weltDas Magazin der Deutschen Welle zeitAusgabe 4 | 2013

Gesichter des Dialogs Global Media Forum mit Festakt zum DW-Jubiläum COMPETENCE FOR LIFE

Internationale LitCam Konferenz 2013 Literacy and Gender 7. und 8. Oktober 2013 Frankfurt/Main

Wie sieht es heute mit Bildungsgerechtigkeit, mit der Gleichberechtigung der Geschlechter aus? Diese Frage wird unter der Schirmherrschaft des indischen Autors und Staatssekretärs für Human Resource Development, Shashi Tharoor, auf der achten Internationalen LitCam Konferenz in Frankfurt diskutiert.

Schwerpunkte sind: A der immer noch mangelnde Zugang zur Bildung für Mädchen und Frauen in den Entwicklungsländern A die zunehmenden Probleme in der Bildungsvermittlung bei Jungen in den Industrieländern Neben Keynotes, u. a. von der früheren fi nnischen Präsidentin Tarja Halonen, wird das Thema auch durch Präsentationen von Projekten aus Pakistan, Indien, Ägypten, Großbritannien und Jamaica näher betrachtet. Eine Diskussionsrunde mit international bekannten Autoren rundet den ersten Konferenztag ab. Am zweiten Konferenztag können die Teil- nehmer in Workshops ihre Kenntnisse vertiefen.

Information und Registrierung: www.litcam.de

Kooperationspartner: Supported Network, by Munich

Anzeige_DeutscheWelle_A4 RZ.indd 1 22.07.13 09:44 Editorial DW/M. Müller © ©

Die Welt war zu Gast beim Global Beeindruckend war auch der „Spirit“, der Welle. Ein Festakt, in dem Kulturstaatsmi- Media Forum. Mit mehr als 2.500 Teilneh- die 50 Workshops, Plenumsdiskussionen nister Bernd Neumann die herausragenden mern aus 130 Nationen hat die sechste Auf- und Keynotes durchzog und verband: Ver- Leistungen der DW in sechs Jahrzehnten lage der Medienkonferenz der Deutschen änderungen, die notwendig sind, um das würdigte und zugleich die Perspektiven Welle eine neue Rekordmarke gesetzt. The- Leben auf diesem Planeten in Zukunft und des deutschen Auslandsrundfunks deut- ma vom 17. bis 19. Juni in Bonn: „Die Zu- für alle lebenswert zu gestalten, müssen lich machte. Deutschland brauche auch in kunft des Wachstums – Wirtschaft, Werte und werden maßgeblich vom Volk ausge- Zukunft „einen unabhängigen, selbstbe- und die Medien“. Es erwies sich als äußerst hen – wenn es denn umfassend und zutref- wussten und gut aufgestellten Auslands- aktuell. rundfunk als Stimme der Freiheit und der Rückmeldungen von zahlreichen Teil- Demokratie“. nehmern bestärken uns in der Überzeu- »Der Spirit Kompliment und Aufgabe zugleich für gung, dass sich das Global Media Forum die Deutsche Welle. Was auch immer im inzwischen zu einem „Medien-Davos am der Konferenz war Fokus der Berichterstattung steht – von Rhein“ entwickelt hat. Dieses ambitionierte Armutsbekämpfung über Krisen und Kon- Ziel hatte sich Intendant Erik Bettermann beeindruckend.« flikte bis Zukunftstechnologien –, stets ver- 2008 gesteckt. Spätestens der Rückblick auf mittelt die Deutsche Welle auch die Werte, die jüngste Konferenz zeigt: Es war nicht zu fend über wichtige Entwicklungen infor- für die unser Land in der Welt steht. Eine hoch gegriffen. miert wird. ehrenwerte, eine schöne Aufgabe. Hochrangige Vertreter von DW-Partnern Dies unterstreicht die Bedeutung der Me- Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wün- – beispielsweise der Chef der indischen Sen- dien, die Herausforderungen der Globalisie- sche ich viel Freude bei der Lektüre dieser derkette Doordarshan und Programmver- rung zu bewältigen. Vornehmste Aufgabe Weltzeit. antwortliche von Al Jazeera – tragen zur in- der Journalisten sei es, schlicht „die Wahr- ternationalen Ausstrahlung der Konferenz heit über wichtige Dinge“ zu verbreiten, wie Ralf Nolting bei. Der offene, von Vertrauen und Respekt der „geistige Vater“ der Occupy-Bewegung, Geschäftsführer DW Media Services geprägte Dialog zeigte sich einmal mehr, als Noam Chomsky, in Bonn formulierte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle Das diesjährige Global Media Forum bot im vollbesetzten Plenarsaal mit den Gästen den idealen Rahmen für die Feierstunde aus aller Welt diskutierte. zum 60-jährigen Bestehen der Deutschen

Deutsche Welle 3 Welt anschauen DW/M. Müller © ©

Michaela Küfner hat ständig diese Zu- sie das als Geschenk. Wie viele ihrer Kolleginnen und schauerfragen im Kopf: „Was bedeutet das für mich? Kollegen bei der DW wechselt sie oft die Perspektive, Und warum ist das hier wichtig?“ Ihr Anspruch: wie selbstverständlich. „So wird es im besten Sinne „Wenn ich komplexe Themen nicht gleich auf den global: Eine kulturelle Hürde, die erst gar nicht da ist, Punkt bringe, dann war ich noch nicht gut genug.“ muss man nicht überwinden.“ Michaela Küfner, die Politische Zusammenhänge zu erklären – auf Deutsch beim Global Media Forum in Bonn eine Expertenrun- oder Englisch – ist für sie Aufgabe und persönliches de zu Deutschlands Energiewende moderierte, will zu- Anliegen zugleich. Aufgewachsen in den USA, Groß- sammen mit ihren Zuschauern „die wichtigen Fragen britannien und Deutschland, hat sie einen Großteil unserer Zeit verstehen. Wir Journalisten können uns ihres Lebens im Ausland verbracht. Zurück in Berlin, nicht mehr hinter dem Bildschirm verstecken, das ist zog es sie als Wahlbeobachterin um die halbe Welt. eine interaktive Angelegenheit. Ich freue mich drauf.“ Für die Moderation des Magazins Global 3000 sieht

4 Weltzeit 4 | 2013 Inhalt

Aktuelles erfahren heimat erleben

6 Ausgezeichneter „Plan B“ 24 Das Leben näherbringen Grimme Online Award für DW-Projekt Deutschlandbild: Diana Rachmanowa, Tadschikistan 6 Kurzmeldungen Wagner auf DVD und Blu-ray UNTERWEGS SEIN TV-Grafik ausgezeichnet Medienpreis Entwicklungspolitik 26 Durch und durch unkonventionell Mit dem Tretroller durch Deutschland 7 Al Jazeera zu Gast Neue Serie in Euromaxx Erfahrungsaustausch in Bonn 8

7 Mit Hip-Hop Deutsch lernen GESTERN REFLEKTIEREN Neues im Sprachkurs-Angebot 28 Fernsehen für Genießer titelthema Zehn Jahre Lifestyle-Magazin

8 Bewegen, was Menschen bewegt Das Global Media Forum 2013 POSITION BEZIEHEN

12 Die Globalisierung der Werte 29 Wahrheit und Meinungsmacht Guido Westerwelle auf der Konferenz Andreas Becker kommentiert

12 Die Kosten der Gier 29 Impressum Vandana Shiva fordert Wertewandel 26 14 Für verbindlichen Wertekanon MENSCHEN BEGEGNEN Erik Bettermann im Interview 30 Über das schöne Leben 17 Die ungeschminkte Wahrheit Die Euromaxx-Moderatorinnen Preisträger von The Bobs geehrt Meike Krüger und Karin Helmstaedt

20 „Unsere mediale Visitenkarte“ Festakt zum 60. Geburtstag der DW

MEDIENWELT EINORDNEN

22 Gute und böse Daten Journalisten im Zahlenwust 30 23 Getwitter

Deutsche Welle 5 aktuelles erfahren

Ausgezeichneter „Plan B“

Zehn junge Reporter, fünf Länder, eine Frage: Was machen junge Menschen in ecker der Eurokrise? Antworten gibt das Mul- timediaprojekt „Plan B“. Dafür erhielten zehn DW-Volontäre den renommierten Grimme Online Award. nstitut/Jens B I Unter der Finanzkrise leiden vor al- lem die südeuropäischen Länder und dort rimme- G ©

insbesondere junge Menschen, die keinen © Job finden. Wie gehen sie damit um? Das Multimediaprojekt Plan B zeigt „junge Wege aus der Krise“: persönliche Initiativen, um mit Mut und Kreativität eigene Lebensent- würfe zu entwickeln. Zehn Volontärinnen Freude beim DW-Nachwuchs: Preisvergabe am 21. Juni in Köln und Volontäre waren durch Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und Irland gereist. Nun erhielt ihr Plan B den Grimme On- Institut würdigte auch die „vielfältige, mit Berichterstattung zu leisten vermag“. Dazu line Award in der Kategorie „Wissen und Bil- Humor gewürzte Aufbereitung des Themas“ laden auch Bildergalerien mit Krisengraf- dung“. Die Jury lobte, das Projekt gebe der und verwies unter anderem auf die Rubriken fiti und „Statistiken mit Beigeschmack“ Krise „ein persönliches und jugendliches „Soundtrack der Krise“ und „Postkarten an ein – Infografiken aus landestypischen Gesicht“. Es zeige „selbstbewusste junge die Zukunft“, die den Betrachter emotional Lebensmitteln und Gerichten. Menschen, die sich nicht aufgeben, kons- teilhaben lassen. Den Nachwuchsjourna- truktiv mit Arbeitslosigkeit und Geldman- listen der DW wird bescheinigt, ihr Projekt dw.de/plan-b gel umgehen und dabei erfolgreich ihren lade „zu einem tieferen Eintauchen in die Si- Plan B in die Tat umsetzen“. Das Grimme- tuation des Landes ein, als es die klassische

Preise für TV-Grafik

Bei den PromaxBDA Global Excellence Awards Ende Juni in Los Angeles wurde die DW mehrfach für das Design von TV-Sen- dungen ausgezeichnet. Gold es für „Global Ideas, Rainfo- rests“, Silber für „Kultur.21 Out of Bayreuth“ und Bronze für „Global Ideas, Tropical Ocean“. Einen „Silver Award“ erhielt zu- dem die Webseite der DW. dw.de/globalideas

