Säugetiere im Naturpark Nassau

Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 1 10.10.13 07:41 VORWORT DER MINISTERIN

Welche Tiere fallen Ihnen ein, wenn Sie an Säugetiere im Naturpark Nassau denken? Hase, Igel oder Wildschwein? Das ist richtig, dennoch gibt es eine Vielzahl an Säugetieren, die viele Besucherinnen und Besucher vermutlich gar nicht kennen. Es ist ein wahrlicher Schatz an Tieren, den der Naturpark Nassau zu bieten hat. Weit über 60 Säugetierarten lassen sich hier entdecken, vom Rothirsch bis zur kleinen Zwergmaus.

Die Broschüre als Ratgeber hilft in hervorragender Weise dabei, so manche Kenntnislü- cke über die eine oder andere Tierart zu schließen. Insbesondere über das Vorkommen der Kleinsäugetierarten gibt es noch viel zu erfahren. Kinder sind an Säugetieren ohnehin stark interessiert und notieren auch gerne die eine oder andere Beobachtung. Schon im häuslichen Garten kann das Entdecken beginnen. Letztendlich kann für Groß und Klein das Beobachten von den verschiedenen Säugetieren zu tollen und spannenden Naturerlebnissen führen.

Ich freue mich daher sehr über die neue Broschüre, deren Druck ich gerne unterstützt habe und die als weiterer Baustein der Schriftenreihe des Naturparks Nassau, in anschaulicher Weise die Artenvielfalt hervorhebt. Nicht zuletzt hat der hohe Strukturreichtum der Natur- parklandschaft zu dieser Artenvielfalt geführt, die es weiter zu erhalten und verbessern gilt.

Ich bin mir sicher, dass diese reich bebilderte Broschüre gemeinsam mit Fernglas und Fotoapparat so manche Wanderung künftig bereichern wird. Möge sie mithelfen, das Auge bei allen Wanderungen im Naturpark Nassau zu schärfen und den vielfältigen Säugetieren ihrer gebührenden Beachtung zukommen zu lassen.

Ich wünsche Ihnen persönlich mit diesem neuen Ratgeber tolle Naturerlebnisse und Entdeckungen.

Ulrike Höfken Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz

Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 2 10.10.13 07:41 Säugetiere im Naturpark Nassau

Manfred Braun, Ursula Braun, Philipp Schiefenhövel

Inhalt hen der Tiere, deren Lebensweise und die ökologische Rolle gegeben werden. 1. Einleitung Säugetiere lassen sich zum Teil direkt im 2. Die Klasse der Säugetiere Umfeld des Menschen beobachten, wie etwa 3. Säugetiere im Naturpark Nassau Igel, Steinmarder, Zwergfledermaus oder die 4. Naturschutzaspekte Hausmaus. Manche Arten sieht man bei 5. Literatur Wanderungen in der Natur ab und zu. Dazu gehören Reh, Fuchs, seltener Wildschwein oder Dachs. Äußerst selten zu beobachten, 1. Einleitung weil sie spärlich vorkommen oder nachtaktiv sind, sind die Fledermäuse oder Arten wie Etwa 6000 Säugetierarten bewohnen un- Wildkatze, Waschbär oder auch Rothirsch. seren Erdball, davon sind ca. 80 Arten in Neben den direkten Sichtbeobachtun- Europa heimisch und davon leben wiederum gen finden sich von manchen Arten mehr ca. 60 Arten im Naturpark Nassau. Ziel die- oder weniger häufig Sekundärnachweise. ser vor ihnen liegenden Übersicht ist nicht Maulwurfshügel weisen auf das Gangsys- die Erstellung einer Säugetierfauna des Na- tem der Insekten fressenden Art hin. Bei turparks Nassau, sondern es soll eine Über- Schneelagen sind Trittsiegel von Interesse. sicht z. B. über die Artenvielfalt, das Ausse- Selbige lassen sich auch auf weichem Bo-

Strukturreiche Offenlandschaft – Lebensraum von Säugetieren Foto: Karlheinz Rapp

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 1 10.10.13 07:41 den entdecken. Seltener findet sich in Wald aber nur in geringer Zahl im Kopfbereich. und Feld ein Schädel von einem Säugetier, Talgdrüsen dienen dem Einfetten der Haare. auch Fraßspuren sind wichtige Hinweise für In der Weiterentwicklung haben sich mehrere das Vorkommen von bestimmten Arten. Ty- Haartypen herausgebildet. So besitzen viele pisch angenagte Haselnüsse können auf das Säugetiere auch sogenannte Unterwolle, die Vorhandensein von Haselmäusen hinweisen. den Kälteschutz verbessert. Haare mit Tast- Indirekte Nachweise von Kleinsäugern sind sinnesorganen verbessern die Orientierung. auch über Gewölle von Eulen möglich. Diese Bekannt sind z. B. die Schnurrhaare der Kat- müssen dann natürlich gefunden, analysiert ze. und die Arten mittels der Schädelknochen Bei den Kriechtieren, etwa den Eidechsen, bestimmt werden. ist die Körpertemperatur gleich der Umge- bungstemperatur. Bei den Säugetieren hat sich die Warmblütigkeit entwickelt, die eine 2. Die Klasse der Säugetiere Körpertemperatur gewährleistet, die in etwa auf gleicher Höhe bleibt. Kleinere Tiere um- Die Entwicklung der Säugetiere aus den gehen die Aufrechterhaltung der höheren Kriechtieren erfolgte in der Karbonzeit. Die- Körpertemperatur in kalter Jahreszeit durch se Synapsiden entwickelten Schläfenfens- Winterschlaf. Ein Problem der dauerhaften ter am Kopf, die Vorstufen zu den heutigen Warmblütigkeit ist der große Energiebedarf, Schläfengruben der Säugetiere. Die Entwick- so dass erhebliche Nahrungszufuhr notwen- lung ging weiter über die Bildung des hete- dig ist. Bei Kälte aufgerichtete Körperhaare rodonten Gebisses mit Schneide-, Backen- verbessern zusätzlich die Isolation. Schweiß- und Eckzähnen und der Warmblütigkeit. drüsen ermöglichen die Verdunstung bei ho- Ein ganz entscheidender Entwicklungs- hen Temperaturen. Das Hecheln des Hundes schritt war die Herausbildung der Milchdrü- bei heraushängender Zunge ist dafür ein gu- sen aus Hautdrüsen auf der Bauchseite und tes Beispiel. dem Brustbereich bei den weiblichen Tieren. Alle Säugetiere besitzen zwei Herzkam- Nach der Geburt wurde Milch abgeson- mern und zwei Herzvorkammern. Lungen- dert, mit der die Jungen im ersten Lebens- und Körperkreislauf des Blutes sind ge- abschnitt ernährt wurden. Durch Druck der trennt. Das Gehirn der Säugetiere ist in der Jungen kommt es zum Milchfluss. Schwan- Regel großvolumiger als das der Kriechtiere. gerschaftshormone steuern die Milchpro- Zudem besteht der Unterkiefer aus nur ei- duktion. nem Knochen; im Ohr finden sich mit Ham- Ferner ist allen Säugetieren eigen, dass mer, Amboss und Steigbügel die bekannten sie Haare besitzen. Wale haben auch solche, Gehörknöchelchen.

Waldwiese Foto: Ursula Braun

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 2 10.10.13 07:41 Mit der Entwicklung von erhöhtem Stoffwechsel, der dauerhaften Beweglichkeit, auch durch wirksame Glied- maßen, dem Fell und der Brutpflege waren die Säu- getiere in der Lage, neue Le- bensräume zu erobern und sich in vielfältige und arten- reiche Formen zu entwickeln.

