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Jahrgang 53 31. Januar 2006 Nr.l Rosenfeld und die Herren von Zimmern Einfluss des alten Grafengeschlechts auf die Ortschaft auf dem Kleinen Heuberg - Von Manfred Seeger AlsGrafFroben Christoph von Zimmern 1566 seine Fa­ milienchronikgeschrieben hatte':' ging es ihmwohlvor allem darum dem Geschlecht der Herren von Zimmern ein Denkmal zu setzen. Es ging ihm auch darum nach­ zuweisen, welch bedeutendes altes und einst auch be­ gütertes Geschlecht die Zimmern waren und da ss sie nicht zu Unrecht wenige Jahre zuvor vom Kaiser in den Grafens tand erhoben worden waren . Deshalb hat er wohl wissend oder unwissend seinen Gefühlen keinen " :>.- Zwang angetan das Zimmersehe Geschlecht so gut als ~ ":"-. möglich herauszuheben , der Zweck heiligte auch in r ":••,);~" diesem Fall die Mittel. Dies war ihm so wichtig, dass er in seine r Chronik sogar in Betracht zog, dass die Zim­ mern von Herzögen abgestammt hätten und diesenTi­ tel lange Zeit geführt hätten. Auf alle Fälle hätten die Zimmern adelige Truchsessen, Schenken, Marschälle und Kämmerer besessen und er führt au s, dass solche Ämter nur von fürstlichen Geschlechtern verliehen werden durften. Weiter unten wird er dann ein wenig bescheidener und er schreibt, aus solch allem ist abzu­ nehmen, dass der alten Freiherren von Zimmern Stand etwas höh er als Freiherren gewesen ist.2.) Es muss je­ doch gesagt werden, dass Froben Christoph auch scho­ nungslos die Misswirtschaft verschiedener Familien­ mitglieder aufgedeckt hat, die mit ihrem Tun und Las­ sen das Geschlecht häufig an den Rand des Ruins ge­ bracht hatten. In diesem Zusammenhang erzählt er die Geschichte eines seine r Vorfah ren. Friedrich von Zimmern im Zu­ sam me nhang mit Rosenfeld.>' In der Kreisbeschrei­ bung des Kreises steht lakonisch :Auf die Zim­ mersch e Chronik, die als Stadtgründer die Herren von Zimme rn nennt, ist in diesem Fall nicht viel zu geben.v' Dies wird in der Zimmersehen Chronik auch nicht be­ hauptet. Auf Seite 29 räumt der Vorabdruck der Kreis­ beschreibung ein, dass an der Zimmersehen Chronik do ch ein wahrer Kern sein könnte und zwar hinsicht­ lich der Schilderu ng der Burg Untreues Ziel und der Burg Tiefenberg.t-' Beide lagen im Bubenhofer Tal. Es ist bewiesen, da ss die Markung Rosenfeld im allmähli• che n Wachs tum entstand und verschiede ne histori­ sche Bestandteile aufweist. Den Westteil bilden Teile des verschwundenen Berkheim während der Nordteil aus der Markung des abgegangenen Steinbrunnen be­ steht."! Der südöstliche Teil samt dem Bergsporn auf dem die Stadt liegt gehörte dagegen zu Isingen.":' Als Rosenfeld im 14. und 15. Jahrhundert auch noch die Hälfte der Bubenhofer Markung erwarb, hatte die Stadtmarkung etwa ihren heutigen Umfang erreicht. s' Bei 3 von 4 aufgeführten Markungen hatten die Her­ ren von Zimmern namhaften Grundbesitz. 1.) BubenhoferTal. Die Herren von Bubenhofen wa­ ren dort Lehensleute der Herren von Zimmern. Das ganze Bubenhofer Tal gehörte ursprünglich'den Her­ ren von Zimmern, die noch bis in das 17. Jahrhundert hinein den größten Teil der Güter als Lehen ausgaben. Auch die Burg Bubenhofen samt Zubehör erscheint in den ältesten Urkunden als Zimmersehe Lehen der Her­ ren von Bubenhofen. So waren die Herren von Buben­ hofen dort anfangs nicht völlig unabhängig." Auch die HerrenzimmernbeiRottweil amNeckar,dieStammburg derHerren undGrafen von Zim mern.Lithographievon1839 nach einer Burg Tiefenberg. die von 1365 - 1511 urkundlich als Zeichnung von etwa 1830. QUELLE : ARCHIV SEEGER Burgstall erwähntwird, war Zimmers ches Lehen. Nach der Kreisbeschreibung ist diese längst vor 1365 Burg­ stall d. h. Ruine geworden. Somit muss sie als Burg Lehen erhalten haben so ist es müßig darüber zu rät- ferung einflechten, meine Großmutter die sehr in Hei­ schon viel früher gesta nde n hab en . Auch nach derTei­ sein, ob hier schon vor der Nennung de s Namens Bu- matgeschichte bewandert war erzählte mi r als Bub, lung 1421 blieb en beide Teile des Burgstall s imme r benhofen 1254 etwas gestanden ist. Die Siedlungenwa- dass sich früher in der Pelzmühle eine Freistatt befun­ noch Zimmersches Lehen.P" Wenn Bubenhofen, Tie­ ren im wesentlichen die heutige Heiligenmühle mit der den hätte. Wer dort in eine bestimmte Stube flüchten fenbe rg, treu es Ziel und die dazugehörigen Siedlungen abgegangenen Kirche , Fischermühle und Pelzmühle. könnte, dem durfte nichts mehr geschehen. Dies traf die Bubenhofen und Brandhochs erst als Zimmersches Hier möchte ich eine persönliche mündliche Überlie- wohl nur für Württemberger nach de r Teilung zu, Seite 1489 Heimatkundliehe Blätter Januar 2006 denen es gelang nach Bins dorf - Österreich zu kom ­ Kräfte n. Zuletzt versetzte er alles miteinander ohne unlängs wiede r zum König Balduin von Jerusalem bei men. Was damals scho n stand und später noch hinzu ­ Wisse n seiner Brüder nämlich das Gebi et Rosenfeld dem er hernach blieb. Er beendete sein Lebe n im kam hat mit der Lehe nsübe rnahme der Herr en von Bu­ mit den Dörfern samt Zub ehöran Herzog Friedrich von Dienste des Königs und wurde in Syrien begraben. be nhofen seine n bis heute geltenden Namen Buben­ Tec k den Schwi egervater seines Bruders Gottfried. Da­ Wie in die sem Kapitel geh ört hatte Herr Friedrich ho fer Tal erha lten. Mit Sicherheit haben sich die Be­ durch entstand einige Jahre später großer Zwist zwi­ Freiherr von Zimmern seines Bruders Schwiegervater woh ne r des Tals nicht nur von den wenigen Wiesen im schen den Herzögen von Teck und der Freiherrschaft Herzog Friedrich von Teck da s Rosenfelder Gebi et ver­ Talgrund ernährt, sondern es ist anzunehmen, dass das von Zimmern. Durch die Vermittlung eines Abtes von setzt. Den Herzögen von Teck verblieb es auch nicht nicht weit entfern t liegende Gewann Braike und andere St. Gallen blieb da s Gebiet Rosenfeld jedoch den Her­ und man muss jedoch wissen, da ss deseiben Herzo g als Äcker zum Grundbesitz der Zimmern bzw. deren zögen von Teck. Friedrich hatte noch etliche Zehnten Friedrichs Nachkommen solches auch nicht behalten Lehe nsleuten den Herren von Bubenhofen gehörte. auf Rosenfelder Gebiet. Erlaheim und lsingen die ver­ konnten. Sondern die BrüderHerzog Konradt und Her­ Der Flurname Braike deutet auf Herrschaftsbe sitz. pfändete er dem Johanniterhaus in Rottweil. (Die Texte zog Ludwig von Teck haben dies Graf Eberhard von 2. Steinbrunnen. In der Kreisbeschreibung des unterstrichen, wurden vom Verfasser- leicht geändert Württemberg verkauft. Landkreises Balingen ist festgehalten, dass der Ort bzw. richtig gestellt. Der Hinweis auf das Johanniter­ Damit hätte die ganze Geschichte ein Ende, wenn Steinbru nnen obwohl zu die sem Zeitpunkt schon an haus deckt sich mit der Kreisbeschreibung. siehe auch nicht noch ein Nachspiel eingetreten wäre. Dieses die 400 Jahre nicht mehr bestehend ursprünglich mit oben unter Steinbrunnen). Die Burg Tiefenberg (hinter Nachspiel wird gleichfalls in derZimmerseh en Chronik vielen Lehen oder Einzelgütern zu einem abgegange­ dem Haus Bubenhofer Tal Nr. 3) gab er einem Edel­ erzählt und wurde sogar in die Bad-Herrenalber Orts­ nen Ort gehörte. Lehensherren vor der Stadtgründung mann der Branthoch hieß, dergestalt, dass er und seine chronik aufgenommen. Ich möchte es so weitergeben waren neben anderen auch hier vor allem die Herren Kinder, Töchter als auch Knaben diese zu Lehen von wie es in der Ort schronik von Bad-Herrenalb geschil­ von Zimme m.U :' Auch ist bekannt, dass bereits 1303 der Freiherrschaft Zimmern empfangen sollten. Der dert wird. 17.) durch einen Vertrag zwischen den Herzögen von Teck Branthoch Eisenhart war lange Zeit seines Vaters Amt­ Die Stiftungdes Klosters. Herrenalbvom Klosterzum als Stadtherren und den Herrenvon Zimmern eineVer­ mann im Gebiet Rosenfeld gewesen und einer seiner Kurort. . einbaru ng getroffen wurde, wonach Zimmersehe Söhne zog danach mit Herr Friedrich hinweg übers Untertanen nicht mehr in der Stadt Rosenfeld aufge­ Meer. Zuvor hatte Branthochallernächst bei dem Die Stiftung des Klosters no mmen werde n durften.P:' Somitwaren 1303 die Her­ Schlo ss Tiefenberg seinen Sitz8.) Untreues Ziel gehei­ ren von Zimmern immer noch in unserer Gegend an­ ßen gehabt, das ihm von seinen Missgönnern und Aus alten Zeiten ist eine schaur ige Geschichte sässig und die Herzöge von Teck haben auf Zimmer­ Feinde n abgebrannt worden war. (Die Lage der Burg überliefert, die berichtet, welch wundersame Er­ sehe rn Hoheitsgebi et Untertanen für die Stadt Rosen­ Untreues Ziel könnte so vermutet die Kreisbeschrei­ eignisse zur Entstehung von Klöstern führen feld abgeworben . Später tritt als Nachfolger der Herr en bung auf demBergrücken, Tiefenberg gegenüber, vor konnten. Da infolge dieser Geschehnisse auch von Zimmern neben der Rottweiler Bruderschaft das der Mündung des Kronbachs gelegen sein. Der Name das Kloster Herrenalb entstanden sein soll, ist es Augus tine rklos ter von Oberndorf auf, beide konnten Birken deutet auf Burg und somit wäre Untreues Ziel lohnend, diese seltsame n Vorkommnisse aus von den Herren von Zimmern viele Einzel stücke erwer­ etwas weiter talaufwärts im Birkenbühl zu suchen). . längst vergangenen Zeiten der Ritter hier noch ben .P:' Längere Zeit danach ist auch Tiefenberg von den einmal zu erzählen: 3. Isingen. Ein hochadeliger Pfarrer Rudolfvon Zim­ Branthochen in andere Hände gekommen und zuletzt "Wie herrn aJbrechten freiherrn von Zimbern me rn besaß schon um 1275 eine Pfründe an der Isinger abgegangen. ain wunderbarliehe geschieht mit aim gespenst Martinskirche, des Weiteren ist bekannt, dass der zur Die Zimmersehe Chronik fahrt fort , nachdem Herr auf dem Stromberg im Zaubergew widerfaren, Kirche geh örende Maierhof der einem Freiherrn Wer­ Friedrich seine Herrschaft verpfändet und alles losge­ auch wie im grave Erchinger von Monhaim ain ner von Zimmern gehört hatt e um einen sehr hohen worden, nahm er sich vor-wieder von dannen nach Sy­ cJoster auf gedach tem Strom berg z u b awen ver­ Betragim Jahr 1299 an den Johanniterorden in Rottweil rien zu ziehen in der Hoffnung zu Gottes Lob und der gon ethat. a verkauft worden war. 14.) Somit ist eindeutigbelegt, dass Christenheit zu Nutzen gegen die Ungläubigen zu die Herren von Zimmern zur Zeit der Stadtgründung streiten. Es waren noch etliche vom Adel und auch an­ HerrAlbrechtvon Zimmernkam de s öfteren zu 1255 auch in Isingen sehr begütert waren. Somit dürfte dere bei ihm und diese hatten sich auch vorgenommen seinem Herrn, Friedrich von Schwaben , bei dem bewiesen sein, da ss die Herren von Zimmern und die mit ihm zu ziehen. Mit diesen und seinen Dienern zog er aufgewachsen war und mit dem er sich immer Markung Rosenfeld schon vor der Stadtgründung sehr er an dem vorgesehenen Tag davon. Er nahm seinen schon gut verstanden hatte. Als er wieder einmal viel verbunden hat. Weg zunächst durch das Rheintal wobei sich sein Zug für einige Zeit bei Herzog Friedrich weilte, be­ Nun wieder zurück zur Chronik des Grafen Froben vermehrte und nahm dann den nächsten Weg nach schloss dieser, mit seine n adligen Gäste n, die Christoph von Zimmern und was er uns interessantes Mailand. Dort erfuhr er, dass in Genua Kriegsvolk nach sich in großer Anzahl an seinem Hof aufhielten, von Rosenfeld oder dem betreffenden Gebiet und sei­ Jerusalem gesucht wurde und er nahm den nächsten einen Ausflug zu Graf Erchinger nach Monheim nem Vorfahr Friedrich von Zimmern erzählt. Zum bes­ Weg na ch Genua. Er kam wie vorgesehen auf dem im Zabergäu zu veranstalten. Nahe bei dem seren Verständnis ist es jedoch vorteilhaft zuvor kurz Kriegsschauplatz an und beteiligte sich am Kampfge­ Schloss dieses Grafen befand sich ein großer auf die Ahnentafel Friedrichs von Zimmern einzuge­ schehen. Friedrich wurde wieder verwundet, sein An­ Wald , Stromberggenannt, in dem bereits vor län• hen . Urgroßvat er war Kuno von Zimmern der mit sei­ hang jedoch war vollst ändig umgekommen insbeson­ gerer Zeit ein außergewöhnlich großerHirsch ge­ ne r Frau Mechthildvon Tübingen um 1020 lebte. Beide dere auch sein be ster Freund. Dies geschah im Jahr sehen worden war, den zu fangen jedoch damals hatten ein en Sohn Werner von Zimmern der mit So­ 1106. nicht gelang. phi e von Veringen verheiratet war. Diese Großeltern Er hielt sich von nun an bis seineWunden geheilt wa­ Als nun Herzog Friedrich mit seinem Gefolge hatten 4 Söhne Mangwaldt, Gottfried, Albrichs und ren bei einem deutschen Ritter in Cäsarea auf. Eines anwesend war, wurde der Hirs ch von neuem Hartprecht. Der 2. Sohn Gottfried war der Vater Fried­ Tages ging er mit großem Unmut und ganz traurig in gesehen, zur großen Freude von Graf Erchinger richs von Zimmern und war mit Agnes von Hohenberg de r Stadt vor demTorspazieren, dabei dachte er an den und seinen Gästen. Alsbald ritt die ganze Gesell­ verehelicht. Aus dieser Ehe wiederum gingen 10 Söhne großen Verlust seiner guten Freunde und seiner ge­ schaft hinaus in den Wald, um die ses prächtige und 1 Tochter hervor. Die beiden ersten Söhne Jörg treuen Diener die er aus deutschen Landen hierher ge­ Tier zu jagen. Unter ihnen war auch Herr Al­ und Kuno starben in jugendlichem Alter. Die drei bracht hatte. Auch dachte er an all sein Hab das er brecht von Zimmern, der, als er einmal etwas ab­ nächsten Söhne Friedrich von dem die Chronik im Zu­ durch die Ungläubigen verloren hatte. In solchen Ge­ seits ritt , einen großen schönen Hirsch entdeck­ sammenhang mit Rosenfeld berichtet sowie Konradt danken begegnete ihm aus der Fügung Gottes ein te, dem er sogleich nachsetzte. Aber er verirrte und Albrecht nahmen am 1. Kreuzzug 1096 - 1099 teil Priester, den führte er nach freundlicher Begrüßung in sich im Wald und fand nicht mehr heraus. Da be­ in de ssen Verlauf Konradt und Albrecht umgekommen eine nahe stehende Kapelle. Dort klagte er dem Priester gegn ete ihm ein Furcht erregender Mann. Ob ­ ware n. Die 5 letzten Söhne waren: Wilhelm, Gottfried, seine n großen Verlust, sowie er wieder öfters gegen die wohl Herr Albrecht von Natur aus nicht ängstlich Wern he r, Ebe rha rd und Han s. Gottfried heiratete eine Ungläubigen gekämpft hatte wobei all die Seinen er­ war, erschrak er üb er den Anblick dieses Frem ­ Elisabeth von Teck und könnte so mit auch ein Bind e­ schlage n worden waren auch zwei leibliche Brüderhat­ den und bekreuzigte sich, worauf der Mann zu glied zwischen Teck und Zimmern und dem spä teren te er dabei schon früher verloren . Er habe alle seine reden anfing. Er sagte zu Albrecht. dass er sich Rosenfeld sein. Er war der einz ige von 10 Sühnen der Diener und Soldaten verloren die er um Gottes Willen nicht zu fürchten brauchte, denn er sei von Gott das Geschlecht der Herren von Zimmern weit er führte. besoldet hatte. Er habe auch das Übrige all sein Hab angewiesen , ihm etwas zu zeigen. Zu diesem Sein Bruder Friedrich kehrte wieder vom Kreuzzug zu­ und Gut verloren, dass er auch wiederholt aufden Tod Zweck solle er mit ihm reiten, es würde ihm rück zu dessen Finanzierung er und seine beid en gefal­ verwu ndet wurde und mit Notdavongekommen wä re. nichts geschehen. Als Albrecht von Gott reden len en Brüder Konradt und Albrecht bereits das Zim­ Er bekannte dem Priester, wie er mehrmals seines h örte, willigte er ein und folgte dem Unbekann­ mersche Vermö gen ohne Wissen ihres Vaters und ihrer Herrn Vaters, auch seine und seiner Brüder arme Leute ten, bis sie zu einem stattlichen Schlo ss mit vie­ Brüde r ziemlich strapaziert hatten. 15.) Nachdem er wie­ ausgebeutet, gestraft und genötigt habe, damit er da s len Türmen gelangten. • der zu Hau se wa r wurde er erneut vom Fernweh erfasst ganze fina nzierte. Zuletzt habe er au s großer Begierde Hier wu rden sie von schweigende n Knechten und er beschloss wieder nach Jerusalern zurückzukeh­ auc h sein väterliches Erbe versetzt und verschleudert und Dienern empfangen. Albrechts Begleiter er­ ren. Er trifft sich mitseinen BrüdernWilhelm und Gott­ seine n Brüdern und seinem ganzen Geschlecht zum klärte ihm, er solle mit niemandem red en , außer fried auf Burg Herrenzimmern um sich mit ihnen übe r Nac hteil. Der Priester machte ihm deswegen große mit ihm und solle seine n Anweisungen folgen . die Finanzierung seiner 2. Reise nach Jerusalem und Vorwü rfe und zeigte ihm an, dass gewisslich allein die Daraufführte er ihn in einen großen Saal, in dem seinen Erbansprüchen zu unterhalten.I'-' Friedrich er­ Aus be utu ng und da s harte und herzlose Vorgehen ein Herr zusammen mit seinem Hofgesinde an hielt darauf auf Geheiß seines Vaters den sie an schlie­ gegen die armen Leute der Grund seines großen Ver­ einem Tisch saß. Sobald Albrecht eingetreten ßend zu dritt in St. Georgen besu chten da s Gebiet des lusts und Unglücks wäre, denn obwohl er der Meinung war, standen die Anwesenden von ihren Plätzen spä teren Rosen feld samt den Schlössern Harthausen gewesen wäre dieses Gut allein zum Widerstand gegen auf, neigten ihre Häupter zur Begrüßung und und Tiefenbe rg auch die zugehö rigen Dörfer mit Zehn­ die Ungläubigen zu gebrauchen, was im allgemeinen setzten sich wieder. Keiner sprach ein Wort. Und ten und Leu ten . Nachde m Friedrich die Unt ertan en ge­ nicht unrecht wäre, so wäre dies Gott doch äuße rst zu ­ um Herrn Albrecht kümmerten sie sich nicht huldigt hatt en, begann er diese zu schätzen und mit al­ wide r we nn er nicht von Herzen bereu e und bedaure, weiter. Stillschweigend aße n sie von ihr em reic h len Mitte ln Geld aus ihnen einzutreiben, er kannte da­ oh ne allen Zweifel würde n ihm in diesem Leben noch gedeckten Tisch . bei kein Erbarmen. Sein Hofgesinde vom Adel und an ­ mehr Widerwärtigkeiten und Un falle zustoße n und er Nac hde m Albrecht dieser schweigende n Ge­ dere derer er wege n seiner Reise nicht wenig bei sich müsste auch mit ewiger Pein und Strafe büßen wenn er sellschaft eine Zeit lang'verwundert zugesehen hatte und die mit ihm ziehen wollten, blei b sein Vorha­ nicht bereu e. Herr Friedrich verhieß dem Priester sein hatte, sein Schwe rt einsatzbereit in den Händen ben nicht verborgen und sie halfen ihm da bei nach Leben zu bessern, schied wohlgetröstet von ihm, kam haltend , sagte sein Begleiter, er solle vor dem Januar 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1490

