Schwerpunkt »Kultur auswärts« Deutschland 3,00 € 3 12

In dieser Ausgabe: Zeitung des Deutschen Kulturrates www.politikundkultur.net André Brie Klaus-Dieter Lehmann Peter Raue Mehrwert steuern Schulkultur Radiokultur ACTA Johan Simons Augenfällig setzt Brüssel einen Kulturschule, Schulkultur, Pro und Contra WDR 3-Reform. Gehen wir mit unserem neuen Johanna Wanka anderen zu besteuernden Mehr- Kultur in die Schule? Neueste Radioretter gegen Hörfunkdi- Selbstverständnis als Wutbürger wert in Bezug auf die Bildende Entwicklungen und aktuelle rektor. Kulturradio als Nischen- internetaffinen Stimmungs­ Guido Westerwelle Kunst an als Berlin. Plädoyers Projekte für mehr kulturelle programm. Beschneidung oder machern auf den Leim? Ein- und viele andere für 7 Prozent. Seite 10 und 11 Bildung. Seite 12 bis 14 Modernisierung? Seite 27 schätzungen. Seiten 28 und 29 Transparenz Nachdem die Piraten ein Umfrage- hoch nach dem anderen erklimmen, ist Transparenz ein fast magisches Wort geworden. Die Piraten be- schreiben ihre Mission mit »Trans- parenz in der Politik« schaffen, so wie einst die Mission der Grünen die Rettung der natürlichen Le- bensgrundlagen war oder der so- zialdemokratische Auftrag, für die Rechte der Arbeiterschaft zu streiten. Transparenz bedeutet mehr als nur Durchsichtigkeit im Politikbetrieb. Transparenz wird zur Ideologie ei- ner neuen Jugendbewegung. Und da es bei einer neuen Bewegung nicht nur reicht, für etwas zu sein, sondern dazugehört, sich auch klar von dem »Alten« abzugrenzen, ist Politik, wie Kultur wir sie machen, folgerichtig intrans- parent. »Mehr Demokratie wagen!« ist ein Leitgedanke der Piraten, sagen sie auswärts selbst über sich und übernehmen da- mit das Motto des von Willy Brandt angestoßenen sozialdemokratischen Neue Konzepte braucht G ilges Aufbruchs. Mehr Mitbestimmung das Land. Seite 17 bis 26 und Bürgerbeteiligung, organisiert im Internet, soll die zeitgemäße S imone :

Antwort auf die alte Forderung sein. F oto Doch ist das Internet wirklich der Ort Espace chez »Xalat-Design«, Dakar 2008 für mehr Demokratie und Transpa- renz? Mit sichtbarem Stolz hat mir ein Mitarbeiter von Google vor einigen Wochen berichtet, dass das Unter- nehmen nun mit der Weltgesund- Wertmarkenware Kunst? heitsorganisation (WHO) zusam- Wie bemisst sich der Wert von Kunst? An der Bedeutsamkeit des Autors? menarbeitet, weil alleine durch die Auswertung der Seitenaufrufe der An der gesellschaftlichen Situation? An der aktuellen Marktlage? Suchmaschine festgestellt werden kann, ob irgendwo auf der Welt eine Kathrin Schmidt schreibt? Man könnte meinen, in vielen Fällen schon. gestattet es (zumindest den Verantwortlichen der Pandemie im Entstehen ist. Wenn Jedenfalls in solchen, da man mit den eigenen Er- Süddeutschen), sich auf die Freiheit der Kunst zu Nutzer sich in großer Anzahl für ein irgends kann man Wertmarken für Kreativi- güssen in die Öffentlichkeit drängt, ohne etwas vom berufen und die in ihm verhandelten Gegenstände Krankheitsbild interessieren, klin- tät erwerben. Schade. Ich würde viel daran Gedicht zu verstehen. Aus dem Stand könnte ich in der sehr körpernahen Hülle zu belassen. Im An- geln in der Zukunft bei der WHO die N setzen, mich einzudecken. Dann könnte ich vier Hände füllen. Dabei haben auch schlechte Ge- zug des Autors, sozusagen. Aus dem sie dann freilich Alarmglocken. Nur wenig Fantasie immer, wenn ein Gedicht entstehen soll, eine Marke dichte und sogar solche, die keine sind, ihren Wert, schnellstens hervorgezogen wurden von den Lesern. braucht es, um sich auszumalen, wo- hervorziehen und eines schreiben. Jedem anderen denken wir zum Beispiel an Günter Grass’ letzten Ein Gedicht geht um in Europa (und anderswo). hin das führen könnte. Mir ist es eis- Menschen würde ich das natürlich auch zugestehen. Coup. Und wenn ich sage, dass ich damit nicht nur Zum Glück ist ein Gedicht, weder ein gutes noch kalt den Rücken heruntergelaufen: Wenn er ein Bedürfnis danach verspürt, Gedichte zu das Honorar meine, das er bekommen haben wird – ein schlechtes, keine Waffe. Wenn die Befürworter und Big Brother is watching you. schreiben. Jedem nach seinen Bedürfnissen? Diesen wie bemisst sich der Wert eines Gedichtes? Nach der Gegner von Günter Grass es sich um die Ohren hauen, Mich beschleicht zunehmend Grundsatz der Verteilung gesellschaftlichen Reich- Bedeutsamkeit des Autors, der es verfasst hat? Nach wird keiner ernstliche Verletzungen davontragen. Für der Verdacht, dass gerade das Netz tums habe ich als Ost-Kind wieder und wieder her- der gesellschaftlichen Situation, in die es wie die den Verfasser mag das anders aussehen, jedoch saß nicht der Ort für mehr Demokratie gebetet, er entstammt Marxens »Kritik des Gothaer Lunte ins Pulverfass stürzt? Bei meinem Besuch in Grass schon vieles aus und wird auch hierüber hin- sein wird. Und transparent ist das Programms«. Allerdings setzt Marx diesem Grundsatz Israel Ende letzten Jahres habe ich mehr als genug wegkommen. Eine Wertmarke für Kreativität hätte Internet schon gar nicht. Die Macht einen anderen voraus, nämlich den, dass zunächst Israelis getroffen, die ihre Regierung eine »faschis- ihm allerdings in diesem Falle Nutzen gebracht … im Netz, das kann man auch im In- tische« nannten. Dass ich das nicht tue, hat damit Was künstlerische Kreativität heutzutage angeb- ternetnebel ausmachen, liegt mehr zu tun, dass ich mit dem Respekt der Fremden davor lich wert ist, wird in erster Linie von Verwertern dik- auf der Seite von Google und Co. als Was künstlerische Kreativität zurückschrecke, diesen Begriff zu gebrauchen. Nein, tiert. Die befinden sich in einer bestenfalls janusköp- bei den Netzpiraten. ich blicke nicht durch in Israel. Aber aus meiner Sicht figen Position. Einerseits müssen sie darauf bedacht Wenn die Piraten es mit der heutzutage angeblich muss es möglich sein, solche Fragen zu stellen, wie sein, mit den Werken der Künstler höchstmöglichen Transparenz in der Politik ernst mei- wert ist, wird in erster Linie Günter Grass sie stellt, ohne zur persona non grata Profit zu erzielen. Andererseits tragen sie durchaus nen, müssen sie mit dem Märchen von Verwertern diktiert. zu werden. Selbst wenn man Deutscher ist und den so etwas wie eine Heimstattfunktion. Ich zum Bei- brechen, dass der vermeintlich freie Fehler macht, als Fremder die Bedrohung durch den spiel fühle mich meinem Verlag verbunden, weil er Informationsfluss im Internet auto- Iran nicht ernst genug zu nehmen. Die medial ge- auch in schwierigsten Zeiten bedingungslos zu mir matisch mündige Bürger schaffen jeder nach seinen Fähigkeiten zu arbeiten habe. Eine steuerte Wahrnehmung lässt nämlich andererseits würde, »die«, so erhoffen die Pira- Wertmarke für Kreativität verliehe die Fähigkeit, ein schnell vergessen, dass die Annahme der Existenz von ten, »in der Lage sind, ihre Freiheit Bedürfnis zu erfüllen. Dieser gewissermaßen kom- Massenvernichtungswaffen auf dem Territorium des wirkungsvoll gegen totalitäre Ten- munistischen Utopie kann man durchaus eine Weile Irak auch im Falle des Irakkrieges als Rechtfertigung Wie lässt sich der Wert eines denzen zu verteidigen«. anhängen. Und man kommt schnell darauf, dass schon eines Präventivschlages der USA, des Vereinigten Gedichtes bemessen? Eine wehrhafte Demokratie und die Voraussetzung des Gedankens, der Erwerb einer Königreiches und der Koalition der Willigen dien- eine transparente Politik entste- Wertmarke, sich über Kauf zu vollziehen hat und da- te. Diese Annahme bestätigte sich im Nachhinein hen nicht automatisch im Netz mit die Utopie ihr Ende findet, noch ehe sie aus dem nicht, zog aber für alle Konfliktbeteiligten mehr als und an mir fest hielt. Dabei bin ich pekuniär sicher und schon gar nicht durch das Netz, Denkkreis ausbrechen könnte. schmerzhafte, nämlich vieltausendfach tödliche Fol- allenfalls eine Eintagsfliege gewesen, dem Medien- ­sondern werden ausschließlich Der Wunsch nach einem Gedicht ist eher selten gen nach sich. Es erinnert an das Märchen von des hype sei Dank, nach dem Gewinn des Deutschen durch politisch aktive Menschen anzutreffen, hierzulande, heutzutage, andernorts. Kaisers neuen Kleidern, wenn man offensichtliche Buchpreises. (Den habe ich übrigens nicht für das gemacht, egal ob im Netz oder wo Und zwar sowohl was die Zahl der Lesenden als auch Fragen nicht stellt. Fragen, die auch mich beschäfti- Buch bekommen, das ich für mein bestes halte.) Es auch immer. die der Schreibenden betrifft. Ich bin beileibe nicht gen. Dennoch käme ich nicht auf die Idee, die Form ist interessant, dass nächste Generationen sich für die Erste, die davon ausgeht, dass die Zahl Gedichte eines Gedichts vorzutäuschen, wenn ich sie stellen Fortsetzung auf Seite 2 Lesender hinter der Gedichte Schreibender zurück- wollte. Was jedoch wäre gewesen, Günter Grass hätte Olaf Zimmermann bleibt. Immerhin sind schon 3.000 Exemplare eines seine Bemerkungen einen Leitartikel genannt? Die Nr. 3/2012 ist Herausgeber Lyriktitels eine geradezu gewaltige Auflage. Tut man Zeitungen wären womöglich davor zurückgeschreckt, ISSN 1619-4217 4:V;n von Politik & Kultur also eigentlich etwas Wertloses, wenn man Gedichte ihn zu drucken. Die behauptete Form eines Gedichts B 58 662 02 Seite 2 www.politikundkultur.net

Aktuelles Fortsetzung von Seite 1

Vom Vätermord bis zur Europa stärken, ganz eigene Verwertungsmöglichkei- Bediensteten, als Mutter von damals Realitätsverweigerung Frieden sichern ten zu entscheiden scheinen. Wenn vier Kindern und als Schubladenhüte- Von Olaf Zimmermann 03 Horst Harnischfeger 18 sich mit Werbung über Youtube oder rin eines längst begonnenen, aber un- eine Abmachung mit Amazon mehr ter den Bedingungen der Lohnarbeit Auswärtige Kulturpolitik Geld verdienen lässt als die wenigen undurchführbaren Romanprojekts Inland in Zeiten der Globalisierung Prozente des Endverkaufspreises eines die Freiberuflichkeit wagte. Ich hatte Guido Westerwelle 19 künstlerischen Produkts und dies als Glück, kenne jedoch genug gute Auto- Zimmerwarme Kunst Totschlagargument herhalten soll für ren, die dieses Glück nicht hatten. Und Johan Simons 04 Zur Zukunft der jeden, der das (wissentlich) nicht will, weniger gute, die es dennoch schaffen, Auswärtigen Kulturpolitik 20 weil er Konzernen in die Hände spielt, sich besser als zum Beispiel ich über Bildungsbürgertum, die weltweit einen viel größeren, auch Wasser zu halten. Dass Zufall, Herkunft, Künste und die Politik Initiative Auslandsschulgesetz meinungsbildenden (!), Einfluss haben Massengeschmack, Sinn für die Nische Max Fuchs 05 Thilo Klingebiel 21 als zum Beispiel ein deutscher Verlag, wie für den richtigen Augenblick ihre dann werde ich fuchsig. Immerhin bin Rolle spielen, wenn es darum geht, mit Von Holprigkeiten, unerfüllten Deutschland im Wettbewerb ich schon ein bisschen alt. Lohnt es sich Kreativität ein Stück vom Kuchen zu Träumen und neuen Akzenten um die Weltöffentlichkeit überhaupt, um das aus eigener Sicht je- ergattern, ist menschengemacht und Interview mit Hortensia Völckern Erik Bettermann 21 weils kleinere Übel zu kämpfen? Wenn in diesem Sinne normal. Künstlerische und Alexander Farenholtz 06 selbst großartige Autoren zuweilen kei- Kreativität ist an etwas Besonderes im Weil das Wünschen nen Verlag finden, wäre es dann nicht Menschen gebunden, was ihn von an- Kultur als Prozess wieder helfen muss besser, sie setzten ihr Werk im Internet deren abhebt. Ihn nicht erhöht, aber Johanna Wanka 07 Ronald Grätz 22 frei und machten es so zumindest öf- ihn etwas schaffen lässt, wozu die meis- fentlich zugänglich? Wenn sie ohne- Der DAAD als zentraler Partner hin kein Geld dafür erwarten können? Europa Margret Wintermantel 22 Würden sich, hintenherum, irgendwann Den Dingen auf den neue Verwertungsmöglichkeiten auf- Grund gehen Maribor – die Kultur- Kultur eignet sich nicht zum tun, wenn das Werk umwerfend oft an- hauptstadt 2012 Wettbewerb der Systeme geklickt wird? Ich weiß es nicht, und Mitja Drobnič 07 Klaus-Dieter Lehmann 23 daran zu glauben wage ich schon gar ten anderen nicht imstande sind. Die nicht. An dieser Stelle fällt mir nun gebhardt können dann vielleicht staunen. Aber Effektiven Dialog anstoßen Propaganda und Geschenke wieder der Kommunismus ein, in dem kaufen? Ich würde so weit gehen, die

Ana Paula Laborinho 08 Pius Knüsel 24 sich Verwertungsfragen erübrigten. Er olfgang Auffassung zu goutieren, jemand könne hat sich selbst buchstäblich erledigt, W : per se kein Geld dafür verlangen, dass

Inside out – mehr Europa und ich bin weit davon entfernt, hier F oto er Kunst macht. Jemandem muss es Weite Welt zum Wohl aller ein »leider« einzuschieben. Kathrin Schmidt diese Kunst wert sein, sie zu bezahlen. Gottfried Wagner 24 Ich nehme an, dass sich neuartige Wir haben dafür zu sorgen, dass es bei Der unheimlich Nahe (Osten) Verwertungsprozesse allenfalls etwas cherheit werde ich den Nachfolgen- Lesern, Galerie- und Konzertbesuchern Reinhard Baumgarten 08 Kontinuierlicher Austausch aufhalten lassen von solchen Haltun- den überlassen (müssen), was sie für bleibt, und das Internet bietet hierfür Ronald Grätz im Gespräch gen wie meiner. Dennoch bin ich fürs sich wollen. Dass sie das jetzt schon eigentlich hervorragende Chancen. Es Europa bekommt Beine mit Susanne Gaensheimer 25 Aufhalten aus vollem Herzen. Gerade so genau wissen, wage ich zu bezwei- lebe das E-Book! Sogar virtuelle Muse- Anuschka Seifert 09 weil ich Zeit brauche, den Dingen auf feln. Aber auch ich wusste das nicht, umsrundgänge sind inzwischen mög- Fruchtbare Erosion den Grund zu kommen. Viel mehr Zeit als ich zu schreiben begann. Anfangs lich. Einen Notgroschen wäre mir diese Dieter Mack 25 offenbar als die jungen, übers Inter- ausschließlich Gedichte. Mir war voll- Sorge allemal wert. Ich verausgabte ihn, Recht net sozialisierten Leute. Solange ich kommen klar und einleuchtend, dass wenn ich’s recht bedenke, viel lieber in Selbstbezüglich und nicht auf dem Altenteil sitze, möchte ich davon niemals würde leben kön- Bildung und Erziehung als in Wertmar- Arbeit von Galerien eingeigelt? ich dieses Recht auf Zeit haben, und nen, und damit hatte ich mich arran- ken für Kreativität. wird verkannt Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz 26 selbst als Kleinrentnerin steht es mir giert. Arbeitete stets vollberufstätig und Peter Raue und Friedhelm Unverdorben 10 zu, wenn ich es mir vermutlich auch gern als Psychologin, bis ich nach dem Kathrin Schmidt ist Buchpreis- nicht herausnehmen werde, dann noch Erhalt des ersten großen Lyrik-Preises, trägerin und Sprecherin der Die Kunst braucht einen Mediales darauf zu pochen. Mit ziemlicher Si- als Frau eines gut bezahlten öffentlich Deutschen Literaturkonferenz Rettungsschirm Werner Schaub 11 Die Häckselmaschine gerät ins Stottern 7 Prozent – mehr als nur ein Satz Lothar Fend 27 Klaus Gerrit Friese 11 Das Gesamtbild bleibt erhalten Jetzt nicht aufhören kulturelle bildung Wolfgang Schmitz 27 Deutscher Kulturrat fordert Bundesministerium für ­Arbeit Bündnisse für Bildung und Soziales auf, den Rentendialog fortzusetzen. Hildegard Bockhorst 12 Netzkultur er vom Bundesministerium für privater Vorsorge gering ist. Schade ist, Eckpunkte lassen aber noch viele Fra- Mommert meint Wenn Algorithmen Arbeit und Soziales (BMAS) dass das BMAS keine Sonderregelung gen offen. So sollen Selbständige, die Wilfried Mommert 12 Meinungen machen D initiierte Rentendialog wurde für in der Künstlersozialversicherung älter als 50 Jahre sind, gar nicht in die Stefan Herwig 28 im September 2011 aufgenommen und versicherte Künstler vorsieht. Diese neue Rentenversicherungspflicht für Mission kreative Schule war bis zur Vorlage des »Entwurfs eines Versichertengruppe kann die für den Selbständige einbezogen werden. Wei- Kristin Bäẞler 13 ACTA als Angriff auf die Gesetzes zur Anerkennung der Lebens- Bezug der Zuschussrente geforderten ter sollen sich Selbständige zwischen Netzneutralität leistung in der Rentenversicherung« Bedingungen kaum erfüllen, da die einer Rentenversicherung im Rahmen Kulturelle Bildung: Malte Behrmann 28 terminiert. Ende März 2012 fand daher Künstlersozialversicherung erst seit der gesetzlichen Rentenversicherung Kernaufgabe der Schule die letzte Sitzung statt. 1983 existiert. Leider hat das BMAS die Joachim Reiss 14 Die Basis ist bedroht Der Rentendialog hat sich als Ins­ Vorschläge des Deutschen Kulturrates, Der Rentendialog Helmut Hartung 29 trument zur Diskussion eines gesetzge- hier eine Sonderregelung für Künst- berischen Vorhabens im vorparlamen- ler zu finden, bislang noch nicht auf- hat sich bewährt. Kulturelles Leben Beschlossene Sache tarischen Raum bewährt. Im Rahmen genommen. Dabei gehören die in der Frank Simon-Ritz 29 des Rentendialogs konnten offen Än- Künstlersozialversicherung versicher- und einer privaten Rentenversicherung Luther 2017: derungsbedarf und Veränderungsvor- ten Künstler genau zu der Zielgruppe, entscheiden müssen. Unklar ist ferner, Für einen Häretiker Für ein zeitgemäßes schläge für gesetzgeberische Maßnah- für die die Zuschussrente gedacht ist, wie der Beitrag festgelegt werden soll. André Brie 15 Urheberrecht men diskutiert werden, die dann in den die Chance ihrer Einbeziehung sollte Ebenso ist zu befürchten, dass der der- Malte Spitz und 30 Referentenentwurf einfließen konnten. daher nicht vertan werden. zeit diskutierte Rentenversicherungs- Virtueller Raum für Kultur Weiteren Verbesserungsbedarf sieht Wie bereits bei der vorherigen Sit- betrag von 250 bis 350 Euro pro Monat Interview mit Richard C. Schneider 15 der Deutsche Kulturrat nach wie vor zung des Rentendialogs im November von vielen Selbstständigen nicht auf- Wissenswertes beim Vorschlag der Zuschussrente. 2011, wurde von den Teilnehmenden der gebracht werden kann. Bewegte Bilder, Mit der Zuschussrente soll die Rente Vorschlag des Ministeriums, eine Ren- Als Bilanz des Rentendialogs kann bewegende Bilder Was tun, wenn das Einkommen derjenigen aufgestockt werden, deren tenversicherungspflicht für Selbständi- gezogen werden: Der Rentendialog hat Andreas Kolb 16 nicht zum Leben reicht? Rente trotz langer Erwerbstätigkeit und ge einzuführen, begrüßt. Hier soll eine sich als Instrument bewährt. Es ist gut, Rainer Fuchs 31 Regelungslücke im bestehenden Sozial- dass das Arbeitsministerium so interes- Götterdämmerung auf der Asse versicherungssystem geschlossen wer- siert die Vorschläge von den Verbänden Georg Ruppelt 16 Blätterrauschen: kultur politik den. Viele Selbständige gerade auch aus aufgenommen und mit Blick auf die Al- Andrea Wenger 31 Der Ausblick 4 12 dem Kulturbereich haben keine ausrei- terssicherung der Selbständigen in ihre Kulturmensch 16 chende Alterssicherung. Der Deutsche Vorschläge zur Rentenreform eingear- Die nächste Politik & Kultur Kulturrat hat in seiner Stellungnahme beitet hat. Schade ist allerdings, dass das Letzte erscheint am 1. Juli 2012. »Beim Zuschussrentenmodell besteht jetzt der Rentendialog zu Ende sein soll. Thema Es wird wieder die Beilage »Islam noch Klärungs- und Verbesserungsbe- Es wäre wünschenswert, dass das BMAS Kurz-Schluss Kultur Politik« beigefügt sein. Dies- darf – Stellungnahme des Deutschen den Dialog fortführt und die Vorschläge Kultur Auswärts: Theo Geißler 32 mal geht es um die Frage der mus­ Kulturrates zur geplanten Zuschuss- in den anstehenden Gesetzesentwurf limischen Zivilgesellschaft. Gibt es rente« gefordert, dass Modelle zur zur Rentenversicherung für Selbststän- Paradigmenwechsel Kurznachrichten 32 sie? Wie ist sie organisiert? Unter- Integration von Selbständigen in die dige aufnimmt. in der Kulturpolitik scheidet sie sich von anderen zivil­ Rentenversicherung gefunden werden Ronald Grätz und Olaf Zimmermann 17 Impressum 32 gesellschaftlichen Gruppen? müssen. Die vom BMAS vorgestellten Deutscher Kulturrat Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 aktuelles 03 com . / P hotocase / anni _B as : D : F oto Gibt es zu viel öffentlich finanzierte Kultur? Bleiben die Ränge bald leer? Der Streit darüber, wie viel und welche »Kultur« finanziert werden sollte, ist voll entbrannt.

Vom Vätermord bis zur Realitätsverweigerung Über den gewollten wie eingetretenen Eklat, den die Veröffentlichung des Buches über den Kulturinfarkt bewirkt hat

Von Olaf Zimmermann Sind also tatsächlich alle Bemühungen am Besuch der Einrichtung haben? ge der Kunden reagiert. Ebenso klar ist bleiben. Im Gegenteil, der Vorschlag, die der letzten Jahrzehnte mittels kultu- Selbstverständlich gibt es Einrichtun- aber auch, dass Nachfrage oftmals erst Zahl der Kultureinrichtungen auf die on Allem zu viel und überall reller Bildung, beispielsweise der The- gen, die vor sich hindümpeln nach dem generiert werden muss. Wer sich ein Hälfte zu reduzieren, wird von Haus- das Gleiche, so untertitelten ater- oder Museumspädagogik, neue Motto: Am besten, mich stört keiner. bisschen mit dem Kunstmarkt befasst haltspolitikern, jetzt vermeintlich Dieter Haselbach, Armin Klein, Bevölkerungsgruppen zu erreichen, Doch diese stellen eher die Ausnahme merkt sehr schnell, dass die Kunst des wissenschaftlich sanktioniert, wohl Pius Knüsel und Stephan gescheitert? als die Regel dar. Viele Einrichtungen Galeristen darin besteht, Menschen et- in Zukunft öfter zu hören sein. Der V Opitz ihr im März 2012 erschienenes Ich bin fest davon überzeugt, dass beforschen ihre Besucher, erfragen, was was zu verkaufen, das sie bislang noch nachgeschobene Halbsatz der Autoren, Buch und präsentierten fünf Therapien das mitnichten der Fall ist. Der Slogan ankommt und was nicht. Sogar Nicht- nicht nachgefragt haben. Aber nicht dass die freiwerdenden Mittel den ver- gegen den »Kulturinfarkt«. Viele Fragen, »Kultur für alle« kann in die allgemei- Nutzer-Befragungen werden in Auftrag nur auf dem unwirtlichen Boden des bleibenden Einrichtungen und neuen die sie in dem Buch gestellt haben, sind ne Bildungsexpansion der 1970er-Jahre gegeben, um zu ergründen, warum kulturwirtschaftlichen Überlebens- Förderschwerpunkten zu Gute kommen richtig und wichtig, ihre Antworten sind eingeordnet werden. Stichworte dieser Teile der Bevölkerung wegbleiben. In kampfs mutet der von den Buchauto- sollten, wird aber, so ist zu befürchten, aber eher sonderlich. Eine Polemik soll Bildungsexpansion sind die Gründung den kulturpolitischen Zeitungen und ren als neu verkaufte Schlauch Wein keinen Widerhall finden. Er ist, ehrlich das Buch sein und wie es sich für eine einer Reihe von Universitäten im Ruhr- Zeitschriften finden rege Debatten und als alt an. Die Debatte um den Doppel- gesagt, auch naiv. richtige Polemik gehört, wird ordentlich gebiet und anderswo, der vermehrte Diskussionen zur kulturellen Bildung, charakter von Kulturgütern als Kultur- Schade ist ebenfalls, dass die eigent- und vor allem undifferenziert ausgeteilt. Zugang von Kindern aus, wie man zur Kulturvermittlung, zum Publikum, und Wirtschaftsgut ist spätestens seit lichen Diskurse, die in der Kulturpolitik In den vergangenen 40 Jahren hätte es heute sagt, bildungsfernen Schichten zur Besucherforschung usw. statt. Die den GATS-Verhandlungen in Seattle gegenwärtig geführt werden, kaum an- eine »kulturelle Flutung« gegeben, der zum Gymnasium, die Expansion der Einrichtungen selbst debattieren in in den 1990er-Jahren in der Kulturpo- gesprochen werden. Fragen danach, wie Kulturbereich sei Dank öffentlicher För- Weiterbildung und vieles andere mehr. den Fachkreisen neue Wege zur Öff- litik angekommen und hat letztlich nämlich mit der Herausforderung der derung bequem und verfettet geworden, Sicher: So mancher Traum der kühnen nung gegenüber neuen Nutzergruppen. zur immerhin schon fünf Jahre alten Digitalisierung umgegangen werden der Kulturinfarkt drohe, so die Autoren. Planer hat sich nicht erfüllt, insgesamt Hier spielen interkulturelle Ansätze »UNESCO-Konvention zum Schutz und soll und wie in einer älter werdenden Wer das Buch liest, gewinnt eher den ist jedoch festzustellen, dass ein viel eine entscheidende Rolle. Dies alles zur Förderung der Vielfalt kultureller Gesellschaft mit einer schrumpfen- Eindruck, die Autoren litten an Bulimie, größerer Teil der Bevölkerung Zugang zu ignorieren und dem Kulturbereich Ausdrucksformen« geführt. den Bevölkerung und einem prozen- als dass eine ernsthafte Auseinander- zu Bildung und Kultur gefunden hat als Ganzem zu unterstellen, er habe es Neben dem Vatermord herrscht in tual höheren Bevölkerungsanteil von setzung mit den kulturpolitischen Re- als es noch in den 1950er- oder 1960er- sich auf dem Sofa der Kulturförderung dem Buch »Der Kulturinfarkt« eine Menschen mit einer Zuwanderungs- alitäten erfolgen soll. Alles wird einmal Jahren der Fall war. Und auch ich ver- bequem gemacht und warte nur auf den merkwürdige Sehnsucht nach Licht- geschichte die kulturelle Infrastruktur so richtig »ausgekotzt«. danke dieser Bildungsexpansion über allfälligen Scheck der stetig nach dem gestalten. Es wird beklagt, dass zu viele aussehen muss. Beide Herausforderun- Wie es sich für eine richtige Polemik den sogenannten zweiten Bildungsweg Gießkannenprinzip verteilten Kultur- Entscheidungen in Jurys und in Gremi- gen, der demografische Wandel und die gehört, muss als erstes ein Vatermord die Hochschulreife und letztlich den förderung, ist schlichtweg falsch und en getroffen werden, statt einer Person Digitalisierung, werden innerhalb und erfolgen. Hilmar Hoffmann, legendärer Zugang zur Kultur. Gut ausgebildete zeugt von einer Ignoranz gegenüber autokratisch auf Zeit die Möglichkeit außerhalb des Kulturbetriebs heftig und Frankfurter Kulturdezernent, der die Menschen werden gerade heute drin- den Reflexionen des Kulturbetriebs. zu geben, Kultur zu gestalten. Die vor- teils äußerst kontrovers diskutiert. Ins- Debatten zu Beginn der 1970er-Jahre gend benötigt, will Deutschland nicht Doch zurück zum Vatermord. Der demokratischen Attitüden, die immer besondere zwischen der sogenannten über die erforderliche Öffnung und den Anschluss in der zunehmend durch zweite Vater, der dran glauben muss- wieder durchscheinen, stehen in einem Netzpolitik und der Kulturpolitik findet Demokratisierung des Kulturbetriebs Wissen und Digitalisierung geprägten te, ist Theodor W. Adorno. Das Alter merkwürdigen Kontrast zu der immer aktuell ein Generationenkonflikt statt. in der Formel »Kultur für alle« auf den der Autoren legt nahe, dass in ihrer wieder eingeforderten Nachfrage- und Und das ist auch gut so. Jede Generation Punkt brachte, ist der erste der Väter, Studienzeit die Schriften von Adorno Marktorientierung. muss ihren Platz in den kulturpoliti- der dran glauben muss. Zunächst wird Reflexionen des zum Kanon gehören mussten. Abge- Tragisch ist aber vor allem, dass aus schen Debatten finden und behaupten. ihm attestiert, dass »Kultur für alle« nur arbeitet haben sie sich insbesondere dem offenkundig vorhandenen Bedürf- Es wird immer wieder neu ausgehandelt, ein müder Abklatsch der politischen Kulturbetriebes an dem Verdikt von Adorno über die nis, endlich einmal alles sagen zu wol- wer der aktuelle Platzhirsch ist. Forderung nach »Bildung für alle« sei wurden ignoriert. Kulturindustrie. Die Schriften von len, was sonst heruntergeschluckt wur- Platte Polemiken, wie Dieter Hasel- und dann wird das gesamte Konzept als Adorno werden als eine der Ursachen de, letztlich ein inkonsistenter, unver- bach, Armin Klein, Pius Knüsel und Ste- gescheitert beurteilt. Das Publikum hat gesehen, dass sich in Deutschland und daulicher Brei voller Widersprüche her- phan Opitz sie in ihrem Buch präsentiert sich, so die Autoren, keineswegs ver- Welt verlieren. Nach wie vor kann die in Europa keine der US-amerikanischen ausgekommen ist. Das ist schade, denn haben, helfen bei diesen teils existen- größert, sondern nach wie vor besucht Nachfrage beispielsweise an kultureller vergleichbare Kulturindustrie entwi- viele einzelne Aussagen sind durchaus tiellen Debatten aber nicht weiter. Die vor allem das Bildungsbürgertum die Bildung nicht gedeckt werden. Trotz ckeln konnte. Haselbach, Klein, Knü- richtig, wenn auch keineswegs neu. Lösungen sind eben nicht so einfach, wie Kultureinrichtungen. Da dieses Bil- einer deutlichen Expansion der Musik- sel und Opitz machen nun Schluss mit Dass beispielsweise das Zuwendungs- uns die Autoren mit ihrer Forderung, die dungsbürgertum aber zahlenmäßig im- schulen in Deutschland stehen 100.000 den Vorurteilen und fordern eine markt- recht ein Hemmnis für die Entwicklung Hälfte aller Kultureinrichtungen schlie- mer mehr schrumpft, wird die Gruppe Interessenten auf den Wartelisten. orientierte Kulturindustrie, die endlich sowohl des Kulturbereiches als auch der ßen zu wollen, um die freiwerdenden an Kulturnutzern immer kleiner. Nun Und haben sich die Kultureinrich- erkennt, dass Kunst auch Ware ist. End- öffentlich-geförderten Institutionen Mittel dann anderen zu geben, weiß ma- ist es gewiss keine Neuigkeit, wenn tungen nicht unglaublich gewandelt, lich aufgewacht, möchte man den Au- der Zivilgesellschaft ist, ist ein alter chen wollen. Der Umbau des Kulturbe- festgestellt wird, dass Kultur ein Dis­ wenden Ausstellungsmacher und toren zurufen. Jeder, der in der Kultur- Hut. Zwei Enquete-Kommissionen des reiches findet schon seit vielen Jahren in tinktionsmerkmal ist, und niemand Verantwortliche in Museen nicht viel wirtschaft tätig war und ist, weiß, dass Deutschen Bundestages haben hierzu Deutschland statt, es ist eine Tragik für braucht mehr Pierre Bourdieu, um die- Mühe darauf, Ausstellungen so zu Kunst auch Ware ist. Ich selbst habe entsprechende Änderungsvorschläge die Autoren, dass sie diese Entwicklun- ses zu analysieren. Ein Feldversuch in präsentieren, dass ganz verschiede- den größten Teil meines Berufslebens vorgebracht, die leider bislang ungehört gen nicht wahrnehmen wollen. der Bayerischen Staatsoper oder einer ne Besuchergruppen mit einem sehr im Kunsthandel gearbeitet und weiß verhallt sind. anderen Großkultureinrichtung wird unterschiedlichen Hintergrundwissen daher aus eigener Anschauung, dass Es steht zu befürchten, dass die stei- Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer zu einem ähnlichen Ergebnis führen. und unterschiedlichen Sprachen Spaß die Kulturwirtschaft auf die Nachfra- len Thesen der Autoren nicht unerhört des Deutschen Kulturrates 04 Inland www.politikundkultur.net

»Weg vom Ensembletheater hin zu einem europaweit vernetzten Koproduktions- Zimmerwarme Kunst system«, sagen die Autoren von »Der Kulturinfarkt«. Aber warum soll das eine Wie in den Niederlanden die Kulturpolitik apolitisiert wurde das andere bedingen? Im März waren die und was das für Auswirkungen auf den Kulturbetrieb hat Münchner Kammerspiele in Amsterdam, um in der »Stadsschouwburg« eine Wo- Johan Simons Politik entstanden. Fatal, weil die Politi- freien Marktwirtschaft tun. Welche Kri- Die Behaup- che lang Vorstellungen zu spielen, De- ker sich nicht mehr stark machten für die terien würde der »Markt« wohl als rele- tung, eine Un- batten zu organisieren, mit Studenten n den Niederlanden, wo ich herkom- Sache der Kunst, das mussten die Künst- vant akzeptieren? Der Abnehmer würde zu arbeiten, sich mit niederländischen me, wird vom 1. Januar 2013 an in den ler selbst. Die Gesellschaft hörte auf, sich nur »liebevoll und trostreich« als relevant terwerfung der Kollegen auszutauschen. Wir waren mit I Künsten ein regelrechter Kahlschlag mit Kunst und deren Notwendigkeit aus- akzeptieren. Das Unwirtliche würde keine Kunst unter einhundert Mitarbeitern, Technikern und stattfinden. Die Regierung wird fast ein einanderzusetzen. Stattdessen entstand Chance mehr bekommen. Das Irrationale die ­Gesetze der Schauspielern dort, eine enorme Investi- Viertel der Kultursubventionen einspa- davon losgelöst eine polemische Debatte als Ladenhüter im Schaufenster liegen tion in Menschen und Mittel. Was war es, ren, in Zahlen 200 von bisher 900 Milli- über die Mittel selbst: Ist es notwendig, bleiben. Das Eiskalte würde wohl schmel- freien Markt- das unsere Anwesenheit dort legitimier- onen Euro. Hinzu kommen umfängliche so viele öffentliche Gelder für die Kunst zen: alles zimmerwarm. Die Behauptung, wirtschaft er- te? Die ausverkauften Vorstellungen? Ja, Einsparungen in Städten und Provinzen. auszugeben? Soll die Kunst sich nicht eine Unterwerfung der Kunst unter die Ge- zeuge stärkere, bestimmt. Die Menge an Zeitungsartikeln Das bedeutet: Von den heutigen zehn Or- besser dem Markt unterwerfen? Wäh- setze der freien Marktwirtschaft erzeuge kompetitivere und Rundfunkbeiträgen? Auch das. Aber chestern bleiben vier übrig. Die Anzahl rend die Künstler ihre Autonomie feier- stärkere, kompetitivere und vielfältigere vor allem wurde dieses Austauschprojekt an Tanzcompagnien sinkt von sieben ten, stellte man immer lautere Fragen Kulturprodukte, kann ich nicht glauben. und vielfältigere von Dingen legitimiert, die sich nicht in auf vier. Weltbekannte postakademische über ihren Geldbedarf, Künstler wurden Man kann doch nicht leugnen, dass die Kulturprodukte, Zahlen beschreiben lassen. Wir haben ein Ausbildungen, wie die »Rijksacademie«, suspekt, wurden Profiteure, linke Hobby- freie Marktwirtschaft mehr und mehr kann ich nicht Theatermodell gezeigt, das der nieder- die jedes Jahr Dutzende Toptalente in isten, Subventionsjunkies genannt. Der lauwarmen Einheitsbrei produziert. Was glauben. ländischen Theaterpraxis fremd ist und die Niederlande ziehen, verschwinden. Kahlschlag ab 2013 ist eine direkte Folge Geld einbringen soll, muss auf die Masse als inspirierend erfahren wurde. Eine Die Tatsache, dass es vor allem die klei- dieser Entwicklung. Und so verschwindet abgestimmt werden. Auf dem Umschlag Woche lang spielte unser Ensemble von nen Compagnien und jungen Künstler sind, ein feingestreutes Netzwerk von den euro- von /Der//Kulturinfarkt/ steht: »Von Al- dreißig Schauspielern ein vielfältiges Re- die im Ausland bekannt sind und Furore päischen Bühnen. Ein einst idealistischer, lem zu viel und überall das Gleiche.« Die- pertoire, meist diverse Inszenierungen. machen, hat den Staat dabei nicht beein- befreiender Gedanke mutierte zu einem se Analyse hat mich ehrlich bestürzt. Sie Ein risikoreicher, innovativer Spielplan druckt. Sie verlieren im neuen Subventi- neoliberalen Gedanken: »Es ist nicht die trifft für mich gerade nicht auf die Küns- kann nur durch ein Ensemble mit Schau- ohlmann P : A ndreas : F oto Blick in den Zuschauerraum der Münchner Kammerspiele onssystem jede Chance, sich in einer ge- Gesellschaft, die die Kunst versorgen soll, te zu, sondern eher auf die Produkte der spielerinnen und Schauspielern entste- schützten Umgebung zu entwickeln. Wie es ist die Kunst, die ihren Existenzgrund Marktwirtschaft. Kommerzielle Fern- hen, die einander kennen und vertrauen, ist es möglich, dass die niederländische in einem kommerziellen Rahmen bewei- sehkanäle in ganz Europa sind einander die einander herausfordern, die den Mut Politik widerstandslos so hart und gnaden- sen muss; anhand von Besucherzahlen, sehr ähnlich. In jedem Land sieht man haben, hässlich füreinander zu sein. Ein los dem Kunstsektor Existenzgrundlagen eigenen Einnahmen, der Fähigkeit zur die gleichen Talentshows, oft von mei- Ensemble ist ein Körper mit einer eigenen entziehen kann? Selbsthilfe, Innovation, Ausstrahlung«. nem Landsmann John de Mol stammend. Farbe und Klang, mit dem ein Publikum Zum Vergleich: Als hier in Deutschland Was ich so bewundere am deutschen Sys- Als wir neulich mit einer Vorstellung auf sich verbinden kann. das Buch »Der Kulturinfarkt« von Dieter tem der Kulturförderung ist genau die einem Festival in Peking zu Gast waren, Für jede Institution, auch in den Küns- Haselbach, Armin Klein, Pius Knüsel und starke Verbindung zwischen Kunst und der habe ich Schaufensterpuppen gesehen, die ten, besteht die Gefahr, selbstreferenti- Stephan Opitz veröffentlicht wurde, brach demokratisch legitimierten Politik. Meine wie David Beckham aussahen, und Plaka- ell zu werden. Es ist meine Überzeugung, sofort ein Sturm an Reaktionen von den Ernennung als Intendant der Münchner te, auf denen weiße Männer für westliche dass es auch möglich ist, das Zentrum Politikern und den Intellektuellen los. Kammerspiele ist eine politische Beru- Autos warben. Der globale Markt in seiner der Referenz außerhalb von uns selbst Thesen des Buches, dass die Künste sich fung. Ich schulde zunächst der Stadt, die vollen Wirkung. Was am Markt bestehen anzulegen, nämlich in der Gesellschaft, weniger abhängig von der Politik machen mich ernannt hat, Verantwortung. Wenn soll, muss für die größtmögliche Nachfra- zu der wir Künstler einen Beitrag liefern und sich mehr den Gesetzen des freien ich es nicht gut machen würde, wenn die ge designt werden. Ich finde das ein be- möchten. Wir sollten den Mut haben, uns Marktes unterwerfen sollen, eröffneten Feuilletons nicht über uns schreiben, wenn ängstigendes Bild, wenn auch die Künste selbst offen und verletzbar gegenüber der einen gesellschaftlichen Diskurs, der so zu wenig Zuschauer ins Theater kommen, dazu verurteilt werden. Die Politik ist eine Welt zu zeigen. schnell nicht aufhören wird. muss ich gehen. Es wird ein neuer Inten- bessere Herberge für die Künste, als die Wenn in den Kammerspielen Briefe von Ganz anders in meiner Heimat: Nach dant kommen, aber die finanzielle Existenz freie Marktwirtschaft. Zuschauern ankommen, bestehe ich darauf, der Bekanntmachung des Kahlschlags des Hauses, der Institution bleibt gesichert. Die Kunst findet ihr Existenzrecht in diese persönlich zu beantworten. Besucher, in den Niederlanden schwieg die Politik In den Niederlanden ist das anders, da ist der Reflexion über die Welt, in der wir die ihr Abonnement kündigen, rufe ich und die Bürger machten ihren Mund nicht die Zuerkennung von Subventionen oft leben. Sie gibt dieser Reflexion auf eine manchmal selbst an, um zu fragen, war- auf. Wie ist es so weit gekommen? In den mit Individuen verbunden. ganz eigene Weise Form. Der Kunst dürfen um sie sich von uns verabschieden. Auch 1960er-Jahren ist es den niederländischen Jährlich muss ich unseren Spielplan und müssen die allerhöchsten Ansprüche wenn sie bei ihrem Beschluss bleiben: Künstlern ermöglicht worden, in selbstver- den Politikern vorlegen, bevor ich ihn gestellt werden. Organisationsmodell, Fle- Überrascht von meinem Anruf finden sie walteten Gremien zu entscheiden, nach der Öffentlichkeit vorstelle. Das heißt xibilität, Transparenz, Teilnahme an der es tapfer, sie erzählen ihren Familien und welchen Qualitätskriterien beurteilt wer- nicht, dass die Politik in den Spielplan gesellschaftlichen Debatte, Innovation – Freunden darüber. Im Theater herrscht ein den sollte, wer subventioniert wird und wer eingreift und diktiert, welche Stücke wir es soll alles zur Diskussion stehen. Aber persönlicher Umgang miteinander, es gibt nicht. Das wurde als ein großer Verdienst spielen sollen. Es heißt, dass ich mich bei diese Diskussion kann unmöglich nur keine Anonymität. Man ist zusammen mit betrachtet, als ein Schritt zur Autonomie den Vertretern der Bürger verantworten mit Zahlen oder Kategorien des Marktes den Menschen auf der Bühne, aber auch der Kunst. Die Entscheidung über Subven- muss, warum unser Repertoire für unsere geführt werden. Im Rahmen der Kunst mit jedem Einzelnen im Saal. Theater ist tionen wurde unabhängig von der Politik Zeit relevant ist. Wir entscheiden uns für kann sehr viel beziffert werden, das hat kein Massenmedium. Und das ist seine getroffen. Die Politiker durften nur noch einen Spielplan, der zum Teil unwirtlich, die Institutionen auch zu einer großen Kraft. Zuwendungsbescheide unterzeichnen, irrational, risikoreich, eiskalt, dämonisch Effizienz gebracht und sie muss für einen ohne weitere Diskussionen über Inhalt ist, zum Teil aber auch liebevoll und trost- verantwortungsvollen Umgang mit öffent- Johan Simons ist Intendant der oder Ästhetik, oder über die Verbindung reich. lichen Geldern gerade stehen. Aber das Münchner Kammerspiele zwischen Kunst und Gesellschaft. Wenn ich vertrete, warum das unserer Herz der Sache, das, was ein Kunstwerk Meiner Meinung nach ist damals eine Meinung nach relevant und wichtig ist, relevant und einzigartig macht, das ist Zuerst erschienen in der Süddeutschen fatale Entfremdung zwischen Kunst und würde ich das ungern gegenüber einer einfach nicht zu beziffern. Zeitung (Nr. 84 vom 11. April 2012) Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 inland 05

Bildungsbürgertum, Künste und die Politik Schwindendes Bildungsbürgertum als Chance für Abkehr von kunstreligiöser Ideologie

Max Fuchs Gleichzeitig setzt sich die Erkenntnis wird. Offenbar hat der Erfolg dieser durch, dass das (Bildungs-)Bürgertum bildungsbürgerlichen Semantik damit eutschlands Weg in die kul- als tragende Schicht der Kultureinrich- zu tun, dass ein bestimmter Bildungs- turelle, soziale und politi- tungen verschwindet und – sofern noch und Kulturdiskurs nach wie vor auch sche Moderne hatte einige vorhanden – diese nicht mehr in dem von denjenigen als hegemonial akzep- Stolpersteine. Während es Maße für seine Identitätsbildung oder tiert wird, die nie daran dächten, ihn D im Bereich der ökonomischen Moder- zur Kompensation der angesproche- in ihrem eigenen Leben zu realisieren. nisierung gelang, sich in der zweiten nen Verluste braucht. Diese Einsicht An dieser Stelle sind die – meines Er- Hälfte des 19. Jahrhunderts durchaus ist in mehrfacher Hinsicht hochre- achtens zu Unrecht in der Fachwelt forciert durch die erheblichen Repa- levant, wenn es um die Legitimation hart kritisierten – Bücher von Diet- rationszahlungen Frankreichs nach der Kulturausgaben, oder – vielleicht rich Schwanitz (vor allem »Bildung«) dem Deutsch-Französischen Krieg noch grundlegender – um die Bewer- aufschlussreich, weil er sehr präzise 1870/1872 – einen Platz unter den tung der Rolle der Künste im Leben der beschreibt, welches Bildungswissen in führenden Nationen weltweit zu er- Menschen geht. Daher einige Hinwei- welchen Kontexten gezeigt werden darf kämpfen (»Gründerzeit«), blieb in den se zur weiteren Entwicklung. Bereits – und welches nicht. Allerdings lockert Feldern des Kulturellen, des Sozialen rund um die Jahrhundertwende 1900 sich offenbar zur Zeit der enge Zusam- und vor allem des Politischen die Mo- menhang von ästhetischer Präferenz dernisierung erheblich zurück: Das po- und sozialer Zugehörigkeit. So wird litisch chronisch erfolglose Bürgertum Das Bildungsbürger- es immer normaler, dass der Einzelne hatte bei keiner der Revolutionen und tum verschwindet sich ungeniert zu sehr unterschiedli- Reformen einen anderen westlichen immer mehr aus unse- chen Geschmacksrichtungen beken- Nationen vergleichbaren Platz an der nen kann, ohne Sanktionen riskieren Macht erobern können. Das Wilhelmi- rer Gesellschaft. zu müssen. Dies ist es, was zeitkritisch nische Kaiserreich bietet daher eine als Traditionsbruch kommentiert wird: eigenartige Mischung von fortschritt- entsteht eine kulturelle Moderne aus Es gibt keine gemeinsamen kulturellen licher Wissenschaft und einem Bürger- dem Bürgertum, diese stellt jedoch mit Ereignisse mehr, auf die man sich in der tum, dessen höchste Auszeichnung die ihrem eigenen Anspruch auf kulturel- Gemeinschaft beziehen kann. Verleihung eines Adelstitels war. Der le Hegemonie das Bürgertum in Frage: Diese Problematik, nämlich eine so- konservative Historiker Thomas Nip- Antibürgerlichkeit wird eine wichtige ziale Funktionalität von Kulturbegriff- perdey versuchte zwar, dem Eindruck Tendenz. Es entsteht eine Gemengelage lichkeit und Bildungsverständnis, zeigt einer auf der ganzen Linie rückstän- im Mentalitätshaushalt der Deutschen, sich auch und gerade am Kernbereich digen Gesellschaft entgegenzuwirken, die zwischen Fortschrittseuphorie, Im- der Kultur, den Künsten. Eigentlich indem er darauf hinwies, sie sei eine perialismus und antimodernen Res- könnte man es mit wenig Lektüremühe dynamische Leistungsgesellschaft, ge- sentiments schwankt. Gerade aus dem wissen: Auch das, was als anerkannte prägt von kultureller Liberalität, regio- Bildungsbürgertum mit seinen »Man- oder legitime Kunst gilt, entsteht in nal ausdifferenziert, politisch-kritisch darinen«, den Großwissenschaftlern in komplexen Diskursprozessen, entsteht om .C mit einer Vielzahl von Reformbewe- den Geistes- und Gesellschaftswissen- in einem kleinen ästhetischen Feld von gungen (Nachdenken, 1991, S. 212 ff.). schaften, aber auch in den Kunstsze- sozial anerkannten Experten (Künst- Doch verwenden kulturgeschichtliche nen im Umkreis einer »konservativen ler, Museumsleiter, Kuratoren, Kritiker,

