L A I R O T I D Liebe Leserinnen und Leser, EEDITORIAL

wer über den Holocaust forscht und sich mit Fragen des Umgangs mit dem Nationalsozialismus nach 1945 befasst, wird sich immer wieder mit aktuellen Phänomenen des Antisemitismus konfrontiert sehen. Grund genug, das aktuelle Jahrbuch des Fritz Bauer Instituts wie auch den inhaltlichen Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe des Newsletters diesem Th ema zu widmen. Das Fritz Bauer Institut hat die Aufgabe, sich mit der Geschichte und Wirkung des Holocaust zu beschäftigen. Der Antisemitismus ist die Grundierung dieser Th emen. Er zeigt sich in der Tagespolitik, in sozialen Konfl ikten und nicht zuletzt in pädagogischen Handlungsfeldern. Mit dem Jahrbuch 2006 versucht das Fritz Bauer Institut unter dem Titel Neue Judenfeindschaft? Perspektiven für den pädagogischen Umgang mit dem neuen Antisemitismus einige dieser Felder auszuleuchten. Das Jahrbuch ist vor wenigen Wo- chen im Campus Verlag erschienen (siehe: Neuerscheinungen, S. 38). Interessierte können es im Buchhandel erwerben oder bei der Frankfurter Karl Marx Buchhandlung bestellen. Die- se hat freundlicherweise den Versand der Publikationen des Fritz Bauer Instituts übernommen (Bestellformular, S. 56). Dem dezidiert auf die Erziehung gerichteten Blick des Jahrbuchs möchten wir in diesem Heft einige andere Per- spektiven hinzustellen. Besonders gilt dies für das Gespräch mit Klaus Holz (Im Gespräch, S. 8), der aus soziologischer Sicht einen kritischen Blick auf den pädagogischen Diskurs wirft, und für den Beitrag von Hanno Loewy (Essay, S. 24), der das Phänomen aus kulturwissenschaftlicher Perspektive einkreist. Besonders froh bin ich darüber, dass Salomon Korn dem Abdruck seines grundsätzlichen Beitrags über den „Ge- zeitenwechsel in der Erinnerung an den Holocaust“ zuge- stimmt hat (Essay, S. 16). Zum Begriff „Antisemitismus“ eine historische Reminis- zenz, auf die der aus Frankfurt am Main stammende und 1937 in die USA emigrierte Soziologe Walter Sulzbach in seiner meines Erachtens zu wenig beachteten kleinen Schrift Die zwei Wurzeln und Formen des Judenhasses ( 1959) aufmerksam machte: Es sei richtiger, schrieb er, vom „Judenhass“ als vom „Antisemitismus“ zu sprechen. Wilhelm Marr, der 1879 den Ausdruck „Antisemitismus“ verbreitete, habe anscheinend nicht gewusst, dass die Sprache, deren sich eine Gruppe von Menschen bedient, nichts über ihre ethnische Herkunft aussagt. „Es gibt semitische Sprachen. Zu ihnen gehören Hebräisch, Aramäisch und Arabisch. Marr hatte, wie andere Feinde der Juden, nicht das Geringste gegen die Araber.“ Ganz vermeiden lassen wird sich dieser falsche Begriff gleichwohl nicht. Bedanken möchten wir uns für die zahlreichen Zuwendungen, die unserem Spendenaufruf folgten. Von 160 Spendern ging insgesamt ein Betrag von 5.506,75 Euro ein (Stand 25. September 2006), womit ein we- sentlicher Beitrag zur Finanzierung von Druck und Versand dieses Newsletters geleistet wurde. Wir sind auch weiterhin auf Ihre Unterstützung angewiesen, und so liegt auch dieser Ausgabe unseres Newsletters wieder ein Spendenaufruf an unsere Leserinnen und Leser bei. Schließlich zur Frage der zukünftigen Leitung des Instituts. Da die Berufungsverhandlungen mit Herrn Dr. Dieter Pohl noch nicht abgeschlossen sind, bat mich der Stiftungsrat, meine Tätigkeit als kommissarischer Di- rektor bis zum Dienstantritt von Dr. Pohl, spätestens jedoch bis zum 31. März 2007 zu verlängern. Ich stimmte dem gerne zu (Nachrichten, S. 51). Dietfrid Krause-Vilmar Frankfurt am Main, im September 2006

Foto: © Werner Lott, Frankfurt am Main Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 1

IM ÜBERBLICK I IM M T

Das Fritz Bauer Institut im Überblick Inhalt L

Ü Das Fritz Bauer Institut ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main. A

1 Editorial B

Gründungsstifter sind das Land Hessen, die Stadt Frankfurt am Main und der Förderverein H

E Fritz Bauer Institut e.V. Zweck der Stiftung ist das Studium und die Dokumentation der 2 Das Fritz Bauer Institut im Überblick · Impressum

N R Geschichte und Wirkung der nationalsozialistischen Massenverbrechen, insbesondere des IINHALT Veranstaltungen Holocaust. Seit dem Jahr 2000 ist das Fritz Bauer Institut als An-Institut der Johann B 4 Vorträge und Buchvorstellungen zur Geschichte und Wirkung des Holocaust Wolfgang Goethe-Universität verbunden. Das Fritz Bauer Institut führt Forschungspro-

L 5 Präsentation der Ausstellung „Auschwitz-Prozess 4 Ks 2/63 Frankfurt am Main“ jekte durch, fördert interdisziplinäre Diskurse, entwickelt schulische und außerschulische

I 7 Lehrveranstaltung: Gottfried Kößler und Thomas Hilmer, „Lernen mit Neuen Medien“

Bildungsangebote, organisiert Ausstellungen und Veranstaltungen und publiziert For- C

schungsergebnisse und Reflexionen verschiedener Disziplinen, pädagogische Materialien, Im Gespräch K künstlerische Auseinandersetzungen und historische Quellen. 8 Klaus Holz: Antisemitismus reflektieren

Mitarbeiter und Arbeitsbereiche Essay Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar (Direktor) · Dr. Irmtrud Wojak, Katharina Stengel 16 Salomon Korn: „Gezeitenwechsel“ (Zeitgeschichte) · Werner Renz (Dokumentation und Bibliothek) · Monica Kingreen, 19 Dietfrid Krause-Vilmar: „Hermann Brill und die Gründung des Instituts für Zeitgeschichte“ Gottfried Kößler (Pädagogik) · Reinhard Heinzel (Verwaltungsleitung) · Werner Lott 24 Hanno Loewy: „Der ewige ‚Dritte‘ in allen Konflikten?“ 26 Frank Helzel: „Die Beschwörung des mittelalterlichen Reichs im ‚Dritten Reich‘“ (Technische Leitung und Mediengestaltung) · Manuela Ritzheim (Leitungsassistenz) Forschung Projekt-Mitarbeiter 28 Forschungsprojekt: „Der Umgang mit den Paradoxien politisch-moralischer Erziehung“ Gerd Fischer, Akim Jah, Dagi Knellessen, Uta Knolle-Tiesler, Ronny Loewy, Tanja Michalczyk, 30 Aufruf: „Zeugenfotos aus dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965)“ Matthias Schwerendt, Ingolf Seidel, Paul Stefanowske. Außerdem unterstützen regelmäßig Praktikantinnen und Praktikanten die wissenschaftliche, pädagogische und dokumenta- Pädagogik rische Arbeit des Fritz Bauer Instituts. 32 Angebote, Berichte, Veranstaltungen 32 Sprechzeiten – Beratung – Lehrgangsangebote Wissenschaftlicher Beirat Der Wissenschaftliche Beirat begleitet und berät inter diszipli när die Projektarbeit des Instituts. Ausstellungen Seine Mitglieder sind: Prof. Dr. Aleida Assmann (Universität Konstanz), Prof. Dr. Moritz 36 „Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933–1945“ Epple (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main), Prof. Dr. Atina Großmann 36 Plakatmappe: „Die Gegenwart von Auschwitz“ (Cooper Union University, New York), Prof. Dr. Gerhard Hirschfeld (Direktor der Bibliothek 37 Wanderausstellungen des Fritz Bauer Instituts für Zeitgeschichte, Stuttgart), Dr. Volkhard Knigge (Direktor der Gedenkstätten Buchenwald 37 Plakatmappe: „Bilder im Kopf. Auschwitz/Oswiecim – Einen Ort sehen“ und Mittelbau-Dora), Ilany Kogan (Tel Aviv University), Krystyna Oleksy (Stellv. Direktorin Neuerscheinungen des Museums Auschwitz-Birkenau, Oswiecim), Prof. Dr. Joachim Perels (Leibniz Universität 38 Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust: „Neue Judenfeindschaft?“ Hannover), Prof. Dr. Joachim Rückert (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main). 38 Götz Aly (Hg.): „Volkes Stimme. Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus“ Rat der Überlebenden des Holocaust 39 DVD-Video: „Verdict on Auschwitz: The Frankfurt Auschwitz Trial 1963–1965“ 39 Hörbuch: Roland Steckel, „Auschwitz. Stimmen“ Der Rat der Überlebenden des Holocaust unterstützt, diskutiert und begleitet kritisch die Arbeit des Instituts. Seine Mitglieder sind: Siegmund Freund, Inge und Dr. Heinz Kahn, Dr. Berichte Siegmund Kalinski, Prof. Dr. Jiri Kosta, Imo Moszkowicz, Katharina Prinz, Trude Simonsohn, 40 Berliner Arbeitskreis „Konfrontationen“: „Kunst als Zeugnis“ Dora und Robert Skala, Tibor Wohl, Peter Wolff. 43 Hanau: „Fotos der Deportation zur Erinnerung und zum Gedenken“ 46 Ausstellung: „Legalisierter Raub“ in Groß-Gerau Impressum 47 Forschungskolloquium des Fritz Bauer Instituts, Sommersemester 2006 47 Jahrestagung 2006 der Arbeitsgruppe „Cinemathographie des Holocaust“ Newsletter zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 48 Deutsch-Israelischer Jugendaustausch: Frankfurt am Main – Ramat HaNegev, Israel Informationen des Fritz Bauer Instituts 50 Prof. Dr. h.c. Arno Lustiger: Gastprofessur vom Mai 2004 bis Juli 2006 Nr. 29 · Herbst 2006 · 15. Jahrgang · ISSN 1617-6995 Nachrichten aus dem Institut Fritz Bauer Institut · Grüneburgplatz 1 · D-60323 Frankfurt am Main 51 Vertragsverlängerung für Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar Telefon: 0 69–79 83 22–40 · Telefax: 0 69–79 83 22–41 [email protected] · www.fritz-bauer-institut.de Nachrichten und Berichte aus dem Förderverein Bankverbindung: Frankfurter Sparkasse, BLZ: 500 502 01, Konto: 321 901 51 Bericht des Vereinsvorstandes IBAN DE91 5005 0201 0000 3219 01, BIC/SWIFT Code: FRASDEFF 52 Publikationen des Fritz Bauer Instituts · Verzeichnis der lieferbaren Titel Direktor des Fritz Bauer Instituts: Dietfrid Krause-Vilmar (V.i.S.d.P.) Redaktion: Werner Lott, Werner Renz 57 Rezensionen · Aktuelle Publikationen zur Geschichte und Wirkung des Holocaust Anzeigenredaktion: Manuela Ritzheim Gestaltung/DTP-Layout und Herstellungsleitung: Werner Lott 78 Kalender · Veranstaltungstermine ab Oktober 2006 Lektorat: Gerd Fischer Repro/Druck: Caro Druck GmbH, Frankfurt am Main 84 Infothek · Informationen aus Kultur und Wissenschaft Erscheinungsweise: zweimal jährlich (April/Oktober) · Auflage: 5.000 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit schrift licher Geneh migung der Redaktion. Titelthema: „Globalisierter Judenhass. Neue Erscheinungsformen des Antisemitismus“ © Fritz Bauer Institut, Stiftung bürgerlichen Rechts Der Newsletter erscheint mit freundlicher Unterstützung des Fördervereins Fritz Bauer Institut e.V. Lesen Sie dazu: Im Gespräch, S. 8, Essay, S. 16 und S. 24, Neuerscheinungen, S. 38 Das Fritz Bauer Institut ist Mitglied im Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V. (AsKI), . Umschlagmotiv: © Agentur „Voller Ernst“, (www.voller-ernst.de)

2 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: IG Farben-Haus, © Werner Lott, Frankfurt am Main Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 3

VVERANSTALTUNGENERANSTALTUNGEN

V VERANSTALTUNGEN

E Vorträge und Buchvorstellungen ner Recherchen, wie die argentinische R zur Geschichte und Wirkung des Holocaust Präsentation der Ausstellung Regierung mit den jüdischen Flücht- A lingen aus Europa während und nach Auschwitz-Prozess4 Ks 2/63 Frankfurt am Main dem Zweiten Weltkrieg umging. N Veranstaltungen des Fritz Bauer Instituts auf dem Campus Westend In Zusammenarbeit mit dem Institut für

S der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main Ausstellungsstationen München und Hannover in Vorbereitung Romanische Sprachen und Literaturen

T der Johann Wolfgang Goethe-Universität.

A Uki Goñi: Odessa. Die wahre Geschich- Mittwoch, 11. Oktober 2006, 20.00 Uhr te. Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher.

L IG Farben-Haus, EG, Raum 254 ist viel spekuliert worden. Da für diese Aus dem Englischen von Th eo Bruns T mit eigener Hand zahlreiche Menschen und Stefanie Graefe. Verlag Assozia- Vortrag von Michael Good getötet hatte? Sollte er härter oder sollte Zeit keine Meinungsumfragen vorliegen, U haben Götz Aly und seine Studenten im tion A, Berlin 2006, 400 S., € 22,–, Die Suche – Karl Plagge, der Wehr- er milder bestraft werden als der Schreib- ISBN 3-935936-40-0.

N Rahmen des Hauptseminars „Die öff ent- machtsoffi zier, der Juden rettete tischtäter, der den Befehl zum Mord er- teilt hatte? Mit diesen Fragen stieß die liche Meinung in Deutschland 1939– G Vortrag von Michael Good, USA (auf 1945. Ein Beitrag zur Historischen Englisch), Lesung aus der deutschen Buch- Justiz an die Grenzen bestehenden Rechts. Donnerstag, 7. Dezember 2006, 19.00 Uhr E Demoskopie“ an der Johann Wolfgang ausgabe mit Ulrich Voshaar, anschließend Th omas Horstmann und Heike Litzinger Goethe-Universität historische Demos- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.812 N Diskussion auf Englisch und Deutsch. führten Gespräche mit einfl ussreichen Ju- kopie betrieben. Anhand konkreter In- Der US-amerikanische Autor Michael risten (Jürgen Baumann, Gerhard Ham- merstein, Ernst-Walter Hanack, Herbert dikatoren wie dem Vornamen Adolf, der Buchvorstellung und Diskussion Good erzählt an diesem Abend die un- Kirchenaustritte, dem Sparverhalten und Neue Judenfeindschaft? gewöhnliche Geschichte des Wehrmacht- Jäger, Karl Lackner, Konrad Redeker und den Todesanzeigen für Gefallene ermit- Perspektiven für den Majors Karl Plagge, der im besetzten Claus Roxin), die sich in den 60er Jahren telten sie, wie die Deutschen Zukunfts- pädagogischen Umgang mit dem Wilna Kommandant der technischen intensiv mit den Verfahren gegen NS- aussichten beurteilten, wie sehr sie ihrem globalisierten Antisemitismus Einheit HKP 562 (Heereskraftfahrpark) Täter befasst haben. In den Gesprächen werden die enormen SchwierigkeitenGötz „Führer“ Aly hatte folgten 2004 oder bis misstrauten. 2006 die Gast- Mit Aycan Demirel (Kreuzberger Ini- und eines angeschlossenen Zwangsarbei- professur für interdisziplinäre Holo- terlagers war. In dieser Position rettete der juristischen Aufarbeitung der NS- tiative gegen Antisemitismus) und den Verbrechen fassbar. Die Juristen ziehencaustforschung an der Johann Wolf- HerausgeberInnen Bernd Fechler, Bar- Plagge 250 Juden, darunter auch die gang Goethe-Universität in Frankfurt Mutter von Michael Good. Karl Plagge, außerdem Parallelen zur juristischen Auf- bara Schäuble, Astrid Messerschmidt am Main inne. ein Ingenieur aus Darmstadt, hatte sich arbeitung anderer Unrechtssysteme wie und Gottfried Kößler. Götz Aly (Hg.): Volkes Stimme. Skepsis früh den Nazis angeschlossen, sich dann beispielsweise der Strafverfolgung der Die historisch-dokumentarische Ausstellung des Fritz Bauer Instituts zum Die „Kreuzberger Initiative gegen Anti- aber von ihnen abgekehrt. In Wilna, wo DDR-Mauerschützen. Nicht zuletzt ver-und Führervertrauen im Nationalsozi- Frankfurter Auschwitz-Prozess („Strafsache gegen Mulka u. a.“, 20. Dezem- semitismus“ steht für das aktive Eintre- sich im überfüllten Ghetto zehntausende anschaulicht der Band aber auch die in-alismus. Das Politbarometer von 1939 ber 1963 bis 20. August 1965) wurde 2004 bereits mit großem Erfolg im Haus ten von Migranten in die Auseinander- Juden der Vernichtung ausgeliefert sahen, dividuellen Lebensgeschichten der Inter-bis 1945. Fischer Taschenbuch Ver- Gallus in Frankfurt am Main und im Martin-Gropius-Bau in Berlin gezeigt. setzung mit Antisemitismus in Deutsch- nutzte er seine Position in der Wehrmacht viewten, deren persönliche Erfahrungenlag, Frankfurt am Main 2006, 224 S., Für die erste Hälfte 2007 sind die Ausstellungsstationen München (Justizpalast, land. Daher wird das Gespräch mit Ay- für seine Rettungsanstrengungen. mit dem Naziregime sowie ihre Erlebnisse€ 12,95, ISBN 3-596-16881-3 (siehe: in Zusammenarbeit mit dem Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“) can Demirel die praktische Perspektive Th in omas der Nachkriegszeit.Horstmann ist Historiker und Neuerscheinungen, S. 38) und Hannover (Foyer des Plenarsaales des Niedersächsischen Landtags, in Zusam- auf den Umgang mit diesem Problem in In Kooperation mit dem Beltz Verlag Forschungsreferent am Forschungsin- menarbeit mit der „Arbeitsgemeinschaft 9. November ’38“) in Vorbereitung. der Migrationsgesellschaft eröff nen. und dem US-Generalkonsulat Frank- stitut für öff entliche Verwaltung der Kontakt: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41 Die erziehungswissenschaftliche Dis- furt am Main. Deutschen Hochschule für Verwal- Donnerstag, 16. November 2006, 19.00 Uhr [email protected], www.fritz-bauer-institut.de kussion und die Refl exion der päda- Michael Good: Die Suche – Karl Plagge, tungswissenschaften in Speyer. Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.812 Website zur Ausstellung: www.fritz-bauer-institut.de/auschwitz-prozess.htm gogischen Praxis in diesem Arbeitsfeld der Wehrmachtsoffi zier, der Juden rettete. Heike Litzinger arbeitet als Referentin sind Gegenstand des Jahrbuches. Es Beltz Verlag, Weinheim 2006, 278 S., für das Presse- und Informationsamt Buchvorstellung analysiert die aktuellen Formen des € 22,90, ISBN 3-407-85773-6. der Bundesregierung in Berlin. Jan Osers: Unter Hakenkreuz und Antisemitismus und schildert Erfah- Th omas Horstmann, Heike Litzinger: Sowjetstern. Erlebnisse eines Jan Osers: Unter Hakenkreuz und Sow- rungen aus pädagogischen Projekten. An den Grenzen des Rechts. Gespräche mit Verfolgten in zwei Diktaturen historische Forschung. Der argentinische jetstern. Erlebnisse eines Verfolgten in zwei Journalist und Historiker Uki Goñi hat Es gibt einen Überblick über pädago- Freitag, 27. Oktober 2006, 19.00 Uhr Juristen über die Verfolgung von NS-Ver- Jan Osers, 1921 in Prag geboren, wurde Diktaturen. Metropol Verlag, Berlin 2005, gische Konzepte, die mit unterschied- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.812 brechen. Mit einem Vorwort von Micha nun nach langjährigen Recherchen in im April 1942 nach Th eresienstadt und 176 S., € 18,–, ISBN 3-936411-67-0 licher Schwerpunktsetzung und Reich- Brumlik. Campus Verlag, Frankfurt am argentinischen, US-amerikanischen und kurz danach in das ostpolnische Ghetto weite das Ziel verfolgen, dem aktuellen Main/New York 2006, 233 S., € 19,90, europäischen Archiven bisher unbekann- Buchvorstellung Zamosc deportiert. Im Sommer 1942 Antisemitismus zu begegnen. Sie wur- und Podiumsgespräch ISBN 3-593-38014-5 (Wissenschaftliche wagte er die Flucht nach Ungarn. Dort te Quellen erschlossen und zahlreiche Montag, 4. Dezember 2006, 19.00 Uhr den nicht zuletzt durch die politische Thomas Horstmann, Heike Litzinger: Reihe des Fritz Bauer Instituts, Bd. 14) erlebte er, nach mehreren Verhaftungen Zeitzeugeninterviews geführt. Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.811 Ihm ist es gelungen, die „Rattenlinien“ Forderung nach einer Reaktion auf den und getarnt als taubstummer Vagabund, An den Grenzen des Rechts. nachzuzeichnen, auf denen Tausende „Neuen Antisemitismus“ angeregt. Gespräche mit Juristen über die die Befreiung. Nach Kriegsende kehrte er Buchvorstellung NS-Verbrecher – unter ihnen Adolf Fritz Bauer Institut und Jugendbegeg- Verfolgung von NS-Verbrechen in seine Heimatstadt zurück und wurde Mittwoch, 1. November 2006, 19.00 Uhr Uki Goñi: Odessa. Eichmann, Klaus Barbie und Josef nungsstätte Anne Frank (Hg.): Neue Podium: Winfried Hassemer, Micha Redakteur der Schriftstellerzeitung Lido- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.801 Die wahre Geschichte. Mengele – nach Lateinamerika gelangt Judenfeindschaft? Perspektiven für den Brumlik, Th omas Horstmann, Heike ve noviny. Kritische Äußerungen führten zu seiner Entlassung. 14 Jahre lang muss- Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher sind, sowie die zahlreichen staatlichen pädagogischen Umgang mit dem globali- Litzinger Buchvorstellung Der Name „Odessa“ steht für eine weit und nichtstaatlichen Organisationen zu sierten Antisemitismus. Campus Verlag, Moderation: Th omas Henne Götz Aly: Volkes Stimme. te er danach in der Schwerindustrie arbei- ten. Nach dem Überfall der Sowjetunion vernetzte Fluchthilfeorganisation für NS- benennen, die Fluchthilfe geleistet ha- Frankfurt am Main/New York 2006, Die juristische Aufarbeitung der NS-Ver- Skepsis und Führervertrauen im Verbrecher, deren Existenz immer wieder ben. Hauptaufnahmeland und zentrale 378 S., € 29,90, ISBN 978-3-593- brechen stellte die bundesdeutsche Justiz auf die CSSR 1968 emigrierte Osers in Nationalsozialismus bestritten wurde. Als sagenumwobenes Drehscheibe war das Argentinien unter 38183-1, Jahrbuch zur Geschichte und vor schwerwiegende Fragen: Welche Strafe die Bundesrepublik Deutschland und Über die politische Stimmungslage der Netzwerk ehemaliger SS-Leute beschäf- Juan Domingo Perón. Goñi beschreibt Wirkung des Holocaust 2006, Band 10 war angemessen für den NS-Schergen, der ließ sich in Mannheim nieder. Deutschen während der Naziherrschaft tigte sie lange eher die Phantasie als die außerdem, quasi als Nebenprodukt sei- (siehe: Neuerscheinungen, S. 38)

4 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: Ausstellung im Haus Gallus, Frankfurt am Main. © Normann Hochheimer Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 5 VVERANSTALTUNGENERANSTALTUNGEN VVERANSTALTUNGENERANSTALTUNGEN

Donnerstag, 14. Dezember 2006, 19.00 Uhr reich 1940–1944. Wissenschaftliche untersucht alle noch vorhandenen ge- nur teilweise Gegenstand der gericht- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.802 Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, 471 heimen NS-Stimmungsberichte zur Lehrveranstaltung zur Geschichte und Wirkung des Holocaust lichen Wahrheitserforschung war. Mit S., € 49,90, ISBN 3-534-17564-6 „Judenfrage“ und zusätzlich Informa- seiner Arbeit über den Fischer-Prozess Buchvorstellung Seminar für Didaktik der Geschichte, Wintersemester 2006/2007 tionen aus Tagebüchern, Gerichtsak- hat Dirks zugleich einen profunden Ahlrich Meyer: Täter im Verhör. ten, Aufzeichnungen ausländischer Beitrag zur Täterforschung geleistet. Die „Endlösung der Judenfrage“ Donnerstag, 11. Januar 2007, 19.00 Uhr Besucher und anderen Quellen. In der Gottfried Kößler, Thomas Hilmer Christian Dirks ist wissenschaftlicher Mit- in Frankreich 1940–1944 Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.812 Anfangszeit gab es keinen „breiten ra- Lernen mit Neuen Medien: arbeiter des Jüdischen Museums Berlin. Während der Zeit der deutschen Besat- dikal-antisemitischen Konsens“ in der Prozesse gegen NS-Täter im Nachkriegsdeutschland Christian Dirks: „Die Verbrechen der zung wurden 76.000 Juden aus Frank- Vortrag deutschen Bevölkerung. Erst in der anderen“. Auschwitz und der Auschwitz- reich nach Auschwitz deportiert. In der Sandra Nuy: Mit Entsetzen Scherz. zweiten Kriegshälfte, als die Depor- Übung, 2 SWS, Dienstag, 14.00–16.00 Uhr, Beginn: 17. Oktober 2006 Prozess der DDR: Das Verfahren gegen kollektiven deutschen Erinnerung an den Zur Mediengeschichte der tationen schon stattgefunden hatten, Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, den KZ-Arzt Dr. Horst Fischer. Schö- Holocaust haben diese Ereignisse jedoch „Holocaust-Komödie“ begannen die Deutschen eine „ostenta- Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, IG Farben-Haus, Raum IG 3.501 ningh Verlag, Paderborn 2006, 410 S., bis heute keinen Platz. Ahlrich Meyer legt Der Vortrag stellt diejenigen Medialisie- tive Ahnungslosigkeit“ zu kultivieren, Studienfächer, Studienrichtungen: L2-GE-M3 2-3, L5-GE-M3 2-3, L3-GE-M4 4 € 39,90, ISBN 3-506-71363-9 eine neue Darstellung der „Endlösung rungen des Holocaust, die sich der Komik die dann auch das Selbstbild der Nach- der Judenfrage“ in Frankreich vor und als Darstellungs- und Strukturelement kriegszeit prägen sollte. Die Neuen Medien werden in der Lehrerausbildung immer wichtiger und nehmen in benennt die verantwortlichen Akteure in bedienen, in einen historisch-systemati- Peter Longerich ist Professor für Mo- der zweiten Phase der Lehrerausbildung (Referendariat) einen immer größeren Raum Donnerstag, 15. Februar 2007, 19.00 Uhr der deutschen Militärverwaltung und im schen Zusammenhang. Dabei wird die derne Deutsche Geschichte und Direk- ein. Der Umgang mit dem Computer, aber auch das digitale Recherchieren und Prä- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.802 Apparat der SS. Neben Originaldoku- Th ese verfolgt, dass sich Komik in Dar- tor des „Research Centre for the Ho- sentieren sowie die Konzeption von Unterrichtseinheiten für den Computerraum in menten aus französischen und deutschen stellungen des Holocaust immer auf eine locaust and Twentieth-Century His- Ihrer zukünftigen Schule setzt eine besondere Form der Methodenkompetenz voraus, Buchvorstellung Archiven wertet er erstmals auch die Grundform zurückführen lässt: die des tory“ am Royal Holloway College der die immer mehr als Schlüsselqualifi kation angesehen wird. Viele Schulbuchverlage Claudia Fröhlich: „Wider die protokollierten Verhöre von Tatbeteilig- Spiels. Ohnehin sind die verschiedenen Universität London. 2002/2003 war er bieten bereits eine Fülle von digitalen Lehr- und Lernmaterialien an. Vielen dieser auf Tabuisierung des Ungehorsams“. ten und Helfern aus der Nachkriegszeit Nuancen des Spiels kennzeichnend für Gastprofessor für interdisziplinäre Ho- dem Markt befi ndlichen digitalen Materialien (z. B. historische CD-ROMs) fehlen je- Fritz Bauers Widerstandsbegriff aus. Das historische Geschehen und die die Komödie, doch fungieren sie dort doch schlüssige didaktische Konzepte, und sie führen zu einer Konsumentenhaltung und die Aufarbeitung von Selbstrechtfertigungen der Täter werden locaustforschung an der Johann Wolf- als ein Merkmal unter anderen. Für die seitens der Schüler und zu der Frage auf Lehrerseite, wie das Material für den Un- miteinander kontrastiert. Auf welche gang Goethe-Universität. NS-Verbrechen mit Komik arbeitende Nachgestaltung Christian Schneider ist Soziologe und terricht nutzbar gemacht werden kann. In dieser Übung wird es darum gehen, eine 1952 beurteilte das Braunschweiger Weise versuchten diejenigen, die an der des Holocaust erweist sich ein innerfi k- Forschungsanalytiker in Frankfurt am bereits vorhandene CD-ROM zum Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–65) zu einer Landgericht als erstes westdeutsches Deportation der Juden aus Frankreich tionales Prinzip des „Als-ob-Handelns“ Main und Privatdozent an der Uni- didaktischen Lern-CD umzuwandeln und sie für den Einsatz im Unterricht frucht- Gericht den militärischen Widerstand mitgewirkt hatten, sich nach 1945 selbst jedoch als formbestimmend. Dies gilt versität Kassel; zahlreiche Veröff entli- bar zu machen. Die CD wurde vom Fritz Bauer Institut, dem Seminar für Didaktik vom 20. Juli 1944 als rechtmäßig. Im zu entlasten? Warum übernahm niemand es anhand von Filmausschnitten zu be- chungen zur psychoanalytischen Sozi- sogenannten Remer-Prozess begründe- eine Verantwortung? Wie erklärt es sich, legen. In Frage kommen dabei vor allem der Geschichte und „megadigitale“ an der Johann Wolfgang Goethe-Universität als alpsychologie und Zeitdiagnostik. te der Generalstaatsanwalt Fritz Bauer dass niemand ein Wissen um die Mas- Der grosse Diktator (1940), Sein Präsentations-CD entwickelt. Auf Basis dieser CD werden wir versuchen, didaktische senvernichtung zugestand? oder Nichtsein (1942 und 1983), Das Peter Longerich: „Davon haben wir Szenarien auszuloten, am didaktischen Design zu „feilen“, handlungsorientierte An- ein jedem Bürger zustehendes Recht Leben ist schön (1997), Zug des Le- nichts gewusst!“ Die Deutschen und die Ju- sätze einzubringen und weitere Quellen und Dokumente einzubinden. Die CD-ROM zum Widerstand gegen den Unrechts- Der Autor kommt zu dem Schluss, dass bens (1998) sowie Goebbels und Ge- denverfolgung 1933–1945. Siedler Ver- soll dann technisch neu konstruiert werden (dies wird nicht von Ihnen erwartet!). Sie staat. Sein Widerstandsbegriff zielte auf die meisten Entlastungsstrategien nicht duldig (2001). lag, München 2006, 448 S., € 24,95, erlernen auch den Umgang mit digitalen Datenbanken und Archiven, Online-Biblio- die Überwindung einer in Deutschland auf bloßen Lügen beruhen, sondern in ISBN 3-88680-843-2 theken, Internetangeboten für das Fach Geschichte, das Präsentieren mit digitalen tief verankerten „Tabuisierung des Un- den Ereignissen selbst ihren Ursprung Sandra Nuy ist wissenschaftliche Mit- Programmen, z. B. PowerPoint, und interaktives Mind-Mapping. gehorsams“ und die Etablierung eines haben. Die Arbeitsteilung zwischen arbeiterin an der Universität Siegen. Widerstandsethos. Claudia Fröhlich re- den Militärs und der SS, die Delegati- Forschungsfelder: „Film und Holo- Donnerstag, 8. Februar 2007, 19.00 Uhr Empfohlene Literatur: Ulrich Meyer, Hans-Jürgen Pandel, Gerhard Schneider konstruiert die öff entlichen und juris- on der eigentlichen Verfolgungspraxis caust“, „Deutsch-jüdische Kultur- und Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.802 (Hg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht (Forum Historischen Lernens), tischen Debatten um Bauers Position an die französische Polizei, die geogra- Mediengeschichte“, „Verhältnis von Wochenschau-Verlag: o.O. 2004, Bezug über: www.wochenschau-verlag.de, und rückt die mit der Abkehr vom Wi- phische Entfernung zu den Mordstät- Th eater und Medien“ und „Literatur- Buchvorstellung ISBN: 3-87920-436-5, E 42,80. Fritz Bauer Institut (Hg.): Gerichtstag halten über derstandsrecht vollzogenen Beschädi- ten im Osten und nicht zuletzt die Un- adaptionen in Film und Fernsehen“. Christian Dirks: „Die Verbrechen uns selbst… Geschichte und Wirkung des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses, gungen der demokratischen Ordnung glaublichkeit des Judenmords schufen der anderen“. Auschwitz und Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2001. Irmtrud Wojak: Fritz Bauer und die Auf- der Bundesrepublik in den Blick. die Voraussetzungen für das mangeln- der Auschwitz-Prozess der DDR: Claudia Fröhlich ist wissenschaftliche bereitung der NS-Verbrechen nach 1945, (Hessische Landeszentrale für politische de Unrechtsbewusstsein der Täter. Im Samstag, 27. Januar 2007, 19.00 Uhr Das Verfahren gegen den Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Bildung, Reihe Blickpunkt Hessen, Heft 2/2003), Wiesbaden 2003. Monica Kin- Wechselspiel zwischen den Beschuldig- Casino-Gebäude, 1. OG, Raum 1.812 KZ-Arzt Dr. Horst Fischer Widerstandsgeschichte der Freien Uni- green: Der Auschwitzprozess. Geschichte, Bedeutung und Wirkung (Pädagogische ten und der westdeutschen Justiz bil- Der Prozess gegen den SS-Arzt Horst versität Berlin und der Gedenkstätte Materialien des Fritz Bauer Instituts, Nr. 8), Frankfurt am Main 2004, Bezug über: deten sich die Muster einer kollektiven Buchvorstellung und Gespräch Fischer vor dem Obersten Gericht der Deutscher Widerstand. E „Vergangenheitsbewältigung“ heraus. Peter Longerich im Gespräch DDR im Jahre 1966 war nur scheinbar www.fritz-bauer-institut.de, 15,–. Fritz Bauer Institut und Staatliches Museum Claudia Fröhlich: „Wider die Tabui- So zeichnet das Buch auch ein Porträt mit Christian Schneider: ein Exempel für die konsequente Ahn- Auschwitz-Birkenau (Hg.): Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle sierung des Ungehorsams“. Fritz Bauers der deutschen Nachkriegsmentalität im „Davon haben wir nichts dung der NS-Verbrechen im Arbeiter- und Dokumente, DVD-ROM (Die digitale Bibliothek, Band 101), Berlin: Direktmedia Widerstandsbegriff und die Aufarbeitung Umgang mit den NS-Verbrechen. gewusst!“ Die Deutschen und und Bauernstaat. In seiner quellenge- Verlag, 2004. Rolf Bickel, Dietrich Wagner (Hg.): Der Frankfurter Auschwitz-Prozess, von NS-Verbrechen. Campus Verlag, Ahlrich Meyer war 1975 bis 2000 Pro- die Judenverfolgung 1933–1945 sättigten Studie weist Christian Dirks DVD-ROM (+ CD: „Das Ende des Schweigens“), Produktion HR-Media, Frankfurt Frankfurt am Main/New York 2006, fessor für Politikwissenschaft an der Peter Longerich gibt aus der Sicht des überzeugend nach, dass in der DDR am Main 2005, Bezug über: www.hr-media.de, E 19,90 430 S., € 39,90, ISBN 3-593-37874-4 Universität Oldenburg. Veröff entli- Historikers Antworten auf die Frage eher von einer systematischen Nicht- (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bau- Sprechstunde: Gottfried Kößler, Freitag, 10.00–12.00 Uhr und nach der Veranstal- chungen zur politischen Th eorie und nach dem Wissen der Deutschen über verfolgung der NS-Täter zu sprechen er Instituts, Bd. 13) tung, Fritz Bauer Institut, IG Farben-Haus, Raum 5.313, Tel.: 0 69–79 83 22–32, Fax: Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts die „Endlösung“ und ihre Einstellung ist. Der Schauprozess gegen Fischer, SS- –41, [email protected]. Thomas Hilmer, Mittwoch, 14.00–16.00 Uhr und zur deutschen Besatzung in Frank- zur Judenverfolgung. Er analysiert die Lagerarzt in Auschwitz von November reich während des Zweiten Weltkriegs. antisemitische Propaganda des Regi- 1942 bis Januar 1945, klärte gleichwohl und nach der Veranstaltung, Seminar für Didaktik der Geschichte, IG Farben-Haus, Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 Ahlrich Meyer: Täter im Verhör. Die mes, befasst sich mit alliierten Rund- ein Tatgeschehen auf, das in den beiden Raum 3.556, Tel.: 0 69–79 83 26–46, –38, Fax: –37, [email protected] 83 22–40, Fax: –41, info@fritz-bauer- „Endlösung der Judenfrage“ in Frank- funkprogrammen und Flugblättern, ersten Frankfurter Auschwitz-Prozessen institut.de, www.fritz-bauer-institut.de

6 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 7

IIMM GESPRÄCHGESPRÄCH

IM GESPRÄCH I IM M Klaus Holz So fi ndet man für alle diese Duale Deutsch-Türken als Dritte bezeichnet,

mehr diese klaren nationalen und kul- ganz viele Dritte, und der antisemitische sondern die sagen, das sind eigentlich G turellen Identitäten gibt? Gleichzeitig Antisemitismus refl ektieren Dritte ist sozusagen nur eine Ausbildung tut sich die deutsche Gesellschaft damit Fremde, das sind eigentlich Ausländer, E einer – wie ich vermute – viel tiefer lie- die sind sozusagen nur zu Unrecht hier, ausgesprochen schwer, anzuerkennen, S Ein Interview mit Klaus Holz, genden kulturellen Problematik, näm- die gehören eigentlich in die Türkei. So dass es hier vielfältige Bindestrich-Iden-

P lich der Frage, welchen Sinn und welche kann man es bei der NPD zum Beispiel Leiter des Evangelischen Studienwerks e.V. Villigst, titäten und andere Formen gibt. Wür- Funktion eigentlich Dichotomien in un- nachlesen. Die werden gerade nicht als R am 10. August 2006 in Villigst/Schwerte den Sie das so sehen, dass sich dadurch serer Kultur haben. Denn der Dritte ist Dritte, sondern gemäß der ersten Di-

Ä diese Figur praktisch aufl öst als antise- die Instanz, an der sozusagen mit Hilfe chotomie als die Fremden repräsentiert. Das Jahrbuch des Fritz Bauer Instituts mitische Figur, weil sie ausfranst? C ablehnende Judenbild das Korrelat eines Holz: Ich weiß es wirklich noch und auf der Grundlage der Dichotomie (siehe: Neuerscheinungen, S. 38) er- Selbstbildes ist – egal, welcher Natur das nicht. Zunächst aber würde ich sagen, refl ektiert und formuliert wird, dass viel- Postkoloniale Perspektive H „normales“ Volk wie zum Beispiel „der scheint in diesem Jahr in Zusammenar- zunächst ist. Man müsste mit der glei- Franzose“ gedacht wird, sondern als es gab immer schon ganz viele Dritte. Es leicht an der Dichotomie etwas faul sein beit mit der Jugendbegegnungsstätte chen Aufmerksamkeit, der gleichen Sys- Dritter, der die Unterscheidung zwi- ist mir erst im Laufe der Arbeit sichtbar könnte, dass etwas nicht passt. Dabei Messerschmidt: Es könnte auch Anne Frank. Es hat einen dezidiert päd- tematik, dem gleichen Quellenmaterial schen uns und den Franzosen, zwischen geworden, wie viele Dritte die europä- ist der Sinn der Dichotomie natürlich interessant sein, die Struktur dieser agogischen Schwerpunkt und beschäf- immer beides fragen: Wie ist das uns und den anderen, überschreitet, Einwanderungsgesellschaft unter dem tigt sich mit pädagogischen Antworten Selbstbild, und wie ist es bezogen Gesichtspunkt des Postkolonialen zu auf den aktuellen Antisemitismus.1 Aus auf das Judenbild? Es ist ganz of- Dr. Klaus Holz (Fotos S. 8, 11, 12 und 14), geb. 1960, 1981–1988 Studium der analysieren. diesem Anlass führten zwei der Her- fensichtlich so, dass das Judenbild Soziologie und der Germanistik. 1992 Promotion zum Dr. phil. an der Universität Holz: Ich muss zugeben, als ich in ausgeber, Astrid Messerschmidt und gerade dazu dient, das Selbstbild Freiburg, Dissertation: „Historisierung der Gesellschaftstheorie“. 2000 Habilitation Ihrem Buch angefangen habe zu lesen, Gottfried Kößler, ein Gespräch mit dem zu konturieren. Ich bestimme im Fach Soziologie an der Universität Leipzig, Habilitationsschrift: „Nationaler Anti- war ich zuerst skeptisch. Ich dachte: Ach, Antisemitismus-Experten Klaus Holz. also, was ich selbst bin oder sein semitismus. Wissenssoziologie einer Weltanschauung“. 1988–2000 wissenschaft- nee, das ist ein bisschen Wortgeklingel, möchte, durch die Abgrenzung zu man macht aus multikulti postkolonial, etwas anderem. licher Angestellter an den Universitäten in Freiburg und Leipzig, am Zentrum für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld und an der Wirtschaftsuniversität in Wien. das klingt ja irgendwie kritischer oder Die Position des „Dritten“ Ich meine, dass aufs Ganze Holz leitet seit 2000 das Evangelische Studienwerk e.V. Villigst, ist seit 2003 Kura- so, multikulti will man nicht mehr so gesehen für den Antisemitismus toriumsvorsitzender des Villigster Forschungsforums zu Nationalsozialismus, Ras- richtig sagen – warum eigentlich? Ich Messerschmidt: In Ihrer Auseinan- der letzten 200 Jahre das natio- sismus und Antisemitismus e.V. und Mitbegründer des European Network for the dachte, jetzt wird mir wieder so ein dersetzung mit aktuellem Antisemi- nale Selbstbild das entscheidende Study of Historical and Contemporary Anti-Semitism. schneller Begriff untergejubelt, der aber, tismus taucht immer wieder die Frage und dominante, wenn auch nicht Zahlreiche Veröffentlichungen zu historischen, politischen und soziologischen The- wenn man genau hinsieht, nichts wirk- auf, inwiefern der Antisemitismus mit das einzige ist. Die antisemitische men, u. a.: Die Gegenwart des Antisemitismus. Islamistische, demokratische und lich Neues besagt. Ich brauchte nicht dem Nationalismus zusammenhängt, Figur des „Dritten“ baut auf der antizionistische Judenfeindschaft. Hamburg 2005. Nationaler Antisemitismus. Wis- ganz zu Ende zu lesen, um zu merken, vor allem in Deutschland. In diesem Unterscheidung zwischen dem senssoziologie einer Weltanschauung. Hamburg 2001. dass ich etwas vorschnell geurteilt hat- Zusammenhang entwickeln Sie den nationalen Selbstbild und dem te. Ich fi nde das hoch plausibel, so wie Gedanken, dass die Juden eine be- Fremdbild auf. Ich bin tatsächlich Dr. Astrid Messerschmidt (Foto S. 10), geb. 1965, arbeitet seit 2000 als wis- es da defi niert ist. Zunächst die Kritik stimmte Figur repräsentieren, die we- empirisch darauf gestoßen und senschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspäd- am Begriff „multikulti“, nämlich als der der einen noch der anderen Seite habe bei der Quelleninterpretati- agogik der Technischen Universität Darmstadt mit dem Arbeitsbereich Allgemeine Festhalten von Identität – nur dass man – also weder den national Zugehörigen on die Erfahrung gemacht, dass in Pädagogik und Erwachsenenbildung. dieses Festhalten positiv bewertet. Das noch den Fremden –, sondern eher ei- antisemitischen Texten zunächst Gottfried Kößler, StR. (Foto S. 13), geb. 1953, ist seit 1993 wissenschaftlicher ist ähnlich wie der Philosemitismus im ner dritten Position zugeordnet wird. ein Gegenbild zum Selbstbild Verhältnis zum Antisemitismus: Man Mitarbeiter in der Pädagogischen Abteilung des Fritz Bauer Instituts, seit 2005 Lehr- Holz: Ja, diese Sache ist mir sehr konstruiert wird und als Drittes lässt die Vorurteile gleich, man lässt die beauftragter am Seminar für Didaktik der Geschichte an der Johann Wolfgang Goe- wichtig. Denn ich halte das für einen hierzu das Judenbild. In den anti- Identitätskonstrukte gleich, dreht sie the-Universität Frankfurt am Main. Schlüssel zum Antisemitismus. Die erste semitischen Quellen gibt es nicht einfach nur der Bewertung nach um. Prämisse dafür ist – und die wird zwar nur „den Juden“, es gibt auch „den Das ist besser als nichts, aber es reicht selten bestritten, aber ich glaube, sie wird Franzosen“, „den Engländer“, nicht. Mit dem Begriff „postkolonial“ ische Kultur produziert hat. Und wenn die klare und eindeutige Zuordnung. selten ganz ernst genommen –, dass man „den Russen“, „den Slawen“, „den Ita- wird es möglich, sich tatsächlich die- transzendiert und zu zerstören trachtet. man dies erst einmal sieht, fallen einem Entweder „A“ oder „non A“. Nur weil den Antisemitismus nicht auf das Juden- liener“ oder was auch immer, es gibt al- se Situation des „post“ klarzumachen: Wenn man das zu Ende denkt – und ich ohne Ende Beispiele ein. Das gilt prak- es andere Dritte gibt, ist der antisemi- bild reduzieren darf. Die theoretische les Mögliche in diesen Texten. Bei dem Wir sind nicht mehr in dem alten Ko- meine dafür Quellen zu haben, an denen tisch für jedes Dual. Also zu allem, was tische Dritte noch nicht obsolet. Auch Grundannahme ist, dass das feindliche, Versuch, herauszufi nden, wie sich diese lonialismus, aber wir sind historisch man das sehr gut sehen kann –, bedeutet als feste Dichotomie etabliert worden da wäre erst einmal Skepsis angebracht, drei Bilder zueinander verhalten, also von daher gekommen – und zwar alle das auf der Ebene der kulturellen Kons- ist, fi nden wir massenweise Dritte, die ehe allzu schnell Neuigkeiten behauptet Selbstbild, Fremdbild, Judenbild, ist Beteiligten, mit den unterschiedlichen 1 Fritz Bauer Institut und Jugendbegeg- truktion des Judenbildes, dass „der Jude“ immer abstrakt genommen die gleiche werden. Soweit ich sehe, wird bislang mir deutlich geworden, dass ich in den Herkünften, und das ist systematisch nungsstätte Anne Frank (Hg.): Neue gar keine Existenzberechtigung hat. Als Funktion haben, nämlich das Bestreiten die Besetzung des Dritten, zum Beispiel Quellen immer wieder das Gleiche lese. mitzuführen als eine permanente An- Judenfeindschaft? Perspektiven für den Dritter ist er der Zerstörer, der Zerset- der binären Ordnung. Beim Geschlech- im Sinne von „Deutsch-Türken“, als Das Judenbild ist so konstruiert, dass es forderung an Selbstrefl exion. pädagogischen Umgang mit dem globali- nicht nur dem Selbstbild widerstreitet, zer, der Parasit, der große Antagonist für terdualismus ist es klar: Da hat man ein Selbstbeschreibung vorgenommen. Bis- sierten Antisemitismus. Hg. im Auftrag sondern auch den anderen Fremden. alle, der sozusagen jede Form von Nor- fest gefügtes Dual, und dann gibt es die lang sehe ich nicht, dass dies von Aus- Kößler: Unsere Frage dabei ist, wel- des Fritz Bauer Instituts von Bernd „Der Jude“ ist der Feind aller Völker. malität und Identität bestreitet. Dritten dazu. Das sind manchmal die se- länderfeinden ernstlich so beschrieben che Rolle in dieser Perspektive der Ho- Fechler, Gottfried Kößler, Astrid Mes- Messerschmidt: Wenn ich diese Über- xuell Anderen, die als Dritte konstruiert wird. Und das wäre ein entscheidender locaust spielt. Wenn ich also ein Unter- serschmidt und Barbara Schäuble. Jahr- Die Figur des „Dritten“ meint, dass legung von der Figur des „Dritten“ auf werden, es sind aber vor allem pejora- Unterschied. Man muss ja streng un- richtsgeschehen habe, das sich um das buch zur Geschichte und Wirkung des die Grundunterscheidung im Antisemi- die Auseinandersetzung mit Einwande- tiv „Flintenweiber“, „Muttersöhnchen“ terscheiden zwischen einem Fremdbild Th ema „Deutscher Kolonialismus“ dreht, Holocaust 2006, Band 10. Campus tismus nicht die zwischen „Wir als Volk“ rung beziehe, könnte ich ja darauf kom- oder auch Transvestiten etc. Man kann und einem Selbstbild, das sich jemand spielt dabei die Erinnerung an die NS- Verlag, Frankfurt am Main/New York, und „den anderen als Volk“ ist, sondern men zu fragen: Ist es nicht so, dass die ganz viele vermeintlich Geschlechtslose selbst macht. Ich wüsste keinen einzigen Geschichte und damit ja auch immer 2005, 378 S., € 29,90, ISBN 3-593- durch eine Repräsentation erfolgt, bei Figur des „Dritten“ heute ganz vielfältig in diese Position platzieren. Beleg, dass meinetwegen die NPD die der Antisemitismus eine Rolle? Oder der „der Jude“ gerade nicht als anderes besetzt wird, dadurch dass es eben 38183-4 nicht umgekehrt: Wenn die NS-Geschichte

8 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fotos S. 8, 10, 11, 12 und 14: © Gottfried Kößler; Foto S. 13: © Werner Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 9 IIMM GGESPRÄCHESPRÄCH IIMM GESPRÄCHGESPRÄCH

thematisiert wird, spielt dann der Ko- wird es natürlich sehr schwierig mit der kann – von dem, der es hat, zu dem, Holz: Das ist mehr als ein sinnvoller lonialismus eigentlich eine Rolle, der Diskussion, da läuft man auf, aus dem der es noch nicht hat. Der Respekt da- Zugang. Zwei Argumente sind für mich das einfärbt? Das ist die off ene Frage, Grund, den Sie ja angedeutet haben. vor, dass der Andere um ein Selbstbild sofort evident: Das eine hatten wir ge- die sich aus dem Beitrag von Astrid Da handelt es sich um eine im eigenen kämpft und nicht um die Frage eines rade, das ist die eigene Involviertheit in Messerschmidt im Jahrbuch ergibt. Psychohaushalt verankerte Form von mathematischen Problems, macht es den gegenwärtigen historischen Kon- Holz: Es gibt Kausalzusammen- Welt- und Selbstdeutung, die mit bloß erforderlich, eine andere Gesprächssi- text, in dem wir leben, die vermittelt ist hänge. Auch zwischen der Kolonialge- pädagogischen oder argumentativen tuation herzustellen. Ich meine, wenn über die eigene Stellung in der Fami- schichte – und zwar nicht nur der deut- Mitteln gar nicht mehr in Frage gestellt man das nicht berücksichtigt, hat man lie und die Generationenstellung. Das schen, sondern auch der europäischen werden kann. Das ist natürlich anders eigentlich keine Chance. Umgekehrt gilt für jede Frage, das ist ganz klar. Es Kolonialgeschichte – und dem Antise- bei off eneren Formen, bei fragmenta- würde ich nicht sagen, wenn man es be- wäre eine falsche Abstraktion, wenn wir mitismus. Da gibt es natürlich eine Ras- rischen Formen, bei Leuten, die noch rücksichtigt, klappt es auch gleich. Gesellschaft als etwas denken würden, senideologie, weit zurückgehend auf die auf der Suche sind. Lehrerinnen und Kößler: Aber das heißt in der Kon- worin die Abfolge der Generationen Zeit um 1600 und in die koloniale Pra- Lehrer haben es ja in den meisten Fäl- sequenz, dass die Pädagogen zunächst eben nicht die Abfolge der Handelnden xis des 19. und 20. Jahrhunderts. Man len mit Jugendlichen zu tun, die noch ihren eigenen Stand im Blick auf anti- ist. Nach Marx handelt jede Generation kann ohne Übertreibung sagen, die nicht so festgefügt sind. Dort glaube semitische Versatzstücke in ihrer Welt- unter dem Alp und der Vorgeschichte koloniale Phase bringt die Erfahrung ich, dass tatsächlich Hinweise auf argu- sicht refl ektieren müssten. Zum Beispiel ihrer Vorgängergeneration. Das ist un- der Bekämpfung und Unterdrückung mentative Probleme und Widersprüche auch in ihren eigenen Bildern und ihrem vermeidlich. Und in unserem Fall be- der Anderen in barbarischen Formen, Zugänge eröff nen. Und ich glaube, ein eigenen Diskurs über die Gesellschaft. deutet das, die Nachfolgegeneration der eine Hintergrunderfahrung für eine weiterer Zugang ist das Argument der Holz: Ja, und wir müssten eigentlich Täter und Mitläufer zu sein. Dass das Art von Biopolitik – dass es nämlich Selbstrefl exion, das macht der Artikel – das ist eine ganz schwer zu realisierende heute junge Leute in eine schwierige auch so geht, indem man die Anderen von Bernd Fechler am deutlichsten. Forderung – vielmehr darauf drängen, Situation bringt, leuchtet mir eigent- Dass nämlich ein pädagogischer Zugang nicht vom Himmel gefallen, sondern lich wieder sehr ein, weil doch – wenn umbringt. Enzo Traverso hat in seinem dass mindestens alle die Fächer, die an reits viel anerkannter. An diesen Bildern nur dann funktionieren kann, wenn hat seine eigenen Traditionslinien, die man es als Generation versteht – die wunderschönen Büchlein einige die- der Universität Lehrerinnen und Lehrer muss man dann im Zuge der Pubertät 2 der Pädagoge selbst selbstrefl exiv agiert, man in mäßigen Zügen kennen müsste, kulturelle Dominanz der Achtundsech- ser Wurzeln sehr präzise aufgezeigt. ausbilden, viel stärker auf der Wissens- und seines Erwachsenwerdens und dem Widersprüche zulässt und er sich dabei ebene zur Geschichte des Kolonialismus um nachher pädagogisch und auch jour- ziger-Generation, die heute zu Unrecht In der Kolonialerfahrung wurzelt die Rest des Lebens arbeiten. Wenn man greifbar und auch angreifbar macht. Er und des Antisemitismus ernstlich Kennt- nalistisch zu arbeiten. Und zudem ginge einseitig gescholten wird, lange anhielt, Konzeption, dass man praktisch „Her- Glück hat, hat man die Chance dazu. tritt also in einen fairen, off enen Dialog nisse vermitteln und dafür die Voraus- es um die Förderung von Selbstrefl exi- was der nachwachsenden Generation renmensch“ sein kann. Da gibt es dann Und das wiederum wäre eine Bildungs- ein, von „gleich zu gleich“, angesichts setzungen haben. Das gilt übrigens ge- on. Was wir aber im Moment erleben, wieder neue Probleme aufbürdet. auch Zusammenhänge zur Bereitschaft aufgabe – auch eine universitäre. für die industrielle Tötung von europä- so einer Problematik, denn es geht da nauso für Journalisten. Dies ist nicht auf ist eine permanente Reduktion von Bil- Kößler: Diese Chancen der Selbstre- Wenn die Vorgängergeneration sich ischen Menschen. eben nicht nur um Wissensvermitt- den Nationalsozialismus zu beschrän- dung auf Ausbildung. Und die Diff erenz fl exion zu vermitteln? sozusagen in der Pose der Kritiker und lung, die hierarchisch funktionieren ken. Der Nationalsozialismus ist eben von Bildung und Ausbildung ist genau Holz: Ja. Ein Ideallehrer oder eine Aufklärer stilisiert – mit Recht –, dann Pädagogischer Prozess die der Selbstrefl exion. Ideallehrerin wäre eine, die sozusagen ist es auf der Suche nach oppositioneller zwischen den Zeilen glaubhaft macht, Positionierung sehr naheliegend zu sagen: Messerschmidt: Aus pädagogischer Selbstrefl exion und Bildung dass man glücklicher wird im Leben, „Ihr bombardiert uns immer mit dem Perspektive interessiert uns, dass im wenn man sich dem stellt. Dass Bil- Gleichen. Wir wollen das nicht mehr hö- Zusammenhang mit dem Umgang mit Kößler: Das heißt, es geht nicht al- dung in diesem Sinne die Eröff nung ren.“ Das ist von der Struktur her etwas Kolonialismus, aber auch mit dem Ho- lein um die Kenntnis des Phänomens von Lebenschancen bedeutet, von Ähnliches wie bei der Vorgängergenera- locaust, immer Selbst- und Weltbilder und Wissen über Geschichte, sondern reicherem Leben. Das ist eine Über- tion, die sagte: „Ihr immer mit eurem verhandelt werden. Und diese spielen es geht um den Horizont, der notwen- forderung, man kann das von keinem Geld und eurem Wirtschaftswunder.“ in ganz vielfältigen Diskursen – eben dig ist, um das zu kontextualisieren? Lehrer verlangen. Das ist unfair, aber Also praktisch den Erfolg der Mütter- auch in pädagogischen Kontexten – Holz: Ja. Und das ist je nach Gene- es wäre der Traum. und Vätergeneration in Zweifel zu zie- eine ganz große Rolle. Wir fragen uns: ration – in meinem Fall war mein Va- hen. Das ist im Einzelfall wahrscheinlich Wie können pädagogisch Handelnde ter noch Soldat im Zweiten Weltkrieg Generationen? nicht mehr als ein pubertärer Konfl ikt und hat mit Antisemitismus insoweit damit umgehen, dass es hier eben nicht – unterschiedlich. Jeder von uns hat di- einfach nichts zu tun. Aber das müsste nur um kognitive Wissensbestände rekte biographische Bezüge – sei es über Messerschmidt: Sie haben jetzt eben ein Pädagoge oder eine Pädagogin dann geht, sondern dass da Selbstbilder ver- Vertreibung oder Erfahrungen des Va- schon das Stichwort der Generationen ge- ters oder der Mutter im Krieg oder eben nannt, was in einem Zusammenhang von wenn möglich durchschauen, um nicht handelt werden und eben auch Welt- falsch zu reagieren. Es kann aber auch bilder, die emotional mit Identitäten der Großeltern und dergleichen mehr. biographischer Refl exion auftaucht – wie Bei Seminaren ist immer wieder erleb- bin ich eigentlich geprägt, durch welche anders sein – das kann der Anfang einer aufgeladen sind? Entwicklung sein – man darf das nicht Holz: Mir hat eingeleuchtet, dass in bar, was im Verlauf von mehreren Ta- zeitgeschichtlichen Erfahrungen, durch gen passiert, wenn Leute sich zu öff nen welche Th emen, die mich interessiert unterschätzen. Es gälte natürlich sehr ge- den Artikeln von Bernd Fechler, Albert nau hinzusehen, damit man die Motive Scherr und Barbara Schäuble Diff eren- beginnen, wenn es darüber hinausgeht, haben? Es ist für unsere pädagogischen dass Wissen vermittelt wird. Das erfolgt Überlegungen ein wichtiger Punkt, zu unterscheiden kann und entsprechend zierungen aufgemacht werden. Grob unterschiedlich darauf reagiert. zusammengefasst in meinen Worten: oft natürlich über den Weg der Betrof- fragen, welche Rolle Generationeniden- Es gibt so einen harten Fall, etwa ty- fenheit. Dieses Th ema braucht auch titäten im Umgang mit Antisemitismus pisch rechtsradikal Überzeugte, da eine Emphase, weil ohne Emphase eine spielen. Spielt es eine Rolle, dass wir jetzt Sichtbar machen, Selbstaufklärung schwerlich zu denken schon mit der dritten und vierten Ge- dass die Welt komplizierter ist ist. Man muss davon ausgehen, dass wir neration nach 1945 konfrontiert sind? Sollte man Antisemitismus überhaupt so 2 Enzo Traverso: Moderne und Gewalt. alle so etwas auf die eine oder andere Messerschmidt: Eine der Interpre- generationenspezifi sch thematisieren? Ist Eine europäische Genealogie des Naziter- Art mit uns schleppen. Genauso ist es tationsfi guren, die bei uns auftaucht, bei Geschlechterbildern – da ist das be- das ein sinnvoller Zugang? rors. Köln 2003. ist, antisemitische Äußerungen als Aus-

10 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 11 IIMM GGESPRÄCHESPRÄCH IIMM GESPRÄCHGESPRÄCH

druck einer Politisierung im negativen Sinn aufzufassen. Das ist ein Zugang, Problem der Motivation, sondern man Israel. Und wenn dann auch jemand die Ausstrahlung der Serie Holocaust. der nicht sagt: „Stopp, ihr dürft das hätte das Problem der Argumentation. diff erenzieren lernen muss, der – wie Wenn man da die Erinnerungsweisen nicht“, sondern der eher sagt: „Hier Es ist ja ganz typisch – das sieht man ich das hier im Studienwerk manchmal noch einmal nachvollzieht, dann kann könnte ich anknüpfen.“ Leuchtet Ih- auch, wenn man sich die Interview- erlebt habe – geprägt ist von dem Be- man an der Stelle eine Zäsur machen. nen das ein? Es ist doch eine sehr ge- ausschnitte im Beitrag von Scherr und such in den Gedenkstätten von Dachau Es ist also auch hier ersichtlich, dass das wagte Th ese, zu sagen, eine antisemi- Schäuble in Ihrem Jahrbuch (siehe: Neu- oder Auschwitz und zunächst überhaupt mit Generationen, Zeit und bestimm- tische Äußerung sei Ausdruck einer erscheinungen, S. 38) anschaut –, dass da nichts zulassen will, was die Juden aus ten Weisen des Erinnerns zu tun hat Politisierung. massive Verkürzungen drinstecken, etwa der reinen Opferrolle bringt. Auch diese und sich dann eben dieses Bild sehr fest Holz: Der Antisemitismus ist unter bei der Beurteilung der israelischen Po- Person muss lernen, dass man kein An- fügt. Dagegen haben sich viele Juden anderem eine politische Weltanschau- litik, etwa gegenüber dem Libanon. Das tisemit ist, weil man die israelische Mili- selbst gewehrt, nur die Opferidentität ung, insofern ist der Antisemit ein poli- gilt für Jugendliche wie für Erwachsene tärbesatzung kritisiert, wenn man das se- annehmen zu müssen. Das müsste einen tischer Mensch, wenn man den Begriff auch. Es sind da massive Verkürzungen riös tut. Solche Diskussionsprozesse sind psychologisch ja eigentlich paralysieren. nicht normativ nimmt. Ich nehme es enthalten, und dieses einfache und ma- gar nicht hoch genug einzuschätzen, sie Juden haben natürlich für sich immer zur Kenntnis, wenn Lehrerinnen und nichäische Schema von Gut und Böse sind auch exemplarisch für andere Fälle. wieder reklamiert, eben nicht nur Op- Lehrer das so beschreiben, das können funktioniert natürlich nicht, wenn man Es geht hier darum, sichtbar zu machen, fer des Holocaust oder der Verfolgung, die besser beurteilen und einschätzen sich zum Beispiel ansieht, wie der Li- dass die Welt komplizierter ist und dass sondern eben auch Menschen zu sein, als ich, wie das in ihrer Klasse zugeht. banon seit Jahrzehnten mit seinen pa- man mit solchen Dichotomien praktisch die selbst aktiv sind und etwas tun. Das Es geht im pädagogischen Sinn darum, lästinensischen Flüchtlingen umgeht. immer Unrecht hat. ist Esvöllig wird plausibel allerdings – selbstverständlich.in der letzten Zeit zunächst einmal wertzuschätzen, dass da Dann sieht der Libanon nämlich relativ Opfer und Täter oft einseitig in einer Richtung argu- etwas geschieht, und nicht gleich zu sa- schlecht aus. Oder auch – um ein an- mentiert, den Antisemitismus als eine gen, dass es falsch ist. Mir ist eine Gene- deres Beispiel zu nehmen – das „böse“ Messerschmidt: In diesen Dichoto- Konstante der jüdischen Geschichte ration, die Fehler macht, lieber als eine, Syrien, das als einziges arabisches Land mien gibt es eine spezifi sche Figur, die eher zu marginalisieren und immer seinen palästinensischen Flüchtlingen in die in Desinteresse erstickt und die es immer auftaucht, wenn es um das Th e- Auschwitz zeigt und festmacht. Er ist wiederum auch von Opfern des deut- ganz stark auf die jüdische Geschichte der Lebenspraxis in nahezu jeder Hin- gar nicht erst versucht. Das sind natür- ma Holocaust geht. Sie haben es schon auch der Schlüssel zu den sehr elabo- schen Nationalsozialismus durchgeführt als eine von den Juden aktiv gemachte sicht wirkliche Gleichstellung garantiert. lich Überzeichnungen, das ist klar, aber angesprochen: die Figur des Opfers und rierten, ideologisch-weltanschaulich wurde. Das müsste man wieder diff e- und gestaltete Geschichte abzuheben. Wenn man das alles wahrnimmt, dann es scheint mir richtiger zu sein, wenn die die des Täters. Sie sagen ja auch in ih- ausgearbeiteten Formen. Das ist sozusa- renziert darstellen. Ich vermute, dass Diese Gegenhaltung scheint mir auch sieht man sofort: Die Sache ist viel kom- Schule ein Ort ist, wo die Jugendlichen ren Veröff entlichungen, dass diese Ver- gen der erste große Schritt hinein in die kaum ein Lehrer Ahnung hat, welche eine Übertreibung zu sein. Zumindest plizierter. Da gibt es nicht einfach das das Gefühl haben, sie können ihre Sa- drehung von Opfern und Tätern eines antisemitische Weltanschauung. Der Mitschuld die arabischen Staaten und die europäische Geschichte der Juden böse Israel und die guten Araber. Die chen vortragen. Dann ist die Schule der Hauptmotive des sekundären Anti- Grund ist ganz off ensichtlich, es geht auch die palästinensischen Organisati- wird man unmöglich verstehen, wenn Sache ist im Einzelnen viel verzwickter. sicherlich nicht ganz auf dem falschen semitismus ist. Ich habe den Eindruck, um das Selbstbild. Die „Wir“-Gruppe onen daran hatten, dass die israelische man nicht systematisch auch den Anti- Man müsste allmählich versuchen, ei- Weg, denn sonst tragen sie es doch auf Pädagogik stößt an eine Grenze, wenn als Täter ist ja das Problem. Wer sich Staatsgründung für sie so katastrophal semitismus mit im Blick hat. Und ich nen Teil der Schüler zu diff erenzierteren der Straße aus und lassen die Lehrer diese Umkehrung von Opfer- und Tä- positiv identifi zieren möchte – etwa als verlaufen ist. Wer weiß schon von der nehme in der Judaistik eine Tendenz Argumentationen zu führen. Ideal ist es von vorneherein raus, weil die Schule terpositionen so massiv vertreten und an Deutscher oder als Deutsche –, muss Politik der palästinensischen National- wahr, die zur Marginalisierung des An- dafür, wenn das im weitesten Wortsinn nicht als Raum wahrgenommen wird, dieser Dichotomie festgehalten wird. sein Kollektiv irgendwie aus der Täter- bewegung um 1940, wer weiß schon tisemitismus neigt, und zwar immer legitime Spektrum an Meinungen als wo man sich auseinandersetzen darf. Holz: Ich glaube, das ist der zen- position herausbringen, sonst gelingt die von den direkten Einfl ussnahmen Nazi- mit dem Argument, die Juden nicht Material vorhanden ist. Wenn es also Also das sind zunächst positive Aspekte, trale Mechanismus, die zentrale Figur, positive Identifi kation nicht. Da gibt es nur als Opfer sehen zu wollen. nicht nur Verkürzungen gegen Israel deutschlands darauf? Wer weiß schon, auch wenn es natürlich – das muss man an der sich der Antisemitismus nach diverse Möglichkeiten, wie man das gibt, sondern auch Verkürzungen für dass im Ägypten der 1950er Jahre we- Kößler: In den Lehrplänen und deutlich sagen – höchst unerfreulich ist, machen kann. Auch da muss man die sentlich Nazis die Ideologie gestrickt den Lehrmitteln in Deutschland gibt wenn ganze Schulklassen sich in einer Komplexität anerkennen und deutlich haben? Auch diese Zusammenhänge es tatsächlich eine Festschreibung von harten Israelfeindschaft verbünden. Da machen, dass hier wieder zu diff eren- müsste man Schülern sichtbar machen Juden als Opfer. Da wird eigentlich möchte ich nicht Lehrer sein. zieren ist. Es ist natürlich richtig, dass als Argumente. Dabei wird man nie- kaum eine Gegenbewegung erkennbar. Kößler: Das heißt, es kommt auf den nicht nur die Juden Opfer sind. Aber mals jeden überzeugen, schon gar keine Beispielsweise Juden im Kontext der Kontext an, in dem eine antisemitische man muss deutlich machen, was damit Hardcore-Fundamentalisten, aber das Aufklärung oder der Emanzipationsbe- Äußerung fällt. Wenn es eine Schul- gemeint ist, warum das geäußert wird ist doch vielleicht die kleinste Gruppe. wegungen zu thematisieren fällt kaum klasse ist, die eine geschlossene Positi- und in welchem Zusammenhang es zu- Kößler: In unserem Buch fi nden sich jemandem ein. Dadurch entstehen für on hat, ist es eine andere Situation, als triff t und in welchem nicht. Man muss Beispiele, die den Schwerpunkt Nah- antisemitische Stereotype viele An- wenn es eine durchschnittliche Gruppe die Jugendlichen damit konfrontieren, ostkonfl ikt thematisieren und Grund- knüpfungspunkte. ist, in der so eine Position vorkommt, was ein Todesmarsch war oder was lagenkenntnisse vermitteln sollen. Das Holz: Ich halte es für eine richtige wo man aber damit rechnen kann, dass Auschwitz war, um sichtbar zu machen, halte ich auch für ganz zentral. Aber es Forderung, auch wenn ich mich gerade es auch eine andere Position dazu gibt dass das nicht einfach nur eine Redewei- gibt in dieser Täter-Opfer-Dichotomie kritisch geäußert habe, die jüdische Ge- in diesem Raum. Aber wo kommt dann se ist, und so wiederum auch die Empa- noch einen anderen Aspekt, den ich aus schichte viel stärker in den Kontext der die Wertung her? Die Wertung der thie wecken für gelebtes Leiden. der Perspektive der Geschichtsvermitt- allgemeinen Geschichte zu stellen und Aussage ist pädagogisch ja eigentlich Es gibt so viele Opfer in dieser lung für genauso relevant halte. Das ist nicht als eine Spezialgeschichte zu ver- aus dem Prozess zu entwickeln, den die Geschichte, und das diff erenziert dar- das Stereotyp vom Juden als Opfer ge- mitteln. Das wiederum könnte für den Lehrkraft oder die Pädagogin dann ini- zustellen und nicht einfach gegenein- nerell. Auch das gilt es aufzulösen. Schulunterricht heißen, dass das Th ema tiiert, und sollte nicht vom Katheder ander auszuspielen ist anspruchsvoll. Holz: Grundsätzlich muss ich erst Juden nicht einfach nur im Zusammen- herunter festgesetzt werden. Das Kernproblem in einer Schulklasse mal sagen, dass dieses Bild von dem hang mit dem NS vorkommt, sondern es Holz: Ja, ich glaube, das würde so könnte heute vielleicht sein: die Paläs- Juden als Opfer wesentlich erst ab den kommt in der Literatur vor, beispielswei- eine Schulklasse auch gar nicht ohne tinenser eben auch als Opfer der isra- späten 1970er Jahren etabliert wird in se weil Schriftstellerinnen oder Schrift- weiteres zulassen. Man hätte nicht das elischen Staatsgründung zu sehen, die der westlichen Welt. Schlüsselereignis ist steller jüdischer Abstammung respektive