3. Säugetiere im Naturpark Nassau

Es ist nicht das Ziel die- ser Broschüre, eine wissen- schaftlich exakte Säugetier- Igel fauna des Naturparks Nassau Foto: Karlheinz Rapp zu schreiben. Dies soll wis- senschaftlichen Publikationen vorbehalten difiziertem Verhalten. Beliebt ist dabei der bleiben. Grundlage der Zusammenstellung Europäische Igel (Erinaceus europaeus). bildeten eigene Beobachtungen oder solche, Das sichtbare Stachelkleid ist aus Fellhaa- die von Naturfreunden dem Naturpark Nas- ren entstanden und zusammen mit dem sau und den Autoren zugetragen wurden. Bei Einrollen schützt es vor Feinden. Mit den den der versteckten Lebensweise und der spitzen Zähnen werden Käfer, Schnecken, fast reinen nächtlichen Aktivität schwer zu Eidechsen und Würmer zerkleinert. Lichte erfassenden Fledermäusen existiert neben Wälder, Heckenlandschaften, Parkanlagen der eigenen Datenerfassung schon seit Jah- und Siedlungsrandbereiche sind bei uns der ren ein reger Austausch mit dem Arbeitskreis Lebensraum des Igels. Während des Win- Fledermausschutz Rheinland-Pfalz, vor allem terschlafes unter Schuppen, in Reisighaufen mit dessen Kreisbeauftragten Rolf Klenk. Li- oder in Komposthaufen wird die Körper- teraturauswertungen erfolgten, aber nicht un- temperatur auf 5 Grad C gehalten. Bei stark ter der Verwendung alter Regionalschriften. absinkenden Außentemperaturen erfolgt ein Natürlich ist eine solche Zusammenstel- Aufheizen, für das Fettreserven und ein Ge- lung immer nur ein zeitlicher Abriss und kann samtkörpergewicht von über 700 Gramm im niemals vollständig sein, weil sich auch im- Herbst benötigt werden. Zwei Würfe mit je mer wieder neue Entwicklungen bei den un- bis zu 7 Jungtieren dienen der Arterhaltung. terschiedlichsten Arten ergeben. Daher freu- Der Igel hat hohe Verluste im Straßenverkehr en sich die Autoren und auch der Naturpark und leidet unter dem Rückgang von ökologi- Nassau über die Übermittlung von Daten der schen Strukturen in unserer Landschaft. Seit Arten, deren Vorkommen noch unklar ist, etwa 10 Jahren wird im Naturpark Nassau oder die sich in Ausbreitung oder Rückgang eine Abnahme des Igels beobachtet. befinden. Neben direkten Sichtbeobach- Häufig im Grünland des Naturparks Nas- tungen sind auch Sekundärnachweise über sau ist der geschützte Maulwurf (Talpha eu- sicher bestimmte Fährten, Fraßspuren, Kot- ropaea). Man bekommt das Tier recht selten funde etc. von Wichtigkeit. zu sehen, da es sich fast ausschließlich unter Die Reihenfolge der Darstellung folgt der der Erde aufhält. An der Erdoberfläche sind Systematik von SCHÄFER (2000). die Maulwurfshügel zu erkennen. Vor allem im Bekannt aus der Ordnung der Insekten- Spätwinter fallen diese auf. Mit seinem dich- fresser mit kleinem Gebiss und spitzen Zäh- ten samtschwarzen Fell und seinen Grab- nen und oft vorgezogener Schnauze sind schaufeln ist der Maulwurf hervorragend an Tiere mit oft „einfachem“, also wenig mo- das „grabende“ Leben unter der Erdoberflä-

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 3 10.10.13 07:41 spitzmaus (Sorex minutus) existieren aus dem Bereich des Naturparks Nassau keine eindeutigen Nachweise. Sie wäre an Wald- rändern und Gebüschen zu erwarten. Nachweise gibt es von der größeren Was- serspitzmaus (Neomys fodiens). Sie besitzt an den Hinterfüßen Schwimmborsten und kann sich damit im Wasser gut fortbewegen. Die dunkle Oberseite kontrastiert von dem hellen Bauch. Auffällig sind die weißlichen Flecke hinter dem Auge. Bäche, Gräben und Flüsse und die Ufer von Kleingewässern sind ihr Lebensraum. Sie ist ganztägig aktiv, bei Maulwurf einem entsprechend hohen Grundumsatz. Foto: Philipp Schiefenhövel Die Wasserspitzmaus baut Gänge in die Ge- wässerufer. Kaulquappen, kleine Fische und che angepasst. Er legt bis zu 60 Meter lange Wasserschnecken gehören zu ihrer Nahrung. unterirdische Gänge an, die er zur Nahrungs- Sie ist in den letzten Jahren bei uns seltener aufnahme regelmäßig nach hineingefallenem gesehen worden. organischem Material, vor allem Regenwür- Das Vorkommen der Sumpfspitzmaus mern, absucht. Maulwürfe leben außerhalb (Neomys anomalus) im Naturpark Nassau ist der Paarungszeit als territoriale Einzelgänger, unsicher. Sie ist kleiner als die Wasserspitz- die ihr Terrain gegenüber Artgenossen vehe- maus und nutzt vermutlich einen ähnlichen ment verteidigen. Mit zwei Würfen hat er bis Lebensraum wie diese. zu 10 Nachkommen jährlich. Das Vorkommen der Feldspitzmaus (Cro- Die Waldspitzmaus (Sorex areneus) ist cidura laucodon) im Naturpark Nassau ist die häufigste einheimische Spitzmausart. ebenfalls unsicher. Ihr Schwanz besitzt klei- Ihre Oberseite ist dunkel- bis schwarzbraun, ne Wimperhaare mit weißer Spitze. Wiesen, die Unterseite ist hell. Die Zahnspitzen sind Ackerraine und Waldränder sind ihr Lebens- dunkelrot. Durch ihre hektische Lebensweise raum; gemieden werden Feuchtbereiche. hat sie einen hohen Grundumsatz; bis zu ¾ Ihre Nahrung besteht wie bei anderen Spitz- des Körpergewichtes täglich. Es werden Re- mäusen vor allem aus Insekten. genwürmer, Spinnen, Käfer und Schnecken Stark der Feldspitzmaus gleicht die Haus- gefressen. Wie viele ihrer Verwandten besitzt spitzmaus (Crocidura russula). Ihre Schnau- die Waldspitzmaus Duftdrüsen an ihren Flan- ze ist stärker verschmälert und ihre Zähne ken, deren stinkendes Sekret sie vor Fressfeinden schützt. Spitzmäuse sind das ganze Jahr aktiv. Die deutlich zweifarbige und erheblich seltener vor- kommende Schabracken- spitzmaus (Sorex coronatus) ist im Umfeld des Naturparks Nassau, z. B. bei Koblenz und Neuwied, nachgewie- sen worden. Sie ist von der Vorgängerart kaum zu un- terscheiden und nutzt offen- sichtlich die frischeren und feuchteren Waldstandorte. Von der sehr kleinen und Hausspitzmaus bräunlich gefärbten Zwerg- Foto: Josef Drefs

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 4 10.10.13 07:41 sind gänzlich weiß. Das Fell wird rötlicher als das anderer Spitzmausarten und sie lebt eher im menschlichen Umfeld als ihre Ver- wandten und nutzt auch gerne Kompost- haufen. Sie ist eine der Hauptbeutetiere der Schleiereule. Von der Ordnung der Fledermäuse ist die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) sicherlich die seltenste Art und war vor 60 Jahren bei uns in den Winterquartieren viel häufiger. Eine aktuelle Wochenstube ist im Naturpark Nassau nicht bekannt, die Nach- weise beschränken sich auf ein Einzeltier im Winterquartier. Graues Langohr Verbreiteter ist das Braune Langohr Foto: Rolf Klenk (Plecotus auritus), die wie ihre Schwes- terart an den langen Ohren und dem eher stände sind abnehmend, weil sie wohl auch flatternden Flug zu erkennen ist. Langohren bei Kirchensanierungen keine Beachtung überwintern in Stollen, aber auch in Kellern finden. und Felsspalten. Ihre Wochenstuben sind Charakterart im Naturpark Nassau ist das bevorzugt in Gebäuden, wie Türmen, Dach- graubraune Große Mausohr (Myotis myo- stühlen und Baumhöhlen oder Fledermaus- tis), mit einer Spannweite von fast 40 cm kästen. die größte einheimische Fledermausart. Die Die seltenere Zwillingsart Graues Lang- Weibchen sammeln sich im Spätfrühling in ohr (Plecotus austriacus) lebt ähnlich wie großen Wochenstuben, von denen im Na- das Braune Langohr, bevorzugt bei der Wo- turpark Nassau solche in Kamp-Bornhofen, chenstubenwahl jedoch Kirchen. Die Be- Nassau und bekannt sind. Zu den