Darstellungen (zum Beispiel Glaser: Revolution« (S. Breuer), blühen und Kunstakademien, Kulturjournalismus, P hotocase / Kultur, 1984, S. 7 ff.) andere Kategorien: gedeihen Blut- und Bodenideologien, Sammler etc.). In dem gleichen Ent-

Verwirrung aufgrund von Sinnverlust; Modernefeindschaft, Nationalismus wicklungsprozess des 19. Jahrhunderts, allejipp Verängstigung angesichts des Verlustes und Rassismus. Das Bürgertum ist der oben angesprochen wurde, entsteht K : religiöser Gewissheit; Verlust der Ge- bereits vor der Machtübergabe an die das, was man »Kunstreligion« nennt: F oto borgenheit angesichts des Fortschritts. Nationalsozialisten gespalten. eine Sakralisierung der Künste und Verlusterfahrung scheint eine zutref- Nach dem Zweiten Weltkrieg war (zum Teil) der Künstler. Helmut Pless- fende Signatur des Zeitalters zu sein. die »Amerikanisierung« ein Stein des ner führt in seiner fulminanten Analyse kulturellen Bildung gesagt wird, dass wird, so G. Bollenbeck (Tradition, 1999, Doch immerhin gelingt es dem Bil- Anstoßes für eine konservative Zeitkri- der »verspäteten Nation« diese Haltung die professionelle Kunst ein, vielleicht S. 350) »über Künste debattiert – mit dungsbürgertum, im kulturellen Feld tik; insgesamt wurde jedoch die Libe- auf einen »säkularisierten Protestantis- sogar das wichtigste Referenzsystem marktkonformem Kalkül, fröhlichem mit seinen Vorstellungen die Hegemo- ralisierung und Demokratisierung der mus« zurück: die Übernahme religiöser für ästhetische Bildungsprozesse ist, Nihilismus oder aufklärerischem Ernst. nie zu erreichen – auch als Kompen- (west-)deutschen Gesellschaft akzep- Funktionen durch eine innerweltliche dann besteht durchaus die Gefahr ei- So unterschiedlich die Entwürfe auch sation für den verlorenen Kampf um tiert. Man kann dies an der wachsen- Kultur. Dies ist dann auch der mentale ner Ontologisierung von Vorgängen, ausfallen, populistisch oder elitär, politische Teilhabe. Diese kulturelle den Akzeptanz der populären Kultur Boden, auf dem die Konzeption eines die eigentlich sozial-kulturelle Kons- spielerisch-kompensatorisch oder Hegemonie drückt sich nicht nur in zeigen, die alle Gesellschaftsschichten »Kulturstaates« gedeiht: die öffentli- truktionen sind. Dies liegt daran, dass kathartisch-lebensverändernd, die erreicht. Auch haben die antimoder- che Finanzierung bildungsbürgerlicher man niemals über Gegenstände und Wertungs- und Ordnungsvorstellungen nen Ressentiments, die wesentlich zu Kultureinrichtungen. Der Künstler war Prozesse unmittelbar kommuniziert, einer spezifisch deutschen bildungs- einer Distanz vieler Intellektueller ge- dabei stets beides: ideale Verkörperung sondern stets über – meist wenig re- bürgerlichen Kunstsemantik haben Kulturelle Hegemonie gen die Weimarer Demokratie geführt des bürgerlichen Ideals individueller flektierte – Alltagstheorien, die man ihre Wirkungsmacht verloren.« statt Politik und dadurch den Aufstieg des Natio- Subjektivität, aber auch – mit wohli- von diesen hat. Und diese sind oft Die bedrohlich erscheinende Pu- nalsozialismus begünstigt haben, kei- gem Abscheu betrachtet, aber letztlich genug ideologisch imprägniert. Zu- blikumssituation bietet vor diesem ne vergleichbare Verbreitung mehr in verachtetem – Vertreter einer Bohème, dem ist zu fragen: Welche Kunst ist Hintergrund erhebliche Chancen, die einer Durchsetzung eigener ästheti- Nachkriegsdeutschland: Die westliche die sich den Regeln bürgerlicher Wohl- hierbei das gültige Referenzsystem: existentielle Bedeutsamkeit der Künste scher Präferenzen und Standards in den Moderne ist endlich angekommen, ob- anständigkeit entzieht. die traditionelle Kunst oder eine der nunmehr in den Vordergrund treten zu maßgeblichen Inhalten der Künste aus: wohl es ein »weiter Weg nach Westen« Aufgrund der Auflösung des engen Strömungen, die ihre Vorgängerströ- lassen. Nötig wäre jedoch eine Entsa- Auch die neuen Theater und Konzertsä- (H. A. Winkler) war. Damit wird jedoch Zusammenhangs von Geschmack und mungen als veraltet oder gar als falsch kralisierung und Entmythologisierung le, die Museen und der Literaturbetrieb zugleich der bildungsbürgerliche Ka- sozialer Zugehörigkeit, was gleichzei- der Künste. Denn sonst könnte es sein, belegen diesen Erfolg. Das Bildungsbür- non und das hegemoniale bildungsbür- tig ein Ende einer sozialstrukturellen dass viele der energischsten Kunstan- gertum, obwohl es um 1914 nur einen gerliche Kulturverständnis insgesamt Funktionalisierung der Künste be- Beharrungsver- hänger heute aufgrund fehlgeleiteter Anteil von einem Prozent der Bevöl- relativiert. Der Publikumsschwund in deuten könnte, wäre eigentlich jetzt mögen kunstreligiöser Argumentationsweisen diejenigen sind, kerung ausmachte, dominiert mit sei- Kultureinrichtungen wird inzwischen die Chance gegeben, andere, humane Auffassungen die eine intensive Nutzung der Poten- nen Deutungsmustern »Bildung« und offen in fast allen einschlägigen Kul- und entwicklungsfördernde Wirkun- tiale der Künste verhindern. Die Chan- »Kultur« die kulturelle Öffentlichkeit turzeitschriften mit dieser Entwicklung gen der Künste in den Vordergrund zu ce besteht also gerade angesichts der zum Teil bis heute. Inhaltlich enthalten in Verbindung gebracht. stellen. Allerdings geht dieser Prozess oder sogar als Nicht-Kunst nachwei- Krise des Publikums, »Kunst für alle« diese Deutungsmuster die »Vorstellung Das heutige Schwinden des Bür- doch nicht so schnell, wie es wün- sen wollen? Über welche Sparte redet als realistisches kultur- und bildungs- einer idealistischen Ästhetik, die den gertums als Träger von Einrichtungen, schenswert wäre. Denn obwohl die man? Wie reflektiert man bei diesem politisches Programm durchzusetzen. Produzenten als Schöpfer oder Genie, die einem solchen Kulturverständnis Trägergruppe schwindet, hält sich im Bezug auf die Künste deren komplexe Allerdings wird dies nicht zum Nullta- das Werk als autonom und zeitentho- verpflichtet sind, ist aber keineswegs Diskurs und in den Mentalitäten der gesellschaftliche Konstitutionsprozes- rif gelingen: Alle zugeschriebenen hu- ben, ganzheitlich und schön bestimmt; eine neue Erscheinung, sondern prägt Menschen durchaus noch ein Restbe- se und was bedeuten diese für die Gül- manen Möglichkeiten der Künste sind eine Ästhetik, die von Rezipienten insgesamt die Geschichte der Bundesre- stand überkommener kunstreligiöser tigkeit der angenommenen Wertigkeit? zunächst einmal nur »Versprechun- Versenkung und Einfühlung verlangt, publik seit Jahrzehnten. Es reicht sogar Kunstauffassungen. Dies gilt speziell So einfach ist es also nicht, »Kunst« gen des Ästhetischen« (Y. Ehrenspeck), damit ihn das Kunstwerk erhelle und überraschend weit zurück. Nicht zuletzt für die Politik und die Pädagogik. Und als zentrales Referenzsystem für die solange sie nur behauptet und nicht entzücke« (Bollenbeck, Tradition, 1999, die Generationsstudien von Albrecht es gilt umso mehr, je mehr man sich kulturelle Bildung zu nehmen. Denn belegt sind. Unterlässt man Bemühun- S. 29 f.). Nur schade, dass die reale Ent- Göschel zeigen dieses Aufweichen eines der Erkenntnis der sozialen Funktionen dann darf man nicht die innerkünstle- gen eines Nachweises, dann handelt es wicklung der Künste dieser Semantik einst dominierenden Kulturbegriffs. von Kunst verweigert. So ist es gerade rischen Streitigkeiten um ästhetische sich um nichts weiter als eine gerade immer weniger entsprach. Wenn dies so ist, so kann man sich bei einem pädagogischen Umgang mit Hegemonie, die – nicht nur ästheti- in Deutschland wohlbekannte Fortfüh- Warum ist diese historische Erinne- ernsthaft fragen, wieso es Bereiche den Künsten oft nicht erkennbar, wie schen – Kämpfe zwischen den Ismen rung einer kunstreligiösen Ideologie. rung heute wichtig? Zum einen entsteht der Gesellschaft gibt, in denen die Re- viel an traditioneller Kunstideologie in und Richtungen unterschlagen, die so die kulturelle Infrastruktur, deren levanz eines eigentlich überkomme- den Begründungen noch vorhanden ist. sich gegenseitig durchaus den Kunst- Max Fuchs ist Präsident Finanzierung heute Probleme bereitet. nen Kulturbegriffs noch hochgehalten Wenn heute daher in Kontexten der status auch abgesprochen haben. Es des Deutschen Kulturrates 06 inland www.politikundkultur.net

Von Holprigkeiten, unerfüllten Träumen und neuen Akzenten Gabriele Schulz im Gespräch mit Hortensia Völckers und Alexander Farenholtz zu zehn Jahren Kulturstiftung des Bundes

Bereits am 21. März dieses Jahres konn- Alexander Farenholtz: Ganz klar gibt viel behandelt wird, was letztlich te die Kulturstiftung des Bundes ihren es Unterschiede. Die Kulturstiftung eine ästhetische oder konzeptionelle 10-jährigen Geburtstag feiern. Im Som- des Bundes ist eine Stiftung, die poli- Reaktion auf eine gesellschaftliche mer findet in Halle/Saale ein offizielles tisch legitimiert ist. Sie wurde von der Veränderung ist. Kulturelle Vermitt- Fest statt. Politik & Kultur blickt mit Bundesregierung gegründet und hat lungsarbeit erfolgt also nicht aus- dem Stiftungsvorstand auf die letzten einen politisch besetzten Stiftungsrat. schließlich aus einem Bildungs-, son- zehn Jahre zurück und wagt einen Blick Ich denke, dass sie nicht mit einer dern auch aus einem künstlerischen nach vorne. privaten Stiftung verglichen werden Impuls heraus. kann. In diesem Juni feiert die Kultur­ Hortensia Völckers: Ich denke, pri- Der neue Schwerpunkt, den stiftung des Bundes ihr zehn­ vate Stiftungen, wie die von Ihnen Sie gesetzt haben, ging der zu jähriges Bestehen. Wenn ich erwähnte Mercator-Stiftung haben Lasten anderer Themen? zurückblicke, ist mein Eindruck, einen ganz anderen Auftrag und auch Alexander Farenholtz: Nein, denn dass der Start ein bisschen holp- einen anderen Legitimationsdruck. es hat ja nicht das Eine das Andere assner K rig verlief. Insbesondere bei den Wir haben ein anderes Spektrum. ­abgelöst, sondern es ist eine starke S töhr Verbänden, die sich im Vorfeld der Aber natürlich, wenn man zeitgenös- Farbe dazugekommen. Gründung sehr für die Stiftung sische Kunst und Kultur fördert, gibt Hortensia Völckers: Ja, genau. : R ichard : ­eingesetzt hatten, spürte ich eine es Überschneidungen im Bereich kul- ­Natürlich könnten die bestehenden gerhard : F oto Zurückhaltung gegenüber der turelle Bildung. Projekte immer weiter gefördert F oto Arbeit. Würden Sie das ähnlich ­werden, weil immer Geld gebraucht einschätzen oder haben Sie einen Ich habe den Eindruck, dass das wird. Aber unsere Förderungen kön- Alexander Farenholtz:Auch die Be- anderen Eindruck? Thema kulturelle Bildung im Ver- nen nur Stimuli­ sein. Wenn ich an den deutung der eigenen Kultur. Irgend- Hortensia Völckers: Die von Ihnen gleich zu den Anfangsjahren der Tanzplan denke oder an das Netz- wann wird das Geschehen hier längst beschriebene Holprigkeit hat eher Stiftung in letzter Zeit an Bedeu- werk Neue Musik, dann haben diese nicht mehr die Bedeutung haben wie mit den Erwartungen an die Stiftung tung gewonnen hat. Beispiele hier- ­Stimuli auch funktioniert. das, was irgendwo in Asien geschieht. zu tun. Wir können immer nur etwas für sind »Jedem Kind ein Instru- Und dieser Verlust an Autorität oder Zusätzliches fördern, Ausnahmesitu- ment« oder auch »Kulturagenten«. Mit den großen Programmen, an Kanon ist etwas, mit dem auch ationen, das vielbeschworene Surplus. Alexander Farenholtz: Das ist sicher Netzwerk Neue Musik oder Tanz- kulturell erst einmal umgegangen Unsere Mittel reichen gar nicht, um richtig, dass das Thema wichtiger plan, soll also eine Entwicklung werden muss. die breite Basis zu befriedigen und geworden ist. Dennoch war bereits angeschoben werden, die sich ver- Hortensia Völckers: Ich denke schon, letztlich ist dieses auch nicht unser eine unserer ersten Förderungen die selbständigt? dass wenn wir, wenn Europa, in 50 Auftrag. Darum war eine bestimmte Unterstützung des Vermittlungspro- Hortensia Völckers: Ich denke, dass oder 60 Jahren eine Bedeutung haben Form der Unzufriedenheit bereits gramms der documenta im Jahr 2002. der größte Mehrwert dieser Projekte wird, dann wird es eine kulturelle vorprogrammiert. Jeder hatte sich darin besteht, neue Kooperationen »Wir haben den sein. Und deswegen ist es wichtig, was erträumt. Die Einen wollten, dass Das Thema war also von Anfang einzugehen. Das hört sich zunächst Auftrag, zeitgenössi- was heute geschieht, was heute ge- Denkmalschutz gemacht wird, der an wichtig, Sie haben es aber nicht banal an, ist es aber nicht. Beim fördert und entwickelt wird. Ein Zy- Andere, dass Kulturgut aus Russland so sehr herausgestellt? Tanzplan ist es uns gelungen, dass die sche Kultur im niker würde prognostizieren, dass wir hierher zurückgebracht wird und der Hortensia Völckers: Ich denke, unsere Sparte Tanz an den Standorten des internationalen uns in 50 Jahren als ein Themenpark Dritte hat sich gedacht, der Laientanz Generation hat das Thema über viele Tanzplans eine ganz neue Bedeutung Rahmen zu fördern.« wiederfinden, um zu zeigen, wie es bekommt nun seine große Chance. Jahre verpasst. Für diejenigen, die in bekommen hat und Wertschätzung war. Und da wird die Fabrik zur Au- Diese Träume gingen nicht immer in der Kultur in führenden Positionen erfährt. In fast allen Städten, in denen toproduktion nicht reichen, da wird Erfüllung, weil wir als Stiftungsvor- waren, war die Kulturvermittlung Tanzplan-Projekte stattfanden, ge- noch Kultur dazukommen müssen. stand eigene Akzente gesetzt und und kulturelle Bildung kein wirklich lang eine Fortführung. Die Tanzszene Um ein solches Szenario zu verhin- unsere Agenda verfolgt haben. In wichtiges Thema. Dazu kommt, dass tritt selbstbewusster auf, fordert ihre dern, bin ich von der Investition in dem Moment, in dem wir die eigene die kulturelle Bildung in der Schule Rechte ein und hat einen neuen Stel- Bildung überzeugt. Bildung, Kultu- Agenda, also die Initiativprogramme vernachlässigt wurde. Was dazu führt, lenwert bekommen. Hier konnten wir relle Bildung und Kulturvermittlung, verfolgt haben, hieß es, das ist ein dass eine Generation groß geworden tatsächlich eine Initialzündung er- und zwar für alle Generationen, Gemischtwarenladen. Würde nur ein ist, für die Kultur keine Selbstver- möglichen, aus der Weiteres erfolgt. müssten eigentlich der Motor einer Thema verfolgt werden, käme wahr- ständlichkeit ist. Und diese Menschen Alexander Farenholtz: Ähnliches Entwicklung sein. scheinlich der Vorwurf, die spinnen tragen nun Verantwortung und kann aber auch von anderen Projek- ja, die sind ja völlig monomanisch, entscheiden, wofür Mittel verwen- ten berichtet werden. Wenn ich an Sie sprachen eben Deutschland wo bleibt denn die Vielfalt. Also, ich det werden. Vielen von denen ist es unser erstes großes Projekt »Shrin- im internationalen Kontext an, denke, eine gewisse Unzufriedenheit nicht wichtig, dass es eine lebendige king Cities« denke, war zu Beginn der einer Ihrer Themenpunkte ist die wird es immer geben. Wir können im- Kulturszene gibt mit einem reichen Begriff, schrumpfende Städte, bereits Kultur im internationalen Kon- mer nur punktuell Setzungen machen. kulturellen Erbe und einer avantgar- ein Tabu. Es wurde euphemistisch text. ­Können Sie zu diesem Aspekt Das sind fast symbolische Leistungen. distischen, zeitgenössischen Kunst. vom Stadtumbau gesprochen. Ehrlich ­einige Ihrer Akzente nennen? Und wie man weiß, hat Symbolik eine Ich denke, dass dies ein Problem ist gesagt hatte ich Bedenken vor dem Hortensia Völckers: Wir haben den ganz große Kraft. und noch bleibt. Insofern haben wir Begriff und habe, wenn ich mich recht Auftrag, zeitgenössische Kultur im einen Handlungsbedarf gesehen und erinnere, Frau Völckers davon abgera- internationalen Rahmen zu fördern. Haben Sie den Eindruck, dass an gehandelt. ten, diesen Begriff zu verwenden. In- Dieser Auftrag hat zunächst mit der die Kulturstiftung des Bundes an- Alexander Farenholtz: Meines Er- zwischen ist das Tabu gebrochen und Kompetenz des Bundes für die inter- dere Erwartungen gestellt werden achtens hat dies auch etwas mit der auch in der breiteren Öffentlichkeit nationale Kunst zu tun und nicht mit als an Stiftungen, die von Privat- Veränderung von Gesellschaft zu tun. von schrumpfenden Städten die Rede. kosmopolitischen Gedanken. De facto personen ins Leben gerufen wur- Die starke bildungsbürgerliche Mit- Hortensia Völckers: Mit unseren ist gemeint, dass die Spitze gefördert den? Ich denke zum Beispiel an die telschicht ist nicht mehr stilprägend Themen wie »Zukunft der Arbeit«, wird, die zumindest eine internatio- Mercator-Stiftung mit der Sie auch in unserer Gesellschaft. Insofern mei- »Migration«, »Überlebenskunst« oder nale Bedeutung haben kann. zusammenarbeiten. ne ich, dass unter kultureller Bildung »Untote« das sind alles Fragestellun- Alexander Farenholtz: Aber es gen, die ein klares Bekenntnis zu den gab natürlich auch internationale großen gesamtgesellschaftlichen Aktivitäten.­ Themen sind. Wir bearbeiten den Hortensia Völckers: Die gibt es immer Kulturstiftung des Bundes künstlerischen Teil oder den kultu- noch, aber immer in Abgrenzung zur rellen Aspekt dieser Fragestellungen. Arbeit der Mittlerorganisationen. Un- Die Kulturstiftung des Bundes wurde überschreitende Zusammenarbeit. Sie Das kann die Politik nicht ersetzen. ser Anliegen ist nicht, deutsche Kunst im Jahr 2002 von der Bundesregie- initiiert und fördert dazu Projekte auf Kunst soll dies auch nicht. Aber sie im Ausland zu präsentieren, sondern rung gegründet. Sie hat ihren Sitz in Antrag ohne thematische Eingrenzung kann Antworten ersinnen, wie das Le- eher umgekehrt die Internationalität Halle/Saale. Sie fördert bundesweit in allen Sparten. Außerdem fördert ben in der Zukunft aussehen soll. hier sichtbar zu machen. Ein solcher internationale Kulturprojekte im Rah- sie die selbstverwalteten Kulturför- Austausch basiert immer auf der Zu- men der Zuständigkeit des Bundes. derfonds – die Stiftung Kunstfonds, Sehen Sie den demografischen sammenarbeit mit Kollegen in ande- Ein Schwerpunkt ist dabei die För- den Fonds Darstellende Künste, den Wandel und speziell das wachsen- ren Ländern. derung innovativer Programme und Deutschen Literaturfonds, den Deut- de Durchschnittslebensalter in Projekte im internationalen Kontext. schen Übersetzerfonds und den Fonds Deutschland auch als eine solche Vielen Dank für das Gespräch. Dabei investiert die Stiftung auch Soziokultur – und fördert kulturelle Herausforderung? Naturgemäß in die Entwicklung neuer Verfahren Leuchttürme wie beispielsweise die wird mit wachsendem Lebensalter Hortensia Völckers ist Künstlerische der Pflege des Kulturerbes und in die documenta, das Theatertreffen oder eher zurück als nach vorne ge- Direktorin der Kulturstiftung des Erschließung kultureller und künst- die Donaueschinger Musiktage. Die schaut. Ist das für Sie ein Thema? Bundes. Alexander Farenholtz ist lerischer Wissenspotentiale für die jährlich aus dem Haushalt des Staats- Hortensia Völckers: Natürlich. Und Verwaltungsdirektor der Kulturstiftung Diskussion gesellschaftlicher Fragen. ministers für Kultur bereitgestellten ich würde sagen, es ist ein dramatisch des Bundes. Die Kulturstiftung des Bundes setzt Mittel betragen zurzeit 35 Millionen aufregendes Thema, weil sehr viel zur Gabriele Schulz ist Stellvertretende außerdem einen Schwerpunkt auf den Euro. Weitere Informationen unter: Disposition steht, was wir liebgewon- Geschäftsführerin des Deutschen kulturellen Austausch und eine grenz- www.kulturstiftung-bund.de. nen haben. Kulturrates Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 inland / Europa 07

und Religionsgemeinschaften sowie Prozent macht Niedersachsen deutlich, schiedlichen Themen und Fragestellun- mit Bibliotheken, den kommunalen welchen Stellenwert die Kultur, trotz gen mit unterschiedlichen Gruppen an Kultur als Prozess Spitzenverbänden, aber auch mit Ver- Wirtschaftskrise, Schuldenbremse und unterschiedlichen Orten antizipieren. tretern aus Literatur und Musik statt. Haushaltskonsolidierung, im Lande Das Spektrum reicht dabei von der Das Projekt KEK stößt in Niedersachsen eine An diesen Konsultationen nehmen einnimmt. Bedeutung der niedersächsischen Kul- Diskussion über Kultur und Kulturförderung an. Verantwortliche aus weit über 100 Umso wichtiger ist es, eine Verstän- tur für das Land und seine wirtschaft- kulturellen Organisationen, Einrich- digung darüber herbeizuführen, wohin liche und soziale Entwicklung bis hin Johanna Wanka schaft künftig noch besser möglich sein tungen, Institutionen und Gruppen sich die Kulturförderung in unserem zu Fragen der Schärfung des Landes- wird. Hierbei stehen folgende Aspekte teil. Nach der Sommerpause werden Land bewegen soll. Letztlich geht es profils durch Kultur. Auch Fragen nach ean Monnet hat am Ende seines im Mittelpunkt: die Gespräche auf vier Regionalforen auch nicht ausschließlich um den Bei- dem sinnvollen Ressourceneinsatz im Lebens gesagt: »Wenn ich es noch in Oldenburg, Göttingen, Lüneburg und trag des Landes: Wesentliche Teile der Kulturbereich und der Effektivität von J einmal zu tun hätte, so würde ich ҄҄die Beteiligung der unterschied- in der Region Hannover ausgeweitet. kulturellen Infrastruktur werden durch Steuerungsinstrumenten mögen sich mit der Kultur anfangen.« Kultur, und lichen Gruppen, Organisationen, Begleitet werden diese Gespräche von die Kommunen gewährleistet, und auch stellen. Aber auch: In welchem Maße das hat Monnet, der große Europäer ­Einrichtungen und Institutionen wissenschaftlichen Untersuchungen. das bürgerschaftliche Engagement trägt sind die Bürger des Landes mit den und französische Planungskommissar von Kultur (kommunikative So wird es erstmals für Niedersachsen in hohem Maße zu den vielfältigen kulturellen Angeboten des Landes sagen wollen, ist das verbindende Ele- und kooperative Prozesse), ein umfassendes Kulturmonitoring Angeboten von Kunst und Kultur bei. zufrieden? Wie kann ein effektiver ment zwischen den Menschen. Ohne ҄҄die Priorisierung von kultur­ geben, welches sowohl die kulturelle Neben der Sicherung der kulturellen Mitteleinsatz (auch unter schwieri- gemeinsame kulturelle Identitäten wäre politischen Zielen und Angebotssituation in Niedersachsen als Infrastruktur über den Landeshaus- gen Bedingungen) garantiert werden? Europa gar nicht denkbar. Die Enquete- ҄҄eine längerfristige konzeptionelle auch eine Bevölkerungsumfrage zum halt gehören jedoch drei Punkte ganz Wie kann und soll Kulturpolitik sich Kommission »Kultur in Deutschland« Orientierung und Verständigung. Thema hat. Des weiteren wird es Un- maßgeblich zur inhaltlichen Kultur- auf absehbare Veränderungen und hat, auf dieser Erkenntnis basierend, tersuchungen zum Themenfeld der Kul- entwicklung eines Landes. Erstens: Entwicklungen einstellen? Wie lässt Kultur als Summe der Lebensformen, Die Besonderheit der KEK Nieder- turberufe und der Kulturwirtschaft in Kulturelle Bildung ist und bleibt die sich Planungssicherheit im Kultur- Wertesysteme, Traditionen und Über- sachsen ist, dass es gleichermaßen Niedersachsen geben. Darüber hinaus Basis für Teilhabe an Kultur, aber auch bereich garantieren? Das Kulturent- zeugungen einer Gesellschaft definiert. partizipativ und diskursiv angelegt ist. sind Tagungen geplant. Im April findet für das Schaffen von Kultur. Kultur und wicklungskonzept ist ein spannender Und gleichzeitig stellt sie fest, dass Kul- Im Rahmen von Konsultationen und an der Stiftungsuniversität Hildesheim Bildung noch konsequenter als bisher Prozess, dessen Ergebnis heute offen tur nicht nur ein Bewahren von Tradi- Gesprächen, auf Fachtagungen sowie ein Interkultursymposium statt, in des- miteinander zu verbinden und zu etab- bleibt. Und, auch das ist sicher: Er wird tionen ist, sondern viel mehr. Kultur ist Regionalkonferenzen wird das KEK Nie- sen Mittelpunkt die Ergebnisse des ers- lieren, bleibt das Zukunftsthema. Zwei- viele Erwartungen mit sich bringen, gleichermaßen Fortschritt, Wandel und dersachsen fachspezifisch und regional ten Interkultur-Barometers stehen, in tens: Kunst und Kultur als wichtigen aber vielleicht nicht alle erfüllen. Der Veränderungswille. Kultur ist immer Tra- diskutiert. Auftrag gegeben vom Bund sowie den Standortfaktor weiterzuentwickeln und Gewinn, und das kann ich Ihnen mit dition und Innovation. Wichtig ist es mir als zuständige Ländern Nordrhein-Westfalen und Nie- Kulturwirtschaft und Kulturtourismus meinen Erfahrungen aus Brandenburg Niedersachsen hat eine traditions- Ministerin dabei, diese Gespräche auf dersachsen. noch stärker als bisher als Wirtschafts- versichern, liegt vor allem darin, dass reiche, qualitätvolle und vielfältige Augenhöhe zu führen. Ein offener Aus- Aber Kulturentwicklung ist nicht faktoren zu identifizieren, gehört auch mit diesem Projekt eine umfassende Kulturlandschaft. Diese nicht nur zu tausch über Kulturentwicklung braucht nur ein perspektivisches Konstrukt, Reflexion und Diskussion über Kultur erhalten, sondern weiterzuentwickeln ein Forum, das die Akteure konstruktiv sondern lässt sich auch sehr konkret Kulturelle Bildung und Kulturförderung in Niedersach- und künftigen Anforderungen anzupas- einbindet. Wir wollen diesen Prozess an Daten und Zahlen messen. Die sen angestoßen wird. Wir stellen uns sen, ist die Aufgabe von gestaltender von Anfang an gemeinsam gestalten Ausgaben für Kunst und Kultur sind in bleibt die Basis schon heute auf künftige Verände- Kulturpolitik. Das Land Niedersachsen und wir geben den Prozess nicht, wie Niedersachsen seit 2007 deutlich ge- für Teilhabe an Kultur rungen ein, nicht wie das umstrittene hat hierfür ein Kulturentwicklungskon- oft bei solchen Verfahren üblich, in die stiegen. Der Haushaltsplan für 2010 sah Buch über den Kulturinfarkt, sondern zept, kurz KEK, sowie einen Kulturbe- Hand von externen Beratern, sondern 265 Millionen Euro Kulturausgaben vor. zu den Themen im Kontext der Kultur- qualifiziert. Ich freue mich daher, im richt 2010 erarbeitet, der umfassend wir sind die Ansprechpartner für die Allein in diesem Jahr stehen über elf entwicklung. Drittens: Wir wollen uns Verlauf der kommenden zwei Jahre auf Auskunft über die Kulturförderung des Kulturschaffenden in Niedersachsen. Millionen Euro zusätzlich bereit, was auch mit dem Thema der Kulturproduk- gute Ideen und Vorschläge. Ende 2013 Landes Niedersachsen erteilt. Bis zum Frühsommer 2012 finden zahl- einer Steigerung der Landesausgaben tion befassen. Wir wollen und müssen werden wir eine erste Bilanz ziehen Das Ziel des KEK Niedersachsen ist reiche Gesprächsrunden beispielsweise von rund sechs Prozent entspricht. den Künsten Raum für Kreativität und und in der Zwischenzeit kontinuierlich es, die Rahmenbedingungen für Kultur mit Vertreterinnen und Vertretern der Erstmals in der Geschichte des Landes Experiment geben. über einzelne Ergebnisse berichten. so zu gestalten, dass die Entwicklung Kulturstiftungen, der Landschaften weist Niedersachsen im Jahr 2012 einen Mit dem Kulturbericht 2010 und dem einer lebendigen, auf die Potentiale der und Landschaftsverbände, der Hoch- Kulturetat von über 200 Millionen Euro KEK Niedersachsen wollen wir in den Johanna Wanka ist Ministerin für Wis- Regionen zugeschnittenen Kulturland- schulen, Museen, Theater, der Kirchen auf. Mit der Steigerungsrate von sechs kommenden zwei Jahren diese unter- senschaft und Kultur in Niedersachsen

Maribor – die Kulturhauptstadt 2012

Die Kultur wird dieses Jahr Die Kulturhauptstadt hat viel zu bie- in der Stadt am Ufer des ten; zum Beispiel die Oper Schwarze Masken im SNG Maribor; die virtuelle Flusses Drava (Drau) groß Stadtmauer aus Lichtern (ganzjährlich); geschrieben. Musik, Wein und ein Modefestival im März; das Internationale Festival der Mitja Drobnič Computerkunst (November, Dezember) usw. Es sind verschiedene Veranstaltun- aribor ist eine Stadt, die viel- gen geplant, die durch das ganze Jahr leicht nicht den Eindruck er- in der Stadt durchgeführt werden (mehr M weckt, dass es hier viel Kultu- Infos dazu unter: www.maribor2012.eu relles gibt. Man merkt sofort, dass Ma- mit den monatlichen Programmen). ribor eine Industriestadt ist – obwohl Für die kulturelle Identität der Stadt aus den zahlreichen Schornsteinen sind auch weitere Einrichtungen von kaum noch Rauch aufsteigt. Dennoch außerordentlicher Bedeutung: die ist es eine Stadt, die mit der Kultur Kunstgalerie, das Regionalmuseum,

lebt; das slowenische Nationaltheater das Kultur- und Veranstaltungszentrum M odic (SNG) hat zum Beispiel hier seinen Sitz. Narodni dom mit dem internationalen Man könnte Maribor mit den Städten Lent-Festival, das Puppentheater usw. I gor : im Ruhrgebiet Deutschlands verglei- Auch die Universität Maribor leistet F oto chen, die dasselbe Schicksal nach der einen wichtigen Beitrag zum Kultur- Im Herzen der Altstadt steht der mit 400 Jahren wahrscheinlich älteste Weinstock der Welt, der immer noch Weinreben trägt. Industriewende erlebten, jedoch hat die hauptstadtprogramm. Stadt einen großen Vorteil, nämlich die Neben der Stadt Maribor sind in diesem wie zum Beispiel Jazzfestival, oder die ökologischen Architektur-Experiment modernen Musikelementen in Einklang bezaubernde Landschaft, die sie umgibt. Jahr noch fünf andere Partnerstädte in verzweigte Schauspielkunst, die die auf dem nahe gelegenen See das Haupt- gebracht wird – Mozart trifft also auf Die Stadt liegt am Fuße des Pohor- das Projekt der Kulturhauptstadt Eu- Stadt bereichert. Diese Schauspiel- geschehen der Partnerstadt Velenje dar. Rock in Slovenj Gradec. je-Gebirges, eines der touristisch at- ropas eingebunden: Ptuj, Novo mesto, kunst beruht auf dem neugegründeten Besonders hervorzuheben ist auch das Die letzte Stadt Murska Sobota traktivsten Skigebiete der Region, und Slovenj Gradec, Velenje und Murska Anton-Podbevšek-Avantgarde-Theater. moderne Gebäude des Kulturhauses verbindet die Vielfalt und die ethno- Slovenske Gorice, einer Weinregion Sobota. Alle fünf versprechen einiges In unmittelbarer Nähe befindet sich das Velenje, das dem breiten kulturellen grafischen Besonderheiten der Region. nördlich der Stadt; und, wie schon er- an Abwechslung. Schloss Otočec – wo das international Angebot der Stadt und deren Gästen Dabei betont sie das kulturelle Zusam- wähnt, am Ufer der Drau (Drava). Sie ist Für die jährliche Karnevaltour (»ku- bekannte Rockfestival »Rock Otočec« gewidmet ist. menleben verschiedener Nationen, nicht weit entfernt von der österreichi- rentovanje« durch die Altstadt Ptuj) alljährlich stattfindet. Velenje, eines Slovenj Gradec ist die kleinste Sprachen und Religionen, wie auch schen Stadt Graz (60 km), mit der sie, werden in diesem Jahr ca. 20.000 der stärksten wirtschaftlichen Zentren Partnerstadt des Projekts MARIBOR die Verflechtung des Städtischen mit seit dem Beitritt Sloweniens in die EU, Teilnehmer aus 18 Ländern und über Sloweniens, ist eine Stadt der Kultur, 2012. Mit ihrer wunderschönen Lage, dem Ländlichen. Das Programm ist also und auch schon vorher, enge Freund- 200.000 Besucher erwartet. Aufgrund der Jugendlichen, des Sports – und das umgeben von märchenhaften Bergen vielseitig, offen und in verschiedene schaft verbindet. Auch mit Marburg an der Lage (Ptuj liegt in einem zentralen spiegelt sich auch im Kulturhauptstadt- und Skigebieten von Koroška, gilt sie regionale Zentren geteilt – dazu alles der Lahn teilt Maribor nicht nur den Weingebiet) werden hier auch weitere geschehen wider. Eines der wichtigsten im slowenischen Kulturraum vor al- in einer Reichweite von ca. einer Stunde Namen (die Deutsch-Übersetzung von Veranstaltungen wie zum Beispiel die Ereignisse ist das Pippi-Langstrumpf- lem als Brennpunkt der Bildenden (mit dem Auto oder mit der Bahn), um Maribor lautet Marburg), sondern auch Tage der Poesie und des Weins stattfin- Festival, das, wie der Name selbst schon Kunst, deren Bedeutung die Bezeich- die grüne Landschaft Sloweniens ge- enge partnerschaftliche Beziehungen. den. Im Veranstaltungsprogramm von erklärt, dem legendären Sommerspros- nung »lokal« weit übertrifft. Die Stadt nießen zu können. Maribor und seine Auf der Autobahn, auf der man in den Ptuj werden vor allem die kulturellen senmädchen Pippi Langstrumpf gewid- rühmt sich mit dem klangvollen Titel fünf Partnerstädte heißen Sie herzlich Raum Wien und Bratislava, sowie in die Erinnerungen an die edle vorchristliche met ist. Dieses Festival stellt neben Weltfriedensstadt, der ihr 1989 von den willkommen in unserem kleinen, aber Richtung Obersteiermark, Salzburg und Tradition der Region hervorgehoben. den provokativen, avantgardistischen, Vereinten Nationen verliehen wurde. kulturreichen Slowenien! Deutschland gelangt, kann man diese Der Besuch der Stadt Novo mesto multikulturellen Veranstaltungen in Erwähnenswert ist auch das sogenannte Stadt leicht erreichen, ähnlich auch per wird sich lohnen: Bekannt wurde sie einem der verlassenen Stollen des »Escape the Rock and mind« Festival in Mitja Drobnič ist Botschafter der Bahn oder mit dem Flugzeug. durch das vielseitige Festivalprogramm, dortigen Bergwerks und neben dem Slovenj Gradec, wo klassische Musik mit Republik Slowenien in Berlin 08 europa / weite welt www.politikundkultur.net

Effektiven Dialog anstoßen

Zur Arbeit des Netzwerks Dieses Büro ist mit zwei hauptamt- geben, haben die Leiter des Netzwerkes Angesichts des EUNIC-Hauptanliegens liegt, wie Kultur- und Kreativindustrie nationaler Kulturinstitute lichen Mitarbeitern besetzt, einem die Einrichtung einer Strategiegruppe wurde für einen Ansatz mit eigener Be- oder Kultur und nachhaltige Entwick- Direktor und einem Netzwerk- und mit erfahrenen und auf Kultur und Au- teiligung plädiert. lung, gewiss ankurbeln. in Europa (EUNIC) Kommunikationsbeauftragten. Neben ßenbeziehungen spezialisierten Bera- In diesem Zusammenhang möchte Bei der Entwicklung von Projekten wertvoller Unterstützung des EUNIC- tern beschlossen. ich auf das MENA-Euroforum für kreati- in Nord- und Südamerika wird EUNIC Ana Paula Laborinho Präsidiums hilft es, den Informations- Auf eine der bedeutendsten Emp- ve Industrien und Gesellschaft hinwei- auf der Grundlage der Möglichkeiten fluss innerhalb des Netzwerkes zu er- fehlungen der Strategiegruppe geht sen, das vom 13. bis 15. Mai 2012 statt- für effektiven Dialog und Zusammen- UNIC, der Zusammenschluss möglichen und zu verbessern. zurück, dass EUNIC ein Leitprojekt findet. Hauptziel dieses vom EUNIC- arbeit mit anderen Partnern einen re- nationaler Kulturinstitute der Ergebnisse mit Blick auf eine Stär- für den Nahen Osten und Nordafrika Cluster in Jordanien organisierten und gionalen und in stärkerem Maße stra- E EU-Staaten, wurde im Geist des kung des Bewusstseins für die kulturel- (MENA) entwickelt hat, noch bevor die von der Delegation der Europäischen tegischen Ansatz verfolgen. Auf einem Pragmatismus und des Glaubens an le Vielfalt Europas, die Förderung be- historischen Entwicklungen in der ara- Union in Amman kofinanzierten Fo- Treffen der MFA-Direktoren für kul- ideale Beteiligung, Zusammenwirken, ruflicher Kontakte und die Ermutigung bischen Welt günstige Voraussetzungen rums ist es, die kulturellen und krea- turelle Außenbeziehungen haben die Gemeinschaft und Vielfalt geboren. Als zum verstärkten Erlernen von Fremd- für eine europäische Unterstützung und tiven Sektoren im Nahen Osten und in Mitgliedsstaaten der Ibero-Amerikani- eines der Gründungsmitglieder war das sprachen kann EUNIC in erster Linie entsprechende Aktivitäten in diesen Nordafrika langfristig zu unterstützen. schen Organisation beschlossen, sich Instituto Camões, das portugiesische durch Aktivitäten und Partnerschaften Regionen schufen. Ferner sind sich die EUNIC-Leiter um engere Beziehungen mit EUNIC Kulturinstitut, 2006 direkt an der Ent- auf lokaler Ebene erzielen. Aus diesem Auf ihrer Sitzung in Lissabon im darin einig, dass eine intensivere Zu- zu bemühen. stehung dieser Partnerschaft beteiligt. Grund wird die Bildung lokaler Partner- Juni 2011 haben die EUNIC-Leiter die- sammenarbeit mit dem Europäischen EUNIC kommt in den Bereichen Kul- Das Netzwerk wurde unter Berück- sen Vorschlag angenommen und be- Auswärtigen Dienst (EAD) erforderlich turpolitik und Kulturmanagement und sichtigung der Tatsache gegründet, dass schlossen, dass sich das Projekt auf die ist, um auf dem Gebiet der kulturellen im gesamten Sektor der kreativen In- sich die Mitgliedsländer zwar hinsicht- Aktivitäten auf lokaler Ausbildung von Kulturschaffenden in Außenbeziehungen für Geschlossen- dustrien eine wichtige Rolle zu. Andere lich Interessen, Mittel und Grad der Nahost und Nordafrika sowie die Förde- heit zu sorgen. Besonders notwendig Bereiche, in denen sich eine Beteiligung Autonomie unterscheiden, sie aber ge- Ebene stärken das rung der Mobilität junger Künstler aus sind abgestimmte Maßnahmen in den dieses Netzwerkes lohnen kann, sind meinsame Werte vertreten und gleiche Bewusstsein für die der arabischen Welt konzentrieren solle. Nachbarländern der Europäischen Uni- Kultur und Umwelt (Projekt Kultur/Zu- Ziele verfolgen und das Verständnis der kulturelle Vielfalt. Auf dem EUNIC-Regionaltreffen für on (Mittelmeerraum und Osteuropa). kunft), Kultur und Entwicklung, Kultur europäischen Kultur- und Sprachen- Nordafrika und den Nahen Osten im 2012 ist von der EU und den chine- und Konfliktlösung, Kultur und Welt- vielfalt fördern möchten. September 2011 in Rabat, insbesondere sischen Behörden zum »Jahr des inter- bürgerschaft. Dieser Rolle sollte EUNIC Mit sechs Jahren ist EUNIC ein noch schaften, der sogenannten Cluster, auf in dem am Rande dieses Treffens veran- kulturellen Dialogs EU/China« erklärt durch die Förderung und Unterstützung junges Netzwerk, das sich ständig wei- Länder- bzw. Städteebene unterstützt. stalteten Seminar mit Vertretern der Zi- worden. In diesem Rahmen wird der 5. von Partnerschaften mit lokalen Kultur- terentwickelt und dabei seine Rolle Inzwischen gibt es weltweit mehr als vilgesellschaften, wurden die Chancen Kulturelle Dialog EU/China durchge- betrieben und durch enge Verbindun- als aktives und partnerschaftliches siebzig EUNIC-Cluster. Da eine enge Zu- für eine fruchtbare Tätigkeit von EUNIC führt. Hierbei handelt es sich um ein gen mit den EU-Delegationen gerecht Netzwerk stärkt. Aus institutioneller sammenarbeit zwischen den Clustern betont. Wünsche nach Zusammenarbeit, EUNIC-Projekt innerhalb einer Reihe werden. Sicht konnte mit der Gründung eines wichtig ist, wird deren Organisation in Debatten, Diskussionen, Übersetzun- von Konferenzen mit Teilnehmern aus gemeinnützigen Vereins nach belgi- regionalen Netzwerken zum Zwecke des gen, Schulungen und Hilfe zur Selbst- Europa und China, das in diesem Jahr Ana Paula Laborinho ist Direktorin schem Recht erst kürzlich ein weiterer Erfahrungsaustausches und der gegen- hilfe wurden in diesem Seminar mehr in Chongqing stattfindet. Dieses Jahr des portugiesischen Kulturinstituts Fortschritt erzielt werden. seitigen Unterstützung gefördert. als einmal laut. Am häufigsten wurden wird die kulturellen Beziehungen zwi- Instituto Camões Eine strukturierte Basis für das glo- Um die strategischen Prioritäten von folgende Themen genannt: Reform, schen Europa und China in Bereichen, bale Wirken hat EUNIC mit der Einrich- EUNIC stärker in den Mittelpunkt zu Mentalitäten, personelle Gegebenhei- in denen eine Zusammenarbeit ohne Aus dem Englischen übersetzt tung eines Büros in Brüssel erhalten. rücken und operative Empfehlungen zu ten, Jugend und Universitätsreformen. Zweifel im beiderseitigen Interesse von Claudia Blech

Der unheimlich Nahe (Osten) Politische und gesellschaftliche Entwicklungen werden zu einer Herausforderung für Europas Stabilität

Reinhard Baumgarten Nicht nur wegen­ unserer notorischen schen und gesellschaftlichen Entwick- der geografischen Nähe. Das liegt auch Mittelmeeres erfüllt. Die EU – und vor Abhängigkeit vom Öl. Nicht nur, weil lungen im Nahen Osten werden zu einer daran, dass sich gewaltige geostrategi- allem die Euro-Länder – sind in dieser er Nahe Osten ist uns Eu- die Diskussion um mögliche iranische großen Herausforderung für die Sta­ sche Veränderungen anbahnen. Die USA enorm wichtigen Übergangsphase viel ropäern näher als vielen Atomwaffen andauern wird. Die politi- bilität Europas. Das liegt zunächst an wenden sich nach Westen. Sie müssen zu sehr mit ihren eigenen Krisen be- lieb ist. Er ist uns auch sich im pazifischen Raum der chinesi- schäftigt. Sie haben den Ländern Nord- unheimlicher,­ unbekann- schen Herausforderung stellen. Peking afrikas bislang kaum nennenswert ge- D ter und suspekter als vielen lieb ist. rüstet gewaltig auf. Bei anhaltend stei- holfen. Am Umbau nach dem Ende der Mittelbar kriegen die Deutschen mit, gendem Militärbudget wird China die Diktatoren von Washingtons Gnaden welchen Einfluss diese wetterwendi- USA in knapp 20 Jahren den Rang als nimmt Europa vor allem als Zuschauer sche Weltregion auf sie hat. Alle Jah- größte Militärmacht ablaufen. Groß- teil. Versuche, sich am Aufbau der Zivil- re wieder steigen kurz vor Ostern die mächte können es sich nicht leisten, in gesellschaft in arabischen Ländern zu Spritpreise. Von der Gier der Ölmultis Jahren zu denken. Großmächte müssen beteiligen, zeitigen kaum Erfolge. Aus sprechen Kommen­tatoren dann gerne; in Generationen denken. Die USA wer- Ägypten und den Vereinigten Arabi- über die Willkür des Ölkartells OPEC den im Na­hen Osten zwar wegen der schen Emiraten mussten unter anderem und den marktbeherrschen­den Ein- gewaltigen Ölreserven präsent bleiben. Mitarbeiter der CDU-nahen Konrad- fluss der nahöstlichen Ölpotentaten Aber langfristig werden sie nicht mehr Adenauer-Stiftung abgezogen werden. wird gejammert. In diesem Jahr kam die alles beherrschende Rolle spielen In Ländern wie Ägypten, Tunesien und noch die iranische Komponente hinzu: können. Der verlustreiche Waffengang Libyen werden auf unabsehbare Zeit Teheran, so entnehmen wir dem me- in Afghanistan und mehr noch der irr­ isla­misch-konservative Gruppierun- dialen Trommel­wirbel seit Anfang des witzige Krieg im Irak haben die Welt- gen die politische und gesellschaftliche Jahres, droht die Straße von Hormuz zu macht geschwächt und Entwicklung vorgeben. schließen. Knapp sechs Meilen ist diese gigantische drei Billionen In der Türkei tut das seit Wasserstraße breit, durch die rund 20 Dollar verschlungen, die knapp zehn Jahren die is- Prozent des täglichen weltwei­ten Öl- im Konkurrenzkampf mit lamisch-konservative AK bedarfs transportiert werden. Der Iran China schmerzlich fehlen Partei von Recep Tayyip hat nicht die militärischen Mittel, um werden. Die Umbrüche in Erdoğan. Sie ist relativ diese­ Lebensader der Weltwirtschaft einst eng an Washington erfolgreich – zumindest zu schließen. Die USA und ihre Ver- gebundenen Ländern sind wirtschaftlich gesehen. bündeten wissen das. Mit einer beein- ein deutliches Zeichen Doch die AK Partei in der druckenden Armada schieben sie in der dafür, dass die Jahrzehn- Türkei ist auf dem Boden Region Wache. Dennoch schlagen die te lang angewandten amerikanischen einer säkularen Grundordnung entstan- Spannungen im Persischen Golf auf die Rezepte zur Ordnung und Kontrolle des den, an der sie nach derzeitigem Bekun- Ölpreise durch. Zum einen des­wegen, Nahen Ostens ausgedient haben. Das den auch mit der neu zu schreibenden weil Analysten an den Börsen und Zo- beste Beispiel ist Ägypten. Dort war der Verfassung festhalten will. In Ägypten cker an den Rohstoffmärkten wenig demokratisch niemals legitimierte Au- bestimmen nach den Wahlen modera- über die militärischen Möglichkeiten tokrat Husni Mubarak dank amerikani- te bis radikale Islamisten zunehmend Irans wissen. Und zum anderen, weil scher und europäischer Unterstützung die Politik. Sie werden es schwer haben, com sich mit Angst und Verunsicherung gut . drei Jahrzehnte lang an der Macht und wirtschaftliche Erfolge und soziale Ver­ Handel treiben und mithin auch satte konnte sein Volk in politischer Un- besserungen vorzuweisen. Sie dürften Gewinne machen lassen. Das wissen mündigkeit halten. Der sogenannte ihr Heil in religiös-restriktiven Gesell­ auch die Rüstungsfirmen in den USA »Arabische Frühling«, dank dessen er schaftsordnun­ gen­ suchen, die mit der und Europa, die noch nie für so viel photocase / »abgedankt« wurde, wird die Erwartun- Werteordnung Europas nur bedingt ein­ Geld in so kurzer Zeit Waffen in den gen der arabischen Bevölkerungen nicht hergehen­ werden. Nahen Osten verkauft haben wie seit erfüllen können – das lässt sich jetzt dem offenen­ Ausbruch der Spannungen schon sagen. Ebenso wenig werden die Reinhard Baumgarten ist Hörfunk­ im Herbst vergangenen Jahres. derprojektor : Hoffnungen der Europäer auf demokra- korrespondent der ARD in Istanbul

Der unheimlich nahe Nahe Osten F oto tische Regierungs- und Gesellschafts- und zuständig für die Länder Iran, wird uns in Zukunft noch näher sein. Stadtansicht Istanbuls in der Dämmerung systeme an den südlichen Gestaden des Griechenland, Türkei und Zypern Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 weite welt 09

Zuschauer in seinen Bann zog, indem er Fassaden zum Tanzen brachte, wie auch die Europa bekommt Beine IIllustrationen des Malers Ignasi Blanch, der als einziger spanischer Künstler Spuren Das Goethe-Institut Barcelona stärkt das Vertrauen in Deutschland und zeigt auf, wie Krisen auf der Mauer hinterließ, in der Nacht, in mit einem gut ausgebauten europäischen Netzwerk zur Chance werden können. der sie fiel. Mehr als 20.000 Menschen be- suchten die Veranstaltung »Deutschland in Anuschka Seifert In der ehemaligen Keksfabrik in der Straße mit Maschinengewehren durchs Gebäude. Kultur- und Barcelona«, die im Jahr 2011 im Rahmen der Carrer Manso, in der das Goethe-Institut Kamen viele Besucher, überprüften sie, ob Sprachangebote Deutschlandwochen vor dem Triumphbo- en deutschen Bundespräsidenten nun seit 1998 zuhause ist, beschäftigen es sich um eine Demonstration handel- gen stattfand. Sie stand unter der Schirm- Gauck kenne ich doch«, freut sich sich Programmleiterin Ursula Wahl und te«, erzählte einmal die Bibliothekarin fördern die herrschaft von König Juan Carlos und des D Joan Mestres, während er seinen ihre Mitarbeiter mit vielen Themen. Sie der Anfangszeiten, Rosemarie Hess. »Wir Mobilität in damaligen Bundespräsidenten Christian Gästen in einem Restaurant in der Altstadt suchen nach Verlegern und unterstützen hatten immer Angst.« Dennoch ging nie Europa. Wulff, ein Freiluftevent im Zeichen des die Vorspeise serviert. Im Hintergrund lau- Übersetzungen ins Katalanische. Festivals etwas schief. Carlos Santos konnte auf dem lebendigen und partnerschaftlichen Aus- fen die Nachrichten des Fernsehsenders werden mit herausragenden Filmen be- Stutzflügel üben – der beste, den es damals tauschs zwischen Deutschland und Spani- TV3, der die Wahl der Bundesversammlung stückt, auch mit solchen, die keinen spa- in Barcelona gab – und andere konnten en. Ziel war es, mittels eines hochkarätigen überträgt. Montse Sampietro, eine junge nischen Verleiher gefunden haben. Aber getrost ihre Theaterproben durchführen und unterhaltsamen Programms aus Kunst, Filmstudentin, hakt sofort nach: »Wie? nicht nur Katalonien, auch der Kleinstaat und Flugblätter verstecken. Information und Debatten einige der inte- Persönlich?« Joan schaut über den Rand Andorra, die Balearen, Aragonien, Navar- »Nach der Franco-Diktatur hat das ressantesten Beispiele für die Zusammen- seiner Brille: »Der war doch in unserem ra, La Rioja, Valencia und Murcia werden Goethe-Institut sich maßgeblich an der arbeit in den Bereichen Kultur, Gesellschaft Kulturzentrum und hat einen Vortrag über von hier aus betreut. Ganze Choreografi- Aufbauphase beteiligt und die Spanier und Wirtschaft zu präsentieren. Auch die die langen Schatten der Diktatur gehal- en werden mitfinanziert und die gesamte unterstützt, die ja selbst im Rahmen der 15-minütigen Schnupperkurse, in denen ten.« Kinder- und Jugendtheater-Szene gleich so Olympiade viel Geld in ihre Infrastruk- Interessierte erste Ausdrücke und Rede- wendungen lernen konnten, kamen sehr gut an. Überhaupt sind die Sprachkurse des Goethe-Instituts sehr gut besucht. Vor allem hochqualifizierte Fachkräfte wissen vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise des eigenen Landes, dass sie mit Deutsch- kenntnissen bessere Chancen auf einen zukünftigen Arbeitsplatz in deutschspra- chigen Ländern haben. Die Sprachabtei- lung wird von dem Deutsch-Katalanen Marc Borneis geleitet. Er freut sich, dass er das Lehrpersonal inzwischen auf 30 Mitarbeiter aufstocken konnte. Auch die Zusammenarbeit mit den Bil- dungsministerien der Autonomien und den Prüfungszentren von Aragonien, Ka- talonien, La Rioja, Murcia, Navarra, Va- lencia, auf den Balearen und in Andorra wird immer stärker. Von Barcelona aus unterstützen Marc Borneis und Annette Gutmann in allen Fragen des Deutschun- terrichts und der Fortbildung der Lehrer. Mit den Autonomieregierungen, die ihrer- seits diese Maßnahmen auch finanzieren, konnte inzwischen zum dritten Mal ein Abkommen unterzeichnet werden. Deutsch wird von Spanierinnen und Spaniern, die neben Englisch selbst eine Weltsprache sprechen, häufig aus be- rufsmotivierten Gründen gelernt. Das geht aus den durchgeführten Umfragen des Instituts hervor. Die 55-prozentige Steigerung der Kursteilnehmerzahlen in den letzten zwei Jahren ist ein klares In- nstitut -I diz für die Entwicklungen im Bereich der Berufsmobilität innerhalb Europas. Weil die Vermittlung der deutschen Sprache © G oethe © zu den Kernaufgaben gehört, wenden sich viele Arbeitssuchende an das Goethe-In- stitut. »Sie besuchen unsere Sprachkurse, N avarette erwarten aber auch Informationen und Hinweise von uns bei der Suche nach ei- : S amuel : nem Arbeitsplatz«, ergänzt Marc Borneis.