12 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 13 IIMM GGESPRÄCHESPRÄCH IIMM GESPRÄCHGESPRÄCH

jüdischer Religion sind. Das kommt vor, wirklich dekonstruiert, indem man Er- lässt. Was Sie gerade sagten, sind alles Form der Kommunikation, die als kul- wenn es um irgendwas in der Mathe- fahrungen in der Diskussion mit Juden Möglichkeiten, die in diese Richtung Was inzwischen in der bürgerlichen turelle Ressource existiert. Ich vermute, 200 JAHRE DEUTSCH- matik oder der Physik geht. All solche macht, die unterschiedliche Positionen weisen. Also meine ich, das wäre die Mitte thematisiert wird, war früher mal dass die Antwort auf Ihre Frage im Kern JÜDISCHE GESCHICHTE Dinge könnte man sich vorstellen. Oder haben, die sich meinetwegen sogar ex- richtige Richtung – dann muss man ein Spezialgebiet für linke Antizionis- nur sehr abstrakt gegeben werden kann. etwa im kirchlichen Raum, wenn jeder plizit distanzieren von der israelischen sehen, wo man in der Praxis landet. Die ten, „Palästinasolidaritätsgruppen“ und Warum kann man nur binär denken? Pfarrer jedes zehnte Mal bei der Predigt Politik und vielleicht sagen: „Ich will gar Besonderheit an Ihrem Band ist, dass dergleichen. Insofern fi ndet eine Verän- Warum ist das so bedeutsam, und wie sagt: „der Jude Jesus Christus“, was the- kein Staatsbürger sein, auch wenn die er in den unterschiedlichen Facetten derung statt, die nicht einfach nur eine funktionieren die Identifi kationspro- ologisch und historisch völlig korrekt ist, das wollen.“ Dass es solche Positionen Fragen nach sinnvollen Zugängen und quantitative ist, sondern auch eine qua- zesse? Dass Personen etwa manichäisch dann macht er seine Gemeinde immer gibt, ist eine Erfahrung, die Stereo- Konzepten aufwirft und durchgängig litative, denn damit gewinnt der Anti- argumentieren, also in strikten Dicho- wieder auf etwas aufmerksam. Diese Art type verunsichert. – schon in der Fragestellung – das Re- semitismus im bürgerlichen und demo- tomien agieren. Wenn man das anwen- von normaler Vergegenwärtigung jü- Holz: Das wäre dann so eine Ge- fl exionsniveau markiert und durchhält. kratischen Bereich ein Stück von seiner discher Geschichte in der deutschen und weltanschaulichen Qualität zurück, die det, zum Beispiel auf den Palästinakon- sprächsrunde etwa mit einem deut- Ich habe das Buch mit wirklichem Ge- fl ikt, muss man scheitern, weil der mit europäischen Geschichte wäre vielleicht schen Juden, der vielleicht sagt, war- winn gelesen. er nach Auschwitz in der bürgerlichen auch ein Mittel, um die Fixierung auf Mitte weitgehend verloren hatte. dichotomen Mustern nicht zu deuten um er viel lieber in Deutschland leben Kößler: Ist in dieser Logik dann Is- ist – also mit Gut und Böse. Wenn man Opfer und auf den NS so aufzubrechen, möchte, aber warum er gleichzeitig eine „Demokratischer Antisemitismus“ rael „der Dritte“? dass es nicht einer Relativierung der Be- Israel auf die Seite des Bösen setzt, oder Grundsolidarität zu Israel hat und eine Holz: Ich glaube, das ist genau der deutsamkeit des NS gleichkommt. umgekehrt, wenn man die Palästinen- Grundversicherung für sich selbst darin Messerschmidt: Sie sprechen in Ihren Punkt. Und neu ist das keinesfalls. ser auf die Seite der bösen Terroristen sieht. Ich glaube, wenn das jemand in Arbeiten vom „demokratischen Antise- Schon bei Paul de Lagarde ist das zu setzt, wird man keinem gerecht. Zu ent- fi nden und geht weiter über Rosenberg Jüdische Gegenwart der Ich-Person ausspricht, woher dieses mitismus“. Wie sieht es damit gegen- wickeln wäre ein Projekt der kulturellen und Hitler. Die haben in ihren anti- Bedürfnis kommt, was ja nun auch völ- wärtig aus? Selbstrefl exion über abendländisches semitischen Schriften schon alle über Messerschmidt: Positive Erfah- Denken. Adorno hat völlig zu Recht den Zionismus geschrieben und sagen rungen habe ich damit gemacht, mehr geschrieben: Eine Th eorie des Antise- »Dieses Buch zeigt einmal mehr, wie immer alle dasselbe, weil sie den Juden bedeutsam der Beitrag der kleinen jüdi- Wert zu legen auf die Frage nach jü- mitismus zu entwickeln ginge nur über als „Dritten“ denken. Wenn die Juden schen Minderheit zu den Leistungen des discher Gegenwart. Also wahrzuneh- eine Th eorie der Moderne. Er hat völlig men, es hört nicht einfach auf mit 1945, „Dritte“ sind, können sie nie und nim- deutschen Bürgertums vor den Verheerun- mer ein normales Volk sein, also auch recht mit der Feststellung, dass der An- gen der Nazibarbarei war ... Strassmann sondern es gibt heute eine Präsenz von erzählt diese Familiengeschichte ohne keinen Nationalstaat gründen. Nach der tisemitismus nicht als Partialphänomen Juden in diesem Land, es gibt junge erklärbar ist. Pathos, aber mit viel Wärme.« Der Tages- Juden in diesem Land, denen man in Logik des Antisemitismus kann es kein Kößler: Wenn man das so abstrakt spiegel 2006 · 408 Seiten · € 24,90 Frankfurt und anderen Städten begeg- Israel als jüdischen Nationalstaat geben, anschaut, könnte die Figur des „Drit- nen kann. Nach meiner Erfahrung ist und das haben die Antisemiten gewusst, ten“ jeweils anders besetzt sein. Sie bevor es einen Staat Israel gab. In antise- das für viele Studierende sehr neu und erklärt dann nicht nur Antisemitis- ALTE MUSTER, mitischen Texten unterschiedlicher Cou- eröff net ihnen einen anderen Zugang, mus, sondern ist die Beschreibung NEUE VARIANTEN leur wird immer bestritten, dass Israel den sie bisher gar nicht hatten. eines Phänomens, das problematisch ein Nationalstaat ist. Man schreibt Israel

Holz: Gerade für Schüler kann ich in Anführungszeichen oder betrachtet es werden kann in unterschiedlichen Be- mir sehr gut vorstellen, dass man vieles als imperialistisches Bollwerk der USA. ziehungen. Würde sich dann die For- in diesem Bereich macht, beispielsweise Das gibt es jetzt in der demokratischen schung zu Antisemitismus von dem Synagogen- und Gemeindebesuche. Ich Öff entlichkeit und lässt sich verknüp- Phänomen selber ein Stück weit lösen? würde das allerdings verallgemeinert fen mit dem nach wie vor wirksamen Holz: Ja, sie müsste solchen Grund- nicht zu hoch einschätzen. Es könnte Täter-Opfer-Umkehr-Diskurs. Dadurch lagen nachgehen, und man müsste aus- sonst so den Touch bekommen, die Ju- gewinnt der Antisemitismus tatsächlich gehend von dem Problem Antisemitis- den in Deutschland seien hauptsächlich etwas, was er im Großen und Ganzen in mus Arbeit investieren in die Analyse dazu da, uns pädagogische Erfahrungen der demokratischen Öff entlichkeit nach dieser allgemeinen oder abstrakten Fi- zu ermöglichen. Ich denke, man muss 1945 verloren hatte. guren. Nur ein Beispiel: In der eher psy- da eine sensible Grenze wahren. Gerade lig nachvollziehbar ist, wird – so kann Holz: Nach allem, was man sehen Messerschmidt: In der Kapitalismus- choanalytisch orientierten Th eorie des bei Jugendlichen. Ich sehe zum Beispiel ich mir vorstellen – das Schüler mehr kann, gibt es einen wachsenden Antise- kritik tauchen immer wieder Argumenta- Antisemitismus hat die Behauptung der mit sehr viel Skepsis die Begeisterung beeindrucken, als wenn es die Lehrerin mitismus innerhalb der demokratischen tionsfi guren und rhetorische Figuren auf, emotionalen Ambivalenz im Psycho- für Klezmer-Musik. Also erst mal fi nde referiert. Mitte der Gesellschaft. Dieser hat sich die antisemitische Fragmente aufgreifen, haushalt eine ganz große Bedeutung. ich die Musik selbst nicht attraktiv, aber Kößler: Auch dazu gibt es ein stark verändert durch die Verknüpfung ohne dass sie das gezielt beabsichtigen. Was ist eine Ambivalenz? Das ist eine das ist meine Privatsache. Gleichzeitig Praxisbeispiel in unserem Buch von des Täter-Opfer-Umkehr-Diskurses Also nicht unbedingt programmatischer Dichotomie, die nicht funktioniert, habe ich auch den Eindruck, dass da mit der Einschätzung der Nahostpo- Antizionismus oder Antisemitismus, eine Zweiwertigkeit, die sich nicht ein- jüdischen Studenten, die ihre Erfah- Das Jahrbuch 2006 zur Geschichte und Wir- viel Philosemitismus im Spiel ist. Den rungen in deutschen Schulklassen be- litik und der Verurteilung Israels. Das sondern eine Form von Kapitalismus- deutig machen lässt. Da wäre ein großes sehe ich sehr skeptisch, weil er eben nur kung des Holocaust zeigt Perspektiven für schreiben, wobei sie feststellen, dass es war vorher eine Spezialität von ganz kritik, die versucht, Verursacher für das Forschungsfeld, wo man mit einer Th e- den pädagogischen Umgang mit globali- eine inhaltliche Umkehrung ist und im Endeff ekt nicht die Faktenvermitt- bestimmten politischen Strömungen, Übel der Welt festzumachen. orie des Antisemitismus vorankommen siertem Antisemitismus auf. keine wirkliche Aufarbeitung der Kon- lung ist, sondern die Begegnung, die aber in der „Mitte“ nicht opportun. Die könnte, die nicht den Bezug auf ihr 2006 · 377 Seiten · € 29,90 strukte. Ich bin da sehr vorsichtig, um das Gespräch wirklich relevant macht. Opfer von damals sollen als die Täter Holz: Wo kommen diese kultu- Material verliert und auch nicht die Bo- nicht dem Philosemitismus oder Kul- Holz: Wir kommen immer wie- von heute erscheinen, damit man sich rellen, frei schwebenden Bilder her, denhaftung in pädagogischen Fragen. turalismus aufzusitzen. der auf die zwei Grundfragen zurück: selbst als „normal“ darstellen kann. warum sieht der Kapitalist so aus? Wie Weil das genau die Prozesse sind, die Kößler: Ich denke, es geht dabei Das sind die Frage der Selbstrefl exion Um sich als normal zeigen zu können, in mehreren Beiträgen Ihres Buches Jugendliche durchlaufen im Entwer- auch um den Aspekt des Antisemitis- und die nach einer Pädagogik, die zu muss man genau das thematisieren und deutlich wird, ist Antisemitismus nicht fen eines Erwachsenenselbstbildes, in www.campus.de mus, der sich auf Israel bezieht, dass dieser Selbstrefl exion ermutigt und sie irgendwie vom Tisch bekommen, was die Eigenschaft einer antisemitischen der Übernahme eines nationalistischen man diese Gleichsetzung Israel = Juden zu einer Art Lebenshaltung werden nicht normal ist, nämlich Auschwitz. Persönlichkeit, sondern vielmehr eine und antisemitischen Weltbildes.

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EESSAYSSAY

E ESSAY

S Gezeitenwechsel mit anderem individuellen Leid nicht die deutsche Geschichte wohl verlau- S aufgerechnet werden darf, steht dabei fen, wenn nach 1933 in Deutschland ten deutschen Geschichte zu Kristalli- A Nach 60 Jahren: Erkaltet in Zukunft die Erinnerung an das im Vordergrund: Die wachsende Her- die Menschen in ihrer Mehrheit sich sationspunkten der Erinnerung werden sollen. Er wollte dabei „unendlich viele, Y nationalsozialistische Menschheitsverbrechen und dessen Folgen? vorhebung der Opferrolle der Deut- einfühlsam an die Stelle ihrer jüdischen schen im Zweiten Weltkrieg zeugt Nachbarn, an die Stelle der jüdischen vom Inhalt, vom Anlass her ganz unter- vom wachsenden Wunsch nach Täter- Deutschen hätten versetzen können? schiedliche Orte in Deutschland haben, von Salomon Korn Opfer-Umkehr. Gegen Schilderungen Wenn sie in ihnen das menschliche an denen man unmittelbar mit der Not- der Leiden der deutschen Bevölkerung Antlitz und nicht die Fratze national- wendigkeit konfrontiert wird, sich an die ie zuvor, so scheint es im Rück- Traumata zukünftig nicht mehr selbst der bloßen Kenntnis individueller während des Zweiten Weltkrieges sozialistischer Propaganda wahrge- Judenvernichtung, die Vernichtung der blick, wurden Gedenktage so bezeugen können. Diesen Prozess der Schicksale, die vor allem Ausmaß und wäre – wie gegen Schilderungen jeden nommen hätten? Wären sie auch dann Sinti und Roma, an den Kriegsanfang, intensiv begangen wie 2005, Historisierung von Erinnerung mag Tiefe menschlichen Schmerzes und menschlichen Leidens – nichts einzu- gleichgültig, teilnahmslos, gefühllos ge- an Kriegsverbrechen zu erinnern“. Weil N es im nationalsozialistischen Deutsch- nie zuvor wurde der öff entlichen Erin- man bedauern – er lässt sich weder ver- menschlicher Erniedrigung zu vermit- wenden, im Gegenteil: Weil „nur der blieben, als diese Menschen – spätestens nerung an die Schrecken des national- hindern noch aufhalten. teln vermögen, folgt nicht zwangsläufi g verwandte Schmerz uns die Träne ent- in der „Reichskristallnacht“ – öff entlich land Tausende Lager, Gefängnisse und sozialistischen Menschheitsverbrechens Die Erinnerung von Überlebenden das Wissen um deren Ursache. Die Ad- lockt“ (Heinrich Heine), sind sie not- gedemütigt, geschlagen und ausgeplün- psychiatrische Anstalten gab, lässt sich, so viel Bedeutung beigemessen wie in an einschneidende oder traumatisieren- dition von Biographien, gleich welchen wendige Voraussetzung, um Einfüh- dert wurden? Schwer vorstellbar. Da- gleichgültig, wo der eigene Wohnsitz diesem Jahr. Ob bei den Gedenkfei- de Ereignisse im Kontext der jüngsten Inhalts, ergibt noch keine Geschichte, lung in fremdes Leiden erst zu ermög- her muss in vielen von ihnen erkaltet sich befi nden mag, Roman Herzogs ern zur 60. Wiederkehr der Befreiung Geschichte ist nicht gleichzusetzen mit ebenso wenig wie die bloße Addition lichen. Wenn sie aber, wie seit Jahren gewesen sein, was die Grundlagen zi- WunschIn Frankfurt leicht erfüllen.am Main beispielswei- des Vernichtungslagers Auschwitz im Geschichte selbst. Zeitzeugen bekun- der Schilderungen von Zeitzeugen, was zu beobachten, ausschließlich auf das vilisierten Zusammenlebens bestimmt: se befanden sich eine Außenstelle des Deutschen Bundestag, in Krakau oder den aus Erfahrung am eigenen Leib in- immer sie auch erlitten haben, schon KZ Natzweiler in den Adlerwerken, an den Orten des Verbrechens selbst, dividuelle Schicksale auf oft anrührende zu Geschichte wird. Historische Zu- ein Arbeitslager der Staatspolizei in Weise und halten damit den gefühls- Heddernheim, eines in Bonames sowie ob bei den Feierlichkeiten zur 60. Wie- sammenhänge lassen sich nur durch Dr. phil. Salomon Korn, geboren mäßigen Anteil ihrer subjektiven Erin- zahlreiche Gefängnisse der Geheimen derkehr der Befreiung der Konzentrati- Wissen, durch Aneignung von Daten 1943 in Lublin (Polen), ist Archi- nerung wach. Dieser ist gewissermaßen Staatspolizei innerhalb des Stadtge- onslager auf deutschem Boden, ob bei und Fakten erkennen. So wichtig au- tekt u. a. des Jüdischen Gemein- Antrieb und Impuls, die ihnen und an- bietes. In der Umgebung von Frank- den Gedenkfeiern aus Anlass der 60. thentische Erinnerung ist und bleibt, dezentrums in Frankfurt am Main, deren zugefügten Gräuel nie zu verges- furt waren Dutzende von Arbeitslagern Wiederkehr des Kriegsendes oder der sie kann, wenn nicht durch Wissen Nachfolger von Ignatz Bubis als sen. Der Wunsch, solche Erinnerungen errichtet worden, in denen Menschen Eröff nung des Denkmals für die er- angereichert, den Blick aufs Ganze ver- Vorsitzender des Vorstands der möglichst lange an Gefühl, Einfüh- unter Ausbeutung ihrer Gesundheit mordeten Juden Europas am 10. Mai stellen und damit die Erkenntnis, in Jüdischen Gemeinde Frankfurt am lungsvermögen und Empathie zu bin- Zwangsarbeit verrichten mussten: in Berlin: Die Spitzen des Staates, die welchen historischen Bezügen das je- Main und Vizepräsident des Zen- den, ist mit der Vorstellung verknüpft, Heusenstamm, Mühlheim am Main, Vertreter ausländischer Staaten, die Re- weils individuelle Leid steht, erschwe- tralrats der Juden in Deutschland. sie könnten einen Wall der Emotionen Zeilsheim, Gelnhausen, Schlüchtern, präsentanten der Opferverbände waren ren, wenn nicht gar verhindern. Er ist Autor zahlreicher Bücher und gegen das Vergessen bilden. Wiesbaden-Schierstein, Griesheim Kr. so zahlreich vertreten wie nie zuvor. Das gilt insbesondere für jenen Teil Artikel, u. a.: Die fragile Grundlage. Darmstadt, Steinbach und Michelstadt Es scheint, als sollte noch einmal So nachvollziehbar solche Wünsche der Deutschen, die seit Jahren versu- Auf der Suche nach der deutsch- sind nur einige Beispiele aus der Fülle – zum vermutlich letzten Mal – in auch sind, der gefühlsmäßige Anteil chen, ihre Opfergeschichte nachzuho- jüdischen „Normalität“. Mit einem der umliegenden Arbeitslager. Anwesenheit noch lebender Opfer der subjektiver Erinnerung allein reicht len, und als Opfer von Bombenkrieg Geleitwort von Joschka Fischer. Ein 22-jähriger Student, der im Millionen Ermordeter öff entlichkeits- dazu nicht aus. Der geschändete, ge- und Vertreibung denselben Opferstatus Hamburg: Philo Verlag, 2003; Rahmen des Projektes „Neue Formen wirksam gedacht werden – sei es als quälte, erniedrigte Überlebende weiß einfordern wie die Opfer des national- Geteilte Erinnerung. Beiträge zur der Annäherung an die Vergangenheit“ letzte große Geste gegenüber den be- zwar aus eigener Anschauung, wovon sozialistischen Vernichtungsfeldzuges „deutsch-jüdischen“ Gegenwart. im letzten Jahr die psychiatrische An- tagten Überlebenden, sei es als auf- er spricht, wird aber in aller Regel allein zur Ausmerzung „unwerten Lebens“. Mit einem Geleitwort von Marcel stalt Hadamar in Nordhessen besucht rüttelnder Versuch, auf das nahende daraus nicht unbedingt jene größeren Damit wird die einzigartige historische Reich-Ranicki. Hamburg: Philo Ver- hatte, schrieb angesichts der dort zwi- Ende authentischer Zeitzeugenschaft historischen Verknüpfungen erkennen Dimension des nationalsozialistischen lag, 1999. hinzuweisen. Dafür spricht, dass die können, in die er und sein Geschick Menschheitsverbrechens auf die Ebene schen 1940 und 1943 ermordeten geis- nie zuvor da gewesene öff entliche Auf- eingebunden waren. Schon von daher individuell erlittenen Unrechts her- tig, körperlich und psychisch behin- merksamkeit gegenüber den Anlässen dürfen unterschiedliche Erinnerungen untergebrochen. Aus dieser vereng- derten Menschen: „Die Gräueltaten im Respekt, Achtung, Einfühlungsvermö- des Gedenkens wiederholt mit dem an unterschiedliche Leiden nicht ohne ten Sicht personalisierter Betrachtung eigene Leiden fi xiert sind und es dabei Dritten Reich sind zwar den meisten gen, Fähigkeit zum Mitleid – Voraus- Beginn einer Epochenwende, eines weiteres gleichgesetzt werden. Aus- kann dann individuelles Leid und indi- aus dem historischen Zusammenhang bekannt, aber doch irgendwie unvor- setzungen, um im Anderen den Nächs- Paradigmen- oder Gezeitenwechsels in gebombte und vertriebene Deutsche viduell erlittener Schmerz gleichgesetzt lösen, dann dienen solche Versuche, stellbar und dadurch nicht wirklich be- ten und nicht den Fremden, den Feind, der Erinnerungskultur gedeutet wurde. haben aufs Schmerzlichste gelitten werden. Ursache und Wirkung, Tätern wie sie im Übrigen auch in „Sonntags- rührend. Umso eher lässt sich ein bes- den „Volksschädling“ zu sehen. Eine solche Sichtweise ist naheliegend, – unabhängig davon, ob sie Mitläufer, und Opfern kommen dabei keinerlei reden“ wiederkehren, vor allem der Ab- serer Bezug herstellen, wenn aufgezeigt da in absehbarer Zeit die Erinnerung Profi teure, Täter waren oder ob sie Wi- Bedeutung mehr zu, jegliche Unter- wehr der Leiden unliebsamer, als Kon- Aufgabe zukünftiger Erinnerungsar- wird, dass sich die grausamen Tatsachen der Erlebnisgeneration in das kultu- derstand geleistet haben. Doch was auf schiede sind eingeebnet. kurrenz empfundener Opfergruppen. beit wird es sein, die nach dem Ableben nicht fernab jeglicher Zivilisation abge- relle Gedächtnis der Institutionen, der individueller Ebene gleich oder ähnlich Zunehmend lässt sich ein Per- Sich in andere einzufühlen bedeutet der Zeitzeugen nur noch vorhandene spielt haben, sondern im Nachbarort Archive, Bibliotheken und Dokumen- schmerzhaft gewesen sein mag, ist in spektivwechsel „von den Opfern der partiell immer auch eine Begegnung mittelbare Erinnerung in vermittelbare und an unzähligen anderen Orten in tationszentren übergehen wird. Die historischer Dimension nicht dassel- Deutschen zu den Deutschen als Op- mit sich selbst. Angesichts des damit Erinnerung überzuführen. Dies ge- Deutschland und Europa. Aus diesem Folgen sind absehbar: Das Feuer der be. Hier sind Ursache und Wirkung, fern“ (Norbert Frei) beobachten, sei es drohenden Erkennens eigener dunk- schieht, wie langjährige Erfahrung zeigt Grund kommt der regionalen Aufar- authentischen Erinnerung wird nach Voraussetzungen und Folgen von Be- Günter Grass’ Novelle Im Krebsgang ler Seiten neigen vor allem schwache und wie neuere Projekte zur Erinne- beitung der Geschichte eine besondere und nach erlöschen, und all jene, die deutung. Deren Kenntnisse können er- über den Untergang des Flüchtlings- Persönlichkeiten dazu, den Anderen rungsarbeit belegen, am ehesten durch Bedeutung zu, da sie die Unmittelbar- das Glück hatten, der Hölle des völ- klären, warum das individuell erlittene schiff es „Wilhelm Gustloff “, sei es Jörg als Projektionsfl äche eigener Ängste, Bindung der Erinnerung an bestimmte keit von Ereignissen wiedergibt.“ kischen Rassenwahns, des Zweiten Leid kein Zufall, kein unausweichliches Friedrichs Buch Der Brand. Deutsch- Aggressionen oder heimlicher Wün- Menschen und Orte. Roman Herzog Sobald Geschichte an einen Ort Weltkrieges und dessen mörderischen Schicksal war, sondern Folge vorausge- land im Bombenkrieg 1940–1945. sche wahrzunehmen, um ihn dadurch hat bereits 1995 „eine Art disloziertes gebunden wird, zumal an einen nahe- Auswirkungen zu entkommen, werden gangener politischer Entscheidungen Nicht die Anerkennung individuellen als Objekt lustvoller Triebabfuhr umso Gedenken“ gefordert, in dem die zahl- gelegenen, verliert sie die ihr oft anhaf- die durchlebten Qualen, Ängste und und historischer Konstellationen. Aus Leids, das stets einzigartig bleibt und mehr verachten zu können. Wie wäre reichen authentischen Orte der jüngs- tende Aura des Abstrakten und rückt

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uns damit im wörtlichen Sinne auf vermieden wird, deren Originalparolen für die Unmenschlichkeit entschieden Hermann Brill den Leib. Dieser an den eigenen Alltag dafür zu verwenden, sei es die Krimina- hatte. „Um die Beantwortung dieser geknüpften Konfrontation mit Ge- lisierung von Anti-Nazi-Aufmärschen Frage“, so Harald Welzer, „hat sich die und die Gründung des Instituts für Zeitgeschichte schichte lässt sich nicht ohne weiteres durch deutsche Gerichte, sei es der ganze Vergangenheitsbewältigungskul- ausweichen: daher die immer wieder Streit um die ehemaligen „arisierten“ tur herumgedrückt, mit gutem Grund: von Dietfrid Krause-Vilmar heftigen Debatten um die Errichtung Grundstücke der Familie Wertheim Die Geschichte rückt einem plötzlich von Denkmälern und Mahnmalen, das in Berlin – so wie diese Vergangenheit so nah, wenn man die Frage so stellt.“ ie Gründung des Instituts für auch die Motive und konzeptionellen Anbringen von Plaketten oder in den nicht vergehen will, so wird auch die Umso wichtiger wird es in Zukunft Zeitgeschichte im Jahr 1950 Vorstellungen Hermann Brills für das Bürgersteig eingelassene „Stolperstei- Erinnerung an sie nicht vergehen. Und werden, verstärkt personen- und orts- hatte eine mehr als dreijährige zu gründende Institut aufschlussreich: ne“, die die Erinnerung an einst ge- die eher zunehmenden Kontroversen gebundene Geschichtsprojekte für jun- D Vorgeschichte, in der nicht nur erbit- Das ihnen zugrunde liegende Programm schehenes Unrecht am authentischen um konkurrierende Erinnerungen an ge Menschen anzubieten. Und wer sich terte Kontroversen zwischen Wissen- zielte auf eine Verbindung von wissen- Ort zu bewahren suchen. Als Teil je- das „Dritte Reich“ werden das ihre erst einmal mit Schicksalen von Men- schaft und Politik geführt wurden1, son- schaftlicher Forschung und allgemeiner ner stets wiederkehrenden deutschen dazu beitragen. schen und der Geschichte von Orten, dern zeitweise das ganze Unternehmen historischer Bildung. Selbstfi ndungsdebatten sind sie nur ein Kein Zweifel: Die Qualität der Er- zumal in der Nachbarschaft oder in gefährdet schien. Die Gründung wurde Bislang noch nicht einbezogene Ak- Symptom von vielen für eine Vergan- innerung wird sich mit Ableben der der näheren Umgebung, auseinander- seit dem Jahr 1947 vom Länderrat in ten im Hessischen Hauptstaatsarchiv genheit, die nicht vergehen will: Ob Zeitzeugen ebenso wandeln wie die gesetzt hat, der wird sich über Schrift-, der Amerikanischen Zone, dem Bayern, Wiesbaden (HHStAW) geben über ein im September 2005 bei Stuttgart Qualität der Auseinandersetzung mit Ton- und Bilddokumente dem ge- Hessen, Bremen und Württemberg-Ba- Brills Aktivitäten Auskunft4 und bilden entdecktes Massengrab mit jüdischen der nationalsozialistischen Vergangen- fühlsmäßigen Anteil der einstigen Er- den angehörten, eingeleitet. Bekannt ist, die Grundlage unserer Darstellung.5 Häftlingen, ob ein kaum bekanntes, heit Deutschlands. Mit wachsendem innerung von Überlebenden partiell dass ein komplizierter politischer Pro- erst kürzlich entdecktes unterirdisches zeitlichen Abstand kann sich die nach- nähern können. Dies ist bedeutsam zess erforderlich war, an dessen vorläu- Louis Hermann Brill wurde 1895 Konzentrationslager in Wansleben am wachsende Generation der jüngsten für Empfi ndungen wie Empathie, ja fi gem Endpunkt der Bund und Bayern in Th üringen geboren, legte 1914 sein See bei Halle, ob die in diesem Jahr deutschen Geschichte unbefangener Empörung, um das Leid gedemütigter, die Gründung am 11. September 1950 Volksschullehrerexamen ab, meldete eingesetzte „Historikerkommission zur stellen, als dies ihren damit noch un- gequälter, verfolgter und ermordeter vollzogen. Als gesichert kann gelten, sich freiwillig zum Kriegsdienst6 und Aufarbeitung der Rolle des Auswär- mittelbar oder mittelbar verbundenen Menschen wenigstens ansatzweise zu dass der erste Geschäftsführer und Di- kämpfte an verschiedenen Fronten des tigen Amtes in der NS-Zeit“, ob die Eltern und Großeltern je möglich war. erahnen. Aber ebenso wichtig bleibt rektor des Instituts, der bayrische Land- Krieges bis 1918. Am 3. Oktober 1918 nach wie vor anhaltende Suche nach Der mit dem zeitlichen Abstand ver- das Wissen um die großen historischen tagsabgeordnete (CSU) Dr. Gerhard Hermann Brill (vermutlich 1949) einem der sadistischsten NS-Verbre- knüpfte gefühlsmäßige Abstand zu den Bezüge; sie befähigen nicht nur, Un- Kroll, große Verdienste am Aufbau des geschichte, auf die bisher eher beiläufi g cher, dem KZ-Arzt Aribert Heim, ob Ereignissen gestattet es der Enkelgene- recht im Kontext der Geschichte zu er- 4 Es ist anzunehmen, dass sich ergänzen- Instituts und damit auch am Gelingen hingewiesen wurde.3 Brill war in jenen die immer zahlreicher publizierten bio- ration viel eher, anstelle einer als ver- fassen, sondern dessen Ansätze bereits de Dokumente auch zur Gründung des der Gründung hatte. 2 Überhaupt hatte Jahren als Staatssekretär in der Hes- graphischen Auseinandersetzungen der meintlichen Selbstschutz betriebenen im Alltag zu erkennen: Wo Unrecht IfZ im Archiv der Friedrich-Ebert-Stif- die Bayrische Staatsregierung unter Mi- sischen Staatskanzlei Mitglied des Kura- Kinder und Enkel mit der nationalso- Vergangenheitsverdrängung eine der beginnt, wo es geschieht und wo es tung und im Bundesarchiv befi nden, nisterpräsident Ehard dadurch, dass sie toriums der Stiftung für die Gründung zialistischen Vergangenheit ihrer Eltern Erkenntnis dienende Vergangenheits- nach den Erfahrungen der Geschichte die für eine längst fällige Biographie die vorläufi ge Einrichtung über Jahre eines „Institutes zur Erforschung der nati- Hermann Brills einzubeziehen wären und Großeltern – die Abkömmlinge bewahrung anzustreben. Die Sorge, enden könnte. Kurz: Geschichte ohne bis zur Gründung am Leben hielt, groß- onalsozialistischen Politik“. Es ist meines (den Rahmen dieses Beitrages jedoch der nationalsozialistischen Vergangen- eine solchermaßen distanzierte Erinne- Zeitzeugenschaft neigt zum erkalteten en Anteil am Erfolg. Erachtens zu bezweifeln, ob die Grün- sprengen würden). heit Deutschlands bleiben uns ebenso rung könne sich im Laufe der Zeit zu Rundumblick, Zeitzeugenschaft ohne Weniger bekannt ist bislang die her- dung im Jahre 1950 ohne die anhaltende 5 HHStAW: Abt. 502 Nr. 3976: Der Hess. erhalten wie die Kontroversen um den einer distanzierenden Erinnerung wan- Geschichte neigt zum erhitzten Tun- ausragende Rolle Dr. Hermann Brills und tatkräftige Unterstützung Brills und angemessenen Umgang mit dieser Ver- deln, ist nur bedingt berechtigt. Unbe- nelblick. Daher bedarf es einerseits, zur bei der Gründung des Instituts für Zeit- ohne sein unermüdliches Drängen zu- Ministerpräsident. Staatskanzlei. Deut- gangenheit: Sei es der anhaltende Streit gründet scheint sie dort, wo erst wis- einfühlsamen Annäherung an den Ge- stande gekommen wäre. Über diesen ins- sches Institut zur Erforschung des Na- um ein Zentrum gegen Vertreibungen senschaftliche Distanz das Erkennen genstand der Erinnerung, wenn schon titutsgeschichtlichen Aspekt hinaus sind tionalsozialismus – Allgemein; Nr. 3977: in Berlin, sei es die Weigerung der historischer Entwicklungstendenzen nicht des Feuers unmittelbarer Erin- 1 Hellmuth Auerbach: „Die Gründung Deutsches Institut zur Erforschung des Deutschen Bundesbahn, der Deporta- ermöglicht. Begründet ist sie aller- nerung, so doch der Glut mittelbarer des Instituts für Zeitgeschichte“. In: Nationalsozialismus – Sitzung des Ku- tion von 11.000 jüdischen Kindern in dings, wenn der zeitliche Abstand zum Erinnerung, wie auch andererseits der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) 3 Wolfgang Benz berichtete, dass Her- ratoriums; Nr. 3978: Institut zur Er- Zügen der Deutschen Reichsbahn und Geschehen mit einer gefühlsmäßigen Kühle des analytischen Verstandes, zur 18 (1970), S. 529–554. mann Brill Ende 1948 „das Schiff wie- forschung der nationalsozialistischen deren anschließenden Ermordung öf- Distanz einhergeht, die sich gegen nach Einordnung der Erinnerungsinhalte in Schulze, Winfried: Deutsche Geschichts- der in Fahrt“ brachte, und Hermann Politik. Vom April 1949; Nr. 3979: fentlich zu gedenken, sei es ein BGH- wie vor notwendige Fragen zu immuni- historische Zusammenhänge. Im Span- wissenschaft nach 1945. Beihefte (NF). Graml/Hans Woller sprechen von Deutsches Institut zur Erforschung des Urteil, wonach die Verherrlichung der sieren sucht – etwa gegen jene, warum nungsfeld solch unterschiedlicher An- Hg. von Lothar Gall. Bd. 10. München „enormen Verdiensten“, die Brill sich Nationalsozialismus. – Haushaltsplan. Waff en-SS straff rei bleibt, solange es sich eine Mehrheit der Deutschen einst forderungen kann eine sich im Wandel 1989, S. 229–242. „in der Gründungsgeschichte des Insti- Den Hinweis auf diesen Aktenbestand befi ndliche Erinnerung an das natio- Horst Möller: „Das Institut für Zeitge- tuts“ erworben habe. danke ich Herrn Dr. Helfer (HHStAW). nalsozialistische Menschheitsverbre- schichte und die Entwicklung der Zeit- Wolfgang Benz: „Möglichkeiten und Diese Akten wurden von John Gimbel nur chen dauerhaft mit Leben erfüllt und geschichtsschreibung in Deutschland“. Grenzen der Gerechtigkeit: NS-Proble- zum Teil in seine Darstellung einbezogen. Christlich-jüdischer Dialog glaubwürdig an die nächste Generation In: 50 Jahre Institut für Zeitgeschichte. me und deutsche Nachkriegsgesellschaft John Gimbe: „Th e Origins of the In- weitergegeben werden. Eine Bilanz. Hg. von Horst Möller und in den ersten Nachkriegsjahren“. In: stitut für Zeitgeschichte: Scholarship, Medien – Materialien – Informationen Udo Wengst. München 1999, S. 1–68. Eleonore Lapin/Bernhard Schneider Politics and the American Occupation Ansprache in der Westendsynago- 2 Auerbach (a.a.O., S. 554) spricht vom (Hg.): Die Lebendigkeit der Geschichte. 1945–1949.” In: Th e American Histori- Evangelischer Arbeitskreis Kirche und Israel ge Frankfurt am Main zur 67. Wie- „ausschließlichen Verdienst“ Krolls dar- (Dis-)Kontinuitäten in Diskursen über cal Review 70 (1964), S. 714–731. in Hessen und Nassau derkehr des 9. November 1938. Wir an, dass das Institut bereits vor der of- den Nationalsozialismus. St. Ingbert 6 Rüdiger Griepenburg: „Hermann Louis danken Salomon Korn für die freund- fi ziellen Gründung im September 1950 2001, S. 119–139, hier S. 128. Brill: Herrenchiemseer Tagebuch 1948“. anlief; dieser habe in der Gründung Hermann Graml und Hans Woller: In: VfZ 34 (1986), S. 585–622. www. de liche Erlaubnis zum Abdruck des Re- Lomdim. demanuskripts. Der Text wurde am „eine missionarische Aufgabe“ gese- „Fünfzig Jahre Vierteljahrshefte für Friedrich-Ebert-Stiftung, Archiv der so- Die Lernenden 30. Januar 2006 in der Frankfurter hen, die er „als politischer Mensch und Zeitgeschichte 1953–2003“. In: VfZ 51 zialen Demokratie: www.fes.de/archiv/ Allgemeinen Zeitung veröff entlicht. durchaus cum ira et studio anpackte“. (2003), S. 51–87, hier S. 56. 1abt/brill-h.htm.

18 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: © Stadtarchiv Wiesbaden, Fotograf unbekannt Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 19 EESSAYSSAY EESSAYSSAY

trat er in die USPD ein, wurde als Ab- Staatsminister Dr. Anton Pfeiff er den ge Brills wurden in der Folgezeit vom gefunden. Die Gleichgültigkeit und und diese dem Sitzland anheimzustel- „zur Entschuldigung derer führen, geordneter 1920 in den Th üringischen Vorsitz übernommen. Abgesehen von Kuratorium umgesetzt. Die nächste Abneigung gegen diese Aufklärung sei len“.18 Am 9./13. April 1949 wandte die alles mitgemacht haben. Sie dürfe Landtag gewählt und war Minister ohne der Benennung der Mitglieder des Sitzung des Kuratoriums stand ganz im außerordentlich. Der Antisemitismus sich Brill an Hilpert als dem Vorsit- keine politische Propaganda darstellen Portefeuille in der „Arbeiterregierung“ Wissenschaftlichen Beirats lassen sich Zeichen des engagierten Berichtes von sei im Wachsen. Es müsse daher prak- zenden des Finanzausschusses des Län- (…)“.23 In dreierlei Hinsicht sollten (1921–1923). Nach der Wiederverei- jedoch besondere Aktivitäten des Kura- Brill, in dem konkrete nächste Schritte tisch gehandelt werden.“14 Am darauf- derrats, verwies auf seine Denkschrift19 Veröff entlichungen erfolgen: nigung der USPD mit der SPD (1922) toriums bis zum Jahresende 1948 nicht klar entworfen wurden: Die Minister- folgenden Tag trat erstmals der Wissen- und versuchte zu verdeutlichen, „dass „1. Wissenschaftlich fundierte Ar- war Brill Mitglied der SPD. 1929 be- erkennen.8 Sicher ist, dass im Zuge der präsidenten der Amerikanischen Zone schaftliche Rat, und zwar gemeinsam sowohl der Süddeutsche Länderrat wie beiten, die akademischen Rang haben. endete er ein Jurastudium mit dem Dr. Währungsreform die fi nanziellen Mög- seien erneut für die Haushaltsplanung mit dem Kuratorium, zusammen. Dr. der Länderrat der Bizone wie die Kon- Für diese soll lediglich das Material be- jur. an der Universität Jena. 1932 war er lichkeiten für die zu schaff ende Stiftung anzusprechen, und die Regierungschefs Eugen Kogon und Frau Prof. Dr. Anna ferenz der Ministerpräsidenten sich reitgestellt werden. Mitglied des Reichstags. 1934 wurde er erheblich eingeschränkt waren. der Britischen und Französischen Zone Siemsen hatten sich entschuldigt – da- mit dieser in beinahe sträfl icherweise 2. Publikationen für den wissen- aus all seinen Ämtern aufgrund des „Ge- Die Initiative zur Wiederaufnahme sollen ersucht werden, sich an der Stif- mit fehlten zwei herausragende Vertre- vernachlässigten Frage werden beschäf- schaftlich interessierten Laien, etwa setzes zur Wiederherstellung des Berufs- der Aktivitäten ging im August 1948 tung zu beteiligen. Im Protokoll heißt ter des politischen Widerstands bzw. tigen müssen.“20 100 bis 120 Seiten, über wichtige Ein- beamtentums“ entlassen, 1939 zu zwölf von Brill aus. In einem Brief an Pfeif- es: „Dr. Brill habe diese Situation als der Verfolgung.15 Brill hob einleitend Auf der 4. Sitzung des Kuratoriums zelthemen. Jahren Haft wegen „Vorbereitung des fer vom 7./9.8.1948 zeigt Brill zunächst außerordentlich prekär empfunden und die Bedeutung der satzungsmäßig vor- am 30. Mai 1949 nahmen bereits Dr. 3. Eine Art Flugschriften von etwa Hochverrats“ verurteilt, von 1943–1945 Verständnis für Personen, die „zur Si- sei der Ansicht, dass die Aufgaben des gesehenen „Unterrichtung der Öff ent- Clemens von Brentano als Vertreter der 24 bis 36 Seiten, zu denen wir die An- war er im Konzentrationslager Buchen- cherung von Währung und Finanzen“ Instituts angesichts der Entwicklung der lichkeit“ hervor: „Man wolle vielleicht Französischen und Dr. Dankwerts als regung geben und die von großen Or- wald, Mitverfasser des „Buchenwalder meinten, alle nicht unbedingt notwen- politischen Lage in Deutschland keinen verschiedene Typen von Publikationen Vertreter der Britischen Zone an den ganisationen, z. B. Gewerkschaften, über- Manifestes“ (1945). Bis Th üringen an digen Staatsaufgaben zurückstellen zu Verzug dulden. Es müsse in irgendei- in einzelnen Serien herausbringen. Die Beratungen teil. Brill „bezeichnete es nommen und vertrieben werden sollen.“24 die SBZ übergeben wurde, war er (der müssen. Leider verberge sich dahinter ner Form mit der Arbeit begonnen und Leistung dieser Arbeit sei eine absolu- als merkwürdig, dass man bei dem Kö- Dass die Finanzprobleme überstark erste) Ministerpräsident Th üringens. oft nicht mehr als die Aufrechterhaltung trotz aller fi nanziellen Schwierigkeiten te politische Notwendigkeit zur Un- nigsteiner Abkommen vom 15.3.1949 im Vordergrund standen, wird neben Brill ging nach Wiesbaden und wur- des „Apparates“. Brill hierzu in der für nach einem Weg zur Verwirklichung terrichtung des deutschen Volkes über über die Erhaltung wissenschaftlicher den Äußerungen Brills („Es herrsche de 1946 von der Militärregierung zum ihn typischen Deutlichkeit: „Die Er- des Instituts gesucht werden“.11 Pfeiff er die einfachsten Tatsachen, die leider Institute der 11 Länder das Institut zur immer noch die Einstellung: die Re- Staatssekretär und Chef der Staatskanz- richtung des Instituts zur Erforschung dankte ausdrücklich Brill dafür, „dass er zum großen Teil bis heute unbekannt Erforschung der nationalsozialistischen publik darf nichts kosten, die Diktatur lei ernannt. Brill arbeitete im Herren- der Geschichte des Nationalsozialismus die Sache, die größte geistesgeschicht- seien.“16 Der Freiburger Historiker Politik herausgelassen habe, während kann viel kosten“) auch aus derjenigen chiemseer Verfassungskonvent (1948) ist eine der Staatsaufgaben, die, wenn liche und politische Bedeutung habe, so Gerhard Ritter trat Brill mit der For- man andere Institute, über deren Be- des Badischen Vertreters, von Brenta- mit und wurde 1949 in den Deutschen sie nicht erfüllt werden, den Sinn des beharrlich verfolgt habe“.12 derung entgegen, „dass die Aufgaben deutung man verschiedener Ansicht no, deutlich: „Die Aufgabe sei politisch Bundestag gewählt (bis 1953). Er war ganzen Staatsapparates in Frage stellen. Auf Initiative von Brill wurde ab De- in einer Form durchzuführen seien, die sein könne, aufgenommen habe.“21 Dr. und moralisch so wichtig, dass wir in Honorarprofessor an der Universität Unter diesen Umständen behaupten, zember 1948 die Erweiterung der Stif- nichts als die unabhängige Erforschung Kroll, der Ende März 1949 vom Kura- fi nanzieller Hinsicht nicht so eng sein Frankfurt am Main (Ende April 1948) dass noch nicht einmal die Reisekos- tung auf die Länder der späteren Trizone der Wahrheit wolle und nicht unter po- und nahm verschiedene Lehraufträge torium als geschäftsführender Direktor dürfen. Es dürfe auf 100.000 DM mehr ten für eine Zusammenkunft des Wis- vorgeschlagen und auch vorbereitet.13 litischem Druck erscheine“.17 25 (Akademie der Arbeit, Verwaltungs- eingesetzt worden war, berichtete, „dass oder weniger nicht ankommen.“ senschaftlichen Rates vorhanden seien, Als dann im Jahre 1949 der Grün- Neben den Staatsarchiven und Rit- von Seiten des Bayrischen Staates Räu- Am 13. Mai 1949 trug Brill im Auf- hochschule Speyer) wahr. Brill starb am heißt, den demokratischen Staatsaufbau 22. Juni 1959 in Wiesbaden. dungsprozess an Fahrt gewann, sah sich ter, der als Fachhistoriker sprach, tat me zur Verfügung gestellt wurden. Da trag des Kuratoriums auf der Konferenz in Deutschland aufs äußerste gefähr- Brill, der mit Jahresbeginn den Vorsitz sich eine dritte „Front“ in Gestalt der mit der Arbeit sofort begonnen werden der Ministerpräsidenten der Länder vor den.“ 9 Brill hielt es für „notwendig, im Kuratorium übernommen hatte, Finanzminister auf. Unter dem Vorsitz müsse, habe er einen kleinen Organi- und reichte den Regierungschefs am 17. Als Brill im Oktober 1947 in das alsbald unverzüglich die Existenz dieses verhaltenen und off enen Bedenken und des Hessischen Finanzministers Werner sationsstab ins Leben gerufen und die Juni den Entwurf eines neuen geeigneten Kuratorium der gerade von den vier Instituts auf Länderratsbasis erneut zu Widerständen gegenüber – und nahm Hilpert hatte der Finanzausschuss des Bergung der Dokumente begonnen, Staatsvertrages ein.26 „(…) auch im In- Ländern gegründeten Stiftung7 für besprechen, um eine neue fi nanzielle die Auseinandersetzung an. Auf der 3. Länderrats der Amerikanischen Zone obwohl sich unendliche Schwierig- teresse einer Abwehr gegen Veröff entli- das Institut eintrat, war mit ihm eine Grundlage zu schaff en.“10 Auch solle man Sitzung des Kuratoriums am 27.2.1949 am 15.3.1949 in Königstein getagt und keiten in den Weg legten.“22 chungen ehemaliger am Dritten Reich Persönlichkeit gewonnen, für die der nicht weiter zuwarten, sondern sofort thematisierte er die Haltung der Staats- beschlossen, „eine Finanzierung des Auf dieser Sitzung legte Brill seine maßgeblich beteiligter Personen, die Kampf gegen den Nationalsozialismus einen Beamten mit der Wahrnehmung archive, die in der Gründung des Ins- Instituts auf Länderbasis abzulehnen inhaltliche Konzeption dar. Die For- diese zu ihrer Entlastung produzieren, ist vor und nach 1933 aufs engste mit ih- der Aufgaben eines wissenschaftlichen tituts eine „Störung“ sahen, da es doch schungen des Instituts dürften nicht die rasche Arbeitsfähigkeit des Instituts rer politischen Lebensgeschichte ver- Direktors beauftragen. Diese Vorschlä- ihre Aufgabe sei, das historische Mate- ein Gebot der Stunde.“27 Am 21.6.1949 bunden war; in Th üringen ab 1930 ge- rial zu sammeln und auszuwerten. Wie- 14 HHStAW 502/3977. Protokoll über hatte Brill bei seinem Bericht vor dem gen die NS-Regierung Frick, ab 1933 der mahnte er eindringlich die Regie- die 3. Sitzung des Kuratoriums des In- 18 HHStAW 502/3979: Hessischer Mini- Länderrat den Einspruch verschiedener gegen die Hitler-Regierung. Brill hatte 8 Die erste Sitzung des Kuratoriums fand rungsvertreter der Mitgründer-Länder: stituts zur Erforschung der nationalso- ster der Finanzen an Ministerpräsiden- Finanzminister, die sich übergangen sa- der Widerstandsgruppe „Neu Begin- am 16./17.10.1947, die zweite am „Man sei nun fast zwei Jahre mit die- zialistischen Politik in der Bayrischen ten in Wiesbaden vom 2.2.1949. hen, auszuräumen. Brill wies erneut „auf nen“ angehört. Zudem hatte er zwei 25.11.1947, die dritte am 27.2.1949 ser Aufgabe befasst und kostbare Zeit Staatskanzlei am 27.2.1949. 19 HHStAW 502/3976: „Memorandum be- die ungeheure politische Verantwortung Jahre Haft im Konzentrationslager Bu- – mithin erst 15 Monate später! – statt. sei unnütz verstrichen. Eine wirksame 15 Es ist zu vermuten, dass diese beiden treff end das Institut zur Erforschung der hin“ und erklärte, „er glaube nicht, dass chenwald zu überstehen gehabt. Auf der zweiten Sitzung waren neun Aufklärung des Volkes habe nicht statt- Vertreter von Brill vorgeschlagen wor- nationalsozialistischen Politik“. Brill hat- Im Kuratorium hatte im ersten Jahr Mitglieder für den Wissenschaftlichen den waren: Anna Siemsen war wie Brill te inzwischen auf mit der Maschine eng auf Vorschlag von Brill der bayrische Beirat vorgeschlagen worden: Prof. Dr. im Rahmen der Th üringer großen Ko- beschriebenen vier Seiten dieses Memo- 23 Ebenda. Bergsträßer, Prof. Dr. Goetz, Prof. Dr. 11 HHStAW 502/3977. Protokoll über alitionsregierung aus SPD, KPD und randum verfasst, in dem die Geschichte 24 Ebenda. Th eodor Heuß, Prof. Dr. Kaufmann, eine Zusammenkunft von Mitgliedern USPD (1921–1923) tätig. Eugen Ko- der bisherigen Gründungsaktivitäten zu- 25 Ebenda. 7 Die Diskussion des Entwurfs der Stif- Dr. Eugen Kogon, Prof. Dr. Gerhard des Kuratoriums zur Erforschung der gon war wie Brill Gefangener im Kon- sammenfassend dargestellt wird. 26 HHStAW 502/3978: Der Vors. des Ku- tungsurkunde im Länderrat der US- Ritter, Prof. Dr. Schnabel, Prof. Dr. Geschichte der nationalsozialistischen zentrationslager Buchenwald gewesen. 20 HHStAW 502/3977: Brill an Hess. Mi- ratoriums des Dt. Instituts zur Erfor- Zone am 8./9.9.1947 ist dokumentiert Anna Siemsen, Dr. Speidel, Prof. Dr. Politik am 8.12.1948 in Bonn. 16 HHStAW 502/3977. Protokoll über nister der Finanzen vom 9./13.4.1949. schung des Nationalsozialismus an die in: Akten zur Vorgeschichte der Bundes- Spindler. Der Wissenschaftliche Beirat 12 Ebenda. die 3. Sitzung des Kuratoriums des In- 21 HHStAW 502/3977: Protokoll über Ministerpräsidenten, Staatspräsidenten republik Deutschland 1945–1949. Hg. wurde erst im Februar 1949 einberufen. 13 HHStAW 502/3976. Hermann Brill: stituts zur Erforschung der nationalso- die 4. Sitzung des Kuratoriums des In- der Länder, an den Senatspräsidenten vom Bundesarchiv und dem Institut für 9 HHStAW 502/3976. Hermann Brill an Memorandum betreff end das Institut zur zialistischen Politik in der Bayrischen stituts zur Erforschung der nationalso- Bremens und den Oberbürgermeister Zeitgeschichte. Bd. 3. München/Wien Staatsminister Pfeiff er vom 7.8.1948. Erforschung der nationalsozialistischen Staatskanzlei am 27.2.1949. zialistischen Politik am 30.5.1949. vom 17.6.1949. 1982, S. 399–401. 10 Ebenda. Politik vom 12.4.1949, S. 4., Fn. 19. 17 Ebenda. 22 Ebenda. 27 Ebenda.

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es möglich sei, eine Entscheidung der In gleicher Richtung schrieb Prof. freilich auf wissenschaftlicher Grund- Hinsichtlich der Empfehlung der Zorn und Leidenschaft noch einmal die in unserer Zeit“ herausbrachte. Deut- Ministerpräsidenten der nachträglichen W. Goetz an Brill, bezeichnete den lage. Von daher war ihnen das Krite- Ministerpräsidenten war bis zum gesetz- politische Bedeutung des Instituts dar- lich tritt das politische Bildungsmotiv Genehmigung der Finanzminister zu derzeitigen Leiter des Instituts, Dr. rium für die Auswahl der Mitglieder ten Termin, dem 20. September 1949, legte. Die von Stock vorgeschlagenen hervor, wenn er gegen Ende des Briefes unterwerfen. Er gebe zu, dass es bedau- Kroll, als „unannehmbar“ und be- des Wissenschaftlichen Beirates, dass von keiner einzigen Landesregierung Maßnahmen seien „sicherlich für eine darauf aufmerksam machte, dass die ge- erlich sei, dass man die Finanzminister fürchtete eine Politisierung statt einer diese nicht nur als Wissenschaftler, (auch nicht von der hessischen!) eine büromäßige Erledigung der Angelegen- genwärtige deutsche Zeitschriftenlitera- seinerzeit nicht zugezogen habe.“28 Noch „wirklichen Erforschung des National- sondern auch als Politiker und Publi- Ratifi kationserklärung gemäß dem Be- heit nützlich. Sie verkennen aber nach tur „in reißerischen und bebilderten Ar- härter dürfte Brill ein Schreiben „seines“, sozialismus“.32 Schon „die Befragung zisten hoch qualifi ziert sein sollten, so schluss vom 5.8.1949 abgegeben wor- meinem Dafürhalten die politischen tikeln, die fast alle sexuelle Sensationen des Hessischen Finanzministers Werner der noch Lebenden“ erschien ihm in wichtig. Diese drei Kriterien erfüllten den. Auf der Ebene einer Verständigung Probleme, die mit dem Institut verbun- enthalten, das öff entliche Bewusstsein Hilpert vom 9.7.1949 getroff en haben, diesem Zusammenhang suspekt. z. B. Ludwig Bergsträßer, Th eodor der Länder war die Initiative gescheitert. den sind.“ Den Beschluss der Minis- irreführt. (…) Hitler, Goebbels, Udet der „schwerwiegende Bedenken“ dage- Die Initiatoren der Institutsgrün- Heuß, Eugen Kogon und Anna Siem- Brill sah nun „Kräfte“ am Werk, die „aus terpräsidenten (auf Institutsgründung) usw. erscheinen in diesen Zeitschriften gen erhob, das Institut „aus laufenden dung, besonders auch Hermann Brill, sen in hervorragendem Maße. An der politischen Motiven das Institut unter- „mit der Berufung an die Finanzminister wie Figuren aus Schichtl’s Marionetten- Zuweisungen der Länder zu fi nanzie- hatten wiederholt und ausdrücklich glänzenden Antwort Krolls auf Ritters graben wollen“. Demgegenüber gelte es, zu vereiteln“, wolle er nicht näher beur- theater.“ Abschließend ersucht er den ren.“ Die meisten Länder beherbergten wissenschaftliche Standards als Grund- und Goetzens Vorhaltungen werden „die ursprüngliche Idee, wie sie durch teilen. Er sah jedoch darin „nur einen Hessischen Ministerpräsidenten um Institute, die sich nicht auf das jeweilige lage und Voraussetzung einer gebotenen die konzeptionellen Grundlinien des Beschlüsse des hessischen Kabinetts im Punkt in einer Linie, die Anfang dieses sein Einverständnis, „dass ich mit dem Land beschränkten, und soweit die Fi- Information und Bildung über die Na- Instituts deutlich: „Die hier geforder- Frühjahr und Sommer 1947 formuliert Jahres begonnen hat“. Mit den König- Herrn Bundesminister des Innern, Hei- nanzierung dieser Institute die fi nanzielle zizeit als unverzichtbar herausgestellt.33 te Trennung von Politik und Wissen- worden ist, durchzusetzen.“36 steiner Beschlüssen (s.o.) „haben es die- nemann, und dem Bayrischen Kultus- Leistungsfähigkeit des jeweiligen Landes Wissenschaft hatte dann allerdings aus schaft hat sich bereits in der Zeit nach Brill und Kroll wandten sich nun an se Herren als einen Akt der Staatsweis- ministerium die ganze Sache unter dem nicht überschreite, sei es Verpfl ichtung dem „Elfenbeinturm“ herauszutreten dem Ersten Weltkrieg für die Entwick- den Bund. Th eodor Heuß, inzwischen heit betrachtet, mit einem Betrage von Gesichtspunkte der Beteiligung der des Landes, das Institut zu fi nanzieren.29 und zur allgemeinen politisch-histo- lung des deutschen Geistes vernich- zum ersten Bundespräsidenten der Bun- 20 Mill. DM auch die unwichtigsten Bundesregierung neu aufgreife.“40 Brill Letztlich können diese Argumente der rischen Bildung etwas beizutragen. tend ausgewirkt. Ihre Wiederholung desrepublik gewählt, war die Th ematik kriegswirtschaftlichen Institute der ehe- blieb von 1950 bis an das Ende seines Finanzminister nicht wirksam geworden Brill, Kroll, Ehard u. a. drängten aus als wissenschaftliches Postulat für die vertraut, da er selbst dem Wissenschaft- maligen Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft Lebens Mitglied im Wissenschaftlichen sein, denn die Konferenz der Minister- moralischen Motiven und aus der Not- Erforschung des Nationalsozialismus lichen Beirat des Instituts angehört hatte. am Leben zu erhalten.“ Dem General- Beirat des Instituts und lebte somit die präsidenten beschloss am 5.8.1949 in wendigkeit, Demokratie und Rechts- zu fordern, heißt im Grunde beken- Und Innenminister Gustav Heinemann, sekretär der Max-Planck-Gesellschaft, von ihm für geboten gehaltene Verbin- dem ehemaligen Karrieristen Ernst Tel- Wiesbaden, „dass das Institut geschaff en staat wiederherzustellen bzw. neu zu nen, dass man dem gesamten heutigen „einer Anregung des Herrn Bundesprä- dung von Wissenschaft und Politik.41 schow, habe man einen Dispositions- werden soll, und empfi ehlt den Ländern verankern, auf gegenwärtig wirksame Zeitgeschehen innerlich völlig fremd sidenten folgend“, nahm sich der Sache Es war gewiss nicht allein Brills fond von 1,9 Mill. DM zugesprochen. den Beitritt.“ 30 Volksbildung über die NS-Zeit – dies gegenüber steht. Nur wenn neben den an, wandte sich an die Länder und bat 39 Verdienst, dass im September 1950 das Inzwischen hatten sich die beiden wissenschaftlichen Konsequenzen, die diese, bis zu einer abschließenden Lö- „Gleichzeitig aber beschlossen sie, die Institut für Zeitgeschichte unter maß- renommierten Historiker Prof. Dr. die Erforschung des Nationalsozia- sung „das Institut einstweilen sicherzu- Finanzierung des deutschen Instituts zur geblicher Beteiligung des Bundesmi- Gerhard Ritter und Prof. Dr. Walter im 20. Jahrhundert. Düsseldorf 2001, lismus haben wird, auch an die poli- stellen.“37 Brill, nun Abgeordneter des Erforschung des Nationalsozialismus nisters des Innern, Dr. Gustav Heine- Goetz, beide Mitglieder des Wissen- S. 533–545. tische Erziehung des deutschen Volkes Deutschen Bundestags, richtete noch ‚dem Stammsitzlande Bayern‘ zu über- mann, gegründet wurde42 – aber Wege schaftlichen Beirats des zu gründenden Nicolas Berg: Der Holocaust und die gedacht wird, wenn insbesondere die einen (womöglich in dieser Sache letz- lassen.“ Brill kritisierte den ersten deut- dorthin hatte er zielstrebig und aus tie- Instituts, erneut zu Wort gemeldet und westdeutschen Historiker. Erforschung und vorzunehmenden Publikationen nicht ten?38) Brief an den Hessischen Minis- schen Historikertag, der vom 12. bis 15. fer persönlicher Überzeugung geebnet. moniert, dass sie an den Planungen Erinnerung. Göttingen 2003,’ S. 105– ausschließlich den Charakter akade- terpräsidenten Stock, in dem er unmiss- September 1949 in München stattfand nicht beteiligt gewesen seien. Sie sahen 142. mischer Berichte, sondern auch den verständlich deutlich und nicht frei von und kein Wort zum Institut oder zu Ich danke Dr. Hans Woller (Chefredak- im Institut „eine ausschließlich von po- Ritter hatte sich am 1.10.1949 mit einer Charakter politischer Lehr- und Bil- „Problemen der historischen Forschung teur der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte litischen Persönlichkeiten vollzogene eigenen Schrift zur Institutsgründung dungsschriften tragen, hat die Arbeit und wissenschaftlicher Mitarbeiter am In- Gründung, bei der jede Mitwirkung an den Bundesinnenminister gewandt. des Instituts einen Sinn.“34 Auch fol- bieten. Die Methode zu einer solchen stitut für Zeitgeschichte) für wertvolle Li- wissenschaftlicher Fachvertreter aus- In: Gerhard Ritter. Ein politischer Histo- gender nahezu klassischer Satz fi ndet Untersuchung kann noch nicht beste- 39 „Der Aufschwung der KWG war aufs teraturhinweise. Dietfrid Krause-Vilmar geschlossen war und die sich hinter riker in seinen Briefen. Hg. von Klaus sich in dieser Erwiderung: „Der Kom- hen. Die Strenge der Fachdisziplinen Engste verknüpft mit der Person von verschlossenen Türen der Ministerial- Schwabe und Rolf Reichardt. Boppard plex des Nationalsozialismus ist ein so erweist sich hier als Aberglaube. Was ih- Ernst Telschow, einem Chemiker und bürokratie bzw. der Parteibüros voll- 1984, S. 456–459. umfassender, ein alle Fachgebiete um- nen entschlüpft, ist eben das, worauf es Schüler Otto Hahns. Er betrieb als Ge- 40 HHStAW 502/3978: Dr. Brill, Abg. An zog.“ Ritter selbst teilte mit, er werde 32 HHStAW 502/3976: Prof. Goetz, His- greifender, dass unmöglich ausschließ- ankommt. Eine unzerteilte Anschauung neralsekretär ab 1937 eine auf politische den Hessischen Ministerpräsidenten vom eine Mitarbeit im Rat ablehnen, „der torische Kommission der Bayrischen lich Fachhistoriker mit dieser Aufgabe des Phänomens selbst ist oberste Vor- Integration abzielende Öff entlichkeits- 4.11.1945. – Auf fünf eng beschriebenen off ensichtlich nichts weiter darstellt als Akademie der Wissenschaften, an betraut werden können.“35 aussetzung. Jede Arroganz des Begriff s, arbeit und baute ein Netzwerk zwischen Schreibmaschinenseiten legte Brill in eine bloße Dekoration für eine weniger Staatssekretär Brill vom 14.8.1949. wo immer sonst er sich bewährt haben der Generalverwaltung und hohen NS- diesem Brief seine gesamte Kritik nieder wissenschaftliche als politische Insti- 33 „(…) Auf die wissenschaftliche Quali- mag, ist schädlich.“ Vertretern auf, wobei er die informelle – ein Schlüsseldokument, auf das hier tutsgründung.“31 tät der Männer, die diese Arbeit leisten 34 HHStAW 502/3978: Stellungnahme So formulierte es später Elias Canetti. Struktur der NS-Politik geschickt nutz- nur knapp eingegangen werden kann. sollen, [sei] der größte Wert zu legen. Es des Deutschen Instituts zur Erforschung (Elias Canetti: „Hitler, nach Speer.“ In: te. Telschow, der politischen Opportu- 41 Ihn in das Herausgebergremium der dürfe keine im parteipolitischen Sinn ori- des Nationalsozialismus zu einer Denk- Ders.: Das Gewissen der Worte. Essays. nismus mit begnadetem Wissenschafts- Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte zu 28 Ebenda. entierte propagandistische Stelle geschaf- schrift von Geheimrat Prof. W. Goetz. Frankfurt am Main 1981, S. 176.) management vereinte, übte das hohe nehmen, wie im Jahre 1952 von Walter 29 HHStAW 502/3976: Der Hessische fen werden.“ Hermann Brill auf der Vor- Von Dr. Gerhard Kroll, 20.9.1949. 36 HHStAW 502/3978: Dr. jur. Hermann Amt übrigens bis 1960 aus. Telschow Strauß vorgeschlagen, widersetzte sich Finanzminister an Staatssekretär Brill besprechung der 2. Kuratoriumssitzung 35 HHStAW 502/3978: Stellungnahme L. Brill, Staatssekretär a. D. – Brill war steht damit auch für jene personelle erfolgreich Hans Rothfels, vgl. Graml/ vom 9.7.1949. am 16.10.1947 (HHStAW 502/3977). des Deutschen Instituts zur Erforschung kurz zuvor von seinem Amt zurückge- Kontinuität der MPG nach 1945, die Woller, a.a.O., S. 56 f. 30 HHStAW 502/3978: Büro der Minis- „Es dürfe nichts herausgehen [aus dem des Nationalsozialismus zu einer Denk- treten; er war Mitglied des ersten Deut- an einer Vergangenheitsaufarbeitung 42 Wie meist beim Gelingen eines bedeu- terpräsidenten an die Staatskanzleien Institut], das an das Goebbels’sche schrift von Geheimrat Prof. W. Goetz. schen Bundestages geworden – an die nicht interessiert war und diese bis zum tenden Werkes waren mehrere beteiligt. der Länder vom 17.8.1949. Ministerium für Volksaufklärung und Von Dr. Gerhard Kroll, 20.9.1949. Ministerpräsidenten vom 8.10.1949. Generationenwechsel in jüngster Zeit Winfried Schulze (a.a.O., S. 236) ver- 31 HHStAW 502/3979: Prof. Ritter an Propaganda erinnere“ (Hermann Brill. „Zu einer wirklichen Erfassung dieses 37 HHStAW 502/3978: Der Bundesmini- erfolgreich verhindert hatte.“ weist z. B. auf die in diesem Zusammen- Dr. Gerhard Kroll am 30.6.1949. HHStAW 502/3977: Protokoll über Phänomens [gemeint ist: der National- ster des Innern an den Hessischen Mi- Claudia Schwartz: „Schweres Erbe im hang „kaum zu überschätzende[n]“ Akti- Zu Gerhard Ritters Position in diesen die 4. Sitzung des Kuratoriums des In- sozialismus] sind neue Mittel unerläss- nisterpräsidenten vom 30.9.1949. ‚deutschen Oxford‘. Die Kaiser-Wil- vitäten des im Innenministerium im Jahr Jahren: Christoph Cornelißen: Gerhard stituts zur Erforschung der nationalso- lich. Man muss sie gewahren, heranho- 38 Mit diesem Brief endet die in den Akten helm-Gesellschaft im Nationalsozialis- 1950 für den Vorgang verantwortlichen Ritter. Geschichtswissenschaft und Politik zialistischen Politik am 30.5.1949). len und verwenden, wo immer sie sich im HHStAW enthaltene Korrespondenz. mus“. In: Aufbau vom 15.1.2004. Staatssekretärs a. D. Dr. Erich Wende.

