Offenes Parlament

Bilanz der XXII. Gesetzgebungsperiode Impressum: Herausgeber und Medieninhaber: Parlamentsdirektion Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Alexis Wintoniak, Mag. Paul Hefelle, Dr. Gudrun Faudon Redaktion: Mag. Barbara Blümel, MAS ([email protected]) Verleger: Springer-Verlag GmbH. Parlament transparent Nr 7/2006 erscheint als Beilage zum „Journal für Rechtspolitik“ Nr 4/2006 Graphisches Konzept: Strobelgasse Werbegesellschaft m.b.H. Graphische Gestaltung (Datenkonvertierung und Umbruch): Grafik Rödl, 2468 Pottendorf Titelbild: Christian Hikade Druck: Ferdinand Berger & Söhne Gesellschaft m.b.H., 3580 Horn

Wien, im November 2006 Editorial

Editorial

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol Präsident des Nationalrates während der XXII. Gesetzgebungsperiode (Photo: Johann Büchinger)

Nationalratspräsident Andreas Khol, der sein Mandat nicht annahm und daher in der XXIII. Gesetzgebungsperiode dem Nationalrat nicht mehr angehört, verabschiedete sich am 30. Oktober 2006 in der konstituierenden Sitzung vom Hohen Haus. In seiner Abschiedsrede ließ er die vier Jahre seiner Parlamentspräsidentschaft Revue passieren:

„Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! 23 Jahre war dieses Haus ein wichtiges Haus meines Lebens. In der Hin­ terbank habe ich angefangen, dann rückte ich weiter vor, wurde Klubobmann und durfte schließlich Ihr Präsident sein. Ich möchte Ihnen allen, die mit mir diese Strecke Weges gegangen sind, sehr herzlich für ihre Unterstützung, aber auch für ihre kritischen Worte danken.

Ich habe vieles mitgestalten dürfen und möchte mich auch bei Peter Kostelka bedanken, der mit mir zusammen Klubobmann in einer großen Koalition war. Wir haben damals eine große Geschäftsordnungsreform gemacht und die Minderheitenrechte aus­ gebaut, und wir haben die im Wesentlichen bis heute bestehende Bezügepyramide beschließen können, den EU-Beitritt, die inter­ nationale Absicherung der Autonomie Südtirols und den Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus – alles Werke, die im Parlament selber beheimatet sind. Ich möchte mich auch bei Peter Westenthaler und Herbert Scheibner bedanken, mit beiden konnten wir in einer anderen Regie­ rung – auch im breiten Konsens des Hauses – die Mitarbeitervorsorge beschließen, alle Restitutionsgesetze, vom Versöhnungs­ fonds bis zum Allgemeinen Entschädigungsfonds, und wir haben noch eine ganze Reihe anderer Gesetze über die Bühne ge­ bracht. Wir haben gemeinsam vieles weiter gebracht und in der Präsidialkonferenz vieles im Parlament verändert. Wir haben unter dem Titel ‚offenes Parlament’ gemeinsam das fortgeführt, was unter dem damaligen Parlamentspräsidenten und heutigen Bundesprä­ sidenten, Heinz Fischer, begonnen wurde und was jetzt dazu geführt hat, dass wir an einem Tag der offenen Tür über 20.000 Men­ schen im Haus begrüßen durften und dass sich die jährliche Besucheranzahl mehr als verdoppelt hat. Ich freue mich auch, dass es gelungen ist, den Konflikt um das Palais Epstein beizulegen und im Einvernehmen mit allen, die daran Interesse hatten, dieses wunderbare Bauwerk der Öffentlichkeit und Ihnen, meinen Damen und Herren, als Arbeitsstätte zur Verfü­ gung zu stellen. Eine große Revolution – da bin ich vor allem den Bediensteten des Hauses dankbar – war das papierlose Parlament. Viele von Ihnen werden sich noch an die schweren Koffer erinnern, die man links und rechts tragen musste. Wir haben alles durch den Laptop er­ setzt und damit viel Geld eingespart. Ich glaube, es hat der Qualität der Arbeit nicht geschadet, sondern sie eher verbessert. Wir haben eine Änderung der Geschäftsordnung gemeinsam beschlossen, in der wir die Mitwirkung des Parlaments bei der Euro­ päischen Gesetzgebung verstärkt haben, haben eine Subsidiaritätskontrolle in Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erreicht, und wir haben auch die regionale Partnerschaft der Parlamente Mitteleuropas gemeinsam gestalten können.

Ich möchte der Präsidiale sehr herzlich danken. Vor allem Wilhelm Molterer, Josef Cap, Herbert Scheibner und . Mit Barbara Prammer und Thomas Prinzhorn zusammen haben wir in dieser Präsidialkonferenz ein sehr gutes Klima des  Offenes parlament

Konsenses erzielen können. Davon wissen auch die Stellvertreter zu berichten, die oft dabei waren. Eine einzige Entscheidung war es, die nicht im Konsens erfolgte, das war die Sitzplatzfrage. Eine wichtige Frage, eine unvermeidliche Entscheidung.

Ich danke Josef Cap, Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner und Alexander Van der Bellen für die liebenswürdigen Worte. Und ich dan­ ke auch Peter Westenthaler für die liebenswürdigen Worte. Nicht alle wissen, dass eine Konferenz, die ein so schwieriges Haus leitet, nur dann funktionieren kann, wenn es so großartige Klubdirektoren gibt, wie wir sie haben. Sie bereiten alles im Einzelnen vor und gestalten dieses Haus in einem guten Geist und in einer guten Stimmung. Ich möchte den Klubdirektoren besonders für ihre Arbeit danken.

Ich wünsche der neu gewählten Präsidentin eine ebensolche Präsidialkonferenz, wie ich sie haben durfte. Eine Fraktion kommt nun dazu, wir hatten schon fünf Fraktionen. Das kann man managen. Ich wünsche Ihnen, liebe Frau Prammer, viel Glück und viel Erfolg für Ihre Tätigkeit. Ich bin überzeugt, auch Ihnen wird es gelingen, in diesem Haus diese Stimmung der Zusammenarbeit, die sich in den vielen einstimmigen Gesetzen niederschlägt, einzurichten. Alles Gute!

Meine Damen und Herren! Ich habe eine Hoffnung und darf sie aussprechen. Ich hoffe, dass uns das Parlament als zentraler Ort des politischen Diskurses erhalten bleibt. Das hängt intrinsisch mit dem Wahlrecht zusammen. Ich bin ein überzeugter Anhänger des derzeitigen Proportionalwahlrechtes, sonst haben kleine Gruppen nicht die Möglichkeit, ins Parlament zu kommen und der Dis­ kurs wird, wie in anderen Ländern, auf die Straße verlegt. Sie müssen hier herein, hier muss die Diskussion stattfinden. Ich hoffe, das bleibt so. Ich hoffe, dass dieses Parlament weiterhin zentraler Ort der österreichischen und für Österreich maßgebenden Gesetzgebung bleibt.

Es gibt die Herausforderung Brüssel, die Herausforderung des Europäischen Parlaments, die Herausforderung der Regierungsge­ setzgebung in den Europäischen Räten, dem gilt es zu begegnen. Wir haben die Schienen für eine Mitwirkung des österreichischen National- und Bundesrates an dieser Gesetzgebung gelegt. Mir fahren noch zu wenige Züge auf diesen Geleisen. Es ist das eine äußerst mühevolle Arbeit, eine lästige Zuspeise zu allem anderen, aber ich bin überzeugt, dass das österreichische Parlament seine Bedeutung nur dann erhalten kann, wenn hier die Züge fahren und wenn die Mitwirkung bei der Europäischen Gesetzgebung, wie sie das Subsidiaritätsverfahren jetzt ermöglicht, genützt wird.

Eine weitere Hoffnung und Bitte zum Schluss. Ich hoffe, dass die Erkenntnis, dass wir unsere Arbeit fernsehgerecht gestalten müs­ sen, größere Verbreitung findet.

Noch eine Bitte, meine Damen und Herren, Sie wissen, es war mir zusammen mit meinen Tiroler Landsleuten in allen Parteien ein Anliegen, uns besonders für Südtirol zu engagieren. Wir haben einen eigenen Südtirol-Unterausschuss über viele Gesetzgebungs­ perioden hinweg gestaltet. Ich hatte die Auszeichnung, auch als Präsident Vorsitzender zu sein und bitte Sie alle, diesen Unteraus­ schuss auch in dieser Gesetzgebungsperiode weiter zu führen. Das politische Versprechen von zumindest drei der damaligen vier Parteien, die Schutzrolle Österreichs für Südtirol in der Verfassung zu verankern, sollten wir honorieren.

Den neu gewählten Abgeordneten möchte ich sagen: Es ist eine wunderschöne Aufgabe, hier Abgeordneter zu sein. Viel Mühe, viel Fleiß, es ist Dienst am Menschen und es ist Dienst an der Republik und ich möchte Ihnen zurufen, wie es in Schillers Ode an die Freude heißt: ‚Laufet Brüder Eure Bahn, freudig wie ein Held zum Siegen.’ Das ist nicht geschlechtergerecht, aber man kann sich die Schwestern dazu denken.

Ich möchte dem Herrn Bundeskanzler danken. Inhaltlich möchte ich nichts sagen, jeder weiß, wie ich stehe, aber ich habe in mei­ ner langen Zeit als Parlamentarier keinen Bundeskanzler erlebt, der praktisch bei jeder Plenarsitzung hier im Haus war und der immer wieder zur Verfügung stand, wenn er gerufen wurde.

Danken möchte ich auch dem Herrn Bundespräsidenten; ich hoffe, es schickt sich. Herr Präsident, wir haben in allen Phasen der verschiedenen Rollen, in denen wir uns gegenüber gestanden sind, vertrauensvoll und erfolgreich zusammen gearbeitet und ich möchte Ihnen sagen, dass seit Ihrer Wahl zum Bundespräsidenten vieles über den Volksgarten hinüber leichter gegangen ist und auch dafür möchte ich Ihnen danken.

Ich danke allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen dieses Hohen Hauses. Sie sind außerordentlich, sie leisten sehr viel. Lassen Sie mich schließen. Es lebe die Republik Österreich! Es lebe unsere schöne Heimat! Leben Sie wohl!“

 Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Parlament und Bürger/innen ...... Seite 4

Nationalrat: Bilanz der legislativen Parlamentsarbeit Seite 9

Tätigkeit des Bundesrates während der XXII. GP des Nationalrates ...... Seite 5

Europäische Union und Internationale Zusammenarbeit Seite 21

Arbeit an der Verfassungsreform Seite 24

Nationalfonds und Allgemeiner Entschädigungsfonds Seite 25

Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode ...... Seite 28

Margaretha Lupac-Stiftung für Demokratie und Parlamentarismus ...... Seite 37

Informationsangebote des Parlaments Seite 39

 Offenes parlament

Parlament und Bürger/innen

Zum Ende der XXII. Gesetzgebungsperiode kann das Parlament auf umfangreiche Bau- und Renovierungsarbeiten, die zur weiteren Öff- nung des Parlaments sowie zu organisatorischen und technischen Anpassungen an die Erfordernisse zeitgemäßer Kommunikations- und Präsentationstechniken genützt wurden, zurückblicken. Nicht umsonst bezeichnete Nationalratspräsident Khol anlässlich seiner Abschiedspressekonferenz die Umbauarbeiten und die damit verbundene Öffnung des Hauses als „Highlight“ seiner Präsidentschaft.

Generalsanierung der Insgesamt nahmen die umfangreichen aufgrund der undichten Brunnenanlage Parlamentsrampe und Sanierungs- und Umbauarbeiten mehr erste Tropfsteine bildeten, erstrecken sich Errichtung eines neuen als eineinhalb Jahre in Anspruch. Baube­ nun – in mehreren Ebenen – auf beinahe Zentraleingangs ginn war im Frühjahr 2004. Schritt für 7.000 Quadratmetern das neue Besu­ Schritt wurde die Parlamentsrampe ab­ cherzentrum, ein Tiefspeicher für die Par­ gerissen. Dabei wurde die Steinverklei­ lamentsbibliothek, das neue Stadtstudio Die Entstehung des neuen Besucherzent­ dung gewissenhaft nummeriert, um sie des ORF und weitere Medien-Räume. rums des Parlaments hängt eng mit der später wieder originalgetreu anbringen Neben dem neuen Aufbau der Parla­ Generalsanierung der Parlamentsrampe zu können. mentsrampe waren auch die möglichst zusammen. Materialabnützung, Witte­ Bereits zuvor ging man daran, die im originalgetreue Wiederherstellung des rungseinflüsse und die undichte ­ Brun Rampenbereich befindliche Lüftungsan­ Parlamentsvorplatzes, die Abdichtung nenanlage vor dem Parlamentsgebäude lage und andere technische Einrich­ der Brunnenanlage – zuletzt gingen wö­ hatten der Rampe so stark zugesetzt, tungen in das Gebäudeinnere zu verle­ chentlich durchschnittlich 8.000 Liter dass sie, um einem drohenden Einsturz gen. Gleichzeitig wurden die auf der Wasser verloren –, und die Restaurierung zuvorzukommen, fast vollständig abge­ Rampe sitzenden steinernen Geschichts­ der Pallas Athene Teil des Gesamtpro­ tragen und neu errichtet werden musste. schreiber und die in Bronze gegossenen jekts. Die 5,5 m hohe Göttin der Weisheit Im Zuge dieser dringend notwendigen Rossebändiger demontiert und in Spezi­ strahlt nach ihrer Verjüngungskur nun­ Sanierungsarbeiten wurde neuer Raum alwerkstätten zur Restaurierung ge­ mehr wieder in altem Glanz. unter der Rampe geschaffen. Dort befin­ bracht. Sämtliche Sanierungs- und Umbauarbei­ det sich nunmehr unter anderem ein mo­ Um zusätzlichen Raum zu gewinnen, ten erfolgten in enger Abstimmung mit dernes Besucherzentrum. weideten Bagger den Hohlraum unter dem Bundesdenkmalamt. Dieses erteilte der Parlamentsrampe aus. Dort wo früher auch die Genehmigung für den Bau eines feuchte Ziegelgewölbe waren und sich neuen Zentraleingangs unter der Parla­ Querschnitt der neuen Rampe – mentsrampe. Ab sofort können Besuche­ Besucherzentrum und Parlamentsshop rinnen und Besucher das Parlament über (Bildquelle: Geiswinkler & Geiswinkler) Glastüren direkt hinter der Statue der Pal­ las Athene betreten. Da größtmögliche Information und Trans­ parenz wichtige Leitlinien des Baupro­ jekts waren, konnten Passantinnen und Passanten die Bauarbeiten durch Sicht­ fenster in der Baustelleneinfriedung mit­ verfolgen. Die Großbaustelle am Ring mutierte so im Laufe der Zeit zu einer Touristenattraktion. Verantwortlich für die Generalsanierung zeichnete der Architekt Herbert Beier, die Idee für den neuen Zentraleingang kam vom Architektenteam Geiswinkler & Geis­ winkler. Sie wurden als Sieger eines Ar­ chitekturwettbewerbs auch mit der In­ nenraumgestaltung beauftragt. Das Projekt Besucherzentrum wurde mit dem renommierten Bauherrenpreis 2006  Parlament und Bürger/innen

ausgezeichnet. Der Preis wird seit 1967 alljährlich von der Zentralvereinigung der Architekten verliehen. Gewürdigt werden Bauvorhaben, die in der Verwirk­ lichung ihrer Bauaufgabe, der Ausfüh­ rung, der architektonischen Gestalt, in ihrem gesellschaftlichen Engagement tags im Rahmen von Führungen zu be­ dessen Bedeutung als zentrale demokra­ und in ihrem innovatorischen Charakter sichtigen. Neben der Nutzung der Ar­ tische Institution im Dienste der Bürge­ als vorbildlich gesehen werden. beitsräume für Abgeordnete steht es auch rinnen und Bürger über die reine parla­ Eine prominent besetzten Jury – Vorsit­ der Öffentlichkeit zur Besichtigung, für mentarische Tätigkeit hinaus gehen soll. zender ist Hans Hollein, weitere Mit­ Veranstaltungen und Ausstellungen zur Der Umbau wurde dementsprechend ge­ glieder sind Marta Schreieck und Thomas Verfügung. Neu ist auch die Veranstal­ nützt, das Parlament noch mehr als bisher van den Valentyn – sprach dem Parla­ tungsreihe „Epstein Vorlesungen“, die As­ zu öffnen und ein Höchstmaß an Service­ ment den Preis zu – die Verleihung fand pekte aus dem weiten Spektrum der Ge­ orientierung und Information zu bieten. am Abend des 25. Oktober 2006 statt – schichte des Hauses und des österrei­ So fügen sich die im Rampenbereich frei genau ein Jahr nach Abschluss des Pro­ chischen Judentums in einer ausgewo­ zugänglichen Informationsmöglichkeiten jekts. Für den Bauherrenpreis 2006 wur­ genen Mischung von wissenschaftlichen mit neuen multimedialen Technologien den 132 Nominierungen eingereicht, 15 Vorträgen und Zeitzeugenberichten be­ zum Parlament als Ort der Bundesgesetz­ Preise wurden vergeben. leuchtet. Den Eröffnungsvortrag hielt gebung, als Ort der Geschichte und als Ort Leon Zelman, Direktor des Austrian Jewish der Kommunikation sowie zur Architektur Welcome Service, am 3. Oktober 2006 des Hauses, ergänzt durch Quizspiele für Renovierung und Adaptierung zum Thema: „Das Palais Epstein – ein le­ Jung und Alt, in das gesamte und neu ge­ des Palais Epstein bendiges Denkmal“. Ihm folgte schon am staltete Führungskonzept ein und leisten 18. Oktober Emil von Schultheiz, der Uren­ einen Beitrag zur politischen Bildung. Das Bei der Adaptierung und Renovierung kel von Gustav Ritter von Epstein zum multimediale Informationsangebot des des Palais Epstein war es selbstverständ­ Thema „Die Familie Epstein und ihr Fortle­ Besucherzentrums wurde in Zusammen­ lich, der historischen Bausubstanz größt­ ben“. arbeit von Mitarbeiter/innen der Parla­ möglichen Respekt entgegenzubringen und äußerst sensibel mit der historischen Dimension dieses bedeutenden Ring­ Ein offenes Haus straßenpalais umzugehen. Dies umso mehr, als die einstimmige Entscheidung Besucherzentrum und der damals fünf Parlamentsparteien im Parlamentsshop Februar 1999, das Palais für parlamenta­ rische Zwecke zu nützen, zu einer langen Mit dem Besucherzentrum und dem neu­ und äußerst kontroversiellen öffentlichen en Zentraleingang wurde ein Zeichen für Debatte führte. Man war sich von Beginn das Selbstverständnis des Hauses gesetzt, links: Besucherzentrum an bewusst, welch große Verantwortung (Photo: Christian Hikade) übernommen wurde. Das Parlament rechts: Parlamentsshop übernahm mit besonderer Freude Ende (Photo: Christian Hikade) 2005 das neu renovierte, in alter Pracht erstrahlende Palais. Im Erdgeschoß ist seit Mitte Jänner 2006 eine öffentlich zu­ gängliche Dauerausstellung über die wechselvolle Geschichte des Palais, die Familie Epstein und den Beitrag des Ju­ dentums zur österreichischen Kultur um die Jahrhundertwende zu sehen. Das ­kulturelle und soziale Engagement des Bauherrn Gustav Ritter von Epstein wird dabei besonders hervorgehoben. Die wunderbaren Prunkräume der „Bel Eta­ ge“ sind Freitag Nachmittag und sams­

