DOKUMENTATION

IQ-FORUM

QUALITÄT MIT BRIEF UND SIEGEL BEWERTUNGSMASSSTÄBE IM JOURNALISMUS

AM 29. SEPTEMBER 2003 IN

Kontakt zur Initiative Qualität (IQ)

Ulrike Kaiser DJV Bennauerstraße 60 53115 Tel.: 0228/2017224 Fax: 0228/2017233 E-Mail: [email protected] www.initiative-qualitaet.de

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 3

Inhaltsverzeichnis Seite

Programm 5

Eröffnung und Impulsreferate

Begrüßung Volker Hummel, Initiative Qualität 9

Zwischen KEF und Quote: Der Qualität gehört die Zukunft? Ernst Elitz, DeutschlandRadio 11

Jenseits der Superstars: Programmentwicklung bei Privaten Dr. Norbert Schneider, LfM/DLM 17

Qualität in der Krise: Was Zeitungen sich leisten können Bodo Hombach, WAZ-Gruppe 25

Arbeitskreise Einleitende Statements und Berichte im Plenum

AK 1: Zur Transparenz verpflichtet Selbstzertifizierung der Aus- und Weiterbildung Statements: Dr. Arthur Frischkopf 31 Prof. Dr. Ulrich Pätzold 37 Bericht: Dr. Frauke Höbermann 40

AK 2: Medienführerschein und Qualitätssiegel Medien unter Fremdbewertung Statement: Matthias Arkenstette 42 Bericht: Dr. Peter Widlok/Marina Friedt 44

AK 3: Codes und Kodex Die organisierte Selbstkontrolle Statement: Manfred Protze 46 Bericht: Ulrike Maercks-Franzen 46

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AK 4: Journalisten über Journalisten Medienpublizistik unter Druck Statement: Prof. Dr. Stephan Ruß-Mohl 48 Bericht: Ulrike Kaiser 49

AK 5: Preis der Qualität Werte und Werten in Jurys Statement: Dr. Klaus Rost 51 Bericht: Ulrike Helwerth 55

Arbeitspapiere

DJV-Charta: Qualität im Journalismus 57 dju-Charta zur Sicherung von Qualität im Journalismus 59 Springer-Leitlinien: Sicherung der journalistischen Unabhängigkeit 61 Qualitätszeitung – was ist das? Ergebnisse einer Umfrage 63

Presseecho (Auswahl) 67

Teilnehmerliste 78

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 5

Programm vom 29. September 2003 im DeutschlandRadio Berlin

Qualität mit Brief und Siegel Bewertungsmaßstäbe im Journalismus

11.00 Uhr Eröffnung des Forums

Impulsreferate

Zwischen KEF und Quote: Der Qualität gehört die Zukunft?

Ernst Elitz, Intendant DeutschlandRadio, Berlin

Jenseits der Superstars: Programmentwicklung bei Privaten

Dr. Norbert Schneider, Vorsitzender der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung, Medienkompetenz, Düsseldorf

Qualität in der Krise: Was Zeitungen sich leisten können

Bodo Hombach, Geschäftsführer WAZ-Gruppe, Essen

12.00 Uhr Imbiss

12.30 Uhr Arbeitskreise Seite 6 Dokumentation IQ-Forum 2003

Arbeitskreis 1: Zur Transparenz verpflichtet Selbstzertifizierung der Aus- und Weiterbildung

Impulsreferate: Dr. Arthur Frischkopf, Direktor des NRW- Landesinstituts für Qualifizierung, und Prof. Dr. Ulrich Pätzold, Institut für Journalistik, Universität Dortmund

Diskussionsleitung: Jürgen Dörmann, Direktor Journalisten-Zentrum Haus Busch, Hagen

Berichterstatterin: Dr. Frauke Höbermann, Hamburg

Erstmalig vorgestellt wird die von einer Expertengruppe entworfene Checkliste für journalistische Bildungseinrichtungen, die zunächst potenziellen Teilnehmern als Transparenzrichtlinie, später als Grundlage einer freiwilligen Zertifizierung dienen soll; im Mittelpunkt der Diskussion steht zudem das Verhältnis zwischen Instituten der Aus- und Weiterbildung und der Arbeitsverwaltung.

Arbeitskreis 2: Medienführerschein und Qualitätssiegel Medien unter Fremdbewertung

Impulsreferat: Matthias Arkenstette, Verbraucher-Zentrale NRW und Mitglied der LfM-Medienkommission

Moderation: Marina Friedt, freie Journalistin, Hamburg, DJV-AG Qualitätssicherung

Berichterstatter: Dr. Peter Widlok, Sprecher der Landesanstalt für Medien NRW (LfM)

In einigen Bundesländern wird zur Zeit verstärkt über Medienführerscheine und Qualitätssiegel diskutiert. In NRW zum Beispiel soll die dortige Landesmedienanstalt Qualitätskennzeichen vergeben, mit denen qualitativ hoch stehende Angebote hervorgehoben werden sollen. Nutzerinnen und Nutzern soll damit eine Orientierungshilfe geboten werden. Ziel ist eine Verbesserung des Medienangebotes. Ist das der Auftrag, ein Gütesiegel zum Beispiel für Qualität in den privatkommerziellen Programmen zu vergeben? Überlegungen zur Medienbewertung gibt es auch auf Seiten des Verbraucherschutzes. Andere Institutionen – wie der MedienTenor, die Initiative Nachrichtenaufklärung oder das ID-Netzwerk – bewerten Medien nach dem, was sie (wie) berichten (oder auch nicht). Welche Maßstäbe legen sie dabei an, und wie stehen Journalisten zu einer solchen Fremdbewertung?

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Arbeitskreis 3: Codes und Kodex Die organisierte Selbstkontrolle

Impulsreferat: Manfred Protze, Mitglied des Deutschen Presserats

Diskussionsleitung: Karin Wenk, M-Menschen machen Medien, Berlin

Berichterstatterin: Ulrike Maercks-Franzen, dju in ver.di, Berlin

Der Deutsche Presserat ist das Beispiel für mediale Selbstkontrolle. Er ist – wie der Name schon sagt – nur für die Presse zuständig. Lässt sich dieses Modell wirksam auf andere Medienbereiche übertragen? Gibt es Vergleichbares im Ausland? Und was können Medien bzw. Redaktionen tun, um die Selbstkontrolle intern sinnvoll zu ergänzen? Die Axel Springer AG hat sich mit „Leitlinien“ hervorgewagt. Ein möglicher Weg zu internen Qualitätsvereinbarungen. Ombudsstellen allerdings sind in deutschen Redaktionen anscheinend kein Thema. Warum eigentlich nicht?

Arbeitskreis 4: Journalisten über Journalisten Medienpublizistik unter Druck

Impulsreferat: Prof. Dr. Stephan Ruß-Mohl, Universität Lugano

Diskussionsleitung: Dr. Susanne Fengler, Kommunikationswissenschaftlerin, Berlin

Berichterstatterin: Ulrike Kaiser, journalist, DJV Bonn

Medienfachjournalisten können durch Beobachtung und Analyse der Branche auch zur Qualitätssicherung im Journalismus beitragen. Doch wie lässt sich ihre eigene Qualität sichern in Zeiten des redaktionellen Abbaus, der nicht zufällig auch und gerade die Medienressorts betroffen hat? Laufen Medienfachjournalisten nun mehr denn je Gefahr, als Teil der unternehmensinternen PR-Strategie instrumentalisiert zu werden? Wie steht es um Pläne und Initiativen zur Vernetzung des Medienfachjournalismus?

Arbeitskreis 5: Preis der Qualität Werte und Werten in Jurys

Impulsreferat: Dr. Klaus Rost, Chefredakteur „Märkische Allgemeine“ und Jurymitglied Theodor-Wolff-Preis

Seite 8 Dokumentation IQ-Forum 2003

Diskussionsleitung: Prof. Dr. Lothar Mikos, Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf", Potsdam

Berichterstatterin: Ulrike Helwerth, Journalistinnenbund, Berlin

Sie bewerten öffentlichkeitswirksam journalistische Arbeit: Jurorinnen und Juroren wählen aus einer Vielzahl eingesendeter Beiträge jene aus, die ihnen preiswürdig erscheinen. Nach welchen Kriterien gehen sie dabei vor, welche Maßstäbe legen sie an? Zum ersten Mal treffen sich Jurymitglieder namhafter Journalistenpreise zu einem Erfahrungsaustausch. Weiterer Aspekt: Wie lässt sich angesichts der Flut von Ausschreibungen die Qualität der Journalistenpreise sichern? Was unterscheidet Qualität fördernde Journalistenpreise von PR fördernden?

15.00 Uhr Abschlussplenum: Qualität von A(usbildung) bis Z(ertifizieren)

IQ in der Diskussion: Berichte aus den Arbeitsgruppen

16.30 Uhr Ende des Forums

Moderation:

Volker Hummel, Sprecher DJV-Arbeitsgruppe „Qualitätssicherung“

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Eröffnung

Volker Hummel, Sprecher der Initiative Qualität im Journalismus

„Qualität mit Brief und Siegel – Bewertungsmaßstäbe im Journalismus“ – das ist das Thema des Forums, zu dem ich Sie im Namen von IQ herzlich begrüße. IQ steht - man kann es gar nicht oft genug sagen - für „Initiative Qualität im Journalismus“, aus der Taufe gehoben vom DJV, aber inzwischen kümmern sich viele darum, und wir freuen uns über alle, die dazukommen. Denn Qualität im Journalismus geht alle an – die Macher und die Konsumenten oder Rezipienten – da wäre es nicht gut, wenn jemand einen Alleinvertretungsanspruch erheben wollte.

Da wir nur einen Tag zusammen sind, will ich allein aus Gründen der Zeitökonomie darauf verzichten, den einen oder anderen hier Anwesenden oder den einen oder anderen Mitveranstalter hervorzuheben. Es ist mehr als Höflichkeit, es ist echte Freude, wenn wir Ernst Elitz dafür danken, dass er diese traditionsreichen Räume in seinem Hause uns heute zur Verfügung stellt – vor allem jenen Saal, in dem Hans Rosenthal vom RIAS sein Publikum zu begeistern wusste. Der Dank gilt auch seinen ebenso engagierten wie kreativen Mitarbeitern, mit denen wir bei der Vorbereitung bestens zusammengearbeitet haben!

Unter den Mitveranstaltern will, muss ich den BDZV nennen. Dass die Verlegerseite heute zahlenmäßig unterrepräsentiert ist, obwohl sie die Veranstaltung mit vorbereitet hat, liegt allein daran, dass sich die partielle terminliche Überschneidung mit der Jahrestagung des Verlegerverbandes leider nicht vermeiden ließ. Es gehört zu den guten Vorsätzen, dass dies bei einem dritten Forum nicht passiert.

Zwei Jahre ist es her, dass wir erstmals zu einem Forum Qualität eingeladen haben, seinerzeit in Bonn, zum Rahmenthema „Es geht um mehr – Initiative Qualität im Journalismus“.

Wir erkannten schon damals: Qualität ist im kulturellen Bereich, anders als in der Welt der Waren, nicht leicht zu definieren. Ich habe zum Beispiel in den letzten Wochen mehrere Chefredakteure gebeten, mal zu Papier zu bringen, was sie unter einer „Qualitätszeitung“ verstehen. Wie immer und was immer sie geantwortet haben (es ist demnächst nachzulesen auf der Internet-Seite von IQ): Die eindeutige Definition gibt es nicht, Qualitätszeitung oder ein Qualitäts-Radioprogramm wird nie so fassbar sein, dass man die Sache einklagen könnte. Interessant übrigens, dass ein Mitglied einer Chefredaktion die begriffliche Parallele herstellte zu „Wertschätzung“ und „Wertarbeit“!

Professor Siegfried Weischenberg sagte schon beim letzten Forum, dass Qualität immer einen konkreten Zusatz braucht – über Qualität an sich kann ich viele Worte verlieren, wohingegen etwa „Qualität in der Journalistenausbildung“ zum handfesten Streitthema taugt! Seite 10 Dokumentation IQ-Forum 2003

Das hat uns geleitet bei der thematischen Festlegung der Arbeitskreise: Qualität konkret! Alles hat mit Bewertungen zu tun und der Frage: Wer legt wie die Maßstäbe fest. Und oft kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, ob man sich für die Selbstzertifizierung – für die Nabelschau – oder für die Fremdzertifizierung – für den Blick von außen – entscheidet.

Und dann muss man genauer hinsehen: Ist der Fremdbewerter der Staat, dann sagen die meisten reflexartig, das wollen wir nicht! Ist der Kreis derer, die sich selbst begutachten und bewerten, zu eng, dann könnte das womöglich bedeuten, vor allem der möglichen Konkurrenz das Leben schwer zu machen, es könnte für eine „closed shop“-Mentalität stehen.

Ich bitte nun Ernst Elitz zum ersten der drei Impulsreferate „Zwischen KEF und Quote: Der Qualität gehört die Zukunft?“ Und dass hinter dem Thema ein Fragezeichen steht, das ist kein Tippfehler, das wendet das Thema zur Frage an den Rundfunkintendanten: Gehört der Qualität die Zukunft?

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Zwischen KEF und Quote: Der Qualität gehört die Zukunft?

Ernst Elitz, Intendant DeutschlandRadio, Berlin

Ich glaube, der Veranstalter meint es nicht gut mit Ihnen, denn er hat an den Anfang dieser Tagung ein Referat gestellt, das den Titel trägt „Zwischen KEF und Quote“. Nun haben alle öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen sich in den letzten Jahren zur Vorbereitung auf die neue Gebührenrunde tagtäglich mit der KEF befasst, Fragebogen ausgefüllt, Aktenordner abgeschickt, Tadel eingesteckt, neue Zahlenkolonnen geliefert, Textentwürfe der KEF studiert, Bedenken angemeldet, Verbesserungsvorschläge gemacht und sich dabei rund um die Uhr mit Begriffen herumschlagen wie: Zuhörerkontaktaufwand, indexgestütztes integriertes Prüf- und Berechnungsverfahren gemäß Verfahrensheft (IIVF), mittelfristige Finanzbedarfsplanung nach modifizierter liquiditätsorientierter Planungsmethode, quantitativer Nachweis der Wirtschaft- lichkeit und Sparsamkeit zusammengefasst in Aufwandarten gemäß Verfahrensheft zum IIVF Nr. 9 ( Hauptschritt C ), Erläuterung der Wiederverwendung von Einsparungen im Wege der Umschichtungen im Bestand, rundfunkspezifische Preissteigerungsrate, Eigenmittel mindernd berücksichtigte Instandhaltungsrückstellungen, Finanzbedarf mindernde Netto-Einsparungen, Ressourcenwidmungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf der Basis der Erstsendeminuten und hierarchische Clusteranalyse auf Basis der Sendegattungsanteile.

Meinen sie es wirklich ernst? Soll ich Sie wirklich damit behelligen?

Machen wir am frühen Morgen lieber einen Ausflug in die abwechslungsreiche und faszinierende Welt des Quotenjournalismus. Da ist eher Leben in der Bude. Quotenjournalismus gewinnt sein Publikum mit lockeren und anzüglichen Morgengesprächen und mit Kampagnen gegen italienische Politiker, die die Deutschen als „einförmige supernationalistische Blonde“ beleidigen, die „mit Rülpswettbewerben, Biergelagen und Pommes-frites-Völlereien“ aufwachsen. Quotenjournalismus macht Stimmung gegen Florida-Rolf und Viagra-Paule. Er fordert: „Kanzler, heute gilt es! Steuern runter, macht Deutschland munter!“.

Den Medienpolitikern ist nicht ganz wohl bei dieser Art von publizistischer Prägung der öffentlichen Meinung, und so rufen sie lauthals nach anderen Qualität in den Medien. Aber Politiker verfügen zuweilen über multiple Persönlichkeitsstrukturen. Der Widerspruch zwischen Reden und Handeln ist inhärent. So fordern sie Qualität und feiern selbst noch die Ansiedlung von Dauerwerbekanälen für Goldkettchen, Heizdecken und Rohrreiniger als medienwirt- schaftliche Großtat und bevorzugen bei der Zuweisung von Frequenzen für Radio-Programme und bei der Platzierung auf Kabelplätzen nicht etwa arte, PHOENIX, 3sat und DeutschlandRadio, sondern häufig genug jene Angebote, über deren Qualität sie sich sonst gern mokieren, und die Medienanstalten gefallen sich in der Rolle Qualität mindernder Verteilorganisationen. Seite 12 Dokumentation IQ-Forum 2003

Das novellierte Hamburger Mediengesetz gestattet dem Privatfunk eine bislang noch immer kritisierte „Entwortung“, die den Verzicht auf die letzten Residuen von Nachrichtensendungen legitimiert. Hatte bislang jedes Privatradio der Hansestadt noch die Auflage, während jeder Programmstunde wenigstens sechs Minuten Wortbeiträge zu senden, so darf sich jetzt der Musik- und Reklameteppich auch über diese Strecken legen. Was anderswo aus Kostengründen klammheimlich aus den kommerziellen Programmen verschwunden ist, wird in Hamburg formal korrekt wegreguliert. Die im Artikel Fünf des Grundgesetzes garantierte „Freiheit der Berichterstattung“ wird so zur Befreiung von jedweder Berichterstattung.

Die menschliche Natur, so erläuterte uns deren intimer Kenner Friedrich Schiller, dürste nicht nur nach auserlesenen Vergnügungen, sondern der Mensch stürze sich auch gern „zügellos in wilde Zerstreuungen, die seinen Hinfall beschleunigen und die Ruhe der Gesellschaft zerstören. Bacchantische Freuden, verderbliches Spiel, tausend Rasereien, die der Müßiggang ausheckt, sind unvermeidlich, wenn der Gesetzgeber diesen Hang des Volkes nicht zu lenken weiß“. Der Staat lenkt in der Marktwirtschaft nicht gern. Und wenn, dann in die andere Richtung: siehe Hamburg.

Die Kulturkritiker dagegen fordern von den Medien, sie sollten in unserer desorientierten Gesellschaft Vorbilder präsentieren. Aber was Generationen von Pastoren, Pädagogen und utopischen Sozialisten nicht erreicht haben – den besseren Menschen zu schaffen – das wird auch den Angestellten der Medienbetriebe nicht gelingen. Dafür bildet sie keine Journalistenschule aus, und selbst unter den Fortbildungsangeboten finden sie Workshops zu diesem Thema nicht. Mediale Leitbilder werden nach den Gesetzen des Marktes geboren und nicht aus der Sehnsucht nach einer besseren Welt.

Nehmen wir den Fußballer David Beckham von Real Madrid und seine Gattin Victoria. Er rasiert sich die Brust, verwendet Nagellack, trägt schon mal die Dessous seiner Frau, verpflegt sich nach Single-Art mit Fertiggerichten, trägt Brillanten im Ohrläppchen und wertet das eigene Selbst durch Markenartikel auf. Mit Haargel, Nagellack, Haarkamm, Sarong-Röckchen, Faltencreme, teuren Klamotten und schnellen Autos kann er die Wunschwelt von Heteros, Homos und Transsexuellen symbolisieren. Und um am Markt und in den Medien präsent zu bleiben, muss er sich selbst immer weiter verrätseln.

Als Beckham bei Real Madrid eingekleidet wurde, trug sein Trikot die Nummer 23. Die ungewöhnliche Zahl wurde bewusst als Mythos platziert und provozierte in Abermillionen- auflage neue Personality-Storys. In Berichten über das Ehepaar Beckham werden durch deren Hausagenturen folgende Markennamen platziert: Dolce & Gabbana, Police-Sonnenbrillen, Adidas, Vodafone, Bentley Arnage T, BMW X5, Ferrari Maranello, Aston Martin, Lincoln Navigator, Gucci, Versace, Pepsi und Super-Nudeln. Eben weil Beckham das „blank polierte Nichts“ ist, „in dem wir unsere Träume spiegeln“, bietet er die ideale Projektionsfläche für kreative Journalisten und Werbeverkäufer. Diese Verknüpfung von Prominenz, Produktwerbung und ausführlicher redaktioneller Berichterstattung ist Gift für den Qualitätsjournalismus. Sie verstößt gegen den klassischen Grundsatz der Unabhängigkeit von werblichen Interessen. Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 13

„Human brands“ (menschliche Marken) heißt die Branche, die Promis und Produkte zusammenbringt. Der Typ muss zur Marke passen wie Günther Jauch, der gute Mensch, mal zum Beton und mal zum Regenwald. Als aufgeregte Berliner herausfanden, dass viele Prominente lukrative Papiere einer aus Steuergeldern mühsam am Leben erhaltenen Bank erworben hatten, machten sie Ausflüge zu deren Villen und forderten Steuergelder zurück. Welche Gefahr droht da Manne Krug, der uns mit der Treuherzigkeit eines Kleine-Leute-Anwalts aus Berlin- Kreuzberg die Telekom-Aktie aufschwatzte? Was passiert vor dem Haus von Uschi Glas, wenn uns nach dem Genuss ihrer Soja-Würstchen ein plötzliches Unwohlsein überfällt? Welches Lied muss Karl Moik zur Strafe singen, falls die von ihm empfohlene Investment-Rente doch nicht für die Miete im Altersheim reicht? Prominenz als Werbeträger fühlt so viel Verantwortung für das beworbene Produkt wie ein leeres Stück Pappe.

Der Veranstalter hat dem Thema meines Vortrages noch eine Unterzeile hinzugefügt: „Der Qualität gehört die Zukunft?“ Das Fragezeichen gefällt mir. Kommt der Begriff „Qualität“ in der Wunschbox des Publikums überhaupt vor?

Jedes Medium orientiert seine Form und seine Inhalte an Wünschen und Sehnsüchten des jeweiligen Zielpublikums. Bei einigen gehört die Qualität dazu.

Der Qualitätsauftrag für Information und Kultur ist in den Rundfunkgesetzen formuliert. Exemplarisch steht im Staatsvertrag für das DeutschlandRadio: „Die Programme haben ihren Schwerpunkt in den Bereichen Information und Kultur“ (§ 2); die „kulturelle Vielfalt Deutschlands ist angemessen im Programm darzustellen“ („§ 6). Und so wie das Bundesverfassungsgericht die Existenz kommerzieller elektronischer Medien an die Bestimmung geknüpft hat, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine Bestands- und Entwicklungs- garantie hat, ebenso ist die vielfältige Förderung des Quotenjournalismus an die Präsenz und Stärkung von Qualitätsmedien gebunden. So verstehen wir das Bundesverfassungsgericht.

Auf dem Fernsehschirm gibt es weit mehr Privatprogramme als öffentlich-rechtliche Anbieter. Auch bei den 323 Radio-Programmen, die die Media-Analyse 2003 erfasst, sind die öffentlich- rechtlichen Programme längst in der Minderheit. Gegenüber dem Einerlei der Privaten, die jeweils mit 400 bis 600 Titeln ein eher gleichförmiges Angebot mit automatisch abgespielten CDs des musikalischen Mainstreams bieten, steht der öffentlich-rechtliche Hörfunk mit seinen 61 Programmen dagegen für ein Vielfaches an Information, Service und Kultur. Gemessen an der Zahl der Nutzer ist der öffentlich-rechtliche Hörfunk zweifellos weit erfolgreicher als seine kommerziellen Konkurrenten. Er erreicht täglich 54 Prozent der Hörerschaft, während das Massenaufgebot der Privaten lediglich auf 46 Prozent kommt.

In der Wunschbox einiger Zielpublika klingelt es beim Stichwort „Qualität“.

Beachtlich ist die Zahl der so genannten gehobenen Programme (Informationsprogramme wie der Deutschlandfunk und Kulturprogramme wie Bayern Klassik, DeutschlandRadio Berlin, WDR 3 oder NDR Kultur). Jeder dritte Radiohörer hört regelmäßig eines dieser Programme.

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Von den 4,4 Millionen täglichen Hörern dieser Programme schalten 32 Prozent den Marktführer DeutschlandRadio mit seinen beiden Angeboten (Deutschlandfunk, DeutschlandRadio Berlin) kontinuierlich ein.

Bedarf an kulturellen Qualifikationsangeboten gibt es auch im Fernsehen. Er lässt sich dort nicht allein an den mäßigen Marktanteilen von 3sat (2002: 0,9 Prozent), arte (0,3 Prozent) messen, sondern vor allem an der Nutzung kultureller Informationssendungen, die das Erste, das ZDF und die Dritten anbieten. 15 Prozent aller deutschen Fernsehzuschauer (9,3 Millionen) sehen kulturelle Informationssendungen wie „Kulturreport“ mit 1,62 Millionen Zuschauer (9,1 Prozent Marktanteil), „Kulturweltspiegel“ mit 1,28 Millionen Zuschauern (8,5 Prozent Marktanteil) und „Titel, Thesen, Temperamente“ mit 1,48 Millionen Zuschauern (8,1 Prozent Marktanteil), dazu die ZDF-Sendung „Aspekte“ mit 1,3 Millionen Zuschauern (Marktanteil 6,6 Prozent) und andere Kulturberichte. Für die Medienforscher ist eindeutig, dass „das Fernsehen ganz offensichtlich in der Vermittlung von Kulturkontakten eine sehr wichtige Rolle für die Bundesdeutschen spielt“ (Walter Klingler und Ulrich Neuwöhner: Kultur in Fernsehen und Hörfunk. Kulturinteresse der Bevölkerung und die Bedeutung der Medien in Media-Perspektiven 7/2003, Seite 315).