22 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 23 EESSAYSSAY EESSAYSSAY

Der ewige „Dritte“ in allen Konfl ikten? Europäische Identitätspolitik ist heute vielfach bestimmt von der Idee der Gegenwart den traditionellen Anti- „Westen“, eine Figur des „Dritten“ ins Europa, der „Orient“ und die Juden eines christlich-jüdischen Abendlandes, Judaismus wieder auf die Füße, als wäre Feld führen zu können – die jüdische einer Idee, die gerade in konservativen der moderne Rassismus eine belanglose Verschwörung hinter der Fassade des von Hanno Loewy Diskursen zu einem Ventil des Ressen- Hülle gewesen – um sich nun der poli- Westens, den verborgenen „gemein- timents gegenüber einer Integration tisch „angesagten“ Form des Anti-Ame- samen Gegner“, den die „Anderen“ der Türkei in die Europäische Union rikanismus zu bedienen. nicht erkennen. Wie sonst soll man jene ahinter müssen die Juden ste- mit der israelischen Besatzungspolitik geworden ist, zur Abwehrformel gegen Mancher liberale „Multi-Kultura- „mäßigende“ Rede verstehen, für die der ben steht. Da sind die Opfer von einst cken. Seit 1945 ist Antisemitis- von heute gleichgesetzt wird. eine islamische „Überfremdung“ des list“, der sich gegen den Rassismus in malaysische Premierminister Mahathir und „die Täter“ von heute im Bild voll- mus in Europa ein Tabu. Und So wird der Nahostkonfl ikt in den Kontinents. Und so mancher Leser- den Industrienationen wendet, propa- Mohamad am 16. Oktober 2003 auf D ends eins geworden – verschmolzen mit giert ein „Selbstbestimmungsrecht der wie es mit Tabus ist: Sie bezeichnen ein Medien allgegenwärtig: zum Inbegriff briefschreiber wittert hinter dem EU- der Islamischen Weltkonferenz gefeiert der antisemitischen Urphantasie vom gemeinsames Geheimnis, einen Code des dessen, was Europa nicht sein will, und Beitritt der Türkei „geheime Mächte“ Völker“, das von völkischen Ideen kaum wurde. Er verurteilte Selbstmordatten- jüdischen Tanz ums Gold. Nicht-Bezeichnens, den jeder versteht. zur Folie aller denkbaren Verschwö- Wie einst, als im Mittelalter die und das „amerikanische Geld“. zu unterscheiden ist. Und die gleichen tate, forderte das Eingehen auf Frie- Es gibt keine Antisemiten mehr – je- rungstheorien. Negative wie positive Kreuzfahrer auf dem Weg nach Jeru- Da treff en sich die konservativen anti-rassistischen Aktivisten, die den densangebote und vorläufi ge Rückzüge. denfalls keine, die sich dessen rühmen Phantasien über „die Juden“, sie laden salem über die Juden herfi elen, wie in Verfechter eines europäischen Natio- Kampf des palästinensischen Volkes für Doch am Ende seiner Rede setzte er Territorium und Souveränität gut ver- würden. Zugleich erleben antisemitische den Konfl ikt im Nahen Osten auf, als Zeiten von Reformation und Gegenre- nalstaates mit den radikalen Gegnern gezielt auf eine Karte, die stach: „Wir stehen und keinen Zweifel an der „ara- Bilder eine Renaissance: im Zeichen ginge es um das Schicksal der Welt. formation, als die Juden erst als Erin- der Globalisierung und ihren Feind- sind mit einem Volk konfrontiert, das bischen“ (oder „islamischen“) Natur von Globalisierung, Einwanderung und Christliche Apokalyptiker träumen nerung des Ursprungs, dann als „Ver- bildern, und es ist eins, ob die Juden denkt. Sie haben 2.000 Jahre Pogrome dieser entstehenden palästinensischen der Suche nach Identität, in Europa von der kommenden Entscheidungs- stockte“, schließlich als Objekt von Ri- als Vergangenheit vereinnahmt werden nicht mittels Zurückschlagen überlebt, Nation haben, bezeichnen den israeli- wie im sogenannten „Orient“. Dabei schlacht um Jerusalem, der Wiederkehr oder Israel und eine Phantasie sondern mittels Denken. Sie erfanden schen Anspruch auf Territorium und sind scheinbar gar nicht „die Juden“ des Messias, ein „Heilsplan“, der den und förderten erfolgreich Sozialismus, der „jüdisch-amerikanischen Souveränität eines „jüdischen“ Staates gemeint. Ob Bilder von der Anbetung Juden eine undankbare Rolle zuweist. Kommunismus, Menschenrechte und Weltverschwörung“ der Gegen- schlankweg als „rassistisch“. Viele fi n- des Geldes, „goldene Nasen“ oder frei- Linke und No-Globals suchen hingegen Demokratie, (…) damit sie sich der glei- wart als Projektionsfl äche der den den islamischen Fundamentalismus maurerische Verschwörungen, „Kapita- nach Spuren einer Verschwörung von chen Rechte erfreuen dürfen wie andere. Globalisierungsangst dienen. im Grunde faszinierend, als Ausdruck listenschweine“ oder das „internationale CIA und Mossad hinter den Anschlä- Mit denen haben sie nun die Kontrolle Während die Juden schon eines Unbehagens an der westlichen Zi- Finanzkapital“, Geheimdienste oder zio- gen auf das World Trade Center und über die mächtigsten Länder gewonnen, von jeher als Inbegriff des „Ande- vilisation, eine Projektionsfl äche eigener nistische Politiker, die Bilder dafür ent- tun so, als entscheide sich in Jerusalem und sie, diese winzige Gemeinschaft, ren“ verachtet wurden, in einem Ressentiments gegen eine „verdorbene“ stammen dem Arsenal des europäischen das Schicksal des Weltkapitalismus. sich als christlich in Opposition sind eine Weltmacht geworden. Wir Antisemitismus – und dienen doch vor Welt, hinter der im Zweifelsfall am können sie nicht allein mit den Muskeln Während in der Propaganda „is- zum Orient verstehenden Euro- Ende wieder der „Dritte“ der europä- allem als Projektionsfl äche. lamistischer“ Medien alle antisemi- pa, so ist nun die Existenz des bekämpfen. Wir müssen auch unsere Wie schon so oft sind Juden die ischen Geschichte auftaucht: in diesem tischen Phantasien von einst, von den „jüdischen Staates“ selbst zum Gehirne benutzen.“ Mahathir träum- imaginären „Dritten“, die gemeinsamen Fall in der Gestalt des „amerikanischen“ Ritualmordlegenden bis zu den „Proto- Prototyp des „Anderen“, näm- te von Weltherrschaft und redete von „Anderen“, die man mit seinem Gegner Kapitals, dessen Wurzellosigkeit seiner kollen der Weisen von Zion“, in aller lich des „Westens“ geworden, der Verschwörung. Doch die Opfer solcher teilen kann, eine Phantasie über geheime heuschreckenartigen oder, wie eine IG- Weltherrschaftsphantasien, in denen es Off enheit aktualisiert werden, ist sol- in das autochthone „Idyll“ des Kräfte hinter den Kulissen. Das gilt Metall-Zeitschrift es zuspitzte, „blutsau- immer um die Verschwörung der ande- che Wörtlichkeit in europäischer Poli- Orients eingedrungen sei. Die selbst für jenen realen Konfl ikt, an dem gerhaften“ Gier entspricht. ren geht, sind gar nicht in erster Linie tical Correctness nur hin und wieder, tualmordlegenden herhalten mussten, jeweils realen anderen – der Islam für Und wie steht es nun um die is- Juden, freilich als Israelis, tatsächlich die Juden, sondern die jeweils „eigenen als „Unfall“ zu erleben: Da erscheint wie an der Wende vom forschrittsgläu- das Christentum und das Christentum teilhaben, den Konfl ikt um den Nahen lamischen „Fundamentalismen“, die Leute“, die der Terror vor allen anderen in einem Vorarlberger Gratisblatt bigen Liberalismus zum Nationalismus für den Islam – können sich dabei, trotz Osten. Während die Gesellschaften Eu- miteinander in Konkurrenz stehen, um triff t, ob im Irak oder in Pakistan, im am Ende des 19. Jahrhunderts, so sind aller behaupteten kulturellen Verschie- ropas zögernd die Wirkung der Migra- (Wann & Wo) eine Polemik gegen die Loyalität und ideologische Dominanz, Libanon oder in Nigeria. denheit, über diese Figur des „Dritten“ tion auf ihre Gemeinwesen entdecken, amerikanischen „Weltpolizisten“ und die Juden auch heute vor allem ein um die Migranten in den Metropolen Europa ist gerade dabei, seine his- mühelos miteinander verständigen. bekommen „die Juden“ einen zweideu- „$-Clans“, die „Th eaterwahlen“ zwi- „Bild“, mit dessen Wirkung Konfl ikte und die Massen in der postkolonialen torische Chance zu verspielen, solchen tigen Status zugewiesen. Sie werden von schen Demokraten und Republikanern ausgetragen werden können. Wenn im ägyptischen Fernsehen die „Peripherie“ – angesichts der fatalen Verschwörungstheorien ein reales uni- „Europa“ als Bestandteil des „eigenen“ „durchführen lassen“. Das mag noch Heute ringt Europa mit seiner „Iden- „Protokolle der Weisen von Zion“ zum Weigerung Europas, einem moderaten versalistisches Projekt entgegenzuset- kulturellen Erbes vereinnahmt – und dumpfer Standard pseudolinker Ameri- tität“ – und um den EU-Beitritt der Fernsehspiel dramatisiert werden, dann Islam hier wirklich eine Chance zu ge- zen. Die Apologeten eines „Krieges der zugleich mit Israel identifi ziert, mit neu kabilder sein, doch der Redaktion fällt Türkei wird gestritten, als ginge es um gibt es keinen anti-westlichen Kultur- ben? Das Vehikel der Konfl iktaustra- Kulturen“ – auf beiden Seiten – wer- aufgeladenem Ressentiment. keine andere Illustration ein als eine die Christenheit statt um eine politische schock. Und wenn eine syrische Fern- gung ist allemal Palästina, und Jerusa- den vielleicht noch bekommen, wovon Karikatur, die einen deutschen Wehr- Union. Auch dabei werden, insbesonde- sehproduktion die Geschichte der Dias- lem als dessen Symbol. Wer hier nicht sie träumen. Und die Juden werden Populäre Bilder des „Jüdischen“ in machtssoldaten zeigt, der ein Kind mit re in Deutschland, inzwischen die Juden pora anhand von bluttriefenden Ritual- „kompromisslos“ Position bezieht, hat auf beiden Seiten als Projektionsfl äche Europa kreisen um gegensätzliche Fi- Judenstern bedroht – und einen israeli- bemüht. Seit dem Ende des Ost-West- mordlegenden erzählt, dann gibt es beim seine Eintrittskarte für die Diskursare- für die eigenen Allmachtsphantasien guren: um die „guten Juden“, jene fast schen Soldaten mit Davidstern auf der Gegensatzes ist der Streit um die „Ver- christlich-islamischen Kulturtransfer na, sei es in Damaskus, Kairo, Paris oder dienen, als imaginäres Hindernis je- monströsen Genies von einst, die Auf- Armbinde, der seine Waff e auf ein pa- gangenheitsbewältigung“ vor allem ein keine Übersetzungsprobleme. Im „post- Berlin, nicht gelöst. Opfer dieser anti- ner Welterlösung, als dessen Werkzeug klärer, Emigranten und Humanisten, lästinensisches Kind richtet. Streit um nationale Identität geworden, kolonialen“ Diskurs werden „die Juden“ semitischen Projektionen sind freilich man sich aufspielt – um von den eige- und um die „bösen Juden“, die gewalt- Jugendliche Demonstranten gegen eine Identität, die auf der Verantwortung heute als Agenten der Verwestlichung nicht in erster Linie die Juden, sondern nen Interessen nicht reden zu müssen. tätigen, orientalischen „israelischen Be- das Weltwirtschaftsforum in Davos für eine „tragische Katastrophe“ aufbau- und eines natürlich ebenso „westlichen“ die jeweils eigenen „Massen“. Auch der satzer“. Dazwischen stehen die „toten 2003 inszenieren einen Tanz ums Gol- en soll, eine „Schicksalsgemeinschaft“, Imperialismus angesehen. Während der antisemitisch aufgeladene islamistische Dr. Hanno Loewy war von 1995 Juden“, die „Opfer“ schlechthin, und dene Kalb, mit „Kapitalistenschweinen“ aus der die realen Anderen der Gegen- einst als Bekenntnis zum modernen Ju- Terror fordert vor allem Opfer auf der bis 2000 Gründungsdirektor des Fritz damit der Holocaust, von dem zwar in und Politiker-Aff en, die auf eine Welt- wart, die Migranten und ihre Geschich- denhass in die Welt gebrachte Begriff jeweils „anderen“ islamischen Seite. Bauer Instituts und ist seit Januar 2004 Sonntagsreden behauptet wird, er sei kugel einprügeln. Einer der Aff en fällt te, weiterhin ausgeschlossen bleiben. des Anti-Semitismus die Projektion des Die Fokussierung auf Palästina, und Direktor des Jüdischen Museums Ho- einzigartig, dessen Ikonographie aber auf, es ist Donald Rumsfeld, der „Welt- Den „Juden“ wird dabei die undankbare Anti-Orientalischen auf den Juden zum das heißt: auf „die Juden“, hat den frag- henems in Österreich. im Bewusstsein großer Teile der eu- polizist“. Er trägt einen großen gelben Rolle eines moralischen Wächters der rassistischen Programm machte, stellt würdigen „Vorteil“, im Kampf unter- Foto: Hanno Loewy (Bildmitte, le- ropäischen Bevölkerung ausgerechnet Judenstern, auf dem „Sheriff “ geschrie- Vergangenheit zugewiesen. die anti-westliche Verschwörungstheorie einander, wie auch im Kampf mit dem send) im Museumscafé

24 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: © Jüdisches Museum Hohenems Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 25 EESSAYSSAY EESSAYSSAY

Die Beschwörung des mittelalterlichen Reichs im „Dritten Reich“ der Schule, suchte Himmler seit 1933 Oberbürgermeister von Quedlinburg und seinem Sohn Otto I. durchgeführ- nach einer Verankerung der SS in traditi- den eigens für ihn komponierten „König- ten Expansionen gegen die Slawen im Zur nationalsozialistischen Symbolpolitik onsreichen Figurationen. Dazu gehörten Heinrichs-Marsch“. In seinem engeren 10. Jahrhundert gewesen seien. auch Baulichkeiten. So die Wewelsburg Umfeld konnte Himmler nach Auskunft Historiker waren für die Deutung der von Frank Helzel bei Paderborn im „Lande Widukinds seines Leibarztes durchaus respektvoll wichtigsten Reichsinsignie ausschlagge- und Hermanns“, die 1934 in die Hände „König Heinrich“ genannt werden. bend, die Heinrich I. erworben haben ie sehr das mittelalterliche magne“ auf der Rückseite in Latein und der SS übergegangen war, und ab 1936 Alles, was Himmler mit Kriegsbeginn soll, nämlich die Heilige Lanze, die 1938 Reich nach seinem Ende dass aus dem „Dritten Reich“ jetzt offi ziell Deutsch: „Das Reich Karls des Großen, die Quedlinburger Stiftskirche als „nati- unternahm, stellte er unter die Patrona- mit den anderen Herrschaftszeichen von vor 200 Jahren die Gemüter „Großdeutschland“ wurde, ergänzt durch geteilt von seinen Enkeln im Jahre 843, onale Pilgerstätte“. Nach dem zunächst ge von Heinrich I.: Fahrten ab 3.9.1939 Wien nach Nürnberg gebracht worden W favorisierten Heinrich dem Löwen war der um ihren Nationalstaat ringenden die sich anschließende „Einverleibung“ verteidigt Adolf Hitler zusammen mit in den Osten im Sonderzug „Heinrich“ war. Otto Höfl er, neben seiner Univer- Deutschen heimsuchte und bis ins desHitler Sudetenlandes. sah sich also bei seinen ers- allen Völkern Europas im Jahre 1943.“ 1935 Heinrich I. in Himmlers Visier ge- (allein im Dienstkalender Himmlers von sitätstätigkeit (bis 1971) auch „Ahnener- „Dritte Reich“ verfolgte, ist eine heute ten imperialistischen Unternehmungen Die symbolpolitische Überhöhung raten. Der galt nämlich seit dem großen 1941/42 23-malige Erwähnung); seine be“-Wissenschaftler, sah in ihr jetzt den nur noch schwer zu vermittelnde Tat- in den Spuren großer Vorgänger un- ist von jeher Herrscherpraxis seit Alex- Historikerstreit des 19. Jahrhunderts als in der Nähe des östlichen Führerhaupt- „heiligen Speer Wotans“ und trieb ihr sache. Die 29. Ausstellung des Euro- terwegs, indem er sich immer wieder ander dem Großen. Napoleon zum „Gründer des deutschen Reiches“ und quartiers aufgeschlagene „Feldkdo.-Stel- alles Christliche aus. Das hatte Folgen nationaler Ostkolonisator. parates „Das Heilige Römische Reich auf ein tausendjähriges Erbe und seine Beispiel wollte sich gegenüber der le“ nennt er „Heinrich“; die Einrichtung für die bis 1964 angesetzten Ausbaupla- Deutscher Nation 962–1806“ (28.8. Verpfl ichtungen berief. Das setzte sich französischen Bischofskonferenz mit Heinrich I. war von Quedlinburg der „SS-Sondereinheit Dirlewanger“ folgt nungen der Wewelsburg zum SS-Zen- bis 10.12.2006) in Berlin und Magde- dann mit „Barbarossa“ fort, nachdem dem dreimaligen Ausruf, er sei Karl der an die SS herangetragen worden, in- dem Vorbild, wie es Heinrichs Chronist trum des „Großgermanischen Reichs burg muss deshalb etwas inszenieren, was er sich mit dem Krieg gegen Frankreich Große, zur Geltung bringen. dem man bei höchsten Reichsstellen Widukind von Corvey in der „Merse- Deutscher Nation“: Aus der gigantischen diese Faszination neu erzeugt. Jetzt sollen bereits in europäischer Perspektive in Bei Himmler aber neigte zum Bei- um Unterstützung für die Ausrichtung burger Schar“ schildert, die ebenfalls aus Lanzenform von 1941 wurde in der end- Prunk und kostbarste Exponate das Alte die Nachfolge Karls des Großen gestellt spiel Joachim C. Fest dazu, es abschätzig der Feierlichkeiten zum 1000. Todestag straff ällig Gewordenen zusammengesetzt gültigen Gestaltgebung von 1944 eine Reich so vergegenwärtigen, dass die Besu- sah. Ein Gedenkteller aus den Trüm- mit seiner Persönlichkeit in Zusammen- Heinrichs I. am 2.7.1936 nachsuchte. war. Sie kam im Raum Lublin ab 1940 großdimensionierte Speerform mit dem zum Einsatz. Dort wurde mit Hilfe von cher jenseits des Nationalen sich vor allem mern seines Anwesens auf dem Ober- hang zu bringen, indem er „abseitigste Darin sah die SS „propagandistisch […] dreieckigen Burggrundriss als Spitze, Odilo Globocnik, „Himmlers Vorposten darauf einstimmen lassen, wie sehr dieses salzberg dokumentiert für „verdiente“ Neigungen“ annimmt, „so wenn Himm- geradezu ein Geschenk des Himmels“, den Häftlinge aus dem angeschlossenen im Osten“, an der Verwirklichung des Reich bereits europäisch war. Bei diesem französische Angehörige der im Herbst ler sich als Reinkarnation Heinrichs I. und für die SS-Ideologen galt fortan die KZ baulich zu „vollenden“ hatten. „Programms Heinrich“ mit Siedlungser- Ansatz und dem selbst in einer Parallelver- 1944 aufgestellten SS-Division „Charle- betrachtete“,1 Wewelsburg als Gründung Heinrichs I. Die zentrale Stellung der Wewels- während Guido Knopp schließung einschließlich Völkermord in anstaltung nicht zu bewältigenden langen aus dem 10. Jahrhundert, von der aus sie burg im SS-Kosmos hatte sich bereits in diesem Zusammenhang zuletzt von den Vernichtungslagern gearbeitet – mit Zeitraum des Alten Reichs bleiben in die- „Himmlers Wahn“, seinen „makabren sich für die in einer lokalen Sage über- 1941 unmittelbar vor Beginn von „Bar- ser Ausstellung noch nicht aufgearbeitete projektierten Grenzen am Ural. Die Ver- Weihestunden“ und von „schamlos lieferte fi nale Schlacht zwischen Ost und barossa“ gezeigt, als Himmler in einer Sachverhalte ausgespart, die das Erbe des nichtungslager soll Himmler zum Bei- 2 West bestens gerüstet glaubten. Himm- dortigen Geheimtagung vor SS-Führern blasphemischer Ersatzreligion“ sprach. spiel „Heinrichs Wille“ oder „Heinrichs Mittelalters bis in den Nationalsozialismus ler übernahm die Burg in seinen Per- den Zweck des Russlandfeldzugs erklärte: Zutreff ender erscheint uns, wenn Faust“ genannt haben. (Odilo Globocnik unter Mithilfe und Zuspruch der natio- sönlichen Stab und verhängte ein Ver- „Die Dezimierung der slawischen Bevöl- nalen Geschichtswissenschaft weitertrans- die legitimierenden Absicherungen für war bereits verantwortlich für den „An- bot jeglicher Berichterstattung über die kerung um dreißig Millionen“.6 Himmlers Vorhaben im damals fl ächen- schluss Österreichs“, indem er im März Dazu portierte. Dieses Erbe erstreckte sich bis in dortigen Vorgänge. Noch im Dezember deckenden „Mediävalismus“ verortet 1938 an der Auslösung des „Unterneh- diente die bereits im Raum Lublin im die Vernichtungslager in Osteuropa. 1935 legte er fest, „dass die SS mit der werden, für dessen Ausbreitung die Na- mens/Falls Otto“ beteiligt war.) Himm- Rahmen des „Programms Heinrich“ ope- Stadt Quedlinburg alleinige Trägerin Sprichwörtlich ist bisher das „Un- tionalgeschichtsschreibung mit hervor- lers Freund und Chronist Hanns Johst, rierende „Sondereinheit Dirlewanger“. der Feiern am 2. Juli 1936 sein sollte“. ternehmen Barbarossa“, wird aber nur ragenden Namen stand. So schrieb ein Präsident der Reichsschrifttumskammer, Mit der ebenfalls 1935 erfolgenden andeutungsweise mit dem Mittelalter in im Nationalsozialismus engagierter und wäre bis zum Sieg mit der Abfassung der Frank Helzel, Dr. phil., geb. 1941, von Gründung der „Ahnenerbe“-Stiftung Verbindung gebracht. Dabei steht es in in der Bundesrepublik in Ansehen ste- „Heinrich-Saga“ betraut gewesen. 1967 bis 2004 Lehrer im hessischen Schul- wollte Himmler alles in Erfahrung brin- einem bemerkenswerten Zusammenhang hender Historiker wie Hermann Heim- 5 dienst, seit 1979 in Fritzlar an der „König- gen, was sich über die quellenarme Zeit mit anderen symbolpolitischen Anlei- pel in der Einleitung eines Buches von Wie willfährig Historiker sich der Heinrich-Schule“. Als Kind aus dem Sude- Heinrichs noch herausfi nden ließ. hen. Denn General Franz Halder hatte 1941: „Das Th ema des Buches ist stets Politik andienten und wie wenig Himm- tenland vertrieben, dann aus der DDR ge- den Russlandfeldzug 1940 noch als „Plan die Geschichte und das verpfl ichtende Himmler verlieh nach seiner deutsch- ler Instrumentalisierungen als „Spleen“ fl ohen, führte die Auseinandersetzung mit Otto“ ausgearbeitet. Dabei war ihm ent- Nachleben des mittelalterlichen Deut- landweit im Radio übertragenen Gedenk- zu charakterisieren sind, zeigt auch Al- einem für 1999 geplanten Heinrichsdenk- gangen, dass Hitler seine erste militärische schen Reiches. […] Das deutsche Mit- rede zu Heinrichs Todestag am 2.7.1936 bert Brackmann als der renommierteste mal auf dem Fritzlarer Domplatz endgül- Weisung als neuer Oberbefehlshaber der Holzschnitt von Ernst von Dombrow- telalter ist seit dem Jahre 1933 in einem – er hielt sie für die wichtigste seiner Historiker des „Dritten Reichs“: Nach tig in die öff entliche Auseinandersetzung Wehrmacht zum Einmarsch in Österreich mit dem Nationalsozialismus und seinem ski (1938). Das Heinrichsporträt wurde vorher nicht zu erhoff enden Maße in Karriere!4 – dem Todesgedenken Hein- Kriegsbeginn gegen Polen schrieb er am 11.3.1938 bereits mit dem Deckna- nach 1938 immer wieder publiziert, den Vordergrund eines allgemeinen, ja richs I. in Quedlinburg Ritualcharakter, noch 1939 auf Bestellung der SS für Erbe und zu einer späten Dissertation: men „Unternehmen Otto“ versehen hat- z.B. auch als Titelbild im 1941 vom Win- des öff entlichen Interesses gerückt.“3 erklärte 1937 ausgegrabene Knochen bei den „Ahnenerbe“-Verlag ein Buch mit Die nationalideologische Rezeption König te. Die Ottonen von Otto I. über Otto terhilfswerk des Deutschen Volkes her- der Wiederbeisetzung zu den Gebeinen dem Titel Krisis und Aufbau in Osteur- Heinrichs I. im 19. und 20. Jahrhundert, II. zu Otto III. galten nämlich für Hitler Orientiert an der am Mittelalter als Heinrichs I., gründete eine „König-Hein- opa, in dem er ausführlich darlegt, von in Übereinstimmung mit der nationalge- ausgegebenen deutschen Hausbuch Maßstab ausgerichteten Nationalge- Marburg 2000. In der Überarbeitung: rich-I.-Gedächtnis-Stiftung“ und rief welcher Bedeutung für die gegenwär- schichtlichen Tradition als Ahnherren für Ewiges Deutschland, das Joseph Goebbels schichtsschreibung und ihren populari- Ein König, ein Reichsführer und der Wil- mit einem Geleitwort versah. Dombrow- sierenden Multiplikatoren, vor allem in 1938 eine Reihe von Städten zu „König- tige Ostpolitik die unter Heinrich I. de Osten. Heinrich I. (919–936) in der Österreich in Gestalt der „alten Ostmark Heinrich-Städten“ aus (Braunschweig, des Reichs“ (Hitler). In seiner Verachtung ski ließ sich offensichtlich von den Kult- nationalen Selbstwahrnehmung der Deut- Skulpturen vom Bamberger und dem Enger, Fritzlar, Wetzlar, Gandersheim, schen. Bielefeld: transcript Verlag, 2004. des Habsburger Vielvölkerstaats ging es Erfurt, Goslar, Meißen, Nordhausen, Hitler bereits auf Seite 1 in Mein Kampf zeitgleichen Magdeburger Reiter inspirie- 1 Joachim C. Fest: Das Gesicht des Dritten 5 Vgl. Rolf Düsterberg: Völkermord und Weiterführende Informationen: ren. Denn von Heinrich sind nur stilisierte Reiches. Profi le einer totalitären Herrschaft. Schleswig, Wallhausen und Quedlin- Saga-Dichtung im Zeichen des „Großgerma- www.himmlers-heinrich.de um die Idee, dass „Deutschösterreich wie- burg). Am 2.7.1939 überreichte ihm der der zurück zum deutschen Mutterlande“ Miniaturdarstellungen auf Münzen und Frankfurt am Main/Berlin 1969, S. 354 f. nischen Reiches“. Hanns Johsts Freundschaft muss. Folgerichtig benannte Hitler zwei dem Königssiegel überliefert. Die in den 2 Guido Knopp: Die SS. Eine Warnung der mit Heinrich Himmler. In: Internationales Monate nach dem „Anschluss“ Öster- Holzschnitt integrierten Sätze Himmlers Geschichte. München 2003, S. 77, 99, 101. Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Li- 6 Vgl. Richard Breitman: Heinrich 4 Vgl. Willi Frischauer: Himmler. Th e evil gen- reichs seine Heimat in „Ostmark“ um, so stammen aus seiner Quedlinburger To- 3 Hermann Heimpel: Deutsches Mittelal- teratur (IASL), 24. Bd. 1999, 2. Heft, S. Himmler. Der Architekt der „Endlösung“. ius of the Th ird Reich. London 1953, S. 86. destagsrede vom 2. Juli 1936. ter. Leipzig 1941, S. 7. 88–133, hier S. 110, 123 f., 127. Zürich/München 2000, S. 212.

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FFORSCHUNGORSCHUNG

F FORSCHUNG O Forschungsprojekt oder aber taktvoller, durch die Auff or- repressionsfreien Raum gleichberech- Gesichtspunkt des Autonomie- und R Der Umgang mit den Paradoxien politisch-moralischer Erziehung derung, den Konjunktiv zu verwenden, tigte Aushandlungsprozesse zu gewähr- Anerkennungsgebotes, so ergibt sich

S auf ihre moralischen bzw. kognitiven leisten, und zugleich einen Rahmen ein uneindeutiges Bild. Da den Teil-

Defi zite hingewiesen. Ohne an dieser dafür schaff en, sich in demokratischer nehmer wenig Spielräume gelassen und C Stelle ausführlich auf weitere Bewer- Diskussionskultur zu üben. In umge- geboten werden, sich eigenständig zum H Seit Mai 2005 untersucht das am dass die Praxis der Vermittlung der NS- Anforderung gerecht zu werden, das tungs- und Korrekturvarianten einge- kehrter Richtung zum Unterricht kol- Th ema zu äußern, und sie noch dazu

U Fachbereich Erziehungswissenschaften Geschichte an den unterschiedlichen heißt, Einfl uss zu nehmen, ohne die hen zu können, lassen sich für den Un- lidieren die beobachteten settings der beständig mit den sozial erwünschten der Johann Wolfgang Goethe-Univer- Lernorten in situ, das heißt direkt auf freie Selbstbestimmung des Adressaten terricht zwei Aspekte festhalten. Auf der außerschulischen Jugendbildung kaum Narrativen konfrontiert werden, N sität angesiedelte DFG-Projekt die der Ebene der Interaktion, bisher nicht off en in Frage zu stellen. Weil bei der einen Seite sorgt der Unterricht durch mit dem professionsethischen Autono- könnte man einerseits von einer Ein-

G Vermittlung des Th emas Nationalso- systematisch erforscht worden ist. Behandlung der Geschichte des Natio- die hohe Frequenz von Bewertungso- mie- und Anerkennungsgebot, ziehen schränkung der Autonomie bereits auf zialismus und Holocaust im Unter- In einer von der Deutschen For- nalsozialismus und des Holocaust nicht perationen auch für ein hohes Maß an jedoch das Folgeproblem nach sich, der Ebene des pädagogischen Arrange- richt und an außerschulischen Lern- schungsgemeinschaft (DFG) fi nan- nur sachlich falsche, sondern – sei es sachlicher Einheitlichkeit und mora- dass sie in sachlicher und moralischer ments sprechen. Unter dem Gesichts- orten. Nach nunmehr einem Jahr der zierten Untersuchung hat sich die aus Naivität oder Provokation – auch lischer Verbindlichkeit, vor allem aber Hinsicht kaum für Einheitlichkeit bzw. punkt jedoch, dass ihnen weder mora- Forschung liegen erste Befunde vor. Forschergruppe um Frank-Olaf Radt- sozial unerwünschte Positionen wahr- für eine zumindest symbolische Form Verbindlichkeit sorgen. lische Stellungnahmen abverlangt noch ke und Matthias Proske die Aufgabe scheinlich werden, steigert sich diese der Vergewisserung seiner Vermitt- Betrachtet man nun abschließend ihre Beiträge ausdrücklich bewertet Mit dem jüngst von Charlotte gestellt, dieses Desiderat zu erfüllen. Bewertungsproblematik in besonderer lungsresultate. Mit der off enkundigen die Befunde, die zu den KZ-Gedenk- werden, könnte man andererseits aber Knobloch, Präsidentin des Zentralrats Anders als man es in Post-Pisa-Zeiten Weise. Da die Bewertung von Wert- Präsenz der Bewertungsoperation läuft stätten vorliegen, so ergibt sich das auch von einer Wahrung der Autono- der Juden in Deutschland, unterbrei- vielleicht erwarten würde, beabsich- haltungen immer auch als Ausdruck der der Unterricht auf der anderen Seite folgende dritte Bild. Vergleichsweise mie sprechen, da den Teilnehmern das teten Vorschlag, dem Th ema National- tigt die Untersuchung nicht, einzelne Wertschätzung einer Person verstanden aber beständig Gefahr, das Autonomie- deutlich lassen sich hier inhaltliche Was und Wie ihrer individuellen An- sozialismus und Holocaust ein eigenes Lehreinheiten zu evaluieren oder die werden kann, birgt sie das Risiko, in und Anerkennungsgebot durch zu rigi- Bezugnahmen identifi zieren, die über eignung off ensichtlich freigestellt wird. Schulfach zu widmen, steht zum wie- Leistungen von Schülerinnen und Päd- Beschämung, Herabsetzung oder Ver- de Bewertungen nicht nur zu verletzen, weite Strecken konform gehen mit den Der kursorische Einblick in Kom- derholten Mal die Qualität und Leis- agogen zu messen. In einer grundlagen- urteilung der Beteiligten zu enden. sondern es strukturell sogar zeitweilig öff entlich erwartbaren Redeweisen über munikationsmuster der drei verschie- tungsfähigkeit einer „Erziehung nach orientierten Perspektive zielt sie viel- Die Bandbreite der erhobenen Da- außer Kraft zu setzen, da im Unterricht das Th ema Nationalsozialismus und denen Lernorte kann freilich den Stand Auschwitz“ (Adorno) auf dem Prüf- mehr darauf ab, die Bedingungen der ten reicht von konventionellen, mehr- – gestützt durch den Lehrplan – der öf- Holocaust. Die Gespräche kreisen repe- der Forschung des laufenden Projektes stand. Es gehört zur erinnerungs- und Möglichkeit einer Erziehung nach Aus- wöchigen Unterrichtseinheiten im Fach fentlichen Moral und dem validierten titiv um die besondere Bedeutung des nicht umfassend wiedergeben. Er ver- geschichtspolitischen Tradition der chwitz empirisch zu bestimmen, um Geschichte an verschiedenen Frankfur- Wissen Vorrang vor der Individualität Ortes und des Besuchs einer Gedenk- deutlicht aber bereits auf dieser Ebene Bundesrepublik, die Gründe für aktu- auf der Basis dieses Wissens Aussagen ter Schulen (Gymnasien, Hauptschulen) und Eigensinnigkeit der Aneignung der stätte, um die Belastungen und Gren- den Variantenreichtum im Umgang elle soziale Probleme, wie etwa Anti- über die Möglichkeiten und Grenzen über Veranstaltungen in drei deutschen Schüler gegeben wird. zen im Umgang mit der Widrigkeit des mit der widersprüchlichen Anforde- semitismus, Rassismus oder Fremden- der Vermittlung des Th emas zu treff en KZ-Gedenkstätten bis hin zu Seminaren Betracht man im Kontrast dazu die Th emas und um das Leiden der Opfer. rung von Einfl ussnahme, Bewertung feindlichkeit, vor allem in den Defi ziten und einen Vergleich zwischen den ver- in zwei Einrichtungen der außerschu- vorgefundenen Kommunikationsmus- Die Kommunikationsform lässt sich und pädagogischem Takt. Alle settings öff entlicher Erziehung und den Ver- schiedenen Lernorten zu ziehen. lischen Jugendbildung. Die Gespräche ter im Bereich der außerschulischen daher nicht durchgängig als pädago- weisen unterschiedliche Gewichtungen säumnissen der historisch-politischen Den theoretischen Ausgangspunkt der settings wurden forschend begleitet, Jugendbildung, dann zeigt sich, dass gische Veranstaltung mit explizitem Er- in diesem Spannungsfeld auf und ge- Bildung zu suchen. Die öff entliche De- der Untersuchung bildet eine absichts- auf Tonband aufgezeichnet und passa- die Bewertung von Teilnehmerbeiträ- ziehungsanspruch ausweisen, sondern ben erste Hinweise über die spezifi sche batte scheint einmal mehr zu unterstel- volle Verfremdung. Erziehung wird genweise transkribiert. Zurzeit werden gen hier fast gänzlich aufgegeben wird. gleicht vielfach eher einer gemeinschaft- Leistungsfähigkeit der verschiedenen len, dass nachfolgende Generationen al- nicht aus der Perspektive ihrer Plan- sie mit Hilfe qualitativer Forschungsme- Das heißt nicht, dass in diesen settings lichen rituellen Vergegenwärtigung der Lernorte im Umgang mit diesen Wi- lein durch die Auseinandersetzung mit und Machbarkeit betrachtet, sondern thoden ausgewertet. Der Auswertungs- keine sachlich falschen oder moralisch besonderen Valenz des sogenannten dersprüchlichkeiten. Während im der NS-Geschichte im Unterricht, im als eine ungewisse Praxis beschrieben, prozess steht zwar noch am Anfang, brisanten Teilnehmerbeiträge zu iden- authentischen Ortes. Anders als in den Unterricht und in den Gedenkstätten Rahmen von Besuchen in KZ-Gedenk- die – wie jede Form sozialen Handelns dennoch liegen erste Befunde vor. tifi zieren wären. Im Gegenteil: Aus- beobachteten settings im Unterricht das Gewicht auf der Durchsetzung stätten oder Seminaren und Workshops – alle Versuche leerlaufen lässt, die Befragt man das bislang ausge- gefeilte methodische Arrangements und der außerschulischen Jugendbil- der öff entlichen Moral im Vorder- der außerschulischen Jugendbildung Handlungsweisen des Gegenübers zu wertete Material darauf hin, wie die (Dilemmadiskussionen, Rollenspiele) dung wird das Gespräch von den Rede- grund steht, die Individualität der zu moralischer Urteilsfähigkeit, Tole- berechnen und vorauszusagen. So ge- widersprüchliche Anforderung von zielen vielmehr darauf ab, plurale beiträgen der pädagogischen Mitarbei- Adressaten hingegen kaum in Er- ranz und Zivilcourage befähigt werden sehen steht Erziehung aufgrund ihrer Einfl ussnahme, Bewertung und päda- Perspektiven auf moralisch eindeutig ter dominiert. Wichtiges methodisches scheinung tritt, sind in der außerschu- könnten. Erziehung wird gemeinhin starken Einwirkungsabsichten vor der gogischem Takt an den verschiedenen konnotierte Th emen (Antisemitismus, Mittel ist dafür die Führung, in der den lischen Jugendbildung gegenläufi ge als planbarer Transfer von Wissen und widersprüchlichen Aufgabe, Einstel- Lernorten bewältigt wird, so ergibt sich Rassismus und Nationalsozialismus) Teilnehmern überwiegend die Rolle Muster zu erkennen. Off ensichtlich Werten gedacht. Sollten gegenüber der lungsänderungen bewirken zu müssen, ein erstaunliches Bild. Es zeichnet sich hervorzurufen. Hierdurch öff net sich des Stichwortgebers zugewiesen wird. sind die Bedingungen der Möglich- Leistungsfähigkeit von Erziehung den- ohne dass sie über das Bewusstsein ih- ab, dass der Versuch, methodisch und der Raum für Positionen, die von der Die Beiträge werden folgerichtig nicht keit einer Erziehung nach Auschwitz noch Zweifel aufkommen, dann werden rer Adressaten kausal, das heißt über didaktisch Einfl uss auf das Können öff entlichen Moral abweichen, ohne zum Prüfstein des Vermittlungserfolges in nicht zu unterschätzendem Maße diese gewöhnlich mit dem Hinweis auf geeignete Methoden, verfügen könnte. und die Haltungen der Adressaten zu dass diese dann durch entsprechende gemacht, sondern vorrangig vom päda- von den Kontextbedingungen der je- die bekannten Reformvorschläge aus- Aus dieser Wirkungsunsicherheit folgt nehmen, alleine im Unterricht konti- pädagogische Interventionen moralisch gogischen Mitarbeiter zur Fortführung weiligen Lernorte abhängig. Sie er- geräumt. Entweder sind es mangelnde nicht nur das Problem, dass Erziehung nuierlich das Bemühen nach sich zieht, eingeordnet oder kommunikativ so seines Vortrages aufgegriff en. öff nen unterschiedliche Chancen im pädagogische Kompetenz und schlech- fast komplementär die Enttäuschung die Resultate dieser Einfl ussnahmen lange weiterbearbeitet werden, bis die Ähnlich wie die Bewertungsopera- Umgang mit der Geschichte des Nati- te methodisch-didaktische Konzepte über ihr eigenes Scheitern immer schon zu überprüfen und zu sichern. Dass argumentativen Schwächen oder der tion im Unterricht für ein hohes Maß onalsozialismus, ziehen ihrerseits aber oder fehlende Zeit zur intensiveren Be- mit sich führt. Vor allem steht sie vor dies nicht nur für die Vermittlung his- prekäre Gehalt der Beiträge kommu- an sachlicher und moralischer Einheit- auch wieder Risiken und Nebenfolgen schäftigung mit dem Th ema, die für das der Frage, wie sie die Resultate ihres torischen Wissens, sondern auch für nikativ sichtbar werden. Im Selbstver- lichkeit bzw. Verbindlichkeit sorgt, nach sich. Dass die jeweiligen Bewäl- Scheitern der Erziehung verantwortlich Tuns überprüfen und ihre Adressaten moralische Wertungen gilt, zeigt sich ständnis des pädagogischen Konzeptes garantiert die Führung in den settings tigungsformen unterschiedliche Folge- gemacht werden. Das wiederkehrende bei Zielabweichungen pädagogisch an- zum Beispiel dann, wenn Schüler bei spielen die pädagogischen Mitarbeiter der KZ-Gedenkstätten, dass die Leh- probleme nach sich ziehen, wäre dann Muster von Enttäuschung und Reform gemessen bewerten und korrigieren der Bearbeitung von Quellen zu wenig bei entstehenden Kontroversen zwi- ren, die an diesem Ort zu ziehen sind nicht als Scheitern der Pädagogik zu hat in der Öff entlichkeit bislang nicht soll. Beständig geht es, wie die päd- sprachliche Distanz zum ideologischen schen den Teilnehmern zumeist die – und damit auch die potenziellen Ler- deuten. Vielmehr sind sie ein Ausdruck dazu geführt, die Erwartungen an und agogische Tradition seit Immanuel Sprachgebrauch der Nationalsozialis- Rolle von neutralen Moderatoren, de- nerfolge – kommunikativ sichtbar blei- für die paradoxen Anforderungen an vor allem das Bild von Erziehung neu Kant weiß, in pädagogischen Kontex- ten wahren. In diesen Fällen werden ren pädagogische Aufgabe off ensicht- ben. Betrachtet man das Kommunika- Erziehung, die letztlich nicht gelöst, zu überdenken. Erstaunlich ist überdies, ten darum, dieser widersprüchlichen sie entweder durch direkte Belehrung lich darin besteht, in einem gleichsam tionsmuster abschließend unter dem sondern mit denen lediglich situativ

28 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 29 FFORSCHUNGORSCHUNG FFORSCHUNGORSCHUNG

umgegangen werden kann – und das jektes in den kommenden Monaten vor im Laufe des Jahres 2007 geplant. Auschwitz-Überlebende 33. Herrmann, Heinz (Haifa/Israel), Fabri- 68. Polednik, Ladislav (Pusta Polom/CSSR), kant, 43 Jahre [H.-Nr. 71.114] Zahnarzt, 53 Jahre [H.-Nr. 77.081] mal mehr und mal weniger befriedigend allem darin bestehen, die bisher nicht Hinweise zum Projekt und zu Publi- Zeugen im Auschwitz-Prozess für Öff entlichkeit und Pädagogik. oder nur ansatzweise ausgewerteten set- kationen fi nden sich unter: 34. Hirsch, Friedrich (Fellbach), Kraftfahrer, 69. Pozimska, Barbara (Tarnowski-Gory/ Neben der empirischen Rückbin- tings auf weitere Bewältigungsformen www.uni-frankfurt.de/fb/fb04/for- 52 Jahre [H.-Nr. 25.172] Polen), Strickerin, 38 Jahre [H.-Nr. 4.662] 1. Alexander, Vera (Israel), Keramikerin, 35. Holtgreve, Hermann (Brake), Installateur, 70. Preston, George (Willington, Delaware/ dung und Darstellung dieser Befunde hin zu untersuchen. Neben verschie- schung/paradoxien3.html 42 Jahre [H.-Nr. 5.236] 67 Jahre [H.-Nr. 3.269] USA), Diplom-Ingenieur, 51 Jahre [H.- in der Form von ausgewählten Fallana- denen Einzelveröff entlichungen ist ei- Verena Haug, Juliane Hogrefe, 2. Altmann, Erich (Lyon/Frankreich), Ex- 36. Joachimowski, Tadeusz (Kraków/Polen) Nr. 160.581] lysen wird die weitere Aufgabe des Pro- ne Publikation der Gesamtergebnisse Oliver Hollstein, Wolfgang Meseth portagent, 60 Jahre [H.-Nr. 159.923] [H.-Nr. 3.720] 71. Schmidt, David (Jazur/Israel), Rentner, 3. Amann, Felix (Weissenfels), Genossen- 37. Kagan, Raya (Jerusalem/Israel), Beamtin, 66 Jahre [H.-Nr. 77.493] schaftsbauer, 62 Jahre [H.-Nr. 78.581] 54 Jahre [H.-Nr. 7.984] 72. Schröder, Waldemar (Würzburg-Hei- 4. Badewitz, Albert (Frankfurt am Main), 38. Kanał, Jerzy (Berlin), Kaufmann, 42 Jahre dingsfeld), Autoschlosser, 40 Jahre [H.-Nr. Aufruf Ingenieur, 51 Jahre [H.-Nr. 1.305] [H.-Nr. 129.361] Z-2.987] 5. Bard, Daniel (Augolene/Frankreich), 39. Karwowski, Adam (Warszawa/Polen), 73. Sebestyén, Rudolf von (Haifa/Israel), Zeugenfotos aus dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965) Kaufmann, 52 Jahre [H.-Nr. 51.066] Jurist, 50 Jahre [H.-Nr. 78.044] Diplom-Ingenieur, 73 Jahre 6. Bartel, Erwin (Katowice/Polen), Diplom- 40. Kasner, Max (Teplitz, CSSR), Beamter, 74. Seefeld, Karl (Stuttgart), Koch, 60 Jahre ingenieur, 41 Jahre [H.-Nr. 17.044] 50 Jahre [H.-Nr. 68.385] [H.-Nr. 13.681] Suche nach Zeugenfotos 7. Beckman, Johan Frederik (Leiderdorp/ 41. Klymyschyn, Nikolaus (Detroit/USA), Tech- 75. Śnieszko, Tadeusz (Tarnów/Polen), Arzt, Holland), Major d. Niederl. Armee, 45 Jah- nischer Zeichner, 56 Jahre [H.-Nr. 57.340] 58 Jahre [H.-Nr. 29.620] 211 Auschwitz-Überlebende haben re [H.-Nr. 45.218] 42. Knuth-Siebenlist, Kurt (Hamburg), Jour- 76. Stasiak, Bronisław (Stowe Vermont/USA), im Auschwitz-Prozess Zeugnis abge- 8. Boratynski, Stefan (Kraków/Polen), Be- nalist und Verleger [H.-Nr.] Musiker, 53 Jahre [H.-Nr. 31.309] legt. Ihre Vernehmung ist größtenteils amter, 46 Jahre [H.-Nr. 5.721] 43. Kordek, Ryszard (Polen) [H.-Nr. 10.291] 77. Stein, Bruno (Bochum), Montageange- auf Tonband aufgenommen worden. 9. Burakowski, Edward (Legnica/Polen), 44. Korn, Alfred (Stuttgart), Kaufmann, stellter, 45 Jahre [H.-Nr. Z-1.286] Von über 100 Opferzeugen hat das Fotograf, 44 Jahre [H.-Nr. 96.747] 52 Jahre [H.-Nr. 174.225] 78. Steiner, Rudolf (Wien/Österreich), Kriminal- Fritz Bauer Institut in den letzten Jah- 10. Callehn, Erich (Frankfurt am Main), 45. Kornacki, Izydor (Polen) [H.-Nr. 7.140] Revier-Inspektor, 45 Jahre [H.-Nr. 112.289] Melker, 54 Jahre [H.-Nr. 112.008] 46. Kowalczyk, Tadeusz (Madison, Wiscon- 79. Steinfeld, Zeew (Tel Aviv/Israel), Diplom- ren Fotos aus der Zeit des Verfahrens 11. Corper, Rosje (Amsterdam/Holland), sin/USA), 63 Jahre [H.-Nr] ingenieur, 39 Jahre [H.-Nr. 161.367] zusammentragen können. Uns fehlen Hausfrau, 38 Jahre [H.-Nr. 74.906] 47. Kratz, Männe (Schliersee), Kaufmann, 50 80. Szpalerski, Jan (Warszawa/Polen), Schuh- aber noch Aufnahmen der in der Ta- 12. Corrin, Charles (Vincennes/Frankreich), Jahre [H.-Nr. 85.908] macher, 57 Jahre [H.-Nr. 119.468] belle auf S. 31 aufgeführten Zeugen. Leder-Sortierer, 39 Jahre [H.-Nr. B-5.004] 48. Kronauer, Jakob (Lampertheim), Schrei- 81. Tamir, Abraham (Jerusalem/Israel), Sozi- 13. Cougno, Helene (Th essaloniki/Griechen- nermeister, 65 Jahre [H.-Nr. 23.774] alfürsorger, 37 Jahre Wer kann uns helfen, Fotos von den land) Kaufmann, 58 Jahre [H.-Nr. 38.911] 49. Kurz, Herbert (Göppingen), Diplom- 82. Targosz, Franciszek (Polen) [H.-Nr. genannten Zeugen zu erhalten? 14. Czekalski, Leon (Tomaszow/Polen), Fri- Landwirt, 59 Jahre [H.-Nr. 11.952] 7.626] seur, 44 Jahre [H.-Nr. 2.955] 50. Küsel, Otto (Schwarzhofen), Verkaufsfah- 83. Tischler, Herbert (Hornstein/Österreich), Wer kann uns in Kontakt zu Angehöri- 15. Danel, Paweł (Czechowice/Polen), Buch- rer, 55 Jahre [H.-Nr. 2 ] Kaufmann, 63 Jahre [H.-Nr. 124.657] gen oder zu Einrichtungen bringen, die halter, 44 Jahre [H.-Nr. 1.441] 51. Laks, Jakob, (Weiden), Kaufmann, 56 Jah- 84. VanderHoek, Celine (Amsterdam/Holland), 16. Diamanski, Hermann (Frankfurt am Main), re [H.-Nr. 99.383 ] Sängerin, 45 Jahre [H.-Nr. A-25.236] möglicherweise über Fotos verfügen? Expedient, 54 Jahre [H.-Nr. 71.868] 52. Ławrynowicz, Mieczysław (Warszawa/Po- 85. Wassiljew, Nikolaj (Moskau/UdSSR), 17. Doering, Karol (Warszawa/Polen), Konstruk- len), Diplom-Ingenieur, 49 Jahre [H.-Nr. Dreher, 51 Jahre In der Tabelle sind Name, Wohn- tions-Mechaniker, 41 Jahre [H.-Nr. 138.878] 31.145] 86. Weihrauch, Hermann (Berlin), Monteur, ort, Beruf und Alter zur Zeit der Ver- 18. Dowgint-Nieciuñski, Waclaw (Warszawa/ 53. Leeuwarden, Willi (Ludwigshafen), Gast- 58 Jahre [H.-Nr. 3.215] nehmung (1964–1965) sowie die Polen), Beamter, 49 Jahre [H.-Nr. 41.695] wirt, 43 Jahre [H.-Nr. 69.735] 87. Weiss, Berta (Wien/Österreich), Rentne- Auschwitzer Häftlings-Nummer der 19. Eder, Friedrich (Kriftel), Betriebsmeister, 54. Löbner, Walter (Haifa/Israel), Arzt, 61 Jah- rin, 65 Jahre [H.-Nr. 42.689] Zeugen aufgeführt. Die Daten sind 55 Jahre [H.-Nr. 157.540] re [H.-Nr. 70.096] 88. Weiß, Hilli (Hannover), Hausfrau, 46 Jah- dem Protokoll der Hauptverhandlung 20. Ehrenfeld, Albert (Stockholm/Schweden), 55. Löffl er, Siegbert (Hof a. d. Saale), Zahn- re [H.-Nr. Z-4.609] Chemiker, 66 Jahre [H.-Nr. techniker, 61 Jahre [H.-Nr. 105.675] 89. Wiener, Hans (Berlin-Niederschönhausen), und anderen Quellen entnommen. 21. Fath, Friedrich (Neu-Ulm), Maschinist, 56. Lubowski, Samuel (Weiden), Kaufmann, Abteilungsleiter, 60 Jahre [H.-Nr. 70.263] 62 Jahre [H.-Nr. 78.578] 61 Jahre [H.-Nr. 128.131] 90. Windeck, Josef (Mönchengladbach), Bau- Identifi kation von Personen 22. Fiege, Hans (Frankfurt am Main), Kauf- 57. Mahlberg, Max (Alsfeld), Kaufmann arbeiter, 60 Jahre [H.-Nr. 3.221] mann, 43 Jahre [H.-Nr. 113.338] (1898–1964) [H.-Nr. 112.073] 91. Wintowiak, Oleksa (München), Verleger, Die Sammlung des Fotografen 23. Friedrich, Jonas (Düsseldorf), Rentner, 58. Majerczyk, Lilly (Antwerpen/Belgien), 50 Jahre [H.-Nr. 49.743] Günter Schindler (Schindler-Foto- 60 Jahre [H.-Nr. 174.217] Hausfrau, 49 Jahre [H.-Nr. 19.332) 92. Włoch, Gerard (Katowice/Polen), Natio- Report) enthält Zeugenfotos aus dem 24. Gawalewicz, Adolf (Kraków/Polen), Jurist, 59. Martynec, Wolodymyr (Irvington, New nalökonom, 45 Jahre [H.-Nr. 7.677] Frankfurter Auschwitz-Prozess, auf de- 47 Jahre [H.-Nr. 9.225] Jersey/USA), Maschinenarbeiter, 60 Jahre 93. Woloski, Arthur (New York/USA), Ober- 25. Glück, Josef (Haifa/Israel), Kaufmann, 60. Mehler, Helene (New York/USA), 63 Jah- ingenieur, 41 Jahre [H.–Nr. 161.773] nen bislang nicht identifi zierte Personen 66 Jahre re [H.-Nr. 19.356] 94. Wóycicki, Alfred (Kraków/Polen), Dra- abgebildet sind. Wir werden die Fotos 26. Gotland, Simon (Warszawa/Polen), Kauf- 61. Molotokas, Friedericke (Mackel), Haus- maturg, 57 Jahre [H.-Nr. 39.247] auf unsere Website stellen und bitten mann, 65 Jahre [H.-Nr. 53.908] frau, 39 Jahre [H.-Nr. 959] 95. Wysoczynski, Henryk (Zelunska Wola/Po- um Ihre Mithilfe, den unbekannten 27. Grande, Gerhard (Hannover), Gastwirt, 62. Morgenstern, Paul (Hannover), Textil- len), Volkswirt, 44 Jahre [H.-Nr. 97.640] Zeugen einen Namen zu geben. 51 Jahre [H.-Nr. 113.675] kaufmann, 53 Jahre [H.-Nr. Z-5.439] 96. Zając, Karol (Katowice/Polen) Webseite mit unidentifi zierten 28. Grosman, Wolf (Frankfurt am Main), Tex- 63. Niedzielak, Felix (Frankfurt am Main), 97. Zając, Władysław (Ldunska Wola/Polen), Zeugenfotos von Günter Schindler: tilkaufmann, 53 Jahre [H.-Nr. 133.576] Arzt, 50 Jahre [H.-Nr. 182.943] 44 Jahre [H.-Nr. 97.673] 29. Gulba, Franciszek (Cyglin/Polen), Straßen- www.fritz-bauer-institut.de/zeugen- 64. Olszówka, Erwin (Chorzow/Polen), Büro- 98. Zalewski, Józef (Warszawa/Polen) [H.-Nr. bau-Techniker, 65 Jahre [H.-Nr. 10.245] angestellter, 48 Jahre [H.-Nr. 1.141] 8.363] fotos.htm 30. Guttenberger, Elisabeth (Wilferdingen), 65. Penha, Abraham de la (Amsterdam/Holland), 99. Zimmermann, Josef (Ramadgan/Israel), Hausfrau, 38 Jahre [H.-Nr. Z-3.991] Installateur, 55 Jahre [H.-Nr. A-2.744] Werkzeugschlosser, 68 Jahre [H.-Nr. 161. Kontakt: Fritz Bauer Institut, Werner 31. Gwoździk, Władysław (Lübeck), Arbeiter, 66. Piękny, Boris (New York/USA), Elektri- 816] Renz, Grüneburgplatz 1, 60323 Frank- 40 Jahre [H.-Nr. 22.983] ker, 54 Jahre [H.-Nr. 132.937] 100. Znamirowski, Franciszek (Rexdale-Onta- furt am Main, Tel.: 0 69–79 83 22–25, 32. Hadas, Hanoch (Kiriat-Bialik/Israel), Me- 67. Piwko, Józef (Chorzow/Polen), Ingenieur, rio/Kanada), Pensionär, 70 Jahre [H.-Nr. Fax: –41, [email protected] chaniker, 53 Jahre [H.-Nr. 75.007] 71 Jahre [H.-Nr. 117.784] 139.540]

30 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fotos: © Schindler-Foto-Report Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 31

PPÄDAGOGIKÄDAGOGIK

P PÄDAGOGIK Ä Aus der Pädagogischen Abteilung schaften und die didaktische Diskus- ben in der Region Hanau vor dem Ho- D sion zu kennen. Das breite Spektrum locaust thematisiert. Für die Grund-

Angebote, Berichte, Veranstaltungen methodischer Angebote gerade in die- schule wurden die Möglichkeiten und A sem Th emenfeld sollte allen Lehrkräf- Grenzen bei der Vermittlung beider G ten verfügbar gemacht werden. Th emenfelder problematisiert. Das

O Lehrerbildung Die Studientage decken zwei allge- Fritz Bauer Institut hoff t auf weitere Sprechzeiten – Beratung – Lehrgangsangebote meine Th emenbereiche ab: zum einen Nachahmer des „Hanauer Modells“, G Ausbildung von Lehramtsrefe- die Vermittlung des Holocaust und sei- solche Studientage als Teil eines Mo-

I rendaren zur Vermittlung des ner Wirkungen in der Gegenwart und Die Pädagogische Abteilung des Fritz Bauer Instituts ist täglich zwischen duls im Wahlpfl ichtbereich in die Aus- K Holocaust und von Aspekten zum anderen die Vermittlung von As- 10.00 und 16.00 Uhr erreichbar. Für längere Beratungsgespräche können bildung der zukünftigen Lehrerinnen jüdischen Lebens vor und nach pekten jüdischen Lebens in Geschich- Termine vereinbart werden. Schulinterne Fortbildungen können ebenfalls und Lehrer aufzunehmen. dem Holocaust te und Gegenwart. Dieser didaktische individuell vereinbart und geplant werden. Weitere Schritte in dieser Richtung Doppelansatz, neben die Beschäftigung Betrachtet man den Stand der didak- Die Kosten für Lehrgänge richten sich nach Gruppengröße, Teamer-An- sollen Ende November 2006 auf einer tischen Überlegungen zur Vermittlung mit dem Holocaust eine gründlichere zahl und nach der Entfernung von Frankfurt am Main. Veranstaltung des Hessischen Kultus- der Geschichte des Holocaust, so steht Aneignung der jüdischen Geschichte zu Für hessische Schulen finden Beratungen und schulinterne Fortbildungen ministeriums, des Amts für Lehreraus- im Rahmen der Professionalisierung die stellen, entspricht dem Stand der didak- unter dem Dach des Amtes für Lehrerbildung des Landes Hessen statt. bildung in Kooperation mit dem „Leo Bildung der Lehrerpersönlichkeit im tischen Diskussion, wie sie besonders Das Fritz Bauer Institut ist vom „Institut für Qualitätssicherung“ als Fort- Baeck Programm – Jüdisches Leben Mittelpunkt. Es geht dabei nicht allein vom Leo Baeck Institut vertreten wird. bildungsträger akkreditiert. Es kann also für schulinterne Fortbildungen in Deutschland – Schule und Fortbil- um die Fortbildung auf dem Feld der angefragt werden; entsprechende Punkte sind anrechenbar. Alle Lehrerfort- Gerade die Aspekte jüdischen Lebens dung“ und dem Fritz Bauer Institut historischen Forschung, sondern gerade bildungsveranstaltungen des Fritz Bauer Instituts sind ebenfalls akkreditiert, sind – nicht nur als Folie der Beschäfti- mit den Leitern hessischer Studiense- um die Refl exion des eigenen Bezuges und das Fritz Bauer Institut stellt die entsprechenden Bescheinigungen aus. gung mit dem Holocaust – für die Leh- minare und mit Fachleitern diskutiert zu dieser Geschichte und die Kenntnis rerbildung von besonderer Bedeutung werden. Ein erstaun- methodischer Verfahren für das Struk- angesichts der noch immer defi zitären, Schulinterne Fortbildungen und Beratung turieren des oft von starken Emotionen einseitigen und verzerrenden Darstel- Schwerpunkte unserer Beratung sind die Planung von schul spe zifischen begleiteten Lernprozesses. Daneben be- lung der deutsch-jüdischen Geschichte Pädagogische Curricula zum Thema Nationalsozialismus und Holo caust, die Planung von steht bei vielen Lehramtsstudierenden in Schulbüchern. Auch der Unterricht liches und Ge denk stätten fahrten, die Unterstützung bei der Gestaltung von Gedenk- Begleitung der Ausstellung und Lehrkräften eine erschreckende bleibt in der Regel ausschließlich auf die tagen, die Nutzung von Medien bei der pädagogischen Annäherung an die Unkenntnis über jüdisches Leben in Verfolgungsgeschichte, den Antisemitis- Geschichte des Holocaust. Folgende Abrufangebote werden angeboten: „Legalisierter Raub. Der Fiskus Vergangenheit und Gegenwart. mus und den Holocaust reduziert und und die Ausplünderung der Ju- • Konzepte zur Vermittlung der Geschichte und Wirkung des Holocaust Die pädagogische Arbeit des Fritz lässt Juden vorzugsweise als Objekte und den in Hessen 1933–1945“ • Jüdisches Leben in Geschichte und Gegenwart ergreifendes, Bauer Instituts zielt auf alle drei Phasen Opfer der deutschen Geschichte erschei- • Nationalsozialismus als Unterrichtsthema in der Grundschule Die Ausstellung „Legalisierter Raub. der Lehrerbildung: Studium – Referen- nen. Da die hessische Kultusministerin Der Fiskus und die Ausplünderung der • Beratungsangebot: „Erinnerung vor Ort“ in hessischen Städten und Dörfern dariat – Lehrerfortbildung, besonders Wolff sich bereits 2003 für „eine voll- Juden in Hessen 1933–1945“ ist weiter „Erinnerung vor Ort“ ermutigt, den individuellen Schicksalen der einzelnen aus ständige und diff erenzierte Betrachtung in Hessen. Für das Referendariat be- mit ihrer bewährten Anbindung an die mehr als zweihundert hessischen Gemeinden verschleppten Holocaustopfern der deutsch-jüdischen Geschichte“ ein- ein unver- steht anlässlich der Umstrukturierung lokalen Strukturen auf der Reise in hes- und den Opfern der Vertreibung durch die Nationalsozialisten in hessischen setzte und zusagte, die Orientierungs- im Zuge der Modularisierung die Ge- sischen Städten. Im Herbst 2006 wird Dörfern und Städten konkret nachzugehen. Einzelpersonen, Schulklassen, Ge- hilfe des Leo Baeck Instituts, „Deutsch- legenheit, die pädagogische Arbeit zur sie in Hanau gezeigt, und auch 2007 Geschichte und Wirkung des Holocaust schichts- und Heimatvereine erhalten praktische Hilfestellungen. Weiterhin jüdische Geschichte im Unterricht“, für werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie noch lebende jüdische Bürger ehemals gibt es bereits feste Planungen (siehe: geßliches stärker in den Vordergrund zu rücken den Unterricht an Hessens Schulen um- aus Hessen und/oder ihre Nachfahren im Ausland erreicht werden können. Die zusetzen, hoff en wir auf institutionelle Ausstellungen, S. 36). und als Teil eines Moduls im Wahl- Die pädagogische Begleitung für pfl ichtbereich oder an anderer Stelle Ergebnisse dieses Projekts entfalten ihre öffentlichen und schulischen Auswir- Unterstützung für unser Angebot. kungen im Erinnern und Gedenken vor Ort. Auch für Gedenkveranstaltungen diese Ausstellung soll Chancen zum der Ausbildung zu implementieren. Das Eine erste praktische Erfahrung selbständigen Erschließen unterstüt- Fritz Bauer Institut hat dazu ein Kon- gibt es Angebote zur Beratung. Die Kooperation mit den vor Ort engagierten Buch. Personen und Institutionen wird gesucht und unterstützt. konnten wir mit dem Studienseminar zen. Eine Lerngruppe kann zum Bei- zept für Studientage entwickelt, das sich Main-Kinzig im Juni 2006 machen. spiel eine Präsentation über einen Fall an künftige Lehrer und Lehrerinnen der Ansprechpartnerin ist Monica Kingreen, Tel.: 0 69–79 83 22–31, [email protected] Als Beginn einer festen Kooperation im aus dem eigenen lokalen Umfeld in der Grund- und Förderschulen sowie der Rahmen eines Teilmoduls im Wahl- Ausstellung zeigen. Anknüpfend an die Marcel Reich-Ranicki Haupt- und Realschulen richtet. Es soll • Konfrontationen – Pädagogische Annäherungen an Geschichte und Wirkung des Holocaust pfl ichtbereich wurden gemeinsam Erfahrungen mit diesem Projektange- jeweils in Absprache mit den Studiense- Studientage durchgeführt. Insgesamt bot versuchen wir, jeweils eine Schule minaren variiert werden können. Einführungsworkshop für Fachkonferenzen oder fachübergreifende Arbeits- gruppen. Beratung bei der Entwicklung von schulinternen Curricula. fanden zu den beiden Schwerpunkten (einen Kurs oder eine AG) oder eine Die Beschäftigung mit National- Saul Friedländer ist Profes- • Holocaust als Thema für Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren „jüdisches Leben“ und „Holocaust“ AG bei einem außerschulischen Trä- sozialismus und Holocaust ist ein zen- vier halbe Studientage mit insgesamt ger zu fi nden, die eine Geschichte für sor für Geschichte. 1998 Einführung und Beratung zu Kinder- und Jugendliteratur zu Nationalsozialismus erhielt er für Das Dritte traler Bestandteil des Geschichtsunter- Reich und die Juden 1933– und Holocaust. 15 Stunden statt. Die Vermittlung der die Ausstellung als Projekt recherchiert richts. Aber nicht nur dort, sondern didaktischen und methodischen An- und präsentiert. Das Fritz Bauer Insti- 1939 den Geschwister- • Spurensuche und Gedenken Scholl-Preis. besonders auch im Literaturunterricht © I. Ohlbaum Beratung bei der Konzeption und Durchführung von Spurensuche-Projekten gebote zur Vermittlung des Holocaust tut unterstützt die Projektarbeit dabei sowie in den Fächern Ethik und Reli- bildete die Grundlage für eine Sensibi- vor allem durch die Recherche, die von Saul Friedländer, Die Jahre der Vernich- und bei der Konzeption von Gedenkveranstaltungen in Schulen. tung. Das Dritte Reich und die Juden. gion wird immer wieder auf den Ho- lisierung gerade für die Wahrnehmung Katharina Stengel für den jeweiligen 1939–1945. Aus dem Englischen von Mar- locaust Bezug genommen. Es ist daher jüdischer Gegenwart. Neben einem Ort vorbereitet wird. tin Pfeiffer. 869 Seiten, 2 Abbildungen. Info: Fritz Bauer Institut, Pädagogische Abteilung Leinen. EUR 34.90 für die Planung und Durchführung Gottfried Kößler, Tel.: 0 69–79 83 22–32, [email protected] Besuch eines Gottesdienstes in einer Für die Mehrzahl der Gruppen, von Unterricht – aber auch für die Ko- Monica Kingreen, Tel.: 0 69–79 83 22–31, [email protected] Synagoge und der Begegnung mit dem die unsere Ausstellung besuchen, wird ordination der Fächer – unerlässlich, Frankfurter Rabbiner Andy Steiman ein Workshop angeboten, der eine auf C.H.BECK den Forschungsstand der Fachwissen- wurde auch das vielfältige jüdische Le- die Lernprozesse der jeweiligen Grup- www.beck.de

