Predigt am 21. Mai 2020 – Himmelfahrt (vor der Matthäuskirche Alt Duvenstedt) Die Predigt bezieht sich auf die Lieder „Irgendwo auf der Welt“ von Werner Richard Heymann und „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ geschrieben von Uwe Fahrenkrog- Petersen und Carlo Karges, gesungen von .

Vertrauen, Hoffnung und Liebe sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde, irgendwie fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an. Singt Nena. Das sehen die Jünger an Karfreitag sicher anders Jesus stirbt unausweichlich und unwiederbringlich. Und Karsamstag sehen die Freunde und Freundinnen von Jesus klar: Nirgendwo auf der Welt fängt ein Weg zum Himmel an, nirgendwo, nirgendwie, nirgendwann. Kein Ort, nirgends. Jesus ist tot und die Welt ein Abgrund, in den man unendlich langsam hinabfällt. Am Tag danach ist das ganz klar. Ich habe so Sehnsucht, ich hab gehofft – ausgeträumt, alles vergebens: Ich geb die Hoffnung ganz auf. Jesus kommt nicht wieder, kehrt nie zurück. Karsamstag Im Sturz durch Raum und Zeit Richtung Unendlichkeit – ein Fall in den Abgrund, unendlich andauernd - Im Sturz durch Zeit und Raum, Erwacht aus einem Traum Nur ein kurzer Augenblick/ Dann kehrt die Nacht zurück. Karsamstag unendliche lange, tiefschwarze Nacht. Und dann Ostern Wiedersehen mit Jesus. Überraschend, unverhofft, beginnt die Zeit der Glückseligkeit nach Ostern. 40 Tage lang – mehr als ein kleines bisschen Glück – 40 Tage – eine kleine Ewigkeit – 40 Tage – mehr als ein bisschen Seligkeit – 40 Tage – mehr als so recht einmal von Herzen glücklich sein - 40 Tage ist Jesus greifbar nah, kann angefasst und gestreichelt werden, hat Hunger wie andere auch, ist da für Freundinnen und Freunde, umarmt und ist voller Zärtlichkeit. Überschwängliche Freude in diesen 40 Tagen seit Ostern, die niemand wird von ihnen nehmen können [Joh 16,22]. Immer wieder entzieht sich Jesus wieder – im Nachhinein kommt es vor, als wolle er Freundinnen und Freunde auf den Abschied vorbereiten. Und Jesus tut, was er am besten kann, betet für sie, bereitet sie voller Menschenkenntnis auf den kommenden Abschied vor. Legt Wort in ihre Herzen: „ aus Mut gemacht“. Noch ist unerahnbar, was zehn Tage später, an Pfingsten, geschehen wird: Auf Feuerrädern Richtung Zukunft durch die Nacht. Sie werden die Kraft des Heiligen Geistes empfangen. Heute an Himmelfahrt erinnern sich die Freundinnen und Freunde an die Sorgfalt, mit der Jesus Wort für sie aussucht, um Worte ringt. Solche Worte legt Jesus in ihre Herzen, Worte wie diese, von denen Johannes erzählt: Jesus betet für alle, die zum Glauben an ihn kommen werden 20 »Ich bete nicht nur für die Jünger, die hier anwesend sind. Ich bete auch für alle, die durch ihr Wort zum Glauben an mich kommen. 21 Der Glaube soll sie zusammenhalten – so wie du, Vater und Mutter für mich, (Gott, Ursprung des Lebens) in mir gegenwärtig bist, und ich in dir. Der Glaube fügt sie zusammen. Dann kann diese Welt zum Glauben kommen, dass du mich gesandt hast. 22 Ich habe ihnen die Herrlichkeit verliehen, die du mir geschenkt hast. Die Herrlichkeit soll sie zusammenhalten, so wie auch wir untrennbar eins sind. 23 Ich bin in ihnen gegenwärtig und du in mir. Sie sollen untrennbar zusammengehören. Daran soll diese Welt erkennen: Du hast mich gesandt, und du liebst sie, so wie du mich liebst. 24 Vater, du hast sie mir anvertraut. Ich will, dass sie mit mir dort sein können, wo ich dann bin. Sie sollen mich in meiner Herrlichkeit sehen, die du mir geschenkt hast. Denn du hast mich schon geliebt, bevor diese Welt geschaffen wurde. 25 Gerechter Gott/ Vater, diese Welt hat dich nicht erkannt. Aber ich kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. 26 Ich habe dich ihnen verkündet und werde es weiter tun. Die Liebe, die du mir geschenkt hast, soll auch sie erfüllen. So werde ich in ihnen gegenwärtig sein.« (Johannes 17,20-24, Basisbibel mit Ergänzungen)