Herrn und seinem Gesinde das Haupt verneigen, Geschichte in seinerGrafsc haft passiert war. Graf 4.) Friedrich von Zimmern + Syrien damit sie gehen könnten. Das tat Albrecht, und Erchinger willigte ein und unterstützte Albrecht 4.) Konradt von Zimmern + Kreuzzug wieder standen alle auf und verneigten sich noch, damit ein ganzes Frauenkloster gebaut 4.) Albrecht von Zimmern + Kreuzzug gegen ihn. Darauf führte ihn sein Begleiter aus werden konnte. Dieses Vorha ben wurde auch 4.) Wilhelm von Zimmern dem Schloss heraus und den gleichen Weg wie­ von Herzog Friedrich von Schwaben tatkräftig (bei Herzog Friedrich von Schwaben) der in den Wald zurück. unterstützt. So kon nte das Kloster in Monheim Hier erklärte der Fremde die seltsamen Ge­ nichtwe it vom Schloss entfernt errichtetwerden. 1080 4.) Gottfried von Zimmern verheiratet schehnisse: "Der Herr, den du da gesehen hast, Diese Geschichte ereignete sich im Jahre 1134. mit Elisabeth von Teck ist deines Vaters Bruder gewesen, Herr Friedrich Damals hatte sich auch Graf Berthold von Eber­ 1124 4.) Werner von Zimmern St. Peter von Zimmern, ein christlicher, frommer Herr, der stein in Monheim aufge halten. Er nahm sich die­ tatkräftig gegen die Ungläubigen vorgegangen se Ereignisse so sehr zu Herzen, als wären sie ihm 1124 4.) Eberhard von Zimmern St. Peter ist. Ich und die anderen, die du gesehen hast, sind selbst widerfahren. Deshalb gründete er gleich­ 4.) Hans von Zimmern + Frankreich seine Diener gewesen. Wir leiden nun das aller­ falls ein Nonnenkloster, das Fraue nalb gen annt 4.) Berchtrad a von Zimmern größte, unsäglichste Pein, das ma n mit Worten wurde. Etliche Jahre spä ter, als Kaiser Friedrich nicht beschreibe n kann, und zwar deswegen, 1., genannt Barbarossa, nach Asien zog, war er 1127 5.) AJbrecht von Zimmern verheiratet weil Friedrich die armen Leute um ihren letzten unter seine m Gefolge. Nachdem der Kaiser zum mit Beatrix von Urslingen Pfennig gebracht.hat, zu m Teil gewaltsam , um groß en Beda ue rn der ganzen Christenhe it in Ar­ 5.) Wilhelm von Zim me rn ' diese unrech tmäßi g zusammengebrachten Mit­ meni en gestorb en war, kehrte Graf Berthold wie­ 5.) Waltprecht von Zimmern Mön ch tel gegen die Ungläubigen einzusetzen. Wir alle der in deu tsche Lande zurück. Hier baute er ein 5. ) Sophia von Zimme rn verh eiratet mit Friedrich von Zollern haben ihm dazu geraten und ihm dabei noch ge­ Mönchskloster, Herrenalb genannt. Dieses stat­ holfen, wofür wir jetzt bü ßen müssen , bis Gott tete er, wie zuvor schon Frauenalb, mit vielerlei ein Erbarmen mit uns hat. Dies alles sollst du wis­ Rechten und Gütern au s, im Beiseinvon Pfalzgraf sen, damit du dich vor dieser und an deren Sün­ Hugo von Tübingen, MarkgrafHermann von Ba­ 1.) Zimmersche Chronik den hütest un d dein Leben besserst." den , Graf Conrad von Calw, Graf Ebe rhard von Vorwort Seite 5 - 8 Band 1 Decker Hauff Nachdem ihm der Geist noch den Heimweg Straube nhardt und anderen meh r. Nach dem 2.) Zimmers ehe Chronik beschrieben hatte, sich noch einmal umzubli­ Seite 43 + 44 Band 1 Decker Hauff cken, "um zu sehen, wie sich die Pracht und Tod sei ne r Fra u, Gräfin Uta von Sinshe im, ver­ brachte er den Rest seines Leb en s in Herrenalb. 3.) Zimmersche Chronik Herrlichkeit sehr schnell in Kummer und Elend Seite BO - 85 Band 1 Decker Hauff verwandeln können, verschwand er. Also wandte 4.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 9 sich Herr Albrecht noch einmal um. Was er sah, Stammtafel der Herren von Zimmern 5.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 29 versetzte ihm einen großen Schrecken. Das 6.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 9 prachtvolle Schloss hatte sich in loderndes Feuer 1020 1.) Kuno von Zim mern verheiratet 7.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 9 verwandelt, in Pech und stinkenden Schwefel. mit Mechthild vonTü bingen Dazu ertönte das kläglichste Geschrei, Weinen 8.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 10 1040 2.) Wemer von Zim mern verheiratet 9.) Geschichte der Herren von Bubenhofen Seit e 2 und Gewimmer. Entsetzt machte sich Herr Al­ mit Sophie von Veringen brecht aufden Heimweg. 10.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 29 In kurzer Zeit erreichte er Herzog Friedrich .3 .) Mangwald von Zim me rn verheiratet 11.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 16 und Graf Erchinger. Sie konnten ihn fast nich t mit Alath ilden von Wartenberg 12.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 25 mehr erkennen, so sehr hatte er sich in wenigen 4.) Rudolf und Wornher 13.) Vorabdruck Kreisbeschreibung Seite 28 Stunden verändert: seine Haare und sein Bart 3.) Albrichs von Zimmern 14.) 1200 Jahre Isingen Seite 23 waren ganz weiß geword en . Nachde m er ihne n 3.) Hartprecht von Zimmern 15.) Zimmersche Chronik von seinem Abe nteuer erzählt hatte, ritten sie 3.) Gottfried von Zimmern verh eiratet Seite,76 Band 1 Decker Hauff nun selbstvon Furcht ergriffen, in großer Niede r­ mit Agnes von Hohe nberg 16.) Zimmersehe Chronik geschlage nheit nach Monhe im zurück. Dort bat Seite 80 - 85 Band 1 Decker Hauff Herr Albrecht den Grafen Erchinger aufs dring­ 4.) Iörg von Zimmern + jung gestorben 17.) Bad Herrenalb vom Kloster zum Luftkurort lichste, hier eine Kirche erba ue n zu dürfen, da die .4.) Kuno von Zimmern + jung gestorben Seite 26 + 27 Historische Spurensuche in Isingen Prof. Gill H. Boehringer zu Besuch - Nachfahre des Dorfschultes Emanuel Hähl - Von Klaus May Vor kurzem besuchte Professor Gill H. Boehringer mit seiner Ehefrau Cristina Isingen, um den Wirkungsort seines Urgroßvaters, des ehemaligen Dorfschultes - und Junglehrers Emanuel Hähl, kennen zu lernen. Die Eheleute Rosa und Willi Frommer, die 2005 über Hähl ein Büchlein veröffentlicht haben, waren die erste AnlaufsteIle für Boehringers. Das Wirken und Leben von Emanuel Hähl ist auch nach 150 Jahren ergreifend. Der studierte Lehrer war als Unterlehrer im Jahre 1850 bis 1852 in Isingen tätig. Nach einem Jahr im AUSWärtigenDienst wählten ihn die Isinger im April 1853, damals eine arme Zeit, zum Schultheißen. Hähl zeichnete sich durch seine soziale Ader aus. Er kaufte den Steinefurthof, um darin eine Armenacker­ bauschule für Knaben einzurichten. Er tauschte und kaufte viele Grundstücke, kam in finanzielle Schwie­ rigkeiten, fälsch te sogar zwei Pfandbriefe und floh 1858, um seiner Bestrafung zu entgehen, nach Ameri­ ka. Dort setzte er unterdem Geburtsnamen seinerEhe­ frau , Böhringer, sein soziales Engagement fort. Nach einem kurzem Studium wurde er zum Pfarrer in der Reformkirche zugelassen. Unter den Wirren des Se­ zessionskrieges der Nord- gegen die Südstaaten grün• Die Spuren seines Großvaters Emanuel Hähl führten Professor Gill Boehringer (zweiter von links) mit seiner Ehefrau Cristine dete er ein Waisenhaus für arme und verwahrloste (dritte von links) von Sydney nach Isingen. Emanuel Hählwar Lehrerund Schultheiß in Isingenund späterGründerdesBethany­ Kinder in Philadelphia, das es heute noch gibt. Waisenhausesbei Philadelphia in den USA. Einewicht ige Hilfe bei derAhnenforschungwarenWilli Frommer(rechts) und seine Seine Ehefrau und die vier Kinder übersiedelten Frau Rosa (links). FOTO: KLAUS MAY kurze Zeit nach ihm nach Amerika. Emanuel Hähl verstarb bereits schon mit 42 Jahren und hinterließ aufgabe als Direktor für . Histo ncal Study ofthe Com­ beantworten. Das im letzten Jahr vorgestellte Büch• vier Kinder. Die Vereinigung der ehemaligen Waisen­ mon Law Department ofPublic Law" befreien lassen. lein ist mittlerweile vergriffen und wurde bereits von kinder hat nun Nachforschungen über ihren Gründer Er hat sich am Wochenende wohl gefühlt in Isingen Freunden in das Englische übersetzt. Neue Erkennt­ aufgenommen und ist so auch auflsingen in Baden­ und viele Verwandte besucht. Seine Ehefrau Christi­ nisse erhofft sich der Professor von den geschichtlich Württemberg gestoßen. noch nicht erforschten Jahren seines Urgroßvater Professor Gill Boehringer hat sich vor Jahren von na, eine Philippinin hat zum ersten Mal in ihrem Le­ 1837 bis 1850. Hilfreich könnten dafür die Taufpaten Philadelphia auf einen Lehrstuhl nach Sydney ver­ ben Schnee gesehen. sehen. von Hähls Kinder, Jakob Geiger und Hermann Weig­ setzten lassen. Für die Aufarbeitung seiner Familien­ Willi Frommer hat sich mit dem bekannten Schult­ ne, sein. Man vermutet, dass die beiden Studiumkol­ geschichte hat er sich ein Jahr von seiner Lehrstuhl- heißen intensiv befasst und konnte so viele Fragen legen von Emanuel Hähl gewesen sind. . Seite 1491 Heimatkundliehe Blätter Januar 2001 Die Herrschaft Schalksburg zwischen Zollern und Württemberg 1 Vortrag anlässlich der Buchvorstellung amJ, November 2005 -Von Dr. Andreas Zekorn, Ende Der letzte Beitragvon Dr. Otto H. Becker, Oberarchivrat auch der Name .Zollem-Alb" wurde bereits vor dei an derAbteilung StaatsarchivSigmaringen des Landes­ Kreisreform in Zusammenhang mit einer kreisüber archivs Baden-Württemberg und Vorsitzender des Ho­ greifenden Vereinigung verwendet. henzollerischen Geschichtsvereins, befasst sich mit Insgesamt werden in dem Buch zahlreiche Aspekte den Spätfolgen des Verkaufs von 1403. Er zeigt das der zollerisch-hohenbergisch-württembergischen Ge "Fortwirken einer Tradition im 19. und 20. Jahrhun ­ schichte unserer Region im Mittelalter. der Geschichte dert" aufund macht damit eindrucksvoll deutlich, wie de r Herrschaft Schalksburg unter ihren zollerischer die Wirkungen eines historischen Ereignisses bis in die und württembergischen Inhabern, inklusive der Spät• jüngste Vergangenheit verfolgt werden können. Im 19. folgen des Übergangs. behandelt und zahlreiche neue und 20. Jahrhundert bekam der Verkauf überregionale Erkenntnisse gewonnen werden. Nicht zuletzt möge Bedeutung. Die Hohenzollern hatten den Verlust der die Publikatio n dazu beitragen, dass sich die Bev ölke­ .Schalksburgherrschaft nie verschmerzt, und nach den rung des Zollernalbkreises ihrer gemeinsamen histori­ vergeblichen Bemühungen, den' Verkauf auf dem schen Wurze ln besinnt. die mit dem Namen Zollerr Rechtsweg rückgängig zu machen ode r die Schalks­ und Schalksburg verbunden sind. burg als Pfand wieder an sich zu bringen, gab man auch im 18. Jahrhundert den Gedanken an eine Rückgewin­ LITERATUR nu ng nicht auf. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhun­ derts befasste sich die süddeutsche, hohenzollerische (1) Vortrag anlässlich der Buchvorstellung am 3. No­ Geschichtsforschung mit der Veräußerng, konnte sich vember 2005 im Landratsa mt . Die ge­ aber nur wenig von der Sage um den Verlust der nauen Belege finden sich in dem am Ende im bibliogra­ Schalksburgherrschaft lösen.Auch die preußische His­ phischen Hinweis angegebenen Buch . toriographie kümmerte sich um dieses Ereignis: Im Rahmen des dynastischen Geschichtsschreibung rück• (2) Vgl. dazu auch im Folgenden die Quellenangaben te die Geschichte von den Ursprüngen der Zollern, aus in: Die Herrschaft Schalksburg zwischen Zollern und deren Stamm die preußischen Könige und später das Württemberg, S. 9 f. deutsche Kaiserhaus hervorging. in das Blickfeld und damit auch die Geschichte der Herrschaft Schalksburg. (3) Zur Forschungslagerebd. S. 10 ff. Die Herrschaft wurde von den pre uß ischen Ge­ schichtsschreibern RudolfGrafvon Stillfried -Alcantara und Traugott Maercker als zollerisches Stammesgebiet Das Standardwerk überdie Herrschaft Schalksburg zwischen bezeichnet, ihr Verkauf galt als verhängnisvoller Zollern undWürttemberg. Bibliographische Angaben Schritt. Die Geschichtsschreiber vermittelten den preußischen Königen eine antiwürttember-gische Hal­ tembergische Tradition flossen hier zusammen. Ähn­ Die Herrschaft Schal ksbu rg zwischen Zollern und Württemberg tung. so dass König Wilhelm I. nach Beendigung des lich besannen sich Ende des 19. und Anfang des 20. Herausgegeben von Andreas Zekorn, Peter Thaddäus Lang une Hans Sch impf-Reinhardt im Auftrag des Zollernalb-kreises une DeutschenKrieges 1866 mit dem Gedankenspielte. das Jahrhun derts 'Sänger und Turner aus Balingen, Ebin­ Amt Balingen als Kriegsentschädigung von Württem• derStädte undBal ingen. bibliotheca academica Verlag gen und auf friedliche Weise ihrer ge­ berg zurückzufordern. Bismarck, der Württemberg als Epfen-dorf/Neckar2005. Festeinband, 254Seiten, 45 z.T. farbiqs Bundesgenossen gewin nen wollte, konnte dies jedoc h me insamen Wurzeln und schlossen sich zu Gauen zu­ Abbildungen IS BN 3-928471-56-2.Ladenpreis 29 Euro. verhindern. samme n, welche die Schalksburg im Namen führten . Kurz darauf änderten sich die Verhältnisse grundle­ .1924 wurden beim Zusamme nschluss des Hohenzol­ gend: Württe mberg bejah te die nationale Führungsro l­ lern-Sän gerbundes mit dem Schalksburg-Gau zum le Preußens. So konnte bei den Jubiläumsfeierlichkei­ Hohenzo llern-Schalksburg-Gau die Begriffe .Zollem­ ten im Jahre 1903 in Balingen anlässlich des Verkaufs Schalksburg-Gau"'und Zollernalb, soweit feststellbar, der Herrschaft Schalksburg die Bindung des Amtes Ba­ erstmals als gleichbedeutend gebraucht. Schon vor der lingen sowohl an Württemberg als auch an das Haupt Bildung des Zollernalbkreises im Jahre 1973 aus den des neuen deutschen Reiches, den Kaiser zollerischer Landkreisen Balingen und Hechingen gab es also zahl­ Abstammung, betont werden. Zollerische und würt- reiche Verbindungen zwische n beiden Kreisen, und

Die Autoren dieser Ausga be

Manfred Seeger Pano ramastr. 8 72348 Rosenfeld

Klaus May Tannrain 5 April 72348 Rosenfeld Mai Dr. Andreas Zekorn Juni Kreisarchiv Landratsamt Zollernalbkreis Hirschb ergstr.29 72336 Balingen

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Jahrgang 53 28. Februar 2006 Nr.2 Taufe in der ehemaligen Diözese Konstanz Überlieferte Bräuche und Gepflogenheiten - Von Dr. Klaus Peter Dannecker

Besondere Ereigniss im Leben eines Menschen sind oder auch unterschiedliche Erklä• schon immer durch besondere Maßnahmen hervorge­ rungen zu unterschiedlichen Zei­ hoben worden. Das warfrüher so, und das ist auch heu­ ten. Leider sind Informationen te noch so. Der Beginn des Lebens, die Geburt, wurde hierüber kaum dokumentiert. und wird durch einen Kranz von Festen und Bräuchen Kam die Hebamme zu einer Ge­ begleitet, ebenso das Erwachsenwerden, die Gründung burt, besprengte sie häufig die Wo­ einer Familie, die Übernahme besonderer Aufgaben chenstube und Wöchnerin mit und schließlich derTod. Diese Feiern und Bräuche wa­ Weihwasser." Sie leitete die Krei­ ren früher sehr viel stärker religiös geprägt als sie es ßende an, Stoßgebete wie "Im Na­ heute sind. Die Menschen suchen Halt und Orientie­ men Gottes des Vaters [. ..I" zu rung, gerade in den Zeiten des Lebens, in denen ein sprechen.15 Umbruch, eine Neuorientierung und ein Neubeginn Das Neugeborene wurde von der od er ein Abschluss stattfindet. Ein Blick in die Ge­ Hebamme mit "Gott sei Lob und schichte der Bräuche vor der Geburt bzw. Taufe möch• Dank! " oder "Glück zur Jugend"! te uns in einem ersten Schritt damit bekannte machen, begrüßt.16 wie unsere Vorfahren mit dieserSitu ation umgegangen Beim ersten Bad des Kindes, das sind und uns Anregung geb en , wie wir selber damit von der Hebamme vorg enommen umgeh en können, wo wir Orientierung und Halt fin­ wurde, fügte man dem Badewasser de n. gelegentlich Weihwasser, drei Tropfen Wachs einer geweihten Rituelle Gepflogenheiten und Kerze oder Johanneswein zu oder Gebräuche vor und bei der Geburt legt e eine n Rosenkranz oder Geld Überlieferte Gepflogenheiten und Gebräuche vor hinein. Aus Sipplingen wird berich ­ und bei der Geburt lagen im Bereich des frommen .tet, dass nach der Geburt no ch in Brauchtums jenseits der offiziellen Liturgie. Als Quel ­ Anwesenheit der Hebamme fünf len kommen volkskundliche Überlieferungen aus ein­ Vaterunser und da s Credo zur zelnen Beobachtungen und systematischen Erhebun­ Danksagung gebetet wurden.!? gen in Frage. Die Hebamme wurde für die ra­ sche Taufe des Neugeborenen auch In Erwartung der Geburt vom Volk als verantwortlich be­ Das einfluss reiche Pontifikale von Durandus (t 1296) Ein in seiner Schlichteheitbesonders beeidruckendesTaufbecken befindet trachtet. Dazu fielen ihr eher orga­ bezeugt eine n damals allgemein verbreiteten Brauch, sich in der Kirche von Hausen a.T. FOTO : DANIEL SEEBURGER nisatorische Aufgaben zu . An man ­ wenn es der werdenden Mutter empfiehlt, vor der Ge­ chen Orten, z. B. in Mergentheim burt zur Beichte und zur Kommunion zu gehen. Der halb die Segensformeln aufZettel, die den gebärenden war es Aufgabe der Hebamme, die Paten anzufragen." häufige Messbesuch war in de r Zeit der Schwanger­ Frauen auf den Leib gelegt wurden," Zum Taufgang stattete bisweilen die Heb amme das schaft ebenfalls üblich. Es gab eigen e Messformulare in Die Geburt Kind aus.'? Sie besprengte das Kind vor dem Verlassen den Anliegen einer schwangeren Frau I . Die Beicht und de s Hauses beimTaufg ang mit Weihwasser und sprach Kommunion de r schwangeren Frau vor der Geburt Höhn berichtet, dass der Volksglaube der Mutter in ein Segenswort wie "In Gottes Namen"!od er "Also wol­ wurde im 16. Jahrhundert in Biberach a. d. R. gepflegt.f Württembe rg nahelegte, während der Geburt ihres len wir gehen in Gottes Namen! Einen Heiden trage n Diese Gepfloge nheit wird Ende des 19. Jahrhunderts in Kindes zu beten," Der Vater reichte da s Neugeborene wir fort , einen Christen bringen wir heim ". Meistens der volkskundlichen Erhebung für Württe mberg noch der Mutter, die es ein- oder drei Mal küsste und dabei bezeugt ." Im Biberach des 16. Jahrhundert s hielten die "Werde ein guter Christ"! sprach.Vater und Mutterseg­ trug die Hebamme das Kind zur Kirche. Wegen mögli­ schwangeren Frauen Andachten vor dem Altarbild neten das Kind mit den Worten: "Im Namen Gottes des cher böser Blicke war das Kind fest eingebunden in ein "unser Frawen in der Kindbeth".' Zur Geburt selb er Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Der Herr Tauftuch.s? wurde n im gesamten Berichtszeitraum geweihte Ker­ behüte dich und führe dich alle Tage" . Dazu wurde das zen, Weihwasser und nach Möglichkeit Reliquien be­ Kind mit Weihwasser besprengt." Die volkskundliche Der "Taufgang" reitgehalten; bisweilen wurde die Wiege gesegnet," Forschung hat einige Gebräuche und Sitten zutage ge­ Mancherorts war es übli ch , mit eine m Glockenzeichen Unter . Taufgang" versteht man den Zug der Taufge­ fördert, die in direktem Zusammenhang mit der Heb­ meinde vom Eltern haus de s Täuflings, wo sie diesen zum Gebe t für Frauen in Geburtsnö ten aufzurufe n. Aus amme und ihrenAufgaben bei derGeburt undTaufe ei­ abholt, zur Kirch e, in der die Tauffeier stattfinde n soll. Seefelde n be i Rottweil a. N. wird berich tet, dass 1524 nes Kindes stehen. Das Kind wurde für die Tauffeier meist mit eine m die Gemeinde in den naheliegenden Wallfahrtsort Die Herkunft der Neugeborenen wurde Kindern im Hemdehen und Häubchen bekleidet und in ein Trag­ Heiligenbronn eilte, als bei de r Frau des Dorfherrn Io­ süddeutschen Raum auf folgende Weise erklärt: Die hannes WernherFreiherrvon Zimmern die Wehen ein­ Hebamme hole die Kinder aus einem Gewässer und oder Tautkissen eingebunden, da s mit einem weißen se tzten. Dort betete man für eine glückli che Geburt." bringe sie in die Familie. Das Gewässer konnte je nach oder roten Flor bedeckt war. Darüber breitete man das Die Segnung der Mutter vor der Geburt den lokal en Gegebenheiten ein Brunnen ("KindIes­ Tauftuch." Das Tauftuch war im Biberach de s 16. Jah rhundert s Die Segnung der Mutter vor der Gebur t (Benedictio brunnen"), ein Bach oder ein See sein; auch eine Höhle ein weißes (?) Leinentuch. Es konnte andernorts abe r mulieris parturientis) war wie der Muttersegen nach mit einem Wasservorkommen war möglich. An vielen auch sehr bunt sein und konnte mit einem eingestick­ der Geburt (Benedictio mulieris post partum) und die Orten ist das betreffende Gewässer direkt beim Wohn­ ten oder aufgenähten Kreuz verziert sein ." In Bad en Einführu ng in die Kirche (Benedictio ad introducen­ haus der Hebamme zu finden. 1I In steht dam mulierem in ecc1esiam) eine Weise der Kirche, die da s Haus in dem die Hebamme wohnte in der sog. Vor­ war es im 18. Jahrhundert meist von rötlicher Farbe Nöte, Sorgen und Freuden der Mutter mitzutragen und stadt über einem heute kanalisierten Bach lauf. Aus die oder rosa gefüttert. Ein uneheliches Kind wurde nur im Gebet zu begleiten. Lateinische Segensformeln für sem "zog" die Hebamme die Kinder und brachte sie in mit einem einfachen farbigen Tuch statt mit dem wei­ geb ärende Frauen finden sich in vielen Handschriften die Familien.'! Dies war keineswegs die einzige Erklä• ßen Tauftuch zur Kirche getragen." Mancherorts wur­ ab dem 10. Iahrhundert,? Die Verwendung dieser For ­ rung. In Schömberg, Ratshausen und Weilen u. d. R. de das Tauftuch für Arme von der Hebamme leihweise meln am Wochenbett nahm jedoch ab dem 13./I4. sagte man den Kindern auch, dass die Kinder hinterder zurVerfügung gestellt, in Rottenburg kaufte es die Dote Jahrhundert ab, da man es zunehmend als unschick­ .Bloagta ge Erbsa beiga" waren, also hinter dem Plet­ (Patin), in Tuttlingen oder Sulz stellten es Gastwirte zur lich empfand, wenn ein Kleriker, also ein Mann, bei der tenberg Erbsen aufgestapelt ha ben.P Es ist durchaus Verfügung." Geburt anwesend war. Die Geistlichen schrieben des- denkbar, dass es lokal noch andere Erklärungen gab , In das Tragekissen mit dem Neugeborenen wurden Seite 1493 Heimatkundliehe Blätter Februar 2006 vers chiede ne Gegenstä nde eingebunden. Der Bibera- Jahrhunderts der Tauftermin näher an die Geburt ge­ hin, der Pate zurück. Die Prozessionsordnung war ver ­ eher Bericht des 16. Jah rhunderts nennt eine gese gnete schobe n hatte." nahm die Zahl der am Tau fgang und schi ed en . Entwe der ging die Hebamme voraus, gefolgt Kerze.i" In Wür ttemberg band man regional unter- der Taufe Beteiligte n immer mehr ab. Im 18. Jahrhun­ vom Vater und den Paten, oder der Vater und Pate gin­ schiedliche Gegenstände in das Tragekissen ein: Die dert dürft e de r Tiefpunkt erreicht worden sein, als bis­ gen voraus, die Hebamme folgte mit der Pat in. Manch­ volkskundliche Erhe bung im 19. Jah rhundert nennt weile n nur noch die Heb amme und die Paten das Kind mal ging die Hebamme in der Mitte, ihr voraus die das Gesang - und Gebetbuch , ebenso Salzbrot, ein Blatt zur Kirche brachten. " Für das 19. Jahrhundert kann Männer, die Patinnen hinter ihr.36 Leider differenziert aus einem Gebe tbuch, drei Brotstückehen eingewi- wied er ein Ansteigen derTeilnehmenden bei der Tauf­ Höhn zu wenig; ob es unterschiedliche Bräuche in ka­ ekelt in gewöhnliche m Papier od er in ein Stück aus ei- feier festgestellt werden." tholischen und protestantischen Gegenden gegeben ne m Gebe tbuch, drei Sprenzerlein Salz, Heiligenbild-Zum Taufgang in Biberach zu Beginn des 16. Jahr­ hat, ist nicht ersichtlich. Der Taufgang füh rte zum Ein­ chen, Zettel mit dr ei Kreuzen oder den drei göttlichen hundert s kamen die Paten zum Haus der Eltern und gang der Kirch e, an größeren Kirchen , wie in Biberach Namen, Stahlfedern und Federhalter. Die Gegenstände holten das Neugeborene ab, das von der Hebamme ge­ a. d. R., zur "Tauft üre", eine m für diesen Zweck be­ sollten den Täufling vor Hexen und bösen Geistern tragen wurde. Ein Mädchen, das die Hauskerze'" trug, stimmten Portal. Hier fand der erste Teil der Tauffeier schützen, das Lernen später erleichtern oder andere ging dem ganzen Zug voraus. Es folgte die Hebamme statt. Die Abnahme des Tauftuches signalisierte den Eigenschaften des Kindes fördern bzw. verhindern.i" mit dem Kind, danach schlossen sich die Frauen und Beginn der Peier." Deutlich sind die magischen und abergläubisch en ' Männer an. 34 Hintergedanken zu erkennen. Vereinzelt sind akusti- Ehe der Taufzug im Württemberg Ende des 19. Jahr­ sehe Signale zur Begleitung des Taufzuges überliefert. hunderts da s Haus verließ, wurde vielfach einVaterun­ Als es in Freiburg i. Br. noch Türm er gab, bliesendiese ser geb etet oder die heiligste Dreifaltigkeit angerufen. auf dem Münstertur m, wenn ein Kind zur Taufe getra- Im Oberamt Heidenheim sagte die Mutter zu den Pa­ gen wurde." Ebe nso ein Zeichen der Freude und Fest- ten : "Bringt einen rechten Christen heim." Daraufhin lichkeit wa r das Läuten der Taufglocke zum Taufzug, gab die Hebamme, die das Kind trug, mit den Worten das au s' dem Württemberg des 19. Jahrhunderts be- "In Gottes Namen" das Signal zum Aufbruch, man­ zeugt ist. Während des Zuges zur Kirche wurde man- cherorts segnete sie das Kind noch beim Verlassen der cherorts geschossen oder mit Flegeln oder auf Scheu- Stube." . nentoren geworfenen Steinen Lärm produziert, nicht Nach den Ausführungen Höhns trug meistens die um der Festlichkeit willen, sondern um böse Geister zu Hebamme das Kind bis zur Kirche, sonst auch die Pa­ vertreiben." tin . Manchmal trug die Hebamme das Kind auf dem Am Taufgang in Biberach nahmen zu Beginn des 16. Weg zur Kirche , die Patin auf dem Heimweg, oder die Jahrhunderts die Hebamme, die Paten und viele Frau- ältere Patin trug das Kind hin, die jüngere zurück oder en und Männer teil.29 Nachdem sich im Laufe des 16. umgekehrt. Nur an einem Ort trug es die Hebamme