Der Kultur- und Informationsinteressierte erwartet von den Qualitätsmedien, dass sie ihm Schneisen schlagen durch die neue Unübersichtlichkeit aller möglichen Angebote von der privaten Rentenversicherung bis zum Regal des Buchhändlers. 75 Prozent der Lektürewilligen geben an: „Es erscheinen so viele Bücher, dass es unmöglich ist, den Überblick zu behalten.“ Vor ein paar Jahren waren es nur 64 Prozent, die das sagten. Aber 69 Prozent der an Lektüre Interessierten sagen auch: „Durch Radio und TV kann ich mich schneller über das Wichtigste informieren“ (Bodo Franzmann: Lesezapping und Portionslektüre. In: Media Perspektiven 2/2001, S. 91).

Qualitätsmedien bieten Service, sie liefern ausführlich und pointiert aktuelle Materialien und Hintergründe zur Meinungsbildung für die politische Entscheidung, für die Geschmacksbildung und zur Auswahl vielfältiger kultureller Angebote.

Nirgendwo sind Medien- und Kulturpolitik so eng miteinander verzahnt wie im Konzertbetrieb. Die enge Beziehung zwischen dem Medium und der Musik hat eine lange Geschichte. Schon als der Sendebetrieb des „Kultur- und Unterhaltungsrundfunks“ 1923 mit dem Andantino von Ernst Kreisler begann, wurde diese Symbiose begründet. Selbst in den Zeiten des Talk- und Kreisch- Radios strahlen die öffentlich-rechtlichen Programme Tag für Tag 250 Stunden E-Musik aus, viel davon selbst produziert. Die 23 Orchester, Chöre und Big Bands der Landesrundfunkanstalten der ARD und des DeutschlandRadios bieten rund 1.300 öffentliche Konzerte pro Saison, und von Schleswig-Holstein bis Bayern wären die großen nationalen Festivals ohne den Rundfunk und seine Orchester nicht denkbar. Die deutschen Rundfunkorchester sind mit Dirigenten wie Lorin Maazel, Kent Nagano, Marek Janowski, Mariss Jansons und Christoph Eschenbach Exportschlager und Botschafter der deutschen Kulturnation auf allen Kontinenten.

In der immer aktuellen Debatte über Zukunft und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 15

Rundfunks dokumentiert sich exemplarisch die Kurzschlüssigkeit und das mangelnde strategische Vermögen der Kultur- und Medienpolitik. Während der Oberbürgermeister die Schließung der Opernsparte und den Abbau des städtischen Orchesters mit dem Argument zu rechtfertigen versucht, die Klangkörper des Rundfunks könnten mit Konzerten vor Ort den Mangel ausgleichen, wird andernorts von Medienpolitikern gefordert, „dringend Alternativen zu eigenen fest angestellten Rundfunkorchestern und -chören zu prüfen“. Schließlich brauche nicht jeder Sender eigene Klangkörper.

Literaturhäuser werden geschlossen – mit Verweis auf öffentliche, von den Rundfunkanstalten angebotene Lesungen und literarische Diskussionen. Doch wenn Gebühren reduziert werden, sinkt zwangsläufig auch die Zahl öffentlicher Veranstaltungen. Eigenproduktionen müssen gestrichen werden. Kulturelle Aufgaben werden angesichts der diffundierenden kulturpolitischen Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Rundfunkanstalten wie eine heiße Kartoffel hin- und hergerollt. Jeder hofft, dass der andere sie auffängt und Kulturaufgaben übernimmt, die man sich selber nicht mehr leisten kann. Das Ergebnis: ein kultureller Abbau und sinkende kulturelle Leistungskraft auf allen Ebenen.

Dabei könnte es durchaus für die Rundfunkorchester oder andere Rundfunkangebote zu neuen Aufgabenzuweisungen kommen, mit denen Kommunen und Gebietskörperschaften entlastet werden. Dies setzt aber voraus, dass eine entsprechende Finanzierung durch die KEF-Vorschläge und durch die die Gebühr letztendlich festlegenden Länderparlamente sichergestellt werden kann.

Aber auch die Gebührendebatte ist geprägt von populistischen Argumenten. Belobigt wird, wer kostengünstig CDs abspielt, mit Pop-Tapeten möglichst viele Hörer erreicht, wer möglichst viel wiederholt und möglichst wenig selber produziert. Da sind die KEF und die Quote sich manchmal einig.

Nichts dagegen, dass kostengünstig Quote gemacht wird. Aber auch der zweite Satz muss gelten: „Die Rundfunkanstalten bekommen die Gebühr, damit sie auch und gerade Qualitätsprodukte mit dem dafür nötigen Aufwand produzieren können.“ Dazu bedarf es eines extensiven Programmverständnisses.

Bei den Selbstverpflichtungserklärungen, die der neue Rundfunk-Änderungsstaatsvertrag von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen verlangt, muss auch die Politik medien- politisch Farbe bekennen. Kultur und ausführliche Information sind keine billig zu erstellenden Wegwerfprodukte. Die Gebühr muss in erster Linie den notwendigen technischen und personellen Aufwand für die Informations- und Kulturprogramme sicherstellen. Hier sind klare medienpolitische Festlegungen nötig – anstelle der üblichen wohlfeilen Floskeln.

„Was ist ein Funk-Intendant? Eine Attrappe? Ein Kegelclub-Präsident?“ fragte 1929 die „Weltbühne“. Nichts von alledem solle er sein, sondern er wäre ein Mann, dem „das geistige, künstlerische und gesellschaftliche Wohl der heutigen Menschheit mit in die Hand gegeben ist“. Er wäre der „oberste Leibkoch seiner Nation, Kämmerer und Mundschenk“. Auch habe er zu Seite 16 Dokumentation IQ-Forum 2003

entscheiden, „ob die seiner Hut anvertrauten Geschöpfe mit rapider Geschwindigkeit verdummen oder nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten an Geisteskräften zunehmen“, und wir haben uns für die Geisteskräfte entschieden. Aber nicht, indem wir nur alte Formen bewahren. Nur wer sich verändert, bleibt sich treu. Auch Kultur und Information im Radio und Fernsehen muss sich dem Wettbewerb stellen und offensiv um Zuschauer und Hörer werben. Aber die Wirkung ihrer Programme lässt sich nicht allein mit statistischen Methoden messen.

Wer anspruchsvolle Programme sieht oder hört, zählt zu den Meinungsbildnern. Ob am Arbeitsplatz oder im Bekanntenkreis prägt er Diskussionen, nimmt Einfluss auf Stil und Geschmack. Radio und Fernsehen ist Kultur für die Gesellschaft. Sie ist keine Kultur für Eliten. Sie erreicht viele. Die einen direkt, andere erst auf Umwegen. Bei manchen kommt sie zugegebenermaßen gar nicht an. Aber sie ist ein Lebenselixier für die Gesellschaft.

Das Leitwort für Qualitätsangebote in den Medien verkündete Bert Brecht in seiner „Radiotheorie“: „Ein Mann, der etwas zu sagen hat und keine Zuhörer findet, ist schlimm dran. Noch schlimmer sind die Zuhörer dran, die keinen finden, der ihnen etwas zu sagen hat“ (Bert Brecht: Radiotheorie. In Gesammelte Werke, Band 18, Frankfurt/Main 1967, Seite 121).

Deshalb sollte Qualität in den Medien nicht verstummen.

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Jenseits der Superstars Programmentwicklung bei Privaten

Dr. Norbert Schneider, Direktor der LfM/ Vorsitzender der Gemeinsamen Stelle Programm

1. Ein einziges Mal wenigstens will ich daran erinnern: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte fast 40 Jahre Zeit, sich unbehelligt von konkurrierenden Systemen zu entwickeln. Dieses Privileg hatte der private Rundfunk in Deutschland nicht. Vom ersten Tage an stand er im Wettbewerb um ein öffentlich-rechtlich sozialisiertes Publikum. In diesem Umstand lag die Versuchung, jeden halbwegs gangbaren Weg zu diesem Publikum zu gehen, im Interesse der Quote. Zu Beginn, bei geringer Reichweite und damit schwacher Ökonomie, kein leichter Weg.

Also erlag man der Versuchung. Also bestritten die jungen Privaten diesen Kampf um die erste Aufmerksamkeit nicht nur mit billigen Kaufserien und mit Exempeln aus dem Stehsatz des verklemmten Films, sondern auch mit noch preiswerteren Brüllsendungen. Mit billigen, aber nicht annähernd vollerotischen Shows.

Zeugen der ersten Stunde ist manches Unsendbare, was gleichwohl gesendet wurde, in lebhafter, gelegentlich auch grauenhafter Erinnerung. Die einen lächelten darüber nur viel sagend, und die andern waren echt empört. Dass daraus wirklich etwas werden könnte, haben zunächst nur wenige geglaubt.

Doch diesmal kam es nicht, wie es kommen musste. Mit steigender technischer Reichweite und den ersten Sportrechten, die ja eigentlich zur Grundversorgung von ARD und ZDF gehörten, erhob sich der Wettbewerb aus diesen Niederungen der ersten Stunde. Nach und nach entwickelten die Privaten in fast allen Programmbereichen Formate, die ohne das Marktgeschrei der ersten Stunde beim Publikum Interesse weckten.

Dies geschah oft schon dadurch, dass altbekannte Formate erst abgestaubt wurden und man sie anschließend entstaubte. Eher nebenbei leisteten die Privaten in vielen Kleinigkeiten durch kühle Respektlosigkeit gegenüber eingeübten Ritualen einen beträchtlichen Beitrag zur Entwicklung des Programms wie auch zur Entautorisierung des Fernsehens. Sie wagten sich etwa – von Sanktionen weniger bedroht als die gesellschaftlich und politisch korrekt kontrollierten Öffentlich-Rechtlichen – sie wagten sich auf Abschnitte des Boulevards, die bisher, übrigens nicht nur aus schlechten Gründen, vom Fernsehen gemieden wurden. Ihr Humor war gewiss nicht jedermanns Sache, aber dass er ranzig wäre, konnte man nicht behaupten. Im Übrigen musste er auch nicht vor Gremien bestehen. Die Privaten bauten sogar, nun, da die Einnahmen sich gut entwickelten, auch die Abteilung aus, deren Umsatzrendite sich weltweit in Seite 18 Dokumentation IQ-Forum 2003

Grenzen hält: das News Department. Die News Show nach Mitternacht war eine private Erfindung.

Mit der zweiten Lizenzierungswelle bis Mitte der 90er Jahre kamen Spartenprogramme, überwiegend aus dem Schoß der beiden Familien, als Ergänzung eines Gesamtangebots zum Zuge, zwar mit geringeren Reichweiten, aber doch auch mit neuen Möglichkeiten: Sportprogramme, Musikprogramme und sogar Kinderprogramme, mit Programmleistungen und auch mit Neuigkeiten, die man sich durchaus bieten lassen konnte.

Für die Vollprogramme (RTL, Sat.1, ProSieben, VOX, RTL 2 und Kabel 1) wird man sagen können, dass die Großen, also RTL und Sat.1, partiell auch ProSieben, bei allen unübersehbaren Unterschieden auf Grund der unterschiedlichen Absichten und einer entsprechenden Finanzierung, gleichwohl in vielem mit den Öffentlich-Rechtlichen vergleichbar wurden – und umgekehrt. Dabei vermeide ich zunächst das Wort „Konvergenz“, das mittlerweile eher Reflexe auslöst als Profile klärt.

Man findet bei RTL und Sat.1, wenn auch nicht in der Häufigkeit, Fernsehspiele, auf die auch der WDR oder das ZDF stolz wären, und vergleichbare Spielfilme allemal. Schließlich trinkt man da aus derselben Quelle. Bei den Serien findet man mittlerweile die interessanteren und innovativen bei den Privaten – ich erinnere an die leider zu früh abgesetzte „Anstalt“ (Sat.1) oder an „Abschnitt 40“ (RTL), beides Produktionen, für die Marc Conrad, ehedem RTL profilierend, verantwortlich zeichnet.

Der Verzicht auf Programmware aus den USA – man kam hier dem offensichtlichen Überdruss des Publikums entgegen –, das Umsteuern auf die deutsche Serie war eine große Tat der Privaten. Die deutsche TV-Produktion hat als Effekt dieser Programmpolitik mit Beginn der 90er Jahre einen entsprechend steilen Aufstieg erlebt. Die Einbürgerung der angloamerikanischen Daily Soap ist – wie immer man dieses Format en detail auch bewerten mag – ebenfalls von den Privaten besorgt worden. Sie hat sogar die öffentlich-rechtlichen Programmplaner für sich eingenommen.

Man findet auch in dem, was man „Unterhaltung Wort“ nennt, was niemanden überraschen kann, inzwischen bei RTL oder Sat.1 die weitaus interessanteren Angebote: von den Spaß-Shows am Wochenende bis zum Jauch-Quiz. Eine Show wie die von Harald Schmidt ist längst der Maßstab, an dem alle Nachwachsenden gemessen und gelegentlich für zu schwer befunden werden. Das ortsfeste Tief der öffentlich-rechtlichen Unterhaltung hat auch darin seinen Grund, dass die großen Entertainer, von Thomas Gottschalk abgesehen, im Zweifel privat gehen; und die jüngeren (etwa auf dem Weg von Viva in die Welt der Vollprogramme) eine breitere Fläche bespielen können. Denn auch hier macht Übung den Meister.

Wiederum nicht im Quantum, wohl aber in der Qualität sind die Magazine der Privaten, in der Regel freilich als die Produkte unabhängiger Dritter, sehenswert und konkurrenzfähig. Stern-TV, Spiegel-TV für Sat.1 und RTL, Letzteres nach einer zwischenzeitlichen Neigung zum Rotlichtigen längst wieder auf dem Niveau angelangt, das sich mit der Marke „Spiegel“ Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 19

verbindet, aber auch Focus-TV für ProSieben leisten Beträchtliches und haben die Magazin- Tradition von Panorama & Co. auf ihre Weise aufgegriffen und fortgeschrieben. Selbst eine so Profil bildende Erfindung wie der „Themenabend“ von arte findet sich bei VOX erkennbar wieder. Auf einem etwas anderen, ziemlich bunten Blatt stehen jene andern Magazine, die sich um Prominenz und Privates und das wahre Geschlechtsleben von Großstädtern und Landeiern kümmern. Sie gehören dazu, auch wenn man nicht dazu gehören möchte.

Auch die Informationsangebote der großen privaten Vollprogramme unterliegen, was man so oder auch so verstehen kann, dem Postulat der Quote. Sie sind daher immer schon viel stärker als die der Public Broadcaster durch die weichen Themen bestimmt, harte Verbrechen eingeschlossen. Personengeschichten dominieren, erzählt von Personen, John has the story. Das belegen auch mit Blick auf die Zuwächse die jährlichen Untersuchungen von Hans-Jürgen Weiss.

Und überraschen kann das keinen. Infotainment hat bei den Privaten nach wie vor seine erste Adresse. Doch obwohl die täglichen News Shows der beiden Systeme immer noch gut unterscheidbar sind, sind sie längst nicht mehr jene Lichtjahre auseinander, die sehschwache Ideologen immer noch wahrnehmen. Peter Kloeppel und Klaus Kleber zum Beispiel sind sich sowohl in der Art des Präsentierens als auch der Auffassung über den Zweck und die Möglichkeiten einer News Show so nahe, dass es eher ein Zufall war, dass nicht Kleber (und Marietta Slomka), sondern Kloeppel am letzten Samstag einen deutschen Fernsehpreis bekommen hat.

Die Sportsendung ist dasjenige Angebotssegment, das sich mit dem Hinzutreten der Privaten am meisten verändert hat und bei dem – nun ja: Konvergenz sich am deutlichsten zeigt. Ich verweise der Einfachheit halber auf das alte „ran“ und die neue „Sportschau“. Auch wem die Vorstellung von Konvergenz ein Gräuel an sich ist, der kann vor diesen Ähnlichkeiten die Augen nicht verschließen – auch wenn er anderswo wieder auf seine Kosten und zu seinem Recht kommt. Denn immer noch gibt es im dualen System neben konvergenten Entwicklungen zahlreiche Unterschiede, die sich einer solchen Entwicklung entziehen. Aber es wäre ein schwerer Wahrnehmungsmangel nicht zu erkennen, dass beide Subsysteme sich eben auch in vielem ähnlich sind, ähnlicher geworden sind.

Es wäre im Übrigen auch ein reines Wunder, wenn Fernsehen in Deutschland zweimal völlig verschieden buchstabiert würde, obwohl die Macher fast alle in dieselbe Schule des Sehens, oft sogar des Machens gegangen sind. Neben solchen gemeinsamen Voraussetzungen gibt es auch für alle inzwischen eine gemeinsame Zielvorstellung: mehr oder weniger die große Quote, mehr für die einen, weil sie müssen, weniger für die andern, weil sie zwar nicht müssen, aber doch wollen.

2. Soweit ein grober Überblick, der für manchen in der Summe etwas positiver als erwartet klingen dürfte, und der mit Gegenbeispielen en detail jederzeit dementiert werden kann. Aber weder Seite 20 Dokumentation IQ-Forum 2003

Gegenbeispiele noch Vorurteile, auch gesunde, ersetzen ein seriöses Urteil. Nimmt man die durchaus verschiedene Zweckbestimmung der beiden Rundfunksysteme, dann wird man feststellen, dass sie sich in wichtigen Feldern nicht annähernd so scharf unterscheiden, wie dies aus ideologischen und apologetischen Gründen gelegentlich gewünscht scheint. Sieht man Information und Unterhaltung als die beiden Hauptfelder des Programms, dann kann man ohne große Abstriche sagen, dass derzeit die einen bei der Information, die anderen bei der Unterhaltung die relevanteren, die interessanteren, die attraktiveren Angebote machen. Die Auszeichnungen beim Deutschen Fernsehpreis am vergangenen Samstag spiegeln dieses Bild ziemlich genau wider.

Dabei leben die Privaten ein Stück riskanter, weil man bei der Unterhaltung leichter abstürzen kann. Das Publikum merkt die Schwächen einfach schneller als bei der Information. Da findet man dann auch die Gegenbeispiele, vor allem die Ausrutscher auf dem glitschigen Boulevard, mit denen die Diskussion über das jederzeit Trennende leicht zu bestreiten ist. Doch den Gesamteindruck bestimmen sie nicht, wie dies manche Kritiker gerne hätten. Das Gesamte, die Summe von Öffentlich-Rechtlich und Privat, präsentiert ein einmaliges, in der Qualität schwer zu überbietendes Ensemble von Sendungen, welches das Image des deutschen Fernsehens insgesamt weltweit begründet hat.

3. Alles also im grünen Bereich? Keineswegs. Jenseits dieser eher pauschalierenden Feststellungen bleibt genug, was kritisch zu vermerken ist.

Bei der Unterhaltung wäre dies etwa der beherzte, nicht selten ruppige Zugriff tief hinein ins Private, gelegentlich ins Intime, eine Handbewegung, die freilich bei den derart Gegriffenen immer mehr gewollt, gelegentlich sogar ersehnt wird. Hier ergänzt sich etwas auf eine Weise, die es oft schwer macht, Opfer und Täter noch halbwegs zu unterscheiden.

Zwar ist das Private als Programmmaterial zurzeit im wahrsten Sinne des Wortes weithin ausgereizt, also seines Reizes beraubt, überwiegend – eine aparte Doppelung – als eine Tat des privaten Fernsehens, deren Folgen heute noch niemand übersieht. Doch auch die gegenwärtig Programm bildende Rückbesinnung auf die Erkenntnis, dass das ganze Leben ein Quiz ist, das Wandeln in den Spuren von Lembke und Kulenkampff, die Nagelprobe auf die Verbindung von multiple choice und Spannung – auch dieser neue, alte Trend wird nicht verhindern, dass demnächst eine neue Privatisierungswelle, neue Talk- und neue Kuppel- und Containershows, auf dem Niveau aufsetzen werden, das die letzte Welle ausgespült hat.

4. Doch ich will mich, was Kritik betrifft, eher auf Tendenzen beziehen, die in einem näheren Zusammenhang mit dem Veranstalter stehen, Tendenzen, die ich für problematisch und prekär halte, weil sie die Standards des journalistischen Gewerbes betreffen – und schwächen. Dass sie allesamt nicht neu sind, ist kein Einwand, sondern das Problem. Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 21

Was auffällt – beileibe keine neue Entdeckung, eher schon eine alte Gewohnheit – ist die wachsende Reduzierung in der Darstellung der Objekte, seien es Menschen oder Sachen, auf ein Zeitmaß von höchstens einer Minute, auf die Länge eines langen Spots. Das beliebte Gescherze über jene endreimfähigen Einsdreißig verdeckt, dass hier etwas überhaupt nicht Lustiges Platz genommen hat. Eine pure Quantität hat sich als eine Qualität der Bewertung von allem und jedem in das täglich praktizierte Handwerk eingenistet, eine Quantität, die für die Wahrnehmung der Wirklichkeit nur sehr selten passt.

Zu den unangenehmen Folgen der Verknappung gehört, dass das Einzelne, was seinen Rang, seine Bedeutung betrifft, nicht mehr unterscheidbar bleibt. Nicht weniger die Vorgänge. Die zeitlich einheitliche und dabei immer kurze Bemessung für die einzelne Information macht alles gleich. Gleich lang wirkt nun einmal wie gleich wichtig. Beckers Scheidung oder das Baby von Verona Feldbusch werden auf dieser Folie der knappen Zeit so relevant wie ein Genozid in Afrika. Der Effekt, den das macht, ist derselbe wie der des Rasenmähers in einem Blumengarten.

Die zeitliche Verknappung nährt jede Art von künstlicher Aufgeregtheit, von der unsere Gesellschaft voll ist. Sie begünstigt, schnell, schnell, einen Hang zur Hysterisierung und bringt einen teils chiliastischen, teils einfach nur pathologisierenden Zug ins Geschäft. Er dokumentiert sich in völlig überzogenen Annoncen wie „Deutschland am Abgrund“, „Ist der Kanzler noch zu retten?“, „Eichel vor der Pleite“ oder „Patient Börse“. Die Nummer kleiner ist ausverkauft. Der vorsätzlich praktizierte Zeitmangel macht aus jeder Zeit Endzeit, aus jeder Pause Faulheit, aus Geduldigen Weicheier. Aus Journalisten macht er atemlose Sauhirten im global village.

Fragt man, weshalb diese Verknappung fast überall zum Mittel der Wahl geworden ist, dann stößt man auf eine Grundfigur der Legitimationsrhetorik, die durch privaten Rundfunk zwar nicht erfunden, aber begierig aufgegriffen worden ist. Ursache ist, so die Behauptung, gemessen als Quote, der Zuschauer. Er bekommt, so die Behauptung, was er will. Ihm dient man, so die Behauptung, seine Wünsche erfüllt man, was man ja leicht daran sehen kann, dass er sie nachfragt. So, als sei die Frage nie gestellt worden, nicht einmal von Adorno, ob das Publikum wollen könne.

Diese Instrumentalisierung des Publikums nivelliert nicht nur Menschen und Sachen. Sie ist, wenn sie denn so gemeint ist – aber ist sie das wirklich? – der Aufbruch in die Deprofessionalisierung. In dieser Abgabe von Senderkompetenz an die Empfängerkompetenz vollzieht sich – immer unterstellt, es handelt sich um eine ehrliche Auskunft – ein partieller Verzicht auf Berufsausübung, ein Weiterreichen der Entscheidung über Themen und Macharten, also eben auch: ein mindestens scheinbares Abgeben der Verantwortung an den Empfänger. Er ist nicht mehr der Hamster, er dreht das Rad jetzt selbst.

Nun ist die Verherrlichung des Senders, seine Anbetung, vor allem auch die der Hierarchen, eine bekannte und keineswegs erstrebenswerte Erscheinung aus den Jahren 1950 bis 1990. Sie abzubauen war wichtig. Unredlich und zudem auch falsch ist es, sie einfach auf den Kopf zu stellen. Am besten noch unter Umgehung von Adorno mit Berufung auf Brecht. Zu behaupten, Seite 22 Dokumentation IQ-Forum 2003

der Zuschauer entscheide letzten Endes über das, was er sehe, meist noch verbunden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, er könne ja abschalten, ist nichts anderes als ein Mangel an öffentlich wahrgenommener, also auch belangbarer, also auch kritisierbarer Verantwortung. Ein Sender hat selbst dafür einzustehen, was er sendet, und nichts ahnungslos oder auch nur scheinheilig weiterzureichen, so, als habe er Geschenke zu machen, wo er doch in Wirklichkeit nimmt oder doch nehmen möchte: Zeit vor allem, Aufmerksamkeit und zuletzt Geld. Es ist klar, dass es die Quote ist, die diese Redeweise begründet, die Quote, die inzwischen für das gesamte duale System die einzig verbindliche Währung ist.

Faktisch beobachten wir in der Verlagerung der Verantwortung hin zum Publikum, zum Konsumenten, zum Nutzer, der ja nun auch mündig ist, bei gleichzeitiger genauester Kalkulation dessen, was beim Publikum ankommt – wir beobachten das alles einvernehmende Wirken des Faktors „Ökonomie“. Zunächst freilich nicht im Sinne von Abscheu und Ekel. Journalismus war immer – dies sei gegenüber einer hoffärtigen Blauäugigkeit angemerkt – auch eine Angelegenheit des Geldes. Information hatte immer ihren Preis. Im Fall von Judas waren es 30 Silberlinge. Diese Banalität wird erst prekär und kritisch, wenn man von Ökonomie redet, aber von einer Ökonomisierung der Publizistik reden müsste. Die Ökonomie ist eine unverzichtbare Grundlage von Senden und Verlegen. Non olet. Wird sie aber zur einzigen Grundlage, dann ist es mit dem Journalismus nach und nach vorbei. Dann sind wir beim Vertreter angekommen, der einen Musikteppich anbietet oder ein wunderbar verpacktes Informationsbouquet mit Verfallsdatum.

