichen Raum an durch den Bund in der Gebührenordnung für Maßnah- öffentlichen Interessen ausrichten men im Straßenverkehr (GebOSt) geregelt. Nach Ge- 543. Die Kommunen können bereits jetzt das Parken bührennummer 265 sollen für einen Bewohnerparkaus- unter engen Voraussetzungen beschränken. In § 6a weis zwischen 10,20 und 30,70 Euro pro Jahr erhoben Abs. 6 StVG ist zudem festgelegt, dass Gemeinden Park- werden. Die Bepreisung orientiert sich damit – besten- gebühren erheben können und die Länder ermächtigt falls – an den für die Verwaltung entstehenden Kosten, sind, Gebührenordnungen zu erlassen. Nach dem Wort- nicht jedoch an den ersparten Kosten, die für einen Pri- laut steht diese Erhebung von Parkgebühren – die nicht vatparkplatz ­bezahlt werden müssten. Dabei müssen Bewohnerinnen und Bewohner betrifft – im Ermessen nach der straßenverkehrsrechtlichen Rechtsgrundlage in der Kommune und erfordert keine Rechtfertigung. Aller- § 6a Abs. 2 S. 2 StVG bei begünstigenden Amtshandlungen dings wird sie in der Rechtsprechung regelmäßig an der wirtschaftliche Wert oder sonstige Nutzen für den ­Voraussetzungen geknüpft. Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden. Selbst bei Veranschlagung der Obergrenze sind private Die Festlegung des Gebührenrahmens wird oft von den Stellplätze damit häufig um das 20fache teurer, sodass Ländern auf die Kommunen übertragen, die dann eige- durch die aktuellen Gebühren für Bewohnerparkauswei- ne Gebührenordnungen erlassen können. Die Höhe der se das Bewohnerparken subventioniert wird (KNIEPS et Gebühren wird in aller Regel unter dem Wert des Park- al. 2018, S. 16). Auch im internationalen Vergleich sind raums für die Nutzenden festgelegt, obwohl das Gebüh- deutsche Bewohnerparkgebühren sehr niedrig. In ande-

370 6.5 Handlungsempfehlungen

ren Ländern kann das Parken dagegen sehr teuer sein: In und SCHOLLE 2016, S. 180). Voraussetzung für dyna- London kosten Bewohnerparkausweise zwischen 80 und mische Preismodelle ist eine rechtliche Grundlage, die 219 Pfund im Jahr und in Zürich etwa 275 Euro pro Jahr. es erlaubt, dass Informationen über Verkehrsflüsse und Ein extremes Beispiel stellt Tokio dar, wo private Park- verfügbaren Parkraum verwendet sowie Anwenderinnen plätze circa 400 Euro im Monat kosten; das Parken im und Anwendern zugänglich gemacht werden dürfen. öffentlichen Raum ist nachts gänzlich und tagsüber fast Auch müssten, wenn nicht bereits vorhanden, entspre- vollständig verboten (GIZ 2016; TSUBOI et al. 2015). chende technische Lösungen, wie Sensoren und digita- le Anwendungen eingeführt werden, zum Beispiel für Die Lösung dieses Problems auf rechtlicher Ebene ist die Anzeige verfügbarer Parkplätze durch Parkraum-In- denkbar einfach: Die Gebührenordnung sollte dahin ge- formationssysteme oder die Online-Entrichtung von mi- ändert werden, dass die maximale Höhe der zulässigen nutengenauen Parkgebühren (HORN et al. 2018, S. 30). Gebühr nicht länger begrenzt wird (HERMANN et al. Die Kontrolldichte bzw. -häufigkeit könnte durch digi- 2019, S. 207), damit die Kommunen selbst entscheiden tal lesbare Bewohnerplaketten oder die digitale Über- können, wie sie das Parken bepreisen. wachung beschränkter Zufahrtswege erhöht werden (ebd.). Damit würde die personalintensive Parkraum- Dynamisierung von Parkgebühren und digitale überwachung vereinfacht werden. Die rechtlichen Vor- Lösungen aussetzungen hierfür müssen aber zunächst geschaffen 545. Durch höhere Parkgebühren wird der Auto- und werden (Tz. 536 ff.). Suchverkehr verringert, jedoch erfolgt dies häufig nicht ausreichend zielgerichtet. Eine Unterteilung in Tarifzo- Kosten und Einnahmen durch Parkraum­ nen hilft, durch höhere Parkgebühren im Stadtzentrum bewirtschaftung das Parken in Innenstädten unattraktiver zu machen 546. Die Ein- und Durchführung der Parkraumbewirt- (Quantum Research 2016, S. 14). Einen Schritt weiter schaftung bringt einen hohen Verwaltungsaufwand, ver- gehen neue Parkraumkonzepte, die eine dynamische Ge- bunden mit Investitions-, Betriebs- und Überwachungs- bührenfestlegung nach anglo-amerikanischem oder skan- kosten mit sich (OEHLMANN et al. 2019, S. 95 f.). Sie dinavischem Vorbild vorsehen, in Deutschland aber noch ist daher nicht zwingend kostendeckend. Insbesondere keine Anwendung finden. Dabei können die Tarife in Ab- die Parkraumüberwachung muss durch die Kommunen hängigkeit von der Belegung, der Nachfrage sowie von wirtschaftlich umsetzbar sein (AGFS 2015, S. 65). Die Wochentagen und Tageszeiten oder auch von Emissions- Kommunen benötigen daher den Spielraum und die Fle- werten festgelegt werden (ebd., S. 6). Verkehrsflüsse las- xibilität, Regulierungsmöglichkeiten effizient und lokal- sen sich dann besser steuern, wenn aktuelle oder Echt- spezifisch gestalten zu können, zum Beispiel um Gebüh- zeit-Informationen über die Verkehrs- und Parksituation ren für Bewohnerparkausweise festzusetzen, Radwege in die Parktarifbildung und in automatisierte Parkleit- und Busspuren deutlicher auszuweisen oder Ladezonen systeme einbezogen werden. Dabei kann die Einfüh- für den gewerblichen Verkehr anzuordnen (HORN et al. rung einer dynamischen, streckenabhängigen Pkw-Maut 2018, S. 29). Wie erwähnt, können auch digitale Lösun- (Tz. 567 ff.) in Kombination mit dynamischen Parkge- gen die Überwachung erleichtern. Dies erfolgt zum Bei- bühren stark zur Verkehrsverringerung und -steuerung spiel durch die Vorerfassung von Verstößen mithilfe von beitragen. Dafür ist der Einsatz digitaler Instrumente Scannern, wie es in den Niederlanden bereits durch vor- zwingend notwendig. beifahrende Scan-Autos praktiziert wird (KLEIJN 2018). Auch hierfür bedarf es jedoch entsprechender rechtli- Der Test eines entsprechenden Parksystems in San Fran- cher Regelungen, unter anderem hinsichtlich des Daten- cisco zwischen 2011 und 2014 zeigte, dass 30 % kürze- schutzes. re Parkplatzsuchzeiten, 24 % kürzere Wege und 24 %

­höhere CO2-Einsparungen im Vergleich zu einer Kon­ 547. Die Bepreisung von Parkraum dient grundsätzlich trollgruppe ohne ein solches System erreicht wurden auch dazu, Einnahmen für die öffentliche Hand zu erzie- (AGFS 2015, S. 53; SFMTA 2014, S. 12). Modellrech- len. Da die Parkgebühren in Deutschland im internatio- nungen belegen ebenfalls, dass dynamische Bepreisungs- nalen Vergleich aber niedrig sind (Agora Verkehrswen- konzepte unter Verwendung von Echtzeitdaten Stau und de 2019b, S. 12), erfolgt dies nicht im möglichen Umfang. Emissionen mindern können (MACKOWSKI et al. Parkgebühren könnten zum Beispiel, wie in anderen Län- 2015). Auto Fahrende profitieren von geringeren Such- dern, zur Finanzierung des ÖPNV (OEHLMANN et al. zeiten beim Parken und gewerbliche Parkraumnutzen- 2019, S. 96) oder den Ausbau von Rad- oder Ladeinfra- de werden beim Lieferprozess weniger behindert (ANKE strukturen genutzt werden.

371 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

Umsetzung von Parkraumbewirtschaftung Schwierig ist es insbesondere, Beschränkungen zu tref- 548. Parkraummanagement zeigt insbesondere dann fen, die den Umweltverbund fördern sollen. Aufgrund Wirkung, wenn es ämterübergreifend und flächende- des (einfachgesetzlichen) Grundsatzes der generellen ckend sowie in einer integrierten Mobilitäts- und Ver- Privilegienfeindlichkeit des Straßenverkehrsrechts – nach kehrsplanung organisiert und ordnungsrechtlich über- dem kein Verkehrsmittel bevorzugt werden darf – ver- wacht wird (Agora Verkehrswende 2019b, S. 13; AGFS tritt vor allem die Rechtsprechung die Auffassung, dass 2015, S. 65). Am wirksamsten sind Gesamtkonzepte, die Beschränkungen und Verbote des motorisierten Verkehrs auf das ÖPNV-Angebot abgestimmt werden. Dabei kann nicht mit der Förderung von Rechtsgütern wie Umwelt durch Parkraummanagement auch das Angebot an Park- und Gesundheitsschutz begründet werden können. Dies plätzen gezielt zum Beispiel für Fahrräder, für Park-and- erscheint paradox, bevorzugt das geltende Recht doch Ride als Anschluss an den ÖPNV sowie für Sharing-An- wie erläutert den Autoverkehr. Das Bundesverwaltungs- gebote ausgeweitet werden. Die Kommunen sollten zur gericht leitet die Privilegienfeindlichkeit aus dem beste- Überwachung angemessene Kontrolldichten und -häu- henden Straßen- und Straßenverkehrsrecht ab; sie ist figkeiten sicherstellen, auch um die anfallenden Kosten nicht verfassungsrechtlich begründet (STEINER 1993; decken zu können. mit ausführlicher Begründung HERMANN et al. 2019, S. 77 ff.). Wichtig ist, die Kommunikation zwischen Kommunen und Bevölkerung so zu gestalten, dass deutlich wird, dass 550. Deshalb sollte § 6 Abs. 1 StVG entsprechend er- durch die Neuregelung des Autoparkens allen Verkehrs- gänzt werden, indem zunächst der Katalog der Verord- teilnehmenden gleiche Chancen eingeräumt werden. nungsermächtigungen erweitert wird. Dabei sollte die Dabei sollten der Nutzen und die positiven Aspekte von Möglichkeit geregelt werden, dass Anordnungen getrof- weniger Autoverkehr in den Städten in den Vordergrund fen werden können zur gestellt werden. Teil einer Kommunikationsstrategie kann sein, motivierende Mobilitätsleitbilder zu entwi- ɦɦ Förderung des Gesundheits- und Umweltschutzes, ckeln, die den Mehrwert betonen und Handlungsanreize­ bieten (AGFS 2015, S. 65; Agora Verkehrswende 2019b). ɦɦ Vermeidung, Verringerung und Verlagerung des mo- torisierten Verkehrs, 6.5.4.2 Fließenden Kfz-Verkehr steuern ɦɦ Unterstützung kommunaler Maßnahmen für den Möglichkeiten erweitern, den Kfz-Verkehr ­Klimaschutz, einzuschränken 549. Nach § 45 Abs. 1 StVO können die Straßenverkehrs- ɦɦ Förderung des Umweltverbundes, behörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Stra- ßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung ɦɦ Umsetzung der Lärmaktionssplanung. des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Ver- kehr umleiten. § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 erlaubt dies grund- Von diesen entsprechend geänderten Rechtsgrundlagen sätzlich auch zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm sollte Gebrauch gemacht werden, indem die Anordnungs- und Abgasen. § 45 Abs. 9 StVO wird aber dahingehend gründe des § 45 StVO entsprechend ergänzt und klarer ausgelegt, dass Anordnungen regelmäßig nur bei beson- formuliert werden. derer örtlicher Gefahrenlage zulässig sind. Daher sind Beschränkungen, die dazu dienen sollen, den Umwelt- Gegenwärtig haben Kommunen nur begrenzte Möglich- und Gesundheitsschutz sowie die Situation von nicht keiten, den Straßenverkehr so umzugestalten, dass damit motorisierten Verkehrsteilnehmenden zu verbessern, auch städtebauliche Ziele erreicht werden. Zwar sieht nicht ohne weiteres möglich. Mehr Spielraum bietet le- § 45 Abs. 1b Nr. 5 StVO vor, verkehrsrechtliche Anord- diglich § 45 Abs. 1b Nr. 5 StVO, wenn kommunale Ver- nungen „zur Unterstützung einer geordneten städtebau- kehrskonzepte umgesetzt werden. In diesen Fällen kann lichen Entwicklung“ zu erlassen. Diese müssen sich al- der Verkehr auch zur Erreichung von planerischen Zie- lerdings auf Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte len eingeschränkt werden (grundlegend: BVerwG, Urteil Bereiche beschränken. Deshalb sollte das BMVI eine ei- v. 20.04.1994 – 11 C 17/93). Eine Gemeinde hat daher gene Anordnungsgrundlage in der StVO für die allgemei- nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, den fließenden ne und räumlich nicht beschränkte Unterstützung einer Verkehr zu beschränken. geordneten städtebaulichen Entwicklung schaffen. Damit könnte eine Verknüpfung zu kommunalen Verkehrskon-