F oto Das Goethe-Institut Barcelona hat deshalb Ausstellung »Videomapping« des Installationskünstlers Sebastian Neitsch schon vor einem Jahr damit begonnen, sei- nen Kursteilnehmern ein entsprechendes Ob Volker Koepp, Hans Magnus Enzensber- auf- und durchgemischt, dass inzwischen tur investiert haben. Da wurde Vieles von Rahmenprogramm anzubieten. Es umfasst ger, Uwe Tellkamp, Werner Herzog, Günter sogar die ersten katalanischen Produkti- meinen Vorgängern angeschoben, wir Foren, Vorträge, die Vermittlung von An- Grass, Pina Bausch, Ulrich Beck, Günter onen erfolgreich durch die gesamte Bun- waren mit dabei«, so Marion Haase, die laufstellen, wie die Außenhandelskammer Wallraff, Herta Müller, der französische desrepublik reisen. dem Institut seit 2009 vorsteht. »Heute und die Bundesagentur für Arbeit, und Wahl-Berliner Xavier Le Roy oder Kai Wann immer es um die neuesten Ten- arbeiten wir auf Augenhöhe zusammen, vieles mehr. Daraus haben sich auch für Hensel: In Barcelona sind sie bestens be- denzen deutscher Kunst und Kultur geht, es geht um Netzwerkarbeit, unterstützen- das Goethe-Institut Barcelona ganz neue kannt. Entweder lädt das Goethe-Institut berät man sich in Barcelona gerne mit dem de Zusammenarbeit, die sich dann auch Kontakte mit Institutionen in Deutschland sie direkt ein oder hilft einheimischen In- Goethe-Institut. »Die Menschen wissen, wieder europaweit, ja sogar international und in Spanien ergeben, wie zum Beispiel stitutionen mit ihnen Vorträge, Lesungen, dass wir ein zuverlässiger und vertrauens- auswirkt.« mit den nationalen und auch den europäi- Workshops, Werkschauen, Gastateliers und würdiger Partner sind«, meint Institutslei- Inzwischen wartet Barcelona auf sei- schen Arbeitsagenturen, mit Universitäten, Roundtables zu organisieren und bringt terin Marion Haase. »Die Synergien sind nem Olympischen Berg Montjuïc mit einer mit Unternehmen und Verbänden. die richtigen Künstler für Projekte zusam- gut und unsere Partner unglaublich offen.« ganzen Theaterstadt auf. Dort präsentie- »Unser Ziel ist es – gemeinsam mit unse- men. Inzwischen auch in einem Gebäude, Für katalanische Intellektuelle ist das Goe- ren Theatergrößen wie Frank Castorf und ren spanischen, katalanischen und europäi- das sich sehen lassen kann. the-Institut noch immer so etwas wie eine Thomas Ostermaier ihre Werke. »Die Cho- schen Partnern und dem Goethe-Institut in Das Goethe-Institut wurde 1955 in kulturelle Insel der Freiheit, auch wenn reografin, Tänzerin und Opernregisseurin Deutschland – dieses Netzwerk zu stärken Barcelona gegründet. In einer Aktenno- das Ende der Franco-Diktatur schon fast Sasha Waltz konnten wir beispielsweise und auszubauen«, so Marion Haase. Es geht tiz wurde vermerkt: »Immer schon wur- 40 Jahre zurückliegt. Es ist eine Instituti- schon sehr früh nach Barcelona holen, da um die Mobilität in Europa. Sie ist ein wich- de nach einem neuen Gebäude gesucht, on, auf der bis heute ein ganz besonderes kannte man sie in Spanien noch gar nicht«, tiger Teilaspekt der Europäischen Union. aber es wurde nicht gefunden.« Mehr als Augenmerk liegt. »Die Türen stehen weit erklärt Marion Haase. Kein Wunder, dass Die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt inner- 40 Jahre danach bekam das zweigeteilte offen für die Bürger dieser Stadt«, kom- sich die berühmte Bühnenkünstlerin im halb Europas auf ein solides Fundament Institut dann einen ihm gebührenden mentierte der inzwischen verstorbene ehemaligen Blumenmarkt Mercat de les zu stellen, weiteres Zusammenwachsen zu Sitz von 2.000 Quadratmetern mit einer Schriftsteller Josep Maria Carandell die- Flors, der zur Theaterstadt gehört, ein ermöglichen, das sieht die Institutsleiterin stattlichen Bibliothek und Mediathek, die ses Phänomen. »Hier hat man uns immer Stück zuhause fühlt. Marion Haase als »eine große gemeinsa- auf dem neuesten Stand ist und von Kurs- unterstützt, selbst in schwierigen Zeiten. Die einheimische Tagespresse lobt ger- me Verantwortung. Nicht zuletzt durch die teilnehmern und Besuchern genutzt wird, Das vergessen wir nicht.« ne, dass »das Kulturprogramm des Goethe- Mobilität auf dem Arbeitsmarkt bekommt Unterrichtsräumen und einem Auditorium, Wer sich während der Franco-Diktatur Instituts zu den attraktivsten und fort- Europa inzwischen Beine.« in dem einige der kulturellen Veranstal- an der Guardia Civil vorbeitraute, um ins schrittlichsten der Stadt gehört.« Zu den tungen durchgeführt werden. Zum ersten Institut zu gelangen, konnte beispielswei- Höhepunkten der letzten Jahre zählten Anuschka Seifert ist freie Journalistin, Mal waren nun alle Abteilungen unter ei- se Stummfilme sehen, die von den Fran- ebenso das »Videomapping« des Instal- Fernsehautorin und Dokumentarfilmema- nem Dach. quisten zensiert waren. »Die Polizei ging lationskünstlers Sebastian Neitsch, der die cherin 10 recht www.politikundkultur.net

Arbeit von Galerien wird verkannt Zur Forderung der EU-Kommission nach einer Abschaffung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für den deutschen Kunsthandel

Peter Raue und anderen Punkt: Während nach der EU- Zweck des nach der EU-Richtlinie gel- des ermäßigten Umsatzsteuersatzes menhang mit der Margenbesteuerung Friedhelm Unverdorben Richtlinie selbstverständlich auch die tenden ermäßigten Steuersatzes für die würden auch die öffentlichen Museen lohnt aber ein Blick nach Frankreich. von Künstlern erstellten Fotografien Bildende Kunst auseinander, noch be- empfindlich getroffen, die ohnehin nur Denn nach dem französischen Umsatz- it ihrer der Bundesrepublik zu den »Kunstgegenständen« gehören, rücksichtigt sie, dass sich aufgrund der über geringe Ankaufetats verfügen. Ins- steuerrecht gibt es speziell für den Be- Deutschland am 28. Februar auf die der ermäßigte Umsatzsteuer- von der EU-Richtlinie abweichenden besondere die mittelbare Förderung der reich des Kunsthandels die gesetzliche M 2012 zugegangenen Stellung- satz Anwendung finden kann, wird Fo- deutschen Regelung für den deutschen staatlichen und kommunalen Museen Möglichkeit nicht den tatsächlichen nahme verlangt die Europäische Kom- tokunst in Deutschland vom Anwen- Kunsthandel tatsächlich keine Wettbe- ist einer der wesentlichen Gründe wa- Differenzbetrag zwischen Verkaufs- und mission von Deutschland, innerhalb dungsbereich des ermäßigten Steuer- werbsvorteile ergeben. Denn auch in rum es für den Bereich der Bildenden Einkaufspreis der Margenbesteuerung von zwei Monaten die deutschen Vor- satz ärgerlicherweise ausgenommen. anderen EU-Mitgliedstaaten unterlie- Kunst den ermäßigten Steuersatz gibt. zugrunde zu legen, sondern eine aus- schriften für die Anwendung des ermä- Bereits seit 1994 enthalten die EU- gen Verkäufe von Kunstwerken durch Es wird höchste Zeit, dass die Europä- gehend vom Verkaufspreis pauschal ßigten Umsatzsteuersatzes (7 Prozent) Richtlinie und das deutsche Umsatz- Galerien de facto einem ermäßigten ische Kommission die herausragende zu ermittelnde Handelsspanne. Die auf den Verkauf von Kunstgegenstän- steuergesetz diese unterschiedlichen Umsatzsteuersatz, sei es, weil ihre Um- Bedeutung des ermäßigten Umsatz- Zugrundelegung der pauschalen Han- den zu ändern und diese wie herkömm- Regelungen. Nie hat die Europäische satzsteuergesetze ebenfalls nicht der steuersatzes für den Bereich der Bil- delsspanne, die in Frankreich 30 Pro- liche Güter mit 19 Prozent zu besteu- Kommission in der Vergangenheit ei- EU-Richtlinie entsprechen, sei es, weil denden Kunst anerkennt. Deshalb sollte zent des Verkaufspreises eines Kunst- ern, da die derzeit bei uns geltenden nen Grund gesehen, die deutsche Re- es in den einzelnen Ländern spezielle der aktuelle Vorstoß der Europäischen werks beträgt, führt im Ergebnis dazu, Vorschriften nicht mit dem EU-Recht gelung zu beanstanden, nach der auch Regelungen gibt, wie eine besondere Kommission endlich Anlass sein, den dass die Umsatzsteuerbelastung beim vereinbar seien. der Verkauf von Kunstgegenständen Art der Margenbesteuerung. Von einer verunglückten Wortlaut der EU-Richt- Verkauf eines Kunstwerks durch einen Eine Verteuerung der Kunstgegen- durch Galerien dem ermäßigten Um- Rüge der Praxis in den anderen EU- linie schnellstens den Gegebenheiten französischen Galeristen de facto dem stände um 12 Prozent hätte für den satzsteuersatz unterliegt. Ebenso hat Mitgliedstaaten ist nichts bekannt. des europäischen Kunstmarktes anzu- ermäßigten Umsatzsteuersatz ent- deutschen Kunstmarkt naturgemäß sich der deutsche Gesetzgeber in all den Es ist schlicht nicht nachvollzieh- passen spricht, der in Frankreich für den Ver- erhebliche negative Folgen. Leidtra- Jahren nicht dazu durchringen können, bar warum die geltende EU-Richtlinie Die Änderung der EU-Richtlinie ist kauf eines Kunstwerks durch den Urhe- gende wären insbesondere Galeristen, den von der EU-Richtlinie gegebenen anders als das deutsche Umsatzsteu- aber nur im Rahmen eines langwieri- ber Anwendung findet. Ausgehend von Künstler und Museen: der gesamte Spielraum auszunutzen auch die Fo- errecht für die Anwendung des ermä- gen Prozesses zu erreichen. Deshalb dem französischen Modell könnten – bei Kunsthandel! tokunst für Umsatzsteuerzwecke als ßigten Umsatzsteuersatzes überhaupt steht zu befürchten, dass die deutsche Abschaffung des ermäßigten Umsatz- Worum geht es? Nach der für die Kunstgegenstände anzuerkennen. danach differenziert, ob ein Kunstwerk Regierung – entgegen der erfreulich steuersatzes für den Verkauf von Kunst- Umsatzsteuer geltenden Richtlinie Jetzt aber behauptet die Europäische direkt vom Künstler oder über eine klaren Absichtserklärung des Staatsmi- werken durch Galerien – im deutschen der Europäischen Union können die Kommission, dass Deutschland mit der Galerie verkauft wird. Denn Sinn und nisters für Kultur und Medien, der For- Umsatzsteuergesetz die Regelungen zur Mitgliedsstaaten bei der Einfuhr und Anwendung des ermäßigten Umsatz- Zweck des nach der EU-Richtlinie für derung der Europäischen Kommission Margenbesteuerung dahingehend er- dem Verkauf von Kunstgegenständen steuersatzes auf sämtliche Lieferun- Kunstgegenstände geltenden ermäßig- nach einer Umsatzsteuer-Erhöhung gänzt werden, dass auch dem deutschen einen ermäßigten Steuersatz anwen- gen von Kunstgegenständen gegen ten Steuersatzes war und ist es, die Bil- für den Kunsthandel entgegenzutre- Kunsthandel die gesetzliche Möglichkeit den; allerdings nur dann, wenn der die EU-Richtlinie verstoße. Dass die dende Kunst in Europa zu fördern. Die ten – kurzfristig der Aufforderung der eingeräumt wird, der Margenbesteue- Verkauf direkt durch den Künstler, sei- Europäische Kommission diesen Vor- Bildende Kunst wird naturgemäß auch EU-Kommission nach einer Änderung rung eine pauschale Handelsspanne nem Rechtsnachfolger oder einem Ge- wurf jetzt erhebt, dürfte seinen Grund dann gefördert, wenn der Künstler sein des deutschen Umsatzsteuergesetzes zugrunde zu legen. Wenn der deutsche legenheitsverkäufer erfolgt. Nach dem nicht zuletzt in den im September 2010 Werk nicht alleine verkauft, sondern nachkommen wird, nicht aus besserer Fiskus aus dem Vorstoß der Europäi- deutschen Umsatzsteuergesetz unter- veröffentlichten Endbericht des vom sich hierzu der Hilfe eines Galeristen Einsicht, sondern ausschließlich um schen Kommission gegen den deutschen ein Vertragsverletzungsverfahren zu ermäßigten Umsatzsteuersatz zu Lasten vermeiden. Dieser rein formalen Ge- der Künstler, Galerien und Museen kei- sichtspunkten geschuldete Gehorsam nen fiskalischen Nutzen ziehen möchte, darf aber nicht zu Lasten des Kunst- dürfte nach ersten Berechnungen eine handels gehen. Deshalb müssten im pauschale Handelsspanne von 20 bis 25 Falle einer Abschaffung des ermä- Prozent des Verkaufspreises angemessen ßigten Umsatzsteuersatzes für den sein. Verkauf von Kunstwerken durch den Kunsthandel gesetzliche Ausgleichs- Chance für die Fotokunst? maßnahmen geschaffen werden, die im Rahmen der EU-Richtlinie zulässig Für den Fall, dass die Bundesregierung sind. der Aufforderung der Europäischen Kommission nachkommen sollte, den ermäßigten Steuersatz entsprechend der Margenbesteuerung auf Grundlage EU-Richtlinie auf Verkäufe von Kunst- einer pauschalen Handelsspanne gegenstände durch Galerien zukünftig Auf der Suche nach einem schadens- abzuschaffen, wäre es nur recht und mindernden Ausgleich geraten ins- billig, wenn die Bundesregierung die besondere die bereits im deutschen notwendige Änderung des Umsatzsteu- Umsatzsteuergesetz vorhandenen ergesetzes zum Anlass nimmt, ebenso Regelungen über die sogenannte Mar- entsprechend der EU-Richtlinie endlich genbesteuerung in den Fokus. Nach auch die Fotokunst für deutsche Um- diesen Regeln, die nach dem Gesetzes- satzsteuerzwecke zukünftig als das zu wortlaut auch für neue, atelierfrische behandeln, was sie ist, als Kunst! Das Kunst gelten, kann ein Kunsthändler heißt, wie andere Kunstgegenstände anstelle des Verkaufspreises die Diffe- auch sollte zukünftig auch die Einfuhr renz zwischen dem Verkaufspreis und von Fotokunst und der Verkauf von Fo- dem Einkaufspreis der Umsatzsteuer tokunst durch den Künstler dem ermä- unterwerfen. Auf diesen Differenzbe- ßigten Umsatzsteuersatz unterliegen trag wird aber zwingend und auch heute und soweit der Verkauf der Fotokunst schon der reguläre Umsatzsteuersatz durch eine Galerie erfolgt die Margen- von derzeit 19 Prozent angewendet. Ab- besteuerung Anwendung finden können. gesehen von dem praktischen Problem, Mit der europarechtskonformen dass es beim Verkauf von Kunstwerken umsatzsteuerlichen Anerkennung der sehr häufig nicht möglich ist, den ge- Fotokunst als Kunst käme die Bundes- nauen Einkaufspreis zu ermitteln, hat regierung auch einer Empfehlung des die Margenbesteuerung einen gravie- am 11.12.2007 veröffentlichten Schluss- renden Nachteil: Der Verkäufer kann berichts der Enquete-Kommission Kul- die ihm beim Kauf des Kunstwerks tur in Deutschland nach. Die Enquete- vom Künstler in Rechnung gestellte Kommission hatte für den Bereich des

oelnmesse Umsatzsteuer nicht als sogenannte Umsatzsteuerrechts unter ausdrück- : K : Vorsteuer in Abzug bringen. Nach den lichem Hinweis auf die EU-Richtlinie

F oto derzeit geltenden Regeln wäre die An- gefordert, Kunstfotografien für Zwecke Galerie Greve, Halle 11.2 wendung der Margenbesteuerung für des deutschen Umsatzsteuerrechts als den Kunsthandel deshalb auch keine Kunstgegenstände zu behandeln. Dieser liegen die Einfuhr und der Verkauf von Bundesministerium für Finanzen in bedient. Den ermäßigten Steuersatz, Alternative zum ermäßigten Steuersatz Empfehlung der Enquete-Kommission Kunstgegenständen dem ermäßigten Auftrag gegebenen Forschungsgutach- wie von der Europäischen Kommission auf den Verkaufspreis. Denn aufgrund kann man nur beipflichten. Denn wieso Steuersatz von 7 Prozent. Anders als tens zu den Umsatzsteuersätzen haben, jetzt gefordert, zukünftig nicht auch auf des nicht bestehenden Rechts zum Vor- ein Ölbild zum Beispiel von David Hock- nach der EU-Richtlinie kommt es im in dem die Anwendung des ermäßigten den Verkauf von Kunstwerken durch steuerabzugs und des Ansatzes des Re- ney in Deutschland umsatzsteuerlich Rahmen des deutschen Umsatzsteuer- Umsatzsteuersatzes auf sämtliche Lie- Galerien anzuwenden, würde die exis- gelsteuersatzes auf den Differenzbetrag gegenwärtig anders beurteilt wird als gesetzes für die Anwendung des ermä- ferungen von Kunstgegenständen als tentielle Arbeit der Galerien als zent- zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis eine Fotografie von David Hockney war ßigten Umsatzsteuersatzes aber nicht europarechtlich unzulässig kritisiert ralen Ort des deutschen Kunsthandels entsteht – je nachdem wie hoch der Dif- und ist dem Käufer dieser Kunst nicht darauf an, wer den ­Kunstgegenstand wurde. verkennen: Galerien betreuen in aller ferenzbetrag ist – eine beim Verkauf des vermittelbar. verkauft. Deshalb unterliegt auch der In ihrer am 28. Februar 2012 der Bun- Regel oft über Jahre einen Künstler, ehe Kunstwerks insgesamt um bis zu 6 Pro- Verkauf von Kunstgegenständen durch desrepublik Deutschland zugegangenen dieser überhaupt wahrgenommen und zent höhere Umsatzsteuerbelastung ge- Peter Raue ist Rechtsanwalt sowie Galerien und Auktionshäusern dem er- Stellungnahme argumentiert die Euro- anerkannt wird. Galerien unterstützen genüber der Steuerbelastung, die sich Vorsitzender des Fachausschusses mäßigten Steuersatz. Die EU-Richtlinie päische Kommission allein mit rechts- und beraten die Museen und tragen zur ergibt, wenn auf den Verkaufspreis der Steuern im Deutschen Kulturrat und das deutsche Umsatzsteuergesetz formalen Gesichtspunkten. Weder setzt kulturellen Bildung der interessierten aktuell geltende ermäßigte Umsatz- Friedhelm Unverdorben ist Rechts­ unterscheiden sich aber noch in einem sich die Kommission mit dem Sinn und Öffentlichkeit bei. Mit der Abschaffung steuersatz angewendet wird. In Zusam- anwalt und Steuerberater Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 Recht 11

7 Prozent – mehr als nur ein Satz Die reduzierte Umsatzsteuer für die Bildende Kunst hat sich seit Jahrzehnten bewährt. Für die Kultur insge- samt ist sie das denkbar effektivste Förderinstrument.

Klaus Gerrit Friese als 300.000 Euro Umsatz; angesichts der Kostenstruktur im Kunsthandel ie reduzierte Umsatzsteuer sind damit Gewinne unmöglich. Seit hat entscheidend dazu beige- 2007 ist der Umsatz im Primärmarkt D tragen, dass sich die Künste in der Galerien um nahezu 25 Prozent Deutschland in einzigartiger Vielfalt geschrumpft, während der Umsatz der entwickeln konnten. Diese ist durch Auktionshäuser mehr als stabil blieb, das Vorhaben der Europäischen Kom- sich sogar positiv entwickelte. Der Han-

oelnmesse mission massiv gefährdet. Denn die del mit den Arbeiten von jungen, noch :K wirtschaftlichen Einbußen, die in Fol- unbekannten Künstlern ist dramatisch

F oto ge der geforderten Mehrwertsteueran- schwieriger geworden. Galerie: Thomas Zander, Halle 11.3 hebung eintreten würden, liegen auf Es gibt in Europa Ausnahmetatbe- der Hand: Sie werden denkbar schlech- stände. Mögen auch die meisten Län- te Auswirkungen auf den gesamten der den vollen Mehrwertsteuersatz bei Kunstbetrieb haben. Dagegen setzen der Bildenden Kunst haben, so gibt es sich alle Akteure und Institutionen im Länder, die nur einen halbierten Satz Kultursektor mit Entschiedenheit zur anwenden. Großbritannien kennt eine Die Kunst braucht Wehr! Von einem sich degressiv ent- Einfuhrumsatzsteuer von nur fünf Pro- wickelnden Kunstmarkt sind nämlich zent auf Kunstwerke, ein riesiger Wett- nicht zuletzt die Künstler betroffen, bewerbsvorteil im eh schon überaus deren wirtschaftliche Situation ana- starken Auktionsbereich. Frankreich einen Rettungsschirm log zur Vermarkterseite überwiegend hat eine Form der Umsatzbesteuerung instabil ist. Die Mehrwertsteuerermä- im Kunsthandel eingeführt, die als Er- Die Mehrwertsteuererhebung für Bildende Kunst verstößt gegen ßigung ermöglicht Galerien, die sich in gebnis einen Steuersatz von nur sechs die ratifizierte UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt. hohem Maße der Kunst und der Künst- Prozent bei dem Verkauf von Kunstwer- lerförderung verpflichtet fühlen, ihre ken zur Folge hat. Werner Schaub derung, neben der Künstlersozialver- in Kauf zu nehmen. Schließlich gibt die Arbeit. In den Niederlanden wurde im letz- sicherung und den gesetzlich veran- Bundesregierung sonst ja auch nicht Das gestalterische und innovative ten Jahr der volle Mehrwertsteuersatz un also soll die Bildende Kunst kerten Urheberrechten wie zum Bei- immer klein bei: Derzeit sind etwa Potential der Galerien ist eine der we- für die Bildende Kunst eingeführt. Das dran glauben müssen. Brüs- spiel dem Folgerecht. Ein System, das 80 Vertragsverletzungsverfahren ge- sentlichen Triebfedern der Entwicklung Ergebnis beschrieb der wichtige nie- N sel will es so. Unwiderruflich. Künstlerinnen und Künstlern einen gen die Bundesrepublik Deutschland der Bildenden Kunst in Deutschland derländische Sammler George Kremer Die EU-Kommission verlangt von der Rahmen steckt, der es ihnen überhaupt anhängig – und das in Bereichen mit seit den 1960er-Jahren. Es geht einher vor einigen Wochen anlässlich eines Bundesregierung, den ermäßigten ermöglicht, den Ausgangspunkt für die weit weniger gesamtgesellschaftlichen mit hohem wirtschaftlichem Risiko. Die Symposiums auf der bedeutendsten Mehrwertsteuersatz für Kunstgegen- viel beschworene kulturelle Vielfalt zu Auswirkungen. Man hat also durchaus permanente Investition der Galerien in Kunstmesse der Welt in Maastricht mit stände – derzeit 7 Prozent in Deutsch- schaffen: Kunst. Ein System auch, das die Förderung zeitgenössischer Kunst folgendem Satz: »Sie haben den Kunst- land – abzuschaffen und künftig den einem Staat, der sich als Kulturnation ist eine rein privatwirtschaftliche An- markt aus unserem Land vertrieben.« Normalsatz von 19 Prozent einzufüh- versteht, durchaus gut zu Gesicht steht. Die Kunstszene würde gelegenheit, obwohl Galerien wie alle Mit allem Recht hätte der deutsche ren. Denn im sogenannten Anhang Dieser Förderung steht natürlich anderen Akteure in den selbstverständ- Kunsthandel aufgrund der besonderen III der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie das Ansinnen des Fiskus entgegen, so durch eine Steuer- lich staatlich beförderten Sparten der Rahmenbedingungen, aufgrund massi- taucht die Bildende Kunst nicht auf viele Steuern wie möglich einzutreiben anhebung nachhaltig Kunst wesentlich zur kulturellen Sub- ver Wettbewerbsnachteile diesen Satz – im Gegensatz etwa zur Zucht von – Kultur hin oder her! 100 Millionen geschädigt. stanz unserer Gesellschaft beitragen. wiederholt vortragen können. Dass er Seidenraupen und Eseln! Haben da Mehreinnahmen würde die Erhöhung Jeder Künstler von Rang zeigte und nun unter den Vorzeichen schwieriger vielleicht die Kulturministerien der der Mehrwertsteuer für die Kunst um zeigt sein Werk zunächst in Galerien. ökonomischer Rahmenbedingungen europäischen Länder etwas verpennt? 12 Prozent einfahren, hatte der Bun- Übung in Berlin, wenn man denn will. Georg Baselitz, Rebecca Horn, Gerhard schlechte Realität wird, kann kein Po- Alle gleichzeitig? desrechnungshof einmal geschätzt. Und triftige, plausible und rechtliche Richter, Rosemarie Trockel, Olafur Eli- litiker wollen. In jedem Fall hat man in Brüssel Aber um welchen Preis? Der Kunst- Gründe wie die UNESCO-Konvention asson – alle wurden von einer Galerie Die Bildende Kunst macht mit den offensichtlich übersehen, dass alle markt, der sich von den Auswirkungen zum Schutz der kulturellen Vielfalt entdeckt und gefördert. Erst in einem anderen Sparten (Musik, Publizistik europäischen Staaten die UNESCO- der letzten Rezession – laut globalem oder den Aspekt einer vernünftigen zweiten Schritt folgen Ausstellungen und Darstellende Kunst) den Gesamt- Konvention zum Schutz kultureller Kunstpreisindex gab es ein Minus von Kulturförderung gibt es zu Genüge. in den Institutionen, werden die Me- begriff einer Kultur aus, die notwendig Vielfalt ratifiziert und sich zu diesem 36 Prozent! – gerade mühsam wieder Wem es gelingt, an Brüssel vorbei auch dien auf neue künstlerische Positionen für die Erneuerung und die Substanz Schutz völkerrechtlich verpflichtet einigermaßen erholt hat, würde erneut Hotelübernachtungen steuerlich zu aufmerksam. Kurz: Die Entwicklung des gesellschaftlichen Gefüges ist. Sie haben. Ziel dieses Abkommens ist es einbrechen, mit verheerenden Auswir- privilegieren, dem gelingt dies sicher der Bildenden Kunst in Deutschland darf steuerlich nicht ungleich behan- unter anderem, »das souveräne Recht kungen für die Galerieszene und für auch für die Bildende Kunst. Denn die ist ohne die Vermittlungsleistung von delt werden. Parallel zur Steuergerech- der Staaten zu bekräftigen, die Politik die Künstlerinnen und Künstler. hat einen solchen Rettungsschirm bit- Galerien undenkbar. tigkeit innerhalb der Kultursparten und Maßnahmen beizubehalten, zu Wenn schon kulturelle Aspekte ter nötig. Dazu gehören Zahlen, die den inter- darf es auch keine Unterschiede in der beschließen und umzusetzen, die sie vom Fiskus ignoriert werden, so soll- Ein Erfolg vor dem Europäischen nationalen Vergleich ermöglichen: Al- steuerlichen Behandlung von Direkt- für den Schutz der Vielfalt kultureller ten dessen Rechenkünste doch so weit Gerichtshof wäre allerdings nur ein lein Christies macht mit den sogenann- verkäufen durch die Künstler einerseits Ausdrucksformen in ihrem Hoheits- gehen, vorauszusehen, dass nach dem Etappensieg. Deshalb fordert der BBK ten »Private Sales« – den Verkäufen au- und Verkäufen durch den Kunsthandel gebiet für angemessen erachten« (Art. zu erwartenden Einbruch des Kunst- die Bundesregierung auf, darauf hinzu- ßerhalb der Auktionen, die noch ein andererseits geben, was der Kommis- 1, Buchstabe h). Und die Konvention marktes auch längst nicht mehr diese wirken, dass die Kunst in den Anhang Mehrfaches an Umsatz generieren – mit sion groteskerweise als gerecht vor- verlangt weiter, »die besondere Natur Steuereinnahmen so fließen werden III der EU-Mehrwertsteuer-Richtlinie über 800 Millionen Euro mehr Umsatz schwebt. Es geht jetzt und auf Dauer wie vom Rechnungshof prognostiziert! aufgenommen wird. Ein solcher Schritt als der gesamte deutsche Kunsthandel, in der Bildenden Kunst um die Einheit Nach Adam Riese. ist überfällig. Und diese Bemühungen die Auktionatoren miteinbeschlossen. von Museen, Sammlern, Künstlern, Ga- Die UNESCO- Dafür aber wäre die Kunstszene könnten durchaus flankiert werden Das größte deutsche Kunsthandelsun- leristen und Kunsthändlern, die ihren Konvention ist eine nachhaltig beschädigt. Entsprechend durch das Europäische Parlament. ternehmen – naturgemäß ein Auktions- symbolischen und konkreten Ausdruck völkerrechtliche laut und empört ist die Reaktion aller Möglicherweise aber kommt die haus – hat einen Umsatz von 50 Milli- in einer Zahl findet: 7 Prozent. Betroffenen: der Künstlerinnen und Aufforderung aus Brüssel gar nicht onen Euro, liegt also im eher unteren Verpflichtung. Künstler, der Galeristen, des Kunst- unerwartet, vielleicht kommt sie mittelständischen Bereich. Klaus Gerrit Friese ist Vorsitzender handels, der Museen, der deutschen dem deutschen Finanzminister ge- Mehr als 90 Prozent der deutschen des Bundesverbands deutscher von kulturellen Aktivitäten, Gütern Kulturlandschaft schlechthin. Auch rade recht. Denn entsprechende Galerien machen hingegen weniger Galerien und Kunsthändler (BVDG) und Dienstleistungen als Träger von die politische Ebene hat gegen das An- Andeutungen von Seiten des Minis- Identität, Werten und Sinn anzuer- sinnen aus Brüssel heftig protestiert, teriums gab es ja immer mal wieder kennen« (Art. 1, Buchstabe g), da »die lässt hoffen: Kulturstaatsminister in den vergangenen Jahren. Gibt es kulturelle Vielfalt ein bestimmendes Neumann hat sich vehement für die etwa Absprachen hinter den Kulis-

Deutschland ,  Schwerpunkt »Kultur Merkmal der Menschheit ist.« Einhaltung der bisherigen Regelung sen? Das würde ja bedeuten, dass die 3  auswärts« In dieser Ausgabe: André Brie Zeitung des Deutschen Kulturrates Klaus-Dieter Lehmann www.politikundkultur.net Peter Raue Mehrwert steuern Johan Simons Augenfällig setzt Brüssel einen Schulkultur Johanna Wanka Radiokultur anderen zu besteuernden Mehr- Kulturschule, Schulkultur, ACTA Guido Westerwelle wert in Bezug auf die Bildende Kultur in die Schule? Neueste Pro und Contra WDR -Reform. Wenn es überhaupt so etwas wie stark gemacht, ebenso die Vorsitzende ganze Diskussion ohnehin obsolet Kunst an als Berlin. Plädo Entwicklungen und aktuelle Radioretter gegen Hörfunkdi- Gehen wir mit unserem neuen und viele andere yers Selbstverständnis für  Prozent. Projekte für mehr rektor. Kulturradio als Nischen als Wutbürger Seite  und  kulturelle - interneta¦ nen Stimmungs- Bildung. Seite  bis  programm. Beschneidung oder Modernisierung? machern auf den Leim? Ein- Transparenz Seite  schätzungen. Seiten  und  Nachdem die Piraten e in Umfrage- hoch nach dem anderen erklimme ist Trans n, parenz ein fast magisch Wort geworden. Die P es iraten be- schreiben ihre Mission mit »Tr parenz in der Politik« schaŒ en,ans- so eine europäische Identität gibt, dann des Kulturausschusses des Deutschen wäre und dass die Bundesregierung wie einst die Mission der Grün die Rettung der natürlic en bensgrundlagen war oder dehen Le- zialdemokratische r so- Auftrag, für die Rechte der Arbeitersc haft zu streiten. Transparenz bedeutet mehr als n Durchsichtigkeit im ur Politikbetrieb. Transparenz wird zur Ideologie ei- ner neuen Jugendbewegung. U es bei einer neuen Bewegung nichtnd da nur reicht, für etwas zu sein, sondern dazugehört, sich auc entwickelt sie sich über die Kultur – Bundestages, Monika Grütters, aber nur auf Brüssel gewartet hat, um nicht h klar von dem »Alten« abzugrenz en, ist Politik, wie wir sie machen, folgerichtig intra ns- Kultur parent. »Mehr Demokratie w agen Leitgedanke der Piraten, !« ist ein selbst über sich und sagen sie übernehmen mit das Motto des von W da- auswärts angestoßenen sozia illy Brandt ldemokratischen Aufbruchs. Mehr Mitbestimmu Neue Konzepte braucht und Bür ng gerbeteiligung, org das Land. Seite  bis jedenfalls eher als etwa über EU-Vor- auch die Vertreter aller Fraktionen in den »Schwarzen Peter« auf der Hand im Internet, soll die zeitgemäßanisiert  Antwort auf die al e te Forderung sein. Doch ist das Internet wirklich für mehr Demokr der Ort atie und Transpa- Espace chez »Xalat-Design renz? «, Dakar  Mit sichtbarem Stolz hat mir Mitarbeiter von ein Google vor einigen Wochen berichtet, dass d nehmen nun mit der Weltgesundas Unter- heitsorganisation (WHO) - Wertmarkenware Kunst? zusam- menarbeitet, weil alleine durch die Wie bemisst sich d Auswertung der Seite er Wert von Kunst? An schriften zur Gestalt von Schlangen- diesem Ausschuss. zu haben. Man wird an der Reaktion naufrufe der Suchmaschine fe An der gesellschaftlich der Bedeutsamkeit des stgestellt werde en Situation? An der ak Autors? kann, ob irgendwo auf der Welt einen tuellen Marktlage? Pandemie im Entstehen ist. Wenn KATHRIN SCHMIDT Nutzer sich in großer Anzah schreibt? Ma Krankheitsbild interessieren,l für klin- ein n könnte meinen, irgends kann m Jedenfalls in solchen, da man inmit vielen Fällen s geln in der Zukunf an Wertmarken f chon. gestattet es ( tät erwerben. Scha ür Kreativi- güssen in die ֌ entlichke den eigenen Er- zumindest de t bei der WHO die de. Ich würde viel d Süddeutschen), sic n Verantwortlichen der Alarmglocken. Nu setzen, mich einzud aran it drängt, ohne etwas vom h auf die Freiheit der Kunst r wenig Fantasie N ecken. Dann könnte ich Gedicht zu verstehen. A berufen und die in i braucht es, um sich auszuma immer, wenn ein G us dem Stand könnte ich hm verhandelten Gegen zu len, wo- edicht entstehen soll, eine Marke vier Hände füllen. Dabei ha in der sehr körp hin das führe hervorziehen und eines schreiben. Jedem and ben ernahen Hülle zu b stände n könnte. Mir i dichte und soga auch schlechte kalt den Rück st es eis- Menschen würde ich r solche, die kein Ge- zug des Autors elassen. Im An- en heruntergela das natürlich auch zugestehen.eren denken wir zum e sind, ihren Wert , sozusagen. Aus dem sie d Big Brother is watching ufen: Beispiel an Gün , schnellstens hervorgezoge ann freilich Wenn er ein Bedürfnis Coup. Und wenn ter Grass’ letzten gurken oder andere Brüsseler Merk- Der Bundesverband Bildender der Bundesregierung ablesen können, you. danach verspürt, Gedichte zu ich sage, dass ich damit Ein Gedicht geht um in Europn wurden von den Lesern. Mich beschleicht z schreiben. Jedem unehmend nach seinen Bedürfnissen? das Honorar m nicht n a (und anderswo). der Verdacht, da Grundsatz d eine, das er be ur ss gerade das Netz er Verteilung g Diesen wie bemisst sich der Wer kommen haben wird – nicht der Ort für mehr Demokratie tums habe ich als esellschaftliche t eines Gedichtes? Nach der Ost-Kind wieder n Reich- Bedeutsamkeit des Au sein wird. gebetet, er ent und wieder her- tors, der es verfasst Und transpa stammt Marxen der gesellschaftlichen Situa hat? Nach Internet schon gar nicht.rent Die ist M das s »Kritik d Programms«. Allerdings set es Gothaer Lunte ins Pulv tion, in die es wie die im Netz, das kann man auch imacht In- einen anderen vora zt Marx diesem Grundsatz erfass stürzt? Bei m us, nämlich den, dass Israel Ende letzten einem Besuch i ternetnebel ausmachen, Jahres habe ich n zunächst Israelis getroŒ en, die ihre Re mehr als genug auf der Seite von liegt mehr Google und Co tische« nannten. gierung eine »faschis- bei den Netzpiraten. . als Was künstlerische Dass ich das nicht tue, ha würdigkeiten. Künstlerinnen und Künstler (BBK), ob solche Vermutungen dem Bereich Kreativität t damit Die Bildende Kunst ist ein wesent- mit mehr als 10.000 Mitgliedern der der Spekulation zuzuordnen sind.

Zeitschriften bei ConBrioFortsetzung auf Seite  Zeitungen wär licher Bestandteil unserer Kultur, und stärkste Künstlerverband in Europa, en womöglich davor zurückge ihn zu drucken. Die b schreckt, ehauptete Form eines G edichts 4:V;n die hierzulande noch geltende Privi- fordert die Bundesregierung auf, sich Werner Schaub ist Vorsitzender legierung der Bildenden Kunst bei der Forderung aus Brüssel zu widerset- und Sprecher des Bundesver- NEUE MUSIKZEITUNG – JAZZ ZEITUNG – OPER & TANZ der Mehrwertsteuer ist ein wichtiger zen und eine Klage der EU-Kommissi- bandes Bildender Künstlerinnen POLITIK & KULTUR – KUNST+ KULTUR – KULTURAUSTAUSCH www.conbrio.de Bestandteil der deutschen Kulturför- on vor dem Europäischen Gerichtshof und Künstler (BBK) 12 kulturelle bildung www.politikundkultur.net

Bündnisse für Bildung BMBF fördert mit dem ökonomischer und/oder kultureller ­Programm »Bündnisse Benachteiligung betroffen und da- mit von gesellschaftlicher Teilhabe für Bildung« ab 2013 ausgeschlossen sind. Bildungsgerechtigkeit • Der inhaltliche Programmschwer- und kulturelle Teilhabe. punkt liegt auf der kulturellen Bil- dung, der im Rahmen non-formaler Bildungsprozesse und Teilhabe-Er- Hildegard Bockhorst fahrungen besondere Bedeutung bei- gemessen wird. Damit würdigt die irkus und spielpädagogische Ak- Bundesbildungspolitik die Potenziale tionen in sozialen Brennpunkten, Kultureller Bildung in Hinsicht auf Z einjährige Medien- und Thea- diese Zielgruppen ebenso wie sie die terwerkstätten im offenen Ganztag zugehörigen Fördernotwendigkeiten einer Gesamtschule, Kunstaktionen erkannt hat. und Rockmobile im ländlichen Raum, • Das Programm soll zivilgesellschaft- Patenschaften für bildungsbenachtei- lich konturiert und umgesetzt wer- ligte Kinder in Jugendkulturzentren den. Dies bedeutet, dass jenseits und Museen – all diese und weitere Bil- staatlicher Institutionen besonders dungsgelegenheiten ermöglicht ab 2013 das Feld der freien Träger und zivil- das auf fünf Jahre angelegte Programm gesellschaftlichen Netzwerke aufge- »Bündnisse für Bildung« des Bundesmi- fordert ist und darin bestärkt wird, nisteriums für Bildung und Forschung Bildungsgelegenheiten zu schaffen. (BMBF). Es wird, jährlich im zweistel- Besonders gefördert wird das freiwil- ligen Millionenbereich, konkrete Bil- lige Engagement. dungsmaßnahmen für benachteiligte • Die Maßnahmen selbst sind auf loka- Kinder und Jugendliche im Alter von 3 ler Ebene verankert und setzen, wie bis 18 Jahren fördern, welche von einem beschrieben, ein Bündnis aus min- com Bündnis, das heißt von mindestens drei destens drei Partnern voraus. Die- . lokalen Partnern, umgesetzt werden. se Partner bringen ihre jeweiligen »Ziel ist es, mehr Bildungschancen für fachlichen Kompetenzen und struk- bildungsbenachteiligte Kinder und Ju- turellen Ressourcen ein. Gefragt ist

gendliche zu eröffnen und damit einen hier die Kooperationsfähigkeit und P hotocase / G. wirksamen Beitrag zum Abbau von Bil- Vernetzungskompetenz unterschied- dungsarmut zu leisten« (BMBF, März licher Felder, zum Beispiel der Anbie- G erti :

2012). Was sich so leicht und knapp ter kultureller Bildung inklusive der F oto beschreiben lässt, ist ein großer Pau- Hoch- und Soziokultur hin zu Trägern Das Fünfjahresprogramm des BMBF soll kulturelle Teilhabe erhöhen. kenschlag in der Bundesbildungspolitik der Jugend- und Sozialarbeit, zu Mi- und eine enorme Chance und Heraus- grantenselbstorganisationen oder und Partnern eine gemeinsame Präam- Realisierung, an einer differenzierteren die teilnehmenden Kinder und Jugend- forderung für die Anbieter kultureller Freiwilligenagenturen, zu Behinder- bel »Bündnisse für Bildung mit Kunst Bedarfsanalyse in Hinsicht auf diese lichen. Dabei wird nicht nur zu Beginn, Bildung. teneinrichtungen oder Schulen. und Kultur« und einen gemeinsamen Kinder und Jugendliche, an der selbst- sondern vor allem auch zum Ende des Überaus begrüßenswert und unmit- Qualitätsrahmen, der die Prinzipien kritischen Beleuchtung von Distink- Programms zu diskutieren sein, unter telbar anschlussfähig an die Konzepte Die offizielle Förderbekanntmachung und Qualitätskriterien kultureller Bil- tionspotenzialen kultureller Bildung welchen Gelingens- und Rahmenbe- kultureller Bildung sind die fünf zentra- nebst Antragsverfahren ist für die zwei- dung aufgreift. Damit sollte es gelin- und häufig auch an den notwendigen dingungen eine »Kulturelle Bildung für len Programmbausteine, welche das te Aprilhälfte vorgesehen. Die bundes- gen, auf Bundesebene sowohl fachlich finanziellen Rahmenbedingungen bzw. mehr« möglich ist. BMBF zur Voraussetzung macht: weiten Fach- und Dachverbände sowie als auch strategisch die notwendigen der Bereitschaft, vorhandene finanzi- bundesweite Initiativen der kulturellen Grundlagen für die Programmumset- elle Ressourcen hierfür gezielt einzu- Hildegard Bockhorst ist • Gefördert werden außerschulische Bildung sind bereits jetzt gut beraten, zung zu schaffen. setzen. Jenseits einer Erweiterung der Geschäfts­führerin der Bundes­ bzw. außerunterrichtliche Maßnah- eine mögliche Programmbeteiligung Dies lenkt den Blick nochmals auf konkreten kulturellen Bildungsange- vereinigung Kulturelle men. Damit fokussiert das BMBF die zu sondieren und erste Umsetzungs- die mit dem Programm verbundenen bote vor Ort für benachteiligte Kinder Kinder- und Jugendbildung Potenziale non-formaler und infor- konzepte zu diskutieren. Mit dem kul- Chancen und Herausforderungen. Das und Jugendliche wird es also Aufgabe meller Bildungsprozesse, die im Zu- turellen Programmschwerpunkt liegt Feld der kulturellen Bildung muss be- der Plattform »Kulturelle Bildung« sein, sammenspiel mit formaler Bildung es nun in ihrer Hand, gemeinsam die weisen, dass über die schon zahlreich genau diesen Leerstellen diskursiv zu Bündnisse für erst Gewähr für eine erfolgreiche Bil- Antragskonzepte so miteinander abzu- in der Landschaft verankerten Einzel- begegnen und Konsequenzen für die  dungsbiografie bieten. »Sie wecken stimmen und zu bündeln, dass in einem und Leuchtturmprojekte hinaus syste- Weiterentwicklung der Konzepte und Bildung Kreativität, vermitteln Teamgeist, vielfältigen Mosaik alle Sparten, An- matisch ein Zugang zu und ein Angebot Strukturen kultureller Bildung abzu- Selbstbewusstsein und die Erfahrung gebotsformate und Einrichtungstypen für bildungsbenachteiligte Kinder und leiten. Hier sind die Fach- und Dach- Nähere Informationen zu den För- der Selbstwirksamkeit und haben eine berücksichtigt werden und so systema- Jugendliche gelingen kann. Diese Ziel- verbände, die regionalen und lokalen dereinrichtungen, den Antragsfristen große Strahlkraft ins soziale Umfeld« tisch alle Altersgruppen und Bedarfsla- gruppen zählen, allen Konzepten zum Partner und die Bundesbildungspolitik sowie der Auswahl der Projektpartner (BMBF, März 2012). gen der Kinder und Jugendlichen Ein- Trotz, noch immer nicht zum Kernkli- wie auch die Länder gleichermaßen der »Bündnisse für Bildung« lagen bei • Diese Maßnahmen wenden sich, wenn gang finden. Die Bundesvereinigung entel der Angebote kultureller Bildung. gefragt. Redaktionsschluss noch nicht vor. Sie auch nicht ausschließlich, an Kinder kultureller Jugendbildung (BKJ) als Die Gründe hierfür sind vielfältig: Bis- Bleibt zu hoffen und zu erwarten, werden auf den Seiten des Bundesmi- und Jugendliche, die vor allem von Dachverband der Kulturellen Bildung her fehlt es nicht an programmatischen dass die Programmergebnisse nachhal- nisteriums für Bildung und Forschung Bildungs-, aber auch von sozialer, diskutiert hierzu mit ihren Mitgliedern Ansätzen, sondern an der praktischen tige Wirkung entfalten – vor allem für www.bmbf.de veröffentlicht werden.

stellen gar nichts in Frage!« alles öffentliche Theater und Museen be- andere als produktiv und, neben- stellt ist, bei denen meist 80 Prozent bei gesagt, auch nicht zeitgemäß. des Etats in sogenannte nicht flexible Was Willy Brandt gleich nach dem Ausgaben wie Tarifgehälter gehen (da Das Wichtigste Mauerfall 1989, der übrigens auch stehen schon wieder sechs Prozent Jetzt schwerwiegende Auswirkungen auf Erhöhungen ins Haus), und nur der zur Kulturpolitik testen! die deutsche Kulturlandschaft hatte, geringste Teil in die künstlerische Fordern Sie Ihr gratis Probe-Exemplar an! Nun macht mal halblang, muss man gesagt hat, gilt doch auch heute noch, Produktion. Von Museen ganz zu Per Telefon:  .    , Fax:  .     beiden Seiten im Streit um den »Kul- auf allen Ebenen der Gesellschaft: schweigen, die über so gut wie keine oder E-Mail: [email protected]. turinfarkt« wohl zurufen. Wie immer »Nichts wird mehr so sein, wie es Ankaufsetats für ihre Sammlungen in Deutschland, wird man gleich ganz vorher war!« Oder, um mit einem mehr verfügen, einst eine ihrer vor-

grundsätzlich. Die einen wollen die rebellischen Künstler wie Wolf Bier- nehmsten Aufgaben schlechthin. Schwerpunkt »Kultur auswärts« Kultureinrichtungen gleich halbieren, mann zu sprechen: »Nur wer sich Also, es gibt auch in der Kulturpo-

Deutschland um die Gelder anders zu verteilen, ändert, bleibt sich treu!« Und wem litik viel nachzudenken über not- 3,00 € 3 12 und die anderen befürchten gleich der Troubadour und Barde Biermann wendige Veränderungen, ohne dass www.politikundkultur.net einen »kulturpolitischen Kanniba- nicht »seriös« genug ist, darf man gleich der Untergang der Kultur des In dieser Ausgabe: Zeitung des Deutschen Kulturrates ACTA André Brie Radiokultur Gehen wir mit unserem neuen Selbstverständnis als Wutbürger lismus« und beschimpfen die Gegner auch gerne Georg Christoph Lichten- Abendlandes drohen muss. Bei allen Schulkultur Pro und Contra WDR 3-Reform. Klaus-Dieter Lehmann Mehrwert steuern Kulturschule, Schulkultur, Radioretter gegen Hörfunkdi- internetaffinen Stimmungs- Peter Raue rektor. Kulturradio als Nischen- machern auf den Leim? Ein- Augenfällig setzt Brüssel einen - Kultur in die Schule? Neueste Seiten 28 und 29 programm. Beschneidung oder schätzungen. sogar als »schlechte Patrioten«. Bei- berg (1742–1799) zitieren: »Ich kann Einwänden gegen den »Kulturin- Johan Simons anderen zu besteuernden Mehr Entwicklungen und aktuelle Seite 27 Johanna Wanka wert in Bezug auf die Bildende Projekte für mehr kulturelle Modernisierung? Kunst an als Berlin. Plädoyers Bildung. Seite 12 bis 14 Guido Westerwelle Seite 10 und 11 den Seiten darf man zurufen: »Haben freilich nicht sagen, ob es besser wer- farkt«, der Definition der Autoren für 7 Prozent. und viele andere Sie ’s nicht ’ne Nummer kleiner?« den wird, wenn es anders wird; aber von zeitgemäßer Kulturpolitik wird Transparenz - Sicherlich sind die Vorschläge der so viel kann ich sagen, es muß anders niemand ernsthaft widersprechen Nachdem die Piraten ein Umfrage hoch nach dem anderen erklimmen, ist Transparenz ein fast magisches - Wort geworden. Die Piraten be - »Kulturinfarkt«-Autoren teilweise werden, wenn es gut werden soll.« können: »Sie gestaltet unvermeid- schreiben ihre Mission mit »Trans parenz in der Politik« schaffen, so wie einst die Mission der Grünen - unausgegoren und schießen auch Das gilt doch auch für eine Kultur- liche Veränderungen, statt sie zu die Rettung der natürlichen Le - bensgrundlagen war oder der so zialdemokratische Auftrag, für die Rechte der Arbeiterschaft zu streiten. über das Ziel hinaus. Andererseits politik, die sehr wohl weiß, wie es behindern.« Wie wahr und zeitgemäß, Transparenz bedeutet mehr als nur Durchsichtigkeit im Politikbetrieb.- Transparenz wird zur Ideologie ei ist die generelle Gegenposition »Wir um schwerfällige Kulturtanker wie meint Mommert. ner neuen Jugendbewegung. Und da es bei einer neuen Bewegung nicht nur reicht, für etwas zu sein, sondern dazugehört, sich auch klar von dem

»Alten« abzugrenzen, ist Politik, wie- ILGES

wir sie machen, folgerichtig intrans G parent.