32 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 33 PPÄDAGOGIKÄDAGOGIK PPÄDAGOGIKÄDAGOGIK

pe orientierte Begleitung beinhaltet. torisch-politischen Bildung zum Nati- bau-Dora und der Gedenkhalle Ober- maßen gerecht zu werden. Die Konzep- Der Workshop in der Ausstellung be- tation in den Räumen des Anne Frank onalsozialismus sowie der Demokratie- Zentrums an den Hackeschen Höfen hausen beteiligt ist. Das Projekt wird tion der Tagung, neben dem deutsch- ginnt mit einer Überblicksführung, und Toleranzbildung zusammen und in Berlin fortgesetzt. Diese Ausstellung über das Bundesförderprogramm „En- sprachigen Angebot von Yad Vashem auf die eine Phase der selbständigen entwickeln konkrete Vorschläge für wird im November 2006 eröff net. timon – gemeinsam gegen Gewalt und möglichst viele unterschiedliche Mate- Erkundung in Kleingruppen folgt. Die Wanderausstellung kann beim eine methodische Umsetzung. Dabei Rechtsextremismus“ und aus Mitteln rialien vorzustellen, hat sich im Prinzip Zum Schluss sollen die Eindrücke aus Anne Frank Zentrum Berlin ausgelie- werden Übungen, die in den verschie- des Jugendgästehauses Dachau fi nan- bewährt. Es wird aber künftig genauer der Erkundung in eine Aktivität der hen werden. Die Ausstellung in Frank- denen Programmen des C.A.P. und am ziert. Es geht um eine der Grundfragen darauf zu achten sein, die Vorstellung gesamten Gruppe münden. Einige furt steht mit einigen Verbesserungen Fritz Bauer Institut entwickelt wurden, der historisch-politischen Bildung. von Materialien für die Praktiker nicht Th emen der Ausstellung liegen sehr weiter zur Verfügung. Sechzig Jahre nach dem Ende des eine zentrale Rolle spielen. zu sehr mit der wissenschaftlichen Dis- nah an Geschichtserzählungen, die im Info: Anne Frank Zentrum, Anja Zweiten Weltkrieges kann die histo- Im Rahmen des Projektes fi nden ne- kussion über den Vergleich der Erinne- aktuellen Antisemitismus aufgerufen Witzel, Rosenthaler Str. 39, 10178 Berlin, risch-politische Bildung zur Vermitt- ben den Planungstreff en Hospitationen, rungsdiskurse zu vermischen. werden, zum Beispiel an der Problema- Tel.: 030–2888656–00, Fax: –01, danker lung der nationalsozialistischen Verbre- Testseminare, Fortbildungen für (freie) Das Fritz Bauer Institut hat den tik der Teilnahme der „unbeteiligten @annefrank.de, www.annefrank.de chen (insbesondere die Gedenkstätten- Mitarbeiter und Auswertungstreff en Mitveranstaltern und dem Anne Frank ĝĖĠğĤīĒĝĖĥ Nachbarn“ am Holocaust und an der Jugendbegegnungsstätte Anne pädagogik) auf eine eigene Geschichte statt. Die Gesamtauswertung erfolgt Zentrum, vor allem aber den Teilneh- Geschichte der Wiedergutmachung des Frank, Hansaallee 150, 60320 Frank- nach dem Ansatz der „partizipativen mern der Tagung für die Zusammenar- und verschiedene Ansätze zurückschau- "ARACKE den Verfolgten entstandenen materiel- furt am Main, Tel.: 0 69–56 00 02–0, en. Die Zeit scheint überreif für eine Evaluation“, und die Ergebnisse wer- beit zu danken. len Schadens. Der Besuch der Ausstel- Fax: –50, [email protected], Standortbestimmung zu sein, da sich den selbstverständlich dokumentiert. 5BHFJOEFOx+VEFOCMPDLTj lung soll den Unterricht über den Na- www.jbs-anne-frank.de, www.ein- fundamentale Vorraussetzungen der Die Projektbeteiligten gehen davon aus, Berliner Arbeitskreis EFT,;4BDITFOIBVTFO tionalsozialismus nicht ersetzen, er soll maedchen-aus-deutschland.de Erinnerungsarbeit mit und für Jugend- dass in der ersten – gekürzten – Projekt- „Konfrontationen“ vielmehr Th emen anreißen und auch liche schon verändert haben bzw. zur phase von acht Monaten „nur“ ein Zwi- Der Berliner Arbeitskreis „Konfron- -FPO 4[BMFU o  JTU FJOFS emotionale Bezüge eröff nen. Zeit verändern. Einige der Stichworte schenergebnis zu erwarten ist, das zum tationen“ hat am 1. Mai 2006 seine Ar- WPONFISBMT+VEFONJUQPMOJ Anfragen und Beratung bei Inter- Veranstaltungen sind: Die „negative Erinnerung“ ist Ende des Jahres auf einem Fachtreff en beit aufgenommen. Der Arbeitskreis ist TDIFS4UBBUTBOHFIÚSJHLFJU EJFOBDI esse an der Entwicklung eines Projekts zum staatlichen Selbstverständnis ge- vorgestellt und diskutiert werden soll. eine vom Fritz Bauer Institut initiierte EFNEFVUTDIFOÃCFSGBMMBVG1PMFO an das Fritz Bauer Institut: Gottfried Einführungslehrgang worden und hat eine wichtige außen- Eine Weiterarbeit an den in der ersten Arbeitsgemeinschaft von Pädagoginnen .JUUF 4FQUFNCFS  JO #FSMJO Kößler, Tel.: 0 69–79 83 22–32, Fax: –41, Konfrontationen – Pädagogische politische Funktion. Jugendliche in Phase entwickelten Seminarkonzepten und Pädagogen, die über eine langjäh- WFSIBGUFUVOEJOEBT,PO[FOUSB und Übungen ist geplant. [email protected], Annäherung an die Geschichte Deutschland gehören inzwischen der rige Erfahrung in der politischen und UJPOTMBHFS 4BDITFOIBVTFO WFS Katharina Stengel, Tel.: 0 69–79 83 22 und Wirkung des Holocaust dritten bzw. vierten Nachkriegsgenera- Weitere Informationen: Jugend- soziokulturellen Jugend- und Erwach- TDIMFQQUXFSEFO –26, [email protected] Im Jugendgästehaus Dachau fi ndet tion an, treff en kaum mehr Augenzeu- gästehaus Dachau, Gabriele Rösing, senenbildung verfügen. In Kooperati- &SàCFSMFCU XFJMTFJOF5PDIUFSTFJ vom 8. bis 10. Juni 2007 ein Einfüh- gen der NS-Zeit und haben häufi g eine Tel.: 0 81 31–61 77 13, gabriele.roesing on mit dem Fritz Bauer Institut werden rungslehrgang zum Konzept „Konfron- nicht-deutsche Herkunft. Filme prägen @cap-akademie.de Seminare für Jugendliche und junge OF &OUMBTTVOH EVSDITFU[FO LBOO Multimedia-Ausstellung tationen“ des Fritz Bauer Instituts statt. in zunehmendem Maße das Bild des Erwachsene sowie Fortbildungen für *N.BJFNJHSJFSFOCFJEFàCFS Zum Inhalt fi nden Sie Genaueres auf Nationalsozialismus und ihre Implika- Vielfältige Perspektiven Lehrkräfte, Sozialpädagogen und an- 4IBOHIBJJOEJF64"%PSUCFHJOOU „Anne Frank. der Website des Fritz Bauer Instituts. tionen die pädagogische Arbeit. Vom 16. bis 18. Juni 2006 fand in dere Interessierte zu folgenden Th emen FSTPGPSUNJUEFS/JFEFSTDISJЂTFJ Ein Mädchen aus Deutschland“ Für Lehrkräfte aus Hessen ist der Lehr- Erinnerungsarbeit wird zunehmend der Akademie Frankenwarte, Würzburg, angeboten: OFS)BGUFSJOOFSVOHFO4FJO#F Die multimediale Wanderausstel- gang beim IQ akkreditiert. in einem internationalen/globalisierten die Tagung „Pädagogische Angebote • „Konfrontationen – Bausteine für die SJDIUJTUWPOFJOFSBUNPTQIÊSJTDIFO lung „Anne Frank. Ein Mädchen aus Info: Fritz Bauer Institut, Gottfried Kontext diskutiert, und man erhoff t zur Erinnerung an den Holocaust in der pädagogische Annäherung an Ge- %JDIUF VOE &JOESJOHMJDILFJU HF Deutschland“ baut auf der gleichna- Kößler, Tel.: 0 69–79 83 22–32, Fax: – sich weiterhin von ihr einen fundamen- israelischen und deutschen Gegenwart“ schichte und Wirkung des Holocaust“ LFOO[FJDIOFU EJF3F[FOTFOUFOEFS migen Ausstellung in der Jugendbegeg- 41, [email protected], talen Beitrag zur Demokratiebildung statt. Gemeinsam mit der Internatio- • „Gedenkstättenbesuche und Ge- nungsstätte Anne Frank in Frankfurt www.fritz-bauer-institut.de und Menschenrechtserziehung. nal School for Holocaust Studies/Yad denkstättenfahrten“ JO/FX:PSLFSTDIJFOFOFO am Main auf. Die Ausstellung wurde oder: Jugendgästehaus Dachau, Ziel des Projektes ist es, Konzepte Vashem und der Gesellschaft für Poli- • „Jugend- und Schulprojekte zu his- FOHMJTDIFOÃCFSTFU[VOHBO%PTUP mit dem Comenius-Siegel 2005 der Barbara Th imm, Tel. 0 81 31–61 77 12, für (ein- und) mehrtägige Seminare tische Bildung bot das Fritz Bauer Insti- torischem Gedenken und Lernen“ KFXTLJTx"VG[FJDIOVOHFOBVTFJ Gesellschaft für Pädagogik und Infor- [email protected] für Jugendliche zu entwickeln, die ei- tut einen Einblick in verschiedene päd- • „Künstlerische und kulturpädago- OFN5PUFOIBVTFjFSJOOFSO mation e.V. ausgezeichnet. nen Gedenkstättenbesuch beinhalten. agogische Materialien und Konzepte zu gische Spurensicherungen an Ge- *OEFS3FJIFÃCFS-FCFOT[FVHOJTTF Die Ausstellungskonzeption wurde Der Inhalt dieser Seminare soll dabei den Th emen Holocaust und Antisemi- denkorten“ XJSEKFU[UFSTUNBMTEBTEFVUTDIF tismus. Zusätzlich bot sich die Möglich- vom Anne Frank Haus Amsterdam ge- Berichte deutlich über die Kenntnisvermitt- • „Elemente zu historischem und ak- 0SJHJOBMNBOVTLSJQUWFSÚĊFOUMJDIU meinsam mit dem Fritz Bauer Institut lung zum historischen Ort und den keit, in Würzburg die Multimedia-Aus- tuellem Antisemitismus“ für das Anne Frank Zentrum Berlin Aus der Geschichte lernen? Geschehnissen hinausgehen. In der stellung „Anne Frank. Ein Mädchen aus • „Kunst als Zeugnis – kunst- und ÃCFS-FCFOT[FVHOJTTF #BOE entwickelt. Genauere Überlegungen Entwicklung zeitgemäßer Seminar- Phase der Konzeptentwicklung soll die Deutschland“ zu besuchen. Dadurch medienpädagogische Annäherungen konnten Einblicke in das pädagogische )FSBVTHFHFCFOWPOEFS4UJЂVOH zur didaktischen Konzeption fi nden konzepte zur Vermittlung der NS-Ge- Frage nach der Beziehung Erinnerung an den Holocaust“ #SBOEFOCVSHJTDIF(FEFOLTUÊUUFO sich im Internet auf der Seite des „Ge- schichte insbesondere an und bei KZ- – Verantwortung – Zukunft konkret Angebot des Anne Frank Zentrums Ber- Mitglieder des Arbeitskreises: Paul denkstättenrundbriefs“ (http://141.35. Gedenkstätten im Kontext einer his- und kritisch hinterfragt werden. Diese lin vermittelt werden. Stefanowske, Matthias Schwerendt, *4#/ 114.211:8080/Gedenkstaettenforum/ torisch-politischen Bildungsarbeit in Fragestellung verstehen die beteiligten Die Tagung war von einer sehr he- Dagi Knellessen, Ingolf Seidel, Tanja 4FJUFOr o̺ gr.htm). Einblicke in die Ausstellung demokratiefördernder und menschen- Projektpartner als ergebnisoff enen Pro- terogenen Zusammensetzung der Teil- Michalczyk, Akim Jah. bieten auch die Websites http://mul- rechtssensibilisierender Perspektive zess, da ihnen das allgemeine Postulat nehmenden geprägt. Sowohl die judais- Bürozeiten: Di. 10.00–13.00 Uhr, -ETROPOL6ERLAG timedia.annefrank.de und www.ein- Am Jugendgästehaus Dachau wird „Aus der Geschichte (könne man) ler- tische Forschung als auch die sozialpäd- Mi. 10.00–15.00 Uhr, Do. 13.00– "OTCBDIFS4USB•F maedchen-aus-deutschland.de. ein ambitioniertes Kooperationsprojekt nen“ (und wenn ja, was?) vor dem Hin- agogische Praxis, Lehrkräfte und Ge- 16.00 Uhr %o#FSMJO umgesetzt, an dem das Fritz Bauer Ins- Die Zusammenarbeit mit dem Anne tergrund der täglichen Arbeit mit jun- denkstättenpädagogen waren vertreten. Kontakt: Berliner Arbeitskreis Kon- 5FMFGPO   titut neben der Akademie Führung & Daher war einerseits ein befruchtender Frank Haus Amsterdam und dem Anne gen Menschen fragwürdig geworden frontationen“, c/o EA, Gneisenaustra- 5FMFGBY   Frank Zentrum Berlin wurde bei der Kompetenz (am C.A.P.) München, den scheint. Um diese Fragestellung pro- Austausch der unterschiedlichen Per- ße 2a, 10961 Berlin, Tel.: 0 30–69 81 Entwicklung der dritten Variante dieses Pädagogischen Abteilungen der Ge- duktiv bearbeiten zu können, arbeiten spektiven möglich. Andererseits war es 94 38, arbeitskreis_konfrontationen@ XXXNFUSPQPMWFSMBHEF Ausstellungskonzeptes für die Präsen- denkstätten Buchenwald und Mittel- Fachkräfte aus den Bereichen der his- nicht einfach, allen Interessen gleicher- web.de

34 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 35

AAUSSTELLUNGENUSSTELLUNGEN

A AUSSTELLUNGEN

U Ausstellungen Die Wanderausstellungen des Fritz Bauer Instituts

S können gegen Gebühr ausgeliehen werden. Das Institut berät bei der Organisation von Wanderausstellungen und Plakatmappen Begleitveranstaltungen und ist bei der Herstellung von Kontakten und der Suche nach ge-

S Plakatmappe Plakatmappe eigneten Referenten behilflich. Bei Interesse an einzelnen Ausstellungen senden wir Ihnen

T Die Gegenwart Bilder im Kopf gerne weitere Informationen und ein Ausstellungsangebot zu. Weitere Informationen zu

E Auschwitz/Oswiecim von Auschwitz den Ausstellungsangeboten des Fritz Bauer Instituts finden Sie im Internet:

L Legalisierter Raub www.fritz-bauer-institut.de/ausstellungen.htm – Einen Ort sehen 20 Plakate (Format DIN-A1) in ro- L Der Fiskus und die Ausplünderung buster Schutzmappe. Plakatmappe mit 16 Plakaten U der Juden in Hessen 1933–1945 Ein Leben aufs Neu Mit einem Materialheft für die Das Robinson Album. DP-Lager: Juden auf deutschem Boden 1945–1948 s/w im Format DIN-A2 in robuster N schulische und außerschulische Bil- Schutzmappe. Eine Ausstellung des Fritz Bauer Instituts und des Hessischen Die Ausstellung porträtiert das tägliche Leben und die Arbeit der Selbstverwaltung

G dungs arbeit. Mit einem Begleitheft für die Rundfunks. Mit Unterstützung der Hessischen Landesregierung eines Lagers für jüdische „Displaced Persons“ in der amerikanischen Besatzungszone: 10 Schwarzweißfotografien von das DP-Lager Frankfurt-Zeilsheim. Der Fotograf Ephraim Robinson, der selbst als schulische und außerschulische E und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen Henning Langenheim und 10 Farb- DP in Zeilsheim war, fertigte nach seiner Einwanderung in die USA ein Album an. Bildungsarbeit. N fotografien von Peter Liedtke. Die Ausstellung führt über das vertraut scheinende Medium des Albums in ein den Aus der Ausstellung „Bilder im Kopf“ Die Fotografien entstanden in den Nach der Erstpräsentation im Mai meisten Menschen unbekanntes und von vielen verdrängtes Kapitel der deutschen und dem in der Schriftenreihe des Fritz Jahren 1987 bis 1992 auf dem 2002 in Frankfurt am Main und den und jüdischen Nachkriegsgeschichte ein: Fotografien von Familienfesten und Schul- Bauer Instituts (Bd. 12) erschienenen Gelände des ehemaligen Kon- Stationen Marburg, Gießen, Darm- unterricht, Arbeit in den Werkstätten, Sporttourneen, Zeitungen und Theater, Ma- Buch gleichen Titels wurde von zentrations- und Vernichtungs- stadt, Fulda, Kassel, Wetzlar, Wiesba- nifestationen eines „lebn afs nay“, das den Schre cken nicht vergessen macht. den Autoren Knut Dethlefsen und Thomas Hebler diese Plakatmappe lagers Auschwitz-Birkenau. Sie den, Offenbach, Berlin, Friedberg und Ein gemeinsames Projekt mit dem Jüdischen Museum München. Zur Ausstellung ist ein zeigen die irritierende Gegenwart Groß-Gerau wird die Ausstellung vom gleichnamiges Buch in der Schriftenreihe des Fritz Bauer Instituts (Band 8) erschienen. als pädagogisches Material für die der Gedenkstätte durch eine sehr 9. Oktober bis 19. November 2006 im Gedenkstätten- und Begegnungsar- beit entwickelt. Auf jedem Plakat eigene fotografische Perspektive. Neustädter Rathaus in Hanau und vom Bilder im Kopf Auschwitz – Einen Ort sehen sind Jedes Foto wird kontrastiert mit 15. Februar bis zum 30. März 2007 in Obrazy w glowie Oswiecim – Ujecia pewnego miejsca einige Fotografien und ein kurzer Text abgebildet, die in den 1990er Zitaten von Opfern und Überle- der Drei-Burgen-Schule in Felsberg zu Die zweisprachige Ausstellung (Deutsch/Polnisch) zeigt die Ergebnisse der fotografischen Jahren im Rahmen der Fotowerk- benden von Auschwitz. sehen sein. Weitere Ausstellungsstatio- Arbeit von Jugendlichen in Auschwitz/Oswiecim. Ausgangspunkt des Projekts sind Fo- stätten der Internationalen Jugend- Hg.: Förderverein Fritz Bauer Ins- nen sind in Vorbereitung. toworkshops mit Jugendlichen aus verschiedenen europäischen Ländern, die zwischen titut e.V. Die Ausstellung basiert auf den For- 1991 und 1995 in der In ternationalen Jugendbegegnungsstätte Oswiecim stattfanden begegnungsstätte entstanden sind. schungsergebnissen einer Auswertung und die Gegenwart der Gedenkstätte, aber auch die der polnischen Kleinstadt thema ti- Jedes Plakat bildet eine thematische Materialheft zur Plakatmappe von Aktenbeständen der hessischen Fi- sieren. In der bewussten Auseinandersetzung mit der eigenen Wahrnehmung des Ortes Einheit, die sich mit einem Aspekt Gottfried Kößler (Hg.): nanzbehörden, die sich im Hauptstaatsar- ist ein kritisches Interesse auch an den eigenen Phantasien, den Bildern im Kopf, geweckt der Gegenwart des Ortes Oswiecim Die Gegenwart von Auschwitz chiv in Wiesbaden befinden. Die gesich- worden, das in Buch und Ausstellung zur Diskussion gestellt werden soll. und der Gedenkstätte Auschwitz Das Materialheft zur Arbeit mit befasst. Zusammengesetzt formen teten Devisenakten, Steuerakten, Vermö- Ergänzend zur Ausstellung hat das Fritz Bauer Institut die Plakatmappe Bilder der Plakatmappe „Die Gegenwart die 16 Plakate gleichsam wie ein genskontrollakten, Handakten jüdischer im Kopf als pädagogisches Material für die Gedenkstätten- und Begegnungs arbeit von Auschwitz“ für die schulische Puzzle wiederum ein Bild, nämlich Rechtsanwälte usw. belegen eindrucksvoll entwickelt. Zur Ausstellung ist ein gleichnamiges Buch in der Schriftenreihe des und außerschulische Bildungsar- den gesetzlich legalisierten Raub von Ei- das der Birken von Birkenau, die Fritz Bauer Instituts (Band 12) erschienen. beit ist in der Reihe Pä da gogische gentum der jüdischen Bevölkerung Hes- hinter den Ruinen der gesprengten Ausleihe: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V., Auguststraße 80, 10117 Materialien des Fritz Bauer Insti- sens im „Dritten Reich“. Sie zeigen aber Krematorien wachsen. tuts erschienen. auch, dass die sogenannte „Arisierung jü- Berlin, Tel.: 0 30–28 39 51–84, Fax: –35, [email protected], www.asf-ev.de Mit Texten von Jean Améry, discher Unternehmen“ nur die „Spitze des Die IG Farben und das Konzentrationslager Buna/Monowitz Hg: Fritz Bauer Institut in Koope- Charlotte Delbo, Ruth Klüger, Eisbergs“ gewesen ist: In enger Koopera- ration mit dem Deutsch-Polnischen Hermann Langbein, Primo Levi, tion zogen unterschiedliche Dienststellen Das Konzentrationslager der IG Farben in Auschwitz ist bis heute ein Symbol für die Ko- Zur Ausstellung sind erschienen: operation zwischen Wirtschaft und Politik im Nationalsozialismus, bis hinein in die Ver- Jugendwerk und der Aktion Sühne- Rudolf Vrba, Tibor Wohl, Jona- in den Finanzbehörden und der Zoll- • Ein Katalog, herausgegeben von der nichtungslager. Die komplexe Geschichte dieser Kooperation, ihre Widersprüche, ihre zeichen Friedensdienste, gefördert than Webber u. a. fahndung gemeinsam mit der Gestapo Sparkassen-Kulturstiftung Hessen- Entwicklung und ihre Wirkung auf die Nachkriegszeit (die Prozesse und der bis heute durch die Claudy-Stiftung. Frankfurt am Main 1998, 4., über- und anderen Organisationen Sparbücher, Th üringen. währende Streit um die IG Farben in Liquidation), wird aus unterschiedlichen Pers- Plakatmappe, Begleitheft und Buch arbeitete und erweiterte Auflage, Devisenguthaben oder Wertpapierdepots • Eine Materialmappe, herausgegeben pektiven dokumentiert. Strukturiert wird die Ausstellung durch Zitate aus der Literatur kosten zusammen € 20,50 (ohne 52 S., DIN-A4, € 5,10 jüdischer Bürger ein. All dies geschah in von der Ernst-Ludwig Chambré-Stif- der Überlebenden, die zu den einzelnen Themen die Funktion der einführenden Texte Buch € 15,30) und sind unter den ISBN 3-932883-06-3 gesetzlich legalisierten Aktionen. tung zu Lich und dem Fritz Bauer übernehmen. Als Bilder werden Reproduktionen der Fotografien verwendet, die von folgenden Adressen zu bestellen: Pä da gogische Materialien, Nr. 2 der SS anlässlich des Besuchs von Himmler in Auschwitz am 17. und 18. Juli 1942 an- Die Ausstellung besteht aus circa Institut. Aktion Sühnezeichen 60 Rahmen (Format 100 x 70 cm), 15 gefertigt wurden. Die Bildebene erzählt also durchgängig die Tätergeschichte, der Blick Plakatmappe und Materialheft • Susanne Meinl, Jutta Zwilling: Lega- Friedensdienste e.V. Vitrinen, sechs Einspielstationen, zwei lisierter Raub. Die Ausplünderung der auf die Fabrik und damit die Technik stehen im Vordergrund. Die Textebene hingegen kosten zusammen € 60,– (inkl. wird durch die Erzählung der Überlebenden bestimmt, wenn auch häufig ein Thema Auguststraße 80, 10117 Berlin Installationen und Lesemappen zu aus- Juden im Nationalsozialismus durch Versandkosten im Inland) und sind aus der Sicht von Überlebenden und Tätern behandelt wird. Die gesamte Ausstellung ist Tel.: 0 30–28 39 51–84, Fax: –35 gesuchten Einzelfällen. Es besteht auch die Reichsfi nanzverwaltung in Hessen. (gegen Rechnung) zu bestellen: als Montage im filmischen Sinn angelegt. Der Betrachter sucht sich die Erzählung selbst [email protected] die Möglichkeit, gegebenenfalls inter- Frankfurt am Main/New York 2004. aus den Einzelstücken zusammen. Um diese Suche zu unterstützen, werden in Heftern www.asf-ev.de Karl Marx Buchhandlung GmbH essante Einzelfälle aus der Region in Info: Fritz Bauer Institut, Katharina Quellentexte angeboten, die eine vertiefende Lektüre ermöglichen. Daneben bietet das Jordanstraße 11 das Konzept zu übernehmen. Stengel, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: Fritz Bauer Institut einen Reader zur Vorbereitung der Ausstellung an. Deutsch-Polnisches Jugendwerk 60486 Frankfurt am Main Die Ausstellung wurde erarbeitet –41, [email protected], Friedhofsgasse 2, 14473 Tel.: 0 69–77 88 07, Fax: –70 77 39 9 von Dr. Susanne Meinl (Fritz Bauer www.fritz-bauer-institut.de/ausstel- Die Ausstellung besteht aus 57 Rahmen (Format: 42 x 42 cm) und einem Lage- Tel.: 03 31–28 47 90, Fax: –29 75 27 [email protected] Institut), Dr. Bettina Leder-Hindemith lungen/legalisierterraub.htm plan des Lagers Buna/Monowitz und der Stadt Auschwitz/Oswiecim. [email protected] www.karl-marx-buchhandlung.de (Hessischer Rundfunk), Katharina (Pädagogisches Begleitprogramm zur Konzeption: Gottfried Kößler, Recherche: Werner Renz, Gestaltung: Werner Lott. www.dpjw.org Stengel und Stephan Wirtz. Ausstellung, siehe S. 33) Unterstützt von: Conference on Jewish Material Claims against Germany, New York.

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NNEUERSCHEINUNGENEUERSCHEINUNGEN

N NEUERSCHEINUNGEN E Neuerscheinungen von Wertstücken in städtischen Pfand- DVD-Video U häusern. Diese Indikatoren erlauben es, Verdict on Auschwitz: Dieter Schlesak Aktuelle Publikationen des Fritz Bauer Instituts Capesius, E tiefenscharfe Aussagen über die men- The Frankfurt Auschwitz der Auschwitzapotheker R tale und ökonomische Stimmung der Trial 1963–1965 „Volksgenossen“ zu erhalten. S In den Jahren 2004 bis 2006 hatte By Rolf Bickel and Dietrich Wagner.

C Fritz Bauer Institut und Jugendbegegnungsstätte Anne Frank (Hg.) Götz Aly für vier Semester die Gastpro- Set of 2 DVDs and a 36-pages booklet.

H Neue Judenfeindschaft? fessur für interdisziplinäre Holocaustfor- Released by DEFA Film Library (Univer- schung an der Johann Wolfgang Goe- sity of Massachusetts, Amherst), 504 E Perspektiven für den pädagogischen Umgang the-Universität inne. Die empirischen Herter Hall, 161 Presidents Drive, Am-

I Grundlagen der vorliegenden Studie herst, MA 01003, www.umass.edu/defa,

N mit dem globalisierten Antisemitismus wurden im Rahmen des Hauptseminars [email protected] ISBN 3-8012-0369-7 U Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Bernd Fechler, Gottfried Kößler, Astrid Messerschmidt und Barbara Schäuble „Die öff entliche Meinung in Deutsch- ISBN 182971000033 E land 1939–1945. Ein Beitrag zur Histo- 352 Seiten • 29,90 € N Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, 2006, 378 S., 29,90, ISBN 978-3-593-38183-1 Die Film-Dokumentation Strafsache rischen Demoskopie“ von Aly und sei- Hardcover Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 2006, Band 10 gegen Mulka u. a. von Rolf Bickel und G nen Studenten gemeinsam erarbeitet. Dietrich Wagner (HR 1993) liegt in der Man drängt mich schon zurück, da schreit mir meine Frau noch nach:

E Langfassung von 1993 (180 min.) und in Mit Beiträgen von Doğan Akhan- für die Erscheinungsformen von Anti- der Kurzfassung von 2005 (60 min.) in »Komm, mein Lieber, und küss uns!« N li, Werner Bergmann, Julika Bürgin/ semitismus, sondern auch für die Inter- einer DVD-Video-Publikation der DEFA Wieder laufe ich zu ihnen zurück, ich Tanja von Franzecki, Georg Cher- pretationsmuster der Öff entlichkeit und Film Library (University of Massachusetts, küsste noch meine Frau und die Kinder mit Tränen in den Augen, und mit vor nyak/Irina Rosensaft, Aycan Demirel, die Reaktionsformen der Pädagogik. Amherst) mit englischen Untertiteln vor. Sabine Diederich/Christa Kaletsch, Die erziehungswissenschaftliche Dis- Schmerz zugeschnürter Kehle sah ich Monique Eckmann, Rosa Fava, Bernd kussion und die Refl exion der pädago- Das Booklet enthält einführende in die von Todesangst erfüllten, trau- rigen schönen Augen meiner Frau. Fechler, Elke Gryglewski, Gottfried gischen Praxis in diesem Arbeitsfeld sind Texte zum Prozess, biographische und Kößler, Ulla Kux, Astrid Messer- Gegenstand dieses Buches. Das Jahr- fi lmographische Angaben zu den bei- Viktor Capesius, Apotheker aus schmidt, Holger Oppenhäuser, Hei- buch analysiert die aktuellen Formen den Autoren Bickel und Wagner sowie Schäßburg, kommt als SS-Offizier ke Radvan, Barbara Schäuble/Albert des Antisemitismus und schildert Erfah- eine ausführliche und präzise Kapitel- nach Auschwitz. Juden aus seiner Scherr, Nikola Tietze, Hanne Th oma rungen aus pädagogischen Projekten. Es beschreibung. Ein Personenindex infor- Heimat, Bekannte, frühere Nach- barn, stehen ihm eines Tages an der und Peter Wagenknecht gibt einen Überblick über pädagogische miert detailliert über die Prozessbetei- ligten (Angeklagte, Zeugen, Juristen). Rampe des Lagers gegenüber. Ca- Konzepte, die mit unterschiedlicher pesius schickt sie kaltblütig ins Gas Viele Jahre wurde Antisemitismus Schwerpunktsetzung und Reichweite und bereichert sich an ihrer Habe. als eine historische Erscheinung be- das Ziel verfolgen, dem aktuellen An- Hörbuch Dieter Schlesak schrieb diese wah- handelt, die mit der „Bewältigung der tisemitismus zu begegnen. Sie wurden re Geschichte auf. Ein Werk von Ronald Steckel: großer sprachlicher Kraft und Au- NS-Vergangenheit“ überwunden zu nicht zuletzt durch die politische Forde- rung nach einer Reaktion auf den „Neu- Auschwitz. Stimmen thentizität, ein erschütterndes zeit- sein schien. Heute bilden Auseinan- geschichtliches Zeugnis. dersetzungen um Globalisierung und en Antisemitismus“ angeregt. Original-Tondokumente des Kontroversen zum Nahostkonfl ikt den Das Jahrbuch erscheint mit freund- Frankfurter Auschwitz-Prozesses. Hintergrund antisemitischer Äuße- licher Unterstützung des Fördervereins 3 CDs, 160 min, mit Booklet (vollständi- Friedhelm Boll Sprechen als Last und Befreiung rungen. Dabei werden althergebrachte Fritz Bauer Institut e.V., der Jugend- Hinweis zum Jahrbuch-Abonnement ges Textbuch mit Abbildungen). Götz Aly, 1947 geboren in Hei- Mit zwei einführenden Beiträgen von Holocaust-Überlebende und politisch antisemitische Muster aufgegriff en und begegnungsstätte Anne Frank e.V., der Mitglieder des Fördervereins kön- Verfolgte zweier Diktaturen delberg, besuchte die Deutsche Jour- Werner Renz und Ronald Steckel. mit neuen Varianten ausgestattet. Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung zu nen das Jahrbuch zum reduzierten nalistenschule in München und stu- Ton: Matthias Kirschke. Realisation: Ronald Eine zentrale Rolle spielen die aktu- Lich und der Max Traeger-Stiftung. Mitgliederpreis von E 23,90 (inkl. dierte anschließend Geschichte und Steckel. Redaktion: Götz Schmedes (WDR). ellen politischen Kontexte – nicht nur (siehe: Veranstaltungen, S. 4) Versandkosten) abonnieren. Politische Wissenschaften (Dr. rer. Ein Produkt der DELTA Music GmbH in pol.) an der Freien Universität Ber- Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut, lin. Nach verschiedenen journalisti- 2006. © Eine Produktion des Westdeut- Götz Aly (Hg.) schen Tätigkeiten – er war Redakteur schen Rundfunks (Köln) mit Radio Bre- Volkes Stimme. Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus bei der taz, bei der Berliner Zeitung men und dem Südwestrundfunk, 2005. ISBN 3-86538-505-6, E 19,90

und arbeitete für die Frankfurter All- ISBN 3-8012-4130-0 Das Politbarometer von 1939 bis 1945 gemeine Zeitung – forschte der His- Als „Strafsache gegen Mulka und an- 464 Seiten • € 25,00 toriker u.a. in Israel und den USA. dere“ wurde der Auschwitz-Prozess im Broschur Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 2006, 224 S., E 12,95, ISBN 3-596-16881-3 Als freier Autor publizierte Aly viel- Dezember 1963 in Frankfurt am Main beachtete und kontrovers diskutierte eröff net. Mehr als 400 Stunden Tonma- Einfühlsame Darstellung und Ver- Über die positive bzw. negative Stim- Das geschieht mithilfe von Texten in der Kirchenaustritte. Die vom Volks- terial aus dem Gerichtssaal dokument- gleich lebensgeschichtlichen Erzäh- Beiträge zur Sozialpolitik und zur Zeit- lens von Überlebenden des Holocaust mung der Deutschen während des Zwei- Todesanzeigen für gefallene Soldaten: gerichtshof gegen „arische“ Deutsche geschichtsforschung. Er hat wichtige iert das Leid der Opfer, aber auch die sowie von Opfern des Nationalsozia- ten Weltkrieges ist bislang nur spekuliert Wurde „der Führer“ genannt, oder hieß verhängten Todesurteile stehen exemp- Veröff entlichungen zur Geschichte des Ignoranz der Angeklagten. Schilderun- lismus und des Stalinismus (SBZ/ worden. Da für die fragliche Zeit keine de- es darin nur „… gefallen für Volk und larisch für das Anwachsen des inneren Nationalsozialismus und des Holocaust gen, Erinnerungen, Rechtfertigungen DDR) anhand eindrucksvoller Inter- moskopischen Untersuchungen vorliegen, Vaterland“? Ferner wurde ermittelt, wie Terrors. Und schließlich wird die Ent- vorgelegt, in denen er herrschende und Erklärungen von Opfern und Tä- views und einer detaillierten Presse- wird in dem Buch anhand konkreter In- oft die Deutschen die Vornamen Adolf, wicklung der materiellen Situation am Lehrmeinungen immer wieder kritisch tern wurden ursprünglich als Gedächt- analyse der 50er Jahre. dikatoren historische Demoskopie betrie- Horst und Hermann vergaben. Als In- Zuwachs von Spareinlangen gemessen, hinterfragte, und positioniert sich en- nisstütze mitgeschnitten. Der Medien- ben, mit dem Ziel, das Politbarometer für dikator für Skepsis bzw. Führervertrau- an den Neuabschlüssen von Lebensver- gagiert in den öff entlichen Debatten künstler Ronald Steckel hat die Aufnah- Verlag J.H.W. Dietz Nachf. die Jahre 1939 bis 1945 zu rekonstruieren. www.dietz-verlag.de en eignet sich außerdem die Statistik sicherungen und an der Verpfändung zur deutschen Erinnerungskultur. men zu einem Hörstück verdichtet.

38 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 39

BBERICHTEERICHTE

B BERICHTE

E „Kunst als Zeugnis“ zu „klassischen“ Formen des Gedenkens, bereit mit kurzen Anleitungen und Illus- R wie sie sich an der Neuen Wache Berlin, trationen für die pädagogische Arbeit.

I Ein kunstpädagogisches Projekt des an den Mahnmalen von Fritz Cremer In dem Bausteinheft werden schließ- C Berliner Arbeitskreises „Konfrontationen“ oder René Graetz in den ehemaligen Na- lich praxiserprobte Konzeptionen für H tionalen Mahn- und Gedenkstätten der Seminare an Gedenkstätten vorgestellt.

des Fritz Bauer Instituts DDR manifestieren. Diese Formen von So können zum Beispiel in Ravensbrück T Gedenken eint vor allem ihre gemein- die Teilnehmerinnen und Teilnehmer E In den letzten Jahren wurde in Ge- Die Pädagogik zu Erinnern und Ge- schafts- und identitätsstiftende Funktion. in Kleingruppen die Biographien und denkstätten und deren musealen Kon- denken an die NS-Massenverbrechen Im Vergleich dazu werden die Counter Werke von Künstlerinnen wie Nina Jir- zeptionen ein zunehmend größeres verändert sich einschneidend in vieler- Monuments (James E. Young) kontras- sikova, Helen Ernst, Maria Hispanska- Gewicht auf künstlerische Vermittlung lei Hinsicht. Immer mehr Schüler- und tierend als weitere Formen sekundärer Neumann, Yvonne Useldinger, Kveta gelegt. Die Einbeziehung von Kunst ist Jugendgruppen – gerade in den großen Darstellungen thematisiert. Im Mittel- Hnilickova oder Aat Breur kennen ler- demnach auch in den gedenkstätten- Städten – sind von ihrer Herkunft mul- punkt werden Arbeiten von Horst Ho- nen, die im Frauenkonzentrationslager pädagogischen Konzeptionen und in tiethnisch und multikulturell geprägt. Sie heisel in Weimar und Buchenwald ste- inhaftiert waren. Mittels ausgewählter der historisch-politischen Bildungsar- haben oft andere Perspektiven auf den hen wie auch Micha Ullmans Mahnmal Zeichnungen sollen die Topographie zur Bücherverbrennung auf dem Berliner beit kein Neuland mehr. Holocaust als herkunftsdeutsche Jugend- des Geländes und Details des Alltags Bebelplatz. Der von den postmemorialen Das Projekt „Kunst als Zeugnis“ be- liche. Zugleich zeichnet sich ein endgül- der Häftlinge erkundet werden. Dies absichtigt eine Annäherung an die Ge- tiger Verlust der Überlebenden des Ho- Künstlern intendierte Prozess des Einge- schehnisse der nationalsozialistischen locaust als Zeitzeugen für nachfolgende denkens soll Jugendlichen neue Mög- Massenverbrechen, von der Entrechtung Generationen ab. Neue Formen der An- lichkeiten und Formen des Gedenkens über Verfolgung, Deportation, Inter- näherung an die Realitäten der Lager und jenseits massenmedialer Vermittlung nierung in den Lagern bis hin zur Ver- der Massenmorde sind zu entwickeln. erschließen und die individuelle Ausein- andersetzung in den Mittelpunkt stellen. nichtung. Das Vorhaben gründet auf der Die in den Konzentrationslagern ge- Einsicht, dass die realen Geschehnisse Weitere Materialien werden zu dem Ber- schaff enen Bilder sind künstlerische Zeug- liner Denkmal für die ermordeten Juden und das Erleben gerade der Opfer heute nisse der Verfolgten. Sie erhalten ihre Au- Europas und den Erinnerungstafeln im nur in ihrer Abstraktion nachvollziehbar torität durch den primären Charakter der Berliner Bayerischen Viertel erarbeitet. und darstellbar sind. Kunst bietet hier Darstellung. Sie sind ein unmittelbarer eine Möglichkeit der Darstellung des Refl ex der Wirklichkeit, die durch eine Der dritte Baustein behandelt das Nichtdarstellbaren durch gestalterische völlig entfesselte Form von Herrschaft ge- Medium Film. Die heutigen Lebens- Ausdrucksformen wie bildende Kunst, prägt ist, und sprechen zugleich von der welten sind geprägt von einer durch Film und Architektur. Künstlerische Schuld, die an den Verfolgten und Ermor- Medien vermittelten Flut an Bildern, Darstellungen der nationalsozialistischen deten begangen wurde. Unser kunstpäda- welche die Wirkung des gesprochenen Massenverbrechen – allen voran des Ho- gogisches Projekt ist eine Suche nach Spu- Wortes verdrängt. Gerade der Einsatz locaust – werfen stets Fragen nach ihrer ren der Vergangenheit in der Gegenwart. des Mediums Film bietet auch bil- Angemessenheit auf. Dies muss Pädago- Konkret entsteht unter dem Namen dungsfernen Jugendlichen die Möglich- gik in Gedenkstätten aufgreifen und re- „Kunst als Zeugnis“ ein an der Praxis keit, sich mit dem Th ema Holocaust fl ektieren. Die Nicht-Eindeutigkeit von orientiertes Bausteinheft für die pädago- und mit künstlerischen Formen aus- Kunst sowie die Rezeption ihrer Entste- gische Arbeit, entwickelt vom Berliner einanderzusetzen, die den industriel- hung bieten Chancen einer besonderen Arbeitskreis „Konfrontationen“. Kunst als len Massenmord thematisieren. Dabei Form von empathischer Annäherung, Zeugnis ist ein Angebot für die schulische wird von Pädagoginnen und Pädagogen die das Geschehene refl ektiert und den- und außerschulische Bildungsarbeit sowie noch keiner vorschnellen Identifi kation oft fälschlich vorausgesetzt, dass den für die Gedenkstätten-, Kunst- und Medi- mit den Verfolgten und Gepeinigten und erzeugten Bildern ein aufklärerisches enpädagogik. Es stellt die Arbeit mit bild- letztlich deren Vereinnahmung erliegt. So Potential eigen ist. Auch im Bereich nerischen, künstlerischen und fi lmischen entstehen in der Auseinandersetzung mit der historisch-politischen Bildung zum Kunst Refl exionsräume zur Geschichte Verarbeitungs- und Th ematisierungs- nationalsozialistischen Judenmord im Skulptur des Künstlers Stuart N. R. Wolfe des Nationalsozialismus, die einerseits formen in den Mittelpunkt. Die Baustei- schulischen Unterricht oder in außer- in Ravensbrück, Juni 2005 dem Geschehenen sein Eigenes lassen, ne beinhalten drei Th emenblöcke. Der schulischen Veranstaltungen ersetzt vor in denen andererseits durch Dichte und erste fokussiert auf Malerei, Photographie allem der Einsatz von Spielfi lmen wie geschieht, indem sich die Jugendlichen Beispielhaftigkeit von Kunstwerken das und Bildhauerei. Es werden künstlerische zum Beispiel Rosenstrasse, Der Pia- mit den Bildern der Gefangenen und Ganze im Besonderen erscheint und je- Zeugnisse von Ermordeten oder Überle- nist oder Das Leben ist schön häufi g ihrer Entstehungsgeschichte auseinander- der individuelle Ausdruck für das Allge- benden zusammengestellt sowie exempla- eine kritische Auseinandersetzung mit setzen, um diese abschließend über eine meine zu sprechen vermag. Zugleich sind rische Beispiele aus der bildenden Kunst dem Holocaust. Das Projekt „Kunst als Karte des Lagergeländes zu legen. Ebenso Kunstwerke in ihrem Gehalt gerade ein nach 1945 präsentiert und pädagogische Zeugnis“ stellt sich dieser Entwicklung. werden Vorschläge gemacht, wie Jugend- Ausdruck des Gesellschaftlichen in ihrer Handreichungen bereitgestellt. Das Bausteinheft stellt eine Filmographie liche ihre Gruppen in selbst erarbeiteten Zeit. Insbesondere wird dies deutlich in Der zweite Th emenblock konzent- Führungen über das Gelände einer Ge- den künstlerischen Zeugnissen Überle- riert sich auf Denkmale/Mahnmale, Oben: Denkmal für die ermordeten denkstätte begleiten oder eigene Formen bender, in den Mahnmalen der ehema- rituellen Gedenkens entwickeln können. für die ebenso eine Dokumentation er- Juden Europas, Berlin, im Februar 2006 ligen DDR wie auch in Werken post- arbeitet wird. In diesem Baustein wird Mitte: Ort des ehemaligen Zeltes, Mahn- Ein weiterer Schwerpunkt des Pro- memorialer Künstler und den offi ziellen vor allem der gesellschaftliche Diskurs jekts „Kunst als Zeugnis“ liegt in der Denkmalen nach 1990. und Gedenkstätte Ravensbrück, Juni 2005 zur Repräsentation von Gedenkorten Unten: Denkmal von Horst Hoheisel, Erarbeitung pädagogischer Methoden, refl ektiert. Es werden Bezüge erarbeitet Buchenwald, im März 2006 die den gesellschaftlichen Kontext der

40 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fotos: © Paul Stefanowske Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 41 BBERICHTEERICHTE BBERICHTEERICHTE

Fotos der Deportation zur Erinnerung und zum Gedenken Hanau, 30. Mai 1942 bis 30. Mai 2006

64 Jahre nach der gewaltsamen klärung blieb, da das Gelände der Bahn höchstens ein Bild zulassen. In dieser Verschleppung von 86 jüdischen Män- gehörte. Der Arbeitskreis Christen-Ju- verfahrenen Situation halfen Stellung- nern, Frauen und Kindern aus der den hingegen forderte immer wieder nahmen vom Haus der Wannsee-Kon- Stadt Hanau und den umliegenden die Realisierung ein und veranstaltete ferenz, der Topographie des Terrors, Dörfern vom Hauptbahnhof in Ha- beispielsweise einen Mahngang, bei Yad Vashem und der KZ-Gedenkstätte nau am 30. Mai 1942 konnte endlich dem Hanauer Bürger den Namen eines Dachau, die sich für die Foto-Gedenk- nach Jahren der öff entlichen Auseinan- der Deportierten auf einem Plakat tru- tafel aussprachen. dersetzung sowohl mit der Deutschen gen, und initiierte eine Sammlung von Nach einem weiteren Jahr war es Bahn AG als auch mit den politischen Gedenksteinen mit den Namen der Er- dann endlich so weit, dass die Erin- Gremien der Stadt Hanau eine Erinne- mordeten. nerungs- und Gedenktafel am histo- rungs- und Gedenktafel mit sechs aus- Ab Herbst 2003 verschärften sich rischen Ort am Jahrestag der Deporta- gewählten und kommentierten Fotos die Auseinandersetzungen mit der tion unter großer Anteilnahme der Be- des damaligen Deportationsgeschehens Bahn, nun auch unter Beteiligung der völkerung würdig eingeweiht werden am historischen Ort eingeweiht wer- Fritz Bauer Instituts. Zuerst verwies die konnte, mehrfach unterbrochen vom den. (Abbildung des Hanauer Gedenk- Bahn darauf, dass es doch bereits ein Lärm der ein- und ausfahrenden Züge tafel auf der Doppelseite 44/45) Zum zentrales Denkmal zur Deportation auf nahe des Gleises, von dem aus die 86 ersten Mal sind nun im öff entlichen dem ehemaligen Güterbahnhof in Ber- Personen 64 Jahre zuvor losgefahren Raum eines heutigen Reisebahnhofs lin-Grunewald gebe. Bei näherem Hin- waren. Die meisten von ihnen wurden historische Fotos der Deportation zu sehen ist das allerdings ein Gedenkort, nur wenige Tage nach der Abfahrt in sehen. der ausschließlich die Verschleppung Hanau im Vernichtungslager Sobibór Zur Vorgeschichte: Der Hanauer der mehr als 50.000 Berliner Juden vergast. Stadtfotograph hatte am 30. Mai 1942 thematisiert. Dann verwies die Bahn Zu dieser Zeit war der Abschieds- eine Serie von 19 Fotos der Deporta- auf ihre entsprechende Dokumentation brief, den der 54-jährige Heinrich Stern tion aufgenommen. In nationalen und im Bahnmuseum in Nürnberg. Wei- aus Hanau wenige Tage vor seiner Ver- Teilnehmerbild bei einem Seminar in der EJBW, Weimar im März 2006 internationalen Gedenkstätten wurden terhin wurde argumentiert, dass man schleppung an seinen 16-jährigen Sohn bereits seit Jahren einzelne Fotos die- dann ja an jedem deutschen Bahnhof Paul, der mehr als drei Jahre zuvor mit Entstehungsgeschichte von Kunstwer- Jüdischen Museum Berlin, der Stif- ser Serie gezeigt, allerdings lediglich als Gedenktafeln aufstellen könne. Das einem Kindertransport in die Schweiz ken nach 1945 und seit Bestehen der als Downloadversion angestrebt. Für 2007 tung Denkmal für die ermordeten Ju- Illustration des Gesamtgeschehens der klang merkwürdig, denn genau das hatte entkommen können, noch unter- Berliner Republik refl ektieren. Als ein ist dann geplant, unter Einbezug der re-den Europas und der Topographie des Deportationen. Ihr konkreter Kontext wäre ja wichtig und notwendig. Allein wegs. Beispiel für zeitgenössische Kunst dient gionalen Gedenkorte das Bausteinheft in Terrors sowie dem Zentralrat der Juden war nicht bekannt. 1997 – 55 Jah- aus mehr als 200 Ortschaften Hessens „Mein lieber Paul! die Installation des Künstlers Stuart N. gedruckter Fassung zusammen mit einer in Deutschland durch. Finanziert wird re nach dem Geschehen – hatte die wurden beispielsweise jüdische Bewoh- (…) Der liebe G’tt gebe es, dass wir R. Wolfe mit ihrer wechselvollen Ge- CD-ROM herauszugeben, die dokumen-dieses Projekt mit Unterstützung des Verfasserin die genaue Geschichte der ner 1941/42 verschleppt. Dann hieß bald wieder gesund und zufrieden schichte. Diese jetzt in Ravensbrück auf- tarische und interaktive Elemente mit me-Programms Entimon des Bundesjugend- Bilder erforscht und in der Frankfurter es, die Bahn wolle in Hanau keinen zusammen leben. Jetzt, mein lie- gestellte Skulpturengruppe war zuerst dien- und kunstpädagogischen Produkten ministeriums, der Ernst-Ludwig Chamb- Rundschau veröff entlicht. Die Antwor- Präzedenzfall an einem Reisebahnhof ber Bub, leider eine traurige Nach- auf dem Gelände des Anhalter Bahn- aus den Workshops enthält. Es sind im ré-Stiftung zu Lich, der Landeszentrale ten auf Fragen wie: Wer sind die Men- schaff en. Schließlich erklärte die Bahn richt. Sei stark und behalte Dein hofs in Berlin zu sehen und sollte dort nächsten Jahr Fortbildungsveranstaltun- für politische Bildung des Landes Bran- schen auf den Fotos, wie hießen sie, wo ihr Einverständnis, eine Gedenktafel G’ttvertrauen, wie auch wir es sein an die verschiedenen Gruppen von De- gen in Zusammenarbeit mit unseren Ko- denburg, der RAA Brandenburg, der haben sie gelebt, wie alt waren sie, wie auf ihrem Gelände zu installieren. Hier wollen. Am Samstag verreisen wir portierten erinnern. Schon in der ersten operationspartnern vorgesehen. Für die ist die Deportation im Einzelnen vor hätte die Vorgeschichte zu Ende sein und werden Dir, sobald es möglich pädagogische Arbeit der Gedenkstätten Dr. Hildegard Hansche-Stiftung und Nacht wurde die Installation von Unbe- sich gegangen, wer hat die Menschen können, doch nun kam es in Hanau ist, schreiben. Bis dahin bete für mit dem Bausteinheft wird über den Ber-der Evangelischen Jugendarbeit Berlin- kannten beschädigt. Für die Seminarar- zum Bahnhof gebracht, wo genau wur- zu intensiven, auch in der Presse aus- uns und habe Geduld. Lerne fl eißig liner Arbeitskreis „Konfrontationen“ des Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. beit wurde mit Stuart Wolfe ein Filmin- den die Bilder aufgenommen, und vor getragenen Diskussionen um die Form weiter, dass wir später eine Stütze terview geführt, das seine „Ravensbrü- Fritz Bauer Instituts eine pädagogische Be- Matthias Schwerendt, Paul Stefanowske, allem, was ist weiter passiert, nachdem des Gedenkens und damit ebenfalls und einen Trost an Dir haben. (…) cker“ Installation thematisiert wie auch ratung und Begleitung angeboten. Zudem Dagi Knellessen, Ingolf Seidel, der Zug aus Hanau abgefahren war, der Gedenktafel: Eine Bronzetafel am Vergiss uns nicht, bete für uns und das Kunstwerk, welches er gemeinsam wird eine Überführung des Projekts in Tanja Michalczyk, Akim Jah konnten nun gegeben werden. Eingang des Bahnhofes mit recht all- trachte, ein brauchbarer, tüchtiger mit Brandenburger Schülern für das bei einen internationalen Rahmen angestrebt. Berliner Arbeitskreis „Konfrontationen“ Der Hanauer Arbeitskreis Christen- gemeinem Text stand gegen eine Tafel Mensch zu werden. Heute nur noch Sachsenhausen liegende ehemalige Au- Geplant sind Seminare im Rahmen bina- tionaler Jugendbegegnungen mit Polen Juden stellte am 27. Januar 1998 alle mit mehreren historischen Fotos und meinen Segen, mein lieber Bub: ‚ER ßenlager Klinkerwerk konzipierte. Für Gefördert von: die Refl exion des Gedenkens in Ravens- und Ungarn, die ebenfalls dokumentiert Fotos in der Eingangshalle des Bahn- der Erzählung der Geschichte der De- segne Dich, der Ewige, und behüte brück zu Zeiten der DDR bietet sich werden sollen, um die internationale Dis- hofes aus. Sie stießen vor allem zu- portation am historischen Ort des alten Dich! ER lasse leuchten, Der Ewige, unter anderem die Th ematisierung der kussion zum Th ema kunst- und medien- sammen mit den Erklärungen zu den Bahnhofes – im hinteren Bereich des Sein Antlitz Dir und sei Dir gnädig! „Müttergruppe“ von Fritz Cremer an. pädagogischer Annäherungen an den Ho- Bildern auf ein überraschend großes heutigen Bahnhofs. Das Fritz Bauer ER erhebe, der Ewige, sein Antlitz locaust weiter zu befördern. Interesse der Bahnreisenden. Die Institut und der Arbeitskreis sprachen Dir und gebe Dir Frieden, Amen.‘ Am Ende dieses Jahres werden die Wir vom Berliner Arbeitskreis „Kon- Frankfurter Rundschau eröff nete eine sich für den zweiten Vorschlag aus. Der Sei innig und tausendmal herzlich Ergebnisse der Entwicklungs- und Er- frontationen“ führen dieses Projekt in öff entliche Debatte über einen Ort des Kompromissidee der Stadtverwaltung, geküsst, bis zum letzten Atemzuge probungsphase dokumentiert und der enger Zusammenarbeit mit den päd- Gedenkens am Hanauer Bahnhof, die doch beide Tafeln an den beiden Or- bin ich Dein Dich innig liebender Öff entlichkeit präsentiert. Zunächst wird agogischen Abteilungen der Gedenk- Grünen stellten erfolgreich einen ent- ten des Hauptbahnhofs anzubringen, Papa.“ die Herausgabe einer Publikation in Form stätten Ravensbrück, Sachsenhausen, sprechenden Antrag im Parlament, der konnte die Bahn nicht zustimmen, au- eines Materialien- und Methodenbandes Buchenwald/Mittelbau Dora sowie dem dann lange Zeit eine bloße Absichtser- ßerdem wollte sie am Bahnhofseingang Monica Kingreen, Fritz Bauer Institut

42 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 43 Gedenktafel in Hanau Siehe S. 43: „Fotos der Zur Erinnerung und zum Gedenken Deportation zur Erinnerung Vom Hanauer Hauptbahnhof wurden am 30. Mai 1942 und am 5. September 1942 jüdische Männer, Frauen und Kinder und zum Gedenken“ in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt. Am frühen Morgen des 30. Mai 1942 sind 86 Personen aus ihren Wohnungen in Hanau, Langenselbold, Bergen, Rückingen, auf Anweisung der Gestapo und unter Androhung schwerster Strafen geholt worden. Außer wenigen Gepäckstücken Langendiebach, Bischofsheim, Niederrodenbach, Ostheim, Hochstadt und Großauheim von den örtlichen Gendarmen haben sie alles zurück lassen müssen.

Die Menschen werden hier vor dem damaligen Bahnhofsgebäude zur Deportation Auf dem Vorplatz ist auch eine Gruppe jüdischer Frauen aus Bergen zu sehen. Durch das Bahnhofsgebäude müssen die jüdischen Menschen auf den Bahnsteig gesammelt. Sie gehen davon aus, zur Arbeit in den Osten transportiert zu Vorne links steht die 37jährige Jenny Hahn. Sie ist wie alle jüdischen Deutschen 2 gehen, das heutige Gleis 9. So auch Minna Weil aus Bergen mit ihren beiden werden. Der Hanauer Stadtfotograf Franz Weber fotografiert das Geschehen. seit einigen Monaten gezwungen, einen Stern mit der Aufschrift „Jude“ auf Söhnen Walter, 14 Jahre, und Richard, 11 Jahre. Im Unterschied zum Fahrgast ihrer Kleidung zu tragen. Hinten rechts steht der sechsjährige Hans Gernsheimer im Vordergrund tragen sie schwere Winterkleidung. Hinten auf Bahnsteig 1, aus Rückingen. Auf der linken Seite beaufsichtigen Uniformierte die Deportation. heute die Gleise 5 und 6, warten Reisende. Wie der Bahnbedienstete rechts nehmen sie kaum Notiz von der Deportation. Fotos: Medienzentrum Hanau Nachdem der Zug eingefahren ist, beginnen die Menschen mit ihren letzten Die beiden Brüder Hans und Lothar Gernsheimer, sechs und vier Jahre alt, Nach dem Abschied fährt der Zug über Schlüchtern, Fulda und Bebra nach Habseligkeiten einzusteigen. In der Mitte ist die 17jährige Hannelore Stein aus warten mit ihrem Vater Ludwig, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Kassel. Dort stellt die Gestapo in einer Schule in der Nähe des Hauptbahnhofs Rückingen zu sehen. Links schleppt der 29jährige Dr. Bernhard Blumenthal Rückingen, auf das Einsteigen. Links steht der 13jährige Kurt Levi aus Ostheim, einen Massentransport von mehr als 500 jüdischen Menschen aus Hessen aus Niederrodenbach seinen Koffer, den er mit seinem Namen, Wohnort und der zusammen mit seinen Eltern und dem älteren Bruder Walter verschleppt zusammen. Kennkartennummer versehen musste. Rechts trägt Julius Lilienfeld aus Rückingen wird. das Gepäck seiner Verwandten. Durch seine Ehe mit einer Nichtjüdin bleibt er von der Deportation zunächst noch verschont.

Am 1. Juni 1942 verlässt der Zug Kassel und fährt nach Lublin im besetzten Polen. Dort werden die Männer im Alter Rampe des Vernichtungslagers in den Gaskammern ermordet – nur wenige Tage nach der Aufnahme dieser Fotografien. von 15 bis 55 Jahren mit Peitschen in das KZ Majdanek getrieben, wo sie nach wenigen Wochen aufgrund der katastrophalen Am 5. September 1942 werden mit einem weiteren Transport 78 jüdische Menschen aus Hanau und der Region in das Lebens- und Arbeitsbedingungen umkommen. Mit den älteren Männern, Frauen, Kindern und Jugendlichen fährt der Ghetto Theresienstadt bei Prag verschleppt. Viele von ihnen kommen dort zu Tode, andere werden in den Vernichtungslagern Zug weiter in das Vernichtungslager Sobibor. Sie werden in weniger als zwei Stunden nach Ankunft des Zuges an der Treblinka und Auschwitz ermordet. Im Gedenken an die ermordeten jüdischen Menschen aus Hanau und Umgebung 44 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Magistrat derFritz Stadt Bauer Hanau, Institut 30. · Newsletter Mai 2006 Nr. 29 45 BBERICHTEERICHTE BBERICHTEERICHTE

Ausstellung re jüdische Männer, festgenommen und Forschungskolloquium des Fritz Bauer Instituts nach Buchenwald deportiert. Unmittelbar MARTIN BERGAU „Legalisierter Raub“ in Groß-Gerau nach seiner Rückkehr Ende des Jahres ist Neue Forschungen zur Geschichte und Wirkung die Familie aus Dornheim nach Frankfurt des Holocaust im Kontext pädagogischer Fragen Todesmarsch zur Die Ausstellung „Legalisierter Raub. Geschichte der Groß-Gerauer Häuser, die am Main gefl ohen. Das Metzgerwerkzeug Bernsteinküste Der Fiskus und die Ausplünderung der zu Beginn des „Dritten Reichs“ noch im und einige ihrer Möbel haben die Silber- Johann Wolfgang Goethe-Universität, Sommersemester 2006 Juden in Hessen 1933–1945“ wandert Besitz von Juden waren. Die Ergebnisse manns – wie Herr Drach die Erinnerung seiner Schwiegereltern wiedergibt – bei nun im fünften Jahr durch Hessen und der Recherchen wurden auf zwei großen Die Veranstaltungen des Forschungs- ihren Nachbarn untergestellt, off enbar in vor allem an der empirischen Forschung ist immer häufi ger in kleineren Städten Plakaten in der Ausstellung präsentiert. kolloquiums behandelten im Sommer- der Hoff nung, bald wieder zurückkeh- des Lehr- und Lerngeschehens zum Ho- zu Gast (siehe: Ausstellungen, S. 36). Da- Der in der lokalen Presse veröff ent- semester 2006 pädagogische und erzie- ren und ihr normales Leben aufnehmen locaust. Eine kritische Beobachtung wird durch wird die Situation der ländlichen lichte „Aufruf an die Bevölkerung“, mit hungswissenschaftliche Zugänge zum und kleinstädtischen jüdischen Gemein- dem regelmäßig einige Wochen vor Aus- zu können. 1939 wurde das Haus in der allerdings Konsequenzen für künftige Heißfeldstraße deutlich unter Marktwert Holocaust. Dabei wurden unterschied- Veranstaltungen des Fritz Bauer Instituts den während des Nationalsozialismus stellungsbeginn darum gebeten wird, der liche Forschungsperspektiven vorgestellt. ein zunehmend wichtiger Bestandteil der Ausstellung „Andenken“ aus ehemaligem verkauft. Völlig verarmt, lebte die Fami- haben. Es zeigte sich, dass zwar die An- Ausstellung, die sich durch ihre lokalen lie in Frankfurt von dem knappen Lohn, Die bestehenden Kooperationen des zahl der Besucher bei den insgesamt sechs Besitz der jüdischen Bevölkerung zur Ver- Fritz Bauer Instituts mit Kolleginnen Erweiterungen ständig vergrößert. Die fügung zu stellen, hat auch in Groß-Gerau den der 19-jährige Erich in einer Ziegelei Vorträgen konstant war – aber es kamen und Kollegen am Fachbereich Erzie- Resonanz, die die Ausstellung in kleineren zu einem beachtlichen Fund geführt. Wal- verdiente. Im Mai 1942 wurden Lina, Al- keineswegs immer dieselben Personen. hungswissenschaften wurden dabei wei- Städten erfährt, ist sehr erfreulich und ter Drach aus Dornheim hat dem Stadt- fred und Erich Silbermann in den Distrikt So entwickelte sich zwar jeweils eine rege wesentlich dem Engagement der Unter- museum Groß-Gerau das Metzgerwerk- Lublin deportiert. Erich wurde am 20. Juli terentwickelt. Neu war die Einbindung Diskussion, aber kein für das gesamte Kol- stützer vor Ort zu verdanken. In Groß- zeug eines früher in Dornheim ansässigen 1942 im KZ Majdanek ermordet, Lina des Instituts für Jugendbuchforschung. loquium zusammenhängender Strang. Gerau, wo die Ausstellung vom 28. April jüdischen Metzgers übergeben. Es ist ge- und Alfred Silbermann sind an einem un- Wir möchten allen ReferentInnen noch Wir werden deshalb künftig thematische bis 9. Juli 2006 zu sehen war, haben der lungen, zumindest bruchstückhaft die Ge- einmal für ihre Beiträge danken. Studientage anbieten, bei denen ein Th e- Magistrat der Stadt, der Förderverein für schichte dieses Mannes für die Ausstellung bekannten Ort, vermutlich im Vernich- Das Kolloquium war gut besucht, menfeld von drei bis vier ReferentInnen Das Massaker an Juden im ost- Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis zu rekonstruieren. Der Metzgermeister tungslager Sobibór, ermordet worden. die Diskutanten zeigten reges Interesse beleuchtet wird. preußischen Palmnicken 1945 – Groß-Gerau und der Leiter des Stadtmu- Alfred Silbermann lebte mit seiner Frau Das Metzgerwerkzeug, zusammen mit Zeitzeugen erinnern sich seums nicht nur bei der Organisation der Lina und dem Sohn Erich im Haus der wenigen Dokumenten die letzte Spur der Mit einem Vorwort von Ausstellung und Gestaltung des Begleit- Schwiegereltern in der Dornheimer Heiß- Familie Silbermann, deren Geschichte Nuremberg and its Lesson, Teil 2 HANS- JOCHEN VOGEL programms mitgewirkt, sondern auch viel feldstraße, wo er in einem kleinen Anbau für die ländliche jüdische Bevölkerung Jahrestagung der Arbeitsgruppe „Cinematographie des Holocaust“ 2006. IV, 233 Seiten, 15 Abbildungen. zur öff entlichen Wahrnehmung der Aus- in Hessen durchaus typisch ist, befi ndet Geb. € 19,– stellung beigetragen. Wie schon an einigen ISBN 3-8253-5201-3 vorhergehenden Ausstellungsstationen Die Jahrestagung 2006 wurde vom ist es auch in Groß-Gerau gelungen, ein Es war eine klirrend kalte Nacht Deutschen Filminstitut organisiert und Ende Januar 1945, als ein SS-Kom- fand vom 12. bis 14. Januar in Frank- mando 3.000 Juden auf das Eis furt am Main statt. Th ema war – in der Bernsteinküste bei Palmnicken trieb. Dort wurden die bereits

Fortsetzung der Jahrestagung von 2005 69 02 21/77 62 Internet http://www.winter-verlag-hd.de 60·Fax (49) ·E-mail:[email protected] 02 21/77 62 40· Tel. (49) 61 D-69051 Heidelberg ·Postfach 10 völlig entkräfteten Menschen – die Auseinandersetzung mit Filmen erschlagen, erschossen, ertränkt und fi lmischen Dokumenten zu den oder dem Erfrierungstod ausge- großen Prozessen gegen nationalsozia- setzt. Die Ermordeten waren listische Täter. Teil eines menschenverachtenden Gewaltmarsches, in den von Referenten der gut besuchten Ta- Königsberg aus 5.000 Juden ge- gung waren: Detlev Claussen (Institut hetzt worden waren. Die Opera- für Soziologie, Hannover), Christian tion „Todesmarsch Palmnicken“ Dirks (Jüdisches Museum Berlin), stellt das größte deutsche Mas- saker an Juden in Ostpreußen Rebecca Donauer (Journalistin, während des Dritten Reiches dar. Mainz), Hendrik Feindt (Film- und Martin Bergau hat als 16-Jähriger Literaturhistoriker, Hamburg), Jean- die Geschehnisse in Palmnicken paul Goergen (Filmhistoriker, Berlin), selbst miterlebt. In bewegenden Th omas Henne (Rechtswissenschaftler, Dokumenten lässt er nun Zeit- Frankfurt), Sabine Horn (Göttingen), zeugen zu Wort kommen, die aus der Perspektive der Opfer, der Anja Horstmann (Bielefeld), Alexand- zufälligen Augenzeugen oder auch ra Kleihues (Zürich), Dagi Knellessen der Täter ihre Sicht dieses bei- (Fritz Bauer Institut), Peter Steinbach spiellosen Massakers darstellen. (Institut für Geschichte, Karlsruhe), Es sind Dokumente von Schrek- ken und unvorstellbarem Leid, Martina Th iele (Salzburg) und Hillel darunter aber auch immer wieder Abbildung links: Werbeanzeige der Metzgerei Silbermann aus dem Jahr 1923 in einer Festschrift zum 20-jährigen Bestehen Die Arbeitsgruppe „Cinematogra- Tryster (Filmhistoriker, Berlin). Zeugnisse von Menschlichkeit Schulprojektdes hessischen zur Fechtvereins Ausstellung zu„Waisenschutz“, organisie- auch Zweigverein seine Metzgerei Dornheim. betrieb. Rechts: Während Das Metzgerwerkzeug von Alfred Silbermann. phie des Holocaust“ ist ein gemeinsames Info: Fritz Bauer Institut, Ronny inmitten der Wirren der letzten ren. Eine Gruppe von Schülerinnen und des Pogroms im November 1938 wurde sich nun im Besitz des Stadtmuseums Projekt des Fritz Bauer Instituts und des Loewy, Grüneburgplatz 1, 60323 Kriegswochen. die Familie von Dorfbewohnern in ihrem Schülern des Prälat-Diehl-Gymnasiums Groß-Gerau. Es wird sicherlich noch an Deutschen Filminstituts in Frankfurt Frankfurt am Main, Tel.: 0 69–79 83 hat die Geschichte einer jüdischen Fami- Haus überfallen und ausgeplündert. Alfred verschiedenen Stationen der Wanderaus- Universitätsverlag am Main in Zusammenarbeit mit Ci- 22–28, Fax: –41, r.loewy@fritz-bauer- winter lie aus Groß-Gerau recherchiert sowie die Silbermann wurde, wie zahlreiche ande- stellung zu sehen sein. negraph, Hamburgisches Centrum für institut.de, www.fritz-bauer-institut.de Heidelberg Filmforschung, und dem Deutschen Datenbank „Cinematographie des Katharina Stengel, Fritz Bauer Institut Filminstitut (DIF), Frankfurt am Main. Holocaust“: www.cine-holocaust.de

Foto: © Jürgen Volkmann, Stadtmuseum Groß-Gerau 46 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: © Werner Lott, Frankfurt am Main Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 47 BBERICHTEERICHTE BBERICHTEERICHTE

Deutsch-Israelischer Jugendaustausch Identität in Deutschland – Exempla- rische Dilemmata aus dem Alltag“. Frankfurt am Main – Ramat HaNegev, Israel • Begegnung zwischen israelischen und deutsch-jüdischen Jugend- Teil 1: 26. Mai bis 7. Juni 2006 in Deutschland, Teil 2: 18. bis 29. Oktober 2006 in Israel lichen in Form von gemeinsamen Aktivitäten (Karaoke-Abend, Bow- Veranstalter: Zionistische Jugend in Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit der ling, Grill-Party, Shavuot-Feier, Ka- Jugendabteilung des Regionalverbands Ramat HaNegev, Israel, mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts. balat Shabat in den Gastfamilien). Gefördert durch ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch, Lutherstadt Wittenberg. • Darüber hinaus konnten die Israelis Projektleitung: Meron Mendel (Zionistische Jugend in Deutschland), Werner Lott (Fritz Bauer Institut), bei Fahrten nach Rüsselsheim (Opel- Eyal Mor-Yosef und Idan Shavit (Jugendabteilung des Regionalverbands Ramat HaNegev). werk), Köln (Dom und Schokoladen- museum), Oppenheim (historisches Vom 26. Mai bis zum 7. Juni 2006 geben. Das Besuchsprogramm gliederte Anne Frank über Unterschiede in Kellerlabyrinth), Worms („Raschi- war eine Gruppe von 13 israelischen sich in drei Bereiche: lernorientierte der Erinnerungskultur in Deutsch- Haus“ – Judaica-Museum mit Syna- Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Veranstaltungen, Begegnungsaktivitä- land und Israel. goge, Alter Jüdischer Friedhof, Mit- Jahren im Rahmen des Deutsch-Israe- ten und touristische Attraktionen. • Begegnung mit Schülern einer 11. telaltermarkt „Spectaculum“), Kelk- lischen Jugendaustauschs zu Besuch in Gymnasialklasse der Goetheschule heim (Kletter- und Hochseilgarten) Frankfurt am Main. Die Jugendlichen Auszüge aus dem Programm: in Neu-Isenburg. Vorstellung einer und Darmstadt (Schlossgrabenfest), kamen aus verschiedenen Kibbutzim • Historische Stadtführung „Jüdisches Multimedia-Präsentation zu Israel einer Fahrradtour am Rhein und und Moshavim aus der Region Ramat Leben in Frankfurt“ mit Gottfried und zum Negev. einem gemeinsamen Wanderlager HaNegev und waren in Gastfamilien Kößler (Fritz Bauer Institut), begin- • Vortrag von Dr. Rachel Heuberger in Kronach (Festung Rosenberg, der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am nend im Historischen Museum und (Judaica-Abteilung der Stadt- und KulTour-Pfad Franken) Eindrücke Main untergebracht. endend im Museum Judengasse des Universitätsbibliothek Frankfurt von Menschen, Orten und Land- Ein Ziel der Begegnung war, den Jüdischen Museums. am Main): „Die Geschichte der jü- schaften in Deutschland gewinnen. jungen Israelis Einblick in die Lebens- • Besuch der Ausstellung „Anne dischen Gemeinden in Deutschland situation ihrer Austauschpartner als – je Frank. Ein Mädchen aus Deutsch- von 1945 bis heute“. Der Besuch in Frankfurt war der nach individuellem Identitätsverständ- land“ und anschließende Diskussi- • Vortrag von Prof. Dr. Doron Kiesel erste Teil des Deutsch-Israelischen Ju- nis – jüdische Deutsche, deutsche Ju- on mit studentischen Mitarbeite- (Erziehungswissenschaftler an der gendaustauschprogramms zwischen der den oder als Juden in Deutschland zu rinnen der Jugendbegegnungsstätte Fachhochschule Erfurt): „Jüdische Zionistischen Jugend in Deutschland und der Jugendabteilung des Regional- verbands Ramat HaNegev, Israel. Der ursprünglich für Ende Juli geplante Ge- genbesuch musste wegen der Raketenan- griff e der Hisbollah auf den Norden Is- raels verschoben werden und fi ndet nun vom 18. bis 29. Oktober 2006 statt. Das Projekt konnte dank der Förderung durch ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch (www.conact-org.de) realisiert werden. Für das nächste Jahr ist die Weiterführung der Kooperation zwischen der Zionisti- schen Jugend in Deutschland und dem Regionalverband Ramat HaNegev geplant.