Teil einer Wochenstube des Großen Mausohrs Foto: Rolf Klenk

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 5 10.10.13 07:41 Jagdgebiet von Fledermäusen Foto: Ursula Braun

insgesamt 6000 Weibchen gesellen sich mittelgroße waldbewohnende Art, die ihre noch ebenso viele Männchen, die im Som- Wochenstube in Baumhöhlen oder Fleder- mer jedoch einzeln leben und erst in den mausnistkästen hat und im Winter auch in Paarungsquartieren im Herbst wieder zu den alten Bergwerkstollen anzutreffen ist. Aus Weibchen stoßen. Das Große Mausohr über- den Wäldern im Naturpark Nassau sind wintert in alten Bergwerksstollen und Höh- Weibchenquartiere mit weniger als 40 Tie- len, aber auch in Felsspalten. Käfer werden ren bekannt. Bechsteinfledermäuse jagen im vor allem im nächtlichen Suchflug in Wäldern Wald und am Waldrand, seltener über struk- geortet und erbeutet. turreichem und mit Bäumen und Büschen Eine weitere Fledermauscharakterart un- durchsetztem Grünland. serer Region ist die Bechsteinfledermaus Ebenfalls ein Waldbewohner ist die Fran- (Myotis bechsteini). Es handelt sich um eine senfledermaus (Myotis nattereri), die jedoch

Fransenfledermaus Foto: Rolf Klenk

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 6 10.10.13 07:41 erheblich seltener nachgewiesen wurde und Teichfledermaus (Myotis dascyneme) liegt von der aus unserer Region nur zwei Wo- bisher nur ein Winternachweis in einem chenstuben im Wald bekannt sind. Die kleine Bergwerkstollen bei vor. Fledermausart wird auch jagend über wald- Nistkastenkontrollen belegen in unserer nahen Gewässern und über Waldwegen an- Region eine Zunahme des Kleinen Abend- getroffen. Bei niedrigen Temperaturen sind seglers (Nyctalus leisleri), vor allem im Raum Fransenfledermäuse auch Insekten jagend in -. Die waldbewoh- Viehställen festzustellen. nende Art wird dort bei Kastenkontrollen im- Von der südlichen und wärmeliebenden mer häufiger angetroffen und dürfte in der Wimperfledermaus (Myotis emerginatus) Region auch reproduzieren. liegt nur ein Detektornachweis vom Stelzen- Unklar ist, ob der offensichtliche Rück- bachtal bei Oberelbert vor. Da die Art derzeit gang des Großen Abendseglers (Nyctalus in Ausbreitung ist, sind weitere Nachweise in noctula) im Wald Freiräume für die kleinere den kommenden Jahren möglich. Zwillingsart schafft. Er wird bei Detektor- Die schwer zu unterscheidenden Arten erfassungen und auch bei den Kastenkon- Große Bartfledermaus (Myotos brand- trollen immer weniger angetroffen. Aus ti) und Kleine Bartfledermaus (Myotis dem Sommer sind von der Art mit rotbrau- mystacinus) wurden im Naturpark Nassau nem Fell und einer Spannweite von 35 cm verbreitet nachgewiesen, vor allem bei nur Männchennachweise bekannt. Weib- Kontrollen in Winterquartieren, wo sie die chen wandern zur Paarung aus Ost- und zweithäufigsten Arten sind. Beide Arten Norddeutschland im Frühherbst ein. Die leben im Sommer in Baumhöhlen und sel- Überwinterung erfolgt in mehr oder weni- tener an Häusern. Innenwaldränder, offene ger großen Gesellschaften in thermisch Bachauen und stehende waldnahe Gewäs- geeigneten Baumhöhlen. Die „Frühfliegen- ser werden gerne zur nächtlichen Insekten- de Fledermaus“ kann schon in der frühen jagd genutzt. Dämmerung, oft sehr hoch jagend, beob- Verbreitet unter Bevorzugung von stehen- achtet werden. Um ein für die Überwinte- den oder langsam fließenden Gewässern ist rung notwendiges Fettdepot anzufressen, in unserer Region die Wasserfledermaus jagen die Tiere im Herbst manchmal auch (Myotis daubentoni), eine kleine, in der Re- tagsüber. gel dicht über der Wasser- fläche jagende Fledermaus mit markant hellem Bauch. Die Wochenstuben liegen wohl vor allem in Baumhöh- len. Erbeutet werden von der Art gerne Zuckmücken. Teiche an der Landshube/ Höhr-Grenzhausen, solche im Stelzenbachtal/Niederel- bert, die komplette Lahn, der Hauserbachstausee bei , der Bärbacher Wei- her bei Schönborn oder die Teiche im Mühlbachtal/Nas- sau gehören zu den gut be- suchten Jagdbiotopen der Art im Naturpark Nassau. Im Winter ist sie regelmäßig in Bergwerkstollen festzustel- len. Von der vor allem in Nord- Wasserfledermaus im Winterquartier deutschland verbreiteten Foto: Rolf Klenk

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 7 10.10.13 07:41 Wochenstube der Zwergfledermaus Foto: Rolf Klenk

Die im Naturpark Nassau mit Abstand häu- in den Monaten August und September zu figste Fledermausart ist die Zwergfleder- erwarten. Ein Winternachweis aus Höhr- maus (Pipistrellus pipistrellus). Sie ist in allen Grenzhausen lässt auch Überwinterung Städten, Dörfern und Gehöften anzutreffen. vermuten. Die Art ist etwas größer als die Wochenstuben, die bis zu 100 Weibchen beiden vorgenannten Arten und hat eine et- umfassen können, finden sich an Gebäu- was hellere und rötlichere Fellfarbe. Sie ist den. Sie werden im Sommer mehrfach ge- Waldbewohner. wechselt. Auch bei Detektorbegehungen an Eine Besonderheit ist die Zweifarbfleder- Waldrändern, Parkanlagen oder Gewässern maus (Vespertilio discolor) mit ihrem Silber- ist die mit 17 cm Flügelspannweite kleine Art glanz im Fell. Zwei Nachweise der östlichen zu beobachten. Art liegen aus dem Raum Dausenau-Nassau vor, darunter eine erfolglose Geburt. Wochen- stuben im Lahn- und Rheintal wären möglich. Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus sero- tinus) ist zum Beispiel in Nassau/Scheuern mit zwei offensichtlich abnehmenden Wo- chenstuben an Gebäuden vertreten. Da noch weitere Nachweise mit Detektor aus dem Naturpark Nassau von strukturreichen Siedlungsrandlagen und stehenden Gewäs- sern vorliegen, ist mit einer weiteren Verbrei- tung zu rechnen. Die große Fledermausart hat eine Spannweite von mehr als 30 cm, ein dunkelbraunes Fell und einen schwerfälligen Flug. Nachtfalter und Käfer werden von ihr Zwergfledermaus im Flug erbeutet. Foto: Rolf Klenk Zu den Hasenartigen gehört das Wildka- Relativ neu abgetrennt wurde von der ninchen (Oryctolagus cuniculus). Die Art ist Zwergfledermaus die noch etwas kleinere im Naturpark Nassau in den klimagünstigen Mückenfledermaus (Pipistrellus pygma- Lagen mit lockeren grabfähigen Böden ver- eus). Von ihr sind bisher nur wenige Ein- breitet. Auch wenn die Bestände sich teils zelfunde bei Nassau und Kamp-Bornhofen lokal erholen ist das Wildkaninchen vielerorts bekannt. Eine weitere Verbreitung, auch mit seltener geworden. Krankheiten und das Zu- reproduzierenden Wochenstuben in den kli- wachsen und Verfetten ehemals offener bzw. magünstigen Tallagen von Rhein und Lahn, magerer Lebensräume sind als Ursachen an- ist jedoch zu erwarten. zuführen. Das Wildkaninchen ist kleiner als Die Rauhautfledermaus (Pipistrellus na- der verwandte Feldhase, der vor allem längere thusi) dürfte im Naturpark Nassau vor allem Ohren aufweist, die auch eine schwarze Spitze Durchzügler sein. Dann ist sie insbesondere besitzen. Die Wildkaninchen bauen tiefe Bau-

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 8 10.10.13 07:41 Wildkaninchen Foto: Josef Drefs

ten, in denen sie ihre Jungen zur Welt bringen. Jungen werden ab März geboren und im Die oft gesellig lebenden Tiere fressen Gräser, Gegensatz zum Wildkaninchen in flachen Kräuter oder Getreide, gerne auch Raps. Mulden und nicht in Bauten aufgezogen. Der größere und schlankere Feldhase Der Feldhase hat stark abgenommen, sei- (Lepus europaeus) hat einen längeren Kopf nen Bestand jedoch auf niedrigem Niveau als das Wildkaninchen. Er lebt in der Regel stabilisiert. im Offenland und weniger im Wald. Lange Nutria oder Sumpfbiber (Myocastor coy- Beine ermöglichen ein schnelles Laufen. pus) sind aus Pelztierfarmen entwichene Feldhasen liegen in einer Mulde, der Sasse. Neozoen, die eigentlich aus Südamerika Die Ohren werden flach angelegt, so dass stammen und etwas größer sind als Bisam- sie auch schwer zu entdecken sind. Die ratten. Der Schwanz ist rund und nicht abge-