13;H öhn, Sitte und Brauch, 71f; HWDA 3, 1596f. te Beschreibung des Taufzuges. die Ende des 19. Diese Erklärungwarim ganzen süddeutschenRaum Jahrhunderts aufgenommen wu rde. Bedingte Rück• verbreitet. Die im Norden Deutschlands übliche Er­ schlüsse auf die frühere Gestalt sind möglich. 1 Vgl. G. Durantis. Guillelmi Duranti Rationale divino­ klärung, dass der Storch die Kinder bringe, hat sich 26 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 82. Dort auch:"Öfter rum officiorum. Hg. A. Davril. Corpus Christianorum in den letzten Jahrzehnten auch in Süddeutschland wird dem Kind oder dem Erstgeborenen (OA Leon­ Continuatio mediaevalis 140/140a/140b. Turnholt verbreitet. Höhn gibt in seinerArbeit viele Beispiele be rg) vor der Taufe ein lebendes Würmchen in die 1995,VII, VII, 7; M. Andrieu.Lepoiitifical romain au für ein zelne Orte, an denen die Hebamme die Kin­ Hand gebunden. Ist es beim Heimkommen von der moyen- äge, 3. Le PontiflcaldeGuillaume Durand. der aus dem Wasser gezogenhat. Kirche abgestorben, so bekommt das Kind sp äte r Cittä Studi e testilBiblioteca Apostolica Vaticana 88. 12 Diese Auskunftverdanke ich einem Gespräch mit die Kraft zur Sympathieheilung (OA Reutlingen, dei Vaticano 1940, III, 678-680 : Appendix III. .De be­ Georg Hummel (geb.1916) aus Ratshausen im Som­ Urach)". nedictione fetu s in uteromatris"; A. Franz. Die mer 2000. 27 Vgl. F. Hefele . "Von alten Sitten und Bräu chen ": Kirchlichen Benediktionen im Mittelalter. 2 Bde. Frei­ 13 Diese Erklärung teilte mirder Ratshausener Brauch­ Oberrheinische Heimat 28 (1941) 311-368. Hier, 318. burg/Br. 1909. Zitiert als: Pranz, Benediktionen, 2, tumsforscher Gerold K. Riede in einem Schreiben 2B Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 82f. 186,208, bes. 193; zurallgemeinen Situationvgl. Berg­ vom 26. 1. 2006 mit. Interessant scheint auch die Er­ 29 Vgl. Schilling, Zustände Biberach, 162. dolt, Klaus. "Schwangerschaft und Geburt": LMA 7, klärung für die Herkunft der Kälbchen zu sein, die 30 Zum Tauftermin vgl. Dannecker, Klaus Peter. Taufe, 1612-1616, bes. 1612. aus demxBloderloch", also der Güllengrube, die es Firmung und Erstkommunion in der ehemaligen 2 Vgl. Schilling, A[ndreas], Hg."Die religiösen und früher bei jedem Haus gab, gezogen wurden. Diözese Konstanz. Eine liturgiegeschichtliche kirchlichen Zustände der ehemaligen Reichsstadt 14 Vgl. E. H. Meyer. Badisches Volksleben im neun­ Untersuchung der Initiationssakramente. (Liturgie­ Biberach unmittelbar vor Einführung der Reforma­ zehnten Jahrhundert. Straßburg 1900. Zitiert als: wissenschaftliche Quellen und Forschungen 92). tion. Geschildertvon einem Zeitgenossen". Freibur­ Meyer, Badisches Volksleben, 24. Zu den Sagen und Münster 2005,96-101. ger Diözesanarchiv 19 (1887) 1-191. Zitiert als: Schil­ Mythen im Zusammenhang mit der Geburt vgl. 3 1 Vgl. A. Heinz. "Eine neue Chance für das Tauf­ ling, Zustände Biberach, 161. Meyer, Badisches Volksleben, 9-20 und Höhn, Sitte brauchtum. Brauchtumsfreundliche Impulse in der 3 . Vgl. H. Höhn. "Sitte und Brauch bei Geburt, Taufe und Brauch, 7lf. nachkonziliaren Feier de r Kindertaufe": M. Klöcke­ und in der Kindheit": K sIiohnenberger, A. Ebe­ 15 Vgl. HWDA 3, 1592. nerund Iv. Glede, (Hg.) Die Feie r der Sakramente in rherdt, H. Höhn, und R. Kapff, (Bearb.) Volkstümli• 16 Höhn , Sitte und Brauch, 73; HWDA 3, 1593f. der Gemeinde. Festschrift für Heinrich Rennings. che Überlieferung in Württemberg. Glaube - Brauch 17 Vgl. H öhn, Sitte und Brauch, 73; Meyer, Badisches Kevelaer 1986, 169-177. Hier, 17lf. - Heilkunde. Photomech.Neudruck3. Aufl. Stuttgart Volksleben, 15; Siegel, Lichter, 16; HWDA 3, 1592. 32 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 82f. 1980,69-92. Zitiert als: Höhn, Sitte und Brauch, 71. IB SO z. B. in Mergentheim, vgl. H öhn, Sitte und 33 Es handelt sich nicht um die Taufkerze, die im Be­ 4 Vgl. Schilling, Zustände Biberach, 35. Brauch, 80. Zu weiteren Aufgaben und Vorrangstel­ reich der Diözese Konstanz erst im Rituale von 1766 5 Vgl. Schilling, Zustände Biberach. 161; Pranz, Bene­ lungen der Hebamme bei den Feierlichkeiten um erwähnt wird und in Gebrauch kommt. Vgl. S. 258. diktionen, H, 194-196; Höhn,Sitte und Brauch, 71; A. Geburt und Taufe vgl. H öhn, Sitte und Brauch, 71­ 34 "So mann das Khinkdt hatAhnhinTragen,so hat ein Siegel. Lichter am Lebensweg. Aus unserer Volks­ 87. Klains Töchterlin Ain geweychte Hauss Kerz vorher frömmigkeit. Karlsruhe 1953. Zitiert als: Siegel, Lich­ 19 Näheres zur Ausstattung des Kindes zur Taufe S. Tragen, und die hebamm dann das Khündt darnach ter' llf. 124. im Khüsse. Und denn so sendtettlichFrawen darmit 6 Vgl. G. F. C. v.Zimmern. Die Chronik eier Grafen von 20 Höhn, Sitte und Brauch, 82; HWDA 3, 1600. Große Gangen; ettwann so sendt die Mann auch in Kirchen Zimmern. Handschriften 580 und 581 der Fürstlich Furcht bestand vor bösen Blicken von Hexen, gegen Gangen unnd da gesein, bis das Kindt Taufft ist wor­ Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen. die allerlei Vorsorge getroffen und abergläubische den." Schilling, Zustände Biberach, 162. Vgl. auch Hg. von Hansmartin Decker-Hauff unter Mitarbeit Handlungen vorgenommen wurden. Ausführlich Siegel, Lichter, 27. Ein Zeugnis vom Schwarzwald von Rudolf Seigel. 7Bde. [davon 3 erschienen]. Sig­ dazu H öhn, Sitte und Brauch, 75-77.82. . aus dem 18. Jahrhundert belegt den Brauch, vgl. maringen 1964ff, H, 161; Pranz, Benediktionen, 2, 21 Vgl. Meyer, Badisches Volksleben, 24. Meyer, Badisches Volksleben, 24. 204; Siegel, Lichter, 16. 22 "Wann ein Fraw Ains Khindts genesen ist, so hat 35 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 82f. Vgl. Höhn, Sitte 7 Einen Überblick zur geschichtlichen Entwicklung mann es in ein Kissen eingebunden unnd ainn ge­ und Brauch, 82f. bieten B. Kleinheyer. "Riten umEhe und Familie": B. weichtts lüecht dazue, und hat denn ain Leinin thu­ 36 Dortist auch die lokale ZuordnungderZeugnisse er­ Kleinheyer, E. Von Seveius, undR. Kaczynski.Sakra­ och mit eim Creüz darüber deckht." Schilling, Zu­ sichtlich. mentliche Feiern H. Regensburg 1984, 67-156 . Hier stände Biberach, 162. Vgl. Siegel, Lichter, 29. Ob das 37 "So man für die Thauff Thür ist Khommen, so hat 151 und A. ]ilek. .Segensfeier vor der Geburt": A. hier besprochene Tauftuch mit dem von E. Wy­ mann das Khindt nit hinein Tragen, mann hat es Heinz undH. Rennings, (Hg.) Heute Segnen. Werk­ mann. "Liturgische Taufsitten in der Diözese Kon­ herusen gelassen, bis der Helffer ist Khornmen." buch zumBenediktionale. Freiburg i. Br. [u. a.]1987, stanz": Geschichtsfreund 60 (1905) 1-151. Zitiert als: Schilling, Zustände Biberach. 162. Hochdeutsch : 265-271. Hier 266-268 . Wymann, Taufsitten (vgl. S. 277) nach der Taufe be­ "Wenn man an der Tauftüre angekommen ist, wur­ B Vgl. Franz, Benediktionen, 2, 198. schriebenen Tuch identisch ist, muss offen bleiben, de das Kind nicht in die Kirche hineingebracht, son­ 9 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 73; HWDA 6,697. ist aber wahrscheinlich. dern man hat gewartet, bis der Vikar bzw. Kaplan 10 Höhn, Sitte und Brauch, 73; HWDA 3, 1593f. 23 Vgl. Meyer, Badisches Volksleben, 25; Höhn, Sitte herausgekommen ist". Zur Abnahme des Tauftu­ 11 Vgl. E. H. Meyer. Badisches Volksleben im neun­ und Brauch, 82. ches vgl. Siegel, Lichter, 29. Ganz ähnlich wie in Bi­ zehnten Jahrhundert. Forschungen und Berichte 24 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 82. berach wird der Taufgang in Köln beschrieben, vgl. zur Volkskunde in Baden-Württemberg 8. Reprint 25 Vgl. Schilling, Zustände Biberach, 163. (Text bei A. Gestrich, J-u. Krause, und M Mitterauer. Ge­ derAusg. Straßburg 1900.Aufl. Stuttgart 1984. Zitiert Anm . 530 zitiert). Der württembergischen volks­ schichte der Famile. (Europäische Kulturgeschichte als: Meyer, Badisches Volksleben (Nachdruck 1984), kundlichen Erhebung verdanken wir eine detaillier- 1). Stuttgart 2003, 560f. Februar 2006 Heimatkund liehe Blätter Seite 1494 Hünengräber und Knöpflemesser Die Alamannen im Zollernalbkreis 1 - Von Dr. Christoph Morrissey und Dr. Andreas Zekorn Als man um 1880 bei Fisch ingen ein immerhin etwa lungs-, Einzel- und Depotfunde. Aufgearbeitet sind ßung der naturräumlich und insbesondere auch ver­ 1300 Jahre altes alamannisches Grab mit einem Sax beispielsweise die bedeutenden Bestattungsplätze bei kehrsgeographisch günstigen Talräume. (Kurzschwert) fand, wurde jenes kurzerhand geschlif- Balingen, , , Ebingen oder Truch­ Erst im frühen 6. Jahrhundert beginnt die flächige "fen und diente - mit einem Griff versehen - alsdann in telfingen, ein Depotfund bei Lautlingen mit Hinterlas­ Besiedlungdes Albvorlandes. Die naturräumlich güns• der Küche des Wehrsteiner Hofes als Knöpflemesser. senschaften eines Schmiedes, völkerwanderungszeitli­ tigeren Bereiche sind schon in der ersten Hälfte des 6. Wie man sieht, hat also die Arbeit der Altvorderen of­ che Funde bei und auf dem Lochens­ Jahrhunderts auf Dauer erschlossen, nachgewiesen fenbar nicht nur für wissensdurstige Wissenschaftler tein sowie eine frühkaralingische Lanzenspitze bei durch ausgedehnte Reihengräberfelder etwa im Um­ sondern bisweilen auch für die Bevölkerung vor Ort ei­ . Weitere Themen der Arbeit sind Bestattungssir­ kreis der Stadt Balingen sowie bei Bisingen, Geislingen nen ganz praktischen Nutzen gehabt. ten, Grabbauten, Tracht, Schmuck und Bewaffnung und -Owingen. Es bestätigt sich, dass die Weniger an Hobby-Köche als an historisch und hei­ der Bevölkerung ebenso wie Gräberfelder und Hof­ Siedlungen, die einen Ortsnamen mit derEndung -ing­ matkundlich Interessierte richtet sich jedoch die nun grablegen, aber auch aussagefähige Flurnamen und en besitzen, in der Regel die ältesten sind. Mit etlichen vorliegende, freilich ungedruckte Arbeit von Georg anderes mehr. - Ausnahmen - siehe oben -liegen sie an verkehrsgüns• Schmitt mit dem Titel ;,Die Alamannen im Zollernalb­ tigen und naturräumlich bevorzugten Plätzen. kreis" . Sie wurde 1988 als Dissertation an der Universi­ Bereits neue Ergebnisse ' tät Mainz abgeschlossen, 2004 inhaltlich überarbeitet Besiedlung im 7. Jahrhundert und aktualisiert und 2005 dort an der zuständigen Fa­ Fast 20 Jahre sind seit dem Abschluss der Disserta - kultät eingereicht. Die Veröffentlichung der Doktorar­ tion vergangen und die archäologische Forschu ng hat Ältere Ausbausiedlungen des 7. Jahrhunderts sind beit ist vorgesehen in der Reihe "Materialhefte zur zwischenzeitlich ne ue Ergebnisse erbracht. Jahr um dann oft un ter den -heim, -dorf, -hausen und -stett­ Archäologie in Baden-Württemberg", die vom Landes­ Jahr werden durch Ausgra bungen und Neufun de neue en-Orten zu finden. Zum ersten Mal wird durch die amt für Denkmalpflege (ehemals Landesdenkmalamt) Quellen ersc hlossen, manches ersch eint nun in ande- Dissertation jetzt deutlich erkennbar, dass die alarnan­ herausgegeben wird. Wann eine Drucklegung stattfin­ rem Licht. Dies konnte und sollte in de r Arbeit nicht nische Besiedlung de r Albhochfläche erst im 7. Jahr­ det, ist aufgrund knapper Haushaltsmittel derzeit nicht nachgearbeitet werden, man beschränkte sich aufAk- hu ndert erfolgte, wobei angesichts der bislang gefun­ absehbar. Um diese für den Zollernalbkreis wichtige tual isierungen und das Nachtragen ne u erschienener denen , lediglich kleineren Gräberfelder bei Bitz, Win­ Arbeit für Recherchen und Nachfragen jetzt schon zu­ Literatur. Der nicht zuletzt desh alb gegenüber der ur-, .terlingen, Benzingen. Meßstetten und Hossingen von gänglich zu machen, liegt sie - ohne redaktionelle sprünglichen Fass ung stark gekürzte und knapp gehal- eineranfangs eher lockeren Erschließungdes Raums in Überarbeitung und einige notwendige Korrekturen ­ tene auswertende Text wird allerdings durch einen um- Form kleinerer Hofgru pp en auszugehen ist. als Ausdruck im Kreisarchiv des Zollernalbkreises so­ fangreiche n Katalog aller FundsteIlen ergänzt. Um die Es bleibt die Hoffnung, dass diese informative und wie als Datei im allgemein lesbaren PDF-Format vor. Arbeit, und dabei ins besondere den Katalog mit den wichtige Arbeit in absehbarerZeit gedruckt wird.Wenn Fundorten, auch für den archäologischen Nichtfach- es dazu hin noch gelänge, interessante und teils um­ Lücke klafft mann wie -etwa den Historiker, den Landes kundier, fangreiche Neu fund e der letzten Jah re ins besondere den Archivar und Museologen, zu eine m nüt zlichen aus dem Ebinger Raum und auf dem Kleinen Heuberg 1931 erschien die ArbeitvonWaltherVeeck über "Die Hilfsmittel zu gestalten, folgt im Katalog auf jede Fund- zumin-dest informell mit einarbeiten zu können, wäre Alamannen in Württemberg", 1970 der Beitrag von ste lle eine knappe Auswertung. Dab ei wird das Gräber- dies sicher ein besonders gelungener Absc hluss jahr­ Friedrich Garscha über "Die Alamannen in Südbaden". feld - darum handelt es sich in der Regel- hinsichtlich zehntelang er Bemühungen der staatlichen Denkmal­ Zwischenden ehemals württembergischen und südba­ der Gründungs- und Belegungszeit, des Um fange s und pflege, beteiligter Wissensc haftler und engagierter dischen Landesteilen klafft bis he ute hinsichtlich der der Sozialstruktur behandelt. Fernerwird unter Heran- Laien um dieses The ma. Publikation frühmittelalterlicher (alamannischer) ziehungder historisch-geografischen Quellen aufLage,Eingeflossen sind die Ergebnisse im Übrigen bereits Funden eine größere Lücke: Auf der arch äologischen Name, Alter, Größe und Struktur sowie auf den späte - zum Teil in den im Jahre 2003 erschien enen Führer zu Karte war das hohenzollerische Gebie t ein weitgehend ren Werdegang der zu gehörigen Siedlung ein gegan- den archäologischen Denkmälern im Zollernalbkreis weißer Fleck. Die erste Zusammenstellung der Fund­ gen. Den Abschluss bildet ein Rekonstruktio nsversuch (Zollernalb-Profile Rei-he B, Bd. 2, herausgegeb en vom stellen in Hohenzollern von Karl Theodor Zingeler aus der mittelalterlichen Geschichte des jeweiligen Ortes Zollernalbkreis). den Jahren 1893/94 bzw. 1896 ist heute begreiflicher­ und der Besiedlungsgeschichteseiner Gemarkung. So weise nicht mehr aktuell ebenso wie die Darstell ung ste llt denn der ansonsten nur für Nachschlagezwecke Infos ­ 2 von Eduard Peters und Oscar Paret von 1948 • Das Lan­ gedachte Katalog den Kern und di e eigentliche Auswer- desdenkmalamt beabsichtigte schon 1960/61 diese Lü­ tung der vorliegenden Arbeit dar. Näh ere Informationen unter folgender E-Mail- cke zu schließen, konnte das Vorhabe n seinerzeit aber Mit dieser un gedruckten, ab er nun wenigsten s be- Adres se: kreisarchiv@zollernalbkreis .de . aus verschiedenen Gründen nicht vollen den. grenzt zugänglichen Arbeit erhält der Zollernalbkreis 1983 wurde die Bearbeitung der FundsteIlen im Alt­ einen wich tigen Beitrag zur regionalen Geschichtsfor­ kreis Hechingen schließlich Georg Schmitt im Rahmen schung. Mit der Darstellung der bislang vielfach noch BIBLIOGRAPHIE einer Dissertation übertragen. Die Durchsicht des unpub lizierten od er nur in knappen Fundme ldungen Georg Schmitt, Die Alamannen im Zollernalbkreis, Pir­ Fundmaterials und der FundsteIlen sowie ein Blick auf erwähnten Funde und Befunde sowie den siedlungs ge­ na 2005, 217 und 113 S. (Dissertation, maschinen­ die naturräumliche Gliederung des Altkreises Hechin­ schichtliche n Übe rlegungen des Autors wird der inter­ schriftlich und auf CD-ROM). gen lie-ßen eine Ausweitung des Untersuchungsgebie­ essierten Bevölkerung eine fundie rte Grundlage gebo­ tes auf den Altkreis Balingen gera ten erscheine n, wo­ ten , um dem Alter und der Entstehungsgeschichte des mit sich das Bearbeitungsgebiet weitgehend mit dem jeweiligen Ortes, der Geme inde od er Stadt nachgeh en QUELLENVERWEISE heutigen Zollernalbkreis deckt. Lediglich der südöstli­ zu können. Deutlich werden dab ei Vielfalt und Reich- . che Teil des Landkreises mit den Orten Benzingen, turn derarchäologischen Zeugnisse au s alamannischer (1) Die Schreiweise "Alamannen" folgtin diesem Beitragder in Harthausen, Kaiseringen, Straßberg und Zeit, in welcher die Ursprünge vieler Orte und Gemein- dervorgestellten Dissertation gebrauchten Schreibweise, dievon blieb aus unterschiedlichen Gründen ebenso ausge­ den des heutigen Zollernalbkreises liegen. Archäologen verwendet wird und die bedeutungsg leich ist mit spartwie das bis 1938 zum Oberamt Spaichingen gehö• der Schreibweise "Alemannen", die bei Historikern üblich ist. rende . Das Bearbeitungsgebiet umfasst so­ Räumliche Erschließung mit 24 Städte und Gemeinden innerhalb des Zoller­ (2) Karl-Theodor Zingeler, die vor- und frühgeschichtliche For­ nalbkreises sowie die Ortsteile von drei weiteren Städ­ Durc h die Arbeit wird die zögerliche Erschließung schung in Hohenzollern, in: Mitteilungen des Vereins für Ge­ ten außerhalb des Kreises (Horb, Sulz a. N., Trochtel­ unseres Raums in der nachrömischen Zeit, der Völker• schichte und Altertumskunde in Hohenzollern 27 (1893/94, 5.1 ­ fingen). Insgesamt wurden 97, bis zur Kreisreform wanderungszeit (sp ätes 3. bis 5. Jahrhundert n.Chr.), 115. Sparat: Sigmaringen 1894.- Ders. und Wilhelm Friedrich .m eist selbstständige Ortschaften in die Untersuchung erkennbar: bislan g sind nur kleine Siedlungsplätze bei Laur, Die Bau- und Kunstdenkmäler in den Hohenzollern'schen 'einbezogen. Dotternhause n und im Talgrund westlich von Alb­ Landen, Stuttgart1896.Vgl. auch: Eduard Peters undOscar Paret, stadt-Ebi ngen nachgewiesen, während von Loch en s­ Die vor- und frühgeschichtliche Kunst- und Kulturdenkmäler in Wichtige Neufunde im Anhang teinund derSchal ksburg nureinzelneFunde vorliegen. Hohenzollern, in: Walther Genzmer, Die Kunstdenkmäler Hohen­ Auch Hüttengru ndrisse beim römischen Gutshof von zollerns, ZweiterBand: Kreis Sigma ringen, Stuttgart1948, 5.475­ f Im Jahr 1988 abgeschlossen, konnte in der Disserta­ Hechingen-Stein könnten in das 3. ode r 4. Jahrhundert 495. tion später ersc hienene Literatur nur bei grundlegen­ datieren. der Bedeutung nachgetragen werden. Wichtige Neu ­ Die weitenAlbtälervon Starzel und Fehla, von Eyach funde sind - allerdings nur sofern schon anderweitig und Schmiecha wie auch Bära geh ören zu den im frü­ veröffentlicht - als Anhang zum Katalog aufgenorn­ hen Mittelalte r, seit dem 6. Jahrhundert , am frühesten 'm en . bes iedelten Gebieten des Zollernalbkreises. Mehrere ; Ziel der Arbeit ist vorrangig die Erfassung und Wie­ größere Bestattungsplätze, die auf entsprechende ;idergabe von sämtlichen überlieferten Befunden und Siedlun gen hinweisen, wurden bei Burladingen, Alb­ ~"'Fund e n aus der Zeit zwischen dem Fall des Limes um stadt-Ebingen und -Truchtelfingen gefunden, einzelne - 59 /60 und dem endgültigen Verlust der politischen Gräber datieren hier bereits in die Zeit um 500 n.Chr. "Selbstständigkeit der Alamannen im Jah re 746. Neben Weitere Grabstätte n bei Albstadt-Lautlingen, -Pfeffing­ etwa 115 Grabfunden und Friedhöfen - früher biswei­ en und -Tailfinge n ab er au ch bei Straßberg und Nusp­ len auch als Hünengräber bezeichnet - sind dies Sied- lingen (im Bära tal) unterstreiche n die früh e Erschlie- Seite 1495 Heimatkundliehe Blätter Februar 2006 Zur Frühjahsblüte ins Piemont Nach Ostern führt die Heimatkundliehe Vereinigung poleon 1800 mit seinen Franzosen, bis er selbst wieder gen. Aus der Zeit des Werdens, der Einigungsbewegung Zollernalb in dieses schöne und interessante Land zur vertrieben wurde. So ging es weiter bis 1861 Turin die Italiens, entdecken wir Fortifikationen mit Schussrich­ Frühjahrsblüte im Kranz der höchsten und imposan­ Gründungs-Hauptstadt eines Königreiches Italien tung Piemont gegen Frankreich und auch umgekehrt. testen Berge und Gipfel der Alpen. Unterkunft mit wurde. Aber bereits 1865 verlor Turin wieder diesen Und aus allen Jahrhunderten haben sich, trotz Kriegen Halbpension für alle Tage ist gebucht im Vier-Sterne­ Rang, doch jetzt im Februar 2006 wurden in Turin und und Zerstörungen, Schlösser, Kirchen und urbane Bau­ Hotel .Ario Ho" in Terruggia-Monferrato. Dieser Ort, im Piemont die XX. Olympischen Winterspiele ausge­ te n mit beeindruckenden Kunstwerken erhalten, oder inmitten von Weinbergen, liegt nahe der Stadt Casale­ tragen. Un d wir besuchen das Piemo nt un d Aostatal sind auch den Ruine n wiedererstanden. Dabei werden Monferrato, der ehemaligen Residenzstadt und Sitz der anschließend vom Sonntag, 23. April bis Sams tag, 29. wir prachtvolle Dome und Kathe dralen genauso bes u­ chen wie urige Dorfkirchen aus langobardischer Bau­ Markgrafen des Monferrat. April 2006 in der Blumen- und Blütenpracht des Früh­ schule. Wirwerden auch Heilige Berge mitgroßartigem Das Piemont mit seiner heutigen Hauptstadt Turin lings. Inmitten dieser aufb lühenden Natur und mit Blick über das weite Land erklimmen (mit dem Bus), und die autonome Region Aoste liegen im Grenzgebiet Blick auf die grandiose Kulisse der Hochgebirgsgipfel Heilige Berge mit Klöstern aus denAnfangen des Chris­ zu Frankreich und der Schweiz. Im Süden bildet der mit gleißendem Schnee und Eis besichtigen wir Städte, tentums sowie aus der Zeit derGegenreformation. Und Gebirgszug der ligurischen Alpen die Grenze zur Re­ Bauwerke und Kulturschätze aus Jahrtausenden. wir werden die guten piemontesischen Weine verkos­ gion Ligurien. Der Kampf um den Besitz und die Be­ In Aosta beeinrucken die im posanten Bauten aus der ten.Also, lassen sie sich überraschen, wenige Bus-Plät• herrschung der Alpenpässe brachte dem Piemont und Zeit des römisc hen Imperiums. Im Monferrat haben ze sind noch frei. Gäste sind herzlich willkommen! dem Aostatal über Jahr hunderte hinweg ständige Ok­ sich Bauwerke aus der faszinierenden Kulturepoche Anmeldu ngen sind zu richten an Erich Mahler, Möri­ kupationen seitens der Angrenzer. Zuletzt vertrieb der Langobarde n erhalten. In den ehemaligen Stadt­ keweg 6, 72379 Hechingen, Telefon (07471) 1 55 40 Prinz Eugen von Savoyen mit seinem Österreichischen staaten, die in ewiger Fehde miteinander lagen , finden oder Fax (0 74 71) 1 2289. Heer 1718 die Franzosen. Die Österreichervertrieb Na- wir Gesch lechtertürme, Paläste und Stadtbefestigun- Chr ist oph Roll er, Professor Dipl.-Ing., Reiseleiter