Weitere Informationen: www.fritz-bauer-institut.de/D-IL-2006

Werner Lott und Meron Mendel

Foto links: Die israelische Gruppe auf dem Campus Westend der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Foto oben: Historische Stadtführung „Jüdisches Leben in Frankfurt“ mit Gottfried Kößler (Fritz Bauer Institut), Gedenkstätte am Neuen Börneplatz. Foto Mitte: Topographie Frankfurter Geschichte im Historischen Museum. Foto unten: Spurensuche – Besuch des alten Jüdischen Friedhofs in Worms.

Fotos: © Werner Lott, Frankfurt am Main 48 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 49 BBERICHTEERICHTE

Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. h.c. Arno Lustiger Der Geschäftsmann Arno Lustiger Nachrichten aus dem Institut N ist Historiker geworden. Dabei kam E

Gastprofessur am Fritz Bauer Institut von Mai 2004 bis Juli 2006 ihm zugute, dass er sich sicher in meh- T reren Sprachen bewegt. So konnte er in Vertragsverlängerung für nahm die Vertragsverlängerung zum H Der Hörsaal im Casino-Gebäude junge Arno Lustiger ihnen begegnet, den Archiven vieler Länder arbeiten und Prof. Dr. Dietfrid Krause Vilmar Anlass, Prof. Dr. Krause-Vilmar im des IG Farben-Hauses war bis auf den jüdischen Partisanen im Kampf gegen zahlreiche wichtige Dokumente erstmals Namen des Stiftungsrates für seine C durch Zufall kam er 1945 als „displaced I letzten Platz besetzt mit Studierenden person“ nach Frankfurt am Main, das Hitlers Truppen, jüdischen Freiheits- der deutschen Forschung erschließen. Um eine Kontinuität in der Wahr- bisher geleistete Arbeit als kommissa- und Lehrenden der Johann Wolfgang zunächst als Zwischenstation auf dem kämpfern aus dem spanischen Bürger- Überall auf der Welt konnte er mit über- nehmung der Aufgaben des Institutsdi- rischer Direktor des Fritz Bauer Insti- R rektors sicherzustellen, wurde der Dienst- tuts zu danken. Zugleich wurde Prof. Goethe-Universität, mit Überlebenden Weg in die USA oder nach Israel ge- krieg. Als Arno Lustiger 1984 in Israel lebenden Zeitzeugen in ihrer Sprache H des Holocaust und des Widerstands, einen Herzinfarkt erlitt, nahm er sich sprechen. Dazu kommt: Der an ihrem vertrag mit Prof. Dr. Dietfrid Krause- Dr. Krause-Vilmar die besondere dacht war. Aber er musste wegen seiner C Vilmar als kommissarischer Direktor des mit Journalisten und Künstlern, als Dr. kranken Mutter und Schwester hierblei- vor: Wenn ich das überlebe, werde ich Schicksal empathisch teilnehmende Lei- Wertschätzung des Stiftungsrates für

Fritz Bauer Instituts bis zum Zeitpunkt A h.c. Arno Lustiger nach fünf Semestern ben und baute als Textilfabrikant ein die Geschichte der jüdischen Wider- densgenosse hat eine andere Forschungs- seinen engagierten Einsatz zum Wohle motivation als schulmäßige Historiker, des Dienstantrittes des zu bestellenden des Instituts in der so wichtigen Über-

als Gastprofessor am Fritz Bauer Insti- erfolgreiches Unternehmen für Damen- standskämpfer aufschreiben, um sie dem N Institutsdirektors, längstens jedoch bis tut seine letzte Vorlesung moden auf. Gemeinsam mit anderen Vergessen zu entreißen. das spüren die Zeitzeugen. Nicht wenige gangsphase zum Ausdruck gebracht. NACHRICHTEN

zum 31. März 2007 verlängert. Die Ver- ·· hielt. Am 19. Juli 2006, Arno Lustiger über- von ihnen schlossen Freundschaft mit Der Stiftungsratsvorsitzende sicher- tragsunterzeichnung wurde gemäß Um- genau 70 Jahre nach dem lebte und schrieb Scha- Arno Lustiger. Einige von ihnen en- te Prof. Dr. Krause-Vilmar die volle laufbeschluss des Stiftungsrates des Fritz Beginn des spanischen lom Libertad! Die Juden gagierten sich gemeinsam mit ihm für Unterstützung des Gremiums für seine N Bauer Instituts vom 13. September 2007 I Bürgerkrieges und genau im spanischen Bürgerkrieg Mahnmale an den Orten ihres Kampfes, weitere Tätigkeit als kommissarischer in Madrid, in Barcelona und anderswo. durch dessen Vorsitzenden, Stadtrat Direktor des Fritz Bauer Instituts zu E 70 Jahre nach Arno Lus- (Frankfurt am Main Prof. Dr. Felix Semmelroth, vollzogen. tigers Aufnahmeprüfung 1989) – mit unzähligen und sprach ihm im Namen des Stif- R Seit den 80er Jahren hat Arno Lus- tungsrates das volle Vertrauen aus.

Der Vorsitzende des Stiftungsrates E für das Gymnasium in Biographien längst verges- tiger zahlreiche grundlegende Studien seiner polnischen Hei- sener und verdrängter jü-

zum jüdischen Widerstand gegen den V matstadt Bedzin. discher Spanienkämpfer. Nationalsozialismus vorgelegt. Viele For-

Nachrichten und Berichte aus dem Förderverein R Die begehrte Schul- Diesem ebenso material- schungen, Neuentdeckungen und Über- uniform, die ihm seine reichen wie spannenden setzungen hat er angeregt. Nicht die un- E Buch folgten unter an- Bericht des Vereinsvorstandes Auswahlentscheidung und das ihr zugrun- Mutter im Sommer 1936 wichtigste unter ihnen: Wolf Biermanns D zur bestandenen Prüfung derem das große Stan- Nachdichtung von Jizchak Katzenelsons de zu legende Anforderungsprofi l Gegen- R geschenkt hat, konnte der dardwerk Zum Kampf auf Dos lied vunem ojsgehargetn jidischn Volk. Die Aktivitäten des Vorstandes und sei- stand einer dankenswert lebhaften und ner beiden Vertreter im Stiftungsrat stan- anregenden Diskussion waren. damals Zwölfj ährige nicht Leben und Tod. Das Buch In Universitäten, in der Erwachsenen- Ö vom Widerstand der Juden den in den vergangenen Monaten ganz im Inzwischen haben sich alle Beteilig- lange tragen. Deutsche bildung, auf internationalen Kongressen FFÖRDERVEREIN Truppen überfi elen Po- 1933–1945 (Köln 1994), und in den Medien ist Arno Lustiger Zeichen der Suche nach einem adäquaten ten im Stiftungsrat und auf Seiten der len. Arno Lustigers Vater, das die ganze politische ein gefragter, kompetenter Vortragender Nachfolger für den ausgeschiedenen Insti- Frankfurter Universität darauf verstän- ein erfolgreicher Unter- Breite und Vielfalt des jü- und Diskussionspartner. Seine Rede zum tutsdirektor Micha Brumlik. Eine Aufgabe, digt, Dieter Pohl, bislang am Institut für nehmer, wurde enteignet. dischen Engagements im Holocaustgedenktag 2003 im Deutschen die sich schon vom Verfahren her als nicht Zeitgeschichte tätig, als Hochschullehrer sonderlich einfach präsentierte. Denn die 1939 brannten auch in Widerstand gegen Hitler Bundestag bleibt auch beim Nachlesen und neuen Direktor des Fritz Bauer Ins- Entscheidung über die Bestallung des Ins- Bedzin die Synagogen. auff ächert, das Rotbuch. drei Jahre später unmittelbar bewegend titutes zu berufen. Dieter Pohl hat mit titutsdirektors muss nach Maßgabe der 1943 wurde die jüdische Stalin und die Juden. Die und – leider – aktuell. Über seine wissen- seiner bisherigen Arbeit am Institut für tragische Geschichte des schaftliche Publikations- und Vortragstä- Stiftungsverfassung vom Stiftungsrat (das Zeitgeschichte unter Beweis gestellt, dass Bevölkerung Bedzins im heißt von den Vertreterinnen und Ver- Jüdischen Antifaschisti- tigkeit hinaus berichtet er seit Jahren als er über alle wissenschaftlichen und fach- dortigen Ghetto einge- tretern der Stadt Frankfurt am Main, des Zeitzeuge vor allem jungen Menschen lichen Voraussetzungen verfügt, die Auf- sperrt. Die Familie Lusti- schen Komitees und der Landes Hessen, des Fördervereins und der ger verbarg sich in einem sowjetischen Juden (Berlin von seinem Überlebensschicksal. gaben, die dem Institut gestellt sind, als Kellerversteck. Im August 1998), in dem von der Johann Wolfgang Goethe-Universität) neuer Leiter erfolgreich wahrzunehmen 1943 wurde das Ghetto widersprüchlichen Hal- Arno Lustiger wurde vielfach ausge- einstimmig getroff en werden. Da es sich und weiterzuentwickeln. Mit seiner Be- geräumt. Seine Bewohner tung Stalins gegenüber zeichnet – unter anderem mit dem Bun- laut Stiftungsverfassung beim Direktor rufung als Hochschullehrer nach Frank- wurden nach Auschwitz- den jüdischen Partisa- desverdienstkreuz 1. Klasse, mit der Wil- des Institutes außerdem um einen Profes- furt wird zudem die beklagenswerte Lü- Birkenau deportiert. Einige Tage später nen und vom stalinistischen Antise- helm-Leuschner-Medaille, der höchsten sor der Frankfurter Universität handeln cke, die es im Bereich der universitären Holocaust-Forschung in Deutschland verließen die Lustigers ihr Versteck und gründete er die Jüdische Nachkriegs- mitismus berichtet wird, die kritische, Auszeichnung des Landes Hessen, die muss, ist zusätzlich das Einvernehmen nach wie vor gibt, geschlossen. gingen gemeinsam ins Zwangsarbeiterla- gemeinde in Frankfurt am Main und Arno Lustigers Forschungsmotivation nach dem ermordeten Widerstandskämp- mit den universitären Berufungsgremien ger Annaberg in Schlesien, um dort we- engagierte sich für zahlreiche jüdische erschließende Essay-Sammlung Wir fer und früheren hessischen Innenministers gefragt, stiftungs- und verfassungsrecht- Die nächste ordentliche Mitgliederver- nigstens zusammenbleiben zu können. Stiftungen. Ihrer großen Tradition und werden nicht untergehen. Zur jüdischen benannt ist, mit dem Heinz-Galinski-Preis lich eine eher schwierige Ausgangslage! sammlung fi ndet am 2. Dezember 2006 Aber die Familie wurde auseinanderge- Geschichte ist eine der ersten von ihm Geschichte (Berlin 2002) und, zu seinem (gemeinsam mit Wolf Biermann) und mit Wie zu erwarten, gab es im Stiftungsrat in Frankfurt am Main statt. Da vier Mit- rissen. Arno Lustiger wurde in das KZ edierten Publikationen gewidmet. 80. Geburtstag, die autobiographischen der Ehrendoktorwürde der Universität und in der von ihm gebildeten Auswahl- glieder des Vorstandes aus persönlichen Ottmuth verschleppt, er überlebte die Erst in den 80er Jahren aber fand Bücher Sing mit Schmerz und Zorn Potsdam. Das Fritz Bauer Institut verdankt kommission zunächst unterschiedliche Gründen beabsichtigen, ihre Ämter abzu- Konzentrationslager Auschwitz-Blech- Arno Lustiger zu seinem Lebensthema, (Berlin 2004) und der ebenfalls 2004 Arno Lustiger seit seiner Gründungs- Vorstellungen darüber, welchem bzw. geben, ist mit Neu- bzw. Nachwahlen als hammer, Groß-Rosen, Buchenwald und dem jüdischen Widerstand gegen den von Basil Kerski und Joanna Skibinska phase zahlreiche wichtige Anregungen. welcher der Kandidatinnen und Kandi- Tagesordnungspunkt zu rechnen. Langenstein. Auf dem Todesmarsch Nationalsozialismus. Denn nicht „wie edierte Interviewband Ein jüdisches Le- Wir bedanken uns und hoff en ebenso daten, die sich auf die Ausschreibung hin Rupert von Plottnitz (Vorsitzender) konnte er fl iehen. US-Soldaten fanden die Lämmer zur Schlachtbank“ haben ben im Zeitalter der Extreme. Gespräche unbescheiden wie zuversichtlich, dass er beworben hatten, der Vorzug zu geben sei. den vollkommen Entkräfteten und hal- sich die Juden Europas führen lassen mit Arno Lustiger. Übersetzungen von dem Institut auch nach dem Ende seiner Wegen der Bedeutung der Frage der neu- Geschäftsstelle des Fördervereins fen ihm zurück ins Leben. – im Gegenteil, wo immer sie die Mög- Arno Lustigers Werken liegen in den Gastprofessur verbunden bleiben wird. en Leitung des Institutes hat der Vorstand lichkeit dazu fanden, haben sich jüdische USA, in Polen, Frankreich und Spanien am 3. Mai 2006 eine außerordentliche Manuela Ritzheim: Mo. bis Fr., 10.00– Mitgliederversammlung veranstaltet, auf Das Kriegsende erlebte Arno Lusti- Männer und Frauen gegen die Mörder vor und demnächst auch in Russland. Elisabeth Abendroth, Hessisches 16.00 Uhr, Tel.: 0 69–79 83 22–39, welcher die vom Stiftungsrat zu treff ende ger als Dolmetscher der US-Army. Eher zur Wehr gesetzt. In den Lagern war der Ministerium für Wissenschaft und Kunst Fax: –41, [email protected]

Foto: © privat 50 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 51

PPUBLIKATIONENUBLIKATIONEN

P PUBLIKATIONEN

U Th omas Horstmann, Heike Litzinger (Hg.): 114 Abb., € 24,60 Wallstein Verlag, Göttingen 2004, 200 S., € 24,–

An den Grenzen des Rechts. Gespräche mit Juris- ISBN 3-939078-44-9; Schriftenreihe, Band 11 ISBN 3-89244-756-X; Gastprofessur für interdis- B ten über die Verfolgung von NS-Verbrechen ziplinäre Holocaustforschung, Tagungsband 1

L Verzeichnis der lieferbaren Titel Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Knut Dethlefsen und Th omas B. Hebler (Hg.):

2006, 233 S., € 19,90, ISBN 3-593-38014-5 Bilder im Kopf. Auschwitz – Einen Ort sehen I

K Publikationen des Fritz Bauer Instituts Wissenschaftliche Reihe, Band 14 Obrazy w glowie. Oswiecim – Ujecia pewnego miejsca Materialien Mit Texten von Knut Dethlefsen, Marek Frysz-

A tacki, Detlef Hoff mann, Gottfried Kößler, Hanno Fritz Bauer Institut (Hg.): Konzeption

Einige Titel des Fritz Bauer Instituts sind bereits vergriffen und werden in dieser Liste nicht aufgeführt. Schriftenreihe Loewy, Jörg Lüer u.a. Abschlussbericht der Planungsgruppe „Frankfurter T Eine komplette Auflistung aller Publikationen finden Sie im Internet: www.fritz-bauer-institut.de/publikationen.htm Mit Fotobeiträgen von 70 jugendlichen Teilnehmer- Lern- und Dokumentationszentrum des Holocaust“

I Arbeitsstelle zur Vorbereitung des Frankfurter Lern- Innen internationaler Workshops in der Jugendbe- Im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main, Dezernat Den Publikationsversand hat die Karl Marx Buchhandlung in Frankfurt am Main übernommen (Bestellformular, S. 56). O und Doku men ta tionszentrum des Holo caust (Hg.): gegnungsstätte Auschwitz/Oswiecim 1991-95. Kultur und Freizeit Internationales Hearing vom 23. bis 25. Oktober Texte in deutscher und polnischer Sprache, Über- Redaktion: Jacqueline Giere und Hanno Loewy

N 1991. Vorträge und Diskussionen setzung: Marek Pelc Frankfurt am Main 1996, 3. Aufl . (1. Aufl . 1992), Red.: Hanno Loewy. Im Auftrag der Stadt Frank- Das Buch begleitet die gleichnamige Ausstellung 36 S., € 2,50

E furt am Main, Dezernat für Kultur und Freizeit des Fritz Bauer Instituts. ISBN 3-88270-802-6; Materialien Nr. 5

Jahrbuch zur Geschichte Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, Joachim Perels: Frankfurt am Main 1992, Großformat, Spiralhef- Edition Hentrich, Berlin 1996, 146 S., 134 Abb., N und Wirkung des Holocaust 2004, 340 S., € 29,90 Das juristische Erbe des „Dritten Reiches“ tung, 270 S., € 5,10. Schriftenreihe, Band 1 € 9,90. ISBN 3-89468-236-1; Schriftenreihe, Band 12 Jonathan Webber: Die Zukunft von Auschwitz ISBN 3-593-37282-7; Jahrbuch 2004, Band 8 Beschädigungen der demokratischen Rechtsordnung Einige persönliche Betrachtungen Fritz Bauer Institut (Hg.): Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Hanno Loewy (Hg.): Hanno Loewy und Andrzej Bodek (Hg.): Hg. in Zusammen arbeit mit dem Staatlichen Mu- Überlebt und unterwegs. Jüdische Displaced Per- Fritz Bauer Institut (Hg.): Gesetzliches Unrecht. 1999, 228 S., € 21,50. ISBN 3-593-36318-6 Holocaust. Die Grenzen des Verstehens „Les Vrais Riches“ – Notizen am Rand. Ein Tage- seum Auschwitz-Birkenau sons im Nachkriegsdeutschland Rassistisches Recht im 20. Jahrhundert Wissenschaftliche Reihe, Band 7 Eine Debatte über die Besetzung der Geschichte buch aus dem Ghetto Lodz (Mai bis August 1944) Frankfurt am Main 1995, 3. Aufl . (1. Aufl . 1993), Red.: Jacqueline Giere, Hanno Loewy, Werner Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Micha Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1992, 256 S., Mit der Reproduktion der gesamten Handschrift. 32 S., € 2,50 Renz und Irmtrud Wojak Brumlik, Susanne Meinl und Werner Renz Irmtrud Wojak: € 9,60, ISBN 3-499-19367-1; Schriftenreihe, Band 2 Aus dem Jiddischen von Esther Alexander-Ihme, ISBN 3-88270-800-X; Materialien Nr. 6 Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, Eichmanns Memoiren. Ein kritischer Essay aus dem Polnischen von Andrzej Bodek, aus dem 1997, 382 S., € 24,90 2005, 244 S., € 24,90 Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Th omas Hofmann, Hanno Loewy, Harry Stein (Hg.): Englischen von Irmgard Hölscher und aus dem Martha Wertheimer: In mich ist die große dunk- ISBN 3-593-35843-3; Jahrbuch 1997, Band 2 ISBN 3-593-37873-6; Jahrbuch 2005, Band 9 2001, fester Einband, 280 S., 16 Abb., € 25,50 Pogromnacht und Holocaust. Frankfurt, Wei- Heb-räischen von Ronen Reichmann le Ruhe gekommen. Briefe an Siegfried Guggen- ISBN 3-593-36381-X mar, Buchenwald … Die schwierige Erinnerung Reclam Verlag, Leipzig 1997, 165 S., € 9,20 heim in New York. Geschrieben vom 27.5.1939 bis Fritz Bauer Institut (Hg.): „Beseitigung des jü- Fritz Bauer Institut und Jugendbegegnungsstätte Wissenschaftliche Reihe, Sonderband an die Stationen der Vernichtung ISBN 3-379-01582; Schriftenreihe, Band 13 2.9.1941 in Frankfurt am Main dischen Einfl usses …“ Antisemitische Forschung, Anne Frank (Hg.): Neue Judenfeindschaft? Böhlau Verlag, Weimar/Köln/Wien 1994, 200 S., € 19,50 Frankfurt am Main 1996, 2., überarb. Aufl . Eliten und Karrieren im Nationalsozialismus Perspektiven für den pädagogischen Umgang mit Peter Krause: ISBN 3-412-03293-X ; Schriftenreihe, Band 5 Horst Hoheisel: Aschrottbrunnen (1. Aufl . 1993), 52 S., € 2,50 Red.: Andreas Hofmann und Irmtrud Wojak dem globalisierten Antisemitismus Der Eichmann-Prozess in der deutschen Presse Hg. vom Fritz Bauer Institut. Mit Beiträgen von Ja- ISBN 3-88270-801-8; Materialien Nr. 8 Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Bernd Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Reinhard Matz: Die unsichtbaren Lager mes E. Young, Hanno Loewy, Eva Schulz-Jander, 1999, 309 S., € 24,90 Fechler, Gottfried Kößler, Astrid Messerschmidt 2002, 328 S., € 34,90. ISBN 3-593-37001-8 Das Verschwinden der Vergangenheit im Gedenken Manfred Schneckenburger und Horst Hoheisel Dieter Schiefelbein: Das „Institut zur Erfor- ISBN 3-593-36098-5; Jahrbuch 1998/99, Band 3 und Barbara Schäuble Wissenschaftliche Reihe, Band 8 Fotografi en von Reinhard Matz. Mit Texten von Mit Vorworten von Hans Eichel und Georg Lewan- schung der Judenfrage Frankfurt am Main“ Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, Andrzej Szczypiorski, James E. Young, Hanno dowski, Texte in deutscher und englischer Sprache Vorgeschichte und Gründung 1935–1939 Fritz Bauer Institut (Hg.): 2006, 378 S., € 29,90 Andrea Löw, Kerstin Robusch, Stefanie Walter (Hg.): Loewy, Jochen Spielmann. Das Buch begleitet die Übersetzungen: Deborah Foulkes, Jacqueline Hg. in Zusammenarbeit mit dem Institut für „Arisierung“ im Nationalsozialismus. ISBN 978-3-593-38183-1; Jahrbuch 2006, Band 10 Deutsche – Juden – Polen gleichnamige Ausstellung des Fritz Bauer Instituts. Giere, Christoph Münz, Eva Schulz-Jander Stadtgeschichte, Frankfurt am Main Volksgemeinschaft, Raub und Gedächtnis Geschichte einer wechselvollen Beziehung im 20. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Ham burg 1993, Frankfurt am Main 1998, 64 S., 48 Abb., € 10,– Frankfurt am Main 1994, 48 S., € 2,50 Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irm- Das Jahrbuch erscheint mit freundlicher Unter- Jahrhundert. Festschrift für Hubert Schneider 207 S., Sonderpreis € 6,10 ISBN 3-923461-29-1; Schriftenreihe, Band 16 ISBN 3-88270-803-5; Materialien Nr. 9 trud Wojak und Peter Hayes stützung des Fördervereins Fritz Bauer Institut e.V. Mit Unterstützung des Vereins zur Förderung der ISBN 3-449-19388-4; Schriftenreihe, Band 6 Red.: Christian Kolbe, Florian Schmaltz, Irmtrud Mitglieder des Fördervereins können das Jahr- Erforschung der Geschichte der deutschen und in- Gerd R. Ueberschär (Hg.): NS-Verbrechen und Jan Philipp Reemtsma: Charisma und Terror Wojak buch zum reduzierten Mitgliederpreis von € 23,90 ternationalen Arbeiterbewegung e.V., der Ernst-Lud- Oskar Rosenfeld: Wozu noch Welt der militärische Widerstand gegen Hitler Gedanken zum Verhältnis intention alistischer und Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York abonnieren. (Der Preis bezieht sich auf das aktuel- wig- Chambré-Stiftung zu Lich, des Kulturbüros der Aufzeichnungen aus dem Getto Lodz Mit Beiträgen von Christof Dipper, Christian funktionalisti scher Deutungen der nationalsoziali- 2000, 312 S., 23 Abb., € 24,90 le Jahrbuch 2006, inkl. Versandkosten.) Stadt Bochum und der Gesellschaft für christlich- Hg. von Hanno Loewy. Verlag Neue Kritik, Gerlach, Wilfried Heinemann, Hanno Loewy, stischen Ver nichtungspolitik ISBN 3-593-36494-8; Jahrbuch 2000, Band 4 jüdische Zusammenarbeit Dortmund e.V. Frankfurt am Main 1994, 324 S., € 25,– Manfred Messerschmidt, Hans Mommsen, Peter Vortrag, gehalten am 11.11.1993 im Rahmen des Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York ISBN 3-8015-0272-4; Schriftenreihe, Band 7 Steinkamp, Christian Streit, Gerd R. Ueberschär, Symposiums „Buchenwald und Auschwitz“ Fritz Bauer Institut (Hg.): „Gerichtstag halten Wissenschaftliche Reihe 2004, 276 S., € 34,90. ISBN 3-593-37515-X Wolfram Wette Frankfurt am Main 1997, 2. Aufl . (1. Aufl . 1994), über uns selbst …“ Geschichte und Wirkungsge- Wissenschaftliche Reihe, Band 9 Martin Paulus, Edith Raim und Gerhard Zelger (Hg.): Primus Verlag, Darmstadt 2000, 214 S., € 24,90 € 1,50 schichte des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses Hanno Loewy, Bettina Winter (Hg.): Ein Ort wie jeder andere. Bilder aus einer deut- ISBN 3-89678-169-3; Schriftenreihe, Band 18 ISBN 3-932883-01-2; Materialien Nr. 10 Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irmtrud NS-„Eutha nasie“ vor Gericht. Fritz Bauer und Susanne Meinl, Jutta Zwilling: Legalisierter Raub schen Kleinstadt. Landsberg am Lech 1923–1958 Wojak. Red.: Susanne Meinl und Irmtrud Wojak die Grenzen juristischer Bewältigung Die Ausplünderung der Juden im Nationalsozialis- Das Buch begleitet die gleichnamige Ausstellung Margrit Frölich, Hanno Loewy, Heinz Steinert (Hg.): Christoph Münz: Geschichtstheologie und jüdi- Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York mus durch die Reichsfi nanzverwaltung in Hessen des Fritz Bauer Instituts. Lachen über Hitler – Auschwitz Gelächter? sches Gedächtnis nach Auschwitz. Über den Ver- 2001, 356 S., 21 Abb., € 24,90 1996, 199 S., € 19,90. ISBN 3-593-35442-X Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1995, Filmkomödie, Satire und Holocaust such, den Schrecken der Geschichte zu bannen ISBN 3-593-36822-6; Jahrbuch 2001, Band 5 Wissenschaftliche Reihe, Band 1 2004, Hardcover, Fadenbindung, 748 S., € 44,90 224 S., 168 Abb., € 15,– Mit Beiträgen von Stephan Braese, Th omas Elsaes- Frankfurt am Main 1994, 36 S., € 2,50 ISBN 3-593-37612-1 ISBN 3-499-19913-0; Schriftenreihe, Band 9 ser, Lutz Koepnick, Geraldine Kortmann, Kathy ISBN 3-88270-804-2; Materialien Nr. 11 Fritz Bauer Institut (Hg.): Grenzenlose Vorur- Jacqueline Giere (Hg.): Wissenschaftliche Reihe, Band 10 Laster, Ruth Liberman, Burkhardt Lindner, Ronny teile. Antisemitismus, Nationalismus und ethni- Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners Naomi Tereza Salmon: Asservate / Exhibits Loewy, Yosefa Loshitzky, Joachim Paech, Christi- Józef Szajna: Reminiszenzen – Ein Environment sche Konfl ikte in verschiedenen Kulturen Zur Genese eines Vorurteils Wolfgang Meseth, Frank-Olaf Radtke, Matthias Auschwitz, Buchenwald, Yad Vashem an Schneider, Silke Wenk und den Herausgebern. Zum 50. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz- Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irm- Hg. in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Lan- Proske: Schule und Nationalsozialismus Mit Texten von Naomi Tereza Salmon und Aleida Edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag, Birkenau trud Wojak und Susanne Meinl desverband Deutscher Sinti und Roma Anspruch und Grenzen des Geschichtsunterrichts Assmann. Dreisprachige Ausgabe in Deutsch, Eng- München 2003, 386 S., 40 s/w Abb., € 27,50 Redaktion: Andrzej Bodek Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York lisch und Hebräisch. ISBN 3-88377-724-2; Schriftenreihe, Band 19 Frankfurt am Main 1995, 36 S., € 2,50 2002, 304 S., 30 Abb., € 24,90 1996, 162 S., € 19,90. ISBN 3-593-35443-8 2004, 327 S., € 37,90. ISBN 3-593-37617-2 Übersetzungen: Yeheskel C. Sahar und John S. ISBN 3-88270-805-0; Materialien Nr. 12 ISBN 3-593-37019-0; Jahrbuch 2002, Band 6 Wissenschaftliche Reihe, Band 2 Wissenschaftliche Reihe, Band 11 Southard. Das Buch begleitet die gleichnamige Ausstellung des Fritz Bauer Instituts. Veröffentlichungen der Gast- Bernd Greiner: „IG-Joe“ – IG Farben-Prozeß Fritz Bauer Institut (Hg.): Im Labyrinth der Hanno Loewy, Bernhard Moltmann (Hg.): Dariuš Zifonun: Gedenken und Identität Edition Cantz, Ostfi ldern-Ruit 1995, 274 S., professur für interdisziplinäre und Morgenthau-Plan. Mit einer Auswahl-Bi- Schuld. Täter – Opfer – Ankläger Erlebnis – Gedächtnis – Sinn Der deutsche Erinnerungsdiskurs 124 Abb., € 24,50 Holocaustforschung bliographie: IG Farben / Auschwitz Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irm- Authentische und konstruierte Erinnerung Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York ISBN 3-89322-795-4; Schriftenreihe, Band 10 Frankfurt am Main 1996, 36 S., € 2,50 trud Wojak und Susanne Meinl Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2004, 262 S., € 32,90. ISBN 3-593-37618-0 Stephan Braese (Hg.): Rechenschaften ISBN 3-932883-02-0; Materialien Nr. 13 Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York, 1996, 300 S., € 24,90. ISBN 3-593-35444-6 Wissenschaftliche Reihe, Band 12 Mikael Levin: Suche Juristischer und literarischer Diskurs in der Aus- 2003, 364 S., 20 s/w Abb., € 29,90 Wissenschaftliche Reihe, Band 3 Fotografi en von Mikael Levin und Eric Schwab einandersetzung mit den NS-Massenverbrechen Hermann Langbein: Das 51. Jahr … ISBN 3-593-37373-4; Jahrbuch 2003, Band 7 Claudia Fröhlich: Mit Texten von Meyer Levin Tagungsband zum internationalen Symposium Zum Gedenken an Hermann Langbein. Fritz Bauer: Die Humanität der Rechtsordnung Wider die Tabuisierung des Ungehorsams. Aus dem Amerikanischen von Irmgard Hölscher „Dichter und Richter“, am 15. und 16. November (18.5. 1912–24.10.1995). Ansprache zur Gedenk- Fritz Bauer Institut (Hg.): Ausgewählte Schriften Fritz Bauers Widerstandsbegriff und die Aufarbei- Red.: Bettina Schulte Strathaus und Hanno Loewy 2002 in Frankfurt am Main. veranstaltung zum 50. Jahrestag der Befreiung von Völkermord und Kriegsverbrechen in der ersten Hg. von Joachim Perels und Irmtrud Wojak tung von NS-Verbrechen Das Buch begleitet die gleichnamige Ausstellung Eine Veröff entlichung der Gastprofessur für in- Auschwitz-Birkenau im Schauspiel Frankfurt am Hälfte des 20. Jahrhunderts Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York des Fritz Bauer Instituts. Die Ausstellung wurde terdisziplinäre Holocaustforschung an der Johann Main am 29. Januar 1995 Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irm- 1998, 443 S., € 24,90. ISBN 3-593-35841-7 2006, 430 S., € 39,90, ISBN 3-593-37874-4 von der DG BANK gefördert. Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Mit Beiträgen von Heinz Düx, Ulla Wirth, Werner trud Wojak und Susanne Meinl Wissenschaftliche Reihe, Band 5 Wissenschaftliche Reihe, Band 13 Gina Kehayoff Verlag, München 1996, 272 S., mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts Renz

52 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 53 PPUBLIKATIONENUBLIKATIONEN PPUBLIKATIONENUBLIKATIONEN

Frankfurt am Main 1996, 2. Aufl . (1. Aufl . 1996), (1. Aufl . 1993), 52 S., DIN-A 4, € 5,10 Verena Haug, Uta Knolle-Tiesler, Gottfried Kössler: Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- Pommern, gestorben 2002 in Frankfurt am Main Frankfurt am Main 1991, DIN-A 4, geheftet, 32 S., € 1,50 ISBN 3-932883-06-3; Pädagogische Materialien Nr. 2 Deportationen sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP und dem Gespräch: Christian Kolbe, Kamera: Berthold Bruder, 151 S., € 5,– ISBN 3-932883-04-7; Materialien Nr. 15 Frankfurt am Main 2003, 64 S. HeLP/Regionalstelle Marburg Schnitt: Kristina Heun, Bearbeitung: Klaus Heuer Gottfried Kößler: Vernichtungskrieg. ISBN 3-932883-24-1; Konfrontationen Heft 5 Frankfurt am Main 2000, VHS, 30 min (f), D Copyright: © Alfred Jachmann und Fritz Bauer Fritz Bauer Institut (Hg.): Katrin Reemtsma: „Zigeuner“ in der ethnographi- Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944 Institut Das Fritz Bauer Institut im Überblick. Eine In- schen Literatur. Die „Zigeuner“ der Ethnographen Bausteine für den Unterricht zur Vor- und Nach- Jacqueline Giere, Tanja Schmidhofer: „Rollwage, wann willst Du endlich aufwachen“ Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- formationsbroschüre zu Arbeitsbereichen, Aufga- Frankfurt am Main 1996, 40 S., € 2,50 bereitung des Ausstellungsbesuchs Todesmärsche und Befreiung – Erinnerungen an die Kinderlandverschickung sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP ben und Zielsetzungen des Fritz Bauer Instituts ISBN 3-932883-05-5; Materialien Nr. 16 Frankfurt am Main 1997, 2., überarb. u. erw. Aufl . Frankfurt am Main 2003, 56 S. 1940–1945. Das Video wurde ermöglicht durch Spenden der Redaktion: Hanno Loewy (1. Aufl . 1997), 68 S., DIN-A 4, € 4,– / ab 10 ISBN 3-932883-29-2; Konfrontationen Heft 6 Herbert Rollwage, geboren 1929 in Hamburg Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung zu Lich Frankfurt am Main 1997, 36 S., € 2,50 Katharina Stengel: Tradierte Feindbilder Hefte € 3,– Ausschnitte aus einem Gespräch im Rahmen ei- Frankfurt am Main 2001, VHS, 40 min (f), D Die Entschädigung der Sinti und Roma in den ISBN 3-932883-07-1; Pädagogische Materialien Nr. 3 Alle Hefte der Reihe Konfrontationen sind zum nes Seminars des Fritz Bauer Instituts 1996. Ge- Fritz Bauer Institut (Hg.): fünfziger und sechziger Jahren Heftpreis von € 7,60 (ab 10 Hefte € 5,10) über sprächsleitung: Gottfried Kößler, Kamera: Eber- Die Video-Interviews sind für die Verwendung Die Humanität der Rechtsordnung Frankfurt am Main 2004, 112 S., € 5,50 Ursula Ossenberg: Sich von Auschwitz ein Bild das Fritz Bauer Institut erhältlich. hard Tschepe im Unterricht und in der außerschulischen Bil- Zur Erinnerung an Fritz Bauer. Festschrift zur Materialien Nr. 17 machen? Kunst und Holocaust. Ein Beitrag für die Bearbeitung: Klaus Heuer, Schnitt: Kristina Heun dungsarbeit konzipiert. Zum Preis von € 25,50 Veranstaltung am 2. Juli 1998 im Sendesaal des pädagogische Arbeit © Herbert Rollwage und Fritz Bauer Institut sind die Videokassetten beim Fritz Bauer Institut Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main Frankfurt am Main 1998, 84 S., 27 Schwarz weiß- Handreichungen für die schulische Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- käufl ich zu erwerben. Redaktion: Irmtrud Wojak, Andreas Knapp Verzeichnisse und 19 mehrfarbige Abb., DIN-A 4, € 10,20 und außerschuliche Bildungsarbeit sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP Frankfurt am Main 1998, 32 S., € 2,50 ISBN 3-932883-09-8; Pädagogische Materialien Nr. 4 Frankfurt am Main 2001, VHS, 40 min (f), D Ute Wrocklage: Fotografi e und Holocaust Schulwettbewerb: Plakatmappen Ausstellungskatalog Annotierte Bibliographie Gottfried Kößler, Guido Steff ens, „Sie wohnten nebenan… Juden in Frankfurt“ Kindheit und Jugend im Frankfurter Ostend für die Bildungsarbeit Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Th üringen (Hg.): Frankfurt am Main 1998, 96 S., € 5,10 Christoph Stillemunkes (Hg.): Spurensuche Dokumentation der TeilnehmerInnenbeiträge 1925–1941. Norbert Gelhardt, geboren 1925 in Legalisierter Raub. Der Fiskus und die Ausplün- ISBN 3-932883-17-9; Verzeichnisse Nr. 2 Ein Reader zur Erforschung der Schul geschichte Hg. in Zusammenarbeit mit dem Hessischen In- Frankfurt am Main Förderverein Fritz Bauer Institut e.V. (Hg.): derung der Juden in Hessen 1933–1945 während der NS-Zeit stitut für Lehrerfortbildung (HILF) – Außenstelle Ausschnitte aus einem Gespräch im Jahr 2000 Die Gegenwart von Auschwitz Redaktion: Susanne Meinl (Fritz Bauer Institut), Werner Renz: Mit Unterstützung des Kultusministeriums des Friedberg. Mit Unterstützung des Kultusministe- Interview und Bearbeitung: Klaus Heuer, Kamera: Plakatmappe mit pädagogischem Materialheft Bettina Hindemith (Hessischer Rundfunk), Mit- Vernichtungskrieg: Verbrechen der Wehrmacht Landes Hessen. riums des Landes Hessen und des Stadtschulamtes Moussa Quedraogo, Schnitt: Kristina Heun 10 Schwarzweiß-Fotografi en von Henning Lan- arbeit: Katharina Stengel (Fritz Bauer Institut), 1941 bis 1944 und Holocaust Frankfurt am Main 1998, 80 S., € 7,60 Frankfurt am Main © Norbert Gelhardt und Fritz Bauer Institut genheim und 10 Farb fotografi en von Peter Liedtke, Stephan Wirtz (Fritz Bauer Institut), Gestaltung: Auswahl-Bibliographie ISBN 3-932883-10-1; Pädagogische Materialien Nr. 5 Red.: Michael Lohmann und Petra Mumme Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- entstanden 1987–1992 auf dem Gelände des ehe- Madlen Mühlender (Hessischer Rundfunk) Frankfurt am Main 1997, 34 S., € 2,50 Frankfurt am Main 1996, 72 S., € 7,60 sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP maligen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, Reihe selecta der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen- ISBN 3-932883-18-7; Verzeichnisse Nr. 3 Gottfried Kößler, Guido Steff ens (Hg.): ISBN 3-932883-08-X Frankfurt am Main 2001, VHS, 20 min (f), D zeigen die irritierende Gegenwart der Gedenkstät- Th üringen, Heft 8, 2002, 72 S., € 5,– 27. Januar – Lerntag oder Gedenktag? Anregun- te. Sie werden konfrontiert mit Zitaten von Opfern Zu beziehen über: Sparkassen-Kulturstiftung Hes- Viktoria Pollmann: NS-Justiz, Nürnberger Pro- gen zur pädagogischen Gestaltung des „Tages des „Der Lehrer wusste, was da passiert.“ Bericht und Überlebenden von Auschwitz. sen-Th üringen, Alte Rothofstraße 9, 60313 Frank- zesse, NSG-Verfahren. Auswahl-Bibliographie Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus” Video-Interviews mit Zeitzeugen eines Sinto. Herbert Ricky Adler, geboren 1928 20 Plakate, Format DIN-A 1, in robuster Schutz- furt am Main, oder: Hessischer Rundfunk, Pres- Frankfurt am Main 2000, 96 S., € 5,10 Mit Unterstützung des Kultusministeriums des in Dortmund. mappe. Mit Materialheft (DIN-A 4, 52 S.) zur Ar- se- und Öff entlichkeitsarbeit, Publikumsservice, ISBN 3-932883-19-5; Verzeichnisse Nr. 4 Landes Hessen. „Returning from Auschwitz.“ Ausschnitte aus einem Gespräch mit Josef Behrin- beit mit der Plakatmappe für die schulische und Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt am Main, Tel.: Frankfurt am Main 1999, 56 S., € 4,– Bernhard Natt, geboren 1919 in Frankfurt am Main ger und Gottfried Kößler im Jahr 1995 außerschulische Bildungsarbeit (siehe Reihe Päd- 069-1553119, Fax: -1553244 Stephan Wirtz, Christian Kolbe: Enteignung der ISBN 3-932883-13-6; Pädagogische Materialien Nr. 6 Interview: Petra Mumme, Kamera: Werner Lott Interview: Josef Behringer und Gottfried Kößler, agogische Materialien Nr. 2). jüdischen Bevölkerung in Deutschland und natio - Schnitt: Bernd Zickert, Recherche: Gottfried Kößler Kamera: Gisa Hillesheimer, Bearbeitung: Klaus Frankfurt am Main 1993, € 60,– (inkl. Versand Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung Lich, Fritz Bauer nalsozialistische Wirtschaftspolitik 1933–1945 Axel Bohmeyer, Uta Knolle-Tiesler, Gottfried Kößler: © Bernhard Natt und Fritz Bauer Institut Heuer, Schnitt: Kristina Heun Inland) Institut (Hg.): Legalisierter Raub Annotierte Bibliographie Schwierigkeiten mit Verantwortung und Schuld Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- © Herbert Ricky Adler und Fritz Bauer Institut Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Frankfurt am Main 2000, 56 S., € 4,– Kirchen und Nationalsozialismus – Materialien sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP und dem Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- Fritz Bauer Institut (Hg.): Hessen 1933–1945. – Materialmappe ISBN 3-932883-20-9; Verzeichnisse Nr. 5 und Vorschläge zur pädagogischen Arbeit Filmhaus Frankfurt sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP. Bilder im Kopf. Auschwitz/Oswiecim – Einen Red.: Klaus Konrad-Tromsdorf und Nadja Kuhl Frankfurt am Main 2001, 76 S., € 7,60 Frankfurt am Main 1999, VHS, 110 min (f), D Frankfurt am Main 1995/2001, VHS, 31:41 min (f), D Ort sehen. Plakatmappe mit einem Begleitheft für Gießen: Bookxpress-Verlag der Druckwerkstatt ISBN 3-932883-14-4; Pädagogische Materialien Nr. 7 die schulische und außerschulische Bildung Fernwald, 2002, ISBN 3-936705-08-9, € 9,80 Biographien „Auch die Musik hat mir mein Leben gerettet.“ „… Dass wir nicht erwünscht waren“ 16 Plakate s/w, Format DIN-A 2, in robuster Bestellung: Bookxpress-Verlag Fernwald, Tel.: Monica Kingreen: Der Auschwitz-Prozess Franz Ephraim Wagner, geboren 1919 in Breslau Martha Hirsch, geboren 1918 in Frankfurt am Schutzmappe. Frankfurt am Main 2000, E 15,30 06404-90490, [email protected] Mile Braach: Marie Eleonore Pfungst. 1862–1943 Geschichte, Bedeutung und Wirkung Interview: Petra Mumme, Kamera: Werner Lott Main, und Erwin Hirsch, geboren in Straßburg Plakatmappe zusammen mit dem gleichnamigen Info: Ernst-Ludwig-Chambré-Stiftung, Mit einem Vorwort von Ulrike Holler Pädagogisches Materialheft und CD mit Zeugenaus- Schnitt: Bernd Zickert, Recherche: Gottfried Kößler Interview: Angelika Rieber Buch (siehe Schriftenreihe, Band 12): € 20,50 http://chambre.holocaustliteratur.de/mappe.htm Frankfurt am Main 1996, 3. Aufl . (1. Aufl . 1995), sagen von Auschwitz-Überlebenden im Originalton. © Franz Ephraim Wagner und Fritz Bauer Institut Kamera und Schnitt: Gisa Hillesheimer Die Plakatmappe Bilder im Kopf ist zu beziehen über: 40 S., € 2,50 Gefördert durch die Ernst-Ludwig-Chambré-Stif- Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- © Martha u. Erwin Hirsch, Angelika Rieber Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, Auguststr. 80, Fritz Bauer Institut (Hg.): Fritz Bauer 1903–2003 ISBN 3-932883-15-2; Biographien Nr. 1 tung und die Max-Traeger-Stiftung sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP und dem Eine Produktion der Staatlichen Landesbildstelle 10117 Berlin, Tel.: 030-283951-84, Fax: -35, oder: Konzert und Gedenkveranstaltung zum 100. Ge- Frankfurt am Main 2004, 112 S., DIN-A 4, € 15,– Filmhaus Frankfurt Hessen mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts, Deutsch Polnisches Jugendwerk, Friedhofsgasse 2, burtstag. Festschrift zur Veranstaltung mit dem Kurt Schäfer: ISBN 3-932883-21-7; Pädagogische Materialien Nr. 8 Frankfurt am Main 1999, VHS, 100 min (f), D des HeLP u.a. 14473 Potsdam, Tel: 0331-284790, Fax: -297527 Ensemble Modern am 16. Juli 2003 im Casino des Verfolgung einer Spur (Raphael Weichbrodt) Frankfurt am Main 1995, VHS, 55 min (f), D IG Farben-Hauses in Frankfurt am Main. Frankfurt am Main 1998, 44 S., 17 Abb., € 2,50 Erinnerungen an Jugend und Konzentrationslager. Redaktion: Irmtrud Wojak ISBN 3-932883-16-0; Biographien Nr. 2 Konfrontationen Gisela Spier-Cohen, geboren 1928 in Momberg „Ich habe immer ein bisschen Sehnsucht und Dossier Frankfurt am Main 2003, 28 S., € 2,50 Interview: Gottfried Kößler, Kamera: Christof Heun, Heimweh …“ Marianne Schwab, geboren 1919 Bausteine für die pädaogische Schnitt: Bernd Zickert, Recherche: Regina Neumann in Bad Homburg Werner Renz: Der Aufstand des Sonderkom- Fritz Bauer Institut (Hg.): Begegnung ehemaliger Pädagogische Materialien Annäherung an Geschichte und © Gisela Spier-Cohen und Fritz Bauer Institut Interview: Angelika Rieber mandos in Auschwitz-Birkenau. Dossier zum 50. Häftlinge von Buna-Monowitz. Zur Erinnerung an Wirkung des Holocaust Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zusam- Kamera und Schnitt: Gisa Hillesheimer Jahrestag des Aufstandes des jüdischen Sonderkom- das weltweite Treff en in Frankfurt am Main 1998 Gottfried Kößler: Entscheidungen menarbeit mit dem ZMDI im HeLP, dem HeLP/Re- © Marianne Schwab und Angelika Rieber mandos in Auschwitz-Birkenau am 7. Oktober 1944 Hg. im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Christian Vorschläge und Materialien zur pädagogischen Ar- Gottfried Kößler, Petra Mumme: Identität gionalstelle Marburg und dem Filmhaus Frankfurt Eine Produktion der Staatlichen Landesbildstelle Eingeleitet und zusammengestellt von Werner Renz Kolbe, Tanja Maria Müller und Werner Renz beit mit dem Film „Schindlers Liste“ Frankfurt am Main 2000, 56 S. Frankfurt am Main 1999, VHS, 100 min (f), D Hessen mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts, Frankfurt am Main 1994, DIN-A 4, 46 S., € 3,– Mit 124 s/w Fotos vom Überlebendentreff en, von Axel Frankfurt am Main 1995, 96 S., DIN-A 4, € 7,60 ISBN 3-932883-25-X; Konfrontationen Heft 1 Das Video-Interview mit Gisela Spier-Cohen liegt des HeLP u.a. Dossier Nr. 1 Gomille, Uwe Hack, Andreas Pingel, Feli Reuschling ISBN 3-88270-800; Pädagogische Materialien Nr. 1 auch in einer für den Schulunterricht auf ca. 35 Frankfurt am Main 1993, VHS, 37 min (f), D Erschienen anlässlich des 2. Treff ens der Über- (vergriff en, neues Arbeits- und Materialienheft zum Jacqueline Giere, Gottfried Kößler: Gruppe min gekürzten Fassung vor: Ilka Quindeau: Die Einschätzung des National- lebenden von Buna/Monowitz, 22. bis 28. März selben Th ema siehe Rubrik „Mit Unterstützung des Frankfurt am Main 2001, 56 S. Bearbeitung: Klaus Heuer, Schnitt: Kristina Heun „Meine Eltern haben mir den Abschied sehr sozialismus im Spiegel der Ausstellung „Vernich- 2004 in Frankfurt am Main. Mit Unterstützung Fritz Bauer Instituts“: Eine Rettergeschichte. Ar- ISBN 3-932883-26-8; Konfrontationen Heft 2 © Gisela Spier Cohen und Fritz Bauer Institut leicht gemacht“ Dorothy Baer, geboren 1923 in tungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis der Conference on Jewish Material Claims against beitsvorschläge zum Film „Schindlers Liste“) Eine Produktion des Fritz Bauer Instituts in Zu- Frankfurt am Main 1944“ . Meinungen – Reaktionen – Positionen Germany, Inc. (New York) und u.a. durch eine Heike Deckert-Peaceman, Uta George, Petra Mumme: sammenarbeit mit dem ZMDI im HeLP Interview: Angelika Rieber Frankfurt am Main 1998, DIN-A 4, 45 S., € 3,– Spende von Simon Preisler (Frankfurt am Main). Gottfried Kößler (Hg.): Ausschluss Frankfurt am Main 1999/2001, VHS, 35 min (f), D Kamera und Schnitt: Gisa Hillesheimer Dossier Nr. 2 Frankfurt am Main 2004, 167 S., € 10,– Die Gegenwart von Auschwitz In Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Hadamar © Dorothy Baer und Angelika Rieber ISBN 3-932883-33-0 Materialheft zur Arbeit mit der Plakatmappe „Die Frankfurt am Main 2003, 80 S. Ein Leben zwischen Konzentrationslager und Eine Produktion der Staatlichen Landesbildstelle Gegenwart von Auschwitz“ (siehe: Plakatmappe) für ISBN 3-932883-27-6; Konfrontationen Heft 3 Dorfgemeinschaft. Hessen mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts, Sonstige Veröffentlichungen Ausstellungskatalog die schulische und außerschulische Bildungsarbeit Ruth Lion, geboren 1909 in Momberg (Hessen) des HeLP u.a. Fritz Bauer Institut (Hg.): Mit Texten von Jean Améry, Charlotte Delbo, Ruth Uta Knolle-Tiesler, Gottfried Kößler, Oliver Tauke: Interview: Monica Kingreen und Gottfried Kößler, Frankfurt am Main 1994, VHS, 35 min (f), D Hanno Loewy: Gutachten zu einem Frankfurter Auschwitz-Prozess 4 Ks 2/63 Frankfurt am Main Klüger, Gottfried Kößler, Hermann Langbein, Primo Ghetto Kamera: Christof Heun, Schnitt: Christina Heun, Lern- und Dokumentationszentrum des Holocaust Katalog zur gleichnamigen historisch-dokumen- Levi, Rudolf Vrba, Tibor Wohl, Jonathan Webber u. a. Frankfurt am Main 2002, 88 S. Bearbeitung: Klaus Heuer „Das war Sklavenarbeit“ Im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main, Dezernat tarischen Ausstellung mit zeitgenössischer Kunst. Frankfurt am Main 1998, 4., überarb. u. erw. Aufl . ISBN 3-932883-28-4; Konfrontationen Heft 4 © Ruth Lion und Fritz Bauer Institut Alfred Jachmann, geboren 1927 in Arnswalde/ für Kultur und Freizeit Wanderausstellung: 27. März bis 23 . Mai 2004

54 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 55 PPUBLIKATIONENUBLIKATIONEN

im Haus Gallus, Frankfurt am Main 2004 und Newsletter – International Edition fore they perished… Photographs found in Auschwitz / N

weiteren Ausstellungsstationen. Zanim odeszli… Fotografi e odnalezione w Auschwitz. E Hg. von Irmtrud Wojak im Auftrag des Fritz Bauer Fritz Bauer Institut (Hg.): Newsletter on the Histo- Eine dreisprachige Multimedia CD-ROM ist über das Instituts. Gefördert durch die Beauftragte der Bun- ry and Impact of . Information from Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau zu beziehen. Rezensionen N desregierung für Kultur und Medien (Berlin), die the Fritz Bauer Institute – International Edition Info: http://www.auschwitz.monografi a.pl

Bundeszentrale für politische Bildung (Bonn), das No. 1, summer (June) 2000, Vol. 1, 56 p. O Land Hessen, die Stadt Frankfurt am Main, die Jo- Th e international edition of the Newsletter is pub- Hessischer Jugendring e.V. (Hg): I hann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt am Arbeitshilfe Gedenk(stätten)arbeit lished in English. With generous support of the Fo- S Main), die Conference On Jewish Material Claims reign Offi ce of the Federal Republic of Germany. Hrsg. in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut

Against Germany, Inc. (New York), den Förderver- Editors: Hanno Loewy (editor-in-chief), Jutta Lin- Redaktion: Manfred Wittmeier und Gottfried Aktuelle Publikationen N ein Fritz Bauer Institut e.V. (Frankfurt am Main) denthal, Werner Lott, Werner Renz Kößler, unterstützt durch Karin Litzki Köln: Snoeck, 2004, 872 S., 100 farb. und 800 s/w Fritz Bauer Institut, Frankfurt, ISSN 1615-2727 Wiesbaden 2003, DIN-A 4 Broschüre, 64 S., zur Geschichte und Wirkung des Holocaust E

Abb., 17,1 x 24,2 cm, Klappenbroschur, € 49,80 € 2,50, zzgl. Versand. ISBN 3-929601-19-2 Z ISBN 3-936859-08-6 Bezug: Hessischer Jugendring e.V., Schiersteiner Mit Unterstützung des Straße 31-33, 65187 Wiesbaden, Tel.: 0611– Alle Rezensionen aus den Heften 15 bis 29 fi nden Sie im Internet: E

DVD-ROM Fritz Bauer Instituts sind erschienen 990830, Fax: –60, [email protected], www.fritz-bauer-institut.de/rezensionen.htm RREZENSIONEN Fritz Bauer Institut und Staatliches Museum www.hessischer-jugendring.de Auschwitz-Birkenau (Hg.): Der Auschwitz-Prozess. Anka Grupinska: Im Kreis Tonbandmitschnitte, Protokolle und Dokumente Gespräche mit jüdischen Kämpfern Jüdisches Museum Frankfurt am Main (Hg.): 2., durchgesehene und verbesserte Aufl age. Verlag Neue Kritik, Frankfurt am Main 1993, Eine Rettergeschichte. Arbeitsvorschläge zum Berlin: Directmedia Verlag, 2004, Die Digitale Bi- 256 S., € 20,–. ISBN 3-8015-0266-X Film „Schindlers Liste“. Pädagogisches Begleitheft bliothek, Band 101, DVD-ROM, ca. 80.000 S., zum Oskar und Emile Schindler Lernzentrum im € 45,–. ISBN 3-89853-501-0 Gisela Spier-Cohen: Aus den Erinnerungen an Museum Judengasse Frankfurt am Main Das neue Gedenkbuch des Bundesarchivs DIRECTMEDIA Publishing GmbH, Möckernstr. Kindheit und Konzentrations lager Hrsg. im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main, Amt 68, 10965 Berlin, Tel.: 030–789046–0, Fax: –99, Hg.: Gesellschaft für christlich-jüdische Zusamenarbeit für Wissenschaft und Kunst, Dezernat Kultur und [email protected], www.digitale-bibliothek.de zu Marburg, mit Unterstützung des Kreisausschusses Freizeit, vom Jüdischen Museum Frankfurt in Zu- Marburg-Biedenkopf, der Ernst-Ludwig-Chambré- sammenarbeit mit dem Fritz Bauer Institut. Bundesarchiv Koblenz (Hg.): Gedenkbuch. Opfer der die Rheinprovinz, den Regierungsbezirk Minden und eini- Stiftung zu Lich und des Fritz Bauer Instituts Texte ausgewählt und bearbeitet von Gottfried Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen ge fränkische Kreise fehlen. Aber auch weitere Quellen für Newsletter S & W Verlag, Marburg 1998, 2. Aufl . (1. Aufl . Kößler und Martin Liepach. Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945. 4 Bände und die Gebiete der neuen Bundesländer und der Ostgebiete 1994), 33 S., € 2,50. ISBN 3-88474-670-7 Pädagogische Schriftenreihe des Jüdischen Muse- Fritz Bauer Institut (Hg.): Newsletter ums Frankfurt am Main, Band 5 CD-ROM, bearbeitet und herausgegeben vom Bundesarchiv wie die Karteikarten der Reichsvereinigung der Juden in zur Geschichte und Wirkung des Holocaust Kersten Brandt, Hanno Loewy, Krystyna Oleksy (Hg.):Das neue Arbeits- und Materialienheft zu dem Film Koblenz. Koblenz 2006, 3.820 S., E 149,39 Deutschland, Deportationslisten aus den Gestapobereichen Informationen des Fritz Bauer Instituts Vor der Auslöschung… „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg ersetzt das Dresden, Chemnitz und Breslau sowie Sterbeurkunden des Heft 18, Frühjahr (April) 2000, 9. Jg., 100 S. Heft zum gleichen Th ema in der Reihe „Pädagogi- Fotografi en gefunden in Auschwitz Sonderstandesamtes Arolsen konnten aus dem Archiv des Heft 21, Herbst (Oktober) 2001, 10. Jg., 88 S. Hg. im Auftrag des Staatlichen Museums Auschwitz- sche Materialien“ des Fritz Bauer Instituts. Heft 26, Herbst (Oktober) 2004, 13. Jg., 88 S. Birkenau. Mit Texten von Kersten Brandt, Hanno Frankfurt am Main: Jüdisches Museum, 2005, it den einleitenden Worten des Bundespräsidenten Suchdienstes des Roten Kreuzes in Arolsen genutzt werden. Heft 27, Herbst (Oktober) 2005, 14. Jg., 88 S. Loewy, Krystyna Oleksy, Marek Pelc, Avihu Ronen. DIN-A 4 Broschüre, 28 S., € 4,– (zzgl. Versand), MHorst Köhler: „Dieses Gedenkbuch gibt den Ermor- Äußerlich hat sich das neue Gedenkbuch auch verän- Heft 28, Frühjahr (April) 2006, 15. Jg., 80 S. Gina Kehayoff Verlag, München 2001, 2. überarbei- ISBN 3-9809814-1-X deten ihren Namen und damit ihre Menschenwürde wieder. dert: Das Riesenformat der zweibändigen ersten Ausgabe Heft 29, Herbst (Oktober) 2006, 15. Jg., 88 S. tete und ergänzte Aufl ., Bildband, 492 S., ca. 2.400 Bestelladresse: Jüdisches Museum, Wolfgang Heiner, Direktor: Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilmar (ViSdP) Farbabbildungen., und Textband, 158 S., € 124,95 Untermainkai 14/15, 60311 Frankfurt am Main, Es ist zugleich ein Denkmal und eine Erinnerung daran, dass wurde zugunsten eines handlicheren DIN-A4-Formats für Redaktion: Werner Lott, Werner Renz ISBN 3-934296-13-0 (Nur über den Buchhandel) Tel.: 069-212-33593, Fax: -30705, wolfgang.heiner@ jedes einzelne Menschenleben einen Namen und eine ein- eine nun vierbändige Ausgabe aufgegeben. Die Angaben zu Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main Neben der deutschen Ausgabe sind auch eine englische juedischesmuseum.de, www.juedischesmuseum.de/ zigartige Geschichte hat“, legte das Bundesarchiv Koblenz den Ermordeten sind nun nicht mehr in Zeilen angeordnet, ISSN 1617-6995 publikationen/kataloge/paed_schriften5.html und eine polnische Ausgabe des Buches erschienen: Be- kürzlich, 20 Jahre nach dem Erscheinen des Gedenkbuches sondern in viel würdiger erscheinenden „persönlichen“ klei- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialisti- nen Textblöcken, wie sie bereits in dem Th eresienstadt-Ge- Publikationen des Fritz Bauer Instituts schen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945 (Koblenz denkbuch oder dem Baltikum-Gedenkbuch zu fi nden sind. 1985, 2 Bände) nach mehrjähriger Arbeit eine zweite, we- Es ist dort nun auch neben Name, Vorname, Geburtsdatum Karl Marx Buchhandlung GmbH · Publikationsversand Fritz Bauer Institut · Jordanstraße 11 · 60486 Frankfurt am Main sentlich erweiterte Aufl age dieses Werkes vor. und Mädchenname bei verheirateten Frauen der Geburtsort Tel.: 0 69–77 88 07 · Fax: 0 69–70 77 39 9 · [email protected] · www.karl-marx-buchhandlung.de Im Gegensatz zur ersten Aufl age, die sich wegen der ver- vermerkt, was eine besonders große Hilfe für die wichtigen Autor / Titel Anzahl Preis in Euro weigerten Kooperation der DDR lediglich auf die damalige lokalen Recherchen darstellt. Weiterhin fi nden sich der Bundesrepublik und Gesamtberlin beziehen konnte, umfasst Wohnort, das Datum der Deportation, der zentrale De- das neue Gedenkbuch auch die Namen der jüdischen und portationsort, manchmal auch in Verbindung mit der Nen- als jüdisch verfolgten Menschen aus dem Gebiet des gesam- nung eines regionalen Sammellagers wie beispielsweise die ten Deutschen Reiches in seinen Grenzen von Ende 1937. Angabe Darmstadt-Mainz oder Angaben zu einem Koppel- So nennt das Gedenkbuch nun 149.600 Namen. Nach der transport wie Kassel-Chemnitz. Weiterhin fi ndet sich eine Prüfung von fast einer halben Million Namen und der Aus- Angabe zum Deportationsziel und soweit möglich die An- wertung anderer Quellen sind somit weitere 21.600 Namen gabe des Todesdatums (warum die Rubrik für eine einzelne zu fi nden. Auch falsche Namen des ersten Gedenkbuches Person „Todesdaten“ und nicht nur „Todesdatum“ heißt, Versandkostenpauschale bzw. zwei Namenseinträge, die sich aber nur auf eine Person bleibt allerdings unklar), des weiteren Angaben über nach- Gesamtpreis (inkl. MwSt.) bezogen, konnten herausgenommen werden. Doch fehlen folgende Transporte mit Datum, beispielsweise von Th eresi- leider für Schlesien und Ostpreußen noch immer Angaben enstadt in die Vernichtungslager Treblinka oder Auschwitz. Liefer- und Zahlungsbedingungen: Wir liefern auf Rechnung. Die Zahlung ist sofort fällig. Bei Sendungen innerhalb Deutschlands berechnen zum Schicksal der Deportierten wie auch noch weitere Na- Ungleiche Angaben gibt es allerdings beispielsweise zu hes- wir ab einem Bestellwert von € 50,– keine Versandkosten. Unter einem Bestellwert von € 50,– berechnen wir lediglich pauschal € 3,– pro Sendung. men derjenigen, die aus Nazi-Deutschland hatten entkom- sischen Transporten in die Region Lublin 1942: Bei ein und Für Lieferungen ins Ausland (Land-/Seeweg) werden Versandkosten von € 5,– pro Kilogramm Versandgewicht berechnet. Besteller aus dem Ausland erhalten eine Vorausrechnung (bei Zahlungseingang wird das Paket gesendet). men können und dann nach der Besetzung ihres Exillandes demselben Transport heißt es einmal „Ziel unbekannt“, durch die Deutsche Wehrmacht verschleppt und ermordet zum anderen „Osttransport“, manchmal auch Majdanek/ Absenderadresse ______wurden. Sobibór, wobei allerdings nur die männlichen Jugendlichen Grundlegend für die Überarbeitung und Erweiterung ______und Männer von 15 bis 50 Jahren in Lublin aus den Zügen des Gedenkbuches ist die Auswertung der Unterlagen der geprügelt und in das KZ Majdanek verschleppt wurden. Auf ______nach rassistischen Kriterien im Mai 1939 durchgeführten den bisherigen Terminus „verschollen“ wurde allerdings im Volkszählung, die sich in DDR-Besitz befanden. Sie sind zu neuen Gedenkbuch erfreulicherweise verzichtet. Auch die Ort · Datum · Unterschrift ______80 Prozent überliefert, wobei sie für thüringische Gebiete, Hinweise zu den aus Nazi-Deutschland gefl ohenen Per-