»Mehr Demokratie wagen!« ist ein IMONE : S :

- Leitgedanke der Piraten, sagen sie OTO selbst über sich und übernehmen da F mit das Motto des von Willy Brandt angestoßenen sozialdemokratischen Aufbruchs. Mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung, organisiert im Internet, soll die zeitgemäße Antwort auf die alte Forderung sein. Espace chez »Xalat-Design«, Dakar 2008 Doch ist das Internet wirklich der Ort- für mehr Demokratie und Transpa renz? Mit sichtbarem Stolz hat mir ein tors? Mitarbeiter von Google vor einigen- Wochen berichtet, dass das Unter - Wertmarkenware Kunst?? nehmen nun mit der Weltgesund - Wie bemisst sich der Wert von Kunst? An der Bedeutsamkeit des Au gestattet es (zumindest den Verantwortlichen der heitsorganisation (WHO) zusam An der gesellschaftlichen Situation? An der aktuellen Marktlage - Süddeutschen), sich auf die Freiheit der Kunst zu - menarbeitet, weil alleine durch die schreibt? Man könnte meinen, in vielen Fällen schon. berufen und die in ihm verhandelten Gegenstände Auswertung der Seitenaufrufe der Jedenfalls in solchen, da man mitt, den ohne eigenen etwas vomEr in der sehr körpernahen Hülle zu belassen. Im An Kathrin Schmidt Lesern. Suchmaschine festgestellt werden - güssen in die Öffentlichkeit dräng - zug des Autors, sozusagen. Aus dem sie dann freilich kann, ob irgendwo auf der Welt eine Gedicht zu verstehen. Aus dem Stand könnte ich irgends kann man Wertmarken für Kreativi schnellstens hervorgezogen wurden von den Pandemie im Entstehen ist. Wenn vier Hände füllen. Dabei haben auch schlechte Ge tät erwerben. Schade. Ich würde viel daran Ein Gedicht geht um in Europa (und anderswo). Nutzer sich in großer Anzahl für ein- dichte und sogar solche, die keine sind, ihren Wert, Zum Glück ist ein Gedicht, weder ein gutesrter noch und setzen, mich einzudecken. Dann könnte ich nicht nur Krankheitsbild interessieren, klin N denken wir zum Beispiel an Günter Grass’ letzten ein schlechtes, keine Waffe. Wenn die Befürwo immer, wenn ein Gedicht entstehen soll, eine Marke geln in der Zukunft bei der WHO die Coup. Und wenn ich sage, dass ich damit Gegner von Günter Grass es sich um die Ohren hauen, hervorziehen und eines schreiben. Jedem anderen ch der saß Alarmglocken. Nur wenig Fantasie - das Honorar meine, das er bekommen haben wird – wird keiner ernstliche Verletzungen davontragen. Für Menschen würde ich das natürlich auch zugestehen. - braucht es, um sich auszumalen, wo- wie bemisst sich der Wert eines Gedichtes? Na den Verfasser mag das anders aussehen, jedoch Wenn er ein Bedürfnis danach verspürt, Gedichte zu hin das führen könnte. Mir ist es eis - Bedeutsamkeit des Autors, der es verfasst hat? Nach Grass schon vieles aus und wird auch hierüber hin schreiben. Jedem nach seinen Bedürfnissen? Diesen n kalt den Rücken heruntergelaufen: - der gesellschaftlichen Situation, in die es wie die wegkommen. Eine Wertmarke für Kreativität hätte Grundsatz der Verteilung gesellschaftlichen Reich - Big Brother is watching you. Lunte ins Pulverfass stürzt? Bei meinem Besuch i ihm allerdings in diesem Falle Nutzen gebracht … tums habe ich als Ost-Kind wieder und wieder her - k- Mich beschleicht zunehmend atz Israel Ende letzten Jahres habe ich mehr als genug Was künstlerische Kreativität heutzutage angeb gebetet, er entstammt Marxens »Kritik des Gothaer sköp- der Verdacht, dass gerade das Netz Israelis getroffen, die ihre Regierung eine »faschis lich wert ist, wird in erster Linie von Verwertern di Programms«. Allerdings setzt Marx diesem Grunds r cht nicht der Ort für mehr Demokratie tische« nannten. Dass ich das nicht tue, hat damit tiert. Die befinden sich in einer bestenfalls janu einen anderen voraus, nämlich den, dass zunächst n, sein wird. Und transparent ist dasht zu tun, dass ich mit dem Respekt der Fremden davo figen Position. Einerseits müssen sie darauf beda Internet schon gar nicht. Die Mac - zurückschrecke, diesen Begriff zu gebrauchen. Nei sein, mit den Werken der Künstler höchstmöglichen stellen, wie Bei- im Netz, das kann man auch im In ich blicke nicht durch in Israel. Aber aus meiner Sicht Profit zu erzielen. Andererseits tragen sie durchaus ternetnebel ausmachen, liegt mehr Was künstlerische Kreativität muss es möglich sein, solche Fragen zu er den so etwas wie eine Heimstattfunktion. Ich zum Günter Grass sie stellt, ohne zur persona non grata mir auf der Seite von Google und Co. als heutzutage angeblich n spiel fühle mich meinem Verlag verbunden, weil bei den Netzpiraten. wert ist, wird in erster Linie zu werden. Selbst wenn man Deutscher ist und - auch in schwierigsten Zeiten bedingungslos zu Wenn die Piraten es mit der Fehler macht, als Fremder die Bedrohung durch de Transparenz in der Politik ernst mei- von Verwertern diktiert. Iran nicht ernst genug zu nehmen. Die medialdererseits ge der Existenz von nen, müssen sie mit dem Märchen e. Eine steuerte Wahrnehmung lässt nämlich an s brechen, dass der vermeintlich freie- schnell vergessen, dass die Annahme Wie lässt sich der Wert eines jeder nach seinen Fähigkeiten zu arbeiten hab Informationsfluss im Internet auto n kom- Massenvernichtungswaffen auf dem Territorium de Gedichtes bemessen? a- Wertmarke für Kreativität verliehe die Fähigkeit, ein matisch mündige Bürger schaffen Irak auch im Falle des Irakkrieges als Rechtfertigung- würde, »die«, so erhoffen die Pir Bedürfnis zu erfüllen. Dieser gewissermaße eines Präventivschlages der USA, des Vereinigten munistischen Utopie kann man durchaus eine Weile ien- ten, »in der Lage sind, ihre Freiheit- Königreiches und der Koalition der Willigen dien und an mir fest hielt. Dabei bin ich pekuniär sicher anhängen. Und man kommt schnell darauf, dass schon wirkungsvoll gegen totalitäre Ten a- te. Diese Annahme bestätigte sich imiligten Nachhinein mehr als allenfalls eine Eintagsfliege gewesen, dem Med die Voraussetzung des Gedankens, der Erwerb einer - denzen zu verteidigen«. nicht, zog aber für alle Konfliktbete hype sei Dank, nach dem Gewinn des Deutschencht für das Wertmarke, sich über Kauf zu vollziehen hat und d en von des Eine wehrhafte Demokratie und - schmerzhafte, nämlich vieltausendfach tödliche Fol Buchpreises. (Den habe ich übrigens ni mit die Utopie ihr Ende findet, noch ehe sie aus dem gen nach sich. Es erinnert an das Märch sich für eine transparente Politik entste her selten Buch bekommen, das ich für mein bestes halte.) Es hen nicht automatisch im Netz Denkkreis ausbrechen könnte. Kaisers neuen Kleidern, wenn man offensichtlichebeschäfti- Der Wunsch nach einem Gedicht ist e ist interessant, dass nächste Generationen und schon gar nicht durch das Netz, n als auch Fragen nicht stellt. Fragen, die auch mich Fortsetzung auf Seite 2 sondern werden ausschließlich anzutreffen, hierzulande, heutzutage, andernorts. gen. Dennoch käme ich nicht auf die Idee,sie die stellen Form Und zwar sowohl was die Zahl der Lesende e durch politisch aktive Menschen eines Gedichts vorzutäuschen, wenn ich Nr. 3/2012 die der Schreibenden betrifft. Ich bin beileibe nicht l genannt? Die gemacht, egal ob im Netz oder wo - wollte. Was jedoch wäre gewesen, Günter Grass hätt ISSN 1619-4217 4:V;n die Erste, die davon ausgeht, dass die Zahl Gedichte reckt, auch immer. seine Bemerkungen einen Leitartike B 58 662 Lesender hinter der Gedichte Schreibender zurück Zeitungen wären womöglich davor zurückgesch bleibt. Immerhin sind schon 3.000 Exemplare eines ihn zu drucken. Die behauptete Form eines Gedichts an Gedichte Olaf Zimmermann Lyriktitels eine geradezu gewaltige Auflage. Tut man

ist Herausgeber also eigentlich etwas Wertloses, wenn m von Politik & Kultur Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kulturelle bildung 13

Weg des Museums in die Schulen er- tionen, das auch über die Dauer des Mo- leichtern soll. Dabei geht es zum einen dellprogramms hinaus Bestand haben Mission kreative Schule um das eigene künstlerische Arbeiten wird. So werden die Schulen gemeinsam der Schüler und zum anderen um Ein- mit ihrem Kulturagenten in den kom- Kulturagenten: Die Teilhabe an Kunst und Kultur soll fester Bestandteil blicke in die Ausstellungsgestaltung, um menden Monaten einen sogenannten des Alltags von Kindern und Jugendlichen werden. das kuratorische Arbeiten und den Blick »Kulturfahrplan« entwickeln. Dafür hinter die Kulissen des Museums sowie haben sie zunächst eine Standortbe- Von Kristin Bäẞler Jugendbildung in Baden-Württemberg, Veränderung der Schulkultur bewirken. um kunstvermittelnde Formate, in de- stimmung für ihre Schulen erstellt, aus welche die Schulen und Kulturagenten Dadurch werden die ästhetischen Fä- nen sich die Schüler ganz individuell der ein Ak­tionsplan entwickelt wird, der ir möchten vermehrt künst- zu inhaltlichen und organisatorischen cher gestärkt, die den Ausgangspunkt den Kunstwerken des Bode-Museums die Ziele, Bedarfe und die Rahmenbe- lerisch-kulturelle Projekte Fragen begleiten und regelmäßige für die Auseinandersetzung mit Kunst annähern. Die Schüler werden dadurch dingungen der Schulen bündelt und W etablieren, Kulturschaffende Fortbildungen für die Kulturagenten und Kultur in der Schule bedeuten.« im Bode-Museum aktiv, aber auch das die Programmlaufzeit strukturiert. stärker in unsere Schulen einbinden, die anbieten. Die Aufgabe der Kulturagenten, die Bode-Museum ist in den drei Schulen Damit diese Ziele fest in den Schulen Sichtbarkeit unserer Schule im Stadt- Ziel des Programms »Kulturagen- jeweils ein lokales Netzwerk von drei präsent: Nach der Ausstellung »Gesich- verankert werden, haben die Schulen teil erhöhen und das Schulgelände als ten für kreative Schulen« ist es, Kin- Schulen betreuen, ist es, zusammen ter der Renaissance« schenkte das Bode- bereits zu Beginn des Programms ei- Ort der Kunst nutzen.« Die Hamburger der und Jugendliche für die Künste zu mit den Schulen darüber nachzuden- Museum den drei Schulen Vitrinen der nen »Kulturbeauftragten« benannt. Stadtteilschule, die diese Wünsche for- begeistern, Kenntnisse über die pro- ken, mit welchen Kulturinstitutionen Ausstellung sowie einige Gipsabdrücke Dieser – meist ein Fachlehrer der äs- mulierte, ist seit dem vergangenen Jahr fessionelle Produktion von Kunst und vor Ort Partnerschaften möglich wären. aus der Skulpturensammlung. thetischen Fächer – ist der Partner der teilnehmende Schule am Programm Kultur zu vermitteln und die Schüler Gemeinsam soll dann darüber beraten Dieses Projekt ist nur eines von Kulturagenten. Er betreibt »kulturelle »Kulturagenten für kreative Schulen«. zum Erforschen von Kunst, Musik, werden, wie das Erproben und Erfah- zahlreichen Projekten, für die die 138 Lobbyarbeit« für seine Schule und hilft Insgesamt haben sich 256 Schulen aus Theater, Tanz, Literatur und Baukul- ren der Künste stärker im Schulalltag Kulturagenten-Schulen sogenanntes die entwickelten kulturellen Angebote Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, tur anzuregen. Dafür sollen Räume ermöglicht und welche kulturellen »Kunstgeld« beantragen können. Da- in die ganze Schule zu tragen. Nordrhein-Westfalen und Thüringen für die Kunst in den Schulen etabliert Angebote gemeinsam initiiert werden runter sind unter anderem sparten- Begleitet werden diese Qualitäts- für das Modellprogramm beworben, 138 und feste Kooperationen mit Kultur- können. Das ist auch das Anliegen der übergreifende Schul-Kulturtage, Mu- entwicklungsprozesse durch länder- von ihnen wurden ausgewählt. Diesen institutionen und Künstlerinnen und Berliner Kulturagentin Anja Edelmann, sikwerkstätten, Tanz- und Theater- spezifische Fortbildungen der Lehrer, Schulen steht nun für den Zeitraum Künstlern aufgebaut werden. Hortensia die seit September 2011 eine der ins- regionale und überregionale Qualifi- von vier Jahren eine sogenannte Kultu- Völckers, Künstlerische Direktorin der gesamt 46 Kulturagenten ist. Nach zierungswochen der Kulturagenten ragentin bzw. ein Kulturagent zur Seite. Kulturstiftung des Bundes, erklärt die ihrem Studium an der Kunstakademie in der programmeigenen Akademie Mit ihm oder ihr begeben sie sich als Ziele des Programms so: »Um die ästhe- Stuttgart und »Kunst im Kontext« an Kunst, Kultur und sowie durch einen Beirat aus externen Netzwerk aus drei Partnerschulen auf tische Bildung auf eine breitere Basis der UdK Berlin arbeitete sie viele Jahre Experten aus Kunst, Kultur, Wissen- den Weg, nachhaltige Strukturen für zu stellen, brauchen wir eine größere als Bühnen- und Kostümbildnerin unter Schule müssen stärker schaft und Politik. Denn am Ende der ein vielfältiges und passgenaues An- Durchlässigkeit zwischen Kultur- und anderem an der Schaubühne Berlin und verzahnt werden. Programmlaufzeit sollen nicht nur gebot der kulturellen Bildung für ihre Bildungsinstitutionen. Die Kulturagen- am Burgtheater Wien. Darüber hinaus Erkenntnisse darüber stehen, wie die Schulen zu entwickeln und langfristige ten können hierfür die Schlüsselperso- gestaltete sie Kunstbücher für Kinder zu Schulen und Kultureinrichtungen mit Kooperationen mit Kulturinstitutio- nen sein, denn sie sind Mittler zwischen Ausstellungen und Museen. Heute ist sie ihren Kulturagenten die Zugänge zu nen aufzubauen. Initiiert und gefördert den Wünschen der Kinder und Jugend- Kulturagentin eines Schulnetzwerks im workshops oder Baukulturprojekte, bei Kunst und Kultur in den vier Jahren wird das Programm von der Kulturstif- lichen – also dem Publikum von heute Märkischen Viertel in Berlin. Gemein- denen sich die Kinder und Jugendlichen verändert und weiterentwickelt haben, tung des Bundes und der Stiftung Mer- und morgen – sowie den Schulen und sam mit der Schulleitung, den Lehrern mit dem öffentlichen Raum, den kultu- sondern auch, wie Kunst, Kultur und cator in Zusammenarbeit mit den fünf den Kulturinstitutionen. In diesem Sin- und Schülern hat sie sich auf die Suche rellen Angeboten ihrer Region und dem Schule stärker miteinander verzahnt beteiligten Bundesländern und den zu- ne hoffen wir, dass dieses gut ausgestat- nach Berliner Kulturinstitutionen ge- historischen und gesellschaftlichen werden können und welche Rahmen- ständigen Ministerien. Kooperations- tete Modellprogramm nachhaltig wirkt macht, um den Schülern zum Beispiel Kontext der Schule auseinandersetzen. bedingungen notwendig sind, um diese partner vor Ort sind die Bundesverei- und zur Nachahmung anregt.« Winfried Kunstwerke, Museen und Kunstaus- Mit den ersten Projektanträgen legten Prozesse zu verstetigen. nigung Kulturelle Kinder- und Jugend- Kneip, Leiter des Kompetenzzentrums stellungen näher zu bringen. Im Bode- die beteiligten Schulen bereits Initial- bildung, die Hamburger conecco UG/ Bildung der Stiftung Mercator, ergänzt: Museum Berlin stießen sie auf großes zündungen für die fächerübergreifen- Kristin Bäßler ist die Verantwortliche Management städtischer Kultur, die »… wir wollen über Kulturinstitutio- Interesse. Gemeinsam entwickeln sie de Entwicklung eines vielfältigen und für Kommunikation des Modellpro- Deutsche Kinder- und Jugendstiftung nen und Künstler, die von außen mit nun Formate, die sowohl den Weg der passgenauen Angebots der kulturellen gramms »Kulturagenten für kreative sowie die Landesvereinigung Kulturelle den Schulen zusammenarbeiten, eine Schulen in das Museum als auch den Bildung und Kontakte zu Kulturinstitu- Schulen«

AZ_ImageKuPa 283x189_SSP_4c PAAR_Dt._Kulturrat_ZW.indd 1 14.02.2012 13:52:52 Uhr 14 kulturelle bildung www.politikundkultur.net

Kulturelle Bildung: Kernaufgabe der Schule Die Rahmenbedingungen nachhaltiger Kooperationen in der kulturellen Bildung müssen »Bildung für alle!« ermöglichen.

Joachim Reiss oder bauen sogenannte »Leuchttürme«, Größenordnung von Schulen und Schü- Das funktioniert nur, täuscht sich nicht nur massiv über die die nur den Mangel beleuchten, aber lerzahlen nur für einen kleinen Teil der ҄҄wenn kulturelle Bildung in der Quantität aller Angebote der außer- ie Enquete-Kommission des nichts zu dessen Beseitigung beitragen. Schüler realisiert werden. Alle Experten Schule ihren originären Platz hat, schulischen kulturellen Jugendbildung Deutschen Bundestages »Kul- Mit dem Ende der Projekte in der Regel – auch in der internationalen Diskussion ҄҄wenn geregelt ist, dass sie zur und der Kultur, sondern auch über die D tur in Deutschland« unter- nach drei Jahren schauen die Beteilig- – gehen davon aus, dass kulturelle Pra- Kern- und Pflichtaufgabe von Qualität vieler Veranstaltungen. Zur streicht in ihrem Schlussbericht, dass ten meist in die Röhre: Ohne viel mehr xis die Bildung des Menschen in seiner allgemeiner Bildung gehört und allgemeinbildenden Schule gibt es in die allgemeinbildende Schule der Ort Geld kann diesen Modellen niemand gesamten Entwicklung begleiten muss, ҄҄wenn das Schulsystem für einer demokratischen Gesellschaft kei- ist, an dem aufgrund der gesetzlichen nacheifern, ohne Strukturen (wie zum es ist auf keinen Fall mit einem künst- - Zeit, ne Alternative, zu ihrer in Deutschland Schulpflicht alle jungen Menschen Beispiel die künstlerischen Fächer an lerischen Projekt in zehn Jahren Schule - Raum und finanzielle Ressourcen üblichen Form allerdings durchaus! Die bis mindestens zum 16. Lebensjahr den Schulen) gibt es keine Nachhaltig- getan. Darauf hat Anne Bamford auf der sowie Schulen können ihre Verantwortung für unabhängig von sozialer Herkunft keit, ohne Kontinuität bleibt den Schü- Tagung zur »Road Map for Arts Edu- - qualifizierte Lehrer zu sorgen hat. die Bildung und Entwicklung von Kin- und Schulart erreicht werden und sie lern bestenfalls die Verklärung eines cation« der UNESCO, die im Mai 2008 dern und Jugendlichen nicht abgeben, somit die einzige Einrichtung ist, die singulären Erlebnisses. Die Methoden in Wildbad-Kreuth stattfand, erneut Auf diesem Boden können dann jeder- allen Kindern den ersten, grundlegen- und Arbeitsprinzipien, die den Projek- unter dem Beifall der Experten hinge- zeit besondere Kooperationsprojekte den und niedrigschwelligen Zugang ten zugrunde liegen, sind der Fachwelt wiesen. Den Anspruch vielfältiger und wachsen und die Schulfächer und ihre Bildungschancen zu kultureller Bildung eröffnen kann. in der Regel bekannt. Daher gehen von in jeder Entwicklungsphase spezifisch Didaktik und Methodik befruchten. Aber: »In Deutschland werden die ihnen oft nicht einmal fachliche, me- wirksamer kultureller Bildung können Das Interesse der »Kulturseite« an bleiben vielen Chancen ästhetischer Bildung bisher thodische, systemische oder kreative Schulen, wie oben gezeigt, niemals nur der kulturellen Bildung ist ernst zu neh- Schülern verwehrt. nicht ausreichend genutzt« (Bericht, Impulse aus. in Kooperationen mit Künstlern und men und zu achten. Die Akteure trauen S. 378). Diese Beurteilung der Kultur- Die Kulturstiftungen des Bundes außerschulischen Kulturpädagogen sich aber nicht an das Bildungssystem stiftung der Länder und der Enquete- und der Länder brachten es in ihrem erfüllen. heran. Daher wird es oft nur benutzt, sie müssen aber Kinder und Jugendli- Kommission trifft nicht nur für Musik, Saarbrücker Kongress »Kinder zum Ausgehend von ihren Studien über wo es gegebenenfalls nützlich ist, wenn che an viele Personen und Institutionen Kunst und Literatur in der schulischen Olymp« 2007 auf den falschen Punkt: die Situation der kulturellen Bildung in es etwa um die Belieferung von eigenen abgeben, um dieser Verantwortung ge- Allgemeinbildung zu, sondern in be- »Kunst vermitteln: Der Bildungsauftrag europäischen Ländern betont Bamford Projekten mit Kindern und Jugendli- recht zu werden. »Schule ins Zentrum« sonderer Weise für das Fach Theater. der Kultur!« Weite Kreise im Deutschen außerdem, dass Kinder und Jugendliche chen geht oder eben um die Auffüllung bedeutet gerade nicht die Förderung Im Unterschied zu Kunst und Musik ist Kulturrat sehen das anders und ihre Zugang zu allen Kunstformen haben leerer Zuschauerplätze. Man beschwert pädagogischer Allmachtsphantasien, Theater in der Primar- und Mittelstufe Aufgabe als Künstler in der Gesellschaft müssen, nur Musik allein genügt nicht. sich, wenn »Schule« dafür zu wenig Fle- sondern die Nutzung von Kooperati- kein Fach und kommt dort zwar häufig, in der Kunstproduktion. Viele erkennen Und auch die Kunstrezeption genügt xibilität und Offenheit zeigt, aber man onsangeboten, um den Schülern als aber nur »zufällig« vor. Den meisten durchaus, dass Kunstvermittlung eine nicht. Nicht nur Anne Bamford warnt verzichtet darauf, die Bildungspolitik Individuen gerecht zu werden. Dieser Schülern bleiben die Bildungschancen, eigenständige Profession mit einer spe- davor, den Begriff »kulturelle Bildung« dazu zu drängen, Personal auszubil- Aufgabe kann sie nur in Kooperation die das Theaterspielen bietet, verwehrt. zifischen Qualifikation ist. Der Druck auf die Rezeption von Kunst zu redu- den und Schulstrukturen zu schaffen, mit allen möglichen Einrichtungen au- Die Empfehlungen der Enquete-Kom- geht so weit, dass Kultureinrichtungen zieren, wie dies offensichtlich zuneh- die Partnerschaften nahe legen und ßerhalb der Schule nachkommen. mission besagen: Die Länder sollen zugemutet wird, einen bestimmten Pro- mend geschieht, besonders gerne im ermöglichen. Den Theatern fehlen die Es ist eine gute Situation, dass die unter anderem das Fach Theater (hier zentsatz ihres in den letzten Jahren ge- Theaterbereich. Pädagogen begreifen Theaterlehrer an den Schulen, welche finanziellen Nöte die Theater und die noch »Darstellendes Spiel« genannt) kürzten Etats zusätzlich für »Bildung« Kinder und Jugendliche nicht als Ad- ihre Sprache verstehen und lehren und kulturelle Jugendbildung einerseits und auszugeben. Hierfür erhalten sie in der ressaten, sondern als Produzenten. Multiplikatoren für die Schulgemeinde erwiesene Unfähigkeit die Schulen an- Regel keine Etaterhöhung und keine »Learning by doing« heißt das Prinzip sind. dererseits in Bewegung gebracht haben. Das eigene künstleri- Qualifizierung. Also widmen sich die und es unterscheidet sich grundlegend »Die Schüler ins Zentrum« ist der Diese Bewegung führt nicht zwingend Kunstmacher mehr oder weniger erfreut von »learning by viewing«. Das eigene Kern des Anliegens, das Otto Herz in zur Begegnung, aber kulturpädagogisch sche Gestalten eröffnet seit wenigen Jahren auch der Kulturpä- künstlerische Gestalten eröffnet dem Loccum 2003 formulierte. Weil die kompetente Lehrer und außerschuli- dem Lernen ganz dagogik. Eigentlich hätte man Projekt- Lernen ganz andere Dimensionen, ohne Schulen den Auftrag haben, Bildung sche Pädagogen, zum Beispiel Theater- andere Dimensionen. formate entwickeln müssen, mit denen dass dadurch das Anschauen abgewer- und Entwicklung aller unabhängig von lehrer und Theaterpädagogen, können man tatsächlich alle Kinder erreichen tet würde. sozialem Status und Religion flächen- als Agenten für diese Begegnung sor- kann. Dazu wären Regelungen und Res- deckend zu fördern, muss die Schule gen, weil sie sich in beiden Systemen »stärken und qualitativ ausweiten« (S. sourcen für alle Schulen nötig gewesen. ins Zentrum jeder Bildungskonzeption auskennen, beide Sprachen sprechen. Projekte zu Strukturen 398). Auch in der Grundschule soll »die Schulen und damit die Länder hätten rücken, dies schmälert berechtigte und Lokale und regionale Vermittlungsin- kulturelle Bildung ein pädagogischer ins Zentrum gestellt werden müssen. Probleme und Faktoren von Bildungs- nötige Kritik an unseren Schulsystemen stanzen oder -agenturen sollten dieser Leitfaden« sein. Besonders wichtig ist Das ist natürlich das Allerschwerste und partnerschaften – kulturelle Praxis nicht. Wer von einem polyzentrischen Begegnung eine Infrastruktur, Qualität, die Empfehlung, dass die Länder mit deswegen unterblieb es, stattdessen darf nicht Dekor der Standardschule Bild von Bildung ausgeht, das heißt Kontinuität und Verlässlichkeit geben. Zentralabitur sicherstellen sollen, »dass scheint es zu genügen, wenn man ei- sein, sondern sollte in ihrer Vielfalt allen Bildungsinstitutionen (Familie, ein Fach der kulturellen Bildung zum nige Wenige mit den Projekten erreicht. und in gesicherter Qualität zur Ver- Peergroup, außerschulische Bildung, Joachim Reiss ist stellvertretender verpflichtenden Fächerkanon gehört« »Künstler machen Schule« bleibt eine änderung von Schul- und Lernkultur Schule) den gleichen Stellenwert ein- Sprecher im Rat für darstellende Kunst (S. 398). gute Idee, kann aber allein wegen der beitragen. räumt, macht es sich zu leicht und und Tanz im Deutschen Kulturrat Der Deutsche Kulturrat hat sich ebenfalls intensiv mit dem Thema »Kul- turelle Bildung in der Schule« beschäf- tigt und bereits 2009 eine gleichnami- ge Stellungnahme verfasst, in der die Bedeutung der kulturellen Bildung als essentieller und keinesfalls nebenran- giger Bestandteil des Regelunterrichts herausgearbeitet wurde.

Im Taumel der Kulturprojekte Die vergangenen zehn Jahre standen im Zeichen des Aufbruchs der Künstler und Kulturinstitutionen in Richtung Schulen nach dem Motto: Kulturelle Bildung wird am besten von Künstlern selbst vermittelt. Diese Vorstellung wurde in der Öf- fentlichkeit unter anderem weit ver- breitet mit dem Film »Rhythm is it« über ein Tanzprojekt der Berliner Phil- harmoniker mit Schülern. Immer mehr Firmen und Stiftungen entdeckten sol- che künstlerischen Modellprojekte mit Schülern als ihr Betätigungsfeld. In der Diskussion dringen zurzeit immer mehr die Stimmen durch, die ein Umdenken fordern: Kulturelle Bildung brauche als Basis für Kooperationen eine fachlich gut aufgestellte Schule, in der künstle-

rische Fächer und kreative Methoden om gewollt, versorgt und verankert sind. .C Dies ist auch im Programm des Kon- gresses »Kinder zum Olymp« (2011) zu beobachten. … / photocase / … Das Umdenken hat mit der Evalu- ation der Projekte und zunehmender Kritik zu tun: Viele Akteure brennen W illma : ein teures, weithin sichtbares Feuer- F oto werk ab, das nur Dunkelheit hinterlässt Schullust statt Schulfrust: Facettenreiche kulturelle Bildung brächte neuen Schwung in den Schulalltag. Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kulturelles leben 15

Virtueller Raum für Kultur Gabriele Schulz im Gespräch mit Richard C. Schneider

Herr Schneider, wie entstand eigent- weise ein Interview mit Zeruya Shalev, lich die Idee des Blogs »Zwischen deren neuer Roman gerade herausge- Mittelmeer und Jordan«? kommen ist, führe, reden wir Hebräisch Richard C. Schneider: Ich hatte diese oder Englisch, und dann kommt zusätz- Idee eigentlich schon zum Zeitpunkt, lich das Voice-over hinzu. Dann stellt bevor ich Studioleiter in Tel Aviv wur- sich für mich die Frage, was tatsächlich de. Da ich selbst ein intensiver User von einem Künstler, von seiner Arbeit des Internets bin, habe ich schon sehr vorgestellt werden kann. Ganz schwierig frühzeitig überlegt, dass meine Arbeit wird es beim Theater respektive beim in Israel auch im Internet präsent sein Kino. Es ist einfach wahnsinnig schwer, müsste. Bereits in der Vorbereitungs- ein Theaterstück, das hier Furore macht, phase habe ich mit dem Kollegen von in einem Ausschnitt einem deutschen tagesschau.de ein Gespräch geführt, ob Publikum verständlich zu machen, und Interesse an einem solchen Blog be- zwar nicht nur wegen der sprachlichen steht. Dort stieß meine Idee direkt auf Problematik, sondern weil es dann offene Ohren. Während ich noch um oft Themen sind, die erläutert werden Gelder, Budget oder Genehmigungen müssen. Beim Kino entsteht zusätzlich kämpfte, hat Annette Dittert, die Stu- ein Rechteproblem, weil Ausschnitte dioleiterin in London wurde, mit ihren gezeigt werden müssen und das ist mit

H offmann Video-Blogs angefangen. Sie war also dem Internet eine ganz vertrackte Sa- die Erste. Ich hatte dann die Möglichkeit che. : S ven : zu sagen, was der NDR kann, müssen wir

F oto als Bayerischer Rundfunk auch können. Klar, weil das länger bereitge-­ »Hier stehe ich …«, Installation der Luther-Figuren auf dem Wittenberger Markt des Künstlers Ottmar Hörl Das wurde dann auch so gesehen und stellt wird und dann keine aktuelle vier, fünf Wochen später stand das Blog Berichterstattung mehr ist. »Zwischen Mittelmeer und Jordan«. Genau. Überhaupt stoße ich im Moment bei der Arbeit im Netz noch an Grenzen. Wie wählen Sie die Themen Ich bin mir aber sicher, dass sich das für das Videoblog aus? mit den Jahren verändern wird, weil Für einen Häretiker Ganz unterschiedlich. Teilweise sind die Notwendigkeit, im Netz zu arbeiten, es Themen, die im linearen Fernsehen einfach wachsen wird. Genauso habe ich André Brie Luther ist in vieler Hinsicht hochak- Ich muss schon älter als 30 gewesen nicht vorkommen, weil andere aktuel- ein Jahr daraufhingearbeitet, ein tägli- tuell. Als der Herausgeber der »FAZ«, sein, als ich Fichtes »Die Bestim- lere Themen vorrangig sind wie z.B. der ches Blog zu machen. Jetzt habe ich es er könnte ohne Luther aus- Frank Schirrmacher kürzlich schrieb, mung des Menschen« las: »Ich habe Atomunfall in Fukushima im letzten geschafft und darüber freue mich sehr. kommen! Ein linker Athe- er beginne zu glauben, dass die Linke andern eine Teilnahme für die höchs- Jahr oder die arabische Revolution. In W ist, dessen Dogmen noch Recht habe, blieb er einige Jahrhun- ten Angelegenheiten der Mensch- solchen Zeiten gibt es praktisch keine Das tägliche Blog gestalten Sie zu- gründlicher gescheitert sind als die derte oder zwei Jahrtausende hinter heit, einen Ernst, eine Genauigkeit Sendezeiten in Tagesschau oder Tages- sammen mit ihren Hörfunkkollegen. der katholischen Kirche, schon gar den Glaubens-, ja Wissensmöglich- zugetraut, die ich in mir selbst kei- themen. Vieles, was sich in der Zeit in Prallen da verschiedene Herange- nicht, jedenfalls, wenn er lernwillig keiten zurück. Mit einem Blick in Lu- nesweges gefunden hatte. Ich habe Israel getan hat, habe ich übers Netz ab- hensweisen aufeinander? sein mag. Dass unsere hochdeut- thers Schriften »An den christlichen sie unbeschreiblich höher geachtet gedeckt. Zum anderen mache ich nach Natürlich gibt es Unterschiede. Hör- sche Sprache auf die Verbreitung Adel deutscher Nation« oder »An die als mich selbst. Was sie etwa Wahres wie vor lange Filme. Daraus lassen sich funkjournalisten kommen nicht vom und Wirkung seiner Bibelüberset- Pfarrherrn wider den Wucher« hätte wissen, woher können sie es wissen, teilweise Blogs basteln, das Material ist Bild. Dafür sind ihre Arbeiten druck- zung zurückgeht, wurde jedenfalls er auch schreiben können: »Luther außer durch eigenes Nachdenken? vorhanden und wird in knapper Form reif, weshalb sie bei tageschau.de auch in meiner Schulbildung noch ver- hatte Recht! Oder Jesus hatte Recht! Und warum sollte ich durch dasselbe noch einmal neu verwendet. oft veröffentlicht werden. Das Fernse- mittelt. Selbst mein jüdischer Vater Oder Mohammed hatte Recht!« Wenn Nachdenken nicht dieselbe Wahrheit hen lebt im Gegensatz dazu vom Bild. brachte aus der englischen Emigra- nicht machtvolle Interessen so we- finden, da ich ebenso viel bin als sie? Und Ihr Beitrag über Popmusik tion eine Bibel der »Britischen und nig eingeschränkt herrschten, was Wie sehr habe ich bisher mich selbst in der Westbank … Ist das Internet die nächste Heraus- Ausländischen Bibelgesellschaft brauchte man gegenwärtig eigentlich herabgesetzt und verachtet! Ich will, Das war ein »echtes« Blog. Wir waren forderung, weil Text, Bild und Ton nach der deutschen Übersetzung D. mehr, um die erforderlichen politi- dass es nicht länger so sei!« Bis heute sowieso in Nablus, weil wir einen Film zusammenkommen? Martin Luthers« mit, die zu meiner schen Veränderungen durchzusetzen, erinnere ich mich lebhaft, welchen drehten, das Team war da, kostete also Mit Sicherheit. Das Internet verlangt beständigen Lektüre gehört. Und zu als Luthers Erkenntnis: »Hier müss- Aha-Effekt diese und die weiteren nichts extra. Wir sind dann am Nach- geradezu nach einer persönlichen den marxistischen Wurzeln meines te man wahrlich auch den Fuggern Zeilen in mir auslösten. Und welche mittag losgezogen, haben uns treiben Handschrift. Es gibt wahnsinnig viel Denkens gehörte selbstverständlich und dergleichen Gesellschaften ei- Scham, eine solche Selbstverständ- lassen und dann diese Geschichte über im Internet zu jedem Thema, sodass Friedrich Engels’ »Dialektik der Na- nen Zaum ins Maul legen. Wie ist’s lichkeit so spät und durch eine solche palästinensische Popmusik gemacht. die persönliche Handschrift die Orien- tur« mit dem berühmten Satz zur Re- möglich, dass es göttlich und gerecht Äußerlichkeit für mich zu entdecken. Ein Kompromiss ist, wenn ein Thema, tierung liefert. Ich mag diese Form des naissance als einer »Zeit, zugehen sollte, dass in Auch bei Marx war das Ziel das freie das ich für Tagesschau, Tagesthemen Arbeitens, weil es mir auch leicht fällt, die Riesen brauchte und einem Menschenleben Individuum (»... eine Association, oder Weltspiegel im klassischen Stil über ein Thema zu sprechen und dabei Riesen zeugte, Riesen an so große, königliche Gü- worin die freie Entwicklung eines gedreht und aus Kosten- oder einfach gedreht zu werden. Denkkraft, Leidenschaft ter auf einen Haufen ge- Jeden, die Bedingung für die freie aus Zeitgründen das Ganze nicht noch und Charakter, an Viel- bracht werden könnten?« Entwicklung aller ist«). Doch die einmal bloggisch drehen kann. Dann Das ist natürlich eine ganz andere seitigkeit und Gelehr- Oh, Luther kann mich emanzipatorischen Subjekte waren mache ich beides gleichzeitig mit un- Herangehensweise als bei der Tages- samkeit«. Es gibt wohl auch zornig machen. Sei- kollektiv (die Klasse, die Gesellschaft, terschiedlichen Aufsagern. Die dritte schau, wo es doch eher um die neut- keinen vergleichbaren ne Hetzschriften wider die Partei), und für die SED waren Version ist, dass ich in meinem Schnei- ralere Berichterstattung geht. Bietet Zeitabschnitt mit einer die gegen Hunger und individuelle Freiheit und libertäre deraum sitze und im Grunde genommen das Blog hier zusätzliche Chancen? größeren Zahl an geisti- Rechtlosigkeit aufge- Ansprüche Bedrohung und Verrat. nur auf Bildmaterial zurückgreife, das In jedem Fall. Im Blog halte ich mich mit gen Größen, doch Engels Mit dieser Kolumne standenen Bauern, die Einmal las ich in einer Schulklasse ich im Archiv habe. einer persönlichen Meinung weniger nennt nur vier Namen begleiten wir das Täufer, »Hexen« und ge- über Frieden und atomare Abrüstung. zurück als bei den normalen Bericht- als Beispiele: Leonardo Reformationsjubiläum. gen die Juden empören Die Lehrerin und die Schülerinnen Beispielsweise die Landkarten als erstattungen, aber trotzdem mehr, als da Vinci, Albrecht Dürer, mich umso mehr, als sie und Schüler wollten anschließend Sie die Grenzverläufe zwischen Israel ich manchmal möchte. Aber ich denke, Machiavelli und selbstverständlich von einem so großen und bewunde- dafür demonstrieren. Doch natürlich und dem Jordanland gezeigt haben. es ist eine Frage der Entwicklung. Wir Martin Luther, von dem er sagte, er rungswürdigen Mann stammen, und durften sie es nicht. Auch Friedens- Die Landkarten oder aber das Blog mit ARD-Journalisten sollen Neutralität be- »fegte nicht nur den Augiasstall der er in allen Fällen seine Meinung von demonstrationen mussten von Oben Eljakim Ha‘etzni, der auf juristischem wahren. Vielleicht bietet das Blog in der Kirche, sondern auch den der deut- einem gewissen Verständnis und par- organisiert werden. Es hat auch dann Weg erklärt, warum das Westjordanland Zukunft die Chance, stärker persönliche schen Sprache aus, schuf die moder- tieller Toleranz bis zu blutiger Rheto- noch gedauert, eine ganze epochale kein besetztes Land sei. Ich habe ihn Kommentare oder eigene Erfahrung mit ne deutsche Prosa und dichtete Text rik wandelte. Schlimmer: So weit ich Wende, bevor aus meiner intellek- vor zwei Jahren für einen Film über die einer Situation zu erzählen. Das muss und Melodie jenes siegesgewissen es einzuschätzen vermag, änderte er tuellen Einsicht auch persönliche Geschichte der Siedlerbewegung in- man sehen. Chorals, der die Marseillaise des wohl nicht seine Meinung, sondern Praxis wurde. Das kostet heute und terviewt. Von diesem langen Interview 16. Jahrhunderts wurde«. opferte sie der Machtpolitik. hierzulande nicht das Leben wie zu habe ich im Film nur einen Teil verwen- In der Vorbereitung auf das Inter- Ich bin auch mit dem Luther-Satz Und doch sind es sein Mut, sei- Luthers Zeiten, nicht einmal mehr den können. Jetzt habe ich das Material view habe ich festgestellt, dass ein aufgewachsen: »… man muss die ne Festigkeit und Konsequenz, für einen Parteiausschluss, nur noch genutzt, um daraus das Blog zu machen. Teil der Blogs auf tagesschau.de Mutter im Hause, die Kinder auf der Überzeugungen auch unter bedroh- die unsäglich zählebigen, aber banal Das ist das Tolle im Internet, es bietet nicht mehr abrufbar ist. Sind sie dem Gassen, den gemeinen Mann auf dem lichsten Umständen einzustehen, gewordenen Verratsvorwürfe, »Hä- die Chance vorhandenes Archivmaterial Depublizieren, zu dem tagesschau.de Markt drum fragen und denselbigen die mich an Luther fesseln und in resie« hieß es in Luthers Bannbulle, auf eine neue Weise zu nutzen. verpflichtet ist, zum Opfer gefallen? auf das Maul sehen, wie sie reden und einem viel zu langen Weg beigetra- der Verstoß gegen das Dogma, wie Ja leider. Nach einem Jahr müssen die darnach dolmetschen …«. Es fällt mir gen haben, mich selbst freier zu ma- Häresie im »Codex Iuris Canonici« Bietet das Blog auch die Chance, einzelnen Blogbeiträge gelöscht werden. allerdings schwer, mir vorzustellen, chen. Kirchlichen Bann, kaiserliche definiert wird. Damals praktisch ein Kulturthemen aufzugreifen, die bei Ich hatte das selbst nicht gewusst und wie Luther mit dieser Methode klar Acht vor Augen, auf dem Reichstag Todesurteil. Aus Überzeugung zu re- Tagesschau oder Tagesthemen gedacht, dass Blogs länger zugänglich käme, den vermüllten Augiasstall der zu Worms zu erklären: »Daher kann den, zu widersprechen, zu handeln kaum Berücksichtigung finden? sind. heutigen deutschen Sprache auszu- und will ich nichts widerrufen, weil – ist einfach und offensichtlich noch Ja, das möchte ich gerne. Ich habe neu- misten, die von Redaktionen, Inter- wider das Gewissen etwas zu tun we- immer kein selbstverständlicher An- lich mal eine Geschichte gemacht über Vielen Dank für dieses Gespräch. net, internationaler Kommerzkultur der sicher noch heilsam ist«, das war spruch. Luther bleibt dafür ein be- das Taubstummentheater in Tel Aviv. »outgesourct« wurde, so heißt das eine Haltung, zu der ich selbst viele, ständiger Anstoß. Gerne würde ich noch mehr über kul- Richard C. Schneider ist Leiter des wohl im aktuellen Deutsch, und für viele Jahre und unter unvergleichlich turelle Themen berichten. Es gibt aller- ­Studio Tel Aviv der ARD. Gabriele Schulz Augiasstall wird man vielleicht auch einfacheren Umständen nicht bereit André Brie ist Mitglied des Landtages dings zwei Probleme. Das erste Problem ist Stellvertretende Geschäftsführerin schon »pigsty« sagen müssen. und fähig war. von Mecklenburg-Vorpommern ist ein sprachliches. Wenn ich beispiels- des Deutschen Kulturrates 16 kulturelles leben www.politikundkultur.net

Bewegte Bilder, bewegende Bilder Nicola Galliner, die Leiterin des Jüdischen Filmfestivals Berlin und Potsdam, im Porträt