Ins Holzschnitt-Museum- In den ersten Jahren seit Bestehen des Museums hat es sich zu einer "kleinen aber feinen Kunstadresse" mit hoher Anziehungskraft entwickelt. Das Holzschnitt­ Museum Klaus Herzer im alten Rathaus in Ösehingen beherbergt insgesamt 1500 Holz- und Metalldrucke aus dem Lebenswerk des Holzschneiders Klaus Herzer, sowie Druckstöcke, Holzp lastiken, Monotypien, die große Grieshaber-Druckpresse, eine Andruckpresse und viele andere interessante Utensilien. Der Künstler selbst erklärt den Interessierten die Druckverfahren und führt die Besucher durch das Metier des Hochdru­ ckes am Beispiel des Holzschnitts. Anreise im Auto. Treffpunkt ist am 30'.März um 15Uhr am alten Rathaus in Ösehingen. (Hinweisschilder im Ort zeigen den Weg. Nach Mössingen in Richtung Gönningen.l Anmeldun­ gen bei Erich Mahler, Mörikeweg 6, 72379 Hechingen, Telefon (07471) 15540; Vielleicht lassen sich Fahrge­ meinschaften bilden. Näheres kann man auf Anfrage erfahren.

Die Auto ren dieser Ausgabe

Dr. Klaus Peter Dannecker Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft Theologische Fakultät Trier Deutsches Liturgisches Institut WeberbachZza 54290 Trier

Dr. Christoph Morrissey Corrensstr. 9 72076 Tübingen

Dr. Andreas Zekorn Hirschbergstr. 29 72336 Balingen

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb Vorsitzender: Christoph Roller, Am Heuberg 14, Albstädter Museenlandschaft, Folge 2 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 Die 1975 gegründete Städtische Galerie hat sich in der Wilhelm Laage, Otto Gussmann oderMaria Caspar-Fil­ Geschäftsführung: Erich Mahler, Mörikeweg 6, Zwischenzeit in der Fachwelt einen guten Ruf erarbei- ser.. Eine ganzeAbteilung ist dem Oeuvre des aus Ebin­ 72379 Hechingen tet. Das ist unter anderem der Verdienst mehrerer Stif- gen stammenden Zeichners und Malers Christian Telefon (07471) 1 5540 ter und Mentoren. Eine herausragende Stellung nimmt Landenberger (1862 bis 1827) gewidmet, der als bedeu­ E-Mail: [email protected] das Werk von Otto Dix (1891 bis 1969) ein , das mit un- tender Vertreter des südde utschen Impression ismu s gefähr 450 Einzelwerken vertreten ist. Dazu kommen gilt. Er hat sich als Landschaftsmaler, aberauch als Por­ Redaktio n: Daniel Seeburger, GrünewaIdstraße 15, Arbeiten von Ernst Ludwig Kirchner, Erich HeckeI, Max traitist hervorgetan. Von Landenberger ist auch dieses 72336 Balingen, Telefon (07433) 266-153 Beckmann, Felix Hollenberg, Ludwig von Hofmann, Bildnis von Brigitte Gussmann (1916). dlicheBlätter Zollemalb He~dlichevereinigung Zollernalb eV

Jahrgang 53 31. März 2006 Nr.3 .Pfarrer hält sich übel" Süddeutsche Dorfgeistliche der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert - Von Dr. Peter Thaddäus Lang Die süddeutschen Bistümer im 16. Jahrhundert ,.) ~ \.. ! .~ t a . J ' ". ltillt~

BAMBERt ' . ., TRIER• ; '~ " . .. . • I - ~

"Junge, was willst du werden?" - diese Frage stellte sich Domschul en an den Bischofssitzen, dann auch die zu schnuppern und das Studentenleben zu genießen. auch scho n vor fünfhundert Jahre n. Damals allerdings Stifts- und Klosterschulen und in vielen Städten die La­ An den erworbenen akademischen Graden, sprich: entschieden sich wesentlich mehr junge Heranwach ­ teinschulenI . Magister ("M. theol. ") oder Promotion ("Dr. th eo!."), sende männlichen Geschlechts als heute dafür, Pries­ Aufdas ebendortvermittelte Wissen bauten die Uni­ lässt sich allerdings ablesen, wie viele von ihnen mit ter zu werden. versitäten auf. Wie viele Priester-Aspiranten dorthin ernsterEntschlossenheit und mit Erfolgan ihr Studium fanden, lässt sich aus den erhaltenen Studentenlisten herangegangen waren. In dem bereits erwäh nten Bis­ Die Ausbildung ersehe n, die in der Fachwelt unter dem Namen "Uni­ tum Konstanz verfügten denn sieben Prozent der versitätsma trikel" bekannt sind. Im Bistum Konstanz Geistlichen über den Magistergrad und ein Prozent Wer sich für das Priesteramt entschieden hatt e, beispielsweise - zu dem praktisch ganz Süddeutsch• konnte sich das hierfür notwendige Rüstzeug auf über den DoktortiteP. mehrfache Weise beschaffen. Am weitesten verbreitet land gehörte - waren zwischen 1451 und 1500 pro Jahr Ein Doktorgrad war in der Praxis freilich selten ein­ war eine Art Lehrverhältnis im Hause eines Pfarrers. 92 zukünftige Kleriker zugange. Diese Zah l hätte rein mal gefragt, höchstens bei einer Stelle an den großen Neben dem lateinischen Elementarunterricht wurden rechne risch ausgereicht, um im Laufe der Jahre alle Stadt- und Kathedralkirchen. dort die Formen der Sakramentenspendung und der 1700 Pfarrstellen dieses riesigen Bistums mit Akademi­ In der Regel hielten sich die theologischen Kenntnis­ Messritus praktisch vermittelt. Die Qualität dieser Aus­ kern zu besetzen". Leider sagen die genannten Listen se in sehr bescheidenen Grenzen. Der Prüfling musste bildung hing natü rlich von den einschlägigen (und sel­ wenig aus über die Qualität des Studiums, denn man zwar über eine gewisse Fertigkeit im Lateinische n ver­ ten wirklich vollkom menen) Kennt nissen des ausbil­ weiß, dass sich die allermeisten gar nicht ernsthaft um fügen , aber nur so viel, dass er die beim Gottesdienst denden Priesters ab. Daneben bestand die Möglich­ eine profunde Wissensaneignung bemühten, sondern gebrauchten Worte richtig aussprechen kon nte und keit, Schulen zu besuchen - zur Verfügung standen nur daraufbedacht waren, ein wenig akademische Luft deren wörtlichen Sinn einigermaßen verstand. Dazu Seite 1497 Heimatkundliehe Blätter März 2006 hin hatte er mit dem Messritus vertraut zu sein. Des ten undjauchzten, sie warfen sogar ihre Hüte vor Freu­ und stets dort, wo man den Drang dazu verspürte: Jede Weiteren musste er Bescheid wissen über die richtige de hoch in die Luft", Mauer, jede Hecke, jeder Graben bot sich herfür an'", Spendungsweise der Sakramente, also Taufe, Beicht, Auf der Gegenseite erleben wir einen entsprechen­ Die beschriebene Einstellung zu den Leibesfunktionen Kommunion, Trauung und Krankensalbung. (Die den Hang zu gewaltig eruptiven Zornesausbrüchen. bezieht sich natürlich gleichermaßen auf die Sexuali­ Spendung der übrigen beiden Sakramente - Firmung Schon bei nichtigen Anlässen fielen derbe und krän• tät. In einer überwiegend agrarisch ausgerichteten Ge­ und Priesterweihe - sind dem Bischof vorbehalten). kende Worte - als tödlich beleidigend galten schon für sellschaft sind die Modalitäten der Fortpflanzung im Oder mit anderen Worte: Er musste wissen, welche uns so harmlose Wörter wie "Schelm" oder "Bube". Es wahrsten Sinne des Wortes allgegenwärtig; die Kennt­ Worte zu sprechen sind und welche Handlungen und folgten jählings Handgreiflichkeiten, und sodann war nis hiervon gehörte schlichtweg zum bäuerlichen "Ba­ Gesten damit einher gehen. Außerdem sollte er die manstracks mit derWaffe zurHand.Solchermaßenbe ­ sis-Wissen". Grundregeln des Glaubens kennen und - für den zu­ gegnet uns die Wirtshaus-Schlägerei landauf, landab Dies kommt ganz deutlich zum Ausdruck bei den künftigen Berufsalltag besonders wichtig - er sollte als das häufigste Kriminaldelikt", Hochzeitsbräuchen des Mittelalters, die noch bis weit über die Grundlagen der Sangeskunst verfügen.'. in das Reformationszeitalter hinein im Schwange wa­ Die gestelltenAnforderungen beschränkten sich also Essen und Trinken ren. Sobald sich der Hochzeitstag seinem Ende zuneig­ auf das Elementarste. Daraus erkennen wir unzwei­ te, schritt die Festgesellschaft in feierlichem Zuge zum deutig das Priesterbild jener Zeit: Gefordert war nicht Ganz analog stellen sich uns die Gepflogenheiten Brautgemach. Dort wurde die Braut in Anwesenheit der akademisch gebildete Theologe und Seelsorger beim Essen, Trinken und Feste feiern dar. Zu gegebe­ der Festgäste von den Brautjungfern entkleidet und unserer Tage, sondern der praktisch-handwerklich nen Anlässen zechten und schlemmten die Menschen ebenso öffentlich vollzog das Hochzeitspaar dann die l 5 orientierte Sakrarnentenverwalter". ungezügelt, hemmungslos, tagelang und in unfassbar Ehe • großen Mengen.So liest sich dann die Speisefolge eines Der selbstverständlich-alltägliche Umgang mit der Die Pfründe durchschnittlichen Festessens der damaligen Zeit wie Sexualität bekundet sich besonders pointiert bei der die mehrseitige Menü-Karte eines heutigen Gastrono­ käuflichen Liebe. Im öffentlichen Leben der mittelal­ War die Ausbildung absolviert - welcherArt auch im­ miebetriebes der gehobenen Klasse. Fünf, sechs und terlichen Stadt hatten die betreffenden Frauen ihren mer, musste sich der angehende Priester auf eigene noch mehrGänge galten als durchaus üblich, wobei ein festen Platz. Die "Frauenhäuser" befanden sich oftmals Faust nach einer Pfründe umtun, auch "Benefizium" jeder "Gang" in sich eine vollständige Mahlzeit dar­ dermaßen straffunter der Kontrolle der Stadtobrigkeit, genannt. Unter "Pfründe" ist eine Anzahl landwirt­ stellte: Er enthielt mehrere Fleischsorten, dazu Fisch, dass die Bewohnerinnen schon fast als städtische Be­ schaftlich genutzter Grundstücke zu verstehen, die zu Geflügel und Wild, daneben reiche Zukost an Teigwa­ dienstete erschienen. Häufig waren auch sie es, die einer Pfarrei, zu einer Kaplanei oder zu einer Mess- be­ ren, Gemüse und Früchten; Suppen und Süßspeisen man hohen Gästen zur Begrüßung entgegenschickte ­ ziehungsweise Altarstiftung gehörten. Die Pachterträ• rundeten die einzelnen Ess-Etappen ab. bisweilen gar boten die Stadtväter ihrem vornehmen ge aus diesen Grundstücken dienten den Geistlichen Beim Trinken kannte inan ebenfalls keine Ein­ Besuch den unentgeltlichen Aufenthalt in besagtem zum Lebensunterhalt. Begehrt und deswegen für die schränkungen - allenfalls die, welche der Geldbeutel Hause als eine ganz spezielle Art der Gastfreundschaft meisten unerreichbarwaren die dicken Pfarrpfründen. setzte. Adel und Fürsten gingen mit schlechtem Bei­ an '", - Es wird nicht notwendig sein, das hier skizzierte Wenn man dorthin kommen wollte, brauchte man spiel voran; am sächsischen Hofetwa bildete das "ste­ Bild noch weiter auszumalen. schon recht gute Beziehungen. Leichter zu erreichen tig Vollsein eine alt eingewurzelte Übung undGewohn­ Kehren wir also zurück zu unseren frisch ordinierten waren hingegen die eher bescheiden ausgestatteten heit". Nach einer guten Weinernte im Rheinland lagen und investierten Priestern: Sie waren in dieser grell­ Pfründen einer Kaplanei oder auch die meist noch we­ die Betrunkenen "wie die Schweine" auf den Straßen bunten, freizügigen und lebenshungrigen Welt aufge­ sentlich schlechter dotierten Pfründen, die an eine Al­ und hinter den Hecken. Unter den Studenten gehörte wachsen. Auch nachdem sie die Priesterweihe empfan­ tar- oder Messstiftung gebunden waren und die ihre die Kneiperei ohnehin zum Lebensstil; doch auch die gen hatten, lebten sie weiter in dieser Umgebung; sol­ Inhabervielfach kaum ernähren konnten. Der ~eg zur Bauern pflegten gehörig zu zechen. Die Zimmersehe chergestalt fühlten, dachten und handelten sie - eben' Pfründe war steinig und steil-er führte über den Patro­ Chronik nennt es einen "bösen Brauch", dass die Land­ als Menschen ihrer Zeit und zwar natürlich ohne jedes natsherrn, über jenen adeligen Herrn also, der das Pa­ leute nächtelang bei Suff und Spiel zubrächten", Schuldgefühl. tronatsrecht der betreffenden Pfründe innehatte, das Recht, den Pfarrer, Kaplan oder Altaristen dort einzu­ Kleidung Kirche und Welt setzen. In einem Großteil der Pfarreien im Herzogtum Ein fast alle Grenzen hinter sich lassendes Überbor• Zudem lebten die Ortspfarrer frei von der Maxime, Württemberg beispielsweise war dies der Herzog: im den und Überschäumen zeigtsich uns des Weiteren im ihrer Gemeinde als Vorbild dienen zu müssen'? Auf reichsritterschaftliehen Lautlingen hingegen die Her­ Bereich der Kleidung. Hier bietet sich während der Re­ diese Weise ergab sich denn ein denkbar geringer Ab­ ren von Tierberg, später die Herren von Westerstetten formationszeit ein Panorama überwältigender Pracht. stand zwischen Pfarrer und Laienschaft'", wie ja auch und dann die Herren von Stauffenberg, die das Patro­ Vorzug fand alles, was in die Augen sprang -leuchten­ ganz allgemein Kirche und Welt überaus engmiteinan­ natsrecht noch bis ins 20. Jahrhundert hinein ausüb• de Farben, schrille Muster, bunte Gewandung, auffal­ der verwoben waren. So diente beispielsweise der ten. lende Formen, Üppigkeit des Schmucks, des Besatzes, Kirchturm vielerorts auch als Wachtturm und das Kir­ Aber zurück zu unserem angehenden Pfarrer: Er der Bänder, Schleifen und Zierstiche, der Knöpfe, Bor­ chengebäude selbst in Kriegszeiten als Zufluchtsort für musste also eine offene Stelle ausfindig machen, um ten und Rüschen - aufwendig und kostbar die Schnal­ die Bevölkerung!", der Pfarrer seinerseits hatte nicht dann den Patronatsherrn dieser Stelle so für sich einzu­ len, Gürtel und Fibeln, die Ringe, Spangen, Reifen und nur gottesdienstliche Aufgaben wahrzunehmen, son­ nehmen, dass dieser ihn dem Bischof als den geeigne­ Nadeln, die Paspeln, Halsketten, Federbüsche und Per­ dern auch der weltlichen Gemeinde'zu dienen, indem ten Bewerber vorschlug. Nun hatten sich aber die Pa­ lenschnüre, in maßloser Vielfalt erscheinen die Hau­ ,er den Farrenstall betrieb oder das gemeindeeigene tronatsherren der besonders reichen Pfründen meist ben, Schleier, Hüte, Kappen, Barette, Mützen, Kränze Vieh hütete/", Dementsprechend stellte sich der Fried­ langfristig festgelegt in der Form von Anwartschaften. und Kapuzen - kurz: Wo man hinschaut ein kaum vor­ hof dem Betrachter keineswegs als ein Ort der Besin­ Dem Durchschnitts-Kandidaten, der über keine son­ stellbares Ausmaß an Gepränge". nung dar; vielmehr hatte man hier den allgemeinen derlich guten Beziehungen zum Kreise der Patronats­ Treffpunkt und Versammlungsplatz des Dorfes vor herren verfügte, blieb somit nichts anderes übrig, als Körperliches sich". Eine heiligeAura trenntedie Seelenhirtenvonih­ sich zunächst mit einer weniger gut dotierten Altaris­ ren Schafen also weder in räumlicher noch in sozialer ten- oder KaplansteIle zu begnügen, um dann bei pas­ So sehr die früh neuzeitlichen Menschen sich dem Hinsicht. sender Gelegenheit auf eine bessere Stelle aufzurü• Kleiderluxus hingaben, so wenig Hemmungen hatten cken. sie, sich ihrer Gewänder und Mieder, wenn es ihnen zu Die Visitation heiß wurde. In den Badstuben tummelten sich Weib­ Mentalitäten im 16. Jahrhundert: lein und Männlein kunterbunt und ohne Regel durch­ Dies alles müssen wir im Auge behalten, wenn wir Der Gefühlshaushalt einander in den Zubern und Wannen10, und wer von uns dem konkreten Verhalten der Geistlichkeit in Amt seiner Wohnung aus nicht allzu weit zum nächsten und Leben zuwenden. Damit nähern wir uns zuge­ Bevor wir uns nun der Frage zuwenden, wie sich der Badhaus hatte, der ließ die Kleider bei warmen Wetter standenermaßen einem heiklen Thema. So gibt es solchermaßen ausgebildete und eingestellte Klerus in schlankerhand einfach zu Hause!'. denn auch heute noch katholische Kirchenhistoriker, Amt und Leben bewährte, sollten wir zunächst einen Bei den anfälligen Festumzügen gehörte Frau Venus die mit ungeeigneten Quellen und schiefen Interpreta­ Blick werfen auf die Welt, in welcher diese Geistlichen zum Standardprogramm der dargestellten Personen ­ tionen nachzuweisenversuchen, es sei doch insgesamt lebten. Denn man wird deren Verhalten nur dann eini­ selbstredend zeigte sie sich so, wie Gott sie geschaffen alles in Ordnung gewesen". Die zuverlässigste Quelle germaßen adäquat beurteilen können, wenn man die hatte. Beim gerne geübten Tanzvergnügen der Bauern wurde dabei geflissentlich übergangen - das sind die zeitüblichen Einstellungen und Verhaltensweisen ent­ zählte das Drehen und Hochwerfen der jungen Mäd• Pfarrvisitationsprotokolle. Der kirchenrechtliche Be­ sprechend in Rechnung stellt. Wer Gefühle und Ge­ chen zum Grundrepertoire der Tanzfiguren - dadurch griff "Visitation" kommt vom lateinischen .visitare", wohnheiten der Menschen des 16. Jahrhunderts auf­ sollten sich die Röcke heben, unter denen freilich keine was so viel heißt wie "besuchen" und den Besuch eines merksam studiert, der wird beim Vergleich mit der Unterwäsche getragen wurde'<, Bischofs in den Pfarreien seines Bistums meint. Diese heutigenZeit ganz erhebliche Unterschiede feststellen. Dieses jedoch recht freie und ungebundene Verhält• Art der Kontrollbesuche sind schon in der spätantiken So treffen wir in jener Epoche allenthalben aufsponta­ nis zur Körperlichkeit äußerte sich auch im Hinblick Kirche nachzuweisen, im Laufe des Mittelalters jedoch nes und urkräftiges Herausbrechen der Gefühle., wo­ auf die Körperausscheidungen. Bis weit in die Neuzeit erlebte das Visitationswesen einen steten Niedergang hingegen im zivilisierten Mitteleuropa des 21. Jahrhun­ hinein galt der Grundsatz, dass alles aus dem Leib her­ und war kurz vor der Reformation an einem Tiefpunkt derts Zurückhaltung und Selbstkontrolle das Bild prä• ausgelassen werden müsse, was herauskommen wolle. angelangt. Wenn in dieser Zeit überhaupt einmal visi­ gen . Jedes Zurückhalten, so war die Ansicht, schade der Ge­ tiertwurde, dann geschah dies ausschließlich zurErhe­ Verdeutlicht sei dies an Beispielen der Freude einer­ .sundheit, Als Folge dieser Auffassung wurde allenthal­ bung von Finanzdaten. Nur eine einzige Ausnahme ist seits und des Jähzorns andererseits. Die leichte Fähig• ben und außerordentlich viel gespuckt und ge- bekannt - die Visitation des Bistums Eichstätt im Jahre keit, sich ganz unvermittelt zu freuen und sich zu be­ schnäuzt, wobei manals einzige Einschränkungakzep­ 1480. Aus Mangel an ähnlich aussagekräftigen Quellen geistern, äußerst sich ganz augenfällig bei Prozessio­ tierte, dass weder der Esstisch noch die Mitmenschen für die erstenJahre des Reformationsjahrhundertswer­ nen und Umzügen sowie bei Festlichkeiten und Schau­ getroffen werden d ürften", Dem entsprechend erfolg­ den wir notwendigerweise diese zentral bedeutsame stellungenjederArt - die Zuschauenden hopsten, tanz- te das Entleeren von Darm und Blase augenblicklich Quelle heranziehen müssen-'. (Fortsetzung folgt) März 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1498 Die Tauffeier im ehemaligen Bistum Konstanz Überlieferte Bräuche und Gepflogenheiten - Von Dr. Klaus Peter Dannecker, Teil 2 und der Aufnahme unter die, die in seine Streitmacht Die Exorzismen - das Gebet um Befreiung ie eigentliche Feier der Taufe eintreten. Der Name erhält- dadurch eine erinnernde Die Taufgesellschaft befand sich immer noch vor der Funktion und unterliegt bestimmten Kriterien: Er soll Kirche und der Priester betete die sog. Exorzismen. Im erstenTeil dieserArtikelserie habenwir das Brauch­ der Name eines Heiligen sein, der zu einem gläubigen Diese gehen auf die Zeit der frühen Kirche zurück, in turn vor der eigentlichen Feier der Taufe in der Kirche und frommen Leben Beispiel geben und durch seine denen sich Erwachsene in einer mehrjährigen Vorbe­ betrachtet. Der Taufzug war vom Elternhaus aufgebro­ Fürsprache den Namensträger schützen soll". Neben reitung auf den Empfang der Taufe, Firmung und Hl. chen zur Pfarrkirche. Dort war der Pfarrer oder Vikar diesen wenigen Vorgaben von kirchlicher Seite folgte Kommunion in der Osternacht vorbereitet haben. In zur Türe gekommen, um die Taufgesellschaft zu erwar­ die Namensgebung verschiedenen lokal und zeitlich dieser Vorbereitungszeit, die mit dem Begriff "Kate­ ten. Durch die Abnahme des Tauftuches, mit dem das recht unterschiedlichen Gebräuchen. Sitte war es am chumenat" bezeichnet wird, wurde bei verschiedenen Kind bedeckt war, wurde der Beginn der eigentlichen Vorabend der Reformation, den Paten die Namensge­ Gelegenheiten für die Katechumenen, also diejenigen, Tauffeier markiert. bung zu überlassen. War das Kind ein Junge, so durfte die sich aufdie Taufe vorbereiteten, gebetet, vor allem der Pate den Namen festlegen, bei einem Mädchen die darum, dass sie sich gegen das Böse und für das Gute Die Versammlung vor der Kirche Patin. Diese griffen oft aufihre eigenen Namen zurück. entscheiden konnten. Die Exorzismen können also als Die Tauffeier nahm ihren Beginn seit dem Mittelalter Auch in Familien, die von der Reformation betroffenen "Gebet um Befreiung an die Anhänglichkeit an das Bö• vor der Kirche. Erst ab dem 17. oder 18.Jahrhundertka­ waren, änderte sich zunächst nichts an dieser Praxis". se" bezeichnet werden. Diese Gebete wurden mit Zei­ men Überlegungen auf, den Beginn bei entsprechen­ In Baden war im 18. Jahrhundert die Namensgebung chen verbunden, etwa mit der Gabe des Salzes, als Zei­ der Witterung in den Eingangsbereich innerhalb der oft ein Vorrecht der Eltern, die zumeist Vornamen aus chen für die Weisheit, Gut und Böse zu unterscheiden; Kirche zu verlegen. Und erst seit Anfang des 19. Jahr­ der Familie verwendeten. Daneben war es Brauch, den mit Bekreuzigungen, als Zeichen für das Heil, das Jesus hunderts wurden zum Beginn der Tauffeier vereinzelt Kirchenpatron zum Namenspatron eines Kindes zum Christus durch das Kreuz für die Menschen erworben Lieder gesungen. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass machen. Bis zum Einschreiten der Ordinarien haben hat; mit einer Anhauchung, bei der der gute Heilige zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert zumeist nur die Pfarrer unehelichen Kindern häufig ungewöhnliche Geist Gottes "eingeblasen" wurde; mit Handauflegung Paten, evtl. die Hebamme und der Mesmerbei derTau­ und auffallende Namen gegeben", bzw. Berührungen, die die Nähe Gottes versinnbildli­ fe anwesend warenI. Ende des 19. Jahrhunderts lassen sich in der Erhe­ chen.Auch bei Kindern wurden alle diese Gebetvollzo­ bung für Württemberg sehr ausgeprägte und fest ge­ gen, allerdings nicht auf die lange Vorbereitungszeit Die Fragenach dem Namen des Kindes fügte Regeln für die Namensgebung feststellen'". hinweg verteilt, sondern alle auf einmal und eben vor Nachdem sich also alle vor der Kirche versammelt hat­ Den Kindern wurden gewöhnlich zwei oder drei der Kirche, um das Kind für den Eintritt in die Kirche ten, fragte der Priester in der Volkssprache nach den Taufnamen gegeben, der Rufname war meist der zwei­ vorzubereiten, der diesen Teil der Feier abschloss. Seit Namen des Täuflings, worauf die Paten antworteten". te. Die Namensgebung orientierte sich zumeist an in der Liturgiereform nach dem 2. Vatikanischen Konzil Die Formulierung der Fragenach dem Namen ("Wie der Familie schon vorhandenen Namen. Sehr häufig ist das Gebet um Befreiung aufein Gebet reduziert; da­ soll das Kint heyssen'" und derAbschnitt zur Namens­ hieß das erstgeborene Kind nach den Großeltern, ins­ bei werden dem Kind die Hände aufgelegt. Es hat sei­ gebung in den Vorbemerkungen zur Taufe in den besondere der erste Sohn nach dem Großvater. In ka­ nen Platz in der Kirche, nach der Schriftlesung, Predigt Konstanzer Ritualien von 1766 und 1775/1, nachdem tholischen Familienwurde der erste Sohn oft nach dem und Fürbitten. Im Falle der Erwachsenentaufe, die "denen, die getauft werden, [...] ein Namen verliehen Kirchenpatron benannt. Die Reihenfolge der Namens­ auch heute in der Osternacht gefeiert werden soll, hat wird'", erwecken denEindruck, erst durchdie Taufe er­ gebung wurde als "förmliches Gesetz" geschildert. In das Gebet um Befreiung bis heute seinen Platz an den hielte das Kind einen Namen, der Name würde dem Wippingen (Blaubeuren) musste das erste Kind nach Fastensonntagen-", Kind gleichsam eingetauft. Dazu gesellt sich die Aussa­ den Großeltern, das zweite nach den Eltern, das dritte ge des Römischen Katechismus (1566), der die Na­ nach denPaten benanntwerden; andernortswurdeder Der Einzugin die Kirche mensgebung mit der Taufe verbindet, wenn er nach Der erste Teil der Tauffeier hat früher, wie wir gesehen älteste Knabe und das älteste Mädchen nach den Pa­ derBeschreibung des Taufaktes ausführt: "Zuletzt aber haben, vor der Kirche stattgefunden. Erst nach den Ex­ ten, das zweite Kinderpaar nach den Eltern benannt, wird dem Getauften ein Name gegeben, [...]".5. Den orzismen fand der Einzug in die Kirche statt. Dazu dann erst kamen die Namen der Großeltern an die Rei­ gleichen Eindruck vermittelt das Römische Rituale reichte der Priester den Paten, die das Kind trugen, das he; oder das erste Kind hieß nach einem der Paten, das (RR), das davon ausgeht, dass andere ( Eltern/Paten) herabhängende Ende der Stola und führte sie so zum zweite nach Vater oder Mutter, das dritte wieder nach dem Kind bereits einen Namen ausgesucht haben, den Taufbrunnen. Dazu sprach der Priester bei einem Jun­ einem Paten. Wenn die regelmäßigen Möglichkeiten der Priester "entgegennimmt" und in der Taufe dem gen das Begleitwort "Tritt ein in die Kirche Gottes, da­ erschöpft waren, wurde ein Name aus dem Namens­ Kind "verleiht" ("imponitur").5. mit du erlangst, unter die Kinder Gottes gezählt zu wer­ Diese Namenstheologie und die Frage der Konstan­ tagskalender gewählt. Die Namen der Paten wurden den. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des zer Ritualien nach dem Namen des Kindes blieb in den teilweise als Beinamen hinzugefügt. Wenn die Paten­ Heiligen Geistes.Amen" . und bei einem Mädchen "Der Entwürfen zur Tauffeier aus der Aufklärungszeit erhal­ namen jedoch die Rufnamen waren, wurden die Na­ Herr behüte dich, wenn du fortgehst und wieder­ ten. Sie hatte sich in mehr oder weniger umfänglichen men derEltern beigefügt. Meist erfolgte die Namensge­ kommst, von nun an bis in Ewigkeit" (Ps 121 (120),8) 26. Formulierungen "fast völlig durchgesetzt?".Sehr deut­ bung durch die Eltern, gelegentlich auch durch die Pa­ lich kommt zumeist die Vorstellung zumAusdruck, mit ten. Die Erhebung berichtet auch, dass unehelicheKin­ Die Spendung der Taufe der Taufe erfolge erst die Namensgebung. Der Schör• der früher vom Pfarrer benannt wurden, die unge­ Am Taufort selber fanden noch verschiedene Vorberei­ zinger Pfarrer Beda Pracherrubriziert in einem Entwurf wöhnliche und auffallende Namen verwendeten. Als tungen statt. Dann hielt der Priester eine Predigt, in der zur Tauffeier: "Der Taufpath sagt den Namen, den das Beispiel für die werden Jordan oder Januarius aufge­ er die Paten an ihre Pflichten zu einem Leben aus dem Kind bekommen soll'". Noch deutlicher lässt Werk­ führt. Es gab wenige Namen, die in beiden Konfessio­ Glauben zum Vorbild für den Täufling erinnerte. Da­ meister den Priester auf die Namensnennung durch nen verwendet wurden; zumeist ließ der verwendete nach folgte die Absage an das Böse und das Glaubens­ die Paten erwidern:"Mein Kind! du sollst hinführo N. Name erkennen, welcher Konfession sein Inhaber an­ bekenntnis,AusdruckderÜbernahme des Glaubens an heißen'". gehörte. In manchen katholischen Gegenden hatten den guten Gott, der den Menschen das Leben in Fülle Der Konstanzer Generalvikar von Wessenberg bringt sich die Vornamen zwischen der Reformationszeit und schenken möchte. Diese Elemente haben eine deutli­ in seinem FormularA einen weiteren Aspekt zum Aus­ dem 19. Jahrhundert nur wenig geändert'", che Entwicklung erfahren. druck: Die mit der Taufe verbundene Namensgebung Die Feier derTaufe wurde verstanden als derSieg des geschieht im Raum der Kirche und ist Ausweis der Zu­ Die weiteren Fragen Guten über das Böse, an dem der Mensch durch seinen gehörig-keit zur Kirche!", Der Taufname ist Zeichen Neben der Frage nach dem Namen des Kindes stellte Einsatz Anteil hat. So wurde die Absage mit einer Sal­ des Getauftseins und der Mitgliedschaft in der Kirche der Priester zu Beginn der Feier noch weitere Fragen. bung verbunden: Der erwachsene Taufbewerber sagte Gottes. Ab 1597begegnetin den KonstanzerRitualien regelmä• dem Bösen ab und wurde dann gesalbt zur Stärkung, ßig die Frage nach dem Begehren derer, die ein Kind diesen Kampf gegen das Böse ein Leben lang siegreich Die Namensgebung zur Kirche bringen. Sofort nach dem eröffnenden führen zu können. Bis ins Mittelalter hinein war das Seit etwa dem 11. Jahrhundert setzte sich bei der Na­ Kreuzzeichen hatte der Priester zu fragen: .Begerent noch so, dann geriet dieser Zusammenhang aus dem mensgebung die Orientierung an Heiligen durch. Der ihr, dass dises Kindtgetaufftwerde?" Daraufwurdevon Blick. Heute kann diese Salbung zur Stärkung ("Kate­ ausgewählte Heilige sollte als Namenspatron zugleich den Paten die Antwort erwartet: "Ja Herr." 19. chumenensalbung") nach dem Gebet um Befreiung er­ Vorbild und Fürbitter sein. Erst mit dem Konzil von Neben der Frage nach dem Namen und dem Tauf­ folgen. Der Sinn hat sich nicht gewandelt: Auch in Trient (1545 - 1563) wurden diese Gepflogenheiten als wunsch ist in den Konstanzer Ritualien ab 1597 die Fra­ unserer Welt gibt es leider böse, schädliche und Leben Richtlinie für die Namensgebung offiziell formuliert!'. ge nach einer erfolgten Nottaufe bezeugt-", Sie lautet: zerstörende Einflüsse, die Menschen vom Leben in Der Römische Katechismus (1566) verurteilte heidni­ "Ist es [das Kind] aber nicht gaech [gaeh] getaufft wor­ Fülle fern halten, sie krank und unglücklich machen'". sche Namen und förderte die Namensgebung nach den?" 21. Wir begegnen hier dem früher üblichen Wort Das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott war zunächst Heiligennamen, indem er die Wahl christlicher Na­ "Gähtauf', das unserem heutigen "Nottaufe" ent­ mit dem Taufvorgang verbunden: Priester und Täuf• menspatrone als Zeichen christlicher Frömmigkeit spricht". Das mittelhochdeutsche Wort gäh, gach, gä• ling standen im Wasser. Auf die drei Fragen nach dem herausstellte's. he bedeutet so viel wie plötzlich, eilig, schnell>, Früher Glauben an den dreifaltigen Gott tauchte der Priester . Erst recht spät tauchen Namensrichtlinien in den nahmen entsprechend Kinder gerne etwas zu Essen den Täufling nach jeder Antwort unter oder übergoss Konstanzer liturgischen Büchern auf: Das Konstanzer mit auf den Weg, um nicht dem "Gähhunger" (plötzli• ihn mitWasser. Erst im Frühmittelalterkam die heutige Rituale von 1721 übernahm (wie die Ausgaben von cher, unerwarteter starker Hunger) schutzlos ausgelie­ Form auf: Zuerst bekannte der Täufling den Glauben, 1766 und 1775) aus denVorbemerkungen zur Taufe des fert zu sein. Schwebte das Neugeborene in Lebensge­ dann wurde er mit der Formel N, "Ich taufe dich im Na­ RR einen Abschnitt über die Namensgebung, in dem fahr, musste, damit es nicht ungetauft starb, die "Gäh : men des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geis­ der Name eines Heiligen für das Kind empfohlenwird'" taufe" vollzogen werden. Dies war relativ häufig der tes" bei gleichzeitigem Übergießen oder Untertauchen Der Text interpretiert den Namen als Zeichen der Neu­ Fall, so dass genaue Erkundigungen eingeholt wurden, getauft. (Fortsetzung folgt) schöpfung als Gottes Kind durch Christus in der Taufe um eine nochmalige Taufe zu vermeiden". Seite 1499 Heimatkundliehe Blätter März 2006 Magnet-Hammer für Kirchenglocke Tonhöhe für das Fü nf-Tannen-Instrument steht fest - Von Frank D. Engelhardt Die Vorbereitungen für den neuen Glockenstuhl in der Balinger Stadtkirche gehen voran. Ein Magnet-Ham­ mer könnte die neue Kirchenglocke wohl am schöns• ten erklingen lassen. Die Entscheidung über die Tonhöhe der Bahnger .Prtedensglocke" wurde gefällt: Das über fünf Tonnen schwere und mit einem Durchmesser von 2,40 Meter sehr voluminöse Instrument wird in "Gis 0" erklingen Damit könne dann der mit sieben Glocken ausgestatte­ te Kirchturm ein Klangbild voller Harmonie zu Gehör bringen, erklären Waldemar Rehfuss un d Heinz Schwab vom Balinger Bürgerverein. Das i-Tüpfelchen für den neuen Glockenstuhl wäre die Installatio n von Magnet-Hämmern, erklärt Rehfuss, der diese Art der Klangerzeugung erstmals bei der Sanierung der Schör• zinger Kirche im Einsatz gese hen hatte. Das kleine Glockenmodell in der Balinger Stadtkir­ ehe hat dieser Tage eine solche Vorrichtung spendiert bekommen - zur besseren Illustration. Da jeder einzel­ ne Magnet-Hammer über Tasten elektronisch an­ steuerbar ist, könnten so auch ganze Melodien gespielt werden, erläutern die beiden Bürgervereinsvorstände die Möglichkeiten der neuen Technik. Zukunftsmusik, die auch in den Ohren von Stadt­ pfarrerin Kristina Reichle gut klingt. Bis dahin sei es al­ lerdings noch ein weiter Weg, meinen die beiden Vor­ stände. Schließlich müssten erst einmal 70 000 Euro Eigenbeteiligung zusammengesammelt werden, um das Projekt umsetzen zu können. Über jede einzelne Spende sei der Balinger Bürgerverein deshalb sehr froh und dankbar. Begutachten den Magnet-Hammer: (von links) Waldema r Rehfuß, Kristina Reichle und Heinz Schwab. FOTO : EN GElHARDT