Tausendfaches Echo auf Medienpreis

Über tausend Journalisten aus 109 Ländern haben sich für den Wagner auf DVD und Blu-ray Deutschen Medienpreis Entwicklungspolitik beworben. Zudem schickten mehr als 100 Fotografen Bilder für den Publikums- „Der Colón Ring – Wagner in Buenos Aires“, die zweiteilige preis zum Thema „Menschenrechte in Afrika“. Eine unabhängige TV-Dokumentation der Deutschen Welle, ist als DVD- und Blu- Jury wird die sechs Gewinner bestimmen. Juroren sind unter an- ray-Box erhältlich. Zum 200. Geburtstag Richard Wagners am derem Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni, die kenia- 22. Mai 2013 hatte das deutsche Auslandsfernsehen den Film in nische Journalistin und Aktivistin Auma Obama und der Men- mehreren Sprachen ausgestrahlt. Auf der DVD- und Blu-ray-Box, schenrechtsexperte Michael Windfuhr. Verliehen werden die erschienen beim renommierten Label „C Major“, ist zusätzlich Preise am 14. August im ARD-Hauptstadtstudio in Berlin. Der zur Dokumentation auch die Multikamera-Aufzeichnung der Deutsche Medienpreis Entwicklungspolitik wird in diesem Jahr Welturaufführung einer Kompaktfassung von Richard Wagners erstmals gemeinsam vom Bundesminsterium für wirtschaft- „Der Ring des Nibelungen“ in Buenos Aires zu sehen. Beide An- liche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Deut- gebote sind im Fachhandel erhältlich. schen Welle vergeben. Neu ist auch, dass der Preis international dw.de/wagner200 ausgeschrieben wurde. dw.de/medienpreis

6 Weltzeit 4 | 2013 Al Jazeera zu Gast

Das Global Media Forum vom 17. bis 19. men – vollzieht, waren die Gäste an den Er- direktor Guido Baumhauer. Besonderes Juni in Bonn nutzten Vertreter von Al fahrungen der DW sehr interessiert. Interesse fand das Thema Soziale Medien Jazeera Network und DW zu einem Work- Zur Delegation gehörten unter anderem und deren Bedeutung im Rahmen der Ver- shop über aktuelle Anforderungen an der stellvertretende Generaldirektor von Al triebsstrategie. Praktische Einblicke in die internationale Sender. Jazeera Arabisch, Mohammad Daoud, sowie Arbeit eines „Social Media Desk“ gab es bei der Generaldirektor und der Chefredakteur einem Besuch der Arabisch-Redaktion der Die sechsköpfige Gruppe aus Kat- von Al Jazeera.net, Mohamed El Mokhtar DW. Beide Seiten wollen den Austausch fort- ar informierte sich über die seit 2005 lau- und Saeed Ihmaidi. Mit dabei war auch der setzen und bei der Zusammenarbeit die DW fenden Reformprozesse beim deutschen Leiter des Training and Development Cen- Akademie und das Trainingszentrum von Auslandssender. Da Al Jazeera einen ähn- ter, Mounir Daymi. Al Jazeera einschließen. lichen Wandel wie die Deutsche Welle – hin Welche Ziele die DW mit ihrem Reform- zu einem modernen Multimediaunterneh- kurs verbindet, erläuterte Distributions- dw.de/arabic DW DW © © © ©

Mit Hip-Hop unter anderem das Oktoberfest, die „Ber- das Lernen mehr Spaß“, erläutert Sprach- liner Mauer“ und den Kölner Karneval. kurs-Leiter André Moeller. Deutsch lernen Interessierte begleiten die Band im Pro- Die DW verzeichnet mit ihren multime- beraum, beim Plätzchenbacken und bei der dialen Angeboten zum Erlernen der deut- Schnäppchenjagd auf dem Flohmarkt. schen Sprache monatlich rund sechs Milli- Mit der Hip-Hop-Band EINSHOCH6 die Jeden Monat gibt es zudem einen neu- onen Klicks, die -Seite „DW – Learn Deutschkenntnisse verbessern und en Song der Band zum Herunterladen German“ hat aktuell mehr als 200.000 Fans. dabei Deutschland kennenlernen: Das ist und Mit-Rappen. Die Stücke wurden ei- Die Förderung der deutschen Sprache ge- das Ziel eines neuen Video-Formats im gens für das DW-Projekt geschrieben und hört zum Kulturauftrag des deutschen Aus- Sprachkurs-Angebot der DW. Karaoke-Versionen gleich mitgeliefert. So landssenders. können die Lerner selbst ihr Hip-Hop-Talent Die Gruppe EINSHOCH6 verbindet Rap- Deutsch lernen bei der DW, das erproben. Ziel ist es, junge Menschen für die Texte mit klassischen Instrumenten und klingt ab Juli 2013 auch so: „Ich brauche kein deutsche Sprache zu interessieren und da- Trommeln aus aller Welt. Seit 2004 hat die Spieglein an der Wand. Ich weiß, du bist die bei einen ungezwungenen Blick auf das All- Band über 250 Konzerte im In- und Aus- Schönste im ganzen Land. Du verdrehst tagsleben in Deutschland zu geben. land gegeben und eine Reihe von Auszeich- mir den Kopf, raubst meinen Verstand. Du Mit dem Format greift die DW einen nungen erhalten. Sie war unter anderem bist spektakulär!“ Die Deutsche Welle hat Trend auf: den verstärkten Einsatz von Mu- Newcomer-Preisträger in Österreich, die das neue Format Bandtagebuch mit EINS- sik im Sprachunterricht. „Musik hilft dabei, Süddeutsche Zeitung kürte sie zum „Hoff- HOCH6 gestartet. Die Münchner Hip-Hop- sich Wortschatz, grammatische Strukturen nungsträger des Jahres“. Band nimmt Deutschlernende ein Jahr lang und Aussprache einzuprägen. Darüber mit auf eine Reise durch die Bundesrepu- hinaus besitzt sie eine emotionale Kraft, die dw.de/bandtagebuch blik. In 53 Video-Episoden besuchen sie motiviert und inspiriert. Mit Musik macht

Deutsche Welle 7 T 8 itelthema Weltzeit 4 | 2013 | 4 Weltzeit Menschen bewegt Bewegen, Auslandssenders. ein Festakt zum60-jährigenBestehen des deutschen Deutschen Bundestags, eingeladen. DenAuftakt machte Conference Center, den ehemaligenPlenarsaal des hatteMal die DW aus aller Experten Welt insWorld ForumMedia vom 17. bis19. Juni Zum inBonn. sechsten Wandel war der eines starken Motive auf dem Global T ext ext Su s anne anne N ickel , Freie Mit was was a rbeiterin

©©DW/M.© ©MaguniaKryCha, Christoph Krysztopik, Deutschland Jung, engagiert, empathisch: Teilnehmer aus 130 Ländern DW/M. Magunia © ©

ir setzen uns alle für dasselbe nen die Debatte über Wirtschaftsformen jungen Publikums groß. Was umso be- Ziel ein, indem wir dazu beitra- der Zukunft. Das Global Media Forum der merkenswerter war, da Chomsky in seinen W gen, dass sich etwas verändert.“ Deutschen Welle bietet hierfür die geeigne- leise vorgetragenen Ausführungen einen Das sagte die junge Marokkanerin Houda te Plattform. Hier kommen Medienschaf- weiten historischen Bogen schlug, häufig Lamqaddam auf dem Global Media Forum fende mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Beispiele aus den Jahrzehnten des Kalten 2013. Die Preisträgerin des von der DW aus- Finanzwelt, Kultur, Wissenschaft und Ge- Kriegs heranzog. gelobten Wettbewerbs „The Bobs – Best of sellschaft ins Gespräch. Das Forum bietet Als unbeugsamer Kritiker der Politik Online Activism“ traf einen zentralen As- Gelegenheit, andere Perspektiven kennen- seines Heimatlandes und des Kapitalismus pekt des diesjährigen Medienkongresses zulernen, sich weltweit auszutauschen und schlechthin warnte Chomsky vor weiteren der Deutschen Welle: Wandel durch indivi- zu vernetzen. Einschränkungen der Freiheitsrechte in duelles Engagement der Bürger. den USA und anderen westlichen Demo- Rund 2.500 Gäste aus 130 Ländern dis- Über die Kraft des Volkes kratien, die er als „real existierende kapita- kutierten in 50 Veranstaltungen über „Die listische Demokratie“ bezeichnet. „Bürger Zukunft des Wachstums – Wirtschaft, Werte Großer Andrang herrschte im Plenar- und Bürgerinnen sind die treibende Kraft und die Medien“. Aktueller hätte das The- saal des WCCBonn, als der renommierte für Veränderungen“, so Chomsky, womit er ma nicht sein können angesichts der enor- US-amerikanische Sprachwissenschaftler den roten Faden der Konferenz aufgriff. men globalen Herausforderungen durch und Globalisierungskritiker Avram Noam Nur die Bevölkerung könne den Wandel Klimawandel und Ressourcenknappheit, Chomsky über „Wege zu einer gerechten zu Demokratie und Gerechtigkeit vollzie- wachsende soziale, politische und kulturel- Welt“ referierte. „Wie das Volk die Demo- hen. Doch dafür müsse sie entsprechend le Spannungen. Fragen einer globalen Ord- kratie wiederbelebt“ war sein Thema. Mit informiert sein, mahnte er in Richtung Me- nungs- und Strukturpolitik gewinnen an Be- Blick auf aktuelle Debatten über die demo- dien an. Denn ohne eine Gesellschaft, die deutung. Insbesondere seit der Finanzkrise kratische Funktion und Legitimation der über die wahren Hintergründe aufgeklärt stehen zudem die Themen Transparenz und Zivilgesellschaft und angesichts der jüngs- sei, bleibe Demokratie „eine Farce“. Folge- Verantwortung der Akteure im Mittelpunkt ten Entwicklungen etwa im arabischen richtig antwortete er auf die Frage, was für des Interesses. Begriffe wie Energiewende, Raum und in der Türkei war der Vortrag ihn vorrangige Aufgabe der Medien sei, „Green Economy“, soziale Gerechtigkeit des 84-Jährigen höchst aktuell – und die ebenso lapidar wie klar: „Die Presse sollte und ökologische Verantwortung kennzeich- Aufmerksamkeit aufseiten des auffallend die Wahrheit erzählen über wichtige Dinge.“