Ich sage nicht, dass wir schon so weit sind. Ich will nur – belegt mit dem Moment einer Reduzierung der Wirklichkeit auf eine vermutete Bekömmlichkeit – auf diesen Trend hinweisen, auf diese schiefe Ebene, die nicht nur schief ist, sondern auch schief macht.

Diese Bewegung zur verknappenden Beschleunigung entsteht auch aus der Vorstellung, man müsse ständig Neues anbieten, was wiederum zu einem ungeheuren Materialverbrauch führt. Etwas ungenutzt zu lassen – und wäre es noch so vorläufig oder noch so schräg oder unwahrscheinlich – kann man sich nicht leisten. Alles wird gebraucht, auch das jüngste Gerücht, alles wird Information, alles wird versendet. Und warum das alles? Es gibt zu viele Kanäle, und es gibt zu wenig Stoff.

Ein besonders tückischer Effekt der Verknappung ist, dass sie vereinfachend, simplifizierend wirkt. Sie begünstigt und schafft gleichermaßen jede Art von Gegensatz. Dies öffnet zumal dann, wenn die Gesellschaft sich abgesehen von ihrer Darstellung in den Medien tatsächlich überkomplex entwickelt, die Hintertür für Manichäer aller Art. Unter der Hand dieser verknappenden Beschleunigung kehren zum Beispiel Gut und Böse, ihrem Ursprung nach moralische Kategorien, als Realität ordnende Begriffe zurück. Sie werden politisch gebrauchsfähig. Man ist oben, oder man ist unten. Man ist reich oder arm. Dies hilft zwar, den nivellierenden Effekt, den ich eingangs beschrieben habe, neu zu überwinden. Aber um welchen Preis. Nun wird alles binär: in oder out, rauf oder runter, drin oder draußen, alt oder neu. Was wir dabei eigentlich beobachten, ist die Heimkehr der Religion in die Politik. Die Veränderung von Politik in Religion. Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 23

Moralisierend wirkt sich auch ein anderes Moment aus, das zwar gut bekannt ist, aber wenig beachtet wird. Es ist die schier zwanghafte Verknüpfung von Information und Person. Eine Information ist ohne Zuschreibung und Zuspitzung auf eine Person, un-personalisiert, mehr und mehr für die Öffentlichkeit verloren, nicht mehr vermittelbar. Geschichten gehen überwiegend nur noch als Personengeschichten. Das führt dazu, dass viele Menschen inzwischen in der Steuerreform eher ein Problem für die Biografie des Finanzministers sehen als eines der Volkswirtschaft.

Zeigen heißt immer mehr: Personen zeigen. Das ist kein Problem, wenn es denn die Personen sind, die auch die Sache ausmachen. Zur Politik des Kanzlers gehört die Person des Kanzlers gewiss dazu. Aber leider sind die meisten wirklichen Probleme nicht oder nur sehr schwer, und wenn doch, dann nur unter Aufwand von viel Zeit, personalisierbar. Da dieser Aufwand sich beim Publikum – so die Unterstellung über das Bekömmliche – nicht auszahlt und die Zeit ohnehin nicht da ist, fallen personenschwache oder gar personenresistente Themen und Sachverhalte entweder aus der Agenda, oder die Sachen werden, verkomme, was wolle, personalisiert. Sie verlieren damit ihren Kern.

Auch dies ist derzeit erst einmal ein Trend. Doch wenn man mit US-amerikanischen TV- Journalisten diskutiert, dann ist für sie entschieden, dass sie Geschichten ohne eine Person im Zentrum nicht mehr los werden.

Damit ich auch hier nicht missverstanden werde: Auch die Personalisierung von Informationen ist ein alter Hut. Von Konzepten der Geschichtsschreibung – Männer machen Geschichte – bis zu politischen Devisen – Auf den Kanzler kommt es an! Die Frage ist auch hier, ob ein Trend dominant wird. Vor allem aber, ob die Effekte des Trends genügend deutlich sind. Ob sie überhaupt diskutiert werden. Personalisierung bedeutet zum Beispiel unausweichlich den Eingang personaler Kategorien in jede Art einer Bewertung von Sachen. Dann geht es zum Beispiel nicht mehr um die Ursachen eines Reformstaus, dann geht es um Schuld. Mit der Personalisierung öffnet sich das Tor in eine Welt der Sündenböcke. Politik badet in Moral. Politik wird moralisiert. Verhältnisse kann man nicht rauf- und runterschreiben. Personen eignen sich dazu vorzüglich.

Die Personalisierung von allem und jedem bewirkt auch einen partiellen Abschied von der geschützten Privatheit. Sie eröffnet das Spiel mit dem privaten Teil der Person, den es anschließend nicht mehr gibt – ein interessantes Verbindungsglied zwischen Information und Unterhaltung. Und schließlich bedient die Personalisierung die schier unstillbaren selbstreferenziellen Gelüste der happy few. Sie wirkt wie eine Meistbegünstigungsklausel für Prominente, die durch diesen Hang zur Person als der Mitte von allem noch wichtiger und damit noch prominenter werden. Die Kategorie der Relevanz wirkt in einem solchen Verwertungs- zusammenhang nur noch hilflos.

Verkürzung, Beschleunigung, Ökonomisierung und Personalisierung sind vier Schlagworte, um deren Entfaltung sich eine Diskussion über Qualitätsstandards kümmern muss. Dabei macht es Seite 24 Dokumentation IQ-Forum 2003

keinen Sinn, diese Diskussion nur mit Blick auf den privaten Teil des dualen Systems zu verifizieren. Solche Trends sind sicher in ihrem Quantum systemspezifisch. In ihrer Qualität sind sie es nicht. Man trifft sie überall. Wie ich denn überhaupt der Meinung bin, dass man der Rundfunkdebatte nichts Gutes tut, wenn man sie weiter antagonistisch, abgrenzend führt. Als Kampf der Systeme.

Auch wenn ich gut verstehe, dass man lieber das macht, was man kann. Da muss ich ja nur weit genug in mich gehen.

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Qualität in der Krise: Was Zeitungen sich leisten können

Bodo Hombach, Geschäftsführer WAZ-Gruppe

Dass Journalisten von solcher Erfahrung und Kaliber einen Verlagsmanager zum Thema „journalistische Qualität“ vortragen lassen, ist verdächtig. Viel spricht dafür, dass sie entweder einen Sparrings- oder Punch-Partner suchen oder aber mir was beibringen wollen. Darauf freue ich mich. Das ist die richtige Arbeitsteilung. Ich danke für die Einladung und stehe zur Verfügung.

Die Sorge um journalistische Qualität muss eine gemeinsame sein. Dass Ihre Veranstaltung parallel zum BDZV-Kongress stattfindet, ist Zeichen und anregende Initiative. Ich hoffe, dass der Eindruck des diesjährigen Zeitungsverlegerkongresses am Ende nicht allzu verzagt ist. Wir dürfen nicht alles „Krise“ nennen, was in Wirklichkeit notwendige Anpassungsleistung ist.

Reform und Modernisierung sind Angstwörter geworden. Was wir wollen, nenne ich Fortschritt. Wer soll uns loben und anpreisen, wenn wir es nicht selber tun? Die Automobilindustrie hat in Frankfurt ihre neue Qualität und ihre schönsten Modelle gefeiert. Statt Krisengipfel: Aufbruch und verlockende Produkte.

Natürlich ist Optimismus manchmal mehr Appell als Interpretation der betriebswirtschaftlichen Daten. Aber dass den Markt auch Psychologie regiert und dass der Käufer ein scheues Reh ist, ist Wirtschaftswissen.

Erinnern wir uns an die Krisendebatte der Uhrenindustrie. Die Digitaltechnik schrumpfte auf Handgelenkgröße. Ganze Standorte gingen verloren – Dynastien verschwanden. Es herrschte Endzeitstimmung. Dennoch: Das Produkt Uhr ist attraktiver und vielfältiger als zuvor. In jeder Qualitätsstufe zu bekommen – von halb geschenkt bis teuer wie ein Oberklassefahrzeug. Ein fantastischer Anzeigenkunde.

Die Uhr ist ein Kultprodukt, aber die Zeitung ist es auch. Die digitale Konkurrenz haben wir längst. Der Qualitätssprung, die Frischzellenkur bei den Printmedien steht noch aus.

Bei allen notwendigen Spar- und Rationalisierungsmaßnahmen im Medienbereich muss eine Qualitätsoffensive in Optik, Logistik und Inhalt der Printmedien die zentrale Überlebens- und Zukunftsstrategie sein. Investitionsschwerpunkt. Abwarten und Aussitzen ist auf jeden Fall gefährlich!

Beim Forum Lokaljournalismus 2003 der Bundeszentrale für politische Bildung hat der kluge Herausgeber der „Badischen Zeitung“, Dr. Hodeicke, über Qualitätsjournalismus gesprochen. Er begann mit einer brillant erfundenen Anekdote.

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Er sei in China gewesen, um dort vor Fachpublikum über Qualitätsjournalismus zu sprechen. Der Dolmetscher habe blockweise übersetzt. Er habe in Blöcken von zehn Minuten gesprochen. Nach dem ersten Block habe der Dolmetscher einen Satz gesagt. Nach dem zweiten auch einen Satz. Nach dem dritten und nach dem vierten, dem letzten Block, jeweils wieder nur einen Satz. Dr. Hodeicke habe später irritiert einen Sprachkundigen gefragt, was denn der Dolmetscher übersetzt hätte. Der gab Auskunft: „Nach dem ersten Block sagte er: ‚Er hat nichts Neues gesagt’. Nach dem zweiten: ‚Er hat immer noch nichts Neues gesagt’. Nach dem dritten: ‚Ich glaube nicht, dass er noch etwas Neues sagen wird’. Und nach dem Ende deiner Rede sagte er: ‚Ich hatte Recht.’ “

Für mich heißt die Lehre: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Laute Klage, dass die Medien an Qualität verlieren, wird emsig verbreitet. Sie ist feste Größe im Kulturpessimismus. Deshalb ist die Medienkritik in Deutschland mit Zitaten zu belegen, die älter als 200 Jahre, aber heute noch gängig sind. In meiner Sammlung „Witze über Medien und Presse“ gibt es keinen, der nicht ätzt, gleich so wie Witze über Politik. Die Beobachteten und Kritisierten haben natürliches Vergnügen, die Verluderung medialer Sitten zu beklagen.

Medien, die von der Politik Hilfe erwarten, holen sich den Beelzebub ins Haus. Nur wirtschaftlich selbstständige und starke Verlage können die Freiheit der Berichterstattung sichern. Nur eine wirtschaftlich stabile Zeitung ist wirklich unabhängig.

Wo für wirtschaftlich schwierige Zeiten vorgesorgt wurde, wo also aus Herausgebern nicht Herausnehmer wurden, kann man nun an Innovation und Qualitätsverbesserung denken. Unser Haus investiert gerade 200 Millionen Euro in neue und bessere Technik. Wir wollen, dass die Qualitätsverbesserung im technischen Bereich Anstoß ist, in allen anderen Bereichen zu optimieren. Es ist erfreulich zu sehen, welche Dynamik dadurch ausgelöst wurde.

Als Verlagsmanager sehe ich nicht die Aufgabe zu definieren, was Qualitätsjournalismus ist. Es ist meine Aufgabe, diesen möglich zu machen. Es ist die Stunde der Arbeitsteilung. Für andere Branchen ein alter Hut. Sie ist Kern der Industrialisierungsstrategie. In einigen, von dominanten, allseits aktiven Verlegern geführten Medienhäusern ist das neu.

Als 1972 der aufstrebende SPD-Abgeordnete Björn Engholm gegen Helmut Schmidt die Pressefusionskontrolle ins GWB drückte, wurde eine marxistische Grundüberzeugung zum Argument: Wem die Druckmaschine gehört, der bestimmt auch den Inhalt des Kommentars. Das ist anachronistisch! Immer mehr Verlagshäusern werden von Managern geleitet. Der alles bestimmende Verlegertypus wird zunehmend Rarität. Das sind Vorboten eines Industrialisie- rungsprozesses auch bei den Printmedien.

Die Qualitätssteigerung beim Inhalt des Produktes ist Sache der Chefredaktion. Beraten von Verkauf und Marketing. Der Vertrieb und die Technik haben abzusichern und mitzusparen. Der Vertrieb bemüht sich mehr um den Kunden und konzipiert attraktive Nebengeschäfte. Der Personalchef muss noch höhere Flexibilität aufbringen, als er von Mitarbeitern erwartet. Der Anzeigenverkauf kann noch mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit verlangen als sonst. Der Kunde ist König. Kunde – das sind die Leserinnen und Leser, aber auch die, die Anzeigen schalten. Das Verlagsmanagement muss die Gratwanderung zwischen harten Sparschnitten, Konsolidierung und Zukunftsfähigkeit, Qualitätssteigerung und, wenn möglich, Expansion verantworten. Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 27

Das Management muss nachweisen, dass der Satz: „Die Krise birgt vor allem neue Chancen“ vorzeigbare Ergebnisse hat.

Gerne würde ich Ihnen an dieser Stelle von verschiedenen Synergieprozessen und Optimierungen im Verlagsbereich berichten, Sie teilhaben lassen an den Sorgen eines Verlagsmanagers. Aber aus Zeitgründen möchte ich bei Ihrem Thema bleiben und zuspitzen.

● Ich war vor mehr als 25 Jahren mal Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Diese Organisation diskutierte viel über Bildungspolitik, über besondere Fördermaßnahmen für Schüler, über das zehnte Schuljahr für alle und Ganztagsbetreuung. Auf unvergessliche Weise habe ich erfahren, dass diese gesellschaftspolitische Diskussion instrumentellen Charakter hatte. In Wirklichkeit ging es um ständische Interessen. Um höhere Besoldung, kürzere Arbeitszeiten, mehr Stellen. Die neueste Pisa-Studie sieht Deutschland bei den Lehrergehältern – bei günstigen Arbeitszeiten – an erster Stelle. Beim Schulerfolg sind wir entsetzlich abgeschlagen.

● Am Freitag der letzten Woche wurde uns von Experten eine Analyse der Lokalrundfunkstationen unserer Mediengruppe präsentiert. Die drei beliebtesten Radiostationen und die mit der höchsten Reichweite waren gleichzeitig die mit dem kleinsten Team und folglich den geringsten Personalkosten. Die drei Stationen mit der größten Mannschaft und den höchsten Personalkosten waren – und ich muss annehmen, nicht durch Zufall – die mit der geringsten Reichweite und der mit Abstand niedrigsten Akzeptanz.

Diese Beispiele ließen sich fortsetzen. Ich will gestehen: Ich glaube nicht an den positiven Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität. Natürlich müssen die Arbeitsbedingungen stimmen. Natürlich müssen hervorragende Leistungen honoriert und motiviert werden. Natürlich braucht man ausreichend Zeit für eigene Recherchen. Aber Qualitätssteigerungen sind nicht in Tarifverhandlungen zu erreichen.

Natürlich wird nicht umsonst mit glücklichen Kühen geworben, wenn Qualitätsmilch angeboten wird, aber wir wissen alle: Geld allein macht nicht glücklich und nicht automatisch Qualität. Wir werden über neue Organisationsformen, neue Arbeitsverteilung, neue Teamzusammensetzung, bessere Aus- und Fortbildung, aber auch über mehr Kontrolle und Würdigung von Qualität reden müssen. Nichts überzeugt mehr als das gute Beispiel. Eine Debatte über Standards wird helfen. Dazu wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Nur Sie, die Journalistinnen und Journalisten, können eine solche Diskussion überzeugend führen und zusammenfassen.

Die Auflage, der Markt ist die letzte Instanz. Aber so wie Politik ihre Konzepte weder verantwortlich noch erfolgreich aus Meinungsumfragen ableiten kann, so kann Qualitäts- journalismus kein anspruchsloser, allseits gefälliger, seichter und bequemer sein. Der Leser will nicht überfordert, aber auch nicht unterfordert werden. Am Ende ist es ihm was wert, dass er mehr verstanden hat von der ihn umgebenden Realität.

Die Mischung macht es. Kein pädagogischer Zeigefinger, aber Aufklärungsanspruch. Didaktik ist nicht Qualitätsverlust, sondern hohe Schule der Vermittlung. Nicht die Bleiwüste steht für höchste Qualität, sondern die Didaktik auf der Höhe der Zeit.

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Wir merken es an uns selbst, wenn wir in ein neues, modernes Museum gehen oder ein gut gemachtes, didaktisch aufgebautes Fachbuch lesen. Wir sind dankbar für das Bemühen, uns was Neues zu lehren, aber es uns dabei nicht unnötig schwer, sondern unterhaltsam leicht zu machen.

Natürlich liebt man den anspruchslosen Smalltalk, aber nur geschenkt oder ganz billig.

Ab hier möchte ich in kurzen Beispielen beweisen, dass Ihre Sorge um die Qualität des Journalismus auch die Sorge eines Verlagsmanagers um zukünftige Märkte sein muss. Auch vor Gewerkschaftern möchte ich darauf beharren: Hier gibt es keinen Antagonismus zwischen Verlag und Redaktion.

● Der Wert einer Information verfällt. Wie der Preis eines Rohstoffes im Überangebot. Es gibt keinen Mangel an Informationen. Man wird zugekübelt. Mit Wichtigem und Unwichtigem überflutet. Von nah und fern, meist von fern.

● Die journalistische Leistung, die Vorauswahl und die Bearbeitung des Rohstoffes wird immer wichtiger. Die zukünftige verlegerische Wertschöpfung rückt noch dichter an die Qualität journalistischer Leistung.

● Dabei wird die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit ein noch größerer Wert. Am Markt – als Markenzeichen. Der Überdruss an Info- und Meinungsmüll, an Verschwörungstheorien, an eifernder Diskriminierung und Fantastereien wird gerade bei der damit überfluteten Internetgeneration größer.

Die Bereitschaft, sich für dumm halten und sich dumm machen zu lassen, sinkt.

Zutreffend unterrichtet zu sein wird wertvoller. Das Tendenziöse und Manipulierende verliert seinen Marktwert. Es wird verschenkt werden müssen.

● Die Frage kommt auf: Was ist wichtiger – etwas sofort zu wissen oder etwas genauer zu wissen? Ist es wertvoller, den Gesundheits- und Gemütszustand eines Promis besser zu kennen als seinen eigenen? Ist es wertvoller, das Ereignis am Ende der Welt in Echtzeit mitzukriegen, als die Probleme zu verstehen, mit denen man es selber zu tun hat? Man muss keine Zukunftsvisionen haben, um zu erkennen, dass der zukünftige Wert einer Nachricht sich immer mehr nach der Relevanz bemisst. Relevanz aus der Sicht unserer Kunden.

● Die Nachrichten- und Informationsflut wird noch ungeheuer anschwellen. Aber das Bedürfnis, davon verschont zu bleiben, auch. Man will mehr erklärt haben, allerdings leichter und schneller verständlich. Wenn es etwas unterhaltend ist, umso besser. Unsere Schulbücher sind schon viel besser geworden. Unsere Zeitungen werden es auch. Hier ist Anpassung Fortschritt.

● Ein böser Trend stört. Ein eigener Berufsstand versucht, Werbung, PR und Redaktio- nelles zu vermischen. Einige TV-Shows verlieren fast jede Hemmung. Einige Blätter ziehen die Grenzen nicht mehr streng. Es wird am eigenen Ast gesägt. Auch am ökonomischen. Es droht langfristig Gefahr für die reellen Werbeeinnahmen. Gefährlicher noch ist der Glaubwürdigkeitsverlust. Denn dieses Treiben fällt auf. Erst ein bisschen, dann immer mehr.

● Es ist für Verlag und Journalist Kapital, dass bei allen Umfragen der letzten Zeit – ganz Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 29

gegen den Trend – die Regionalzeitungen an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz erheblich gewinnen. Sie sind Akzeptanz-Spitzenreiter. Das ist gleichzeitig Verantwortung.

● Die Enthüllung, der Skandal ist nicht sonderlich verkaufsfördernd. Es gibt ein Über- angebot. Aber die Enthüllung bleibt wesentliche Pflicht der Presse. Unabhängigkeit, Kritik und Enthüllung ist unverzichtbarer Bestand ihrer besonderen gesellschaftlichen Rolle. Wer soll Wächter sein, wenn nicht die Presse? Es gibt kein wirksameres Mittel gegen Machtmissbrauch und Korruption und für gesellschaftliche Hygiene.

Ich habe in den verschiedensten Rollen Erfahrung. Habe skandaliert und wurde skandaliert. Dass ich bei allen Vorwürfen, Attacken und tiefgehenden Untersuchungen am Ende entlastet wurde, liegt – ehrlich gesagt – nur an der Presse.

Dass ich Quittungen aufgehoben und Vorteile nicht genommen habe, trickreiche Wege nicht gegangen bin, war nicht übermenschlicher Edelmut oder unanfechtbare Moral, sondern Kalkül. Schon für junge Politiker ist die Frage: „Was passiert, wenn das in der Zeitung steht?“ hilfreicher Wegweiser.

Gerade erlebe ich auf dem Balkan, dass wirtschaftlich unabhängige Medien Motor der demokratischen Entwicklung und des Kampfes gegen Nepotismus, Willkür, Machtmissbrauch und Korruption sind. Es waren wesentlich mutige Journalisten serbischer Medien, die den letzten Diktator Europas Milosevic von innen bekämpft und letztlich gestürzt haben.

Also klar bleibt: Qualitätsjournalismus muss auch anecken und unbequem sein.

● Es ist ärgerlich zu beobachten, dass wir zwar mehr Medien, aber eine geringere Meinungsbreite haben. Es langweilt auch die Konsumenten, wenn fast alle zur gleichen Zeit „die gleiche Sau durchs Dorf treiben“. Trendberichterstattung ist weder Qualitätsjournalismus noch verkaufsfördernd.

● Einige glauben, das Internet wäre strukturell überlegen, weil es aus einem riesigen Angebot eine individuelle Abfrage ermögliche. In Zukunft sogar eine individuell zusammengestellte Zeitung nach eigenen Interessengebieten. Ich sehe das ganz anders. Fast umgekehrt. Hier liegt das besondere Problem des Internets. Man muss nämlich ganz genau wissen, was man will.

Die Überraschung, die morgens die Zeitung bietet, etwas zu finden, wonach man nicht gefragt hat und was man nicht erwartete, ist attraktiv. Guter Journalismus ist auch hier gefragt.

● Früher war Überangebot Luxus, heute gibt es zu viel davon. Dass im Supermarkt 18 Firmen vergleichbaren Kräuterquark anbieten, ist mehr Qual der Wahl als Freiheitserlebnis. Viele erleben die Vorauswahl – nach glaubwürdigen Qualitätskriterien –, die Aldi beim Kräuterquark vorgenommen hat, als erleichternden Service. Vor zehn Jahren wurde das noch assoziiert mit kommunistischen Konsumstätten. Heute ist es Kult. Ökonomisch der erfolgreichste.

Die Tatsache, dass sich in den Printmedien die Berichterstattung vom Informations- zum Bedeutungsjournalismus wandelt, wird der Profilierung und Platzierung im Medienkonzert gerecht. Seite 30 Dokumentation IQ-Forum 2003

● Die zunehmende Informationsverfügbarkeit ist nicht gekoppelt an vermehrte Infor- mationsaufnahme. Das Zeitbudget des Konsumenten steigt nicht. Es gibt keine Chance, die Informationsfülle individuell zu bewältigen. Der Journalist muss helfen, im virtuellen Spektakel noch Übersicht zu behalten. Dass viele versuchen, die Informationsfunktion durch Unter- haltungs- und Servicefunktionen zu verstärken, ist ein vernünftiger Weg.

Für die Printmedien wird es zur entscheidenden Frage, den Informationswert zum Thema zu machen. Ob eine verbreitete Information von Belang ist oder nicht, kann bei der Bewertung der Werthaltigkeit nicht außer Acht bleiben.

● Die Tageszeitung soll natürlich ihre publizistische Identität nicht verlieren, aber es gibt Anpassungsmodelle, die niemandem schaden. Zum Beispiel: farbige Gestaltung, kürzere Texte, die Aufspaltung von Themenblöcken in mehrere Informationseinheiten, die Visualisierung von Sachverhalten mittels Informationsgrafik, der verstärkte Einsatz von Bildern, die übersichtliche Strukturierung des Blattes.

Ich werde keine Eulen nach Athen tragen und erfahrenen Journalisten erklären wollen, was ihr Job ist.

Ich möchte nicht enden, ohne den Lokaljournalismus zu würdigen. Dem Lokaljournalismus gehört mehr Aufmerksamkeit, Anerkennung, Ausbildung, Anregung und Ehre. Der lokale Journalist ist auf sich gestellt. Keine Agentur liefert ihm zu und prägt den Trend. Was interessant und relevant ist, muss er jeden Tag selbst entscheiden und rechtfertigen. Oft ist er mit den Menschen einer Berichterstattung persönlich bekannt, ihren Einwirkungen direkt ausgesetzt.

Soziale Geflechte und organisierte Interessen wirken auf ihn ein. Der Wahrheitsgehalt seiner Informationen unterliegt unmittelbarer Kontrolle.

Wir wollen diesen tatsächlichen Frontarbeiter des Journalismus in Zukunft mehr belobigen, ehren, ausbilden und unterstützen. Eine wichtige Unterstützung ist es auch, einen über nationale Grenzen hinausgehenden Erfahrungsaustausch zu pflegen. Unser Haus ist auch auf diesem Feld aktiv. Es ist zum Beispiel an der Universität Dortmund das Erich-Brost-Institut im Wissen- schaftszentrum für internationalen Journalismus eröffnet worden, das neben unserer bewährten Journalistenschule in Essen dazu wichtige Impulse geben wird. Natürlich werden wir diese verlegerische Kernkompetenz nach Kräften ausbauen. Das wäre auch ein lohnendes Thema, für das ich gerne wiederkomme.