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mentsdirektion, den Kuratoren Ernst Tag der offenen Tür allem an der deutlich gestiegenen Zahl Bruckmüller und Oliver Rathkolb sowie von Besucherinnen und Besuchern: De­ Es war eine eindrucksvolle Bestätigung der Firma Checkpointmedia entwickelt. ren Zahl bei Veranstaltungen stieg wäh­ für das Bemühen des Parlaments um Of­ Besonders zu beachten ist der Einsatz rend der Tagung 2005/06 auf 12.514 Per­ fenheit gegenüber den Bürgerinnen und neuer Medien. Geschichte und Funktion sonen gegenüber 12.097 Personen wäh­ Bürgern des Landes und um den Dialog des österreichischen Parlaments werden rend der Tagung 2004/05 (ohne „Offenes mit allen Gruppen der Gesellschaft, als in 15 Medienstationen auf innovative Wei­ Parlament“ – Tag der offenen Tür).1 07.201 Nationalratspräsident Andreas Khol und se vermittelt. So ermöglicht eine virtuelle Personen nahmen im Parlamentsjahr Zweite Präsidentin Barbara Prammer am „Lupen“-Installation dem Besucher, die ar­ 2005/06 an Hausbegehungen und Füh­ 26. Oktober 2005, knapp nach Beendi­ chitektonischen Elemente der Parlaments­ rungen teil, 2004/05 waren es noch gung der Umbauarbeiten, 13.500 Men­ fassade genauer zu betrachten und Infor­ 59.658 gewesen. Das Palais Epstein ver­ schen zum „Tag des offenen Parlaments“ mationen zu den dahinter liegenden zeichnete seit Jänner 2006 5.181 Besu­ begrüßen konnten. Auch 2006 öffnete Räumlichkeiten abzurufen. Checkpoint­ cherinnen und Besucher; 7.077 Personen das Parlament am Nationalfeiertag seine media erhielt für die Umsetzung einen der interessierten sich für die dort gezeigte Pforten – dieses Mal nahmen über 20.000 Staatspreise für Multimedia & e-Business Dauerausstellung. Schon im August wur­ Personen die Chance wahr, das Parla­ 2006, und zwar in der Kategorie „Öffent­ den die 100.000sten Teilnehmer/innen ment und das Palais Epstein zu besichti­ liche Informationen und Dienste“. Das Ju­ an einer Parlamentsführung im Kalender­ gen. ryurteil dazu: „Die multimediale Vermitt­ jahr 2006 begrüßt. „Wir erreichen damit lung der Fragestellung ‚Wie funktioniert ein Ziel, das wir uns ursprünglich bis zum Demokratie?‘ wurde in bestechender Art Führungen durch Parlament und Jahresende 2006 gesteckt haben“, freute und Weise umgesetzt.“ Auch der im Besu­ Palais Epstein sich Nationalratspräsident Khol. cherzentrum untergebrachte neue Parla­ Dass der neue zentrale Eingang zu einem mentsshop findet großen Anklang. Symbol für die neue Offenheit des Hohen Informationsangebote und Hauses geworden ist, erkennt man vor Öffentlichkeitsarbeit des Parlaments

In der XXII. Gesetzgebungsperiode wur­ de dem Aspekt der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit zentrale Bedeutung zugemessen. Das führte zu mehreren Maßnahmen, die in der Folge näher be­ Offenes Parlament – Tag der offenen Tür 2006 leuchtet werden. (Photo: Mike Ranz) Die neue Website

Der Nationalratspräsident sah es als eine vordringliche Aufgabe, die Möglichkeiten zur Kommunikation zwischen den Bür­ ger/-innen und ihren Volksvertretern/-in­ nen im Parlament laufend zu verbessern. Am schnellsten und umfangreichsten geht dies mit den Neuen Medien, vor allem dem Internet. Das Parlament hatte sich auf seiner Web­ site www.parlament.gv.at schon zuvor umfassend dargestellt und viel Informa­ tion angeboten. Vorrangiges Ziel der Neugestaltung im Jänner 2004 war es, dieses umfangreiche Angebot übersicht­ lich zu gestalten sowie Navigation und Graphik zu vereinheitlichen. Sowohl ver­ sierte Kenner/innen parlamentarischer Abläufe und Begriffe, wie Juristen/-innen, Journalisten/-innen und Politiker/-innen, die auf der Homepage nach ganz be­  Parlament und Bürger/innen

Begrüßung der 100.000. Besucher/innen durch den Präsidenten des Nationalrates Andreas Khol (Photo: Bettina Mayr-Siegl) stimmten Dokumenten und Informati­ Das papierlose Parlament: e-Recht onen suchen, als auch jene Bürger/innen, Als eines der ersten Parlamente in Europa die beim Surfen vielleicht zufällig hier hat es das österreichische geschafft, das landen und eher Allgemeines über das Gesetzwerdungsverfahren vom Entwurf In der XXII. Gesetzgebungsperiode wur­ Parlament finden möchten, sollen ­ ein bis zur Veröffentlichung im Bundesge­ den mehr als 700 Beschlüsse über Gesetze, fach und rasch zu den gesuchten Infor­ setzblatt durchgehend elektronisch Staatsverträge und Artikel 15a B-VG-Ver­ mationen gelangen. Für beide Zielgrup­ durchzuführen. Die Umsetzung des Pro­ einbarungen ins Netz gestellt. Damit pen interessant ist ein weiterer Schwer­ jektes e-Recht ermöglicht es, dass sämt­ nimmt Österreich eine Spitzenposition punkt der Neugestaltung: Hinweise und liche parlamentarischen Materialien (Ver­ ein. „Nebenbei sparen wir mit Hilfe der Berichte über das aktuelle Geschehen im handlungsgegenstände, Gesetzesbe­ Elektronik jährlich rund 60 Tonnen Papier, Parlament. Das Informationsangebot im schlüsse des Nationalrates, Stenogra­ das ergäbe im Din A4-Format aufgesta­ Internet umfasst heute rund 200.000 Sei­ phische Protokolle, Tagesordnungen etc) pelt einen Turm, der annähernd vier Mal ten und verzeichnet pro Monat zwischen den Mandatarinnen und Mandataren so­ dem Eiffelturm entspricht“, rechnete Nati­ 400.000 und 600.000 Zugriffe. wie der Öffentlichkeit elektronisch zur onalratspräsident Khol vor. Für die Betreuung des Web-Angebots Verfügung gestellt werden können. Der wurde Anfang 2004 mit dem Content Wechsel vom papierförmigen zum elek­ Parlamentsbibliothek Management auch eine eigene Organisa­ tronischen Gesetzgebungsverfahren auf tionseinheit in der Parlamentsdirektion der Arbeitsebene hat auch zu riesigen Nach der Verlagerung von Bücherbestän­ geschaffen. Zeitgewinnen geführt. den in die neuen Rampenmagazine kann  Offenes parlament

die Neuordnung der Parlamentsbiblio­ mehr Bürgernähe und zu mehr Transpa­ thek erfolgen. Ziel ist es, den ursprüng­ renz in der Politik und ihrer Gestaltung. lich als Magazin genutzten Bibliotheks­ Die Ausgaben von Parlament transparent hauptraum in einen Freihandbereich zu sind unter www.parlament.gv.at, Menü­ verwandeln und die vorhandene Subs­ punkt: Service und Kontakt – Virtueller tanz zu sanieren. Gleichzeitig können Lesesaal abrufbar. durch diese Neuorganisation zusätzlich Arbeitsplätze geschaffen und die seit samte Außenauftritt des Parlaments Neugestaltung des corporate design 1994 im Haus Reichsratstraße 1 angesie­ CD-konform gestaltet. delte Zeitungs- und Zeitschriftenverwal­ Parallel zu den Renovierungs- und Um­ tung samt Zeitschriftenlesesaal wieder in bauarbeiten am Parlamentsgebäude lag Neuer Dienst „Information und den Bibliotheksbereich zurückgeführt es auch nahe, die Neugestaltung des cor­ Öffentlichkeit“ werden. porate design in Angriff zu nehmen. Dazu wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, Ein einheitlicher Auftritt nach außen be­ im Rahmen dessen die Kriterien Stabili­ darf auch einer sehr geradlinigen Organi­ Parlament transparent tät, Seriosität, Offenheit, Vertrauen und sation nach innen. Es war daher ein wich­ Ein wichtiger Teil der Öffentlichkeitsar­ Würde bewertet wurden, die vom Ent­ tiger Schritt, im Zuge der Reorganisation beit ist die neue Schriftenreihe „Parla­ wurf Strobelgasse am Besten erfüllt wur­ der Parlamentsdirektion einen eigenen ment transparent“, die seit Beginn des den. Die Neugestaltung gilt für alle Be­ Dienst „Information und Öffentlichkeit“ Jahres 2006 herausgegeben wird. Neben reiche, in denen das Parlament bzw die zu schaffen. In diesem Bereich sind nun einer jährlichen Bilanz der Parlamentsar­ Parlamentsdirektion nach außen sichtbar die Abteilungen Parlamentskorrespon­ beit werden – in unregelmäßigen Ab­ auftritt: also vor allem für Internet, Druck­ denz (Pressestelle), Content Manage­ ständen – aktuelle Themen mit jeweils sorten, Ausstellungskonzepte, Publika­ ment, Veranstaltungsservice und Parla­ eigenen Ausgaben gewürdigt. Damit tionen, Gestaltung von Hinweistafeln etc. mentsführungen, Information und Publi­ leistet das Parlament parallel zur Öffnung Der Umsetzungsprozess läuft seit Anfang kation, Literaturdokumentation und das des Hauses einen weiteren Beitrag zu September 2005 – mittlerweile ist der ge­ Bürgerservice zusammengefasst.

 Bilanz der legislatives Parlamentsarbeit

Nationalrat: Bilanz der legislativen Parlamentsarbeit während der XXII. Gesetzgebungsperiode

Neben den insgesamt 163 Plenarsitzungen fanden in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode 498 Ausschuss- und 120 Unterausschuss- sitzungen statt. Knapp die Hälfte der 524 Gesetze sind einstimmig beschlossen worden, bei den Staatsverträgen haben sogar 90 Prozent das Plenum mit einem einhelligen Votum passiert. Von den 149 Berichten der Bundesregierung hatten 56 die Zustimmung aller Abgeord- neten. Außerdem fanden zwei Enquete-Kommissionen und vier Enqueten statt. Die Abgeordneten haben auch von ihrem Fragerecht ausführlich Gebrauch gemacht. 4.738 schriftliche Anfragen, davon 47 Dringliche, wurden an die Ministerinnen und gestellt, 53 Anfragen wurden an den Präsidenten des Nationalrates gerichtet, 17 an den Präsi- denten des Rechnungshofes und drei an Ausschussobleute. In der Fragestunde sind 172 mündliche Fragen aufgerufen worden. Auf den folgenden Seiten erfolgt ein Überblick über wichtige Gesetzesbeschlüsse in der abgelaufenen Gesetzgebungsperiode, der aller- dings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Sozialbereich entsprechendem Gesetzesbeschluss nur men des Gesundheitsreformgesetzes mehr sieben Jahre Erwerbstätigkeit Vor­ 2005 eingerichtet wurde, soll die Ent­ Unter anderem wurden in der XXII. Ge­ aussetzung, außerdem wurde ein be­ wicklung im österreichischen Gesund­ setzgebungsperiode im Bereich der Sozi­ günstigter Pensionsantritt für Schwerar­ heitswesen insgesamt beobachten und alpolitik einige wegweisende Gesetzesno­ beiter/innen umgesetzt. seine Weiterentwicklung durch die Vor­ vellen beschlossen. So brachte das Sozial­ Mit Beschluss der 65. ASVG-Novelle kam gabe von Grundsätzen planen und steu­ rechts-Änderungsgesetz 2006 eine Reihe es unter anderem zur Anhebung des Aus­ ern. Sie soll für die Integration und Ko­ von Anpassungen und Änderungen im gleichszulagenrichtsatzes und Einfüh­ operation der verschiedenen Gesund­ Sozialversicherungsrecht. Hauptbestand­ rung der Hospizkarenz. Seit 1. Juli 2002 heitsbereiche Sorge tragen und struktu­ teil ist die Ausweitung des Einsatzes der können Eltern im Rahmen der Familien­ relle Veränderungen im Gesundheits­ e-card nicht nur für die Anspruchsprü­ hospizkarenz sterbende Angehörige und wesen forcieren. fung im Bereich der Länder, sondern auch schwerst erkrankte Kinder betreuen. die Forcierung dieses Instruments als wichtiges Mittel im Bereich des e-govern­ Finanzen ments. Gesundheit Ein weiterer Beschluss galt der Pensions­ Entsprechend dem Regierungspro­ sicherungsreform, die die langfristige Fi­ Im Gesundheitsbereich kam es zu Maß­ gramm wurde die Steuerreform in zwei nanzierung der Pensionen sicherstellt nahmen in Umsetzung der Bestimmun­ Etappen umgesetzt. Es kam zu einer Ent­ und die Basis für die Pensionsharmonisie­ gen des Rahmenübereinkommen der lastung und zu einer Vereinfachung des rung bildet. Mit dieser wurde aufbauend WHO zur Eindämmung des Tabakge­ Steuertarifs. So müssen von 5,9 Mio Steu­ auf der Reform 2003 ein solidarisches brauchs. Durch die Errichtung der Ge- erpflichtigen 2,55 Mio Steuerpflichtige und gleiches Pensionssystem für alle Er­ sundheit Österreich GmbH soll ein natio­ ab 1. Jänner 2005 keine Lohn- und Ein­ werbstätigen geschaffen, in das auch der nales Forschungs- und Planungsinstitut kommensteuer mehr bezahlen. Darüber­ öffentliche Dienst eingebunden ist. Kon­ entstehen, das den Entscheidungsträ­ hinaus kam es zur Einführung eines Kin­ kret kam es unter anderem zur Schaffung gern der Bundes- und Landesebene so­ derzuschlags bei Alleinverdienern/-in­ eines Pensionskontos und Verbesse­ wie der Krankenversicherung die wich­ nen bzw -erhaltern/-innen, auch die Zu­ rungen bei der Anrechnung der Kinder­ tigsten Entscheidungsgrundlagen so­ verdienstgrenze beim Alleinverdie­ erziehungszeiten. Durch die Schaffung wohl für die Strukturplanung der Ge­ nerabsetzbetrag mit Kind wurde deutlich eines Pensionskorridors kann jeder zwi­ sundheitsvorsorge als auch für die Leit­ angehoben. Weitere Maßnahmen betref­ schen dem 62. und 68. Lebensjahr wäh­ linien zur Qualitätssicherung und der fen eine Anhebung der Pendlerpauscha­ len, wann er in Pension gehen will. Für Gesundheitsförderung aufbereitet. Die le, die Senkung des KÖSt-Satzes, die Ein­ den Erwerb einer Eigenpension sind nach Bundesgesundheitsagentur, die im Rah­ führung einer Gruppenbesteuerung so­  Offenes parlament

wie die Förderung der Eigenkapitalbil­ unter anderem die Vorschriften über Be­ der auf EU-Ebene geplanten weiteren Li­ dung in Unternehmen durch Einführung ladung von Fahrzeugen und Ladungs­ beralisierung des Postmarktes beschlos­ einer begünstigten Besteuerung für nicht sicherheit verbessert sowie die Sturz­ sen. Erstmals wurden auch Bestimmun­ entnommene Gewinne. helmpflicht auch auf bestimmte ­motor gen der Post-Universaldienstverordnung radähnliche Vierradfahrzeuge ausge­ gesetzlich abgesichert und darüber hin­ Mit zusätzlichen Geldmitteln im Umfang dehnt. Das Mitführen von reflektierender aus besitzt der Bundesminister für Ver­ von 285 Mio € wurde die aktive Arbeits­ Warnkleidung (Warnwesten) in mehrspu­ kehr, Innovation und Technologie nun­ marktpolitik für ca 60.000 Arbeitskräfte rigen Kraftfahrzeugen wurde vorge­ mehr die Möglichkeit, die Schließung gefördert, sowie ein Kombilohn-Modell schrieben, bisherige Kontrollgeräte wur­ ­einer Filiale zu untersagen. Ein wichtiger geschaffen. den durch digitale ersetzt, eine Novelle Schritt in die Zukunft ist die Einrichtung Das Hochwasserpaket 2005 brachte legte die Einführung des „Fahrens mit eines bei der Rundfunk & Telekom Regu­ Hochwasser-Opfern rasche und unbüro­ Licht am Tag“ fest. Weiters wurde die lierungs-GmbH (RTR) angesiedelten un­ kratische Hilfe und ermöglichte einen zü­ Grundlage für eine so genannte duale abhängigen Regulators mit Jänner 2008. gigen Beginn des Wiederaufbaus. Dazu Ausbildung zum Führerschein geschaf­ Das Telekommunikationsgesetz 2003 kamen steuerliche Erleichterungen. fen; weitere Neuerungen im Führer­ brachte eine Förderung des Wettbe­ Das Abgabenänderungsgesetz 2005 sah scheinbereich betreffen die Einführung werbes im Bereich der elektronischen Neuerungen in zahlreichen Steuergeset­ eines Vormerksystems für Risikolenker/ Kommunikation. Damit sollte die Versor­ zen vor – einerseits EU-Anpassungen und innen, die Einführung des Scheckkarten­ gung der Bevölkerung und der Wirtschaft andererseits nationale Rechtsanpas­ führerscheines sowie die Neugestaltung mit zuverlässigen, preiswerten, hochwer­ sungen und Klarstellungen – und dient des Verfahrens: Durch Auslagerung von tigen und innovativen Kommunikations­ hauptsächlich dem Ziel, den Missbrauch zahlreichen Tätigkeiten an die Fahrschu­ dienstleistungen gewährleistet werden. von Steuergesetzen auszuschließen. len kam es zur Realisierung des Prinzips Verschiedene Maßnahmen, etwa im Be­ Zur besseren Vereinbarkeit von Familie des „One-Stop-Shop“, dh die einzige An­ reich des Wachstums- und Standortge­ und Beruf wurde das „Unternehmen laufstelle für den/die Kunden/in ist die setzes 2003 brachten Förderungen für Haushalt“ durch die Einführung eines Fahrschule. Für bestimmte Schwerfahr­ Breitband-Internetanschlüsse vor allem Dienstleistungsschecks für legale Ar­ zeuge wurde eine Winterreifenpflicht für den ländlichen Raum. beitsverhältnisse zur Erbringung von vorgeschrieben. haushaltstypischen Dienstleistungen in Hauptziele der ÖBB-Reform waren unter Privathaushalten mit geringfügigem Ent­ anderem die Schaffung einer modernen, gelt gefördert. Landesverteidigung wettbewerbsfähigen, transparenten und Im Rahmen des Ökostromgesetzes wur­ diskriminierungsfreien Unternehmens­ de ein Bekenntnis zur Förderung erneu­ Auch im Bereich Landesverteidigung struktur der ÖBB durch Trennung des In­ erbarer Energieträger abgelegt und um­ wurden in der XXII. Gesetzgebungsperio­ frastrukturbereiches vom Absatzbereich gesetzt. de umfassende Reformen umgesetzt. In sowie Aufspaltung des Absatzes in wett­ der Öffentlichkeit am stärksten wahrge­ bewerbsfähige und eigenständige Bran­ nommen wurde sicher der Abschluss der chengesellschaften (Personenverkehr Wohnrecht Arbeit der Bundesheer-Reform-Kommis­ und Güterverkehr) mit entsprechender sion, die nach umfangreichen und fun­ Ergebnisverantwortung sowie die Sicher­ Die Wohnrechtsnovelle brachte Ände­ dierten Arbeiten ihren Endbericht ablie­ stellung eines ausreichenden Mobilitäts­ rungen im Wohnungseigentumsgesetz, ferte, der zahlreiche Empfehlungen an angebotes im schienengebundenen Per­ im Mietrechtsgesetz sowie im Woh­ die Bundesregierung, wie das Bundes­ sonen- und Güterverkehr für das ganze nungsgemeinnützigkeitsgesetz, wobei heer 2010 gestaltet sein sollte, enthält. Land. Weiters wurden mit dem neuen Unklarheiten aus früheren Novellen be­ Verschiedene Wehrrechtsänderungsge­ Dienstrecht Sonderrechte beseitigt. seitigt und einige gemeinnützigkeits­ setze brachten Rechtsbereinigungen und In dieser Gesetzgebungsperiode wurden rechtliche Neuregelungen festgelegt die gesetzliche Verankerung des 6-mona­ alle gesellschaftsrechtlichen und finan­ wurden. tigen Grundwehrdienstes. Das neue Miliz­ ziellen Voraussetzungen für die Inangriff­ system basiert auf freiwilligen Übungen, nahme des Baus des Brenner-Basistun­ verbunden mit einer zusätzlichen Prämie. nels geschaffen. Verkehr Zusätzlich wurde der Prozess der Reorga­ nisation im Bundesministerium für Lan­ Verschiedene Kraftfahrgesetz (KFG) – No­ Post und Telekom desverteidigung weitergeführt und mit vellen während der XXII. Gesetzgebungs­ einer Novelle zum Heeresgebührenge­ periode brachten umfangreiche Neue­ In einem Zwischenschritt wurden recht­ setz die behördliche Zuständigkeit im Zu­ rungen in diesem Bereich. So wurden liche Rahmenbedingungen in Richtung sammenhang mit dem Auslandseinsatz- 10 Bilanz der legislatives Parlamentsarbeit