Feldhase Foto: Karlheinz Rapp

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 9 10.10.13 07:41 plattet, wie bei dem Biber. Im Naturpark Nas- Gartenschläfer (Eliomys quercinus). Seine sau wurden Nutrias bisher nur vom Rhein bei Hauptverbreitung liegt im klimagünstigen der Schottel nachgewiesen, dort Rheintal und im unteren Lahntal, etwa bis auch mit Jungen. Ihre Bauten befinden sich . Gartenschläfer sind wie alle Bil- nicht wie beim Biber unter Wasser, sondern che an dem buschigen Schwanz zu erken- sind in Ufernähe. Wasserpflanzen, Schilf und nen und artspezifisch ist auch der schwarze Seggen gehören zur Hauptnahrung dieser Augenstreifen, der sich am Kopf vom Auge Nagetiere. bis zum Ohr zieht. Der Gartenschläfer ist, wie Nur ein Nachweis als Totfund von der auch seine Schwesternart der Siebenschlä- Straße Nassau-Dausenau liegt vom Kana- fer, dämmerungs- und nachtaktiv. Im Herbst dischen Biber (Castor canadensis) vor. Das werden in der Dämmerung Früchte gesam- Tier ist sicherlich aus einer Haltung entwi- melt und Ende Oktober beginnt der Winter- chen. Nachweise vom sich ausbreitenden schlaf, der bis in den April andauert. Europäischen Biber (Castor fiber) liegen aus unserer Re- gion bisher noch nicht vor. Bekannt und beliebt ist auch im Naturpark Nassau das Eichhörnchen (Sciurus vulgaris). Auffallend sind der lange buschige Schwanz, der auch zum Steuern bei oft weiten Sprüngen genutzt wird, sowie die Pinselohren. Die Fellfarbe schwankt zwi- schen rotbraun und schwarz- braun, bei heller Bauchseite. Dunkelfarbige heimische Eichhörnchen werden immer Siebenschläfer wieder für das aus Amerika Foto: Karlheinz Rapp stammende Grauhörnchen gehalten, das, wenn es in Europa auftritt, das Größer als die vorige Art ist der Sieben- Europäische Eichhörnchen verdrängt. Die schläfer (Glis glis), der eine graue Fellfarbe invasiven Grauhörnchen kommen bislang in besitzt. Auffallend sind ferner die Knopfaugen England und Italien vor. Eichhörnchen kön- und der stark buschige Schwanz. Er besitzt nen gut klettern, schnell laufen und zielsicher keine Gesichtszeichnung und kennzeichnend springen. Sie leben in Wäldern, Gärten und ist ferner sein „Rattern“, das bei Störung an Parkanlagen, sind tagaktiv und Winterruher. Quartieren zu hören ist. Wälder und ganz Dies bedeutet, dass der Winter unterbrochen besonders Waldränder sind sein Hauptle- durchschlafen wird. Dazu werden Fressvor- bensraum, gerne werden auch menschliche räte vergraben, wie etwa Haselnüsse, Wal- Gebäude wie Wochenendhäuser, Grillhütten nüsse oder auch Zapfen im Winter abge- oder Jagdhütten als Unterschlupf genutzt. Zu pflückt und die fetthaltigen Samen zwischen den attraktiven Behausungen, die auch teil- den Schuppen gefressen. Ansonsten gehö- weise zur Jungenaufzucht genutzt werden, ren noch Pilze, Kleintiere, Beeren und Obst gehören auch Vogelnistkästen oder Fleder- zum Speiseplan. Eichhörnchennester, häufig mauskästen. Der Siebenschläfer ist im Na- in Bäumen in großer Höhe angelegt, haben turpark Nassau verbreitet und bevorzugt die eine runde Form und werden Kobel genannt. mittleren Höhenlagen. In der Regel werden zweimal im Jahr Junge Nur wenige Nachweise liegen von der geboren. Der Bestand ist stark abhängig vom dritten Bilchart, der Haselmaus (Muscar- Nahrungsangebot. diunus avellanarius) vor. Der kleine Schläfer Ein selteneres Säugetier, zumindest in Teil- hat ein mausähnliches Aussehen, dunkle bereichen des Naturparks Nassau, ist der Knopfaugen, ein gelbbraunes Fell mit hellem

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 10 10.10.13 07:41 aktiv. Hausmäuse können klettern, laufen und schwim- men. Sie sind Allesfresser und bekommen während des gan- zen Jahres Junge. Hauptfein- de sind Katzen, Schleiereule und Steinmarder. Sehr klein ist die Zwerg- maus (Micromys minutus), mit einem Gewicht von nur 5–6 Gramm und einer Gesamtkör- perlänge von 14 cm. Die Fell- färbung ist braun und die Un- terseite ist dabei etwas heller Haselmaus gefärbt. Waldränder und Ufer- Foto: Josef Drefs gebüsche und deren Hoch- staudenfluren in den niedrigen Bauch und einen schläfertypischen buschi- Lagen sind ihr Lebensraum. Die kugeligen gen Schwanz. Wälder und Waldränder mit Nester, die den Nestern der Haselmaus sehr Vorkommen der Haselnuss sind sein eng ähneln, sind zwischen Halmen und Ästen in begrenzter Lebensraum. Zu den Haselnuss- unserer Region nur selten zu finden, am ehes- kernen als Nahrung gesellen sich auch noch ten noch in den Uferbereichen der Lahn. Knospen und andere Früchte. Die Hasel- Die in Europa vor allem nord- und südöst- maus baut ein aus Grashalmen bestehendes lich verbreitete Gelbhalsmaus (Apodemus Kugelnest, das sie meist in Hecken, Hoch- flavicollis) ist durch die bräunliche Obersei- stauden und Waldrändern oder wie ihre Ver- te, die stark von der weißlichen Unterseite wandten in Höhlen und Nistkästen errichtet. kontrastiert, erkennbar sowie durch einen Kalte Frostwinter und Prädatoren wie wüh- markanten gelblichen Kehlfleck oder ein lende und fressende Wildschweine im Winter Kehlband gekennzeichnet. Sie lebt in von scheinen für den Rückgang der Art in unserer Buchen dominierten Wäldern, vor allem auch Region verantwortlich zu sein. unter Beimischung von Eichen und Haseln. Die Wanderratte (Rattus norvegicus) ist an Sie trägt wie auch andere Mäusearten im Flüssen, Bächen und im Kanalsystem im Na- Herbst Winternahrung in unterirdische Ver- turpark Nassau weit verbreitet und teilweise stecke ein. häufig. Sie besitzt ein braungraues Fell mit einer weißlichen Unterseite. Der Schwanz wird nach hinten dünner. Im Zusammenleben der sozial lebenden Art besteht eine mar- kante Ordnung. Schäden für den Menschen treten durch die Übertragung von Krankhei- ten und das Verzehren von Nahrungsmitteln auf. Die ganzjährige Vermehrung ist hoch. Die kleinere Hausratte (Rattus rattus) kommt vermutlich im Naturpark Nassau nicht mehr vor. An Häuser gebunden ist die Hausmaus (Mus domesticus), wobei Körperlänge und Schwanzlänge mit ca. 8 cm in etwa iden- tisch sind. Auffällig sind die im Verhältnis zum Körper großen Ohren. Früher lebte die Art im Sommer in Feldern und im Winter in Wohnräu- men und dort vor allem in den Nahrungsspei- Gelbhalsmaus chern. Die Art ist dämmerungs- und nacht- Foto: Philipp Schiefenhövel