Bitte glauben Sie nicht, dass meine Unterstützung für Ihre Arbeit besonders kraftvoll ausfällt, weil ich heute hier Gast bin. Das Verlagsmanagement der WAZ-Mediengruppe wird alles tun, um die Debatte für mehr Qualitätsjournalismus zu flankieren und zu unterstützen.

Keine Sorge: Dabei treibt mich nicht etwa Idealismus, sondern kühles Marktkalkül. Bismarck hat mal spöttisch gesagt, Presse, das sei Papier und Druckerschwärze. Das könnte heute nicht mal mehr ein Marketinggenie verkaufen.

Ich sehe durchaus eine gute Zukunft für die Printmedien. Ihre Debatte spielt dabei eine wichtige Rolle, und ich bin sicher: Der Sieger steht schon fest: Der Leser!

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 31

Arbeitskreis 1: Zur Transparenz verpflichtet Selbstzertifizierung der Aus- und Weiterbildung

Statement: Dr. Arthur Frischkopf, Direktor des Landesinstituts für Qualifizierung NRW (leicht gekürzte Fassung)

Lebenslanges oder lebensbegleitendes Lernen ist heute in aller Munde. Wie aber steht es um das tatsächliche Bildungsverhalten bzw. um die tatsächliche Weiterbildungsbeteiligung in unserer Gesellschaft? Programmatik und Realität klaffen hier noch immer weit auseinander.

Wie steht es um die Weiterbildung im Bereich des Journalismus? Ist Weiterbildung bereits gängige Praxis?

Für einige stellt sich möglicherweise zunächst die Frage: Weshalb Weiterbildung? Meine These dazu lautet: Professionalität im Journalismus erfordert heute die Inanspruchnahme berufsbegleitender Weiterbildung. Diese These möchte ich im Folgenden erläutern.

1. Die Aufgaben und Funktionen von Journalistinnen und Journalisten und die professio- nellen Anforderungen

Maßgebend für die Aufgaben von Journalisten und Journalistinnen ist die Funktion der Presse. Diese ist in den Landespressegesetzen und in einschlägigen Urteilen des Bun- desverfassungsgerichts beschrieben. Im Wesentlichen handelt es sich um Informationsvermitt- lung, Stellungnahmen und Kritik als Beitrag zur Meinungsbildung, Herstellen eines öffentlichen Raums für Transparenz und Kontrolle im demokratischen Gemeinwesen sowie Beitrag zur Bildung.

Das hört sich relativ einfach an. Was soll denn besonders schwierig sein etwa im Hinblick auf Informationsvermittlung? Vielleicht der Anspruch an Verständlichkeit? Worin soll denn die besondere Anforderung im Hinblick auf den Beitrag zur Meinungsbildung bestehen? Dass unterschiedliche Meinungen zu Worte kommen sollen, ist ja auch klar. Und was die für eine Demokratie notwendige Transparenz und Kontrolle betrifft, ist dieser öffentliche Raum nicht gewissermaßen automatisch durch die Existenz der Presse und die Vielfalt der Print- und ande- ren Medien gegeben? Und schließlich was den Beitrag zur Bildung betrifft: Ist nicht jeder und jede selber dafür verantwortlich und muss sich die dafür notwendigen Informationen beschaffen? Wollen das die Menschen denn tatsächlich? Wenn ja, lesen sie genug, um sich Wissen anzueignen? Sind denn also die Aufgaben der Journalistinnen und Journalisten so schwierig?

Nehmen wir ein Beispiel: Der Irak-Krieg: Anlass, Verlauf und Auswirkungen. Zugegeben, es ist kein einfaches Beispiel, aber immer noch aktuell. Schätzen Sie die journalistische Tätigkeit in Bezug auf die vier genannten Funktionen der Presse als einfach ein? Bleiben wir einen Augenblick bei dem Beispiel:

Zunächst zur Informationsvermittlung: Welche Informationen werden vermittelt? Welches Bild Seite 32 Dokumentation IQ-Forum 2003

von Wirklichkeit bzw. welche Wirklichkeit wird dargestellt? Es gibt nicht die Wirklichkeit an und für sich, sondern es gibt nur die Wirklichkeit, wie sie wahrgenommen und dargestellt wird. Soziologen sprechen von der Konstruktion von Wirklichkeit, Medienwissenschaftler von der Inszenierung der Wirklichkeit. Ist nicht gerade die Berichterstattung über den Irak-Krieg bzw. auch über Anlass, Verlauf und Auswirkungen ein treffendes Beispiel, wie verschieden Wirklichkeit vermittelt bzw. konstruiert und inszeniert wird? Also ist die Aufgabe der Informati- onsvermittlung doch nicht so ganz einfach!

Zum Beitrag zur Meinungsbildung: Inwieweit wird der durch die Presse hergestellte öffentliche Raum zur Darstellung unterschiedlicher Positionen und für Kritik genutzt? Wie weit sind einzelne Journalistinnen und Journalisten dazu in der Lage? Welche Voraussetzungen sind dafür erforderlich?

Zur demokratischen Kontrolle: Sind die vermittelten Informationen für die Meinungsbildung geeignet, insbesondere sind sie zu einer pluralen Meinungsbildung geeignet?

Zur Bildung: Sind Informationen so zur Wissensvermittlung aufbereitet, dass auch allgemeine Zusammenhänge deutlich werden? Trägt die Berichterstattung zur Auseinandersetzung mit der Frage bei: Was lehrt uns der Irak-Krieg?

Und im Übrigen: Stellt sich hier nicht auch genauso die Frage: Was lehrt uns die Berichter- stattung über den Irak-Krieg? Diese letzte Frage zeigt, wie unterschiedlich Art und Ziele der Berichterstattung sein können bzw. wie unterschiedlich die Funktionen der Presse – und natür- lich auch der übrigen Medien – wahrgenommen werden können und wahrgenommen werden.

Fazit: Also so ganz einfach ist die Wahrnehmung der vier genannten Funktionen der Presse offensichtlich nicht.

2. Die professionellen Standards im Journalismus

Auf Grund der gesellschaftlichen Bedeutung des Journalismus gelten für diesen Beruf bestimmte Standards oder Normen. „Wahrhaftigkeit, Sachlichkeit und öffentliche Relevanz der Informationen“, so Jürgen Dörmann und Ulrich Pätzold in einem Aufsatz über „Journalismus und Professionalität“, „normieren den Journalismus als ein Angebotssystem. Was bedeuten diese Standards?

Wahrhaftigkeit: Hier geht es um eine ethische Anforderung, nämlich – ich zitiere aus dem Pressekodex des Deutschen Presserates - um „die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit“ (Ziffer 1). Sachlichkeit: Journalismus soll aufklären. Er darf nicht manipulieren und er darf nicht Emotionen schüren. Öffentliche Relevanz: Wichtig ist eine Auswahl der öffentlich relevanten Themen und ihrer Bearbeitung. Auch Aktualität kann dabei eine wichtige Rolle spielen.

Hinsichtlich der Standards gilt: Der Pressekodex des Deutschen Presserates muss insgesamt Leitlinie des journalistischen Handelns sein. Die Bedeutung der Standards ergibt sich nicht zuletzt aus der besonderen Aufgabe des Journalismus. Dieser, so Dörmann und Pätzold, erfüllt als Angebotssystem in der Demokratie eine Grundversorgung. Diese Grundversorgung ist für die Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 33

Wahrnehmung der im Grundgesetz verbrieften Meinungsfreiheit wichtig. Im Artikel 5 GG steht nämlich: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

Die Aufgabe der Grundversorgung ist allerdings eng an die beruflichen Standards gebunden. So, denke ich, ist denn auch die folgende Aussage von Dörmann und Pätzold zu verstehen: „Im Zweifelsfall ist journalistisch der öffentliche Wert des Veröffentlichten höher einzuschätzen als das Nutzungsinteresse am Veröffentlichten durch das Medienpublikum.“ Diese Aussage verdeutlicht den hohen Stellenwert der beruflichen Standards und unterstreicht die Bedeutung, die im Pressekodex des Deutschen Presserates genauer beschrieben ist. Was folgt nun daraus?

3. Erforderliche Qualifikationen und Kompetenzen

Aus den gesellschaftlichen Aufgaben und Funktionen einerseits, aus den beruflichen Standards und Normen andererseits ergeben sich professionelle Anforderungen hinsichtlich der notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen für Journalistinnen und Journalisten. Ich möchte besonders auf die beiden folgenden Fragen eingehen: Welches sind die erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen von Journalistinnen und Journalisten? Und: Lassen sich Basiskompetenzen bestimmen und benennen? Welche wären das?

3.1 Erforderliche Qualifikationen und Kompetenzen

Auf einer etwas abstrakteren Ebene könnten Qualifikationen und Kompetenzen m. E. wie folgt formuliert werden. Wissen – Verstehen – Können – Vermitteln – Verantworten. Ich möchte diese Anforderungen konkretisieren und schlage vor zu unterscheiden zwischen Fachkompetenzen, Vermittlungskompetenzen und personalen und sozialen Kompetenzen.

Fachkompetenzen: Diese umfassen m. E. handwerkliches Können, etwa im Hinblick auf Recherche und Erschließen von Quellen, auf Selektion, Redigieren usw. unter Zuhilfenahme geeigneter Methoden. Dazu zählen auch IT-Kenntnisse und -Kompetenzen. Es folgt das Fachwissen, zum Beispiel hinsichtlich Medienrecht, Medienpolitik, Medienentwicklung und Me- dientechnik.

Als berufsspezifische Schlüsselqualifikationen möchte ich folgende vier Qualifikationen in den Mittelpunkt stellen: Reflexionsfähigkeit: Denken in Zusammenhängen (systemisches Denken) verbunden mit der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich zu vermitteln und damit zur Orientierung beizutragen; Kritikfähigkeit und Distanzfähigkeit als Voraussetzung, Sachverhalte aus unter- schiedlichen Perspektiven darzustellen und ggf. zu bewerten; Diskurs- und Kommunikations- fähigkeit mit den für die journalistische Tätigkeit einschlägigen Publika; Vermittlungs- kompetenz: Hier geht es um Kenntnisse und Fähigkeiten einerseits hinsichtlich der Präsentation sowohl traditioneller Art bis hin zu multimedialer Gestaltung, andererseits geht es um unterschiedliche Darstellungsformen wie Meldung, Bericht, Feature, Kommentar, Glosse, Portrait, Reportage, usw.

Personale und soziale Kompetenzen: Die Grenzen zwischen sozialen und personalen Kompetenzen sind fließend. Denn soziale Kompetenzen sind immer personal verankert und personale Kompetenzen realisieren sich im sozialen Zusammenwirken. Beispiele für personale Seite 34 Dokumentation IQ-Forum 2003

Kompetenzen sind: das Selbstkonzept (Wer bin ich? Was kann ich? Was ist mir wichtig?), die Ambuigitätstoleranz (Umgang mit Unsicherheit, Zielkonflikten usw.), kritische Selbst- wahrnehmung und Selbstdisziplin. Beispiele für Sozialkompetenzen: Kooperations- und Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Empathie.

Welche Qualifikationen und Kompetenzen können als Basiskompetenzen bezeichnet werden? Diese Frage ist eher schwierig zu beantworten. Basiskompetenzen müssten m. E. schon vieles von dem abdecken, was in einer Erstausbildung zu vermitteln wäre. Das betrifft Fachkompetenzen, Vermittlungskompetenzen und personale und soziale Kompetenzen. Die zu erörternde Frage lautet: Was genau umfassen die Basiskompetenzen bzw. welche Kompetenzen und mit welchem Grad der Aneignung?

4. Berufliche Anforderungen im Licht der gesellschaftlichen Funktionen des Journalismus

Ich komme jetzt nochmals auf die Aufgaben und Funktionen des Journalismus zurück und will die professionellen Anforderungen im Licht der gesellschaftlichen Bedeutung dieser Aufgaben beleuchten. Dabei geht es vor allem um zwei Aspekte: Journalistinnen und Journalisten tragen erheblich dazu bei, wie Wirklichkeit wahrgenommen und gedeutet wird, und Journalistinnen und Journalisten tragen zur demokratischen Kultur bei.

4.1 Zur Wirklichkeitskonstruktion und -deutung

Die gesellschaftliche Wirklichkeit ist komplex und für viele Menschen unüberschaubar. Nehmen wir als Beispiel, was zurzeit als Um- oder Abbau des Sozialstaates diskutiert wird, nämlich die Diskussion um die Reformen im Bereich der Arbeitslosen-, Gesundheits- und Rentenver- sicherung. Welcher Bürger oder welche Bürgerin kann von sich behaupten, über das ge- schichtliche Wissen hinsichtlich der Entwicklung des Sozialstaates zu verfügen und die Zu- sammenhänge zu verstehen, die für eine sachgerechte Beurteilung von Veränderungen erforder- lich wären?

Meine These: Je geringer das eigene Wissen und die eigenen Erfahrungen in einem Bereiche sind, desto mehr trägt die journalistische Tätigkeit dazu bei, wie die Wirklichkeit, z. B. das Sozialsystem, wahrgenommen und gedeutet wird.

Dieses Phänomen beschränkt sich aber keineswegs auf soziale Wirklichkeit. Unsere Welt ist in hohem Maße wissenschaftlich-technisch geprägt. Allerdings möchte ich fast die These aufstellen, dass das wissenschaftlich-technische Verständnis vieler Menschen fast im umgekehrten Verhältnis zur Komplexität der wissenschaftlich-technischen Vorgänge und Sachverhalte steht. Nehmen wir das Beispiel der Energieversorgung. Wer kann von sich behaupten, den Durchblick in Bezug auf die wissenschaftlich-technischen, ökonomischen und ökologischen Aspekte und Zusammenhänge zu haben? Wer kennt die Gemengelage der Interessen? Auch in diesem Feld dürfte es zutreffen, dass Sie als Journalistinnen und Journalisten wesentlich zur Wahrnehmung und Deutung dieses Segments von Wirklichkeit beitragen.

Der Philosoph Jürgen Mittelstrass hat die Unterscheidung zwischen Verfügungswissen und Orientierungswissen eingeführt. Verfügungswissen ist ein Wissen um Ursachen, Wirkungen und Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 35

Mittel, Orientierungswissen ein Wissen um begründete Zwecke und Ziele („Flug der Eule. 15 Thesen über Bildung, Wissenschaft und Universität“, in: Universitas 2/1989, S. 165-175). Je geringer nun das Verfügungs- und Orientierungswissen, desto größer die Abhängigkeit von denjenigen, die Informations- und Wissensangebote machen. Umso größer ist folglich deren Einfluss sowohl was das Verfügungs- als auch das Orientierungswissen betrifft. Dies ist um so bedeutsamer, als in unserer heutigen Welt gerade auch Orientierungswissen Not tut. Hier nimmt der Journalismus möglicherweise – bewusst oder unbewusst – einen Beitrag zur Bildung wahr.

Die zentrale Frage, die sich aus dem Gesagten ergibt, lautet: „Wie vermitteln Sie die von Ihnen wahrgenommene Wirklichkeit in Ihrer journalistischen Tätigkeit? Wie selbstkritisch ist Ihr Umgang mit Ihrer Wahrnehmung und Deutung von Wirklichkeit? Wie weit sind Sie sich Ihrer Rolle als Wirklichkeitskonstrukteure und -deuter bewusst?

Die Menschen leben zunehmend mehr in zwei Wirklichkeiten. Die erste Wirklichkeit ist die der eigenen Lebens- und Erfahrungswelt. Die andere Wirklichkeit ist gewissermaßen die Wirklichkeit aus zweiter Hand, nämlich die medienvermittelte Wirklichkeit. Diese andere, nicht über persönliche Erfahrungen wahrgenommene Wirklichkeit, und dazu gehört in weiten Teilen auch die öffentliche, wird durch Medien vermittelt.

Angesichts der Vielfalt der Medienangebote und der raschen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien dürfte der Anteil der medienvermittelten Wirklichkeit noch weiter zunehmen. Je mehr sich das Fenster mit Hilfe der Medien auf die große Welt öffnet, um so größer wird der Anteil der medienvermittelten Wirklichkeit. „Die Medien schaffen somit kommunikativ, sozial und politisch relevante Wirklichkeit.“ (Dörmann und Pätzold, S. 19) Bezogen auf die journalistische Tätigkeit bedeutet dies: Als Journalistinnen und Journalisten produzieren Sie einen guten Teil der Wirklichkeit.

4.2 Der Beitrag zur demokratischen Kultur

Mit Ihrer Berichterstattung stellen Sie Öffentlichkeit her. Diese Öffentlichkeit ist eine Grundvoraussetzung für eine demokratische Kultur. Daher ist die Pressefreiheit ein im Grundgesetz verbrieftes Grundrecht.

Entscheidend dabei ist allerdings nicht nur die Tatsache, dass Presse Öffentlichkeit schafft. Entscheidend ist auch die Qualität der Öffentlichkeit. Hier geht es darum, dass Informationen so aufbereitet und vermittelt werden, dass sie in den Köpfen der Adressaten zu Wissen werden, dass Deutungs- und Sinnzusammenhänge entstehen können. Das setzt die Verständlichkeit von Informationen voraus, die in der Regel durch Zusammenhänge und Verknüpfungen mit anderen Informationen entsteht.

Zur Qualität der Öffentlichkeit gehört im Übrigen auch das Aufzeigen und Transparentmachen unterschiedlicher gesellschaftlicher Interessen. Es geht darum zu zeigen, worin diese Interessen bestehen und von welchen Gruppen und Akteuren sie vertreten werden. Damit ist auch die Machtfrage ein wesentliches Thema. Die Qualität der hergestellten Öffentlichkeit ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe und Mitgestaltung am Gemeinwesen. Sie ist unerlässlich für Transparenz und demokratische Kontrolle. Gerade auch diese journalistische Tätigkeit kann im Einzelfall hohe professionelle Anforderungen stellen, vor allem wenn es sich um komplexe Sachverhalte handelt. Seite 36 Dokumentation IQ-Forum 2003

Die aktuellen politischen Debatten machen die Bedeutung journalistischer Tätigkeit für eine demokratische Kultur deutlich. Dies trifft auch dann zu, wenn die Presse in heftiger Konkurrenz zu den anderen, alten und neuen Medien steht. Sie hat nach wie vor eine hohe Bedeutung für das demokratische Gemeinwesen. Damit komme ich zum letzten Punkt.

5. Verantwortung setzt Professionalität voraus

Diese Hinweise auf die gesellschaftliche Bedeutung journalistischer Funktionen lassen die ethische Dimension der Verantwortung erkennbar werden. Diese Verantwortung erhält konkrete Gestalt im Pressekodex des Deutschen Presserates. Nun ist aber die Wahrnehmung von Verantwortung nicht bloß eine Angelegenheit des guten Willens. Sie setzt Wissen und Können, Qualifikationen und Kompetenzen voraus. Mit anderen Worten, sie setzt Ethik und Professiona- lität gleichermaßen voraus.

In einem Berufsfeld ohne eigenständige Ausbildung bietet sich Weiterbildung als berufsbe- gleitende Unterstützung zur Herstellung und Sicherung von Professionalität geradezu zwingend an. Professionelle Kompetenz und gesellschaftliche Verantwortung müssen Hand in Hand gehen. Dies ist die Voraussetzung, um den journalistischen Anforderungen auch tatsächlich gerecht zu werden. Ich hoffe, deutlich gemacht zu haben, dass Sie als Journalistinnen und Journalisten eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe mit hohen professionellen Anforderungen wahrnehmen. Nutzen Sie Weiterbildung. Es lohnt sich für Sie und ihre Leserinnen und Leser!

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Stichpunkte: Prof. Dr. Ulrich Pätzold, Universität Dortmund, zur Selbstzertifizierung der Aus- und Weiterbildung

1. Transparenz Grundlage für Qualitätseinschätzung, Qualitätsnachweis und Qualitätsentscheidung

1.1. Transparenz ist ein Mittel von Interessen

1.1.1. Der Anbieter: Merkmale der Produkte und Leistungen in der Produkterstellung - Anbieter von Informationen, deren Erstellung Qualifizierung der Produzenten voraussetzen (Medium, Redaktion) - Anbieter von Aus-/Weiterbildung, die berufliche Standards für die Produzenten gewährleisten

1.1.2. Die Qualität der Redaktionen korrespondiert mit der Qualität der Aus-/Weiterbildung - Qualitätsmerkmale des zielgerichteten, organisierten und institutionellen Handelns - Qualitätsmerkmale der Institutionalisierung und Kooperationsbeziehungen zwischen Redak- tionen und Aus-/Weiterbildungseinrichtungen

1.2. Mittel der Transparenz sind Information und Offenlegung

1.2.1. Die „Marke“ führt zum Marketing - Qualität muss einen publizistischen und einen ökonomischen Wert haben - Qualität muss nachprüfbar sein - Qualitätsangebote müssen vergleichbar sein

1.2.2. Qualitätsbewusstsein setzt einen Qualitätsmaßstab für den Journalismus voraus - Organisationsinterner Maßstab: das Verhältnis von Quantität und Qualität - Externe Erwartungen an die Qualität: Was soll Journalismus leisten? - Durch Information und Diskussion (Transparenz) öffentliches Bewusstsein für journalistische Qualität entwickeln

1.2.3. Transparenz in der journalistischen Aus-/Weiterbildung liegt im öffentlichen Interesse - Eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen, setzt Verantwortung und Kompetenz voraus - Der Überfluss an Informationen erzeugt einen wachsenden Bedarf an Qualität in der redak- tionellen Auswahl der Informationen, an Hintergrund und Zusammenhang sowie an der medialen Präsentation von Informationen - Qualitätsjournalismus ist auf Aus-/Weiterbildung angewiesen - Öffentliche Gelder für die journalistische Aus-/Weiterbildung sind durch das Ziel gerechtfertigt, den Qualitätsjournalismus zu stärken

1.3. Transparenz im „Kunden“-Interesse: die Nachfrager der Aus-/Weiterbildung

1.3.1. Die Landschaft der journalistischen Aus-/Weiterbildung - Es wird mehr versprochen als eingelöst - Die institutionellen Beziehungen zwischen Aus-/Weiterbildungseinrichtungen und Redak- tionen/Medien sind unklar Seite 38 Dokumentation IQ-Forum 2003

- Träger und Organisationsformen der Aus-/Weiterbildungen werden nicht hinreichend deutlich - Die Logik der Curricula wird oft feuilletonistisch verschleiert - „Was lerne ich wozu?“ Die Professionalität im Journalismus ist noch keine zwingende gemein- same Grundlage für die Aus-/Weiterbildungseinrichtungen

1.3.2. Die Wege in den Journalismus sind dem Glückspiel ähnlich und voller Zufälle - Die Konjunktur für den Journalismus steigt mit abnehmender Deprofessionalisierung in weiten Teilen der Redaktionen und Medien - „Rein zu kommen“ ist für viele wichtiger als die Frage nach Qualität und Qualifizierung - Transparenz kann zielgerichtete und bewusste Auswahlentscheidungen bei den Nachfragern steigern.

2. Transparenzfelder der journalistischen Aus-/Weiterbildung

2.1. DJV-Memorandum Bildungskommission

2.2. Auswirkungen der Medienkrisen auf die Aus-/Weiterbildung

2.2.1. Journalistische Qualität als medienwirtschaftlicher Wert gewinnt an Bedeutung – nicht für alle, aber für viele (Medienprofile) 2.2.2. Wirtschaftliche Bedingungen für die Aus-/Weiterbildungseinrichtungen werden schlechter 2.2.3. Qualitätsmanagement ist eine gemeinsame Aufgabe der Medienwirtschaft und der Aus- /Weiterbildungseinrichtungen

2.3. Die hochschulgebundene Journalistenausbildung ist in Teilen erfolgreich, an anderen Teilen völlig unzureichend

2.3.1. Kriterium klare Verbindungen zu Redaktionen

2.3.2. Kriterium Ausstattung und Zahl der Studierenden

2.3.3. Kriterium Journalistische Tätigkeitsfelder - Grundsatz: Ohne journalistische Grundausbildung keine ressort- oder medienspezifischen Spezialausbildungen

2.3.4. Evaluierungen der Journalistik-Studiengänge von „draußen“

2.4. Volontariate bleiben die Grundlage einer praxisnahen, professionellen und Qualität anstrebenden Journalistenausbildung

2.4.1. Das Volontariat strukturell nach den Vorgaben des Ausbildungstarifvertrags stärken - Ausbildung in den Redaktionen - Außerbetriebliche Ausbildung

2.4.2. Es gibt gute, weniger gute und schlechte Volontariate - Die Inflation des Volontariats im Journalismus - Merkmale eines guten Volontariats Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 39

- Ausbildungsleistungen in der Redaktion - Liste der Ausbildungsbetriebe, die nach dem Ausbildungstarifvertrag ausbilden

2.4.3. Gute Volontariate sind Qualitätsmerkmale der Medien und Redaktionen - Qualitätsvolontariat als Markenzeichen - Qualitätsvolontariat als Nachwuchsförderung - Freiwillige Zertifizierung der Volontariatsausbildung durch Medien/Redaktionen

2.4.4. Außerbetriebliche „Volontärskurse“ - Anforderungen, Ausstattung der Träger, Profile und Durchführungsmodalitäten - „Arbeitsgemeinschaft“ der Träger entsprechend der Zertifizierungsergebnisse - Jährliche Veröffentlichung einer Liste: „Entsendende Redaktionen“

2.5. Journalistische Weiterbildung

2.5.1. Weiterbildung als Recht und Pflicht im Zusammenhang mit Arbeitsvertrag

2.5.2. Kostenträger der journalistischen Weiterbildung - Medienbetriebe - Privat - Öffentliche Zuschüsse, Arbeitsamt - Stiftungen, Stiftungsmodelle

2.5.3. „Volontariat plus“ - Arbeitslos nach dem Volontariat - Arbeitsmarkt und Zusatzqualifikation - Module und Bausteine für die Zusatzqualifikation - Bildungsgutscheine für zertifizierte Anbieter

2.5.4. Journalistische Weiterbildungseinrichtungen - Grundlagen und Ausdifferenzierung der journalistischen Professionalität - Betriebliche und öffentliche Interessensfelder an der Weiterbildung - Individuelle Strategien für die Weiterbildung - Profile und Angebotsübersichten der Weiterbildungseinrichtungen - Zertifizierungskriterien für die Weiterbildungseinrichtungen

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Berichterstattung: Dr. Frauke Höbermann, DJV-Bildungswerk, Bonn

Als Ermutigung und Motivation verstand der Arbeitskreis die Worte aus dem Impulsreferat von Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Gruppe, er sei nicht aus Idealismus zum Forum „Initiative Qualität“ gekommen, sondern aus marktwirtschaftlichem Kalkül: Es sei die Sache Verlages, Qualität möglich zu machen. Die Ausbilder/-innen und Journalisten im Arbeitskreis waren sich klar darüber, dass das Qualitätsproblem von den Schulen allein nicht gelöst werden könne, sondern nur im Kontext mit den Medienbetrieben – und hofften, dass die Krise in den Medien dem Thema „Qualität“ Konjunktur bringen könne.

