Minimal Maximal Music
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FESTIVAL MAXIMAL MINIMAL 11.–13. MAI 2017 ELBPHILHARMONIE WILLKOMMEN DIRIGENT.DER NEUE BMW 7er MIT GESTIKSTEUERUNG. DER ANSPRUCH VON MORGEN. Rund 50 Jahre ist es her, dass sich in Amerika eine Handvoll Komponisten zur Aufgabe machte, eine neue, eigene Musiksprache zu finden. Weg von der europäischen Avantgarde, die ihnen zu akademisch und verkopft erschien – hin zu mehr Sinnlichkeit, Eingängigkeit, Klangfreude, erzeugt mit ganz ein- fachen und doch originellen Mitteln. Die Minimal Music war geboren, und mit ihr eine musikalische Strömung, die bald zum größten Exportschlager der Neuen Musik wurde. Das Elbphilharmonie Festival »Maximal minimal« präsentiert nun drei Tage lang das Beste von Anfängen der Minimal Music bis in die Gegenwart hinein. Mit Steve Reich schaut der Pionier dieser musikalischen Strömung gleich selbst in Hamburg vorbei. Festivalförderer »Maximal minimal« Principal Sponsor der Elbphilharmonie BMW BMW Hamburg Niederlassung www.bmw-hamburg.de Hamburg www.bmw- hamburg.de Freude am Fahren Abbildung zeigt Sonderausstattungen. 5978 BMW 7er Kultur Engagements DIRIGENT 2016 148x210 NL Hamburg Abendprogramm 20160812.indd 1 01.08.16 16:20 FESTIVALPROGRAMM Donnerstag, 11. Mai 2017 | 18:30 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal Freitag, 12. Mai 2017 | 21:30 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal STEVE REICH: STRINGS MINIMAL MEDITATION VISION STRING QUARTET ELBTONAL PERCUSSION Donnerstag, 11. Mai 2017 | 20 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal Samstag, 13. Mai 2017 | 16:30 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal STEVE REICH: DRUMS MINIMAL ETUDES COLIN CURRIE GROUP VÍKINGUR ÓLAFSSON KLAVIER SYNERGY VOCALS Samstag, 13. Mai 2017 | 18 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal Donnerstag, 11. Mai 2017 | 23 Uhr | Elbphilharmonie Kleiner Saal MAXIMAL HAMBURG STEVE REICH: GUITARS 415 Hamburger Laienmusiker in einer HEIKO OSSIG E-GITARRE Mammut-Aufführung von Terry Rileys »In C« KALLE KALIMA E-GITARRE JOHN ECKHARDT E-BASS NINON GLOGER KLAVIER JONATHAN SHAPIRO SCHLAGZEUG Samstag, 13. Mai 2017 | 20:30 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal GHANA DRUMMING Freitag, 12. Mai 2017 | 19 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal AGOO GROUP STEVE REICH: ENSEMBLE COLIN CURRIE GROUP SYNERGY VOCALS STEVE REICH GESPRÄCH ZUM FESTIVAL WENIGER IST MEHR! Die Musik beim Festival »Maximal minimal« Wer hätte gedacht, dass es im 21. Jahrhundert noch einmal zu einem wasch- echten Musikskandal kommen würde? So geschehen am 29. Februar 2016 in der Kölner Philharmonie. Dort gab der Cembalist Mahan Esfahani ein Konzert, bei dem neben Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach auch zeitgenössi- sche Komponisten auf dem Programm standen. Verlief das Konzert zunächst wie geplant, kippte die Stimmung, als Esfahani zu Steve Reichs Piano Phase in einer Version für Cembalo und Tonband ansetzte. Darin verschieben sich die Stimmen durch kaum merkliche Veränderungen gegeneinander, wodurch interessante Pionier der Minimal Music: Steve Reich Höreffekte, ja fast schon akustische Täuschungen entstehen. Auch 50 Jahre nach der Uraufführung war das offenbar noch immer zu progressiv, zumindest für einen kleinen, aber lauten Teil des Publikums, der noch während des Stücks mit Neben dem 1936 in New York geborenen Reich zählen zu den wichtigsten Zischen und anderen Störgeräuschen protestierte. Esfahani musste abbrechen. Vertretern und Gründern der Minimal Music die beinahe gleichaltrigen Kompo- Der letzte Eklat rund um Steve Reichs Musik lag da schon ein paar Jahre nisten Terry Riley (*1935), La Monte Young (*1935) und Philip Glass (*1937). Mit zurück: 1973 erklang in der Carnegie Hall sein Werk Four Organ für vier elektro- ihrem musikalischen Minimalismus wandten sie sich von den damals vorherr- nische Orgeln und Maracas-Rasseln. Die Reaktionen fielen damals noch heftiger schenden europäischen Strömungen ab, die ihnen als zu akademisch erschienen: aus: Huster, Zwischen- und Buhrufe »schwollen zu einer wahren Kakophonie« »Wie ein wüstes Land, beherrscht von Wahnsinnigen, von kranken Gestalten, die an, wie sich Michael Tilson Thomas, der Dirigent des Abends, erinnerte. Eine alle anderen zwingen wollten, ebenso kranke, wahnsinnige Musik zu schreiben«, besonders originelle Dame schlug sogar mit ihrem Kopf auf die Bühne und rief formulierte es Glass. Da lag es auch nahe, dass sich die Komponisten von ganz »Aufhören, aufhören, ich gestehe alles!