372 6.5 Handlungsempfehlungen

zepten im Sinne integrierter Verkehrsentwicklungspläne­ Regelhöchstgeschwindigkeit innerorts hergestellt werden. Die Kommunen könnten dann auch ­herabsetzen verkehrsrechtliche Anordnungen treffen, um Entwick- 554. Eine langsamere Geschwindigkeit in der Stadt hilft, lungen umzusetzen, die sie in ihren Verkehrsentwick- Unfälle zu vermeiden, die Schwere von Unfällen zu ver- lungsplänen vorgesehen haben. Diesen müssten die Stra- ringern und damit die Sicherheit aller Verkehrsteilneh- ßenverkehrsbehörden nachkommen (SOMMER et al. menden, vor allem der Rad Fahrenden und zu Fuß Ge- 2016, S. 9). henden, zu erhöhen (LK Argus 2013), gerade wenn nicht überall genügend Platz für eine ausreichende separate 551. Zudem sollte die StVO deutlicher als bisher klar- Infrastruktur zur Verfügung steht. So können insbeson- stellen, dass die Lärmaktionsplanung Grundlage für eine dere mobilitätseingeschränkte und ältere Verkehrsteil- Anordnung nach StVO darstellt. Hier kann nach Vor- nehmende sowie Kinder geschützt werden. Den Verkehr schlag von SOMMER et al. (ebd.) § 45 Abs. 1f StVO um sicherer zu gestalten, ist auch eine Voraussetzung, um einen zweiten Satz ergänzt werden, in dem allgemein mehr Menschen zu aktiver Mobilität zu motivieren. Dies deutlich gemacht wird, dass die Straßenverkehrsbehör- ist vor dem Hintergrund der wieder steigenden Unfall- de den Kraftfahrzeugverkehr beschränken oder verbie- zahlen von Rad Fahrenden und zu Fuß Gehenden ten kann, soweit Luftreinhalte- oder Lärmaktionspläne (Tz. 499 ff.) von wesentlicher Bedeutung. Zudem ver- dies vorsehen. ringert Tempo 30 die Umweltauswirkungen des Verkehrs

wie Lärm, CO2-Ausstoß und NOx-Belastung (HEIN- 552. Die einzelnen Anordnungsgründe des § 45 StVO RICHS et al. 2016; LK Argus 2013, S. 3). Auch der Deut- sollten zudem neu systematisiert werden. Wünschens- sche Verkehrssicherheitsrat empfiehlt Tempo 30 als in- wert wäre, sie jeweils gesondert aufzuführen, insbeson- nerstädtische Höchstgeschwindigkeit festzusetzen und dere auch die bestehenden Gründe. Um die Verzer­ weitere Untersuchungen über die Auswirkungen der ver- rungen zugunsten des motorisierten Verkehrs zu schiedenen in der Stadt gefahrenen Tempi durchzufüh- korrigieren, die als Folge der sogenannten Schilder- ren (DVR 2017, S. 7). Die Regelhöchstgeschwindigkeit waldnovelle von 2009 eingetreten sind, sollte § 45 in geschlossenen Ortschaften ist in § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO Abs. 9 StVO gestrichen werden. Vor allem die Wertung festgelegt und beträgt 50 km/h. Bereits seit 2005 vertritt des § 45 Abs. 9 S. 3 StVO, der nach häufiger Auffassung der SRU, dass die Regelhöchstgeschwindigkeit innerorts Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur ermög- auf 30 km/h verringert werden sollte (SRU 2005, Tz. 549; licht, wenn „eine Gefahrenlage besteht, die das allge- 2012, Tz. 325). Durch die Festlegung als Regelgeschwin- meine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorste- digkeit würde sich das Regel-Ausnahmeverhältnis um- henden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich kehren. Es könnte also auch weiterhin in Ausnahme­ übersteigt“, ist für den nicht ­motorisierten Verkehr und fällen 50 km/h gefahren werden, dies müsste aber insbesondere für zu Fuß ­Gehende von Nachteil und ausdrücklich angeordnet werden, was zum Beispiel bei sollte entfallen. Bedarf auf Hauptverkehrsstraßen erfolgen könnte. Ein entsprechender Vorstoß des Umweltausschusses des Experimentiermöglichkeit in die StVO Bundesrates im Rahmen der StVO-Novelle ist leider ge- ­aufnehmen scheitert. 553. Es sollten außerdem Experimentiermöglichkeiten für Kommunen in die StVO aufgenommen werden, mit 555. Wenn eine Senkung der Regelhöchstgeschwindig- dem Ziel neue innovative Verkehrskonzepte in der keit auf 30 km/h politisch nicht durchsetzbar sein soll- ­Praxis erproben zu können, bevor ständige rechtliche te, sollten die Voraussetzungen für die Festsetzung von Rege­lungen getroffen werden. Die bestehende Rege- streckenbezogenen Anordnungen von Tempo 30 verbes- lung ist eng gefasst. Dies könnte helfen, die Funktion sert werden. Dies geschieht in der Praxis oftmals nicht, von Maßnahmen zu überprüfen und diese dann ge­ weil die straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen nicht gebenenfalls in das geltende Straßenverkehrsrecht vorliegen, wie sich auch bei der Festsetzung und Umset- und die nachgeordneten Regelwerke zu übernehmen. zung von Tempo 30 im Rahmen des Lärmschutzes zeigt Dafür wird vorgeschlagen, die Erprobungsklausel in § 6 (Tz. 424). Nr. 16 StVG bzw. § 45 Abs. 1 Nr. 6 StVO um Experi- mente zugunsten des Umweltverbundes zu ergänzen § 45 StVO ermöglicht die Festsetzung von Tempo-30-Ab- (RINGWALD und CAGAN 2019). Es sollte außerdem schnitten auch auf Hauptstraßen insbesondere im un- die Möglichkeit der Verstetigung von Experimenten mittelbaren Bereich von Kindergärten und -tagesstätten, vorgesehen werden. Schulen, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäu-

373 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

sern. Vorgeschlagen wird, diese streckenbezogenen Ge- Raum mehr. Auch wäre es dann beispielsweise möglich, schwindigkeitsbeschränkungen auch auf von Schulweg- einzelne Straßen oder überlastete Stadtkerne zeitweise plänen erfasste Strecken auszudehnen (RINGWALD und ganz dem ÖPNV und dem nicht motorisierten Verkehr CAGAN 2019). Dies stellt einen sinnvollen Ansatz dar, vorzubehalten. Dem steht die derzeit postulierte Privi- um die Sicherheit von Kindern auf dem Schulweg zu legienfeindlichkeit der StVO nicht entgegen. Die Privi- ­erhöhen. Daneben sollten die Anordnungsgründe für legienfeindlichkeit folgt lediglich aus der StVO, besteht ­Tempo-30-Abschnitte systematisiert werden, um den also nur auf Verordnungsebene, weil § 6 StVG insoweit Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die Verkehrssi- bisher eng formuliert ist (STEINER 1993). Es ist dem cherheit zu fördern und unnötige Einschränkungen Gesetzgeber unbenommen, diese Auslegung zu ändern. ­aufzuheben. Zu letzteren zählt das Verbot, Tempo-30-­ Abschnitte auf Straßen anzuordnen, in denen benut- 6.5.4.4 Rahmenbedingungen für aktive zungspflichtige Radwege bestehen. Eine Verknüpfung ­Mobilität verbessern zu der Anordnung von Tempo-30-Abschnitten aus ­Lärmschutzgründen sollte vor allem im Rahmen der 558. Der motorisierte Individualverkehr wird gegenüber ­inte­grierten Verkehrsentwicklungsplanung erfolgen dem Radverkehr in den Regelwerken zur Planung von ­(Abschn. 6.5.3). neuer Verkehrsinfrastruktur in einigen Punkten bevor- zugt. Hier sollte der Radverkehr aufgewertet werden: Er 6.5.4.3 Vorrang des ÖPNV gesetzlich sollte gegenüber dem motorisierten Individualverkehr ­ver­ankern gleichgestellt werden, auch um die Position von Verwal- tungen zu stärken, vor allem gegenüber Investoren 556. Der ÖPNV genießt bereits im geltenden Straßen- (NOBIS et al. 2016). Diese könnten dann zum Beispiel verkehrsrecht Bevorrechtigungen, wie aus § 6 Abs. 1 verpflichtet werden, Mobilitätskonzepte für neue Bau- Nr. 18 StVG hervorgeht, der die Errichtung von Sonderfahr­ gebiete aufzustellen, statt Autostellplätze zu schaffen. spuren für Busse betrifft. Dem ÖPNV wird damit wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit ein gewisser Dabei sollte darauf geachtet werden, dass Regelungen rechtlicher und faktischer Vorrang eingeräumt (BVerwG, zugunsten des Radverkehrs nicht zulasten des Fußver- Urteil v. 27.01.1993, 11 C35/92). Diese Regelung stellt kehrs erfolgen und umgekehrt. Gleiches gilt für das Ver- auch ein Argument gegen die sogenannte Privilegien- hältnis von ÖPNV und aktiver Mobilität. Es ist sinnvoll, feindlichkeit des Straßenverkehrsrechts dar (Tz. 549). dass der Umweltverbund insgesamt von Änderungen des Rechtsrahmens profitiert. 557. Die Anordnung von Busspuren erfolgt auf der Grundlage des § 45 StVO; sie müssen deshalb der Sicher- Einrichtung von Fahrradstraßen erleichtern heit und Ordnung des Verkehrs dienen. Dies bedeutet im 559. Damit Fahrradstraßen zur Entlastung des städti- Umkehrschluss, dass eine Anordnung aus städtebauli- schen Verkehrs beitragen können, bedarf es einer Ände- chen Gründen oder zur Minderung von Luft- und Lärm- rung der StVO. Bislang sieht diese vor, dass Fahrradstra- belastungen durch den Straßenverkehr nicht möglich ist ßen lediglich eingerichtet werden dürfen, wenn das (HERMANN et al. 2019, S. 244 ff.). Die Kommunen und Fahrrad die bereits vorherrschende Verkehrsart ist oder der Aufgabenträger des ÖPNV sind an der Festlegung der dies alsbald zu erwarten ist, wie in der Allgemeinen Ver- Busspuren nur beteiligt, wenn in den Kommunen die zu- waltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung gere- ständige Straßenverkehrsbehörde verankert ist (ebd.). gelt ist (VwV-StVO zu Zeichen 244.1, 244.2). Es ist somit Die VwV-StVO gibt zudem vor, dass die Anordnung von nicht zulässig, eine Fahrradstraße einzurichten, damit Sonderfahrstreifen in der Regel nur dann erfolgen soll, dort anschließend mehr Fahrräder fahren. Die Verlage- wenn mindestens zwanzig Omnibusse des Linienver- rung muss bereits vorher erfolgt sein. Dies sollte dahin- kehrs pro Stunde der stärksten Verkehrsbelastung ver- gehend geändert werden, dass auch dann Fahrradstra- kehren (Nr. 12 zu Zeichen 245 Bussonderfahrstreifen ßen eingerichtet werden können, wenn das Fahrrad noch VwV-StVO). nicht die vorherrschende Verkehrsart darstellt (BRA- CHER et al. 2018). Fahrradstraßen sollten auch als Ele- Um die Belange des ÖPNV besser berücksichtigen zu mente eines Radwegenetzes zulässig sein. Begrüßens- können, sollte der Vorrang des ÖPNV stattdessen aus- wert ist grundsätzlich die durch die StVO-Novelle ein- drücklich als Grundsatz im Straßenverkehrsgesetz fest- geführte Möglichkeit Fahrradzonen einzurichten. Lei- geschrieben werden. Für die bestehenden Restriktionen der wurden aber die bestehenden restriktiven hinsichtlich der Anordnung von Busspuren ist dann kein Voraussetzungen für die Anordnung nicht geändert. So