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 11 10.10.13 07:41 Die weit verbreitete Waldmaus (Apode- können in einem Jahr über 20 sein, wandern mus sylvaticus) hat einen viel kleineren Kehl- aus dem Gebiet der Eltern ab. Im Naturpark fleck wie die vorher beschriebene Art und Nassau ist der Bisam an Gewässern verbrei- die Farbgrenze zwischen Ober- und Unter- tet, wird aber durch Fang eingedämmt. seite ist auch nicht so scharf ausgebildet. Zu den größten Schädlingen im Obstan- Sie gehört zu den Hauptnahrungstieren von bau gehört in Massenvermehrungsjahren Füchsen und Eulen, da sie vor allem dämme- die Schermaus (Arvicola terrestris). Die fast rungs- und nachtaktiv ist. Männchen bilden rattengroße größte einheimische Wühlmaus- Reviere aus, die je nach Nahrungsangebot in art lebt in Wiesen, Gärten aber auch gerne der Größe schwanken können. In der Regel in Obstwiesen. Hier baut das graubraune sind vier Würfe möglich, oft schon im zeiti- Tier in der Erde oberflächennahe Gänge, gen Frühjahr beginnend. die durch kleine Verwerfungen an der Erd- Der Bisam (Ondatra zibethicus) wurde als oberfläche auffallen. Sie ähneln den Maul- Pelztier Anfang des vorherigen Jahrhunderts wurfshügeln, sind jedoch meist kleiner und in Böhmen ausgesetzt. Die Vermehrung und durch ein ca. 5–10 cm großes Eingangsloch Arealausweitung der ursprünglich aus Nord- zu erkennen. Die Art ernährt sich bei hohem amerika stammenden Nagetierart hat zu Grundumsatz von Pflanzenmaterial und einer Besiedlung weiter Bereiche Europas verschmäht besonders auch im Winter die und Asiens geführt. Sie sorgt für Probleme Wurzeln von jungen und mittelalten Obst- an den Dämmen unserer in Mitteleuropa oft bäumen nicht. Dann kann sie erhebliche kanalisierten Fließgewässer und Teiche. Das Schäden anrichten. Hauptprädator ist das bis zu 2 kg schwer werdende Tier hat eine Hermelin, aber auch Eulen verschmähen die Gesamtlänge von bis zu 60 cm bei dunkel- Schermaus nicht. brauner Fellfarbe. Die Zehen an den Hinter- Sieht man im Wald eine kurzschwänzige füßen besitzen kurze Schwimmhäute. Bei rötlichbraune Maus mit kurzen Ohren und Schwimmbewegung wird der leicht seitlich zweifarbigem Schwanz, so dürfte es sich eingedrückte Schwanz hin- und her bewegt. um eine Rötelmaus (Clethrionomys gla- Bauten der Bisamratte finden sich in den reolus) handeln. Das wenig scheue Tier ist Uferböschungen, zumeist mit einem Eingang vor allem in der Dämmerung aktiv und kann unter Wasser. Die Bauten können beachtliche suchend am Waldboden beobachtet wer- Größen erreichen. Schwimmend wird das aus den. Samen von Gräsern und Früchte von Pflanzen bestehende Baumaterial zur Burg Bäumen gehören zur Hauptnahrung, das gebracht. Die Tiere sind in der Regel Pflan- Fressen von Rinde kommt ebenfalls vor. In zenfresser, verschmähen im Winter aber auch guten „Früchtejahren“ kommt es zu Mas- Krebse und Muscheln nicht. Die Jungen, es senvermehrungen.

Bisam Foto: Josef Drefs

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 12 10.10.13 07:41 möglich; hier muss die Form der Zahnschlin- gen hinzugezogen werden. Die Gänge liegen dicht an der Oberfläche und sind vor allem nach der Schneeschmelze im Grünland zu erkennen. Triebe von Pflanzen, Samen- körner aller Art und Getreide gehören zur Hauptnahrung der Feldmaus. Massenver- mehrungen in mehrjährigem Rhythmus wer- den als Gradationen bezeichnet. Von die- sem profitieren Prädatoren wie Greifvögel, Fuchs, Hermelin, Mauswiesel oder Eulen. Sie können die Massenentwicklung jedoch nur für sich selbst nutzen, aber nur punktu- ell eindämmen. Durch die hohen Bestände Rötelmaus kommt es bei den Tieren zur Selbstregulati- Foto: Karlheinz Rapp on und zum Bestandszusammenbruch: Ver- antwortlich dafür sind Stresshormone und Die Kleinäugige Wühlmaus (Microtus sub- die Ausbreitung von Krankheiten. terraneus) dürfte im Naturpark Nassau vor- Sehr ähnlich der Feldmaus, aber mit dunk- kommen, am ehesten in den höheren Lagen. lerem und langhaarigerem Fell und feinen Das weiche dunkelgraue Fell der kleinen Haarpinseln am Schwanz, ist die Erdmaus Säugetierart weist keine besonderen Merk- (Microtus agrestis). Sie lebt in erheblich ge- male auf. Feuchte Wiesenbereiche sind der ringerer Zahl in Gärten, Parkanlagen und bevorzugte Lebensraum. in der Feldflur. In krautiger und dichter Bo- Die Feldmaus (Microtus arvalis) ist die denvegetation ernährt sie sich von Gräsern, häufigste Klein-säugerart in unserer Regi- Wurzeln sowie Samen und knabbert im Win- on und neigt bei günstigen Bedingungen ter gerne die Rinde von Bäumen und Sträu- zu Massenvermehrungen. Die exakte Un- chern an. terscheidung von anderen Wühlmausarten Zu den mittelgroßen Beutegreifern gehört durch das grau- bis sandbraune Fell ist nicht der Waschbär (Proyon lotor), der 1938 im

Waschbär Foto: Leander Hoffmann

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 13 10.10.13 07:41 Ederseegebiet ausgesetzt wurde und sich bei seiner Beutesuche auf Feldern und Wie- rasch vermehrt hat. Von dort aus hat er er- sen auffällt. Das markante fuchsrote Fell, hebliche Teile Deutschlands besiedelt. Cha- die spitze weiße Schnauze und der lange rakteristisch sind die schwarze Augenbinde buschige Schwanz sind unverwechselbar. über dem hellen Gesicht und der buschige In der Regel bewohnt der Rotfuchs einen geringelte Schwanz. Waschbären klettern Erdbau und nutzt dabei gerne die Fähigkeit gerne. Pflanzliche Nahrung wie Eicheln und des Dachses zum Bau einer Burg. In die- Bucheckern bilden die Grundlage seiner ser lebt er teilweise mit diesem zusammen. Nahrung, Beeren und Feldfrüchte kommen Hier ist der Mittelpunkt seines Revieres und im Herbst zur Fettanlage dazu. Ansonsten auch der Aufzuchtbereich der Jungen. Die gehören auch Inhalte von Vogelnestern, Am- Paarungszeit ist im Hochwinter. Im Januar phibien, Fische sowie der fressbare Inhalt von und Februar kann man öfters sein Bellen in Mülltonnen zu seinem Nahrungsspektrum. den Wäldern hören und große männliche Bei nur einem Wurf ist seine Vermehrung Rüden beim Umherstreunen auf der Suche relativ gering. Im Naturpark Nassau wird er nach einer Partnerin, der weiblichen Fähe, regelmäßig beobachtet, vor allem im Lahntal beobachten. Knapp zwei Monate nach der und Gelbachtal. Häufig deuten durchstöberte Paarung werden die Jungen im Bau ge- Komposthaufen oder Mülltonnen sowie seine boren und verlassen diesen nach etwa 60 charakteristischen Fußabdrücke an Fließge- Tagen erstmals. Gute Mäusejahre führen wässern auf die Anwesenheit des nachtakti- zu einer stärkeren Vermehrung, die aber in ven Tieres hin. Von Schäden ist bei der offen- schlechten Mäusejahren mit weniger Jun- sichtlich noch nicht so hohen Population bei gen auch wieder ausgeglichen wird. Zur uns noch nichts bekannt. Eindämmung einer möglichen Tollwutaus- Mit der waschbärartigen Kopfzeichnung breitung werden Impfungen durch das Aus- könnte der Marderhund (Nyctereutes rpocy- legen von Ködern durchgeführt und Ab- onoides) mit der vorgenannten Art verwech- schüsse getätigt. selt werden. Durch sein langes struppiges Aktuelle Nachweise vom Wolf (Canis Fell, dem buschig grauen Schwanz und die lupus) gibt es im Naturpark Nassau noch längeren Beine wirkt er jedoch gedrungener nicht. Bis ins 19. Jahrhundert kam er aber und größer als der Waschbär. Er bewegt sich vor. Aufgrund der aktuellen Entwicklung in dachsähnlich und oft schlängelnd fort und anderen Regionen und der zum Teil weiten hinterlässt dabei hundeartige Trittsiegel mit Wanderungen einzelner Tiere könnten auch radial gespreizten Krallenabdrücken. Nach im Naturpark Nassau in den nächsten Jah- erfolgreicher Einbürgerung des nordostasi- ren Einzeltiere einwandern. atischen Tieres in Russland und der Ukraine hat er sich stark nach Westen ausge- breitet. Durch seine hohe Anpassungsfähigkeit und die hohe Vermehrungsra- te von 6–9 Jungtieren pro Wurf hat er auch unseren Raum erreicht, wenn auch Nachweise des nachtaktiven Tieres selten sind. Derzeit scheinen Krankheiten seine weitere Ausbreitung einzu- dämmen. Ein bekanntes Tier der einheimischen Säugetier- fauna ist der Rotfuchs (Vul- pes vulpes), der vor allem im Rotfuchs Spätsommer und im Winter Foto: Karlheinz Rapp