DAS AKTUELLE BUCH Europa im Umbruch: Roman aus der Frühzeit des Buchdrucks 1452: Europa ist um Umbruch. Am Horizont na hen die ten "schwarzen Kunst", der Kuns t des Buchdrucks. ne nd es Leseverg nügen für alle Liebhaber historischer Vorboten einer neuen Epoche. Mit der Erfindung des Dem Kloster entflohen, erlern t er das ne ue Handwe rk Romane . Buchdrucks im ausgehenden Mittelalter ste ht weiter bei Meister Mentelin in Straßburg, bis er sich in Augs­ Der ehemalige Zahnarzt Wolfgang Trips, Jahrgang mehr als eine kulturelle Revolution bevor. burg auf die un durchsichtigen Mache nschaften seines 1958, lebt in Illertissen als Fachübersetzer und Schrift­ In diesen unsicheren Zeiten wird der junge Joh annes Bruders Günther einlässt. Iohannes Zainer, ein er der ste ller. Zain er, Sohn armer Reutlinger Wirtsleute, von seiner großen Pioniere des Buchdruc ks im Schwäbischen, hat Mutter ins Kloster Bebenhause n gegebe n, "damit er es mit seine n Werken großen Einfluss auf seine Zukunft einmal besser hat". Der Mönch entdeckt seine Liebe zu ausgeübt. Am Beispiel dieses außergewö hnlichen Le­ Wolfgang Trips:" Die Offizin". Ein historischer Roman aus den Schriften und sein Lebensweg führt ihn fortan mit­ bens entführt uns Wolfgang Trips in die aufregendsten der Frühzeit des Barocks, 304 Seiten, f ester Einband. ten hinein in die Geheimnisse der neuen, hoc hbrisan- Jahre des 15. Jah rhunderts un d präsentiert ein span- Erschiene n im Silberbu rg-Ve rlag , Tübingen.

Die Autoren dieser Ausgabe

Dr. Peter Thaddäus Lang Stadtarchiv Albstadt Postfach 125 72422 Albsta dt Dr. Klaus Peter Dannecker Theologische Fakultät Trier Deutsches Liturgisches Institut Weberbach 72a 54290 Trier Frank D. Engelhardt ZOLLERN-ALB-KURIER Grünewaldstr.If 72336 Balingen

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollemalb Vorsitzender: Christoph Roller, Am Heuberg 14, 72336 Balinge n, Telefon (07433) 77 82 Geschäftsführung: Erich Mahler, Mörikeweg 6, 72379 Hechingen Telefon (0 14 71) 15540 E-Mail: [email protected] Redaktion: Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15; 72336 Balingen, Telefon (07433) 2 66-153 1...- - - Heima:.... dlicheBlätter Zollemalb HeimatlQmdlichevereirligung ZollernalbeV