« anderen Klängen inspirieren ließen. So studierte Reich in Ghana die Rhythmen Um was für eine Musik handelt es sich hier, die einerseits bis heute pola- der westafrikanischen Ethnie Ewe, Glass arbeitete mit dem indischen Sitar- risiert, andererseits aber zu den erfolgreichsten musikalischen Strömungen der Spieler Ravi Shankar zusammen. Beide vereint zudem eine gewisse Affinität zu Neuen Musik gehört? Die Rede ist natürlich von der Minimal Music – jener ameri- Jazz und Rock. kanischen Musikrichtung, die sich in den 1960ern von Kalifornien aus verbreitete Dass ihre Musik auch kritische Reaktionen hervorrufen kann, mag ver- und die nun im Fokus des Elbphilharmonie Festivals »Maximal minimal« steht. wundern, denn allgemein gilt die Minimal Music als leicht zugänglich. Der Entlehnt aus den Bildenden Künsten, vereinte sie verschiedene, aber ähnliche New Yorker Musikkritiker Alex Ross kommt in seinem Buch The Rest is Noise Musikstile wie Hypnotic Music, Pattern Music oder Repetitive Music unter einem zu dem Schluss: »Seit Beginn der Schönberg-Revolution hatte das Publikum Schlagwort. Stark verkürzt wird darunter eine Musik verstanden, der stetig wie- zeitgenössische Komponisten angefleht, zu den guten alten Dur- und Moll- derholte Muster und Tonfolgen zugrunde liegen, sogenannten Pattern – wobei Akkorden zurückzukehren. Jetzt gaben ihm die Minimalisten mehr Tonalität, als das besondere Augenmerk auf dem Rhythmus liegt. es vertragen konnte.« Vermutlich war es gerade die Reduktion der Mittel, die ZUM FESTIVAL scheinbare Ereignislosigkeit der Musik, die von manchen als ten und dabei klangsinnlichen Kompositionen die Minimal Music noch einmal Provokation wahrgenommen wurde. Und zugegeben, diese vor auf eine ganz neue ästhetische Stufe. Er schöpft aus dem vollen Fundus der sich hin wabernde Musik mit ihrer hypnotischen Wirkung steht abendländischen Musik und reichert die rhythmische Energie des Minimalismus im großen Kontrast zu der auf Melodien aufgebauten abendlän- mit einer vielfarbigen harmonischen und orchestralen Palette an. dischen Musikkultur. Aus all diesen Wegen wird deutlich, wie vielseitig die Musik ist, die sich hin- Als erstes Stück der Minimal Music wird Terry Rileys In C ter dem Begriff Minimal Music verbirgt. Und dass der Name weniger auf eine betrachtet, das im Rahmen dieses Festivals in einer Mammut- bestimmte musikalische Technik zielt (repetitive und kraftvolle Rhythmen gab Aufführung erklingt. Der Begriff Minimal Music selbst hingegen es schließlich schon bei Vivaldi) als vielmehr auf einen bestimmten Kreis an wird Michael Nyman zugeschrieben, der ihn 1968 in einem Arti- Protagonisten und deren kompositorische Prinzipien, die sich von der Idee her kel verwendete, noch bevor er selbst als Komponist von mini- ähnelten. Insofern erscheint das Etikett »Minimal Music« doch gerechtfertigt malistisch angehauchten Filmmusiken (unter anderem für Das – auch wenn Steve Reich im Bühnengespräch am Freitag widersprechen mag. Piano, 1993) weltberühmt wurde. Er verpasste der Musikrichtung Doch damit ist die Geschichte der Minimal Music noch nicht auserzählt. damit ein Etikett, das diese fortan nicht mehr los wurde – was Gegen Ende der Sechziger begann gleich eine ganze Schar von Künstlern, das aber längst nicht allen gefiel: »Ich glaube nicht, dass ein solches minimalistische Gedankengut in die Mainstream-Popkultur zu überführen – worin Terry Rileys In C von 1964 gilt als Label gut für das musikalische Denken ist«, meinte Steve Reich, Reich selbst eine »poetische Gerechtigkeit« erkannte, schließlich hatte er sich erstes Stück der Minimal Music »weil es einem sagt, wer man ist, weil es einen definiert – und einst bei Miles Davis und anderen bedient. Der Weg führt von Lou Reeds Band The das ist eigentlich das Letzte, was man als Komponist will, weil Velvet Underground über Brian Eno und seiner am Rande des Hörbewusstseins man wachsen will hin zu etwas, was man nicht kennt.« Sein schwebenden Ambient Music und von hier aus zu Pop-Größen wie David Bowie. Fazit: »Ich nenne es einfach Musik.« The Who zitierten Terry Riley, und die Disco-Hits der späten Siebziger nahmen Reichs Skepsis ist durchaus nachvollziehbar. Zwar eint ihn Reichs und Glass’ musikalische Muster auf und breiteten sich später in die teils beispielsweise mit Philip Glass die Ablehnung der europäischen düsteren Regionen von Techno, House und Rave und sogar bis zum Hip-Hop Avantgarde (und die Tatsache, dass sich beide einst als Taxifahrer aus. Sprich: Wer heute zum Feiern durch die Clubs zieht, den umweht stets der durchschlagen mussten), die musikalischen Ansätze der Mini- musikalische Geist von Steve Reich. Um noch einmal Alex Ross zu zitieren: »Seit malisten entwickelten sich jedoch in durchaus unterschiedliche Wagner hat kein Komponist mehr so weite Teile der Außenwelt beeinflusst und Richtungen. La Monte Young etwa nahm der Musik durch beson- gelenkt wie Steve Reich – ob die Außenwelt das nun weiß oder nicht.« ders lang ausgehaltene Töne und einer völlig mechanischen SIMON CHLOSTA Repetition jeden Hauch einer Melodie; Terry Riley gab ihr den Dreiklang zurück und wandte sich später der Hippiekultur zu; Steve Reich reduzierte die Mittel so weit, bis das Entstehen des Stücks selbst akustisch hörbar wurde, wozu er