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 14 10.10.13 07:41 Dachs Foto: Josef Drefs

Der Dachs (Meles meles) mit seiner rakteristischen Merkmale dieser Säugetierart. schwarz-weißen Streifenzeichnung im Kopf- Seine Hauptnahrung sind Mäuse, Wühlmäu- bereich und der plumpen Gestalt ist unver- se, Amphibien, Vogelgelege, tote Fische, sel- kennbar. Hals und Beine haben eine schwar- ten auch junge Kaninchen. Als Bauten wer- ze Fellfärbung und der Rücken weist silber- den Kaninchenröhren genutzt, aber solche graue Grannenhaare auf, während am Bauch auch gerne selbst gegraben. Die Bestände das Fell schwarz gefärbt ist. Mit den kurzen der Art in unserer Region scheinen rückläufig Füßen ist er zum Graben in der Lage und zu sein. Der domestizierte Verwandte des Il- wird durch die langen Krallen unterstützt, die tis ist das Frettchen, das gerne von Falknern auch bei den Trittspuren auffallen. Eine Ein- und Tierliebhabern gehalten wird. gangsrutsche ist markant für die oft großen Der Baummarder (Martes martes) bevor- und über Jahrzehnte genutzte Bautensyste- zugt als Lebensraum die größeren zusam- me, in die auch Fuchs, Iltis und Wildkanin- menhängenden Waldgebiete. Sein Fell ist chen Einzug halten. Die nachtaktiven und braun und seine Kehle und Vorderbrust sind wenig auffallenden Tiere sind im Naturpark gelblich. Auch seine Ohren weisen einen Nassau vor allem in Anbindung an die Offen- gelblichen Schimmer auf. Der Baummarder landschaft weit verbreitet. Dachse sind Alles- hat kräftige Krallen, mit denen er vorzüglich fresser, die im Herbst auch gerne Maiskolben klettern kann. Hier ist er allen einheimischen fressen und in diesen Kulturen Schäden an- Säugetieren überlegen. Baummarder können richten können. Kalte Wintertage verschläft bis zu 4 m weit springen und laufen Stäm- der Dachs untertage und kommt nur gele- me hinauf und hinab. Daher sind sie auch in gentlich zur Nahrungssuche heraus. der Lage, Eichhörnchen erfolgreich zu jagen. Selten zu beobachten ist bei uns der Iltis Große Nistkästen, Baumhöhlen oder auch (Mustela putorius), ein Dämmerungs- und große Nester sind sein Rückzugsraum. Zu Nachtjäger, der gerne in Gewässernähe und der Beute gehören Mäuse und andere Kle- waldnahem Offenland lebt. Die weißlich- insäuger, Vögel, Eichhörnchen, aber auch braune Maskenzeichnung im Gesicht, der Bucheckern und Beeren werden gefressen. beim Lauf zu beobachtende „Buckel“ sowie Die Paarungszeit beim Baummarder liegt das schwarzbraune Rückenfell, sind die cha- im Hochsommer. Die Keimentwicklung wird

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 15 10.10.13 07:41 Strukturvielfalt im Wald – Wurzelteller Foto: Ursula Braun

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 16 10.10.13 07:41 über den Winter unterdrückt, so dass die langen Schwanz mit schwarzer Spitze, an Jungen in der Regel im kommenden Frühjahr der rötlichbraunen Felloberseite und der zur Welt kommen. gelblich-weißen Unterseite zu erkennen ist. Häufiger und öfters zu beobachten ist im Im Winter kann es ein gänzlich weißes Fell Naturpark Nassau der Steinmarder (Martes erhalten, lediglich die Schwanzspitze bleibt foina). Er ist typischer Bewohner von Gehöf- schwarz. Durch ihre schnelle und immer su- ten, Dörfern und Städten. Durch diese un- chende Lebensweise benötigen Hermeline terschiedlichen Lebensräume kommen sich viel Nahrung, die vor allem von Kleinsäugern Steinmarder und Baummarder in der Regel gebildet und von Vögeln oder regional auch nicht ins Gehege. Markant ist der weißliche von Kaninchen vervollständigt wird. Die Paa- und allenfalls gelblich überhauchte Kehl- rungszeit liegt auch hier im Sommer. Mit ei- fleck, der bis zu den Vorderbeinen reicht und ner Keimruhe kommt es erst im kommenden sich dadurch als Fleck aufgabelt. Zudem ist Frühjahr zur Geburt der Jungen. seine Nase fleischfarben und nicht dunkel, Selten bekommt man das kleine Mauswie- wie beim Baummarder. Steinmarder können sel (Mustela nivalis) zu sehen. Der Schwanz sich am Boden besser fortbewegen als der des oberseits braun und bauchseits weiß Baummarder, dieser ist ihm im Geäst der gefärbten Tieres hat keine schwarze Spitze. Bäume überlegen. Seine Schlupfwinkel sind Die geringe Körpergröße ermöglicht dem im Siedlungsbereich Feldscheunen, Mau- Mauswiesel die Beuteaufnahme auch in erspalten, Türme von Kirchen oder Burgen den Gängen der Mäuse. Die schlanken Tie- und auch Speicher von Wohnhäusern. In den re haben einen hohen Nahrungsbedarf, der Städten kann die Art ebenso in modernen vor allem durch Mäuse gedeckt wird. Ihre Tiefgaragen Verstecke finden. Bedauerli- Bewegungen wirken immer recht hektisch. cherweise werden auch in Motorhauben von Mauswiesel halten, wie auch die Hermeline, Autos Gummiummantelungen und Brems- keine Winterruhe. Die Art kommt im Natur- schläuche durchgebissen, was problema- park Nassau außerhalb der geschlossenen tisch sein kann. Vor allem Mäuse bilden das Waldgebiete überall vor, hat aber offensicht- Grundgerüst seiner Nahrung, es stehen je- lich abgenommen, vor allem in der Feldland- doch alle Tiere bis zur Hühnergröße auf dem schaft. Speisezettel. Alle bisherigen Meldungen vom Luchs Seltener im Naturpark Nassau ist das (Lynx lynx) im Naturpark Nassau, die sich im Hermelin (Mustela erminea) geworden, das letzten Jahrzehnt häufen, entbehren eindeu- an seinem schlanken Körperbau, seinem tiger Nachweise und Belege. Daher muss die Entscheidung über ein mögliches Vorkommen offen bleiben. Eine bemerkenswerte Säu- getierart im Naturpark Nas- sau ist die Wildkatze (Felis sylvestris), die in den letzten beiden Jahrzehnten zuge- nommen hat und mittlerweile wohl im gesamten Naturpark Nassau vorkommen dürfte. Dennoch ist sie für den Na- turfreund, auch wegen der teilweise nächtlichen Le- bensweise oder zumindest einer solchen in der Dämme- rung, schwer zu beobachten. Die größten Chancen beste- Hermelin hen auf waldnahen Wiesen Foto: Karlheinz Rapp oder Waldwiesen, vor allem

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 17 10.10.13 07:41 die auffälligen Balzschreie gehört werden können. Im Mai werden die 3–4 Jungen geboren, die von der Mutter 4 Wochen gesäugt werden und dann zusammen mit ihr auf Jagd gehen. Der Be- reich des Naturparks Nassau gehört zu den Kernräumen des Vorkommens der Art in Rheinland-Pfalz. Ihr größtes Lebensrisiko ist das Über- fahren auf Straßen. Zu der Ordnung der Paar- hufer gehört das Wild- schwein (Sus scrofa), das Wildkatze mit keinem anderen einhei- Foto: Karlheinz Rapp mischen Säugetier verwech- selt werden kann. Die braun- im Winter oder nach der Mahd. Schwie- rote Fellfarbe, die auch heller sein kann, das rig wird das Sichten der Art noch durch borstige Fell und der rüsselartig auslaufende die Verhaltensweise der Wildkatze, sich bei Kopfbereich sind markante Merkmale. Jung- Annäherung abzuducken. Dann ist das Tier tiere, also Frischlinge, haben eine charak- noch schwerer zu entdecken. Die Haupt- teristische Längsstreifung. Die männlichen nahrung der Wildkatze sind Mäuse, seltener Tiere, die auch Eber oder Keiler genannt werden auch Vögel gefressen. Die Wildkat- werden, haben auffällige Eckzähne, die ein ze lauert vor einer Maushöhle und erbeutet Wühlen im Boden ermöglichen. Wildscheine das Tier mit einem Sprung. Die Paarungs- leben in Wäldern, bevorzugt solche mit Un- zeit liegt Ende Februar, wo in abgelegenen terholz. Sie profitieren auch von den vielen Waldgebieten, vor allem auch der Tallagen, dichten Sukzessionsflächen, vor allem in den