Jahrgang 53 30. April 2006 Nr.4 Ich bin der letzte Balinger Schwabe Dr. Christoph Wagner: Weltreisender in Sachen Musik mit Balinger Wurzeln - Von Gudrun Stoll "Ich bin der letzte Schwabe". Christoph Wagner ten", schreibt Christoph Wagner im meint's ernst. Sprache ist ständigem Wandel ausge­ Booklet, . das Hintergründe an­ setzt. Zu Hause in Balingen "merkt das keiner". Er als schaulich erklärt und mit Schwarz- "Auswanderer" bewahrt die Idiome der alten Heimat. . Weiß-Fotos von Orchestern und Und wird so für die Sprach- und Dialektforscher zu ei­ Ensembles die "alten Zeiten" le­ ner echten Fundgrube. bendig in Erinnerung ruft. Übri• Sollte er uralt werden, dürfen daher die Mitarbeiter des gens: Dem Knacken der uralten Tübinger Ludwig-Uhland-Institutes gerne für Studien Schellack- Platten konnte selbst das bei ihm vorbei schauen im englischen Yorkshire, wo gründliche Lifting im High-Tech­ der Ur-Balinger seit gut zehnJahren wohnt. Dass es ihn Studio des 21. Jahrhunderts nichts einst aufdie Insel verschlagen würde - wer hätte es ge­ anhaben. Das ist gut so. dacht ? Aber Ehefrau Iane - kennen gelernt haben sich lohn Peel dürfte in Deutschland beide im Urlaub auf Thailand - hätte in Deutschland nur in Musikerkreisen bekannt keine Chance gehabt, in ihrem Beruf als Bühnenbild• sein, in England genießtder vor ein­ nerin und Requisiteurin Fuß zu fassen. Ehemann einhalb Jahren verstorbene BBC­ Christoph hingegen kann im Prinzip an jedem Punkt Diskjockey Kultstatus. Christoph der Welt arbeiten. Vorausgesetzt, Telefon und Compu- Wagner ist Herausgeber einer CD, ter sind in Reichweite. . die Lieblingsaufnahmen aus der Eine Produktion für den Südwestrundfunk in Tübin• Plattensammlung Peels vorstellt. gen ließ in vor kurzem wieder Balinger Luft schnup­ Rare Schellacks, in deren 78er­ pern. Vier bis fünf Mal im Jahr fliegt Christoph Wagner Rhythmus Jazz, Country, Jodel und rüber von der Insel, manchmal in Begleitung von Ehe­ Gaga zum furiosen Mix verschmel­ frau Iane und der zehnjährigen Tochter Rose. Er ver­ zen, geizt der "Spiegel" nicht mit bindet gute Erinnerung an die Balinger Jahre. Im gut­ Lob für diese Wundertüte, prall ge­ bürgerlichen Elternhaus wurde gerne musiziert, Block­ füllt mit knisternder Musik und bri­ flöte, Klavier, Oboe erlernt und gespielt, später in der tischem Nonsense. Nicht zu verges­ Rockband das Schlagzeug bearbeitet, im Kulturverein sen die bestechend-schönen Tan­ Alternatives erprobt, im Stadtrat grüne Politik etabliert. go-Aufnahmen. Eine echte Entde­ Lang ist's her. Das politische Geschehen verfolgt Chris­ ckung. toph Wagner noch aus der Distanz. Die Kultur, vor al­ Christoph Wagners Spurensuche lem in den kreativen Nischen, hat zu seinem Bedauern führt nicht nur in die ferne Vergan­ an Kraft und Dynamik verloren. list, Herausgeber, Rundfunk- und Buchautor als Her­ genheit des 19.und in die frühen Dekaden des 20. Jahr­ Die Musik ist Passion gebliebenen und zugleich Pro­ ausforderung annehmen. Ein Forschender muss täg• hunderts. Aktuell befasst er sich mit der deutschen fession geworden. Christoph Wagner arbeitet als frei­ lich aufbrechen zu neuen Ufern, will er dem Klang der Rockmusik in den späten 60er- und 70er-Jahren. Die beruflicher Journalist auf einem spannenden Terrain: Musik folgen, ihre Ursprünge aufspüren, ihren Weg Stiftung "Kreative Impulse, Musik und Kunst" mit Sitz Er forscht nach Wurzeln und Ursprüngen der Musik, rund um den Globus verfolgen. Jenseits von Main­ in Oberschwaben hat ihm für diese Arbeit ihren dies­ verfolgt deren Spuren durch Jahrzehnte und Jahrhun­ stream und Musikantenstadel, aber ganznah dran an jährigen, mit 5000 Euro dotierten Förderpreis zuer­ derte. Das Populäre, die Hits aus den Charts, sie sind den Traditionen und Wurzeln. Aus wenigen Noten we­ kannt. bei seinen Recherchen auf die hinteren Plätze ver­ benVölker und Kulturen seit Urzeiten ihre Klangteppi­ Die Stiftung würdigt mit der Verleihung Wagners bannt. Sein Interesse gilt dem Ausgefallenen, dem Un­ ehe, löst Neues das Alte ab, kommt es zu Brüchen, so­ Forschungen im Bereich der populären Musik, die sich gewöhnlichen, den oftmals in Vergessenheit geratenen zialen Veränderungen; radikalen Einschnitten. Musik bisher in mehreren Buchpublikationen, mehr als ei­ Kulturschätzen. Den Liedern, die einst auf dem Dorf war und ist auch ein Spiegel der Gesellschaft. nem Dutzend CD-Anthologien sowie zahlreichen Bei­ gesungen wurden, den traditionellen Gesängen afrika­ Christoph Wagner hat schon mehrere CDs heraus trägen und Artikeln in Fachbüchern und Fachzeit­ nischer Bands, den Instrumenten, die in aller Welt Fuß gegeben. Die Echos derWeltmusik ergänzte er vor kur­ schriften im In- und Ausland niedergeschlagen haben. fassten und in jederKultur einen eigenen Platz fanden. zem um einen dritten Sampler, der den Flickenteppich Auf Wunsch der Stiftung sollen die Fördermittel Chris­ Manchmal schließt sich der Kreis. Wie beim Banjo. Europa vorstellt. In historischen Aufnahmen, aufge­ toph Wagner ermöglichen, sein Buchprojekt zu Ende Afrikahat ihm Leben eingehaucht, nahm es mit aufdie zeichnet zwischen I9Il und 1954, wird traditionelle zu führen, für das er seit Jahren Material sammelt und menschenunwürdige Reise in die Versklavung. Aus Musik vorgestellt, die eine Brücke von Irland bis Sizi­ Interviews führt. Konkret geht es um den musikali­ Amerika kehrte die Schlaggitarre mit Einflüssen aus der lien, von Frankreich bis Russland spannt. Für heutige schen UntergrundWest-Deutschlands in den 60er und Neuen Welt zurück zu den Rhythmen und Stimmen Ohren klingen Landler, Polka, Volksmusik aus Polen 70er Jahren. Die Jugend revoltierte gegen den Mief der des schwarzen Kontinents. und Ungarn, die regional gefärbten Klänge aus Mallor­ Elterngeneration, die 68er protestierten gegen die ge­ Christoph Wagner wohnt in Hebden Bridge, einer ca und Norwegen nostalgisch und fern. Zumal die Auf­ samte Gesellschaft und lösten Umbrüche und Verän• 5000 Einwohner-Gemeinde in West Yorkshire. Noch nahmetechnikvon damals noch in den Kinderschuhen derungen aus. Im Sog dieser Strömungen entstand heute ist etwas von der Hippie-Atmosphäre zu spüren, steckte. Doch die Mandolinen-Ensembles, Zigeuner­ erstmals eine eigenständige deutsche Rockmusik, eta­ die Künstler und Aussteiger vor Jahren in den Ort kapellen,Trachtengruppen und Streichmusik-Orches­ blierten sich Protestsänger und Liedermacher, gewann brachten. Zwei -Buchgeschäfte und zwei Plattenläden ter präsentierten ihrem Publikum moderne Kost. Die der Folk neue Impulse, schlug die Geburtsstunde von finden ·bis heute Kundschaft und Auskommen. Töne der Vergangenheit waren einst "in", dynamisch, Freejazz, Rockjazz und elektronischer Musik .made in Der Schwabe fühlt sich wohl an seinem neuen Le­ ja radikal, Ausdruck bewegter Zeiten. "Politische Er­ ". Eine spannende Spurensuche, denn mit bensmittelpunkt, von dem aus er den Kontakt hält zu schütterungen, soziale Umbrüche und Verschiebun­ der Musik und den Bands aus diesen Jahren ist der For­ Musikern undKünstlern, zu Wissenschaftlern, zur Süd• gen, Arbeitsmigration, Auswanderung und Rückwan-­ scher aus Balingen aufgewachsen. Er kommt ganz nah deutschen Zeitung und zur .raz", für die er regelmäßig derung, Landflucht und Verstädterung ließen neue so­ in Berührung mit der eigenen Vergangenheit. schreibt. Radiosender in Deutschland und der Schweiz ziale Klassen und gesellschaftliche Milieus entstehen arbeiten mit ihm zusammen. Für deren Kulturpro­ und verwandelten die Vorstädte der explodierenden gramme gestaltet Christoph Wagner mehrmals im Jahr Metropolen - ob Madrid, Glasgow, Paris, München, Sendungen. Wien, Budapest oder Warschau - zu Brutstätten neuer Die CD "Patchwork Europe" ist bei WERGO in Mainz er­ Demnächstwird ChristophWagner Fünfzig. Eine Zä• Volksmusikstile, die nicht mehr bäuerlich-ländlich, schienen. John Peel and Sheila "The Pig's Big 78s- A Be­ sur ? Falls ja, wird sie der ehemalige Dorfschullehrer, sondern urbanund proletarisch-kleinbürgerlichwaren ginners Guide" wurde in Zusammenarbeit mit dem promovierte Erziehungswissenschaftier, Musikjourna- und sich neuer Ausdrucksformen und Klänge bedien- Münchner Trikont Label aufgelegt. Seite 1501 Heimatkundliehe Blätter April 2006 "Pfarrer hält sich übel" Süddeutsche Dorfgeistliche der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert - Von Dr. Peter Thaddäus Lang, Teil 2 zu erkennen gab, dass es mit Hochwürden liiert ist. ­ Immerhin wird beim Vergleich dieser beiden Visita­ Eichstätt 1480: Mängel in der Lebensführung Ein weiteres Fünftel stand zwar im Geruch dieser Ver­ tionsdokumente deutlich, dass die Lage der alten Kir­ fehlung, doch hatten die Indizien ein geringeres Ge­ che sich durch die Reformation nicht überall in jeder wicht - es handelte sich um Verdächtigungen und Ge­ Hinsicht verschlechterte. Freilich darfein wesentlicher Der Eichstädter Visitator Johann Vogt waltete seines rüchte von dritter Seite'", Gesichtspunkt nicht außer Acht gelassen werden: Amtes mit ungewohnter Strenge und Gründlichkeit". Wenn die Verwaltung eines Bistums sich schon über• ,Gleichwohl bleibt ein gewisser Zweifel bestehen, ob er haupt einmal zu einer ernsthaften Visitation aufzuraf­ tatsächlich alle Mängel samt und sonders aufzuspüren fen vermochte, dann kann dieser Umstand allein be­ vermochte. reits als Indiz dafür gelten, dass die Verhältnisse dort WennVogt die äußere Erscheinung der Pfarrer beur­ keineswegs die schlechtesten sein konnten. Es muss teilte, ergaben sich solche Zweifel allerdings nicht. Mit Eichstätt 1480: Mängel in der Amtsführung demzufolge mangels besserer Beweise damit gerech­ einem einzigen Blickwar nämlich festzustellen, ob sich netwerden, dass die Situation in andren Bistümernwe­ der Inspizierte an die einschlägigen Bestimmungen sentlich schlechter war - eben deshalb, weil dort nicht hielt: Lange Haare, kurze Röcke, buntscheckige Farben Im vergleich hierzu erwiesen sich die Mängel auf visitiert wurde. _ und auch die damals sehrgeschätzten Schnabelschuhe dem Gebiet derAmtsführungals wenigerheblich: Jeder Diese Vermutungwird gestützt durch die Ergebnisse standen allesamt unterVerbot. Verstöße trafderVisita­ sechste zeigte elementare Wissenslücken, doch er­ der erstenVisitationen, die nach dem Trienter Reform­ torfreilich nicht allzu oft an. Weniger als ein Zehntel al­ scheinen lediglich zwölf von insgesamt 530 für den Kir­ konzil in zunehmender Häufigkeit durchgeführt wur­ ler überprüften Geistlichen fand Gefallen an modi­ chendienst vollkommen ungeeignet". Dergestalt ist es den. schemAussehen- in der Mehrzahl waren dies Kapläne nicht ausgeschlossen, dass die gottesdienstliche Hand­ und Altaristen, also , wie wir mittlerweile wissen, lung zu einem unwürdigen Possenspiel geriet, doch schlecht bezahlte Hilfsgeistliche". konnte der Visitator nur vereinzelt Fälle dieserArt aus­ Beim Aufspüren anderer Mängel hatte Vogt jedoch machen.Selten auchvernahm er Klagen überdas gänz• etwas größere Mühe, so etwa beim übermäßigen Ge­ liche Unterlassen der Amtspflichten", nuss des Weines. Nach seinenErhebungengab sich un­ Wenn man alle diese Mängelpunkte zusammen Würzburg gefähr jeder achte Geistliche dem Trunke hin, eine nimmt, so ergibt sich folgendes Bild: Zwei Fünftel der Zahl, die angesichts der allgemeinen Verbreitung die­ Eichstätter Geistlichkeit waren mit ganz erheblichen ses Übels nicht sonderlich hoch erscheint. Unter den Fehlern behaftet. Auf der Haben-Seite steht ein weite­ Der in jenerZeit am gründlichstenvisitierte Kirchen­ Trunkenbolden befanden sich ohne Unterschied Vika­ res Fünftel, das keinerlei Maß aufwies, weder in der Le­ sprengel des deutschsprachigen Raums ist fraglos das re, Kapläne, Pfarrer undAltaristen. Sie zechten zumeist bensführung noch bei den Amtspflichten. Bei einem BistumWürzburg- einSuperlativ, derdem großartigen im Wirsthaus, aber sie ließen sich auch bei ihren all­ vierten Fünftel zeigten sich nur leichte Unzulänglich• Reformbischof Iulius Echter von Mespelbrunn zu ver­ jährlich stattfindenden Kapitelsversammlungen fleißig keiten, wie beispielsweise das Fehlen einer Weihe­ danken ist. Dieser, ein außergewöhnliches Verwal­ den Wein durch die Kehle rinnen. Eines schuldhaften Urkunde, zu leises Sprechen bei der Predigt oder das tungs- und Finanzgenie. verwandelte in seiner mehr Verhaltens waren sie sich dabei nicht bewusst - extre­ Gerücht eines möglichen Verdachts eines Zölibatsver• als vierzigjährigen Amtszeit-sein Herrschaftsgebiet in me Fälle von Trunksucht hielten sie für eine natürliche stoßes'", ein reiches, blühendes Land mit erheblichem außen• politischen Gewicht". Echters Verwaltungstalent kam Folge von Kopfverletzungen. Die weniger weinseligen Dieses keineswegs ungünstige Bild wirkt noch ge­ nicht zuletzt auch der innerkirchlichen Reform zugu­ Kleriker nahmen an den Räuschen ihrerMitbrüder kei­ fälliger, wenn man das Urteil der Geme inden berück• tel . Das von ihm geschaffeneVisitationssystem erfasste nen Anstoß, solange sich jene einigermaßen ruhig und sichtigt. Den Unebenheiten in der Lebensführung ma­ im Laufe der 1570er Jahre nahezu alle Pfarreien seines gesittet aufführten26. · . ßen sie kaum Bedeutung bei; größten Wert indessen Bistums, die mit gewissen Einschränkungen in steter Im Wirtshaus fand sich die Eichstätter Geistlichkeit legten sie aufdie regelmäßige Feier der Heiligen Messe Abfolge Jahr für Jahr aufgesucht wurderr". überhaupt recht häufig ein, obwohl die bischöflichen wie auch aufdie Segnung der Saaten, aufdas Abhalten Wie zu erwarten, zeichnen die Berichte aus der Zeit Vorschriften dies streng untersagten. Dorthin gingen von Flurprozessionen und auf die Vermehrung der Wetterheiligen. Gerade diese brachten manchen Pfar­ vor 1580 ein wenig erfreuliches Bild. Die dort genann­ die Kleriker nicht nur des Weines wegen, sondern öfter ten Untugenden sind uns in ihrer Art nicht neu: Faul­ noch, um sich am Karten- oder Würfelspiel zu vergnü• rer in Bedrängnis, weil die volkstümlichen Wetterpar­ tone kirchenamtlich nicht anerkannt waren'", heit, Streitsucht, Alkoholismus, mangelnde Bildung, gen . Der fünfte Teil des Pfarrklerus im Bisturn Eichstätt weltliche Kleidung und - ganz pauschal- unpriesterli­ vertrieb sich aufdiese Weise die Zeit. Nach derVorstel­ Summasummarumvermittelt das EichstätterVisita­ tionsprotokoll beileibe nicht den Eindruck, die Kirche eherLebenswandel, was in derSprache derQuellenmit lung der Spieler taten sie selbst nichts Ungutes, denn Formulierungen ausgedrückt wird wie .vita scandalo­ verwerflich erschien ihnen lediglich die Absicht, sich sei am Vorabend der Reformation von Krisen geschüt• telt und dem Zusammenbruch nahe gewesen. sa" oder "hält sich übel". Dazu kommt als bisher unbe­ beim Spiel zu bereichern. Deshalb erzählten sie dem kannte Regelwidrigkeit eine vereinzelte Hinwendung Visitator, sie spielten ja nur zum Zeitvertreib und auch zum Luthertum, was sich beispielsweise im Besitz lu­ nur um ein bescheidenes Sümmchen. Als verwerflich therischer Bücher mainifestierr". hingegen galt ihnen, sich mit Bauern oder, schlimmer Um 1580 mussten sich noch knapp vier Fünftel der noch, mit Juden spielenderweise einzulassen. Geistli­ Kleriker solche Rügen gefallen lassen": Unter den ge­ che sollten ihrer eigenen Meinung nach unter ihres­ nannten Mängeln wird die - nicht näher spezifizierte ­ gleichen bleiben undsich allenfalls mitAmtleuten oder Freising 1560 Faulheit ausnehmend oft zur Sprache gebracht. Was mit Adeligen zusammensetzen-", bedeuten könnte, dass man kirchlicherseits nach dem Die Liste derVerfehlungen in der Lebensweise ist da­ Konzil strengere Maßstäbe anlegte. mit allerdings noch nicht erschöpft- es ist zudem noch Verlassen wir nun das Jahr 1480 undwenden wir uns Der mitAbstand häufigste Mangelpunktaberwarder die Rede von Streitigkeiten und von weltlichen Tätig• der einzigen aussagekräftigen Visitation zu, die uns aus Zölibatsverstoß. Um 1580 lebten beispielsweise im keiten wie das Ausüben der Heilkunst oder die Jagd, der Zeit bekannt ist, bevor sich die katholische Kirche Würzburger Dekanat Mergentheim 70 Prozent der doch bleiben derlei Dinge im Bereich der Fünf-Pro­ nach Abschluss des Konzils von Trient (1545 - 1563) Geistlichen mit einer Frauzusammen, im Dekanat Ge­ zent-Klausef", daran machte, die vielfältigen Mängel zu beseitigen". rolzhofen waren es 73 Prozent und im Dekanat Karl­ Ganz anders sah es im Bistum Eichstätt aus hinsicht­ Es geht um die Große Bayerische Visitation der Jahre stadt sogar 90Prozent44.Zu diesen Zahlen muss aller­ lieh der Zölibatsverstöße. "Zölibat" bedeutet bekann­ 1558 bis 1560, deren Freisinger Schlussredaktion seit dings bemerktwerden, dass ein beträchtlicherTeil die­ termaßen "Ehelosigkeit"; zwar war kaum einmal einer 1986 in einer wissenschaftlichen Edition vorliegt". ser Priester ein ansonsten untageliges Leben führte, der Pfarrer richtig gehend verheiratet, doch lebten eine Hinsichtlich ihres Informationsgehalts kann man diese was die Visitatioren auch durchaus positiv vermerk­ stattliche Anzahl von ihnen ehegleich mit ihrer Haus­ Quelle durchaus neben das Eichstätter Protokoll stel­ terr", hälterin zusammen. Dem Visitator war es gelungen, in len. Die Wurzel der mangelnden Ehelosigkeit der Pfarrer diesem Punkt bei der Geistlichkeit Angst und Schre­ Schon eine erste oberflächliche Lektüre lässt erken­ lag nach Auffassung der Würzburger Visitatoren in de­ cken zu verbreiten. Als Folge suchten.die Kleriker zu nen, dass sich an der Art der Mängel bei der Geistlich­ ren Haushaltung begründet, zu lateinisch die .fami­ verheimlichen, was immer sie konnten. Dieses allseiti­ keit nichts geändert hatte. - Beginnen wir wieder mit lia"46. Deswegen wirkte man langfristig daraufhin, dass ge Bemühen um Verdunkelung macht es außerordent­ der Kleidung: Jeder zwanzigste Pfarrer im Bistum Frei­ in den Pfarrhaushalten entweder ältere und deshalb lich schwierig, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. sing trug um 1560 ein ungebührliches Gewand", weit über allen Verdacht erhabene Frauen zugange waren So ergibt sich je nach der Wahrscheinlichkeit der An­ weniger also im Bistum Eichstätt achtzig Jahre zuvor. oder- bessernoch- weibliche Familienangehörige das haltspunkte, dass zumindest ein Fünftel mit Sicherheit Dagegen fand der Alkohol in Freising ähnlich viele Pfarrers. Dergestalt sank die Zahl der beweibten Geist­ gegen die Zölibatsvorschriften verstieß. Die Eindeutig­ Freunde wie in Eichstätt; Streitsucht und weltliche Tä• lichen bis zum Beginn des Dreißigjährigen Kriegs im keit der Fälle lässt in der Regel nichts zu wünschen üb• tigkeiten sind gleicherweise in Übung'? und ebenso Bistum Würzburg unter die Zehn-Prozent-Marke, wo­ rig: Dem Visitator blieb es beispielsweise nicht verbor­ steht es mit den Zölibatsverstößen. Die Eichstätter und hingegen sich die Zahl der Mütter, Tanten, Schwestern gen, wenn die Lebensgefährtin des Pfarrers bei seinem die FreisingerZahlenliegen hierbei merklich auseinan­ und Basen im Pfarrhaus gleichzeitig mehr als verdop­ Herannahen mitsamt ihren Kindern fluchtartig das der - während im Bistum Eichstätt um 1480 zwischen peltev'. Die zuvor genanntenArten priesterlichen Fehl­ Pfarrhaus verließ. Oder wenn der Pfarrer behauptete, 20 und 40 Prozent der Kleriker unter diese Rubrik fal­ verhaltens gingen in demselben Zeitraum gleicherwei­ er sei unbeweibt, und während er nochsprach, kam ein len, sind es im Bistum Freising um 1560 exakt 64,4 Pro­ se stark zurück, waren indes noch nicht vollkommen Frauenzimmer ins Pfarrhaus, das unmissverständlich zent'", ausgemerzt. (Fortsetzung folgt)