Deutsche Welle 9 Titelthema

Die Antwort des Publikums war tosender Beifall. dadurch, dass wir die Grenzen unseres Planeten Und die unmittelbare weltweite Verbreitung des anerkennen und innerhalb dieser Grenzen besser Statements via . leben“, sagte Shiva. Partner Intendant Erik Bettermann griff in seinem Fa- Plattform für Meinungsvielfalt zit noch einmal die bedeutende Rolle der Bürger Am Global Media Forum ha- für Veränderungen auf. Zentrale Voraussetzung ben sich erneut zahlreiche Am zweiten Tag der Konferenz lautete die Frage dafür sei die zuverlässige Information durch Partner beteiligt. im Plenum: „Global Governance – Architektur für die Medien. „Es ist wichtig, einen international Mitveranstalter der Medien- eine nachhaltige Weltwirtschaft?“, am Morgen verbindlichen Wertekanon zu entwickeln, um konferenz ist die Stiftung des Abschlusstags hieß das Thema „Wirtschaft nachhaltiges Wirtschaften auch im Interesse Internationale Begegnung im Wertewandel – Green Economy, CSR und Men- der folgenden Generationen zu ermöglichen“, der Sparkasse in Bonn. Un- schenrechte“. In beiden Runden entwickelte sich so Bettermann. Hier trügen die Medien eine terstützt wird die Konferenz eine sehr differenzierte Wertediskussion. Sie be- große Verantwortung – nicht nur etablierte, So- zudem vom Auswärtigen zog sich sowohl auf die Rolle der Zivilgesellschaft ziale Medien ermöglichten in besonderer Weise Amt, dem Bundesministe- in politischen und wirtschaftlichen Prozessen als Information und Partizipation – grenzüberschrei- rium für wirtschaftliche auch auf den Wachstumsbegriff an sich, der eine tend und somit kultur- und sprachübergreifend. Zusammenarbeit und Ent- neue Deutung erfahren müsse. wicklung, dem Europä- Der indischen Physikerin und Menschen- Ausblick auf 2014 ischen Fonds für regionale rechtlerin Vandana Shiva war es vorbehalten, mit Entwicklung, der Ministe- ihrer Keynote einen beeindruckenden und viel Damit schlug der Ende September scheidende rin für Bundesangelegen- beachteten Schlusspunkt unter das diesjährige Intendant den Bogen zum Global Media Forum heiten, Europa und Medien Global Media Forum zu setzen (Auszüge auf Sei- 2014. Vom 30. Juni bis 2. Juli lautet das Thema: des Landes Nordrhein-West- ten 12 und 13). Die Trägerin des Alternativen No- „Herausforderungen für die Medien – Von In- falen und der Stadt Bonn. belpreises warnte vor einer auf Wirtschaftsdaten formation zur Partizipation“. So wird es auch Kooperationspartner ist die verengten Sicht des Wachstums, die „den ökolo- im kommenden Jahr auf der Medienkonferenz Stiftung Umwelt und Ent- gischen und sozialen Zerfall und ein Erstarken wieder um Teilhabe und Veränderung unter den wicklung Nordrhein-West- des Überwachungsstaates“ zur Folge haben wür- Bedingungen der Globalisierung gehen. falen. den. Stattdessen sollten wir „die Gier durch Mit- gefühl ersetzen. Wir sollten auch die absurde Idee dw-gmf.de von unbegrenztem Wachstum ersetzen, und zwar DW/M. Magunia © ©

Weltweit vernetzt: Information und Partizipation – das Thema des Global Media Forum 2014

10 Weltzeit 4 | 2013 internationalen Kontext. tigen zuschützen. Dasgilt fürden nationalen wie Rahmen fürden Investments, Johannesburg Valli Exekutivdirektor Moosa, Lereko » für einensolchen Satz zufinden. ner offenen Demokratie, in der wirhier istleben, es nicht einfach,Mehrheiten sindwichtigerGesellschaft alsdie ökonomischen Konsequenzen.Selbst inei- Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) liger Bundesumweltminister undExekutivdirektor des vanced Sustainability Studies (IASS) inPotsdam; ehema - Klaus Töpfer, Gründungsdirektor des Institute for Ad- » ern. (…)Esgeht stets die darum, Schwachen vor den- Mäch Governance, globale Prozesse zuregulieren undzusteu- In Abwesenheit einerglobalen Regierung bedeutet Global Viele dachten, was hat mit Ethik Energie zutun?(….)Die Werte einer um herauszufinden,gesetzt, was die Katastrophebedeutet. für uns Nach Fukushima wurde eine Ethik-Kommission inDeutschland ein- « «

©©DW/M. Magunia Deutsche Welle

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11 ©©DW/M. Magunia ©©DW/M. Magunia ©©DW/M. Magunia Titelthema

Die Globalisierung der Werte

gesellschaftlich, politisch und ausdrück- lich auch wirtschaftlich und sozial erfolg- reich zu sein.“ In Bezug auf Pressefreiheit und Meinungsfreiheit unterstrich We- sterwelle: „Beides gehört untrennbar zu- DW/M. Magunia ©

© sammen.“ »Nur freie Gesellschaf- ten bringen die VIP-Bank: (v. l.) der gewählte und der scheidende DW-Intendant, Peter Limbourg und Kreativität hervor, um Erik Bettermann, mit Außenminister Guido Westerwelle erfolgreich zu sein.«

Bundesaußenminister Guido Westerwelle „ein Zeichen von Reifung einer Zivilge- Zur Rolle der Medien sagte der Minis- war am zweiten Tag zu Gast auf dem Glo- sellschaft. Junge Gesellschaften, die unter ter, bedauerlicherweise sei „die Simplifi- bal Media Forum. Schon im vergangenen autokratischen Systemen leiden und se- zierung eine der Begleiterscheinungen Jahr hatte er das internationale Publikum hen, dass sie keine Teilhabe haben, erken- des ungeheuren Wettbewerbs, der auch im früheren Plenarsaal des Deutschen nen, dass man anders leben kann, denn zwischen den klassischen Medien und Bundestages beeindruckt – nicht zuletzt die fortschreitende Vernetzung ist keine den neuen Medien entstanden ist“. Die durch seine Bereitschaft zu einer offenen Einbahnstraße“, sagte der Minister. „technische Revolution“ der vergangenen Diskussion. Die Jugend wolle ihr Schicksal in die Jahrzehnte habe vor allem dazu geführt, In seiner Keynote am zweiten Konfe- eigenen Hände nehmen. Die Teilhabe dass die Geschwindigkeit in der Berichter- renztag sprach er über Globalisierung, am Leben in Echtzeit habe die Welt ver- stattung zugenommen habe. „Drei-Minu- Demokratie- und Wertevermittlung und ändert. „Wir erleben die Globalisierung ten-Statements“ könnten die Welt jedoch ging auf Fragen aus dem Plenum ein. von Werten.“ Dazu gehöre die Freiheit, nicht erklären. Die Welt werde kompli- In seinen Ausführungen nahm er auch denn „nur freie Gesellschaften bringen zierter und unübersichtlicher und brau- Bezug auf die Proteste in der Türkei. die Kreativität hervor, um in Zeiten der che „mehr differenzierte Betrachtung“. Wenn demonstriert werde, so sei dies Globalisierung kulturell, intellektuell,

Die Kosten der Gier

Die indische Menschen- Mein Zuhause ist in meinem Her- Kosten zur Beseitigung der Schäden die des rechtlerin Vandana Shiva zur zen und in meinem Bewusstsein. Denn ich Gewinns aus dem Holzgeschäft bei weitem komme aus dem Himalaya. Vor 40 Jahren überstiegen. Danach war der Forst gerettet. Notwendigkeit eines wirt- haben dort Frauen aus dem Volk der Welt Aber die Globalisierung schritt voran. schaftlichen, sozialen und durch ihren Protest etwas erklärt, was die Jetzt baute man Superhighways und Däm- ökologischen Wertewandels. Welt vergessen hatte: dass Bäume und Wäl- me in den zerbrechlichen Himalaya. Man Auszüge aus ihrem Vortrag der etwas mit Leben und Wasserhaushalt sagte uns, Elektrizität sei das wichtigste Pro- zu tun haben. Unsere Wälder waren massiv dukt der Berge und nicht das Wasser und zum Abschluss des Global gerodet worden. Die Nachfrage nach Bau- die Flüsse. Die Zahl der Erdrutsche nahm Media Forum in Bonn. holz war der Grund dafür. 1972 kam eine seitdem stetig zu. Als vor einigen Tagen der furchtbare Hochwasser-Katastrophe. Die erste Regen dieses Jahres einsetzte, rutschte Frauen protestierten daraufhin gegen die Geröll in die Täler, ließ die Flüsse über die Rodungen. Sie sagten: Die Bäume schüt- Ufer treten und riss zahlreiche Menschen zen uns vor Überflutungen, sie geben uns in den Tod. Die Dämme und Straßen im Nahrung. Wenn ihr sie fällen wollt, müsst Himalaya haben den Flüssen den ökolo- ihr zuerst uns töten. Es dauerte zehn Jahre, gischen Raum wortwörtlich geraubt. bis die indische Regierung einsah, dass die Wir müssen uns wieder vergegenwär- Frauen recht hatten: als 1978 ein Hochwas- tigen, dass Ökonomie und Ökologie aus der- ser immensen Ausmaßes folgte und die selben Wurzel stammen: von „oikos“ – das

12 Weltzeit 4 | 2013 Zuhause, auch Wirtschaftsgemeinschaft. Wir zu Nachhaltigkeit, Ehrlichkeit führen. Wa- uns dieses System nicht leisten. Zudem: behandeln unsere Erde aber nicht wie ein Zu- rum sind die Shirts so billig, die wir kaufen? Nahrung wird in uns verwandelt und so zu hause, sondern wie lebloses, zerstückelbares Weil wir nicht alle Kosten bei der Billig-Pro- einem Teil von uns. Nahrung sollte also weit Material, das uns grenzenlos zur Verfügung duktion einrechnen, weil unsere Informati- mehr bedeuten: Geschmack, Vielfalt, Quali- steht. Wir erleben eine Wirtschaft, die auf onen lückenhaft sind. tät. Diese Werte sind verschwunden – nicht grenzenloses Wachstum setzt. Das ist öko- Wie wir Nahrung erzeugen und vertrei- nur beim Essen. logisch falsch, biologisch falsch und sozial ben, auch das basiert auf dem überkom- Ohne einen Wertewandel und ein tie- ungerecht. menen Wertesystem. Denn wenn wir die feres Verständnis für das gesamte Bild der Kosten der Intensiv-Landwirtschaft ehrlich Welt, werden wir das Problem von Millio- Ausbeutung wird zur Tugend auflisten würden, die Kosten für Subven- nen hungernden Menschen nicht lösen. tionen, Genmanipulation, Pestizide und Adaptiert und zusammengefasst von Die alten indischen Texte der Upanisha- Transporte, würde klar werden: Wir können Martina Bertram den sagen: Wenn du mehr nimmst, als du brauchst, dann stiehlst du. Denn andere Wesen, Menschen oder künftige Generati- onen haben ein Recht auf diese Ressourcen. Leider ist aber in unserer Zeit die Gier zu einem Wert geworden. Und sie macht die DW/M. Magunia

Ausbeutung der Welt zu einer Tugend. Alles © wird zum Objekt, das man gebrauchen, kon- © trollieren und dominieren kann. Wir erleben, was uns das kostet: Ein ökologisches System nach dem anderen kollabiert. Gesellschaften stoßen an zer- brechliche Grenzen. In der Türkei reicht die Verteidigung eines Parks aus, eine Krise zu verursachen. Wenn wir zulassen, dass Gier ein Wert ist, dann erleben wir zwar, dass sie sich auch lohnt – etwa für Banker und Un- ternehmenslenker. Vor allem aber erleben wir, dass Gier unsere Köpfe und unsere Ge- sellschaften verändert. Indien war bis vor ein paar Jahren einer der sichersten Orte der Welt für Frauen und Kinder. Wir alle haben von den Vergewalti- gungen in Indien Ende 2012 gehört. Diese Dinge passieren weiterhin, wenn wir die fal- schen Werte in unser Bewusstsein eindrin- gen lassen. „Wir brauchen Werte, die von Dominanz wegführen hin zu Wir brauchen Werte, die von Dominanz Gleichheit und Respekt für alle Menschen, für alle Wesen. wegführen hin zu Gleichheit und Respekt Werte, die zu Nachhaltigkeit, Ehrlichkeit führen“: Vandana Shiva für alle Menschen, für alle Wesen. Werte, die

Verbraucher können auf Produzenten Druck ausüben, damit sie faire Waren her- stellen. Genauso wichtig ist es, dass sie Druck auf Regierungen erzeugen, damit » sie (…) Entscheidungen treffen, die die Umwelt schützen und Ungleichheiten in der Welt verhindern. Wichtig ist es, auf das Prinzip des ›Naming and Shaming‹ (öffentliches Bloßstellen) zu setzen.« DW/M. Magunia

© Art De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung ©

Deutsche Welle 13 Titelthema

Fragen von berthold stevens Für einen international verbindlichen Wertekanon

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat eine breite Diskussion über Ökonomie und Werte ausgelöst. Ist das nur ein Medien-Hype oder ein drängendes Zukunftsthema? In der Tat beobachten wir eine tiefgreifende Wertediskussion um DW/M. Magunia

© zentrale Aspekte unseres Wirtschaftslebens – weltweit. Somit ha- © ben wir mit dem diesjährigen Thema unseres Global Media Forum einen zentralen Nerv der aktuellen Agenda getroffen. Jenseits weltwirtschaftlicher Eckdaten geht es um Verantwortung und Wei- chenstellungen für die Zukunft unseres Planeten. Für viele geht es um nicht weniger als die Frage: Wie wollen wir künftig leben? Wir brauchen eine Weltwirtschaft, die auch die Aspekte Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Partizipation berücksichtigt. Sie steht unter der Beobachtung durch eine immer kritischere Öffentlich- keit von traditionellen und Sozialen Medien. Ein international ver- bindlicher Wertekanon ist eines der zentralen Zukunftsthemen der „Das Global Media Forum steht für die Begegnung mit Men- Globalisierung. Hierfür müssen wir als Medienvertreter weltweit schen unterschiedlicher Kultur und Meinung“: Erik Bettermann Bewusstsein schaffen.