374 6.5 Handlungsempfehlungen

soll es sich um Gebiete mit hoher Fahrradverkehrsdich- Sicherheit dieser Gruppe erhöhen. Das Berliner Mobili- te handeln und eine Festsetzung darf nicht in Tempo- tätsgesetz soll zukünftig zum Beispiel Regeln enthalten, 30-Zonen erfolgen. die sicherstellen, dass für Personen mit Mobilitätsein- schränkungen in ausreichend geringen Abständen barri- Verkehrssicherheitszonen und weitere Emp­ erefreie Querungsmöglichkeiten über Straßen zur Ver- fehlungen zur besseren Verkehrssicherheit fügung stehen (Senatsverwaltung für Umwelt Verkehr 560. Eine wesentliche Innovation für den Stadtverkehr und Klimaschutz Berlin 2019c). wäre die Einführung von sogenannten Verkehrssicher- heitszonen in die StVO. Dafür sollte die Möglichkeit ge- 6.5.4.5 Sharing-Angebote steuern schaffen werden, aus Verkehrssicherheitsgründen Ein- schränkungen festzusetzen, zum Beispiel im Hinblick auf 562. Sharing-Angebote für Kraftfahrzeuge und Fahrrä- Tempo- oder Gewichtsbegrenzungen für Fahrzeuge. Auch der können unter bestimmten Bedingungen einen wich- sinnvoll wäre es, die Möglichkeit zu regeln, dass Lkw nur tigen Beitrag zur Verkehrswende leisten (Tz. 470 ff.). Sie dann in eine bestimmte Zone einfahren dürfen, wenn sie können insbesondere dazu beitragen, den individuellen über einen Abbiegeassistenten verfügen. Dafür sollten Autobesitz zu verringern. Carsharing-Fahrzeuge tragen die Straßenverkehrsbehörden unter Mitwirkung der außerdem zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung ­Gemeinden ermächtigt werden, verschiedene geeignet sowie Lärmverringerung bei, wenn ausschließlich Elek- erscheinende Einzelbeschränkungen miteinander zu trofahrzeuge eingesetzt werden. Dafür ist allerdings er- kombinieren bzw. diese – soweit es die örtlichen Verhält- forderlich, dass die Kommunen die Möglichkeit erhal- nisse nahelegen – auf ganze Orte zu beziehen und am ten, die Menge, die Art der Fahrzeuge (wie Kfz, Fahrräder Ortseingang auszuweisen (HERMANN et al. 2019, S. 249). oder E-Scooter) und ihre Verteilung im Stadtgebiet zu steuern – unabhängig davon, ob sie stationsgebunden Zu begrüßen ist, dass es durch die StVO-Novelle vom sind oder nicht. Frühjahr 2020 nunmehr vorgeschrieben ist, dass Kraft- fahrzeuge ab 3,5 Tonnen ihre Geschwindigkeit beim Erlaubnis von Carsharing-Angeboten an Rechtsabbiegen grundsätzlich auf Schrittgeschwindig- öffentliche Belange koppeln keit reduzieren müssen. Dies ist ein sinnvoller Zwischen- 563. Entsprechend der gegenwärtigen Rechtslage wer- schritt, bis Rechtsabbiegeassistenten oder vergleich­ den Carsharing-Angebote in stationsgebunden oder sta- bare Systeme oder Lösungen (wie bodentiefe Fenster) tionslos unterschieden. Für die Einrichtung einer Car- ­flächendeckend vorgeschrieben sind. sharing-Station, also eines stationsgebundenen Angebots, ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich (RING- Rahmenbedingungen für zu Fuß Gehende WALD et al. 2018, S. 45). Für Stationen, die an Bundes- verbessern straßen eingerichtet werden, gilt das Carsharinggesetz 561. Für die Attraktivität und Sicherheit des öffentlichen (CsgG), das den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, Straßenraums sind für zu Fuß Gehende zahlreiche bau- den Carsharing-Anbietern für einen Zeitraum von acht liche Anforderungen von Bedeutung (GERLACH 2018), Jahren ein exklusives Nutzungsrecht zu erteilen und zum Beispiel bauliche Mindeststandards wie Gehweg- dabei Eignungskriterien in die Vergabe einzubeziehen. breiten und Oberflächen, das Ermöglichen von linearer Das Gesetz erlaubt es vor allem, Carsharing-Anbieter im Querung und der Rückbau von Behinderungen und Hinblick auf exklusive Parkplätze oder den Verzicht auf ­Gefährdungen (BAUER et al. 2018, S. 42). Sie können Gebühren zu privilegieren (KLUTH 2018). Für Statio- allerdings nur dann verwirklicht werden, wenn die ge- nen an anderen Straßen gelten die landesstraßenrecht- baute Struktur oder Vorgaben wie der Denkmalschutz lichen Vorgaben, die in einigen Bundesländern (Bremen, nicht entgegenstehen. Die bereits erwähnten Richtlini- Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin) die Einbeziehung en für Stadtstraßen (Kasten 6-2) sollten im Einzelnen von Umweltanforderungen erlauben. In den übrigen Bun- darauf überprüft werden, ob sie Vorgaben enthalten, die desländern ist die Genehmigung dagegen ausschließlich zu Fuß Gehende benachteiligen. Solche können zum Bei- an straßenrechtlichen Aspekten auszurichten (RING- spiel aus den Richtlinien für Signalanlagen resultieren. WALD et al. 2018, S. 50). Wünschenswert wäre daher Sie sollten mit der Maßgabe überarbeitet werden, kurze eine Regelung, die es den Kommunen gestattet, für das Wartezeiten, längere Mindestfreigaben und die Querung Gemeindegebiet selbst festzulegen, welche Carsharing- in einem Zug zu gewährleisten. Zu Fuß Gehende sind im Angebote es dort gibt, wo die Fahrzeuge abgestellt wer- Straßenverkehr durch Kraftfahrzeuge besonders gefähr- den dürfen und welche Entgelte dafür zu entrichten sind. det (Tz. 499). Sinnvoll sind deshalb Maßnahmen, die die Dies wäre insbesondere wichtig, damit die Kommunen

375 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

das Angebot steuern und auch stationsloses Carsharing Beispiel durch Radparkplätze an zentralen Stellen. Sie in ein sinnvolles Gesamtkonzept einbinden können. könnten auch sicherstellen, dass die Angebote über das Dann könnten zum Beispiel Halte- und Ladezonen vor- Stadtgebiet verteilt werden müssen, und nicht nur in den gesehen werden. Grundsätzlich sollte das Carsharingge- Innenstädten zur Verfügung stehen (HORN und JUNG setz ebenso wie das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) in 2018). das Straßenverkehrsgesetz integriert werden, um deut- lich zu machen, dass es sich um die Steuerung des Ver- Um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, sollte daher das kehrs handelt. Bundesrecht angepasst werden. Dort könnte ausdrück- lich vorgesehen werden (wie auch für das Carsharing Kommunen sollten die Möglichkeit erhalten, das Carsha- vorgeschlagen), dass die Bundesländer die Benutzung ring-Angebot lokal zu steuern. Dafür sollte das Bundesrecht von Straßen für gewerbliche Mietfahrzeuge von einer Ge- die Länder ermächtigen, dies den Kommunen zu gestatten. nehmigung abhängig machen dürfen, in der geregelt wird, Diese könnten dann die Benutzung von Straßen für gewerb- wo und unter welchen Voraussetzungen die Fahrzeuge liche Mietfahrzeuge von einer Genehmigung abhängig ma- abgestellt werden dürfen. Die Bundesländer könnten in chen, in der geregelt wird, wo und unter welchen Voraus- den Landesstraßengesetzen dann rechtssicher eine Son- setzungen die Fahrzeuge abgestellt werden dürfen. dernutzungspflicht für stationslose Bikesharing-Syste- me klarstellen bzw. festsetzen. Dies erscheint so wie beim Alternativ wird auch vorgeschlagen, entsprechende Carsharing gerechtfertigt, weil es sich beim Bikesharing ­Landesgesetze zur Steuerung der Sharing-Mobilität (Car- ebenfalls um eine gewerbliche Nutzung des öffentlichen sharing, Fahrräder, E-Scooter etc.) als Ganzes im Kom- Raumes handelt (RINGWALD et al. 2018). Schließlich petenzbereich „Recht der Wirtschaft“ (Art. 74 Abs. 1 können in der Folge auch die Sondernutzungssatzungen Nr. 11 GG) zu schaffen (HERMANN et al. 2019, S. 299 ff.). der Städte angepasst werden. Dabei geht es auch um den In diesem Bereich sind die Länder rechtsetzungsbefugt, Aspekt, die Sondernutzung beim erwünschten Bike­ weil der Bund von seiner Kompetenz noch keinen Ge- sharing im öffentlichen Raum gegebenenfalls kostenfrei brauch gemacht hat. Dabei würde es nicht um die Zutei- bzw. kostenreduziert auszugestalten. lung von Straßenraum gehen, sondern das Ziel wäre, eine Steuerungsmöglichkeit für die Kommunen insgesamt zu Elektrokleinstfahrzeuge sicher in die schaffen, indem an die Anbieter Konzessionen vergeben ­Stadt­mobilität integrieren werden, die mit Auflagen zum Beispiel hinsichtlich der 565. Seit Juni 2019 regelt die Elektrokleinstfahrzeuge- Verknüpfung mit dem ÖPNV verbunden werden (ebd.). Verordnung das Führen von Elektrotretrollern (soge- nannte E-Scooter) im öffentlichen Straßenraum. Personen­ Die StVO-Novelle ermöglicht es, dass zukünftig für Car- ab 14 Jahren dürfen seitdem ein Elektrokleinstfahrzeug sharingfahrzeuge bevorrechtigte Parkmöglichkeiten ge- mit Lenk- oder Haltestange, das eine bauartbedingte schaffen werden können. Dies ist zu begrüßen, wie auch Höchstgeschwindigkeit zwischen 6 und maximal 20 km/h die vom Bundesrat eingebrachte Erweiterung auf Stra- hat, auf dem Radweg bzw. der Straße fahren. Es beste- ßen nach Landesrecht. hen verkehrssicherheitsrechtliche Mindestanforderun- gen, zum Beispiel im Bereich der Brems- und Lichtsys- Sondernutzungspflichten für stationsloses teme, der Fahrdynamik und der elektrischen Sicherheit. Bikesharing bundesrechtlich ermöglichen und Ein Führerschein ist nicht erforderlich, aber das Elek­ landesrechtlich regeln trokleinstfahrzeug muss versichert sein. Der Beitrag zum 564. Stationsloses Bikesharing gilt nach der Rechtspre- Umwelt- und Klimaschutz durch die Einführung von chung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg von 2009 als ­E-Scootern ist eher als gering zu bewerten (Tz. 476). Gemeingebrauch (OVG Hamburg Beschluss v. 19.6.2009, 2 Bs 82/09) und erfordert damit keine Sondernutzungsge- Der SRU begrüßt es, dass Elektrokleinstfahrzeuge generell nehmigung. Dies hat zur Folge, dass die Kommunen den nicht auf dem Gehweg zugelassen wurden. Dieser sollte Einsatz von Leihrädern straßenrechtlich nicht steuern und als Bereich bestehen bleiben, in dem sich auch ältere Men- sie damit nicht sinnvoll in integrierte Mobilitätskonzepte schen, Kinder oder Mobilitätseingeschränkte ohne Furcht einbeziehen können. Dabei geht es den Kommunen nicht vor Kollisionen bewegen können. Gerade, wenn der Anteil darum, Bikesharing-Konzepte zu verhindern oder übermä- des Fußverkehrs ausgebaut werden soll, ist es wichtig, den ßig zu bepreisen, sondern diese in das Gesamtverkehrs- Gehweg als sicheren und geschützten Raum für zu Fuß konzept einzubinden. So könnten die Kommunen das Ab- ­Gehende zu erhalten. Allerdings folgt daraus auch ein zu- stellen der Räder durch Vorgaben besser organisieren, zum sätzlicher Ausbaubedarf der Radverkehrsinfrastruktur.