------April 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1502 Die Tauffeier im ehemaligen Bistum Konstanz Überlieferte Bräuche und Gepflogenheiten - Von Dr. Klaus Peter Dannecker, Teil 3 Bei der Kindertaufe antworteten zunächst die Eltern, wurden schonvorher Kerzen in de r Liturg ie verwendet, als: Wessenberg, Ritual1, 9:"Wie wollet ihr nun, dass ab dem Mittelalter die Paten für die Kinder. Heute legt allerdings nicht als persönliche Taufkerzen. Die Tauf­ dieses Kind in der Ki rche Gottes genennet werde?" man Wert darauf, dass die Eltern und Paten nicht für kerze wurde auch als Vesperkerze bezeichnet. Das 11 Vgl. M. M itterauer. Ahnen und Heilige. Namenge­ das Kind glauben können. Vielmehrbekennen sie ihren Wort ist als eine Verbildung aus Westerkerze für Tauf­ bung in ' der europäischen Geschichte . Münche n eigene n Glauben, in dem das Kind aufwachsen so1l28. kerze zu erklären.". Mit der Übergabe der Taufkerze 1993. Zitiert als: Mitterauer, Namengebung, 241 ­ 403, bes. 336-338; Brückner, Annemarie. "Namen -V. Eine interessante Frage ist die nach der Taufspen­ endete die Tauffeier. Der Priester sprach danach noch Namengebung": LThK3 7, 628. Im CatRom 1566 (2. 2. dung durch Untertauchen oder Übergießen. Die ur­ einen Entlassungswunsch, die Taufgesellschaft ging 76, S. 149) und im RR Tit. 11. c. 1 nr. 70 wurde diese sprüngliche Form ist die Taufe durch Untertauchen meist zum Taufschmaus, auf den wir in der nächsten Richtlinie aufgegriffen und im KKK 2156 fortge­ nach der durch das Pauluswort aus dem Römerbrief Folge eingehen werden. In der Aufklärungszeit wu rde schrieben. Zur vorchristlichen Praxis vgl. Mitterauer, Interpretation, dass ein Christ durch die Taufe mit an dieser Stelle manchmal ein Lied gesungen oder der Namengebung, 22 - 85. Christus gestorben und auferstanden ist zum ewigen Pfarrer ermahnte die Paten nochmals zu einem christ­ 12 Vgl. CatRom 1566,2.2.76, S. 149. Leben'". Das Hinabsteigen in das Wasser und das lichen Leben. Nach dem Entlass ungswu nsch, wenn die 13 Vgl. RCon 1721, 11; RRTit.11. c. 1 nr.70. Der Abschnitt Untertauchen wurde als Sterben symbolisch began­ Taufversammlung die Kirche verlassen hatte, wurde über die Namensauswahl ist eingefügt in die Be­ gen, wie auch das Auftauchen und Hinaufsteigen als vielerorts in die Luft geschossen. War der Brau ch ur­ schreibung der vom Pfarrer am Beginn der Tauffeier Neugeburt.Aber auch in der frühen Kirche gab es bei sprünglich zur Abwehr von Dämonen und Hexen ge­ abzuklärenden Fragen, unter denen auch die Frage der Taufe von Kranken oder Sterbenden die Taufe dacht, ist daraus im Laufe der Zeit ein Ausdruck der nach dem Namen des Kindes aufgeführt ist. durch Übergießen, die sich dann ab etwa 1500 immer Freude oder eine Ehru ng des Vate rs geworden. Die An­ 14 "Et quoniam iis, qu i baptizantur, tamquam DEI Filiis mehr durchsetzte", Ein schönes Zeugnis für die Taufe zahl der Böllerschüsse - drei für Jungen, zwei für Mäd• in Christo regenerandis,et in ejus militiam adscriben­ dis, nomen imponitur, curet, ne obscoena,fabulosa, durch Untertauchen sind alte Taufsteine aus der Zeit chen- zeigte den Bewohnern des Ortes das freudige Er­ aut ridicula, vel inanium deorum, vel impiorum ethni­ vor 1500. Das Taufbecken hatte sich zum Taufstein eignis an. Belegt ist dieser Brauch für Baden um 1800. corum hominum nomina imponantur; sed potius, weiterentwickelt, der in der Kirche die Taufe von Kin­ Vereinzelt hat er sich bis heute in Württemberg erhal­ quatenus fier i postest, Sanctorum; quorum exemplis dern durch Untertauchen ermöglichte, ohne dass der ten, so im oberen Schlichemtal'". fideles ad pie vivendum excitentur, et patrociniis pro­ Taufspender selber in das Taufbecken steigen muss­ tegantur. " RCon1766,22. Vgl. RCon 1775/1, 22; RR Tit. 31 te • Ein entsprechend gestalteter Taufstein aus goti­ 11. c. 1. nr. 70. scher Zeit ist in der früheren Balinger Stadtkirehe und Vgl. K.P. Dannecker. Taufe, Firmung und Erstkommu­ 15 Vgl. E. Wymann. "Liturgische Taufsitten in de r Diöze• heutigen Friedhofskirche erhalten. Er ist so groß, dass nion in der ehemaligen Diözese Konstanz. Eine li­ se Konstanz ": Geschichtsfreund 60 (1905) 1 -151. Zi­ der neben dem Taufstein stehe nde Priester ein en Säug­ turgiegeschichtliche Untersuchung der Initiationssa­ tiert als: Wymann , Taufsitten, 69f. Dort sind Beispiele ling bei der Taufe untertauchen konnte". Die Riten für die anfängliche Praxisaus den Familien der Refor­ kramente. (Liturgiewissenschaftliche Quellen und matoren gesammelt, die die alte Gepflogenheit nach dem Taufakt Um den Vorgang der Taufe noch Forschungen 92). Münster 2005. Zitiert als: Danne­ unterstreichen. deutlicher werden zu lassen und das von Gott gewirkte cker, Initiati onssakramente Konstanz , 144 - 166. 16 Vgl. A. Siegel. Lichter am Lebensweg. Aus unserer Heil symbolisch zu verdeutlichen, folgen dem Taufakt 2 Vgl. Danne cker, Initiationssakramente _Konstanz, 166-169. Volksfrömmigkeit . Karlsruhe 1953. Zitiert als: Siegel, verschiedene Riten nach. Früher wie heute wird der Lichter, 29; E. H. Meyer. Badisches Volksleben im neu getaufte Mensch mit Chrisam gesalbt, einer kost- 3 RCon 1482, fol4v. Gleich lautend in RCon1502, fol4v; neunzehnten Jahrhundert. Straßburg 1900. Zitiert baren Mischung aus Olivenöl und Balsam. Dieses Öl RCon 1510, fol 7v; RCon 1560, fol 6r; RCon 1570, fol als: Meyer, Badisches Volksleben, 27f; L.Zier. Königs­ weiht der Bischofam Gründonnerstag in der sog . Chri ­ 11r; für Jungen bzw. RCon1482,fol9v; RCon 1502,fol eggwaid. Die Geschichte des Amtes Wald und der sammesse. Die Salbung mit Chrisam stellt also die Ver­ 8v; RCon1510,fol11 v; RCon1560, fol11 v; RCon1570, Herrschaft Königsegg . Königseggwald' 1996. Zitiert fol1 7v für Mädchen. bindung mit dem Bischof dar. Wichtiger ist allerdings 4 als: Zier,286. "Et qu oniam iisqui baptizantur [. ..1nomen imponi­ 17 Vgl. H. Höhn. "Sitte und Brauch bei Geburt, Taufe die erste Bedeutung die ser Salbung: Das Wort "Chris­ tur [. . .1" RCon 1766, 22. Vgl. RCon 1775/1, 22; RR ru. tus" kommt aus dem griec hische n und bedeutet "de r und in der Kindheit ": K. Bohnenberger, A. Eberhardt, 11. c. 1. nr. 70. H. Höhn, und R. Kapff, (Bearb.) Volkstümliche Über­ Gesalbte". So wird jeder Getaufte ein "kleine r Chris- 5 Catechismus Romanus 1566. Der Römische Katechis­ lieferung in Württemberg. Glaube --: Brauch - Heil­ tus" , ein gesalbter Mensch, wie Jesus Chr istus, und hat mus nach dem Beschlusse des Konzils von Trient für kunde. Photomech. Neudruck 3. Aufl. Stuttgart 1980, Anteil an dessen Amt als Priester, König und Pro phet. die Pfarrer. Auf Befehl der Päpste PiusV. und Klemens 69 - 92. Zitiert als: Höhn, Sitte und Brauch, 87 - 89. Schon im Alten Testament wird berichtet, dass diese XII I.herausgegeben. Übersetzt nach der zu Rom 1855 Höhn führt Listen mit den am häufigsten verwende­ drei Personengruppen durch eine Salbung mit der für veröffentlichten Ausgabe mit Sachregister. Kirchenl ten Namen an verschiedenen Orten auf (88). ihr Amt notwendige Geisteskraft ausgerüstetwurden'", Sieg 1970. Zitiert als: CatRom 1566,2.2.76, S. 149. 18 Vgl. Mitterauer, Namengebung, 13f; 367 - 4 03. Als Ausdruck der neuen Schöpfung, die ein Mensch in 6 Im RR Tit. 11. c. 2 nr. 71 wird nur die Entgegennahme 19 RCon1597/1,13. Vgl. auch RCon1686, 13; RCon1721, . der Taufe geworden ist, bekommt er ein neu es, weißes des Namens festgelegt "acepto nomine baptizandi". 23. Ausführlicher: Dannecker, Initiationssakramente Gewand, das Taufkleid. Bei der Taufe durch untertau ­ Die Tauffe ier beginnt dann mit der ritualisierten Fra­ Konstanz, 171 -173. chen ist das notwendig, denn man musste andere und ge nach dem Taufwunsch, wobei der Täufling na­ 20 "Deinde [sacerdosl petat diligenter ab obstetrice et trockene Kleider anlegen. Als man die Täuflinge nicht mentlich angeredetwird. Das Recht der Eltern, den alijsastantibus. Ist es aber nicht gaech getaufft wor ­ Namen des Kindes festzulegen, wird im Kindertaufri­ den?" RCon1597/1, 13. Gleich lautend (auch für Mäd• mehr untertauchte, wurde das Taufkleid immer mehr tu s von 1971 deutlich respektiert: "Welchen Namen stilisiert und zu einem Häubchen ("Taufmitran) oder chen und mehrere Kinder): RCon 1597/1, 39; RCon haben Sie Ihrem Kind gegeben?" (Die Feier der Kin ­ 1686,13.39; RCon 1721,23.49. einem Umhang. Allein die verschiedensten Namen für dertaufe in den katholischen Bistümern des Deut­ das Taufkleid verraten einiges von dessen Geschichte. schen Sprachgebietes. Herausgegeben im Auftrag 21 RCon 1597/1 , 13. Gleich lautend (auch für Mädchen und mehrere Kinder): RCon1597/1,39; RCon1686, 13. In den Konstanzer liturgischen Büchern begegnen wir de r Bischofskonferenzen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und des Bischofs von Luxemburg . 39; RCon 1721, 23. 49. Mit "gaeh" RCon 1766, 25; denlateinischen Bezeichnungenvestis, cappa odermi - RCon 1775/1,25. tra. Die Entwürfe zu Tauffeiern aus derAufklärungszeit Freibu rg i. Br. 1971. Zitiert als: FKT 1971, 30. 54) Vgl. Probst, Kindertaufe, 148f, bes. Anm. 892. 22 Vgl. "Gäh-tauf" in: H. Fischer. Schwäbisches Wörter­ verwenden .Jinteolum candidum">' oder gelegentlich buch. 6 Bde und ein Nachtragsband. Tübingen 1904­ .vestis alba" :". Als deutsche Bezeichnungen finden wir 7 M. Probst. Der Ritus der Kindertaufe. Reformversu­ 1936. Zitiert als: Fischer,Schwäbisches Wörterbuch, 3, "weißes Käppchen"!", .Häublein"!", .Mäntelchen'?" che der katholischen Aufklärung des deutschen Sprachbereichs. Trierer Theologische Studien 39. 22. Dort wird die ebenfalls alte Form "Jachtauff" be­ oder "weißes Gewand'P?in den Rubriken zur treffende- legt. Vgl. dazu H. J. Spital. Der Taufritus in den deut­ Trier 1981, 148. Trotzdem gibt es Taufriten ohne die schen Ritualien von den ersten Drucken bis zur Ein­ ren Bezeichnung der Gestalt des Kleidungsstücks. Am Frage nach dem Namen;z. B. B. [Pracher). Neue Litu r­ häufigsten tritt die Bezeichnung "weißes Kleid":" zu­ führung des Rituale Romanum. LQF 47. Münster gie des Pfarrers M. in K. im Departement L. Mit einem 1968. Zitiert als: Spital, Taufe, 45; T. Vol/me r. Agenda meist in der Übergabeformel auf. Umgangssprachliche Anhang, von den besten Mitteln, gute Geistliche zu Coloniensis. Geschichte und sakramentliche Feiern Bezeichnungen im Bereich der Diözese Konstanz wa - erhalten. Der französischen Nationalsynode zur Prü­ der gedruckten Kölner Ritualien . Studien zur Pasto­ ren Westerhemd, Westerhemdlin, Westerhoud, Wes­ fung vorgelegt. Tübingen 1802. Zitiert als: Pracher, ralliturgie 10. Regensburg 1994. Zitiert als: Vollmer, terhube bzw. Abformen daraus wie z. B. die Verbildung Neue Liturgie 1802, 64f; Anon. Haustaufe. Enthalten Agenda, 229; Probst, Kindertaufe, 150 Anm. 903. in EAFA1/1138. [18061.Zitiert als: Haustaufe 1806. Schwesterhemd'" . Diese Bezeichnungen sind Bildun- 23 Vgl. "gäh" in: Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, gen aus der lateinischen Bezeichnung vestis und dem 8 B. Pracher. Entwurf eines neuen Rituals fü r katholi­ 3, 18f; "gach", "gähe" und "jach" in: Jacob und WiI-­ deutschen .Hemd" für ein Oberbekleidungsstück. Das sche Geistliche bei ihren Amtsverrichtungen. Zweyte helm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd.4/2, Leipzig verbesserte und vermehrte Auflage. Erster und zwei­ 1878; "jäh " in: Kluge, Etymolog isches Wörterbuch Taufkleid war in der Auffassung des Volkes so wesent­ ter Theil. 2. Aufl. Tübingen 1814. Zitiert als: Pracher, lich, dass der mundartliche Begriff "Western für Tauf­ der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar See­ Neues Ritual 21814,187. bold, Berlin u. a. 231995; "gaehe" in:Wilhelm Müller, kleid im Schwäbischen als Bezeichnung der Taufe ver- 9 B. M. {Werkmeister]. Deutsches Ritual fü r katholische Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Hildesheim 1963; wendet wurde". Eine Reihe von Zeugnissen vom 16. Seelsorge r. (anonym). Freiburg i. Br. und Konstanz "ganha" in: Frank Heidermanns, Etymolog isches bis 18. Jahrhundert aus Oberschwaben und der 1811. Zitiert als: Werkmeister, Dt. Ritual 1811, 7 und Wörterbuch der germanischen Primäradjekt ive, Ber­ Schweiz belegen, dass es Aufgabe der Patin war,' das B. M. {Werkmeister}. Deutsches Ritual für katholische lin u. a. 1993. Taufkleid bzw. Taufkäppchen zu stellen", Ab dem 18. Seelsorger. (anonym). 2. Aufl. Freiburg i. Br.und Kon­ 24 Vgl. Dannecker, Initiationssakramente Jahrhundert wurde das Taufkleid verstärkt von den stanz 1831. Zitiert als: Werkmeister, Dt. Ritual 21831, Konstanz, 174f. 268f. Pfarreien gestellt". Für viele ist heute bei der Tauffeier 7. Fast gleich lautet es bei Pracher, Neue Liturgie 1802, 71: "Johannes, so sollst du künftig heißen: Jo­ 25 Vgl. Dannecker, Initiationssakramente die Übergabe der Taufkerze und das Entzünden an der hannes ich taufe dich [. . .1" Konstanz, 186-232. Osterkerze ein kleiner Höhepunkt. Es wird versymboli- 10 Vgl. I. H. v. [ Wessenbergl. Ritual nach dem Geist und 26 Die Einführung an de r Stola ist ab 1597 nachwe isbar. siert, dass das Licht des Lebens von Christus auf das den Anordnungen der katholischen Kirche, oder Weitere Einte lheiten vgl. Danne cker, Initiationssa­ neu getaufte Kind übergegangen ist. Die Übergabe ei- praktische Anleitung für den katholischen Seelsorger kramente Konstanz , 233 - 239. ner Taufkerze ist in der ehemaligen Diözese Konstanz zur erbaulichen und lehrreichen Verwaltung des li­ 27 Vgl. Dannec ker, Initiationssakramente allerdings ein relativ junger Brauch. Offiziell wurde er tu rgischen Amtes. Zugleich ein Erbauungsbuch für Konstanz , 248 - 253. 260-265. - erst 1766 in die Taufliturgie aufgenommen. Allerdings die Gläub igen. St uttgart und Tübingen 1831. Zitiert 28 Vgl. Dannecker, Initiationssakramente Seite 1503 Heimatkundliehe Blätter April 2006

Konstanz, 254 - 256. 143 - 153. Zitiert als: Haßler, evangelische Taufe DAS AKTUELLE BUCH 29 Vgl. Röm 6,1- 14. 1811, 151; Werkmeister, Dt. Ritual 1811, 19 und 30 Vgl. Dannecker, Initiationssakramente Werkmeister, Dt. Ritual 21831, 19; Taufritus 1821, Konstanz, 269 - 280. 288; Taufritus ThQ 1823, 173; Wessenberg, Rituall, 19.34. 31 Vgl. M. LangeJ. Der Taufort im Kirchenbau unter besonderer Berücksichtigung des Kirchenbaus im 41 Vgl.Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, VIII, 728f. Tübingens Erzbistum Köln nach 1945. Siegburg 1993,34. VI/2, 3086; Fischer führt in VI/2, 2735 noch Oster­ hemdals mögliche, nur wegen des Wortwitzes ge­ 32 Eine kurze Information zur Balinger Friedhofskir­ wählte, und deshalb sehr unwahrscheinliche Be­ Geschichte ehe : Hannmann, Eckart. Die Friedhofkirche in Ba­ zeichnung an. Die Bedenken scheinen unbegrün• lingen. (Kulturdenkmale in Baden-Württemberg• det . Zu den Bezeichnungen vgl. auch Wymann, Von der alemannischen Besiedlung des fünften und Kleine Führer, Blatt 11). Stuttgart 1975. Taufsitten, 47f. sechsten Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart spannt 33 Vgl. Dannecker, Initiationssakramente 42 Vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, VIII, 728. sich der Bogen der Geschichte Tübingens. Zum ersten Konstanz, 281 - 286. Der Begriff ist heute nicht mehr gebräuchlich. Mal überhaupt wird sie in diesem Buch umfassend be­ 34 Vgl. Haustaufe 1806, 13. 43 So in Biberach, vgl. Schilling, A[ndreasJ, Hg. "Die schrieben. Wichtige Stationen werden dabei ebenso 35 Vgl.I. H.v. [Wessenberg (?J] . "Entwurfeines Formu­ religiösen und kirchlichen Zustände der ehemali­ geschildert, wie die Rolle Tübingens als Musensitz, als lars der Taufhandlung gemäß dem Ritus des Bist­ gen Reichsstadt Biberach unmittelbar vor Einfüh• Hort derWissenschaft und als heimlichezweite Haupt- hums Constanz": Archiv für die Pastoralkonferen­ rung der Reformation. Geschildert von einem Zeit­ stadt in Württemberg. , zen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz genossen". Freiburger Diözesanarchiv 19 (1887) 1­ Daneben erzählt dieses Buch spannend vom Leben ­ 201l (1821)283-288. Zitiert als: Taufritus 1821,288; 191. Zitiert als: Schilling, Zustände Biberach, 163. in der Oberen und in der Unteren Stadt, von Professo­ Anon. "Ein Formular zur Verrichtung der Tauf­ Nachweise aus dem schwäbischen Bereich der Di­ ren und Gogen, von revolutionären Jakobinern 'und handlung": Theologische Quartalschrift 5 (1823) özese Konstanz bei Fischer, Schwäbisches Wörter• von weltberühmten Studenten im nicht minder be­ 167 - 173. Zitiert als: Taufritus ThQ 1823, 173. buch, VII1,728; Nachweise für Luzern und Nidwal­ rühmten evangelischen Stift. 36 Vgl. Haßler, [Ludwig Anton]. "Auf welche Art ließe den, vgl. Wymann, Taufsitten, 50. Die Sitte hatte Informativ, spannend und fundiert zeichnen die Au­ sich die Ausspendung der hl. Taufe erbaulicher, sich in der Innerschweiz zum Geschenk eines Ta­ toren die Geschichte der Neckarstadt nach und geden­ und lehrreicher machen?": Archiv für die Pastoral­ schentuchsverändert, in dem das frühere Chrisma­ ken natürlich auch derer, die den Ruf Tübingens als konferenzen in den Landkapiteln des Bisthums le zu suchen ist. Der Brauch, den Täufling mit dem Stadt der Dichter, DenkerundWissenschaftler begrün• Konstanz 511 (1806) 123 - 138. Zitiert als: Haßler, Taufgewand zu bekleiden, drückte die geistliche El­ det, gefördert und verbreitet haben: Friedrich Hölder• Taufe 1806, 132; Werkmeister, Dt. Ritual 1811, 19 ternschaft aus; für den Primizianten gilt ähnliches, lin, Ludwig Uhland, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Werkmeister, Dt. Ritual 21831, 19. der durch den weltlichen Vater neu eingekleidet oder in jüngster Zeit Inge und Walter Jens, Hans Küng oder die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Vol• 37 Vgl.I. W Strasser. zur Verbesserung der wird. .Beyträge hard. Kirchenagenden mit vorzüglicher Rücksicht auf 44 Vgl.die Auflistung der zurTaufe bereitzuhaltenden Das leibevoll gestaltete Buch präsentiert knapp und das Konstanzische Diözesan-Ritual. Die Ausspen­ Dinge in den Ritualien: RCon 1721, 11; RCon 1766, dennoch profund eine Tübinger Stadtgeschichte, die dung der heil. Taufe": Archiv für die Pastoralkonfe­ 23; RCon 1775/1, 23. auch Kennern Neues präsentiert. Außerdem ist das renzen in den Landkapiteln des Bisthums Konstanz 45 Vgl. Wymann, Taufsitten, 54f. 150. Der Begriff Werk gut lesbarund eignetsich durchaus auch als kurz­ 7Il (1808) 18 - 41. Zitiert als: Strass er, Taufritus .Vesperkerze" oder "Westerkerze" ist in Fischer, weilige Lektüre. Trotzdem haben die Autoren auf ein 1808,33. Schwäbisches Wörterbuch nicht aufgeführt. Des­ umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis nicht 38 Vgl. Haßler, Taufe 1806, 151. halb dürfte der Begriff eher in den Schweizerischen verzichtet, so dass die an der historischen Entwicklung 39 Vgl.Wessenberg, Ritual l , 19.34. Bistumsanteilen Konstanz' gebraucht worden sein. Tübingens Interessierte genügend weiterführende Li­ 40 Vgl. Haustaufe 1806, 13; Haßler, Taufe 1806, 132; Vgl. zu den übrigen Zeugnissen Dannecker, Initia­ teratur finden. Über 100Abbildungen laden auch zu ei­ B. [PracheIj. Entwurfeines neuen Rituals, von einer tionssakramente Konstanz, 292 - 297. nemvisuellen Gang durch die Tübinger Stadtgeschich­ Gesellschaft katholischer Geistlicher des Bisthums 46 Vgl. Meyer, Badisches Volksleben, 26. 29; HWDA7, te ein . Konstanz. Mit Erlaubnis derObern. Tübingen 1806. 1068.Das Böllerschießen ist heute (2004)vereinzelt Zitiert als: Pracher, Neues Ritual 1806, 55 und Pra­ noch üblich. Ich habe es bei Timfen (und Hochzei­ cher, Neues Ritual 21 814, 195;Haßler, [LudwigAn­ ten) in den Pfarreien Schömberg, Schörzingen, 1~ ,fiÖJlll."'.11t11__... ton]. "Versuch eines Tauf-Ritus, wenn ein katholi­ Rosswangen und Ratshausen im Dekanat Balingen Wilfried Setzier, Benigna Schönhagen, Harrs-Otto Binder: scher Pfarrer Kinder protestantischer Eltern zu tau­ (Diözese Rottenburg-Stuttgart) erlebt. Die Jahrgän• Kleine Tübinger Stadtgeschichte. 232 Seiten, 123 meist fen hat":Archiv für die Pastoralkonferenzen in den ger des Vaters ehren diesen mit dem Schießen. Als farbige Abbildungen, fester Einband, 19,90 Euro. Er­ Landkapiteln des Bisthums Konstanz 10/2 (1811) Dankgebührt ihnen eine Einladung zum Umtrunk. schienen im Silberburg-Verlag Tübingen.

Die Autoren dieser Ausgabe

Gudrun StoU ZOLLERN-ALB-KURIER Grünewaldstr.15 72336 Balingen

Dr. Peter Thaddäus Lang StadtarchivAlbstadt Postfach 125 72422 Albstadt

Dr. Klaus Peter Dannecker Theologische Fakultät Trier Deutsches Liturgisches Institut Weberbach 72a 54290 Trier

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb Vorsitzender: Christoph Roller, Am Heuberg 14, 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 Geschäftsführung: Erich Mahler, Mörikeweg 6, 72379 Hechingen Telefon (0 74 71) 15540 E-Mail: [email protected] Redaktion: Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-1 53 Heima:....

Jahrgang 53 31. Mai 2006 Nr.5 In Balingen wurde einst lohkäs gebacken Beziehungen zu lokaler Redensart, die langsam in Vergessenheit gerät- Von Waldemar Rehfuss