Müssen Medien Wirtschaftsthemen heute anders erzählen, um Zusammenhänge und Folgen der Globalisierung lokal ver- Erik Bettermann, Intendant der Deutschen ständlich zu machen? Welle, im Interview zum Thema des diesjäh- Medien müssen bei der Berichterstattung alle Player auf dem Spiel- feld der Ökonomie und Ökologie im Blick haben: Unternehmer wie rigen internationalen Medienkongresses: Arbeitnehmer, Produzenten wie Konsumenten, und zwar in Indus- „Die Zukunft des Wachstums – Wirtschaft, trie-, Transformations- und Entwicklungsländern. Sie müssen die Werte und die Medien“. Zusammenhänge erhellen, die internationalen Verflechtungen und Abhängigkeiten deutlich machen. Hier sind international agierende Sender wie die Deutsche Welle besonders gefragt, denn sie errei- chen Menschen in jedem Winkel der Welt. Journalisten müssen bei der Aufbereitung von Wirtschaftsthemen heute mehr denn je auch den Dschungel der Begriffswelt lichten, die Dinge erläutern und mit Leben füllen, wenn von Green Economy oder Global Governance, von Joint Ventures und Corporate Social Responsibility die Rede ist. Wir brauchen stets Beispiele, die vor Ort verstanden werden. Wir müssen neue Formate entwickeln, um komplexe Wirtschafts- themen verständlich und alltagsbezogen vermitteln zu können. Aufgabe der Medien ist es, Information zu liefern und Transparenz zu schaffen. Damit fördern sie letztlich Demokratie und Zivilgesell- schaft – was wiederum eine Grundlage für Investitionen und damit für Wohlstand ist.

14 Weltzeit 4 | 2013 »Als deutscher Auslandssender spiegeln wir die Erfahrungen unseres Landes.« DW/M. Magunia © ©

„Graphic Visualization“: Live-Doku- mentation der Konferenz durch Karina Anton, kommunikationslotsen.de

Welche Akzente setzt die Deutsche Welle in der Wirtschafts- Modell funktioniert – mit allen seinen Stärken und Schwächen. berichterstattung? Und wir zeigen, was die deutsche Industrie, was Wissenschaft und Breiten Raum nimmt seit einiger Zeit die Information über die Politik hierzulande für eine nachhaltige Entwicklung weltweit an- europäische Finanz- und Wirtschaftskrise ein. Hier vermitteln wir zubieten haben. Dazu gehören die Mechanismen des Föderalismus, die Diskussionen und Positionen unseres Landes, beispielsweise die Bedeutung des Mittelstandes, dazu gehören ebenso Mitbestim- auf Griechisch. Über Partnersender sind mehrfach wöchentlich mung und Tarifautonomie. Auch wenn es mitunter mühsam ist: DW-Experten im griechischen Fernsehen präsent, erläutern Be- Das Ringen um Konsens ist Bestandteil unserer Wirtschaftskultur schlüsse von Bundestag und Bundesregierung. Wie wir den spezi- und eine Säule unserer gesellschaftlichen Stabilität. Wir berichten fischen Auftrag der DW umsetzen, zeigt ein weiteres Beispiel: Für über solche Aspekte, die in anderen Ländern Interesse wecken, viel- unser Publikum in Nahmittelost und Nordafrika haben wir das leicht Modellcharakter haben können. Zum Beispiel die duale Be- Multimediaprojekt „Wirtschaft in der arabischen Welt“ aufgelegt. In rufsausbildung, die jetzt in Spanien erprobt wird, um etwas gegen über 50 TV-Beiträgen, ergänzt um Hintergrundinformationen im die dramatisch hohe Jugendarbeitslosigkeit zu tun. Internet, beschreiben deutsch-arabische Journalistenteams die Ex- pansion kleiner und mittelständischer Unternehmen und stellen Für Sie persönlich war es das letzte Global Media Forum als Projekte vor, die mit Hilfe deutscher Expertise verwirklicht werden. Intendant der Deutschen Welle, Ihre Amtszeit läuft Ende Septem- Wir bieten Wirtschaftsthemen multimedial an und machen ber aus. Hat sich die internationale Medienkonferenz in Bonn dadurch komplexe Zusammenhänge leichter fassbar. Eine Form, etabliert? Geschichten neu zu erzählen, sind Webdokus. Die DW hat dieses Als wir 2008 zu unserem ersten Global Media Forum eingeladen Format erfolgreich erprobt. Datenjournalismus und Visualisie- haben, lautete unser erklärtes Ziel, diese Konferenz als ein „Medien- rung sind weitere Stichworte, also die Frage, wie man große Daten- Davos am Rhein“ zu etablieren. Ich denke heute sagen zu können: mengen für ein breites Publikum verständlich aufbereitet. Mit Hilfe unserer vielen Partner weltweit, die ihre Erfahrungen und Kontakte einbringen, haben wir dieses Ziel erreicht. Denn un- Welche Bedeutung hat das Gütesiegel „Made in Germany“ für ser Konzept hat sich bewährt. Hier kommen Medienvertreter aus die DW? aller Welt mit Akteuren aus Wirtschaft und Politik, Entwicklungs- Dieses Gütesiegel ist zugleich Titel unseres Wirtschaftsmagazins. zusammenarbeit und Wissenschaft zusammen. Sie diskutieren Lö- Deutschland ist nicht nur Kulturnation, sondern auch weltweit sungsansätze für Herausforderungen der Globalisierung, bei denen gefragter Wirtschafts- und Handelspartner. Made in Germany hat Medien eine zentrale Rolle spielen. Für mich war das Global Media nach wie vor einen hervorragenden Ruf. Als deutscher Auslands- Forum stets ein Höhepunkt im Jahr. Denn es steht für das, was die sender spiegeln wir die Erfahrungen unseres Landes mit der Sozi- Arbeit für die Deutsche Welle und die Arbeit in der internationa- alen Marktwirtschaft, einem Grundpfeiler des deutschen Systems. len Medienwelt allgemein so faszinierend macht: die bereichernde Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und die Transfor- Begegnung mit Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und mation nach dem Ende der DDR stoßen weltweit auf Anerkennung. Meinung. In unserer Wirtschaftsberichterstattung zeigen wir, wie unser

Deutsche Welle 15 Titelthema DW/M. Magunia © © DW/M. Magunia © ©

Wir sind zu stark auf das Wachstum in seiner ökonomi- schen Dimension fokussiert. Der soziale Aspekt ist genau- » so wichtig, da viele Menschen macht- und hilflos sind. Wir müssen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltfreundliche Balance sorgen. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu dem, was wir gerade tun.«

Mohan Munasinghe, Gründer des Munasinghe Institute for Development (MIND), Colombo, Sri Lanka

Solange Menschen einem linea- ren Denken folgen, wird sich im » Business nichts ändern. Deshalb müssen Universitäten neue Curricula ent- wickeln, neue, zukunftsfähige Ziele haben. Ethik muss eine wichtige Rolle in der Wirt- schaft spielen.«

Ibrahim Abuleish, SEKEM Group, Kairo DW/M. Magunia © © DW/M. Magunia DW/M. Magunia © © © ©

16 Weltzeit 4 | 2013 beschmutzen“, sagte LiChengpeng. zukooperieren,pen statt uns mit haltlosen Anschuldigungen zu Ich empfehle mit den zivilgesellschaftlichen Grup - der Regierung, dem Weg auftauchen. In der Zivilgesellschaft enorme steckt Kraft. fließt amEnde ins Meer, ungeachtet der vielen Hindernisse, die auf Visits.mehr als300Millionen „DasSchmelzwasser vom Eisberg (www.blog.sina.com.cn/lichengpeng)Lichengpeng zählt bisher SinaWeibo hat ermehralssiebenAnhänger. Millionen Blog Sein Volksrepublik ist –auf der populär ersehr -Plattform ren undGesellschaftskritiker Chinas.Unter den Jugendlichen in der ist LiChengpeng einerderger inBonn. bekanntesten Blogger, Auto- schminkte Wahrheit auszusprechen“, sagte der 48-jährigePreisträ- Li Chengpeng entgegen.Li Chengpeng Gesellschaftskritikerchinesische Den Best Award Blog nahmder Activism“Online ausgezeichnet. Wettbewerbs „The –Best Bobs of Gewinner ihres internationalen des Global Forum Media wieder die Die Deutsche Welle hat anlässlich Wahrheit Die ungeschminkte

„Autoren schwer, inChinabesonders es haben die unge- T ext ext Martin wigger , Freier Mit a rbeiter » sische Traum ist einTraum von Freiheit. len Interessen derChinas. Ich glaube, chine- wichtiger sindalsdie sogenannten nationa- diedass individuellen Persönlichkeitsrechte Ich versuche, zuvermitteln, meinenLesern fen. Menschen,die mirHoffnung geben. Best Blog Award Gewinner des Li Chengpeng, » zivilgesellschaftlichen operieren“: „ Ich empfehle der gleichgesinnte Menschenzutref- Wichtigste, ist es die Chance, hier Nicht der Preis ansich ist das L i C hengpeng R egierung, mit den G Deutsche Welle ruppen ruppen zu ko-

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17 ©©DW/M. Magunia Titelthema

Preisträger in Bonn: (v. l.) Houda Lamqaddam, Initiative 475, Gabriel Gonzales vom Bobs-Team, Carl Lee, FreeWeibo, Alimou Sow, Best Blog French, Stephanie Hankey von myshadow.org, Kodjo Kiki Kouassi, Bruder von Fabbi Kouassi

DW/M. Magunia (Reporters Without Borders Award), Akter Mahfuza, Info Lady, und Li Chengpeng © ©