Andreas KOlb wie das geschilderte israelische Publi- Zeitzeugen, übernommen hatte und bis zusammen. Filmbegeisterte jüdische kum. Die Familie Galliner hat über Ge- 2008 führte. Auch dies eine Kulturver- und nichtjüdische Besucher aller Alters- eit 18 Jahren leitet Nicola Galli- nerationen in Berlin gelebt, ihre Eltern, mittlungsaufgabe erster Güte. Während klassen frequentieren die Vorführungen. ner das Jüdische Filmfestival in deutsche Juden aus Berlin, emigrierten Beck noch den Schulklassen persön- »Wir merken aber, dass wir viel mehr S Berlin und Potsdam – im Laufe rechtzeitig nach Großbritannien. Die lich die Geschichte seines Überlebens jüdisches Publikum haben als in den dieser Zeit kann sie auf etliche bewe- Heimatstadt ihrer Eltern lernte sie in erzählt hatte, setzte Galliner früh auf Anfangsjahren«, konstatiert Galliner. gende Kinomomente und Begegnun- den Jahren zwischen 1961 bis 1965 ken- den Film als Vermittlungskunst. Den Die Erklärung dafür liegt darin, dass die gen mit Regisseuren, Filmemachern, nen, in denen die Eltern beruflich in Impuls zur Festivalgründung erhielt sie jüdischen Gemeinden in ganz Deutsch- Schauspielern und Persönlichkeiten Berlin zu tun hatten. durch die Zusendung eines Programms land stetig wachsen. Nach der jüngsten des öffentlichen Lebens zurückbli- Bereits in London war Film ihre ers- von einem Jüdischen Filmfestival in San Einwanderungswelle aus Russland gibt berlin cken. Wenn am 4. Juni das 18. Jüdische te Liebe: Galliner bewarb sich an der Francisco. Dazu muss man sagen, dass es derzeit eine neue aus Israel: Junge Is- Filmfestival mit dem Dokumentarfilm damals einzigen Filmschule Londons, es weltweit 180 Jüdische Filmfestivals raelis mit deutschen Großeltern nutzen »Max Raabe in Israel« Premiere hat, und die damals den Spitznamen »Israeli- gibt, die alle unter der Dachmarke den deutschen Pass, kehren ins Land Max Raabe und sein Palast Orchester sche Filmschule« trug, weil dort so viele »Jewish Film Festival« firmieren. Mit der Vorväter zurück, studieren und ar- F imfestival bei der Eröffnungsgala auftreten wer- Studenten aus Israel eingeschrieben diesem Programm in der Hand, so er- beiten hier. Das Festival 2012 wird vom den, dann wird das für die langjährige waren. Doch weder diese noch andere innert sich Galliner heute, ging sie zu 4. bis 17. Juni 28 Filme an sechs Spiel- Festivalchefin ein bewegender Moment Bewerbungen klappten auf Anhieb und Erika Gregor von den »Freunden der stätten in Potsdam und Berlin zeigen. J üdisches : sein. Vielleicht noch bewegender als so entschied sie sich für einen Kompro- Deutschen Kinemathek«, »die hatte das Ein Schwerpunkt liegt dieses Jahr mit F oto alles bisher Dagewesene. Denn als Max miss: »Ich ging nach Berlin und lern- auch bekommen und war auch begeis- einem amerikanischen Dokumentarfilm Raabe 2010 mit seinem Palast Orchester te Fotografin. Auch als Fotografin hat tert. Dieses Festival hat deshalb zwei über den Geiger Jasha Heifetz und der Wagner ist durch diesen Film geändert und dem Programm »Heute Nacht oder mich der Film nie verlassen. Ich fand Mütter, es musste also etwas werden. Dokumentation »Max Raabe in Israel«, worden. Und nicht nur ich, auch unsere nie« durch Israel tourte, hatte Galliner und finde noch heute, dass Film ein Die erste Ausgabe des Jüdischen Film- produziert von Sönke Wortmann und Pressedame ist in einem Wagnerkonzert dort zwei Konzerte von ihm besuchen idealer Weg ist, um Welten zu vermit- festivals 1995 war ein derartiger Erfolg, dem BR, auf dem Musikfilm. gesichtet worden. So muss es sein. Den können. »Es war das Erlebnis meines teln, neuen Dingen zu begegnen und dass wir weitermachten.« Apropos Musikfilm: Der Galaeröff- Menschen selbst wird man durch einen Lebens«, erinnert sie sich. Raabe war Kulturen kennenzulernen.« Ein zwei- Gegründet wurde es damals zunächst nungsfilm vom vergangenen Jahr, Ste- Film nicht ändern, aber die Ansichten vor Menschen verschiedener Genera- jähriger Aufenthalt sollte es werden, als als Teil der Jüdischen Volkshochschule phen Frys BBC Dokumentation »Wagner der Menschen.« tionen aufgetreten, die Einen hörten die gerade 20-jährige Nicola Galliner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Seit & Me«, kommt am 21. Juli in die deut- seine Songs zum ersten Mal, und bei 1970 alleine nach Berlin kam. Es sind 2008 ist das Festival selbstständig und schen Kinos: 90 faszinierende Minuten Andreas Kolb ist Redakteur den Älteren riefen die Schlager Erinne- inzwischen 42 Jahre geworden. seit sich 2011 die Jüdische Gemeinde zu über das Paradoxon, ein jüdischer Wag- von Politik & Kultur rungen an die Zeit in Deutschland wach. Für zwei Jahrzehnte war Galliner Di- Berlin wegen eines finanziellen Engpas- nerianer zu sein. Dazu Galliner: »Ich Nicola Galliner, geboren 1950 in rektorin der Volkshochschule der Jüdi- ses zurückgezogen hat, muss das Festi- hatte bisher nichts übrig für Richard Jüdisches Filmfestival Berlin/ London, seit 1970 in Berlin lebend, hat schen Gemeinde zu Berlin, die sie 1988 val auf eigenen Beinen stehen. Die Be- Wagner. Nach diesem Film möchte ich Potsdam vom 4. bis 17. Juni 2012 einen ähnlichen Migrantenhintergrund von Gad Beck, einem Überlebenden und sucher setzen sich ganz unterschiedlich nach Bayreuth. Meine Sicht auf Richard www.jffb.de

von Sieglinde Seele aus dem Michael diese schier unglaubliche, absurde Liste sen Erfinder Wilhelm Kreis, selbst ein Imhof Verlag. bequem in Wikipedia einsehen, und man Absolvent der TH Braunschweig, die Was hat es denn nun mit diesen kann bei einigen der Gottbegnadeten Bauoberaufsicht führte. Der Turm kos- Bismarcktürmen auf sich, die als Typ staunen, so auch bei Wilhelm Kreis, über tete 38.000 Mark, die aus Spenden der in der Geschichte der Denkmalkultur ihre begnadeten Karrieren nach 1945. Bevölkerung – ein Merkmal der meisten recht singulär dastehen? Wir wollen Von den in Niedersachsen noch vor- Bismarcktürme – und einem vom Land- den Hintergrund einmal kurz zusam- handenen elf von ehemals 15 Türmen tag bewilligten Zuschuss zusammen- menfassen. Nach den so genannten Eini- gehören zwei zum Typ »Götterdämme- kamen. (Ein Maurer verdiente damals gungskriegen von 1864 bis 1871 war Otto rung«. Der eine bietet einen wunderba- ca. 40 Mark pro Woche, der Bau eines von Bismarck im neuen kleindeutschen ren Ausblick vom Galgenberg aus auf Einfamilienhauses kostete 10.000 Mark.) Reich ganz außerordentlich populär die alte Bischofsstadt Hildesheim. Der An der Grundsteinlegung am 17 Juni 1900 (wenn auch nicht überall geschätzt), und zweite gehört zu dem freundlichen Ort nahmen 3.000 Personen teil, 20.000 an man errichtete ihm Denkmale schon zu Wittmar und steht auf dem landschaft- der Einweihung am 20. Oktober 1901. Zu Lebzeiten. Zu ihnen gehören auch die lich reizvollen Höhenzug Asse in der bestimmten Anlässen wurde der Turm Bismarcktürme, die ursprünglich nicht Nähe von Wolfenbüttel – ein Höhenzug, bis in die 1940er-Jahre befeuert, etwa zu nur für Aussichtszwecke gedacht waren. der leider seit vielen Jahren in den Me- Sonnenwendfeiern. Das ist heute auf na- Auf ihnen sollten zu festlichen Anlässen dien in ganz anderem Zusammenhang hezu allen Türmen aus verschiedensten Feuer brennen, um so den »Schmied« genannt wird. Sicherheitsgründen verboten. Inhaltlich des Deutschen Reiches zu ehren. Der 24 Meter hohe Wittmarer Turm, verbietet es sich ohnehin von selbst und Nach Bismarcks Entlassung durch dessen Entstehung wir hier exempla- wäre allenfalls als weithin sichtbares Kaiser Wilhelm II. 1890 hatte dies politi- risch skizzieren, wurde auf Anregung der Signal sinnvoll, um den Beginn der sche Brisanz, denn letzterer beobachtete Studentenschaft der Herzoglich Techni- Grillsaison zu verkünden. den Bismarck-Enthusiasmus durchaus schen Hochschule Carolo-Wilhelmina

R uppelt eifersüchtig. Es gelang ihm aber schließ- in Braunschweig als Aussichtsturm Georg Ruppelt ist Direktor lich, diesen Enthusiasmus bis 1914 in ei- mit Feuerschale gebaut, entsprechend der Gottfried Wilhelm Leibniz : G eorg : ner allgemeinen Nationalbegeisterung dem Modell »Götterdämmerung«, des- Bibliothek in Hannover

F oto aufgehen zu lassen. Bis 1934 wurden Bismarckturm Wittmar Bismarcktürme oder -säulen in unter- schiedlicher Bauweise errichtet oder vorhandene Türme umbenannt. Götterdämmerung Eine Ausschreibung der Deutschen Studentenschaft für einen standardi- Kulturmensch auf der Asse sierten Bismarckturm gewann 1899 Wil- helm Kreis mit seinem Turm-Entwurf Wolfgang Börnsen Über Bismarcktürme verschiedensten Art gebaut. 173 Türme »Götterdämmerung«. Er sollte Vorbild existieren noch in Europa und in Über- für alle zukünftigen Bismarcktürme sein. Georg Ruppelt see, und zwar in Frankreich, Österreich, 47 Mal wurde er nachgebaut. Maurer, Höhere Handelsschule, 2. Bildungs- Polen, Russland und Tschechien sowie in Wilhelm Kreis gehörte in der ersten weg, Entwicklungsdienst in Indien, Studi- ie stehen wie selbstverständlich Kamerun und Chile. 146 davon stehen in Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den pro- um, Realschullehrer, Lehrbeauftragter an im ganzen Land herum, werden der Bundesrepublik Deutschland. Außer minentesten deutschen Architekten. In Pädagogischen Hochschulen für Spiel- und S als Treffpunkt oder Aussichts- den drei Stadtstaaten Berlin, Bremen der Zeit des Nationalsozialismus reüs- Theaterpädagogik, Landrat und Bundestags- plattform gern genutzt und sind Weg- und Hamburg, die aber auch einst einen sierte er nach anfänglichen Schwierig- abgeordneter sowie kulturpolitischer Spre- marken für wackere Wanderer, die sich besaßen, kann fast jedes Bundesland keiten, weil er auch für jüdische Auf- cher der CDU/CSU-Fraktion, das sind nur nicht von GPS und ähnlichen modernen mit mehreren Bismarcktürmen aufwar- traggeber gebaut hatte, zum Reichskul- einige der Lebensstationen von Wolfgang Navigationshilfen verweichlichen las- ten. Nur das Saarland hat keinen und tursenator der bildenden Künste und Börnsen. Börnsen feierte am Internationalen sen wollen: die Bismarcktürme. Doch hat nie einen gehabt. In Mecklenburg- schließlich zum Präsidenten der Reichs- Tag des Urheberrechts, den 26. April seinen warum sie so heißen und warum sie Vorpommern ragt nur noch ein Turm in kammer der bildenden Künste. Kurz 70. Geburtstag. Wenn hier die kulturpoliti- errichtet wurden, das dürfte trotz ei- die Höhe, und zwar in Greifswald, einst vor dem Untergang des nur zwölf Jahre sche Ausrichtung nicht von Geburt an ange- ner seit rund 150 Jahren durchgängig waren es vier. Die meisten Bismarcktür- währenden »1000-jährigen Reiches« legt ist. Wolfgang Börnsen gehört seit 1987 preußenfreundlichen deutschen Ge- me, nämlich 24 von einst 31, stehen in wurde er von Adolf Hitler und Joseph dem Deutschen an. Kultur- und schichtsschreibung (ausgenommen Nordrhein-Westfalen. Goebbels in die Sonderliste der »Gott- Medienpolitik gehören zu den Themen, an

in der DDR) und einem gleichartigen Reichhaltige Informationen zu al- begnadeten« aufgenommen und zählte denen seit Beginn sein Herz hängt. Mit Lei- S örensen Geschichtsunterricht nicht jedem prä- len noch vorhandenen wie zu den nicht darin zu den vier wichtigsten Architek- denschaft streitet er für einen weiten Kultur-

sent sein. Seit dem letzten Drittel des mehr existierenden Türmen bieten das ten des »Dritten Reiches«. Das hatte für begriff, für die Berücksichtigung der Laien- arsten 19. Jahrhunderts wurden 240 Türme als vorzügliche Internetportal www.bis- einen Gottbegnadeten den Vorteil, dass kultur und nicht zuletzt für die plattdeutsche K : besondere Form der Bismarckerinne- marcktuerme.de und das 2005 erschiene- er nicht zum Kriegsdienst jedweder Art Sprache. Herzlichen Glückwunsch, Wolfgang F oto rung neben anderen Denkmalen der ne »Lexikon der Bismarck-Denkmäler« herangezogen werden sollte. Man kann Börnsen und weiterhin viel Schaffenskraft. Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 Kultur auswärts 17

Andere Länder, andere Sitten? Wie steht es wirklich um die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik? G ilges : S imone : F oto Plafond et ciel, Dakar 2008

Paradigmenwechsel in der Kulturpolitik

Deutscher Kulturrat und gestellt. Beides Tendenzen, die eher als le und Positionen geht es. Mit Sicher- in Brasilien realisiert werden. Auch die Zu den Fotos Institut für Auslands­ Reflex auf eine weltpolitische Lage und heit ist eine erfolgreiche Kulturpolitik Ausstellung »Die Kunst der Aufklärung« den ökonomischen Wettbewerb in Kri- nicht mehr global standardisiert, son- in Peking war ein solches Großformat. beziehungen kooperieren senzeiten zu sehen sind denn als stra- dern spezifisch und lokal verankert. Sie Zweistellige Millionenbeträge wurden Die Fotografien des Schwerpunkts tegische kulturpolitische Gestaltung. agiert mit einem konkreten kulturellen hier jeweils investiert. Sind das die For- »Kultur auswärts« stammen von Ronald Grätz und All das ist Anlass dieser Kooperation wie politischen Erkenntnisauftrag und mate, die eine Auswärtige Kultur- und der Berliner Fotografin Simone Gil- Olaf Zimmermann zwischen dem Deutschen Kulturrat und Dialogansatz. Bildungspolitik, Außenwirtschaftspo- ges. Sie sind Auszüge aus der Serie dem Institut für Auslandsbeziehungen Wie viel Europa wollen wir in der Kul- litik und Außensicherheitspolitik ver- »Dakar 2008«, entstanden während ordafrika verjagt seine Dik- in der gemeinsamen Erstellung dieses turpolitik? Einen Beitrag zur europäi- mitteln, wie sie seitens der Regierung des ifa-Projektes »prêt-à-partager« tatoren und Despoten; die Themenschwerpunkts Auswärtige Kul- schen Einigung wollen alle leisten, doch gewollt und erfolgreich ist? Und was (»bereit zu teilen«). Dieses begann N Nutzerzahlen und Reaktionen tur- und Bildungspolitik der PuK. Wenn sobald es an die Übertragung eines Man- will die Zivilgesellschaft? Welche Er- mit einem interdisziplinären Kunst- in den neuen Medien, diesem beinahe man schon nicht gehört wird, muss dats in der Kulturpolitik vom Staat auf fahrungen macht sie? Welche Expertise workshop in Dakar, Senegal. Sieb- unheimlich werdenden Netz des angeb- man sich Gehör verschaffen und den die EU geht, ist jede Einigung vergessen. kann sie in die Auswärtige Kultur- und zehn Kunstschaffende aus Afrika lich Sozialen, steigen kontinuierlich; Betroffenen Gehör schenken. Und wenn Daran ist Europa als Kulturprojekt bisher Bildungspolitik einbringen? und Europa kamen dort zusammen, das Wissen verdoppelt sich alle drei Jah- immer gröbere Missverständnisse über gescheitert. Dass Europa als gemeinsa- Wir brauchen neue Foren, um dem um sich mit Mode, Fotografie und re und Bildung ist neben Klimapolitik die Möglichkeiten, die Wirkungsweise, me Idee in der Krise so wenig belastbar Diskurs über die Auswärtige Kultur- Kunst im öffentlichen Raum ausei- das Friedensinstrument der Zukunft; die wirkenden Kräfte und nicht zuletzt ist, ist diesem Umstand geschuldet. und Bildungspolitik, der auch ein Dis- nanderzusetzen. die Europäische Union befindet sich in den inneren Wertekosmos der Kultur Man muss sich vergegenwärtigen, kurs über die Innenkulturpolitik und In einer Doppelausstellung prä- der tiefsten Krise seit ihrem Bestehen bestehen, muss man vor allen Dingen dass die Auswärtige Kultur- und Bil- die Verbindung beider Bereiche sein sentieren die ifa-Galerien Berlin und und verliert nicht nur viel Geld, sondern die Akteure befragen und zu Wort kom- dungspolitik nicht mehr von einer muss, eine Breite zu geben, die unserem Stuttgart mit »prêt-à-partager« nun ihren narrativen Schwerpunkt; China, men lassen – die zivilgesellschaftlichen überschaubaren Anzahl durch das Staat und Deutschland als Kulturnation die Ergebnisse künstlerischer Be- Indien und Brasilien bestimmen öko- Institutionen und Künstler. Auswärtige Amt geförderter Institutio- angemessen sind. gegnungen auf dem afrikanischen nomisch und machtpolitisch die Welt Es ist kein ähnlich zukunftsweisen- nen betrieben wird, sondern durch eine In der Lehrerfortbildung gibt es die Kontinent. und ganze Kontinente werden fast der Weg wie derjenige der Energiewende, Vielzahl von Akteuren und Institutio- oft ernüchternde Erkenntnis, dass Leh- Nach sieben Stationen in Afrika verkauft; selbsternannte Apokalypti- auf den die Kultur derzeit gesetzt wird, nen, darunter viele Ministerien. Nimmt rer nicht unterrichten, wie sie gelernt zeigt das ifa in Deutschland, wie ker prophezeien die Selbstabschaffung sondern vielmehr der ernüchternde Weg man Städte und Kommunen, Bundes- haben zu unterrichten, sondern wie sie verschiedene Kulturen als verbin- Deutschlands oder zumindest einen einer vor allen Dingen von ökonomi- länder und sonstige Institutionen hin- selbst unterrichtet wurden. Genau aus dendes und gleichzeitig befreiendes Kulturinfarkt – und uns ist auch schon schen Interessen geleiteten Wettbe- zu, kommt man sicherlich auf mehrere diesem Zirkel der Auswärtigen Kultur- Instrument des Aufbruchs eingesetzt ganz schlecht. Wir brauchen frische Luft werbsstrategie. Kulturarbeit im Kontext Hundert Akteure der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik müssen wir aus- werden können. »prêt-à-partager« zum Durchatmen. der Außenpolitik mäandert zwischen und Bildungspolitik in Deutschland. Von steigen und den anstrengenden Weg etablierteine neue Form des Kunst- Kleiner zwar, doch ähnlich umfassend einem in der »UNESCO-Konvention über einer Koordination kann bisher keine gehen, alle Seiten an deren konzeptio- dialogs, der im gemeinsamen Erle- sind die Veränderungen, die wir derzeit den Schutz und die Vielfalt kultureller Rede sein. Diese ist auch nicht möglich. nellen Mitgestaltung teilhaben zu las- ben entsteht. für den Bereich der Auswärtigen Kultur- Ausdrucksformen« klug formulierten Aber ein Selbstverständnis der Akteure sen. Kein erklärendes Wissen, sondern prêt-à-partager: ifa-Galerie Berlin, und Bildungspolitik in Deutschland und Verständnis und Wettbewerbsorien- als Netzwerk und ein Diskurs über die gemeinsame Sinnstiftung ist der Weg 27. April bis 8. Juli 2012, ifa-Galerie Europa erleben. Sie sind nichts weniger tierungen, die im Papier »Auswärtige gemeinsamen Interessen würden ihre zum Erfolg. Stuttgart, 4. Mai bis 1. Juli 2012 als ein – wenn auch leise vorgetrage- Kultur- und Bildungspolitik in Zeiten der Effizienz und Effektivität steigern und Denn: Erfolgreich ist, wer andere er- ner – Paradigmenwechsel, der uns nach Globalisierung« des Auswärtigen Amts ein gemeinsames Verständnis ihres folgreich macht. Das gilt für alle staatli- dem letzten großen Wechsel um das Jahr vom September 2011 sowie in dem neu- Handelns, unseres Staates und unserer chen und zivilgesellschaftlichen Akteure 2000 unter Außenminister Joschka Fi- esten Entwurf zur Kulturförderung der Außenpolitik befördern. – allen gegenüber. schwerpunkt scher jetzt erwartet. Seinerzeit wurde EU »Creative Europe« festgehalten sind. Verschiedene neue, große Formate Kulturarbeit neu verortet als Friedens- Wo zwischen diesen Polen befindet haben sich entwickelt. Ein Beispiel sind Ronald Grätz ist Generalsekretär des Der Schwerpunkt entstand in arbeit und als Instrument im Zusam- sich die Praxis der Auswärtigen Kultur- die Deutschlandjahre. Zurzeit findet ei- Instituts für Auslandsbeziehungen. Kooperation mit dem Institut für menwirken mit Konflikten. Jetzt wird und Bildungspolitik Deutschlands? Um nes mit hohem organisatorischem und Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer Auslandsbeziehungen (ifa); Kulturarbeit vermehrt in den Zusam- die Diskussion dieser Fragen und um finanziellem Aufwand in Indien statt des Deutschen Kulturrates und Ronald Grätz stand der Redaktion menhang wirtschaftlicher Interessen die unterschiedlichen Sichtweisen, Zie- und im nächsten Jahr soll das Modell Herausber von Politik & Kultur als Berater zur Seite. 18 kultur auswärts www.politikundkultur.net G ilges : S imone : F oto Supporters des footballeurs locaux 2, Dakar 2008 Europa stärken, Frieden sichern Ziele Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik

Horst Harnischfeger lassen müsse, nicht einseitige Selbst- Wege den Interessen der Republik am regierung verlangt hat, über die AKBP bei die relativ schwachen Ansätze zu darstellung sein dürfe, sondern dem meisten dient. Nicht die Hervorhebung jährlich einen Bericht vorzulegen. Es einer Koordination diesen Eindruck uswärtige Kultur- und Bil- Austausch und der Begegnung diene. einer positiven Seite unseres Landes gibt einen Unterausschuss des Aus- noch verstärken. Entscheidend ist dungspolitik (AKBP) ist his- Wie sehr auch die grundsätzliche begründet Vertrauen, sondern das ehr- wärtigen Ausschusses des Deutschen aber das Strukturprinzip, welches das torisch eine relativ junge Ausrichtung der AKBP von allen im liche Angebot zum Dialog über gute Bundestages, in dem regelmäßig Fra- Verhältnis der staatlichen Instanzen Erscheinung, ein Kind des Bundestag vertretenen Parteien im und schlechte Seiten und Zeiten. gen der AKBP verhandelt werden. Man zu den Mittlerorganisationen prägt. A späten 19. Jahrhunderts. Interessen Sinne dieser Tradition immer wieder- kann sich natürlich fragen, ob eine Ko- Diese sind nämlich weitestgehend un- europäischer Staaten nach Erhalt ihrer holt wird, so sehr muss man feststellen, ordinierung der verschiedenen Regie- abhängig und frei in der Gestaltung Akteure Kultur und Sprache bei den Ausgewan- dass doch immer wieder ein Zungen- rungsaktivitäten notwendig ist. In den ihrer Arbeit. Sie funktionieren also derten standen am Anfang. Mit dem schlag aus der anderen Position sich Die in der Bundesrepublik beteiligten siebziger Jahren wurde dies einmal be- nicht wie nachgeordnete Behörden, beginnenden 20. Jahrhundert entstand einschleicht. So liest man in der jüngs- Akteure sind zahlreich, verschiedenar- jaht und ein Staatssekretärsausschuss sondern wie selbständige Einrich- der Drang nach kultureller Beeinflus- ten vom Auswärtigen Amt entwickel- tig und häufig für Ausländer als für sie für diesen Zweck eingesetzt. Dieser ist tungen. Dementsprechend haben sie sung anderer Völker der in den Pro- ten Konzeption für die AKBP folgenden relevant kaum identifizierbar. allerdings nach einigen Jahren unpro- auch eine eigene Rechtspersönlich- pagandafeldzügen der faschistisch Satz: »Die AKBP leistet ihren Beitrag Die Rede ist in erster Linie von den duktiver Arbeit sanft entschlafen. keit meist in der Form eines eingetra- regierten Länder kumulierte. Darauf zur Umsetzung dieser Ziele, (gemeint sogenannten Mittlerorganisationen. Die Mittlerorganisationen haben genen Vereins. In der zweiten Hälfte reagierten die Demokratien entspre- sind: Europa stärken, Frieden sichern, Die bekanntesten sind die Zentralstelle ihrerseits das Bedürfnis einer engeren der sechziger Jahre ist das Prinzip der chend, und so gründete Groß-Britanni- alte Freundschaften pflegen, neue für das Auslandsschulwesen, das Goe- Kooperation seit den siebziger Jahren Unabhängigkeit zum ersten Mal auch en zum Beispiel 1934 den British Coun- Partnerschaften grunden) [...] indem the-Institut, der Deutsche Akademische des vergangenen Jahrhunderts emp- juristisch in einem Rahmenvertrag cil. Man kann auch in der Gründung sie ein positives und wirklichkeitsge- Austauschdienst und neuerdings die funden und dafür die Vereinigung für zwischen dem Auswärtigen Amt und der französischen Akademie in Rom im treues Deutschlandbild im Ausland Deutsche Gesellschaft für Internati- internationale Zusammenarbeit (VIZ) dem Goethe-Institut niedergelegt wor- Jahre 1666 einen Akt der AKBP sehen, vermittelt, fur den Wirtschafts-, Wis- onale Zusammenarbeit (GIZ) – eine gegründet. In diesem Rahmen werden den, wird aber für alle anderen auch muss zugleich aber darauf hinweisen, senschafts- und Innovationsstandort Fusion von drei Mittlerorganisationen Aktionen abgestimmt, Erfahrungen entsprechend angewandt. dass diese dazu diente, jungen franzö- des Bundesministeriums für wirtschaft- ausgetauscht und natürlich auch das Auf die Jahrzehnte der Praxis zu- sischen Künstlern die Gelegenheit zu liche Zusammenarbeit und Entwicklung Verhältnis zu den Geldgebern erörtert. rückblickend kann man sagen, dass geben, die italienische Kunst kennen Dialogbereitschaft (BMZ), die Deutsche Welle sowie das Gelegentlich gibt es auch konkrete Ab- sich dieses Strukturprinzip bewährt zu lernen, um sie dann in Frankreich Institut für Auslandsbeziehungen. Auf sprachen zwischen einzelnen Mittlern hat. Die Zielgruppen im Ausland und auszuüben. Andererseits ist Frankreich muss vor der Ver­ der Ebene der Bundesregierung sind in über gemeinsame Aktionen, Arbeits- auch im Inland (Künstler, Intellektuel- am Ende des 19. und Anfang des 20. folgung von Macht­ erster Linie das Auswärtige Amt, das teilungen oder Einschätzungen der le, Wissenschaftler, Lehrer, Studenten, Jahrhunderts der Vorreiter für eine Po- interessen stehen. BMZ sowie das Bundesministerium für Lage in bestimmten Gastländern und Lerner der deutschen Sprache) neigen litik gewesen, die darauf zielte, eine Bildung und Forschung (BMBF) für die die daraus zu ziehenden Konsequenzen. dazu, bei diesen privatrechtlich orga- kulturelle Mission in der ganzen Welt AKBP zuständig. Sie alle finanzieren An dieser Stelle sei darauf hinge- nisierten Institutionen eine Sachori- zu erfüllen – Kulturexport als Politik. Deutschland wirbt [...]«. Damit wird und beaufsichtigen Teile der AKBP, das wiesen, dass die internationalen Kul- entierung und Dialogbereitschaft zu Damit sind für die Frage nach den angezeigt, dass es eher um Repräsen- Auswärtige Amt mit etwa der Hälfte des turbeziehungen keineswegs allein von unterstellen und nicht die Verfolgung Zielen der AKBP schon zwei wichtige tation, wenn nicht um Propaganda Gesamtbudgets. Hinzu kommen aber den staatlich finanzierten und kontrol- eines Machtinteresses. Das schafft theoretische, gegensätzliche Positio- geht, der man eigentlich abgeschwo- noch viele weitere Ministerien, die sich lierten Akteuren gefördert und gepflegt Vertrauen und damit die Grundlage nen gekennzeichnet. Ist es das Ziel der ren hatte. einen kleinen Teil an den internationa- werden. Zu erinnern ist an die Verla- für eine fruchtbare Zusammenarbeit. staatlichen, auf die auswärtigen Bezie- Man muss zugeben, dass das Kon- len Kulturbeziehungen gesichert haben. ge, Medienunternehmen, Agenturen, Man kann rückblickend sagen, dass die- hungen gerichteten Politik, die eigene strukt einer AKBP, die auf Dialog und So zum Beispiel der Kulturstaatsmi- Galerien, die zwar vielleicht haupt- se Struktur der AKBP in Deutschland Kultur und Sprache zu verbreiten, um wechselseitige Lernprozesse ausge- nister im Bundeskanzleramt, der ne- sächlich in kommerziellem Interesse sich äußerst positiv auf die internati- dadurch das Ansehen und die Macht richtet sein soll, in der Praxis schwer ben anderem die Deutsche Welle, die handeln, aber doch einen wesentlichen onalen Beziehungen der Bundesrepub­ im internationalen Zusammenhang als im Interesse der Bundesrepublik Kulturstiftung des Bundes und die Villa Beitrag zur grenzüberschreitenden Be- lik Deutschland ausgewirkt hat. Fazit: zu erhöhen oder geht es darum, durch Deutschland und ihrer Bürger liegend Massimo in Rom finanziert. gegnung von Kulturen leisten. Dazu Die AKBP Deutschlands ist kein System, die Pflege von kulturellen Beziehun- zu vermitteln ist. Eine staatliche Ak- Bei der Vielzahl der Akteure in kommen die zahlreichen Stiftungen, sondern eine Ansammlung von weithin gen zwischen den Staaten, Verständnis tivität, die zumal, wenn auch keinen diesem Politikfeld fragt man sich, ob, die oft dieselben Ziele wie die staatli- unabhängig agierenden und mit je his- füreinander zu entwickeln, voneinan- großen, aber eben einen Teil des und wenn ja, wie all diese Aktivitäten chen Einrichtungen verfolgen, nämlich torisch gewachsenen Zuständigkeiten der zu lernen? Für die Bundesrepublik Budgets (1,5 Milliarden = ca. 0,5% des koordiniert werden. Denn es handelt Förderung von Frieden und Völkerver- und inneren Befindlichkeiten verse- Deutschland ist seit der Veröffentli- Bundeshaushalts) verschlingt, muss sich um ein Gebiet, für das die Bun- ständigung. henen Organisationen, die insgesamt chung und der Diskussion des Berichts sich als Interesse des Landes liegend desregierung insgesamt zuständig ist, eine effiziente Arbeit im Interesse des der Enquete-Kommission »Auswärtige erweisen. Das ist legitim. Aber die Pra- ein Gebiet, für das auch der Deutsche Landes und seiner internationalen Be- Strukturen Kulturpolitik« des Deutschen Bundes- xis der vergangenen Jahrzehnte zeigt, Bundestag ein Interesse angemeldet ziehungen leistet. tages aus dem Jahre 1975 communis dass die Ausrichtung auf den nicht von hat, indem er zum Beispiel 1973 eine Der Blick auf die Akteure der AKBP ist opinio, dass die AKBP sich von den unmittelbaren Interessen geleiteten Enquete-Kommission zu diesen Fragen relativ verwirrend und vielfältig. Das Horst Harnischfeger ist ehemaliger Prinzipien der Partnerschaft leiten Dialog eben auf diesem indirekten eingesetzt und 1994 von der Bundes- Feld zeigt keine klaren Strukturen, wo- Generalsekretär des Goethe-Instituts Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kultur auswärts 19

schaften sich friedlich entwickeln und der Einzelne sich frei entfalten kann. Auswärtige Kulturpolitik Auch der Dialog über den Begriff der Freiheit gehört zu unserem Kulturdialog im Ausland. Bei der Eröffnung der Ausstel- in Zeiten der Globalisierung lung zur »Kunst der Aufklärung« in Peking habe ich dies sehr deutlich gemacht: »Die Die Deutsche Außenpolitik hat drei große Ziele: Sie ist dem Frieden verpflichtet, sie will Freiheit des Einzelnen ist die Grundlage Europa stärken und die Globalisierung gestalten. Dafür brauchen wir Partner in der Welt. für bessere Ergebnisse für alle.« Mit Ver- anstaltungen wie diesen wollen wir auch Guido Westerwelle kann gesellschaftliche und politische Mei- angelegtes Geld, eine Zukunftsinvestition Außenpolitk künftig den offenen Austausch mit ande- nungsbildungsprozesse in einer bisher so für unser Land. Mit der AKBP wirken wir ren Gesellschaften anregen und beständig rieden und Sicherheit im 21. Jahr- nicht denkbaren Intensität beeinflussen. in die Mitte der Gesellschaften und wir wird von darauf hinwirken, dass nicht eine Ideo- hundert ist mehr als nur die Abwe- Wirtschaftliche Kraftzentren entstehen schaffen Netzwerke für eine langfristige Werten und logie, sondern der Mensch selbst in den F senheit von Krieg. In einer zuneh- neu, in Asien, in Lateinamerika und an- Zusammenarbeit. Über die drei großen von Interessen Mittelpunkt der Politik gerückt wird. Wir mend vernetzten und interdependenten derswo. Vieles beschleunigt sich, Gewichte Bereiche der AKBP, den inzwischen 1.500 bestimmt. brauchen die geistige Offenheit des inter- Welt, deren Bevölkerung auf mehr als sie- verschieben sich weltweit – wirtschaftlich, Schulen im Partnerschulnetzwerk, den nationalen Austauschs. ben Milliarden Menschen angewachsen ist, politisch, demographisch. Globalisierung 150 Goethe-Instituten und den jährlich Der Aufbruch in Teilen der arabischen ist der Frieden durch vielerlei Gefahren bedeutet mehr Wettbewerb. über 40.000 geförderten ausländischen Welt ist eine große Chance. Offene Gesell- bedroht, die vom Bevölkerungswachstum Wir sehen in den wirtschaftlich aufstre- Studierenden und Akademikern erreichen schaften und freiheitliche Demokratien über steigende Nahrungsmittelpreise bis benden Ländern mehr als nur »Schwellen- wir hunderttausende überwiegend junge entstehen nicht über Nacht. Wir unter- zu Wasserknappheit und Veränderungen länder«. Sie sind neue Gestaltungsmächte. Menschen in der ganzen Welt. Projekte stützen den Neuanfang nach Kräften und der Umwelt reichen. Es wäre daher ein Viele von ihnen sind längst auch politisch aus dem Bereich des Sports spielen dabei wollen, dass er auch im Kulturaustausch fatales Missverständnis, Sicherheit nur und kulturell zu neuen Kraftzentren ge- eine ebenso wichtige Rolle wie der Einsatz spürbar wird. Die »Tahrir-Lounge« des militärisch zu definieren. Frieden und Si- worden. Sie übernehmen Verantwortung neuer Kommunikationsformen im Internet Goethe-Instituts im Herzen Kairos ist ein cherheit wird es nicht ohne die Beachtung und erheben einen stärkeren Gestaltungs- (soziale Medien, Web 2.0). Wir vermitteln hervorragendes Beispiel für die Förderung fundamentaler Werte geben: Menschen- anspruch in der internationalen Politik. ein modernes und wirklichkeitsgetreues eines zivilgesellschaftlichen Dialogs. Wir rechte, Demokratie und Rechtsstaatlich- Mit ihnen wollen wir neue Partnerschaften Bild von Deutschland im Ausland: Eine haben ferner »Transformationspartner- keit. Unfreiheit und Repression münden eingehen. Denn wer Globalisierung gestal- wertebasierte deutsche Gesellschaft, die schaften« gegründet, die den Ländern in letztlich in inneren und äußeren Konflik- ten will, braucht starke Partner. Um den für Offenheit und Toleranz, für Freiheit, Nordafrika und Nahost zugute kommen. In diesem und im kommenden Jahr ste- hen daraus je 20 Millionen Euro für die AKBP zur Verfügung. Zu einem großen Teil werden sie zur Förderung von Bildungs- projekten verwendet werden. Bildung befähigt Menschen überall dazu, ihr individuelles Potenzial zu ent- wickeln und auszubauen. Bildung wird künftig immer stärker über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Sie wird zu einer Schlüsselressource im 21. Jahrhundert. In Bildung und Wissen zu investieren heißt, Chancen zu eröffnen und Zukunft zu si- chern. Das gilt für den Einzelnen eben- so wie für ganze Gesellschaften, für die Nord- ebenso wie für die Südhalbkugel, für Industrienationen und für Entwicklungs- länder gleichermaßen. Deutschland steht aufgrund seiner de- mographischen Entwicklung vor besonde- ren Herausforderungen. Angesichts einer schrumpfenden Bevölkerungszahl ist die Frage nicht mehr ob, sondern in welchem Maße wir auf Zuwanderung angewiesen sind, damit wir den Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes halten können. Indem sie Studierende, Forscher und Wissenschaftler aus dem Ausland fördert, leistet die AKBP mehr als nur einen Beitrag zur Internationali- sierung der deutschen Forschung. G ilges In diesem Zusammenhang hat das Erlernen der deutschen Sprache eine be- : S imone : sondere Bedeutung. Wer Deutsch lernt, er-

F oto wirbt den wichtigsten Schlüssel zu unserer Île de la Madeleine (Mamadou Gomis, Philip Metz, Ndiaga Diaw, assistant), Dakar 2008 Kultur. Wir wollen junge Menschen für die deutsche Sprache begeistern und ihnen so ten. Wir müssen daher unsere Zivilgesell- weltweiten Wandlungsprozess sichtbar zu Leistungsbereitschaft und Innovation Türen zur Wissenschaft, Wirtschaft und schaften und Volkswirtschaften noch mehr machen und die Folgerungen zu definieren, steht. Auswärtige Kultur- und Bildungs- Kultur öffnen. Fast 15 Millionen Menschen füreinander öffnen und sie miteinander die sich daraus für einen wichtigen Be- politik schafft Vertrauen. lernen gegenwärtig weltweit Deutsch als verflechten. reich der Außenpolitik ergeben, habe ich Damit leistet sie einen wichtigen Bei- Fremdsprache. Aber diese Zahl geht deut- Europa ist durch die Schuldenkrise in im vergangenen September die Konzeption trag, um unsere außenpolitischen Ziele lich zurück. Die Förderung der deutschen die tiefste Vertrauenskrise seit Gründung »Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik zu verwirklichen. Als integraler Bestand- Sprache ist daher ein Schwerpunkt und der Europäischen Union gestürzt. Wir er- in Zeiten der Globalisierung – Partner teil der deutschen Außenpolitik ist die eine Querschnittsaufgabe der AKBP. Wir leben, dass vergessen geglaubte nationale gewinnen, Werte vermitteln, Interessen Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik müssen zugleich dafür sorgen, dass das Stereotypen wiederbelebt werden. Manche vertreten« der Öffentlichkeit vorgestellt. mehr als eine bloße Visitenkarte, mit der durch Sprachkurse geweckte Interesse an überziehen die europäische Idee heute Damit kann sich die Auswärtige Kultur- Deutschland sich einem kulturell beflisse- Deutschland später durch entsprechende leichtfertig mit Kritik. Manche nehmen nen Publikum im Ausland empfiehlt. Aufenthalts- und Arbeitsmöglichkeiten die überaus positiven Errungenschaften, Die neue Konzeption erschöpft sich befriedigt werden kann. Freiheiten und Möglichkeiten, die den eu- nicht in dem Anspruch, die Rahmenbedin- Die Herausforderungen im 21. Jahr- ropäischen Bürgerinnen und Bürgern seit AKBP ist die tragende gungen für die AKBP aufzuzeigen. Sie bil- hundert können wir nur dann erfolgreich den Anfängen der EU zuteil wurden, all- Säule der deutschen det die Grundlage eines Prozesses, durch bestehen, wenn wir die drei Säulen der zu leicht als Selbstverständlichkeit. Rich- Außenpolitik den wir gemeinsam mit unseren Partnern Außenpolitik Diplomatie, Wirtschaft und tig ist: Die europäische Einigung ist die im In- und Ausland die Strukturen und In- Kultur zusammen nutzen. Damit sichern Grundlage des friedlichen Zusammenle- strumente der AKBP an die Realitäten des wir die Zukunft Deutschlands in Europa bens der europäischen Völker seit mehr als 21. Jahrhunderts anpassen wollen. Unsere und im globalen Wettbewerb. Wir brau- sechs Jahrzehnten. Für Deutschland gibt und Bildungspolitik (AKBP) nach mehr kulturelle Präsenz im Ausland muss den chen eine neue Verflechtung im Auftritt es keine gute Zukunft ohne ein vereintes als zehn Jahren wieder auf eine aktuelle Zielen der Außenpolitik folgen. Für die nach außen. Dies erreichen wir mit inno- Europa. Europa ist unsere Schicksalsge- außenpolitische Richtungsbestimmung Länder in Mittel- und Osteuropa gibt es vativen Formaten, etwa im Rahmen der meinschaft. Wir brauchen ein wirtschaft- stützen. hier ebenso Handlungsbedarf wie etwa in Deutschlandjahre, die wir in China, Indien, lich starkes und ein politisch geeintes Die Bundesregierung hat den Stellen- der arabischen Welt. Russland und Brasilien durchführen. Europa. Wir brauchen mehr Europa und wert der AKBP im Koalitionsvertrag be- Unsere Außenpolitik wird von Werten Die Auswärtige Kultur- und Bildungs- nicht weniger Europa. sonders betont und sie als eine »tragende und von Interessen bestimmt. Freiheit und politik wird damit auch in Zukunft ihre Unsere Partnerschaften in Europa und Säule der deutschen Außenpolitik« ge- Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat, wichtige Rolle bei der Umsetzung der Ziele über den Atlantik sind das Fundament würdigt. Den Anspruch, sie »finanziell Achtung der Menschenrechte, Herrschaft der deutschen Außenpolitik wirkungsvoll, unserer Außenpolitik. Wir dürfen aber bestmöglich« auszustatten, nehmen wir des Rechts, Meinungsfreiheit – das sind sichtbar und im Interesse unseres Landes nicht die Augen vor dem Offenkundigen ernst. Im aktuellen Haushaltsjahr ist es Werte, für die Deutschland und unsere Au- wie dem unserer Partner ausfüllen. verschließen: Die Welt befindet sich in uns gelungen, den Etat der AKBP mit ßenpolitik stehen. Für diese Werte wollen einem tief greifenden Wandel. Das Inter- 785 Millionen Euro auf eine historische wir aktiv werben und sie verbreiten. Sie Guido Westerwelle ist net überwindet nationale Grenzen und Rekordmarke zu heben. Das ist sehr gut bilden das Fundament, auf dem Gesell- Bundesminister des Auswärtigen 20 kultur auswärts www.politikundkultur.net

Fotos: Grütters – Christof Rieken; Schmidt – Bundesregierung/Steffen Kugler; Leiprecht – FDP-Bundestagsfraktion; Jochimsen – Büro Jochimsen, Roth – Bundesgeschäftsstelle Bündnis 90/Die Grünen

Monika Grütters, Obfrau für Aus­ Ulla Schmidt, Obfrau für Auswärtige Harald Leibrecht, Obmann für Aus­ Lukrezia Jochimsen, Obfrau für Aus- , Obfrau für Auswärtige wärtige Kultur- und Bildungspolitik Kultur- und Bildungspolitik der wärtige Kultur- und Bildungspolitik wärtige Kultur- und Bildungspolitik der Kultur- und Bildungspolitik der Bun- der CDU/CSU-Bundestagsfraktion SPD-Bundestagsfraktion der FDP-Bundestagsfraktion Bundestagsfraktion Die Linke destagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Zur Zukunft der Auswärtigen Kulturpolitik Europas Werte Neues Paradigma Politik anpassen Selbstzweck Kultur Eigensinn stärken

Monika Grütters Ulla Schmidt Harald Leibrecht Lukrezia Jochimsen Claudia Roth

In der heißen Debatte um die Euro- Das Konzept des Auswärtigen Amtes Die Entwicklungen der jüngsten Zeit »Partner gewinnen, Werte vermitteln, In einer Welt, die sich globalisiert, Rettung droht die großartige Idee ei- vom September 2011 bestätigt den Pa- sind etwas Besonderes. Gerade in der Interessen vermitteln« lautet der Un- erhält die AKBP eine immer größere ner europäischen Kultur- und Wertege- radigmenwechsel in der AKBP unter arabischen Welt wollen sich Menschen tertitel der vom Auswärtigen Amt im Bedeutung. Im Kultur- und Bildungs- meinschaft unter die Räder zu geraten. Außenminister Westerwelle. Mit den nicht länger von autoritären Führern September 2011 erarbeiteten neuen austausch sollten die originären Ak- Eine Verteidigung des »Kulturprojektes Einsparungen und der Haushaltssperre in ihrer Freiheit einschränken lassen, Konzeption der Auswärtigen Kultur- teure im Mittelpunkt stehen. Denn die Europa« ist also eine mindestens eben- beim Goethe-Institut, dem Finanzie- sondern ihr Schicksal selbst in die Hand und Bildungspolitik. Das hört sich zu- Künstler, Kreativen, Pädagogen und so dringliche Aufgabe der aktuellen rungskonzept bei der Auslandsschulre- nehmen. nächst nicht nach bahnbrechender Neu- Wissenschaftler wissen selbst meist am auswärtigen Kulturpolitik, wie es die form, Schwerpunkten wie das Leucht- Dies darf an der deutschen Außen- ausrichtung an, was vielleicht auch der besten, wo in den eigenen Bereichen die kulturelle Begleitung der Demokratie- turmprojekt »Die Kunst der Aufklärung« politik nicht spurlos vorübergehen. Ins- Grund dafür ist, dass diese Konzeption spannenden Ansätze liegen und wel- bemühungen in den nordafrikanischen oder die Kampagne »Sprache der Ideen« besondere die AKBP muss ihren Beitrag bis Anfang dieses Jahres, bis zu der all- che Initiativen und Projekte zukunfts- Ländern oder die neuen Präsenzen zeichnete er sich bereits ab. Die bisher zur Vermittlung demokratischer Werte jährlichen kulturpolitischen Tagung der trächtig sind. Wir wollen deshalb die deutscher Kulturmittler in Schwel- unabhängige AKBP wird explizit als und Einhaltung der Menschenrechte Evangelischen Akademie Loccum, kaum Kompetenzen und Motivationen dieser lenländern sowie unsere Angebote an Cultural Diplomacy definiert und da- leisten. wahrgenommen, geschweige denn Akteure umfassend nutzen und einbrin- die Zivilgesellschaft in hermetischen mit in den Dienst der Diplomatie, in Traditionell orientiert sich die kommentiert wurde. Ein Fehler, denn gen – auch in der Definition dessen, was Staaten sind. den Dienst dessen, was Deutschland deutsche AKBP an einem nach 1945 in diesen Leitlinien offenbart sich eine AKBP gegenwärtig leisten soll. Auch in finanziell herausfordernden direkt nützt, gestellt. entstandenen Weltgefüge. Die daraus deutliche Akzentverschiebung in der Der Ansatz im Konzeptpapier von Zeiten hat sich die Überzeugung durch- Vergeblich sucht man in dem Kon- resultierenden Freundschaften – allen Ausrichtung der AKBP. Wo es bisher um Außenminister Westerwelle ist dage- gesetzt, neue Engagements der auswär- zept wichtige Aufgaben der AKBP wie voran das transatlantische Verhältnis europäische Integration, um kulturelle gen zu eng und instrumentell. AKBP tigen Kultur- und Bildungspolitik in der das positive Bild eines weltoffenen und die deutsch- französischen Bezie- Brücken und einen offenen Austausch wird zu einseitig als Instrument der Welt nicht zulasten bewährter Struktu- Deutschlands, das gegenseitige bessere hungen – sind herausragende Belege ging, mit dem Ziel demokratische Werte, »cultural diplomacy« definiert. Der Ei- ren in Europa anzustreben. Verständnis, die europäische Integrati- hierfür. Freiheit und Toleranz durch Kultur zu gensinn von Kunst und Kultur droht Das »Kulturprojekt Europa« als on, die Emanzipation (bildungs-)ärme- In Zeiten, in denen Wachstumsregi- vermitteln, beschränkt man sich nun so, unter die Räder zu geraten. Und wo »Herzstück« der AKBP muss gerade jetzt rer Länder oder die Konfliktprävention onen wie China, Indien und Lateiname- auf »cultural diplomacy«. Das Erstau- tatsächlich einmal von Kunst die Rede gestärkt werden. Denn die Arbeit der und -bewältigung. Nein, die dritte Säule rika immer wichtiger werden, kommen nen der Mittlerorganisationen – wel- ist, geht es vorrangig um »Sichtbarkeit«, Kulturmittler ist für die Integration in der Außenpolitik wird ökonomisiert. neue Aufgabenfelder hinzu. Die histo- che in keiner Weise in die Ausarbeitung um »große Ausstellungsformate«. Die Deutschland, für die zivilgesellschaft- Statt »Globalisierung gestalten – Part- rischen Verbindungen zu diesen neuen einbezogen waren – wird auf Anhieb vielen kleineren Formate, tausende von liche Ordnung und Verantwortung in nerschaften teilen – Verantwortung Partnern sind oftmals weniger stark als nachvollziehbar, liest man, dass die Kulturbegegnungen, das nachhaltig an- Europa und für die Vermittlung dieser übernehmen«: Blutleere Schlagwörter, zu unseren engsten Verbündeten. Die AKBP nach dem Willen des Auswärtigen gelegte »Alltagsgeschäft« der Goethe- Werte in der Welt von unschätzbarem Ausruhen auf Aktivitäten der Vorgän- AKBP bietet hier die richtige Plattform, Amtes zukünftig für den Wirtschafts-, Institute findet viel zu wenig Beachtung. Wert. Es ist daher meines Erachtens gerregierung und Maßnahmen der um ein unverkrampftes Verhältnis auf- Wissenschafts- und Innovationsstand- Problematisch sind im Konzeptpapier unverantwortlich, immer wieder Fra- Deutschlandwerbung in den BRICS- zubauen. ort Deutschland werben und potentielle auch die Heilsversprechen einer fort- gezeichen an die Existenz der Goethe- Staaten. Das ist kein hinreichendes Auch in der EU kommt der AKBP eine Fachkräfte nach Deutschland bringen schreitenden Privatisierung – unter an- Institute in Italien und Frankreich zu Konzept für Deutschlands Position und wichtige Rolle zu. Eine gemeinsame eu- soll. Schluss mit einer der Weltordnung derem bei der Finanzierung von Stipen- setzen. Aufgabe in einer dynamischen multila- ropäische Außenkulturpolitik ist eine der Nachkriegszeit entstammenden dien, bei Wissenschaftsprogrammen und Diese nachhaltigen Verbindungen teralen Welt. Mehr denn je kommt es echte Bereicherung für alle Beteiligten. AKBP, jetzt wird alles neu ausgerichtet. den Auslandsschulen. Kein Wort zu den zu ermöglichen, ist eine staatliche und darauf an, Empfänger zu sein, nicht nur Man kann Synergieeffekte nutzen, um Das Auswärtige Amt übernimmt die Gefahren, die hier drohen. Ich möchte nicht eine privat-wirtschaftliche Aufga- Sender. Hinzuhören, um neue Entwick- Projekte gemeinsam anzustoßen. Die Schwerpunktsetzung der Außenkul- jedenfalls keine Auslandsschulen, auf be. Die EU-Kommission plant mit dem lungen zu erkennen und zu verstehen, EU ist viel mehr als eine Wirtschafts- turpolitik, die Innenkulturpolitik wird die dann nur noch die Geldeliten dieser neuen Programm »Kreatives Europa« wo wir uns ändern oder offener wer- union. Sie ist ein Zusammenschluss reduziert und die Präsenz der Goethe- Welt ihre Kinder schicken können. eine Anpassung der EU-Kultur- und den müssen. Nur so erreichen wir ein der europäischen Völker mit all ihren Institute nach »Brennpunkten« ausge- Wie der Eigensinn von Kunst und Medienförderung. Die Förderung von partnerschaftliches Miteinander bei der vielseitigen Facetten. Aufgabe der AKBP richtet. Statt des bisherigen »Dialogs Kultur verfehlt wird, zeigt sich auch Unternehmen auf dem Sektor Kreati- Gestaltung der Globalisierung und der ist es, zum besseren Verständnis und auf Augenhöhe« soll Kultur nun als Bei- an den »Deutschlandjahren«, die das vität erhält nun ein erheblich größe- Global Governance. zur Pflege des gemeinsamen kulturel- trag zur Standortpolitik oder Mittel der Konzept hervorhebt. Es handelt sich res Gewicht. Die Europäische Union ist Schwer wiegen die Ankündigungen, len Erbes beizutragen. Hierzu leistet Wirtschaftsförderung eingesetzt werden. um Großveranstaltungen in Schwel- eine Wertegemeinschaft. Hier aber wird die staatliche Förderung zurückzuneh- Deutschland einen bedeutenden Bei- Eine Kulturpolitik aber, die derart offen- lenländern, die von kritischen Journa- ein Paradigmenwechsel hin zu einer men, wo es bereits einen etablierten trag. sichtlich den Stempel der politischen listen schon einmal als »neuer deutscher ökonomischen Ausrichtung weg vom kulturellen Austausch gibt, bei den Neue Kommunikationsmittel und Absicht trägt, wird Vermittlungsziele Wanderzirkus« bezeichnet werden. Kul- Geistesgeschichtlichen vollzogen. Da- Stipendien nur noch Anschubfinan- das Internet finden auch in der AKBP kaum erreichen, verkennt den Zusam- turevents werden hier zum Beiwerk von bei wäre gerade jetzt die Besinnung auf zierung zu leisten, das Auslandsschul- ihren Niederschlag. Der Erfolg des ara- menhang von Innen- und Außenpolitik. Wirtschaftsförderung, der Kulturdialog die große, lange abendländische Kultur netz stärker an deutschen Interessen zu bischen Frühlings fußt nicht zuletzt auf Die Balance zwischen Selbstzweck der geht verloren. und Tradition, die Europas Wurzeln orientieren oder Aktivitäten der AKBP diesen modernen Medien. Die junge Kultur und interessenbezogener Politik Ein positive Ausnahme bildet dem- ausmacht, wichtig, um die europäische im Inland einzuschränken und gege- Generation, die ihre Freiheiten und muss gewahrt bleiben. Einem solchen gegenüber die Gründung der Künstler- Idee in die Zukunft hinein zu tragen. benenfalls einzustellen. Diese Pläne Rechte auch im Internet einfordert, ist Paradigmenwechsel können wir nur wi- akademie Tarabya in der Türkei, wobei Denn das Bekenntnis zur Kultur ist werden die AKBP insgesamt schwächen. die Zukunft. Es ist Aufgabe der AKBP, dersprechen. Auswärtige Kultur- und diese Ausnahme zunächst doch nur immer auch ein Bekenntnis zu den Und sie stellen einen erneuten Versuch neue Technologien zu nutzen, um De- Bildungspolitik sollte nach unserem wieder die Regel bestätigte. Denn Tara- Wertgrundlagen einer Gesellschaft. dar, die Gemeinwohlorientierung in der mokratiebewegungen zu unterstützen. Verständnis zu Emanzipation, Frieden bya musste vom Bundestag gegen mas- Das bedeutendste Merkmal deutscher AKBP zu versenken – wie zuvor schon Bei aller Euphorie für das Internet dür- und Demokratie weltweit beitragen. Um sive Widerstände aus dem AA durchge- Kulturpolitik ist die im Grundgesetz beim Reformkonzept für die Auslands- fen jedoch der traditionelle zivilgesell- hier zu gemeinsamen Vorstellungen zu setzt werden. Ich hoffe sehr, dass die verbriefte Freiheit der Kunst. Sie vor schulen. schaftliche Austausch und das Erlernen kommen, darf die Gestaltung eines sol- Führung des Amtes nun dauerhaft zu allem ist der Grund für die auskömmli- Außenminister Westerwelle täte gut der deutschen Sprache nicht vergessen chen Konzeptes nicht allein vom Au- einer besseren Einsicht gelangt ist. che Finanzierung der Kultur durch den daran, den Worten seines Amtsvorgän- werden. ßenministerium und dem europäischen Das Konzept von Minister Wester- Staat. Dieses hartnäckige Engagement gers und Parteifreundes Hans-Dietrich In turbulenten Zeiten liefert das Außendienst bestimmt werden. Wir welle ist insgesamt zu instrumentell für die Künste hat entscheidenden An- Genscher zu folgen: »… Auswärtige Kul- neue Konzept des Auswärtigen Am- brauchen jetzt möglichst schnell eine und einer alt-neoliberalen »Privat-vor- teil am hohen Ansehen Deutschlands turpolitik [ist] mehr als schmückende tes sehr gute Ansätze, um die AKBP öffentliche Debatte über dieses Konzept, Staat«-Ideologie verhaftet. Es greift zu in der Welt. Diesen Geist gilt es, welt- Beigabe unserer Außenpolitik, und an neue geopolitische Gegebenheiten in die auch die Mittlerorganisationen, kurz, um eine tragfähige Grundlage der weit zu vermitteln, zu schützen und schon gar nicht ist sie eine ästhetische anzupassen und ein modernes Deutsch- wie die Goethe-Institute, und auch die AKBP in Zeiten der Globalisierung zu zu stärken. Form der Außenhandelsförderung.« landbild zu vermitteln. Zivilgesellschaft einbezogen werden. sein. Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kultur auswärts 21

Initiative Auslands- schulgesetz Weltweit für Deutschland Schule machen ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und privaten Trägern.