Präsenzdienst beim Heerespersonalamt Inneres Im Zentrum des neuen Asylgesetzes steht konzentriert. Mit der Einführung eines Mi­ die rasche Hilfe für Asylsuchende und die lizbeauftragten soll die Miliz als ein inte­ Im Bereich Inneres erfolgte eine Neuord­ Entscheidung darüber, ob sie tatsächlich graler Bestandteil des Bundesheeres nung des Asyl-, Fremden- und Niederlas­ als Flüchtlinge im Sinn der Genfer Flücht­ künftig auch eine organisatorische Ent­ sungsrechts. Durch das Fremdenrechts­ lingskonvention anerkannt werden. Par­ sprechung im Zuständigkeitsbereich des paket werden gerade in den sensiblen Be­ allel dazu muss aber sichergestellt wer­ Bundesministeriums für Landesverteidi­ reichen des Asyls und der Fremdenpolizei den, dass der Missbrauch des Asylrechts gung finden. Im Rahmen des Budgetbe­ drei Ziele erreicht, nämlich sicher zu stel­ verhindert und wirksam gegen straffällig gleitgesetzes 2003 hat der Nationalrat im len, dass alle, die schutzbedürftig sind, die­ gewordene Asylwerber vorgegangen Juni 2003 das Bundesgesetz über den sen Schutz auch erhalten, die Verfahren zu werden kann. Nachkauf von Luftraumüberwachungs­ beschleunigen, um den Schutzbedürf­ Im neuen Fremdenpolizeigesetz geht es flugzeugen beschlossen und damit den tigen diesen Schutz auch rasch zukommen um den konsequenten Umgang mit Bundesminister für Landesverteidigung lassen zu können und Missbrauch abzu­ Fremden einschließlich der Asylwerber, ermächtigt, 18 Stück Luftraumüberwa­ stellen und, wo erforderlich, auch mit ent­ die straffällig werden. Durch das neue chungsflugzeuge anzukaufen. sprechenden Sanktionen vorzugehen. Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

Übersicht über die Tätigkeit des Nationalrates in der XXII. Gesetzgebungsperiode (Stand: 163. NR-Sitzung vom 21. September 2006) XXII. GP 2002 2003 2004 2005 2006 Gesamt Anzahl der Plenarsitzungen 2 40 50 42 29 163 davon Sondersitzungen – 4 5 5 6 20

Vom Plenum beschlossen, genehmigt bzw zur Kenntnis genommen: Gesetze – 110 148 163 103 524 davon Bundesverfassungsgesetze – 2 3 4 1 10 Staatsverträge – 45 43 63 37 188 Vereinbarungen gemäß Artikel 15a B-VG – 4 7 1 3 15 Berichte des Rechnungshofes – 4 3 9 14 30 Berichte der Volksanwaltschaft – 2 – 1 1 4 Entschließungen 1 33 53 80 47 214

Von Ausschüssenzur Kenntnis genommen: Berichte der Bundesregierung – 42 28 46 33 149 oder ihrer Mitglieder

Schriftliche Anfragen 15 1.287 1.200 1.304 932 4.738 davon dringliche Anfragen – 12 17 8 10 47

Fragestunden – 3 9 4 4 20

Aktuelle Stunden – 10 10 11 8 39

Ausschusssitzungen 1 131 129 139 98 498 Unterausschuss-Sitzungen – 41 34 27 18 120 Untersuchungsausschuss-Sitzungen – – – – – – Sitzungen von Enquete-Kommissionen – 1 1 1 – 3 (Stand: 163. NR-Sitzung vom 21. September 2006) Quelle: Abt. Parlamentarische Dokumentation, Archiv und Statistik der Parlamentsdirektion

11 Offenes parlament

Gesetzesbeschlüsse der XXII. Gesetzgebungsperiode Abstimmung Vom Plenum beschlossen, XXII. GP ein- mehr- genehmigt bzw zur 2003 2004 2005 2006 gesamt stimmig % heitlich % Kenntnis genommen: Gesetze 110 148 163 103 524 266 50,76 258 49,24 davon Bundes- 2 3 4 1 10 8 80,00 2 20,00 verfassungsgesetze Staatsverträge 45 43 63 37 188 168 89,36 20 10,64 Vereinbarungen gemäß 4 7 1 3 15 12 80,00 3 20,00 Artikel 15a B-VG Berichte des Rechnungshofes 4 3 9 14 30 – – 30 100,00 Berichte der Volksanwaltschaft 2 – 1 1 4 4 100,00 – – (Stand: 163. NR-Sitzung vom 21. September 2006) Anmerkung: In der XXII. GP wurden im Jahr 2002 keine Beschlüsse gefasst. Quelle: Abt. Parlamentarische Dokumentation, Archiv und Statistik der Parlamentsdirektion

Ordnungsrufe in der XXII. Gesetzgebungsperiode bis einschließlich der 163. NR-Sitzung, 21.9.2006 erteilt durch Tagung Präsident Zweite/r Präsident/in Dritter Präsident gesamt 2002 / 2003 7 3 1 11 2003 / 2004 5 2 3 10 2004 / 2005 11 9 2 22 2005 / 2006 15 7 2 24 2006 2 – – 2 Gesetzgebungsperiode 40 21 8 69 gesamt Quelle: Abt. Parlamentarische Dokumentation, Archiv und Statistik der Parlamentsdirektion

kommt es zu einer Harmonisierung des der Möglichkeit von Videoüberwachung ner die unübersichtlich gewordenen, Fremden- und Arbeitsmarktverfahrens. im öffentlichen Raum. Ferner wurde eine insgesamt neun unterschiedlichen Fris­ Die Zivildienstgesetz-Novelle dient der zentrale Gewaltschutzdatei geschaffen. ten für die Verleihung der österrei­ Umsetzung der Ergebnisse der Zivil­ Durch die Zusammenlegung von Polizei chischen Staatsbürgerschaft vereinheit­ dienstreformkommission und wird für und Gendarmerie sollen Synergien ge­ licht. den Bereich des Wehrersatzdienstes die nutzt und durch eine Verschlankung der durch die Verkürzung des Wehrdienstes Organisation mehr Beamte im Dienste Die Novelle des Passgesetzes dient der mit 1.1.2006 erforderlichen Anpassungs­ der Sicherheit der Österreicher einge­ Umsetzung einer Verordnung der EU maßnahmen vornehmen. In diesem Sinn setzt werden. über Normen für Sicherheitsmerkmale wird der Zivildienst auf neun Monate ver­ Besonderes öffentliches Interesse ­er und biometrische Daten in von den Mit­ kürzt, wobei aber die Möglichkeit einer weckte auch die Staatsbürgerschaftsno­ gliedstaaten ausgestellten Pässen und freiwilligen Verlängerung um weitere velle 2005. Die Verleihung der Staatsbür­ Reisepässen. Zur Umsetzung, insbeson­ drei Monate geschaffen wird. gerschaft als Schlusspunkt einer gelun­ dere zur Verbesserung der Fälschungs­ Im Rahmen von Sicherheitspolizeige­ genen Integration ist nun an die Über­ sicherheit und damit zur Terrorbekämp­ setz-Novellen wurden gleichzeitig mit prüfung der Sprachkenntnisse sowie fung sowie zur Unterstützung im Kampf der Zusammenlegung von Polizei und auch der Kenntnisse der demokratischen gegen grenzüberschreitende organisier­ Gendarmerie neue Präventivmaßnah­ Ordnung und der Geschichte Österreichs te Kriminalität, müssen Reisepässe in Hin­ men geschaffen: So kam es zur Möglich­ und des jeweiligen Bundeslandes ge­ kunft über einen Mikrochip zur Daten­ keit der Errichtung von Schutzzonen und bunden. Durch die Novelle werden fer­ speicherung verfügen, auf dem ein digi­ 12 Bilanz der legislatives Parlamentsarbeit

tales Lichtbild des Passinhabers gespei­ Schulreform ist frei. In Hinkunft können lerinnen und Sportlern die Rechtssicher­ chert werden soll. mehr als 95 Prozent aller Schulgesetze heit gegeben, die sie für eine effektive Die Förderung der grenzüberschrei­ mit einfacher Mehrheit beschlossen wer­ und professionelle Ausübung ihrer Sport­ tenden polizeilichen Zusammenarbeit den. Damit hat die von allen Seiten kriti­ art und zur Vorbereitung auf Wettkämpfe wurde durch Abschluss einer Reihe von sierte Blockadepolitik in Bildungsfragen brauchen. bilateralen Kooperationsverträgen im ein Ende. Bereich der Internationalen Zusammen­ Zwei Schulrechtspakete im Jahr 2005 Landwirtschaft, Tierschutz und arbeit wahrgenommen. brachten unter anderem eine Auswei­ tung der Tagesbetreuung und die gene­ Umwelt relle Einführung der 5-Tage-Woche für Im Bereich Landwirtschaft wurden unter Justiz die 6- bis 14-jährigen Schülerinnen und anderem Mittel beschlossen, die notwen­ Schüler, die Individualisierung des Unter­ dig sind, um die bäuerlichen Einkommen Im Justizbereich erfolgte unter anderem richts, eine Ausweitung der Begabtenför­ zu sichern und die Brüsseler Förderungs­ eine Änderung des Opferfürsorgege­ derung sowie die Änderung und Vorver­ programme national kofinanzieren zu setzes unter Einbeziehung weiterer Grup­ legung des Aufnahmeverfahrens für können. pen. Dies betrifft insbesondere wegen mehr Planungssicherheit, die Notenkon­ ihrer sexuellen Orientierung Verfolgte ferenz in der vorletzten Woche, die opti­ Besonderes Interesse in der Öffentlich­ und Opfer von medizinischen Versuchen male Nutzung des Schuljahres von der keit erlangte das Bundestierschutzgesetz, und Zwangssterilisationen. Im materiel­ ersten Woche an, die Blockungen von das nicht zuletzt zu mehr öffentlichem len Strafrecht kam es durch mehrere Unterrichtsstunden für einen flexibleren Bewusstsein in diesem Bereich führte. Strafrechtsänderungsgesetze zu einer Unterrichtseinsatz und schließlich eine Unter anderem kam es zu besseren Stan­ Reihe von Verbesserungen. Zu erwähnen Qualitätssicherung im Bereich der Bil­ dards in der Haltung von Heimtieren, pra­ sind etwa Verschärfungen im Bereich des dungsforschung. xistauglicheren und tiergerechteren Lö­ Sexualstrafrechts. Durch ein Sozialbe­ Im Hochschulbereich wurde mit den Pä­ sungen für Nutztiere sowie mehr Trans­ trugsgesetz wurden zusätzlich zu beste­ dagogischen Hochschulen die österrei­ parenz und Konsequenz durch effektive henden Strafbestimmungen insbeson­ chische Hochschullandschaft geändert. Kontrolle. dere das betrügerische Vorenthalten von Die Ausbildung der Pflichtschullehre­ Im Umweltbereich zu erwähnen ist etwa Sozialversicherungsbeiträgen und die or­ rinnen und -lehrer wird künftig in Form das Emissionszertifikategesetz, das den ganisierte Schwarzarbeit kriminalisiert. von Bolognakonformen Studien auf Bak­ CO2-Ausstoß der Industrie limitiert und Die Strafprozessreform brachte eine Neu­ kalaureatsebene erfolgen, die sich in den damit die Teilnahme der österreichischen ordnung des strafgerichtlichen Vorver­ europäischen Hochschulraum einglie­ Industrie am 2005 startenden europa­ fahrens und damit eine Verlagerung der dern und eine Anhebung der Lehramts­ weiten Handel von Emissionsrechten er­ Ermittlungstätigkeit vom Untersuchungs­ ausbildung auf ein akademisches Niveau möglicht. Die steuerliche Begünstigung richter zum Staatsanwalt. Außerdem gab gewährleisten. Das Studienförderungs­ von Diesel-PKW mit Partikelfiltern ab Juni es wesentliche Änderungen im Zivilrecht, gesetz brachte Änderungen bei der Stu­ 2005 ist ein wichtiger Beitrag zur Verbes­ etwa beim Persönlichkeitsschutz oder dienbeihilfe, wobei die Bedingungen für serung der Luftqualität. Mit der Wasser­ beim Konsumentenschutz. die Förderung eines weiterführenden rechtsgesetz-Novelle 2003 wurden die Durch das Patientenverfügungsgesetz Magister- oder Doktoratsstudiums für Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie wurde die Möglichkeit geschaffen, für den ­erfolgreiche Absolventinnen und Absol­ in österreichisches Recht umgesetzt. Die Fall des Verlustes der Selbstbestimmungs­ venten eines Bakkalaureats- oder Di­ Funktionsperiode des Umweltsenats als fähigkeit Verfügungen darüber zu treffen, plomstudiums verbessert wurden. Berufungsbehörde wurde verlängert, der welche medizinischen Behandlungsmaß­ Besondere Aufmerksamkeit erlangte Sportstättenbau für Großereignisse er­ nahmen nicht gesetzt werden dürfen. auch die Errichtung des Institute of Sci­ leichtert. Im Bundes-Umgebungslärm­ ence and Technology – Austria in Gug­ schutzgesetz – Bundes-Lärmgesetz wur­ ging, welches unter dem Begriff „Elite- den erstmals österreichweit alle rele­ Unterricht, Wissenschaft und Universität“ Eingang in die öffentliche vanten Umgebungslärmquellen erfasst. Sport Diskussion fand. Das neue Bundessportförderungsgesetz Nach langen Verhandlungen konnte im sichert dem Sport die für seine professio­ Verfassung Unterrichtsausschuss des Nationalrates nelle und erfolgreiche Arbeit notwendige eine Einigung zur Schulreform gefunden finanzielle Ausstattung, mit dem neuen Die Entwicklung im Bereich des Versöh­ werden. Die Prinzipien der Schule sind „Anti-Doping-Gesetz“ wird die Fairness nungsfonds und des Nationalfonds für nicht disponibel, aber der Weg für die im Sport gefördert und den Sport­ Opfer des Nationalsozialismus wird in 13 Offenes parlament

einem eigenen Kapitel dieser Publikation Wahl das 18. Lebensjahr vollenden. Das auch der EU-Verfassungs-Vertrag auf­ behandelt, ebenso die Bemühungen um Kundmachungsreformgesetz stellt eine grund einer besonderen bundesverfas­ eine neue Verfassung im Rahmen der wesentliche Grundlage für die erfolg­ sunggesetzlichen Ermächtigung ratifi­ Einrichtung eines Besonderen Aus­ reiche Weiterführung des e-Government­ ziert. schusses. Im Zusammenhang mit den Projektes durch die österreichische Bun­ Aufgrund des VfGH-Erkenntnisses vom Bemühungen um eine Verfassungsre­ desregierung dar, da damit die elektro­ 5. Oktober 2004 wurde eine Neuordnung form ist an dieser Stelle festzuhalten, dass nische Kundmachung aller Rechtsvor­ der Finanzierung der RTR-Ges.m.b.H. und der Nationalrat mit großer Mehrheit den schriften des Bundes geregelt wird. Zum der KommAustria notwendig, die eben­ Wunsch festgehalten hat, dass die Schutz­ Rechtsverkehr zwischen Bürgern/innen falls in der abgelaufenen Gesetzgebungs­ funktion Österreichs für Südtirol in der und Behörden wurde eine Bürgerkarte periode erfolgte. Zu erwähnen sind außer­ österreichischen Verfassung verankert eingerichtet, die den Nachweis der ein­ dem noch die verfassungsrechtliche Ver­ wird. deutigen Identität eines Einschreiters ankerung der Gebärdensprache, die Im Zeitraum der XXII. Gesetzgebungspe­ und den Nachweis der Authentizität des ORF-Gesetz-Novelle und die Änderung riode erfolgte eine Änderung der Natio­ Vorbringens dient. des Privatfernsehgesetzes und das Dere­ nalratswahlordnung, die für die Zukunft So wie bereits der Vertrag über den Bei­ gulierungsgesetzes, mit dem die Rechts­ sicherstellt, dass tatsächlich alle Wahlbe­ tritt Österreichs zur Europäischen Union, bereinigungsbestrebungen fortgesetzt rechtigten das aktive Wahlrecht ausüben die Verträge von Amsterdam und Nizza und nicht mehr erforderliche Normen können, wenn sie spätestens am Tag der sowie der EU-Erweiterungsvertrag wurde aufgehoben wurden.

Beendigung der ordentlichen Tagung 2005/2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode

In der 160. Sitzung des Nationalrates vom 14. Juli 2006 wurde der Beschluss gefasst, den Bundespräsidenten zu ersuchen, die or­ dentliche Tagung 2005/2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit Freitag, dem 14. Juli 2006, für beendet zu erklären.

Beginn der außerordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode

Der Herr Bundespräsident hat den Nationalrat mit Entschließung vom 6. September 2006 gemäß Artikel 28 Absatz 2 des Bundes- Verfassungsgesetzes auf Grund eines von mehr als einem Drittel der Mitglieder des Nationalrates unterstützten Verlangens zu ­einer außerordentlichen Tagung der XXII. Gesetzgebungsperiode, beginnend mit dem 12. September 2006, einberufen.

Beendigung der außerordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode

In der 162. Sitzung des Nationalrates vom 12. September 2006 wurde der Beschluss gefasst, den Bundespräsidenten zu ersuchen, die außerordentliche Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode mit dem Ablauf des 12. September 2006 für beendet zu er­ klären.

Beginn der ordentlichen Tagung 2006 der XXII. Gesetzgebungsperiode

Mit Entschließung vom 6. September 2006 gemäß Artikel 28 Absatz 1 der Bundesverfassung hat der Herr Bundespräsident den Nationalrat für den 15. September 2006 zur ordentlichen Tagung 2006/2007 der XXII. Gesetzgebungsperiode einberufen. Die ein­ zige Sitzung dieser Tagung fand am 21. September 2006 statt.

14 Tätigkeit des Bundesrates in der XXII. GP des Nationalrates

Tätigkeit des Bundesrates während der XXII. GP des Nationalrates

Die Darstellung der Bilanz der Tätigkeit des Bundesrates in der XXII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates erfolgt mit der Maßgabe, dass der Bundesrat im Unterschied zum Nationalrat keine eigene Gesetzgebungsperiode kennt, sondern in Permanenz tagt. Aufgrund einer durchgeführten Nationalratswahl gilt für den Nationalrat das Prinzip der Totalerneuerung, für den Bundesrat hingegen das Prinzip der Partialerneuerung, da jede Landtagswahl eine teilweise Erneuerung bedingt. Bis auf Oberösterreich mit einer sechsjährigen Legisla- turperiode wird in den anderen Bundesländern alle fünf Jahre gewählt, es sei denn, dass ein Landtag vorzeitig seine Auflösung be- schließt. Die Repräsentanz der Länder in der Bundesgesetzgebung erfolgt nach dem Parteienproporz der Landtage. Da sich während einer Legis- laturperiode des Nationalrates und damit auch während einer Funktionsperiode der Bundesregierung das Wähler/innenverhalten in den Ländern entscheidend verändern kann, führt eine Änderung des politischen Kräfteparallelogramms auch zu einer Änderung der Vertei- lung der Mandate im Bundesrat. Somit zeigt sich in der Zusammensetzung des Bundesrates die unmittelbare Dynamik der getroffenen Wahlentscheidungen auf Landesebene.