Die Jury würdigte vor allem seine inves- Die Softwarelösung bietet einen zensur- Frauen besuchen mit dem Fahrrad entle- tigativen Recherchen. Li Chengpeng reiste freien Zugang zu SinaWeibo.com, einem der gene und vom Internet abgeschnittene zum Beispiel 2008 in das Erdbebengebiet meistgenutzten Sozialen Netze in , wo Dörfer. Ausgerüstet mit Solar-Laptops und der Provinz Sichuan, um über die mangeln- „Zensur völlig normal und alltäglich“ sei, Smartphones, helfen sie den Bewohnern, de Bausubstanz der eingestürzten Schu- so die Jury. FreeWeibo biete Nutzern einen Antworten auf Fragen rund um Gesundheit, len zu berichten. „Er ist ein Vorbild für die Landwirtschaft und Entwicklung zu finden. jüngere Generation und demonstriert, wie Dabei greifen sie auf ein Netzwerk aus Ex- man sich für die Zukunft Chinas einsetzt“, perten zurück. begründete Jury-Mitglied Hu Yong die Ent- »Das Schmelz- Der Reporters Without Borders Award scheidung. ging an Fabbikouassi’s Blog aus Togo, West- Über 4.200 Vorschläge für Webseiten, wasser vom Eisberg afrika (www.fabbikouassi.wordpress.com). Blogs und Online-Projekte waren in diesem Die Journalistin und Menschenrechtsakti- Jahr eingereicht worden – rund 1.000 mehr fließt am Ende vistin Fabbi Kouassi berichtet in ihrem Blog als im Vorjahr. „Das zeigt, welche Vielfalt des ins Meer.« über die gefährliche Situation von Journa- Engagements für freie Meinungsäußerung listen im Land, unter anderem von der Poli- und politische Transparenz es innerhalb zeigewalt gegen Journalisten. Das Blog sym- der internationalen Blogosphäre gibt“, sagte bolisiert für die Jury, dass das Engagement Ute Schaeffer, Chefredakteurin und feder- Weg, gelöschte Nachrichten „dennoch zu für freie Meinungsäußerung in Afrika oft führend für den Wettbewerb, den die DW erhalten und herauszufinden, was zensiert übersehen wird. 2004 erstmals ausgeschrieben hatte – 2013 werden sollte“. Parallel zur Jury-Entscheidung hatten in 14 Sprachen. In der Kategorie Most Creative & Original Internetnutzer in diesem Jahr rund 95.000 gewann Me & My Shadow (www.myshadow. Stimmen abgegeben, um ihre Favoriten für „Jede Initiative ist wichtig“ org). Die englischsprachige Webseite zeige The Bobs zu wählen. Als bestes deutschspra- Onlinenutzern „in verspielter und visu- chiges Blog wählten sie www.publikative. In der Kategorie Best Social Activism wur- ell überzeugender Weise, welche digitalen org. Das Projekt beschäftigt sich mit rechts- de die marokkanische Jugendinitiative Spuren sie durch ihre Aktivitäten im Netz extremen Tendenzen in Deutschland. 475 (www.facebook.com/475LeFilm) ausge- hinterlassen, und gibt einfache Verhalten- zeichnet. Sie richtet ihr Augenmerk auf das stipps, diese zu minimieren“. Hinter der Alle Preisträger und mehr Informationen Schicksal vergewaltigter Frauen. „Das Pro- Webseite steht die internationale Organi- zum Wettbewerb: jekt zeigt, dass jede noch so kleine Initiati- sation „Tactical Technology Collective“, die thebobs.com ve wichtig ist, um Gewalt gegen Frauen zu Menschenrechtsaktivisten im Umgang mit stoppen“, so die Jury. neuer Netztechnik schult. In der Kategorie Best Innovation verlieh Mit dem Global Media Forum Award kür- die DW den ersten Preis an die Plattform te die DW das Projekt Info Lady, Bangladesch FreeWeibo (www.freeweibo.com) aus China. (www.pallitathya.org.bd/infolady). Junge

18 Weltzeit 4 | 2013 Es ist wundervoll, dass immer mehr Menschen Informati- onen teilen. Aber das kann nicht bedeuten, dass man auf » Social-Media-Plattformen Autoren, professionelle Journa- listen und erfolgreiche Medienunternehmen mit beißender, gehäs- siger Kritik überzieht. Beide Seiten haben ihre Vorzüge.«

Paul Glader, Journalist, Professor und Mitbegrün- der von @WiredAcademic

Ohne eine Gesellschaft, die über die wahren Hinter- gründe aufgeklärt ist, bleibt Demokratie eine Farce. Die » Presse sollte die Wahrheit erzählen über wichtige Dinge.« DW/M. Magunia

© Avram Noam Chomsky, Globalisierungskritiker © DW/M. Magunia © ©

In einer zerstörten Umwelt wird es keine Arbeitsplätze mehr ge- » ben, keinen Markt und keine Demokratie. (…) Ein Umdenken unseres Systems von Produktion und Konsum wird hingegen die größte Jobmaschine aller Zeiten in Gang setzen.«

Jakob von Uexküll, Gründer des World Future Council und

DW/M. Magunia des Alternativen Nobelpreises © © DW/M. Magunia © © DW/M. Magunia © ©

Deutsche Welle 19 Titelthema DW/M. Magunia © ©

„Brückenbauer zwischen den Kulturen“: Anerkennung zum Jubiläum für die DW von Staatsminister Bernd Neumann

Text Johannes hoffmann „Unsere mediale Visitenkarte in der Welt“

In den 60 Jahren ihres Beste- s sollte nicht nur als Zeichen des begleitet und sei selbst ein Teil von ihr. Als hens hat die Deutsche Welle Respekts und der Wertschätzung, Auslandssender Deutschlands sei sie „unse- E sondern auch als Symbol für geleb- re mediale Visitenkarte in der Welt“. Freunde und Partner auf allen ten Dialog der Kulturen verstanden werden. Für viele Menschen in unfreien Regi- Kontinenten gewonnen. So Den äußeren Rahmen bot das Global Media onen sei die DW „erste Informationsquel- war es Intendant Erik Better- Forum in Bonn. Der Plenarsaal des früheren le, wenn es darum geht, sich aktuell und mann ein besonderes Anlie- Bundestages war bis auf den letzten Platz unbeeinflusst von Zensur und staatlichen gefüllt, als Kulturstaatsminister Bernd Neu- Interessen selbstständig eine Meinung gen, das Jubiläum in ihrem mann am 17. Juni die Arbeit der Deutschen zu bilden“. Die DW sei „nicht nur Mittler Kreis zu feiern. Welle würdigte. universeller Werte wie Freiheit und Men- In seiner Festrede vor Gästen aus 130 schenrechte“, sondern von Anfang an Ländern sagte der Beauftragte der Bundes- auch „Brückenbauer zwischen den Kul- regierung für Kultur und Medien, die DW turen“ gewesen. Ihr sei es gelungen, die habe die bundesrepublikanische Geschichte sich wandelnde Rolle Deutschlands im

20 Weltzeit 4 | 2013 geschriebene Finanzierungsgarantiegeschriebene für dieakt zumAnlass, imDW-Gesetz fest - ordnung“. senselement einerdemokratischen Grund- letztlich einefreie Meinungsbildung alsWe- stärke „unabhängige Medien unddamit Arbeit“,„großartige sagte Neumann.Sie entwickelt. Auch die DW Akademie leiste lensender zumMultimediaunternehmen gestellt Sie sich habe. habe vom so Kurzwel- keit, die die DW immerwieder unter Beweis Neumann würdigte die Innovationsfähig- Multimediaunternehmen Wandel zum als Stimmeder Freiheit undDemokratie.“ und gut aufgestellten Auslandsrundfunk wir einenunabhängigen,selbstbewussten nister. „Auch aus diesem Grundbrauchen werden“,negiert sagte der Kulturstaatsmi - auch immer–beeinträchtigt oder völlig auchaber konfliktträchtigeren Welt – wo globalisierten, zunehmendkomplexeren, geradedass die Menschenrechte in einer spruchen. Wir dürfen nicht es hinnehmen, Rechte gibt,die weltweit- Geltung bean universelle es dass uns dazu, Werte und trag geleistet“, betonte Neumann. Vermittlungsarbeit einenwichtigen Bei- genießt, hat die Deutsche Welle mit ihrer weit Landheute unser das hohenAnsehen, Weltgeschehen zuerklären. „Zu dem welt- A N Prominenz in der ersten in ersten der Prominenz Der Staatsminister nahmden Fest- „Mit der Deutschen Welle bekennen wir R imptsch, imptsch, D-Vorsitzende W- NR S taatssekretär Marc Jan Marc taatssekretär L utz Marmor eihe: (v.Reihe: l.) B onns O onns E umann und der der und umann Jürgen B Jürgen guten nähergekommen“. Schritt der Bundeskanzlerin vom 13. Juni „einen schen den Regierungschefs der Länder und durch den zwi- Beschluss gemeinsamen Deutschlandradio. Diesem Ziel man sei ARD-Landesrundfunkanstalten, ZDF und Kooperation der Deutschen Welle mit kunftso bleiben“, so Neumann. bekräftigen. „Und dies wird auch in Zu- einen unabhängigenAuslandssender zu mer mehrAnbieter träten inden „Wettbe- neuer international agierender Sender. Im- – nicht zuletzt angesichts der Etablierung betonte die anhaltende Bedeutung der DW rung für die Deutsche Welle“. Bettermann und eingewaltiges Stück Zukunftssiche- lenstein inder Medienpolitik Deutschlands Anspracheseiner den- als„Mei Beschluss Intendant Bettermann Erik bezeichnete in der Werte undIdeen Wettbewerb die DW alsStimme und Demokratie.« Er verwies zudem auf den Ausbau der »Wir brauchen der Freiheit

©©DW/M. Magunia

Welt zugewinnen. den Jahrzehnten mehrFreunde noch inder und die Deutsche Welle, inden kommen- mittlung Herausragendes geleistet.“ Jahrzehnten inder Kultur- undWertever - Deutsche Welle hat inden vergangenen 60-jährigen Bestehen zugratulieren: „Die demlass, deutschen Auslandssender zum ten Tag des Global Forum Media zumAn- Auftrittnahm seinen Westerwelle amzwei- füllen“,Leben der so ARD-Vorsitzende. was man„das, se auf dem Papier steht, mit chend präsentieren zukönnen“. Nun müs- Programmperlen imAusland entspre- den Senderverbund bedeute dies, „unsere passierenzu diesem Geburtstag kann.“ Für ZDF, Deutschlandradio, auch aber der DW Vereinbarungse ist Beste, das was ARD, reloaded“ stärker noch präsentieren. „Die- engeren Kooperation als„Deutsche Welle werde sich der auf Grundlage geplanten zeigteMarmor sich die überzeugt, DW deutschen Rundfunks, Glückwünsche. zender Lutz Marmor, Intendant des Nord- andere alseineSelbstverständlichkeit“. diese Pfeiler westlicher Gesellschaften„alles rechte“. Invielen Staaten weltweit seien stehen: Freiheit, Demokratie, Menschen- Werte, fürdie undEuropa Deutschland Ideen. Die Deutsche Welle vermittle „die umdengehe es Wettbewerb der Werte und werb um die Weltöffentlichkeit“ ein. Dabei Beste Voraussetzungen fürDeutschland Auch Bundesaußenminister Guido Für die ARDüberbrachte deren Vorsit- S N L ieder der Welt: DW- der der ieder ängerinnen und und ängerinnen ationen eröffnete die S ängern aus 20 aus ängern Deutsche Welle F eierstunde C hor mit mit hor