Ansporn zu einer möglichst raschen Einigung auf einen gemeinsamen Kriterienkatalog der Aus- und Weiterbildungsanbieter mit Selbstverpflichtungscharakter war für den Arbeitskreis die Information von Dr. Arthur Frischkopf, Landesanstalt für Qualifizierung NRW: Die Arbeits- verwaltung arbeite an einer Rechtsverordnung zur Zertifizierung von Seminaren und Kursen von Anbietern, die mit Bildungsgutscheinen aus Nürnberg arbeiten wollten. Es dürfe nicht dahin kommen, dass der Gesetzgeber vorschreibe, was Journalistinnen und Journalisten zu lernen hätten.

Ein solch gemeinsamer, selbstverpflichtender Qualitätskriterienkatalog könne jedoch nur der erste Schritt sein. Ziel müsse ein unabhängiges Zertifizierungsgremium sein, das sich aus Vertretern der Berufsverbände und dem Presserat zusammensetzen könne.

Einig war sich der Arbeitskreis, dass die Qualität von Volontariaten nicht aus der Qualitätsdiskussion ausgeklammert werden dürfe: Es gebe Verlage, in denen die Vorgaben des Ausbildungstarifvertrages unberücksichtigt blieben, keine qualifizierten Ausbildungsredakteure bestellt würden und die Volontäre nicht an den außerbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könnten.

Alles, was ausgebildet wird, muss auch in der Weiterbildung vorkommen: Auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner für Weiterbildungsanbieter konnte sich der Arbeitskreis einigen. Darüber hinaus müsse man sich von der Angebotsorientierung trennen und der Bedarfsorientierung zuwenden – ohne dabei Bedarfsorientierung zum Synonym für Kostensenkung verkommen zu lassen.

Zustimmend äußerte sich der AK über das erste Diskussionsergebnis der auf Einladung des DJV- Bildungswerks regelmäßig tagenden Leiter/-innen der Journalistenaus- und -weiterbildungs- einrichtungen zu dem folgenden Kriterienkatalog mit Selbstverpflichtungscharakter, den sie um den Punkt 8 ergänzte:

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Zertifizierung der Aus- und Weiterbildung Erstes Arbeitsergebnis

Vertreter/-innen der deutschen Journalistenaus- und -weiterbildungsinstitute haben begonnen, einen Kriterienkatalog zu entwickeln, mit dem sich Anbieter und Programme/Seminare in der Journalistenaus- und -weiterbildung beurteilen lassen.

Die ersten Ergebnisse, die in diesen Kriterienkatalog eingehen sollen, beziehen sich auf Rahmenbedingungen für die Aus- und Weiterbildung. Im nächsten Schritt sollen die inhaltlichen Anforderungen definiert werden.

1. Organisation Hier geht es um die Geschichte und Tradition des jeweiligen Instituts, um die Gesellschaftsform, die Ziel- und Zwecksetzung, um Kooperationen und Finanzen.

2. Lehrplan Hier geht es um das Gesamtprogramm des Institutes, um Zielgruppenansprache und den Bezug zu den journalistischen Berufsfeldern, um Lehr-/Lernmaterialien und didaktische Modelle.

3. Lehrkörper Hier geht es um die Zahl und Kompetenz der festen und freien Mitarbeiter/-innen, Trainer, Dozenten, deren Qualifikation, Berufserfahrung, Arbeitsschwerpunkte und pädagogischen Fähigkeiten.

4. Praxisbezug der Schule zum Journalismus Hier geht es um die Vernetzung des Instituts in die Branche, um Praxisanteile in der Ausbildung, um die technische und räumliche Ausstattung und um deren Angemessenheit in Bezug auf die angebotenen Inhalte.

5. Teilnehmer Hier geht es um Transparenz der Inhalte und Buchungsbedingungen für Seminare, um Teilnehmergewinnung und -auswahl sowie um die Kurzvita von Trainern und Trainerinnen.

6. Qualitätskontrolle, Evaluation, Absolventenkontakt Hier geht es um Leistungsnachweise, Beurteilungen und Unterrichtsbewertungen sowie um Vergleichbarkeit der Institutsangebote durch standardisierte Fragebögen.

7. Sonstige Aktivitäten und Dienstleistungen Hier geht es um die Stellung des Instituts im Journalismus, um Veröffentlichungen, Vorträge, Beratungsleistungen sowie um Stipendien und Kooperationspartner.

8. Überprüfung der Nützlichkeit von Seminaren Da die Nützlichkeit von Seminaren oft erst Monate nach der Weiterbildungsmaßnahme erkennbar wird, muss ein entsprechendes „Messinstrument“ entwickelt werden.

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Arbeitskreis 2: Medienführerschein und Qualitätssiegel Medien unter Fremdbewertung

Statement: Matthias Arkenstette, Verbraucher-Zentrale NRW; Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW

Vorab: - das Folgende eher als Betrachtung einer Baustelle denn als fertiges Konzept, - eher über „Rundfunk“ (vor allem Privater) denn über Journalismus, - wissend, dass Medien eine besondere Branche sind.

Anknüpfungspunkt: Mediengesetz NRW ( 2002):

„§ 41 Qualitätskennzeichen Zur Förderung der Belange der Mediennutzerinnen und –nutzer können Qualitätskennzeichen vergeben werden. Das Nähere regelt die LfM durch Satzung.“

„§ 88 Aufgaben Die LfM kann zur Vergabe der Qualitätskennzeichen (…) mit den Organisationen der Medienselbstkontrolle und des Verbraucherschutzes zusammenarbeiten. Das Nähere regelt sie durch Satzung.“

Der Blickwinkel dieser und anderer Passagen des neuen Mediengesetzes liegt auf den Nutzerinnen und Nutzern, auf deren Medienkompetenz, die es zu fördern gilt.

Im Fernsehen hat es fundamentale Veränderungen gegeben: Von wenigen (öffentlich-rechtlichen) Veranstaltern zu vielen unterschiedlichsten Anbietern von Programmen und Diensten: öffentlich- rechtliche wie private; Vollprogramme wie Spartenprogramme; gebührenfinanziert, werbefinanziert, entgeltfinanziert bis hin zum Teleshopping; terrestrisch, über Satellit oder Kabel zu empfangen; von analog hin zu digital mit Rückkanalfähigkeit und neuen Mediendiensten. Insgesamt Märkte statt Monopole, Überfluss statt Mangel, Wahlfreiheit statt Versorgung. Und die Vermehrung der Programme wie der Verbreitungskanäle meist nicht im öffentlichen Besitz, sondern privatwirtschaftlich, umsatz- und gewinnorientiert.

Nutzerinnen und Nutzer sind die neuen Programmdirektoren, die Fernbedienung als Instrument zur individuellen Programmgestaltung. Nutzerinnen und Nutzer werden Kunden, Konsumenten, „Verbraucher“. Als solche sind sie Gebührenzahler, Reklameobjekte, Käufer von Pay-TV- Paketen, Zahler kostenpflichtiger Hotlines bei Gewinnspielen, Nutzer neuer elektronischer Einkaufs-Tempel. Es entstehen neue Vertragsformen, Geschäftsbedingungen und -beziehungen. Auch hier Preis- und Qualitätsunterschiede.

Mediennutzerinnen und Nutzer müssen diese Rolle als Verbraucher lernen, unterscheiden und Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 43

auswählen können, müssen Erfahrungen gewinnen, Medien „kompetent zu nutzen“. (So wie in anderen Konsumbereichen auch.)

Medienpolitik, Medienaufsicht wird den Medienmarkt zunehmend weniger regulieren. Auch hier eine Tendenz zur Entstaatlichung. Medienpolitik wird ergänzt um Bildungspolitik und Verbraucherarbeit (als Instrumente zur Information, Kompetenzförderung und Schutz). „Medienkompetenz“ ist synonym zu „Konsumentensouveränität“ zu verstehen.

Qualitätskennzeichen sind in anderen Märkten Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung, zur Information, Orientierung, Qualitätsbewertung. Sie sind Instrumente zur Stärkung der Konsu- mentenverantwortung. Qualitätskennzeichen wollen hohe Qualität herausstellen.

Es gibt Qualitätskennzeichen zur Struktur- und Prozessqualität in Unternehmen (z.B. ISO 9001) oder zur Produktqualität von Waren- und Dienstleistungen (z.B. „Blauer Engel“). Ersteres ist eher Instrument der Unternehmen zur Qualitätssicherung, Letzteres eher Mittel zur Transparenz und Entscheidungshilfe für die Verbraucher (aber auch zur Beförderung gesellschaftlicher Interessen).

Zentral bei der Ausgestaltung von Qualitätskennzeichen ist: Was will man erreichen, was braucht der Nutzer / Konsument an Entscheidungshilfe? Wer bewertet welche Qualität nach welchen Kriterien? Wie werden die Ergebnisse kommuniziert?

Bei einem Qualitätskennzeichen für Medien müsste ebenfalls zunächst geklärt werden, wo der Bedarf der Nutzer, der Gesellschaft an Unterscheidung, an Qualitätsanhebung am größten ist, wo besondere Risiken gegeben und wo andere Instrumente weniger geeignet sind.

Dabei ist zu beachten: Medienangebote sind oft singuläre und flüchtige Produkte. Oft braucht der Konsument nur abzuschalten, außer dem Verlust an Zeit entsteht ihm kein Schaden. Es gibt Programmzeitschriften, Preise, Medienkritik in den Zeitungen.

In der Landesanstalt für Medien NRW wird an diesen Fragen gearbeitet. Es gibt die Überlegung, ein Qualitätskennzeichen zunächst exemplarisch zu entwickeln (denkbar z.B. für Kinderformate). Die Kriterien für gute Qualität müssten präzise entwickelt werden, unter Einbeziehung gesell- schaftlicher Kreise.

Perspektivisch wird sich nach dem Bedeutungsrückgang staatlicher Regulierung auch für den Bereich der Medien ein Instrumenten-Mix zur Orientierung der Konsumenten entwickeln (wie zur Zeit im Weiterbildungsmarkt durch die Stiftung Warentest). Dazu können neben der unabhängigen journalistischen Medienkritik, neben Preisvergleichen, Tests und Rankings auch Qualitätskennzeichen gehören.

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Berichterstattung: Dr. Peter Widlok, Landesanstalt für Medien NRW/ Marina Friedt, freie Journalistin, Hamburg

Medienführerschein und Qualitätssiegel – die „Kennzeichnung“ dieses Arbeitskreises rief erste Missverständnisse hervor; besonders das Stichwort „Medienführerschein“. Hiermit ist nicht eine „Fahrerlaubnis“ für TV-Zuschauerinnen und -zuschauer gemeint. Es ist richtigerweise eine durch die Deregulierung (etwa in Baden-Württemberg) bewirkte Lizenzierungspraxis: Ein Veranstalter erhält auf Nachweis einiger Basisvoraussetzungen den „Führerschein“ und kann sich damit dann, in einem zweiten Schritt, um Vertriebswege, z.B. Frequenzen oder Kabelplatz, auch in anderen Bundesländern bemühen.

Ausgangslage für die Diskussionen über Qualitätssiegel im Arbeitskreis 2 war unter anderem die neue gesetzliche Regelung in Nordrhein-Westfalen. Im Landesmediengesetz NRW (LMG NW), in Kraft getreten am 31. Juli 2002, heißt es: „Zur Förderung der Belange der Mediennutzerinnen und -nutzer können Qualitätskennzeichen vergeben werden. Das Nähere regelt die LfM durch Satzung.“ Die nordrhein-westfälische Landesmedienanstalt kann dabei, so führt eine zusätzliche Regelung aus, z. B. mit Verbänden des Verbraucherschutzes zusammen arbeiten.

Der Gesetzgeber hat damit medienrechtliches Neuland beschritten. Zum ersten Mal können mit einem Qualitätskennzeichen bestimmte, noch zu definierende Medienangebote „ausgezeichnet“ werden.

Allerdings bereitet angesichts der schmalen gesetzlichen Vorgabe – auch die Begründung des Gesetzgebers zu dem Paragrafen ist nicht signifikant aussagekräftiger – die Auslegung erhebliche Probleme; von der möglichen Umsetzung vorerst ganz zu schweigen.

Denn in welcher Form soll man sich Qualitätskennzeichen vorstellen? Für welche Medienangebote? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises diskutierten zwei grundsätzliche Lösungsansätze: Zum einen solle der Aufforderung des LMG dadurch Rechnung getragen werden, dass auf eine fundierte Aus- und Weiterbildung von Journalisten stärker als bisher Wert gelegt wird. Zum anderen sollen – gleichsam auf der anderen Seite, nämlich beim Nutzer – die so genannte Medienkompetenz verstärkt werden. Beides also Ansätze, die nicht ein reales Kennzeichen, ein Siegel, eine Zertifizierung oder Ähnliches („Blauer Engel“, „Grüner Punkt“) vorsehen.

Die zentrale Frage lautet also: Kann man, und wenn ja, soll man Medienangebote bewerten und zertifizieren?

Matthias Arkenstette (Verbraucherschutz NRW) hob in seinem Impulsreferat hervor, dass die Medien, hier vorrangig das Fernsehen, „die Aura des Besonderen seit langem verloren“ hätten. Sie seien auf dem Wege, gewöhnliche Dienstleister zu werden. Nicht Mangel, nicht Monopole, sondern Programmvielfalt (Auswahl im Überfluss“) bestimme das Angebot. Die quantitative Vielfalt sei immer größer geworden; mit neuen TV-Angeboten wie etwa den Verkaufssendern (QVC; HOT) seien erstmals auch neue Relationen zwischen Sender und Empfänger getreten: Eine neue Form der Kaufbeziehung – die Nutzer schauen nicht mehr nur fern, sondern sie bestellen auch, sie empfangen Waren auf Grund der Bestellung, sie zahlen und ggf. reklamieren sie. Vertrags-, Regressangelegenheiten seien zunehmend relevant geworden. Aus dem Fernseh- Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 45

zuschauer sei ein Nutzer, ein Verbraucher, ein Konsument, letztlich ein Kunde geworden. Auch die Aktivitäten neuer Kabelnetzbetreiber wie in Nordrhein-Westfalen mit neuen zusätzlichen Mediendiensten bewirke eine weitere „Ökonomisierung der Medien“. Arkenstette, der Mitglied der Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW (LfM) ist und in dieser Funktion im Ausschuss für Qualitätskennzeichen mitarbeitet, sagte weiter, eine Zertifizierung sei denkbar und könne dem Ziel dienen, zur besseren Orientierung der Zuschauer beizutragen.

Die Debatte in dem Arbeitskreis zeigte jedoch eine sehr unterschiedliche Bewertung. Unnötig, frevelhaft und sinnvoll – so lautete die „Zertifizierung“ des gesetzlichen Anspruchs durch die Teilnehmer. Frevelhaft und unnötig deshalb, weil Medien eben keine Waren oder Dienstleistungen seien wie andere. „Der Gesetzgeber ist hier in einer Sackgasse“ (Volker Hummel). Sie hätten eine besondere gesellschaftliche Funktion.

Andererseits sei die Institution, die zertifizieren soll, in einer schwierigen Lage. Denn welche Angebote sollen (zunächst) bewertet werden? Auch stellt sich die Frage, wie die Spreu vom Weizen zu trennen sei. Von unten oder von oben? Einfacher wäre es, schlechte Sendungen zu brandmarken (Stichwort „Anti-Blockiersystem“). Aber was zeichnet eine schlechte Sendung aus? Da gehe die Beurteilung des Publikums (durch Untersuchungen sei längst belegt, was die Zuschauer sehen wollen!) und einer gewissen „Medien-Elite“ auseinander.

Ein Appell dafür, dass es mehrere Qualitätssiegel nebeneinander geben müsse – je nach Format, Zielgruppe, Sendung, Programm. „Probiert mal!“ lautete aus medienwissenschaftlicher Sicht (Bernd Blöbaum) das Plädoyer, mit bestimmten Angeboten zu beginnen, z. B. mit Kindersendungen. Aber auch folgende Möglichkeit wurde nicht ausgeschlossen: Hier sei vom Gesetzgeber vielleicht eine „ewige Baustelle“ (Norbert Schneider) eröffnet worden. Was kann, was darf das Gesetz? Und welche Rolle spielt die Gesellschaft? Stichwort: „Aus- und Weiterbildungspolitik – in der Bevölkerung, in den Schulen und auch bei den Journalisten.

Die Initiative Qualität hat das Fundament gegossen. Nun gilt es im gesamt-gesellschaftlichen Konsens Stein auf Stein zu setzen. Wann Richtfest gefeiert werden kann, ist noch nicht abzusehen. Aber der Bauzaun steht schon. Letztlich gilt: Eltern haften für ihre Kinder! – und schalten ab!? Dennoch: Die Verantwortung für die Macher bleibt!

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Arbeitskreis 3: Codes und Kodex Die organisierte Selbstkontrolle

Statement: Manfred Protze, Deutscher Presserat/dju in ver.di

(Das Statement lag bei Redaktionsschluss dieser Dokumentation nicht vor, wird aber in der folgenden Berichterstattung resümiert.)

Berichterstattung: Ulrike Maercks-Franzen, dju in ver.di, Berlin

Das Impulsreferat von Manfred Protze beschäftigte sich nach einer kurzen Darstellung des Deutschen Presserats mit aktueller Kritik an der Arbeit des Presserats – wesentlich für die Frage einer möglichen Vorbildfunktion für andere Bereiche mediale Selbstregulierung.

Kritik aus der Öffentlichkeit - knüpft an die auf den Printbereich begrenzte Zuständigkeit des Presserats, keine klare Grenzziehung z.B. zum Online-Auftritt von Zeitungen und anderen Formen, die durch die technologische Entwicklung möglich sind - bemängelt entsprechend den begrenzten Geltungsbereich der Regeln des Pressekodex z.B. für viele Medien, die zwar Rechte und Privilegien der Presse in Anspruch nehmen, ohne sich entsprechenden Regelungen zu unterwerfen - Fazit: Nutzer und „Macher“ wollen Orientierung

Kritik aus der wissenschaftliche Beobachtung (z.B. in den Thesen von Prof. Pöttker) - mangelnde Öffentlichkeit - Forderung nach Erweiterung des Gremiums um Vertreter der Öffentlichkeit - mangelnde Öffentlichkeitsarbeit - mangelnde Sanktionsmöglichkeiten : der berühmte „zahnlose Tiger“

Im Referat und der anschließenden Diskussion wurde - Ausweitung auf den Online-Bereich der journalistisch geprägten Veröffentlichungen allge- mein als sinnvoll angesehen - der Vergleich mit Gerichts-/Rechtssystem wurde als nicht tragfähig zurückgewiesen - auf Unterschiede in Verfahren und Zielstellung hingewiesen - an die Einhaltung der Persönlichkeitsrechte bei öffentlichen Verfahrensweisen erinnert - die Kompetenz der „Verfahrensbeteiligten“ aus eigener Praxis als konstituierendes Moment des Presserats betont - die Forderung nach mehr /anderen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber der Verfahrensweise des Presserats als zwei divergierende Konzepte von Konflikt- und Streitschlichtung definiert und dabei dem Werturteil mit dem Gewicht einer angesehen Institution, das öffentlich zur Diskussion gestellt werden kann, als wirkungsvoller und produktiver der Vorzug gegeben Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 47

Ein dritter kurzer Schwerpunkt des Eingangsreferats betraf EU-Aspekte der Presseregulierung – von den Formulierungen zur Pressefreiheit in der EU-Charta bis zum Bericht über die zuneh- mende Vernetzung und den Erfahrungsaustausch europäischer Presseräte trotz unterschiedlicher Zusammensetzung, Arbeitsweisen, Finanzierungsgrundlagen (die kurz dargestellt wurden).

Diskussion über Möglichkeiten der berufsethischen Selbstkontrolle im Bereich der Online-Auftritte (werden auch aus den Redaktionen nachgefragt) - Abgrenzung: journalistische Inhalte – sonstiges Internet-Angebot im Radio und im Fernsehen: - im öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Aufgabe der Rundfunkräte, aber: Bestandteil des Senders, Arbeit auf anderer gesetzlicher Grundlage und mit anderer Aufgabenstellung; Abgrenzung: gesellschaftliche Kontrolle – Selbstkontrolle - im Privaten Rundfunk – FSF v. a. mit anderer Aufgabenstellung: Beachtung des Jugendschutzes, im Fiktionsbereich – Filmfreigabe und Altersgrenzen, kein Blick auf journalistische Inhalte; Abgrenzung: Jugendschutz – Selbstkontrolle führte zu einem frühen gemeinsamen Ergebnis:

Gleichwertige (nicht unbedingt gleich organisierte!) Selbstkontrolle ist für alle Medien sinnvoll und erforderlich. Der Weg dahin führt über - gemeinsam aufgestellte (berufs-)ethische Standards (nicht: gesetzliche Regulierungsformen) - Standards, die journalistische Arbeit als Gegenstand haben - eigene Gremien der „Macher“, die sich mit Fällen aus dem eigenen Erfahrungsbereich beschäftigen - über die Verbände, die eigenen Organisationen der „Medienmacher“, seien es die Jour- nalisten, seien es die Herausgeber, Verleger, Veranstalter, Verantwortlichen

Deshalb wollen die Teilnehmer des Workshops die Diskussion dazu anregen. Sie wollen Vorschläge machen, aber nicht die Übernahme vorhandener Muster propagieren.

Dennoch sind einige generelle Prinzipien aus der Sicht der Teilnehmer zu benennen: - strikte Trennung von Redaktion und Werbung/PR - keine Annahme von Vorteilen („Der Presseausweis ist auch kein Einkaufsausweis.“) - Fakten, nicht Fiktion - Sorgfaltspflicht gegenüber den „0pfern“ – von Unfällen wie von Berichterstattung - Achtung der Persönlichkeitsrechte - Diskriminierungsverbot

Solche gemeinsamen Standards für alle Medien, für journalistische Inhalte erscheinen uns sinnvoll und möglich, weil wir gleiche Publika erreichen. gleiche Themen behandeln und in wirtschaftlicher Konkurrenz zueinander stehen. Angeregt werden sollen diese Diskussionen in den Berufsverbänden, in den Redaktionen, in der journalistischen Aus- und Weiterbildung und ihren Institutionen. Wir versprechen uns davon Schritte zur Professionalisierung und damit – im Sinne dieser Veranstaltung – Schritte hin zu mehr „Qualität in den Medien“!

Seite 48 Dokumentation IQ-Forum 2003

Arbeitskreis 4: Journalisten über Journalisten Medienpublizistik unter Druck

Statement: Prof. Dr. Stephan Russ-Mohl, Universität Lugano

1. Wie lässt sich Ihre eigene Qualität sichern in Zeiten des redaktionellen Abbaus, der nicht zufällig auch und gerade die Medienressorts betroffen hat?

Keine Patentrezepte – aber:

- Selbst – bis zum Beweis des Gegenteils durch Copytests – daran glauben, dass sich das breite Publikum (und nicht nur Journalisten und Medienexperten) für Journalismus und Medien interessieren lassen. Natürlich ist es auch eine (qualitative !) Herausforderung an den aufs breite Publikum zielenden Medienjournalismus, seine Beiträge so aufzubereiten und zu präsentieren, dass sich das Publikum dafür interessieren lässt. Eine Voraussetzung dafür könnte auch sein, Medienseiten nicht mehr im hinteren Teil der Feuilletons zu verstecken, sondern stattdessen – in realistischer Einschätzung, womit sich das Publikum tatsächlich beschäftigt – das klassische Feuilleton umzubauen in ein Ressort „Medien und Kultur“. Ein Qualitätskriterium für „guten“ Medienjournalismus sollte jedenfalls durchaus sein, ob es ihm gelingt, das breitere Publikum für Medien und Journalismus zu interessieren und in seine „Geschichten“ hineinzuziehen (Nachweis durch Copytests).