Wildschwein Foto: Josef Drefs

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 18 10.10.13 07:42 warmen Südhanglagen der Täler. Zudem hat der Maisanbau stark zugenommen, der den Wildschweinen als energiereiche Nahrungs- quelle dient. Außerdem wird häufig Mais an Lockstellen, sogenannten Kirrungen, aus- gebracht oder angelegte Wildäcker dienen den Schweinen als Nahrungsangebot. Dies und die Zunahme milder Winter haben dazu geführt, dass die Tiere fast ganzjährig Junge bekommen und es zu erheblichen Schäden auf Wiesen und Sonderkulturen, wie Streu- obstwiesen und Weinbergen, aber auch mitt- lerweile in Gärten, kommt. Hier sind jagdli- che Reduzierungen dringlich. Die gesellig lebenden Tiere sind wohl organisiert, indem ein erfahrenes Weibchen, die Bache, mit ih- ren Frischlingen die Leitung übernimmt. Die- sem Verband können sich weitere Bachen, aber auch noch nicht erwachsene Überläu- fer, anschließen. Der Keiler schließt sich zur Paarungszeit der Rotte an. Das Wildschwein ist Allesfresser. In Mastjahren bilden Eicheln und Bucheckern die Grundlage, es schlie- ßen sich Feldfrüchte aller Art an, aber auch Würmer, Käfer, Amphibien oder Kleinsäuger Weibliches Mufflon werden nicht verschmäht. Foto: Karlheinz Rapp Reine Bestände des Mufflons (Ovis am- mon) gibt es nur auf Korsika und Sardini- worden und kommt in den Rheinhängen en. Das kleine Wildschaf ist im Naturpark unweit von Kamp-Bornhofen vor, aber Nassau aus jagdlichen Gründen ausgesetzt auch zunehmend in Teilen des Taunus und

Vielgestaltige Landschaft – hohe Artenvielfalt Foto: Manfred Braun

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 19 10.10.13 07:42 abnehmend auf der Mon- tabaurer Höhe. Die schne- ckenförmigen Gehörne sind als Jagdtrophäe begehrt. Da Mufflons oft in größeren Herden auftreten, sind die Schäden in Wäldern, auf Feldern und partiell auch in Halbtrockenrasen beträcht- lich. Zudem nutzen sich die Klauen der Hufe, die an fel- sigen Untergrund angepasst sind, auf dem doch zumeist weichen Waldboden nicht ausreichend ab und es ent- stehen Hufmissbildungen. Bekannt, verbreitet und häufig ist im Naturpark Nassau das Reh (Capre- olus capreolus), das sich auch öfters am Waldrand auf Wiesen und Feldern bli- cken lässt. Die männlichen Rehbock Tiere, die Böcke, haben Foto: Karlheinz Rapp ein Geweih, das im Herbst abfällt und sich über den Winter wieder Der Rothirsch (Cervus elaphus), un- neu entwickelt, wobei das Nährgewebe, der sere größte einheimische Säugetierart, Bast, im April/Mai abgestreift wird. Solche kommt im Naturpark Nassau relativ selten Fegestellen lassen sich an zumeist exponiert in einem Verbreitungsgebiet vor. Dies liegt stehenden Büschen oder kleinen Bäumchen auf der Montabaurer Höhe und streicht erkennen. Das Fell des Rehs ist im Winter nach Westen und Süden bis oder graubraun und verfärbt sich durch Haar- Welschneudorf. Von den Vorkommen im ausfall und Nachwachsen im Sommer rot- Taunus wechseln auch Tiere in den Bereich braun. Die Brunft des Rehes ist im Frühsom- Niedertiefenbach oder . Die Hirsch- mer, und der Keim entwickelt sich bis zum männchen tragen ein Geweih. Fast während Spätwinter kaum. So werden die 1–2 Kitze des gesamten Jahres leben weibliche und günstig zur anlaufenden Vegetationsent- männliche Tiere in getrennten Rudeln zu- wicklung, zumeist im Mai des Folgejahres, sammen. Ab der zweiten Septemberhälfte geboren und von der Mutter gesäugt. Rehe beginnt die Brunft, wo sich die Alttiere an sind hinsichtlich der Nahrung sehr wähle- bestimmten Brunftplätzen treffen. Die- risch. Sie suchen gezielt nach nahrhaften ses Ereignis wird durch lautes Röhren der Pflanzen bzw. Knospen, bevorzugt auch die Männchen und ggf. durch Brunftkämpfe der eiweißreichen Endtriebe. Während sich die Hirsche begleitet. Wegen der geringen Of- Rehböcke im Sommer einzelgängerisch und fenflächen im Wald der Montabaurer Höhe, die weiblichen Rehe in kleinen Familienver- der Zerschneidung und der allgemeinen bänden gruppieren, kann man Rehe im Win- Beunruhigung ist die Population dort iso- ter und Frühjahr oft in großen so genannten liert und nur schwer überlebensfähig. Rot- „Sprüngen“ von mehreren Tieren auf offenen hirsche sind Pflanzenfresser, fressen gerne Feldern beobachten. Auf Grund der zuneh- morgens und wiederkäuen in der Deckung menden Verbuschung des Offenlandes und während des Tages. Durch die räumliche das Fehlen großer Beutegreifer ist der Be- Massierung und die rotwilduntauglichen Le- stand des Rehs im Naturpark Nassau in den bensräume werden auch Schäden an Bäu- vergangenen Jahren gestiegen. men verursacht.

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 20 10.10.13 07:42 Weibliche Rothirsche Foto: Philipp Schiefenhövel

Der Damhirsch (Cervus dama) ist eine bei uns ein- gebürgerte Hirschart, die ur- sprünglich aus der Türkei und Mesopotamien stammt. Die bei uns eingebürgerten Tiere kommen aus Zuchtstämmen der Tierparkhaltung. Das läng- lich-schaufelförmige Geweih ist unverkennbar. Beide Ge- schlechter tragen zudem auf rotbraunem Fell mehr oder weniger weißliche Fle- ckenzeichnung. Die Brunft der Tiere ist etwas später als beim Rotwild, in der Re- gel Ende Oktober und im November. Hinsichtlich der Ernährung sind kaum Un- terschiede zum Rothirsch erkennbar, lediglich die Roh- fasern werden weniger ge- nutzt. Im Naturpark Nassau finden sich eingebürgerte Damhirsche im Taunus, vor allem im Raum zwischen Damhirsch Roth, Holzhausen und Hun- Foto: Philipp Schiefenhövel zel.