Thilo Klingebiel Millionen Euro in 2010. Ein Viertel die- ser 380 Millionen Euro Schulgeld wird er Deutsche Bundestag hat von den weltweit operierenden deut- ihre Bedeutung mit seiner schen Firmen, die ihre Mitarbeiter ins Entschließung »Deutsches Ausland entsenden, aufgebracht. Drei Auslandsschulwesen stär- Viertel dieser weltweit gezahlten Schul- D ken und weiterentwickeln« (BT-Drs. gelder kommt aber direkt aus den pri- 16/9303) 2008 hervorgehoben. Durch vaten Haushalten der Eltern der rund eine Förderpraxis auf der Basis des 60.000 Schüler aus den Sitzländern der Zuwendungsrechtes haben die Deut- deutschen Schulen. Diese Eltern zah- schen Auslandsschulen jedoch keine len dieses Schulgeld – teilweise unter verlässliche Basis bei ihrem langfristi- großen persönlichen Opfern –, weil sie gen Bildungsauftrag. der Qualität und der Verlässlichkeit des Die an Deutschen Auslandsschulen deutschen Bildungsangebotes und der vergebenen und durch die Kultusminis- deutschen Schulabschlüsse an den terkonferenz anerkannten Abschlusse Deutschen Auslandsschulen vertrauen. stehen nicht nur fur die Vermittlung Das Engagement der ehrenamtli- der deutschen Kultur, sondern auch fur chen Vorstände der Trägervereine ist G ilegs eine weltweit anerkannte Schulbildung somit eine Verpflichtung gegenüber nach deutschen Maßstaben. Schuler Schülern, Eltern und der auswärtigen von Deutschen Auslandsschulen ler- Kultur- und Bildungspolitik, weltweit S imone : nen in ihrer langjahrigen Schullauf- für Deutschland Schule zu machen. Die F oto bahn nicht nur die Sprache, sondern ehrenamtlichen Vorstände gehen eine Friedrich avec squelettes trouvés, Dakar 2008 überdurchschnittliche wirtschaftliche Verantwortung für die Schulen ein, entwickeln diese mit hohem persön- Deutsche Auslands- lichem Engagement nachhaltig über schulen werden Jahre weiter und verpflichten sich ge- Deutschland im Wettbewerb privat getragen und genüber den Eltern und Schülern für öffentlich gefördert. einen langfristigen Bildungsweg. Trotz- dem werden die Schulträger nur auf der um die Weltöffentlichkeit Basis des Zuwendungsrechts gefördert. Eine Förderung, die auf der Basis des Deutschland muss die Anziehungskraft seiner Kultur, seine politische ganzheitlich eine besondere Lehr- und Haushaltsrechts nicht über ein Jahr hi- Lernkultur und die Kultur unseres naus ausgesprochen wird. Gleichzeitig Werteordnung und das Ansehen von Wirtschaft und Politik in dem Wett- Landes kennen. Die 140 anerkannten müssen die Schulträger jedoch, um die- bewerb um die Weltöffentlichkeit in die Waagschale werfen. Deutschen Auslandsschulen haben se Förderung zu erhalten, überjährige damit ein Alleinstellungsmerkmal im Zielvereinbarungen eingehen. Erik Bettermann ganz anderen Inhalt bekommen, als abhängigen, pluralistischen Bericht- Netzwerk der Partnerschulen. Sie bie- Wo das Auswartige Amt sich die wir es bisher gewohnt waren. Medi- erstattung in allen drei Medien ver- ten Schulbildung seit Generationen stärkere Beteiligung der privaten Seite ie Art und Weise, wie Staaten en – insbesondere Auslandsmedien mittelt die Deutsche Welle die »Marke fur Generationen, die weit uber einen wünscht, ist vor allem Verlasslichkeit ihre Standpunkte, Werte und – kommt hierbei eine enorme Bedeu- Deutschland«. Sprachkurs hinausgeht und die Ziele in der Zusammenarbeit und Sicher- D Interessen darstellen und ver- tung zu. Deutschland steht für Freiheit und der Auswartigen Kultur- und Bildungs- heit fur die Investitionen der priva- folgen, hat sich in den vergangenen Wer sich die Konkurrenzsituation Menschenrechte in der Welt. Es ver- politik nachhaltig umsetzt. ten Partner in die Auswartige Kultur- Jahren stark verändert. Der Wettbe- auf den internationalen Medienmärk- folgt diese Ziele als Mitglied der Eu- Die Zentralstelle für das Auslands- und Bildungspolitik gefordert. Eine werb um die Weltöffentlichkeit, das ten anschaut, erkennt schnell: Auch ropäischen Union und der Vereinten schulwesen fördert aus den Mitteln des verlassliche Forderung der Schultrager heißt um die Aufmerksamkeit, das andere verfolgen aufwendige bis ag- Nationen. Aber nicht nur der Westen Auswärtigen Amtes die Deutschen Aus- ist der Katalysator fur die Konsolidie- Verständnis und das Wohlwollen gressive Kampagnen zur Vermittlung meldet seinen Anspruch auf Deu- landsschulen personell und finanziell. rung und Entwicklung des Netzwer- anderer Länder, ist zu einem immer ihrer Anliegen und konkurrieren mit tungshoheit an. Dies unterstreicht die Die Kultusministerkonferenz (KMK) kes Deutscher Auslandsschulen. Die wichtigeren Bestandteil staatlicher deutschen Bemühungen. Die gewach- Notwendigkeit der Auseinanderset- vergibt die Abschlüsse und die Berech- Außenpolitik geworden. Es geht um sene Zahl derjenigen Medienanstalten, zung mit anderen Wertesystemen und tigungen, die an den Auslandsschulen die Fähigkeit, im internationalen Kon- die sich gezielt an ein Auslandspubli- Sichtweisen. Nur mit einer klar vermit- erworben werden. Sie sind das Marken- text andere Akteure dazu zu bewegen, kum richten, illustrieren diesen Punkt. telten Position wird Deutschland in zeichen für Bildung »Made in Germany«. Schulbildung an denselben politischen Willen zu ent- Gab es 1992 noch drei internationale einer Welt »kollidierender Stimmen« Unter Aufsicht des Staates erreichen Deutschen Auslands- wickeln und folglich dieselben Ziele Fernsehsender in englischer Sprache, wirtschaftlich, politisch und kulturell damit fast 60 Prozent der Deutschen schulen ist ganz- zu verfolgen wie man selbst. Nicht sind es inzwischen über 26. wahrgenommen werden. Deutschland Auslandsschulen in nationalen Verglei- heitliche nachhaltige Zwang, Bezahlung oder Verhandlung Im Zeitalter von Globalisierung und muss seine Interessen artikulieren und chen einen Platz unter den fünf besten – Überzeugung ist hier der Handlungs- Digitalisierung ist nichts globaler als unmittelbar – ohne mediale Zwischen- ihres Landes. Diese Aufsichtspflicht des Kulturvermittlung. modus. Viele Staaten haben erkannt, der Austausch von Nachrichten und händler – verbreiten können. Nutzer Staates nehmen rund 1.300 vermittel- dass sie sich mit ihren Botschaften in anderen Informationen. Milliarden der Deutsche Welle-Angebote haben te, deutsche, verbeamtete Lehrkräfte, unserer multimedialen Welt durch- von Menschen können zur gleichen ein deutlich differenziertes und posi- sogenannte Auslandsdienstlehrkräf- Schultrager unterstutzen deswegen setzen müssen. Sie konkurrieren um Zeit Ereignisse in Politik, Wirtschaft tiveres Bild von Deutschland. Damit te, wahr. Jede Schule benötigt einen nachdrucklich die Initiative von Frau Wirtschaftsmärkte, Investitionen, und Kultur in Echtzeit verfolgen. Staa- fährt der Sender für Deutschland eine Stamm an vermittelten Auslands- Staatsministerin Cornelia Pieper fur ein Touristen, Kultur- und Wertesysteme, ten stehen vor der Herausforderung, hohe Imagerendite ein. Je positiver das dienstlehrkräften für die Vergabe der Auslandsschulgesetz, dass die Partner- Gesellschaftsmodelle – und natürlich sich mit ihren Botschaften in unserer Image, desto größer die Bereitschaft, Abschlüsse und die Wahrnehmung ho- schaft nachhaltig regelt und die Basis um politische Macht und Einfluss. multimedialen Welt durchzusetzen. Investitionen in Deutschland zu täti- heitlicher Aufgaben, deren Freistellung fur die Zukunftsfahigkeit der Deutschen Immer mehr Nationen wollen sich Es ist fahrlässig, diesen Wettbewerb gen, deutsche Produkte zu importieren, durch die Bundesländer auch weiterhin Auslandsschulen schafft. Ihr Ziel, die außerhalb des eigenen Kulturkreises anderen zu überlassen. Deutschland deutsche Kultur zu erfahren, die deut- sichergestellt werden muss. Deutschen Auslandsschulen müssten präsentieren und verstärken daher ihre als bedeutende Kultur- und Export- sche Sprache zu lernen. Er unterstützt Deutsche Auslandsschulen wer- endgültig von den Unsicherheiten des internationalen Kommunikationsakti- nation muss im Wettbewerb der Na- damit auch die Ziele der Auswärtigen den von privaten, gemeinnutzigen Zuwendungsrechts befreit werden, ist vitäten. Das Ziel: Einfluss nehmen auf tionen und Regionen um die Weltöf- Kultur- und Bildungspolitik. Schultragern seit uber 150 Jahren be- die richtige Kernanforderung. Neben die Weltöffentlichkeit – die eigenen fentlichkeit wahrnehmbar sein und Die föderale Repräsentation der trieben. Die Schultrager erreichen ei- der langfristigen finanziellen Planungs- Vorzüge verständlich vermitteln. seine internationale Medienpräsenz Bundesrepublik und deren mediale nen Autonomiegrad, der beispielhaft sicherheit brauchen die Schulen eine Die Auswärtige Kultur- und Bil- sicherstellen. Auch vor dem Hinter- Darstellung im Ausland ist somit eine im Vergleich zu den Autonomiebestre- festgeschriebene Verlässlichkeit im dungspolitik hat auf diese Entwick- grund, dass Deutschland außen- und gemeinsame, gesamtstaatliche Verant- bungen von Schulen im Inland ist. Mit Personalbereich, also den Erhalt und lungen reagiert. »Herzen und Köpfe sicherheitspolitisch künftig immer wortung von Bund und Ländern. Denn den erwirtschafteten Schulgeldern wer- die Stärkung der Qualität durch ver- für Deutschland gewinnen und lang- stärker gefragt und gefordert wird. von einer starken DW profitieren alle. den drei Viertel der Lehrkrafte direkt mittelte Lehrkräfte. Der Weltverband fristige Netzwerke bilden«, benennt Was könnte Deutschland in diesem Als Land der Kultur und der Wissen- von den Schultragern bezahlt und im Deutscher Auslandsschulen wird diesen das Auswärtige Amt das Ziel der Aus- Wettbewerb um die Weltöffentlichkeit schaften, als Exportnation und als en- Durchschnitt 80 Prozent der Schul- Prozess weiterhin kritisch-konstruktiv wärtigen Kultur- und Bildungspolitik in die Waagschale werfen? Die Anzie- gagiertes Mitglied der Völkergemein- haushalte gedeckt. Dieser Eigenanteil begleiten, damit das Markenzeichen (AKBP). Diese soll Raum bieten für hungskraft seiner Kultur, seine politi- schaft sind wir in besonderem Maße der Schultrager, die durch den Weltver- »Deutsche Auslandsschule« auch in Zu- interkulturellen Dialog, Vertrauen sche Werteordnung und das Ansehen auf eine starke globale Wahrnehmung band Deutscher Auslandslandsschulen kunft als Qualitätsbegriff bestehen und und gegenseitiges Verständnis. Die so von Wirtschaft und Politik. angewiesen. Nur wir selbst können vertreten werden, ist das Fundament fur im internationalen Bildungswettbewerb geschaffenen Netzwerke und langfris- Angesichts seines internationa- unser Land vertreten, um Herzen und die Qualitat der Deutschen Auslands- erfolgreich bleiben kann. tigen Partnerschaften sollen die Basis len Renommees, seiner Sprachkom- Köpfe für Deutschland zu gewinnen schulen. stabiler, internationaler Beziehungen petenz und weltweiten technischen und langfristige Netzwerke zu bilden. Der Anteil, der über Schulgelder er- Thilo Klingebiel leitet die Geschäfts- bilden. Infrastruktur kommt dem deutschen wirtschaftet wird, beträgt nach einer stelle des Weltverbandes Außenpolitik hat somit eine ganz Auslandsrundfunk hierbei eine wich- Erik Bettermann ist Intendant Erhebung des iMove Instituts rund 380 Deutscher Auslandsschulen andere Bedeutung, hat auch einen tige Rolle zu. In ihrer anerkannt un- der Deutschen Welle 22 kultur auswärts www.politikundkultur.net

Weil das Wünschen wieder helfen muss Konzeptionelle Vorschläge für eine verbesserte Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik

Ronald Grätz Forschungsprogramm »Kultur und Au- sinnstiftendes Handeln statt erklären- sie interagieren – dann wird aus Tönen ҄҄Die Reflexion, ob Großveranstal­ ßenpolitik« erarbeiten, ergibt sich ein des Wissen, Wissenstransfer und Verän- Musik, aus Geräusch Klang und aus den tungen, wie zuletzt verstärkt as Institut für Auslandsbe- komplexes Panorama aktueller Aspekte derungslust statt Routinen – das sind Takten ein Rhythmus. Grundsätzlich durchgeführt, wirklich nachhaltige ziehungen (ifa) ist die älteste der Auswärtigen Kultur- und Bildungs- Erfolgsfaktoren, die in der AKBP dazu steht Kulturpolitik, auch die Auswär- Formate zur Förderung des An­ D deutsche Mittlerorganisation politik der Bundesrepublik. Wesentli- führen, dass man nicht mehr nur nati- tige – wie die Töne in der Musik – in sehens Deutschlands in der Welt und das Kompetenzzentrum Auswär- che Fragestellungen der letzten Jahre onal, sondern vor allen Dingen global einem Wirkungszusammenhang. Sie ist sind. tiger Kultur- und Bildungspolitik. Das beziehen sich auf den wachsenden denken und handeln muss. deshalb auf keinen Fall instrumentali- ҄҄Das Bekenntnis zu Kunst und ifa engagiert sich weltweit für Kunst- Einfluss neuer Medien, die Effekte der Heutzutage erfolgen kulturelle Dif- sierbar, um mit ihrer Hilfe bestimmte Kultur als Gut und als Eigenwert. austausch, den Dialog der Zivilgesell- Globalisierung sowie die Rolle Europas. ferenzierungen immer weniger über Interessen durch- oder umzusetzen. ҄҄Die genaue Differenzierung in schaften und die Vermittlung außenkul- Es sind jedoch nicht die großen Ent- nationale Kategorien, sondern über Das ifa lädt die Akteure der Aus- ­welcher Weise und in welchem Sinn turpolitischer Information. Es wird vom würfe zur Kultur- und Weltgeschichte, soziale Milieus, über Menschen, ihre wärtigen Kultur- und Bildungspolitik Kunst und Kultur ein Instrument Auswärtigen Amt, dem Land Baden- die uns treiben, sondern konkrete Er- Einstellungen und Lebensstile. Eine ein, gemeinsam Themen zu identi- sein können, ohne instrumentali- Württemberg und der Landeshauptstadt kenntnisinteressen, um die außenkul- moderne Auswärtige Kultur- und Bil- fizieren und zu entwickeln, die uns siert zu werden. Stuttgart gefördert (www.ifa.de). turpolitische Praxis nachhaltiger und dungspolitik muss vernetzt denken, aktuell beeinflussen und künftig be- ҄҄Die Orientierung am gelingenden wegen werden. Hierzu hat das ifa ver- Kontakt zwischen Menschen – auch schiedene Instrumente,­ unter anderem als Botschafter ihrer Länder – statt den Wissenschaftlichen Initiativkreis am Wettbewerb um das erfolg- Kultur und Außenpolitik (WIKA) und reichste Nation Branding als werbe- das Forschungsprogramm »Kultur und mäßige Außendarstellung. Außenpolitik«, in denen die Brücke zwi- ҄҄Die Einrichtung von runden Tischen­ schen Praxis, Politik, Wissenschaft und zum Beispiel von Kultur und Wirt- Medien geschlagen und die Ergebnisse, schaft zur Definition gemeinsamer Lösungs- und Handlungsvorschläge an- Ziele und Strategien, und von wendungsorientiert diskutiert werden, Kultur und Friedensakteuren zum die wir der Politik als Beratung, An- besseren Verständnis der Mög­ regung und Hinweise zur Verfügung lichkeiten und Grenzen von Kultur stellen. Wir haben darüber hinaus die in Konfliktzusammenhängen. umfassenden Dienstleistungen der ҄҄Ein Bekenntnis zu Europa als weltweit größten wissenschaftlichen ­gemeinsamem Kulturprojekt mit Fachbibliothek zur Auswärtigen Kultur- ­einem repräsentativen Kultur­ und Bildungspolitik der Bundesrepublik mandat für die EU, was nationale Deutschland mit zurzeit ca. 430.000 und länderspezifische Hoheits­ Medieneinheiten. grenzen verschieben könnte. ҄҄Die deutliche Verankerung der »UNESCO-Konvention über den Was wünschen wir uns Schutz und die Förderung der G ilges darüber hinaus? Vielfalt­ kultureller Ausdrucks­ ҄҄Das Bewusstsein, dass Innen- und formen« als Referenzrahmen : S imone : Außenkulturpolitik zwei Seiten des kulturpolitischen Handelns

F oto einer Medaille sind, damit wir Deutschlands. La plage le soir, Dakar 2008 Deutschland im Ausland als Dialog- ҄҄Eine partizipative, transparente partner vermitteln und gleichzeitig und auf breiter Basis von Akteuren Was ein Kompetenzzentrum ist – auf erfolgreicher zu machen. Denn nichts den Doppelcharakter von Kultur als in Deutschland von den Erfahrun- fußende Entwicklung von Leitlinien diese Frage gibt es so viele Antworten ist so überzeugend wie eine gelingende Gut (auch als Wirtschaftsgut) und Ei- gen aus dem Ausland lernen. Das einer künftigen Auswärtigen Kultur- wie Kompetenzzentren selbst. Für das und damit gute Praxis. Die Arbeit des genwert respektieren und verinnerlicht erfordert auch eine verbesserte und Bildungspolitik. Die auf dieser ifa bedeutet es, aktuelle und künftige Kompetenzzentrums ifa findet stets haben, dass ein Dialog immer zwischen Zusammenarbeit und Abstimmung Basis zu bestimmende Strategie ist Fragestellungen der Auswärtigen Kul- vernetzt mit Partnern und mit der Öf- Menschen geschieht. zwischen AA, BKM und weiteren dann Sache der Regierung. tur- und Bildungspolitik zu identifizie- fentlichkeit statt, für die diese Themen Vergleichbar einem Orchester kön- Ministerien. ren, zu thematisieren, zu dokumentie- vor allen Dingen relevant sind. Aus er- nen viele Musiker viele Töne richtig, in ҄҄Die Einbindung von Institutionen, Was immer das ifa als Kompetenzzent- ren, zu moderieren und gegebenenfalls folgreichen Unternehmungen wissen der richtigen Länge und zum richtigen Kommunen und zivilgesellschaft- rum Auswärtige Kultur- und Bildungs- öffentliche Debatten hierzu anzuregen. wir schon lange, dass Erkenntnis nicht Zeitpunkt spielen. Musik ist das noch licher Akteure in Deutschland, politik hierzu beisteuern kann, werden Aus der Vielzahl der Themen, die wir in von Einzelnen, sondern in Gruppen nicht. Musik entsteht erst, wenn die zum Beispiel im Bereich Kulturelle wir tun. den letzten Jahren in zahlreichen Pu- und Kooperationen entwickelt wer- Musiker und ihre Töne sich aufeinan- Bildung, von denen die Auswärtige blikationen und Veranstaltungen be- den. Vernetzung, Synergiebildung, das der beziehen, sich begegnen, stimmig Kultur- und Bildungspolitik lernen Ronald Grätz ist Generalsekretär des handelt haben oder die wir zurzeit im Miteinander- und Voneinanderlernen, werden und Stimmung schaffen, wenn kann. Instituts für Auslandsbeziehungen

Der DAAD als zentraler Partner Bedeutung der internationalen Bildungszusammenarbeit wächst

Margret Wintermantel für wirtschaftliche Zusammenarbeit fördert. Auch die besten ausländischen Russland einen neuen Weg gefunden, der Kultur, Wissenschaft und Wirt- und Entwicklung. Als aktiver Partner Absolventen deutscher Auslandsschu- um konzentrierte Kooperationsange- schaft wird an den Hochschulen mit er Deutsche Akademische in der internationalen Bildungszu- len können mit DAAD-Stipendien in bote auf hohem Niveau zu machen. entschieden. Daher will der DAAD die Austauschdienst (DAAD) sammenarbeit spielt der DAAD für Deutschland studieren. Damit wird ihre Die afrikanischen Fachzentren sol- Auslandsgermanistik stärken und zu ist die weltweit größte För- das Auswärtige Amt eine zunehmend Bindung an Deutschland gefestigt. len zur Bearbeitung gesellschaftlich einer Disziplin modernisieren, die den derorganisation für den wichtige Rolle. Das zeigt sich auch in In steigendem Maße bringen Part- relevanter Schlüsselthemen genutzt Studierenden Chancen bietet, über die D internationalen Austausch von Stu- der Entwicklung der Mittel: Von den nerländer Finanzmittel und Ressour- werden, etwa der Entwicklungs- und deutsche Sprache Zugang zu einem dierenden und Wissenschaftlern. Als für 2012 geplanten Gesamtausgaben cen in gemeinsame Programme ein. Gesundheitsforschung. Außerdem ist wirtschaftlich und wissenschaftlich Mittlerorganisation, Stipendiengeber in Höhe von 411 Millionen Euro werden Aktuell will Brasilien in seinem neuen der DAAD gemeinsam mit mehreren starken Land zu erhalten. und Internationalisierungsagentur etwa 178 Millionen Euro vom Auswärti- Programm »Wissenschaft ohne Gren- Forschungsorganisationen und den Der vierte Schwerpunkt liegt auf ist der DAAD rund um den Globus be- gen Amt getragen. Das ist im Vergleich zen« bis zu 10.000 Studierende und Auslandshandelskammern am Aufbau der Hochschulzusammenarbeit mit kannt und geschätzt. Wir fördern junge zum Jahr 2007 eine Steigerung um fast Wissenschaftler mit einem Stipendium von Deutschen Wissenschaftshäusern Krisenregionen dieser Welt und der Menschen, die im Kontext ihrer wissen- 50 Millionen Euro. versehen, damit sie sich in Deutschland in New York, São Paulo, Tokio, Neu Del­ Unterstützung von Demokratisierungs- schaftlichen Bildung und Ausbildung Das Auswärtige Amt hat im Septem- weiterqualifizieren können. Der DAAD hi und Moskau beteiligt. Ihr Ziel ist es, prozessen. Der DAAD hat zusammen internationale Erfahrungen sammeln ber 2011 die wichtigsten Herausforde- organisiert dieses Programm und trägt die wissenschaftlich-technologische mit dem Auswärtigen Amt ein Maß- und interkulturelle Kompetenzen ent- rungen und Ziele seiner derzeitigen Verantwortung für dessen Erfolg. Zusammenarbeit mit den Partnerlän- nahmenpaket für die Transformations- wickeln wollen. Unsere Programme sind Auswärtigen Kultur- und Bildungspo- Immer noch brechen zu viele auslän- dern zu vertiefen und Interesse für den prozesse in Nordafrika und im Nahen langfristig und auf Nachhaltigkeit an- litik deutlich gemacht. Im Mittelpunkt dische Studierende in Deutschland ihr Forschungs-, Wissenschafts- und Inno- Osten entwickelt, das in diesem Jahr mit gelegt, orientieren sich aber auch an steht der Anspruch, den Dialog und Studium vorzeitig ab. Daher setzt sich vationsstandort Deutschland zu wecken. 7,4 Millionen Euro startet. Wir sind da- den aktuellen gesellschaftlichen und Austausch sowie die Zusammenarbeit der DAAD für eine bessere Betreuung Das dritte Themenfeld des DAAD im von überzeugt, dass eine demokratische politischen Veränderungen; jüngs- zwischen Menschen und Kulturen zu und Integration ausländischer Studie- Rahmen der AKBP ist die Förderung Stabilisierung dieser Länder auch davon tes Beispiel ist die Unterstützung der fördern. Der DAAD arbeitet in vier Be- render und eine ausgesprochene »Will- der deutschen Sprache und Kultur im abhängt, Studierende zu Experten mit Transformationsländer in Nordafrika reichen daran, dass diese Ziele erreicht kommenskultur« ein. Ausland. Die Lernerzahlen für Deutsch guten Berufsaussichten und zugleich zu und dem Nahen Osten. werden. Der Kern unserer Arbeit ist nach Ein zweiter großer Arbeitsbereich sind in vielen Ländern rückläufig. In engagierten und weltoffenen Bürgern Der DAAD erhält rund 80 Prozent wie vor die Vergabe von Stipendien an wird von der Außenwissenschaftspo- wenigen Jahrzehnten könnte Deutsch zu qualifizieren. seines Budgets vom Bund, vor allem zukünftige ausländische Führungskräf- litik vorgegeben. In den letzten Jah- seinen Rang als eine herausragende vom Auswärtigen Amt sowie dem Bun- te. Im Jahr 2011 hat der DAAD insgesamt ren hat der DAAD mit den Fach- und und international häufig gelernte Margret Wintermantel ist Präsidentin desministerium für Bildung und For- über 40.000 ausländische Studierende, Exzellenzzentren an Hochschulen in Kultursprache verlieren. Die künftige des Deutschen Akademischen Aus- schung und dem Bundesministerium Doktoranden und Wissenschaftler ge- Afrika, Südamerika, Südostasien und Bedeutung von Deutsch als Sprache tauschdienstes Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kultur auswärts 23 gilges : simone : F otos Travail sur tissus cirés, Dakar 2008 Mami, Dakar 2008

für Auslandsschulwesen in einheimischen Schulen deutsche Sprachabteilungen bis Kultur eignet sich nicht zum zur Hochschulreife einrichtet und dafür die Lehrerfortbildung leistet. Das Goethe- Institut ist weltweit der größte Träger für Wettbewerb der Systeme Fort- und Weiterbildung von Deutschleh- rern. Inzwischen gibt es weltweit mehr als Das Goethe-Institut wurde letztes Jahr 60 Jahre alt und ist doch erstaunlich jung geblieben. 1.500 Schulen. Erst jetzt hat das Goethe- Es hält sich wohl an das Wort von Goethe: »Nur was sich ändert, bleibt.« Institut in Indien einen Vertrag abgeschlos- sen, 1.000 indische Schulen mit Deutsch als Klaus-Dieter Lehmann Diesen Grundpositionen fühlt sich das hörigen Kulturraum. Europa ist mehr als Reale Orte Fremdsprache zu betreuen. Goethe-Institut verpflichtet, aber nicht Euroland, es ist ein Kultur- und Bildungs- des Dialogs Das Goethe-Institut ist sehr bewusst en- eute arbeitet das Goethe-Institut in Form einer Schmucktafel, die nur an Ju- projekt. Es geht nicht um das Europa der gagiert in den Ländern der Entwicklungszu- in einer vielfach fragmentierten biläen herausgeholt wird, sondern die mit Regierungen oder der Eliten, es geht um sind wichtiger sammenarbeit, in den armen und schwieri- H Welt, in einer Welt mit neuen Leben immer wieder neu erfüllt werden, das Europa der Bürger. Hier setzt die Ar- denn je. gen Ländern. Hier geht es um die Stärkung Zentren und veränderten Peripherien, konkret und wirksam, mit spezifischen beit des Goethe-Instituts an, mit künstle- zivilgesellschaftlicher Strukturen, um die mit Megastädten und unproduktiven Antworten auf aktuelle Probleme. rischen Positionen und Produktionen zu Qualifizierung und Förderung von Künst- Wüsten, mit abgeschotteten Parallelwel- Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik europäischen Themen, mit Literatur- und lern und Kulturakteuren wie beispielsweise ten und radikalen Auf- und Umbrüchen, beginnt für das Goethe-Institut in Deutsch- Übersetzungsförderung, mit Förderung der Filmemachern, Verlegern, Kulturjourna- mit zunehmend schwierigen Staaten als land. Längst sind Innen und Außen keine Mehrsprachigkeit, mit der Aufarbeitung listen, um den Aufbau einer kulturellen postkolonialer Folge. Weltweit werden Mi- getrennten Welten mehr. Die 13 Institute von Erinnerungskultur. Gerade auch in den Infrastruktur. Die Arbeitsergebnisse sind grationsströme ausgelöst, gesellschaftliche in Deutschland sind wichtige bildungspo- mittel- und südosteuropäischen Ländern trotz der schwierigen Umfeldbedingungen Veränderungsprozesse beschleunigt oder litische Partner bei der Integration sowie sollen die zivilgesellschaftlichen und kultu- ermutigend. Das Goethe-Institut hat durch tabuisiert, Wirtschafts- und Finanzkrisen bei der Gewinnung und Qualifizierung von rellen Aktivitäten durch noch mehr Präsenz seine Unabhängigkeit und Fähigkeit zum erlebt und erlitten. ausländischen Fachkräften. Erfolgreiche von Goethe-Instituten gestärkt werden. Wir Dialog eine große Glaubwürdigkeit und Dafür gibt es keine Weltformel als Lö- Integration beginnt bereits im Herkunfts- brauchen reale Orte des freien Dialogs. Es kann bislang ohne Behinderung arbeiten. sung. Dafür werden neue Allianzen und land und wird in Deutschland fortgeführt. geht um die politische Kraft der Kultur. Sie Durch die in den letzten Jahren erfolgreich neue Instrumente benötigt, um die Ex- Das Goethe-Institut kennt das kulturelle ist kein privater Spielplatz für Künstler und durchgeführte Dezentralisierung und Regi- pedition der Moderne zu organisieren. Umfeld der Herkunftsländer sowie unter- Intellektuelle, sie ist auch nicht der Grund- onalisierung der Instituts-Verantwortung Auswärtiger Kultur- und Bildungsarbeit schiedliche Integrationsmodelle in der stoff für die Kommerzialisierung. hat es wieder viele Akteure sowie eine gro- kommt dabei eine besonders wichtige Rolle Welt. Es kann aufgrund seiner Expertise Mit einer solchen Nahkompetenz ge- ße Nähe und Kenntnis der Erwartungen vor zu. Kultur verbindet Eigenwilligkeit und ganz spezifische Bildungsangebote machen, winnt das Goethe-Netz auch die nötige Ort gewonnen. Eigenständigkeit, durchaus auch Wider- wie jetzt aktuell für junge hoch qualifizierte Fernkompetenz für seine weltweiten Auf- Eine unterstützende Rolle hat das Goe- ständigkeit. Die Vielfalt der Kulturen ist in Menschen, die in Südeuropa aufgrund der gaben. Die Schwellenländer bzw. die BRICS- the-Institut im Maghreb und im Nahen einem richtig verstandenen Kulturdialog Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 50 Pro- Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Osten beim Aufstand gegen die autokra- ein Reichtum von Ausdrucksformen, der zent keine Perspektiven für ihre Berufs- und Südafrika) haben eine zunehmende Bedeu- tischen Herrscher und korrupten Regime durch den Austausch von Erkenntnissen Lebensplanung haben. Goethe-Institute tung bekommen. Mit dem Auswärtigen gespielt. Aber mit dem Umsturz ist die und Erfahrungen gegenseitig gewinnt, der mit ihrem weltweiten Netz von 150 Institu- Amt wurden dafür die Deutschlandjahre Zukunft noch nicht gewonnen, die Radi- mit Differenzen und Unterschieden ver- ten in 92 Ländern bereiten wiederum gezielt konzipiert, bei denen Kultur, Wirtschaft, kalisierung noch nicht gebannt. Die in der antwortlich umgehen kann. Verbindlich Studierende, Wissenschaftler und Experten Wissenschaft und Politik, in der Regel unter Region tätigen Institute verstärken ihre und nicht verhandelbar ist dabei die Errun- auf den Standort Deutschland vor. der Leitung des Goethe-Instituts, zu einem Programme, ermöglichen grenzüberschrei- genschaft der Menschenrechtskonvention. Eine besondere Verantwortung sieht gemeinsamen Deutschlandbild verknüpft tende Kooperationen und vermitteln den Eine so verstandene Auswärtige Kultur- das Goethe-Institut für Deutschland als werden. Eine Erfolgsgeschichte ist das Anschluss an internationale Entwicklungen. und Bildungspolitik ist weder geeignet für europäisches Mittelland. Europa ist seine ebenfalls vom Auswärtigen Amt initiierte Es ist Bildungsarbeit, die besonders jungen den Wettbewerb der Systeme noch für eine kreative Basis, sie darf nicht vernachläs- Schulprogramm »Schulen – Partner für die Menschen zugute kommt und die außer der Instrumentalisierung im Dienst der Hege- sigt werden. Es geht um eine gemeinsame Zukunft« (PASCH), bei dem das Goethe- Demokratisierung auch die Lebensverhält- monie oder der Wirtschaftsförderung. Verantwortung für einen zusammenge- Institut gemeinsam mit der Zentralstelle nisse verbessern soll. Die Transformations- gesellschaften sind für das Goethe-Institut eine wichtige Zukunftsaufgabe. Gemeinsames Lernen und Arbeiten wird immer wichtiger in unserer globalisierten Welt. Mit dem Netz der Goethe-Institute verfügt Deutschland über ein modernes und zugleich erprobtes Kultur- und Bil- dungsnetzwerk, dessen Wirkung weit über die Institutsorte hinausreicht und auch eine Rückspiegelung nach Deutschland bedeutet. Nie war es wichtiger, zu einem G ilges besseren Weltverständnis mit Bildung und Kultur zu kommen. : S ione :

F otos Klaus-Dieter Lehmann ist Präsident Île de la Madeleine, Dakar 2008 Athi-Patra Ruga, La tête du prophète, Dakar 2008 des Goethe-Instituts 24 kultur auswärts www.politikundkultur.net

Propaganda und Geschenke Der Blick der Schweiz auf die AKBP

Pius Knüsel nung und Förderung blieben an die richtige Gesinnung gebunden, zeitkri- ass Inlandskulturpolitik und tische Kunst galt als kommunistisch Auslandskulturpolitik zu- unterwandert. D sammengehören, scheint Der Bruch kam 1968. Seither ist die selbstverständlich. Doch wer genau latente Opposition zur Politik bzw. zur hinschaut, entdeckt widersprüchliche Macht der Normalzustand. Die verfas- Kräfte: Zivilisation und fordernde kre- sungsmäßig garantierte Kunstfreiheit ative Vielfalt hier, Hintergrundmusik schützt die Kunst seither vor direkter der Interessenswahrung und Beein- politischer Einflussnahme. Sie wollen flussung dort. Die Schweiz versucht sich nicht mehr instrumentalisieren den Widerspruch mit Selbstlosigkeit lassen. aufzulösen. Pro Helvetia, die Schweizer Kultur- Viele Gesuche, stiftung, trägt den Gegensatz seit je in wenige Programme sich. 1939 als Instrument gegen den Einfluss des Nationalsozialismus von Was die Schweiz angeht, sind die Ver- der Regierung geschaffen, war ihre Mis- bindungen zwischen Inlands- und Aus- sion von der ersten Minute zweigesich- landskulturpolitik seither schwach. Für tig. Auf der einen Seite sollte sie eine den kulturellen Auslandsauftritt ist in helvetische kulturelle Identität pflegen. erster Linie Pro Helvetia zuständig. Die Gegen die inneren Verlockungen des Stiftung ist, da auch im Inland tätig, Dritten Reichs wollte man trotzigen dem Innenministerium unterstellt. Für G ilges Patriotismus, verankert in einer bäu- das Ausland steht ihr ein operatives erlich-berglerischen Mytholgie, stellen. Budget von rund 16 Millionen Euro zur Das hieß Kulturwahrung. Nach außen Verfügung. Damit finanziert sie meis- S imone : jedoch ging es um Kulturwerbung. tens Gastspiele oder Ausstellungen F oto Das hieß: Freiheit, Neutralität, Frie- und Editionen von Künstlerinnen und Toiture, Dakar 2008 den, Vielfalt propagieren mit Hilfe von Künstlern aus der Schweiz im Ausland, Kunst und Kultur. Kulturelle Innen- und und zwar auf der Basis von Unterstüt- können entfernte Länder wie China Verlängerte Schweiz falt bis in hintersten Weltecken findet. kulturelle Außenpolitik waren mühe- zungsanträgen. Wichtiges Kriterium ist (2008-2010) oder Russland (2013-2015) Das sieht nicht nur wie Selbstzweck aus, los zusammengedacht. Staatspolitische die Beteiligung lokaler Institutionen, sein, aber auch die Nachbarn, die so nah Der Zusammenhang mit der Inlands- das ist Selbstzweck – in dem Sinne, dass Raison und gehaltvolle Kunst flossen also die wirtschaftliche Subsidiarität. sind, dass man sie gerne aus dem Blick kulturpolitik ergibt sich aus der Kon- der internationale Kulturaustausch die in eins. Die Schweizer Diplomatie ist eingela- verliert (Genf-Lyon 2007, Elsass-Baden- zentration auf die Gegenwartskunst. natürliche Verlängerung des kulturellen Doch das Prinzip, dass Kultur das den, von solchen Engagements zu pro- Basel 2013, Tessin-Lombardei 2015). Die vom Binnensystem geförderten Geschehens zuhause ist. Übergeordne- ästhetisierte Abbild des Staatsver- fitieren. Doch die starke Ausrichtung Hier spielen kommunikative Aspekte, Künstler finden im Ausland ein erwei- te strategische Ziele wie manipulative ständnisses sei, hielt sich bis tief in auf zeitgenössische Inhalte erzeugt wie sie der Diplomatie nützen, eine tertes Betätigungsfeld – und machen Arbeit am Image, Landeskommunikati- den Kalten Krieg, und nicht nur in der ein ständiges Reibungsverhältnis zur größere Rolle. für ihre Entwicklung womöglich ent- on, Werbung für den Bildungsstandort Schweiz. Erste Zweifel kamen, als die Diplomatie, die naturgemäß an gefes- Insgesamt konzentriert Pro Helve- scheidende Erfahrungen. Dabei müssen lassen sich damit nicht erreichen. Aber ausländischen Kritiker die von Pro Hel- tigten Werten interessiert ist. tia sich ganz auf Kunst; Sprachkurse sie ihre Partner im Ausland selber fin- vielleicht ist diese Selbstlosigkeit der vetia ins Ausland beförderte Kunst als Deutlich an außenpolitische Priori- und andere Bildungsangebote führt sie den, das Interesse an ihrer Arbeit sel- Schweizer Kulturaußenpolitik ihr Er- ausnehmend konservativ kritisierten. täten angelehnt sind die Austauschpro- nicht im Angebot; unter anderem, weil ber wecken. Pro Helvetia nimmt, von folgsrezept: Geschenke ohne heimliche Nicht, dass in der Schweiz nach dem gramme, für die die Stiftung eine gute das Credo der Mehrsprachigkeit einen den Austauschprogrammen abgesehen, Absichten sprechen immer die nachhal- Weltkrieg keine moderne Kunst heran- Million pro Jahr einsetzt. Meistens auf Betrieb zu vernünftigen Grundkosten keinen Einfluss. Die Folge ist, dass ein tigste Sprache. wuchs. Zahlreiche geflohene Künstler ein oder zwei Jahre angelegt, bearbeitet nicht möglich macht. Und weil die gro- starkes unabhängiges Beziehungsnetz hatten den helvetischen Kulturbetrieb sie damit Länder, deren »Beziehungs- ßen Nachbarn entsprechende Angebote entsteht und dass die Schweizer Kunst Pius Knüsel ist Direktor der Schweizer aufgemischt. Doch staatliche Anerken- potential« nicht ausgeschöpft ist. Das bereithalten. ihren Weg in einer beträchtlichen Viel- Kulturstiftung Pro Helvetia

Inside out – mehr Europa zum Wohl aller Eine gute Auslandskulturpolitik erfordert den Mut, rein wirtschaftliches Denken im Zaun zu halten