- Stärker akzentuieren, dass Medienjournalismus – und damit der Diskurs über Medien und Journalismus – ein wichtiges, vielleicht sogar das wichtigste Qualitätssicherungs-Instrument ist.

- Sich selbst um „Normaldistanz“ bemühen – also um Glaubwürdigkeit. Nicht überall möglich, und setzt auch dort, wo es möglich ist, viel Rückgrat voraus.

2. Laufen Medienfachjournalisten mehr denn je Gefahr, als Teil der unternehmensinternen PR-Strategie instrumentalisiert zu werden?

Ja – wenn sie und ihre Chefredakteure kein Rückgrat haben. Wobei redaktionelles Marketing aller Ehren wert ist, aber nicht die Medienseite und damit der redaktionelle Teil dafür missbraucht werden sollte ...

3. Wie steht es um Pläne und Initiativen zur Vernetzung des Medienfachjournalismus?

Vernetzung: European Journalism Observatory (EJO) als Anregung der Universität Lugano

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 49

Berichterstattung: Ulrike Kaiser, journalist/Initiative Qualität, Bonn

Berichterstattung in Medien über Medien hat in den letzten zehn, 15 Jahren einen erheblichen Aufschwung erlebt. Inzwischen werden im Zuge der Medienkrise just diese Sendeplätze und Zeitungsseiten wieder abgebaut. Der Arbeitskreis hält dies nicht für zufällig: Nicht selten ist Medienberichterstattung ein Dorn im Auge der Medienunternehmer, denen diese Art der Transparenz nicht unbedingt genehm ist.

Quasi antizyklisch entdeckt zurzeit die Medienwissenschaft den Medienjournalismus, was sich durch ein Mehr an Diplomarbeiten und Studien deutlich macht. Der Arbeitskreis hatte mit Professor Dr. Stephan Russ-Mohl als Impulsgeber und Dr. Susanne Fengler als Diskussions- leiterin zwei Vertreter dieser Medienwissenschaft, die sich der Frage zuwandten, wie sich im und durch Medienjournalismus eine Qualitätssicherung erreichen lässt – gerade unter dem Eindruck von redaktionellem Abbau und zunehmendem Druck.

Festzuhalten ist zunächst, dass Medienjournalismus nicht Medienjournalismus ist. Hohe Auflagen erreichen fast nur die Rundfunkzeitschriften, und damit hat sich der Arbeitskreis nicht beschäftigt. Sein Interesse galt den Medienseiten und -sendungen sowie den Medienfachzeitschriften – und der Frage, wie sich zwischen ihnen eine gewisse Arbeitsteilung herstellen lässt.

Eine zentrale Frage war: Für wen schreiben Medien(fach)journalisten eigentlich? Für sich selbst? Für die Kollegen? Für den Deutschen Preis der Medienpublizistik? Fürs eigene Unternehmen als verlängerter Arm der PR? Gerade Letzteres wurde als schleichende Gefahr für die Medienjournalisten gesehen: zunehmend auch für unternehmerische Ziele instrumentalisiert zu werden; schließlich sind Medienjournalisten selbst mit dem System fest verbandelt, über das sie berichten sollen.

Gehen wir davon aus, dass Medienjournalisten in Zeitungen und Rundfunk den Anspruch haben, für das breite Publikum zu schreiben. Dann stellt sich als Nächstes die Frage: Interessieren sich die Leute überhaupt dafür? Wollen sie einen Blick hinter die Kulissen der Medienproduktion werfen – oder wollen sie nur das fertige Produkt konsumieren und nutzen wie einen Turnschuh oder ein Auto? An dieser Frage schieden sich die Geister: Für Letzteres stand ein Teil des Arbeitskreises, ein anderer sah ein hohes Interesse des Publikums an der journalistischen Arbeit. Gemeinsamkeit: Das Publikum sollte sich zumindest dafür interessieren wollen, wie jene Produkte zu Stande kommen, die einen Großteil der Freizeit kosten und ständig auf die Köpfe einwirkt. Und die persönliche Betroffenheit muss deutlich werden.

Was seitens der Medienjournalisten auf das Publikum einwirkt, ist auch nicht immer frei von Interessen, zumal es um unternehmerische Interessen geht. Das verdeutlichten vor allem brisante, umstrittene Themen wie die Mediengesetzgebung (in den Ländern) oder die Debatte um das Urheberrecht oder die Fußballrechte von ARD und ZDF – Themen, in denen wirtschaftliche Interessen der Medienunternehmen eine Rolle spielen und den Medienjournalisten entweder unmittelbare Direktiven („Medienberichterstattung ist Chefsache“) oder aber die Schere im Kopf aufnötigen. Seite 50 Dokumentation IQ-Forum 2003

Ob Redaktionsstatute Medienjournalisten vor solcher Einflussnahme schützen könnten, wurde angesichts des Reizwortes nur kurz diskutiert. Interessanter erschienen dem Arbeitskreis solche Selbstverpflichtungen wie die Leitlinien von Springer.

Daran knüpfte sich aber die Frage, ob eigentlich nur der einzelne Redakteur seine Betroffenheit/Befangenheit offen legen müsste – oder nicht vielmehr auch das gesamte Unternehmen in jenen Fällen, in denen es – wie zum Beispiel bei der Frage des Urheberrechts oder des Berliner Zeitungsmarktes – unmittelbar eigene wirtschaftliche Interessen tangiert sieht. Auch in diesen Fällen sei mehr Transparenz gegenüber dem Publikum einzufordern.

Eine weitere Frage widmete sich dem Thema, wo die Medienberichterstattung angesiedelt sein sollte: in einem eigenen Ressort oder – wie es einem Querschnittsthema zukommt – in allen Ressorts: Kultur, Politik, Wirtschaft, Buntes. Hier wählte der Arbeitskreis das klassische Sowohl- als-auch: Kompetente Fachjournalisten einer Medienredaktion sollten sowohl für eine eigene Seite, für einen eigenen Sendeplatz zuständig sein als auch anderen Ressorts zuarbeiten. Ohne die Medienredaktion allerdings, so die Befürchtung, würden die Medienthemen vernachlässigt.

Dass Medienjournalisten auch Qualität in den Medien einfordern und fördern können, ergibt sich allein dadurch, dass sie ihre Seiten und Sendeplätze einem Forum der Debatte über Journalismus öffnen können. Bei der schwierigen Frage, ob dabei die breite Beobachtung über Tageszeitungen oder die Fokussierung in Fachzeitschriften wirksamer ist, kam der Arbeitskreis auf einen dritten Weg: Noch wirksamer wäre die betriebliche/redaktionelle Kritikkultur – beispielsweise über die (in Deutschland ausgestorbenen) Ombudsleute oder über die (viel zu seltenen) Korrekturkästen in eigener Sache.

Für wichtig hält der Arbeitskreis eine zunehmende Vernetzung von Medienjournalisten; hier könnten demnächst Impulse aus Lugano von Prof. Russ-Mohl kommen. Ein konkreter Schritt ist bereits vereinbart: Die Grimme-Akademie will in ihre Schulungsprogramme für Medien- (fach)journalisten auch das Thema „Initiative Qualität“ einbauen – ein Angebot, das wir gerne annehmen.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 51

Arbeitskreis 5: Preis der Qualität Werte und Werten in Jurys

Statement: Dr. Klaus Rost, Chefredakteur „Märkische Allgemeine“, Potsdam

Als ich einen Blick auf die Teilnehmerliste in unserem Arbeitskreis 5 warf, bin ich erst einmal erschrocken. Eine solche Ansammlung von Vertretern renommierter Journalistenpreise ist selten, und ich habe mich natürlich gefragt, was ich Ihnen um Gottes Willen hier erzählen soll, das für Sie neu ist. Das wichtigste Kriterium bei der Beurteilung eines Textes, auch eines, wie es neuhochdeutsch so schön heißt, Impulsreferates, steckt doch in der Antwort auf die Frage, ob wir wirklich etwas Neues erfahren oder mit Sätzen gelangweilt werden, die wir so oder ähnlich schon häufig gehört und gelesen haben. Und Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wissen doch schon alles!

Außerdem ist die Aufgabenstellung für unseren Arbeitskreis im Hinblick auf das subjektive Geschäft des Bewertens unangenehm direkt, weil offenkundig eine Art Kriterienkatalog, die Offenlegung unserer Maßstäbe des Wertens erwartet wird. Ulrike Kaiser möchte überdies wissen, wodurch sich ein unabhängiger, der Qualität verpflichteter Journalistenpreis von anderen unterscheidet, und welche Anforderungen an Transparenz, an Ausschreibungsmodalitäten, an Juroren zu stellen sind. Ich kann bei alledem nur für mich sprechen, da ich meine Kollegen in der Jury des Theodor-Wolff-Preises nicht haftbar machen will für die Thesen, die mir zu unserem heutigen Thema einfallen.

Was Sie von mir bekommen werden, ist ein Plädoyer für möglichst große Offenheit. Ich bin ein Gegner enger Kriterien und werde versuchen, dies zu begründen. Thomas Löffelholz, der Mitglied im Kuratorium des Theodor-Wolff-Preises ist, hat sich etwas genauer mit der Geschichte des Preises befasst und ist folgerichtig darauf gestoßen, dass sich neben vielem anderen auch ein Konflikt zwischen Jury und Stifter aus dieser Preisverleihungsgeschichte herauslesen lässt. Jede Jury, schreibt Löffelholz, wolle möglichst freie Hand bei ihrer Entscheidung. Vergabekriterien störten da nur. Auf der anderen Seite hätten die Stifter ein großes Interesse daran gehabt, alle journalistischen Textformen und Themen zu fördern. Über die Jahre hin habe man die Regeln aber immer wieder gelockert.

Ich muss gestehen, als ich 1997 zur Jury stieß, erschienen mir die Preiskategorien „Allgemeines“, „Lokales“, „Essay“, wie der Name der ersten Kategorie schon sagt, sehr allgemein, sehr blass, sehr unscharf. Das muss doch präziser zu fassen sein, dachte ich damals, die Juroren brauchen doch genauere Vorgaben für ihre Auswahl. Heute bin ich ein entschiedener Anhänger dieser offenen Kategorien. Es geht dabei nicht darum, der Jury das Leben bequem zu machen. Der entscheidende Grund liegt vielmehr in einer Relation, die ich hier als die „Kriterienfalle“ bezeichnen möchte. Die Kernthese dazu lautet:

Je enger die Kriterien definiert werden – sowohl, was die inhaltliche Ausrichtung des Preises als Seite 52 Dokumentation IQ-Forum 2003

auch die Eingrenzung auf Textformen angeht –, umso mehr steigen die Chancen für mittelmäßi- ge (oder interessengeleitete, auf die Preisvergabe zugeschriebene) Arbeiten, ausgezeichnet zu werden.

Qualitätssicherung erreicht man nicht durch möglichst enge Vorgaben, was nicht heißen soll, dass ich gänzlich dagegen bin. Wir haben, um beim Theodor-Wolff-Preis zu bleiben, neben der offenen Kategorie „Allgemeines“ zwei eingrenzende Vorgaben des Kuratoriums, die sinnvoll sind. Die eine heißt – wie erwähnt – „Lokales“ und ist in die Preisvergabe als zusätzliche Sicherung eingebaut, damit auch Journalisten aus lokalen und regionalen Zeitungen zum Zuge kommen – diejenigen also, die sich nicht eine Recherchewoche nehmen und drei Tage an ihrem Text feilen können. Die unterschiedlichen Produktionsbedingungen müssen bei der Bewertung der Arbeiten maßvoll berücksichtigt werden.

Die zweite eingrenzende Kategorie „Leitartikel/Kommentar/Essay“ kommt dem, was man mit dem Namen Theodor Wolff verbindet, am nächsten. Die Jury nahm sich in diesem Jahr die Freiheit, den Preis in dieser Kategorie nicht zu vergeben, weil sie eine herausragende Leistung, die dem Anspruch gerecht wird, nicht zu erkennen vermochte. Stattdessen zeichnete sie eine dritte glänzende Arbeit in der Kategorie „Allgemeines“ aus. Auch das gehört zu dem, was ich unter Offenheit verstehe, und es ist zugleich ein Ausweis der Souveränität des Kuratoriums, das dem Qualitätsurteil der Jury vertraut, statt sie auf eine Vorgabe zu verpflichten, die zugegebener- maßen gerade diesem Preis gut ansteht.

Der Sinn von Journalistenpreisen besteht nicht zuletzt darin, vorsichtigerweise müsste ich sagen, sollte darin bestehen, herausragende Texte zu prämieren, um damit Maßstäbe zu setzen für journalistische Qualität. Maßstäbe, an denen sich jüngere Kollegen orientieren können. Ein wichtiges Moment ist der Anreiz, die Vorbildfunktion. Das Mittel zur Qualitätssicherung haben die Stifter der Preise und ihre Kuratorien selbst in der Hand. Sie müssen für eine Jury sorgen, bei der es nicht um Namen geht, sondern um Unabhängigkeit, Erfahrung und Kompetenz.

Was die Bewertungsmaßstäbe betrifft, können wir eine Grundvoraussetzung relativ schnell abhandeln: Der sichere Umgang mit der Sprache, die Beherrschung der journalistischen Stilformen verstehen sich bei unserem Thema von selbst.

An dieser Voraussetzung scheitert aber ein nicht unerheblicher Teil der drei- bis vierhundert Arbeiten, die jährlich für den Theodor-Wolff-Preis eingereicht werden (und ich nehme an, dass hier in der Runde einige Kollegen sind, die bezogen auf ihre Preise ähnliche Erfahrungen machen). Junge Autoren, die ihren ersten größeren Beitrag in der Wochenendbeilage haben, neigen dazu, das Stück zu überschätzen. Sie sind so beeindruckt von ihrem Werk und seiner Veröffentlichung, dass sie es gleich für preiswürdig halten. Nicht zuletzt deshalb ist es wichtig, dass Arbeiten, die auffallen (nicht den Schreibern, sondern den Gegenlesern) vorgeschlagen werden. Denn skrupulöse gute Schreiber reichen ihre Stücke nicht ein, weil sie entweder unvernünftig hohe Maßstäbe an die Qualität der eigenen Texte anlegen oder es als peinlich empfinden, sich mit ihrer Arbeit selbst vorzuschlagen.

Ein weiteres Qualitätskriterium steckt im Auswahlverfahren. Jeder Text unter den vielen hundert eingereichten Arbeiten muss die Chance erhalten, dass er aufmerksam gelesen wird. Die Jury des Theodor-Wolff-Preises hat das so gelöst, dass jedes Stück in einer ersten Runde von dreien der neun Mitglieder geprüft wird, und zwar unabhängig voneinander und von Jahr zu Jahr in Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 53

wechselnder Besetzung. Wenn es einem Bewerber gelungen ist, mindestens zwei von den drei Juroren mit seiner Arbeit zu beeindrucken, ist er in der Endauswahl. Ein Fünftel bis ein Viertel der Autoren überwindet in der Regel diese Eingangshürde, was bedeutet, dass ihre Beiträge dann auch von allen übrigen Jury-Mitgliedern gelesen werden.

Für die Prämierung nimmt sich die Jury einen Nachmittag Zeit, wobei – bei aller Subjektivität des Wertens – ein quasi-objektives empirisches Moment hinzukommt: Die Jury-Mitglieder geben vor ihrer Zusammenkunft unabhängig voneinander schriftliche Prämierungsvorschläge für die verschiedenen Preiskategorien ab. Die Zahl der Nennungen gibt gleichsam eine Art Rangfolge vor. Wer sechs Jury-Mitglieder hinter sich hat, hat natürlich bessere Aussichten als ein Autor, der zwei Juroren für sich einnehmen konnte.

Nun zur Frage nach der Transparenz: Das Kuratorium und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger geben sich Jahr für Jahr große Mühe, für die Preisverleihung einen angemessenen festlichen Rahmen zu schaffen, der dem Preis zusätzliche öffentliche Anerken- nung und Gewicht verleiht. Transparenz kann aber nicht allein im Akt einer mehr oder minder eindrucksvollen Preisverleihung hergestellt werden. Natürlich müssen in der Laudatio die Gründe angeführt werden, warum dieser oder jener Autor für preiswürdig befunden wurde. Das Gebot der Transparenz ist jedoch erst erfüllt, wenn die Beiträge auch publiziert werden. Erst ihre Dokumentation ermöglicht den Qualitätsvergleich und bringt überdies nicht nur die Autoren in eine exponierte Stellung, sondern auch die gesamte Jury. Der publizierte Text muss das Qualitätsurteil der Jury nachvollziehbar machen. Er muss die Leser überzeugen. Schafft er das nicht, macht sich die Jury – nicht der Autor – lächerlich und beschädigt das Ansehen des Preises.

Als eine der Grundvoraussetzungen, die Autoren erfüllen sollten, ist die Beherrschung der Stilformen schon erwähnt worden. Das ist als Regel richtig, sie darf aber originelle Ansätze nicht verhindern. Auch hier gilt das Plädoyer für Offenheit, frei nach Christian Friedrich Hebbel, der gesagt hat: Stoff ist Aufgabe – Form ist Lösung. Man sollte sich auch bei den journalistischen Stilformen nicht von einem zu engen Regel- und Kriterienkorsett einzwängen lassen. In neun von zehn Fällen ist zum Beispiel die Ich-Reportage penetrant, weil sich die Autoren zu wichtig nehmen, sich zu aufdringlich in die Geschichte, die sie erzählen sollen, hineindrängen. Im zehnten Fall jedoch ist die Ich-Reportage als Erzählhaltung zwingend.

Stoff ist Aufgabe – Form ist Lösung. In diesem Leitsatz steckt zugleich eine Versuchung, gegen die nicht zuletzt ambitionierte Autoren, mit denen wir es oft zu tun haben, ankämpfen müssen. Ich meine damit das Risiko, die Grenze zur Literatur, zur Dichtkunst zu überschreiten. Vom Grundsatz, dass Journalismus etwas ist, das mit der Beschreibung von Realität zu tun hat, möchte ich bei aller sonstigen Toleranz nicht abweichen. Wer (wie ich) glaubt, dass Journalismus ohne ein gewisses Maß an normativer Verpflichtung nicht auskommt, begegnet zuweilen einer naiven Methodengläubigkeit, die in triumphierendem Ton das Stichwort „Quellentransparenz“ heraus- schleudert und offenkundig meint, damit seien alle Probleme gelöst.

Quellentransparenz hilft aber nur, wenn eine Quelle überprüfbar ist. Das unausrottbare Taxifahrer-Zitat, der szenische Einstieg, das treffende Bild sind in der Regel nicht überprüfbar. Das mag mancher für eine Kleinigkeit halten, aber mit den Kleinigkeiten fängt es an. Da hilft allein die normative Selbstverpflichtung des Journalisten, dass er die Grenze zur Dichtung nicht überschreitet, weil die stille Konvention zwischen ihm und seinem Leser im Kern darin besteht, dass er nur schildert, was wirklich geschehen ist. Unabhängig von allen presserechtlichen Seite 54 Dokumentation IQ-Forum 2003

Vorschriften und gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten hängt die Glaubwürdigkeit unseres Informationsgewerbes wesentlich von der Einhaltung dieser Konvention ab.

Der von mir geschätzte Kollege Günther Gillessen hat vor vielen Jahren in einem Aufsatz über „Die Tatsachen und die Meinungen“ geschrieben, dass eine korrekte Nachricht grundsätzlich mit denselben Methoden verfasst wird wie eine verfälschte: „durch Verdichtung des Inhalts, Weglassen oder durch Hervorhebung von Einzelheiten, durch Auswählen, Zitieren, durch Änderung der Gewichtung im Vergleich zur authentischen Vorlage“. Alle Mittel der Nachrichtensprache, sagt Gillessen, sind ambivalent. Es zeige sich, dass die Wahrhaftigkeit einer Berichterstattung nicht von der Einhaltung bestimmter Faustregeln des Berufes garantiert werden kann. Zuletzt komme es allein auf die Gewissenhaftigkeit des Berichterstatters an. Wer fälschen will, sagt Gillessen, weiß dies – und wer korrekt berichten will, wird sich immer die Frage stellen: „Stimmt, was ich geschrieben habe?“

Für jede Jury gilt: Sie muss kritisch sein und die Texte auf Plausibilität prüfen. Sie muss gerade dann misstrauisch werden, wenn die Geschichten allzu glatt sind. Und trotzdem kann sie hereinfallen. Was dem Pulitzer-Preis widerfahren ist (die Prämierung einer Reportage der „Washington Post“, die sich nachträglich als Fälschung herausstellte), könnte auch dem Theodor- Wolff-, dem Egon-Erwin-Kisch-, dem Wächterpreis und allen übrigen widerfahren. Ich wünsche uns hier in der Runde, dass es nie geschehen möge. Falls es nicht längst schon geschehen ist.

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Berichterstattung: Ulrike Helwerth, Journalistinnenbund, Berlin

Sinn journalistischer Preise ist es, herausragende Texte zu prämieren, um damit Standards und Vorbilder im Journalismus zu setzen.

Enge Kriterien sind „lästig“ für die Jury und bergen die Gefahr, dass Texte gezielt auf den Preis hingeschrieben werden und damit meist mittelmäßig sind. Die Kriterien haben sich deshalb beim Theodor-Wolff-Preis zunehmend gelockert. Größtmögliche Offenheit lässt der Jury Freiheit, wirkliche Qualität auszuzeichnen. Dabei gibt es zwischen Offenheit und Verantwortung keinen Gegensatz. Die Verantwortung der Juroren/Jurorinnen liegt darin, sich nicht von Partikular- interessen leiten zu lassen.

Grundvoraussetzungen: Texte müssen Sicherheit im Umgang mit der Sprache und journalistischen Stilmitteln vorweisen. Das darf originelle Ansätze aber nicht unterbinden.

Weitere Bedingungen: - Jede eingereichte Arbeit muss die Chance haben, gelesen zu werden. - Auch lokale und regionale Themen müssen eine Chance haben, dabei müssen die unterschied- lichen Produktionsbedingungen beachtet werden, denen z. B. Lokalreporter und -reporterinnen und Autoren/Autorinnen großer Magazine oder Zeitungen unterliegen. - Die Jury muss die Freiheit haben, einen Preis auch nicht zu vergeben, wenn keine qualifizierten Beiträge eingehen. - Über die feierliche Preisverleihung und die Laudatio hinaus müssen die ausgezeichneten Bei- träge publiziert werden. Nur so wird das Qualitätsurteil der Jury nachvollziehbar. - Die Geschichten müssen auf Plausibilität geprüft werden. Die Grenzen zur „Dichtkunst“ dürfen nicht überschritten werden. Quellentransparenz ist notwendig, auch wenn Jury letztendlich nicht den Wahrheitsgehalt einer nach journalistischen Regeln geschriebene Geschichte überprüfen bzw. garantieren kann.

Plädoyer: Die Qualität muss allein von den Juroren/Jurorinnen, ihrem Renommee und ihrer Berufs- erfahrung garantiert werden.

Diskussion: - Preiswürdige Texte sollten im Dialog und in (hoher) Übereinstimmung bzw. Einstimmigkeit ermittelt werden, ein Punktesystem stört eher dabei. Bisherige Erfahrung ist, dass Einhelligkeit in der Jury zum Schluss überwiegt. Das kann aber auch mit der Homogenität der Jurys zusammen- hängen. In dem Maße, wie jüngere Kollegen/Kolleginnen dazu kommen, nehmen die Meinungs- unterschiede zu. - Preise sind wichtig für die Berufskarriere der Autoren/Autorinnen, aber auch für die Zeitungen, für die diese Texte entstanden sind. - Die „wahren Helden“ sind heute die Lokalredakteure und -redakteurinnen, die unter oft schwierigen Bedingungen gute Geschichten produzieren. Appell an mittlere und kleine Regional- Seite 56 Dokumentation IQ-Forum 2003

zeitungen, ihren jungen Autoren/Autorinnen den nötigen Freiraum zu schaffen, um mit den Schreibenden der großen Zeitungen konkurrieren zu können. - Wünschenswert ist ein journalistischer „Handwerkspreis“, der Arbeiten auszeichnet, in denen in kurzen Texten komplexe Themen für alle verständlich erklärt werden. - Es fehlen die analytischen Stücke (Feature, Kommentare, Leitartikel), die eingereichten Beiträge gehen immer mehr über ins emotionsgeleitete Erzählen (Sozialreportagen, Auslandsreportagen etc.). - Printmedien und ihre Preise erzielen nicht in Ansätzen die gleiche Öffentlichkeit wie elek- tronische Medien (Beispiel: Deutscher Fernsehpreis). - Große Journalistenpreise verlieren an Relevanz. - Wächterfunktion der Presse hat sich verändert, es geht heute nicht mehr so sehr um die Kontrolle der Macht und ihrer Institutionen, den Kanzler „alles zu nennen“ ist heute nicht mehr mutig. „Zivilcourage“ drückt sich heute viel mehr darin aus, gegen die „political correctness“ Themen aufzugreifen: z.B. die Medienhetze gegen den Hamburger Ex-Senator Schill zu beschreiben oder die Tricks von Asylbewerbern, sich unrechtmäßig Sozialhilfe zu erschleichen.

Weitere Fragestellungen: - Die „Flut“ journalistischer Preise kann nicht verhindert werden, jedoch setzt sich Bedeutung und Qualität durch das Renommee der auslobenden Institution und der Jury durch. - Über den Unterschied bzw. die fließenden Grenzen zwischen qualitäts- und PR-orientierten Preisen wurde nicht gesprochen.