Sitzverteilung im Bundesrat

Aufgrund der während der XXII. GP des Nationalrates durchgeführten Landtags­ wahlen hat sich die Sitzverteilung im Bundesrat wie folgt verändert:

Sitzverteilung im Bundesrat geänderte Sitzverteilung im Bundesrat aufgrund der Landtagswahlen in Nieder­ Oberöster- Kärnten Salzburg Vorarlberg Steiermark Wien österreich reich und und Tirol Burgenland April Oktober März April Oktober Oktober November 2003 2003 2004 2004 2004 2005 2005 ÖVP 29 28 27 27 27 26 26 SPÖ 21 23 24 25 26 28 29 FPÖ* 10 7 7 6 5 – – Grüne 2 4 4 4 4 4 4 fraktionslos* – – – – – 4 3 * Die FPÖ verliert nach den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland durch den Verlust eines Mandats den Fraktionsstatus.

15 Tätigkeit des Bundesrates Offenes parlament

Übersicht über die Tätigkeit des Bundesrates in der XXII. Gesetzgebungsperiode (20.12.2002–20.09.2006) Anzahl Sitzungen davon (693. bis 738. Sitzung) 46 Gemeinsame Sitzungen NR/BR 2 Bundesversammlung 1

In Verhandlung genommen: Gesetzesbeschlüsse 470 davon davon Zustimmungen nach Art 44 Abs 2 B-VG 14 davon davon sonstige Zustimmungen 1 davon davon Einsprüche 24 davon davon Ablauf der 8-Wochen-Frist 22

Staatsverträge 180 davon davon Zustimmungen nach Art 50 Abs 1 B-VG 68 davon davon Zustimmungen nach Art 50 Abs 1 bzw Art 50 Abs 3 B-VG davon davon iVm Art 44 Abs 2 B-VG 6 davon davon Fälle von Art 50 Abs 2 B-VG 12 Berichte der Bundesregierung und ihrer Mitglieder 57 Berichte der Volksanwaltschaft 4

Eingebracht: Schriftliche Anfragen 368 davon davon Dringliche Anfragen 29 Gesetzesanträge 4 davon davon gem Art 41 Abs 1 B-VG 2 davon davon Anträge eines Drittels der Mitglieder des BR 2 Selbständige Entschließungsanträge 15 Unselbständige Entschließungsanträge 44 davon davon angenommen 26

Sonstiges: Erklärungen von Landeshauptmännern 7 Erklärungen von Mitgliedern der Bundesregierung 8 Fragestunden 26 Quelle: Kanzlei des Bundesrates, Stand: 20. September 2006

16 Tätigkeit des Bundesrates in der XXII. GP des Nationalrates

Einsprüche des Bundesrates gegen einen Gesetzesbeschluss des Nati­ scheidung, Einspruch bzw keinen Ein­ onalrates im Jahr 1994 erfolgt ist. Damals spruch zu erheben, verstreichen lassen, Dass unterschiedliche Mehrheitsverhält­ wandten sich die Mitglieder des Bundes­ wie er dies in der abgelaufenen Legisla­ nisse im Nationalrat und im Bundesrat rates gegen ein Bundesgesetz, mit dem turperiode des Nationalrates in 22 Fällen auch zu unterschiedlichen Aktivitäten in die Länder ermächtigt werden sollten, getan hat. den beiden gesetzgebenden Körper­ eine Abgabe auf den Verbrauch elek­ schaften führt, manifestiert sich ganz trischer Energie zu erheben. Der Ein­ deutlich in der Häufigkeit der erhobenen spruch war insofern erfolgreich, als sich Absolutes Vetorecht des Einsprüche des Bundesrates gegen Ge­ der Nationalrat kurz danach auflöste und Bundesrates setzesbeschlüsse des Nationalrates. Die es nicht zuletzt deshalb zu keinem Behar­ Zahl der Einsprüche des Bundesrates rungsbeschluss mehr kam. Der Bundesrat verfügt seit der BVG-No­ steht in politischer Korrelation mit den velle 1984 über ein mit Zweidrittelmehr­ Mehrheiten im Bundesrat. Verfügen die Da der Nationalrat in den überwiegenden heit zu fassendes Zustimmungsrecht mit Regierungsparteien auch im Bundesrat Fällen der Einsprüche des Bundesrates der Wirkung eines absoluten Vetos zu über eine entsprechende Mehrheit, gibt auf seinen ursprünglichen Beschlüssen Verfassungsgesetzen, durch die die Zu­ es nahezu keine Einsprüche, bei Fehlen beharrt, wie er es zunächst bei der Errich­ ständigkeit der Länder eingeschränkt dieser Mehrheit steigt die Zahl der Ein­ tung eines Zukunftsfonds und einer Sti­ wird (vgl Artikel 44 Absatz 2 B-VG). Der sprüche ganz deutlich an. pendienstiftung aus Restmitteln des Bundesrat hat jedoch auch in diesem Fall Zwangsarbeiter-Versöhnungsfonds ge­ keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestal­ Das Ergebnis der Landtagswahl in der tan hat, ist dies in weiterer Folge derart tung des Gesetzesbeschlusses, er kann Steiermark vom 2. Oktober 2005 hatte etwa auch beim Umweltrechtsanpas­ ihn aber durch die Verweigerung der Zu­ daher direkte Auswirkungen auf die Zu­ sungsgesetz 2005, bei der Staatsbürger­ stimmung oder durch konkludente Ver­ sammensetzung des Bundesrates. Wäh­ schaftsrechts-Novelle 2005, beim Sozial­ sagung der Zustimmung (dh durch rend bisher die Koalitionsfraktionen mit rechts-Änderungsgesetz bzw Sozialversi­ Nichttätigwerden) zu Fall bringen. Sofern 32 Mandaten die Mehrheit hatten und cherungs-Änderungsgesetz 2006, beim der Bundesrat seine Zustimmung nicht die Oppositionsfraktionen mit 30 in der Hochschulgesetzes 2005, beim Gesund­ erteilt, kann das Gesetz auch nicht kund­ Minderheit waren, hat sich dieses Ver­ heitsrechtsänderungsgesetz 2006 und gemacht werden. Es ist beachtlich, dass hältnis nunmehr genau umgekehrt. Seit bei der Wasserrechtsgesetz- und Wohn­ im Umkehrschluss zur Zweidrittelmehr­ die Opposition im Bundesrat über die rechts-Novelle 2006 der Fall gewesen. heit ein Drittel der Bundesräte plus eine Mehrheit an Mandaten verfügt, ist somit Stimme eines Mitglieds des Bundesrates auch die Zahl der Einsprüche mit 24 Der Bundesrat hat acht Wochen Zeit, um über eine Sperrminorität verfügt und die sprunghaft angestiegen. In diesem Zu­ über einen allfälligen Einspruch zu ent­ Bundesräte/-innen von Niederösterreich sammenhang wird angemerkt, dass da­ scheiden, er kann aber auch die Acht- und Wien mit insgesamt 23 Stimmen in vor der letzte Einspruch des Bundesrates ­Wochen-Frist ohne ausdrückliche Ent­ der Lage sind, jeden zustimmungspflich­

Einsprüche des Bundesrates Anzahl XII. GP (1970–1971) 3 XIII. GP (1971–1975) 4 XIV. GP (1975–1979) 14 XV. GP (1979–1983) 13 XVI. GP (1983–1986) 47 XVII. GP (1986–1990) 1 XVIII. GP (1990–1994) 1 XIX. GP (1994–1996) – XX. GP (1996–1999) – XXI. GP (1999–2002) – XXII. GP (2002–2006) 24 Quelle: Abt. Parlamentarische Dokumentation, Archiv und Statistik der Parlamentsdirektion 17 Offenes parlament

tigen Gesetzesbeschluss zu Fall zu brin­ Genehmigung von Initiativrecht des Bundesrates gen. Politisch betrachtet kommt daher Staatsverträgen im vorparlamentarischen Prozess dem Vom Initiativrecht des Bundesrates, dem Zustimmungsrecht als Rute im Fenster Dem Bundesrat kommt im Rahmen der Nationalrat Gesetzesanträge zuzuleiten ein für die Länder besonders entschei­ Kompetenz der Mitwirkung an der Voll­ – und zwar auf Grund eines Beschlusses dender Stellenwert für die Durchsetzung ziehung dieselben Rechte zu, wie dies bei oder auf Grund eines Antrags eines Drit­ deren Interessen zu. Gesetzesbeschlüssen der Fall ist, weshalb tels der Mitglieder – wurde in der abge­ sich das Einspruchs- und Zustimmungs­ laufenen Gesetzgebungsperiode des Na­ In der XXII. Gesetzgebungsperiode des recht auch auf die Genehmigung von tionalrates nur in vier Fällen Gebrauch Nationalrates hat der Bundesrat von ins­ Staatsverträgen erstreckt. Soweit solche gemacht. Es handelte sich dabei um fol­ gesamt 470 Gesetzesbeschlüssen 14 Staatsverträge Angelegenheiten des gende Gesetzesanträge des Bundesrates: ­hievon die Zustimmung nach Artikel 44 selbständigen Wirkungsbereichs der Län­ Änderung des B-VG betreffend Stellung­ Absatz 2 B-VG erteilt. der regeln, bedürfen diese nach Artikel nahmerecht, Änderung des Unvereinbar­ 50 Absatz 1 B-VG der mit einfacher Mehr­ keitsgesetzes betreffend Geschenkan­ Bei den wegen Eingriffs in die Länderzu­ heit zu erteilenden Zustimmung des nahmen, Änderung des B-VG betreffend ständigkeiten mit Zweidrittelmehrheit Bundesrates; sofern durch diese Staats­ Teileinsprüche bei Sammelnovellen und zustimmungspflichtigen Gesetzesbe­ verträge Verfassungsrecht geändert oder Änderung des B-VG zur Ermöglichung schlüssen handelte es sich insbesondere ergänzt wird, bedürfen diese nach Artikel der Briefwahl. um ein Bundesverfassungsgesetz über 50 Absatz 3 B-VG in Verbindung mit Arti­ den Abschluss des EU-Beitrittsvertrages, kel 44 Absatz 2 B-VG der mit Zweidrittel­ Bundesverfassungsgesetze über den Ab­ mehrheit zu erteilenden Zustimmung Kontrollrechte des schluss des Vertrages über eine Verfas­ des Bundesrates. Bundesrates sung für Europa bzw über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Der Bundesrat hat in der abgelaufenen Als „aufmerksamer Aufpasser“ und Ver­ Europäischen Union, ein Versorgungs­ XXII. Gesetzgebungsperiode des Natio­ treter der Länderinteressen nimmt der rechtsänderungsgesetz 2005, ein Kartell­ nalrates dem Abschluss von 180 Staats­ Bundesrat gegenüber der Bundesregie­ gesetz 2005, eine Zivildienstgesetz-No­ verträgen die Genehmigung erteilt. rung auch eine Reihe von Kontrollrechten velle 2005, ein Bundesvergabegesetz wahr. Das häufigste Recht ist die Einbrin­ 2006, ein Bundesgesetz über den Aus­ Zu den 68 nach Artikel 50 Absatz 1 B-VG gung mündlicher, schriftlicher oder landsösterreicher-Fonds sowie Verfas­ zustimmungspflichtigen Staatsverträgen dringlicher Anfragen. sungsänderungen im Zusammenhang zählten bilaterale und multilaterale Ab­ Die eingebrachten mündlichen Anfragen mit der Erlassung eines Bundestierschutz­ kommen unterschiedlichen Regelungs­ wurden in der abgelaufenen Legislatur­ gesetzes bzw eine Änderung des Um­ inhaltes, so vor allem im Bereich der Dop­ periode des Nationalrates in 26 eigenen weltverträglichkeitsprüfungsgesetzes pelbesteuerung, der polizeilichen Zu­ Fragestunden, die in der Regel zu Beginn und des Lebensmittelbewirtschaftungs­ sammenarbeit, des Investitionsschutzes jeder Sitzung aufgerufen werden, behan­ gesetzes 1997. bzw des Umweltschutzes sowie der kul­ delt. Überdies wurde von den 368 an die turellen oder sozialen Zusammenarbeit. Bundesregierung oder deren Mitglieder Eine nach Artikel 35 Absatz 4 B-VG erfor­ Die sechs nach Artikel 50 Absatz 1 bzw gerichteten schriftlichen Anfragen 29 als derliche besondere Zustimmung der Artikel 50 Absatz 3 in Verbindung mit „dringlich“ behandelt. Mehrheit der Vertreter von vier Ländern ­Artikel 44 Absatz 2 B-VG mit Zweidrit­ bezog sich auf das am 6. November 2003 telmehrheit zustimmungspflichtigen In 26 Entschließungen gab der Bundesrat beschlossene Kundmachungsreformge­ Staatsverträge betrafen insbesondere der Bundesregierung oder ihren Mitglie­ setz, im Rahmen dessen die Einführung zwei Abkommen zur Hilfeleistung bei dern Empfehlungen für die Regierungs­ geschlechtsneutraler Funktionsbezeich­ ­Katastrophen und schweren Unglücks­ politik oder Vollziehung von Gesetzen. nungen vorgenommen wurde, die je­ fällen, eine Annahmeerklärung betref­ Diese Resolutionen betrafen insbeson­ doch keine Auswirkungen auf die Länder fend den revidierten Text der internatio­ dere die Harmonisierung der Pensions­ hatte. nalen Pflanzenschutzkonvention, ein ­ Zi systeme, die Stilllegung grenznaher vilrechtsübereinkommen über Korrup­ Atomkraftwerke, die flächendeckende tion – GRECO sowie eine Vereinbarung Versorgung mit Postdienstleistungen, über die Satzung europäischer Schulen. den Transitverkehr durch Österreich, ein

18 Tätigkeit des Bundesrates in der XXII. GP des Nationalrates

Präsidentinnen und Präsidenten des Bundesrates während der XXII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates

Ludwig Bieringer Mag. Georg Pehm 1.7.2002 – 31.12.2002 1.1.2005 – 30.6.2005 Salzburg Burgenland Photo: Joachim Maislinger Photo: Photo: Wiesleitner Photo:

Herwig Hösele Peter Mitterer 1.1.2003 – 30.6.2003 1.7.2005 – 31.12.2005 Steiermark Kärnten Photo: HarryPhoto: Stuhlhofer Photo: fritzpress Photo: - Siegl

Hans Ager Sissy Roth-Halvax 1.7.2003 – 31.12.2003 1.1.2006 – 30.6.2006 Tirol Niederösterreich Photo: Bettina Mayr Photo: Photo: Livio SrodicHBV Photo:

Jürgen Weiss Gottfried Kneifel 1.1.2004 – 30.6.2004 1.7.2006 – Vorarlberg Oberösterreich Photo: eigene Aufnahme Photo: Photo: LandtagsklubPhoto: der ÖVP OÖ

Anna Elisabeth Haselbach 1.7.2004 – 31.12.2004 Wien

Photo: Helmreich Photo: 19 Offenes parlament

Bundestierschutzgesetz, die Entwicklung desrat in der XXII. Gesetzgebungsperiode Das an erste Stelle gewählte Mitglied übt der Ukraine, die Vorlage eines Berichtes des Nationalrates drei Mal Gebrauch ge­ ex lege den Vorsitz im Bundesrat als des­ der Außenministerin über die politischen macht. Im Mittelpunkt dieser Informa­ sen Präsident bzw dessen Präsidentin Schwerpunkte der EU-Präsidentschaft, tionsveranstaltungen standen die Über­ aus. Es entspricht daher einer parlamen­ die demokratiepolitisch bedenklichen windung des „Digital Divide“ als regio­ tarischen Usance, dass aus Anlass der Bestimmungen im ORF-Gesetz, ein ein­ nale Herausforderung, Schule und Bil­ Vorsitzübernahme im Bundesrat die Lan­ heitliches Pflegegeld für Zivildiener, dung als Entwicklungschancen des deshauptmänner des betreffenden Bun­ „Wählen ab 16“ auf Bundesebene und die österreichischen Schulsystems sowie die deslandes eine Erklärung abgeben. Berücksichtigung von kulturellen Veran­ EU-Dienstleistungsrichtlinie und deren In diesem Zusammenhang erfolgte eine staltungen in der Sicherheitsgebühren- Konsequenzen für Österreich. Erklärung der Landeshauptleute der Stei­ Verordnung. ermark, Tirols, Vorarlbergs, Wiens, des Von dem seit 1985 bestehenden Recht Burgenlandes, Kärntens und Oberöster­ der Abhaltung von Enqueten, in welchen Vorsitz im Bundesrat reichs zu aktuellen Fragen des bzw Per­ komplexe Materien unter Beiziehung von spektiven für den Föderalismus, des Ös­ Experten behandelt werden und zu de­ Dem föderalen Aufbau des Bundesrates terreich-Konvents, des Finanzausgleichs nen auch Mitglieder der Bundesregie­ folgend, wechseln die Länder im Vorsitz und zum Thema „Europa der Regionen – rung und Abgeordnete zum Nationalrat des Bundesrates halbjährlich in alphabe­ Europa der Bürger: was die Länder dazu eingeladen werden können, hat der Bun­ tischer Reihenfolge. beitragen können“.

20 Europäische Union und Internationale zusammenarbeit

Europäische Union und Internationale Zusammenarbeit

In der XXII. Gesetzgebungsperiode bildeten die Mitwirkung des österreichischen Parlaments in EU-Angelegenheiten, die Zusammenar- beit mit dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten der anderen EU-Mitgliedstaaten, der Aufbau einer neuen regio- nalen Partnerschaft auf Parlamentsebene und die verstärkte Kooperation mit den Parlamenten der südosteuropäischen Länder die Schwerpunkte im EU- und internationalen Bereich. Eine besondere Herausforderung war dabei die aktive Mitgestaltung der EU-Ratsprä- sidentschaft im 1. Halbjahr 2006.