376 6.5 Handlungsempfehlungen

Soweit Verleihsysteme für E-Scooter zugelassen werden, Eine umweltgerechte Bepreisung reduziert die Attraktivität sollte die Einbindung in den öffentlichen Straßenraum des motorisierten Individualverkehrs und steigert die des so erfolgen wie bei Carsharing- und Fahrradverleihsys- Umweltverbundes. Der Staat beeinflusst die Kosten des Be- temen empfohlen (Agora Verkehrswende 2019a). Das sitzes und der Nutzung von Pkw derzeit durch Steuern und bedeutet, dass es ein Genehmigungs- bzw. Konzessions- Abgaben, vor allem durch die Kfz-Steuer sowie die Beprei- regime geben sollte, das die Kommunen in die Lage ver- sung der Kraftstoffe (Kasten 6-3). Mautgebühren spielen setzt, die Nutzung zu steuern und an bestimmten Orten dagegen bisher keine oder nur eine geringe Rolle. Eine stre- die Nutzung und das Abstellen von Rollern auszuschlie- ckenabhängige Pkw-Maut kann jedoch zur Verkehrsvermei- ßen oder auf bestimmte Zonen zu begrenzen. Dafür müs- dung, -verlagerung und -lenkung sowie zur Verbesserung der sen „free floating“-Verleihsysteme als Sondernutzung Effizienz und Erneuerung der Flotten durch die Begünsti- definiert oder ähnlich behandelt werden. gung emissionsarmer Mobilität beitragen (KEMFERT et al. 2018; LINK et al. 2009; 2000; UBA 2015; BEHESHTIAN et al. 6.5.4.6 Personenbeförderungsgesetz 2019, S. 3; CRAMTON et al. 2018b; 2018a). ­behutsam novellieren

566. Gegenwärtig sind appbasierte Fahrdienste nach deut- Kasten 6-3: Reform von Steuern und Abgaben schem Recht nur befristet bzw. eingeschränkt genehmi- gungsfähig (ausführlich dazu SRU 2017c, Kap. 5.9). An- Damit Instrumente wie eine streckenabhängige Pkw- fang 2019 wurde ein Eckpunktepapier des BMVI zur Maut und die Parkraumbewirtschaftung ökologische Novellierung des Personenbeförderungsrechts bekannt, Wirkungen entfalten können, müssen diese in ein Sys- das unter anderem die Abschaffung der Rückkehrpflicht tem von Energiesteuern und energiebezogenen Abga- für Mietwagen vorsah (Handesblatt 18.02.2019). Die Än- ben eingebettet werden, das konsistent an klima-, um- derungen, die das Eckpunktepapier skizziert, lassen offen, welt- und gesundheitspolitischen Zielen ausgerichtet wie Kommunen appbasierte Fahrdienste außerhalb des wird. Gegenwärtig orientieren sich die Steuern und ÖPNV steuern sollen. Aufgrund der unklaren Konsequen- Abgaben, die auf Energieträger erhoben werden, je- zen der vorgeschlagenen Eckpunkte, vor allem für das doch weder konsistent am CO2- noch am Energiege- ­Taxigewerbe, wurde die Novellierung zunächst zurück­ halt. Sie stellen jedoch ein zentrales Lenkungsinstru- gestellt, um eine politische Einigung herbeizuführen. ment dar, mit dem externe Kosten internalisiert werden können und mit dem Vermeidung, Verlage- Es gibt verschiedene rechtliche Vorschläge, wie appba- rung, Effizienzverbesserungen sowie die Umstellung sierte Fahrdienste dauerhaft zugelassen werden könnten auf treibhausgasneutrale Energieträger angereizt wer- (KARL et al. 2017a; 2017b; HAUCAP et al. 2015). Noch den kann. Daher sollten die Steuersätze für verschie- offen ist dabei, wie die mit der Liberalisierung verbun- dene Kraftstoffe im Verkehrsbereich im Rahmen einer denen Risiken vermieden werden können, zuvorderst zu- Ökologisierung des Steuersystems am jeweiligen sätzliche Verkehre (Tz. 474). Wesentlich ist aus Per­ Treibhausgaspotenzial oder Energiegehalt ausgerich- spektive des SRU, dass eine Novelle des PBefG öffent­liche tet werden (umfassend SRU 2017c, S. 121 f.; 2019, Interessen im Blick behält, insbesondere Mobilitätssi- Tz. 209). Auch umweltschädliche Subventionen für cherung als Daseinsvorsorge, die Effizienz des Verkehrs- den Autoverkehr, wie die Pendlerpauschale und das systems, Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie Dienstwagenprivileg sollten schrittweise abgeschafft die Verkehrssicherheit. werden (SRU 2012; 2017c). Das Klimapaket der Bun- desregierung vom Oktober 2019 erhöht hingegen die Pendlerpauschale. Zudem führt das Brennstoffemis- 6.5.5 Streckenabhängige sionshandelsgesetz (BEHG) sowohl für den Wärme- Pkw-Maut einführen als auch für den Verkehrssektor ab dem Jahr 2021 eine CO2-Bepreisung ein. Der Festpreis pro Emissionszer- 567. Für ein zügiges und umfassendes Umsteuern im Ver- tifikat soll zu Beginn bei 25 Euro liegen und anschlie- kehrssektor spielt das Prinzip der Kostenwahrheit eine zen- ßend auf 30 Euro für das Jahr 2022, auf 35 Euro für trale Rolle, um die richtigen Anreize zu setzen. Die Einfüh- das Jahr 2023, auf 45 Euro für das Jahr 2024 und auf rung einer streckenabhängigen Pkw-Maut kann deshalb 55 Euro für das Jahr 2025 ansteigen (für eine Einord- durch gezielte Bepreisung ein geeignetes Instrument für die nung dieser klimapolitischen Maßnahmen s. Kap. 2, Steuerung (auch) des Stadtverkehrs darstellen (s. a. SRU Kasten 2-5). 2017c, Tz. 278).

377 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

568. Generell kann ein Mautsystem entweder zeitabhän- brauch können gegen Betrug wirken. Insgesamt ist dabei gig – beispielsweise in Form einer Vignette – oder stre- ein starker Daten- und Verbraucherschutz Voraussetzung ckenabhängig ausgestaltet werden. In Deutschland war und ein möglichst geringer Erhebungsaufwand wün- 2016 für Pkw eine Infrastrukturabgabe für die Nutzung schenswert (SRU 2017c; KEMFERT et al. 2018; CRAM- von Bundesfernstraßen und Autobahnen in Form einer TON et al. 2018a; 2018b; BEHESHTIAN et al. 2019). Vignette beschlossen worden (Deutscher Bundestag 2019b, S. 2). Aufgrund der fahrleistungsunabhängigen Alternativ zu GPS-basierten Mautsystemen ist eine Kon- Bepreisung ist die ökologische Lenkungswirkung von trolle via automatischer Kennzeichenerkennung oder In- zeitabhängigen Mautsystemen wie die ursprünglich ge- frarot möglich. Beides erfordert bauliche Stationen am plante Infrastrukturabgabe sehr gering (Agora Energie- Straßenrand. Die Möglichkeiten der Verkehrslenkung wende und Agora Verkehrswende 2018; UBA 2010; RU- sind hierbei geringer als bei Mautsystemen, die GPS nut- DOLPH et al. 2017). Der Europäische Gerichtshof zen. Unabhängig von der gewählten Erfassungstechnik (EuGH) entschied im Juni 2019, dass die Ausgestaltung muss ein ausreichender Datenschutz gewährleistet der deutschen Pkw-Maut nicht mit europäischem Recht ­werden. Dabei ist entscheidend, wie die Daten zwischen vereinbar sei, weil Ausländerinnen und Ausländer diskri- den Instanzen – zum Beispiel einer OBU und Maut­ miniert würden (EuGH, Urt. v. 18.6.2019, Rs. C‑591/17). zentrale – verteilt werden und ob die Datenübertragung Eine streckenabhängige Pkw-Maut wäre dagegen – ab- ­verschlüsselt, aggregiert und zeitversetzt stattfindet (In- hängig von ihrer Ausgestaltung – weiterhin zulässig, wenn ternational Working Group on Data Protection in Tele- sie nicht diskriminierend wirkt. communications 2009, S. 6; Agora Energiewende und Agora Verkehrswende 2018; CRAMTON et al. 2018b). 6.5.5.1 Ausgestaltung der Pkw-Maut Aus Standort- und Fahrzeugdaten kann die Mauthöhe lokal berechnet und lediglich der Betrag via OBU zeit- 569. Eine Pkw-Maut sollte auf der Basis der gefahrenen versetzt und verschlüsselt übermittelt werden. Unter Strecke berechnet werden, wobei die Tarife in Abhängig- dem Aspekt der ökologischen Lenkungswirkungen soll- keit von räumlichen und zeitlichen Komponenten ge- te eine streckenabhängige Pkw-Maut Ermäßigungen für spreizt werden können. Damit kann die Höhe der Maut Fahrzeuge mit alternativen Antrieben beinhalten (CRAM- zum Beispiel abhängig von Straßenkategorien und dem TON et al. 2018b). Zudem können Ausnahmen für Ein- Verkehrsaufkommen variiert werden, um eine optimale satzfahrzeuge, Autos von schwerbehinderten Menschen Lenkungswirkung zu erreichen. Zudem können sachli- und Taxis gelten. che Komponenten, wie der CO2-Ausstoß und die Lärm- und Schadstoffemissionen des Fahrzeugtyps, berücksich- 571. Die Europäische Kommission stellte im Mai 2017 tigt werden (UBA 2015, S. 6). Bei der Ausgestaltung der ein Gesetzespaket vor, das die europaweit einheitlichen Maut sollte das Ziel priorisiert werden, Umwelt- und Regeln für Lkw-Mautsysteme (Eurovignetten-Richtlinie ­Verkehrslenkungen zu erreichen. Möglich ist auch eine 2006/38/EG) reformieren und auf Pkw ausdehnen soll differenzierte Ausgestaltung danach, ob der öffentliche (Europäische Kommission 2017). Im Oktober 2018 Personenverkehr zur Verfügung steht oder nicht (RU- stimmte das Europäische Parlament für diesen Geset- DOLPH et al. 2017). Als bundesweit wirkendes Instru- zesvorschlag der Europäischen Kommission. Mit diesem ment sollte die streckenabhängige Pkw-Maut für mög- Vorschlag sollen zeitbezogene Vignettensysteme auf stre- lichst viele Straßen gelten. ckenbezogene Mautsysteme umgestellt und flexiblere Möglichkeiten zur Berücksichtigung externer Kosten ein- 570. Für die technische Umsetzung einer streckenab- geführt werden (RUNKEL 2019). hängigen Pkw-Maut sind vor allem satellitengestützte Mauterhebungssysteme, die GPS verwenden, geeignet. 6.5.5.2 Wirkung der Pkw-Maut Für dieses System muss in jedem Fahrzeug eine On-Board Unit (OBU) vorhanden sein. Dadurch kann die Tarifhö- 572. Mit der Zunahme alternativer Antriebe und der Ab- he nach Fahrzeugtyp, Tageszeitpunkt, Streckenabschnitt nahme von Verbrennungsmotoren werden die Einnah- und -kategorie differenziert werden. Die angefallene men aus der Energiebesteuerung kontinuierlich zurück- Maut kann täglich, wöchentlich oder monatlich an eine gehen. Eine streckenabhängige Pkw-Maut kann diese öffentliche Institution (z. B. die Kfz-Steuerstelle) über- Lücke füllen und auch künftig bundesweit Mittel gene- mittelt werden. Eine Speicherung der Daten ist für die rieren (UBA 2015). Darüber hinaus können mit der stre- Abrechnung nicht erforderlich. Stichprobenartige Kon- ckenabhängigen Pkw-Maut externe Kosten, die durch trollen sowie die Einführung von Bußgeldern bei Miss- Umwelt- und Gesundheitsbelastungen verursacht wer-

378 6.5 Handlungsempfehlungen

den, internalisiert werden (KNIEPS et al. 2018; DUDEN- ter Systeme hätte hingegen weitreichendere ökologische HÖFFER 2013; zu City Maut und externen Kosten Lenkungswirkungen. Die Möglichkeit der technischen s. MAHLER und RUNKEL 2016). Implementierung einer solchen Maut zeigt die Lkw-Maut in Deutschland sowie die geplante Pkw-Maut in den Nie- 573. Die ökologische Lenkungswirkung einer strecken- derlanden, die 2009 eingeführt werden sollte, jedoch auf- abhängigen Pkw-Maut lässt sich insbesondere im Ver- grund anderweitiger politischer Rahmenbedingungen gleich mit der aktuell häufig diskutierten City-Maut nicht umgesetzt wurde (ZELDIN 2014; Dutch Road Pri- ­darstellen (Tab. 6-4). Mit einer City-Maut, die beispiels- cing Act 2009; Nederlands Ministerie van Verkeer en Wa- weise als Vignette oder Pauschale erhoben wird und jähr- terstaat 2009). Zudem wird die City-Maut in der Regel lich, monatlich oder beim Einfahren in die Maut-Zone für eine vergleichsweise kleine Fläche (Innenstädte) ein- anfällt, werden nur begrenzt positive Umweltwirkungen geführt, sodass mögliche Ausweichreaktionen, wie Um- erzielt: Zwar kann eine Reduktion der CO2-Emissionen fahrungen der Maut-Zone, bei der Bewertung der Um- induziert werden, indem die gefahrenen Kilometer ins- weltwirkungen berücksichtigt werden müssen (KLOAS gesamt innerhalb der Maut-Zone abnehmen. Weitere und VOIGT 2007, S. 139; UBA 2010; KEMFERT et al. Komponenten, wie eine Differenzierung nach Schadstoff- 2018; ZIMMER et al. 2014). Die City-Maut dient insbe- klassen von Pkw, werden jedoch bei der Ausgestaltung sondere der Steuerung der Verkehrsmengen, die in eine der City-Maut häufig nicht ausreichend einbezogen. Eine Stadt einfließen und – je nach Ausgestaltung – zum Bei- streckenabhängige Pkw-Maut in Form satellitengestütz- spiel auch der Luftreinhaltung. Diese Verkehrslenkungs-