Fazit: In der „Spitzenliga“ des Journalismus gibt es keine Krise. Die Qualität der eingereichten Texte wird nicht schlechter, in Einzelfällen lässt sich sogar eine Steigerung feststellen. Probleme bereiten die Produktionsbedingungen, der schärfer werdende Wettbewerb zwischen Medien und Medienschaffenden und vielleicht die zunehmende thematische Engführung. Heute ist nicht mehr die Exklusivstory erstrebenswert, sondern die Geschichte, die in allen anderen Medien auch gefahren wird.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 57

Charta Qualität im Journalismus

Beschlossen auf dem DJV-Verbandstag 2002 in Chemnitz

Medien erfüllen eine verantwortungsvolle öffentliche Aufgabe. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur unabhängigen Information, zur Kritik und Kontrolle, zur freien Meinungs- und Willensbildung in der demokratischen Auseinandersetzung und zur kulturellen Entfaltung. Um diese öffentliche Aufgabe angemessen und glaubwürdig wahrzunehmen, sind Journalistinnen und Journalisten sowie die Medienunternehmen verpflichtet, die Qualität im Journalismus zu fördern und zu sichern.

1. Qualität im Journalismus verpflichtet zur besonderen Sorgfalt, zur Achtung der Menschenwürde und zur Einhaltung von Grundsätzen, wie sie im Pressekodex des Deutschen Presserats festgelegt sind.

2. Qualität im Journalismus bedarf transparenter Standards und Zieldefinitionen, die in den Medienunternehmen erarbeitet und regelmäßig überprüft werden. Im Rahmen der publizistischen Grundhaltung sind bei der Umsetzung der Standards und Ziele journalistische Unabhängigkeit, Selbstkontrolle und kritische Reflexion zu fördern. Entsprechende Mitwirkungsrechte werden in den Medienunternehmen auf der Basis redaktioneller Statuten festgeschrieben.

3. Qualität im Journalismus setzt auf individuelle Fähigkeiten (Sach- und Fachwissen, kommunikative und soziale Kompetenz). Sie erfordert eine solide Aus- und ständige Weiterbildung. Medienunternehmen orientieren sich bei Personalentscheidungen und in der Personalführung an definierten Qualitätsstandards.

4. Qualität im Journalismus setzt die Beherrschung des journalistischen Handwerks, Präzision in Wahrnehmung und Wiedergabe, Faktentreue, verständlichen Sprachstil, überlegten Einsatz unterschiedlicher Darstellungsformen sowie eine fundierte Recherche voraus. Medienunternehmen sorgen für die notwendigen Ressourcen, eine moderne Infrastruktur und den Zugang zu wichtigen Informationsquellen.

5. Qualität im Journalismus wird gefördert durch interne Kritikkultur. Verantwortliche lesen Texte gegen, nehmen Beiträge ab und diskutieren Ergebnisse in der Blatt- bzw. Programmkritik. Ombudsleute können diese interne Kritikkultur stärken. Erkannte Fehler werden von der Redaktion selbsttätig berichtigt.

6. Qualität im Journalismus braucht externe Medienkritik. Die journalistische Auseinandersetzung mit Medienunternehmen und Medienprodukten ist in einer Mediengesellschaft Bestandteil der öffentlichen Aufgabe und daher in den Redaktionen zu fördern. Stellungnahmen des Deutschen Presserates werden von den betroffenen Unternehmen publiziert.

Seite 58 Dokumentation IQ-Forum 2003

7. Qualität im Journalismus ist Anliegen praxisorientierter Kommunikations- wissenschaft. Journalistinnen und Journalisten sind offen für den Austausch zwischen Theorie und Praxis sowie für neue (wissenschaftliche) Erkenntnisse über Medien und Beruf und beziehen diese in die Qualitätsdebatte ein.

8. Qualität im Journalismus erfordert professionelle Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheiten, die den journalistischen Anforderungen und der Verantwortung von Festangestellten wie Freien gerecht werden.

9. Qualität im Journalismus bedingt Unabhängigkeit von sachfremden Interessen. Journalistinnen und Journalisten sind vorrangig der Öffentlichkeit verpflichtet. Sie trennen redaktionelle Inhalte von Werbung, unterscheiden Journalismus von Public Relations und ordnen in der Informationsvermittlung Auflagen- und Quotendenken dem öffentlichen Auftrag unter.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 59

Charta zur Sicherung von Qualität im Journalismus

Beschlossen 2002 von der 1. Bundesfachgruppenkonferenz der dju in ver.di

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) setzt sich zum Ziel, Qualität im Journalismus in allen Medien einzufordern.

• Journalismus und Medien nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr, für die Art. 5 GG einen besonderen Schutz gewährleistet. Daher brauchen beide gesellschaftlich akzeptierte Leitbilder. Medienunternehmer und Journalistinnen und Journalisten sind aufgefordert, gemeinsam solche Leitbilder zu formulieren, Qualitätsstandards, journalistische und ethische Grundsätze und Ziele gemeinsam zu definieren und innere Pressefreiheit und die Mitwirkung der Journalistinnen und Journalisten dabei zu sichern.

• Journalismus orientiert sich an den "Publizistischen Grundsätzen" des Deutschen Presserates

• Journalismus steht und fällt mit solidem handwerklichen Wissen. Dazu ist eine verbindlich geregelte und stetige Aus- und Weiterbildung notwendig, sowohl innerhalb des Unternehmens als auch außerhalb (Journalisten-Schulen, Universitäten etc.). Sie muss sowohl fest angestellte als auch freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbeziehen.

• Journalismus braucht gute Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit. Neben einer zeitgemäßen Infrastruktur ist der umfassende Zugang zu allen Informationsquellen zu garantieren. Tarifverträge müssen verbessert, die zusätzliche Altersversorgung gesichert werden. Auch diese Standards tragen zu Unabhängigkeit der Journalistinnen und Journalisten bei.

• Journalismus lebt von Unabhängigkeit. Der Kampf um den Markt und die Marktanteile darf weder die Grenzen von Information und Werbung verwischen noch durch Sponsoring oder Public Relations die journalistische Arbeit beeinträchtigen.

• Journalismus braucht Anregung und Kritik von innen und außen. Alle Medienschaffenden und -verantwortlichen sorgen für eine stetige journalistische Auseinandersetzung mit Medienunternehmen, Medienprodukten, Mediengesetzen und Entwicklungen. Auch das eigene Unternehmen muss dabei berücksichtigt werden.

• Journalismus braucht eine permanente Qualitäts-Prüfung und Qualitäts-Sicherung. Dabei ist auch enger Kontakt mit der Medienwissenschaft und den Leser, Hörerinnen, Seher, Akteurinnen (Internet) zu halten.

• Journalismus braucht tägliche konstruktive interne Kritik. Beiträge müssen wieder gegengelesen (von Kolleginnen und Kollegen, nicht vom Chef) werden, Ergebnisse, Echos auf Beiträge, Sendungen etc. gemeinsam analysiert, Fehler sofort freiwillig berichtigt werden. Seite 60 Dokumentation IQ-Forum 2003

• Journalismus heißt Zeit haben zum Recherchieren. Jedes Medienunternehmen muss den Redakteur/innen und Journalist/innen intensive Recherchen ermöglichen und die zeitlichen Freiräume dafür schaffen.

In Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe leisten die Medien einen wesentlichen Beitrag zur demokratischen Auseinandersetzung, zur Entfaltung von Kultur und Bildung freier Meinung. Um diese hohen Güter stets zu gewährleisten, ist eine permanente Qualitätsdebatte zu führen und zu prüfen, ob die behaupteten Standards erfüllt werden.

Die Landesbezirke sind angehalten, das Thema Qualitätssicherung in ihrem Arbeitsprogramm zu verankern.

Eine jährliche Bilanz soll helfen, Fortschritte und Hindernisse zu dokumentieren und der Qualitätsdebatte den Stellenwert zu verschaffen, der ihr im Interesse einer freien und kritischen Berichterstattung zukommt.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 61

Leitlinien zur Sicherung der journalistischen Unabhängigkeit bei Axel Springer AG

Präambel

Redakteurinnen und Redakteure der Axel Springer AG sind sich der Verantwortung bewusst, die sie für die Information und Meinungsbildung in Deutschland haben. Unabhängigkeit ist die unverzichtbare Grundlage ihrer Arbeit.

Die Leitlinien konkretisieren das Verständnis der publizistischen Grundsätze des Pressekodex des deutschen Presserats für Axel Springer. Die Einhaltung dieser Leitlinien bei der journalistischen Arbeit aller Redakteure und Redakteurinnen sichert die Rahmenbedingungen, die unabhängigen und kritischen Journalismus bei Axel Springer ermöglichen.

Die Chefredakteure sind für die Einhaltung der Leitlinien und ihre Implementierung im Tagesgeschäft verantwortlich.

Werbung

Ziffer 7 des Pressekodex fordert Verleger und Redakteure zu klarer Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken auf und weist auf die Einhaltung der werberechtlichen Regelungen für bezahlte Veröffentlichungen hin.

Die Journalisten bei Axel Springer

... stellen gemeinsam mit dem Verlag sicher, dass eine Trennung von Anzeigen und Redaktion gewahrt wird. Anzeigen dürfen durch ihre Gestaltung – insgesamt oder durch beherrschende Komponenten – nicht den Eindruck erwecken, sie seien redaktioneller Bestandteil des Titels. Insbesondere auf eine klare Unterscheidbarkeit der Typografie ist zu achten. Im Zweifelsfall muss die Anzeige klar und in ausreichender Größe entsprechend gekennzeichnet werden.

... entziehen sich inhaltlichen Einflussversuchen von Anzeigenkunden oder interessierter Seite und treffen keine Absprachen, die ihre journalistische Unabhängigkeit beeinträchtigen. Merchandising-Aktionen und Medien-Partnerschaften sind erforderlichenfalls als solche zu kennzeichnen.

Private und geschäftliche Interessen

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Redakteurinnen und Redakteure beeinflusst werden. Dies ist Gegenstand der Ziffern 6 und 7 des Pressekodex.

Seite 62 Dokumentation IQ-Forum 2003

Die Journalisten bei Axel Springer

... berichten grundsätzlich nicht über nahe stehende Personen, insbesondere Familienangehörige in Text und Bild, es sei denn, es liegt ein mit dem jeweiligen Vorgesetzten abgestimmter sachlicher Grund vor.

... nutzen ihre Berichterstattung nicht, um sich oder anderen Vorteile zu verschaffen.

... stimmen sich grundsätzlich mit ihrem Vorgesetzten ab, falls durch Mitgliedschaft, Bekleidung eines Amtes oder durch ein Mandat in Vereinen, Parteien, Verbänden und sonstigen Institutionen, durch Beteiligung an Unternehmen, durch gestattete Nebentätigkeit oder durch eine Beziehung zu Personen oder Institutionen der Anschein erweckt werden könnte, dass dadurch die Neutralität ihrer Berichterstattung über diese Vereine, Parteien, Verbände, Unternehmen, Personen und sonstigen Institutionen beeinträchtigt würde.

... beachten mit besonderer Sorgfalt die vom Deutschen Presserat in der Publikation "Journalistische Verhaltensgrundsätze zu Insider- und anderen Informationen mit potentiellen Auswirkungen auf Wertpapierkurse" zusammengefassten gesetzlichen und berufsethischen Verpflichtungen der Presse zu Insiderinformationen.

Einladungen und Geschenke

Die Gefährdung unabhängiger journalistischer Arbeit durch persönliche Vorteilsnahme ist Gegenstand der Ziffer 15 des Pressekodex. Schon der Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Journalisten könne durch Gewährung von Einladungen oder Geschenken beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden.

Die Journalisten bei Axel Springer

... tragen dafür Sorge, dass alle Kosten (Reisekosten, Bewirtungen etc.), die im Zusammenhang mit Recherchen entstehen, grundsätzlich durch die Redaktion übernommen werden. Ausnahmen sind von der Chefredaktion zu genehmigen.

... nehmen keine Geschenke an, die den Charakter einer persönlichen Vorteilsnahme haben oder geben diese – falls die Annahme unvermeidbar ist – an den Verlag weiter, der diese karitativen Zwecken zuführt.

Umgang mit Quellen

Die Sorgfaltspflicht des Journalisten im Umgang mit Quellen ist für die journalistische Arbeit und das Ansehen der Presse in der Öffentlichkeit von höchster Bedeutung. In Ergänzung zu bestehenden gesetzlichen Regelungen regelt der Pressekodex in Ziffer 2 den Umgang mit Quellen.

Die Journalisten bei Axel Springer

... tragen grundsätzlich, auch im Falle besonderen Termindrucks, dafür Sorge, dass Interviews vom Gesprächspartner mündlich oder schriftlich autorisiert werden. Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 63

Volker Hummel

Qualitätszeitung – was ist das?

Ergebnisse einer Umfrage unter Chefredakteuren für die „Initiative Qualität“ im September 2003

Die Umfrage:

Wir erleben einen schier inflationären Gebrauch des Begriffs „Qualität“ im Zusammenhang mit Medienthemen. Oft wird schon in der Schlagzeile das Wort „Qualität“ bemüht, ohne dass man im Beitrag Substanzielles dazu finden könnte.

Wir im DJV verfolgen das mit großer Aufmerksamkeit, weil „Qualität“ – wenn sie denn ernst gemeint ist! – für den DJV ein ganz wichtiges Thema ist. Die von uns auf den Weg gebrachte „Initiative Qualität (IQ)“ befasst sich kontinuierlich damit.

In der Berichterstattung ist inzwischen mit großer Selbstverständlichkeit die Rede von „Qualitätszeitungen“. Die „Berliner Zeitung“ z.B. hat mit diesem Begriff für sich geworben, auch die „WELT“ nimmt für sich den „überregionalen Qualitätsjournalismus“ in Anspruch (Anzeige vom 15.7.) Oft wird so getan, als gäbe es einen Grundkonsens, was „Qualitätszeitungen“ leisten/sich leisten – und was andere Blätter nicht bieten können oder wollen.

Unsere Fragen:

Was macht eine „Qualitätszeitung“ aus?

Was sind die unabdingbaren Voraussetzungen?

Oder ist der Begriff ein Teil der Werbesprache und nicht der Rede wert?

Die knappe pointierte Stellungnahme ist genauso willkommen wie ein ganzes Blatt!

Hier einige Antworten

Seite 64 Dokumentation IQ-Forum 2003

Uwe Vorkötter, Chefredakteur „Berliner Zeitung“:

Also gut, ein Versuch zum Thema Qualitätszeitung.

Eine Qualitätszeitung hat ein eigenes, unverwechselbares Profil – im Selbstverständnis der Redaktion ebenso wie in der Wahrnehmung des Blattes auf dem Lesermarkt.

Die „Berliner Zeitung“ konkretisiert diesen Anspruch für sich selbst in mehreren Punkten. Zum Beispiel:

1. Aktualität und Exklusivität des redaktionellen Angebots: Nichts gegen Nachrichtenagenturen, nichts gegen die Tagesschau, aber die Zeitung von heute muss mehr bieten als die Ereignisse von gestern.

2. Moderne Präsentation, leserfreundliche Gestaltung: Nichts gegen lange Texte, aber lange Texte sind nicht zwangsläufig gute Texte. Auch der schnelle Leser muss präzise informiert werden.

3. Nummer eins in der Hauptstadt: Auf dem Wettbewerbsmarkt Berlin die (einzige) Zeitung für die ganze Stadt machen.

Andere Qualitätszeitungen brauchen andere Profile. Qualität verträgt sich nicht mit Beliebigkeit.

Romanus Otte, Ressortleiter Politik und Wirtschaft „Financial Times Deutschland“:

ES GEHT UM WERTSCHÄTZUNG !

Eine Zeitung ist ein Produkt. Nicht erschrecken: Natürlich sind Zeitungen ganz besondere Produkte. Und doch lohnt es, sich der gestellten Frage nach der Qualität von diesem nüchternen Standpunkt aus zu nähern. Denn in der Welt der Produkte lässt sich der Modebegriff Qualitätszeitung mit dem schönen Begriff „Wertarbeit“ übersetzen. Er sagt sehr gut, was gemeint ist.

Das Wichtigste ist die Wertschätzung. Eine Qualitätszeitung benötigt die Wertschätzung ihrer Macher, ihrer Käufer und ihrer Anzeigenkunden. Nur Verleger und Journalisten mit Liebe und Leidenschaft für ihr Produkt werden auf Dauer eine Qualitätszeitung zu Stande bringen, Nur sie werden den Verlockungen der Bequemlichkeit wie dem Drang zum Billigen widerstehen. Aber nur dann, wenn sie ausreichend viele Leser finden, die den Wert ihres hochwertigen Produktes zu schätzen wissen, wird die Zeitung überleben. Und nur wenn Inserenten den Wert der Leserschaft und des Produktes schätzen, kann die Zeitung dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich und damit innovativ und unabhängig sein.

Am Anfang steht also der Anspruch der Macher. Und das ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Hinzu kommen Kreativität, hochwertige Zutaten, sorgfältige Verarbeitung und angemessene Präsentation. Die Maßstäbe dieser Wertarbeiter mögen unterschiedlich sein. Sie können sich in einem breiten Spektrum bewegen zwischen Information und Unterhaltung, Objektivität und Meinungsstärke, Berechenbarkeit und Spontaneität. Allein, hinter ihnen muss Überzeugung stehen. Leidenschaft ist bisweilen auch billig zu haben. Kreativität, erlesene Zutaten und sorgfältige Verarbeitung aber benötigen Zeit und damit Menschen und damit Geld. Aus diesem Grund ist Wertarbeit nicht billig. Aus diesem Grund ist Wertarbeit auch nicht beliebig, nicht austauschbar. Qualitätszeitungen haben einen eigenen Charakter. Sie pflegen einen eigenen Stil – in ihren Texten, ihrer Mischung, ihrer Optik. Wo immer es geht, berichten sie aus eigener Anschauung. Sie analysieren und kommentieren aus eigener Abwägung. Sie sind Produzenten und nicht allein Konfektionäre. Qualitätszeitungen verfolgen hohe eigene Ansprüche – aber immer im Dienste ihrer Leser.

Ist das nicht alles zu abstrakt, zu relativ. Nein, denn Qualität ist nicht absolut. Zeitungen sind eben ein besonderes Produkt. Sie lassen sich nicht wie Eier in Güteklassen einteilen nach Größe und Gewicht. Seine konkreten Qualitätsmaßstäbe wird jeder Zeitungsmacher, wird jeder Leser, wird jeder Inserent schon selbst definieren müssen. So mussten es auch die Verleger und Journalisten, die vor mehr als drei Jahren die „Financial Times Deutschland“ auf den Markt gebracht haben. Eine Qualitätszeitung - mit Erfolg.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 65

Stephan Hebel, stellvertretender Chefredakteur „Frankfurter Rundschau“:

Um gleich zur letzten Frage zu kommen: Nein, der Begriff „Qualitätszeitung“ ist nicht nur ein Teil der Werbesprache. Doch, er ist der Rede wert. Warum?

In einem Umfeld, das insgesamt in den letzten Jahren vielleicht an journalistischer Breite, sicher aber nicht an Tiefe gewonnen hat, stellt sich jedem einzelnen Medium die Frage nach seinem Platz auf einem umkämpften Markt. Ich bin überzeugt, dass sich in einer gar nicht so kleinen Marktnische Leserinnen und Leser tummeln, die nicht (nur) mit schnellen und dadurch gezwungenermaßen wenig durchdachten Nachrichtenschnipseln versorgt werden wollen, sondern auch mit Hintergrund, Analyse, ruhig einer längeren Reportage und begründeter Meinung. Man könnte auch sagen: mit journalistischer, intellektueller Qualität im besten Sinne.

Womit, so viel zum Begriff „intellektuell“, nicht das gnadenlos abgehobene Minderheitenprogramm gemeint ist, sondern durchaus eine Mischung aus gedanklichem Durchdringen aktueller Ereignisse einerseits und Nutzwert für die eigene Lebenswelt andererseits.

Genau dies versucht die „Frankfurter Rundschau“ mit der neuen Blattstruktur, die sie am 30. September einführt: einerseits ein eigenes Zeitungsbuch mit großzügig gestalteten, langen Strecken („FRplus“) sowie verstärkte Versorgung der Leser mit externen Gedanken auf einer Seite „Standpunkte“; andererseits Verstärkung des Service- Elements, etwa durch Verbrauchertipps, Tagungshinweise etc. Dazu für Hessen ein Veranstaltungskalender, also ein vor allem auf Nutzwert angelegtes Produkt, und - beispielsweise - täglich zwei Stadtteil-Seiten im Blatt. Also: Nähe zur Lebenswelt, Service, aber eben auch anspruchsvolle Analyse - das könnte eine Qualitätszeitung ausmachen.

Allerdings: Auch für den Begriff „Qualitätszeitung“ gilt das Prinzip der Inflation: Was allzu häufig auf dem Markt ist, verliert an Wert. Wir sollten deshalb mit dem Wort nicht allzu großzügig umgehen.

Voraussetzungen für eine Qualitätszeitung? Wenn wir ehrlich sind: Sie sind nur mit Mühe noch zu erfüllen. Alle Blätter, die den Ehrentitel für sich beanspruchen, operieren in Zeiten des Sparens redaktionell an der Untergrenze. Recherche, vor Ort sein, Nachdenken, das erfordert Menschen, und die kosten Geld. Wir werden dieses Geld nicht mehr im früher gewohnten Maß mit Anzeigen verdienen. Also werden wir die an Qualität in unserem Sinne interessierten Leser vielleicht bald überzeugen müssen, dass ein bestimmtes Niveau auch einen bestimmten Preis hat. Und noch eine Voraussetzung: Wer unter Journalismus mehr versteht als die Eins-zu-eins-Abbildung von Statements und Pressemitteilungen, wird sehr genau wissen müssen, welches Thema er warum in welcher Form behandelt - wenn er sich nicht an seiner Vorstellung von „Volkes Stimme“ orientieren will. Deshalb bin ich der Meinung, dass Qualitätszeitung einen bestimmten Werte-Kanon (nicht platt eine ideologische Richtung) braucht, um auf dem Markt das nötige Profil zu gewinnen.

Bernd Ziesemer, Chefredakteur „Handelsblatt“: zu 1: Was Qualitätszeitungen sind, kann letztlich nur der Leser beantworten. Unsere Leser erwarten von uns als Wirtschaftsqualitätszeitung jedenfalls, dass wir tiefer schürfen als die normale Tages- und Wochenpresse, wenn es um volkswirtschaftliche Trends und Unternehmensnachrichten aus aller Welt geht. Mit einem Wort: mehr Recherche, was die Fakten betrifft, und mehr Sachkenntnis, wenn es um Analysen geht. zu 2: Viele gute Redakteure und Korrespondenten. Und ein paar einfache Regeln, wie sie arbeiten sollen. zu 3: Nein, Qualität ist kein Begriff, den wir den leichtfüßigen Werbern überlassen sollten. Aber leider gehört „Qualität“ (ähnlich wie das Wort „sozial“) zu den Begriffen, mit denen besonders viel Schindluder getrieben wird. Nur weil man einem Kulturkorrespondenten in Venedig in der Anzeigenkrise das Motorboot streicht, geht die Welt des Qualitätsjournalismus noch lange nicht unter.

Seite 66 Dokumentation IQ-Forum 2003

Dr. Wolfgang Mauersberg, Chefredakteur „Hannoversche Allgemeine Zeitung“:

Qualitätszeitung zeichnet sich dadurch aus: Dass sie der sachlichen Information Vorrang vor Effekthascherei gibt. Dass sie die Themenpalette offen hält; sie muss alles umfassen, was für das Verständnis unserer modernen Welt von Belang ist. Dass sie sich um Wahrhaftigkeit und Aufklärung bemüht. Aufklärung heißt auch: Dass komplizierte Vorgänge für Leser verständlich beschrieben und erklärt werden.

Qualitätszeitung muss möglichst fehlerfrei sein; das gilt für sachliche ebenso wie für grammatikalische Richtigkeit.

Prof. Dr. h.c. Dieter Stolte, Herausgeber DIE WELT / Berliner Morgenpost:

Auf dem Gütermarkt gibt es keinen abstrakten Begriff von Qualität. Er definiert sich daran, was man erreichen will und vor allem wen und wie. Medienprodukte dürften da keinen grundsätzlichen Unterschied machen. Hat eine überregionale Tageszeitung oder eine Wochenzeitung per se eine höhere Qualität als eine Boulevardzeitung? Nein! Jede Zeitung hat ihre eigene Qualität, die sich nach der Zielgruppe richtet, die man ansprechen und vor allem erreichen will. Erreicht man sie, dann stimmt die Qualität. Gewissermaßen löst man eine Erwartung bzw. ein Versprechen bei dem ein, der das Produkt kauft. Dabei ist allerdings die Beachtung journalistischer Grundregeln unverzichtbar. Solche Regeln sind zum Beispiel:

Trennung von Nachricht und Kommentar, Zuverlässigkeit der Information und damit Glaubwürdigkeit der Aussagen, Genauigkeit in der Sprache, Übersichtlichkeit des Layout, Originalität und Nachhaltigkeit der Themen, gut recherchierte eigene Geschichten, Pflege der Reportage als Königsdisziplin des Journalismus.

Uwe Knüpfer, Chefredakteur „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“

Eine Qualitätszeitung ist seriös, verlässlich, aktuell und hintergründig, redet niemandem nach dem Mund und genießt zu Recht das Vertrauen der Leser.