Regionale Partnerschaft trag auch ratifiziert haben, scheiterte er minister vor jedem EU-Gipfel den Haupt­ bei den Referenden in Frankreich und ausschuss informieren und die österrei­ Am 1. Mai 2004 traten zehn neue Mit­ den Niederlanden. Die nationalen Parla­ chische Position mit den Abgeordneten gliedstaaten der Europäischen Union bei. mente sind seither in zweifacher Hinsicht diskutieren. Bereits im Vorfeld der Erweiterung der von dieser Entwicklung betroffen: Einer­ Auf Ersuchen der Präsidialkonferenz des Union wurde die Regionale Partnerschaft seits geht es darum, die Mitwirkungs­ Nationalrates hat die Bundesregierung auf der Ebene der Parlamente ins Leben rechte der nationalen Parlamente in EU- mit Ministerratsbeschluss vom 22. No­ gerufen. Das erste Treffen fand anlässlich Angelegenheiten zu sichern – hier wurde vember 2004 festgelegt, dass die zustän­ der Ratifizierung des Beitrittsvertrages mit der Subsidiaritäts- und Verhältnis­ digen Mitglieder der Bundesregierung durch den Bundesrat im Dezember 2003 mäßigkeitsprüfung durch die nationalen Einzelberichte zum jährlichen Legislativ- in Wien statt. Seither treffen sich die Par­ Parlamente während der österreichischen und Arbeitsprogramm der Kommission lamentspräsidenten aus der Tschechi­ Ratspräsidentschaft ein großer Fort- und zum Jahresprogramm der Ratspräsi­ schen Republik, aus Ungarn, Slowenien, schritt erzielt. Andererseits sind die natio­ dentschaft dem Parlament übermitteln. Polen, der Slowakei und Österreich halb­ nalen Parlamente auch gefordert, an der Diese Einzelberichte werden seither den jährlich zu einer Konferenz der Regio­ Zukunftsdebatte Europas mitzuwirken. Fachausschüssen zugewiesen, die dann nalen Partnerschaft. Auch auf der Ebene Auch hier hat das österreichische Parla­ die bevorstehenden Legislativmaßnah­ der Fachausschüsse nimmt die Regionale ment während der Präsidentschaft mit men in ihrem Wirkungsbereich beraten Partnerschaft Schritt für Schritt Gestalt der interparlamentarischen Konferenz und diese Berichte enderledigen oder an und dazu kommen noch zahlreiche zur Zukunft Europas am 8. und 9. Mai auch an das Plenum des Nationalrates bilaterale Termine mit unseren Nachbarn. 2006 eine Reaktivierung der Verfassungs­ verweisen können. Weiters hat die Bun­ Die Integration der neuen EU-Mitglieder diskussion erreicht. desregierung mit diesem Ministerratsbe­ in die Union findet auf allen Ebenen statt, Gleichzeitig musste aber auch intern Sor­ schluss zugesagt, „Vorblätter“ für die Be­ auf nationaler, regionaler und lokaler, im ge getragen werden, dass das österrei­ ratungen des EU-Unterausschusses des wirtschaftlichen, kulturellen, gesell­ chische Parlament den Anforderungen Nationalrates bzw des EU-Ausschusses schaftlichen und politischen Bereich. Da­ einer verstärkten Mitwirkung in EU-An­ des Bundesrates zu erstellen. Diese Vor­ mit ist es nur logisch, dass die Regionale gelegenheiten gerecht werden kann. Am blätter beschreiben Inhalt, Ziel der Vor­ Partnerschaft ein Thema für das Parla­ 12. Mai 2005 hat der Nationalrat ein­ lage, Stand des Verfahrens auf euro­ ment ist, denn die Abgeordneten vertre­ stimmig eine entsprechende Reform der päischer Ebene, Auswirkungen auf die ten die Interessen ihrer Wählerinnen und Geschäftsordnung beschlossen. Insbe­ österreichische Gesetzeslage, finanzielle Wähler in diesem gesamten Spektrum. sondere wurden Bestimmungen für Sit­ Auswirkungen und enthalten gegebe­ zungen des Nationalrates zur „ausschließ­ nenfalls Stellungnahmen zur Subsidiari­ lichen Erörterung von EU-Themen“ ge­ tätsfrage. Damit ist eine umfassende Mitwirkung in schaffen. Demnach werden im Rahmen Aufbereitung der Verhandlungsgegen­ EU-Angelegenheiten der sogenannten „Europatage“ auf Vor­ stände für die EU-Ausschüsse gewähr­ schlag der Parlamentsklubs EU-Themen­ leistet. Im Juni 2004 beschlossen die Staats- und bereiche diskutiert. Neben dem EU-Ple­ Auch im Bereich der Parlamentsdirektion Regierungschefs die neue EU-Verfassung, num gab es regelmäßige Sitzungen des wurden entsprechende strukturelle und am 29. Oktober wurde der Verfassungs­ EU-Hauptausschusses und des EU-Un­ personelle Vorkehrungen getroffen. Die vertrag in Rom unterzeichnet. Während terausschusses des Nationalrates. Es ist in mehreren Bereichen der Administra­ Österreich und mittlerweile 14 andere mittlerweile zu einer guten Tradition ge­ tion angesiedelten EU-Agenden sind nun EU-Mitgliedstaaten den Verfassungsver­ worden, dass Bundeskanzler und Außen­ im EU- und Internationalen Dienst zu­ 21 Offenes parlament

sammengezogen und es wurde eine Parlament gelungen, eine verstärkte Mit­ Dieser Vorschlag wurde dann in einer neue Abteilung EU-Koordination ge­ wirkung der nationalen Parlamente in Mitteilung der Kommission an den Euro­ schaffen. Diese Abteilung ist für das Ser­ EU-Angelegenheiten durchzusetzen. In päischen Rat festgehalten. Auch die Kon­ vice der Abgeordneten und der Aus­ Zukunft können die nationalen Parla­ ferenz der Europaausschüsse (COSAC) schüsse in EU-Angelegenheiten zustän­ mente kontrollieren, ob neue Gesetzes­ am 22. und 23. Mai im österreichischen dig. Weiters wurde eine Vertretung des initiativen der EU-Institutionen tatsäch­ Parlament unterstützte diese Vorgangs­ österreichischen Parlaments beim Euro­ lich gerechtfertigt und notwendig sind, weise und schließlich hat der Europäische päischen Parlament in Brüssel eingerich­ oder ob es sich um Themen handelt, die Rat bei seiner Tagung am 15. und 16. Juni tet, um besser an Informationen heran­ näher beim Bürger geregelt werden kön­ 2006 in Brüssel die Europäische Kommis­ zukommen, die Aktivitäten mit den an­ nen, also auf Bundes-, Landes- oder Ge­ sion explizit aufgefordert, die Stellung­ deren Parlamenten zu koordinieren und meindeebene. Diese Idee der Subsidiari­ nahmen der nationalen Parlamente – ins­ die österreichischen Abgeordneten und tätsprüfung durch die nationalen Parla­ besondere in Bezug auf die Grundsätze Bundesräte vor Ort zu unterstützen. mente wurde schon lange diskutiert. Bei der Subsidiarität und der Verhältnismä­ der Subsidiaritätskonferenz am 18. und ßigkeit – gebührend zu berücksichtigen. 19. April 2006 in St. Pölten wurde dann Damit ist dieses Prüfungsverfahren durch EU-Ratspräsidentschaft ein erster Textentwurf vorgelegt. Bei die nationalen Parlamente europäische ­einer mit dem Europäischen Parlament Realität geworden. Während der österreichischen Ratspräsi­ gemeinsam organisierten Konferenz zur Der zweite Schwerpunkt während der dentschaft ist es dem österreichischen Zukunft Europas am 8. und 9. Mai in Brüs­ Ratspräsidentschaft war, gemeinsam mit sel hat der Präsident der Europäischen dem Europäischen Parlament die Diskus­  Parlament transparent Nr 4/2006 widmete Kommission José Manuel Durão Barroso sion über die Zukunft Europas anzukur­ sich ausführlich der Bilanz der Tätigkeit des zugesagt, in Zukunft alle neuen Geset­ beln. Dazu war es zunächst notwendig, Parlaments während des EU-Ratsvorsitzes zesinitiativen der Kommission den natio­ die Grundlagen dieser Zusammenarbeit Österreichs. nalen Parlamenten zu übermitteln, um neu zu definieren. Gemeinsam mit dem sie zur Stellungnahme im Sinne eines Präsidenten des finnischen und des deut­ verbesserten politischen Prozesses ein­ schen Parlaments konnte sichergestellt zuladen. werden, dass bei der Debatte über die Parlamentarisches Treffen zur „Zukunft zukünftige Verfassung Europas die natio­ Europas“ in Brüssel am 8. und 9. Mai 2006: nalen Parlamente als „Herren der Verträ­ Josep Borrell Fontelles, Andreas Khol, ge“ respektiert werden und das EP und José Manuel Durão Barroso und Wolfgang die nationalen Parlamente als gleichbe­ Schüssel (Photo: Europäisches Parlament) rechtigte Partner diesen Diskussionspro­ zess führen. Die Konferenz am 8. und 9. Mai in Brüssel war ein Erfolg und sie findet im Dezember 2006 in Helsinki ihre Fortsetzung. Neben dem Thema Subsidiarität und den großen interparlamentarischen Konfe­ renzen zur Zukunft Europas und zum Lis­ sabon-Prozess hat das österreichische Parlament eine Reihe von Konferenzen der Vorsitzenden von Fachausschüssen der nationalen Parlamente durchgeführt. Auf Einladung des österreichischen Parla­ ments trafen sich im 1. Halbjahr 2006 die Vorsitzenden der auswärtigen Ausschüs­ se, der Innenausschüsse, der Finanzaus­ schüsse und der Umweltausschüsse. Außerdem war das österreichische Parla­ ment Gastgeber des Transatlantischen Dialoges von Mitgliedern des Repräsen­ tantenhauses der Vereinigten Staaten und Mitgliedern des Europäischen Parla­ 22 Europäische Union und Internationale zusammenarbeit

XXXV. COSAC – Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente der EU und des Europäischen Parlaments am 22. und 23. Mai 2006 in Wien (im Historischen Sitzungssaal des österreichischen Parlaments) (Photo: Heeresbild- und Filmstelle – HBF, 1070 Wien)

ments. Von 25. bis 28. Mai 2006 veran­ Abgeordneten und Bundesräte/-innen staltete das österreichische Parlament in 340 EU- bzw internationale Termine im Zusammenarbeit mit AWEPA (Vereini­ Inland und 386 Termine im Ausland wahr­ gung europäischer Parlamentarier für genommen. Die Vertretung der Interes­ Afrika) eine große Parlamentarierkonfe­ sen der Wählerinnen und Wähler auf euro­ renz in Kapstadt im Rahmen der neuen päischer und internationaler Ebene ist EU-Strategie für Afrika. somit zu einem immer wichtigeren Be­ In Summe haben während der XXII. Ge­ standteil der parlamentarischen Arbeit setzgebungsperiode die österreichischen geworden.

23 Offenes parlament

Arbeit an der Verfassungsreform Der Österreich-Konvent und die Verfassungsdiskussion im Nationalrat

Der Beginn der XXII. Gesetzgebungspe­ messen und stand von Beginn an in Jede dieser Sitzungen wurde von der Par­ riode bildete auch einen Anlass für die einem Spannungsverhältnis zum gere­ lamentsdirektion und den Klubs genau Neuaufnahme der Diskussion über die gelten Verfahren der Verfassungsgesetz­ vorbereitet, und zu jeder Sitzung wurden Verfassungsreform. Unter dem Eindruck gebung. Es ist im Konvent dennoch ge­ Bundesräte/-innen, Vertreter/innen der der Beratungen der Europäischen Kon­ lungen, eine Fülle von Textvorschlägen Landeshauptleute, der BKA-Verfassungs­ vente war 2002/03 in Österreich das Be­ und Reformoptionen für anstehende dienst und von den Fraktionen nomi­ wusstsein für die Reformbedürftigkeit der Probleme etwa im Verhältnis von Bund nierte Experten/-innen geladen. Damit Bundesverfassung gestiegen. Der neue und Ländern oder der Verwaltungsge­ hat der Besondere Ausschuss den Weg Präsident des Nationalrates Andreas Khol richtsbarkeit zu formulieren. Es war aber der eingehenden Beratungen und des sprach sich daher, wie zahlreiche andere nicht möglich, eine politische Einigung Dialogs fortgesetzt, wie er im Österreich- Politiker, für eine Neuaufnahme der 1994 über einen Vorschlag für eine neue Ver­ Konvent begonnen wurde. mit der Bundesstaatsreform geschei­ fassung bzw eine große Verfassungs­ terten Verfassungsdiskussion und die Ein­ reform zu erzielen. In der letzten Sitzung des Besonderen richtung eines Österreich-Konvents aus. Ausschusses stellte dessen Obmann, Na­ Am 28. Januar 2005 wurde die letzte Sit­ tionalratspräsident Andreas Khol, fest, Nach intensiven Vorgesprächen wurde zung des Konvents abgehalten und der dass dieser Ausschuss das erreicht habe, auf Einladung von Bundeskanzler Wolf­ Bericht des Österreich-Konvents zur was politisch möglich war: „Die einzelnen gang Schüssel am 2. Mai 2003 das Grün­ Kenntnis genommen. Dieser wurde an­ Fraktionen haben – anders noch als im dungskomitee des Österreich-Konvents schließend vom Bundeskanzler dem Na­ Konvent – ihre Positionen zu Kernthemen konstituiert, das die Grundsätze des Kon­ tionalrat zur geschäftsordnungsmäßigen der Verfassungsreform deutlich zum Aus­ vents und seine Zielsetzungen formulier­ Behandlung übermittelt. Mit den Stim­ druck gebracht und in einem ausführ­ te. Alle politischen Kräfte der Republik men der Regierungsparteien wurde in lichen Ausschussbericht festgehalten. haben damit eine positive Einstellung zur der 99. Sitzung des Nationalrates am 31. Damit sind die tatsächlichen Vorausset­ Verfassungsreform und ihren Willen zur März 2005 die Einsetzung eines „Beson­ zungen für politische Verhandlungen, für Mitarbeit bekundet. Unter dem Vorsitz deren Ausschusses“ beschlossen. Dies die Konsenssuche und die Umsetzung des damaligen Rechnungshofpräsi­ wurde damit begründet, dass es sich bei einer Teil- oder Gesamtreform der Verfas­ denten Franz Fiedler sind die 70 Mit­ der Verfassungsreform um ein Sachge­ sung geschaffen worden.“ glieder des Konvents am 30. Juni 2003 zu biet handle, dass den Arbeitsbereich ihrer ersten von insgesamt 17 Sitzungen eines einzigen Ausschusses bei weitem Parallel zu den Beratungen des Konvents zusammengetreten. In zehn Ausschüs­ übersteige. und des Besonderen Ausschusses wurde sen, die insgesamt 179 Sitzungen ab­ in der Parlamentsdirektion die „Quellen­ gehalten haben, wurde das geltende Der Besondere Ausschuss hat von Mai sammlung Verfassungsreform“, eine In­ Bundesverfassungsrecht analysiert und 2005 bis Juli 2006 in zehn Sitzungen vor formationsplattform zu Verfassungsre­ Reformvorschläge ausgearbeitet. Über­ allem jene Themen der Verfassungs­ form, Verfassungsrecht und Verfassungs­ einstimmend wurde von Mitgliedern des reform behandelt, in denen eine poli­ politik in Österreich, geschaffen. Sie do­ Konvents wie außenstehenden Beobach­ tische Einigung und Umsetzung nahe kumentiert die Arbeit des Konvents, die tern festgestellt, dass noch nie zuvor in scheint bzw zu denen es nach wie vor Beratung der Verfassungsreform im Na­ solcher Breite und vor allem in und mit sehr konträre Standpunkte gibt. Ausführ­ tionalrat sowie vorangegangene Reform­ der Öffentlichkeit über die Bundesverfas­ lich wurde daher über die Verfassungs­ diskussionen und verbindet diese mit der sung diskutiert worden ist. Der Öster­ bereinigung, Grundrechte und Grund­ wissenschaftlichen, politischen und me­ reich-Konvent wird daher als Referenz­ rechtsschutz, Staatsziele und Präambel, dialen Auseinandersetzung mit der Ver­ punkt für den Fortgang der Verfassungs­ Verwaltungsstruktur und Landesver­ fassung. Die Quellensammlung ist öffent­ reform bestehen bleiben. waltungsgerichte, sicherheitspolitische lich und kostenfrei und steht im Internet Grundsätze, Bundesstaat, Finanzverfas­ unter der Adresse www.konvent.gv.at zur Der Zeithorizont für die Konventsbera­ sung und Kompetenzverteilung sowie Verfügung. tungen war mit 18 Monaten knapp be­ über Kontrollrechte diskutiert.

24 Nationalfonds und Allgemeiner Entschädigungsfonds

Nationalfonds und Allgemeiner Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus

Nationalfonds mer als Zweite Präsidentin des National­ nahmen vorbereitet, damit der Fonds ab rates dessen Platz im Komitee ein. Herbst 2006 mit einer Kunst-Datenbank Ab Februar 2004 erfolgte eine Prüfung im Internet vertreten ist. Diese Kunst- des Fonds durch den Rechnungshof; der ­Datenbank soll alle Kunstgegenstände Prüfbericht, welcher durchwegs positiv enthalten, deren Verwertung nach dem ausfiel, wurde im August 2005 veröffent­ Kunstrückgabegesetz 1998 sowie dem licht. In der Sitzung des Komitees des Na­ Wiener Gemeinderatsbeschluss zur Kuns­ tionalfonds vom 18. März 2004 wurden trückgabe vom 29. April 1999 dem Natio­ Der Nationalfonds der Republik Öster­ Richtlinien für die Vergabe von Projekten nalfonds obliegt. Im Sommer 2005 hat reich für Opfer des Nationalsozialismus beschlossen, in dessen Sitzung vom 13. sich der Nationalfonds mit den Leitern wurde 1995 anlässlich des 50. Jahres­ Juli 2004 wurde ein Richtlinienentwurf der betroffenen Museen und Samm­ tages der Errichtung der Zweiten Repu­ für Sozialfälle genehmigt. Im August lungen in Verbindung gesetzt, um die blik per Bundesgesetz, BGBl 1995/432, 2004 erfolgte aufgrund des vermehrten Kooperation der einzelnen Häuser bei eingerichtet. Platzbedarfes infolge der Aufnahme von der Realisierung dieser Datenbank zu si­ Das Komitee des Nationalfonds trat in neuen Mitarbeiter/innen im Allgemeinen chern und so Kontakte für die konkrete seiner neuen Zusammensetzung unter Entschädigungsfonds die Übersiedlung Abwicklung herzustellen. Darüber hinaus dem Vorsitz von Präsident Andreas Khol des Fonds in die neuen Büroräumlich­ werden Anfragen von Antragsteller/in­ als Präsidenten des Nationalrates erst­ keiten in der Kirchberggasse 33–35, 1070 nen betreffend geraubter Kunst- und Kul­ malig am 28. Februar 2003 zusammen. Wien. Im Herbst 2004 begann die vom turgüter an das Bundesdenkmalamt oder Die weiteren Komiteemitglieder waren Kuratorium beschlossene Zweitauszah­ direkt an die Museen weitergeleitet. Da­ Heinz Fischer (Zweiter Präsident des Na­ lung nach § 2b Nationalfondsgesetz in neben erfolgt die systematische Durch­ tionalrates), Thomas Prinzhorn (Dritter Höhe von € 1.000,– pro Person, welche sicht der bisher beim Nationalfonds ein­ Präsident des Nationalrates), Alexander mittlerweile fast abgeschlossen werden gelangten Anträge auf verloren gegan­ Van der Bellen sowie Wolfgang Schallen­ konnte. gene oder geraubte Kunstgegenstände. berg. Nach der Wahl Heinz Fischers zum Ein im Jahr 2004 eingerichtetes internes 2005 wurde anlässlich des 10-jährigen Be­ Bundespräsidenten nahm Barbara Pram­ Projektteam hat alle erforderlichen Maß­ stehens des Nationalfonds eine Jubilä­

Zahlen zur Entwicklung des Nationalfonds 2003 2006 16 Angestellte 14 Angestellte Personalstand 4 freie Dienstnehmer/innen 9 freie Dienstnehmer/innen 1 Konsulent 1 Konsulent Anträge – Auszahlungen Gestezahlung 28.437 29.770 Sozialfälle – 2. Auszahlung 300 370 Sozialfälle – 3. Auszahlung 35 60 Härteausgleichsfonds 66 83 Raubgoldgelder 43 46 Mietrechtsentschädigung § 2b 18.558 20.275 Nachzahlung § 2b (seit 2004) – 17.797 Projekte 162 440

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Zahlen zur Entwicklung des Allgemeinen Entschädigungsfonds 2003 2006

23 Angestellte 83 Angestellte Personalstand 16 freie Dienstnehmer/innen 62 freie Dienstnehmer/innen

Anträge/Bearbeitungsstand (Antragskomitee) Eingelangte Fragebögen 8.586 20.664 Davon vom Antragskomitee entschieden – 7.835 Vorauszahlungen (seit 2005) Versandte Vorauszahlungspakete – 3.444 Eingelangte Antworten – 2.881 Vorauszahlung ausbezahlt – 2.739 Schiedsinstanz Eingelangte Anträge 406 1.660 Empfehlungen – 27 Zurückweisungen – 103 Ablehnungen – 26

ums- und Informationspublikation her­ ausgegeben. Die Jubiläumspublikation beinhaltet die Entstehung und Entwick­ lung des Nationalfonds und des Allgemei­ nen Entschädigungsfonds sowie Lebens­ geschichten von Antragsteller/innen. Die Informationspublikaton beleuchtet Allgemeiner Antragskomitees ihre Tätigkeit voll auf die gesetzesmäßige Entstehungsge­ Entschädigungsfonds und bearbeiten die von den Mitarbei­ schichte des Nationalfonds und des All­ ter/innen des Fonds vorbereiteten Ent­ gemeinen Entschädigungsfonds sowie Der Allgemeine Entschädigungsfonds scheidungen. Hier zeigte sich bald, dass Zahlen, Daten und Fakten. wurde mit dem „Bundesgesetz über die trotz Einführung eines „Standardisierten 2005 wurde mit einer Überarbeitung der Einrichtung eines Allgemeinen Entschä­ Verfahrens“ im Entschädigungsfonds, mehrsprachigen Website des National­ digungsfonds für Opfer des Nationalso­ welches es ermöglichen sollte, die große fonds und des Allgemeinen Entschädi­ zialismus und über Restitutionsmaß­ Anzahl von Fällen möglichst rasch zu be­ gungsfonds im Hinblick auf eine erhöhte nahmen (Entschädigungsfondsgesetz) arbeiten und für welches eine maßge­ Benutzerfreundlichkeit begonnen. Noch sowie zur Änderung des Allgemeinen So­ schneiderte Software erstellt wurde, die im Jahr 2006 wird die neue Website on­ zialversicherungsgesetzes und des Op­ personellen Ressourcen des Fonds nicht line gehen. ferfürsorgegesetzes“, BGBl I 2001/12, ein­ ausreichend waren. Neben seinen ursprünglichen Kernaufga­ gerichtet. Die Grundlage für dieses Ge­ Im Jahr 2004 erfolgte daher eine erste ben unterstützte der Nationalfonds auch setz bildet das „Washingtoner Abkom­ massive Aufstockung des Personals des weiterhin, wie im Entschädigungsfonds­ men“, welches am 17. Jänner 2001 zwi­ Entschädigungsfonds, die auch eine Über­ gesetz vorgesehen, den Allgemeinen schen den Vereinigten Staaten von Ame­ siedlung des Fonds und seines umfang­ Entschädigungsfonds in administrativer rika und der Republik Österreich abge­ reichen Archivs von der Schottengasse an Hinsicht. schlossen wurde. seinen heutigen Standort in der Kirchberg­ Während die Arbeit des Entschädigungs­ gasse im 7. Bezirk notwendig machte. fonds in der ersten Hälfte des Jahres 2003 Im Zeitraum von Februar bis April 2004 vom Ende der zweijährigen Antragsfrist führte der Rechnungshof eine umfas­ zur Einbringung von Anträgen an den sende Überprüfung des Allgemeinen Allgemeinen Entschädigungsfonds am Entschädigungsfonds durch. Die im Be­  Meissner, Renate (Hrsg), 10 Jahre National­ richt des Rechnungshofs enthaltenen fonds. Einblicke. Ausblicke (Wien 2005). 28. Mai 2003 geprägt war, nahmen im Meissner, Renate (Hrsg), 10 Jahre National­ Laufe des Jahres die berichterstattenden Anregungen wurden durch den Fonds fonds. Zahlen, Daten, Fakten (Wien 2005). Mitglieder des international besetzten bereits weitgehend umgesetzt.