56 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 57 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

gen und die Öff entlichkeit die „Wiedergutmachung“ erfah- sonen sind mit der Nennung der zentralen Deportationsla- Opfer der allgemeinen Verschleppungen aus dieser Region Länderbehörden gegenüber den verfolgtenfreundlicheren ren und gedeutet haben. Dass diese Struktur fast zwangs- ger wie Westerbork in den Niederlanden, Drancy in Frank- wurden. Wiedergutmachungskonzepten der Militärregierung, der läufi g einige Redundanzen zur Folge hat, ist nicht weiter reich und Mechelen in Belgien ausführlicher geworden. Die Im Anhang befi nden sich wichtige Chronologien der im Fall der Rückerstattung dazu führte, dass es eben kein störend; problematischer ist gelegentlich die Streuung Wohnorte im besetzten Ausland werden mit den dortigen Deportationen: aus dem Deutschen Reich, einschließlich Ländergesetz, sondern ein Gesetz der Militärregierung gab, intensivierten Recherchen sicherlich auch bald hinzuzu- Österreich, dem Protektorat Böhmen und Mähren und den einzelner Sachverhalte über mehrere Kapitel. So wird man ist mit „Abstimmungsschwierigkeiten“ wohl nicht ganz tref- fügen sein. (Für Interessierte sei hier auf die wichtige nie- sudetendeutschen Gebieten, aus Frankreich, aus den Nie- zum Beispiel über die Hintergründe und Folgen des „Auer- fend beschrieben. Soweit Winstel die politische Geschichte derländische Homepage www.joodsmonument.nl und die derlanden und aus Belgien. bach-Skandals“ 1 sozusagen häppchenweise informiert, was der „Wiedergutmachung“ schreibt, erfolgt dies eher aus der – dort zu erfragenden – Daten der belgischen Gedenkstätte Außerdem enthält er eine 14-seitige Auswahlbiblio- einer Übersicht über diesen dramatischen Einschnitt in der Binnenperspektive der Länderbehörden und Entschädi- Mechelen verwiesen.) graphie aus der „kaum zu überschauenden Literatur zur bayerischen Wiedergutmachungspolitik nicht eben förder- gungsorgane. Von herausragender Bedeutung ist die dem neuen Ge- deutsch-jüdischen Regionalgeschichte, zur Verfolgungs- lich ist. Einen guten Einblick vor allem in die Wiedergutma- denkbuch beigefügte CD-ROM, die sowohl eine personen- und Deportationsgeschichte und Gedenkliteratur“. Die Entstehungsgeschichte der verschiedenen Rege- chungsverwaltung und -praxis erhält man im zweiten Kapi- bezogene Recherche als auch eine Geburts- und Wohnort- Insgesamt hat das Bundesarchiv sich mit intensiver Ar- lungen und Gesetze zur „Wiedergutmachung“ in der US- tel der Arbeit, in dem es um die „Akteure und ihr Verhal- Recherche, allerdings keine Recherche nach Deportations- beit große Verdienste erworben, indem das überarbeitete amerikanischen Besatzungszone ist bereits mehrfach darge- ten in der Praxis“ geht. Ausführlich beschäftigt sich Winstel zielen ermöglicht. Benutzerfreundlich ist zu jedem Namens- und erweiterte Gedenkbuch einen neuen Forschungsstand stellt worden. Was Winstels hier mit den „Wiedergut- eintrag bereits ein E-Mail-Link angelegt, um Korrekturvor- mit den biographischen Angaben zu den jüdischen Ermor- Arbeit von anderen abhebt, machern“, dem Personal der schläge an das Bundesarchiv zu mailen. Das Bundesarchiv deten für das Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches ist die Detailgenauigkeit, mit Suchaufruf Wiedergutmachungsbehör- ist auf die Nutzung dieses Links angewiesen und – wie in öff entlich macht. „Die Einsicht, dass auch mit dem Er- der er sich den zahlreichen den und -gerichte. Die Wie- der Einführung zu lesen – „für jeden ergänzenden oder kor- scheinen der zweiten Aufl age des Gedenkbuches Fehler und mit der „Wiedergutma- Zeitschriftenbestand der Bibliothek dergutmachungsorgane, zu rigierenden Hinweis dankbar“. Lücken bleiben werden“, so Hartmut Weber, Leiter des chung“ befassten Fürsor- Für die Komplettierung unseres Zeitschriftenbestan- Anfang als schnell abzuwi- Besonders hervorzuheben ist, dass nun auch ein Teil der Bundesarchivs, im Vorwort des Gedenkbuches, „darf das geeinrichtungen, Ämtern, des bitten wir Sie um Ihre Mithilfe. An dieser Stelle ckelnder Verwaltungszweig Namen der jüdischen Patienten, die 1940/41 in den Eu- Bundesarchiv auch öff entlich formulieren“, und er verweist Gerichten, Ministerien, Ver- veröffentlichen wir regelmäßig eine kleine Suchliste angesehen, wurden von der thanasiemordzentren vergast wurden, mit dem Todesort, auf die momentane Arbeit – gemeinsam mit der Stiftung folgtenorganisationen, ihrem uns fehlender und im Handel vergriffener Ausgaben. Bayerischen Staatsregie- dem Morddatum und auch dem Hinweis auf Euthanasie Erinnerung, Verantwortung und Zukunft –, eine Liste der jü- Personal und ihrer Arbeit zu- Falls Sie einen oder mehrere der aufgeführten Bän- rung bis mindestens Mitte genannt ist. Leider konnten die Angaben zu den meisten der dischen Einwohner des Deutschen Reiches abzuschließen. wendet. Die komplexe und de besitzen und entbehren können, würden wir uns der 1950er Jahre äußerst mehr als 330 in Hadamar ermordeten jüdischen Patienten So wären für eine mögliche Ergänzung der CD-ROM wei- sich immer wieder wandeln- über eine Überlassung freuen. Viele Lücken konnten kurz gehalten und perso- noch nicht berücksichtigt werden, möglicherweise weil tere personenbezogene Daten wie beispielsweise Adressen zu de Verwaltungsstruktur der so schon geschlossen werden. Allen, die uns dabei ge- nell schlecht ausgestattet, das dort erstellte Opferbuch dem Bundesarchiv erst nach Beginn der Verfolgung und auch zur Zeit der Volkszählung Wiedergutmachungsorgane holfen haben, gilt unser herzlicher Dank! was sich unter anderem in Redaktionsschluss für das Gedenkbuch vorlag. Besonders im Mai 1939 oder die in den Zufl uchtsorten im Ausland ist bisher so deutlich nirgends mangelnder Motivation der bei Lokalrecherchen werden die Namen der ermordeten wünschenswert, um weitere relevante Hinweise für die auch beschrieben worden. Auch Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums. Heft 5 (1963) Mitarbeiter niederschlug. jüdischen Kranken mit dem gefälschten Todesort Cholm in Zukunft notwendige konkrete Erforschung der indivi- die vielen, oftmals heftigen Die ohnehin unbefriedi- und mit einem fi ktiven, erst Wochen nach der Ermordung duellen Lebensschicksale der deutschen Holocaustopfer zu Auseinandersetzungen über Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte. genden Arbeitsbedingungen in den Standesamtsregistern notierten Todesdatum bisher erhalten. Umfang, Finanzierung, Aus- Band XVII (1988) wurden durch eine wider- häufi g übersehen. Zu den jüdischen Kranken, die beispiels- Abschließend sei noch einmal, um den notwendigen Fort- gestaltung und Umsetzung Yad Vashem Studies. Band 6 (1967); Band 8 (19??); sinnige Personalpolitik weise aus den Jacoby’schen Anstalten in Bendorf-Sayn im gang der Arbeit an dem Gedenkbuch zu unterstützen, auf der Wiedergutmachungsre- Band 9 (1973); Band 10 (1974); Band 16 (1984) noch verschärft, was dazu Frühjahr 1942 deportiert wurden, ist der Hinweis auf Eu- die dringende Bitte des Bundesarchivs hingewiesen, „auch in gelungen zwischen den ver- führte, dass gerade die gut thanasie allerdings nicht zutreff end, da die jüdischen Kran- Zukunft Korrekturen und Ergänzungen mitzuteilen“. schiedenen Akteuren werden International Military Tribunal – Trials of war criminals ausgebildeten Fachkräfte ken und auch die jüdischen Angestellten dieser Einrichtung Monica Kingreen, Fritz Bauer Institut ausführlich dargestellt, aller- before the Nuernberg Military Tribunals under Cont- abwanderten. Phasenweise dings mit einigen erstaunli- rol Council Law No. 10, Washington D.C., U.S. Govern- mussten Angestellte aus der chen Verkürzungen, so zum ment Pr. Office. Bände 1, 7 und 8 (ca. 1950–1952) Finanzverwaltung zwangs- „Antragsteller“ und „Wiedergutmacher“ Beispiel, wenn es über die ge- Kontakt: Fritz Bauer Institut, Werner Renz rekrutiert werden, die ih- setzliche Regelung der Resti- Grüneburgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main ren Ärger darüber dadurch tution in der US-Zone heißt, Tel.: 0 69–79 83 22–25, Fax: –41 kundtat, dass sie zum Teil Tobias Winstel: Verhandelte Gerechtigkeit. Rückerstat- interessieren die Strukturen, Prozesse und Akteure der sie sei „– nach einigen Ab- [email protected] vorsätzlich ungeeignetes und tung und Entschädigung für jüdische NS-Opfer in Bayern „Wiedergutmachung“. Mit einer „Tiefenerschließung“ (S. stimmungsschwierigkeiten politisch belastetes Personal und Westdeutschland. München: Oldenbourg Verlag, 2006, 13) von Entschädigung und Rückerstattung soll es mög- zwischen Militärregierung an die Entschädigungsämter 426 S., E 59,80 lich werden, die „Wiedergutmachung“ auch als Sozial- und und den deutschen Verant- abgab. Winstel wehrt sich Mentalitätsgeschichte der deutschen Nachkriegszeit zu be- wortlichen – schließlich im November 1947 im MRG 59“ jedoch gegen die Behauptung, in den Entschädigungsor- schreiben. (Militärregierungsgesetz) erfolgt (S. 25). Der Widerstand der ganen seien häufi g Personen beschäftigt gewesen, die vor ie Geschichte der „Wiedergutmachung“ in Deutsch- Die Bearbeitung seines umfangreichen Materials (vor 1945 an der Enteignung der Juden beteiligt gewesen wa- land, die nun allmählich tatsächlich „Geschichte“ allem zahlreiche Einzelfallakten der Entschädigungs- und D ren. Das sei in Bayern eher im Bereich der Rückerstattung wird, erfährt in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksam- Rückerstattungsbehörden und die Generalakten der Fi- 1 Philipp Auerbach, eine der zentralen Figuren der frühen Wie- vorgekommen, da in den für diesen Bereich zuständigen keit unter HistorikerInnen. Tobias Winstel hat jetzt eine nanzverwaltung zur „Wiedergutmachung“) gliedert er in dergutmachungsgeschichte in Bayern, ehemaliger jüdischer Oberfi nanzdirektionen viele politisch Belastete tätig waren. umfangreiche Dissertation vorgelegt, die im Rahmen des drei Abschnitte. In einem ersten Schritt werden unter dem Verfolgter und erster Präsident des Bayerischen Landesent- Im Bayerischen Landesamt für Vermögenskontrolle und Forschungsprojekts „Die Finanzverwaltung und die Ver- Titel „Bedingungen“ die Entstehung der Wiedergutma- schädigungsamtes (BLEA), der 1951 aus seinem Amt entfernt, Wiedergutmachung waren zwar zahlreiche Mitarbeiter der folgung der Juden in Bayern“ an der Universität München chungsregelungen in Bayern, ihre Voraussetzungen und diverser Vergehen beschuldigt, angeklagt und wegen einiger Finanzverwaltung beschäftigt – besonders interessiert sei entstanden ist. Am Beispiel Bayerns soll die Organisati- Strukturen dargestellt. Der zweite Teil der Arbeit ist den dieser Vergehen 1952 zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verur- man an den Fachkenntnissen der „Arisierungsexperten“ ge- ons-, Erfahrungs- und Wirkungsgeschichte der „Wieder- „Begegnungen“ gewidmet, den verschiedenen Akteuren der teilt wurde, nahm sich zwei Tage nach der Urteilsverkündung wesen –, aber politisch Belastete seien nicht eingestellt wor- „Wiedergutmachung“, ihrem Aufeinandertreff en und Ver- das Leben. Mit der Verhaftung Auerbachs wurde auch das gutmachung“ für jüdische Verfolgte dargestellt werden. den. Dieser Widerspruch, der für Winstel off enbar keiner halten in der Praxis. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich BLEA monatelang von der Polizei besetzt, die alle Entschädi- Winstels Zugang zum Th ema ist ambitioniert: Er verzich- ist, kommt daher, dass selbst hochrangige Finanzbeamte, mit den Erfahrungen und Sichtweisen der Akteure, damit, gungsunterlagen beschlagnahmte und die Arbeit der Behörde tet auf einen chronologischen Zugriff ebenso wie auf eine die aktiv an der Enteignung der Juden mitgewirkt hatten, wie die ehemaligen Verfolgten, die Rückerstattungspfl ichti- lahmlegte. Ordnung des Materials nach rechtlichen Kategorien. Ihn nur in den seltensten Fällen aufgrund dieser Tätigkeit nach 58 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 59 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

den Maßgaben der Spruchkammerverfahren als „politisch Im letzten Kapitel des Buches wendet sich Winstel den Neuere Kinder- und Jugendliteratur über den Holocaust belastet“ galten.2 Erfahrungen und Haltungen der verschiedenen, im en- Ausführlich geht Winstel auf den Ablauf der einzelnen geren und weiteren Sinne an der „Wiedergutmachung“ Verfahren und die zahlreichen dabei auftretenden Schwie- beteiligten Parteien zu, von den ehemaligen Verfolgten Inge Auerbacher: Ich bin ein Stern. Erzählung. A. d. Engl. solche Werke verstanden, die explizit von Seiten des Autors rigkeiten für die Antragsteller, auf die problematischen und ihren Vertretern, den zuständigen Behörden und den von Mirjam Pressler. Weinheim: Beltz Verlag, 2006, 128 S., und/oder des Verlages an kindliche und jugendliche Leser Begegnungen zwischen Sachbearbeitern oder Rückerstat- Wiedergutmachungsgegnern bis zur Wahrnehmung der E 5,50 adressiert worden sind. Romane, die einen kindlichen bzw. tungspfl ichtigen und den ehemaligen Verfolgten ein. Ohne „Wiedergutmachung“ in der deutschen und internationa- jugendlichen Erzähler oder Protagonisten aufweisen, Texte, die oft schikanösen und unbefriedigenden, manchmal auch len Öff entlichkeit. Winstel zeigt hier unter anderem, wie Lois Lowry: Wer zählt die Sterne. A. d. Engl. von Andreas die Kindheit und Jugend während des Holocaust themati- dramatischen Verläufe der Wiedergutmachungsverfahren vielfältig und widersprüchlich die Wirkungen der deutschen Steinhöfel. Hamburg: Carlsen Verlag, 2005, 160 S., E 13,50 sieren, die soeben defi nierte Adressierung jedoch nicht auf- für die Antragsteller zu beschönigen, verharrt Winstel häufi g Wiedergutmachungsgesetze für die ehemaligen Verfolgten weisen, zählen nicht zur Kinder- und Jugendliteratur und in einer immanenten Betrachtungsweise der Verwaltungs- sein konnten. Während ein Teil der NS-Opfer jede Zah- Mirjam Elias: Geheimversteck Hotel Atlantic. Eine wahre fi nden daher in dieser Rezension auch keine Berücksichti- praxis. Umstellt von Sachzwängen, hätten die Sachbearbei- lung aus Deutschland zurückwies und viele aufgrund der Geschichte. A. d. Niederländ. von Mirjam Pressler. Frankfurt gung. (Diese bewusst enge Begriffl ichkeit von Kinder- und ter meist gar nicht anders handeln können, die Schwächen kleinlichen und schleppenden Bearbeitung der Anträge an am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2005, 384 S., E 14,90 Jugendliteratur wurde daher gewählt, um – im literarischen der Gesetzgebung und Rechtsprechung seien aufgrund der der Ernsthaftigkeit der deutschen Wiedergutmachungsbe- Handlungssystem durchaus vorhandene – Überschnei- Neuartigkeit des Rechtsgebiets oft unvermeidlich gewesen mühungen zweifelten, brachte die Wiedergutmachung für Inge Barth-Grözinger: etwas bleibt. Stuttgart/Wien: Thiene- dungen mit Allgemeinliteratur, in der das Th ema „Kindheit und die restriktiven medizinischen Begutachtungen eine zahlreiche ehemalige Verfolgte – waren ihre Anträge endlich mann Verlag, 2004, 448 S., E 18,– und Jugend im Holocaust“ mittlerweile sehr häufi g aufge- Folge der Überlastung der Amtsärzte und des mangelnden bewilligt – eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensbedin- griff en wird, von vorneherein auszuschließen). medizinischen Wissens über die Verfolgungsschäden gewe- gungen. Und obwohl an eine Kompensation der immateri- Klaus Kordon: Julians Bruder. Roman. Weinheim und Basel: Die Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland be- sen. Winstel blendet hier die gesellschaftliche Konstellation ellen Verluste gar nicht zu denken war und auch eine umfas- Beltz & Gelberg Verlag, 2004, 628 S., E 18,90. schäftigt sich seit Beginn der 1960er Jahre mit sehr un- der Nachkriegszeit aus und wagt selten einen Blick auf das sende Kompensation materieller Verfolgungsschäden nicht terschiedlicher Intensität sowie aus sehr unterschiedlicher Verhältnis von ehemaligen „Volksgenossen“ zu ehemaligen vorgesehen war, hatten die Wiedergutmachungsgesetze laut Uri Orlev: Lauf, Junge, lauf. Roman. A. d. Hebr. von Mirjam Perspektive mit dem Th emenkomplex Nationalsozialismus, Verfolgten oder vom Ausmaß der begangenen Verbrechen Winstel eine weitere, wichtige Wirkung: Sie machten aus Pressler. Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg Verlag, 2004, „Drittes Reich“ und Judenvernichtung. Der Gegenstand zu dem ihrer Kompensation. Er tut dies in gewissem Sinn den Verfolgten Anspruchsberechtigte, die ihre Rechte ge- 232 S., E 14,90 „Judenvernichtung“ war zu Beginn jedoch nicht mehr als mit Vorsatz: Bereits in der Einleitung setzt er sich von einer genüber dem deutschen Staat einklagen konnten, und stell- ein marginaler Teilbereich der sogenannten „zeitgeschicht- Betrachtung ab, die die Täter-Opfer-Konstellation des Na- ten dabei klar, dass die Berechtigten Opfer unrechtmäßiger Karen Levine: Hanas Koffer. Die Geschichte der Hana lichen Kinder- und Jugendliteratur“ – weitaus mehr Texte tionalsozialismus in die Nachkriegszeit verlängert. (S. 17) Verfolgung und Enteignung geworden sind. Diese symbo- Brady. A. d. kanad. Englisch von Mirjam Pressler. Ravensburg: erschienen zu den Th emen „Flucht und Vertreibung“, Das führt, trotz gegenteiliger Beteuerungen, immer wieder lische Dimension der „Wiedergutmachung“ wurde aller- Ravensburger Buchverlag, 2003, 142 S., E 9,95 „Krieg“ und „Widerstand“. Dies änderte sich erst im Ver- dazu, dass die „Vorgeschichte der Wiedergutmachung“ in dings durch die Erfahrungen, die die ehemaligen Verfolgten lauf der 1980er Jahre, ein Paradigmenwechsel, dessen Aus- Winstels Darstellungen zu verschwinden droht. mit den Behörden machten, häufi g unterlaufen. Mirjam Pressler: Die Zeit der schlafenden Hunde. Roman. wirkungen bis heute anhalten: Unter zeitgeschichtlicher Sehr spannend ist Winstels Untersuchung eines bisher in Zweifellos ist Winstels Arbeit für alle, die sich für die Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg Verlag, 2003, 272 S., Kinder- und Jugendliteratur werden heute in erster Linie der Wiedergutmachungs-Literatur kaum behandelten Th e- Verwaltungsgeschichte der „Wiedergutmachung“, für ihre E 6,90 jene Texte subsumiert, die sich mit dem Th ema Holocaust, mas: des „JRSO-Freistaat-Bayern-Globalabkommens“ von zahlreichen Akteure, für den Ablauf der Verfahren und ihre mit der Vernichtung anderer Minderheiten wie Sinti und 1952. Die JRSO, die für die US-Zone zuständige jüdische Wahrnehmung durch die verschiedenen Beteiligten interes- Roma oder mit der sogenannten Euthanasie beschäftigen. Nachfolgeorganisation für erbenloses Vermögen, hatte damit sieren, eine Bereicherung. eit geraumer Zeit schon gilt Holocaust-Literatur in all Analog zur Allgemeinliteratur setzen sich auch in der Kin- ihre zahlreichen noch off enen Restitutionsansprüche an den In der Einleitung verlangt Winstel von sich selbst Un- Sihren unterschiedlichen Ausprägungen als ein zentrales der- und Jugendliteratur die in Rede stehenden Texte so- bayerischen Staat verkauft (nachdem vergleichbare Abkom- parteilichkeit und Verzicht auf Empathie (S. 11 f.), „Objek- Erinnerungsmedium, dem daher in unterschiedlichen wis- wohl aus Übersetzungen als auch aus originär in deutscher men bereits mit Hessen, Bremen und Baden-Württemberg tivität“ also, was nicht nur für sich genommen erstaunlich senschaftlichen Feldern (Literatur, Kultur- und Geschichts- Sprache erschienenen Werken zusammen, und ebenso wie geschlossen waren). In den langen und zähen Verhandlungen und bei der Darstellung dieser Geschichte ein recht pro- wissenschaft, Erziehungs- und Religionswissenschaft, um in der Allgemeinliteratur dominieren auch innerhalb der vor dem Vertragsabschluss ging es nicht nur um das Miss- blematisches Unterfangen ist, weil es letztlich den eigenen hier nur die wichtigsten zu nennen) auch entsprechende Kinder- und Jugendliteratur mittlerweile die autobiogra- trauen der bayerischen Behörden bezüglich des „Wertes“ Standpunkt mehr verschleiert als neutralisiert. Er kann Aufmerksamkeit gewidmet wird. Trotz dieses großen In- phisch fundierten Texte. der von der JRSO angemeldeten Rückerstattungsansprüche, seinem Objektivitätspostulat häufi g auch gar nicht gerecht teresses, das ja weit über die wissenschaftlichen Kreise große Probleme bereitete den Behörden auch die Aussicht, werden. Das liegt unter anderem an seinem Umgang mit hinausreicht, gibt es bis heute in der Wahrnehmung von u Beginn der Sammelrezension soll der Blick auf zwei nun anstelle der ungeliebten JRSO bei den meist unwilligen dem Material. Auf der Basis der Behördenakten die Per- Holocaust-Literatur weiße Flecke, das heißt Erinnerungs- Zwichtige Wiederaufl agen der letzten Jahre gerichtet Restitutionspfl ichtigen die Ansprüche durchsetzen zu müs- spektiven der ehemaligen Opfer und der staatlichen Behör- texte, die innerhalb der hier genannten wissenschaftlichen werden, nicht zuletzt aus dem Grund, da jeder der Texte sen. Der bayerische Staat nutzte schließlich das Abkommen den „zusammenzuführen“ (S. 14) kann kaum gelingen. Die- Disziplinen lediglich in Ausnahmefällen wahrgenommen eines der zentralen erzählerischen Grundmuster von Ho- dazu, seine Vorstellungen einer gerechten Restitution umzu- sen Dokumenten kann man zwar vielfältige Informationen werden. Gemeint ist das große Korpus kinder- und jugend- locaust-Literatur für kindliche bzw. jugendliche Leser auf- setzen, indem er vor allem die „loyalen Erwerber“ sehr viel entnehmen, Winstel selbst räumt jedoch ein, dass sie die literarischer Texte, die das Th ema Holocaust behandeln. weist. Ich bin ein Stern, die Kindheitsautobiographie der nachsichtiger behandelte, als das nach dem Rückerstattungs- Erfahrungen der Verfolgten kaum widerspiegeln. Aus dieser Zwar wurde diesem Textkorpus von Seiten der Pädagogen deutsch-amerikanischen Autorin Inge Auerbacher, ist im gesetz vorgesehen war. Ob sich allerdings die konfl iktreiche von ihm selbst natürlich nicht verschuldeten Lückenhaf- und Erziehungswissenschaftler mitunter durchaus Aufmerk- amerikanischen Original bereits 1986 erschienen und einer Vorgeschichte dieses Abkommens wirklich angemessen re- tigkeit des Materials hinsichtlich der Perspektive der ehe- samkeit geschenkt, allerdings nicht durchgängig und immer der wenigen Texte über den Holocaust, die an kindliche konstruieren lässt, wenn man das fast ausschließlich auf der maligen Verfolgten zieht er jedoch keine Schlüsse für seine auf einzelne, vermeintlich exemplarische Texte beschränkt. Leser adressiert sind. Auerbacher, 1934 im schwäbischen Basis der Akten der Finanzbehörden tut, erscheint fraglich. Fragestellungen. Er scheint immer wieder zu vergessen, dass Eine durchgängige Beschäftigung mit diesen Werken, eine Kippenheim geboren, schildert hier in Ich-Form ihre glück- die Behördenakten nicht gleichermaßen für alle Beteiligten Auseinandersetzung, die immerhin schon seit über vierzig liche, zunächst von antisemitischen Anfeindungen weitge- sprechen können. Daher rührt wohl auch der Eindruck, Jahren andauert, hat bislang lediglich innerhalb der Kinder- hend freie Kindheit in einer jüdischen Mehrgenerationen- 2 Das lässt sich zumindest für Hessen belegen. Deutlich wird dass Winstel sich – obwohl er die ehemaligen Verfolgten und Jugendliteraturforschung stattgefunden. familie. Anfang der 1940er Jahre muss die Familie in ein das beispielsweise am Werdegang von Dr. Hans Stramitzer, der durchaus zu Wort kommen lässt, soweit die Quellen das Aus diesem Grund soll an dieser Stelle zum ersten Mal sogenanntes „Judenhaus“ übersiedeln; 1941 erfolgt die De- als Regierungsrat im Oberfi nanzpräsidium Darmstadt unter zulassen – schwer aus der Perspektive der Verwaltung lösen in einer Art Sammelrezension versucht werden, einige der portation nach Th eresienstadt. Zwar überlebt die Mehrheit anderem mit der Reichsfl uchtsteuer und der „Verwaltung und kann. Das schlägt sich selbst in solchen Kleinigkeiten nieder wichtigsten kinder- und jugendliterarischen Werke der letz- der Familienmitglieder, ohne dass diese Tatsache den streng Verwertung“ des Besitzes der Deportierten befasst war und in wie der durchgehenden Bezeichnung „Antragsteller“ oder ten Jahre zum Th ema Holocaust zu präsentieren. Zunächst aus der Perspektive des Kindes wiedergegebenen Ereignis- der Nachkriegszeit Leiter des Landesamtes für Vermögenskon- „Berechtigte“ für die ehemaligen Verfolgten. eine kurze Erläuterung zur Begriffl ichkeit: Unter kinder- sen im Konzentrationslager ihren Schrecken nimmt. Das trolle und Wiedergutmachung in Hessen wurde. Katharina Stengel, Fritz Bauer Institut und jugendliterarischen Texten werden hier ausschließlich wahre Ausmaß der Vernichtungspolitik erschließt sich der

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Elfj ährigen erst bei ihrer Rückkehr in die alte Heimat: Ihre schen fi ktionaler und faktualer Literatur stellt – da es in der dergrund stehen vielmehr die psychischen Prozesse, die der Familie ist die einzige jüdische Familie Schwabens, die den allgemeinen Literatur weitaus weniger anzutreff en ist (hier heblich größeren zeitlichen Rahmen gestellt. Die Handlung Protagonist durchläuft, die allmähliche Verleugnung seines Holocaust überlebt hat. Wenig später wandern die Über- dominieren mittlerweile unterschiedliche Formen der Le- setzt eigentlich schon 1928 mit der Geburt der beiden Prota- Namens, seiner jüdischen Herkunft und Identität, seiner lebenden in die USA aus. Den kindlichen Lesern hat die bensbeschreibung) – eine off ensichtliche Konzession an die gonisten ein, die, obwohl sie gar nicht miteinander verwandt Eltern, bis er am Ende zur Kommunion geht und seine sind, miteinander aufwachsen und sich als Blutsbrüder, ver- Autorin durch einen ebenso knappen wie nüchternen Er- kindlichen bzw. jugendlichen Leser dar: Um sie an die zwar frühere Kindheit so sehr verdrängt hat, dass er sich weder an bunden auf Leben und Tod, verstehen. Aber Julian, obwohl zählstil Rechnung getragen, durch die konsequent durch- im schulischen Kontext sehr präsente, historisch aber immer seinen Heimatort noch an seinen Familiennamen erinnert. evangelisch getauft, ist jüdischer Herkunft und kann die Jahre gehaltene Erzählperspektive sowie auf inhaltlicher Ebene weiter zurückliegende Th ematik heranzuführen, scheint Sehr eindringlich wird hier dem Leser vor Augen geführt, bis 1945 nur mit Hilfe seiner nichtjüdischen Freunde über- durch die Konzentration auf Ereignisse, die eine besondere man (off ensichtlich) auf „Geschichten“ im klassischen Sinn dass der Holocaust nicht nur auf die physische Auslöschung leben. Es ist vor allem die Tatsache, dass die Geschichte von Bedeutung gerade für das Leben von Kindern haben: das nicht verzichten zu wollen. des europäischen Judentums abzielte, sondern ebenso auf Julian und Paul 1945 noch nicht endet, die Kordons Roman Verhältnis zu den Eltern, der Schulbesuch, die Gespräche dessen psychische Vernichtung. abhebt von einem Großteil der übrigen zeitgeschichtlichen mit der Puppe Marlene. Die Authentizität des Erzählten lle Bestandteile eines Romans weist auch Mirjam Elias’ Literatur. Im letzten Drittel des Romans fokussiert Kordon wird gestützt durch zahlreiche Fotos und Dokumente, die Werk Geheimversteck Hotel Atlantic auf, in dem sie die ie zentrale Funktion von Holocaust-Literatur liegt in A nämlich einen in der Literatur bislang fast gar nicht behan- die einzelnen Textpassagen zugleich nicht allzu umfang- Kindheitsgeschichte ihres Mannes, des bekannten nieder- ihrer Bedeutung als Erinnerungsmedium, eine Funk- delten Abschnitt der deutschen Nachkriegsgeschichte: Paul D reich werden lassen, sowie durch eine Zeittafel am Ende des ländischen Fotografen Ronald Sweering, erzählt. Ronny ist tion, die in den letzten Jahren desto mehr an Bedeutung und Julian geraten in sowjetische Gefangenschaft, werden in Buches, die die einzelnen Stationen von Nationalsozialismus sieben Jahre alt, als die Deutschen die Niederlande über- gewonnen hat, je weiter die historischen Ereignisse zurück- das Konzentrationslager Buchenwald deportiert, wo Julian und Holocaust noch einmal zusammenfasst. Es ist bedauer- fallen und besetzen, und wird als Sohn eines Amsterdamer schließlich elend an Entkräftung zugrunde geht und Paul liegen. Die unabdingbare Notwenigkeit, sich zu erinnern, lich, dass nicht auch das 1997 erschienene und mittlerweile Hotelbesitzers, in dessen Hotel auch deutsche Offi ziere erst nach Jahren entlassen wird. Auf inhaltlicher wie erzähle- ist auch den Texten für Kinder und Jugendliche einge- vergriff ene Lehrerbegleitheft zu Auerbachs Autobiographie ein- und ausgehen, von Beginn an in die Kriegsereignisse rischer Ebene werden hier die Ereignisse in atemberaubender schrieben. Naturgemäß haben Kinder wie Jugendliche ein eine Neuaufl age erlebt hat. verwickelt. Schon bald wird ihm klar, was er als Kind ei- Weise verdichtet, und Kordon kann auf sehr überzeugende anderes Verhältnis zur Erinnerung als Erwachsene; was sie gentlich gar nicht wissen dürfte: Sein Vater versteckt Juden Weise unter Beweis stellen, was Literatur als geschichtserin- nicht selbst erlebt haben, scheint ihnen oftmals in einer Ver- anz anders nähert sich die amerikanische Autorin Lois vor den Nazis und versorgt sie mit gefälschten Ausweispa- nerndes Medium zu leisten vermag. gangenheit zu liegen, bei der vielfach zwischen weiter und GLowry dem Th ema Holocaust in ihrem im amerika- pieren. Erzählt wird wiederum ausschließlich aus der Per- nicht ganz so weit zurückliegenden Epochen nicht genau nischen Original erstmals 1989 erschienenen Kinderroman spektive des zunächst unwissenden, im Zuge der Handlung ine besondere Position innerhalb der Kinder- und Ju- diff erenziert wird. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird in Wer zählt die Sterne. Ihre Erzählung ist eine fi ktive Ge- jedoch ständig mehr erfahrenden Kindes sowie im Präsens, Egendliteratur über den Holocaust nehmen, vor allem der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur auch dieser Vor- schichte, die jedoch auf wahren, im deutschen Bewusstsein ein Kunstgriff , der entscheidend dazu beträgt, sowohl die seit dem Erscheinen von Mirjam Presslers herausragendem gang des Erinnerns in unterschiedlichen Formen inszeniert. allerdings immer noch wenig bekannten Tatsachen beruht. ständig präsente Gefahr als auch die Unmittelbarkeit der Roman Malka Mai (2001), Erzählungen ein, in denen jü- Das bietet den Autoren die Möglichkeit, ihre Erzählungen Schauplatz der Handlung ist das von Deutschen besetzte Ereignisse zu betonen. Für deutsche Leser ist der Roman dische Kinder, allein auf sich gestellt, um ihr Überleben auf unterschiedlichen Zeitebenen anzusiedeln, das heißt, die Dänemark, Protagonistin ist die zehnjährige Annemarie, nicht nur eine Kindheitsgeschichte, sondern zugleich ein kämpfen müssen, ein Überleben, das angesichts der Gegner Gegenwart (von Autor und Lesern) mit der Vergangenheit aus deren Perspektive die Ereignisse auch berichtet wer- Lehrstück darüber, welche Bandbreite an Möglichkeiten fast aussichtslos erscheint. Zu den Autoren, die sich dieses des Nationalsozialismus und des Holocaust zu verbinden den. Annemarie bemerkt zunächst wenig vom Krieg und Kinder wie Erwachsene besaßen, einem übermächtigen Th emas immer wieder angenommen haben, zählt auch der – ein Verfahren, das mittlerweile sowohl in jugend- als auch der Besatzung, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass Feind zu begegnen – so gibt es Mitläufer, Kollaborateure, israelische Autor Uri Orlev. Seine Motivation für die Kon- in kinderliterarischen Texten praktiziert wird. Auf zwei her- die Kinder weniger Süßigkeiten erhalten. Doch Annemaries Helfer, Widerstandskämpfer, keineswegs also ein geschlos- zentration gerade auf dieses Th ema beruht nicht zuletzt auf ausragende Beispiele der letzten Jahre soll abschließend ein- beste Freundin Ellen ist Jüdin, und als die ersten Depor- senes, idealisiertes Porträt der niederländischen Gesellschaft. der Tatsache, dass Orlev selbst, wie in seiner Autobiogra- gegangen werden. tationen drohen, muss Ellens Familie untertauchen. Und Aus der Sicht des Kindes wird jedoch deutlich, dass man phie Die Bleisoldaten (1999) nachzulesen ist, nach dem Ver- Der Kinderroman der kanadischen Autorin Karen Le- ganz plötzlich sieht sich Annemarie mitten im Zentrum sich in anderen Ländern ganz off ensichtlich weitaus mehr schwinden seines Vaters und der Ermordung seiner Mutter vine, Hanas Koff er, spielt im heutigen Japan; das Holo- der Ereignisse, denn ihre eigenen Eltern sind im dänischen für seine jüdischen Bürger engagierte, als es in Deutschland im Warschauer Ghetto allein auf sich gestellt war und nur caust-Museum in Tokio erhält als Leihgabe aus Auschwitz Widerstand und tragen mit dazu bei, den dänischen Juden, der Fall gewesen ist. wie durch ein Wunder dem Tod entgehen konnte. Dieses den Koff er von Hana Brady, eines Mädchens, das 1931 in und damit auch Ellen und ihrer Familie, die Flucht in das Th ema hat Orlev auch in seinem neuesten Roman Lauf, Tschechien geboren wurde. Die Kinder bedrängen die Mu- neutrale Schweden zu ermöglichen. Anders als in der Auto- ie Vor- bzw. die Nachgeschichte des Holocaust in Junge, lauf aufgegriff en, der allerdings keine fi ktionalisierte seumsleiterin Fumiko, mehr über die Besitzerin des Koff ers biographie von Auerbacher erfolgt die Auseinandersetzung DDeutschland wird in zwei Romanen deutscher Au- Variante seiner Autobiographie darstellt, sondern auf den herauszufi nden, und so macht sie sich auf eine Reise, die mit und die Erinnerung an den Holocaust hier im Rahmen toren erzählt, zum einen in dem Erstling von Inge Barth- Erinnerungen eines Mannes beruht, der ebenfalls als Kind sie von Auschwitz nach Th eresienstadt und von dort nach einer klassischen Freundschaftsgeschichte, die mitunter so- Grözinger etwas bleibt, zum anderen in dem historischen im Warschauer Ghetto seine Eltern verloren hat. Der Junge Prag führt – immer auf den Spuren von Hana. Parallel dazu gar Züge einer Abenteuererzählung annimmt, in der der Roman des Erfolgsautors Klaus Kordon, Julians Bruder. Aus ist noch so klein, dass er durch eine Mauerritze des Ghet- wird, unterlegt durch zahlreiche Fotos und Dokumente, die kindlichen Protagonistin eine entscheidende Rolle bei der der Perspektive des 13-jährigen Erich schildert Barth-Grö- tos fl iehen kann, aber er ist schon alt genug, um zu wissen, Geschichte Hanas erzählt, ihre Kindheit in Tschechien, die Vorbereitung der Rettungsaktion zugewiesen wird. Die Au- zinger das Schicksal der jüdischen Familie Levi. Mit Ein- dass es besser ist, eine polnische als eine jüdische Identität Deportation nach Th eresienstadt, das Leben im Ghetto und torin hat die Problematik, vom Holocaust auf spannende, setzen der Handlung, im Jahr 1933, zählt sie zu den an- zu haben, wenn man überleben will. So nennt er sich Ju- am Ende ihr Tod in Auschwitz. Aber die Geschichte ist noch mitunter sogar unterhaltsame Art und Weise zu erzählen, gesehensten Familien in Ellwangen, 1938, dem Jahr ihrer rek, verdingt sich bei polnischen Bauern und lernt, dass er nicht zu Ende, denn von einer Mitarbeiterin des Jüdischen keineswegs verkannt, sie hat diese Erzählstrategie ganz off en- Auswanderung ist die Familie gesellschaftlich ausgegrenzt eigentlich niemandem vertrauen kann. Dennoch wird seine Museums in Prag erfährt Fumiko, dass Hanas Bruder Geor- sichtlich bewusst verwendet, um ihre Leser an den komple- und fi nanziell ruiniert; Erich und sein Bruder haben Jahre wahre Identität oft genug entdeckt, so dass er immer wieder ge das Konzentrationslager überlebt hat und heute in Kanada xen Stoff heranzuführen. Darauf verweist das umfangreiche der Demütigung in der Schule hinter sich, wo sie, von der fl iehen muss, bis er auf seinen Streifzügen endlich in die lebt. So hat Levines Erzählung am Ende zwei Schlüsse: Die Nachwort, in dem Lowry die Authentizität des Erzählten Mehrheit der Lehrer diff amiert und den Freunden im Stich Hände russischer Truppen gerät. Sie liefern den Jungen, der japanischen Kinder laden George ein, damit er ihnen mehr betont und einzelne Elemente und Figuren der Handlung gelassen, am Ende ganz auf sich gestellt waren. Eindrucks- beim Arbeiten an der Säge mittlerweile eine Hand verloren vom Schicksal seiner Schwester erzählt, und er erweist sich explizit als historische Fakten bzw. Figuren ausweist. voll stellt Barth-Grözinger unter Beweis, dass Deportation und seine nichtjüdische Herkunft mit der Zeit vollkommen darüber hinaus als der Erzähler von Hanas Lebensgeschich- Dieses Verfahren ist konstitutiv für die Mehrheit der in und Vernichtung eine langjährige Vorgeschichte und viele verinnerlicht hat, bei einem Schmied ab, bei dem Jurek te. Levines Erzählung erinnert damit nicht nur an die kind- den letzten Jahren erschienenen Kinder- und Jugendbücher, Zuschauer hatten, Jahre, in denen sich die Mehrheit der gerne bleiben würde. Doch sein Irrweg ist noch nicht zu lichen Opfer des Holocaust, sondern demonstriert auch die die einzelne Teilbereiche des Holocaust thematisieren, und deutschen Bevölkerung mit der Tatsache einrichtete, dass Ende, denn die Vertreter jüdischer Organisationen, auf der Möglichkeiten von Literatur, große räumliche wie zeitliche zwar unabhängig von der jeweiligen Herkunft der Texte. man mit der jüdischen Minderheit off ensichtlich nach Be- Suche nach untergetauchten jüdischen Kindern, bringen Distanzen mit der eigenen Gegenwart zu verbinden. Gleich- Ausnahmslos alle hier besprochenen Werke sind in das Ge- lieben umspringen konnte. ihn in ein jüdisches Waisenhaus, wo sie ihn langsam wie- zeitig wird die globale, bis heute andauernde Dimension des wand einer fi ktionalen Erzählung gekleidet, wobei nicht un- Diese Geschichte erzählt auch Klaus Kordon in seinem der an seine jüdische Identität heranführen. Ungeachtet der Holocaust verdeutlicht, wenn japanische Kinder im Jahr terlassen wird, an zentraler Stelle hervorzuheben, dass hier Roman Julians Bruder, allerdings hat er sie in das Gewand hier skizzierten Handlung spielen die Spannungsmomente 2000 das Schicksal eines jüdisch-tschechischen Mädchens „wahre“ Ereignisse erzählt werden. Dieses Oszillieren zwi- einer Freundschaftsgeschichte gekleidet und sie in einen er- in Orlevs Roman nur eine untergeordnete Rolle. Im Vor- aus den 1940er Jahren rekonstruieren, das von Deutschen

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ermordet wurde und dessen Lebensgeschichte von ihrem in gen Mädchens, dessen Gefühle oszillieren zwischen Schuld- die Feststellung der Schuld oder Unschuld eines einzelnen Die Bewertung der sogenannten inneren Tatseite war mithin Kanada lebenden Bruder an die nächsten Generationen wei- gefühlen, Abscheu gegenüber der eigenen Familie und dem Angeklagten die alleinige Aufgabe eines Strafprozesses ist. ausschlaggebend für die richterliche Schuldfeststellung. tergegeben wird. Bedürfnis, durch „Buße“ das Unrecht des Großvaters wieder Für das Schwurgericht stand deshalb nicht Auschwitz vor Wittmann konstatiert, dass im Prozess, in der Pressebe- „gutzumachen“. Erst nach dem Selbstmord des Großvaters Gericht, sondern notwendigerweise Mulka u. a. richterstattung und somit auch in der öff entlichen Rezeption inen engeren zeitlichen wie geographischen Rahmen sowie heftigen Konfl ikten mit dem Vater fi ndet sie einen Mord und Mordbeihilfe sind Vorsatztaten. Mörder ist des Verfahrens die sogenannten Exzesstäter im Mittelpunkt Ehat Mirjam Pressler für ihren Roman Die Zeit der schla- Weg, als Angehörige der heutigen Generation und zugleich – so § 211 StGB –, wer vorsätzlich einen Menschen aus gestanden hätten. Im Unterschied zum »normalen«, »ge- fenden Hunde gewählt. Die Handlung spielt 1995 in einer als Angehörige einer Familie, die tief in die Verbrechen des Mordlust oder zur Befriedigung des Geschlechtstriebs oder wöhnlichen«, gelegentlich gar als »anständig« qualifi zierten, deutschen Kleinstadt, als die 18-jährige Schülerin Johan- Nationalsozialismus verstrickt war, verantwortungsvoll mit aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen (täter- vorgeblich widerwilligen Befehlsempfänger, waren Exzesstäter na durch eine israelische Zeitzeugin erfährt, dass sich ihr der Vergangenheit umzugehen. Damit knüpft Presslers Ju- bezogene Merkmale) tötet; Mörder ist auch, wer vorsätz- wie zum Beispiel Boger, Kaduk und Klehr Menschenwesen, Großvater während des Nationalsozialismus an jüdischem gendroman sowohl an aktuelle gesellschaftspolitische Dis- lich einen Menschen heimtückisch oder grausam oder mit von denen sich mit Abscheu zu distanzieren und abzuwenden Eigentum bereichert hat, eine Tatsache, die alle in der Fa- kurse über die Schuld und Verantwortung heutiger Jugend- gemeingefährlichen Mitteln (tatbezogene Merkmale) tötet; den braven bundesdeutschen Bürgern nicht schwerfi el. milie im Grunde wissen und dennoch verdrängen. Johanna licher an wie auch an die allgemeine Literatur, innerhalb de- weiter ist Mörder, wer vorsätzlich einen Menschen tötet, Die Autorin ist aber der irrigen Ansicht, als Mörder habe aber will nicht länger verdrängen, sondern Licht in das Fa- rer Familienromane sowie intergenerationelle Auseinander- um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. auf der Grundlage des geltenden Strafrechts nur verurteilt miliengeheimnis und damit in die dunklen Seiten der eige- setzungen über die deutsche Vergangenheit gerade in den Die Erfüllung eines der Mordmerkmale ist für die Tat- werden können, wer befehlslos, aus eigenem Antrieb gehan- nen Familiengeschichte bringen. Pressler hat jedoch keinen letzten Jahren von der Öff entlichkeit mit großem Interesse bestandsverwirklichung notwendig. In den NS-Prozessen delt habe oder über die von der Staatsführung befohlenen zeitgeschichtlichen Kriminalroman vorgelegt, sondern eher verfolgt worden sind. kamen überwiegend die Merkmale Rassenhass (als niedriger Tötungen in seinem Eifer hinausgegangen sei. Anders ge- eine psychologische Studie über das Innenleben eines jun- Gabriele von Glasenapp, Frankfurt am Main Beweggrund kategorisiert) sowie heimtückische und grausa- sagt: Wer nur die NS-Tötungsbefehle ausführte, im Rah- me Tötung zum Tragen. Mordgehilfe ist, wer einem Mör- men von Nazi-Gesetzen oder Lagerordnungen, auf der Ba- der „durch Rat oder Tat wissentlich Hilfe“ (§ 49 a.F. StGB) sis von Exekutionsanordnungen des RSHA, Standgerichts- Auschwitz und bundesdeutsche Justiz: keine Erfolgsgeschichte leistet. Wissentlich ist die Hilfe, wenn der Gehilfe in Kennt- und Kriegsgerichtsurteilen etc., handelte und nachweislich nis der gesamten Tatumstände handelt, wenn er zum Bei- keine persönliche Initiative zeigte, keine exzessive Tatbege- spiel weiß, dass der Täter (in vielen Fällen der Befehlsgeber) hung aufwies, war – so meint Wittmann – der deutschen Rebecca Wittmann: Beyond Justice. The Auschwitz Trial. – wie es im Auschwitz-Urteil2 explizit heißt – das deutsche aus niedrigen Beweggründen handelt oder die Tatbegehung Justiz kein Täter, kein Mörder, sondern nur ein ins Ver- Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 2005, 336 p. Strafrecht nicht, ebenso wenig den Begriff der Funktions- grausam oder heimtückisch durchgeführt wird. nichtungsgeschehen verstrickter Gehilfe gewesen, für den haftung. In Auschwitz haben SS-Angehörige (und auch Funktions- Strafmilderungsgründe zu veranschlagen waren. Wittmann Wittmann stellt in ihrer Arbeit die Geschichte des Vor- häftlinge) eigenmächtig, aus eigenem Antrieb, getötet. Diese behauptet gar, nur diejenigen SS-Angehörigen, die Nazi-Be- onographien über den 1. Frankfurter Auschwitz-Pro- verfahrens, eine Analyse von Zeugenvernehmungen, die zumeist aus niedrigen Beweggründen und auf grausame Wei- fehlen nicht gehorcht hätten, seien im Auschwitz-Prozess als Mzess fehlen bislang von deutschen Wissenschaftlern. Es Anklageschrift, den Prozessverlauf, die Plädoyers und das se verübten Tötungen, die sogenannten Exzesstaten, lassen Mörder (S. 174) abgeurteilt worden. Mörder – so angeblich ist eine kanadische Historikerin, die die erste Untersuchung1 Urteil sowie die Reaktionen auf den Richterspruch in sechs sich unschwer unter § 211 StGB subsumieren. Die meisten die Frankfurter Richter in Wittmanns abwegiger Darstel- 40 Jahre nach dem Ende des Strafverfahrens vorlegt. Kapiteln knapp dar. Morde, jedoch insbesondere der Massenmord an den europä- lung – war nur, wer nach NS-Gesetzen illegal gehandelt, Die „Strafsache gegen Mulka u. a.“, von Dezember 1963 Kritisch konstatiert sie die Unterlassung des Bonner Ge- ischen Juden, wurden auf Befehl, nach Dienstplan, gleichsam den »dienstlichen Auftrag« überschritten habe. bis August 1965 verhandelt, ist fraglos der bedeutendste setzgebers, rückwirkend Sonderregeln zu schaff en, die eine im Rahmen der verbrecherischen Lageralltagsroutine, began- Diese Interpretation der Rechtsgrundlagen der NS- und in seiner Wirkung folgenreichste NS-Prozess in der adäquate Ahndung des Völkermords gewährleistet hätten, gen. Eingespielter und reibungslos funktionierender Vernich- Prozesse ist falsch. § 211 StGB war nach der herrschenden Bundesrepublik Deutschland. Gerade weil Untersuchungen und spricht vom paradoxen und widersprüchlichen Aus- tungsbetrieb für das SS-Personal war, bei Transportankünften Rechtsprechung in der NS-Zeit nicht suspendiert.3 Die wichtiger Verfahren gegen Vernichtungslager-Personal wie gang des Prozesses: Einerseits diente das Verfahren der Do- auf der Rampe zu selektieren, abzusperren, zu überwachen, Tötung von nach Auschwitz deportierten, von der Rampe zum Beispiel der Chełmno-Prozesse (LG Bonn, LG Han- kumentation und Aufklärung über Auschwitz als Ort des Opfer zu den Gaskammern zu eskortieren, die Vergasung weg ins Gas verbrachten Juden, die Tötung von KZ-Insas- nover), des Prozesses gegen Oberhauser (Bełżec, LG Mün- Genozids, andererseits bedeutete die Konzentration auf den durchzuführen und zu beaufsichtigen, RSHA-Transporte sen durch Phenolinjektionen, Vergasungen nach Lager- und chen I), der Treblinka-Prozesse (LG Düsseldorf) sowie des außerhalb aller Normen agierenden Exzesstäter sowohl eine „abzuwickeln“, wie es im Urteil heißt. Weiter wurden regel- HKB-Selektionen, „Bunkerentleerungen“ waren Mord. Wer Sobibór-Prozesses (LG Hagen) bislang fehlen, ist es wohl Verzerrung des Tatgeschehens als auch eine Entlastung für mäßig, meist auf Befehl, Lager- und Blockselektionen sowie die verbrecherischen Vernichtungsbefehle des NS-Regimes Selektionen im Häftlingskrankenbau (HKB) durchgeführt. angebracht, dem 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess eine die das Verfahren rezipierenden Deutschen. befolgte und sich in Kenntnis der gesamten Tatumstände Schlüsselstellung innerhalb der bundesdeutschen „Vergan- Das von Seiten der Anklagebehörde – Wittmann interpre- Nach Auff assung der bundesdeutschen Schwurgerichte die Tat zu eigen machte, war Mörder. genheitsbewältigung“ durch Strafverfahren in den 60er Jah- tiert die Publikationen und Verlautbarungen des hessischen (Mitte der 1960er Jahre) waren Hitler, Himmler, Heydrich Im 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess erkannten die Tat- ren beizumessen. Generalstaatsanwalts Fritz Bauer gleichsam als rechtstheore- u. a. die Haupttäter und Taturheber der Massenmorde. Die richter im Falle von befohlenen Vernichtungsmaßnahmen Ausgangspunkt der Studie von Rebecca Wittmann ist tische und rechtspolitische Vorgaben für die ihm unterstellte Befehls- und Tatausführenden wurden auf der Grundlage nur bei den drei Angeklagten Hofmann4 (Rampenselektio- die weitgehend unstrittige Th ese, dass das bundesdeutsche Staatsanwaltschaft – verfolgte Bestreben, den Gesamtkomplex der subjektiven Teilnahmetheorie nach Maßgabe ihrer »in- nen), Kaduk5 (Lagerselektionen) und Stark6 (Vergasungen, Strafrecht kein angemessenes Mittel war, den Holocaust, Auschwitz aufklären zu lassen, die „Endlösung der Judenfra- neren Einstellung und Haltung« zu den Taten, nach ihrer Erschießungen) auf Mittäterschaft. Die anderen Angeklag- die menschheitsgeschichtlich präzedenzlose Massenver- ge“ zum Gegenstand des Prozesses zu machen, sei durch das sogenannten Willensrichtung zum Tatzeitpunkt qualifi ziert. ten (meist in gehobeneren Funktionsstellungen und mit nichtung der europäischen Juden, sowie die Massenmorde Erfordernis, den Angeklagten ihre persönliche Schuld nach- Machte sich ein SS-Angehöriger als überzeugter, treu erge- höheren Dienstgraden), die sich an Rampen- und Lager- an Sinti und Roma, sowjetischen Kriegsgefangenen und zuweisen, Schuld individuell zurechenbar zu machen, mithin bener Nationalsozialist die befohlene Tat zu eigen, stimmte selektionen, Gaskammerdienst, Massenerschießungen und Polen – ersichtlich keine „normale“ Kriminalität – zu ahn- durch die Grenzen des deutschen Strafrechts, desavouiert er mit den Zielen der NS-Führung überein, bejahte er die Morden durch Phenolinjektionen beteiligt hatten, qualifi - den. worden. Hierbei erörtert Wittmann nicht weiter, dass eben rassenideologischen Auff assungen der Machthaber, hatte er zierte das Frankfurter Schwurgericht, womit es sich viel Ur- Das deutsche Individualstrafrecht machte es unabding- ein Interesse am Taterfolg, dann handelte er – so die herr- teilsschelte einhandelte, als Gehilfen. bar, den einzelnen Angeklagten individuell zurechenbare schende Rechtsprechung – mit Täterwillen und war folglich Die von Wittmann wiederholt formulierte Ansicht, dass Taten nachzuweisen. Den Begriff des Massenmords kennt 2 Vgl. Friedrich-Martin Balzer, Werner Renz (Hg.): Das Urteil im Mittäter, verübte gemeinschaftlichen, zwingend mit lebens- die Gesetzeslage dem Gericht Beschränkungen auferleg- Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–1965). Bonn: Pahl-Rugen- langem Zuchthaus zu ahndenden Mord. Führte er den Be- te, manch Anstrengung in aufklärerischer Absicht, manch stein Verlag, 2004, S. 114, und Der Auschwitz-Prozess. Tonband- fehl aber aus, ohne sich die Tat zur eigenen Sache zu machen, 1 Die profunde und exzellente Studie von Devin O. Pendas: Th e mitschnitte, Protokolle und Dokumente. Hg. vom Fritz Bauer In- unterstützte und förderte er ausschließlich die angeordnete, Frankfurt Auschwitz Trial, 1963–1965. Genocide, History, and the stitut und dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. DVD- fremde Tat, ohne eigenes Interesse an ihrem Erfolg, fügte er 3 Ebd., S. 114 und DVD-ROM, S. 37.326. Limits of the Law (New York: Cambridge University Press, 2006, ROM, Digitale Bibliothek, Bd. 101, 48.794 Bildschirmseiten, sich dem Willen eines anderen und beherrschte er das Tat- 4 Ebd., S. 263 f. und DVD-ROM, S. 37.739 f. 340 S.) wird im Newsletter zur Geschichte und Wirkung des Holo- 504 Abb., 100 h Audiofi les. Directmedia Publishing GmbH, 2., geschehen nicht, off enbarte er somit keinen eigenen Täter- 5 Ebd., S. 282 f. und DVD-ROM, S. 37.793 f. caust, Nr. 30, Frühjahr 2007, ausführlich rezensiert werden. durchgesehene und verbesserte Aufl ., Berlin 2005, S. 37.328. willen, dann qualifi zierten ihn die Gerichte als Tatgehilfen. 6 Ebd., S. 193 f. und DVD-ROM, S. 37.543 f.

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wünschenswerter Versuch der justiziellen Vergangenheitsbe- gerichtsanklage (Bd. 78–80 d. A.) und dem Beschluss über Die „Endlösung“ in Frankreich wältigung durch Strafprozesse an den rechtsstaatlichen Ge- die Eröff nung des Hauptverfahrens durch die 3. Strafkam- gebenheiten scheiterte, bedeutet nicht, dass der Auschwitz- mer des LG Frankfurt am Main (Bd. 88 d. A.) abgeschlossen. Prozess der deutschen Öff entlichkeit ein verzerrtes Bild SS-Sturmbannführer Hans Aumeier war nicht Mitglied der Ahlrich Meyer: Täter im Verhör. Die „Endlösung der Ju- der Massenverbrechen vermittelte, die in dem Todeslager Politischen Abteilung, sondern 1. Schutzhaftlagerführer (S. denfrage“ in Frankreich 1940–1944. Darmstadt: Wissen- =a^^W]f[hW;VW`f[f{f verübt worden sind. Nicht nur Angeklagte wie Boger und 60). Adolf Rögner, Anzeigeerstatter gegen Wilhelm Boger, schaftliche Buchgesellschaft, 2005, 471 S., E 79,90 Klehr standen im Fokus der öff entlichen Aufmerksamkeit. erschien nicht als Zeuge in der Hauptverhandlung (S. 68). Angeklagte wie Capesius, der mitleidlos und kaltblütig Rudolf Vrba hat seinen Bericht nicht 1943 für die britische Klaus-Detlev Godau-Schüttke Menschen ins Gas schickte, die ihm aus seiner berufl ichen Regierung (S. 208) geschrieben; aus Auschwitz gefl ohen ist hlrich Meyers Buch Täter im Verhör ist die erste umfas- Die Heyde/Sawade-Affäre Tätigkeit vor dem Krieg bekannt waren, oder Mulka, der er zusammen mit Alfred Wetzler erst im April 1944. „Ge- Asende deutschsprachige Monographie zur sogenannten Wie Juristen und Mediziner den NS-Euthanasieprofessor aller zweifelsfreien Beweise zuwider arrogant und selbstge- schrieben“ haben die beiden Flüchtlinge keinen Bericht. „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich. Sie geht über Heyde nach 1945 deckten und straflos blieben recht die Schuldvorwürfe abstritt, erlangten durch ihr dreis- Ihre getrennt voneinander gegebenen Schilderungen wurden das hinaus, was der französische Anwalt Serge Klarsfeld mit 2. Auflage tes Auftreten im Gerichtssaal nicht weniger Interesse. von Dritten aufgezeichnet und zu einem Report zusammen- seinen umfangreichen Studien zur Shoah in Frankreich be- gefasst. Richard Baer hat nicht Mitte 1963 Selbstmord (S. :_[>[oZ[%IWmWZ[#7\\h[ Neben derartigen Fehlinterpretationen mindert Witt- reits geleistet hat, die ohnehin mit einer einzigen Ausnahme M_[@kh_ij[dkdZC[Z_p_d[hZ[d manns partielle Quellenkenntnis den Wert ihrer Darstellung 212) begangen, er ist vielmehr eines natürlichen Todes in der nicht auf Deutsch vorliegen. DI#;kj^WdWi_[fhe\[iieh>[oZ[dWY^ in nicht geringem Maße. Nicht einmal die Hauptakten des Untersuchungshaft gestorben. § 47 Militärstrafgesetzbuch Meyer leistet mehr als die bloße Rekonstruktion der Ereig- '/*+Z[Yaj[dkdZijhWÔeiXb_[X[d (nicht: „Wehrmachtstrafgesetzbuch“, S. 80) besagt nichts LedAbWki#:[jb[l=eZWk#IY^”jja[ Verfahrens, von anderen Quellenbeständen ganz zu schwei- nisse. Er versucht nicht nur detailgenau nachzuzeichnen, wie Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden ($7kÔW][(&&'")).I$"XheiY^$")&"ÅÐ" gen, hat sie systematisch gesichtet. Schlüsseldokumente wie über die Möglichkeit, einen verbrecherischen Befehl eines der Massenmord von Frankreich aus organisiert worden ist. Er ?I8D)#-./&#-(,/#/ den Zuständigkeitsbeschluss des Bundesgerichtshofs vom Vorgesetzten (S. 220) nicht befolgen zu müssen. Hermann beschreibt nicht nur, wie erst die besetzte Zone durchforstet 17.4.1959 und den Eröff nungsbeschluss des Landgerichts Langbein war nicht „head of the IAC“ (S. 279), er war hin- und später dann auch im unbesetzten Frankreich eine regel- DWY^'/*+][bWd][iWkY^C[Z_p_d[hdkdZ@kh_ij[d"_^h[ Frankfurt am Main vom 7.10.1963, Grundlage der Haupt- gegen bis Mitte 1960 neben zwei Sekretären der sogenannte rechte Menschenjagd veranstaltet wurde. Er legt nicht nur das DI#L[h]Wd][d^[_j pk b[k]d[d eZ[h pk l[h^Whcbei[d$ verhandlung, hat sie in den Akten übersehen. Entgangen ist Generalsekretär des Internationalen Auschwitz-Komitees. Zusammenspiel zwischen Militärverwaltung, SS, deutscher Fhe\$:h$c[Z$M[hd[h>[oZ[mWhWbiie]$EX[h]kjWY^j[h Wittmann auch, dass der Tonbandmitschnitt (der ihr unter Präsident des IAK war zu der Zeit der Auschwitz-Überleben- Botschaft, zwischen Sicherheitspolizei und Judenreferat, zwi- _c HW^c[d Z[h DI#;kj^WdWi_[ \”h .&$&&& CehZ[ l[h# gewiss nicht einfachen Arbeitsbedingungen im Hessischen de und Schriftsteller Tadeusz Hołuj. Das Sitzungsprotokoll schen deutschen Besatzern und französischem Vichy-Regime Wdjmehjb_Y^$DWY^'/*+mkhZ[[h=[h_Y^ji]kjWY^j[hkdZ b[Xj[kdj[hZ[cFi[kZedoc:h$c[Z$_jb[hkdZZWiDI#H[]_c['/))#'/*+¼ Aufgrund der unzureichenden Kenntnisnahme der Quel- wurde die Deportation als „jüdische Umsiedlung“ dekla- l[h]b[_Y^[dZ\”hM[ijZ[kjiY^bWdZ"EijZ[kjiY^bWdZkdZ riert. Auf geradezu zynische Weise wurde mit „Familienzu- len und der rudimentären Kenntnis der Fachliteratur sind Das Buch von Wittmann ist leichtgewichtig. Es ist mit zij[hh[_Y^][fh”\j$ Wittmann Fehler unterlaufen, die in einer Besprechung zu unzureichender Sachkenntnis und mit wenig Sorgfalt ge- sammenführung“ argumentiert, als schließlich auch noch vernachlässigen unredlich wäre. Von den vielen Unrichtig- schrieben worden. Verdienstvoll ist aber, dass die Autorin die Waisenkinder abtransportiert wurden, deren Eltern keiten seien beispielhaft angeführt: Die „pretrial fi les“ um- längst in Auschwitz und Sobibór vergast worden waren. 8_jj[X[ij[bb[dI_[X[_ eins der wichtigsten NSG-Verfahren einem englischsprachi- ?^h[h8kY^^WdZbkd]eZ[hX[_0 fassen nicht 128 Bände (S. 321) und nicht 30.000 Blatt (S. gen Publikum dargestellt und den Tonbandmitschnitt des Nachgewiesen wird in diesem Buch, wie sich die Sprache DeceiL[hbW]i][i[bbiY^W\j 10), auch nicht den Zeitraum 1958–1965 (S. 321). Das so- Auschwitz-Prozesses als historische Quelle genutzt hat. der Verschleierung und Lüge über Jahrzehnte in der bundes- -,+(&8WZ[d#8WZ[drmmm$decei$Z[ genannte Vorverfahren war mit der Einreichung der Schwur- Werner Renz, Fritz Bauer Institut republikanischen Wirklichkeit gehalten hat, weil sogar die

66 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 67 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

Justizbeamten bei den Vernehmungen später das Vokabular sonal, die am ehesten einräumten, sich über das sogenannte gewarnt worden waren und durch deren Hilfe entkommen der Nazis übernehmen. Und Täter argumentieren im Nach- Schicksal der Juden keine Illusionen gemacht zu haben. konnten. Somit entzog sich jeder Dritte der Deportation und r Machen Sie die Arbeit hinein tatsächlich, dass es in Frankreich nicht zu Deportati- Noch überzeugender wäre Meyers Buch indes gewesen, wenn fl üchtete in den Untergrund. „Damit unternehmen die Opfer e des Fördervereins zu onen gekommen sei, weil es – so wörtlich – kein „Judenprob- er der Objektivität des Wissenschaftlers hin und wieder die Sub- selbst die größte Aktion gegen ihre Verfolger.“ (S. 81) 7.000 d

lem“ gegeben habe. Womit sie ihre eigentliche Gesinnung jektivität des Essayisten zur Seite gestellt hätte. Natürlich konnte Berliner wurden dennoch verschleppt. e Ihrer persönlichen Sache: i

verraten: Es gab kein „Judenproblem“ in ihren Augen, weil es dem Autor nicht gelingen, woran die deutsche Justiz gescheitert Im dritten Kapitel geht es um die Internierung von 2.000 l schlicht schon „gelöst“ war, die Juden fort waren. war: den Tätern ihr Wissen und damit ihre Schuld nachzuweisen. jüdischen „Mischehepartnern“ in der Rosenstraße, um die Ursa- g

Meyers Studie, das kann man sagen, war überfällig. Sie Täter im Verhör leistet einen großen Beitrag dazu, Verdrängung chen und vor allem um die Gründe, warum die jüdischen Part- t Werben Sie belegt beispielsweise, dass die Kooperation der Vichy-Behörde und Konstruktion kollektiver Erinnerung in den Nachkriegsjahr- ner in sogenannten Mischehen überhaupt in die Großrazzia ein- i zehnten nachzuvollziehen. Versäumt hat es Meyer jedoch, aus gebunden wurden. Gruner kann detailliert aufzeigen, dass die ein neues Mitglied!

mitunter nicht so eifrig war, wie es sich die deutschen Besatzer M

gewünscht hätten; sie zeigt, dass Absprachen mit den Fran- seiner eindrucksvollen Gegenüberstellung faktenreicher Doku- nach den Deportationsrichtlinien ausgenommenen Personen mente mit den Aussageprotokollen der Täter die naheliegenden zosen nicht immer eingehalten und beispielsweise frühzeitig – zumeist Juden, die mit „Ariern“ verheiratet waren – nach ihrer n Der Förderverein ist eine tragende Säule Schlüsse in aller Schärfe zu ziehen: Sie wollten nicht wissen, das auch Juden mit französischer Staatsbürgerschaft verhaftet und Verhaftung an den Arbeitsstätten systematisch in den Sammella- e mag sein. Aber sie wussten es natürlich dennoch. gern „aussortiert“ wurden, um gemeinsam in dem als Lager um- des Fritz Bauer Instituts. Das ideelle und getötet wurden. Vor allem aber macht sie deutlich, dass es die b

niederen Chargen waren, Aushilfssekretärinnen, Wachper- Martina Meister, Paris funktionierten Verwaltungsgebäude der Jüdischen Gemeinde in r fi nanzielle Engagement seiner Mitglieder

der Rosenstraße konzentriert zu werden. Zum einen wurde hier e war wesentlich für seine Gründung und ist ihr „Rassestatus“ überprüft. Gleichzeitig wurde ein Teil von ih-

nen für Tätigkeiten in jüdischen Einrichtungen rekrutiert, aber wwerben Mitglieder unverzichtbar für dessen heutige Arbeit. Neues zum Widerstand in der Rosenstraße, auch für die Gestapo. Sie sollten diejenigen jüdischen Arbeiter r Für die Zukunft gilt es – gerade auch

zur Fabrik-Aktion und zur Verfolgung der „Mischehen“ dort „ersetzen“, die zwar zu Beginn der Fabrik-Aktion noch als e Verwaltungsmitarbeiter vor den Deportationen geschützt wa- bei zunehmend knapper werdenden d ren, deren Schutz aber nach mehreren Tagen aufgehoben wur- Wolf Gruner: Widerstand in der Rosenstraße. Die Fabrik- e öffentlichen Mitteln –, die Arbeit und de. Sukzessive wurden die Inhaftierten – nach vorbereiteten und i Aktion und die Verfolgung der „Mischehen“ 1943. Frankfurt tur. Obwohl die Annahme, dass die Frauen in der Rosenstraße auch vordatierten Entlassungsscheinen – freigelassen und muss- l den Ausbau des Fritz Bauer Instituts

E g am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2005, 224 S., 12,95 mit ihrem Protest die Deportation ihrer Männer verhindern ten sich zu den neuen Plätzen ihrer Zwangsarbeit begeben. zu fördern und dessen Bestand und t konnten, bereits kurz nach Kriegsende bekannt war, wurde sie i Unabhängigkeit auf Dauer zu sichern. erst in den 90er Jahren in der Öff entlichkeit aufgegriff en, was Der Protest der „arischen“ Verwandten vor dem Gebäude in

n der renommierten „Schwarzen Reihe“ des Fischer Taschen- Gruner auf das erinnerungspolitische Bedürfnis zurückführt, der Rosenstraße steht im Mittelpunkt des vierten Kapitels. Gruner M Ein mitgliederstarker Förderverein setzt buch Verlags ist zum Kontext und zu den Hintergründen der „sich nach der Vereinigung als ein neues und besseres Land geht hier detailliert den Motiven der Angehörigen und vor allem

I n viel erörterten Ereignisse in der Berliner Rosenstraße im Jahr 1943 nach außen und innen darzustellen (…), sich auf moralisch auch der Form des Protestes nach und analysiert das Für und ein deutliches Signal bürgerschaftlichen eine fundierte Studie von Wolf Gruner erschienen. Vor allem im unangreifbare Traditionen zu berufen“ (S. 13). Die dem ange- Wider der Th ese, dass der Protest die Deportation der „Misch- e Engagements. Ein starker Förderverein Zusammenhang mit dem Film Rosenstrasse von Margarethe nommenen Erfolg des Protestes unterlegte Diktion, „es hätten ehepartner“ gestoppt habe. Angaben zu der Zahl der Menschen b

r gewinnt an politischem Gewicht im von Trotta wurde 2003 in den Feuilletons kontrovers diskutiert, mehr Menschen so handeln müssen wie die Protestierenden“ vor dem Gebäude in der Rosenstraße schwanken zwischen 150 ob das Verhalten der Frauen (es waren im Übrigen auch Männer (S. 17), problematisiert Gruner und weist die Mutation „zum und 6.000, nach sorgfältigem Abwägen – auch unter Einbezie- e Stiftungsrat und kann die Interessen und Kinder) wirklich eine Deportation ihrer von den Nazis als Paradebeispiel für ‚gewaltlose‘ Opposition wie für den ge- hung aller örtlichen Details wie etwa Länge und Breite der Straße w des Instituts wirkungsvoller vertreten. jüdisch klassifi zierten Angehörigen verhindert hatte oder ob eine schlechtsspezifi schen Widerstand von Frauen“ (S. 28) zum etc. – kommt Gruner zu der Erkenntnis, dass eine Zahl von etwa werben Mitglieder solche Deportation gar nicht vorgesehen war und deshalb auch einen durch das Prinzip „der stillen Post“ in der Fachliteratur 150 bis 200 Menschen, die sich gleichzeitig dort aufhielten, am r Stärken wir den Förderverein, stärken nicht durch den Protest verhindert werden konnte. und zum anderen durch Werke von Stoltzfus und Jochheim realistischsten ist. Den Protest muss man – so Gruner nach be- e wir das Institut! Informieren Sie Ihre hutsamer Auswertung aller zugänglichen Berichte von Zeitzeu- d Der Historiker Wolf Gruner hatte bereits 1994 in seiner nach. Vor allem Stoltzfus vertritt die Th ese, wenn mehr Men- schen so gehandelt hätten wie die Frauen in der Rosenstraße, gen – „sich wohl weniger mächtig und provokativ vorstellen, als e Bekannten, Freunde, Kollegen über das Dissertation zur „jüdischen“ Zwangsarbeit (1997 veröff entlicht) i dann hätte man die Vernichtung der Juden stoppen können. es heute oft getan wird. Tatsache ist: Es versammelten sich viele l Fritz Bauer Institut und die Möglichkeit, und nach intensiven Recherchen in einem grundlegenden Auf- Menschen tagelang in der Rosenstraße. Allerdings war der Pro- satz 2002 im Jahrbuch für Antisemitismusforschung „Fakten und Auf die Vorgeschichte, den Kontext und den Verlauf der g sich im Förderverein zu engagieren. Fabrik-Aktion im Februar 1943 geht Gruner ausführlich im test keine Demonstration im heutigen Sinne. Eher handelte es t Fiktionen um den 27. Februar 1943“ diskutiert. Ihm ist es nun i zweiten Kapitel ein. Am 27. Februar 1943 wurden in vielen sich wohl um einen spontanen Aufl auf, der zustande kam, da die in den letzten Jahren gelungen, weitere zeitgenössische Quellen Menschen auf der Suche nach Informationen in die Rosenstraße der Gestapo, der damaligen jüdischen Einrichtungen, der Berli- Regionen des Deutschen Reiches in einer Großrazzia die jü- MMitglieder Aktion: kamen, um Kontakt zu ihren Liebsten herzustellen. (…) Die An- ner Schutzpolizei sowie der katholischen Kirche zu erschließen dischen Zwangsarbeiter überfallartig in den Betrieben verhaf- „Mitglieder werben Mitglieder!“

sammlung wurde mehrmals von der Polizei zerstreut, löste sich n bzw. bisher nicht berücksichtigte Quellen in den Kontext der tet und in lokale oder regionale Sammellager verschleppt, be- vor der größte Teil von ihnen entsprechend den Deportations- aber trotz Bedrohung nie ganz auf. Manche Teilnehmer erhoben e Für Informationsmaterial wenden Sie Ereignisse in der Rosenstraße einzubinden. Der neu entdeckte, die Forderung nach Freilassung der Angehörigen, wenngleich zeitnah entstandene, umfangreiche Aktenbestand der Anträge richtlinien des Reichssicherheitshauptamtes nach Auschwitz b sich bitte an unsere Geschäftsstelle.