ɦɦTabelle 6-4 Vor- und Nachteile von Mautsystemen

City-Maut Streckenabhängige satellitengestützte Pkw-Maut

Vorteile + Minderung des Verkehrsaufkommens inner- + Einführung weitgehend flächendeckend halb der Maut-Zone möglich + Relativ niedriger Erhebungsaufwand bei + Positive Umweltwirkungen durch Differenzie- pauschaler Bepreisung rung der Mautsätze nach Verkehrsaufkommen + Preistransparenz für Pkw Fahrende bei pau- (Stauvermeidung), Lärm-, Schadstoff- und schaler Bepreisung CO2-Emissionen des Fahrzeugtyps sowie + Differenzierung nach verschiedenen Kriterien gewählter Route möglich (CO2, Lärm, Schadstoffe) + Berücksichtigung von Umwelt- und Gesund- + Beitrag zur Finanzierung der Straßeninfra- heitskosten struktur + Verursachergerecht + Beitrag zur Finanzierung der Straßeninfra- struktur

Nachteile − Begrenzte Umweltwirkung, da Maut auf − OBU Station muss in jedem Pkw installiert vergleichsweise kleiner Fläche (Innenstadt) werden, wobei Datenschutz gewährleistet wirkt und bei pauschaler Bepreisung weitere sein muss Komponenten wie Schadstoffklasse des Pkw − Höhere Erhebungskosten und Kontrollauf- unberücksichtigt bleiben wand sowie Aufwand für Ausnahmetatbe- − Mögliche Ausweichreaktionen, wie Umfahrun- stände gen der Maut-Zone − Rechtliche Hindernisse bei Einführung auf kommunaler Ebene − Begrenzte Verkehrslenkung − Nicht verursachergerecht, bei pauschaler Bepreisung

SRU 2020

379 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

und Umweltwirkungen können ebenso gut durch eine so verursachen sie nicht nur geringere Umweltbelastun- konsequente Parkraumbepreisung adressiert werden gen, sondern profitieren auch gesundheitlich davon. (Tz. 542 ff.). Viele Impulse für eine nachhaltige Mobilitätswende 574. Wenn eine Vignette oder die City-Maut als Pau­ gehen bereits von Städten aus – in Deutschland und in- schale und nicht in Abhängigkeit von den gefahrenen ternational. Diese transformative Kraft der Städte ­Kilometern erhoben wird, wirkt diese zudem nicht aus- (WBGU 2016) muss jetzt nutzbar gemacht werden, um reichend verursachergerecht. Negative Verteilungswir- die Rahmenbedingungen des städtischen Verkehrs zu kungen sind die Folge, weil Pkw Fahrende, die wenig fah- ­ändern. ren, mehr Gebühren pro gefahrene Strecke zahlen, als solche, die mehr fahren (UBA 2010). Durch eine diffe- Dafür müssen die Bedingungen für aktive Fortbewe- renzierte Ausgestaltung der streckenabhängigen Pkw- gungsarten, zum Beispiel durch den Ausbau von Radwe- Maut kann außerdem verhindert werden, dass die Mobi- gen, besser gestaltet werden. Maßnahmen, durch die lität im ländlichen Raum zu stark verteuert wird. Dadurch Menschen zum Umweltverbund „gezogen“ werden könnte das Autofahren beispielsweise in Gebieten mit ­sollen (Pull-Faktoren), sind erforderlich, aber letzt- geringerer ÖPNV-Versorgung und -Anbindung finanziell lich nicht ausreichend, wie zahlreiche Beispiele belegen. weniger belastet werden. Auf diese Weise können sozia- Vielmehr sind immer auch Instrumente erforderlich, die le Aspekte stärker berücksichtigt werden. die individuelle Kfz-Nutzung unattraktiver machen (Push-Faktoren). Dazu zählt für den motorisierten In- 575. Empirische Erhebungen belegen, dass die gesell- dividualverkehr in erster Linie eine Bepreisung, die die schaftliche Akzeptanz von Mautsystemen in einigen Städ- externen Kosten mit einbezieht. Dies gilt für die Nut- ten nach Einführung des Instruments deutlich gestiegen zung des öffentlichen Raums sowohl hinsichtlich des ist (Kasten 6-1; CRAMTON et al. 2018b; ZIMMER et al. ­Parkens als auch hinsichtlich der Straßennutzung. 2014; HAUTZINGER et al. 2011). Der Bund sollte deshalb die Bepreisung des motorisier- Der SRU erachtet eine bundesweit erhobene strecken- ten Individualverkehrs durch die Einführung einer stre- abhängige Pkw-Maut aufgrund der flächendeckenden ckenabhängigen Pkw-Maut neu gestalten. Diese muss am Bepreisung, die räumlich und zeitlich differenziert er- Prinzip der Kostenwahrheit orientiert sein und sich unter folgen kann, als vorteilhaft gegenüber einer (kommu- anderem an Schadstoff- und CO2-Emissionen ausrich- nalen) City-Maut. Er empfiehlt der Bundesregierung ten. Das Parken im öffentlichen Raum sollte außerdem deshalb, die rechtlichen Voraussetzungen auf Bundes- konsequent kostenpflichtig ausgestaltet werden. Dafür ebene für eine solche streckenabhängige Pkw-Maut zu muss der Bund das Straßenverkehrsrecht grundlegend schaffen. Der SRU rät der Bundesregierung, sich auf neu ausrichten, sodass der öffentliche Raum konsequent europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Euro- zugunsten des Umweltverbundes neu verteilt werden vignetten-Richtlinie entsprechend geändert wird kann. Auch wenn die Stadtmobilität in vielfacher Hin- (Tz. 571). sicht in der Verantwortung der Kommunen liegt, trägt der Bund die Verantwortung dafür, die regulatorischen Rahmenbedingungen so zu ändern, dass die Kommunen den Straßenverkehr steuern und umgestalten können. 6.6 Fazit Die Kommunen sollten in die Lage versetzt werden, Sha- ring-Systeme so zu koordinieren, dass sie einen positi- 576. Transformationen werden vor allem in Städten an- ven Beitrag leisten können. Zugleich muss der Bund wei- gestoßen. Dort kann sich entscheiden, wie wir in Zukunft terhin und in gesteigertem Maße die Mittel zur Verfügung leben werden. Die Mobilität in der Stadt hat maßgeb­ stellen, damit die erforderliche Infrastruktur ausgebaut lichen Einfluss auf die Lebensqualität. Trotz der erheb- wird. GVFG-Mittel sollten deshalb zukünftig für die Er- lichen Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Gesund- haltung der Infrastruktur, den Betrieb sowie Neuanschaf- heit nimmt der Autoverkehr in Deutschland weiter zu. fungen im ÖPNV zur Verfügung stehen. Gerade in den Städten haben viele Menschen jedoch das Bedürfnis, im öffentlichen Raum ungestört vom Auto so- Die Verknüpfung von Push- und Pull-Instrumenten kann ziales Leben und Ruhe zu genießen. Erreicht werden kann durch eine integrierte Verkehrsentwicklungsplanung er- dies durch eine Förderung des ÖPNV und des Fuß- und folgen, die von der europäischen Ebene durch die SUMP Radverkehrs. Wenn sich mehr Menschen aktiv bewegen, besonders unterstützt wird. Länder sollten den Kommu-

380 6.7 Literatur

nen deshalb ab einer Größe von 50.000 Bewohnerinnen beitung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und zum und Bewohnern obligatorisch aufgeben, eine integrierte Erneuerungsbedarf im Straßenverkehrsrecht. Berlin: Verkehrsentwicklungsplanung aufzustellen. Den Stadt- ADFC. ADFC-Positionspapier. https://www.adfc.de/ Umland-Beziehungen fehlt in der Regel eine planerische fileadmin/user_upload/Expertenbereich/Politik_und_ und institutionelle Verwaltungsebene, die die Verknüp- Verwaltung/Download/Position_Neues_Verkehrsrecht_ fungen adressiert. Dies muss Bestandteil der zukünfti- 22022019.pdf (21.05.2019). gen Verkehrsentwicklungsplanung sein. ADFC (2018b): So geht Verkehrswende. Infrastruktur- Mobilität betrifft in starkem Maße das Alltagsverhalten elemente für den Radverkehr. Berlin: ADFC. https://www. der Menschen. Maßnahmen des Mobilitätsmanagements, adfc.de/fileadmin/user_upload/Expertenbereich/Politik_ die Mobilitätsroutinen auf Schul- und Arbeitswegen ver- und_Verwaltung/Download/So_geht_Verkehrswende_ ändern, sind deshalb sehr wichtig. Vor allem die Länder ADFC-Booklet_Stand_05_2019.pdf (24.06.2019). sollten diese stärker fördern. AGFS (Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrrad- Um die Ziele eines nachhaltigen Stadtverkehrs zu errei- freundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW) chen, bedarf es neuer Akteurskonstellationen. Auch Sy- (2015): Parken ohne Ende? Eine AGFS-Broschüre zum nergieeffekte zur Erreichung der Ziele des Umwelt- und Thema Nahmobilität und Autoparken. 2. Aufl. Krefeld: Gesundheitsschutzes sollten genutzt werden. Europäi- AGFS. sche und internationale Netzwerke tragen zum Wissen- stransfer bei und stärken die Stimme der Städte in poli- Agora Energiewende (2013): Impulse. 12 Thesen zur tischen Prozessen. Bislang wächst der motorisierte Energiewende. Ein Diskussionsbeitrag zu den wichtigs- Individualverkehr stetig weiter. Um die Vision einer le- ten Herausforderungen im Strommarkt (Langfassung). benswerten Stadt zu verwirklichen, die umweltschonend, Überarb. Nachdr. Berlin: Agora Energiewende. mobil, lärmarm, grün, kompakt und durchmischt ist, wird es deshalb erheblicher transformativer Anstrengungen Agora Energiewende, Agora Verkehrswende (2018): bedürfen. Die aktuelle Diskussion über die Zukunft der Die Kosten von unterlassenem Klimaschutz für den Mobilität bietet die Chance, einen grundlegenden Wan- Bundeshaushalt. Die Klimaschutzverpflichtungen del anzustoßen. Deutschlands bei Verkehr, Gebäuden und Landwirt- schaft nach der EU-Effort-Sharing-Entscheidung und der EU-Climate-Action-Verordnung. Berlin: Agora Energiewende, Agora Verkehrswende. https://www. 6.7 Literatur stiftung-mercator.de/media/downloads/3_Publikationen/ 2018/Oktober/142_Nicht-ETS-Papier_WEB.pdf ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club) (2018a): (18.12.2018). Bußgeldrechner für Verstöße im Ausland. München: ADAC. https://www.adac.de/der-adac/rechtsberatung/ Agora Verkehrswende (2019a): E-Tretroller im Stadt- bussgeld-punkte/bussgeldrechner-ausland/ (22.05.2019). verkehr – Handlungsempfehlungen für deutsche Städ- te und Gemeinden zum Umgang mit stationslosen Ver- ADAC (2018b): Das Elterntaxi an Grundschulen. Ein leihsystemen. Berlin: Agora Verkehrswende, Deutscher Leitfaden für die Praxis. München: ADAC. https://www. Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund. adac.de/-/media/pdf/motorwelt/fi_elterntaxi_grundschu https://www.agora-verkehrswende.de/fileadmin/ len_0915_238767.pdf?la=de-de&hash=4AFB1FF7DDEF Projekte/2019/E-Tretroller_im_Stadtverkehr/Agora- 13EB09D2E1E2A3D2C32C3D7E2515 (20.05.2019). Verkehrswende_e-Tretroller_im_Stadtverkehr_WEB. pdf (12.09.2019). Adami, P. E., Negro, A., Lala, N., Martelletti, P. (2010): The role of physical activity in the prevention and treat- Agora Verkehrswende (2019b): Parkraummanagement ment of chronic diseases. La Clinica Terapeutica 161 (6), lohnt sich! Leitfaden für Kommunikation und Verwal- S. 537–541. tungspraxis. Berlin: Agora Verkehrswende. https://www. agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/­ ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) (2018a): Parkraummanagement/Parkraummanagemet-lohnt-sich_ Ein neues Verkehrsrecht für die Mobilität von heute und Agora-Verkehrswende_web.pdf (20.05.2019). morgen! ADFC-Position zur fahrradgerechten Überar-

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395 Für eine aktive und umweltfreundliche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen

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397 Abweichende Auffassung

Abweichende Auffassung

Abweichende Auffassung des Ratsmitglieds Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker gemäß § 9 des Erlasses zur Einrichtung des Sachverständigenrates für Umweltfragen