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Im September 2004 wurde Prof. Robert zelnen Verfahren für die vom Antrags­ Dieser erfolgte am 7. Dezember 2005 Rosenstock, das von der amerikanischen komitee festgestellten Forderungen aus­ durch Abweisung der letzten in den Verei­ Regierung nominierte Antragskomitee­ zahlen wird. Dazu wurden zwei Statistik­ nigten Staaten anhängigen Klage. mitglied, durch Prof. Vivian Curran ersetzt. institute beauftragt. Auf Grund dieser Für die Vorauszahlung wurde im Jahr Prof. Rosenstock verstarb kurz nach der Prognosen konnte dann das Kuratorium 2005 zusätzliches Personal eingestellt letzten Komiteesitzung, an der er teilge­ in seiner Sitzung am 15. Dezember 2005 und eine notwendige Büroerweiterung, nommen hatte. sowohl die Erbringung von vorläufigen durch Anmietung eines weiteren Halb­ Auf Grund des teilweise hohen Alters der Leistungen beschließen als auch die stocks, durchgeführt. Antragsteller/innen beim Fonds wurden Höhe der Quote der vorläufigen Leistung Im Jahr 2006 musste aus gesundheit­ 2005 vorläufige Leistungen an diejenigen (10 Prozent im Forderungsverfahren, 15 lichen Gründen abermals ein Wechsel im Antragsteller/innen, die bereits eine Ent­ Prozent im Billigkeitsverfahren, 15 Pro­ Antragskomitee erfolgen. Mit der Bestel­ scheidung vom Antragskomitee zuge­ zent für Versicherungen) festlegen. Noch lung von Jonathan Greenwald, des Vize­ stellt bekommen haben, beschlossen. am Abend nach der Kuratoriumssitzung präsidenten der International Crisis Die Vorbereitungen zur Änderung des gingen die ersten 50 Briefe mit der Mittei­ Group, zum neuen US-amerikanischen Entschädigungsfondsgesetzes, welche lung über die Möglichkeit der Vorauszah­ Mitglied konnte die Entscheidungsfin­ am 16. November 2005 vom Nationalrat lung an Antragsteller/innen zur Post. dung im Antragskomitee unter dem Vor­ beschlossen wurde, sowie die Planung Insgesamt wurde vom 15. Dezember bis sitz von Sir Franklin Berman und mit und Umsetzung dieser Vorauszahlungen Jahresende an 1.693 Antragsteller/innen Dr. Kurt Hofmann als österreichischem stellten neben der Konzentration auf die das so genannte Vorauszahlungspaket Mitglied aber zügig weiterlaufen. Fallbearbeitung die Arbeitsschwerpunkte versendet. An 78 Antragsteller/innen Die auch beim Allgemeinen Entschädi­ des Fonds im letzten Jahr dar. konnte noch im Jahr 2005 die vorläufige gungsfonds eingerichtete Schiedsinstanz Mit der Planung der Vorauszahlungen Leistung angewiesen werden. für Naturalrestitution konnte in den Jah­ wurde Anfang Juni 2005 begonnen. Da Aufgrund der vom Entschädigungsfonds­ ren 2003 bis 2006 mit Unterstützung der im ursprünglichen Gesetz eine Auszah­ gesetz geregelten Koppelung der Aus­ im Fonds für die Bearbeitung von lung erst nach Entscheidung aller Anträ­ stattung des Fonds mit den zu seiner Do­ Schiedsinstanzanträgen tätigen Mitar­ ge vorgesehen war, wurde das gesamte tierung vorgesehenen US$ 210 Mio an die beiter/innen ihre schwierige Arbeit er­ System des Fonds darauf ausgerichtet. Rechtssicherheit war der Eintritt des vom folgreich weiterbringen. Voraussetzung für eine Vorauszahlung Entschädigungsfondgesetz geforderten Die Frist zur Einbringung von Anträgen war die Feststellung der voraussicht­ Rechtsfriedens vor amerikanischen Ge­ an die Schiedsinstanz wurde 2004 und lichen Höhe der Quoten, die der Allge­ richten Voraussetzung für die Möglichkeit zuletzt im Jahre 2005 verlängert und en­ meine Entschädigungsfonds in den ein­ zur Erbringung vorläufiger Leistungen. det nun am 31. Dezember 2006.

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Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode

In der Amtszeit von Nationalratspräsident Andreas Khol fanden mehr als 300 Veranstaltungen im Parlamentsgebäude und – nach dessen Fertigstellung – im Palais Epstein statt. Als Gastgeber/innen fungierten dabei neben dem Präsidenten des Nationalrates auch der Zweite Präsident des Nationalrates Heinz Fischer sowie ab 2004 die Zweite Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer, der Dritte Präsident des Nationalrates Thomas Prinzhorn sowie die Präsidentinnen und Präsidenten des Bundesrates (Herwig Hösele, Hans Ager, Jürgen Weiss, Anna Elisabeth Haselbach, Georg Pehm, Peter Mitterer, Sissy Roth-Halvax und Gottfried Kneifel). Der thematische Bogen umfasste Buchpräsentationen, Ausstellungen, Symposien, Konzerte, Ehrungen, Gedenkveranstaltungen, Emp- fänge bis hin zu einer Serie von Theateraufführungen im Rahmen der Wiener Festwochen. Schon bei der Antrittsrede nach der Wahl zum Präsidenten des Nationalrates in der 1. Sitzung der XXII. Gesetzgebungsperiode am 20. Dezember 2002 formulierte Andreas Khol seine Absichten: „Sehr bald wird es nicht mehr nur ein ‚Haus am Ring’ geben, sondern ‚Häuser am Ring’ (...). Ich möchte diese „Häuser am Ring“ als offene Häuser für das, was Kunst, was Literatur, was Wissenschaft, was Diskussion ist, mit Ihnen zusammen weiter ausgestalten und zu einem Ort der Bürgergesellschaft machen, an dem die vielen Freiwilligenorganisati- onen, die vielen Freiwilligen, die mehr als ihre Pflicht tun, auch mit den Vertretern der gesetzgebenden Körperschaften zusammentreffen können.“ Einige Veranstaltungen, die besondere Beachtung verdienen, sollen hier exemplarisch angeführt werden.

Die Präsentation der Werk vor einer großen Politikerin, so Lehrerbildungsanstalt. Später wurde er Publikation „Olga Rudel ­Klasnic. Landesschulinspektor für Schlesien, und Zeynek – Pionierin im Für Bundesratsvizepräsidentin Anna Eli­ die Familie zog darum nach Troppau um. Parlament“ durch den sabeth Haselbach liefert die von der Par­ Zeynek absolvierte die Bürgerschule und Präsidenten des Bundesrates lamentsdirektion edierte Broschüre über anschließend die Höhere Töchterschule Rudel-Zeynek Anregungen für die Gegen­ im Ursulinenkloster Freiwaldau. 1892 Herwig Hösele (10. Juni 2003) wart. Sie sei ein Auftrag, ständig an der kam die Familie nach Wien, wo Olga und Enthüllung des Portraits Verbesserung der Lebensumstände wei­ Zeynek fünf Jahre später den Offizier ­Ru von Olga Rudel-Zeynek durch terzuarbeiten. Vieles, was damals schon dolf Rudel heiratete. An seiner Seite lebte die Präsidentin des gefordert worden sei, sei erst in der Zwei­ sie in den letzten Jahren der Monarchie Bundesrates Sissy Roth-Halvax ten Republik verwirklicht worden, und in verschiedenen Garnisonsstädten, so in (13. Juni 2006) immer gebe es noch Verbesserungswür­ Novi Sandec, Triest, Lemberg, Sopron und diges. Rudel-Zeynek sei eine engagierte, Tarnopol. Olga Rudel-Zeynek war 1927 weltweit kluge Persönlichkeit gewesen, die Miss­ Der Kriegsbeginn überraschte Zeynek in die erste Präsidentin einer parlamenta­ stände erkannt und sie zu beseitigen ver­ Graz, wo sie Verwandte besucht hatte rischen Kammer. Die Steirerin schrieb da­ sucht habe. Diese Haltung sollte auch in und auch während der gesamten Ausein­ mit Geschichte. Präsident Hösele und unseren Tagen Vorbild sein. andersetzung blieb. Ihr Mann kehrte Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic 1915 aus dem Feld nach Wien zurück, wo gedachten in ihren Reden am 10. Juni Olga Rudel-Zeynek (1871–1948) die Ehe der beiden 1918 geschieden wur­ 2003 des 75. Jahrestags der Kür von Olga de. Zeynek begann sich jedoch schon Geboren wurde Olga von Zeynek am Rudel-Zeynek zur ersten Präsidentin während des großen Völkerringens kari­ 28. Januar 1871 in Olomouc (Olmütz) im eines Parlaments. Vor allem wurde das tativ zu betätigen und engagierte sich in Nordosten der heutigen Tschechischen soziale Engagement Rudel-Zeyneks be­ katholischen Frauenverbänden. Sie half Republik. Ihr Vater war dort Direktor der tont, die, hätte es die Funktion einer Volks­ ehrenamtlich in einer Kriegsküche und anwältin damals schon gegeben, fraglos verteilte Lebensmittel an Bedürftige. für dieses Amt prädestiniert gewesen  Parlamentsdirektion (Hrsg), Olga Rudel- Gleichzeitig begann sie, Märchen und Er­ wäre. Rudel-Zeynek habe, so Klasnic, da­ Zeynek. Pionierin im Parlament (Wien 2003). zählungen zu verfassen, die in verschie­ mals schon erkannt, dass der ganze Diese Publikation ist auch im Internet abruf­ denen steirischen Zeitungen erschienen, Mensch gefordert sei. Es brauche lang­ bar: www.parlament.gv.at, Menü: Service und sodass sie bereits Ende 1917 vom „Grazer fristiges Denken, aber rasche Hilfe. Und Kontakt – Virtueller Lesesaal – Literatur zum Volksblatt“ „hiesige Schriftstellerin“ ge­ so verneige man sich heute mit diesem Parlament und zum Parlamentarismus. nannt wurde. 28 Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode

Nach Ausrufung der Republik und der Zuerkennung des aktiven und passiven Wahlrechts engagierte sie sich im Wahl­ kampf für die Konstituierende National­ versammlung, blieb jedoch ohne Man­ dat. Dafür gelang es ihr im Mai 1919, in den steiermärkischen Landtag einzuzie­ hen, dem sie bis zum Herbst 1920 ange­ hören sollte, ehe sie in den Nationalrat nach Wien wechselte. Dort kämpfte sie bis Mai 1927, zu welchem Zeitpunkt ihr Mandat erlosch, vor allem für einen bes­ seren Jugendschutz und für mehr Sitt­ lichkeit in der Gesellschaft. Enthüllung des Portraits von Olga Rudel-Zeynek (gemalt Im Mai 1927 entsandte sie der Landtag in von Helga Druml) am 13. Juni 2006 im Vorraum des Sitzungssaales des Bundesrates; den Bundesrat, dessen Mitglied sie bis von links nach rechts: Abgeordnete zum Nationalrat April 1934 blieb. Zweimal, 1927/28 und Gertrude Brinek, Helga Druml und die Präsidentin des 1932, amtierte sie während dieser Zeit als Bundesrates Sissy Roth-Halvax (Photo: Bettina Mayr-Siegl) Vorsitzende des Bundesrates, was in­ sofern geschichtsträchtig ist, als zuvor nirgendwo auf der Welt eine Frau einen solchen Posten bekleidet hatte. Nach dem Ende des demokratischen Parla­ mentarismus verlegte sich Zeynek-Rudel verstärkt auf karitative Tätigkeiten und ging auch ihrer Berufung als Schriftstelle­ rin in verstärktem Maße nach. Sie erlebte noch die Wiedererrichtung des freien Ös­ terreich, doch verzichtete sie auf weitere politische Aktivitäten. Sie starb im August 1948 an den Folgen eines Schlaganfalls und wurde in Graz im Familiengrab bei­ gesetzt.

Die Aufführung des Stücks „The Children of Herakles“ von Euripides (Regie von Peter Sellars) im Rahmen der Wiener Festwochen 2004 (18. bis 22. Mai 2004)

Peter Sellars war mit seinem Projekt „The Children of Herakles“ für die Wiener Fest­ wochen im österreichischen Parlament zu Gast. Der erschütternd aktuelle Text des Euripides wurde mit professionellen Schauspielern und Asylsuchenden im neugriechischen Sitzungssaal aufge­ führt. Lernen wir aus der Geschichte? Das pre­ käre Verhältnis von Historie, Gegenwarts­ befund und Zukunftsentwurf macht als 29 Offenes parlament

roter Faden das Programm der Wiener und Kopreus (Karen Kandel) sind Berufs­ die in Österreich für den Schutz von Kin­ Festwochen zu einer erstaunlich strin­ politikerinnen im strengen grauen Kos­ dern und Jugendlichen zur Verfügung genten Sache. Mit Peter Sellars’ Euripides- tüm, Jolaus (beeindruckend: Jan Triska) stehen: etwa an die Jugendanwalt­ Inszenierung „The Children of Herakles“ sitzt im Rollstuhl, Herakles’ Mutter (Ruth schaften in den Bundesländern, die ORF- war ein beeindruckendes Beispiel dafür Maleczech) trägt den Tschador und der Help-Line „Rat auf Draht“ oder an ein zu erleben, dass ein genauer Blick auf un­ besiegte Tyrann Eurystheus (Cornel Ga­ ­Kinderschutzzentrum. Bei Themen wie sere Geschichte lohnt. Euripides’ 2500 bara) wird im orangefarbenen Einteiler „Taschengeld“ und „Ausgehen am Abend“ Jahre altes (Flüchtlings-)Drama, von Sel­ hereingeführt, wie ihn die Häftlinge von erhielten die Jugendlichen den Rat, mit lars ungekürzt aufgeführt, wirkt beklem­ Guantanamo Bay tragen müssen. Dieser den Eltern geschickt zu verhandeln und mend aktuell. Sellars wählte einen be­ Hinweis wäre kaum notwendig, so leben­ ihnen zu beweisen, dass sie reif genug deutungsvollen Ort für seine Produktion, dig wird auch die Kriegsgefangenen-The­ seien, mehr Verantwortung für sich selbst die 2002 bei der Ruhrtriennale erstmals matik bei Euripides verhandelt. zu übernehmen. gezeigt worden ist: Er brachte das Flücht­ In dieser Festwochen-Produktion sind Auch wenn Politiker/innen wie Kinder­ lingselend ins Parlament, genauer in den Theater, Politik und Gesellschaft nicht rechtsexperten/-innen ihren jungen Ge­ historischen Sitzungssaal. mehr voneinander zu trennen. Und regt sprächspartnern sagen konnten, dass es „Lernen“ wollte auch Innenminister Ernst so eine Auseinandersetzung an, die Not Kindern in Österreich gut, jedenfalls we­ Strasser und stellte sich vor der Auffüh­ tut. (Quelle: Auszug aus: http://critic.ant­ sentlich besser gehe als vielen Kindern rung einer Diskussion mit in Österreich ville.org/stories/795353/) anderswo auf der Welt, dass es hierzulan­ festsitzenden Flüchtlingen. Was blieb, de mehr um Mitsprache und nur noch in war der Wille, sich für Einzelschicksale seltenen Fällen um genügend Essen, Klei­ einzusetzen. Und im Publikum blieb die dung oder das Recht gehe, eine Schule zu „Rein ins Parlament“ – ohnmächtige Betroffenheit darüber, wie besuchen, zeigten die aufgeworfenen unvereinbar die einzelnen Schicksale auf ganztägige Großveranstaltung Fragen doch, dass Kinder auch in Öster­ der einen Seite und auf der anderen Seite anlässlich des Welttages für reich ernste Sorgen haben: Wegen Er­ die Aufgabe scheint, die Menschenleben Kinderrechte, veranstaltet von wachsener, die in Sachen Drogen, Alko­ per Gesetz und Verordnung zu verwal­ der Zweiten Präsidentin des hol- und Nikotinmissbrauch offenbar kei­ ten. Es geht um nichts weniger als die Nationalrates Barbara ne Vorbilder für die Kinder sind, weil El­ grundlegendsten Fragen der Mensch­ Prammer (22. November 2004) tern oft „nicht da sind“, wenn ihre Kinder heit. „Freiheit“ wünschen sich die Asyl­ sie brauchen, und auch wegen des Unter­ suchenden, die in Österreich teilweise Diese Großveranstaltung, an der mehr als schieds, den es ausmacht, ob ein Kind in seit Jahren und zur Untätigkeit verdammt 200 Kinder teil nahmen, fand aus Anlass einer wohlhabenden oder in einer armen auf die Erledigung ihrer Fälle warten. Der des Welttages für Kinderrechte unter Familie aufwächst. aus Afghanistan geflohene Ghorban Ali dem Titel „Rein ins Parlament“ statt. In Assadi brachte es auf den Punkt: „Ich will dem an eine „Fragestunde“ erinnernden Auftaktveranstaltung einfach leben. Wie ihr.“ Frage-Antwort-Spiel zwischen den Kin­ Die Kinder des Herakles sind Flüchtlinge. dern und Jugendlichen, die die Plätze der anlässlich des Jubiläumsjahres Im doppelten Sinne, denn in Sellars In­ Abgeordneten einnahmen, entwickelte 2005 unter der szenierung werden sie von Jugendlichen sich eine lebhafte Diskussion mit den Po­ Schirmherrschaft des aus dem Lager Traiskirchen dargestellt. In litiker/innen und Experten/innen. Josef Präsidenten des Nationalrates ihrer Heimat mit dem Tod bedroht, fin­ Broukal, Elisabeth Grossmann und Sabine Andreas Khol und des den die Kinder des Herakles in Athen Mandak gaben immer wieder Auskunft, Präsidenten des Bundesrates Asyl. Ihre Verfolger erklären daraufhin was Kinder tun können, wenn Erwachse­ Georg Pehm (14. Jänner 2005) den Athenern den Krieg. Nur ein Blut­ ne Kinderrechte nicht respektieren, sie opfer kann den Sieg Athens erzwingen. informierten über unterschiedliche Ju­ Aus dem „Land, das keiner wollte“, sei Makaria, eine Tochter des Herakles, op­ gendschutzbestimmungen in den Bun­ „Österreich ein Staat geworden, den alle fert sich. Es sei ihr freier Wille, zu sterben. desländern und über die Regelungen des wollen“, Österreich sei „zur Nation ge­ Der feindliche Tyrann wird besiegt und Mindestwahlalters. worden, an die seine Bürgerinnen und vor Gericht gestellt. Daniela Pruner und Anton Schmid rieten Bürger glauben, die sie lieben“. Wenn Präzise und deklamatorisch ist der Stil den jungen Menschen, in Problemfällen von Sellars’ Darstellern, eindringlich und Rat bei Freunden, Eltern, Lehrern oder Er­  Vgl auch Parlamentsdirektion, Stenographi­ kraftvoll wuchten sie den erschreckend wachsenen ihres Vertrauens zu suchen sches Protokoll. Auftaktveranstaltung anläss­ heutigen Text des Euripides in den Parla­ und keine Scheu zu haben, sich an eine lich des Jubiläumsjahres 2005. Freitag, 14. Jän­ mentsaal. Demophon (Brenda Wehle) der guten Organisationen zu wenden, ner 2005 (Wien 2005). 30 Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode

acht Millionen Menschen in einem Euro­ pa der 500 Millionen „als Kultur- und Schicksalsgemeinschaft bestehen wol­ len, so brauchen sie den Grundkonsens aller Kräfte in einer reich gegliederten Bürgergesellschaft“. Das sagte National­ ratspräsident Andreas Khol bei der Auf­ taktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005 im Parlament. In seiner Rede be­ wegte er sich von der Vergangenheit – Woher kommen wir eigentlich? – über die Gegenwart – Wo stehen wir heute? – in die Zukunft: Wohin gehen wir? Im An­ schluss an die Rede des Nationalratsprä­ sidenten kamen die Klubobmänner der vier Fraktionen – in der Reihenfolge Ale­ xander Van der Bellen, Herbert Scheibner, und Wilhelm Molterer zu Wort. Außerdem sprachen Vizekanzler Gorbach, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Bundespräsident Heinz Fischer und Bundesratspräsident Georg Pehm. (Photo: Mike Ranz)