off enbar die Protestierenden das berühmte ‚Gebt unsere Männer r von Überlebenden auf Anerkennung als „Opfer des Faschis- oder nach Th eresienstadt deportiert werden sollte. Ein weiteres

frei‘ mehr sagten als riefen, es eher in vereinzelten Sprechchör- e Ziel neben der Deportation des Großteils dieser Personen war mus“ aus den Jahren 1945/46 wird für Berlin von ihm erstmals en als in mächtigen Schreien äußerten.“ (S. 156) Nach Gruners Förderverein es, alle – also auch die in „Mischehe“ lebenden – „noch in Be- genutzt. So stellt Gruner neue Forschungsergebnisse im Ausbau Analyse ist die „ambivalente Charakterisierung“ einer Zeitzeugin w seiner Grundthese in der Neuveröff entlichung argumentativ trieben beschäftigten Juden zum Zwecke der Erfassung aus den Fritz Bauer

als „stummer Protest“ treff end. „Die Courage der Angehörigen r Betrieben“ (S. 52) zu entfernen. In Berlin gab es über 10.000 gut gegliedert, quellengesättigt und vor allem lesbar dar. Beson- der Insassen der Rosenstraße bleibt für immer bewundernswert.“ Institut e.V. jüdische Zwangsarbeiter und ihre Angehörigen; sie alle sollten e ders beachtenswert ist, wie diff erenziert er, „um die Debatte zu (S. 156) Alle von Gruner ausführlich aufgezeigten Fakten und versachlichen“ (S. 9), auf die geäußerten Gegenthesen (unter deportiert werden. Gruner beschreibt den „Tag des Infernos“ Hintergründe belegen, dass es zu dieser Zeit keinen Deportati- d Grüneburgplatz 1 anderem von Nathan Stoltzfus und Gernot Jochheim, deren als Woche der „Großaktion Juden“ – so die Nazi-Diktion – in e onsplan für die Partner aus „Mischehen“ gegeben hat und folg- i 60323 Frankfurt am Main Einschätzungen zumeist auf sehr späten Erinnerungszeugnissen Berlin ausführlich und schildert, wie bewaff nete SS-Männer in lich die Th ese, der Protest habe eine Deportation verhindert, l Tel.: 0 69–79 83 22–39 · Fax: –41 basieren) eingeht und diese quellenfundiert widerlegen kann. mehr als einhundert Berliner Firmen das jeweilige Werksge- nicht mehr haltbar ist und an den von Gruner aufgezeigten his- g lände abriegelten und die jüdischen Zwangsarbeiter in die vor- t [email protected] torischen Tatsachen vorbeigeht. i Im ersten Kapitel analysiert er die Geschichte der Geschich- bereiteten Sammellager verschleppten. Hier richtet er auch den www.fritz-bauer-institut.de/verein.htm te um die Ereignisse in der Rosenstraße und ihre wirkmäch- Blick auf die mehr als 4.000 jüdischen Zwangsarbeiter, die von MMitglieder werben tigen Folgen in der Öff entlichkeit und auch in der Fachlitera- „arischen“ Vertrauten, Freunden, Kollegen und Werkmeistern Monica Kingreen, Fritz Bauer Institut

68 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 69 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

Zukunftsorientierte Erinnerungskultur dium des emotionalen Lernens unsinnig sei. Die aus seiner Sicht wünschenswerte und sinnvolle Einbindung bildender Kunst in Lernprozesse an Stätten nationalsozialistischer Jens Birkemeyer, Cornelia Blasberg (Hg.): Erinnern des genen Familie schont. Zugleich wird aber eine „vollständige gleich, dass diese Erfahrung immer prägend bleibt. Ich betone Verfolgung sei keine Erleichterung, sondern eine zusätzliche Holocaust? Eine neue Generation sucht Antworten. Biele- Diskreditierung des Nationalsozialismus“ selbstverständlich dies an dieser Stelle, weil nach meinem Eindruck die Betonung Dimension der Aneignung (S. 20). Er bietet dann einen feld: Aisthesis Verlag, 2006, 248 S., E 19,80 vertreten. Sie sieht in dieser Gleichzeitigkeit keine proble- des Ersatzcharakters von Kunst angesichts des Verlusts der realen nützlichen Überblick über die Geschichte von Kunst und matische Umwertung der Familiengeschichte, sondern einen Begegnung problematisch ist. Die künstlerische Auseinanderset- zungBirgit mit Dorner Geschichte holt in und ihrem die Beschäftigunggrundsätzlichen mit Beitrag künstlerischen weit Kunstsammlungen in Gedenkstätten seit ihrer Gründung. Beleg für die Abnahme der Relevanz der Bezugnahme auf die aus.Zeugnissen Ein Misstrauen sollte ausgegenüber ihrem eigenen der Sprache Recht begründetals Medium werden. des Die meisten Aufsätze in diesem Band sind Berichte aus der er Band geht auf eine Ringvorlesung an der Universität eigene Familie bei der Konstruktion der Geschichtserzäh- Lehrens und Lernens wird sowohl medientheoretisch als auch pädagogischen Arbeit. Leider tragen nur wenige Beiträge wirk- Münster im Sommer 2005 zurück. Absicht war eine Ori- lung über Nationalsozialismus und Holocaust. Die Autorin D mit Blick auf die Probleme der Kompetenz der Lernenden lich zu der von den Herausgeberinnen angerissenen Debatte entierung an der Zukunft des Erinnerns, eine Abkehr von der fordert auf, an Stelle einer „genealogischen Erinnerungsfor- „eher rückwärts gerichteten, den Augenzeugen zugewandten Er- begründet. Viel off ensiver noch hätte sie eine eigenständige bei. Allzu oft werden vielmehr – oft ohne ausdrückliche Refl e- schung“ die Frage zu untersuchen, „welche Rolle die natio- kunstpädagogische Perspektive vortragen können, die ein Ler- xion – Probleme dokumentiert: Das Nutzen des Ästhetischen innerungskultur des Jubiläumsjahres“ (S. 7). Ein Teil der Beiträ- nalsozialistische Vergangenheit für die Identifi kation mit der ge folgt der in der Einleitung angerissenen Frage nach der Gene- nen konzipiert, das „unsere eigenen Bilder von Geschichte ins als Ausweg angesichts fehlender Lesekompetenz; die Ver- nationalen Gemeinschaft namens ‚Deutschland‘ weiterhin Bewusstsein zu rufen oder besser noch in bildhafte Form zu wechslung emotionalisierender, nicht kognitiver Methoden rationenfolge des Erinnerns. Sie beschreiben, wie Verzerrungen im Einzelnen spielen wird“ (S. 79). Sie verweist dann auf die der Geschichte im Prozess der Familienerzählungen mit histo- bringen“ geeignet ist (S. 10). Die Einführung des ästhetischen mit kunstpädagogischer Arbeit; die Überbewertung von pro- Veränderung der deutschen Gesellschaft hin zu einer Mig- rischem Wissen koexistieren. Eine zweite Gruppe von Beiträgen Begriff s der Atmosphäre in die gedenkpädagogische Diskussi- jektorientiertem Lernen als unbedingt kreativer Arbeitsweise. rationsgesellschaft, in der andere Formen des Geschichtsbe- verdeutlicht, wie Institutionen auf veränderte Rezeptionsweisen on ist eine wichtige Anregung (S. 13). Denn das „eigenleibliche wusstseins entstehen als in einem traditionellen Staatsvolk. Einige Berichte dokumentieren ausführlich und gut nach- und ihre Voraussetzungen reagieren. Die letzte Gruppe von Auf- Spüren“ als Form der Erfahrung, die Feststellung, dass „Orte Ulrike Schrader zerlegt aus der Sicht einer Praktikerin der vollziehbar pädagogische Arbeit an Orten nationalsozialistischer sätzen kommt aus der literaturwissenschaftlichen Forschung. Sie und Räume bestimmte Atmosphären haben können“ (S. 14) Gedenkstättenpädagogik eine exemplarische Rede, wie sie Verbrechen. Allerdings ist oft nicht ersichtlich, wo dabei ein analysieren Erzählungen der „dritten und vierten Generation“, sind geeignet, dabei zu helfen, die Diskussion über angemes- kunstpädagogischer Zugang im Vordergrund stand. Eine der die Auseinandersetzungen mit Nationalsozialismus und Holo- anlässlich von Gedenktagen gehalten wird. Aus der unend- sene pädagogische Methoden für das Umgehen mit dem Grau- lichen Fülle solcher Reden, die immer wieder die gleichen Ausnahmen bildet der Bericht von Hildegard Jakobs aus der caust zum Gegenstand haben. Kurze Positionspapiere aus der en, das in den Konzentrationslager-Gedenkstätten – aber auch Arbeit der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Hier wurde Topoi reproduzieren, hat sie eine Passage von Roman Her- Sicht der verschiedenen Disziplinen schließen den Band. in der Literatur – aufgehoben ist, auf eine rationale Grundlage mit einem regionalgeschichtlichen Zugang konkret die Ausein- zog ausgewählt. Die von solchen Reden ausgehenden Zu- zu stellen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Dor- andersetzung mit dem Erinnern und dem Vergessen auf vielen Ich beschränke mich darauf, einen Blick auf zwei Beiträge mutungen an die Gedenkstätten und ihre Klienten werden ner kunstpädagogische Arbeit in Gedenkstätten nicht als eine Ebenen organisiert. Recherchen, Interviews, Fotodokumentati- analysiert und mit Gegenthesen konfrontiert. So entsteht ein zu werfen, die von besonderer Relevanz für die Entwicklung Möglichkeit zur Forcierung von Emotionen betrachtet. Sie on und kreatives, künstlerisches Arbeiten wurden in einer Aus- durchaus programmatischer Text über die Chancen der his- einer zeitgemäßen historisch-politischen Bildung sind. Die stellt fest: „Durch die ästhetische Umformung, von einer rein stellung zusammengeführt. Schließlich wird den Lernenden Ausführungen von Nina Leonhard über die Geschichtser- torisch-politischen Bildung in Gedenkstätten an Orten nati- innerlichen Wahrnehmbarkeit zu einer Form, in der sie auch eine Chance zur Refl exion der eigenen Arbeit eröff net. zählungen der „vierten Generation“ sind von großem Inter- onalsozialistischer Verfolgung. Die Autorin listet in wirklich andere wahrnehmen können, werden Gefühle, Vorstellungen Der Hinweis auf die Bedeutung der künstlerischen Arbeit esse für die Konzeption von pädagogischen Projekten zur Er- professioneller Verbindung aus Bescheidenheit und Selbstbe- und Gedanken einer weiteren Auseinandersetzung zugäng- von Sigrid Sigurdsson für die Kultur des Gedenkens im heu- innerung an den Nationalsozialismus, weil sie sich deutlich wusstsein die Aufgaben der Gedenkstätten auf: „Entdecken, lich.“ (S. 16) Die künstlerische Praxis ist also eine Form, sich tigen Deutschland ist immer wieder berechtigt und hilfreich, von der eher dramatisierenden Interpretation Harald Wel- sammeln, bewahren, zeigen und erklären“ (S. 117). Wenn Distanz zum historischen Ereignis zu erarbeiten, und schaff t regt sie doch auch kleine Projekte zu einem kommunikativen zers absetzen, dessen Beitrag in diesem Band seine bekannten das in den Gedenkstätten gelänge, wären sie wirklich heraus- damit auch die Grundlage für eine kognitive Beschäftigung. Prozess der Aneignung und Repräsentation von Geschichte an. Positionen referiert. Leonhard stellt ebenfalls fest, dass die ragende Orte der historisch-politischen Bildung. Der Titel des Bandes weckt insgesamt zu hohe Erwartungen. Familienerzählung die Generation der Beteiligten aus der ei- Gottfried Kößler, Fritz Bauer Institut Th omas Lutz bestätigt diese Sicht in seinem Beitrag. Er Eher orientiert sich die Sammlung der Beiträge am Untertitel schreibt in dankenswerter Klarheit, dass der Aufbau eines und reiht die unterschiedlichen Perspektiven aneinander. Gegensatzes zwischen Dokument und Wissenschaft als Me- Kunstpädagogik und Gedenkstättenpädagogik dien des kognitiven und künstlerischen Gestaltens als Me- Gottfried Kößler, Fritz Bauer Institut

Birgit Dorner, Kerstin Engelhardt (Hg.): Arbeit an Bildern Weil das so ist und weil zumindest diejenigen sich des- der Erinnerung. Ästhetische Praxis, außerschulische Ju- sen sehr bewusst sind, die mit dem Gedenken an Holocaust 5.00 Au gendbildung und Gedenkstättenpädagogik. Stuttgart: Lu- und Nationalsozialismus berufl ich befasst sind, verstört es Newsletter zur Geschichte und Wirkung des Holocaust fl 0 Exempl age cius & Lucius Verlagsgesellschaft, 2006, 244 S., E 24,90 doch immer wieder, mit welcher frischen Emphase die Fest- Informationen des Fritz Bauer Instituts stellung vom Sterben der Überlebenden notiert wird. So ist are es auch in der Einleitung dieses Bandes. Die Herausgebe- HHiieerr Anzeigenformate* und Preise** eit Jahren ist uns bewusst, dass wir das Sterben der Er- rinnen stellen fest, die Überlebenden böten uns eine haut- Slebnisgeneration der Zeit des Nationalsozialismus und nahe Präsenz der Geschichte des Nationalsozialismus. „Die könntekönnte 1 Doppelseite 420 x 297 € 1.000,– des Holocaust nicht mehr leugnen können. Wir trauern Überlebenden verkörpern Geschichte als Person“ (S. 2). Es 1 Umschlagseite U 4 210 x 297 € 950,– um Freunde, Großeltern und Eltern, also sowohl um die sei auch die große Herausforderung der aktuellen Pädagogik IhreIhre 1 Umschlagseite U 2 / U 3 210 x 297 € 850,– Zuschauer und Täter als auch um die Überlebenden der des Gedenkens, diese berührende Nähe durch pädagogische 1 Seite 210 x 297 € 590,– Verfolgung. Das ist ein schwieriger Prozess, und er wird Arrangements zu ersetzen. Dafür sei eine kunstpädagogische 2/3 Seite hoch 121 x 267 € 490,– theoretisch auf einem beachtlichen Niveau durch die Aus- Herangehensweise besonders geeignet. Die Chancen ästhe- AnzeigeAnzeige 1/2 Seite hoch 89 x 267 € 390,– arbeitung einer Th eorie des Gedenkens, aber auch von Aus- tischer Aneignung und Praxis, die im Bereich der Auseinan- 1/2 Seite quer 185 x 133 € 390,– einandersetzungen über Th eorien des Erinnerns und des dersetzung mit nicht kognitiver Wahrnehmung und Äuße- stehen!stehen! 1/3 Seite hoch 58 x 267 € 300,– Gedächtnisses begleitet. Praktisch entwickeln sich die Ge- rung liegen, werden selbstverständlich zusätzlich erwähnt. 1/3 Seite quer 185 x 89 € 300,– denkstätten an den Orten von NS-Verbrechen zu professio- So liegt über diesem Band ein unzeitgemäßer Firnis. Auch 1/4 Seite hoch 89 x 133 € 250,– nellen Orten des Gedenkens und der Information, nachdem die Überlebenden, deren Arbeit als Zeitzeugen für die pädago- Anzeigenredaktion 1/6 Seite hoch 58 x 133 € 220,– sie nicht mehr immer aufs Neue bestimmt sind von den gische Arbeit unersetzlich ist, sind sich sehr bewusst, dass ihre Manuela Ritzheim lebendigen Erzählungen der Zeitgenossen über ihre Erinne- Erzählung eben nicht „unmittelbar“ zum Grauen der Lager, der Tel.: 069–79 83 22–33 * Formatangabe: Breite x Höhe in mm rungen. Das Gleiche gilt für die Pädagogik des Gedenkens, Angst des Verstecks oder der Flucht ist. Sie sind froh, all das [email protected] ** Nettopreise zuzüglich gesetzl. MwSt. die nicht mehr um die lebendigen Erzählungen kreist. ein ganzes Leben hinter sich zu haben, und vermitteln doch zu-

70 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 71 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

Aporien der „Erziehung nach Auschwitz“ Dem Gedächtnis zuhören

Wolfgang Meseth: Aus der Geschichte lernen. Über die von Mythos und Aufklärung, die eine vernunftkritische Christian Gudehus: Dem Gedächtnis zuhören. Erzäh- Rolle der Erziehung in der bundesdeutschen Erinne- „Aporie des Denkens“ (S. 73) beinhalte, nach. Adorno habe lungen über NS-Verbrechen und ihre Repräsentation in rungskultur. Frankfurt am Main: Frankfurter Beiträge zur in seinen Nachkriegsschriften eine negative Moralphiloso- deutschen Gedenkstätten. Essen: Klartext Verlag, 2006, das methodische Vorgehen dargestellt. Im Anschluss werden Erziehungswissenschaft, Reihe Monographien, Johann Wolf- phie entwickelt, die unnachgiebig an der Entfaltung dieser 256 S., zahlr. Abb., E 21,50 sechs Fallstudien aus den untersuchten Gedenkstätten prä- gang Goethe-Universität, 2005, 256 S., E 28,90 Aporie im Blick auf die deutsche Gesellschaft festgehalten sentiert, deren Ergebnisse im dritten Teil zusammengefasst hat. Im durch nationale Sinnstiftungsbedürfnisse geprägten werden. Als Erzählinhalte hält der Autor dabei die fast kano- Erinnerungsdiskurs werde dies (S. 44 f.) jedoch nicht zur ie Führung, ein zentrales Angebot der Gedenkstätten, nisierten „Geschehnisse im Lager“ sowie die Erläuterung der olfgang Meseths Buch widmet sich der Frage, wie Kenntnis genommen. Die einseitige und verkürzte Rezep- Dwird oft als pädagogisch unzureichendes Mittel kritisiert, Repräsentation des Geschehenen fest. Als Erzählform macht er Wdie Pädagogik die Erinnerungskultur in der Bundes- tion der Th eorie Adornos vor allem durch die Pädagogik in einschlägigen Veröff entlichungen kommt sie meist gar nicht zwei „Modi, Vergangenheit zu konstituieren“, aus, die er „Be- republik seit 1945 beeinfl usst und dadurch das nationale habe dazu geführt, dass der „Passus der Praxisverweigerung ausdrücklich vor. Als Schattengewächs der Refl exion wuchert sie richt“ und „Erklärung“ nennt. Der „Bericht“ ist dabei deutlich Selbstverständnis mitbestimmt hat. Nationalsozialismus und die damit verknüpfte basale Aporie“ (S. 79) in einen aber in praktisch jeder Gedenkstätte und erfreut sich, betrachtet normativ aufgeladen und bezieht sich im Wesentlichen auf und Holocaust zogen eine tiefe Erschütterung des deutschen neuen negativen nationalen Sinnstiftungsmodus überführt man die Anzahl gebuchter Führungen, größter Zustimmung. Überlieferungen ehemaliger Häftlinge. Er ist durch diese au- kulturellen Selbstverständnisses nach sich, die schon früh in werden konnte. Das immer wieder zitierte Diktum Ador- Was allerdings in Führungen tatsächlich geschieht, in welcher torisiert und damit moralisch nicht zu hinterfragen. Dadurch der Geschichte der Bundesrepublik in pädagogischen Maß- nos, dass „Auschwitz oder nichts ähnliches sich wiederhole“, Weise die damit Beauftragten die Geschichte(n) des Ortes erhalten auch die von Gudehus so genannten guides eine Art se- nahmen Ausdruck fand. Meseth beschreibt dies angefangen wurde zu einem Signum dieser Sinnstiftung. Der normati- erzählen und wie die Adressaten darauf reagieren, ist bislang kundärer Zeugenschaft. Die „Erklärung“ dagegen bezieht sich von den Re-Education-Bemühungen der Amerikaner über ve Gehalt des Fortschrittsversprechens der Aufklärung habe nicht Gegenstand empirischer Forschung geworden. Christian vor allem auf wissenschaftliche Sekundärliteratur und bleibt die Rezeption des berühmten Diktums Adornos bis hin zur sich damit verkehrt. Zu lernen sei jetzt, wie die fortbeste- Gudehus’ Studie ermöglicht nun erstmals einen Einblick in damit diskutierbar. Bezeichnenderweise identifi ziert der Autor Toleranz- und Menschenrechtserziehung heutiger Tage. hende Möglichkeit des Zivilisationsbruchs abzuwenden das tägliche Geschäft vieler Honorarkräfte und festangestellter die „Erzählform Erklärung“ vor allem im Haus der Wannsee- Trotz dieses off enkundigen Zusammenhangs existieren nur ist. Meseth stellt drei historische Phasen des Umgangs mit GedenkstättenpädagogInnen. Begleitet hat Gudehus insgesamt Konferenz und damit in der einzigen Nicht-KZ-Gedenkstätte. wenige Untersuchungen, die das Verhältnis von „Erziehung dem Nationalsozialismus und der Schuld der Deutschen 16 Führungen in den KZ-Gedenkstätten Neuengamme, Ra- Leider bleibt die Analyse hinsichtlich dieses Unterschieds sehr vage. Die KZ-Gedenkstätten, die nicht nur in der Tradition des nach Auschwitz“ und deutscher Erinnerungskultur analy- fest. Das Beschweigen bis etwa Ende der fünfziger Jahre, vensbrück und Dachau sowie der Gedenk- und Bildungsstätte Opfergedenkens stehen, sondern auch tatsächliche Leidensorte siert haben. Meseths Arbeit geht der Fragestellung unter die Aufarbeitung und Kritik bis Anfang der achtziger Jah- Haus der Wannsee-Konferenz. mit konkreten Lebensgeschichten waren und sind, können sich re, die schließlich durch die Phase des Gedenkens oder der Stärke wie Herausforderung der Untersuchung ist dabei Rückgriff auf die Systemtheorie Niklas Luhmanns und die off enbar nicht auf die historiographische Erklärung beschrän- Kritische Th eorie Th eodor W. Adornos auf hohem theore- „Vergangenheitsbewahrung“, wie es in der bekannten Rede gleichermaßen, dass die Führung nicht eigentlich als pädago- gische Praxis betrachtet wird. Stärke deshalb, weil sie bisher ken. Trotzdem könnte, darauf weist der Autor als Konsequenz tischen Niveau und mit großer sprachlicher Klarheit nach. des vormaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker nicht als „Ort des kulturellen Gedächtnisses“, als Ritual oder für die Führungspraxis hin, die Tendenz der Sakralisierung der Seitdem mit dem Niedergang der religiösen Traditionen schon anklingt, abgelöst wird. Erzählung beschrieben worden ist. Mit dem Fokus auf Erzähl- Opfer zugunsten einer Personalisierung und Konkretisierung gesellschaftsübergreifende, einheitsverbürgende Denksyste- Meseth zeichnet detailliert und kenntnisreich die erzie- inhalte und -formen wird deren konstruktiver Charakter deut- von Tätern aufgegeben werden. Denn nicht zuletzt waren die hungswissenschaftlichen und geschichtspolitischen Aus- me nicht mehr zur Verfügung stehen, stellt sich für moder- lich und damit auch die Möglichkeit von Alternativen. Ge- KonzentrationslagerUngeachtet der Stärke ganz des wesentlich Buchs, Führungen auch Tat- im und Sinne Täterorte. ei- ne Gesellschaften das Problem, wie ihr Zusammenhalt zu einandersetzungen dieser unterschiedlichen Phasen nach. rade das Nicht-Erzählte kann so Aufschluss über Motivation ner sozialwissenschaftlichen Wende nicht auf ihre Wirkungen, bewerkstelligen ist. Meseth orientiert sich an der systemthe- Immer wieder kommt er dabei auf die Bedeutung Adornos und Sinnhaftigkeit der je konkreten Erzählungen geben. Die sondern auf ihre Narrative hin zu befragen, sollen die Mängel oretischen Forschung, die den Begriff der Kontingenzbewäl- und dessen vernunftkritischer Analyse zu sprechen. Dieser Herausforderung besteht darin, dass sich die Studie in einem der Studie nicht verschwiegen werden. Während die Arbeit tigung geschaff en hat, der erklären soll, wie die moderne habe durch seine Radiobeiträge der pädagogischen Verein- durch und durch pädagogischen Feld bewegt, wie bereits die bei der ersten Durchsicht klar und nachvollziehbar aufgebaut Gesellschaft das Problem des Verlusts von Einheit zu be- deutigung der „negativen und vertrackten Dialektik“ (S. sogenannte „Annäherung an die Führung“ im ersten Teil zeigt. zu sein scheint, verwirren Unterkapitel und Unterpunkte handeln sucht. 150) einen Anknüpfungspunkt geboten, indem er mit der Hier zeichnet der Autor den Gedenkstättendiskurs nach, der beim Lesen. Dies wird durch ein unübersichtliches Layout Entscheidend für die weitere Argumentation der Stu- „Wendung aufs Subjekt“ einer in der Pädagogik ohnehin in Selbstverständnis wie Fremderwartungen stark von den noch verstärkt (ist aber vermutlich der fehlenden Sorgfalt des die ist, dass in der Moderne Erziehung und Geschichte vorhandenen Tendenz zur Personalisierung von Geschichte Topoi Lernen und Wirkung geprägt ist. Auch die spärliche Verlags bei der Betreuung des Buchs anzulasten). Bereits zu im nationalstaatlichen Rahmen zu zentralen Medien der Vorschub leistete. Die Pädagogik habe als Medium der na- bisherige empirische Forschung zur Gedenkstättenpraxis, die Beginn geraten theoretische Annäherungen mit Ergebnisdar- Kontingenzbewältigung avanciert sind. In der durch keine tionalen Selbstvergewisserung durch ihre Praxis daran mit- der Autor referiert, spiegelt dieses Interesse wider, indem etwa stellungen durcheinander, was in der Folge auch zu überfl üs- Heilsgewissheiten mehr ausgezeichneten Geschichte werden gewirkt, „Auschwitz zu einem sinnhaften Ereignis“ (S. 178) nach Einstellungsveränderungen gefragt wird, anstatt den Ver- sigen Wiederholungen führt. Dass kein einheitliches Katego- Ursprung wie Zukunft gleichermaßen erklärungsbedürftig. umzudeuten. mittlungsprozess zunächst überhaupt zu betrachten. riengerüst für die vorgestellten Führungserzählungen gewählt Geschichte wird zu einem Medium der Selbstvergewisse- Meseth entwickelt einen beobachtenden Blick auf den wurde, mag der Individualität der jeweiligen Veranstaltungen rung, aus dem die nationalstaatlich verfassten Gesellschaften Diskurs über die „Erziehung nach Auschwitz“ und zeigt, Im zweiten Teil stellt der Autor das (gedächtnis-)theore- geschuldet sein, macht aber die aus dem Material destillierten Sinn- und Identitätsangebote schöpfen, was unter anderem wie Pädagogik gesamtgesellschaftlich funktional für die tische Instrumentarium vor, mit dem die Führung als zwar Kernkategorien, wie sie im Ergebnisteil dargestellt werden, die moderne Erinnerungskultur begründet (vgl. S. 42). Formierung von Erinnerung wird. Das ist auf der Ebene sprachlich fl üchtige, aber dennoch stabile Objektivation nicht immer nachvollziehbar. Die Präsentation mehr empi- Ganz ähnlich ergeht an die Pädagogik ein Erziehungsauf- dieser Untersuchung ein Phänomen des Diskurses. Wie di- des kulturellen Gedächtnisses bestimmt werden kann. Der rischen Materials wäre für die Transparenz des Forschungs- trag, der die postreligiös verfassten Subjekte als form- und ese Funktion wiederum auf konkretes pädagogisches Han- Autor deutet die Führung als Ausdruck eines individuellen prozesses sicher hilfreich gewesen. Zuletzt kann der Anspruch, wandelbare Wesen begreift und sie gemäß den normativen deln zurückwirkt, ist Gegenstand des Forschungsprojektes Rückgriff s auf die „kollektive Erinnerung“ innerhalb insti- nicht nur über die Führungserzählung, sondern auch über die und praktischen Erfordernissen der Gesellschaft prägen soll „Der Umgang mit den Paradoxien politisch-moralischer tutioneller Rahmung. Den zweiten Bezugspunkt bildet die Reaktionen der Geführten Aussagen zu treff en, kaum einge- (vgl. S. 50 ff .). Meseth stellt fest, dass dabei durchaus unklar Erziehung“, in dem der Autor an der Johann Wolfgang empirische Tradierungsforschung, in deren Umfeld Gude- löst werden. Vielleicht ist dieser Anspruch aber auch zu hoch, denn möglicherweise ist die Führung ein rezipierbares Medi- bleibt, ob die entsprechenden Bemühungen bei den gesell- Goethe-Universität mitarbeitet (vgl. den Beitrag von Haug, hus’ Untersuchung angesiedelt ist. Diese Forschungsrichtung um wie andere auch, das nicht vor allem dadurch entsteht, schaftlichen Akteuren tatsächlich zu einem „Lernen aus der Hogrefe, Hollstein und Meseth in diesem Newsletter auf um Harald Welzer hat sich bislang wesentlich mit familialen dass ihm zugehört wird. Die „gemeinsame Verfertigung“ von Geschichte“ und zur Ausprägung eines Geschichtsbewusst- S. 28). Überlieferungen im Gespräch beschäftigt. Gudehus’ Studie, Vergangenheit (wie sie in Familiengesprächen typisch ist) seins führen. Der mit Auschwitz verbundene Zivilisations- Bedauerlich ist, dass Meseths fundierte Sichtung der er- die als Dissertation vorgelegt wurde, soll die Tradierungsfor- scheint für die Führung nicht konstitutiv. Würden die Reak- bruch hat zu einer „Irritation des Mediums Geschichte“ (S. ziehungswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit NS und schung um eine Form öff entlicher Bezugnahme auf das Th e- tionen der Adressaten aber systematisch verfolgt, käme man 65 ff .) geführt und die fortschrittsoptimistischen Erwar- Holocaust bislang nur im hauseigenen Verlag der Johann ma Nationalsozialismus erweitern und Vergleiche zwischen vielleicht zu dem Schluss, dass die Führung doch als pädago- tungen der Aufklärung radikal in Frage gestellt. In einem Wolfgang Goethe-Universität erschienen ist und das Buch öff entlichen und privaten Erzählungen ermöglichen. gische Veranstaltung beschrieben werden müsste. Rekurs auf die von Horkheimer und Adorno verfasste Di- dort kaum die Verbreitung fi nden kann, die ihm zukäme. Der dritte Teil beinhaltet den Kern der Untersuchung und alektik der Aufklärung zeichnet Meseth die Verschlingung Michael Elm, Fritz Bauer Institut ist wiederum dreifach gegliedert. Im ersten Teil wird zunächst Verena Haug, Weiden

72 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 73 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

Multimediale CD-ROM zum Nationalsozialismus bürgerbegriff entgegengestellt. In den Augen des Lernenden kann. Aus der didaktischen Perspektive ist es bedauerlich, dass wird dadurch auch weiterhin „der Jude“ als Angehöriger einer die vielseitigen Möglichkeiten digitaler Medien nicht genutzt „Sondergruppe“ identifi ziert, die außerhalb „des Deutschen“ werden: Interaktivität zu fördern und dem Lernenden explo- Johannes Gienger, Tobias Jersak, Gerhard Hirschfeld: andere Seite aus, als im Sichtfenster des Monitors angegeben stand. Dieses Unterthema wartet mit einer umfassenden Prä- rative und kreative Lernarrangements anzubieten, den histo- Nationalsozialismus. Multimediale CD-ROM für Unterricht, und schließlich vom Nutzer ausgewählt wurde. sentation auf. Auf mehreren Seiten kann der Nutzer Fotos, rischen Gegenstand besser zu veranschaulichen und Quellen Studium und Erwachsenenbildung (medialesson Band 1). Ro- Die insgesamt positive Beurteilung der Benutzerführung Plakate und Videoclips einsehen, die mit Erklärungen (Audio- und historische Materialien mit Hilfe hoher Interaktivität senheim: coTEC Verlag, 2003 kann nicht vorbehaltlos für die fachwissenschaftliche/fachdidak- dateien) unterlegt wurden. Alle Materialien sind aus der ZDF- zu erforschen, zu bearbeiten und zur weiteren Verwendung tische und mediendidaktische Qualität der CD-ROM konsta- Reihe Hitler – eine Bilanz entnommen worden. Allerdings zu nutzen – beispielsweise für Präsentationen. Interaktivität tiert werden. Die CD-ROM thematisiert den Nationalsozialis- werden nicht alle dieser Materialien mit Bildunterschriften ver- endet mit dem Anklicken der Materialien und Ausfüllen der ie CD-ROM Nationalsozialismus des coTec Verlags1 mus und die Machtergreifung ausschließlich als Folge der Krise sehen, die korrekten Nachweise fehlen meistens. Arbeitsblätter. Materialien zu bearbeiten, zu verändern, zu Dwird für Schüler und Lehrer an Gymnasien, Realschulen der Weimarer Republik – ein Ansatz, der in der moderneren Die gesamte Präsentation zeigt an einigen Stellen große skalieren, zu rotieren, zu variieren, zu skalieren, zu modifi zie- ab Klasse 10, Referendare, Studenten und für die Erwachse- Fachdidaktik und Fachwissenschaft so nicht aufrechterhalten inhaltliche und auch didaktische Schwachpunkte: Auf Seite ren oder mit Hilfe eingebundener Werkzeuge zu konstruieren nenbildung empfohlen. Die CD-ROM ist benutzerfreund- werden kann, wird doch dadurch suggeriert, dass die politische 16 der Präsentation zum Th ema Pogromnacht wird von dem ist nicht möglich. Texte oder Textstellen, die nicht explizit lich gestaltet und umfasst die Th emenkomplexe Aufstieg der und gesellschaftliche Entwicklung quasi zwangsläufi g war. Der „arischen Publikum“ gesprochen, ohne dies als NS-Vokabular als Druckversion angeboten werden, können leider nicht mar- NSDAP, Machtergreifung, Gleichschaltung, NS-Ideologie, Nationalsozialismus wird außerdem fast ausschließlich auf die kenntlich zu machen. Auf Seite 19 zum Th ema Kriegserklärung kiert, herauskopiert und in die Textverarbeitung des eigenen Expansion bis 1939, Zweiter Weltkrieg, Verfolgung der Juden, NSDAP fokussiert und verharrt auf der Politikebene, was auch 1939 wird das dort gezeigte Material mit der Bildunterschrift Computers eingefügt werden, was insbesondere dann sinnvoll Widerstand und Alltag, Faschismus in Europa, Legenden und durch die Materialauswahl gefördert wird. Es dominieren Er- „Kriegserklärung an die Juden 1939“ versehen, was nicht nur ist, wenn der Nutzer Zitate oder ausgewählte Textstellen für Lügen sowie Radikale Rechte heute. Alle Th emenkomplexe lasse, Anordnungen, Gesetzestexte, theoretische Abhandlungen inhaltlich falsch ist, sondern auch ungewünschte didaktische die weitere Arbeit verwenden möchte. Dem Lernenden wer- gliedern sich in Präsentation, Vortragsstruktur, Arbeitsblätter, etc. Der didaktische Ansatz der Multiperspektivität wird nicht Folgen nach sich ziehen kann. Auf Seite 22 wird zum Th ema den eine Fülle von Folien und Präsentationsskizzen angeboten, darstellender Text, Materialien/Bilder, Videoclips, Quellen, bedacht. Der Th emenkomplex „Alltag“ versucht zwar in An- Antisemitismus eine Filmsequenz aus dem NS-Propaganda- die Ergebnisse vorwegnehmen und nicht den Freiraum bieten, Folienvorlagen und Prüfungsaufgaben. Die CD-ROM ist sätzen die gesellschaftliche Mikroebene zu beleuchten. Doch fi lm Der ewige Jude gezeigt, die zu Beginn die Assoziation fragend-forschend an die Geschichte heranzutreten. So domi- sehr übersichtlich gegliedert. Über die Vortragsstruktur kön- spiegeln die Zeitzeugenberichte oder die Darstellungen über von Juden als Ratten nahelegt. Der unwissende Nutzer wird nieren in den Arbeitsaufträgen fast ausschließlich „W-Fragen“, die Situation der Bevölkerung (auf dem Land, Frauen im NS) nen schlaglichtartig die Unterthemen jedes Th emenkomplexes jedoch nicht darüber informiert, dass es sich bei diesem Video- und die wenigen frei auszufüllenden Textfl ächen bieten auch leider nur die Reaktionen der Bevölkerung auf die veränderten eingesehen werden. Diese werden mit Fotos, Plakaten oder clip um Ausschnitte aus diesem NS-Film handelt. Auch die keine Möglichkeit für eigene Interpretationen. Lernaufgaben Rahmenbedingungen seit 1933 wider, was dazu führt, dass eine Karikaturen dargestellt. Durch Anklicken kleiner Buttons fi lmographische Angabe (Deutschland 1940, R: Fritz Hippler) im Rahmen multimedialer Lernarrangements werden in der strikte Trennung zwischen Partei und Staat auf der einen und kann auf unterschiedliche Materialien zugegriff en werden. fehlt leider. Diese Filmsequenz ist außerdem technisch fehler- neueren Mediendidaktik nicht mehr nur auf kognitive Funk- dem „Volk“ auf der anderen Seite suggeriert wird und die Be- haft, denn Tonprobleme verhindern das Anhören des gesam- tionen beschränkt, sondern insbesondere als Instrument an- Mit Hilfe einer Medialegende werden diese Buttons erklärt völkerung somit außerhalb der „politischen Clique“ in Partei ten Videoclips. Am Ende des Th emenkomplexes „Verfolgung gesehen, den Lernenden auf der emotional-motivationalen („V“ = Video, „Q“ = Quelle usw.). Jedes Unterthema umfasst und Staat stehend erscheint („Politik von oben“). Motive der der Juden“ kann der Nutzer im Unterthema „Auschwitz“ an Ebene zu aktivieren. Leider fungieren die Aufgaben auf dieser verschiedene Materialien: Videos, Arbeitsblätter, Bilder, Sta- deutschen Bevölkerung, den Nationalsozialismus zu unterstüt- einer Führung durch das Konzentrationslager teilnehmen, die CD-ROM fast nur als Ergebnissicherungen und decken aus- tistiken und Karten. Hilfreich ist es, dass im Th emenkomplex zen, der Antirepublikanismus großer Teile des Bürgertums und mit Fotos unterstützt wird – ein ehemaliger Häftling erklärt schließlich deklaratives Wissen (Fakten, Ereignisse) ab, anstatt „Zweiter Weltkrieg“ umfassendes interaktives Kartenmaterial die anfängliche Begeisterung der Mehrheitsgesellschaft für den diese Fotos aus Auschwitz I (Stammlager), II (Birkenau) und darauf aufbauend einen Wissenstransfer über das prozedurale angeboten wird, das es dem unwissenden Nutzer ermöglicht, „starken Staat“ bleiben weitgehend ausgeklammert. Dass die eine geographische Vorstellung über die Kriegszüge und die III (Buna-Werke). Ein Schwachpunkt ist hier jedoch, dass Wissen (Prozeduren und Regeln anwenden) bis hin zu kon- Rolle des Bürgertums – insbesondere seit der Weltwirtschafts- dem Nutzer keine näheren Informationen über den Zeitzeu- Ausdehnung des nationalsozialistischen Deutschland zu ge- textuellem Wissen (Problemlösungsstrategien entwerfen etc.) krise 1928/29 – keine Erwähnung fi ndet, fällt negativ auf, wa- gen geboten werden; ebenso wird nicht angegeben, wann das winnen. Der Nutzer kann in allen Th emenkomplexen mit zu ermöglichen. Auch induziert die CD-ROM keinen Lern- ren es doch hauptsächlich der Mittelstand und Teile des Prole- Interview mit ihm aufgezeichnet wurde. Durch Anklicken Hilfe von Querverweisen problemlos von einem zum anderen prozess; die Th emenkomplexe sind inhaltlich spärlich mit- tariats, die zur NSDAP übergelaufen sind. Der Nationalsozia- kleiner Buttons können zusätzlich verschiedene Bereiche der Material wechseln. So fi nden sich zum Beispiel in den Texten einander verknüpft, übergeordnete Zusammenhänge werden lismus wird als ein System der Eliten dargestellt – nicht jedoch Todesfabrik großformatig angesehen werden (zum Beispiel Passagen, die ebenfalls mit kleinen Buttons gekennzeichnet kaum vermittelt (Cognitive Flexibility), weshalb die Nutzung als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen („Volkskörper“), das Appellplatz, Rampe Birkenau, Todesblock 11 im Stammlager, sind und die es dem Nutzer ermöglichen, durch Anklicken der CD-Rom nicht zu einer verstärkten Refl exionskompetenz großen Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung fand. Krematorien, Krankenlager, Innenansicht der Baracken etc.). zu der Quelle, der Videodatei etc. zu springen, auf die sich oder gar zu Transferleistungen seitens der Schülerinnen und die Textstelle bezieht. Texte, Folien und Quellen können aus- Schüler führen wird. gedruckt werden – leider nicht die Plakate und historischen Auch der Th emenkomplex „Verfolgung der Juden“ kann Die CD-ROM ist für „Unterricht, Studium und Erwachse- Fotos. Nutzer, die Hinweise zur Benutzung und zur Installa- nicht vorbehaltlos positiv beurteilt werden: Das erste Unterthe- nenbildung“ konzipiert worden. Finden einerseits Lehrer und Das Ziel eines „guten“ Geschichtsunterrichts, nämlich die tion der CD-ROM benötigen, fi nden in der Dateistruktur der ma dieses Kapitels ist den Ursachen des Antisemitismus gewid- Studierende eine Fülle von Materialien und kann ihnen diese Lernenden zu einem refl ektierten Geschichtsbewusstsein zu CD-ROM ein Dokument, das ausführliche Hinweise gibt. met, während das zweite die Ausgrenzungsmaßnahmen gegen CD-ROM als hilfreiche Materialsammlung und Informati- führen, wird durch das Medium nicht unterstützt; es bleibt die deutschen Juden durch die NSDAP thematisiert und als Die Programmtechnik ist dort jedoch nicht sinnvoll überdacht onsmedium dienen, muss andererseits doch bezweifelt werden, Aufgabe des Lehrenden, solche geeignete Unterrichtsszenari- einen Prozess bis zur Vernichtung darstellt. Es ist positiv, dass worden: Das Dokument wird im doppelseitigen Format an- ob Schüler mit dieser CD-ROM ein anregendes Medium er- en zu entwickeln, die diesem Anspruch gerecht werden. Die dem Nutzer insbesondere mit den „Ursachen des Antisemitis- gezeigt, es stimmt aber nicht mit der Standardeinstellung des halten. Es fehlt der Schülerbezug, was durch die Fokussierung CD-ROM kann dabei durch ihr umfassendes Materialan- mus“ ein umfassender Th emenkomplex zur Verfügung gestellt Druckers überein. Dies ist ärgerlich, denn der Nutzer orien- der ausgewählten Th emen und Materialien auf die Ebene des gebot unterstützen, jedoch werden keine didaktischen und wird, der in den einschlägigen Schulbüchern oftmals zu kurz tiert sich an der Bildschirmdarstellung, zum Beispiel an den Politischen gefördert wird. Die Fülle der angebotenen Mate- methodischen Hinweise oder gar Unterrichtsvorschläge ange- kommt. Das konkrete Handeln der unzähligen Denunzianten dort angegebenen Seitenzahlen. Doch der Ausdruck wird zur rialien wird bei Schülern zu einer Überforderung führen: Die boten. Der Gegenwartsbezug wird leider nur angedeutet; die in der Gesellschaft, das Wegsehen der Nachbarn und die aktive Hälfte abgeschnitten, oder aber der Drucker spuckt eine ganz CD-ROM wartet auf mit insgesamt 21 Arbeitsblättern, 58 Th emen „Faschismus in Europa“, „Legenden und Lügen“ und Unterstützung der Ausgrenzung durch Teile der deutschen Be- darstellenden Texten, 319 Materialien, 227 Quellen, 12 Fo- „Radikale Rechte heute“ erscheinen als „Sonderthemen“ ohne völkerung werden jedoch fast gar nicht angesprochen – auch lien und 78 Prüfungsaufgaben. Der Lehrer muss den jungen inhaltliche Verknüpfung mit den vorangestellten historischen hier dominieren Anordnungen, Gesetze, staatliches Handeln. Lernenden deshalb sehr instruierend den Arbeitsprozess dik- Th emenkomplexen. Die CD-ROM bietet keinen erweiterten Die jüdische Bevölkerung wird ausschließlich auf die Opfer- 1 Das Medium ist mit den gängigen Systemvoraussetzungen zu tieren oder eigene Lernszenarien entwickeln. Versäumt wird und vielfältigen Ereignisraum, keinen variantenreichen Dar- rolle und auf ihre Religionszugehörigkeit reduziert. Dass Juden nutzen (Pentium II 266 MHZ, Win 98/ME/NT/2000/XP, 64 es, konstruktivistische Lernprozesse zu fördern (oder solche stellungsraum und keinen anwachsenden Bedeutungsraum.2 in Deutschland deutsche Staatsbürger waren (eine wichtige Er- MB RAM, Aufl ösung 1024x768 Pixel). Die CD-ROM in der anzubieten), zum Beispiel Projektarbeit, Handlungsorientie- kenntnis für Schüler), wird nicht berücksichtigt. Leider kann Aufl age von 2003 kann nur mit dem Internet Explorer angesehen rung oder andere off ene Konzepte. Die CD-ROM ist deshalb die CD-ROM an dieser Stelle einen Schwachpunkt nicht besei- werden! Laut Aussage des Verlags wird in einer zweiten Aufl age keine Lern-CD, sondern eher eine reine Materialsammlung tigen, der kennzeichnend für viele Lehrmaterialien ist: Die reli- 2 Vgl. über Interaktivität in multimedialen Lernumgebungen dieses Problem gelöst, und auch andere Browser werden in die und ein Informationsmedium, welches als Zusatzangebot ins- giöse Zuordnung der jüdischen Bevölkerung wird dem Staats- Rolf Schulmeister: Lernplattformen für das virtuelle Lernen. Programmtechnik eingebunden. besondere für Lehrende und Studierende Verwendung fi nden Evaluation und Didaktik. München u. a.: Oldenbourg, 2003.

74 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 75 RREZENSIONENEZENSIONEN RREZENSIONENEZENSIONEN

Der Einsatz dieses Mediums wird kaum Historizitätsbewusst- unerlässliche Ziele eines modernen Geschichtsunterrichts ge- – alles andere als repräsentativ. Ähnlich erwartbar fallen die Renata von Hanff stengel und Andrea Sevilla von Hanff sten- sein und politisches oder moralisches Geschichtsbewusstsein sehen. Sicherlich: Diese CD-ROM bietet dem interessierten qualitativen Beurteilungen aus: Innerhalb dieser elitären gel sowie dem Verleger Wolfgang Weist. fördern und leider keinen Beitrag zur Herausbildung eines Lernenden eine Fülle von guten Materialien. Als Lern-CD Gesellschaft haben pauschale Unterscheidungen zwischen Viele Erzählungen Brigitte Alexanders tragen autobio- „historisch verorteten“ Identitätsbewusstseins bei den jungen – insbesondere für den Unterricht – bleibt diese CD-ROM „jüdischen“ und „nichtjüdischen“ Unternehmern fast keine graphische Züge: eine Fremde zwischen Paris und Mexiko, Lernenden bilden – doch gerade diese Dimensionen werden aber hinter den Erwartungen an digitale Lernmedien zurück. Rolle gespielt, oder die Anerkennung individuellen Erfolges der Verlust des geliebten Mannes, fi nanzielle Not, das Al- in der Geschichtsdidaktik bzw. im historischen Lernen als Th omas Hilmer, Frankfurt am Main war weitgehend unabhängig von religiöser Herkunft. tern. Andere beschreiben den Alltag in Mexiko, die Armut Trotz dieser Einschränkungen sind die exemplarische und den Rassismus gegenüber der indigenen Bevölkerung. Untersuchung der Emigrationsgeschichte und Rückkehr Ihr Stil ist schnörkellos, schlicht, von natürlicher Eleganz. Empfi ndliche Grenzen verfolgter Mitglieder der Wirtschaftselite sowie die Fall- Fragment geblieben ist der berührende Monolog „Rück- Eine neue Studie über die „jüdische“ Elite des deutschen Wirtschaftsbürgertums studien mit großem Gewinn zu lesen. Es ist zudem ein kehr“, der zugleich als Titel auf dem Buch erscheint. Es ist ein Verdienst von Münzel, dass er auf vierhundert Seiten kon- Zwiegespräch mit ihrem toten Mann. An ihn richtet sie ihre tinuierlich eine kritische Diskussion des bisherigen For- Fragen: „… was machen wir hier, du tot und ich nur halb le- Martin Münzel: Die jüdischen Mitglieder der deutschen schungsstandes leistet. Damit wird das Buch neben seinem bendig in diesem Land, wo wir nicht geboren wurden?“ Aber Wirtschaftselite 1927–1955. Verdrängung – Emigration sample transformiert und in eingeschränktem Maße quanti- inhaltlichen Gehalt zu einem wertvollen Arbeitsinstrument nach Deutschland zurück will sie nun auch nicht mehr, denn – Rückkehr. Paderborn u. a.: Schöningh Verlag, 2006, 502 S., tativ ausgewertet. Mit Kapitel fünf und sechs stehen die von für die Geschichtswissenschaft. Insgesamt zeugt die Studie sie gehört nirgendwohin. Sie ist Jüdin, und Juden sind von „nir- E 49,90 der Forschung bisher vernachlässigte Emigration und Rück- und ihre theoretisch-methodische Ausrichtung von einem gendwo her, immer auf der Schwelle eines Landes, aus dem sie kehr sowie Entschädigung und Wiedergutmachung für den ausgeprägten Problembewusstsein hinsichtlich der Schwie- uns jedes Jahrhundert oder halbes Jahrhundert rauswerfen …“. Zeitraum von 1938–1945 bzw. 1945–1955 im Mittelpunkt. rigkeiten zwischen „nivellierender Kollektivbiografi e“ und „Rückkehr“ und die anderen Texte erzählen von „ver- it den Worten „Das Schicksal der jüdischen Mit- Im letzten Kapitel werden dann anhand einzelner Unterneh- „unrefl ektierter Nachzeichnung vereinzelter Lebenswege“ gangenen Dingen“. Sie formen klare Splitterbilder des Ges- Mglieder der deutschen Wirtschaftselite von der Wei- men wie zum Beispiel Ullstein Verlag und Engelhardt-Brau- – einen neuen Königsweg hat auch sie nicht vorgezeichnet. tern und dringen schmerzhaft in unser Heute ein. marer Republik durch das Tal der NS-Diktatur bis in die erei Hintergründe und Problematik einer Rückkehr einzelner Ulrike Schulz, Berlin In einem ausführlichen Nachwort berichtet Ulrike Schät- neu geschaff ene westdeutsche Demokratie ist bisher noch Persönlichkeiten in die deutsche Wirtschaftselite dargestellt. te über den Lebensweg von Brigitte Alexander. Einfühlsam Eine inhaltliche Klammer bilden die immer wieder einge- nie übergreifend dargestellt worden. Erstmals untersucht schildert sie die Begegnungen mit der über Achtzigjährigen, fl ochtenen Beschreibungen einzelner Unternehmerschicksale nun Martin Münzel mit einem wachen Blick für Brüche die trotz gesundheitlicher Probleme noch zu Th eaterproben über alle politischen Systemwechsel hinweg. „Jetzt bin ich hier ohne Wurzeln…“ und Kontinuitäten ihre wechselvolle Geschichte“ beginnt Um die Akteure für sich und miteinander in einem Netz- erscheint und sich in keiner Weise einschränken möchte. die etwas übertrieben euphorische Verlagsankündigung zur werk zu defi nieren, wird auf unternehmensgeschichtliche Kon- Sie beschreibt das künstlerische und gesellschaftliche Wir- Veröff entlichung des Promotionsprojektes „Die jüdischen zepte wie die Neue Institutionenökonomie, das wirtschaftsthe- Brigitte Alexander: Die Rückkehr, Erzählungen und Stü- ken dieser mutigen, schönen Frau, die im Alter von 22 Jah- Mitglieder der deutschen Wirtschaftselite 1927–1955. Ver- oretischen Konzept „Vertrauen“ sowie auf ein Zusammenspiel cke aus dem Exil. Hrsg. von Ulrike Schätte. Berlin: trafo ver- ren vor den Nazis ins Ausland fl üchtete, und die Härten, die drängung – Emigration – Rückkehr“ von Martin Münzel. verschiedener soziologischer Ansätze von Max Weber, Pierre lag, 2005, 142 S., E 18,80 ihr das Exil auferlegte. In einem Exkurs geht Ulrike Schätte In der Tat ist eine dem Anspruch nach „übergreifende“ und Bourdieu und Mark Granovetter zurückgegriff en. Dieses auf die Situation im Mexiko der 1940er Jahre ein, das für – wie es an anderer Stelle heißt – „systematisch“ recherchierte Patchwork-Verfahren gerät jedoch durch die Fülle der Ansätze viele Emigranten zu einer wichtigen Station in ihrem Leben Studie zu Bedeutung, Einfl ussnahme und Netzwerkzusam- allzu kursorisch und geht – auf die gesamte Studie gesehen – zu ndlich, nach all den Jahren des Exils, dem neuen Leben wurde. Brigitte Alexander erlebte dieses Land als Ort des menhängen der „jüdischen“ Mitglieder des deutschen Wirt- Lasten einer präzisen Begriff skonzeptionalisierung. So wird auf Ein Mexiko und ihrem Tod fi nden die Erzählungen und Neubeginns, aber auch der Einsamkeit. schaftsbürgertums ein bisher uneingelöstes Projekt der his- das strittige Unterscheidungskriterium zwischen „jüdisch“ und Stücke von Brigitte Alexander ihren Weg nach Deutsch- Simone Hantsch, Neuenkirchen „nichtjüdisch“ verzichtet, indem zumeist auf die Charakteristi- torischen und soziologischen Forschung geblieben. Das liegt land. Dort, genauer in Stuttgart, wurde die Autorin, Schau- ka der Wirtschaftselite insgesamt abgehoben wird. allerdings nicht daran, dass es nicht eine Reihe bedeutender spielerin, Regisseurin und Übersetzerin 1911 geboren. Zu wissenschaftlicher Studien gegeben hat. Vielmehr gibt es gute Auch die Auswahl der Personen, denen Münzel die Mit- verdanken ist die Veröff entlichung dem Engagement der Alle Rezensionen aus den Heften 15 bis 29 finden Sie im Gründe, warum sich dieser Untersuchungsgegenstand diesem gliedschaft zur „jüdischen“ Wirtschaftselite zuweist, bleibt Herausgeberin Ulrike Schätte, den Übersetzern Th eo Bruns, Internet: www.fritz-bauer-institut.de/rezensionen.htm Anspruch teilweise verschließt. Jeder dieser Forschungsbeiträ- hinter den Ansprüchen zurück. Er unterteilt die von ihm ge hat sich der grundsätzlichen Diskussion auszusetzen, nach aus zeitgenössischem statistischem Material, Memoirenlite- welchen wissenschaftlich validen und nicht-ideologischen ratur und historischer Forschung identifi zierten „jüdischen“ Kriterien eine repräsentative „jüdische“ Teilgruppe zu defi - Mitglieder der Wirtschaftselite idealtypisch in drei Gruppen: K • G • Saur Verlag nieren sei. Die Schwierigkeit der Defi nition, was genau ein 1. Vorstandsmitglieder (Managerelite), 2. Aufsichtsratsmit- „jüdischer“ Wirtschaftsbürger oder ein „jüdisches“ Unterneh- glieder (Netzwerkelite), 3. die in beiden Gremien mandatsak- men sein soll, zwingt den jeweiligen Autor, den Gegenstand kumulierenden „big linker“ (Elite der Netzwerkspezialisten) Deutsche Geschichte in Verbindung mit Neue, einzigartige Institut für Zeitgeschichte präzise zu konzeptualisieren und abzusichern. Es gilt weder von Aktiengesellschaften. Konkret handelt es sich um ein im 20. Jahrhundert Online Bundesarchiv Forschungsdatenbank – eine unzulässige Homogenisierung innerhalb dieser Teilgrup- nach 15 Branchen aufgeteiltes Personensample „jüdischer“ sowie 40.000 digitalisierte Quellen pe vorauszusetzen noch Gefahr zu laufen, neuerliche Stigmata Unternehmer – vor allem Privatbankiers, Bankdirektoren und Nationalsozialismus Zentrum für Antisemitismusforschung festzuschreiben. Fraglich bleibt selbst nach gründlichster Re- Industrielle –, die in diesem Zeitraum den 300 kapitalkräftigs- und aus der NS-Zeit fl exion die Generalisierbarkeit der Untersuchungsergebnisse. Deutsches Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen ten deutschen Aktiengesellschaften angehört haben. Trotz der Holocaust Nationalbibliothek • Stiftung „Neue Synagoge methodisch ausführlich aufgebauten Systematik des Samples Mit dem Promotionsprojekt von Martin Münzel liegt nun Widerstand Berlin – Centrum Judaicum“ • Gedenkstätte eine neue umfängliche Studie zu diesem Th emenkomplex vor. handelt es sich also um die deutsche „Finanzelite“ und um „Haus der Wannsee-Konferenz“ • Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. • Riga- In sieben Kapiteln arbeitet Münzel die sozialen und wirtschaft- herausgehobene, in der Forschung durchaus bekannte Persön- und Exil lichkeiten wie etwa Max Warburg oder Jakob Goldschmidt. Komitee der deutschen Städte • Research Foun- Lassen Sie sich für einen lichen Einfl ussfaktoren, Kontinuitäten und Brüche der deut- dation for Jewish Immigration • Herbert und schen Wirtschaftselite insgesamt heraus, um diese Entwicklun- Der Entwicklungsprozess der Elitemitglieder von 1927– 1933–1945 Elsbeth Weichmann-Stiftung • Heinz Boberach • kostenlosen Testzugang gen anhand ihrer „jüdischen“ Mitglieder widerzuspiegeln. 1938 wird dann anhand der Anzahl, des Verlusts bzw. Zu- Wolfgang Form • Wolfgang Neugebauer • Theo registrieren! Schiller • Sabine Gillmann • Hans Mommsen • Nach einer theoretisch-methodischen Einführung wird in gewinns an Mandaten abgeleitet, um so den Einfl uss und Harald Hagemann • Claus-Dieter Krohn • Kapitel zwei und drei die Rolle der „jüdischen“ Wirtschafts- dann auch die spezifi sche Situation einzelner verfolgter Online-Datenbank Michael Hepp • Ulrike Wendland elite von 1927 bis zu ihrer Ausschaltung im Jahr 1938 qua- Elitemitglieder nachzuzeichnen. Die Ergebnisse dieser sys- litativ beleuchtet. In Kapitel vier werden die Ergebnisse der tematischen Quantifi zierung sind durch den stark einge- www.saur.de/zeitgeschichte-online ersten drei Abschnitte in ein branchenspezifi sches Personen- schränkten Personenkreis – wie der Autor selbst einräumt

76 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 77

KKALENDERALENDER

K KALENDER

A Veranstalter: Fritz Bauer Institut in Kooperation mit dem Beltz Verlag 13. und 15. Oktober 2006, Dachau und dem US-Generalkonsulat Frankfurt am Main. „Dachauer Prozesse“ – NS-Verbrechen vor L Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- amerikanischen Militärgerichten in Dachau 1945–48. E Kalender burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, IG Farben-Haus, EG, Raum 254 Verfahren, Ergebnisse, Nachwirkungen Zeit: Mittwoch, 11. Oktober 2006, 20.00 Uhr

N – Tagung: 7. Dachauer Symposium zur Zeitgeschichte – Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- Veranstalter: Große Kreisstadt Dachau, Amt für Kultur, Fremdenver-

D bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de kehr und Zeitgeschichte; Haus der Bayerischen Geschichte; Bayerische Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit; Jugendgästehaus Dachau E Veranstaltungstermine ab Oktober 2006 12. Oktober 2006 bis 24. Juni 2007, Dresden Ort: Jugendgästehaus Dachau, Roßwachtstr. 15, 85221 Dachau

Tödliche Medizin: Rassenwahn im Nationalsozialismus Zeit: Freitag, 13. und Samstag, 14. Oktober 2006 R – Ausstellung des United States Holocaust Memorial Museum, Washington – Info: Jugendgästehaus Dachau, Tel.: 08131-617710 Fax: -617719, Weitere Veranstaltungstermine und eine Dokumentation Zum ersten Mal präsentiert das Museum in Washington eine seiner Aus- www.jgh-dachau.de, www.dachauer-symposium.de aller seit April 2000 (Newsletter Nr. 18) veröffentlichten stellungen außerhalb der Vereinigten Staaten. Veranstaltungsdaten finden Sie in unserem Kalender im Veranstalter: Deutsches Hygiene-Museum Dresden unter der Schirm- 13. bis 15. Oktober 2006, Schmitten im Taunus Internet: www.fritz-bauer-institut.de/kalender.htm herrschaft von Bundespräsident Horst Köhler Die Nachwirkungen der Nazizeit aus heutiger Sicht. Gefördert durch die DKV Deutsche Krankenversicherung, unterstützt Spurensuche im Medium familialer Erinnerung durch Zuwendungen der Beauftragten der Bundesregierung für Kul- – Tagung, Tagungsnummer: 066141 – Der Kalender des Fritz Bauer Instituts weist auf Veranstaltungen hin, die zu den Themen Nationalsozialismus, Holocaust und dessen tur und Medien und des Transatlantik-Programms der Bundesrepublik Die Tagung wird im Rahmen der Evangelischen Trägergruppe für gesell- Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte in Deutschland und – bei Ländergrenzen überschreitender Bedeutung – auch im Ausland stattfinden. Deutschland aus Mitteln des European Recovery Program (ERP) des schaftspolitische Jugendbildung durchgeführt und vom Ministerium für Dabei soll auch die an den verschiedenen Institutionen zum Thema geleistete Arbeit dokumentiert werden. Um dies möglichst umfassend Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Das Seminar ist nach Das umfangreiche Begleitprogramm zur Ausstellung wird organisiert in § 65 des Hessischen Lehrerfortbildungsgesetzes beim Hessischen Insti- tun zu können, sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen. Bitte informieren Sie uns auch in Zukunft rechtzeitig über Ihre geplanten Kooperation mit: Stiftung Topographie des Terrors, United States Holo- tut für Qualitätssicherung akkreditiert. Ausstellungen, Konferenzen, Seminare, Studienfahrten, Tagungen und alle anderen Veranstaltungen in unserem thematischen Spektrum. caust Memorial Museum, Theater „Junge Generation“ Dresden, Stiftung Veranstalter: Evangelische Akademie Arnoldshain Die Veranstaltungsdaten basieren weitgehend auf Informationen der Veranstalter. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Sächsische Gedenkstätten, Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Sächsische Tagungsleitung: Dr. Margrit Fröhlich Landesärztekammer, Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Veranstaltungen des Fritz Bauer Instituts und Veranstaltungen mit Beteiligung des Fritz Bauer Instituts sind durch einen vorangestellten Ort: Evangelische Akademie Arnoldshain, Martin-Niemöller-Haus, 61389 Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bildungswerk „Wei- Schmitten Markierungsbalken kenntlich gemacht. terdenken“ e.V., Städtische Bibliotheken Dresden, Brücke/Most-Stiftung Zeit: Freitag, 13. bis Sonntag, 15. Oktober 2006 Redaktionsschluss für den nächsten Kalender (Newsletter Nr. 30, April 2007) ist Mitte Februar 2007. Schulklassenfahrten: Schulklassen aus Deutschland und dem Ausland Info: Evangelische Akademie Arnoldshain, Jutta Theil, Tel.: 06084- können bei Ausstellungsbesuch einen Fahrtkostenzuschuss von bis zu 944132, Fax: -944138, [email protected], www.evange- € 300,– beantragen. Das Angebot gilt ab Ausstellungseröffnung im Ok- lische-akademie.de tober 2006. Anträge können direkt an das Deutsche Hygiene-Museum gerichtet werden. b Fritz Bauer Institut b 29. September 2006 bis 9. April 2007, Berlin Ort: im Foyer Neustädter Rathaus, Am Markt, Hanau Ort: Deutsches Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1, 01069 Dresden 17. Oktober 2006 bis 9. Februar 2007, Frankfurt am Main Heimat und Exil. Laufzeit: Montag, 9. Oktober bis Sonntag, 19. November 2006 Info: Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Tel.: 0351-4846- Gottfried Kößler, Thomas Hilmer: Emigration der deutschen Juden nach 1933 Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 11.00–18.00 Uhr, Sa. 11.00–15.00 Uhr, So. 670, Fax: -400, [email protected], www.dhmd.de Lernen mit Neuen Medien: – Ausstellung – geschlossen, Eintritt: frei Prozesse gegen NS-Täter im Nachkriegsdeutschland Veranstalter: Jüdisches Museum Berlin Anmeldung zu Führungen: 06181-295564, [email protected] b Fritz Bauer Institut b – Lehrveranstaltung zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Winter- Ort: Jüdisches Museum Berlin, Lindenstr. 9–14, 10969 Berlin, Altbau, 1. OG Info: Fritz Bauer Institut, Katharina Stengel, Tel.: 069-798322-40, Fax: 13. Oktober 2006, Schwalmstadt-Trutzhain semester 2006/2007 – Zeit: Di. bis So. 10.00–20.00 Uhr, Mo. 10.00–22.00 Uhr -41, [email protected], www.fritz-bauer-institut.de/aus- Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit in den Lagern Übung, 2 SWS, Studienfächer, Studienrichtungen: L2-GE-M3 2-3, L5- Kosten: Sonderausstellung € 4,– / erm. € 2,–; Dauerausstellung € 5,– / stellungen/legalisierterraub.htm, und Hessischer Rundfunk, Presse- und der Wehrmacht 1939–1945. Vom Stalag IX A Ziegenhain GE-M3 2-3, L3-GE-M4 4 erm. € 2,50; Kombiticket (Dauer- und Sonderausstellung) € 7,– / erm. Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Bettina Leder-Hindemith, 60222 Frankfurt am zur Gedenkstätte und Museum Trutzhain Veranstalter: Fritz Bauer Institut und Seminar für Didaktik der Geschich- € 3,50; Kinder bis zum sechsten Lebensjahr frei Main, Tel. 069-155-4038, Handy: 0173-6557351, BLEDERHINDEMITH@ – Fortbildungsseminar und Workshop für Lehrerinnen und Lehrer – te an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Anmeldung: Tel.: 030-25993-305, Fax: -412, [email protected] hr-online.de, www.legalisierter-raub.hr-online.de Gedenkstätte und Museum Trutzhain und das Fritz Bauer Institut sind Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Info: Jüdisches Museum Berlin, Tel.: 030-25993-300, Fax: -409, info@ anerkannte Einrichtungen der Lehrerfortbildung. Für die Teilnahme am burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, IG Farben-Haus, Raum IG 3.501 jmberlin.de, www.jmberlin.de 9. Oktober, 13. November, 4. Dezember 2006 Seminar können 10 Punkte erworben werden. Zeit: Dienstag, 14.00–16.00 Uhr und 22. Januar 2007, München Die wechselvolle Geschichte des Ortes Trutzhain vom größten Kriegs- Veranstaltungsbeginn: 17. Oktober 2006 Montagsforum – München und der Nationalsozialismus gefangenenlager der Wehrmacht auf dem Gebiet des heutigen Landes Sprechstunde: Gottfried Kößler, Freitag, 10.00–12.00 Uhr und nach – Vortragsreihe – Hessen bis hin zur Gemeindegründung durch Flüchtlinge und Heimat- der Veranstaltung, Fritz Bauer Institut, IG Farben-Haus, Raum: 5.313; ab Oktober 2006 Veranstalter: Münchner Volkshochschule GmbH vertriebene im Jahr 1951 spiegelt einen bedeutenden Abschnitt natio- Thomas Hilmer, Mittwoch, 14.00–16.00 Uhr und nach der Veranstaltung, 9. Oktober 2006: Prof. Dr. Elisabeth Kraus/Peter Schubert, „Gleich- naler und internationaler Vergangenheit in der Regionalgeschichte wi- Seminar für Didaktik der Geschichte, IG Farben-Haus, Raum 3.556 schaltung, Anpassung, Widerstand. Die Ludwig-Maximilians-Universität der. Spuren dieser Zeit sind auch heute noch in dem Ort selbst sichtbar, Info: Gottfried Kößler, Fritz Bauer Institut, Tel.: 069–798322–32, Fax: b Fritz Bauer Institut b im Dritten Reich“ da eine große Zahl historischer Baracken erhalten ist. –41, [email protected], www.fritz-bauer-institut.de; 9. Oktober bis 19. November 2006, Hanau 13. November 2006: Dr. des. Maximilian Schreiber, „Wissenschafts- Im Stalag IX A Ziegenhain waren von 1939 bis 1945 Kriegsgefangene Thomas Hilmer, Seminar für Didaktik der Geschichte, Tel.: 0 69–79 83 Legalisierter Raub. Der Fiskus und die politik im Nationalsozialismus – Der Multifunktionär Walther Wüst“ aus Frankreich, der Sowjetunion, Belgien, Großbritannien, Polen, Holland, 26–46, –38, Fax: –37, [email protected] Ausplünderung der Juden in Hessen 1933–1945 4. Dezember 2006: Prof. Dr. Volker Roelcke, „Wissenschaft im Dienste Südosteuropa sowie auch italienische Militärinternierte und amerikanische – Wanderausstellung – des Reiches. Ernst Rüdin und die Deutsche Forschungsanstalt für Psych- Soldaten inhaftiert. Die Höchstzahl der registrierten Kriegsgefangenen ist b Fritz Bauer Institut b Zur Ausstellung findet ein Begleitprogramm mit lokalem Bezug statt. iatrie“ für September 1944 mit 53.408 angegeben. Die meisten von ihnen wur- 18. bis 29. Oktober 2006, Frankfurt am Main Zur Ausstellung ist ein Katalog, herausgegeben von der Sparkassen- 22. Januar 2007: Katrin Himmler, „Die Brüder Himmler – Eine deut- den in Arbeitskommandos außerhalb des Lagers zur Zwangsarbeit ein- Deutsch-Israelischer Jugendaustausch zwischen der Kulturstiftung Hessen-Thüringen, und eine Materialmappe, herausge- sche Familiengeschichte“ gesetzt. Entsprechend der rassistischen Ideologie des NS-Staates hatten Zionistischen Jugend in Deutschland e.V, Frankfurt am Main geben von der Ernst-Ludwig Chambré-Stiftung zu Lich und dem Fritz Ort: Vortragssaal der Bibliothek, München/Gasteig die in einem gesonderten Lagerbereich untergebrachten sowjetischen und der Jugendabteilung des Regionalverbands Bauer Institut, erschienen. Zeit: Montags, 19.00 bis 20.30 Uhr, gebührenfrei Kriegsgefangenen unter besonders menschenunwürdigen Bedingungen Ramat HaNegev, Israel In der Wissenschaftlichen Reihe des Fritz Bauer Instituts ist die Studie er- Info: Münchner Volkshochschule GmbH, Anna Barnsteiner, Lindwurm- zu leiden; die Todesrate unter ihnen war außerordentlich hoch. – Deutsch-Israelischer Jugendaustausch, Teil 2 – schienen: Susanne Meinl, Jutta Zwilling: Legalisierter Raub. Die Ausplün- straße 127 Rgb., 80337 München, Tel: 089-721006-31, Fax. -34, Seminarleitung: Waltraud Burger, Gedenkstätte und Museum Trutzhain, Im Teil 1 des Austauschprojekts waren eine Gruppe von 13 israelischen derung der Juden im Nationalsozialismus durch die Reichsfinanzverwaltung [email protected], www.mvhs.de Uta Knolle-Tiesler, Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main Jugendlichen vom 26. Mai bis 7. Juni 2006 zu Besuch in Frankfurt am in Hessen. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2004, 748 S., Veranstalter: Gedenkstätte und Museum Trutzhain und Fritz Bauer Ins- Main. Die Jugendlichen im Alter von 15 bis 17 Jahren kamen aus ver- € 44,90, ISBN 3-593-37612-1, Wissenschaftliche Reihe, Band 10 b Fritz Bauer Institut b titut, Frankfurt am Main schiedenen Kibbutzim und Moshavim der Region Ramat HaNegev und Veranstalter: Fritz Bauer Institut und Hessischer Rundfunk in Kooperati- 11. Oktober 2006, Frankfurt am Main Ort: Gedenkstätte und Museum Trutzhain, Seilerweg 1, 34613 Schwalm- nahmen an einem Begegnungsprojekt mit Mitgliedern der Zionistischen on mit dem Kulturamt der Stadt Hanau und der Sparkasse Hanau Die Suche – stadt-Trutzhain Jugend in Deutschland teil. Sie waren in den Gastfamilien ihrer Aus- Die Ausstellung wird unterstützt vom Hessischen Ministerium für Wis- Karl Plagge, der Wehrmachtsoffi zier, der Juden rettete Zeit: Freitag, 13. Oktober 2006, 10.00–16.00 Uhr tauschpartner aus der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main unter- senschaft und Kunst und von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen- – Buchvorstellung – Kosten: Für das Seminar werden keine Gebühren erhoben. Mittagessen gebracht. Als Teil 2 des Projekts fi ndet der Gegenbesuch der deutschen Thüringen. Vortrag von Michael Good, USA (auf Englisch), Lesung aus der deut- Gasthaus Löwe (Selbstzahler) Gruppe in Israel im Oktober 2006 statt. Nächste Ausstellungsstation: 15. Februar bis zum 30. März 2007, Fels- schen Buchausgabe mit Ulrich Voshaar, anschließend Diskussion auf Info: Fritz Bauer Institut, Gottfried Kößler, Tel.: 069–798322–32, Fax: Veranstalter: Zionistische Jugend in Deutschland e.V. in Zusammen- berg. Weitere Ausstellungsorte sind in Planung. Englisch und Deutsch. –41, [email protected], www.fritz-bauer-institut.de, arbeit mit der Jugendabteilung des Regionalverbands Ramat HaNegev, Pädagogische Begleitung der Ausstellung: Fritz Bauer Institut, Gott- (Michael Good: Die Suche – Karl Plagge, der Wehrmachtsoffizier, der und: Gedenkstätte und Museum Trutzhain, Waltraud Burger, Tel.: Israel, mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts. fried Kößler und Katharina Stengel, Tel.: 069-798322-32, Fax: -41, Juden rettete. Beltz Verlag, Weinheim 2006, 278 S., € 22,90, ISBN 06691-710662, Fax: -710663, [email protected], www. Gefördert durch ConAct – Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer [email protected] 3-407-85773-6) gedenkstaette-trutzhain.de Jugendaustausch, Lutherstadt Wittenberg (www.conact-org.de).