©©privat

21 ©©DW/M. Magunia medienwelt einordnen tudio Jens Mennicke S / RE A C © ©

Wie Nadeln im Heuhaufen: Datenjournalisten müssen das Wesentliche herausfiltern (Darstellung aus CARE affair, careaffair.de)

Text Dominik Ahrens, Projektleiter Marketing

Gute und böse Daten

Der Datenjournalist und der Als Mirko Lorenz seinen Vortrag dem gegenteiligen Problem: Sie suchen Geheimdienst-Analytiker sind beim diesjährigen Global Media Forum der nach der Story in der Informationsflut. Deutschen Welle hielt, war sein Spezialgebiet Nach der Nadel im Heuhaufen. Und an Heu- Berufsbilder des 21. Jahrhun- „Big Data“ aktueller denn je: Seit der Enthül- haufen herrscht kein Mangel: Zahlreiche derts – und in ihren Aufgaben lung des NSA-Programms „Prism“ nur weni- staatliche und privatwirtschaftliche Stellen ähnlicher, als man vermuten ge Tage zuvor ist das Sammeln und Auswer- sind gesetzlich zu Transparenz verpflichtet, mag. Für Journalisten geht es ten von Daten weltweit in den Fokus gerückt. veröffentlichen regelmäßig Berichte und Bi- „Prism“ macht uns alle zum Teil von „Big lanzen. Das Portal www.govdata.de, das die darum, aus einem Zahlenwust Data“ – das Ergebnis einer totalen Überwa- Veröffentlichungen aller deutschen Verwal- aussagekräftige Infografiken chung unseres Kommunikationsverhaltens. tungsebenen zentral zur Verfügung stellt, zu generieren. DW-Mitarbeiter Mirko Lorenz ist ein sehr ging Anfang des Jahres online. Jede einzelne gut vernetzter Datenjournalismus-Experte. dieser Veröffentlichungen kann Zehntau- Er fasst die Aufgabe griffig zusammen: „Wir sende Einzeldaten enthalten – die Versu- interviewen Datenbanken.“ chung ist groß, besonders brisante Punkte Journalisten kämpften im „analogen in schierer Masse zu begraben. Zeitalter“ oft mit einer Knappheit an Infor- „Wie in einem echten Interview ist es mationen. Datenjournalisten stehen vor auch hier wichtig, den Datenbanken die

22 Weltzeit 4 | 2013 Getwitter richtigen Fragen zu stellen“, erklärte Lorenz Lakonisch: @HuffPoSpoilers antwortet auf „Click- auf dem Global Media Forum in Bonn. Eben- bait“, also die reißerischen Köder-Tweets der Huf- so wichtig ist es, die richtigen Werkzeuge fington Post. slate.me/199GgMc einzusetzen. Wer eine Nadel im Heuhaufen sucht, der greift am besten zum Magneten. Wer Daten durchforstet, muss zahlreiche Spielerisch: „Gamification“ boomt – aber meint je- Tools jenseits von Excel beherrschen – oder der etwas anderes? Ulrich Wechselberger findet auf gleich selbst entwickeln. „Datawrapper“ Anhieb vier Interpretationen. bit.ly/168yW1v ist ein solches Werkzeug; Lorenz hat es ge- meinsam mit anderen Programmierern Vielseitig: Zehn Möglichkeiten, als Journalist das erstellt. Es ist heute nicht nur bei der DW, Smartphone smart zu nutzen. bit.ly/UCAdtg sondern weltweit bei mehr als 1.000 Insti- tutionen im Einsatz, darunter Schwerge- wichte der Medienwelt, etwa der britische Guardian. Mit „Datawrapper“ wandeln sie Strategisch: Karsten Lohmeyer hat zehn Tipps, wie täglich einen Zahlenwust in aussagekräftige Journalisten ihre eigene Marke aufbauen können. Infografiken um. bit.ly/Vq5Rdm Doch derartige Programmierkennt- nisse sind nicht die wichtigste Eigenschaft Winzig: Die Kameradrohne Mecam passt in die der Datenjournalisten: „Data literacy“, also Handfläche und soll 2014 auf den Markt kommen. Das fliegende Auge für jedermann? bit.ly/WpVqcJ

Aktivierend: Warum „Emoticons“ die Interaktions- rate bei Facebook-Posts steigern – und wie man noch mehr Antworten erhält. bit.ly/XmSfBC DW/M. Magunia © © Einträglich: Paywall und Werbung bilden gemein- sam die Zukunft der Einnahmen im Online-Journa- lismus, glaubt Ken Doctor. bit.ly/XRqDZf

Getarnt: „Native Ads“ sehen aus wie Content, sind aber Werbung. Eine Gefahr für seriösen Journalis- mus, meint Martin Giesler. bit.ly/VRVZck

Verboten: Schweden untersagt den Einsatz von Goo- gles Cloud Services im Öffentlichen Dienst. Wer liest da mit? bit.ly/15YGZzI

„Wir interviewen Datenbanken“: Mirko Lorenz Gigantisch: Datenjournalismus 2.0 – Nach „Big Data“ kommt „Long Data“, die Betrachtung langer Zeiträu- me statt Momentaufnahmen. bit.ly/Wd9FCK eine grundlegende Datenkompetenz, sei Maßgeschneidert: Die Online-Videothek Netflix im Grunde von jedem Journalisten gefor- produziert, was Nutzer laut Computeranalyse sehen dert, so Lorenz. „Wichtig ist die Relation, der wollen. bit.ly/Xsf0ng Kontext. Angesichts einer Datenbank frage ich immer zuerst: Wer hat was gezählt und warum?“ So entlockt er den Daten ihre Ge- Eingeschlossen: Eingeloggte Nutzer sind bares Geld schichte. wert. Was Verlage sonst noch vom Bezahl-Experi- Ob der Geheimdienst ebenso kontext- ment von Bild.de lernen können. bewusst verfährt, ist bislang nicht bekannt. bit.ly/17Mvhtu Wie so vieles.

Deutsche Welle 23 heimat erleben otolia jthcgn - F © ©

In Tadschikistan „wird es das vermutlich nie geben“: amtlich geschlossene gleichgeschlechtliche Partnerschaften

ch fahre Zug. Mir gegenüber sitzt eine deutschlandbild Text Diana Rachmanowa Familie mit zwei Kindern – drei, vier I Jahre alt. Die Kinder geben weder ihren Eltern noch anderen Mitreisenden Ruhe: Sie hören laute Musik, laufen durch den Wagen, steigen mit den Füßen auf die Sitze, Das Leben schreien, schlagen Purzelbäume … Das war der Auftakt meiner Bekannt- schaft mit Deutschland und seinen Men- schen. Meine Reaktion im Stillen: Das hätte näherbringen es in meiner Heimat so nicht gegeben. Dort geht es in der Erziehung doch etwas stren- ger zu. Meine Kenntnisse über das Leben in Deutschland waren rudimentär, es war ein Es war meine erste Auslandsreise und es waren nur Bild aus Lehrbüchern, nicht mehr als allge- zwei Wochen, im Winter 2010. Der Besuch im Rahmen mein bekannte historische Daten und Fak- ten. Sicher, ich hatte auch von Klischees ge- einer Recherchereise in kleiner Gruppe brachte auch hört, von der deutschen Pünktlichkeit und verblüffende Einblicke in das Leben in Deutschland. den wirtschaftlichen Erfolgen. Und ja, auch junge Tadschiken kennen Deutschland vor allem als starke Fußballnation.

24 Weltzeit 4 | 2013 »Für Staatsbedienstete gilt es als nicht standes- gemäß, mit Bus oder Bahn zu kommen.«

Als ich nach Deutschland kam, wurde Zu meinen verblüffenden Erfahrungen mir klar: Medienberichte allein ermögli- zählte die Arbeit an einem Bericht über chen noch kein hinreichendes Bild von die Qualität von Waren in Supermärkten. einem Land, man sollte das Leben dort mit In Deutschland scheint es demnach kaum eigenen Augen sehen. Ich hätte zum Bei- Korruption zu geben. „Nein, das ist bei uns spiel nie gedacht, dass viele Deutsche so unmöglich“, meinte ein Lebensmittelkon- unkompliziert und offen kommunizieren. trolleur. Im Rahmen unseres Workshops Ein paar weitere neue Puzzlesteine der DW Akademie hatte ich ihn gefragt, ob in meinem Deutschlandbild mögen zei- Lieferanten oder Leiter von Supermärk- gen, was aus der Perspektive einer jungen ten nie versucht hätten, ihn zu bestechen, Tadschikin hier bemerkenswert, manchmal nachdem er die Qualität von Lebensmit- auch höchst erstaunlich erscheint. teln beanstandet hatte. Die Frage entlockte meinem Interviewpartner nur ein Lächeln. privat Abgeordnete ohne Auto Bei mir hinterließ die Antwort ungläubiges © © Staunen – und Zweifel. Auf dem Programm unseres Aufenthalts in Deutschland stand ein Treffen mit Mitglie- Garantierte Menschenrechte dern des Bundestags. Wir waren erstaunt, Diana Rachmanowa dass viele Volksvertreter nicht mit einem Das Recht, gleichgeschlechtliche Partner- Auto, sondern mit der U-Bahn zur Arbeit schaften offiziell eintragen zu lassen, war wurde 1989 in Tadschikistan gebo- fahren. für mich nicht minder Neuland. Dass dies ren. Sie studierte an der Fakultät In Tadschikistan – in Kirgisistan ist es in Deutschland möglich ist, erfuhr ich in für Internationalen Journalismus nicht anders – fahren Beamte mit dem Auto Köln – wie ich inzwischen weiß, nicht zufäl- der Russisch-Tadschikischen Sla- zur Arbeit, erst recht die Abgeordneten. lig dort. Auf dem Weg zum Dom kam unsere wischen Universität (RTSU), wo sie Denn für Staatsbedienstete gilt es als nicht Gruppe am Rathaus vorbei, vor dem gerade 2012 einen Abschluss mit Auszeich- standesgemäß, ja erniedrigend, mit Bus ein frisch vermähltes, gleichgeschlechtli- nung erreichte. Während des Stu- oder Bahn zu kommen. Dass für diese Pri- ches Paar stand. Unsere Reiseleiterin erklär- diums war sie bei der Radiostation vilegien Steuermittel ausgegeben werden, te uns, dass man dort auch solche Partner- „Watan“ tätig, ab 2009 als Assisten- hält man für völlig in Ordnung. schaften eintragen lassen könne. tin in der Abteilung für Massenme- Beobachtet habe ich in Deutschland In Tadschikistan hat es so etwas nie ge- dien der RTSU. 2010 absolvierte sie auch ältere Menschen und Menschen mit geben und – wenn ich es recht überlege: die „Central Asia Summer School Behinderung. Mein Eindruck war, dass ih- Vermutlich wird es das auch nie geben. Tat- for Contemporary Journalism“ der nen gleiche Rechte gewährt werden wie al- sache ist, dass homosexuelle Menschen in DW Akademie in Bischkek, Kirgisi- len anderen Bürgern. Rollstuhlfahrer sind meinem Land in Angst leben. Sie können stan, und machte als eine der besten nicht auf die Unterstützung von Angehöri- nicht offen über ihre Partnerschaft spre- Teilnehmerinnen anschließend gen angewiesen, wenn sie öffentliche Ver- chen und schon gar nicht den Schutz des eine zweiwöchige Recherchereise kehrsmittel benutzen wollen. Der Zugang Gesetzes erwarten. nach Deutschland. Nach der Som- ist zumeist barrierefrei. Ich bin sehr froh, dass ich die Möglich- merakademie der DW wechselte sie Die meisten Tadschiken wären von ih- keit hatte, Deutschland zu besuchen, Land zum renommierten kirgisischen rem Heimatland tief enttäuscht, kämen sie und Leute zu erleben, einige Menschen hier Internetportal „Kloop Media“, wo nach Deutschland. Sie würden sehen, um kennenzulernen. Mein Wissen über dieses sie aktuell die Kloop-eigene Jour- wie viel besser das Leben in Europa ist: be- Land hat sich erweitert. Und die Erkenntnis nalismus-Schule koordiniert. Diana quemer und gerechter als zu Hause. Nach- gebracht, dass wir in den Medien viel mehr Rachmanowa ist Mitglied der inter- vollziehbar, dass viele meiner Landsleute, die und vor allem andere Informationen brau- nationalen Menschenrechtsorgani- Deutschland besuchen, unbedingt hier blei- chen – solche, die dem Zuschauer, Hörer sation Youth Human Rights Move- ben wollen – und sei es illegal. Sie wollen die oder Leser das Leben der Menschen näher- ment. kleinste Möglichkeit nutzen, ihre Familien in bringen. Tadschikistan materiell zu unterstützen.