Veranstaltung und Im Anschluss an die Beiträge der Zweiten gesetzt und zu insgesamt drei Präsen­ Sonderausstellung: Präsidentin des Nationalrates Barbara tationen eingeladen: die Region Friaul- „Demokratie ist weiblich – Prammer, der Frauenminsterin Maria Julisch-Venetien, die toskanischen Stadt Frauen und Rauch-Kallat und der vier Frauenspreche­ Siena und die Insel Ischia. Parlamentarismus“, auf rinnen der Parlamentsparteien hielten die Universitätsprofessorinnen Irene Dyk Einladung der Zweiten „Das sichtbare Unfassbare“ – und Gabriella Hauch (beide von der Jo­ Präsidentin des Nationalrates Ausstellung mit Fotografien Barbara Prammer hannes Kepler Universität Linz) Referate zum Thema „Demokratie ist weiblich – vom KZ Mauthausen (8. März 2005) Frauen und Parlamentarismus“. (Jänner und Mai 2006)

Unter dem Motto „Demokratie ist weib­ „Das sichtbare Unfassbare“ ist der Titel lich – Frauen und Parlamentarismus“ Italien-Schwerpunkt in den einer Sonderausstellung mit rund 450 stand die Veranstaltung anlässlich des In­ Jahren 2004 und 2005 ­Fotografien vom nationalsozialistischen ternationalen Frauentages, zu der die Konzentrationslager Mauthausen, die im Zweite Nationalratspräsidentin Barbara (23. November und 30. November 2004, 23. Mai 2005) Jänner und im Mai 2006 im Palais Epstein Prammer gemeinsam mit Vertreterinnen gezeigt wurde. Zu sehen waren sowohl aller vier Parteien ins Hohe Haus einlud. von den Nationalsozialisten selbst an­ Der Dritte Präsident des Nationalrates Auf dem Programm stand ua die Eröff­ gefertigte Fotos als auch Bilder von der Thomas Prinzhorn hat in seiner Eigen­ nung einer Sonderaustellung zur Ge­ Befreiung des KZs und der ersten Zeit da­ schaft als Obmann der österreichisch-ita­ schichte des Frauenwahlrechts, die den nach, die aus Frankreich, Österreich, Spa­ lienischen parlamentarischen Freund­ langen Kampf der Frauen um die gleich­ nien, Tschechien und den USA zusam­ schaftsgruppe einen Italien-Schwerpunkt berechtigte Mitbestimmung in poli­ mengetragen wurden. tischen Gremien anhand zahlreicher Fo­ Die Fotoausstellung ist das Ergebnis in­  tos und Schautafeln illustriert. ternationaler Zusammenarbeit und wur­ und parlamentarische Vertretung der Frauen in Österreich (Wien 2005). Der Katalog ist als de 2005 anlässlich des 60. Jahrestages  Zu dieser Ausstellung ist ein Ausstellungs­ pdf im Internet abrufbar: www.parlament.gv. der Befreiung des KZ Mauthausen vom katalog erschienen: Parlamentsdirektion at, Menü: Service und Kontakt – Virtueller Le­ Innenministerium realisiert. Die Fotos (Hrsg), Die Volksvertreterin. Frauenwahlrecht sesaal – Ausstellungskataloge. zeigen zu welch schrecklichen Auswüch­

31 Offenes parlament

sen die Menschheit fähig ist. 200.000 die in den KZs geschehenen Verbrechen den Schlaginstrumenten fünf seiner Menschen waren in Mauthausen und sei­ beweisen. Kompositionen, die die stimmungsvoll nen Außenlagern inhaftiert, davon hat Die Ausstellung im Palais Epstein war von beleuchtete Halle regelrecht mit Klängen die Hälfte den Tod gefunden. 17. bis 27. Jänner sowie von 8. bis 19. Mai erfüllten und somit dem antiken Tempeln Die von der SS in Auftrag gegebenen Fo­ 2006 geöffnet und für alle Interessierten nachempfundenen Raum eine gewisse tos, die in der Ausstellung gezeigt wer­ frei zugänglich. Parallel zur Ausstellung Transzendenz verliehen. Das zum Schluss den, zeugen von Demütigungen, Hunger fand im Dokumentationsarchiv des ös­ dargebotene Werk „Intervention“ hat und Tod der KZ-Häftlinge ebenso wie terreichischen Widerstandes eine Vor­ Karlheinz Essl jr vor rund zehn Jahren vom Rassismus der KZ-Wärter. Manche tragsreihe statt, in deren Rahmen unter speziell für die besonderen akustischen der Fotografien zeichnen aber auch ein anderem Stephan Matyus (Archiv der KZ- Gegebenheiten der Säulenhalle kompo­ trügerisch sauberes Bild des Konzentra­ Gedenkstätte Mauthausen, BMI), DÖW- niert. Somit konnte es nun, wie im Pro­ tionslagers. Kurz vor der Befreiung Maut­ Leiterin Brigitte Bailer und der Historiker grammheft ausgedrückt, „ortsgerecht“ hausens durch die US-Armee im Mai 1945 Peter Malina referierten. wiedergegeben werden. Auch die üb­ versuchte die SS kompromittierende Fo­ rigen vier Musikstücke brachten den tografien noch systematisch zu vernich­ Raum voll zum Klingen. ten – einer Gruppe von Häftlingen gelang Raum-Klänge: Ein Konzert in Die Säulenhalle als Aufführungsort für es jedoch, unter Einsatz ihres Lebens der Säulenhalle des musikalische Werke zu wählen mag zwar Hunderte von Negativen zu retten. Parlaments, auf Einladung des auf Grund des Ambientes, das dieser Die Befreiung des KZ und die erste Zeit Präsidenten des Nationalrates Raum bietet, nicht überraschen. Wer je­ danach wurden von verschiedensten Fo­ Andreas Khol doch die äußerst schlechte Akustik dieses tografen dokumentiert. Insbesondere (24. Jänner 2006) Ortes kennt, würde ein solchen Unterfan­ amerikanische Soldaten, Journalisten gen von vornherein ausschließen. Gera­ und die befreiten Häftlinge selbst liefer­ de diese Schwierigkeit war es aber, die Die Säulenhalle des Parlamentsgebäudes ten ungeschönte Bilder von den Schre­ Karlheinz Essls Interesse weckte und ihn mutierte am Abend des 24. Januar 2006 cken des Lagers. Die Fotografien sollten dazu brachte, die Herausforderung anzu­ zu einem Konzertsaal. Unter dem Titel nicht zuletzt der Welt die Konsequenzen nehmen, für eben diese „eigentümliche „Raum-Klänge“ präsentierte Karheinz Essl der NS-Ideologie vor Augen führen und Akustik“, hervorgerufen durch einen jr gemeinsam mit dem „ensemble xx.jahr­ Nachhall von 12 Sekunden, ein Werk zu hundert“ unter der Leitung von Peter verfassen. Präsident Khol bei seinem Weg durch die Burwik sowie mit Günter Meinhart an Das Ergebnis der intensiven Beschäfti­ Ausstellung „Das sichtbar Unfassbare“ gung mit den sich in der Säulenhalle (Photo: Bettina Mayr-Siegl) überlagernden „Klangbändern“, die einen „mehrdimensionalen Klangraum“ entste­ hen lassen, ist die Komposition „Interven­ tion“. Die Musiker waren bei der Wieder­ gabe in der Säulenhalle nicht wie in einem Konzertsaal üblich angeordnet, sondern saßen in jeweils vier gleich ins­ trumentierten Orchestergruppen, beste­ hend aus jeweils sechs Musiker/innen, in den Ecken des Raums, um unter Ausnüt­ zung des Halls einen „kreisenden, sich wölbenden Klangraum“ zu erzeugen. „Intervention“ ist ein Auftragswerk für ­einen geplanten aber auf Grund von Neuwahlen nicht durchgeführten Festakt in der Säulenhalle des Parlaments anläss­ lich der 50-Jahr-Feier der Republik Öster­ reich im Jahr 1995. Etwas mehr als zehn Jahre später war es nun möglich, diese Komposition an ihrem tatsächlichen Be­ stimmungsort einem interessierten Pu­ blikum zu präsentieren. 32 Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode

Die Arbeit in der Ausschuss-Sitzung im Rahmen der Veranstaltung power of politics am 21. Juni 2006 (Photo: Bettina Mayr-Siegl)

Präsentation des Simon Wiesenthal (1908–2005) ORF-Radiofeature „J 127371. Simon Wiesenthal wurde am 31. Dezem­ Simon Wiesenthal“ im ber 1908 im heute ukrainischen Buczacz Deutlich zur Sprache kommen auch die Parlament, auf Einladung des geboren, in jenem Teil Galiziens, der da­ Konflikte, die Simon Wiesenthal aufgrund Präsidenten des Nationalrates mals zu Österreich gehörte. Nach seiner seiner konsequenten Arbeit auszutragen Andreas Khol Befreiung aus dem Konzentrationslager hatte. Der Zuhörer erfährt etwa von Wie­ Mauthausen im Mai 1945 machte Wie­ (11. September 2006) senthals Streit mit über die senthal die „Suche nach Gerechtigkeit für Rolle Friedrich Peters im Zweiten Welt­ Am 20. September 2005 starb Simon Millionen unschuldig Ermordeter“ zu sei­ krieg und von Wiesenthals Vorschlag, zur Wiesenthal. Aus diesem Anlass lud Natio­ ner Lebensaufgabe und gründete das Klärung der Vorwürfe gegen Kurt Wald­ nalratspräsident Andreas Khol zur Prä­ „Jüdische Dokumentationszentrum in heim eine Historikerkommission einzu­ sentation einer ORF-Radiodokumenta­ Linz“ und später das „Dokumentations­ richten. Simon Wiesenthal starb – für sei­ tion zum Leben und Schaffen des uner­ zentrum des Bundes Jüdischer Verfolgter ne Leistungen weltweit mit höchsten müdlichen Rechercheurs im Dienste der des Naziregimes“ in Wien. Simon Wie­ Ehrungen ausgezeichnet – am 20. Sep­ Gerechtigkeit für die Opfer des Holo­ senthal forschte weltweit nach Tätern aus tember 2005 in Wien. Er wurde auf seinen caust in das Besucherzentrum des Parla­ der Zeit des Nationalsozialismus, um sie Wunsch in Israel begraben. ments. ihrer Verantwortung zuzuführen. Christina Höfferer und Andreas Kloner So war er unter anderem maßgeblich an stellten ihr „Hörbild“ über Simon Wiesen­ der Ausforschung von Adolf Eichmann Schüler/innen machen Politik thals Leben aus Fakten, Interviews und beteiligt. Er sah sich selbst nicht als „Nazi- Archivmaterial zusammen. Besondere Jäger“, wie ihn Anhänger anerkennend – die Präsidentin des Wirkung auf die Zuhörer entfaltete ihre und Kritiker ablehnend bezeichneten, Bundesrates Sissy Roth-Halvax Dokumentation durch spezielle Klang­ sondern als „Rechercheur, der Fakten fungierte als Gastgeberin für effekte und die eindrücklichbeklem­ festmacht“. Von der Kollektivschuldthese, ein besonderes Schulprojekt mende Beschreibung der Zeichnungen, die er anfangs noch vertreten hatte, (21. Juni 2006) in denen sich der Architekt Simon Wie­ wandte sich Simon Wiesenthal bald ab senthal mit seinen Erfahrungen in Maut­ und sah seine Pflicht als Zeitzeuge und Bundesratspräsidentin Sissy Roth-Halvax hausen und vielen anderen Konzentra­ Überlebender des Holocaust darin, vor begrüßte am 21. Juni 2006 gemeinsam tionslagern auseinandersetzte. dem Vergessen zu warnen. mit den Betreibern des Internetspiels 33 Offenes parlament

www.powerofpolitics.com Schülerinnen Die Europäische Anregungen an den Gesetzgeber als und Schüler aus vier niederösterrei­ Ombudsleute-Konferenz tagte wichtige Instrumente des Rechtsschutzes chischen Schulen – dem Piaristengymna­ auf Einladung des Präsidenten hervor und verwies zudem auf das in den sium Krems, dem Erzbischöflichen Gym­ des Nationalrates Andreas meisten anderen Staaten mögliche Tätig­ nasium Hollabrunn, dem BG/BRG St. Pöl­ Khol im Parlament werden der Ombudsleute auch im Ver­ ten und der VBS HAK Mödling – im Parla­ hältnis zu den Gerichten. (12. Juni 2006) ment. Die Jugendlichen kämpften seit Peter Kostelka, Vizepräsident des Interna- mehreren Wochen im Browsergame tional Ombudsman Institute (IOI), blickte www.power-ofpolitics.com um Mandate Im Juni 2006 fand im Parlament die Eu­ auf eine aus seiner Sicht stürmische Ent­ – 62 wurden vergeben – für eine simu­ ropäische Ombudsleute-Konferenz statt, wicklung im Bereich der Volksanwalt­ lierte Bundesratssitzung. Die Schüler/in­ bei der sich rund 170 Ombudsleute, schaften zurück und bemerkte, nachdem nen haben in drei Ausschüssen die von Volksanwälte und Rechtsschutzbeauf­ Österreich 1977 weltweit als siebentes ihnen im Internetspiel gegründeten Par­ tragte aus 43 Ländern mit rechtlichen Land Volksanwaltschaften geschaffen teien vertreten und unter Anleitung von und praktischen Aspekten ihrer Tätigkeit hatte, gebe es heute schon 131 derartige Experten/-innen die Themen „Tierführer­ befassten. Im Mittelpunkt der für zwei Institutionen. Gerade in den neuen De­ schein“, „Öffentlicher Nahverkehr – Priva­ Tage anberaumten Veranstaltung stan­ mokratien seien die Ombudsleute ein tisierung von Bahnstrecken“ und „Wer­ den vor allem Fragen der Gerichtsbar­ wesentliches Instrument des Rechts­ bung in Schulen“ diskutiert, einen Be­ keit und der Menschenrechte, die von schutzes. Sinn der Tätigkeit der Volksan­ richterstatter für das Plenum bestimmt den Teilnehmern/-innen in Plenarsit­ waltschaften als Anwälte des Volkes ist und einen Textentwurf ausgearbeitet. zungen und Arbeitsgruppen diskutiert es, die Verwaltung in einen Rechtferti­ Nach positiver Abstimmung im Aus­ wurden. gungszwang zu setzen, dabei aber nicht schuss und einer Debatte im Plenum Nationalratspräsident Andreas Khol erin­ die Entscheidungen aufzuheben, son­ wurde in der simulierten Bundesratssit­ nerte an die Schaffung der Volksanwalt­ dern vielmehr dafür zu sorgen, dass das zung abgestimmt. schaft vor knapp 30 Jahren und betonte, Ungleichgewicht zwischen den Bürgern/ diese Einrichtung sei heute nicht mehr innen und der Verwaltung zu einem wegzudenken und habe sich als Hilfe für Gleichgewicht werde. Von der Konferenz die Bürger/innen gegenüber den Behör­ erwartete sich Kostelka eine internatio­ den bestens bewährt. Khol hob vor allem nale Diskussion, die dann aber auf natio­ die Missstandskontrolle, die Möglichkeit Gruppenbild der Teilnehmer/innen der naler Ebene zu einem Ende gebracht Europäischen Ombudsleute-Konferenz auf den der Verordnungsanfechtung sowie die werden müsse. Stufen des Parlaments (Photo: Bettina Mayr-Siegl)

34 Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode

Zeitgenössische Kunst im Parlament links: Bild der Ausstellungseröffnung im Mai 2006: Bild von Maja Vukoje (vertreten durch die Bundespräsident Heinz Fischer erklärte, lich nicht das dänische Modell einfach Galerie Martin Janda): Ohne Titel („Giraffen“) er habe die Einladung, zu dieser Konfe­ kopiert, sondern ein eigenes geschaffen, (Photo: julandscape.com) renz sehr gerne angenommen, denn in dem drei Volksanwälte sich der Anlie­ rechts: Bild der Ausstellungseröffnung im Mai einerseits sei es für Österreich und für gen der Bürger/innen annehmen, wobei 2006: 16-teiliger Fries von Herbert Brandl in der Wien eine Ehre und Auszeichnung, dass eben auch der zweit- und drittstärksten Zentralgarderobe (Leihgabe der Sammlung Essl) das IOI sich dazu entschlossen habe, sei­ Partei im Nationalrat ein Vorschlagsrecht (Photo: julandscape.com) ne Konferenz hier abzuhalten. Anderer­ zukomme. Die Einrichtung der Volksan­ seits interessiere ihn die Volksanwalt­ waltschaft habe sich bewährt, sie erfahre schaft und die Einrichtung des Ombuds­ entsprechende Anerkennung. Es sei ein­ dentin des OGH, einführende Statements manns als Verfassungsinstrument sehr, er drucksvoll, wie sich die Idee der Ombuds­ abgaben. Im Anschluss wurde das Thema habe Geschichte und Entwicklung dieser leute in Europa durchgesetzt habe, führ­ in Arbeitsgruppen vertieft, Berichterstat­ Institution aufmerksam mitverfolgt. Er te Fischer weiter aus, sei doch die Om­ ter war Nikiforos Diamandouros. erinnerte an Josef Simon, der als Präsi­ budsleutefamilie mittlerweile sehr groß Am zweiten Tag beschäftigten sich die dent der Österreichisch-Dänischen Ge­ geworden, was ihn als Demokraten, als Konferenzteilnehmer/innen unter dem sellschaft in den sechziger Jahren den langjährigen Parlamentarier und als Ju­ Vorsitz von Volksanwältin Rosemarie dänischen Ombudsmann zu einem Vor­ risten sehr freue, diene dieses Institut ­Bauer mit dem Thema „Implementierung trag nach Wien geholt hat. Dessen Auf­ doch den Interessen der Bürger/innen der Menschenrechte in Europa“, wobei tritt habe damals Vielen imponiert, und und sei daher in deren Sinne. der Menschenrechtskommissar des Euro­ es habe bald von allen politischen Lagern Im Anschluss an die Eröffnung hielt Gab­ parates, Thomas Hammarberg, einen positive Signale dafür gegeben, auch in riele Kucsko-Stadlmayer einen Vortrag Vortrag hielt. Österreich eine solche Einrichtung zu über „Die Befugnisse europäischer Om­ schaffen. Bundeskanzler Bruno Kreisky budsleute – eine Bestandsaufnahme“. habe denn auch bei seiner Regierungser­ Am Nachmittag diskutierten unter dem Zeitgenössische Kunst im klärung 1970 die Schaffung der Volksan­ Vorsitz von Volksanwalt Ewald Stadler die Parlament waltschaft als politisches Vorhaben for­ Teilnehmer/innen über „Ombudsleute muliert, und nach den entsprechenden und Rechtsprechung“, wobei Janusz Einen besonderen Schwerpunkt setzte Vorarbeiten konnte sie 1977 ihre Arbeit Kochanowski aus Polen, Mats Melin aus Nationalratspräsident Khol im Bereich aufnehmen. Österreich habe dabei frei­ Schweden und Irmgard Griss, Vizepräsi­ Kunst und Kultur. Neben wechselnden

35 Offenes parlament

die erste Ausstellung mit Werken von Ma­ ria Lassnig, Eva Schlegel, Thomas Bau­ mann, Gerwald Rockenschaub und Jo­ hanna Kandl Anfang 2005 eröffnete den sich halbjährlich wechselnden Zyklus. Werke von Künstlerinnen und Künstler wie Marc Adrian, Adriana Czernin, Esther Stocker, Erwin Wurm, Maja Vukoje, Josef Dabernig, Daniel Hafner, Ulrike Lien­ bacher, Alois Mosbacher und Elisabeth Penker waren seither zu sehen.