Zu Kapitel 6: „Für eine aktive und städtische Verkehrsaufkommen das Ergebnis des Prima- umweltfreund­liche Stadtmobilität: Wandel tes „autogerechte Stadt“). Der Autoverkehr muss in den ermöglichen“ – in Kürze Städten zweifellos reduziert werden. Dies gilt es aller- Das Kapitel 6 „Für eine aktive und umweltfreundliche dings mit Blick auf Auswirkungen auf die städtische Stadtmobilität: Wandel ermöglichen“ formuliert mit ­Binnenwirtschaft und den Einzelhandel differenziert Blick auf den Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutz zu betrachten und auszubalancieren. Zudem werden Empfehlungen, um eine nachhaltige Verkehrswende vor­ ­bestimmte Gesellschaftsgruppen (bewegungsein­ge­ anzubringen. Das Kapitel versteht sich als „Ergänzung“ schränkte, ältere Menschen) vermutlich weiter auf des Sondergutachtens „Umsteuern erforderlich: Klima- ­Pkw-Nutzung angewiesen sein. Auch ist der Umbau der schutz im Verkehrssektor“, SRU 2017. Stadtstrukturen/-wege und Zugänge zu Mobilitäts­ knotenpunkten hin zu mehr Barrierefreiheit eine Jahr- Zu den Empfehlungen dieses Kapitels gehören u. a. die zehnte dauernde planerische, bauliche und finanzielle Stärkung des ÖPNV, die Einführung einer Pkw-Maut, Auf­gabe. Parallel zur Reduktion des Autoverkehrs be- eine Parkraumbewirtschaftung sowie die Vorgabe von darf es funktionierender, zumutbarer und etablierter Verkehrsentwicklungsplänen für Gemeinden ab 50.000 ­Alternativen. Einwohnerinnen und Einwohnern. Einige Empfehlun- gen dieses Kapitels sind eng mit Empfehlungen des Ka- Der SRU empfiehlt die Einführung einer streckenabhän- pitels 5 „Weniger Verkehrslärm für mehr Gesundheit und gigen Pkw-Maut in Städten. Ich spreche mich dagegen Lebensqualität“ verknüpft. aus. So entfaltet die Pkw-Maut je nach Ausgestaltung erst ab einer bestimmten Kilometeranzahl ihre Wirkung. Dies Ich vertrete hinsichtlich des Zusammenwirkens beider hängt stark vom räumlichen Typus der Städte und den Kapitel sowie zu einzelnen Empfehlungen dieses Kapi- Verkehrsströmen ab. Wirksam wird sie erst ab Fahrleis- tels eine abweichende Auffassung. Diese beziehen sich tungen von mehr als 50 km. Mehr als 50 % der zurück- auf die Einführung einer Pkw-Maut und von obligatori- gelegten Wege in den Städten ist kürzer als 3 km, davon schen Verkehrsentwicklungsplänen sowie die Angemes- 40 % per Pkw. Bei fast der Hälfte der zurückgelegten senheit und Wirksamkeit der Instrumente. Ungeachtet Wege wäre der Bepreisungseffekt sehr überschaubar. Zu dessen halte ich den Gesundheitsschutz und die Ver- einem Verzicht auf das Auto wird dieser Effekt eher nicht kehrsvermeidung in Städten für wichtig. führen. Für den Fokus des Kapitels auf „Städte“ halte ich eine streckenabhängige Pkw-Maut daher für ungeeignet. Die integrierte Stadtentwicklung versucht Bebauung, Grün- und Freiräume und Mobilitätsbedürfnisse mitei- Stattdessen spreche ich mich für eine umweltschutzori- nander in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass kei- entierte Option aus, etwa die Etablierung eines zunächst ner der Belange einem Primat der Optimierung unter- nationalen CO2-Emissionshandels, mit dem langfristi- liegt (aus heutiger Sicht ist das hohe Pkw-basierte gen Ziel eines europäischen CO2-Emissionshandels im

I Abweichende Auffassung

Verkehrssektor. Denkbar wäre ein Bezug auf den Ener- tegien. Eine solche Rahmung (klare Indikatoren, realis- gieverbrauch pro gefahrene km. Da auch erneuerbare tische Zielsetzungen gepaart mit Flexibilität) führt dazu, Energien Ressourcen sind, die es sparsam zu nutzen gilt, dass eher Instrumente adressiert werden, die Anreize wäre die Bepreisung des Energieverbrauchs von E-Autos schaffen, Innovationen ermöglichen, Austausch und Wis- sinnvoll. senstransfer und nicht zuletzt Experimentiergeist för- dern. Nicht regulative übergeordnete Wege, sondern de- Der SRU empfiehlt, Gemeinden ab 50.000 Einwohnerin- finierte Ziele würden steuern. Die Städtebauförderung nen und Einwohnern integrierte Verkehrsentwicklungs- kann bei einer Ausweitung und deutlichen Aufstockung pläne obligatorisch vorzugeben. Die Gemeinden mit ob- ihres Finanzvolumens meiner Auffassung nach ein ge- ligatorischen Verkehrsentwicklungsplänen zu belegen, eigneter Ort für eine solche Rahmensetzung für Mobili- halte ich für juristisch nicht darstellbar (kommunale tätskonzepte sein. Selbstverwaltung, Artikel 28 Absatz 2 GG). Zudem halte ich die Maßnahme, mit Blick auf die Größe „ab 50.000 1. Zum Zusammenwirken der Kapitel Einwohnerinnen und Einwohnern“ für unangemessen, ­„Weniger Verkehrslärm für mehr Gesundheit zumal eine finanzielle Flankierung durch Bund und Län- und Lebensqualität“ und „Für eine aktive der in Kenntnis der Haushaltslage vieler Kommunen und umweltfreundliche Stadtmobilität: nicht gesichert werden kann, allenfalls über ein striktes ­Wandel ermöglichen“ Konnexitätsprinzip in den Länderverfassungen. In ihrer Gesamtheit werden die Empfehlungen der Ka- pitel „Weniger Verkehrslärm für mehr Gesundheit und Der SRU schlug 2005 dem Bund vor, ein Gemeinde­ Lebensqualität“ und „Für eine aktive und umweltfreund- verkehrsplanungsgesetz zu schaffen, um verbindliche liche Stadtmobilität: Wandel ermöglichen“ dem inte­ Vorgaben für die Aufstellung und Ausgestaltung von grierten Ansatz der Stadtentwicklung meines Erachtens ­integrierten Verkehrsplänen festzuschreiben. Verwiesen noch nicht gerecht. Nachfolgend wird dies beispielhaft wird unter anderem auf die französischen „plans de anhand von in beiden Kapiteln abgeleiteten Empfehlun- ­déplacements urbans“, die erst für Agglomerationsge- gen für Lärmschutz sowie anhand der zugrunde liegen- meinschaften ab 100.000 EinwohnerInnen verpflichtend den Leitbilder der Stadtplanung kurz erläutert. sind (Sondergutachten „Umwelt und Straßenverkehr“, SRU 2005, S. 233, Tz. 485 und S. 234). In der Zusammenbetrachtung beider Kapitel werden im Kapitel „Weniger Verkehrslärm für mehr Gesund- Eine pauschale Verpflichtung aller Gemeinden ab 50.000 heit und Lebensqualität“ zahlreiche, teils sehr stren- Einwohnerinnen und Einwohnern lässt unterschiedliche ge Forderungen gestellt zu bundesweit einheitlichen Ausgangssituationen außer Acht. In der Folge können und verbindlichen Auslösewerten für die Lärmaktions- Gemeinden benachteiligt werden, die zwar weniger als planungen, der Orientierung an den WHO-Grenzwer- 50.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählen, aber Ver- ten sowie zur Etablierung von ruhigen Gebieten. Im kehrsentwicklungspläne nötiger hätten. Kapitel „Für eine aktive und umweltfreundliche Stadt- mobilität: Wandel ermöglichen“ werden Empfehlun- Anstatt pauschaler Mittelverteilung (Gießkannen-Prin- gen formuliert mit dem Ziel, das Verkehrsaufkommen zip) wäre meiner Auffassung nach der Weg über die Frei- in Städten zu reduzieren. Dies soll nicht nur über die willigkeit der Kommunen, Länderinitiativen, gezielte För- Stärkung des ÖPNV, der Fahrrad- und Fußwege, son- derung und verstärkte Städtebauförderung um die dern auch über ordnungspolitische Maßnahmen sowie Erstellung von gemeindeübergreifenden Mobilitätskon- über finanzielle Anreize bis hin zur Anpassung der Flä- zepten zielführender. chenverteilung der Verkehrsteilnehmenden erfolgen. Dabei ist es in einer integrierten Stadtentwicklung ziel- Eine staatliche Steuerung der Verkehrsentwicklung soll- führend, diese Maßnahmen nicht additiv zu betrach- te weniger in Regularien münden, sondern realistische ten, sondern diese ergebnisorientiert und je nach Aus- Zielsetzungen entwickeln und dabei die maximal mögli- gangslage situativ zu wählen und untereinander so zu che Flexibilität für die Kommunen zulassen. Zu nennen kombinieren, dass Wirkungen optimiert und gegen- ist beispielsweise The Local Transport Plan LTP (loka- läufige Effekte vermieden werden. Für eine integrier- ler Verkehrsplan) in Großbritannien, in dem anhand von te Stadtentwicklung sind Flexibilität und Abwägung Indikatoren Zielwerte definiert werden. LTP wirkt aber als Grundsätze unabdingbar, um möglichst allen Be- viel mehr durch die Steuerung über vor Ort zu bestim- dürfnissen gerecht zu werden (siehe meine abwei­ menden Kriterien und knüpft dennoch an nationale Stra- chende Auffassung in der Stellungnahme des SRU

II Abweichende Auffassung

­„Wohnungsneubau langfristig denken – Für mehr Um­ schutz einhergehen. Das erscheint jedoch angesichts weltschutz und Lebensqualität in den Städten“ 2018, der Flächenersparnis, der höheren baulichen und funk- Fußnote auf Seite 78). Im Rahmen einer integrierten tionalen Dichten und den damit einhergehenden grund- Stadtentwicklung kann es daher oft zielführend sein, legenden umweltseitigen Vorteilen und im Sinne der Maßnahmen, die das gleiche Ergebnis erzielen, wahl- Abwägung und eines integrierten Ansatzes hinnehm- weise zu treffen. bar zu sein.

Beispiel: Lärmschutz Die beiden Entwürfe der Anlage einer Stadt bzw. Leit­ Das Ziel Lärmschutz beispielweise kann entweder über bilder der Stadtplanung (Charta von Athen oder Leip- die Reduzierung der Lärmbelastung an der Quelle (etwa zig-Charta) stehen im Widerspruch zueinander. Beide über die Reduzierung des Verkehrsaufkommens oder ge- kann man nicht gleichzeitig anstreben. ringere Schallemission an der Quelle „Fahrzeug“) oder über mehr Lärmschutz durch bauliche Maßnahmen er- Zudem lassen beide Kapitel technologische Entwicklun- reicht werden. So entscheiden sich einige Städte bewusst gen außer Acht. So werden Elektroautos oder autonome für die konsequente Reduzierung des Verkehrsaufkom- Fahrzeuge voraussichtlich wesentlich leiser werden, so mens und nur in diesem Fall bzw. in dieser Ausgangslage­ dass die Ausgangslage eine andere sein wird. dafür, die Maßnahmen des Lärmschutzes zu reduzieren, da im Ergebnis das Ziel „Lärmschutz“ über die Verkehrs- 2. Zu den Empfehlungen des Kapitels 6 vermeidung erreicht wird. „Für eine aktive und umweltfreundliche ­Stadtmobilität: Wandel ermöglichen“ Beispiel: Stadtleitbilder und Grundlagen der Empfehlungen beider Kapitel 2.1 Gesundheit, Lebensqualität und Die Empfehlungen des Kapitels 5 „Weniger Verkehrslärm ­Verkehrswende für mehr Gesundheit und Lebensqualität“ und des Ka­ Im Kapitel wird ein deutlicher Zusammenhang zwischen pitels 6 „Für eine aktive und umweltfreundliche Stadt- Gesundheit und Verkehrswende hergestellt. In Tz. 576 mobilität: Wandel ermöglichen“ basieren meines Erach- heißt es „Gerade in den Städten haben viele Menschen jedoch tens auf unterschiedlichen Leitbildern der Stadtplanung das Bedürfnis, im öffentlichen Raum ungestört vom Auto so- bzw. unterschiedlichen Entwürfen der Anlage einer ziales Leben und Ruhe zu genießen. Erreicht werden kann Stadt. dies durch eine Förderung des ÖPNV und des Fuß- und Rad- verkehrs. Wenn sich mehr Menschen aktiv bewegen, so ver- So bemühen meiner Auffassung nach übergeordnete ursachen sie nicht nur geringere Umweltbelastungen, son- und idealerweise große „ruhige Gebiete“ und Grünflä- dern profitieren auch gesundheitlich davon.“ chen/Stadtnatur als Erholungs- und Erlebnisräume eher das Konzept einer „aufgelockerten und gegliederten Mobilität hat meiner Auffassung nach nicht die Aufgabe, Stadt“ (Charta von Athen). Diese aber verursacht, his- Menschen dazu zu bringen, sich im Sinne der Gesund- torisch erwiesen, lange Erschließungswege und Infra- heit aktiv zu bewegen. Mobilität ist primär eine Trans- strukturen und dadurch mehr Verkehrsaufkommen; der portaufgabe, die angesichts steigenden Verkehrsaufkom- Begriff „autogerechte Stadt“, wenn auch nicht in der mens, zunehmender Verstädterung und der Kluft Charta von Athen verwendet, stammt als Ergebnis zwischen Stadt und Land gelöst werden muss – und zwar genau aus dieser Stadtplanungsepoche. Die Leipzig- unter Berücksichtigung und Integration konkurrieren- Charta zur europäischen nachhaltigen Stadt propagiert der Aspekte. dagegen eine „kompakte, nutzungsgemischte“ Stadt, die kurze Wege ermöglichen soll. In einer kompakten Im Einzelnen: Stadt lassen sich Maßnahmen für weniger Pkw-basier- Unbestritten ist, dass weniger umweltbelastende und ten Verkehr, mehr Fußwege, mehr Fahrradwege etc. un- lärmproduzierende Autos in der Stadt mehr Ruhe, mehr gleich leichter etablieren. Auch der gleichberechtigte Aufenthaltsqualität im Außenraum und weniger Schad- Zugang und die Versorgung aller Gesellschaftsgruppen stoffe bedeuten. Die Annahme, dass weniger Autos in der mit Grünräumen (Stichwort Umweltgerechtigkeit) las- Stadt kausal zu mehr Lebensqualität führen und dies teils sen sich meiner Auffassung nach eher in einer kompak- als Begründung für die abgeleiteten Vorgaben dient, ist ten nutzungsgemischten Stadt sichern. Dies kann al- meiner Auffassung nach nicht haltbar. Beispielsweise hat lerdings auch mit erhöhten Lärmpegeln und einem sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die bloße Auswei- erhöhten Aufwand zum aktiven und passiven Lärm- sung von Grünflächen nicht automatisch dazu führt, dass