Für mich ist das das größte Wunder an Himmelfahrt: Statt Angst, Verwirrung, Verzweiflung, Zerstörungswut oder Hass ist da vom großen Vertrauen der Freundinnen und Freunde die Rede. Vertrauen und Liebe. Nach dem Abschied gehen sie dorthin, wo Gott zu finden ist, in den Tempel, das Haus Gottes. Sie lesen die Bibel, die Heilige Schrift – zu dieser Zeit das Alte Testament, das neue gibt es ja noch nicht – um zu verstehen, was diese Geschichte von Gott und den Menschen, die Geschichte von Jesus zu bedeuten hat. Sie lesen, tauschen sich aus. Diskutieren. Sie beten, singen und schweigen. So ähnlich wie wir in jedem Gottesdienst und ähnlich auch heute. Und vielleicht verstehen sie etwas von dem Geheimnis des Lebens, das wir Gott nennen: Gott ist unverfügbar. Lässt sich nicht festhalten. Ist so wie der Atem. Ist wie Ebbe und Flut. Lässt sich nicht auf ein Bild reduzieren. Ist sowohl als auch. Das große Und, das alles verbindet. Und das brauchen wir heute: Vertrauen oder wenigstens Hoffnung und auf jeden Fall Liebe. Die Liebe hat die größte Kraft von diesen drei Geschenken [1 Kor 13,13]. Vertrauen braucht es in diesem Leben, Vertrauen auf den guten Ausgang. Vertrauen, dass es einer gut mit uns meint. Vertrauen auf andere – im Straßenverkehr, z.B. und erst recht in Zeiten von Corona. Und Vertrauen kann ein gutes Gegengewicht zur Angst sein, zu den Angstmachern, zu denen, die von Diktatur und Weltverschwörung erzählen und dies für eine Meinung halten. Das Vertrauen fällt uns Menschen alles andere als leicht. Es fordert Herz und Verstand heraus. Den Verstand womöglich noch mehr als das Herz. Unser Hirn mag Geschichten mit Anfang und Ende. Vertrauen aber sagt; Das Ende steht noch aus. Das Ende steht noch nicht fest. Wie der Anfang deines Lebens, wie die Liebe, ist auch das Ende unverfügbar. Unbeherrschbar und unvorhersehbar. Wie leicht und erleichternd eine Geschichte zu hören und glauben zu wollen, weil sie doch scheinbar alles erklärt – und insgeheim hoffen macht, sie mache unsterblich. Die Geschichte von der Weltverschwörung, die hinter Corona steckt, eine durchaus verworrene Geschichte, die aber alles erklären kann. Und was erklärt werden kann, ist beherrschbar. Und die Angst ist scheinbar beruhigt. Vielleicht auch geschmeichelt durch das geheime Wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Vertrauen schafft Gemeinschaft, macht Gemeinschaft möglich, Angst, vereint mit Hass, Verachtung und Selbstgewissheit, kann Gemeinschaft zerstören. Die Angst verschließt, das Vertrauen öffnet Herz und Verstand. Die Angst traut dem Vertrauen nicht über den Weg, aber das Vertrauen reicht der Angst die Hand. Reich mir die Hand, ich bau dir ein Schloss aus Sand, vielleicht so, vielleicht auch ganz anders. Das Vertrauen will die Angst verstehen, die Angst schiebt das Vertrauen an die Seite und antwortet: Geh weg, ich weiß doch schon alles.

Das möchte ich an Himmelfahrt lernen: Dieses Vertrauen auf Gott, Ermutigung, Lebenskraft, Netz, das uns auffängt. Gott: Liebe aus Mut gemacht. Es wird anders werden, das wissen die Jünger beim Abschied an Himmelfahrt, das wissen die Freundinnen und Freunde von Jesus. Jesus kommt zurück, versprochen. Irgendwie, irgendwo, irgendwann. Sicher sind sie verunsichert, sicher zweifeln sie, ringen mit Gott, aber das Vertrauen, dass Gott alles zum Guten wenden wird, setzt sich durch. Vertrauen und Liebe, und diese Liebe ist aus Mut gemacht – auf diese Liebe vertrauen, das erfüllt Jesus und die Jüngerinnen und Jünger. Und so lassen die Freundinnen und Freunde sich alle Dinge zum Besten dienen. Selbst nach dem Abschied von Jesus, wie ungewiss, unplanbar und unverfügbar die Zukunft ist. Es wird gut werden und nicht irgendwo, nicht irgendwie und nicht irgendwann, sondern jetzt und hier fängt ihr Weg zum Himmel an. Und so vielleicht auch für uns. Der Himmel ist in dir – suchst du Gott anderswo, du fehlst in für und für. //Möge der Himmel sich über uns wölben, Tag und Nacht. Möge der Himmel über allen auf gehen und auf alle übergehen und uns erfüllen mit Liebe, Mut und Vertrauen. Amen. Ein Moment Stille.