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 21 10.10.13 07:42 Artenreicher Wegrain Foto: Ursula Braun 4. Naturschutzaspekte durch immer neue Erkenntnisse bereichert. Hier sind genau geplante Abschaltungen Schutzmaßnahmen rein für Säugetiere im Moment der letzte Stand der fachlichen sind schwierig und oft nur über die Verbes- Umsetzung. Die drei wichtigen großen Wo- serung des Lebensraumes möglich. Zudem chenstuben des Großen Mausohres sind, unterliegen einige Arten dem Jagdrecht, die auch durch die gute Zusammenarbeit und meisten Arten dem Naturschutzrecht. Dies das Verständnis der Quartierbesitzer, gesi- ist auch im Hinblick auf die Verantwortung chert. Dies gilt auch für viele Wochenstuben für die jeweilige Art(en) zu berücksichtigen. der Zwergfledermaus und anderer Gebäude Für die Gruppe der Fledermäuse wurden bewohnender Arten, für die von der Bevöl- in den letzten Jahrzehnten viele Maßnahmen kerung zunehmend Verständnis aufgebracht umgesetzt. Zum einen geht es dabei um wird. Fledermausexkursionen, vom Natur- die Sicherung der Winterquartiere, bei uns park Nassau, den Naturschutzverbänden vor allem alte Bergwerkstollen. Mit festen oder dem Arbeitskreis Fledermausschutz an- Gittertoren lässt sich dies erreichen, wobei geboten, sollen die Akzeptanz für die nacht- Aufbrüche durch Mineraliensammler, Aben- aktive Säugetiergruppe weiter verbessern. teurer oder neuerdings Geocacher beträcht- Zudem ist zu prüfen, ob der sogenann- lich sind. Störungen der überwinternden Tie- te Fallenfang auf kleine Raubtiere, erfreuli- re bedeutet für diese einen Energieverlust, cherweise wohl kaum noch durchgeführt, was bei lang anhaltenden Wintern wegen überhaupt noch zeitgemäß ist. Das Fangen Aufbrauch der Fettreserven zum Tod führen oder Schießen, etwa von Iltis, Hermelin oder kann. Die Auswirkungen der zunehmenden Baummarder ist ökologisch kaum zu rechtfer- Windenergieanlagen für manche Fleder- tigen. Bei Einzelfällen, wie etwa dem lästigen mausarten werden kontrovers diskutiert und Auftreten in Gebäuden, ist das Wegfangen

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 22 10.10.13 07:42 sinnvoll, wobei der Eingang zur Behausung tigkeit der Agrarlandschaft. Dazu kommen verschlossen werden muss, da ansonsten noch Rotendizide, die Kleinsäuger töten und „neue“ Tiere das Quartier entdecken. vor allem in die Nahrungsketten einwandern. Ansonsten ist das Hauptproblem beim Dies gilt auch für die Nutzung im Wald, die Rückgang vieler Säugetierarten in der sehr an Intensität ebenfalls zunimmt und selbst in intensiven Bewirtschaftung unseres Umfel- Schutzgebieten Höhlenbäume kaum schont. des zu sehen. Dazu gehören auch die Gär- Zudem ist der Wandel weg von den Nadelge- ten, die oft sehr aufgeräumt sind und schon hölzen zumeist zu Rotbuchenwäldern, auch dem Igel kaum noch einen Lebensraum las- kein Biodiversitätsgewinn, da viele Früchte sen, sowohl im Hinblick auf Versteckmög- von Nadelbäumen für Säugetiere und Vögel lichkeiten als auch auf Beutetiere. lebensnotwendig sind. Die dichte Naturver- Dies setzt sich auf den landwirtschaftlich jüngung in den Buchenwäldern schafft ein genutzten Flächen fort, wo die Felder im- feucht-kühles Mikroklima, ebenfalls nicht der mer größer werden und die Diversität von geeignete Lebensraum für viele Säugetiere Anbaufrüchten immer mehr abnimmt. Raine und auch weitere Tierarten, z. B. Insekten. verschwinden mit den größer werdenden An den Fließgewässern sind Renaturie- Feldern und oft auch die Wege, die linea- rungsmaßnahmen im Gange, die sicherlich ren, oft noch etwas mageren Strukturen in für einige Arten (z. B. Wasserspitzmaus) Ver- der Feldlandschaft. Die vielerorts angeleg- besserungen bringen werden. Dem gegen- ten Streifen sind oft eingesät mit nutzbaren über ist punktuell der Verlust von stehenden Pflanzen, wachsen dicht auf fettem Boden, Gewässern zu beklagen, verkannte insek- und es etablieren sich über Jahre keine Le- tenreiche Jagdbiotope für Fledermäuse und bensgemeinschaften. Sie bieten kaum adä- auch Laichhabitate und Lebensräume für quaten Ersatz für die vorherige Vielgestal- Amphibien und Libellen.

Totholzreicher Waldlebensraum Foto: Ursula Braun

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 23 10.10.13 07:42 5. Literatur Westerwaldes und der angrenzenden Fluss- täler, Arbeitsbericht Nr. 8, Will und Liselott BRAUN, MANFRED und URSULA BRAUN Masgeik-Stiftung, S. 18, Molsberg. (1992): Fledermäuse im Naturpark Nassau, Nassau. SCHIEFENHÖVEL, PHILIPP und NINA KLAR (2009): Die Ausbreitung der Wildkatze BRAUN, MANFRED, BRAUN, URSULA (Felis silvestris) im Westerwald – eine streng und PHILIPP SCHIEFENHÖVEL (2010): Tier- geschützte Art auf dem Vormarsch, Fauna spuren im Naturpark Nassau, Nassau. und Flora in Rheinland-Pfalz, Band 11, Heft BRAUN, MONIKA und DIETERLEN, FRITZ 3, Landau. (2003/2005): Die Säugetiere – Baden Würt- tembergs, Band I (S. 678), Band II (S. 704), SCHIEFENHÖVEL, PHILIPP, ARNOLD, Ulmer Verlag, Stuttgart. SABRINA und BRITTA KUNZ (2010): Auto- bahnunterführungen als Querungsmöglich- DEUTSCHER JAGDSCHUTZVERBAND e.V. keiten für Wildtiere, Decheniana, 163, Bonn. (2012): Wildtier-Informationssystem der Län- der Deutschlands – Ergebnisse 2011, Berlin. SCHRÖPFER, RÜDIGER, FELDMANN, GRUNWALD, ALFONS und GÜNTER REINER und HENNING VIERHAUS (1984): PREUSS (1983): Verzeichnis der wildleben- Die Säugetiere Westfalens, Landschaftsver- den Säugetiere, einschließlich der verschol- band Westfalen-Lippe, Münster. lenen und ausgestorbenen Arten, Beiträge STRESEMANN, ERWIN (1987): Exkursi- zur Landespflege Rheinland-Pfalz, 9, Op- onsfauna – Wirbeltiere, Volk und Wissen Ver- penheim. lag, Berlin. KINZELBACH, RAGNAR und MANFRED VAN DEN BRINK, F. H. (1972): Die Säuge- NIEHUIS (1991): Wirbeltiere-, Beiträge zur tiere Europas, Parey-Verlag, Berlin. Fauna von Rheinland-Pfalz, Mainzer Natur- wissenschaftliches Archiv, Mainz. LINGEN, HELMUT Hrsg. (1975): Großes Anschriften der Verfasser: Lexikon der Tierwelt, verschiedene Bände, Manfred Braun Köln. Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord MACDONALD, DAVID (2004): Die große Stresemannstraße 3–5 Enzyklopädie der Säugetiere, Könemann 56068 Koblenz Tandem Verlag, S. 930, Königswinter. Ursula Braun REICHHOLF, JOSEF (1983): Säugetie- Zweckverband Naturpark Nassau re, Steinbachs Naturführer, Mosaik-Verlag, Bachgasse 4 München. 56377 Nassau SCHÄFER, MATTHIAS (2000): Brohmer – Philipp Schiefenhövel Fauna von Deutschland, Quelle & Meyer Ver- Will & Liselott-Masgeik Stiftung für Natur- lag, Wiebelsheim. und Landschaftsschutz SCHIEFENHÖVEL, PHILIPP (2011): Die Am Hartenberg 1 Wirbeltierfauna des rheinland-pfälzischen 56414 Molsberg

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Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 24 10.10.13 07:42 Impressum:

Herausgeber: Zweckverband Naturpark Nassau Bachgasse 4, 56373 Nassau Telefon/Fax.: 026 04/43 68 www.naturparknassau.de

Nachdruck aus den Heimatjahrbüchern der Kreise Rhein-Lahn und Westerwald

Druck: Verlag + Druck Linus Wittich KG, Rheinstraße 41, 56203 Höhr-Grenzhausen

Umschlagentwurf: Werbeagentur Kohn GmbH, Nassau, www.kohn.de

Fotos Umschlag: Karlheinz Rapp, Rolf Klenk

Titelbild: Eichhörnchen, Zwergfledermaus, Wildkatze, Hermelin

Anschriften der Verfasser:

Manfred Braun, Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord, Stresemannstraße 3–5, 56068 Koblenz

Ursula Braun, Zweckverband Naturpark Nassau, Bachgasse 4, 56377 Nassau

Philipp Schiefenhövel, Will & Liselott-Masgeik-Stiftung, Am Hartenberg 1, 56414 Molsberg

Wir danken dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Mainz, für die finanzielle Unterstützung bei der Herausgabe dieses Heftes.

Nassau, im November 2013

Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 25 10.10.13 07:42 Broschüre_Naturpark_Nassau.indd 26 10.10.13 07:42