III Abweichende Auffassung

diese aktiv genutzt werden. Nicht zuletzt deshalb sind Im Einzelnen: bewegungsförderliche Anlagen nur ein Teil der städti- Die heutigen Stadtstrukturen sind oft von der Charta von schen Grünraumplanung. Darüber hinaus geht Lebens- Athen geprägt. Das Leitbild der „aufgelockerten und ge- qualität auch mit kurzen Wegen und optimiertem Zeit- gliederten Stadt“ mit ihrer starken Nutzungstrennung management einher. Die Wahl des Verkehrsmittels hat steht für lange Infrastrukturwege und mehr Pkw-basier- zudem einen direkten Einfluss auf die Zeiteinsparung im tes Verkehrsaufkommen (Stichwort „autogerechte Stadt“). Alltag. Diese kann je nach Situation auch mehr Zeit für Dies zeigt u. a. die Flächenverteilung auf die verschie­ Familie, Hobbies, Sport etc. bedeuten, was sich ebenfalls denen Fortbewegungsmittel (Auto, ÖPNV, zu Fuß, positiv auf die Gesundheit und Lebensqualität auswir- ­Fahrrad). ken kann. Eine moderne Stadtmobilität ist aus Sicht der Bundesweit im Deutschen Städtetag organisiert, verfol- Stadtplanung/-entwicklung eine Mobilität, die allen Men- gen die Städte im Rahmen ihrer Aufgabe der Versorgungs­ schen ermöglicht, sich mit verschiedenen Verkehrsmit- bereitstellung gemeinwohlorientierte Interessen und teln von A nach B in ökologischer Weise, schnell und be- ­möglichst ausgewogene Entscheidungen. Der Dt. Städ- zahlbar fortzubewegen. Ein solches Konzept führt meines tetag formuliert im Juni 2018 in seinem Positionspapier Erachtens im Ergebnis dazu, dass bei der „Wahlfreiheit“ „Nachhaltige städtische Mobilität für alle, Agenda für zusätzliche Vorteile von den Verkehrsbeteiligten erkannt eine Verkehrswende aus kommunaler Sicht“ (DT. STÄD- und genutzt werden, etwa Laufen oder Radfahren in der TETAG 2018, S. 27): „Im Bereich aktiver Mobilität frischen Luft, was sich gesundheitlich positiv auswirkt. (Fuß- und Radverkehr)­ liegt zudem ein erhebliches ­Potenzial für die individuelle Gesundheit und die Der Autoverkehr muss zweifelslos in den Städten re­ ­Reduzierung der Krankheitskosten.“ (siehe auch Städ- duziert werden. Dies gilt es allerdings mit Blick auf Aus- te in Bewegung, Arbeitsgemeinschaft­ fußgänger- und wirkungen auf die städtische Binnenwirtschaft und den fahrradfreund­licher Städte, AGFS, 2015). Der Dt. Städ- Einzelhandel differenziert zu betrachten und auszuba- tetag sieht hier ein erhebliches Potenzial, aber keinen lancieren. Zudem werden bestimmte Gesellschaftsgrup- automatischen Vorrang. pen (bewegungseingeschränkte, ältere Menschen) ver- mutlich weiter auf Pkw-Nutzung angewiesen sein. Auch Die integrierte Stadtentwicklung versucht Bebauung, ist der Umbau der Stadtstrukturen/-wege und Zugänge Grün- und Freiräume und Mobilitätsbedürfnisse mit­ zu Mobilitätsknotenpunkten hin zu mehr Barrierefreiheit­ einander in Einklang zu bringen. Das bedeutet, dass eine Jahrzehnte dauernde planerische, bauliche und ­keiner der Belange einem Primat der Optimierung un- ­finanzielle Aufgabe. Parallel zur Reduktion des Auto­ terliegt (aus heutiger Sicht ist hohes Pkw-basiertes verkehrs bedarf es funktionierender, zumutbarer und ­Verkehrsaufkommen in den Städten das Ergebnis des etablierter Alternativen. ­Primates „autogerechte Stadt“). 3.3 Streckenabhängige Pkw-Maut und 2.2 Wirksamkeit der Instrumente ­Wirksamkeit für den innerstädtischen Verkehr Der SRU empfiehlt eine streckenabhängige Pkw-Maut Wirkungsabschätzung und favorisiert diese im Vergleich zur City-Maut. Ich Die Reduzierung des Pkw-basierten Individualverkehrs spreche mich gegen beide, Pkw- und City-Maut, aus und zugunsten des ÖNPV ist eine wichtige Säule für eine halte sie mit Blick auf den Fokus des Kapitels (Mobilität nachhaltige Mobilität in Städten. Neben dem Individu- in Städten) für nicht zielführend. Stattdessen spreche alverkehr ist es für Städte elementar, auch ein Verkehrs- ich mich für eine umweltschutzorientierte Option aus, angebot für die städtische Wirtschaft bereitzustellen. etwa die Etablierung eines zunächst nationalen CO2- Städte sind auf ihre Binnenwirtschaft angewiesen, die Emissionshandels, mit dem langfristigen Ziel eines eu-

Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Hierfür reicht es nicht ropäischen CO2-Emissionshandels. Das vorliegende Um- aus, den ÖPNV zu stärken und den Autoverkehr zu re- weltgutachten des SRU nimmt die Zukunft der duzieren. Auch wird eine Wirkungsabschätzung der Emp- EU-Umweltpolitik in den Blick. fehlungen auf städtische Verkehrsaufkommen, Gesund- heits- und Klimaschutz und städtische Wirtschaft nicht Im Einzelnen: vorgenommen. Diese ist aber wichtig, um das Umstruk- Der SRU hat bereits 2017 im Gutachten „Umsteuern er- turieren der Verkehrsangebote bei Beachtung konkurrie- forderlich: Klimaschutz im Verkehrssektor, 2017“ eine render Aspekte und Belange erfolgreich zu führen. Pkw-Maut empfohlen. Der Rat schlug vor, die damals be-

IV Abweichende Auffassung

schlossene Pkw-Maut zu einer streckenabhängigen Maut Wirksam im Sinne der Verkehrsvermeidung wird die Pkw- fortzuentwickeln, die dann für alle Bundes- und Landes- Maut erst ab Fahrleistungen von mehr als 50 km. Fast straßen gelten soll. die Hälfte der zurückgelegten Wege in Städten ist aber kürzer als 3 km, davon 40 % per Pkw. Bei fast der Hälfte Eine räumliche Ausdifferenzierung oder ein Vergleich der Wege wäre der Bepreisungseffekt sehr überschaubar. zwischen Pkw- und City-Maut fanden nicht statt. Der Zu einem Verzicht auf das Auto wird dieser Effekt eher SRU nennt Vor- und Nachteile von Mautsystemen (Tz. nicht führen. 574., Tabelle 6-4) und spricht sich im vorliegenden Gut- achten auch für den Bereich „Mobilität in Städten“ für Für den Fokus des Kapitels „Städte“ halte ich eine stre- eine Pkw-Maut aus. ckenabhängige Pkw-Maut daher für ungeeignet. Bei der Diskussion um die Pkw-Maut sind zudem einige Fragen Zur City-Maut nicht geklärt, u. a. Aspekte des Daten- und Verbraucher- Meiner Auffassung nach lässt sich die City-Maut tech- schutzes und des technischen Erhebungsaufwands, nisch und finanziell so differenziert ausgestalten, dass wobei letzterer unter Nutzung der Digitalisierung re­ sowohl positive Umweltwirkungen als auch Verkehrslen- duzierbar wäre. Eine entfernungsgenaue Erfassung, die kung gelingen. Durch die Preisgestaltung lässt sich die auf standortortbezogene Daten basiert, erscheint mir City-Maut sozialverträglicher gestalten. Die City-Maut aus Datenschutzgründen und aus heutiger Sicht nicht wäre insbesondere in den Innenstädten (Cities) wirksa- durchsetzbar. mer. Sie führt zur Verringerung der Autonutzung inner- halb der Maut-Zone. Außerhalb der Innenstädte kann Ich halte die Pkw- und die City-Maut für die Mobilität eine City-Maut Umfahrungen verursachen. Das bedeu- in Städten nicht zielführend. Vor Ort können eher auto- tet mehr gefahrene Kilometer, Verkehrsaufkommen und reduzierte bis autofreie Zonen gezielt helfen. Dies wird Lärm- und Schadstoffbelastung an Umfahrwegen. bereits in einigen Städten praktiziert. Kommunen kön- nen so ihre Handlungsfähigkeit nutzen und in Rücksicht Zur City-Maut führt der Deutsche Städtetag im Positi- auf alle Mobilitätsgruppen, Gewerbeverkehre, Einzel­ onspapier „Nachhaltige städtische Mobilität für alle, 2018 ereignisse sowie weitere örtliche Bedingungen agieren. aus (DT. STÄDTETAG 2018, S. 32): „Die Einführung einer

„City-Maut“ wird derzeit nicht als zielführende Lösung be- Vorschlag: CO2-Emissionshandel im ­Verkehrssektor trachtet. Sie droht, die wichtige Einzelhandelsfunktion der Das vorliegende Umweltgutachten des SRU nimmt die Städte zu schwächen und den Pendlerverkehr zu verstärken. Zukunft europäischer Umweltpolitik in den Blick. In An- Die Fortführung und Ausweitung der innerstädtischen Park- betracht der Entwicklungen und der EU-Richtlinie für raumbewirtschaftung hat hingegen derzeit für die meisten Non-ETS-Sectors spreche ich mich für eine umwelt- Städte Vorrang. Studien hinsichtlich Machbarkeit und Nut- schutzorientierte Option aus, hier die Etablierung eines zen einer City-Maut können für eine belastbare Diskussion zunächst nationalen CO2-Emissionshandels und lang- gleichwohl sinnvoll sein, ebenso wie einzelnen Städten die fristig eines europäischen CO2-Emissionshandels. Für ­Erprobung ermöglicht werden sollte.“ den Erfolg eines CO2-Emissionshandels im Verkehrssek- tor sollten bürokratische Hürden abgebaut und eine Die City-Maut ist in der Einführung aufwendig und würde transparente Methode zur Ermittlung des Ausstoßes kli- zwangsläufig zur Verschärfung der Wettbewerbssituati- maschädlicher Gase etabliert werden. on zwischen den Städten führen, was auch umweltseitig

Nachteile mit sich bringt. Zudem könnten die Kosten bei Denkbar ist, den CO2-Emissionshandel auf den Energie- den Zuweisungen an die Städte in Abzug gebracht wer- verbrauch pro gefahrene km zu beziehen. Da auch erneu- den (ebd.). erbare Energien Ressourcen sind, die es sparsam zu nut- zen gilt, wäre die Bepreisung des Energieverbrauchs von Zur streckenabhängigen Pkw-Maut Elektroautos sinnvoll. Der Umstieg vom fossilen Auto- Die streckenabhängige Pkw-Maut entfaltet je nach Aus- betrieb hin zu Elektromobilität oder wasserstoffbasier- gestaltung erst ab einer bestimmten Kilometeranzahl ten Fahrzeugen muss am Ende effektiv zur Reduktion ihre Wirkung. Dies hängt stark vom räumlichen Typus (und nicht nur zum Ersatz) des Verkehrsaufkommens und der Größe der Städte und von den Verkehrsströmen führen. ab. Mit einer streckenabhängigen Pkw-Maut ließe sich der Pendlerverkehr in Städte hinein wohl reduzieren.