78 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 79 KKALENDERALENDER KKALENDERALENDER

Organisation und Projektleitung: Meron Mendel (Zionistische Jugend in Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Zeit: Freitag, 10. bis Sonntag, 12. November 2006 Raum, Österreich und Tschechien bis nach Sachsen und Polen erstreck- Deutschland), Werner Lott (Fritz Bauer Institut), Eyal Mor-Yosef und burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- Info und Anmeldung: Alte Synagoge Wuppertal, Tel. und Fax: 0202- ten. Ein großer Teil der KZ-Außenstellen befand sich auf bayerischem Idan Shavit (Jugendabteilung des Regionalverbands Ramat HaNegev) Haus, 1. OG, Raum 1.812 5632843, [email protected], www.ns-gedenkstaetten. Boden. Auf einer zweitägigen Tagung widmet sich die Stiftung Baye- Zeit: 18. bis 29. Oktober 2006 Zeit: Freitag, 27. Oktober 2006, 19.00 Uhr de/nrw/wuppertal rische Gedenkstätten eingehend der Geschichte dieser Außenlager. Im Ort: Ramat HaNegev, Israel Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- Mittelpunkt der Vorträge wird der heutige Umgang mit den drei größten Info: Fritz Bauer Institut, Werner Lott, Tel.: 069-798322-38, Fax: -41, bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de b Fritz Bauer Institut b ehemaligen Lagerkomplexen – Hersbruck, Mühldorf und Landsberg- [email protected], www.fritz-bauer-institut.de/D-IL-2006 16. November 2006, Frankfurt am Main Kaufering – stehen. Im Rahmen von drei Workshops sollen mögliche 31. Oktober, 7. und 14. November 2006, Frankfurt am Main Jan Osers: Unter Hakenkreuz und Sowjetstern. Konzepte für die Gestaltung dieser Erinnerungsorte diskutiert werden. 20. und 21. Oktober 2006, Nürnberg Von Selbstbehauptung und Neuanfang. Jüdisches Leben Erlebnisse eines Verfolgten in zwei Diktaturen Am Abend des 17. November 2006 wird außerdem Band IV der von Bar- Visualisierter Wahn. in Deutschland 1918 bis 1938 und 1945 bis 1948 – Buchvorstellung – bara Distel und Wolfgang Benz beim C.H. Beck Verlag herausgegebenen Vom Umgang mit NS-Filmen als Zeitdokument – Seminar, Leitung: Susanne Urban – Jan Osers, 1921 in Prag geboren, wurde im April 1942 nach Theresi- Reihe „Der Ort des Terrors. Die Geschichte der nationalsozialistischen – Filmsymposium (Anerkennung als regionale Lehrerfortbildung möglich) – Veranstalter: Jüdische Volkshochschule Frankfurt am Main enstadt und kurz danach in das ostpolnische Ghetto Zamosc deportiert. Konzentrationslager“ vorgestellt. Dieser Band enthält unter anderem Taugen NS-Propagandafi lme als Aufklärungsmaterial in der Gegenwart? Ort: Jüdische Volkshochschule, Freiherr-vom-Stein-Straße 30, 60323 Im Sommer 1942 wagte er die Flucht nach Ungarn. Dort erlebte er, Beiträge zu den Außenlagern des Konzentrationslagers Flossenbürg. Welchen Stellenwert haben sie im Vergleich zu jüngst gedrehten Spiel- Frankfurt am Main, Raum 202 nach mehreren Verhaftungen und getarnt als taubstummer Vagabund, Veranstalter: Stiftung Bayerische Gedenkstätten fi lmen über die NS-Zeit? Das Filmsymposium diskutiert die Frage nach Termine: 31. Oktober, 7. und 14. November 2006 die Befreiung. Nach Kriegsende kehrte er in seine Heimatstadt zurück Ort: Dokumentationszentrum Reichparteitagsgelände, Bayernstraße den Chancen und Gefahren des Einsatzes von Filmen aus oder über die Zeit: Dienstags, 18.15–19.45 Uhr und wurde Redakteur der Schriftstellerzeitung Lidove noviny. Kritische 110, 90478 Nürnberg, Tel. 0911-231-5666, Fax: -8410, dokumenta- NS-Zeit in der politischen Bildungsarbeit und im Schulunterricht. Kosten: € 17,50 Äußerungen führten zu seiner Entlassung. 14 [email protected], www.mu- Referenten: Gerhard Teuscher, Pädagogischer Referent Berliner Lan- Info und Anmeldung: Jüdische Gemeinde, Frau Shkolnik, Westendstraße Jahre lang musste er danach in der Schwerin- seen.nuernberg.de desinstitut für Schule und Medien; Prof. Dr. Martin Loiperdinger, Lehr- 43, 4. Stock, 60325 Frankfurt am Main, Tel.: 069-768036-42, Fax: -66 dustrie arbeiten. Nach dem Überfall der Sowje- Zeit: Freitag und Samstag, 17. und 18. Novem- stuhl für Medienwissenschaft Universität Trier; Herbert Heinzelmann, tunion auf die CSSR 1968 emigrierte Osers in ber 2006 Filmkritiker, Nürnberg; Manfred Rüsel, Medienpädagoge, Aachen; Dr. die Bundesrepublik Deutschland und ließ sich in Info: Stiftung Bayerische Gedenkstätten, KZ- Gerd Albrecht, ehem. Leiter des deutschen Filminstituts, Köln. Mannheim nieder. Gedenkstätte Dachau, Dirk Riedel, Alte Römer- Veranstalter: Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände ab November 2006 (Jan Osers: Unter Hakenkreuz und Sowjetstern. straße 75, 85221 Dachau, Tel.: 08131-66997- Ort: Dokumentationszentrum Reichparteitagsgelände, Bayernstraße Erlebnisse eines Verfolgten in zwei Diktaturen. 130, [email protected] 110, 90478 Nürnberg Metropol Verlag, Berlin 2005, 176 S., € 18,–, Zeit: Freitag und Samstag, 20. und 21. Oktober 2006 b Fritz Bauer Institut b ISBN 3-936411-67-0) 30. November 2006, Heidelberg Kosten: € 40,– inkl. Verpfl egung 1. November 2006, Frankfurt am Main Veranstalter: Fritz Bauer Institut Der Auschwitz-Prozess – Info und Anmeldung: Museen der Stadt Nürnberg, Dokumentationszent- Götz Aly: Volkes Stimme. Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität eine politische Bewertung rum Reichsparteitagsgelände, Tel. 0911-231-5666, Fax: -8410, doku- Skepsis und Führervertrauen im Nationalsozialismus – Campus Westend, Grüneburgplatz 1, 60323 – Vortrag von Günther von Lojewski – [email protected], www.museen.nuernberg.de – Buchvorstellung – Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Far- Günther von Lojewski gehört der Generation Götz Aly hatte 2004 bis 2006 die Gastprofessur für interdisziplinäre Ho- ben-Haus, 1. OG, Raum 1.812 an, die den Nationalsozialismus noch mit Kin- 24. Oktober 2006 bis 25. Februar 2007, Fürth locaustforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frank- Zeit: Donnerstag, 16. November 2006, 19.00 Uhr deraugen erlebt hat. Danach hat er die Ge- Geschenkt! Die Unternehmer und Mäzene Berolzheimer furt am Main inne. Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 schichte der Bundesrepublik über 50 Jahre als – Ausstellung – (Götz Aly (Hg.): Volkes Stimme. Skepsis und Führervertrauen im National- 22–40, Fax: –41, [email protected], engagierter Augenzeuge begleitet. So wurde Ein umfangreiches Programm mit Vorträgen, Exkursionen und Füh- sozialismus. Das Politbarometer von 1939 bis 1945. Fischer Taschenbuch www.fritz-bauer-institut.de er, erst Jahre nach seinem Geschichtsstudium, rungen wird die Ausstellung begleiten. Verlag, Frankfurt am Main 2006, 224 S., € 12,95, ISBN 3-596-16881-3) auch mit der Gräueln des Nazi-Regimes kon- Veranstalter: Jüdisches Museum Franken Veranstalter: Fritz Bauer Institut 16. bis 18. November 2006, Gelsenkirchen frontiert: als junger Reporter der „Frankfurter Ort: Jüdisches Museum Franken in Fürth, Königstraße 89, 90762 Fürth, Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Geschichtsarbeit und historisch-poli- Allgemeinen“ im sogenannten Auschwitz-Pro- Tel.: 0911-770577 burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- tisches Lernen zum Nationalsozialismus zess. Seitdem hat ihn das Thema nicht mehr Zeit: 24. Oktober 2006 bis 25. Februar 2007, Eröffnung: So., 22. Ok- Haus, 1. OG, Raum 1.801 – Werkstatt – losgelassen: wie sich ein ganzes Volk mitten in tober, 14.00 Uhr Zeit: Mittwoch, 1. November 2006, 19.00 Uhr Die Werkstatt-Tagung bietet praxis- und metho- Europa von einem totalitären Regime verführen Info: Jüdisches Museum Franken – Fürth und Schnaittach, Büro: Nürn- Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- denorientierte Workshops, einen Erfahrungs- lassen konnte; wie in seinem Namen Unrecht berger Str. 3, 90762 Fürth, Tel.: 0911-97798624, Fax: -7417896, info@ bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de austausch und Vernetzungsangebote für all die von nie da gewesenem Ausmaß geschehen juedisches-museum.org, www.juedisches-museum.org Institutionen und Initiativen, die lokal und regi- konnte; wie schließlich die veröffentlichte und 1. bis 30. November 2006, Bad Ems onal mit Geschichtsarbeit zum Nationalsozialis- die öffentliche Meinung während des National- 26. bis 28. Oktober 2006, Wuppertal Kinder im KZ Theresienstadt – mus befasst sind, sowie Berichte über aktuelle sozialismus und danach mit dem Völkermord Jüdische Alltagsgeschichte und Kultur in Wuppertal Zeichnungen, Gedichte, Texte Ausstellungen und Projekte. Hinzu kommen an Juden und Sinti und Roma umgegangen und im Bergischen Land – Ausstellung – Diskussionsanstöße aus der Forschung – dies- sind. Günther von Lojewski gilt als Experte für – Tagung – Veranstalter: Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945 e.V. mal u.a. mit Vorträgen über das Thema „Sport Rundfunkpolitik und Medienrecht. Er arbeitete Veranstalter: Alte Synagoge Wuppertal und Schulreferat des Evangeli- Ort: Kreishaus, Bad Ems und Nationalsozialismus“ und die Fragen, die u.a. als innenpolitischer Redakteur bei der FAZ schen Kirchenkreises Wuppertal Info: Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945 e.V., Rossert- sich für historisch-politisches Lernen mit dem und Leiter der ZDF-Nachrichtenredaktion. Von Ort: Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Genügsamkeitsstr., str. 9, 60323 Frankfurt am Main, Tel.: 069-721575, Fax: -71034254, wachsenden Abstand zur Realgeschichte des 1989 bis 1997 war er Intendant des Senders 42105 Wuppertal [email protected], www.studienkreis-wider- Nationalsozialismus, mit der Veränderung der Freies Berlin. Heute ist er als Honorarprofessor Zeit: Donnerstag, 26. bis Samstag, 28. Oktober 2006 stand-1933-45.de Lerngruppen (etwa durch Einwanderungspro- und Direktor des Journalisten-Kollegs an der Info und Anmeldung: Alte Synagoge Wuppertal, Tel. und Fax: 0202- zesse) und sich weitenden Perspektiven auf Freien Universität Berlin tätig. 5632843, [email protected], www.ns-gedenkstaetten. 2. bis 19. November 2006, Bernburg transnationale Geschichtsdiskurse stellen. Veranstalter: Dokumentations- und Kulturzent- de/nrw/wuppertal Theresienstadt in kein Museum Eingeladen sind vor allem (haupt- und ehren- rum Deutscher Sinti und Roma – Sonderausstellung von Kurt Dziubek – amtliche) MitarbeiterInnen von Gedenkstätten, Geschichtswerkstätten Ort: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, b Fritz Bauer Institut b Veranstalter: Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg, und Geschichtsvereinen, Lehrerinnen und Lehrer, Erwachsenenbildner, Bremereckgasse 2, 69117 Heidelberg 27. Oktober 2006, Frankfurt am Main Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt / Referat 211 Archivare und Stadthistoriker. Zeit: 19.30 Uhr, Eintritt frei Thomas Horstmann, Heike Litzinger: Eröffnung: 2. November, 17.00 Uhr, mit Doris Grozdanovicova, Überle- Veranstalter: Bildungswerk der Humanistischen Union, Arbeitskreis NS- Info: Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, An den Grenzen des Rechts. Gespräche mit Juristen bende von Theresienstadt Gedenkstätten NRW, Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher, in Tel.: 06221-981102, Fax: -981177, [email protected], www.sinti- über die Verfolgung von NS-Verbrechen Termine für weitere Zeitzeugengespräche mit Rundgang durch die Aus- Zusammenarbeit mit dem Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen und undroma.de – Buchvorstellung und Podiumsgespräch – stellung: 3. und 6. bis 8. November (nach Absprache) mit Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung NRW Podium: Winfried Hassemer, Micha Brumlik, Thomas Horstmann, Heike Ort: Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg, Fachkran- Kosten: Teilnahmebeitrag € 90,– (einschließlich Übernachtung im EZ und 30. November bis 3. Dezember 2006, Berlin Litzinger. Moderation: Thomas Henne kenhaus Bernburg, Olga-Benario-Str. 16/18, 06406 Bernburg Verpfl egung), ermäßigt € 45,–, Teilnahme ohne Übernachtung € 45,– Neue Berliner Gedächtnisorte zu NS-Diktatur und Shoah Thomas Horstmann ist Historiker und Forschungsreferent am Forschungs- Info: Gedenkstätte für Opfer der NS-„Euthanasie“ Bernburg, Dr. Ute Info: Bildungswerk der Humanistischen Union, Dr. Paul Ciupke, Dr. Nor- – Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer sowie andere Multiplikatoren institut für öffentliche Verwaltung der Deutschen Hochschule für Verwal- Hoffmann, Tel./Fax 03471-319816, [email protected] bert Reichling, Kronprinzenstr. 15, 45128 Essen, Tel.: 0201-227982, der Geschichtsarbeit – tungswissenschaften in Speyer. Heike Litzinger arbeitet als Referentin für Fax: -235505, [email protected], www.hu-bildungswerk.de Leitung: Dr. Heidi Behrena, Dr. Norbert Reichling das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Berlin. 10. bis 12. November 2006, Wuppertal Veranstalter: Bildungswerk der Humanistischen Union NRW (Thomas Horstmann, Heike Litzinger: An den Grenzen des Rechts. Ge- Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus: 17. und 18. November 2006, Nürnberg Tagungsorte: Dietrich-Bonhoeffer-Haus u.a. spräche mit Juristen über die Verfolgung von NS-Verbrechen. Mit einem Erinnerung als Aufgabe der Gemeindearbeit KZ-Außenlager in Bayern. Unterkunft: Gästehaus der Humbold-Universität, Ziegelstr. 13a, Berlin-Mitte Vorwort von Micha Brumlik. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New – Blockseminar – Bestandsaufnahme und Perspektiven Kosten und Leistungen: € 150 (EZ, HP, eigene Anreise) York 2006, 233 S., € 19,90, ISBN 3-593-38014-5, Wissenschaftliche Veranstalter: Kirchliche Hochschule Wuppertal – Tagung – Info: Bildungswerk der Humanistischen Union NRW, Kronprinzenstr. 15, Reihe des Fritz Bauer Instituts, Bd. 14) Ort: Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, Genügsamkeitsstr., Die Konzentrationslager Dachau und Flossenbürg umfassten zusammen 45128 Essen, Tel.: 0201-227982, Fax: -235505, buero@hu-bildungs- Veranstalter: Fritz Bauer Institut 42105 Wuppertal weit über 200 Außenlager, die sich über den gesamten süddeutschen werk.de

80 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 81 KKALENDERALENDER KKALENDERALENDER

rerInnenfortbildung AHS: www.bmbwk.gv.at/schulen/lehr/lfb/ahs_bun- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- ab Dezember 2006 ab Januar 2007 desseminare.xml burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- Info: Jüdisches Museum Hohenems, Gerlinde Fritz, Villa Heimann- Haus, 1. OG, Raum 1.802 Rosenthal, Schweizer Straße 5, A-6845 Hohenems/Österreich, Tel.: Zeit: Donnerstag, 15. Februar 2007, 19.00 Uhr b Fritz Bauer Institut b b Fritz Bauer Institut b 0043-(0)5576-73989-0, Fax: -77793, ISDN: -77793, office@jm-ho- Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- 4. Dezember 2006, Frankfurt am Main 11. Januar 2007, Frankfurt am Main henems.at, www.jm-hohenems.at bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de Uki Goñi: Odessa. Die wahre Geschichte. Sandra Nuy: Mit Entsetzen Scherz. Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher Zur Mediengeschichte der „Holocaust-Komödie“ b Fritz Bauer Institut b – Buchvorstellung – – Vortrag – 15. Februar bis zum 30. März 2007, Felsberg (Uki Goñi: Odessa. Die wahre Geschichte. Fluchthilfe für NS-Kriegsver- Sandra Nuy ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Siegen. ab Februar 2007 Legalisierter Raub. Der Fiskus und die brecher. Aus dem Englischen von Theo Bruns und Stefanie Graefe. Ber- Forschungsfelder: „Film und Holocaust“, „Deutsch-jüdische Kultur- und Ausplünderung der Juden in Hessen 1933–1945 lin: Assoziation A, 2006, 400 S., ISBN 3-935936-40-0, € 22,–) Mediengeschichte“, „Verhältnis von Theater und Medien“ und „Literatu- – Wanderausstellung – Veranstalter: Fritz Bauer Institut in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ro- radaptionen in Film und Fernsehen“. 1. bis 3. Februar 2007, Dresden Veranstalter: Fritz Bauer Institut und Hessischer Rundfunk in Koopera- manische Sprachen und Literaturen der Johann Wolfgang Goethe-Universität Veranstalter: Fritz Bauer Institut NS-Verbrechen in historischen Ausstellungen – tion mit Drei-Burgen-Schule Felsberg, Stadt Felsberg, Schwalm-Eder- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Amerikanische und Deutsche Ansätze im Vergleich Kreis, Jugendbildungswerk Schwalm-Eder, Kreissparkasse Schwalm- burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- – Internationaler Workshop – Eder, Stadtsparkasse Schwalm-Eder, Gedenkstätte Breitenau, Ge- Haus, 1. OG, Raum 1.811 Haus, 1. OG, Raum 1.812 Die Präsentation der Washingtoner Ausstellung in Dresden bietet die schichtsverein Felsberg, Verein gegen Vergessen – für Demokratie e.V. Zeit: Montag, 4. Dezember 2006, 19.30 Uhr Zeit: Donnerstag, 11. Januar 2007, 19.00 Uhr Gelegenheit, eine amerikanische Museumsausstellung zum Thema nati- Die Ausstellung wird unterstützt vom Hessischen Ministerium für Wissen- Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 069–798322–40, Fax: –41, info@fritz- Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- onalsozialistische Verbrechen in Bezug auf Inhalte, Präsentations- und schaft und Kunst und von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de Vermittlungsformen sowie der Rezeption zu befragen. Die Ausstellung Zur Ausstellung fi ndet ein Begleitprogramm mit lokalem Bezug statt. „Medizin und Verbrechen. Das Krankenrevier des KZ Sachsenhausen Ort: in der Drei-Burgen-Schule in Felsberg b Fritz Bauer Institut b b Fritz Bauer Institut b 1936-1945“ der Gedenkstätte Sachsenhausen bietet dafür eine kon- Laufzeit: 15. Februar bis 30. März 2007, Eintritt: frei 7. Dezember 2006, Frankfurt am Main 27. Januar 2007, Frankfurt am Main krete Vergleichsperspektive. Der Workshop will den Austausch zwischen Weitere Informationen zur Ausstellung: siehe 9. Oktober 2006 (S. 78) Neue Judenfeindschaft? Peter Longerich im Gespräch mit Christian Schneider: historischen Museen und zeithistorischen Ausstellungen in Gedenkstät- Perspektiven für den pädagogischen Umgang „Davon haben wir nichts gewusst!“ ten zum Thema Nationalsozialismus anregen sowie ihre Möglichkeiten mit dem globalisierten Antisemitismus Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933–1945 und Grenzen diskutieren. Insbesondere geht es um folgende Fragen: – Buchvorstellung und Diskussion– – Buchvorstellung und Gespräch – Wie wirken sich unterschiedliche kulturelle, nationale und historische ab April 2007 Mit Aycan Demirel (Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus) und Peter Longerich ist Professor für Moderne Deutsche Geschichte und Di- Kontexte auf die Ausstellungen aus? Wie gehen die Ausstellungsgestal- den HerausgeberInnen Bernd Fechler, Barbara Schäuble, Astrid Messer- rektor des „Research Centre for the Holocaust and Twentieth-Century ter mit der zunehmenden historischen Distanz und dem Verschwinden schmidt und Gottfried Kößler. History“ am Royal Holloway College der Universität London. 2002/2003 der Zeitzeugen um? Wie versuchen sie, das Geschehen anschaulich zu 28. April 2007, Dresden (Fritz Bauer Institut und Jugendbegegnungsstätte Anne Frank (Hg.): war er Gastprofessor für interdisziplinäre Holocaustforschung an der Jo- machen? Worin unterscheiden sich Ausstellungen in historischen Mu- „Ich klage an“ – Neue Judenfeindschaft? Perspektiven für den pädagogischen Umgang hann Wolfgang Goethe-Universität. seen von Ausstellungen an historischen Orten des Verbrechens? Moder- „Euthanasie“ im Nationalsozialistischen Film mit dem globalisierten Antisemitismus. Campus Verlag, Frankfurt am Christian Schneider ist Soziologe und Forschungsanalytiker in Frankfurt ne zeithistorische Museen in Gedenkstätten – was heißt das und welche – Seminar, durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus als Leh- Main/New York 2006, 378 S., € 29,90, ISBN 978-3-593-38183-1, Jahr- am Main und Privatdozent an der Universität Kassel; zahlreiche Ver- ausstellungsgestalterischen Konsequenzen sind damit verbunden? rerfortbildung anerkannt. (SMK 00786) – buch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust 2006, Band 10) öffentlichungen zur psychoanalytischen Sozialpsychologie und Zeitdi- Veranstalter: Deutsches Hygiene-Museum in Kooperation mit der Stif- Der deutsche Spielfilm ICH KLAGE AN wurde 1941 erstmals gezeigt und Veranstalter: Fritz Bauer Institut agnostik. tung Topographie des Terrors, der Stiftung Brandenburgische Gedenk- transportierte verdeckt auf massenwirksame Art und Weise die Ideo- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- (Peter Longerich: „Davon haben wir nichts gewusst!“ Die Deutschen und stätten und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten logie, „lebensunwertes Leben“ aus der Gesellschaft zu eliminieren. Das burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- die Judenverfolgung 1933–1945. Siedler Verlag, München 2006, 448 S., Ort: Deutsches Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1, 01069 Dresden Seminar ordnet den Film in seinen sozial- und filmhistorischen Kontext Haus, 1. OG, Raum 1.812 € 24,95, ISBN 3-88680-843-2) Zeit: Donnerstag, 1. bis Samstag, 3. Februar 2007 ein und analysiert seine propagandistische Wirkungsweise in breiten Zeit: Donnerstag, 7. Dezember 2006, 19.00 Uhr Veranstalter: Fritz Bauer Institut Info: Deutsches Hygiene-Museum, Tel.: 0351-4846-304, Fax: -588, Teilen der Gesellschaft. Welche Wirkung hat der Film heute vor dem Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- [email protected], www.dhmd.de Hintergrund der Debatte um Sterbehilfe? Gibt es Parallelen in der Dis- bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- kussion heute und 1941? Welche aktuellen medizinethischen und juris- Haus, 1. OG, Raum 1.812 b Fritz Bauer Institut b tischen Fragen sind mit dem Thema „Euthanasie“ verknüpft? b Fritz Bauer Institut b Zeit: Samstag, 27. Januar 2007, 19.00 Uhr 8. Februar 2007, Frankfurt am Main Referenten: Dr. Ralf Quester, Klinik für Stereotaxie und Funktionelle 14. Dezember 2006, Frankfurt am Main Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- Christian Dirks: „Die Verbrechen der anderen“. Neurochirurgie, Universität Köln, PD Karl-Ludwig Rost, Klinischer Phar- Ahlrich Meyer: Täter im Verhör. bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de Auschwitz und der Auschwitz-Prozess der DDR: makologe, Berlin, Dr. Oliver Tolmein, Rechtsanwalt und freier Journalist, Die „Endlösung der Judenfrage“ in Frankreich 1940–1944 Das Verfahren gegen den KZ-Arzt Dr. Horst Fischer Hamburg – Buchvorstellung – 31. Januar bis 2. Februar 2007, Hohenems, Österreich – Buchvorstellung – Veranstalter: Deutsches Hygiene-Museum in Kooperation mit der Aka- Ahlrich Meyer war 1975 bis 2000 Professor für Politikwissenschaft an der Bilder des „Jüdischen“ im Film Christian Dirks ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Jüdischen Muse- demie für Palliativmedizin und Hospizarbeit Dresden und der Säch- Universität Oldenburg. Veröffentlichungen zur politischen Theorie und – Bundesseminar für Pädagogen – ums Berlin. sischen Landeszentrale für politische Bildung Sozialgeschichte des 19. Jahrhunderts und zur deutschen Besatzung in Die Welt des Kinos ist die Welt der Projektion und der Verwandlung von (Christian Dirks: „Die Verbrechen der anderen“. Auschwitz und der Auschwitz- Ort: Deutsches Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1, 01069 Dresden Frankreich während des Zweiten Weltkriegs. Wirklichkeit in Märchen. Was liegt näher, als an diesem Ort nach Bildern Prozess der DDR: Das Verfahren gegen den KZ-Arzt Dr. Horst Fischer. Zeit: Samstag, 28. April 2007, 10.00–17.00 Uhr (Ahlrich Meyer: Täter im Verhör. Die „Endlösung der Judenfrage“ in des „Jüdischen“ zu suchen? Seitdem es das Kino gibt, ist es zum Marktplatz Schöningh Verlag, Paderborn 2006, 410 S., € 39,90, ISBN 3-506-71363-9) Info: Deutsches Hygiene-Museum, Tel.: 0351-4846-304, Fax: -588, Frankreich 1940–1944. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt der Phantasien über Juden geworden und natürlich auch ein Ort jüdischer Veranstalter: Fritz Bauer Institut [email protected], www.dhmd.de 2005, 471 S., € 49,90, ISBN 3-534-17564-6) Phantasien. In einer visuellen Kultur der Medien hat sich der Umsatz der Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- Veranstalter: Fritz Bauer Institut Bilder beschleunigt. Dennoch haben filmische Klischees und Legenden eine burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- Ort: Johann Wolfgang Goethe-Universität – Campus Westend, Grüne- lange Dauer. In ihnen finden sich auch die Jugendlichen heute zurecht – Haus, 1. OG, Raum 1.802 b Fritz Bauer Institut b burgplatz 1, 60323 Frankfurt am Main, Casino-Gebäude am IG Farben- und ihre Wünsche wieder. Die Bilder des Kinos und des Fernsehens besser Zeit: Donnerstag, 8. Februar 2007, 19.00 Uhr 8. bis 10. Juni 2007, Dachau Haus, 1. OG, Raum 1.802 zu verstehen eröffnet auch Zugänge zur Realitätswahrnehmung im Alltag Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- Konfrontationen – Pädagogische Annäherung Zeit: Donnerstag, 14. Dezember 2006, 19.00 Uhr – gerade da, wo es um heikle Fragen der Identität und des Umgangs mit bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de an Geschichte und Wirkung des Holocaust Info: Fritz Bauer Institut, Tel.: 0 69–79 83 22–40, Fax: –41, info@fritz- „anderen“ geht: Funktionen, die die Bilder des „Jüdischen“ heute offenbar – Einführungslehrgang zum Konzept „Konfrontationen“, für LehrerInnen, bauer-institut.de, www.fritz-bauer-institut.de ebenso besitzen wie vor hundert Jahren, als die ersten Spielfilme ihren b Fritz Bauer Institut b Politische BildnerInnen, OrganisatorInnen von Gedenkstättenbesuchen Siegeszug antraten. Der Schule kommt die zunehmend wichtige Rolle zu, 15. Februar 2007, Frankfurt am Main und andere Interessierte – 17. bis 19. Dezember 2006, San Diego, California, U.S.A. Jugendlichen zu einem reflektierten Umgang mit der Welt der Bilder zu Claudia Fröhlich: „Wider die Tabuisierung des Für Lehrkräfte aus Hessen ist der Lehrgang beim IQ akkreditiert. 38th Annual Conference verhelfen, Bilder, die zuweilen zur Waffe werden. Ungehorsams“. Fritz Bauers Widerstandsbegriff Veranstalter: Jugendgästehaus Dachau in Kooperation mit dem Fritz of the Association for Jewish Studies Referenten: Frank Stern (Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte), und die Aufarbeitung von NS-Verbrechen Bauer Institut – International Conference – Hanno Loewy (Jüdisches Museum Hohenems), Ronny Loewy (Fritz Bau- – Buchvorstellung – Ort: Jugendgästehaus Dachau Organized by: Association for Jewish Studies er Institut, „Cinematographie des Holocaust“), Gottfried Kößler (Fritz Claudia Fröhlich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungs- Info: Fritz Bauer Institut, Gottfried Kößler, Tel.: 0 69–79 83 22–32, Fax: Location: Manchester Grand Hyatt Hotel in San Diego, California, Bauer Institut, Didaktik-Methodik) stelle Widerstandsgeschichte der Freien Universität Berlin und der Ge- –41, [email protected], www.fritz-bauer-institut.de U.S.A. Veranstalter: Jüdisches Museum Hohenems in Zusammenarbeit mit denkstätte Deutscher Widerstand. oder: Jugendgästehaus Dachau, Barbara Thimm, Tel. 0 81 31–61 77 12, When: September 1, to August 31, 2006 dem Pädagogischen Institut des Landes Vorarlberg, Feldkirch (Claudia Fröhlich: „Wider die Tabuisierung des Ungehorsams“. Fritz Bau- [email protected] Contact: Association for Jewish Studies, Sara R. Horowitz, Vice-Presi- Ort: Bildungshaus St. Arbogast, Götzis, www.arbogast.at ers Widerstandsbegriff und die Aufarbeitung von NS-Verbrechen. Cam- dent for Program, 15 W. 16th Street, New York, NY 10011, Phone: 917- Zeit: Mittwoch, 31. Januar bis Freitag, 2. Februar 2007 pus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2006, 430 S., € 39,90, ISBN 606-8249, Fax: -8222, [email protected], www.brandeis.edu/ajs Anmeldung: über die Schule als Bundesseminar. Informationen und 3-593-37874-4, Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, Bd. 13) Info: www.ajsnet.org/generalinfo.htm Anmeldeformulare finden Sie auf der Website des Bundesministerium Veranstalter: Fritz Bauer Institut in Kooperation mit dem Beltz Verlag Weitere Veranstaltungsankündigungen finden Sie im Programm: www.ajsnet.org/06schmenu.htm für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk) für Österreichische Leh- und dem US-Generalkonsulat Frankfurt am Main. Internet: www.fritz-bauer-institut.de/kalender.htm

82 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 83

IINFOTHEKNFOTHEK

I INFOTHEK N rung und Demokratisierung des Rechtswesen würdigen und Frau- aufzuarbeiten und zu pflegen, Erinnerungskultur transparent zu F en und Männer auszeichnen, die unerschrocken der Gerechtigkeit machen und den nachfolgenden Generationen einen Zugang zu O Infothek und Menschlichkeit Geltung verschaffen. diesem Erbe zu ermöglichen.“ Mit Knigge ehre Oldenburg „eine

T Die jährliche Verleihung des ideellen Bürgerrechtspreises wurde engagierte Persönlichkeit, die sich ausdauernd und beispielgebend

zwei Wochen nach Fritz Bauers Tod im Juli 1968 beschlossen. Erste im Spannungsfeld von Geschichte und Gegenwart bewegt.“ H Preisträgerin war 1969 Helga Einsele, die mit Fritz Bauer für die Re- Die Laudatorin und Sprecherin der Jury, Dr. Franziska Augstein,

E form des Strafvollzugs eingetreten ist. Weitere prominente Preis- hob hervor: „Alles Gewesene ist wesentlich für Volkhard Knigge,

K Informationen aus Kultur und Wissenschaft träger waren Gustav Heinemann (1970), Peggy Parnass (1980), nicht nur das Heroische oder das Traurige, sondern auch das Scha- Lieselotte Funcke (1990), Regine Hildebrandt (2000), die 28 Erst- le, Falsche und Verzerrte. Das KZ, das Speziallager, das nationale Weitere Informationen aus Kultur und Wissenschaft finden Sie in unserer unterzeichnenden des Aufrufs zur Verweigerung im Kosovo-Krieg Mahnmal der DDR: All das ist Buchenwald. Und Volkhard Knigge Infothek im Internet: www.fritz-bauer-institut.de/infothek.htm (2001), Dieter Schenk (2003) und zuletzt die Frauenrechtlerin Dr. ist es gelungen, jeder einzelnen dieser Epochen gerecht zu wer- Susanne von Paczensky (2004). Sie alle zeichnet Zivilcourage und den.“ Knigges Credo klinge simpel, sei aber schwer einzulösen. Es Die Infothek im „Newsletter“ des Fritz Bauer Instituts bietet ein Forum, um Forschungsvorhaben bekannt zu machen, Recherchen zu engagiertes Eintreten für Gerechtigkeit und Menschlichkeit aus. laute: „Verstehen ändert.“ unterstützen, Kontakte zu knüpfen, Materialsuche zu erleichtern und neue Ausstellungsorte für Wanderausstellungen zu finden. (Die Kontakt: Humanistische Union e.V. Viel beachtet und höchst eindrucksvoll war an diesem Abend der Redaktion behält sich vor, eingesandte Texte zu kürzen. Der Inhalt der abgedruckten Texte wird nicht durch das Fritz Bauer Institut Bürgerrechtsorganisation seit 1961 Auftritt des Schriftstellers, Politikers und Buchenwald-Überleben- verantwortet.) Wer die Infothek nutzen will, wende sich bitte an das Bundesgeschäftsstelle den Jorge Semprún. In einer bewegenden Rede, die geprägt war Fritz Bauer Institut · Redaktion Newsletter · Grüneburgplatz 1 · D-60323 Frankfurt am Main Haus der Demokratie und Menschenrechte von der tiefen persönlichen Verbindung zum Preisträger Knigge, Telefon: 0 69–79 83 22–40 · Telefax: 0 69–79 83 22–41 · [email protected] Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin sagte er unter anderem: „Die Beschreibung Ihrer Ziele, die philo- Tel.: 0 30–20 45 02–56, Fax: –57 sophische Methode Ihrer Arbeit – ,Filter der Quellen, Distanzierung [email protected] des Nachdenkens, Leidenschaft der Spurensuche‘ – das ganze En- www.humanistische-union.de und semble Ihrer theoretischen und praktischen Herangehensweise, www.humanistische-union.de/veranstaltungen/buerger- die Sie unter ,wissenschaftliche Neugier’ rubrizieren, scheint mir Humanistische Union diesjährigen Tagung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts rechtspreise/fritz_bauer_preis die Garantie dafür zu sein, dass es ein Gedächtnis geben kann, Fritz-Bauer-Preis 2006 an Dr. Burkhard Hirsch über das Luftsicherheitsgesetz vertreten. Außerdem würdigen das nicht bloß rituell ist, das nicht nur dem plumpen Mitleid, der Mit einem Festakt hat die Humanistische Union am 16. Septem- zahlreiche Weggefährten Hirschs dessen Engagement. falsch verstandenen Identifikation und der historischen Selbstbe- ber 2006 ihre höchste Auszeichnung, den Fritz-Bauer-Preis, an Burkhard Hirsch wurde 1930 in Magdeburg geboren. Nach dem Auszeichnung friedigung dient. Ich rede von einem Gedächtnis, das reich ist an den Rechtsanwalt und ehemaligen Vizepräsidenten des Deutschen Abitur in Halle arbeitete er in Leuna als Chemiehilfsarbeiter. 1948 Volkhard Knigge erhält Carl-von-Ossietzky-Preis Entdeckungen und an Kontroversen, von einem Gedächtnis, das Bundestages Dr. Burkhard Hirsch verliehen. Mit Burkhard Hirsch trat er der LDP(D) bei, floh kurz darauf in den Westen und wur- Der Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik so überliefert wird, dass die Ereignisse des Tages in dem ihnen ehrt die Humanistische Union einen liberalen Demokraten, der sich de 1949 Mitglied der FDP. In Marburg studierte Burkhard Hirsch wird von der Stadt Oldenburg alle zwei Jahre verliehen, um einzel- gemäßen Licht daran gemessen werden können.“ An Knigge unermüdlich zum Schutz der Freiheitsrechte einsetzt. Seine Erfolge Rechts- und Staatswissenschaften und schloss sein Studium 1961 ne Arbeiten, Gesamtwerke oder Personen auszuzeichnen, die sich gewandt, sagte Semprún zum Abschluss seiner Festansprache: zeigen nicht nur ein scheinbar unerschöpfliches bürgerrechtliches mit einer Promotion ab. Seit 1960 als stellvertretender Abteilungs- in herausragender Weise mit dem Leben und Werk Carl von Os- „Auch wenn die Überlebenden des Lagers alle tot sind, wenn es Engagement, sondern auch verfassungsrechtlichen Sachverstand, leiter in der Wirtschaft tätig, erhielt er 1964 in Düsseldorf eine sietzkys oder die sich mit dem Widerstand gegen den Nationalsozi- uns alle nicht mehr gibt, werden Sie Ihre Arbeit fortsetzen können, der manchmal auch dem Gesetzgeber zu wünschen wäre. Zulassung als Rechtsanwalt. Sein politisches Engagement begann alismus auseinandersetzen. Der Preis kann auch zuerkannt werden wo auch immer. Sie werden weiterarbeiten können, weil Sie nicht Die Preisverleihung fand im feierlichen Rahmen im Konzerthaus Burkhard Hirsch bei den Deutschen Jungdemokraten in Nordrhein- für Werke und Personen, die sich im Geiste Carl von Ossietzkys mit bloß bei der Trauerarbeit helfen, so wichtig sie ist, sondern weil Freiburg statt. Etwa 120 Gäste waren gekommen, um den auf- Westfalen. 1965 wurde er in den Kreisvorstand der FDP in Düssel- der demokratischen Tradition und Gegenwart in Deutschland und Sie darüber hinaus einer derjenigen sind, die mit der Arbeit am rechten Verfechter einer liberalen Rechtsordnung zu ehren. dorf gewählt, es folgten Landesvorstand (1971 bis 2005) und (1979 Themen der Politik und Zeitgeschichte befassen. Vergangenen für die Zukunft wirken.“ In seiner Festrede betonte Burkhard Hirsch zwei Aspekte aus dem bis 1983) und Landesvorsitz der nordrhein-westfälischen FDP. 1973 In diesem Jahr geht der Preis an den Historiker Volkhard Knigge. Die Sichtlich bewegt nahm Volkhard Knigge den Preis entgegen in ei- Vermächtnis Fritz Bauers: dessen Bemühungen um eine Anerken- wurde Hirsch zum ersten Mal in den FDP-Bundesvorstand gewählt, Jury sprach dem Direktor der Gedenkstätte Buchenwald und Mittel- ner Stadt, an die er sich seit den Zeiten seines Studiums in den nung der nationalsozialistischen Verbrechen und die Entwicklung dem er bis 2005 angehörte. 1972 wurde Burkhard Hirsch Mitglied bau-Dora die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung „für die mu- 70er Jahren an der heutigen Carl-von-Ossietzky-Universität gerne eines Schuldbewusstseins, aber auch die Bemühungen Bauers um des Deutschen Bundestages. Nach den nordrhein-westfälischen seale Um- und Neugestaltung“ der ihm anvertrauten Erinnerungs- erinnert. Er begann daher seine Rede: „Lassen Sie mich gleich zu eine Humanisierung der Rechtsordnung. In Bezug auf den zweiten Landtagswahlen 1975 bekleidete er das Amt des Innenministers in orte zu, die „im In- und Ausland als beispielhaft“ gelte, „und die Anfang sagen, dass mich die Verleihung des Carl-von-Ossietzky- Aspekt warnte Burkhard Hirsch davor, in den gegenwärtigen si- Düsseldorf. Die Zeit seiner Amtsausübung wurde durch den Terro- beispielhafte internationale jugendpädagogische Bildungsarbeit.“ Preises berührt, aber auch verlegen macht. Sie berührt mich, weil cherheitspolitischen Diskussionen nicht den Maßstab zu verlieren. rismus der „Roten Armee Fraktion“ sowie die Auseinandersetzung Zu den bisherigen Preisträgern zählen u. a.: Gerhard Zwerenz Oldenburg, die Stadt, die mir diesen Preis verleiht, und die Ol- Als Beispiel führte er die polizeiliche Schleierfahndung an: „Es ist um den „Schnellen Brüter“ geprägt. Dabei profilierte er sich als (1986), Prof. Dr. Israel Gutman (1994), Prof. Dr. Hans Mommsen denburg zugehörende Universität in meinem Leben eine wirklich fast erheiternd, dass wir bei der sogenannten Schleierfahndung strikter Gegner der Kernenergie, setzte sich nachhaltig für die Auf- (1998) und Uri Avnery (2002). wichtige Rolle gespielt haben. Ohne die beinahe 15 Oldenburger – also bei dem Recht der Polizei, jedermann im öffentlichen Ver- nahme des Datenschutzrechtes in die Landesverfassung ein und Preisverleihung: Vor rund 200 geladenen Gästen aus Kultur, Jahre und ohne Menschen, die mir in dieser Stadt sehr wichtig kehrsraum auch ohne Verdacht überprüfen zu können – bei dem sprach sich für den Ausschluss von Extremisten aus dem Staats- Gesellschaft und Politik hat Prof. Dr. Volkhard Knigge, Direktor geworden sind, hätte ich kaum mit der Arbeit – in Buchenwald Preußischen Polizeirecht von 1850 angelangt sind, das damals dienst aus. 1980 kehrte Hirsch in den Bundestag zurück, wurde der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, am und Mittelbau-Dora –, für die Sie mich heute ehren, begonnen.“ allerdings noch die Ausrufung des Belagerungszustandes voraus- innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion und von 1994 bis 1998 Donnerstag, 4. Mai 2006, den Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeit- Zum Preis selbst gestand Knigge: „Ich will Ihnen nicht verhehlen, setzte. Oder dass wir beim Großen Lauschangriff das Gespräch Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Aus Protest gegen geschichte und Politik der Stadt Oldenburg entgegengenommen. dass Oldenburg mir mit der Verleihung dieses Preises eine große eines Belauschten mit seiner Mutter oder seiner Ehefrau weniger die Einführung des sogenannten „Großen Lauschangriffs“ trat er „Mit Prof. Dr. Volkhard Knigge würdigen wir einen Menschen, der Freude macht, insofern sie meine Arbeit gerade durch die Erin- schützen als sein Gespräch mit dem Steuerberater.“ 1995 von seinem Posten als innenpolitischer Sprecher zurück. 1998 sich mit Kompetenz, Takt und Mut für die fortwährende Ausein- nerung an Carl von Ossietzky würdigt. Carl von Ossietzky, der in Heribert Prantl, der die Laudatio auf Burkhard Hirsch hielt, betonte schied Burkhard Hirsch aus dem Bundestag aus, blieb jedoch poli- andersetzung mit dem Erbe der deutschen Geschichte in Ost und einem Deutschland, in dem es an Demokraten mangelte und in dessen liberale Geradlinigkeit und langjähriges rechtsstaatliche En- tisch aktiv. So war er von 1986 bis 2000 Vizepräsident der Deutsch- West einsetzt und jüngeren Generationen einen Zugang zu diesem dem Gewalt nach innen wie nach außen viel zu vielen als probates Israelischen Gesellschaft und warb auf zahlreichen Reisen für den gagement. Mit seinen Verfassungsbeschwerden gegen den Großen Erbe eröffnet“, so die Begründung der Jury, der die Journalistin Dr. Mittel der Austragung politischer und gesellschaftlicher Konflikte Friedensprozess zwischen Israel und Palästina. Lauschangriff und die Abschussbefugnis im Luftsicherheitsgesetz Franziska Augstein (München), der Historiker Professor Dr. Norbert erschien, gehört für mich zu den viel zu lange verkannten, wenn hatte sich Hirsch zuletzt erfolgreich für ein Maßhalten in der deut- Der Fritz-Bauer-Preis wurde von der Bürgerrechtsorganisation Frei (Jena), der Historiker Dr. Ernst Hinrichs (Oldenburg/Potsdam) nicht geschmähten Lichtgestalten der deutschen Geschichte.“ schen Sicherheitspolitik eingesetzt. Humanistische Union 1968 gestiftet in Erinnerung an ihren Mit- und der Journalist und Redakteur Eckart Spoo (Berlin) angehörten. Im Rahmen der Preisverleihung wurde auch die Auftragskompo- Anlässlich der Preisverleihung übergab Dr. Fredrik Roggan eine begründer Fritz Bauer, den langjährigen Generalstaatsanwalt von Oberbürgermeister Dietmar Schütz würdigte Knigge auf der fei- sition „OKO I für Schlagzeug Solo“ und „OKO III für Schlagzeug Festschrift („Mit Recht für Menschenwürde und Verfassungs- Hessen und sozial engagierten Juristen. Mit dem Preis will die Hu- erlichen Preisverleihung im Schloss als „einen Historiker, der es Trio“ des Oldenburger Komponisten und Musikers Axel Fries ur- staat“). In diesem Sammelband sind zum einen die Referenten der manistische Union Verdienste um die Humanisierung, Liberalisie- sich zur Aufgabe und zum Lebensinhalt gemacht hat, Erinnerung aufgeführt.

84 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 85 IINFOTHEKNFOTHEK IINFOTHEKNFOTHEK

Carl von Ossietzky (3. Oktober 1889 − 4. Mai 1938) hat die Brumlik, Professor am Institut für Allgemeine Erziehungswissen- unterrichtete, an die Tätigkeit als Leiterin zwischen 1920 und 1930 the-Universität in Frankfurt am Main inne. (siehe: Veranstaltungen, wohl schlimmsten Jahre seines Lebens (vom Februar 1934 bis zum schaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität, ist Sohn einer und an die Nationalsozialisten, die ihr Leben 1933 zerstörten. 800 S. 4 und Neuerscheinungen, S. 38) Mai 1936) ganz in der Nähe Oldenburgs, im Konzentrationslager Gießener jüdischen Familie. Sein Vater kehrte in den 60er Jahren Erzieherinnen hatte sie bis dahin ausgebildet. „Weil sie Jüdin war, Kontakt: Jüdisches Museum Berlin Esterwegen verbringen müssen. Die Misshandlungen, die er hier nach Gießen zurück und setzte sich erfolgreich für die Errichtung wurde sie vertrieben und verfolgt.“ 1943 wurde sie in Leipzig Lindenstraße 9–14, 10969 Berlin erlitt, machten ihn sterbenskrank. Im Vorfeld der Olympischen einer Gedenktafel für die frühere liberale jüdische Gemeinde vor verhaftet, ins Konzentrationslager Auschwitz gebracht und dort Tel.: 030–25993–300, Fax: –409 Spiele sollte das Ansehen des NS-Staates im Ausland jedoch nicht der Kongresshalle ein. Joseph Brumlik war einer der wenigen Men- ermordet. „Die Erinnerung an Hedwig Burgheim mahnt uns zum [email protected], www.juedisches-museum-berlin.de durch einen Anwärter auf den Friedensnobelpreis getrübt werden, Handeln für die Zukunft“, so der Oberbürgermeister. der im KZ mit dem Tode rang. Carl von Ossietzky wurde daher Auf der Urkunde steht zu lesen: „In Anerkennung und Würdigung am 28. Mai 1936 in das Staatskrankenhaus in Berlin verlegt. Am hervorragender Verdienste um Verständigung und Verständnis 7. November 1936 wurde er gar offiziell aus der Haft entlassen. zwischen den Menschen“. Ein hohes Lob, das in der Laudatio sei- Doch sein schlechter Gesundheitszustand zwang ihn, sich sofort in ne Begründung erhielt. Werner Schneider-Quindeau, Pfarrer aus das Krankenhaus Westend zu begeben. Am 10. Dezember 1936 Frankfurt am Main sowie langjähriger Wegbegleiter von Micha wurde Carl von Ossietzky mit dem Friedensnobelpreis ausgezeich- Brumlik, beleuchtete das bisherige Werk des Preisträgers als geleis- net. Da er keine Ausreiseerlaubnis erhielt, um den Preis in Oslo teten Beitrag zu einer Erinnerungskultur im Schatten der Shoah. In entgegenzunehmen, wurde die Auszeichnung erstmals in Abwe- seinen Arbeiten der letzten 20 Jahre überrasche vor allem die Brei- senheit des Preisträgers verliehen. Nur wenige Tage später, am 14. te der Themen. Als Professor für Sozialpädagogik in Heidelberg Dezember 1936, zog Carl von Ossietzky in das Nordend-Kranken- und für allgemeine Erziehungswissenschaften in Frankfurt habe er haus um, wo er bis zu seinem Tode am 4. Mai 1938 blieb − stets Debatten über Ethik und Moral in pädagogischen Prozessen be- bewacht von Beamten der Gestapo. reichert und sich in zeitgenössische Diskurse um aktuelle und his- Kontakt: Stadt Oldenburg torische Formen des Antisemitismus, um die Auseinandersetzung Kulturbüro, Gerda Grebe, Peterstr. 23, 26121 Oldenburg mit der Shoah im öffentlichen Bewusstsein und um die politische Tel.: 0441–235–3193 /–2409, Fax: –2161 Debatte im Nahostkonflikt engagiert und pointiert eingebracht. [email protected] „Filme, Literatur und Malerei waren ebenso Gegenstand seiner In- www.oldenburg.de/stadtol/index.php?id=1728&L= terpretationskunst wie die biblischen Texte, die er im jüdisch-christ- lichen Dialog und in religionsphilosophischen und theologischen schen jüdischen Glaubens, die den Mut hatten und nach dem Ho- Kontexten ausgelegt hat“, sagte der Laudator. Ob die Kontroverse Ernst-Bloch-Preis 2006 locaust in ihre Heimatstadt zurückkehrten, wo er 1969 starb und über das Faßbinder-Stück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ im Historiker Dan Diner erhält die auch seine letzte Ruhestätte fand. Jahre 1985, der Historikerstreit, die Diskussionen um die Wehr- Warschau Auszeichnung der Stadt Ludwigshafen „Ich nehme diese Medaille mit großem Dank entgegen“, waren machtsausstellung, die Goldhagendebatte oder die Analyse antise- Bundesrepublik Deutschland unterstützt den Bau Der mit 10.000 Euro dotierte Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigs- die ersten Worte von Prof. Dr. Micha Brumlik. Der Sozialpädago- mitischer Motive in den Schriften C. G. Jungs oder Franz Alts: „Mit des Museums für Jüdische Geschichte in Polen hafen am Rhein ist dem Historiker Prof. Dr. Dan Diner zugespro- ge und Erziehungswissenschaftler aus Frankfurt am Main rang in kritischer Aufmerksamkeit und wachem Gespür für jegliche Form Auf Beschluss der Bundesregierung will Deutschland Warschau chen worden. Der Preis wird dem Direktor des Simon-Dubnow-Ins- seiner Dankesrede zur Verleihung der Hedwig-Burgheim-Medaille der Juden- und Fremdenfeindlichkeit kommentiert Micha Brumlik beim Bau des neuen Museums für Jüdische Geschichte in Po- tituts für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig im Netanya-Saal des Alten Schlosses für einen Moment mit Stim- zeitgeschichtliche, kulturelle und politische Themen.“ Er sei damit len mit fünf Millionen Euro unterstützen. Das Museum wird und Professor an der Hebrew University in Jerusalem am 25. No- me und Tränen. Den wichtigsten Preis der Stadt nehme er auch auch zu einer der namhaften Stimmen der jüdischen Gemeinschaft nach Angaben des Fördervereins rund 35 Millionen Euro kos- vember überreicht. für seinen Vater entgegen. Brumlik betonte, dass Erinnerung nicht in Deutschland geworden. „Lieber Micha“, wandte sich Werner ten. Es soll spätestens 2009 auf dem Gelände des ehemaligen Der Autor zahlreicher Werke zur Geschichte des 20. Jahrhunderts rückwärts gewandt bleiben darf, sondern sinnvoll nur mit Blick auf Schneider-Quindeau zum Schluss an den Preisträger, „ich hoffe, Warschauer Gettos eröffnet werden. Gegenüber dem Museum werde ausgezeichnet, weil er in einer Zeit wachsender Ressenti- die Gegenwart und Zukunft betrieben werden kann. dass Dich die Verleihung der Hedwig-Burgheim-Medaille der Stadt steht das Denkmal zur Erinnerung an den Getto-Aufstand, vor ments zwischen Völkern und Kulturen „eine Stimme des Verstehens „Der diesjährige Preisträger ist nicht nur familiär mit Gießen ver- Gießen ermutigt, Deinen Weg wissenschaftlicher Arbeit und öf- dem 1970 Willy Brandt auf die Knie fiel. Das Museum wird die mehr und der Vernunft“ erhebe, begründete die Jury ihre Entscheidung. wurzelt“, betonte Heinz-Peter Haumann in seiner Begrüßungsre- fentlicher Einmischung noch lange fortzusetzen, als Stimme, die als 1000-jährige Geschichte der Juden in Polen dokumentieren. Der Preis ist nach dem in Ludwigshafen geborenen Philosophen de, „er hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder bei An- den heillosen Schrecken und den zivilisatorischen Bruch mit all sei- Im Jahre 1994 entstand im Jewish Historical Institute in Warschau Ernst Bloch (1885 bis 1977) benannt und wird seit 1985 alle drei lässen in unserer Stadt eingebracht.“ Seit vielen Jahren begleite er nen Folgen benennt und für die Geltung der Rechte des Menschen die Idee, ein Museum für Jüdische Geschichte in Polen mit Sitz Jahre für „herausragendes wissenschaftliches oder literarisches die Erinnerungsarbeit in dieser Stadt durch seine Beratung und ak- streitet, die allenthalben bedroht sind.“ in Warschau zu errichten. Die Grundidee ist, nicht nur an die Er- Wirken mit philosophischer Grundhaltung“ vergeben. Zu den tive Teilnahme an Gedenkveranstaltungen zum 9./10. November. Musikalisch wurde die Veranstaltung von Roland Schmiedel am mordung der polnischen Juden zu erinnern, sondern vor allem die Preisträgern zählen der britische Historiker Eric J. Hobsbawm Der Oberbürgermeister erinnerte auch an Brumliks Vortrag auf Flügel begleitet. über tausendjährige Kultur der Juden in Polen darzustellen. Das (2000), der Soziologe Pierre Bourdieu (1997) der Literaturwissen- Einladung des Sonderforschungsbereiches „Erinnerungskulturen“ Kontakt: Universitätsstadt Gießen Museum in Warschau soll ein „erzählendes“ Museum sein mit schaftler Hans Mayer (1988) und der Politikwissenschaftler Dolf der Justus-Liebig-Universität Gießen, an seinen Festvortrag aus An- Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann modernsten Methoden der lebendigen Vermittlung von Inhalten. Sternberger (1985). lass des zehnjährigen Bestehens des Jüdischen Gemeindezentrums Südanlage 5, 35390 Gießen Der frühere Bundespräsident Prof. Dr. Roman Herzog hat anlässlich Kontakt: Ernst-Bloch-Zentrum der Stadt Ludwigshafen und an die Eröffnung der Ausstellung „Legalisierter Raub“ im Mai Tel.: 0641–306–1000, Fax: –2002 seiner Polenreise im Jahre 1994 seine Unterstützung für das Pro- Walzmühlstraße 63, 67061 Ludwigshafen 2004. Mit seiner lebendigen, kritisch-konstruktiven zukunftsori- [email protected], www.giessen.de jekt zugesagt. Daraufhin wurde 1996 der Verein zur Förderung des Tel.: 0621–504–2041 /–3041, Fax: –2450 entierten Erinnerungsarbeit, sei es im engeren wissenschaftlichen Museums für Jüdische Geschichte in Polen e.V. gegründet. Am 25. [email protected], [email protected] Bereich oder auch im publizistisch-öffentlichen Bereich, wirkt Pro- Januar 2005 haben die Stadt Warschau, die Regierung der Repu- www.bloch.de, www.bloch.de/Bloch-Preis/index.htm fessor Brumlik in die Gesellschaft hinein. So stärkt er unermüdlich Jüdisches Museum Berlin blik Polen und die Association of Jewish Historical Institute ein Ab- die Ansätze zu einem gelingenden Dialog zwischen Christen und Götz Aly in den Stiftungsrat berufen kommen geschlossen. Darin verpflichten sich die Partner zum Bau Juden und damit die Ansätze des Verstehens und des Verständ- Der Historiker Götz Aly ist am 17. August 2006 von Bundesprä- und Unterhalt des Museums für Jüdische Geschichte in Warschau. Ehrung nisses zwischen den Menschen, Kulturen und Religionen im Sinne sident Horst Köhler in den Stiftungsrat des Jüdischen Museums Zum Direktor des Museums wurde Dr. Jerzy Halbersztadt bestellt. Hedwig-Burgheim-Medaille für Micha Brumlik Hedwig Burgheims. „Wir ehren einen verdienten Bürger, der sich Berlin berufen worden. Aly gelte als einer der profiliertesten Histo- Am 30. Juni 2005 haben die finnischen Architekten Rainer Mahlmä- Am 28. August 2006 fand die Verleihung der Hedwig-Burgheim- für Menschlichkeit, Verständigung und Verständnis einsetzt. Das riker, dessen Studien zur Euthanasie, zum Holocaust und zur Wirt- ki und Illmari Lahdelm den international ausgeschriebenen Architek- Medaille der Universitätsstadt Gießen statt. Die Auszeichnung sind die Werte Hedwig Burgheims, die wir ehren und wahren wol- schaftspolitik des Nationalsozialismus große Beachtung finden, so tenwettbewerb gewonnen und werden das Museums bauen. Das wird verliehen für Verdienste um Verständigung und Verständnis len.“ Skizzenhaft ließ er Leben und Werk der Pädagogin Revue das Bundespräsidialamt. Museum werde äußerlich ein einfacher, geometrischer Bau sein, zwischen den Menschen. Als 22. Preisträger wurde in diesem Jahr passieren. Dabei erinnerte er an ihre Ankunft in Gießen während Zuletzt hatte Götz Aly für vier Semester die Gastprofessur für in- sagte Museumsdirektor Jerzy Halbersztadt. Der geschwungene In- Prof. Dr. Micha Brumlik ausgezeichnet. des Ersten Weltkrieges, wo sie am Fröbel-Seminar junge Frauen terdisziplinäre Holocaustforschung an der Johann Wolfgang Goe- nenraum sei architektonisch von der biblischen Geschichte von der

86 Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 Foto: Micha Brumlik, 3.5.2005, © Werner Lott, Frankfurt am Main Foto: Götz Aly, 3.5.2005, © Werner Lott, Frankfurt am Main Fritz Bauer Institut · Newsletter Nr. 29 87 IINFOTHEKNFOTHEK

Teilung des Roten Meeres inspiriert. Die Dauerausstellung erarbei- damit auch der Kreis derer, die Preis und Medaille bereits erhalten ten Wissenschaftler aus Polen, Israel und den USA gemeinsam. haben, den Verein und alle UnterstützerInnen darin, sich weiter- Die Ausstellung beginnt mit dem frühen Mittelalter und der Ansied- hin neben dem Engagement gegen Rassismus und Antisemitismus lung der ersten Juden in Polen. Für das 17. Jahrhundert steht die Ent- auch gegen die Abschiebung von Roma-Flüchtlingen in Perspek- stehung der Schtetl mit ihren charakteristischen Holzsynagogen, von tivlosigkeit, Marginalisierung und soziales Elend einzusetzen. Die denen das Museum eine teilweise rekonstruieren lässt. Der Ausstel- Ausweisung von Roma, deren Lebensmittelpunkt seit Jahren in lungsteil über das 19. Jahrhundert konzentriert sich auf das jüdische Deutschland liegt, konterkariert auf dramatische Weise alle noch Leben in den Großstädten und den Zuwachs des Antisemitismus vor so konstruktiven Aktivitäten der Betroffnen. Das öffentliche Enga- der Machtergreifung Hitlers. Das Grauen des Holocaust soll anhand der gement für ein Bleiberecht ist deshalb notwendiger denn je. Schicksale der im Warschauer Getto eingesperrten Juden geschildert Kontakt: Förderverein Roma e.V., werden. Im Ausstellungskapitel zur Nachkriegszeit sollen Menschen Joachim Brenner (Geschäftsleitung), Tel.: 069–440123 zu Wort kommen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in [email protected], www.schaworalle.de die von den Nazis völlig zerstörte Stadt Warschau zurückkehrten. Die Lebenssituation der jüdischen Bevölkerung im kommunistischen Polen und das Schicksal der Nachfahren der polnischen Juden, die Wettbewerb heute verstreut in aller Welt leben, soll dargestellt werden. Neben der „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ Dauerausstellung wird das Museum ein Bildungszentrum mit Platz für Bereits zum sechsten Mal führt in diesem Jahr das „Bündnis für Konzerte, Konferenzen und Filmvorführungen beherbergen. Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“ den Polen war vor dem Zweiten Weltkrieg das Land mit der größten Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ durch. Mit dem jüdischen Diaspora Europas. Etwa jeder zehnte Bürger war Jude. Wettbewerb sollen vorbildliche und nachahmbare zivilgesellschaft- Während des Krieges wurden drei Millionen polnische Juden er- liche Aktivitäten, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemi- mordet, viele der Überlebenden wanderten nach Pogromen der tismus und Diskriminierung sowie für ein tolerantes Miteinander Nachkriegszeit und der antisemitischen Hetzkampagne im Jahre einsetzen, gesammelt und die gelungensten Konzepte prämiert 1968 aus. Erst in den vergangenen Jahren entstand in Polen wieder werden. Die Preissumme von insgesamt 100.000 Euro verteilt sich ein Bewusstsein für die polnisch-jüdische Kultur und Geschichte. auf Einzelpreise zwischen 1.000 und 5.000 Euro, mit denen vor Kontakt: Museum of the History of Polish Jews allem die Leistungen kleinerer Organisationen honoriert werden PL 00-040 Warsaw, 4/6 Warecka St. sollen, die oft mit knappen Mitteln viel bewirken. Die Sammlung Tel.: +48–22–8330021, Fax: –8322043 und Auszeichnung alltäglichen Engagements soll auch dazu die- [email protected], www.jewishmuseum.org.pl nen, Modelle an Interessierte weiterzugeben, damit diese davon lernen können. Gute Praxisbeispiele, auch aus vorangegangenen Wettbewerben, können auf der Website www.buendnis-toleranz. Theodor-Heuss-Medaille 2006 de in der Rubrik „Vorbildliche Projekte” eingesehen werden. Kindertagesstätte „Schaworalle – Hallo Kinder“ Gesucht sind folgende Aktivitäten: des Fördervereins Roma e.V. ausgezeichnet • richtungsweisende, alltägliche Beispiele gelungener Integration, Die Kindertagesstätte „Schaworalle – Hallo Kinder“ des Fördervereins • aber auch konstruktive Lösungen bei Integrationsproblemen, ins- Roma e.V. hat – neben der ungarisch-bulgarischen Roma-Initiative besondere unter Beteiligung von Migrantinnen und Migranten, „Pakiv“, deren Zielsetzung der Abbau von Diskriminierung ist − am • Maßnahmen gegen Diskriminierung jeder Art, 28. April 2006 im Rahmen eines feierlichen Festaktes in der Stuttgarter • Handlungskonzepte zur Gewaltprävention, Reithalle die Theodor-Heuss-Medaille der Theodor-Heuss-Stiftung zur • Engagement gegen menschenverachtende und verfassungsfeind- Förderung der politischen Bildung und Kultur in Deutschland und Eu- liche Ideologien sowie damit verbundene fremdenfeindliche Gewalt, ropa e.V. erhalten. Der Theodor-Heuss-Preis wurde dem ehemaligen • sowie alle anderen Formen respektvollen Miteinanders im Sinne Präsident der Weltbank, James Wolfensohn, für sein Engagement zur der Grundwerte unserer Verfassung und der Menschenrechte. Einrichtung der „Decade of Roma Inclusion; 2005–2015“ verliehen. Die Aktivitäten sollen schwerpunktmäßig von Ehrenamtlichen ge- Einer wegweisenden konzertierten Aktion zur Integration der Roma in tragen werden. Sie können aus allen gesellschaftlichen Bereichen neun osteuropäischen Staaten, die die Verbesserung der sozialen Lage stammen, insbesondere aus Initiativen und Vereinen, den Schulen, und der Bildungssituation der Roma zum Gegenstand hat und den der Wirtschaft, der Kirchen und der Kultur. Bei der Aktionsform Teufelskreis aus Armut und Antiziganismus zu durchbrechen sucht. geben wir keine Beschränkung vor. Geplante Vorhaben können Aus der Begründung: „Die Tageseinrichtung für Kinder und Jugend- nicht eingereicht werden. liche ‚Schaworalle – Hallo Kinder‘ in Frankfurt am Main setzt sich vor- Verfahren: Das Projekt soll auf maximal 5 Seiten DIN-A4 darge- bildlich gegen die soziale und kulturelle Ausgrenzung der Roma-Kinder stellt werden; die Darstellung soll möglichst Angaben zu den Ziel- und -Jugendlichen ein. Sie ist ein Prototyp unter deutschen Bildungs- gruppen, den Aktionsformen, den Methoden und den Wirkungen einrichtungen und vereint erfolgreich Kindergarten und Schulvorbe- enthalten. Zusätzliche Materialien aus dem Projekt können beige- reitung, Alphabetisierung, Gruppenunterricht und Einzelförderung, fügt werden. Die eingereichten Materialien können aus Zeit- und Elterntreff und Jugendhaus unter einem Dach. Die Theodor-Heuss-Me- Kostengründen nicht zurückgeschickt werden. Die Teilnahme am daille für das Jahr 2006 wird Schaworalle für das beispielstiftende Enga- Wettbewerb setzt das Einverständnis voraus, dass wir über das gement, mit dem sie sich, orientiert an der Identität, Kultur, Geschichte Projekt berichten dürfen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. und Tradition der Roma, um die pädagogische Unterstützung und die Kontakt: Bündnis für Demokratie und Toleranz Schulvorbereitung und -begleitung von Roma-Kindern einsetzt.“ Dr. Reiner Schiller-Dickhut, stv. Geschäftsführer Für den Förderverein Roma hat die Anerkennung über die Wert- Stresemannstraße 90, 10963 Berlin schätzung der pädagogischen Arbeit hinaus große Bedeutung. Tel.: 03-236340-811, Fax: -888 Bestätigt doch die Verleihung der Theodor-Heuss-Medaille und [email protected], www.buendnis-toleranz.de

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