Deutsche Welle 25 unterwegs sein

Text Michael Wigge Reporter Durch und durch iemann, Deutschland eorge R G © ©

Am Ziel: nach 81 Tagen und 2.505 Tretrollerkilometern am südlichsten Punkt Deutschlands

Auf dem Tretroller durch isher war ich als Euromaxx-Repor- torisierten Gefährt, um ungewöhnliche Deutschland. Von Nord nach ter immer in diversen motorisier- Reportagen für Euromaxx zu produzieren. B ten Fahrzeugen unterwegs. Die- Der Haken an der Geschichte: Ich habe nur Süd. In 80 Tagen. Das waren ses Mal soll alles anders kommen. Ich soll 80 Tage Zeit, um diese Strecke zu rollern. die Vorgaben. Das Ziel: un- Deutschland erkunden, ohne an den wich- Also, ein Wettrennen gegen die Zeit! gewöhnliche Reportagen für tigsten Dingen vorbeizurasen. Mein Fortbe- Die ersten Tage gestalten sich schwierig. eine neue Serie in Euromaxx, wegungsmittel: ein Tretroller. Ich berichte aus Deutschlands kleinstem Ein Tretroller? Durch Deutschland, vom Dorf, der Hallig Gröde, und dann aus dem Lifestyle-Magazin der DW. hohen Norden in den äußersten Süden. Brasilien und Kalifornien – den Stadtteilen Rund 2.500 Kilometer – auf diesem unmo- des Ostsee-Städtchens Schönberg. Doch

26 Weltzeit 4 | 2013 unkonventionell

Anfang April einen Roller durch Schles- Ob tiefste Punkte oder kleinste Häuser als sehr facettenreich und zugleich durch wig-Holstein zu treten, hat seine Tücken: oder größte Fliegenpilze – wir Deutsche und durch unkonventionell kennengelernt Schneeböen, Ermüdung und Probleme mögen anscheinend das Größte, Tiefste habe. mit der Streckenführung lassen das Pro- und Schnellste und nehmen dabei uner- Doch so schön es ist, dieses Land zu er- jekt bald aussichtslos erscheinen. Ich finde wünschte Doppelgänger gern in Kauf. kunden, es hat mir auf dem Tretroller auch mich auf unbefahrbaren Feldwegen wieder Die Reportagereise hat mir durch die so manche Probleme bereitet: schlammige und liege schon bald in meinem Zeitplan notgedrungene Entschleunigung auf dem Feldwege, unzähliges Auf und Ab in den weit zurück. Tretroller noch viel mehr gezeigt: dass Mittelgebirgen, auch permanente Wetter- In Wolfsburg habe ich die ersten 700 Deutschland ganz anders sein kann, als sei- umschwünge. Es war eine Herausforde- Tretrollerkilometer hinter mir. Doch nun ne Klischees wie Ordnungsliebe, Sauber- rung, die mich oft zur Verzweiflung brach- kommen Rückenschmerzen hinzu – die keit und Pünktlichkeit vermuten lassen. te. Und bei der ich leider einige Hürden hohe sportliche Belastung fordert ihren So entdecke ich kurz vor Ende meiner unterschätzt habe. Tribut. Nach diversen orthopädischen Hil- Reise das „Unordnungsamt“. Es ist eine Ak- So erreiche ich mein Ziel, den südlichs- feleistungen finde ich mich in Thüringen tion des Künstlers Peter Kees, der den deut- ten Punkt Deutschlands, einen Tag zu spät! wieder, täglich mit einem Rückenstützgür- schen Ordnungswahn auf den Kopf stellt. Das Endergebnis: 2.505 Tretrollerkilometer tel versehen, um die Belastung auszuglei- Er fährt mit dem Unordnungsamtsmobil in 81 Tagen mit 30 ungewöhnlichen Stati- chen. Und es hilft! Nach dem ersten Drittel durch deutsche Städte und verteilt Straf- onen. der Strecke bin ich fit und wieder im Zeit- zettel für allzu ordentliches Verhalten, zum Schon sind wir wieder bei einem Super- plan. Beispiel für Richtigparken. Mit diesem sati- lativ, typisch für unsere Kultur: die lang- rischen Seitenhieb will Kees auf Extreme in samste Tretrollerreise durch Deutschland. Land der multiplen unserer Kultur hinweisen. Ich reihe mich als Tretrollerreporter in die Superlative Liste der Superlative mit den größten Ku- Land der Werte ckucksuhren, den mittlersten Mittelpunk- Ich erkunde den offiziellen Mittelpunkt und der Leidenschaft ten und üppigsten Zuckersammlungen Deutschlands, der mit einem Gedenkstein nahtlos ein. Wir mögen einfach die Heraus- versehen ist. Stutzig werde ich, als ich he- Extreme habe ich zuhauf kennengelernt. forderung. Und ein Scheitern dient lediglich rausfinde, dass es in Deutschland noch fünf Die Deutschen und ihre Sammelleiden- als Motivation für eine neue Aufgabe. weitere offizielle Mittelpunkte gibt, alle schaft ist ein weiteres Beispiel. Karin Rädel nach einem anderen Verfahren berechnet. aus Seligenstadt weiß dieses urdeutsche Auf dem Tretroller durch Deutschland, die Das Phänomen des multiplen Superlativs Hobby auf die Spitze zu treiben. In jahr- neue Serie in Euromaxx, ist Anfang August scheint in Deutschland keine Seltenheit zu zehntelanger Mühe hat sie 130.000 Zuck- angelaufen. Als Audio-on-Demand unter sein. So gibt es im Schwarzwald gleich zwei erstücke in ihrem Zuckersammelzimmer dw.de/euromaxx weltweit größte Kuckucksuhren: einmal die angehäuft. Durch ein Sammlernetzwerk weltgrößte und wenige Kilometer weiter die werden es täglich mehr. Mehr vom rollernden Reporter im Reiseblog: original weltgrößte. Ebenso gibt es im ho- Ob Unordnungsamt, Zuckersammlerin, blogs.dw.de/tretroller hen Norden einen tiefsten Punkt Deutsch- deutsche Erfinderclubs oder weltgrößte lands, der – obwohl kaum mehr als drei Kuckucksuhren – aus diesen Begegnungen Meter unter Normalnull – von seiner Hei- habe ich zwei Dinge erkannt: Wir Deutsche matgemeinde Neuendorf-Sachsenbande sind leidenschaftlich bei der Sache und gebührend gefeiert wird. Leider bean- lieben es, uns für unsere Werte und Ideen sprucht die Gemeinde Freepsum denselben einzusetzen. Und wir stecken unsere Nase Superlativ. in so viele Bereiche, dass ich Deutschland

Deutsche Welle 27 gestern reflektieren

Text Kathrin Lemke, Teamchefin Euromaxx

Fernsehen für Genießer

Zehn Jahre Leben und Kultur in Europa – im Fernsehen der DW: Am 30. Juni gab es die Jubiläumssendung des Lifestyle-Magazins Euromaxx. Ein erfolgreiches Format.

„Es braucht ein wunderbares und Dass das Lifestyle-Magazin gefällt, bele- VJ-Award“ erhielt. Das Design der Sendung sehr professionelles Team, um eine Show gen auch Ergebnisse der Markt- und Medi- wurde mit dem „PromaxBDA Award“ ausge- wie Euromaxx zu produzieren! Ich gratu- enforschung der DW. Eine Befragung unter zeichnet. liere!“ Das mailt Daniel Chiapella aus Ar- Zuschauern in Indien aus dem Jahr 2012 Weltweit übernehmen rund 250 Partner- gentinien. Rabia Wasim aus den Vereinigten etwa ergab Urteile wie diese: „Ein vielsei- sender die deutsche beziehungsweise eng- Arabischen Emiraten schreibt auf Facebook: tiges und kurzweiliges Magazin in Premi- lische Ausgabe. Seit 2012 gibt es das Magazin „Es ist eine wunderbare Show, frisch und umqualität“, so eine Aussage. „Themenmi- auch auf Spanisch und Arabisch. Darüber informativ. Ich hoffe, ihr erlebt noch euer schung und Präsentation sind einzigartig“, hinaus bietet die DW Euromaxx-Sendungen Platin-Jubiläum!“ meint ein anderer Befragter. in russischer und chinesischer Sprache – die Zwei von vielen Stimmen und Glück- Rolf Rische, Leiter Gesellschaft und Do- Adaption übernehmen Partnersender. In wünschen zum Geburtstag aus dem Kreis kumentationen: „Es ist uns gelungen, ein Deutschland läuft die Sendung einmal wö- der Euromaxx-Zuschauer. Darunter auch kreatives, innovatives und sehr nachge- chentlich auf Einsfestival. zahlreiche Prominente, etwa Sterne-Koch fragtes Format zu entwickeln, das es so auf Euromaxx ist das DW-Magazin mit der Johann Lafer. Er sei ein großer Fan der Sen- dem internationalen Markt nicht gibt.“ meisten Zuschauerpost und den meisten dung, sagte er in der Jubiläumsausgabe, Eine vielfach preisgekrönte Sendung Freunden auf Facebook. Und die erwarten „eine Auslandsreise ohne Euromaxx – das zudem: So erhielt Euromaxx 2012 den Pla- noch viel von ihrer Lieblingssendung. So geht einfach nicht“. tinum-Award beim „WorldFest“ in Houston schreibt Pedro H. Ordenes aus den USA: Das Konzept: Fernsehen für Genießer für die Serie Der XX-Faktor und 2013 den „Ich hoffe, dass ich eines der weltweit be- mit einem breiten Themenspektrum – von Gold-Award bei den „New York Festivals“ sten Fernsehmagazine noch 100 Jahre se- Alltagskultur, Architektur und Fotografie für die Reihe Die wundersame Welt des hen werde!“ über Kulinarik, Lifestyle und Literatur bis Max X. Weitere Preise gab es für inno- Wir arbeiten dran – täglich. zu Mode, Musik und Tanz. 365 mal im Jahr. vative Rubriken – beispielsweise für Die In vier Sprachen. Aus Deutschland und Wahrheit über Deutschland mit Reporter dw.de/euromaxx Europa. Michael Wigge, der 2009 den „International