V Abweichende Auffassung

3.4 Obligatorische Verkehrsentwicklungs­ anderem auf die französischen „plans de déplacements pläne für Gemeinden ab 50.000 Einwohnerin­ urbans“, die für Agglomerationsgemeinschaften ab nen und Einwohner 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verpflichtend Der SRU empfiehlt, Gemeinden ab 50.000 Einwohnerin- sind (Sondergutachten „Umwelt und Straßenverkehr“, nen und Einwohner integrierte Verkehrsentwicklungs- Sachverständigenrat für Umweltfragen, Juli 2005, S. 233, pläne obligatorisch vorzugeben (Tz. 531.): „Die Kommu- Tz. 485 und Exkurs im Kasten „Das französische Gemein- nen können nicht mehr unmittelbar durch Bundesgesetz deverkehrsplanungsrechts“, S. 234). verpflichtet werden. Der SRU empfiehlt deshalb aufgrund der geänderten verfassungsrechtlichen Situation Landesregelun- Auch der Deutsche Städtetag sieht die Verkehrsentwick- gen zu erlassen, die zur Aufstellung von integrierten Ver- lung als wichtige Säule einer nachhaltigen Mobilität an, kehrsentwicklungsplänen in Städten ab 50.000 Einwohne- aber die Aufgabe von Bund und Ländern darin, Kommu- rinnen und Einwohnern verpflichten. Dazu könnten Bund nen finanziell zu unterstützen. Dazu formuliert der Städ- und Länder auf der Ebene der Verkehrsministerkonferenz ein tetag in „Nachhaltige städtische Mobilität für alle, Agen- Muster-Gemeindeverkehrsplanungsgesetz erarbeiten und bei da für eine Verkehrswende aus kommunaler Sicht“, Juni Bedarf fortschreiben (analog z. B. der Musterbauordnung 2018 (DT. STÄDTETAG 2018, S. 25): „Langfristige Pla- (MBO) auf der Ebene der Bauministerkonferenz).“ nung neuer Wohngebiete in möglichst integrierten Lagen mit guter Anbindung an den Öffentlichen Personenverkehr Ich spreche mich aus Gründen der kommunalen Pla- (ÖPV) und das Hauptroutennetz des Radverkehrs, Binnen- nungshoheit gegen diese Empfehlung aus. Die Gemein- strukturen mit guten Bedingungen für Fuß- und Radverkehr den mit obligatorischen Verkehrsentwicklungsplänen zu und weiteren Angeboten für multimodales Verkehrsverhal- belegen, halte ich für juristisch nicht ohne weiteres dar- ten (z. B. Car-, Bike-Sharing), Erhalt gemischter Nutzungs- stellbar. Zudem halte ich die Maßnahme mit Blick auf die strukturen unter Einbeziehung des Gewerbes im Bestand mit Größe „ab 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern“ für integrativen quartiersbezo­genen Verkehrskonzepten u. v. a. m.“ unangemessen, zumal eine finanzielle Flankierung durch Und weiter: „Den strategischen Rahmen für Mobilitäts- und Bund und Länder in Kenntnis der Haushaltslage vieler Verkehrs­politik bilden in der Regel integrierte Verkehrs­ Kommunen, nicht gesichert ist. entwicklungs­pläne (VEP) oder andere Formen von städti- schen Mobilitätsplänen. […] Ziel einer vorrangigen Förde- Wie integrierte Verkehrsentwicklungspläne gesteuert rung der Verkehrsträger des „Umweltverbunds“ […] mit werden können, ist Gegenstand der Studie (WOLFRAM einer leistungsfähigen und sicheren Infrastruktur steht dabei et al. 2010). U. a. werden auch Gründe gegen national im Mittelpunkt. Das zieht z. T. erheblichen Ausbaubedarf (damals allerdings vom Bund aus) verordnete Ver- nach sich, dem die Kommunen entsprechen müssen. [...] Die kehrsentwicklungspläne angeführt, darunter die Ein- Kommunen brauchen insbesondere für die ihnen übertrage- schränkung des kommunalen Handlungsspielraums, die nen Aufgaben ausreichende finanzielle und personelle Res- Inkonsistenz der Verkehrspolitik verschiedener Ebenen sourcen.“ und unterschiedliche lokale Vorausetzungen. Bereits heute betreiben Kommunen gemäß ihrer Finanz-, Meiner Auffassung nach bleibt der Weg über die Freiwil- Planungs- und Personalkapazitäten qualifizierte Ver- ligkeit der Kommunen, eine gezielte Förderung, klare kehrsplanungen, die ganz überwiegend den Qualitätskri- Qualitätskriterien sowie eine deutlich erweiterte inter- terien des „Sustainable Urban Mobility Plan“ (SUMP) kommunale Kooperation im Rahmen der Städtebau­ entsprechen, die die EU-Kommission empfiehlt. förderung. Als Beispiel für landesrechtliche Regelung wird im Kapi- Im Einzelnen: tel Berlin (Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr; Einschätzung zur juristischen Machbarkeit Tz. 531.) angeführt. Große Metropolen (Berlin, Ham- Der SRU schlug im Jahr 2005 dem Bund vor, ein Gemein- burg, Frankfurt etc.) und Metropolregionen sind ohne- deverkehrsplanungsgesetz zu schaffen, um verbindliche hin auf integrierte Verkehrsentwicklungsplanungen an- Vorgaben für die Aufstellung und Ausgestaltung von in- gewiesen und bedürfen keiner Verpflichtung. Sie sind tegrierten Verkehrsplänen festzuschreiben. Eine Einwoh- von hohem Verkehrsaufkommen, in höherem Maße be- nerzahl, ab der integrierte Verkehrsplanungen verpflich- troffen als kleinere und mittlere Gemeinden und können tend werden sollen, nannte der SRU nicht. Verwiesen teils als Bundesland (siehe Beispiel Berlin) in Eigenregie­ (nur beispielhaft, weniger als Empfehlung) wurde unter Regelungen erlassen. Die obligatorischen Verkehrsent-

VI Abweichende Auffassung

wicklungspläne werden vom SRU aber für kleinere und Eine pauschale Verpflichtung aller Gemeinden ab 50.000 mittlere Gemeinden ab 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnerinnen und Einwohnern lässt zudem unter- ­Einwohnern vorgeschlagen. schiedliche Ausgangssituationen (Bedarf, Ausgangs- und Problemlage) zwangsweise außer Acht. Durch den hier- Gegen eine obligatorische Verpflichtung von Verkehrs­ durch umfassenderen erforderlichen finanziellen Rah- entwicklungsplänen spricht meiner Auffassung nach die men werden in der Folge Gemeinden benachteiligt, die kommunale Selbstverwaltung, die im Artikel 28 Absatz 2 zwar weniger als 50.000 Einwohnerinnen und Einwoh- Grundgesetz verankert ist. Dort heißt es: „Den Gemein- ner zählen, die aber integrierte Verkehrsentwicklungs- den muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten pläne nötiger hätten. Gründe können u. a. vorliegen, der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eige- wenn Gemeinden wegen ihrer räumlichen Einbettung ner Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände oder anliegender Industrie zwar weniger Einwohnerin- haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach nen und Einwohner zählen, aber dennoch hohes Ver- Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die kehrsaufkommen verzeichnen. Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung…“. Im Ar- Anstatt pauschaler Mittelverteilung (Gießkannen-Prin- tikel 28 Absatz 3 heißt es weiter: „Der Bund gewährleistet, zip) wäre meiner Auffassung nach der Weg über die Frei- dass die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grund- willigkeit der Kommunen, Länderinitiativen, gezielte För- rechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ent- derung und verstärkte Städtebauförderung um die spricht.“ Erstellung von gemeindeübergreifenden Mobilitätskon- zepten zielführender. Die Gemeinden von den Ländern aus mit obligatorischen Verkehrsentwicklungsplänen zu belegen, halte ich daher Vorschlag: Zielsetzung für integrierte Ver­ für juristisch schwierig. Allenfalls kann ein striktes Kon- kehrsentwicklung entwickeln, interkommunale nexitätsprinzip die Verpflichtung an sich indirekt recht- Kooperationen in der Städtebauförderung fertigen. weiter stärken Eine staatliche Steuerung der Verkehrsentwicklung soll- Im Einzelnen: Finanzielle Aspekte te weniger in Regularien münden, sondern realistische und das Konnexitätsprinzip im Verhältnis Zielsetzungen entwickeln und dabei die maximal mögli- Länder/Kommunen che Flexibilität für die Kommunen zulassen. Zu nennen Aus finanzieller Sicht kann die obligatorische Aufstel- ist hier beispielsweise The Local Transport Plan LTP (lo- lung von integrierten Verkehrsentwicklungsplänen allen- kaler Verkehrsplan) in Großbritannien, indem anhand falls über ein striktes Konnexitätsprinzip in den Länder- von Indikatoren Zielwerte definiert werden. Die Aufstel- verfassungen gerechtfertigt werden. lung von LTPs ist zwar gesetzlich geregelt. LTP wirkt aber viel mehr durch die Steuerung über vor Ort zu bestim- Das Konnexitätsprinzip ist im Art. 104 Abs. 1 des Grund- mende Kriterien und knüpft dennoch an nationale gesetztes verankert. Danach müssen Bund und Länder ­Strategien. So können Kommunen den Nutzen der Kosten übernehmen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer ­Verkehrsentwicklungspläne, die Machbarkeit und die Aufgaben ergeben (Vollzugskausalität). Das Konnexi- ­Flexibilität gewährleistet sehen. Eine solche Rahmung tätsprinzip hat nach der Einführung der Sperrfrist im (klare Indikatoren, realistische Zielsetzungen gepaart Grundgesetz (Art. 84 Abs. 1 Satz 7) im Rahmen des Fö- mit Flexibilität) führt dazu, dass eher Instrumente adres­ deralismus besonders an Bedeutung gewonnen. Der Bund siert werden, die Anreize schaffen, Innovationen ermög- darf den Ländern keine Aufgabe übertragen, ohne diese lichen, Austausch und Wissenstransfer und nicht zuletzt zu finanzieren. Im Verhältnis der Länder und Kommu- Experimentiergeist fördern. Nicht regulative überge­ nen sichert das Konnexitätsprinzip Ansprüche der Kom- ordnete Wege, sondern definierte Ziele würden steuern. munen gegenüber den Ländern gerichtlich ab und ist in In WOLFRAM et al. (2010) werden ähnliche Ansätze 13 Länderverfassungen verankert. Wenn ein Land sei- diskutiert. nen Kommunen eine Aufgabe vorschreibt, trägt es die (Mehr-)Kosten oder sorgt für Ausgleich („Wer bestellt, Die Städtebauförderung kann bei einer Ausweitung und bezahlt“). Beispiel: Kommunale Kosten des Ausbaus der deutlichen Aufstockung ihres Finanzvolumens meiner Kleinkindertagesbetreuung gemäß dem Kinderförde- Auffassung nach ein geeigneter Ort für eine solche Rah- rungsgesetz, Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfa- mensetzung für Mobilitätskonzepte sein, die entlang von len, Urteil v. 12.10.2010, VerfGH 12/09. Qualitätskriterien und Zielen ausgestaltet werden kön-

VII Abweichende Auffassung

nen. Die Städtebauförderung müsste allerdings noch viel „fremd“, also jenseits ihrer Gemarkung einsetzen dür- stärker als in der seit Januar 2020 neu strukturierten und fen. Eine entsprechende Flexibilisierung kann interkom- inhaltlich ausgerichteten Novelle die interkommunale munale Kooperationen fördern und Gemeinden in die Kooperation fördern, insbesondere für klimafreundliche Lage versetzen, Verkehrsentwicklungspläne zu erstellen integrierte Mobilitäts- und Verkehrskonzepte (siehe und darüber hinaus im Bereich Stadtentwicklung, Stadt- unter anderem Aufweitungsantrag „Städtebauförderung Umland-Beziehungen, Klimaschutz und Energieleitplä- nachhaltig ausrichten“ der Grünen, Drucksache des Bun- ne zu kooperieren (vgl. „Das Quartier: Raum für mehr destages 19/9950). Umwelt- und Klimaschutz“).

Gerade kleine und mittlere Gemeinden würden davon Analog zum britischen LTP-Ansatz sollte die Maxime profitieren, wenn sie gemeinsam und über die eigenen „Bestandserhaltung vor Neubauvorhaben“ im Verkehrs- Gemarkungsgrenzen hinweg integrierte Verkehrsent- wesen praktiziert und in die Förderung Eingang finden. wicklungen betreiben. Denn städtebauliche Förderanträ- Der demographische Wandel und die Entwicklung des ge scheitern oft an Bürokratie sowie am sog. „Eigenmit- Straßenverkehrs machen diese Priorisierung meiner Auf- telanteil“. Zudem sehen viele Gemeindeverordnungen fassung nach auch in Deutschland notwendig. erschwerend vor, dass Gemeinden ihre Mittel nicht

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