Gottfried Wagner Nun, bisher sind viele nicht daran be- Außenkulturpolitik wird »innen ge- zunehmend natürlich über Grenzen um europäische Kulturaußenpolitik teiligt, den Wert und die Gravur dieser macht«; gar nicht paradox, wenn man hinaus. Dabei ist ein Begriffspaar zen­ so offen und öffentlich wie möglich ulturpolitik in Europa ist Medaille mitzugestalten. sie überwiegend als klassische Re- tral: Schon für unsere Kinder wollen wir, zu führen, nach innen und nach außen. erst im – informellen – Ent- Zum einen das interessierte weite präsentationsdiplomatie begreift; als dass wir wettbewerbsfähig bleiben/sind/ Darüber­ hinaus: Evidenz zu schaffen stehen; wäre das nicht so, »Publikum«, die »stakeholder«, wie man »Türöffner« für den Export etwa und werden, und gleichzeitig wissen alle, und zu kommunizieren, warum und überließe man Wesentliches das heute nennt, inbegriffen, etwa die als Mittel im »nation branding«. Im dass viele große Probleme innen und wie Kultur hilft, neue Balancen zu fin- K ausschließlich dem »Markt«, der im- Künstler. Dies gilt vor allem für die Prinzip wissen schon alle, dass, weil die außen nur durch Kooperation gelöst den, Dialog und Kooperation zu stiften, mer mehr einem Oligopol gleicht. In- Kulturaußenpolitik im Entstehen: Bis Welt sich so stark verändert, Zuhören werden können. mit Konflikten umzugehen, Entwick- formell, weil die »Kompetenzen« limi- dato finden die Debatten hinter den wichtiger wird als Senden, Kooperation Auslandskulturpolitik stellt sich da- lungspolitik nachhaltig zu verankern, tiert sind; wäre das nicht so, ginge gar Polstertüren der Staatskanzleien und wichtiger als Demonstration, dass ohne her heute in einem neuen polyzentri- eine neue Kultur der internationalen nichts; bliebe es allerdings langfristig Kulturinstitute statt; wohl eher unge- authentischen Dialog oft das Gegenteil schen Koordinatensystem dar, wo Innen Beziehungen zu kreieren, auch beim bei langsamen Hochseilakten, wo das wollt die alte »Methode Monnet«, die erreicht wird von dem, was man gern und Außen sich verzahnen, wo es um »Aushandeln« (kultur-)wirtschaftlicher »Netz« wichtiger zu sein scheint als der sich generell überholt hat, hier aber hätte. Warum also nicht mehr Gemein- neue Balancen von Konkurrenz und Interessen und Werthaltungen. mutige Schritt voran, verkäme Politik in ihre wenig fröhlichen Urständ erlebt. sames im Denken, Planen, in der Aus- Kooperation geht, und um die damit More europe will den europäischen der Tat zu Bürokratie, und die »Schuld« More europe möchte das ändern und bildung und Fortbildung derer, die im verbundene weithin geteilte Sehnsucht, Institutionen behilflich sein bei der trüge »ausnahmsweise« der Klub der geht »hinaus« in öffentliche Debatten, »Auslandskultur-Geschäft« tätig sind, Demokratie auch über die Grenzen der Entwicklung guter »policy«, und den Mitgliedsstaaten, und nicht die viel und zu den Medien. weniger die innen ohne die »außen«; Staaten hinaus (zum Beispiel und vor Partnern im Netzwerk nationaler Kul- oft zu Unrecht gescholtene Kommission. Zum anderen wird in der kulturel- das »Außen« prägt unsere Binnenwel- allem europäisch) zu stärken, und den turinstitute (EUNIC), sowie den zivil- Im Entstehen ist nun auch so etwas wie len Strategieentwicklung nach außen ten, und umgekehrt. »Kapitalismus« zu reformieren/ trans- gesellschaftlichen Netzwerken. More eine kulturelle Komponente in den EU- in vielen Ländern der EU kaum bis gar Ein Wort zu den Rahmenbedingun- formieren. europe agiert also innen und außen … Außenbeziehungen; wäre dem nicht nicht mitgedacht, geschweige denn gen für diese Debatten. Aus der Sicht Damit wird deutlich, dass nationa- Letztlich soll es Ende 2012 eine kla- so, vergäbe man sich eine Chance, die mitgeplant, was es bedeutet, dass in der Bürger: Es fehlt an Vertrauen, fast le wie (sie ergänzende) europäische re Richtschnur geben, wie policy (gute andere mit Verve und Dynamik nutz­- den Städten bis zu 30, 40, 50 Prozent dramatisch, und zwar hinsichtlich Auslandskulturpolitik tatsächlich nur Koordination; Synergien; gemeinsa- (t)en: Was die Amerikaner »soft power« Menschen mit Migrationshintergrund unserer »inneren« Fähigkeit, Proble- »politisch« zu denken ist, im Sinn von me strategische Ziele; gute Praxis der nennen, China mit hunderten neuen leben. Kulturaußenpolitik ist oft noch me zu lösen, die uns an den Rand des policy, nicht (bloß) politics. Wer hat Kooperation; Ressourcen etc.) für den Konfuzius-Instituten demonstriert, und sehr »homogen«, »weiß«, exklusiv in Abgrunds führen, und hinsichtlich der den Mut, das nicht nur zu sagen (man neuen Budgetzeitraum 2014 bis 2020 was letztlich Deutschland geholfen hat, einer sehr bunten Realität und einem Kraft, Globalisierung (»außen«) so zu hört es immer häufiger), sondern auch aussehen könnte. sich in den Jahrzehnten nach 1945 ganz polyzentrischen globalen Bild. Der Ge- steuern, dass das Wohl aller die oberste umzusetzen? neu und glaubwürdig aufzustellen, mit fahr der »double standards« ist man sich Maxime ist. More europe – www.moreeurope.org Gottfried Wagner ist Berater der Idee der Autonomie der Akteure noch kaum bewusst, vor allem in der In anderen Worten: Man misstraut – ist eine zeitlich begrenzte zivilgesell- von More europe und ehemals (Goethe etc.). klassischen Diplomatie. Ausnahmen unserer Wirtschafts-»Ordnung« (das schaftliche Initiative von Stiftungen, Direktor der Europäischen Zwei Seiten also einer Medaille, die bestätigen die Regel, etwa die beherzte Wort Finanzkapitalismus steht dafür) Bürgern, Bewegungen, unterstützt von Kulturstiftung, derzeit in der es erst als Rohling gibt. Wir alle schmie- (kulturelle) Inklusionspolitik der ehe- und der Möglichkeit, das Gemeinwohl »nationalen« Kulturinstituten; das Ziel Stabstelle im österreichischen den sie. Wer sind wir alle? maligen Kolonialmacht United Kingdom. mitzubestimmen und zu kontrollieren, ist zunächst einmal, 2012 die Debatte Kulturministerium Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 kultur auswärts 25

Fruchtbare Erosion Anmerkungen zu aktuellen Richtlinien des Auswärtigen Amtes zur Kultur- und Bildungspolitik

Dieter Mack keinesfalls Ausgangspunkt jeglicher werden. Gerade meine Arbeit in Asien Art von Kultur- und Bildungspolitik hat mir selbst immer wieder aufge- oviel sei vorweggenommen: sein. Die politische Forderung der zeigt, wie umfassend diese Fragen bei Sprechen wir über Kultur- und Vertretung deutscher Interessen darf den Kulturschaffenden, aber auch bei S Bildungspolitik, dann wird es zudem nicht dazu führen, dass Kul- Politikern und Kunstinteressierten sich immer um einen Spagat handeln, turarbeit eine Einbahnstraße bleibt. diskutiert werden. Kulturelle Identität einen Spagat zwischen einerseits Prä- Kulturarbeit, vor allem im außereuro- fängt deswegen nach meiner Über- sentation und Ankurbelung von neuen päischen Ausland, erfordert einen in- zeugung beim Individuum an, woraus Entwicklungen durch wechselseitiges tensiven interaktiven Ansatz, bei dem sich zwangsläufig ein extrem pluraler Lernen, Kooperationen, Konfrontati- die jeweiligen Zielgruppen und ihre Kulturbegriff ergibt. Nur so gelingt es G ilges onen, Auseinandersetzungen und an- Kultur bzw. ihre Interessen erst einmal überhaupt, eine allgemeinverbindli- dererseits einer festigenden, aber auch erkannt, verstanden und schließlich che Aussage zu treffen, eben die der : S imone : kritisch zu hinterfragenden Würdigung mit einbezogen werden müssen, um kulturellen Vielfalt oder Komplexität,

F oto des aktuellen Status quo. Zugleich for- im Zeitalter globaler Vernetzung eine die beim Individuum beginnt. Ich be- Supporters des footballeurs locaux 2, Dakar 2008 dern politische Geldgeber ihre eigenen wirklich multiperspektivische Arbeit ziehe mich vor allem auf die Ausfüh- Interessen ein. Dies alles geschieht auf zu gewährleisten. rungen des Soziologen Ulf Hannerz in einem Hintergrund, der durch mediale Selbstverständlich gibt es nicht seinem Buch »Cultural Complexity« Vernetzung die scheinbare Kenntnis eine einzige Form von Bildungs- und (1992), in dem er unter anderem über- des Anderen vorgaukelt. Tatsächlich Kulturarbeit. Ich bin davon überzeugt, zeugend nachweist, dass nur durch Kontinuierlicher gibt es aber hinsichtlich des kulturel- dass die Arbeit zum Beispiel im Be- die Annahme der Komplexität als len Selbstverständnisses in fremden reich Musik in Frankreich eine kom- grundlegende Kategorie überhaupt Ländern eklatante Differenzen. Eine plett andere sein muss als in osteuro- Austausch Wertediskussion kann deswegen auf päischen oder fernen asiatischen Län- allen Ebenen nur beginnen, wenn man dern. Und in Afrika wird man wieder Kultur- und Bildungs- Ronald Grätz im Gespräch mit Susanne Gaensheimer grundsätzlich die Werte der anderen vor ganz anderen Problemen stehen. Seite auf gleicher Augenhöhe akzep- Damit befinde ich mich inmitten der politik lässt sich nicht Die Kunsthistorikerin und Kuratorin anmieten, um dort ihr Land zu reprä- tiert und sich längere Zeit vertiefend Debatte, wie sie auch aus aktuellen an Zahlen messen Susanne Gaensheimer hat als Direk- sentieren. Allein das zeigt ja, wie wich- damit beschäftigt. Zielen des Goethe-Instituts herauszu- torin des Museums für Moderne Kunst tig die Biennale offenbar auch global Im September des letzten Jahres lesen ist. Dort spricht man von der »... (MMK) in Frankfurt am Main 2009 die ist. Die Länderpavillons in den Giardi- erschien dazu ein neues Konzept des Erosion des Kerngeschäfts kultureller die Vielfalt der zivilisatorischen Ent- Nachfolge von Udo Kittelmann angetre- ni sind nationale Repräsentationsorte, Auswärtigen Amtes zur Kultur- und Programmarbeit …« zugunsten von wicklung darstellbar ist. Das beginnt ten. 2011 kuratierte sie den deutschen auf die sich eine enorme internati- Bildungspolitik unter dem Motto Vermittlung und Bildung. beim einfachen Bauern, der noch in Pavillon der Biennale, der ursprünglich onale Wahrnehmung konzentriert. »Partner gewinnen, Werte vermitteln, Ich bin eigentlich froh, dass es zu Subsistenzwirtschaft in einer kleinen von Christoph Schlingensief gestaltet Insofern sollten die Länderpavillons in Interessen vertreten«. Diese drei dieser Erosion gekommen ist, und ich Gemeinschaft lebt, und führt über alle werden sollte. ihrer Bedeutung von den Regierungen Schwerpunkte überraschen, denn das glaube nicht, dass man grundsätzlich erdenklichen Zwischenstufen hin zu nicht unterschätzt werden. Gewinnen von Partnern ist eine an sich »… das Kerngeschäft in Zukunft ar- Vertretern einer modernen, schnelllebi- Frau Gaensheimer, Sie haben viele selbstverständliche Voraussetzung gumentativ verteidigen …« muss. Die gen Industrie- und Mediengesellschaft. Erfahrungen als internationale Ist eine nationale Vertretung noch jeglicher Art von Kooperation und Einbeziehung des Vermittlungs- und Wir sollten gut daran tun, nicht den Kuratorin. Welchen Ruf und welche ein Zukunftsmodell für diese Bien- kann deswegen kaum ein besonderer Bildungsaspekts in die kulturelle Pro- Einen gegen den Anderen auszuspie- Wirkung hat Kunst aus Deutschland nale oder Außenkulturpolitik ge- Schwerpunkt kultur- und bildungspoli- grammarbeit – »Die Kultur der Ver- len, sondern eben diese Pluralität zum im Ausland? nerell? Setzen Sie Kultur mit Staat tischer Arbeit sein. Das Vermitteln von mittlung ergänzt die Vermittlung von Ausgangspunkt unseres Denkens und Die Rolle von Deutschland als Ort der gleich? Werten ist unter Umständen ein nach Kultur« (ein Motto der Bundeskultur- Verhaltens zu machen. Dadurch wird Kunstproduktion hat sich in den letz- Es kommt darauf an, über welches langfristiger Kooperation eintreten- stiftung) – ist deswegen keineswegs der Diskurs nicht einfacher, aber doch ten 50 Jahren stark verändert. Von der Land Sie sprechen. Grundsätzlich kann der Nebeneffekt. Vermitteln impliziert eine neue Herausforderung, sondern ehrlicher und würdevoller. Nachkriegszeit bis in die 1990er-Jahre man Kultur und Staat nicht zwingend jedoch in dieser a priori formulierten sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Man hat mir kürzlich bei einer Dis- war Deutschland einer der wichtigsten gleichsetzen. Denken Sie zum Beispiel Ebenso selbstverständlich erachte ich kussion über kulturelle Identität ent- und bestimmenden Orte der Kunst- an Indien. Ein nationaler Pavillon es, dass dieser Prozess – wie bereits gegengehalten, dass meine Partikula- produktion und Diskussion im westli- könnte wohl kaum die kulturelle Viel- oben erwähnt – keiner Einbahnstraße risierung bis hin zum Individuum im chen Kunst- und Kulturbetrieb. Dann falt des Landes widerspiegeln. Das Interessenvertretung gleicht, sondern der Dialog auf glei- Gegensatz zu vielen noch tendenziell erweiterte sich diese Kunstszene Prinzip des Länderpavillons müsste im durch Kultur cher Augenhöhe mit den Vertretern kollektiven Mikrokulturen (Hannerz hin zu den osteuropäischen Ländern Kontext der Globalisierung ohnehin der jeweils anderen Kultur intensiviert 1992) stehe. Ich habe dem entgegen- und den Ländern an der Peripherie überdacht werden. werden muss. Erst wenn ich die Spra- gehalten, dass dies kein Widerspruch Europas, zum Beispiel den skandi- Setzung den latenten Anspruch, dass che und Kultur meiner potentiellen sei, denn auch in kleinsten »symme- navischen und den südeuropäischen Wie stehen Sie zu der Idee, den unsere Werte Allgemeingültigkeit Partner zu verstehen beginne, kann trisch« organisierten Gesellschaften Ländern. Heute ist die Kunst global. deutschen und den französischen besitzen. Besonders zu hinterfragen ich die eigene Vermittlungsweise hin- primitivster Form finden Differenzie- Pavillon bei der nächsten Biennale erscheint mir aber der dritte Punkt terfragen und den Notwendigkeiten rungen statt, die man aber in der Regel Welche Rolle spielt Ihres Erachtens zu tauschen? »Interessen vertreten«. Hier entlarvt anpassen. Dies ist ein hochkompli- erst dann wahrnimmt, wenn man vom Kunstvermittlung im Rahmen der Einerseits kann ich nachvollziehen, sich, zumindest in meinen Augen, in zierter Prozess, der einen neuen Ty- beobachtenden Ethnographen zum Auswärtigen Kultur- und Bildungs- dass ein solcher Tausch von Seiten gewisser Weise das gesamte Konzept pus des kulturellen Botschafters und wenigstens temporär Mitwirkenden politik heute? der Politik anlässlich des 50-jährigen und zeigt seine tatsächliche Bestim- neue, langzeitliche Strategien erfor- geworden ist. Wenn man heute mit Künstlern und Jubiläums des Élysée-Vertrags als mung hinter der zuvor noch vorgehal- dert. Ich könnte mir unter bestimmten Somit handelt es sich also um ein Kulturschaffenden in Indien, Latein- Ausdruck einer nun jahrzehntelangen tenen Maske. Umständen sogar ein vorgezogenes graduelles Problem und nicht um amerika, China oder Russland spricht, Partnerschaft zwischen Frankreich Dieser aktuelle Vorgang erinnert »kulturelles Training« vorstellen, be- eine grundsätzliche dichotomische dann ist Deutschland ohne Zweifel ein und Deutschland gewünscht wird. Ein an eine Debatte aus dem Jahre 1996. vor solche kulturellen Gesandten eine Unterscheidung: »The term ‘complex’ Ort, auf den geschaut wird. Künstler Pavillontausch auch zwischen anderen In der ZEIT vom 19. April 1996 zi- Tätigkeit im Ausland aufnehmen. Und may in itself be about as intellectually aus Deutschland nehmen heute immer Ländern könnte grundsätzlich zu einer tierte Rolf Michaelis den damaligen natürlich können – quasi als »Auf- attractive as the word ‘messy’, but one noch bedeutende Positionen ein, aber Auflockerung der Idee der nationalen Außenminister Klaus Kinkel, der bei hänger« – hochkarätige künstleri- of its virtues in this context is precise- Deutschland stellt kein Zentrum mehr Repräsentation führen. Voraussetzung einer Rede im deutschen Börsenverein sche Präsentationen solche Prozesse ly its sober insistence that we should dar. Hier ist ein Umdenken gefragt. ist aber, dass dieser Tausch nicht poli- am 15. Januar zum »Nachdenken über einleiten oder begleiten. Für weniger think twice before accepting any sim- Beispielsweise bewegt sich die indi- tisch instrumentalisiert wird, sondern gemeinsame Interessen von auswärti- zielführend halte ich hingegen aktuel- ple characterization of the cultures sche Kunstszene in Indien und Asien. mit den jeweiligen Künstlern und Ku- ger Kulturarbeit und Exportwirtschaft, le Überlegungen, in anderen Ländern in question in terms of some single Europa und Deutschland spielen hier ratoren abgesprochen wird. um Synergie-Effekte freizusetzen« an- oder Kulturen in Feldern wie Kultur- essence. (…) As noted, culture has two nur mehr eine periphere Rolle. Wir regte. Kurz zuvor hatte Hans-Magnus management etc. zu investieren. Dies kinds of loci: in human minds, and in müssen uns bewusst machen, dass sich Wenn Sie einen Wunsch an das Aus- Enzensberger im SPIEGEL (11.9.1995) mag allenfalls im europäischen Aus- public forms. But it is not The Mind, in den letzten zehn Jahren in anderen wärtige Amt hätten bezüglich der dazu bemerkt: »Das wiedervereinigte land sinnfällig vonstatten gehen kön- or in just any minds. Rather, it is in Kontinenten eigene aktive Kunstsze- Auswärtigen Kultur- und Bildungs- Deutschland ist sich selbst genug. An- nen. Aber in Kulturen mit komplett particular ways and particular minds; nen etabliert haben. Auch in Arabien politik, welcher wäre das? deren Ländern darzustellen, was hier anderen Wertesystemen und teilweise and when it is public, it is made availa- und China spielt Deutschland nicht Durch nachhaltige Förderung nicht geschieht, und zu erfahren, was an- entgegengesetzten Entscheidungshier­- ble through social life by particular mehr die führende Rolle im Bereich nur repräsentative Einzelprojekte zu derswo gedacht wird, das sind Aufga- archien hätten solche Kooperationen people, to particular people« (Hannerz, der Gegenwartskunst. ermöglichen, sondern dem inter- ben, die in Bonn keine Priorität mehr allenfalls nach längeren Aufenthalten 1992, Seite 6). kulturellen Austausch Kontinuität genießen.« in solchen Ländern einen Sinn. Macht Versteht man somit Kultur- und Sie waren Kuratorin der Biennale zu verleihen. Kulturproduktion und Ich hatte gehofft, dass die Zeiten man dies nicht, wird man zwangsläu- Bildungspolitik als beim Individuum in Venedig 2011. Welche Bedeutung Kommunikation müssen als Ziele vor solchen Denkens vorüber sind und vor fig in oberlehrerhafte Attitüden verfal- beginnend, dann sollte man die zu hat diese Biennale für die Kunst, der Repräsentation stehen. allem der Aspekt des Beschäftigens len, da man in unserem Wertesystem Beginn zitierten Maximen des Aus- für Deutschland und als Beitrag im mit dem »anderswo anders Denkens« gewachsene Strukturen und Prinzipi- wärtigen Amtes noch einmal gründlich Rahmen der Außenkulturpolitik? Ein schöner Schlusssatz, verstärkt Einlass in unsere offizielle en blindlings dem Fremden überstülpt. hinterfragen, zumal sich Kultur- und Die Biennale in Venedig ist immer vielen Dank. Kultur- und Bildungspolitik gefunden All dies basiert auf einem Kulturbe- Bildungspolitik nicht an Zahlen mes- noch eine der weltweit meist beach- hätte. Es ist jedoch festzustellen, dass griff, der Bildung vorbehaltlos mit ein- sen lassen. teten Veranstaltungen ihrer Art. Viele Roland Grätz ist Generalsekretär des die Geister von damals offensichtlich schließt. In zahlreichen Gesprächen Länder haben in Venedig keinen eige- Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa). erneut Konjunktur haben. Dabei ist mit Kollegen, die in ihren jeweiligen Dieter Mack ist Professor für Kompo­ nen Pavillon und versuchen Teil des Susanne Gaensheimer ist Direktorin nicht zu bestreiten, dass Synergie­ Ländern tätig sind, wird immer schnell sition an der Musikhochschule Lübeck Geschehens zu werden, indem sie sich des Museums für Moderne Kunst in effekte neutraler Natur zustande deutlich, dass Fragen der Identität und Mitglied des Musikbeirates des Palazzi oder andere Räumlichkeiten Frankfurt am Main kommen können. Sie sollten jedoch und Authentizität verstärkt diskutiert Goethe-Instituts 26 kultur auswärts www.politikundkultur.net

Selbstbezüglich und eingeigelt? Ein Kommentar zur auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und zur Rolle der Zivilgesellschaft

Olaf Zimmermann und von der Leistungsfähigkeit deutscher Gabriele Schulz Kunsthochschulen Zeugnis ablegen. Denn viele der jungen japanischen oder ls der Deutsche Kulturrat im Jahr koreanischen Orchestermitglieder ha- 2006 seine Stellungnahme zur ben in Deutschland, dem Musikausbil- A Auswärtigen Kultur- und Bil- dungs- und Musikproduktionsland, ihre dungspolitik (www.kulturrat.de/detail. Ausbildung absolviert. Einen wichtigen php?detail=871&rubrik=4) veröffent- Beitrag leisten hier auch die aus Ge- lichte, war ein Raunen zu vernehmen. bühren finanzierten Rundfunkorches- Ein Raunen, warum sich der Deutsche ter, die nicht nur die Rundfunkhörer im Kulturrat, der sich vornehmlich mit Sendegebiet mit ihrer Kunst erfreuen, der Kultur und Kulturpolitik im Inland sondern ebenso in Japan, in Korea, in befasst, auf einmal zur Auswärtigen Südamerika und wer weiß wo auf der Kultur- und Bildungspolitik äußert. Welt begeisterte Anhänger haben. Und Die Sorge bei einigen Mittlerorgani- wenn wir bei der Musik bleiben, so ge- sationen der Auswärtigen Kultur- und hört das vom Bundesministerium für G ilges Bildungspolitik, ob sich da vielleicht Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein neuer Mitspieler positioniert, war geförderte Bundesjugendorchester deutlich zu spüren. Erfreulicherweise ebenso zu jenen Botschaftern, die die S imone : entstand nach Veröffentlichung der Leistungsfähigkeit der Musikförderung F oto Stellungnahme eine erste Diskussion, in Deutschland unter Beweis stellen Ateliers de couture, Dakar 2008 was alles unter Auswärtiger Kultur- und und junge Menschen ermutigen, nach Bildungspolitik verstanden werden Deutschland zu kommen, um hier Mu- Ausland, auch Kunst aus Deutschland. gen und die sogenannten Mittlerorga- Die einzelnen Zielgruppen müssen spe- sollte. Gerade vom letzteren Aspekte sik zu studieren. Und genauso wie deutsche Autos, nisationen sind in diesem Feld aktiv. zifisch angesprochen und ihnen müssen erhoffte sich der Deutsche Kulturrat Deutschland ist bei ausländischen Kühlschränke oder Herde von Men- Weder ist die Auswärtige Kultur- und auf sie zugeschnittene Angebote unter- die nachhaltigste Wirkung. Studierenden künstlerischer Fächer schen ganz unterschiedlicher Herkunft Bildungspolitik ein alleiniges Thema breitet werden. Fast schon eine Plattitüde ist es, ein sehr beliebtes Studienland, weil die montiert werden, schaffen Menschen des Auswärtigen Amts noch der Mitt- Hinzu kommen in wachsendem wenn davon gesprochen wird, dass Ausbildung an deutschen Musikhoch- mit verschiedenen Wurzeln Kunst aus lerorganisationen. Wenn Deutschland Umfang gemeinsame europäische Ini- Kulturinnen- und Kulturaußenpoli- schulen aufgrund ihrer hohen Quali- Deutschland. sich als weltoffenes Land versteht, muss tiativen, die verstärkt einer deutschen tik eng miteinander verbunden sind. tät sehr geschätzt wird und es zugleich Kunst und Kultur aus Deutschland, viel offensiver und über die begrenzten Beteiligung und Unterstützung bedür- Welche Kunst sollte denn sonst im viele Möglichkeiten gibt, in Orchestern das sind aber eben nicht nur Großaus- Möglichkeiten des Auswärtigen Am- fen. Die Verständigung in Europa mit Ausland gezeigt werden, als die im In- oder Kammermusikensembles das Ge- stellungen in Schwellenländern, mit tes hinaus der Austausch mit und über Hilfe der Auswärtigen Kultur- und Bil- land entstandene, erdachte, entwickelte, lernte zu erproben. Das, was im Inland denen die wirtschaftlichen Beziehun- Kunst gesucht werden. dungspolitik darf nicht vernachlässigt und zwar Kunst von Menschen, die in teilweise als Last erscheint, die Vielzahl gen intensiviert werden sollen. Kunst Zivilgesellschaftliche Organisati- werden. Der europäische Einigungspro- Deutschland leben, weshalb zu Recht an Kultureinrichtungen, hier speziell und Kultur aus Deutschland im Ausland onen, Verbände, Vereine, Zusammen- zess ist gesellschaftlich und kulturell von Kunst und Kultur aus Deutsch- der Orchester, wird im Ausland als be- zu präsentieren, heißt die Pflege von schlüsse können dabei eine Schlüssel- noch nicht so gesichert, als dass Europa land und nicht von deutscher Kultur sondere Stärke Deutschlands geschätzt. Städtepartnerschaften, heißt interna- stellung einnehmen. Sie stehen eben als Zielregion für die Auswärtige Kul- die Rede ist. Insofern haben kultur- Ähnliches ließe sich von der deutschen tionaler Jugendaustausch, heißt Senio- nicht für das staatliche, sondern für tur- und Bildungspolitik vernachlässigt politische Entscheidungen im Inland Theaterlandschaft sagen. Indem Kunst renbegegnungen, heißt kirchliche Aus- das bürgerschaftliche Engagement. Sie durchaus Auswirkungen auf die Aus- aus Deutschland im Ausland gezeigt landsarbeit, heißt Kulturaustausch im ermöglichen Begegnungen von Men- wärtige Kultur- und Bildungspolitik. Zu wird, wird die Exzellenz Deutschlands Rahmen der Entwicklungszusammen- schen und können begeistern für Kunst Zivilgesellschaftliche denken ist etwa an die Förderung der in der Kultur deutlich. Denn nicht nur arbeit. Viele Institutionen, Verbände und Kultur aus Deutschland. Interna- großen Sinfonieorchester, die in der deutsche Autos, Kühlschränke oder und Organisationen, viele verschiedene tionale Künstlerverbände schaffen da- Organisationen kön- ganzen Welt spielen und damit auch Herde erfahren eine Anerkennung im Ministerien, unterschiedliche Stiftun- rüber hinaus ganz eigene Begegnungs- nen eine Schlüssel- und Austauschmöglichkeiten. stellung einnehmen. Der Deutsche Kulturrat hatte dieses zivilgesellschaftliche Engagement in den Mittelpunkt seiner Stellungnahme werden dürfte. Gerade hier in Europa zur geplanten Neuausrichtung der Aus- besteht die Erwartung, deutsche Kunst- wärtigen Kultur- und Bildungspolitik und Kulturangebote wahrnehmen, die im Oktober 2006 gerückt. Er hat auf deutsche Sprache erlernen und Partner die Vielfalt der Akteure hingewiesen für gemeinsame Initiativen finden zu und einige beispielhaft genannt. Ein können. Unumgänglich ist die Etab- besonderes Augenmerk hat der Deut- lierung einer eigenständigen europä- Geben Sie der sche Kulturrat auf die Autonomie der ischen Kulturpolitik, die nicht auf die Träger gelegt und unterstrichen, dass Förderung der Kreativwirtschaft redu- die Träger der Auswärtigen Kultur- und ziert wird. Bildungspolitik im Ausland ideologie- Der Deutsche Kulturrat hat in seiner freie Orte anbieten, in denen die Mei- Stellungnahme eine integrierte Aus- nungs- und Informationsfreiheit geach- wärtige Kultur- und Bildungspolitik Kultur eine tet wird und in denen ein ungehinderter eingefordert, die abseits des Ressorts- Zugang zu Kunst und Kultur möglich ist. und Zuständigkeitsdenkens das Politik- Dieses ist ein hohes Gut und vermittelt feld als solches in den Blick nimmt. Die indirekt Werte wie Meinungsfreiheit, Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Informationsfreiheit, Kunstfreiheit, ist heute, trotz der voranschreitenden Menschenrechte. Globalisierung und dem drängender weitere Stimme. Ebenso ist der Deutsche Kulturrat in werdenden Erfordernis einer integrier- der genannten Stellungnahme auf den ten Auswärtigen Kultur- und Bildungs- Eigenwert von Kunst und anderer Kul- politik, weiter als zuvor davon entfernt. turleistungen eingegangen. Sie haben Die neuen Leitlinien zur Auswärtigen als ästhetische Werke einen Eigensinn Kultur- und Bildungspolitik wurden und individuelle ästhetische »Hand- zwar einem Kreis zivilgesellschaftlicher schriften«. Dieser Eigenwert der Künste Akteure, darunter auch dem Deutschen darf nicht zu Gunsten der Vermittlung Kulturrat, vorgestellt, eine Diskussi- von Werten, wie Menschenrechte oder on oder gar Einflussnahme war nicht Ihre Stimme. Demokratie, in den Hintergrund treten. erwünscht. So entsteht der Eindruck Zu beachten ist, dass sich die Kul- einer selbstbezüglichen, eingeigelten turpolitik im Ausland an unterschied- Auswärtigen Kultur- und Bildungspo- liche Zielgruppen richtet. Nämlich litik des Auswärtigen Amtes, die die zum einen an jene, deren Interesse an Diskurse in anderen gesellschaftlichen Deutschland geweckt und denen ein Feldern kaum wahrnimmt. Schade, ei- positives Deutschlandbild vermittelt gentlich gerade für ein weltoffenes werden soll. Zum anderen an solche, die Deutschland. sich für Deutschland bereits interes- sieren, sei es, dass sie in Deutschland Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer gelebt haben oder über die deutsche des Deutschen Kulturrates. Sprache eng mit dem Land verbunden Gabriele Schulz ist Stellvertretende sind. Die dritte Zielgruppe besteht aus Geschäftsführerin des Deutschen jenen Deutschen, die im Ausland leben. Kulturrates Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 MedRubialesrik 27

Die Häckselmaschine gerät ins Stottern Die WDR-Intendanz schweigt sich aus, die WDR 3-Leitung hat nichts zu melden, die Hörfunkdirektion ergeht sich gebetsmühlenartig in Wiederholungen.

Lothar Fend Wort gehäckselt werden soll. Dass Drittens. Die vier politischen »Journale« sich aber ausgerechnet das prägende landen im Mülleimer für Rundfunkge- ie »Initiative für Kultur im Rund- Musikangebot verändern wird, verriet schichte. Die Informationssendung, die funk« zählte bei Redaktions- der Hörfunkdirektor in seinem Inter- bei der letzten Reform auf nur acht Mi- D schluss dieser Ausgabe von »Po- view nicht. Mit der Programmgruppe nuten gekürzt worden war, bietet leider litik und Kultur« 16.500 Unterschriften Musik wird die letzte große, fachlich wenig Platz für Nachrichten, Hinter- unter ihrem »Offenen Brief« gegen die begründete Organisationseinheit des grundberichte – und für Kommentar stetige Verarmung des Kulturprogramms WDR-Hörfunks zerschlagen. Die Fol- und Reflektion. Dass diese ohnehin WDR 3. Damit unterstützen die Unter- gen lassen sich nur vermuten. Auch schon sehr begrenzte Möglichkeit un- zeichner auch den Kulturauftrag des lässt sich nicht übersehen, wie sich abhängiger Kommentierung jetzt ganz öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Statt das akustische Erscheinungsbild des aufgegeben werden soll, weil es inzwi- aber diese Stimmen zu nutzen, wehrt die Programms verschlechtert, wenn über schen Nachrichten mit Originaltönen WDR-Geschäftsleitung ab. Bei ihrer Kri- lange Strecken des Tages ein »music gebe, wirkt wie ein Taschenspielertrick. tik an alten und neuesten Reformplänen, master«, also ein Computer, die Aus- Nachrichten informieren knapp über unterstellt etwa die Hörfunkdirektion, wahl und Zusammenstellung der Musik aktuelle Ereignisse. Der Originalton gingen die Unterzeichner grundsätzlich übernimmt. Als Kulturjournalist, der in einer Meldung dient selten der In- von falschen Voraussetzungen aus. Als sich in den 1970er-Jahren beruflich formation, eher der Illustration. Und wenn der Sozialpsychologe Harald Wel- sozialisierte, befürchtet man ja immer vor allem: Nachrichten ersetzen keine zer oder der Schriftsteller Ingo Schulze gleich das Schlimmste. Und liegt schon eigenständige Berichterstattung und oder der Regisseur Jürgen Flimm nicht wieder richtig – besonders, wenn es Kommentierung. Dem Kulturradio wird richtig lesen könnten. »das Wort« im Kulturradio betrifft. der Raum für Reflektion in einer kom- Zu lesen gibt es nämlich viel auf der Die Veränderungspläne in dieser plizierten Welt mir ihren Krisen und Internet-Seite www.die-radioretter.de: Hinsicht sind schlicht einfallslos. Kei- Brüchen fehlen. Nicht nur Arbeitspapiere der Initiative, ne neue Idee nirgends, wie man neue Dies alles sind schon keine Kleinig- Pressestimmen oder Werkstattberichte Hörer gewinnen könnte. Stattdessen keiten. Wenn man sie aber auf einer his- über die Zukunft des Radios, auch die hier ein Strich und da ein Strich. Das torischen Linie der Veränderungen in WDR-Verlautbarungen sind verlinkt. alte Argument, dass dieses oder jenes in den letzten Jahren zusammen betrach-

Der Westdeutsche Rundfunk dage- anderer Form im Wortprogramm WDR tet, droht dem Kulturradio durch immer de . gen gibt sich im Radio sehr zurückhal- 5 auftauche, gilt nicht mehr: neue »Reformprozesse« die politische tend. Bisher informierte WDR 3 mit kei- Erstens. 40 Termine für das Literatur- und kulturelle Verarmung. nem einzigen Beitrag über den Konflikt und Musikfeature stehen zur Dispositi- Da die Hörfunkdirektion behauptet, pixelio / mit der »Initiative für Kultur im Rund- on. Mittlerweile korrigiert die Direktion bei all den geplanten Streichungen

funk«. Allein das Medienmagazin von wegen des öffentlichen Drucks die Zahl gehe es nicht in erster Linie um Geld meinert WDR 5 strahlte ein Interview mit dem nach unten. und auch nicht um Quote, fragt man Programmdirektor aus. Die »Radioret- Zweitens. Das Radiofeuilleton »Re- sich nach den Gründen der Verände- ter« kamen nicht zu Wort, als Wolfgang sonanzen« soll mit Wiederholungen rungen. Die »Radioretter« hätten gern D ietmar :

Schmitz seine »Flottenstrategie« er- gefüllt werden. Was es täglich noch die Papiere und Konzepte gelesen, um F oto läuterte. In dieser Flotte gebe es sechs »frisch« geben soll, sind ein Kultur- einleuchtende Argumente für die Strei- Zoff im WDR. Die von ehemaligen WDR-Mitarbeitern gestartete Initiative Radioprogramme mit zwei besonders kommentar und ein Gespräch zum Tage. chungen und die organisatorischen Ver- »Die Radioretter« hat ein großes Medienecho ausgelöst gut ausgestatteten Programmen: WDR Beides wäre nicht neu. Das Gespräch änderungen zu finden. 5 konzentriere sich auf ein Wortange- gibt es schon heute und den Kommen- Die Hörfunkdirektion, die den Re- Verbände oder Unternehmen richten. wirtschaftlichen Verlagshäusern und bot, WDR 3 konzentriere sich stärker tar bei Bedarf auch; nur kann er jetzt formprozess als transparent bezeich- Ihre eigenen Entscheidungsprozesse ihren Zeitungen. auf Musikangebote. länger sein als jene zwei Minuten, die net, lehnte diese umfassende Infor- jedoch verbergen sie lieber hinter der Dass WDR 3 ein musikgeprägtes der Hörfunkdirektor als Maßeinheit mation der Öffentlichkeit jedoch ab. Mattscheibe. Da unterscheidet sich Lothar Fend ist Mitglied der »Initiative Kulturradio ist, legt das WDR-Gesetz verlangt. Komplexität aber erfordert »Transparenz« ist eben eine Forde- der öffentlich-rechtliche Rundfunk für Kultur im Rundfunk» und fest. Dort steht aber nicht, dass das Zeit. rung, die Medien gern an Parteien, leider nicht wesentlich von privat- war viele Jahre Redakteur bei WDR 3 Das Gesamtbild bleibt erhalten Der WDR leistet nach wie vor einen wertvollen Kulturbeitrag – auch in den Radioprogammen. Die Programmreform ist keine Beschneidung von Kultur, sondern eine Modernisierung im Sinne der Kultur und der Zuhörer.

Wolfgang Schmitz Reich und ihr Buch »34 Meter über dem einigen tausend Unterschriften gegen geht in die beiden »Minderheitenpro- von gestern die Deutungshoheit über das Meer« vorgestellt wurden. Und den Un- geplante Programmveränderungen bei gramme«. Qualität, Vielfalt, auskömm- Kulturradio von morgen durchzusetzen um Beispiel Freitag, 16. März: entwegten oder Schlaflosen präsentierte WDR 3 verbinden. Sie unterstellen, dass liche Etats und ausreichend Stellen, um versuchen und dabei ungeniert diffuse Wer an diesem Abend zwischen WDR 5 zur gleichen Zeit und noch bis ein traditionsreiches Radioprogramm zu hochwertiges Radio zu erhalten und zu Vorurteile bestimmter Kreise gegen den Z 20 Uhr und Mitternacht Kultur Samstagabend 22 Uhr seinen »Literatur- einer Abspielstation für ein gefälliges entwickeln: Das bleibt. Radioabende angeblich von Niveauverfall infizierten im WDR-Radio suchte, hatte die Qual Marathon«, eine 24-Stunden-Lesung im Klassikrepertoire zugerichtet werden wie den oben beschriebenen werden öffentlich-rechtlichen Rundfunk be- der Wahl. Bei WDR 3 lockte – wie jeden Kölner Funkhaus, das auch noch nach soll – in seinen Wortanteilen radikal die WDR-Hörer auch künftig angeboten dienen. Tag – ein hochkarätiges Konzert. WDR 5 Mitternacht gestopft voll war mit vor beschnitten und jeder intellektuellen bekommen. Die geplanten Änderungen lud zur gleichen Zeit für eine Stunde in allem jungen Leuten, die sich – zum Teil Bedeutung beraubt. Mit Verlaub: Das bei WDR 3 verschieben ein paar Akzen- Wolfgang Schmitz ist sein »Philosophisches Radio« mit Refle- mit Schlafsäcken ausgestattet – ein be- ist Quatsch. WDR 3 ist und bleibt an- te, aber nicht das Gesamtbild. WDR-Hörfunkdirektor xionen über die Frage, ob das rundum sonderes literarisches Vergnügen leis- spruchsvolles, von Musik geprägtes Was sich aber gerne ändern darf, ist digitalisierte Leben eine tief greifende ten wollten. Kulturradio, es hat sein Pendant in der die Akzeptanz von Kulturprogrammen, Zeitenwende im Denken eingeläutet hat. Dies waren – beispielhaft – die letz- Wortwelle WDR 5. Beide Wellen werden nicht nur des WDR. Sie schöpfen, davon Anschließend war die Neuproduktion ten vier Stunden eines einzigen Radio- von Hörerinnen und Hörern zur Tages- bin ich überzeugt, seit Jahr und Tag ihr hintergrund eines Krimihörspiels zu genießen. Wäh- tages im WDR, dessen Bilanz sich mü- begleitung genutzt, beide Wellen wer- Potenzial nicht aus. Es gelingt ihnen renddessen war die junge Welle 1LIVE helos durch eine ganze Reihe weiterer den aber von einem kulturinteressierten zum Beispiel nur unvollkommen, Jün- Die Fronten im Streit um die Pro- vor Ort bei Nachwuchsautoren der lit. Sendungen und Beiträge von gleicher Publikum auch gezielt eingeschaltet, gere zu erreichen, die mit einem ande- grammreform beim WDR-Hörfunk sind COLOGNE und beim Akzente-Festival Qualität und gleichem Anspruch er- wenn es Besonderes zu hören gibt. Und ren Kulturverständnis und mit durch verhärtet. Ausgangspunkt war die An- in Duisburg – Kunst, Musik, Theater und gänzen ließe. Mal ehrlich: Beschreibt es gibt viel Besonderes: Ausführliche die Vielfalt neuer digitaler Möglich- kündigung der Reform der Kulturwelle Literatur stehen dort auf der Agenda. dieser Befund ein Radio, das dringend Kulturberichterstattung, Sendungen keiten geprägten Mediennutzungsge- WDR 3. Was für die einen einer Verar- Jazzliebhaber konnten um 22 Uhr bei gerettet werden muss vor dem Würge- und Beiträge, die zur Reflexion einladen, wohnheiten unterwegs sind. WDR 3 hat mung des Kulturprogramms in WDR 3 WDR 3 mit den interessantesten Neuer- griff eines gedanken- und kulturlosen Analyse bieten, pointierte Kommentare. sich hier in den vergangenen Jahren gleichkommt, ist für die anderen die scheinungen der Szene auf ihre Kosten Programmdirektors? Sieht so ein Radio Nachdenkangebote in Essays, halbstün- in die richtige Richtung bewegt, wenn zeitgemäße Umgestaltung hin zu einem kommen. Und die Fans der avancierten aus nach einem, wie Kritiker das in die- digen und Stundenfeatures, avancierte auch mit schwankendem Erfolg. modernen Kulturprogramm, welches Wortkunst wurden in der Stunde vor sen Wochen weismachen wollen, zehn Radiokunst – von den vielfältigen Mu- Und es spricht rein gar nichts dage- weiterhin durch seine große Vielfalt Mitternacht bei »WDR 3 open« erfreut Jahre anhaltenden Abbau von Kultur? sikproduktionen und den Konzerten der gen, dass diejenigen, denen etwas liegt und Qualität überzeugen kann. Und so mit einer literarisch-musikalischen Glauben Sie, dass ein solches Programm vier WDR-Klangkörper ganz abgesehen. an modernem Kulturradio, in einen of- stehen sich die WDR-Leitung und die Hommage an den amerikanischen ausgedacht und verantwortet werden Wegen dieser Fülle und Vielfalt, die fenen, gerne auch öffentlichen Dialog sogenannten »Radioretter« als Initia- Komponisten John Cage, die der jüngst kann von Redakteurinnen und Redak- WDR 3 und WDR 5, aber auch zum Bei- treten. Dazu sind die Programmverant- tive für Kultur im Rundfunk gegenüber. verstorbene Pionier des Sprachspiels teuren, die systematisch daran gehindert spiel das junge Programm 1LIVE täglich wortlichen des WDR-Radios, aber auch Letztgenannte konnten binnen weniger Hans G. Helms komponiert hatte. 1LIVE werden sollen, ihr Fachwissen einzu- anbieten, wird der WDR hoch geschätzt anderer Sender, bereit. Dieser Dialog Wochen mehrere tausend Verbündete konkurrierte mit seiner Reihe »Klub- bringen? Das alles sind Vorwürfe, die – mancherorts vermutlich auch beneidet. sollte dann aber bitte nicht von denen im Protest gegen die Programmverän- bing«, in der die junge Autorin Annika sich mit dem öffentlichen Protest und Mehr als die Hälfte seines Radioetats dominiert werden, die mit den Rezepten derung gewinnen. 28 Netzkultur www.politikundkultur.net

nungsfreiheit unterdrückt werden. Auf schen Nutzern, die augenscheinlich YouTube gilt es seitdem als Fakt, das sein deutschsprachiges Video nicht YouTube oder auch Facebook nach der verstehen konnten. Ratifizierung von ACTA wohl geschlos- Bernd Chatelets aufklärendes »Was sen werden müssten. Auf Basis dieses ist Acta nicht?«-Video hat über 75.000 Informationshorizontes sind dann in Klicks, es ist aber interessanterweise den letzten Wochen tausende Netzak- trotzdem in YouTube nicht mehr unter tivisten auf die Straßen gegangen. den Top 50 der ACTA-Hits zu finden. Man muss kein Urheberrechtsex- Videos mit deutlich weniger Klicks sind perte sein, um zu verstehen, dass die- dagegen deutlich höher gerankt. Aus se skizzierten Effekte vollkommen aus welchem Grund auch immer, propagan- der Luft gegriffen sind. Trotzdem ist die distische Kritik zum ACTA-Abkommen virale Wirkung des »Was ist ACTA?«- findet sich auf YouTube zuhauf, rela- Videos ungebrochen, was man auch tivierende Stimmen finden sich nicht, an den vielen Zweitveröffentlichungen oder sie werden – wie die Kritik Bernd und Videoblogs sieht, die daraufhin bei Chatelets – mittels eines intranspa-

) YouTube erscheinen, und genau diese renten Rankingverfahrens unterdrückt. Desinformation multiplizieren. Unter Das Erschreckende an dieser Tendenz den Top 50 Beiträgen zum Thema ACTA ist nicht nur, dass eine Regulierung der ommons C befindet sich kaum eine Informations- Inhalte des Medienkanals YouTube, der quelle, die diesen Umstand thematisiert. soeben gezeigt hat, dass er problemlos Im Gegenteil, der Videospielkanal GIGA Massen mit Fehlinformationen von An- W ikimedia und selbst die Tagesschau leisten sich onymous auf die Straßen bringen kann, via einseitige Berichterstattung um ACTA, in weiter Ferne scheint. Zivilgesell- in der nur Demonstranten und Netzak- schaftlicher Protest ist ein notwendiger tivisten zur Sprache kommen, aber kein Bestandteil unserer heutigen Welt. Aber Mitglied der EU oder des Gremiums, einige Fragen müssen deutlich gestellt / CC-BY-SA-3.0 ( CC-BY-SA-3.0 / welches ACTA wirklich verhandelt hat. werden. Etwa: Wer hat die Deutungs- Und auch die Presse richtet ihren Fokus hoheit und wie abgewogen sind die

S pekking der ACTA-Berichterstattung lediglich Argumente und die dahinterliegende auf die aufschäumenden Proteste und Recherche? Nach wessen Regeln wird die Länderparlamente, die ACTA nicht gespielt? Und: Sind die YouTube- und : R aimond : ratifizieren. Die Rechtsanwältin Nina Google-Algorithmen wirklich für Mei-

F oto Diercks bringt das Recherchedefizit der nungsbildung tauglich, wenn YouTube Anti-ACTA-Demonstration in Köln, 2012 Medien in ihrem Blog zum Thema So- den Status eines Informationskanals cial Media Recht auf den Punkt: »Liest vergleichbar mit dem Fernsehen er- eigentlich irgendjemand da draußen reicht? Ein Algorithmus, der die Rele- noch Primärquellen?« vanz von Rihannas neustem Videoclip Bernd Chatelet kann davon ein trau- oder die letzte South-Park-Folge nach riges Lied singen. Der Jurastudent hatte seiner Popularität abbildet, könnte Wenn Algorithmen es doch glatt gewagt, mit seinem Video sich für freie Meinungsbildung und »Was ist ACTA nicht?« eine fachkundige Medienkompetenz als fatal erweisen. Replik auf das Desinformations-Video Die größte Problematik jedoch ist das von Bruno Kramm auf YouTube ein- widerstandslose Einsickern von nach- Meinungen machen zustellen. Seitdem sieht sich Chatelet weislicher Desinformation in die poli- Anfeindungen auf YouTube ausgesetzt, tische und mediale Diskursebene. Das Die aktuellen ACTA-Demonstrationen beruhen auf organisierter Desinformation. die gleich mehrere sozialpsychologi- findet seinen traurigen Höhepunkt in Es stellen sich wichtige medienpolitische Fragen. sche Studien füllen könnten. In den einem Streit, in dem politische Vertre- Kommentarspalten zu seinen Videos ter der Piraten und der FDP nun die zu Stefan Herwig lich den Beatles in den 1960er-Jahren kommen Effekte, die ins Reich der ge- entladen sich gruppendynamische Unrecht ausgesetzte Ratifizierung als vorbehalten, als sie mit ihren im Stoß- genstandslosen Verschwörungstheorien Spannungen, die zwischen Denun- politischen Erfolg für sich reklamieren. uf über fünf Millionen Klicks tackt veröffentlichten Singles im April gehören: So soll ACTA nicht nur Urhe- zierung (»gekaufter Lobbyist«) und Der Autor wagt hier einen Ausblick in kommt die deutsche Version 1964 die Top 5 der US-amerikanischen ber- und Markenrechte standardisie- blanker Beleidigung (»Internetspas- die Zukunft: Der EUGH wird ACTA als A des vom Netzaktivisten Bruno Charts belegten. Das Problem ist le- ren, sondern auch gleich Informationen, ti«) changieren. Interessant auch, dass weitgehend unbedenklich empfehlen. Kramm hochgeladenen Videos »Was diglich, dass das, was beim Chartssys- Begriffe und Ideen schützen und deren viele Kommentatoren die von der Mas- Bis dahin haben die politischen Par- ist ACTA?« bei YouTube. Gibt man den tem so hervorragend funktioniert, das Verbreitung verhindern – ein angebli- senmeinung divergierende Stellung- teien, die Desinformation nicht als Teil Namen des umstrittenen EU-Handels- Ranking der Platten nach der Anzahl cher Schutzaspekt, der weit über alles nahme des Jurastudenten prinzipiell ihrer Wahlkampfstrategie betrachten, abkommens im Suchfenster des Video- der Verkäufe und nach Popularität des hinausgeht, was das Urheberrecht – und nicht akzeptieren wollen – wo es doch noch viel Aufräumarbeit vor sich. kanals ein, so kommt man an Kramms Titels, bei meinungsbildenden Themen ACTA selbst – jemals schützen sollte. in den ACTA-Debatten selbst auch um Interpretation von ACTA nicht vorbei. zu einer problematischen Verzerrung Quasi im Vorbeigehen implementiere die Erhaltung der Meinungsfreiheit Stefan Herwig ist Besitzer eines Von den ersten fünf Einträgen belegt der Meinungsbildung führen kann. ACTA, so das Video, nicht nur die an- und den Kampf gegen Zensur geht. So kleinen Plattenlabels namens dasselbe Video, von verschiedenen Das »Was ist ACTA?«-Video besteht lasslose Vorratsdatenspeicherung, son- berichtet Chatelet davon, dass er inner- Dependent. Mit seiner Agentur Absendern eingestellt die Plätze eins zu einem großen Teil aus Desinformati- dern auch gleichzeitig eine Deep Packet halb eines Tages plötzlich aufgrund des Mindbase Strategic Consulting berät bis drei und den Platz fünf. Eine sol- on. Nicht nur geht das Video von einem Inspection der Internet Service Provider, Aufrufs einer ausländischen Netzakti- er Kreativwirtschaftsunternehmen che Dominanz ist ein Phänomen. Ein ACTA-Verhandlungsstand aus dem Jahr mittels derer dann gleichzeitig auch vistenseite 200 schlechte Bewertungen hinsichtlich des Strukturwandels ähnliches Erfolgserlebnis war ledig- 2009 aus, es unterstellt dem Handelsab- politische Willensäußerungen und Mei- seines Videos bekam – von ausländi- durch Digitalisierung