Parallel dazu gab und gibt es für die Bun­ desländer die Möglichkeit, ihre Neuan­ käufe im Zuge einer Vernissage und Aus­ stellung in der Säulenhalle zu präsentie­ ren. So konnten in der Vergangenheit die durchaus unterschiedlichen Positionie­ rungen von Vorarlberg, Tirol, dem Bur­ genland, Niederösterreich, Wien und Kärnten gezeigt werden. Die Säulenhalle Serie von Bildern der Künstlerin Eva Schlegel im ist ein Ort, der aufgrund seiner Schwere Pressezentrum des Parlaments und Dominanz künstlerisch nicht einfach (Photo: Mike Ranz) zu bespielen ist. Gleichzeitig gilt die Säu­ lenhalle als Mittelpunkt des Parlaments­ gebäudes und nimmt architektonisch ter zu bewältigen ist, als etwa bei Gebäu­ eine zentrale Rolle ein. Theophil Hansen den der Barockzeit bzw des Rokoko. Eine konzipierte sie als einen Ort der Begeg­ Partnerschaft von Architektur und Kunst nung – damals zwischen den Abgeord­ Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in sollte entstehen, wie sie auch in anderen neten und den Mitgliedern des Herren­ den Ausschusslokalen des Parlaments Parlamentsgebäuden – etwa in der hauses – eine Funktion, die dieser präch­ fanden im Rahmen eines Bundesländer- Schweiz oder in Deutschland – geschaf­ tige Raum auch gut 120 Jahre später Schwerpunktes Ausstellungen und Prä­ fen wurde. noch einnimmt. Für die jeweiligen Kura­ sentationen moderner Kunst der Landes­ Die Konfrontation von historischer Bau­ toren/-innen der Kunstausstellungen galerien von Vorarlberg, Tirol, Burgen­ substanz mit zeitgenössischer Kunst soll stellt dies jedes Mal eine Herausforde­ land, Niederösterreich, Wien, Kärnten jedenfalls ein Spannungsfeld erzeugen, rung dar, verlangt viel Fingerspitzenge­ und zusätzlich Südtirol in der Säulenhalle das im Parlament, in dem tagtäglich der fühl und intensive Beschäftigung mit des Parlaments statt. politische Dialog stattfindet, auch zu dem Raum. einem künstlerischen Dialog auffordert. So kann die aktuelle österreichische Das Programm „Zeitgenössische Kunstankäufe Kunst in Räumen des Parlaments als lau­ Kunst“ fende Beschäftigung mit den markantes­ Neben den Kunstankäufen der Mar­ Das Programm „Zeitgenössische Kunst ten Zeugnissen der derzeitigen Kunst des garetha Lupac-Stiftung hat das Parlament im Parlament“ wurde mit der Absicht ini­ Landes gesehen werden. Sowohl Politi­ Werke von Eva Schlegel angekauft, die tiiert, das Hauptwerk eines bedeutenden, ker/innen als auch Besucher/innen und nun im Pressezentrum öffentlich zu seh­ herausragenden Architekten, Theophil Besucher des Hohen Hauses setzen sich en sind. Hansen, der nur die kostbarsten Materi­ damit auseinander, was es heute bedeu­ alien und sehr zeitaufwendige Architek­ tet, in Österreich Kunst zu machen. turdetails für sein „Gesamtkunstwerk“ Kuratiert wurde das Kunstprogramm zuließ, künstlerisch mit der Gegenwart zu „Zeitgenössische Kunst im Parlament“ verbinden. Eine Aufgabe, die bei einem von Peter Pakesch, Intendant des Landes­  Parlament transparent Nr 5/2006 widmete Bauwerk des so genannten Historismus museums Joanneum in Graz. Er fungierte sich dem Thema „Zeitgenössische Kunst im (Bauzeit von 1874 bis 1883) weitaus leich­ seit 2004 als Kunstkurator des Parlaments, Parlament“.

36 Margaretha Lupac-Stiftung

Margaretha Lupac-Stiftung für Demokratie und Parlamentarismus

Die Stiftung wurde durch Stiftungserklärung des damaligen Präsidenten des Nationalrates Heinz Fischer und des damaligen Präsidenten des Bundesrates Gerd Klamt im Jahr 2001 gegründet. Nach der Genehmigung der Stiftungssatzung im Oktober 2002 konnte die Arbeit auch formell aufgenommen werden – die XXII. Gesetzgebungsperiode ist damit die erste Periode in der die Margaretha Lupac-Stiftung ihre Aktivitäten voll entfalten konnte. Die Errichtung der Stiftung wurde durch die Wienerin Margaretha Lupac ermöglicht, die mit letztwilliger Verfügung ihr Vermögen von insgesamt rund 1,5 Millionen Euro der Republik Österreich für Zwecke des Parlaments vererbte. Im Mittelpunkt stehen die Förderung von Demokratie und Parlamentarismus sowie Toleranz im Diskurs über Fragen der Politik, der Kunst und der gesellschaftlichen Entwicklung. In Erfüllung des Stiftungszwecks wird alle zwei Jahre ein Demokratiepreis zur Auszeichnung hervorragender Verdienste um den Parlamentarismus bzw die Demokratie vergeben. Abwechselnd dazu werden alle zwei Jahre For- schungsarbeiten und Dissertationen mit Wissenschaftspreisen ausgezeichnet, die sich mit Grundfragen der parlamentarischen Demo- kratie in Österreich befassen. Weiters kann die Stiftung durch den Ankauf von Kunstwerken österreichischer Künstler/innen nicht nur zur Gestaltung des Parlaments- gebäudes sondern auch zur Auseinandersetzung zwischen Kunst und Öffentlichkeit beitragen.

Der Wissenschaftspreis

Der Wissenschaftspreis wurde 2005 an zwei Preisträgerinnen vergeben. Die Au­ toren/-innengruppe Wolfgang C. Müller, Demokratiepreis 2006 Marcelo Jenny, Barbara Steininger, Mar­ von links nach rechts: Andreas Khol, Brigitte Bierlein, Sonja tin Dolezal, Wilfried Philipp und Sabine Puntscher Riekmann, Monika Lindner, Edith Marko-Stöckl, Preisl-Westphal erhielt die Auszeichnung Joseph Marko, Manfried Welan und Barbara Prammer für die Publikation „Die österreichischen (Photo: Mike Ranz) Abgeordneten. Individuelle Präferenzen und politisches Verhalten“ (Wien 2001) – eine umfangreiche Studie zur politischen Tätigkeit der Mandatare/-innen. Patricia Heindl wurde für ihre Dissertation „Die politische Partei im Verfassungsrecht – Parteiendemokratie, Parteienbegriffe und Parteienfreiheit“ (Wien 2002), die vor allem den rechtlichen Rahmen beleuch­ tet, ausgezeichnet. Voraussichtlich Anfang Dezember 2006 wird die Tätigkeit der Stiftung mit der Veröffentlichung der Ausschreibung des Wissenschaftspreises 2007 fortgesetzt.

Der Demokratiepreis

Mit dem Demokratiepreis der Margaretha Lupac-Stiftung werden Personen und Einrichtungen ausgezeichnet, die sich im 37 Offenes parlament

links: Johanna Kandl: Ohne Titel (Die Betriebsbesichtigung) … (2001) (Photo: Mike Ranz) rechts: Maja Vukoje: ohne Titel (aqua 2) (2005) (courtesy Galerie Martin Janda)

Rahmen ihres Lebenswerks oder ihrer sondere für seine Mithilfe beim Aufbau täglichen Arbeit für Demokratie, Ge­ von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schlechterdemokratie und Minderhei­ in Bosnien-Herzegowina und sein per­ tenrechte engagieren und sich für Tole­ sönliches Engagement in Südosteuropa. ranz in der politischen Auseinanderset­ Marko gehörte von 1997 bis 2001 als ei­ zung, in der Kunst und in der gesellschaft­ ner von drei internationalen Richtern lichen Entwicklung einsetzen. Er wird, al­ dem Verfassungsgerichtshof von Bos­ ternierend mit einem Wissenschaftspreis, nien-Herzegowina an, wo er als spra­ alle zwei Jahre vergeben. chenkundiger Vermittler zwischen den Der Demokratiepreis wurde erstmals im drei Ethnien des Landes und den ande­ Jahr 2004 verliehen: an das International ren externen Verfassungsrichtern fun­ Business College Hetzendorf unter der gierte. Leitung von Direktor Dieter Wlcek. Dabei handelt es sich um eine UNESCO-Schule mit rund 1.500 Schülern/-innen und Stu­ Kunstankäufe dierenden sowie 135 Mitarbeiter/innen, die für besonderes Engagement bei der Die Margaretha Lupac-Stiftung hat zwei Vermittlung von Demokratieinhalten Bilder österreichischer Künstlerinnen, die steht. Der Demokratiepreis 2006 erging in Ausstellungen Aufsehen erregten, an­ an den Rechtswissenschafter Joseph gekauft. Es handelt sich dabei um das Marko. Marko, Professor am Institut für Bild „Ohne Titel (Die Betriebsbesichti­ Österreichisches, Europäisches und Ver­ gung)“, 2001, von Johanna Kandl und um gleichendes Recht und Politikwissen­ „Ohne Titel (aqua 2)“, 2005 von Maja schaften der Karl Franzens-Universität ­Vukoje. Die Auswahl dieser Bilder erfolgte Graz und Direktor des Instituts für Min­ auf Vorschlag des Kunstkurators des Par­ derheitenrechte an der Europäischen laments, Peter Pakesch, der Leiter des Akademie Bozen, erhielt den Preis insbe­ ­Joanneum Graz ist. 38 Informationsangebote des Parlaments

Informationsangebote des Parlaments

Besucherzentrum Das Besucherzentrum bietet ein umfassendes multimediales Informationsangebot. So können sich Besucher/innen über die Ar­ beitsweise und die Funktion des österreichischen Parlaments informieren, mit Hilfe eines Zeitrads in die jüngere Geschichte eintau­ chen oder sich zu einer virtuellen Entdeckungsreise durch das Hohe Haus aufmachen. Interaktive Medienstationen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, sich Grundbegriffe der parlamentarischen Demokratie anzueignen, die Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates besser kennen zu lernen und Genaueres über die Europäische Union zu erfahren. Ein eigens gestaltetes Jugendquiz soll, moderiert durch humorvolle Animationsfiguren, helfen, das Wissen, das bei einer Führung vermittelt wird, spielerisch zu ver­ tiefen. Das Besucherzentrum ist für alle Interessierten frei zugänglich. Der Eingang befindet sich auf der Ringstraßenseite unter der Parla­ mentsrampe, direkt hinter der Statue der Pallas Athene. Für einen barrierefreien Zugang ist Sorge getragen.

Öffnungszeiten: Mo–Fr: 8:30–18:30 Uhr (tagungsfreie Zeit: 9:30–16:30 Uhr) Sa: 9:30–14:00 Uhr

Parlamentsshop Das Parlament verfügt über einen eigenen Parlamentsshop. Er befindet sich im neuen Besucherzentrum, direkt im Eingangsbereich. Zu kaufen gibt es nicht nur eine kleine Auswahl an Büchern und Publikationen zu den Themen Parlament und Politik, sondern auch verschiedene Souvenirs mit parlamentsspezifischen Motiven. Die Palette reicht dabei ua von einfachen Postkarten und diversen Schreibwaren über goldverzierte Kaffeetassen und dekorative Fliesen bis hin zu pfiffigen- T Shirts mit Löwenköpfen und Engels­ figuren. Aber auch eine eigene „Parlamentsschokolade“ wird angeboten. Zentrales Leitmotiv ist die üppige Dekoration, mit der Parlamentsarchitekt Theophil Hansen das Parlamentsgebäude ausgestattet hat, wobei es eine klassische und eine jugendliche Pro­ duktlinie gibt.

Öffnungszeiten: Mo–Fr: 8:30–18:30 Uhr (tagungsfreie Zeit: 9:30–16:30 Uhr) Sa: 9:30–13:30 Uhr

Auskünfte: Tel: +43/1/40110-2003 oder 2004 www.parlament.gv.at Menüpunkt: Besuchen Sie uns, weiter zu: Besucherzentrum www.parlament.gv.at Die Website des österreichischen Parlaments stellt nicht nur den Gesetzgebungsprozess und die parlamentarische Kontrolle um­ fassend dar, sondern bietet auch vielfältige Informationen zu den Themenbereichen „Parlament und Europäische Union“, „Parla­ ment und Bürgerbeteiligung“ als auch „Parlament International“. Die Pressestelle berichtet ausführlich und tagesaktuell über alle Abläufe im Parlament. Zudem ist auf der Website sozusagen das „elektronische Archiv“ der Parlamentsarbeit seit 1996 im Volltext abrufbar. Aber auch der vorparlamentarische Diskussionsprozess wird abgebildet, in dem das Begutachtungsverfahren zu Regie­ rungsvorlagen zur Gänze abrufbar ist. Auf der Homepage besteht auch die Möglichkeit des downloads druckfähiger Fotos der Veranstaltungen im Parlament.

39 Offenes parlament

Bürgerservice Das Bürgerservice steht telefonisch in der Zeit von Mo–Fr 9:00–15:00 Uhr zur Verfügung; via E-mail ist man rund um die Uhr erreich­ bar. Die Mitarbeiterinnen beantworten alle Fragen zum parlamentarischen Ablauf und helfen bei Recherchen.

Kontakt: Tel: 0810/312 560 (Ortsgebühr aus ganz Österreich) [email protected]

Parlamentsführungen Für Führungen benützen Sie bitte den Zentraleingang Dr. -Ring 3, 1017 Wien, direkt hinter der Statue der Pallas Athene.

Kontakt: Tel: +43/1/40110-2400 [email protected]

Öffentliche Führungen Alle öffentlichen Führungen werden in Deutsch und Englisch angeboten.

Ticketverkauf: Montag bis Freitag: 8:30–18.30 Uhr; Samstag: 9:30–12:30 Uhr Bei öffentlichen Führungen ist für Einzelpersonen keine Anmeldung erforderlich.

Termine: Montag, Dienstag: 10:00, 11:00, 14:00, 15:00 und 16:00 Uhr Mittwoch, Donnerstag: 10:00, 11:00, 14:00, 15:00, 16:00 und 17:00 Uhr Freitag: 10:00, 11:00, 13:00, 14:00, 15:00 und 16:00 Uhr Samstag: 10:00, 11:00, 12:00 und 13:00 Uhr

Gruppen-Führungen Ab einer Gruppengröße von 15 Personen ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich. Auf Anfrage sind Gruppen-Führungen auch in Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Ungarisch möglich.

Termine: Montag, Dienstag, Freitag: 10:20, 11:40, 14:20, 15:40 und 17:00 Uhr Mittwoch, Donnerstag: 10:20, 11:40, 14:20, 15:40 und 17:20 Uhr Samstag: 10:20 und 11:40 Uhr An Sonn- und Feiertagen werden keine Parlamentsführungen angeboten.

Pressedienst Der parlamentarische Pressedienst, die Parlamentskorrespondenz, berichtet objektiv, umfassend und parteiunabhängig über das Geschehen im Parlament. Mit dem E-mail-Abonnement der Parlamentskorrespondenz werden Sie automatisch über jede neue Aussendung informiert. Sie können sämtliche Aussendungen der Parlamentskorrespondenz abonnieren oder eine Auswahl nach Themenfeldern treffen. Dieses Informationsservice ist kostenlos.

Kontakt: www.parlament.gv.at; Menüpunkt: Aktuelles, dann: Pressedienst [email protected]

Bibliothek Die Parlamentsbibliothek bietet fast 320.000 Bücher, rund 320 aktuelle Fachzeitschriften und Zeitungen, über 200 Loseblattaus­ gaben und Zugang zu zahlreichen Datenbanken online oder auf CD-ROM. Seit Gründung der Bibliothek im Jahr 1869 werden in- und ausländische Parlamentsschriften, Gesetz- und Verordnungsblätter, höchstgerichtliche Entscheidungen, grundlegende Werke des Rechts, der Staatslehre und des Parlamentarismus, der Politik, der Volkswirtschaft, der Soziologie und der Europäischen Inte­ gration gesammelt.

40 Die Bibliothek ist von Montag bis Freitag 8:00–16:00 Uhr geöffnet, an Plenar- und Ausschusssitzungstagen des Nationalrates und des Bundesrates bis zum Ende der jeweiligen Sitzung. Externe Leser/innen sind nach Anmeldung zugelassen. Der Zugang zur Bibliothek erfolgt über den Zentraleingang des Parlamentsgebäudes (= Eingang des Besucherzentrums).

Kontakt: Tel.: +43/1/40110-2285 www.parlament.gv.at/bibliothek [email protected]

Parlamentsarchiv/Parlamentarische Dokumentation Im Archiv des Parlaments werden die Archivalien der gesetzgebenden Körperschaften Österreichs seit 1861 verwahrt, weiters stehen ein Planarchiv mit den erhalten gebliebenen Originalplänen für das Parlamentsgebäude zur Verfügung. Externe Benutzer/innen können Archivalien auf zwei Archivbenützerarbeitsplätzen einsehen, Voraussetzung ist die Vereinbarung eines Benützungstermins. Zugang über den Zentraleingang (Eingang Besucherzentrum).

Kontakt: Tel.: +43/1/40110-2788 Fax: +43/1/40110-2537

Literaturdokumentation Die Literaturdokumentation wertet systematisch Beiträge aus Zeitungen, Zeitschriften und Sammelwerken über Recht, Politik und Wirtschaft aus. Sofern zeitlich möglich, werden auch für externe Benutzer/innen Informationen zur Verfügung gestellt. Die Mitar- beiter/innen der Literaturdokumentation sind Montag bis Freitag 8:00–16:00 Uhr erreichbar.

Kontakt: Tel.: +43/1/40110-2218 Fax: +43/1/40110-2827 [email protected]

41 PARLAMENT TRANSPARENT Jg. 1, Nr. 7/2006

Offenes Parlament Bilanz der XXII. Gesetzgebungsperiode

Parlament und Bürger/innen...... Seite 4

Nationalrat: Bilanz der legislativen Parlamentsarbeit ...... Seite 9

Tätigkeit des Bundesrates während der XXII. GP des Nationalrates...... Seite 15

Europäische Union und Internationale Zusammenarbeit...... Seite 21

Arbeit an der Verfassungsreform ...... Seite 24

Nationalfonds und Allgemeiner Entschädigungsfonds ...... Seite 25

Veranstaltungen der XXII. Gesetzgebungsperiode...... Seite 28

Margaretha Lupac-Stiftung für Demokratie und Parlamentarismus ...... Seite 37

Informationsangebote des Parlaments ...... Seite 39