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 67

Presseecho (Auswahl)

Pressemitteilung vom 30. September 2003

Forum Qualität: IQ setzt Maßstäbe

Rund hundert Fachleute aus Medien, Wissenschaft, Bildungsarbeit und Medien(selbst)kontrolle haben am Montag, 29. September, in Berlin der Debatte über Qualität in den Medien weitere Impulse gegeben. Auf Einladung der Initiative Qualität im Journalismus (IQ), einer Arbeitsgemeinschaft aus Berufsverbänden wie DJV, dju und BDZV, Bildungsinstitutionen, Kontrollgremien und Vereinigungen der Medienbranche, diskutierten Journalisten, Medienunternehmer und Ausbilder im Haus des DeutschlandRadios über Chancen und Probleme der Qualitätskontrolle und Qualitätsbewertung im Journalismus.

Gerade vor dem Hintergrund der Krise in der Branche, die Qualitätskriterien in den Hintergrund zu rücken scheint und vornehmlich den Blick auf Wirtschaftsdaten, Kosten und Abbau lenkt, plädierten Referenten und Arbeitsgruppen für eine differenzierte Debatte journalistischer Perspektiven.

DeutschlandRadio-Intendant Ernst Elitz forderte dabei die Medienpolitik auf, Farbe zu bekennen: „Kultur und ausführliche Information sind keine billig zu erstellenden Wegwerfprodukte“, erklärte er in Anspielung auf die Gebührendebatte, die aus seiner Sicht von „populistischen Argumenten“ geprägt ist. Der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Dr. Norbert Schneider, plädierte für ein Ende der alten Systemdiskussion zwischen öffentlich-rechtlichem und privaten Rundfunk und sah vier Problembereiche als medienübergreifende Qualitätshürden: Verkürzung, Beschleunigung, Ökonomisierung und Personalisierung prägten den Journalismus; die pure Quantität habe sich als Qualität der Bewertung eingenistet.

Für den Bereich der Presse wollte Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Gruppe, von anachronistischen Annahmen Abschied nehmen – von jener beispielsweise, dass den redaktionellen Kommentar bestimme, wer die Druckmaschinen besitze. Hombach sah die „Stunde der Arbeitsteilung“ gekommen: „Als Verlagsmanager sehe ich nicht die Aufgabe zu definieren, was Qualitätsjournalismus ist. Es ist meine Aufgabe, diesen möglich zu machen.“

Für ähnlich denkende Medienunternehmer und für die Redaktionen entwickelten die Diskussionsteilnehmer in Arbeitsgruppen entsprechende Anregungen. Schlüsselrollen spielten dabei die Qualität der Aus- und Weiterbildung sowie eine systematische Qualitätskontrolle von innen und außen, wobei redaktionelle Diskussionskultur, Presserat, Rundfunkgremien, aber auch Initiativen der Verbraucher und der Wissenschaft sowie der Medienfachjournalismus angesprochen sind. Dass Qualitätsjournalismus nach wie vor gute Chancen hat, konstatierten in einem eigenen Arbeitskreis Juroren namhafter Journalistenpreise; sie vermissten allenfalls neue Querdenker im Journalismus und Impulse für die analysierende parlamentarische Berichterstattung.

Der Moderator des Forums, Volker Hummel vom DJV-Bundesvorstand, betonte abschließend, die Förderung von Qualitätsmedien sei gemeinsames Interesse von Verlegern und Rundfunkveranstaltern einerseits und Journalisten andererseits. IQ werde sich weiterhin für die entsprechenden Voraussetzungen engagieren. ------Hinweis für die Redaktionen:

Die Impulsreferate von Ernst Elitz, Dr. Norbert Schneider und Bodo Hombach können als Textdateien angefordert werden.

Die schriftliche Dokumentation des Forums wird voraussichtlich Ende Oktober versandfertig sein.

Interessenten können sich melden bei Ulrike Kaiser, DJV, Fax 0228/2017233, [email protected] Seite 68 Dokumentation IQ-Forum 2003

Aus: journalist. Das deutsche Medienmagazin 11/03

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 69

Seite 70 Dokumentation IQ-Forum 2003

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 71

Aus: M – Menschen machen Medien 11/03 (Titelgeschichte unter Bezug auf IQ)

Seite 72 Dokumentation IQ-Forum 2003

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 73

Seite 74 Dokumentation IQ-Forum 2003

Aus: BDZV Intern vom 14. Oktober 2003

Ernst Elitz: Medienpolitik muss Farbe bekennen Initiative Qualität tagte in Berlin

Gerade vor dem Hintergrund der Medienkrise, die Qualitätskriterien in den Hintergrund zu rücken als medienübergreifende Qualitätshürden: Verkür- scheint und vornehmlich den Blick auf zung, Beschleunigung, Ökonomisierung und Wirtschaftsdaten, Kosten und Abbau lenkt, Personalisierung prägten den Journalismus. Die pure plädierten die Teilnehmer des Forums Qualität am Quantität habe sich als Qualität der Bewertung 29. September 2003 in Berlin für „eine eingenistet. differenzierte Debatte journalistischer Perspek- tiven“. Für den Bereich der Presse wollte Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Gruppe in Essen, von Zur Diskussion eingeladen hatte die Initiative Qualität „anachronistischen Annahmen“ Abschied nehmen – im Journalismus (IQ), eine Arbeitsgemeinschaft aus von jener beispielsweise, dass den redaktionellen Berufsverbänden, Bildungsinstitutionen, Kontroll- Kommentar bestimme, wer die Druckmaschinen gremien und Vereinigungen der Medienbranche, zu besitze. Hombach sah die „Stunde der Arbeits-teilung“ denen auch der BDZV zählt. Rund 100 Fachleute aus gekommen: „Als Verlagsmanager sehe ich nicht die Medien, Wissenschaft, Bildungsarbeit und Medien- Aufgabe zu definieren, was Qualitäts-journalismus ist. selbstkontrolle waren gekommen, um im Haus des Es ist meine Aufgabe, diesen mög-lich zu machen.“ DeutschlandRadios Berlin über Chancen und Probleme der Qualitätskontrolle und Qualitätsbewer- Dass Qualitätsjournalismus nach wie vor gute tung im Journalismus zu diskutieren. Chancen hat, konstatierten in einem eigenen Arbeitskreis Juroren namhafter Journalistenpreise; DeutschlandRadio-Intendant Ernst Elitz forderte dabei diese hätten allenfalls, wie die IQ berichtete, „neue die Medienpolitik auf, Farbe zu bekennen: „Kultur und Querdenker im Journalismus und Impulse für die ausführliche Information sind keine billig zu analysierende parlamentarische Berichterstattung“ erstellenden Wegwerfprodukte“, erklärte er in vermisst. Das Einführungsreferat hielt das lang-jährige Anspielung auf die Gebührendebatte, die aus seiner Mitglied der Jury des Journalistenpreises der Sicht von „populistischen Argumenten“ geprägt ist. deutschen Zeitungen - Theodor-Wolff-Preis, Klaus Der Direktor der Landesanstalt für Medien NRW, Rost, Chefredakteur der „Märkischen Allgemeinen“ in Norbert Schneider, plädierte für ein Ende der alten Potsdam. Systemdiskussion zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk und sah vier Problembereiche Kontakt: IQ, Ulrike Kaiser, Fax 0228/2017233, E-Mail [email protected].

Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 75

Aus: epd medien vom 1.10. 2003 Qualitätsverlust der Medien (vgl. zu IQ epd 82/01). Dies sei eine "feste Größe im Kulturpessimismus". Die Rufe nach dem Staat seien auch in der aktuellen Rezession fehl am Platze. Medien, die von der Politik Hilfe erwarteten, "holen sich den Beelzebub ins Haus". kel Hombach: Pressefusionskontrolle ist "anachronistisch"

WAZ-Geschäftsführer kritisiert Qualitäts- "Klage" bei DJV-Fachtagung

Berlin (epd). Als "anachronistisch" hat der Geschäftsführer der Essener WAZ- Gruppe die gegenwärtig geltende gesetzliche Regelung der Pressefusionskontrolle bezeichnet. Dem Gesetz liege die marxistische Überzeugung zu Grunde, der Besitzer der Druckmaschinen bestimme auch den Inhalt des Kommentars, sagte Hombach am 29. September in Berlin auf der vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) veranstalteten Fach- tagung "Qualität mit Brief und Siegel – Bewer- tungsmaßstäbe im Journalismus".

Den Prozess der Ablösung des alles bestimmenden Verlegertypus durch Zeitungsmanager in der Aus: epd medien vom 1.10. 2003 Verlagsleitung bezeichnete Hombach als "Vorbote eines Industrialisierungsprozesses auch bei den Printmedien". Die Qualitätssteigerung bei den Produktinhalten sei Sache der Chefredaktion.

In Richtung der Gewerkschaften sagte der WAZ- DLR-Intendant: Qualität durch Geschäftsführer, er glaube nicht an den "positiven angemessene Gebühren absichern Zusammenhang zwischen Quantität und Qualität". Qualitätssteigerungen seinen "nicht in Tarifverhand- Norbert Schneider kritisiert lungen zu erreichen". Es gebe auch keinen Antago- Programmtendenzen – Qualitätsfachtagung nismus zwischen Verlag und Redaktion. Die zukünf- tige verlegerische Wertschöpfung rücke allerdings Berlin (epd). Der Intendant des DeutschlandRadio "noch dichter an die Qualität journalistischer Leis- (DLR), Ernst Elitz, hat die Politik aufgefordert, die tung". Qualitätsproduktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch eine angemessene Qualitätsjournalismus "ermöglichen" Gebührenausstattung abzusichern.

Nur wirtschaftlich selbständige und starke Verlage Bei den Selbstverpflichtungserklärungen, welche der könnten die Freiheit der Berichterstattung sichern, so novellierte Rundfunkstaatsvertrag von den öffentlich- Hombach weiter. Die WAZ-Gruppe investiere derzeit rechtlichen Rundfunkunternehmen verlangte, müsse 200 Millionen Euro in verbesserte Technik. Die "auch die Politik medienpolitisch Farbe bekennen", Absicht sei, über eine Qualitätsverbesserung im sagte Elitz zur Eröffnung der Fachtagung "Qualität mit technischen Bereich auch eine Optimierung in allen Brief und Siegel - Bewertungsmaßstäbe im Journa- anderen Bereichen anzustoßen. Als Verlagsmanager lismus" am 29. September in Berlin. habe er nicht zu definieren, was Qualitätsjournalismus sei. Seine Aufgabe sei es, "diesen möglich zu Die Politiker, so der Intendant, forderten zwar Qualität, machen". gleichzeitig feierten sie aber im Rahmen von Frequenzzuweisungen "selbst noch die Ansiedlung Die Printmedien müssten in der Zukunft den "Informa- von Dauerwerbekanälen für Goldkettchen, Heiz- tionswert" verstärkt zum Thema machen. Die Bericht- decken und Rohrreiniger als medienwirtschaftliche erstattung wandle sich zunehmend "vom Informations- Großtat". Der Staat lenke die Medienwirtschaft nicht zum Bedeutungsjournalismus". Der Journalist, so gern. Wo dies jedoch geschehe, gestatte er -- wie Hombach, müsse helfen, "im virtuellen Spektakel noch etwa bei der Novellierung des Hamburger Übersicht zu behalten". Mediengesetzes -- eine konsequente "Entwortung" der Privatfunkprogramme. Auf der Fachtagung im Rahmen der bereits laufenden Initiative "Qualität im Journalismus" (IQ) wandte sich Die Forderung von Kulturkritikern, die Medien hätten Hombach auch gegen die "laute Klage" vom durch Präsentation positiver Leitbilder den "besseren Seite 76 Dokumentation IQ-Forum 2003

Menschen" zu schaffen, sei nicht zu erfüllen, sagte senen Zuschauer. Diese "Instrumentalisierung des Elitz weiter. Mediale Leitbilder würden "nach den Publikums" nivelliere nicht nur Menschen und Sachen, Gesetzen des Marktes geboren und nicht aus der sondern sei auch der "Aufbruch in die Depro- Sehnsucht nach einer besseren Welt". fessionalisierung".

Protagonisten wie der Fußballer David Beckham, so "Aufbruch in Deprofessionalisierung“ fundierte Elitz seine Kritik an der Medienpraxis, böten als "blank poliertes Nichts" eine "ideale Projektions- Denn in der "Abgabe von Sendekompetenz an die fläche für kreative Journalisten und Werbeverkäufer". Empfängerkompetenz" vollziehe sich ein "partieller Mit der Strategie der "menschlichen Marken" würden Verzicht auf Berufsausübung". Die Behauptung, der Promis und Produkte zusammengebracht. "Mietge- Zuschauer entscheide letztlich über das, was er sehe, sichter" wie Günther Jauch, Manne Krug oder Uschi sei nichts anderes als ein "Mangel an öffentlich Glas würden keine Garantie für die Einlösung ihrer wahrgenommener, also auch belangbarer, also auch Produktversprechen übernehmen. kritisierbarer Verantwortung".

Elitz: Durchaus Kultur-Nachfrage Nach Ansicht Schneiders sind die "Verkürzung, Be- schleunigung, Ökonomisierung und Personalisierung" Trotz teilweise geringer Quoten besteht nach Elitz' die vier Schlagworte, um deren Entfaltung sich eine Auffassung durchaus eine Nachfrage nach Diskussion über Qualitätsstandards kümmern müsse. anspruchsvollen Kulturangeboten im Radio und Dabei mache es keinen Sinn, die Debatte nur mit Blick Fernsehen. Maßstab dafür seien nicht die auf den Privatfunk zu führen. "Solche Trends sind vergleichsweise mäßigen Marktanteile von 3s at oder sicher in ihrem Quantum systemspezifisch. In ihrer ARTE, sondern vor allem die Nutzung kultureller Qualität sind sie es nicht", sagte Schneider. Die Quote Informationssendungen im Ersten, im ZDF und in den sei "inzwischen für das gesamte duale System die Dritten Programmen. einzig verbindliche Währung". (Wir werden die beiden Referate dokumentieren.) kel Elitz kritisierte am Beispiel der "immer aktuellen Debatte" über Zukunft und Finanzierung des öffent- lich-rechtlichen Rundfunks die "Kurzschlüssigkeit und das mangelnde strategische Vermögen der Kultur- politik". So würden städtische Orchester abgebaut und Literaturhäuser mit dem Argument geschlossen, die Rundfunkanstalten könnten mit Konzerten und Lesungen vor Ort diese Verluste ausgleichen. Gleich- zeitig würden dieselben Anstalten in der Gebühren- frage unter Druck gesetzt.

Sinnvoll wäre es hingegen, wenn sich Länder, Kom- munen und Rundfunkanstalten auf kulturelle Aufga- benfelder verständigten, die von ihnen in den jewei- ligen Regionen gut aufeinander abgestimmt wahrge- nommen würden. Dies, so Elitz sei aber eine "in der kulturpolitischen Realität Deutschlands kaum durch- setzbare Konzeption".

Bilanz der privaten TV-Entwicklung

Norbert Schneider, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (LfM) und Vorsitzender der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung, Medien- kompetenz bei der Direktorenkonferenz der Landes- medienanstalten, zog eine gemischte Bilanz der "Programmentwicklung bei den Privaten". Dabei kriti- sierte er die "wachsende Reduzierung in der Darstel- lung von Menschen und Sachverhalten" auf immer kürzere Zeitmaße "von höchstens einer Minute, auf die Länge eines langen Spots". Beckers Scheidung oder das Baby von Verona Feldbusch würden auf dieser "Folie der knappen Zeit" so relevant wie ein Genozid in Afrika.

Die zeitliche Verknappung nähre jede Art von künstlicher Aufgeregtheit und begünstige einen "Hang zur Hysterisierung". Legitimiert werde diese Verknap- pung mit dem Verweis auf den als Quote gemes- Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 77

Bayerischer Rundfunk Sendung „Medienmagazin“ in B5 am 5.Oktober 2003 Interview von Sissi Pitzer mit Ulrike Kaiser zur Initiative Qualität

Sissi Pitzer: Die Krise in den Medien: War sie der Auslöser für diese Initiative Qualität im Journalismus?

Ulrike Kaiser: Nein, Frau Pitzer, das war sie nicht. Wir haben unsere Initiative bereits im Jahr 1999 ins Leben gerufen, zu den Hoch-Zeiten; da ging es den Medien wirtschaftlich noch sehr gut.

Journalisten sind ja im Allgemeinen eher stolz auf ihre Leistungen und verweisen höchstens mal auf den ein oder anderen Ausrutscher in der „Bild-Zeitung“ oder in irgendwelchen Trash-TV- Sendungen. Fehlt es denn an Qualität?

Qualität ist notwendig, das weiß jeder. Es gibt allerdings auch Defizite in der journalistischen Qualität, die unter Journalisten selbst, wie auch in der Öffentlichkeit diskutiert werden – wie die Vermischung von Redaktion und Werbung, wie unangemessene Sensationsdarstellungen, wie unausgereifte Recherche. So was kommt immer wieder vor im Alltag, und es ist unser Ziel zu fördern, dass es seltener vorkommt.

Hat denn die Krise den Druck auf die Redaktionen jetzt so verstärkt, dass eben durch Stellenabbau, Honorareinsparungen immer weniger Zeit und Geld für guten Journalismus vorhanden ist?

In der Regel können wir feststellen, dass in der Redaktion sehr stark gespart worden ist. Es war zunächst Ziel der Verlage, in anderen Bereichen zu sparen, aber inzwischen hat dies die Redaktionen bei weitem erreicht. Es hat einen erheblichen Stellenabbau gegeben; sehr viele Journalisten sind inzwischen arbeitslos; die Honoraretats wurden gekürzt, und es gibt sogar Beispiele, wo dies rückwirkend, im Nachhinein den Journalisten zugemutet wird. Insofern wird sich das selbstverständlich auf die Qualität auswirken, weil weniger Journalisten mehr leisten müssen.

Kann man denn konkret etwas tun, um die Qualität aufrecht zu erhalten – trotz Krisenzeiten?

Wir versuchen das gerade dadurch, dass wir alle Leute an einen Tisch bringen, die sich mit Qualitätsfragen im Journalismus befassen. Es sind ja nicht nur die Journalisten selbst, es sind ihre Ausbilder, da ist die Wirtschaft, da ist die Medienselbstkontrolle. Und Ziel dieser Initiative ist es, die ganzen Maßnahmen zu koordinieren, die der Qualitätsförderung dienen.

Qualität hat etwas, Sie haben es gerade erwähnt, mit guter Ausbildung zu tun. Was leisten denn Journalistenschulen oder Uni-Institutionen für die Ausbildung der Journalisten in Deutschland?

Also ich denke, dass sich die Ausbildungssituation in den letzten zehn, 15 Jahren erheblich verbessert hat. Es gibt wesentlich mehr Journalisten-Institute an den Hochschulen. Auch die überbetrieblichen Ausbildungsstätten haben sich professionalisiert. Das sind ganz gute Ansätze. Auch die gilt es natürlich jetzt über die Krise zu retten, denn wir haben schon bemerkt, dass etablierte und sehr renommierte Journalistenschulen in finanzielle Krisen gekommen sind. Da müssen wir aufpassen, dass das nicht auf die Ausbildung zurückschlägt.

Gibt es denn ein Bewusstsein bei den Journalisten selbst, dass Qualität nicht selbstverständlich ist, sondern täglich neu unter Beweis gestellt werden muss?

Ich habe den Eindruck, dass gerade unter dem Einfluss der Krise unter Journalisten vermehrt diskutiert wird, welche Hürden es für Journalisten gibt – und welche Chancen sich bieten. Seite 78 Dokumentation IQ-Forum 2003

Teilnehmerliste

IQ-Forum

Qualität mit Brief und Siegel Bewertungsmaßstäbe im Journalismus

29. September 2003 im DeutschlandRadio Berlin

Teilnehmer/in Institution Ort Dr. Klaus D. Altmeppen Institut für Medien- u. Kommunikationswiss. Ilmenau Peter Andryszak freier Journalist Oldenburg Mechthild Appelhoff Landesanstalt für Medien NRW Düsseldorf Matthias Arkenstette Verbraucher-Zentrale NRW Düsseldorf Gabriele Bartelt-Kircher Journalistenschule Ruhr Essen Hartmut Beifuß WAZ/AG Qualität Bochum Prof. Dr. Bernd Blöbaum Institut für Kommunikationswissenschaft Münster Corinna Blümel DJV-Journal NRW Köln Dr. Wolfgang Bok Heilbronner Stimme Heilbronn Günter Clobes Adolf Grimme Akademie Marl Julia von Dobeneck Die Grünen im Bundestag Berlin Jürgen Dörmann Haus Busch Hagen Saskia Döhner Hannoversche Allgemeine Zeitung Hannover Ernst Elitz DeutschlandRadio Berlin Hubert Engeroff DJV Bonn Bonn Uschi Ernst-Flaskamp Augsburger Allgemeine/AG Qualität Augsburg Saskia Eversloh Stiftung Warentest Berlin Robert Fekl Medien Tenor Bonn Dr. Susanne Fengler Kommunikationswissenschaftlerin Berlin Berthold L. Flöper Bundeszentrale für politische Bildung Bonn Marina Friedt freie Journalistin/AG Qualität Hamburg Dr. Arthur Frischkopf Landesanstalt für Qualifizierung NRW Soest Sandra Fröhlich, M. A. Universität Hamburg Hamburg Dr. Volker Gehrau Freie Universität Berlin Berlin Imme de Haen freie Journalistin Gülpe Dokumentation IQ-Forum 2003 Seite 79

Ulrike Helwerth Journalistinnenbund Berlin Günter Herkel epd Medien Berlin Annette Hillebrand Akademie für Publizistik Hamburg Michael Hiller DJV Sachsen Dresden Dr. Frauke Höbermann DJV-Bildungswerk Hamburg Bodo Hombach WAZ-Gruppe Essen Dr. Gabriele Hooffacker Journalistenakademie München Volker Hummel Hessischer Rundfunk/DJV-Bundesvorstand Kronberg Ulrike Kaiser journalist/AG Qualität Bonn Heinrich Kaiser-Bertzbach mt-news Sevelten Martin Kämper DJV-FA Bildjournalisten Trebur Dr. Richard Kiessler Neue Ruhr Zeitung Essen Karsten Klenner Umweltbundesamt Berlin Maksut Kleemann DJV-FA Europa Dortmund Dr. Maria Kniesburges Evangelische Medienakademie Berlin Christian Knull Ernst-Schneider-Preis Köln Wilfried Kochner WDR Köln Ina Krauß Journalistinnenbund/RBB Berlin Julian Langer Praktikant/dpa Oldenburg Rolf Lautenbach DJV-Bundesvorsitzender Gelsenkirchen Prof. Walther v. La Roche Publizist München Gunter Lehrke Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn Vera Linß RBB Berlin Dr. Thomas Löffelholz Theodor-Wolff-Preis/Ludwig-Erhard-Preis Berlin Peter Lokk Bildungszentrum/FB Multimedia Nürnberg Dr. Ludwig Maaßen Bayerischer Rundfunk München Ulrike Maercks-Franzen dju in ver.di Berlin Gerda Meuer Deutsche Welle Bonn Prof. Dr. Lothar Mikos Hochschule „Konrad Wolf“ Potsdam Berlin Damian Müller Tank & Rast GmbH/AG Qualität Bonn Leonhard Ottinger RTL Journalistenschule München Prof. Dr. Ulrich Pätzold Universität Dortmund Dortmund Sissi Pitzer Medienbüro München Bernried Dr. Michael Plote freier Journalist/AG Qualität Erfurt Jörg Prostka AVU AG/DJV-Bundesvorstand Gevelsberg Manfred Protze Deutscher Presserat/dju-Bundesvorstand Oldenburg Dr. Michael Rediske DJV-Landesverband Berlin Berlin Marita Rinke Borkener Zeitung Velen Nicole Ritter Handelsjournal Berlin Stefan Robiné ZFP ARD/ZDF Hannover Rommerskirchen, Thomas prmagazin Remagen Dr. Klaus Rost Märkische Allgemeine Potsdam Max F. Ruppert Schule für elektronische Medien (EMS) Potsdam Seite 80 Dokumentation IQ-Forum 2003

Prof.Dr. Stephan Ruß-Mohl Universita della Svizzera italiana Lugano Friedr.-Franz Sackenheim ehem. Chefredakteur/hr-Fernsehen Frankfurt Dr. Jürgen Schlimper DJV-Bildungskommission Leipzig Dr. Norbert Schneider LfM/DLM Düsseldorf Hermann Schreiber Egon-Erwin-Kisch-Preis Hamburg Birgitta M. Schulte Journalistinnenbund Frankfurt Karin Schwelgin DJV-FA Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Schwerin Prof. Dr. Robert Schweizer Deutscher Presserat München Friedrich Siekmeier ver.di Bremen Hella Sinnhuber Deutsche Hörfunkakademie Dortmund Dr. Joachim Sobotta Theodor-Wolff-Preis Meerbusch Prof. Dr. Kurt Sontheimer Stiftung Freiheit der Presse Murnau Karl-Heinz Stamm DeutschlandRadio Berlin Klaus Steiner Henri-Nannen-Schule Berlin Dr. Elvira Steppacher Institut zur Förderung publ. Nachwuchses München Prof. Dr. Martin Stock Universität Bielefeld Bielefeld Lutz Tillmanns Deutscher Presserat Bonn Rita Vock freie Journalistin Dortmund Manfred Volkmar Berliner Journalisten-Schule Berlin Karin von der Groeben SWR Jörg Wagner radioEins-Medienmagazin Potsdam Ella Wassink Deutscher Presserat Bonn Thomas Wendel freier Journalist Brandenburg Karin Wenk M Menschen Machen Medien Berlin Dr. Peter Widlok Landesanstalt für Medien NRW Düsseldorf Uschi Wienken Deutsche Hörfunkakademie Dortmund Dietmar Wolff European Newspaper Publishers´ Assoc. Brüssel