ACTA als Angriff auf die Netzneutralität

Der einzelne Urheber, der Sklaverei in ihrer Gesellschaft er- wir zunächst Verständnis haben: Ande- rückzugewinnen. Der einzelne Urheber, wurfsfassung in zähen Kompromissen der sich für die internati- zwingen, sind denjenigen Ländern wirt- re kulturelle Medien wie zum Beispiel der sich für diese in die Bresche wirft, weitgehend vermieden worden sein. schaftlich überlegen, die dies nicht tun. die Musik, die Filmindustrie, aber auch ist nur ihr nützlicher Idiot. Gerade wir Unseren Interessen widerspricht der onalen Konzerne und ihre Denn beide Faktoren beeinflussen die mitunter die Offline-Games-Industrie als Games-Industrie sind diejenigen Pakt trotzdem vom Ansatz her. Pro-ACTA-Strategie in wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit sehen das Piraterieproblem im Mittel- kulturellen und audiovisuellen Her- Wir müssen den Kampf gegen Pira- die Bresche wirft, ist nur eines Landes. Ob die Abschaffung der punkt und fordern unsere Solidarität. steller von Inhalten, die in besonderem terie ernst nehmen und den analogen Sklaverei und die Netzneutralität den Urheberrecht ist und bleibt bedeutsam Maße von der Netzneutralität profitie- Medien, die unter dem Digital Shift zu ihr nützlicher Idiot. freien Markt allein garantieren kann, und seine Existenz ist ebenfalls eine ren. Plötzlich können wir mitspielen leiden haben, Solidarität zollen. Aber ist zweifelhaft. Ähnliche Überlegun- wichtige Errungenschaft der Neuzeit. im internationalen Konzert. Plötzlich wir dürfen nicht den Wald vor lauter Malte Behrmann gen gibt es zum Beispiel in Bezug auf Aber Urheberrecht ist kein Selbstzweck sind die großen Marken von Übersee Bäumen übersehen: Unsere Fähigkeit die Unabhängigkeit der Währung eines und der Ausweg aus dem Pirateriedi- zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit, ie Netzneutralität ist eine der Landes (bzw. der Zentralbank). lemma führt nur über neue Geschäfts- Innovation und Gründung neuer Unter- wichtigsten zivilisatorischen Innovationen, wie sie auch gerade modelle. ACTA ist das Kind nehmen mit neuen Geschäftsmodellen D Errungenschaften der Neuzeit. in der Spieleindustrie (zum Beispiel bei ACTA möchte den Staaten nun eine derer, die das darf nicht in Gefahr geraten. In einer Einfach gesagt ist sie der Grundsatz, den Browser Games) in Deutschland Weste anlegen. Die ist zwar noch nicht komplizierten Gemengelage können dass diejenigen, die das Internet tech- stattgefunden haben, wären ohne die festgezurrt, sozusagen noch nicht Internet als Bedro- wir vielleicht schweigen, solange ACTA nisch betreiben, dies ohne Ansehung Netzneutralität undenkbar. Würden aufgeblasen. Aber sie ist und bleibt hung begreifen. ohnehin nicht kommt. Wenn es aber des Inhalts tun müssen. Sie müssen die Netzwerkbetreiber das Recht (ge- ein völkerrechtliches Korsett, dessen so weit ist, dass dieser Plan sich mehr sich netzneutral verhalten. Man kann habt) haben, bestimmte Inhalte zu pri- perspektivische Weiterentwicklung und mehr verfängt, müssen wir deutlich die Netzneutralität vielleicht nicht mit orisieren – aus welchen Gründen auch nicht unterschätzt werden darf. Daher nicht mehr der allein maßgebliche machen, dass wir gegen ACTA sind. der Abschaffung der Todesstrafe direkt immer –, wäre so etwas niemals ent- muss die Frage erlaubt sein, woher der Tonangeber. Wenn wir die Netzneu- vergleichen, aber sicherlich mit der standen. Nun ist ACTA vielleicht noch Wind weht: Es sind natürlich die übli- tralität gefährden, gefährden wir als Malte Behrmann ist Generalsekretär Abschaffung der Sklaverei. Diejenigen nicht dort – es ist nur der Anfang –, aber chen Verdächtigen, die internationalen europäische Spieleindustrie auch un- der European Games Developer Staaten, die aufgrund von gesellschaft- vielleicht der Anfang vom Ende. ACTA Konzerne, die das Thema fahren, um ser Innovationspotential und unsere Federation (EGDF) und stellvertre- lichen Wertentscheidungen die Neutra- ist das Kind derer, die das Internet als wieder stärker die Kontrolle über die schwer errungene Unabhängigkeit. Das tendes Mitglied im Sprecherrat des lität des Netzes und die Unterbindung Bedrohung begreifen. Und da müssen Vertriebsbottlenecks der Medien zu- mag mit ACTA in der vorliegenden Ent- Deutschen Kulturrates Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 netzkultur 29

Die Basis ist bedroht

Scheitert der Wirtschafts- des Providerverbands eco, nach dessen Auch wenn mit Warnhinweisen nur ein dialog des Bundeswirt- Auffassung Warnhinweisverfahren in Teil der Internetpiraterie bekämpft wer- Deutschland datenschutzrechtlich und den kann – laut Gutachten werden nur schaftsministeriums, ist der verfassungsrechtlich zweifelsfrei unzu- 20 Prozent der Online-Piraterie über Das Musik-Kultur-Politik-TV-Programm der nmz Gesetzgeber am Zug lässig seien. Peer-to-Peer-Tauschbörsen, auf die das Dabei hatte erst jüngst ein Gut- Warnhinweismodell zielt, abgewickelt – Helmut Hartung achten des Verfassungsrechtlers Rolf wäre das ein wichtiges Signal, dass die Schwartmann von der Fachhochschule Bundesregierung ihre im Koalitions- eit 2008 findet in regelmäßigen Köln, das vom Bundeswirtschaftsmi- vertrag festgeschriebene Absicht, den Abständen ein vom Bundeswirt- nisterium in Auftrag gegeben worden Schutz des Urheberrechts zu verbes- S schaftsministerium veranstalteter ist, genau das Gegenteil belegt: »Das sern, doch noch ernst nimmt. Diesen Wirtschaftsdialog für mehr Kooperation Modell der vorgerichtlichen Mitwir- Vorsatz hat auch Hans-Joachim Otto bei der Bekämpfung der Internetpira- kung der Zugangsanbieter, das ein in dem promedia-Interview bekräftigt: terie statt. Wie der Name bereits aus- aufklärendes Warnhinweismodell mit »Ziel ist es, eine wirkungsvolle und zu- drückt, sollte es dabei eigentlich um die einer Effektivierung des Auskunftsan- gleich rechtsstaatliche Lösung für die wirtschaftliche Basis der Urheber gehen, spruchs verbindet, erscheint vor dem Bekämpfung von Urheberrechtsverlet- die durch die Internetpiraterie bedroht Hintergrund des internationalen und zungen im Internet zu finden.« ist. Insgesamt nehmen 36 Verbände und europäischen Rechtsrahmens zuläs- Das heißt aber auch, dass jetzt der Frankfurter Musikmesse 2012 Unternehmen am Wirtschaftsdialog sig. Insbesondere die Rechtsprechung Gesetzgeber am Zug ist, wenn die Provi- die nmz-TV-Bühne mit Talks und Diskussionen teil. Davon sind zehn der Providersei- des Europäischen Gerichtshofs legt ein der einer Selbstverpflichtung nach dem Auch in diesem Jahr präsentierte sich die neue musikzeitung te und 26 den Rechteinhabern zuzu- Prävention und Repression verbinden- Vorbild der freiwilligen Selbstkontrol- zusammen mit ihren Partnerverbänden auf der Frankfurter Mu- ordnen. Am jüngsten Gespräch waren des Modell zum Urheberrechtsschutz len Fernsehen oder Jugendschutz nicht auch Vertreter der Verbraucherzent- nahe. Verfassungsrechtlich ist eine aus zustimmen. »Da Provider Rechtsver- sikmesse mit einem umfangreichen Programm an Podiums- rale Bundesverband e.V. beteiligt. Bei technischen Gründen unabdingbare letzungen Dritter technisch ermögli- diskussionen und musikalischen Darbietungen. Hier standen dieser Dialogrunde am 15. März 2008 Inpflichtnahme der Zugangsanbieter chen, weil sie das Bindeglied zwischen hochaktuelle kulturpolitische Themen wie die geplante Zu- war vor allem eine Verständigung über vor dem Hintergrund der Berufsfreiheit Verletzendem und Verletztem sind und sammenlegung der SWR-Sinfonieorchester oder die streitbare Warnhinweise durch die Provider bei nicht zu beanstanden und stellt mit ei- nicht zuletzt, weil sie an illegalem Traf- Buchveröffentlichung „Der Kulturinfarkt“ auf der Tagesordnung. Urheberrechtsverletzungen im Inter- ner Kombination aus Aufklärung und fic verdienen, liegt ihre Mitverantwor- Alle Videos zur Messe-Nachlese jetzt auf www.nmzMedia.de net vorgesehen. Doch wie bei allen Warnhinweis ein verhältnismäßiges tung zum Schutz des Urheberrechts auf vorangegangenen Runden im Wirt- Mittel beim Vorgehen gegen Urheber- der Hand«, so Rolf Schwartmann. schaftsministerium endete auch diese rechtsverletzungen im Internet dar.« In Vier Jahre ergebnisloser Gespräche Runde ohne konkrete Ergebnisse. »Es einem Interview mit dem medienpoliti- haben die Situation der Urheber nicht hat keine Einigung auf die Einführung schen Magazin promedia hat Hans-Jo- verbessert, im Gegenteil, die Piraterie eines Warnhinweismodells gegeben«, achim Otto, Parlamentarischer Staats- hat auf weitere Branchen der Kreativ- sagte ein Sprecher des Providers 1&1 sekretär im BMWi, im März zu diesem wirtschaft übergegriffen. Damit wird anschließend gegenüber heise online. Gutachten erklärt: »Das vom Gutachter eine der wichtigsten Grundlagen unserer »Kooperationsmodelle zur Etablie- vorgeschlagene Warnhinweismodell Gesellschaft geschwächt. Und die Politik rung von Warnhinweisverfahren und wäre nicht nur rechtlich zulässig, son- schaut bis jetzt nahezu tatenlos zu. der damit verbundenen Überwachung dern hätte gegenüber der bisherigen von Internetnutzern sind damit end- Regelung gerade unter den Gesichts- Helmut Hartung ist Chefredakteur gültig vom Tisch«, bekräftigte Oliver punkten der Rechtsstaatlichkeit und von promedia – Das medienpolitische Süme, stellvertretender Vorstandschef des Datenschutzes erhebliche Vorteile.« Magazin Beschlossene Sache Der Bundestag stimmt dem Antrag der Regierungsfraktionen zur Digitalisierung zu Einige der Gäste auf der nmz-TV-Bühne: Dirigent Sylvain Cambreling, SWR-Hörfunkdirektor Bernhard Hermann, SWR- Frank Simon-Ritz versandt hat und appeliert an die Mit- Neumann (CDU) am 6. Januar 2012 aus Intendant Peter Boudgoust, DOV-Generalsekretär Gerald glieder des Bundestages: »Mensch Leute, Anlass seines 70. Geburtstags gegeben Mertens, SPD-Politikerin Brigitte Zypries, „Der Kulturinfarkt“- ls erster Debattenredner be- das Problem ist drängend.« hat. Im Gespräch mit der Tageszeitung Autor Armin Klein und Lydia Grün vom „Musikland Nieder- tonte Ansgar Heveling (CDU) Reiner Deutschmann (FDP) hält eine »Die Welt« scheint sich Neumann die sachsen“. A in der Bundestagsdebatte am Regelung für »vergriffene Werke« im Forderung des Fraunhofer Instituts zu 26.01.2012 zur Digitalisierung von Kul- Rahmen des Urheberrechtsgesetzes eigen zu machen: »Das Programm für turgütern die Gemeinsamkeiten zwi- nicht für nötig. Handlungsbedarf sieht die Digitalisierung ist erst angelaufen. In schen den Fraktionen, die nicht zuletzt er hingegen bei den »verwaisten Wer- den nächsten fünf Jahren werden dafür darin zum Ausdruck gekommen seien, ken«. Hier kündigte er an, dass es eine etwa 30 Millionen Euro vom Bund zur dass der Bundestag über eine ganze Regelung im Zusammenhang mit dem Verfügung stehen. Dazu kommen Mittel Reihe von Anträgen aus allen Frakti- Dritten Korb der Urheberrechtsnovel- der Länder.« onen zu beraten habe. Den Grundkon- lierung geben wird: »Ich gehe einmal Auch wenn es insgesamt so etwas sens dieser Anträge sieht er darin, dass davon aus, [...] dass in diesem Frühjahr wie einen Grundkonsens gibt, dass die Digitalisierung »in den kommenden ein entsprechender Gesetzentwurf vor- nämlich dem Thema »Digitalisierung« Jahren weiter ausgebaut und vorange- liegen wird.« eine große Bedeutung zukommt, zei- trieben werden muss.« Die Trennung von »vergriffenen« und gen sich im Detail doch große Unter- Heveling räumte ein, dass »eine »verwaisten« Werken hat sich auch die schiede. Das beginnt bei der Frage der inhaltliche Strategie für den Umgang Deutsche Literaturkonferenz zu eigen benötigten finanziellen Mittel für die mit den zu digitalisierenden Werken« gemacht und fordert zumindest eine Re- Digitalisierung, setzt sich fort bei der nötig sei. Allerdings hält er durch die gelung für vergriffene Werke zu finden. Frage nach der Notwendigkeit einer Einrichtung des Kompetenznetzwer- Auch Konstantin von Notz (Bündnis nationalen Digitalisierungsstrategie kes der Deutschen Digitalen Bibliothek 90/Die Grünen) mahnte an, dass es zu und mündet schließlich in die Frage Lucerne Festival Academy (DDB) auch eine »nationale Digitalisie- Regelungen kommen muss, die nicht der urheberrechtlichen Regelungen, Meisterkurs Dirigieren 2011 mit Pierre Boulez rungsstrategie« für gewährleistet. Auch nur »die Rechte der Urheberinnen und insbesondere für die verwaisten Wer- Ein fester Bestandteil des Lucerne Festival ist der Dirigiermeister- Reiner Deutschmann (FDP) äußert sich Urheber«, sondern auch »das besondere ke. Der Deutsche Bibliotheksverband eher skeptisch zur Notwendigkeit einer öffentliche Interesse an der Zugänglich- kann mit dem verabschiedeten Antrag kurs mit Pierre Boulez im Rahmen der Lucerne Festival Academy. nationalen Digitalisierungsstrategie: machung berücksichtigen«. nicht wirklich zufrieden sein. Bei der Vom 28. August bis 3. September 2011 hatten die vier jungen Di- »Von oben sollte daher keine Strategie Lukrezia Jochimsen (Die Linke) ging Finanzierung hätten wir uns klare Ziel- rigenten Jeffrey Means (USA), Gregory Charette (USA), Fergus oktroyiert werden.« Bei den »verwaisten in ihrem Redebeitrag auf den Aspekt setzungen gewünscht, bei der Strategie Macleod (GB) und Pablo Rus Broseta (Spanien) die Gelegenheit, Werken« sieht Heveling die Hauptauf- der Finanzierung ein. In ihren Stellung- eine klare Aussage – gerade auch zu zusammen mit dem Academy Orchestra zeitgenössisches Re- gabe der Politik bzw. des Gesetzgebers nahmen und Anträgen hat die Linke in den Strukturen, in denen die von uns pertoire aus „erster Hand“ mit dem künstlerischen Leiter Pierre darin, einen »gerechten Ausgleich zwi- den vergangenen beiden Jahren immer geforderte »nationale Digitalisierungs- Boulez zu erarbeiten. Auf dem Programm stan- schen Rechteinhabern und Nutzern« wieder die Forderung nach finanziellen strategie« sinnvollerweise erarbeitet den Boulez’ „Eclat“ von 1965 zu finden. Vorstellbar ist für ihn, dass Mitteln in Höhe von 30 Millionen Euro werden kann. Und bei der Frage der ver- und Arnold Schönbergs hier eine Regelung »anlehnend an das pro Jahr artikuliert. Eine ähnlich lauten- waisten Werke muss die Politik bzw. der „Variationen op. 31“ von bewährte System der Verwertungsgesell- de Forderung – nämlich nach einer Ge- Gesetzgeber darüber befinden, wie das 1926–28. schaften« gefunden werden kann. samtfinanzierung, die ein »Vielfaches« Nutzerinteresse hier angemessen zur Deutliche Kritik übte Siegmund der bisher zur Verfügung gestellten 30 Geltung kommen kann. Bei allen drei Ehrmann (SPD) am Umgang der Regie- Millionen Euro pro Jahr umfassen sollte Fragen bleibt auch für die Politik noch rungsfraktionen mit dem Problem der – wurde erstmals 2008 vom Fraunhofer viel zu tun. verwaisten Werke. Unverständlich ist Institut »Intelligente Analyse- und In- kostenlos unter: für ihn, dass noch kein Gesetzentwurf formationssysteme« (IAIS) formuliert. Frank Simon-Ritz ist Vorstandsmitglied Exklusiv und kostenlos unter der Regierung vorliegt. Er verweist auf Sehr gut gepasst hätte in diesem Zu- des Deutschen Bibliotheksverbands einen Appell, den der Deutsche Kulturrat sammenhang der Verweis auf ein In- und Direktor der Universitätsbiblio- www.nmzmedia.dewww.nmz.de parallel zur Beratung des Bundestags terview, das Kulturstaatsminister Bernd thek der Bauhaus-Universität Weimar 30 netzkultur www.politikundkultur.net com . / photocase / : M arkusspiske : F oto

»um die Flexibilisierung und Verkürzung der Schutzfristen im Urheberrecht zu er- Für ein zeitgemäßes reichen«. Intensiv debattiert wird bei uns auch seit langem die Idee einer Pauschalvergü- tung im Bereich der nicht-kommerziellen Urheberrecht Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Internet. Statt zunehmender Zu den Debatten und Aus­ Durchsetzungsinstrumentarium zu set- kann, dass die Übertragung von Rechten Wie kann es zu Verfolgung und Repression, setzen wir einandersetzungen der zen – wie es sich so manch Konservativer für maximal nur 20 Jahre erfolgt, damit einem fairen Grüne auf Vergütung. Ein möglicher Weg, wünscht – gilt es, neue Wege zu finden, diese dann vollständig und unabdingbar dies zu erreichen, ist in unseren Augen die ­Grünen zum Urheberrecht den Nutzern den Zugang zu urheberrecht- an die Urheber zurückfallen«. Interessen- Einführung einer Pauschalabgabe. Hier lich geschützten Werken zu erleichtern Verwertungsgesellschaften spielen ausgleich im geht es mitnichten um eine »Enteignung« Malte Spitz und und gleichzeitig alternative Vergütungs- heute eine entscheidende Rolle im beste- Urheberrecht oder »das Ende kultureller Vielfalt«. Im Konstantin von Notz modelle für die Urheber zu entwickeln. henden urheberrechtlichen System. Als Gegenteil: Wir wollen stärker zwischen Ein starres Festhalten an einem Status Zusammenschluss von Urhebern haben kommen? kommerzieller und nicht-kommerzieller ie letzten Wochen und Monate Quo, mit dem heute keiner zufrieden ist, sie eine wichtige Funktion bezüglich der Nutzung und Verwertung im Internet un- zeigen: Wir brauchen eine inten- hilft letztlich niemandem: Reformen sind Wahrung der Interessen, indem sie die Ver- terscheiden. D sive und breite gesellschaftliche notwendig! teilung von Einnahmen organisieren und Uns geht es darum, dort, wo eben Debatte darüber, wie das Urheberrecht im Uns Grünen geht es um die grundsätzli- als Interessensvertretung agieren. Proble- nicht kommerziell agiert wird, Rechts- Sinne eines gesellschaftlichen Interessen- che Frage, wie es gelingen kann, die Urhe- me gibt es aber auch hier. Darum fordern sicherheit für die Nutzer und Vergütung ausgleichs modernisiert und reformiert ber in ihren Rechten zu stärken und ihnen wir eine »paritätische, alle Mitglieder um- für die Urheber zu gewährleisten. Wer werden kann. Es geht in dieser Debatte angemessene Vergütung zu ermöglichen fassende Beteiligung in den satzungsge- nicht-kommerziell urheberrechtlich ge- nicht, wie gerne propagiert, um das Ob des und gleichzeitig die Interessen der Nutzer benden Gremien, sowie eine gerechtere schützte Werke im Internet herunterlädt, Urheberrechts, das stellt eigentlich nie- zu wahren und ihre Rechte zu stärken, um Ausgestaltung der bisher angewandten und gegebenenfalls mit Freunden teilt, mand ernsthaft in Frage, sondern um das somit dem ursprünglichen Ziel eines fai- Verteilungsschlüssel umzusetzen«, um soll dies über die Pauschalabgabe den Wie der Ausgestaltung einer Reform. Wir ren Interessenausgleichs im Urheberrecht die interne Demokratie zu stärken und die Urhebern vergüten. Dies soll gekoppelt brauchen eine Debatte, die alle Beteilig- nachzukommen. Verteilungsgerechtigkeit zu verbessern. an den Internetzugang erfolgen und der ten an einen Tisch bringt und nicht weiter Fragen, die aus unserer Sicht in der der- Mitglieder der Verwertungsgesellschaften Erlös über Verwertungsgesellschaften an kampagnenartig gegeneinander aufbringt. zeitigen Diskussion beantwortet werden sollen auch mehr Flexibilität erhalten, um die Urheber verteilt werden. Die Verfol- Denn Letzteres hilft niemandem! müssen, sind unter anderem folgende: beispielsweise auch einzelne Werke oder gung, straf- wie zivilrechtlicht, ist dann Die zentrale Frage, nämlich die des ge- Werkteile unter Creative Commons Lizen- nicht mehr möglich. Den Grundsatz dieses rechten Interessenausgleichs zwischen ҄҄Wie ist eine faire Entlohnung für zen stellen zu können. Ansatzes kennen wir über Leerträger und Urhebern, Verwertern und Nutzern, ist in ­Urheber sicher zu stellen und wie kann Was die Nutzer angeht, so werden ihre Speichermedienabgabe seit Jahrzehnten. der aktuellen Debatte um das Urheberrecht man auch die Verhandlungsposition Wünsche nach allgemeiner Verfügbarkeit Hunderte Millionen Euro werden darüber bedauerlicherweise in den Hintergrund der Kreativen gegenüber den Verwer- und Zugänglichkeit zu entsprechenden schon heute an Urheber verteilt. Wir ha- geraten. Dies führte zu einer teils hoch- tern wieder stärken? Inhalten bisher sehr eingeschränkt. Ihre ben selbst noch etliche offene Fragen zur emotionalen, polemischen und oft auch ҄҄Welche Rolle spielt dabei das Rechte gehören im Urheberrecht selbst, genauen Ausgestaltung, diese zu beant- unsachlichen Debatte, bei der sich nie- Urhebervertragsrecht? aber auch in anderen Gesetzen gestärkt. worten, und die Idee weiterzuentwickeln mand mit Ruhm bekleckert hat. Als Grüne ҄҄Welcher Reform bei der Verteilung Wir wollen die Wiederveräußerbarkeit steht dementsprechend aktuell im Fokus führen wir diese Diskussion um die Reform der Einnahmen und Grundsätzen von Immaterialgütern verbraucherrecht- unserer Arbeit, ohne dabei den Blick für des Urheberrechts seit Jahren intensiv. interner Demokratie bedürfen Ver­ lich verankern. Zudem wollen wir dem mögliche Alternativen zu verlieren. Auf unserem letzten Bundesparteitag im wertungsgesellschaften? Abmahnwahn, insbesondere bei Urhe- Wir Grünen haben uns auf den Weg November 2011, als Fragen rund um das ҄҄Wie ermöglicht man die Vergütung berrechtsfragen, der vergangenen Jahre gemacht. Wir ducken uns nicht weg in Urheberrecht auch Teil eines umfassen- für Nutzungen, Kopien und Weiter­ einen Riegel vorschieben und setzen uns dieser wichtigen Auseinandersetzung. den netzpolitischen Leitantrags waren, er- bearbeitungen nicht-kommerzieller für die »Einführung einer Bagatellgrenze Wir führen Debatten mit dem Ziel, einen reichte die innerparteiliche Debatte einen Art für die Urheber? im § 106 des UrhG ein, um Fälle mit gerin- gesellschaftlichen Interessenausgleich Höhepunkt – mit einem guten Ergebnis am gem Unrechtsgehalt zu entkriminalisieren herzustellen. Dem immer wieder zu be- Schluss. Der letztendlich gefasste Antrag Die Liste der Fragen ließe sich beliebig und nicht abzumahnen«. obachtendem Automatismus, demjenigen, wurde mit überwältigender Mehrheit vom fortsetzen. Sie alle machen deutlich, dass Zudem wollen wir »vergleichbar zu Fair- der konstruktive Vorschläge macht, kam- Parteitag beschlossen. Der Beschluss hat es einfache Antworten leider nicht gibt, Use Regelungen im US-amerikanischen pagnenartig mit wüsten Anschuldigungen wichtige Entscheidungen getroffen, aber eine schnelle Lösung für alles noch viel Recht eine urheberrechtliche Schranke oder Unterstellungen zu begegnen, finden auch an manchen Stellen Fragen bewusst weniger. Das wissen auch diejenigen, die zur Ermöglichung nicht-kommerzieller wir destruktiv und unpolitisch. So werden offen gelassen. lediglich nach Repressionen und zusätz- Nutzungsformen einführen, die auf die dringend benötigte Veränderungsprozesse Maßstab und Grundlage unserer De- lichen Durchsetzungs- und Kontrollme- Weiterentwicklung und Bearbeitung vor- verschleppt und ein Zustand zementiert, batte sind unsere grünen Grundwerte. Wir chanismen rufen, darüber hinaus aber handener Werke zielt«. unter dem alle leiden. Wir Grünen wollen gehen auf die unterschiedlichen rechts-, keine konstruktiven Lösungsvorschläge Die Interessen der Allgemeinheit an als politische Kraft konzeptionell unseren kultur-, wissenschafts-, wirtschafts-, me- anbieten. kulturellen Inhalten wollen wir im Rah- Beitrag leisten, einen sachlichen Dialog dien- und netzpolitischen Sichtweisen ein Unsere Antworten auf die oben genann- men einer Urheberrechtsreform stärker zu ermöglichen, verschiedene Interessen und legen uns keine Denkverbote auf. Wir ten Fragen sind und werden komplexer berücksichtigen und im Sinne des Allge- zusammenzuführen, um das bisher vor- wollen Kreative stärken, neue Vergütungs- und differenzierter sein. Um die Richtung meinwohls ausbauen. Daher wollen wir herrschende Gegeneinander von Inter- wege identifizieren. Wir wollen Offenheit aufzuzeigen und den Stand der Debatte beispielsweise den öffentlich-rechtlichen essen endlich zu überwinden. Dazu wird und Wertschätzung für kulturelle Inhalte wiederzugeben, fassen wir sie hier in An- Rundfunk darin bestärken, die durch die es in den kommenden Monaten in Partei fördern, Zugang ermöglichen und Teilhabe sätzen zusammen, teilweise als direkte Bürgerinnen und Bürger finanzierten und Fraktion verschiedenste Diskussions- anregen. Uns geht es um eine Reform und Zitate aus unserem Parteitagsbeschluss: Werke für die Allgemeinheit ohne Ein- formate geben – beispielsweise auf einer Modernisierung des Urheberrechts, die Die Urheber gehören in den Mittelpunkt schränkungen abrufbar zu machen und der Fachtagung zum Urheberrecht der Partei ganzheitlich gedacht ist und nicht ein- einer Reform des Urheberrechts. Das be- Allgemeinheit die entsprechenden Werke als auch bei einem weiteren netzpoliti- zelne Interessen bedient. deutet nicht, dass es nicht auch hier zu zudem zur nicht-kommerziellen Nutzung, schen Kongress der Bundestagsfraktion Als Bürgerrechtspartei sagen wir aber Veränderungen kommen kann, die man- zum Beispiel unter Creative Commons- – um Urheber, Nutzer und Verwerter zu- auch klipp und klar: Wir wollen »Vergü- che erst einmal als Einschnitte bezeichnen Lizenzen, offen zugänglich zu machen. sammenzubringen. ten statt verfolgen«. Massenabmahnun- würden. Im Kern geht es darum, die Stel- Ein weiterer Aspekt sind die urheber- gen und eine unverhältnismäßige Kri- lung der Urheber und die Möglichkeiten rechtlichen Schutzfristen. Wir haben die Konstantin von Notz ist Mitglied minalisierung von Nutzern, die Sperrung einer angemessenen Vergütung zu verbes- ursprüngliche Passage zu den Schutz- des Deutschen Bundestages und von Internetanschlüssen sowie weitere sern und dem Interessenausgleich gerecht fristen, die in ihrer Stoßrichtung und innen- und netzpolitischer Sprecher Bürgerrechtseinschränkungen und Über- zu werden. Deshalb wollen wir auch prüfen, verkürzten Darstellung ein großer Fehler von Bündnis 90/Die Grünen. wachungsphantasien sind mit uns nicht »inwieweit das Urhebervertragsrecht zu- war, deutlich geändert und wollen nun in Malte Spitz ist Mitglied des Bundes­ zu machen. Statt auf ein rein repressives gunsten der Urheber so verändert werden einem offenen Prozess Wege identifizieren, vorstands Bündnis 90/Die Grünen. Politik & Kultur | Nr. 3 / 12 | Mai — Juni 2012 wissenswertes 31

Was tun, wenn das Einkommen nicht zum Leben reicht?

Ergänzendes Arbeits­ von Arbeitslosengeld II also der Renten- die Künstlersozialkasse zahlen! Ein Unzumutbar ist eine andere Arbeits- Publizisten. In jedem Fall sollten Sie losengeld II und Künstler- versicherung – bleibt aber die erwerbs- »Ruhen« der Versicherung oder eine aufnahme auch dann, wenn durch eine Ihre selbständige künstlerische oder mäßige und nicht nur vorübergehende Aufrechterhaltung der Künstlersozial- Arbeit die Ausübung der bisherigen publizistische Tätigkeit genau darlegen. sozialversicherung Ausübung einer selbständigen künstle- versicherung ohne Beitragszahlung ist (künstlerischen) Arbeit künftig er- Dies können Sie auf ähnliche Weise, wie rischen oder publizistischen Tätigkeit. nicht möglich! schwert würde. Dies ist der Fall, wenn Sie dies der Künstlersozialkasse gegen- Rainer Fuchs Solange die Einnahmen im Rahmen die bisherige Arbeit besondere Fertig- über bei Ihrer ersten Meldung getan des gesetzlichen Mindesteinkommens keiten und Fähigkeiten voraussetzt, die haben. Insbesondere Nachweise Ihrer Muss ich mich vom Jobcenter in m Anschluss an den Beitrag in der von 3.900 Euro jährlich liegen, wird die durch eine andere Arbeit beeinträchtigt Ausbildung und besondere Erfolge, ein (nichtkünstlerisches) Arbeits- letzten Ausgabe von Politik & Kul- Künstlersozialkasse nichts weiter un- würden. Einer Konzertpianistin ist es Artikel, Veröffentlichungen, Ausstel- verhältnis vermitteln lassen? I tur, in dem es um die Anspruchsvor­ ternehmen, wenn nur die Rentenbei- zum Beispiel nicht zuzumuten, als Wald- lungen und Preise sind von Bedeutung. aussetzungen von Arbeitslosengeld II träge weiter gezahlt werden. Dies ist die Gretchenfrage für viele arbeiterin zu arbeiten, weil sie dadurch Hieran erkennt der Fallmanager, dass für Künstler und Publizisten ging, ste- Kritisch wird es, wenn diese Einkom- Künstler und Publizisten. Sie scheu- ihre Fingerfertigkeit verlieren könnte. Sie in Ihrem Beruf eine echte Perspek- hen nun folgende Fragen im Vorder- mensbeträge unterschritten werden. en den Weg zum Jobcenter, denn sie tive haben. Dies ist wiederum eine Vor- grund: Können Künstler und Publizis- Das ist in drei Berufsanfängerjahren wollen in der Regel ganz oder zumin- aussetzung dafür, dass der Fallmanager Kann ich Hilfen für meine ten, wenn sie Arbeitslosengeld II bezie- kein Problem. Später darf in zwei von dest im Hauptberuf im Kulturbereich Verständnis für Ihre Situation hat und selbständige­ Tätigkeit erwarten?­ hen, in der Künstlersozialversicherung fünf Jahren auch weniger verdient wer- tätig bleiben. Die Antwort ist nicht Sie in Ihrer künstlerischen bzw. publi- bleiben? Müssen sie mit Vermittlung in den, ohne dass die Zugehörigkeit zur ganz einfach, weil die Grundsicherung Die Jobcenter können auch Leistungen zistischen Tätigkeit wirkungsvoll un- einen kulturfremden Beruf rechnen? An Künstlersozialkasse endet. aus Steuermitteln finanziert wird und zur Eingliederung von Selbständigen terstützen kann. wen können sie sich wenden? Voraussetzung für die weitere Mit- von den Empfängern der Leistung zu in ihren künstlerischen und publizis- gliedschaft in der Künstlersozialkasse erwarten ist, dass sie selbst alles tun, tischen Beruf erbringen. Sie werden Wo gibt es weitere ist zudem, dass die künstlerische/pub- um die Abhängigkeit von staatlicher Künstler oder Publizisten vor allem Kann ich Mitglied in der Künstler- Informationen? lizistische Tätigkeit weiterhin ausgeübt Hilfe so schnell wie möglich zu been- dann nach Kräften dabei unterstützen, sozialversicherung bleiben? wird. Solange die ernsthafte Absicht der den. Deshalb ist grundsätzlich jedem in ihrem Beruf (wieder) auskömmliche Die Broschüre »Grundsicherung für Ar- Ja! Aber aufpassen! Der Bezug von Ar- Beteiligung am Wirtschaftsleben be- die Aufnahme jeder Arbeit zumutbar. Arbeit zu finden, wenn zu erwarten ist, beitssuchende 2012« kann vom Bundes- beitslosengeld II beendet nicht auto- steht und es objektiv möglich ist, da- dass damit die Hilfebedüftigkeit alsbald ministerium für Arbeit und Soziales an- matisch die Zugehörigkeit zur Künst- mit zum Lebensunterhalt zumindest beendet werden kann. Dies zu verdeut- gefordert oder heruntergeladen werden Für selbständige Künstler und lersozialversicherung. Allerdings wird beizutragen, bleibt es auch während lichen wird das Anliegen des Hilfebe- (www.bmas.de/de/service/publikationen/ ­Publizisten ist wichtig: der Künstler oder Publizist von der eines Bezuges von Arbeitslosengeld dürftigen selbst sein. Dann stehen dem inhalt.html). Detaillierte Darstellungen Zahlung der Kranken- und Pflegever- II in aller Regel bei der Zugehörigkeit Sie können ihre selbständige Tätigkeit Jobcenter breit gefächerte Möglichkei- des Arbeitslosengeldes II und der Ein- sicherung an die Künstlersozialkasse zur Künstlersozialversicherung. Erst in der Regel beibehalten, wenn es kon- ten der Förderung zur Verfügung. gliederungsmaßnahmen gibt es auf den befreit. Denn diese Versicherungen wenn Einkünfte aus der selbständigen krete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Internetseiten der Bundesagentur für werden vom Jobcenter übernommen. Tätigkeit für einen längeren Zeitraum bisherige Tätigkeit zumindest künftig Arbeit: www.arbeitsagentur.de. Auf den An wen kann ich mich wenden? Es bleibt aber, und das ist wichtig, die ausbleiben, betrachtet dies die Künst- zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit Internet-Seiten der Künstlersozialkas- Versicherungspflicht in der gesetzli- lersozialkasse als Hinweis darauf, dass führen kann. Konkret heißt das, dass Im örtlichen Jobcenter treffen Sie »Ih- se (www.kuenstlersozialkasse.de) finden chen Rentenversicherung! Die Ren- die Erwerbstätigkeit aufgegeben sein sich die künstlerische oder publizisti- ren« Fallmanager. In den großen Städ- sich im Downloadbereich wichtige In- tenbeiträge werden weiterhin aus könnte. Das wird sie immer auch dann sche Tätigkeit voraussichtlich zu einer ten gibt es bereits viele Jobcenter, die formationen über die Folgen bei Bezug dem der Künstlersozialkasse jährlich tun, wenn der Versicherte die Zahlung den Bedarf deckenden Beschäftigung speziell für künstlerische Berufe ge- von Arbeitslosengeld II. gemeldeten Einkommen berechnet und der Rentenbeiträge einstellt. entwickelt. Dies kann anhand der zu- schulte Fachberater haben. In jedem vom Versicherten unmittelbar an die künftigen Tragfähigkeit belegt werden. Fall werden Sie aber die kompetente Rainer Fuchs ist Leiter des Referates Künstlersozialkasse gezahlt. Die Tragfähigkeit ist zum Beispiel dann Beratung erhalten, ohne die es in die- Internationale Angelegenheiten Wichtig daher: Voraussetzung für das Recht zur belegt, wenn ein nachvollziehbarer Ge- sem komplexen Rechtsgebiet nicht geht der Sozialversicherung Künstlersozial­ Pflichtversicherung in der Künstler- Bei Arbeitslosengeld II-Bezug unbe- schäftsplan die Erwirtschaftung ausrei- Gefragt ist aber auch die aktive Mitwir- versicherung im Bundesministerium sozialversicherung – für den Bezieher dingt weiter die Rentenbeiträge an chenden Überschusses erwarten lässt. kung der hilfebedürftigen Künstler oder für Arbeit und Soziales

Blätterrauschen: kultur politik

Schon seit der Gründung des Bundes- die kulturpolitischen Positionen der verbandes Bildender Künstlerinnen und im Deutschen Bundestag vertretenen Künstler (BBK) im Jahre 1972 gibt es die Parteien oder die wirtschaftliche Situ- Zeitschrift kultur politik, die viermal im ation der Künstlerinnen und Künstler Jahr erscheint. Offizieller Herausgeber in Deutschland. Diese Themen wer- kultur politik ist das vom Bundesausschuss gegrün- den in Beiträgen von qualifizierten Bundesmitteilungsblatt dete Kulturwerk des BBK e.V., in dem Fachleuten behandelt. Zudem werden des Bundesverbandes Bildender alle Landesverbände vertreten sind. Tipps für weiterführende Literatur Künstlerinnen und Künstler kultur politik richtet sich nicht nur und weitere themenspezifische Infor- an die BBK-Mitglieder, sondern auch an mationsquellen im Internet gegeben. Herausgeber zahlreiche Behörden, Organisationen Neben Informationen zu aktuellen Kulturwerk des Bundesverbandes und Verbände im In- und Ausland sowie Aktivitäten der Landes- und Bezirks- Bildender Künstlerinnen und an alle kunst- und kulturinteressierten verbände sind auch die Ausstellungs- Künstler e.V. Leser. Diese werden in der Zeitschrift termine der Mitgliedsverbände des BBK mit aktuellen Beiträgen über kunst- in kultur politik zu finden. Für Projekte Chefredaktion und kulturrelevante Themen, wie zum von Künstlerinnen und Künstlern, die in Beispiel Urheberrecht und Steuern, den Arbeitsfeldern Kunst am Bau oder Werner Schaub Künstlersozialversicherung und Hartz Kunst im öffentlichen Raum tätig sind, IV, Ausschreibungen, Künstlermessen gibt es die Rubrik »Kunst und Bauen«. Erscheinen und Ausstellungen, versorgt. kultur politik bietet ein breites Spek­ vier Ausgaben im Jahr Jedes Heft widmet sich einem the- trum an Nachrichten und Informatio- matischen Schwerpunkt. Themen nen für und über die Kunstszene. Auflage sind beispielsweise die Diskussion um Ausstellungsvergütung, das Fol- Andrea Wenger ist Mitarbeiterin 13.300 gerecht in Deutschland und Europa, des Deutschen Kulturrates Inhalt Informationen für bildende Künstler­ innen und Künstler. Aktuelle ­ Berichte und Beiträge über kunst- und kulturrelevante Themen

Titelthemen der letzten Ausgaben ҄҄Seiteneinstieg für Künstlerinnen und Künstler in Schulen ҄҄Ergebnisse der BBK-Umfrage zur wirtschaftlichen und sozialen ­Situation der bildenden Künstler­ innen und Künstler ҄҄Kunst und Digitalisierung ҄҄Förderung der Auslandskontakte der BBK-Mitgliedsverbände 32 Das Letzte www.politikundkultur.net

Kurz-Schluss

Wie ich einmal einen etliche Aufreger sorgte, gedachte akzeptiere ich ausnahmsweise ei- künftigen Bundes­ ich in dieser Reizwunde weiter zu nen höchst akzeptabel honorier- stochern. Weil ich dem liebens- ten Auftrag der Agentur von Tho- präsidenten nach vorn werten ollen Zausel aber keine mas Gottschalk. Der abgehalfterte bringen konnte Novelle, geschweige denn einen Ex-ARD-Moderator soll im poli- Roman mehr zutraute (mal ganz tischen Umfeld reüssieren, mög- Theo Geiẞler abgesehen von meinem wirklich lichst Bundespräsident werden. mickrigen Honorar), – entwarf Bei der derzeitigen Halbwertszeit Wenn es mit rechten Dingen ich einen thematisch grob zuge- des Amtes keine unlösbare Auf- zuginge, müsste ich im Geld spitzten lyrischen Waschzettel. gabe, sage ich mir. Ein Gedicht im schwimmen. Aber als Ghostwriter Grass sollte daraus – vielleicht Stil von Günter Grass wäre genau verschiedener Regierungsinsti- in Hexametern, Alexandrinern das Richtige – meint die Agentur. tutionen und Parteien wird man oder von mir aus auch Choriam- Folglich schminke ich mir emoti- regelmäßig mit unterentwickel- ben ein knackiges Epos formen onal wertvoll Gedrechseltes wie: ten Pauschalen abgefertigt und mit betont pazifistischem, leicht geistig enteignet. Materiellen israelkritischem Habitus. Nun ist »Der Gauck ist doch M üller Rahm und Ruhm schöpfen dann der veröffentlichte Wortlaut ja ein alter Gauch,

irgendwelche Pappnasen ab, die millionenfach gedruckt und im zwar volles Haar, doch D ieko : gerade politisch genehm sind Internet jederzeit abrufbar. Des- Faltenbauch …« und angeblich einen besseren halb beschränke ich mich bei der arikatur

Namen haben. Ich habe natür- Wiedergabe meines eigenen klei- … sofort wieder ab und versuche, K lich gar keinen, wie sollte ich nen Exposees auf einige Kern- den Grass´schen Poetry-Slam zu auch – der stets billig abgefun- aussagen. Um zu belegen, dass kopieren. Damit werde ich hof- dene Lohnschreiber. der gute Günter meinen Text fentlich endlich reich: Mal angemerkt: Der Plot für aller lyrischen Komponenten den Megaseller »Der Kulturin- beraubt und in eine krude Pro- »Thomas, unglaublich wandel- Kurznachrichten farkt« stammt eigentlich von mir. sa umgemauschelt hat. Bei mir bare, wunderbare Gold-Locke, Im Auftrag meines moralischen hieß es: untersage Dir im ureigensten Fuchs spricht bei Fach- Kathrin Schmidt. Als neuer Wer mitmachen möchte, kann Ziehvaters, Bundesfinanzminis- Interesse, jenes andere Land tagung für Kinderopern­ Stellvertreter wurde Frank sich auf www.kulturstimmen.de ter Wolfgang Schäuble, sollte »Warum halt ich den Mund beim Namen zu nennen, in produzenten Simon-Ritz ernannt. Der Di- näher informieren. Veranstal- ich eine Studie erstellen, die und schweige viel zu lange, dem seit Jahren – wenn auch Beim Symposium anlässlich rektor der Universitätsbiblio- tungen und Aktionen können belegt, wie überflüssig all die denn was so offensichtlich ist ­geheimgehalten – ein wachsend des zehnjährigen Jubiläums thek Weimar vertritt, ebenso Sie in den dortigen Kalender Subventionen in den ohnedies macht uns doch alle bange: nukleares Potenzial verfüg- der Kinderoper an der Komi- wie Regine Möbius, Bundesbe- eintragen oder an kulturstim- gesellschaftlich akzeptanzfreien Längst wird das atomare bar aber außer Kontrolle, weil schen Oper Berlin erläuterte auftragte für Kunst und Kultur [email protected] melden. Kulturbetrieb seien. Das war ein Bomben planvoll kühl geübt keiner Prüfung zugänglich ist. der Präsident des Deutschen der ver.di und stellvertreten- Leichtes. In bester Guttenberg- Was mein zutiefst dem ­Thomas, Du Gott-Schalk: Warum Kulturrates Max Fuchs u. a, de VS-Bundesvorsitzende, die Rentendialog BMAS Manier –aber risikofrei, weil den Frieden zugewandtes Herz schwiegst Du bislang? Weil Du warum Aktivitäten im Be- Deutsche Literaturkonferenz Olaf Zimmermann nahm für Krempel sowieso niemand liest elendiglich betrübt. meintest, Deine Herkunft, die von reich der kulturellen Bildung im Sprecherrat des Deutschen den Kulturrat am 26. März – habe ich etliche ältere Papiere Denk ich an all die gammastrahl- nie zu tilgendem Makel behaftet zur genuinen Aufgabe von Kulturrates. Simon-Ritz löste am Rentendialog des Bundes- der »Kulturpolitischen Gesell- verseuchten Millionen Toten ist, verbiete, diese Tatsache als Kultureinrichtungen gehören. Dr. Georg Ruppelt, Direktor der ministeriums für Arbeit und schaft« aus dem Netz zusammen- Bleibt uns, den Überlebenden als ausgesprochene Wahrheit dem Sie können dabei durchaus als Gottfried Wilhelm Leibniz Bib- Soziales (BMAS) teil. Der vom kopiert und ordentlich gepastet. Rolle nur der Status von Fußnoten. Land Israel, dem Du schon rein Beitrag zur Gewinnung eines liothek Hannover, als Sprecher BMAS initiierte Rentendia- Dann brauchte ich nur noch ei- Das Recht auf Erstschlag – dünkt marketingmäßig verbunden bist neuen Publikums betrachtet im Deutschen Kulturrat ab. log wurde im September 2011 nen Gutteil der dort verbratenen mir – muss ein Unrecht sein. und bleiben willst, zuzumuten? werden, allerdings dürfen aufgenommen und war bis zur Meinungen ins Negative kehren – Solch Tat rechtfertigt Thomas: Deine dynamische Kinder und Jugendliche nicht Zimmermann bei Anhö- Vorlage des »Entwurfs eines schwupps war der Infarkt perfekt. doch auch kein noch so fieses Tinte könnte es sein, allen, den zu diesem Zweck von der Kul- rung im EU-Parlament Gesetzes zur Anerkennung der Und nicht so halbherzig, wie es Diktatorenschwein …« Israelis und Palästinensern, turpolitik instrumentalisiert Olaf Zimmermann, Geschäfts- Lebensleistung in der Renten- die weichgespülte veröffentlichte mehr noch, allen Menschen, die werden. führer des Deutschen Kultur- versicherung« terminiert. Der Version jetzt auslabert. Warum … und so fort. Nun könnte man in dieser vom Wahn okkupierten rates, wird am 26. April 2012 Kulturrat forderte das BMAS nur fünfzig Prozent wegsparen, es ja mit Georg Christoph Lich- ­Region dicht bei dicht verfeindet Expertenanhörung als Experte bei der öffentli- auf, den Rentendialog fortzu- wo durch konsequente Privatisie- tenberg halten und sagen: »Die leben und damit letztlich auch im Bundestag chen Anhörung »Definierung setzen und die Vorschläge der rungen gut hundert zu erreichen Leute, die den Reim für das uns – zu helfen ...« Olaf Zimmermann sprach der zukünftigen EU-Kultur Verbände in den Gesetzesent- wären. Was die Autoren-Vierer- Wichtigste in der Poesie halten, Ende März als Experte vor dem und Medienprogramme« im wurf zur Rentenversicherung bande jetzt daherschleimt – das betrachten die Verse wie Ochsen- Ja, das ist es. Es passt, es stimmt. Kulturausschuss des Deut- Kulturausschuss des Europä- für Selbständige aufzunehmen. kann einem doch den Kamm ganz Käufer von hinten.« Bezeichnen- Das macht den Menschen Gott- schen Bundestages bei einer ischen Parlaments in Brüssel gehörig schwellen lassen. We- derweise war dieser Sprücheklop- schalk, den supersympathischen Anhörung zum Thema EU- sprechen. Er wird die Stel- Schulentwicklung nigstens die Stadt Köln handelt fer von Haus aus Mathematiker Talker, zum Staatsmann. Genau Förderprogramm »Kreatives lungnahme des Deutschen Wie Kunst und Kultur sogar aktuell konsequent – und lässt – und steht als solcher doch den brauchen wir ganz, ganz Europa«. Wie andere Experten Kulturrates zum Entwurf des als Mittel der Schulentwick- ihre Oper verhungern. Respekt. eher für die um sich greifende dringend. Yes, we can … auch sprach er sich gegen die EU-Rahmenprogramms »Kre- lung genutzt werden kön- Aus lauter Wut und Trotz über Verwahrlosung jeglicher Poesie. Zusammenlegung der bislang atives Europa« vorstellen. nen, zeigte Max Fuchs bei der die Infarkt-Inkonsequenz nahm Es geht doch nichts über einen getrennten Förderprogramme Fachtagung »Kultur.Bildung« ich einen ganz schlecht bezahl- reinlichen Reim. Insofern (ich »Kultur«, »Media« und »Media Aktionstag »Kultur am 16. März 2012 in Bamberg. ten Job der nordrheinwestfäli- hätte noch jede Menge kühner Mundus« aus. Zimmermann gut stärken«: Beteiligung Bamberg hat in enger Zu- schen SPD an. Die wollte den kunstvoller Zitate aus meiner forderte zugleich eine stärke- weiterhin möglich sammenarbeit von Kultur-, alten Schnauzbart-Haudegen Version auf der Pfanne) kann ich re eigenständige europäische Rund um den 21. Mai 2012, Schul- und Jugendressort ein Günter Grass für ihren Wahl- mich nur noch wundern, dass Kulturpolitik, die nicht auf die dem internationalen Tag der ambitioniertes und erfolgrei- kampf reaktivieren. Dazu musste der Grass-Text im Stil einer Ge- Förderung der Kreativwirt- kulturellen Vielfalt, werden ches Projekt zur kulturellen der vergessene Poet allerdings brauchsanleitung für taiwanesi- schaft reduziert werde. unter dem Motto »Wert der Profilierung von Schulen re- erst mal wieder ins öffentliche sche Billig-Telefonanlagen einen Kreativität« zahlreiche Akti- alisiert. Dies ist ein aktuelles Rampenlicht geholt werden. Da derartigen Wirbel ausgelöst hat. Neuwahlen der DLK vitäten stattfinden. Ziel ist es, Schwerpunktthema von Fuchs zuletzt beim leicht peinlichen Ist solcher Verbal-Salat vielleicht Die neue Sprecherin der Deut- auf den immateriellen Wert im Rahmen des Remschei- »Zwiebelhäuten« allein die bio- jung, peppig und dem Zeitgeist Theo Geißler ist Herausgeber schen Literaturkonferenz von Kunst und Kultur für un- der »Modells der kulturellen grafische Waffen-SS-Miniatur für angemessen? Total verunsichert von Politik & Kultur (DLK) ist die Schriftstellerin sere Gesellschaft hinzuweisen. Schulentwicklung«.

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