28 Weltzeit 4 | 2013 position beziehen

Text Andreas Becker WirtschaftsredaktEUR

Die Wahrheit über wichtige Dinge

Es war ein seltsamer Moment auf dem Global Media Forum der Impressum Deutschen Welle. Gut eine Stunde lang hatte der US-amerikanische Philosoph und Linguist Noam Chomsky über die „real existierenden Deutsche Welle kapitalistischen Demokratien“ referiert, über die zunehmende Zerstö- Unternehmenskommunikation rung des Gemeinguts, den möglichen Widerstand und das Versagen 53110 Bonn der Medien. Im Anschluss fragte ihn die Moderatorin, was er denn von T 0228.429-2041 der Presse erwarte. „Das ist ziemlich einfach“, entgegnete Chomsky. F 0228.429-2047 „Die Presse sollte die Wahrheit erzählen über wichtige Dinge.“ [email protected] Die meisten Zuhörer im vollbesetzten Plenarsaal des früheren Bun- dw.de/presse destages applaudierten. Einige allerdings rollten mit den Augen. Als wenn das so einfach wäre mit der Wahrheit und den wichtigen Dingen, flickr.com/photos/deutschewelle mögen sie gedacht haben. issuu.com/deutsche-welle Beim Global Media Forum wurden Themen diskutiert und Projekte facebook.com/dw.deutschewelle vorgestellt, die sonst nur wenig Aufmerksamkeit finden, denn im nor- twitter.com/deutschewelle malen Tagesgeschäft der Medien rückt die Frage nach der „Wahrheit“ und den „wichtigen Dingen“ in den Hintergrund. Allzu oft scheint hier verantwortlich vor allem zu zählen, wer etwas sagt und wie aktuell darüber berichtet Dr. Johannes Hoffmann wird. redaktion Berthold Stevens »Die zunehmende Vielfalt der GEstaltung veröffentlichten Meinung ist ein Segen« Alexandra Schottka Lisa Flanakin Zum offiziellen Selbstverständnis vieler Journalisten gehört zudem, sich nicht als Verfechter einer „Wahrheit“ zu sehen, sondern als neu- druck trale Berichterstatter – getreu der Maxime von Hanns Joachim Fried- Köllen Druck, Bonn richs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass Print kompensiert er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“ Id-Nr. 1330824 www.bvdm-online.de Der Kommunikationsforscher Uwe Krüger hat in seiner in diesem Jahr veröffentlichten Studie „Meinungsmacht“ die Verflechtungen zwischen Journalismus, Politik und Wirtschaft in Deutschland unter- Anzeigen sucht. Sein Fazit: Die leitenden Redakteure der einflussreichsten Zei- T 0228.429-2043 tungen pflegen zu den Mächtigen derart enge Kontakte, dass sie ihre F 0228.429-2047 Hauptaufgabe, Kritik und Kontrolle, nicht mehr erfüllen. „Die Journa- [email protected] listen lagen ganz auf Linie mit den Eliten und benutzten sogar klas- sische Propagandatechniken“, so Krüger über die von ihm untersuchte Werbung im Programm Berichterstattung zur Münchner Sicherheitskonferenz. „Ein solcher T 0228.429-2731 Journalismus macht den Bürger nicht handlungsfähig, sondern hält F 0228.429-2777 ihn in Unmündigkeit.“ [email protected] Durch das Internet ist es zumindest schwerer geworden, diese dw.de/60-Jahre-DW Allianz aus Macht und Medien als Wahrheit zu verkaufen. Mit den Bobs-Awards zeichnet die DW jährlich Blogger und Online-Aktivisten aus. Viele Preisträger kommen aus Ländern, in denen Meinungsfrei- heit nicht einmal auf dem Papier existiert. Doch auch für „real existie- rende kapitalistische Demokratien“ ist die zunehmende Vielfalt der veröffentlichten Meinung ein Segen. Sie zwingt alle, sich täglich neu zu fragen, welche Dinge wichtig sind, und welche Wahrheit darüber gesagt werden muss.

Deutsche Welle 29 menschen begegnen leinod . K T DW/ © ©

Styling für das Lifestyle-Magazin: Meike Krüger (l.) und Karin Helmstaedt in der Maske

30 Weltzeit 4 | 2013 Text Stephan Kolbe, Freier Mitarbeiter Über das schöne Leben

Seit zehn Jahren ist Euromaxx auf Sendung. Von Anfang an im Team sind die Moderatorinnen Meike Krüger und Karin Helmstaedt. Sieben Mal die Woche präsentieren sie Leben und Kultur in Europa. Was sie sonst noch verbindet: eine Freundschaft und die stete Neugier nach Themen.

ass sie einmal das Gesicht einer Meike Krüger ist inzwischen, das sagt zu studieren. Nach Berlin führt ihr Weg täglich von Berlin aus in die Welt sie selbst, mit allen Wassern gewaschen. sie dann Ende der 1990er, für den Sender D gehenden Fernsehsendung sein Aus dem schüchternen Mädchen ist ein Freies Berlin arbeitet sie an einer Doku- würden, hätten Meike Krüger und Karin Allround-Medienprofi geworden. Neben mentation über Kinderdoping in der ehe- Helmstaedt selbst nicht gedacht. War die TV-Sendungen moderiert sie Veranstal- maligen DDR. „Aus meiner Ahnung wurde eine doch als Kind extrem schüchtern, wäh- tungen und arbeitet als Sprecherin. „Meine Gewissheit. Da wurde systematisch gedopt, rend die andere in Kanada zunächst eine Zeit bei Radio Herford und Sat.1 war eine und zwar schon bei Minderjährigen. Als Karriere als Leistungsschwimmerin machte. gute Schule. Ich habe alle möglichen For- Leistungsschwimmerin hat mich das na- „Ich komme aus einer ziemlich lauten mate moderiert – von der Reisesendung bis türlich extrem bewegt“, begründet Helm- Familie, in der mein Vater der Entertainer zur Morning-Show. Und alles, was schief- staedt ihren damaligen Antrieb. Das Pro- war. Es gab jede Menge Familienfeste, bei gehen kann, ist mir schon passiert.“ Vor jekt geht vorbei, aber Berlin bleibt. Und so denen er uns mit Gitarre oder spontanen Live-Situationen und ihrer Unberechenbar- landet sie schließlich bei der DW und wird, Gedichten unterhalten hat“, erinnert sich keit hat Krüger deshalb längst keine Angst überraschend für sie selbst, nach kurzer Meike Krüger lachend. Als schüchternes mehr. Frei sprechen, ohne Teleprompter, Zeit Moderatorin. Mädchen, sagt sie, war eigentlich nicht Als Euromaxx 2003 an den Start geht, daran zu denken, einmal selbst vor der sind Meike Krüger und Karin Helmstaedt Kamera und damit im Mittelpunkt zu ste- »Alles, was schief- von Anfang an mit an Bord. Krüger mo- hen. Dennoch interessiert sich Krüger für deriert die deutschsprachige, Helmstaedt den Journalismus und beginnt ihren be- gehen kann, ist mir die englischsprachige Ausgabe. Aus dieser ruflichen Lebensweg zielstrebig in der Me- engen Zusammenarbeit entwickelt sich dienbranche: nach dem Abitur ein Prakti- schon passiert.« eine Freundschaft – zumal sie sich anfangs kum beim Lokalsender Radio Herford, dort ein Büro teilen. Auch nach zehn Jahren ist von der Praktikantin zur Moderatorin, da- keiner der beiden die Sendung langweilig nach Volontärin bei Sat.1. das ist ihr sogar lieber. Mit Freude denkt geworden. „Euromaxx ist eine wunderbare Karin Helmstaedt wächst mit einer ka- sie an ihre erste Radiomoderation zurück: Weiterbildung in Sachen Deutschland und nadischen Mutter und einem deutschen „Das ist wie die erste Fahrstunde. Das ver- Europa“, schwärmt Helmstaedt. „Wir bli- Vater in Kanada auf und widmet sich als Ju- gisst du nie, das Gefühl, wenn du merkst: cken hinter die Kulissen. Deshalb lerne ich gendliche dem Leistungssport. Mit 17 wird Du steuerst das Ganze.“ Diese Souveränität jedes Mal etwas mehr über das Leben der sie Mitglied der kanadischen Schwimm- muss sie auch ausgestrahlt haben, als sie Menschen hier.“ Ob Reisen, Kulinarisches, Nationalmannschaft, ist 1986 Finalistin bei 2003 am Casting für Euromaxx, das neue Architektur, Mode oder Design: Die Vielfalt der Weltmeisterschaft. Eine Fernsehkar- Lifestyle-Format der DW, teilnimmt – und der Themen und Orte, das ist es, was beide riere? Zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar. es für sich entscheidet. an Euromaxx schätzen. So sehen es auch Trotzdem schlummert eine Journalistin Auch Karin Helmstaedt zieht es in die Zuschauerinnen und Zuschauer welt- auch in ihr. Denn Dinge tiefergehend zu er- die Medien. Nachdem sie ihre Zeit als weit, denn, wie Meike Krüger es zusam- gründen und darüber zu berichten, diesen Leistungsschwimmerin beendet hat, wech- menfasst: „Wir zeigen eben alles, was das Impuls hat sie schon früh. „Wir haben uns selt sie an den Beckenrand: Als Sportrepor- Leben schön macht.“ alle gefragt, warum wir den DDR-Mädchen terin berichtet sie von großen Schwimm- dw.de/euromaxx, meike-krueger.de immer hinterhergeschwommen sind. Wir wettbewerben, darunter die Olympischen karinhelmstaedt.com hatten die Ahnung, dass dort Doping im Spiele von Atlanta 1996. Meike Krüger und Karin Helmstaedt zu Spiel war, auch wenn das damals nicht gern Europa ist ihr da schon nicht mehr Gast in der DW-Sendung ­Typisch Deutsch: gehört wurde“, erinnert sich Helmstaedt. fremd. Anfang der 1990er-Jahre kommt sie youtu.be/9_CoDPYoYBg Das Thema wird sie eine Zeit begleiten. nach Paris, um hier französische Literatur youtu.be/uyNZmnGbR3U

Deutsche Welle 31 Beethovenfest Bonn 5. 9. B is 5. 1 0. 2013 v erwandlungen

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