Wurde früher als Brennstoff genutzt: der Balinger l ohkäs. FOTO: REHFUSS

Alte Sprichwörter und Redensarten unserer Vorfahren lung, des wegen seiner Limburger Käseform nur Loh­ Lohkäs-Saison ein. Das Fertigerzeugnis kommt im kommen langsam aber sicher in Vergessenheit. Sie käs genannten Produkts genannt, folgen: Heizwert etwa dem Torfgleich. Vor hundert und mehr werden nicht mehr "gepflegt". Dafür nehmenwir leider "Nach jedem Gerbprozess muss die Lohe (vorwie­ Jahren, als die Kohlenfe uerung noc h wenig eingeführt zu gerne fremdländische Vokabeln in unseren Sprach­ gend aus der glatten Rinde der jungen Trauben- un d war, gab es in den Gerberstädte n der Alb und des schatz auf. Es musste erst ein Verein gegründet werden, Stieleiche sowie der Fichte nrinde) erneuert werden, Schwarzwaldes noch allgemein den Lohkäs als zu­ damit wenigstens schriftlich etwas an unsere Nach ­ weil dann der Gerbstoff verbraucht ist. Die ursprüng­ sätzliche n Brennstoff. Vor allem schätzten ihn die kommen überliefert wird. lich braune Farbe än dert sich mit der raschen Zerset­ Metzgereien zum Räuchern von Fleisch und Wurst; als Wenn nun früher ein besonders Schlauer mit seiner zung beinahe in schwarze. In einer großen Abfallgrube Häutelieferanten erhielten sie ihn zum Vorzugspreis. Weisheit andere überzeugen wollte, konnte es passie­ wird die gebrauchte Lohe gesammelt. In wirtschaftlichen Wohlstandsperioden ging die ren, dass ihm mit folgender Redewendung entgegnet Sobald sich im Frühjahr wärmereWitterungeinstellt, Nachfrage nach Lohkäs stark zurück, und nur in Not­ zeiten besann man sich wieder auf dieses Ersatzbrikett. wurde: "Schwätz no koan Lohkäs." Diese Redensart beginnt für einige Tage als Nebenproduktion die Loh­ käsherstellung . Dazu wird die Lohe auf breite Steinflie­ Selbst in der Schweiz, die es eigentlich nicht nötig hat­ kann vereinzelt bei Alt-Bahngern noch angewandt und sen geschaufelt, mit Wasser angefeuchtet un d mit den te, wurde dieses einfache Heizmaterial hergestellt. gehört werden. Füßen getreten, bis ein gut durchgekneteter Teig ent­ Dort mischte man die ausgediente Lohe sogar mit Wie so oft beim Gebrauch überlieferter Sprüche steht. Alt und Jung marschierten im Gänsemarsch Obsttrestern. In Norddeutschland, wo ich meine Meis­ macht man sich über die Entstehung, auch dieser Aus­ durch diese Masse. (Für uns Kinder ein herrliches Ver­ terjahre zubrachte, haben die Lohkuchen eine vier­ drucksweise, nur selten einmal Gedanken. Dies soll gnügen, wenn der Teig so richtig zwischen den Zehen eckige Form. In manchen schwäbischen Gerberwerk­ nun im Folgenden hier geschehen: durchquillt /-eigenes Erleben d. Verf.). Dieser Lohteig stätten, wie z. B. Metzingen, Nagold oder Altensteig, - Als zwischen Mühlkanal und Eyach sich noch die wird mit einem Schäufelchen in runde Blechmodel hat man für die Lohkäs-Fabrikation besondere Maschi­ Werkstatt des letzten Balinger Rotgerbers Georg Reh­ vom Durchmesser eines Ofenrohres gefüllt und mit nen. In Balingen hatten wir für unseren Lohkäs keine fuss befand, war ich oft sein "Gehilfe". In meiner frü• den Füßen festgestampft, so dass die Blechform gleich Absatzsorgen, weil wir ihn überwiegend für den eige­ hesten Jugend war die Gerberei noch in Betrieb. Die wieder entfernt werden kann, während die noch feuch­ nen Bedarf verwendet haben." Zur Erinnerung an die Erdgruben waren mit Häuten bestückt. Dass ich da­ -ten Lohkuchen auf Latten in den so genannten "Loh­ vor über 60 Jahren abgeschlossene .Balinger- Lohkäs• mals auch bei der Herstellung des Lohkäs beteiligt war, käs-Rahrnen" gelangen. Fabrikation" habe ich mir damals noch rechtzeitig ein ist mir noch in guter Erinnerung. Doch lassen wir Ger­ Der Trockenprozess dauert bei günstiger Witterung Original erhalten. Wie lange die Redensart noch in Ge­ bermeister Rehfuss mit seiner Erklärung zur Herstel- ein Vierteljahr, dann setzt im Herbst noch einmal eine brauch ist, ist nur noch eine Frage der Zeit. Seite 1505 Heimatkundliehe Blätter Mai 2006 "Pfarrer hält sich übel" Süddeutsche Dorfgeistliche der katholischen Kirche im 16. Jahrhundert - Von Dr. Peter Thaddäus Lang, Schluss delt sich hier um eine n geradezu musterhaften Aus­ 21 Philippe Aries: Geschichte des Todes. München 1980. Würzburg 1593 nahmezustand. Am anderen Ende der Skala mag - un­ S. 83 -94. ter anderem - vielleichtda s Bistum Konstanz stehen, in 22 Lang, Würfel, Wein und Wettersegen (wie Anm. 5) Im Laufe des 17.,Jahrhunderts sollte sich das Verhal­ dessen Spre ngel au ch unsere Region lag. Dort wurde S. 220. Zum Visitationswesen und seiner Geschichte ten der Priester dann weiter an das Ideal des oben er­ zwar auch seit 1574 visitiert; der Erfolg ließ am Jahr­ vgl. neuerdings Peter Thaddäus Lang, Visitationspro­ wähnten Konzils von Trie nt annähern - eine Folge der hundertende indes noch auf sich warten'" , tokolle und andere Quellen zur Frömmigkeitsge• Ausbildung in den neu geschaffene n Priestersemina­ In jedem Falle aber ist festzuhalten: Um 1600 hatte schichte . In:Michael Maurer (Hrsg.),Aufrissder Histo­ ren, durch welche ganz augenscheinlich die Leitlin ien das Räderwerk der vom Trienter Konzil ausgehenden, rischen Wissenschaften, Bd. 4: Quellen. Stuttgart des Konzils wirksam vermitte lt wurderr'", Im Bistum innerkath olischen Reform überall seine Tätigkeit au f­ 2002. S. 302 - 324. Würzburg ist geradezu mit Händen zu greifen ; wie sich genommen; die mängelträchtige Talsohle der Refor­ 23 Ebd. S. 200 - 222. Bei Drucklegung meiner Schule die Kirchenreform vom Grobe n zum Feine n und von mation szeit war definitiv durchschritten. In deralsbald über das Eichstätter Visitationsprotokoll war noch außen nach innen bewegte. Sobald äußeres Ersche i­ nicht erschienen: Paul MailMarianne Popp (Hg.): Das aufsc heine nden Barockzeit sollte die katholische Kir­ Regensburger Visitationsprotokoll von 1508. In: Bei­ nungsbild und Lebenswandel nicht mehrvielAnlass zu che dann zu neuer, triumphaler Größe gelangen. t räge zur Geschichte des Bistums Regensburg 18 Tadel gaben, hatten die Kirchen oberen ein schärferes (1984) S.7-316. Diese Quelle erreicht jedoch bei wei­ Auge auf den spirituellen Bereich'". tem nicht die Informationsdichte des Eichstätter Tex- Im BistumWürzburgwurde ab 1593 nach den gottes­ Albert Braun: Der Klerus des Bistums Konstanz im tes . Vielmehr ste hen bei dem Regensburger Akten­ dienstlichen Handlungen jenseits der Sonntagsmesse Ausgang des Mittelalters. Freiburg/Br. 1938. S. 79 ­ stück die materiellen Gesichtspunkte ausnehmend geforscht, also nach Werktagsmesse und Vespergottes­ 91. - Franz-Cuno Ingelfinger: Die religiös-sittlichen stark im Vordergrund, wie das ja auch sonst bei den dienst, nach Katechismusunterricht und nach den Ri­ Verhä ltnisse im heutigen Württemberg am Vor­ erhaltenen spätmittelalterlichen Visitationsakten tualen des Totengeleits. Die Visitatoren stießen auf abend der Reformation. Stuttgart 1939. S. 50.- Peter aus dem deutschsprachigen Raum die Regel ist.- Vgl. Nachlässigkeit und Versä umnisse allenthalben, insbe­ Schmidt : Die Priesterausbildung. In: Elmar Kuhn/Eva Lang, Würfel, Wein und Wettersegen (wie Anm. 2) S.200. Unter die genau 1000 Pfarre ien, welche in de r sondere beim Katechismusunterricht. Für die Kate­ Moser u. a. (Hg.): Die Bischöfevon Konstanz Bd.l: Ge­ schichte. Friedrichshafen 1988. S. 135 -142; 135. Regensburger Quel le genannt sind, zählen auch die chismus-Misere trugen die Seelsorger keine unmittel­ vakanten Stellen (z.B . Nr. 841, 848, 919). Die häusli• ba re Verantwortung: Die Jugend blieb dem Unterricht 2 Braun (wie Anm. 1) S. 97. -Ingelfinger (wie Anm. 1) S.50. chen Verhältnisse beispielsweise fallen dem Visitator im Sommer wegen der Erntearbeiten fern und im Win­ nur spo radisch und eher zufällig ins Auge . Im Bi stu m ter, weil die Schulräume nicht hei zbar waren. Dieses 3 Dies ergibt sich aus dem be i Ingelfinger (wie Anm. 1) Eichstätt hingege n mussten die Priester eine lange S. 50 Anm. 36 zusammen gestellten Zahlenmaterial. Problem blieb no ch weit üb er die Echterzeit hinaus un­ und sehr gründliche Untersuchung über sich erg ehen gelöst. Den Vespergottesdien st ließ en viele Pfarrer aus­ 4 Friedrich Wilhelm Oed iger: Um die Klerusbildung im lassen. Die von Paul Mai aus der von ihm edierten Mittelalter. In: Historisches Jahrbuch 50 (1930) S. 145 fallen , weil ihnen die hierfür no twendigen liturgischen Que lle er uierten Konkubinarierzahlen sind zudem -188. - Braun (wie Anm. l ) S. 99f. -Ingelfinge r (wie höchst feh lerhaft und unvollständig. Von den S. 22 Bücherfehlten. SolcherKnappheit wirkte 1602 die Her­ Anm. 1) S. 49. Anm. 9 aufgelisteten 78 Belegen sind zwe i unzutref­ ausgabe neu er liturgischer Bücher im Bistum Würz• 5 Ingelfinger (wie Anm. 1)S.48. - PeterThaddäus Lan g: fe nd (Nr. 253 und 373), doch kommen andererseits bur g entgege n, woraufhin diese r Mangelpunkt im Lau­ Würfel, Wein und Wettersegen. Klerus und Gläubige weitere 121(sicl)hinzu , nämlich die Nummern 33, 34, fe der nächsten Jahre allmählich verschwand. Bei den im Bistum Eichstätt am Vorab end der Reform ation. 35, 37,60,86, 109, 123, 159, 161, 171, 176, 177, 197, Ritualen des Tot en geleits und beim Werktagsgottes­ , In: Volker Press/Dieter Stievermann (Hg.): Mart in Lu­ 280,282,287, 303, 304, 319, 341, 342, 343: 347, 362, dienst besse rte sich die Lage allerdings erst zwanzig ther - Probleme seine r Zeit (Spätmitte lalter und Frü• 363,364,367, 381, 391, 418, 423, 427, 441, 444, 466, Jah re später'". he Neuzeit Bd. 16). Stuttgart 1986. S. 219 - 243; 229: 472,476,478, 486, 494, 495,505,526, 529, 531, 532, 6 Gustav Schnürer: Kirche und Kult ur im Mittelalter 534,540,541,560,582,587,595,599, 604, 624, 635, Bd. 3 Paderborn 1926. S. 248. - Ludwig Andreas Veitl 641,645,681,687,688,694,697,699, 710, 712, 713, Würzburg 1597 Ludwig Lenhart: Kirche und Volksfrömmigkeit im 714, 734, 741, 745, 777, 786, 792, 793, 794, 195, 796, 800,801 ,815, 816, 820, 822,833, 836, 839, 847, 857, 1597 folgte ein weiterer Reformschritt: DerWür zbur­ Zeitalter des Barock. Freiburg/Br..1956. S. 87. - Eine überreiche Fülle anschaulicher Beispiele hierfür in: 860, 865, 870, 877,880,881,883,885,886,889,892, ger Oberhirte ließ die Beichtgewohnheiten seiner Herman n Wat zl (Hg.): Flucht und Zuflucht . DasTage­ 895,896,899,904,905,910, 911, 912, 918,920,-922,=--. Priesterschaft erkunden. Wie zu erwarten, mit wenig buch des Priesters Balthasar Kleinschroth aus dem 926,952,979,982,986,989,992. Nun isfaber der Gip- erfreulichem Ergebnis. Den Klerikern war offensieht­ Türkenjahr 1683 (Forschungen zur Landeskunde von fel wissenschaftlicher Akkutaresse keinesfalls er­ lieh der Geda nke fremd, dass man einen festen Beicht­ Niederösterreich Bd. 8). Granz-Köln 1956. reicht, wen n Mai in der Einführung seiner Edition vater als geistlichen Ment or hab en könne. Wenn sie 7 Beispielsweise Stadtarchiv Ulm A 3531 (Register zu meint, zu de m Schlusskommen zu müssen, es "lebten üb erhaupt ein mal beichteten, dann hatte dieses Unter­ den Ratsprotokollen) unter "Verwundungen". Auch nur ein knappes Zehntel mit einer Konkubine zusam­ nehmen hä ufig ein wallfahrtartiges Ausmaß. Durc h das die Lebensbeschreibungen des Götz von Berlichin­ men" (S. 22). Vgl. auch Paul MailMarianne Popp energische Drä nge n der Kirchenleitung verdoppelte gengeben ein äußerst plastisches Bild von der weit (Hg.): Das Regensburger Visitationsprotokoll von verbreiteten Rauflust in der Reformationszeit. 1526. In: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regens­ sich indes die Beich thäufigkeit innerhalb weni ger Jah re burg 21 (1987) S. 23 - 314; 38. Die Zahl der Konkubi­ und stieg von zwei - bis dreimal pro Jah r auf sechs - bis 8 Ernst Walter Zeeden: Deutsche Kultur in der Frühen Neuzeit. Frankfurt/M. 1968. S: 177 - 182. 'narier ist füglich nicht mit der Zahl 1000, sondern ­ achtmal. Mit zunehmender Beichthäufigkeit muss te korrekterweise - mit der Gesamtzahl derjenigen in sich zwa ngsläufig die geographische Distan z zum 9 Ebd. S. 163 - 167. - Bernd Roeck: Lebenswelt und Relation zu setzen, über deren häusliche Gegeben­ Beichtvater verringern, denn sonst wä ren die Geistli­ Kultur des Bürgertums in der frühen Neuzeit (Enzy­ heiten etwas ausgesagt ist. Daraus ergibt sich näm- klopädie deu tscher Geschichte Bd.9). München 1991. lich, dass 199 Kunkubinarier 165 Nichtkonkubina­ chen im Extre mfall nur noch auf Reisen gewesen . S.28f. Bei die ser Entwicklung ist eine Beliebtheits-Skala der riern gegenüber ste hen, oder, relativ gesehen, dass 10 Zeeden (wie Anm. 8)S. 282. - Roeck (wie Anm. 9) Beichtväter in Umrissen erkennba r: Hoch in der Gunst der Prozentsatz der Konkubin arier bei 55 Prozent S.104. liegt ! - Eine Zahl übrig ens, die sich durchaus in der klerikaler Beichtkinder standen Franziskaner und Do­ 11 Vgl.den Diskussionsbe itrag von PeterThaddäus Lang Größenordnung der Eichstätter Quelle bewegt. minikan er, gefolgt von allen anderen Orden, die in der in: Hans-Eugen Specker (Hg.):Stadt und Kultur (Stadt 24 PeterThaddäus Lang:Würfel, Wein und Wettersegen Reichweite derjeweiligen Pfarreien über Niederlass un­ in der Geschichte Bd. 11).Sigmaringen 1983. S. 153.­ (wie Anm. 5) S. 223 - 224. gen verfü gten. Die Amtsbrüder au s den eigene n Reihen Roeck (wie Anm. 9) S. 103. - Norb ert Elias: Über den waren hingegen seltene r gefragt'". Prozess der Zivilisation 1. Bd. Frankfurt/M . 1989. S. 25 Ebd. S. 224 - 225. Wen ig später dann richteten die Würzburger Visita­ 223. 26 Ebd. S. 225. toren ihr Augenmerk auf den Bücherbestand in den 12 Peter Thaddäus Lang: Die Kirchenvisita tionsakten 27 Ebd. S. 225 - 226. Pfarrhäusern, wobei sie ihre Messlatte denkbar niedrig des 16.Jahr hunderts und ihr Quellenwert. In: Rotten­ 28 Ebd. S. 228. anlegten - die Bem erkung "zu wenig" in den Protokol­ burger Jah rbuch fü r Ki rchengeschichte 6 (1987). 29 Ebd. S. 226 - 228. S. 133 - 153; 144 - Roeck (wie Anm. 9) S. 30. len bed eu tete sieb en Bücher und darunter. Trotzdem 30 Ebd. S. 230. 13 Elias(wieAnm.l l)S.1 94-213. kommt bei diesem Resultat keineswegs Freude au f: Im 31 Ebd. 14 Ebd. 175 - 194. Würzburger Dekanat Gerolzhofen gehörten dr ei Viertel 32 Ebd. 5. 231 - 232. der Visitier ten in diese traurige Kategorie; viele be sa­ 15 Ebd. S. 243. 33 Ebd. 5. 235 - 236. ße n nicht einmal eine Heilige Schrift; im Würzburger 16 Ebd. S. 242. Dekanat Mergentheim bestand die größte Pfarrhausbi­ 34 Das von Paul Mai edierte Regensburger Visitations­ 17 Erwin Gatz (Hg.): Geschichte des kirchlichen Lebens protokoll von 1526 (in: Beiträge zur Geschichte des bliothe k gerade mal aus armseligen zehn Büchern. Ih­ in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des Bistums Regensburg 21 (1987) 5. 23 - 314) bietet we­ rem Inhalt nach handelte es sich dabei üb erwi egend 18. Jahrhunderts Bd. 1: Die Bistümer und ihre Pfarrei­ sentlich weniger 5achaussagen zur Amts- und Le­ um Bibe l-Interpretatio ne n und Predigtsammlungen en. Freiburg/Br. 1991. S. 45. bensführung des Klerus als das Regensburger Proto­ aus dem 16. Jahrhundert'<. 18 Karl Schulz: Die niedere Weitg eistlichkeit in der koll von 1508 und kann deshalb in diesem Zusam­ Zimmerschen Chronik. Diss phil. Halle 1924. menhang übergangen werden. Ausblick 19. Thomas Paul Becker: Konfessionalisierung in 35 Anton Landersdorfer: Das Bistum Freising in der Kurköln. Untersuchungen zur Durchsetzung der ka­ Bayerischen Visitation des Jahres 1560 (Münchner Damit haben wir aber das 16. Jahrhun de rt schon tholi schen Reform in den Dekanaten Ahrgau und Theologische Studien, I. Historische Abte ilung, 26 längst verlassen. Es wird jedoch an diesem Punkt ge­ Bonn anhand von Visitationsprotokollen 1583 -1761 Bd.). 5t. Ottilien 1986. (Veröffent lichungen des Stadtarchivs Bonn Bd. 43). wiss deutlich geworden sein, dass die Reformen im Bis­ Bonn 1989. S. 34 - 38. 36 Ebd.5.101. tum Würzburg in der Zeit des großen Reformbischofs 20 Ernst Walter Zeeden/Peter Thaddäus Lang (Hg.): 37 Ebd. 5.102. Iulius Echter von Mespelbrunn mit System und großer Repertorium der Kirchenvisitationsakten aus dem 16. 38. Ebd. 5. 103 - 105. Landerdorfer setzt die Zahl der Energie vorangetrieben worden waren, wobei der Er­ und 17. Jahrhundert in Archiven der Bundesrepublik Konkubi narier (163) in Beziehung zu der Gesamtzahl folg nicht ausblieb. Freilich darf die Würzburger Ent ­ Deutschland Bd. 1: Hessen. Stuttgart 1982. S. 43, 199, der Visitierten (418), ohne in Rechnung zu stellen, wicklung nicht verallgemeinert werden, denn es han- 200 (.,gemeine Dienste"), 202, 207, 208. dass in 165 Fällen keine Auskunft zu diesem Thema Mai 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1506 vorliegt. Von den übrigen 253 Fällen ausgehend, Peter Thaddäu s Lang: Die tridentinische Reform im nen 1579 - 1624. In: Würzburger Diözesange­ kommt man auf 64,4 Prozent. Lan dkapitel Gerolzhofen. Kirchliches Leben im schichtsblätter 33 (1971) S. 51 - 125; 81. 39 Am ausführlichsten üb erIulius Echter - und in vie­ Spiegel der Visitationsberichte 1574 - 1619. 49 Johannes Meier: Karlstadt (wie Anm. 48) S. 78 . - ler Hinsicht nicht überholt: Götz von Pölnitz: Iulius 42 Lang: Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 246, 248. Lang: Mergentheim (wie Anm . 47) S. 166. - ders.: Echter von Mespelbrunn, Fürstbisc hof von Würz• 43 Diese Aussage beruht auf den Angaben der Visita­ Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 265. burgund Herzog von Franken (1573 - 1617) (Schrif­ tionsakten für die Landkap itel Gerolzhofen 50 Lang: Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 25f. - Vgl. auc h tenreihe zur bayerischen Geschichte Bd. 17). Mün• (im Diözesanarchiv Würzburg) und Mergentheim ders. Mergentheim (wie Anm. 45) S. 152. . chen 1934. (im Diözesanarchiv Rottenburg). 51 Lang: Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 250f. - Ders. 40 Zur administrativen Seite der Echtersehen Kir­ 44 Lang: Gero lzhofen (wie Anm. 41) S. 249 Anm . 34. Mergenthei m (wie Anm. 47) S. 150f. chenreform Haus-Eugen Specker: Die Reformtätig• 45 Peter Thaddäu s Lang: Die tridentinische Reform im 52 keit der Würzburger Fürs tbischöfe Friedric h von Johannes Meier: Karlstadt (wie Anm. 48) S. 9lf.­ Landkapitel Mergentheim bis zum Einfall der Wirsberg (1558 - 1573) und Julius Echter von Me­ Lang: Mergentheim (wie Anm. 45) S. 150. - Ders.: Schwede n 1631. In: Rottenburger Jahrbuch für Kir­ spelbrunn. In: Würzburger Diözesangeschichts ­ Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 25 1. chengeschic hte 1 (1982) S. 143 - 171; 148. blätter 27 (1965) S. 29 -125.- VgI.außerde m: Fried­ 53 Iörn Sieglerschmidt: Der niedere Klerus um 1600. rich Merz bacher (Hg.):Julius Echter und seine Zeit. 46 Pau l Mai und Marianne Popp geh en in die Irre, Eine vergleichende Untersuchung am Beispiel des Würzburg 1973. - Peter Baumgart (Hg.): Vierhun­ wenn sie .familia" mit der modernen Kleinfamilie Landdekanats Engen. In: Elmar Kuhn/Eva Moser u. dert Jahre Un iversität Würzburg. Eine Festschr ift. gleichsetze n - vgl. Paul Mai/Marianne Popp (Hg.): a.(Hg.): Die Bischöfe von Konstanz Bd. I: Geschich­ Ne ustadtlA. 1982. Das Regen sburger Visitationsprotokoll von 1508 te. Friedrichshafen 1988. S. HO - 124. - Peter Thad­ (wie Anm. 23) S. 29. 41 Vfl. Han s-Eugen Specker: Nachtridentinische Visi­ däus Lang: Die Statuten des Landkapitels Ebingen tationen im Bistru m Würzburg als Quelle für die ka­ 47 Lang: Mergentheim (wie Anm. 45) S. 149. - Ders .: aus demJahre 1755. In:Freiburger Diözesan-Archiv th olische Reform. In: Erns t Walter Zeede n /Hans­ Gerolzhofen (wie Anm. 41) S. 249. 113 (1993) S. 177 -199; ders., Die tridentinische Re­ georg Molitor (Hg.): Die Visitati on im Dien st der ka­ 48 Joh annes Meier: Die katholische Erne uerung des form im Landkap itel Ebingen. In: Rottenburger tholischen Reform (Katholisches Leb en und Kir­ Würz burger Landkapitels Karlstadt im Spiegel der Jahrbuch für Kirchen geschichte 14 (1995) S. 213 ­ chenreform 24/25). MünsterlW. 1977. S. 37 - 48. - Landkap itelsversa mmlunge n und Pfarreivisitatio- 237.

Die Tauffeier im ehemaligen Bistum Konstanz Überlieferte Bräuche und Gepflogenheiten - Von Dr. Klaus Peter Dannecker, Teil 4 Im ers ten Teil dieser Artikelserie hab en wir das Brauch­ stammt aus dem vorreformatorischen Biberach. Dort gen über die Erstkommunon beschreiben, zusammen­ tum vor der eigentlichen Feier der Taufe in der Kirch e ist Anfang des 16. Jahrhunderts der Ritus des .Entwes­ gewac hsen war. Die Einleitung zur Beschreibung der beschrieb en. Der zweite und dritte Teil befasste sich terns", also der Abnahme des Taufkleides geübt wor­ Abna hme des Taufkleides ist gegenüber dem RCon mit der Tauffeier selbe r. Der vorliegende abschließen­ den: Drei Tage nach der Taufe hat die Hebamme da s 1570 erweiter t und bestimmt, dass das Taufkäppchen de Teil zur Taufe befasst sich mit dem Brau chtum nach Kind zur Kirche gebracht. Nachdem der Pries ter in der sofort nach der Taufe oderam ersten, zweiten oderdrit­ der Tauffeier. Messe kommuniziert hatte, entwester te er das Kind ." ten Tag danach abgenommenwerden kann,je nach der Die Tauffeier war mit einem reichen Kranz an Ge­ Das "Entwestem" erscheint zum ersten Mal 1570 im örtlich en Gewohnheit, da es kein positives Gesetz dafür bräuchen umgeben. Nach Abschluss der Tauffeier, Konstanzer Obsequiale unter der Überschrift .Ad de ­ gebe. Überraschenderweise spricht der Priester ein an ­ aber in unmittelbarem zeitlichen und inhaltlichen Zu­ ponendas albas, vulgo Westerhemdlin dic tas , et ab lu­ deres Begleitwort als in der Vorgängerausgabe. Es lau­ samme nha ng sehe n manche KonstanzerRitualien (i. F. tionem Chrismatis infantis baptizati"." Nach einer kur­ tet bei der Abnahme des Taufkäppchens: abgekürzt "RCon") "offizielle" Riten vor; daneben gab zen Einleitung, die die früh ere Gepflogenheit in Erin­ "Die Abnahme des Taufkäp pchens es viele "inoffizielle" Gewohnheiten, die lokal sehr nerung ruft , nach der die Neugetauften ihre Taufklei­ gieße dir den Heiligen Geist ein. unterschiedlich ausgeprägt waren und mi r sporadisc h der nach der Taufe acht Tage lan g tru gen , wird das Im Name n des Vaters und des Sohnes überliefert sind. "Entwestem" in Konstanz geschildert. Das Taufkleid und des Heiligen Geistes. Amen ." bzw. das Taufkäppchen kan n am zweiten oder dritten Danach wischt der Priester das Chrisam mit einem "OffIzielle" Riten nach der Taufe Tag nach der Taufe abgenommen werden, um den befeuchteten Lappen oder Watte ab und spricht dazu: Kopf de s Kindes nicht zu gefährden. Man bringt das Ausschließlich in den Konstanzer Ritualien von 1570 Kind also zum Priester, der das Taufkäppchen ab­ "Das Abwischen des Chrisams sche nke dir Heil. nimmt und dab ei folgende Oration spricht: Im Name n des Vaters und des Sohnes und 159711war nach den Tau fordin es unter der Über­ und des Heiligen Geistes. Amen ."!" schrift .Ad de ponendas albas, vulgo Wester hemdlin "Herr, Gott, Schöpfer und Erlöse r des Die Nähe des zweiten Teils zum Text im Baseler Ri­ dictas, et ablutionem Chr ismatis infantis baptizati." Men schengeschlecht es, wir bitt en dich: ausgeführt, wie die Taufkap pe, die das Taufkleid ver­ Gieße diesem Diene r oder dieser Dien erin, tuale von 1488 ist bemerkenswert.F Die Erweiterung trat , abgenommen und der Ablut ionswein gereicht der oder die durch das Taufwasse r wiedergeboren wurde, könnte also auf den Einfluss dieses Rituales zurückzu­ wurde .' Das Obse quiale spiegelt aber nicht unbed ingt die Nüchternheit des Geistes und des Leibes ein. führen sein, dessen Text im Sacerdotale Basileense von die Praxis wieder, denn schon vor und no ch lang e nach damit. wenn ihm das Taufkleid abgenommen wird , 1595 wieder auftritt. Das Begleitwort zum "Entwestem" die Ankunft des Heiligen Geistes in ihm oder ihr der Aufna hme in das Obsequiale waren die rituelle Ab­ im RCon 1597/1 enth ält die schon von der Oration des alle Sünde n jetzt und imm er auslösche. RCon 1570 bekannten Motive, jedoch in einer anderen na hme des Taufkäppche ns und die Reichung derAblu­ Durch unseren Herrn Iesus Christus, deinen Sohn".'? sprachlichen Form. tion in der Diözese Konstan z zumindest lokal in In den nachfolgenden Ausgaben des RCon ist kein Ri­ Übung. Beide Riten sind oft miteinander vollzogen Die Beschreibung des .Bntwestems" im RCon 1570 lässt versch iedene Fragen offen : Wer brachte das Kind tus zum "Entwestem " mehr enthalten. In den RCon worde n; ab und zu sind sie mit der Aussegnung der zur Kirche? Wann wurden die Kinder tatsächlich .ent­ 1686 und 1721 ist auch kein Hinweis aufdas Abwischen Mutter verbunden worden.s westert"? Erfolgte das "Entwestem" zu einem beliebi­ des Chrisams enthalten. Auf die Übernah me des RRist Die Abnahme des Taufkleides und das Abwischen des gen Zeitpunkt od er in Zusammenhang mit der Messe? es zu-rückzuführen, das s die RCon 1766 und 1775/1 das Chrisams Wie wird das Kind wäh rend der Abnahme gehalten und Abwischen der mit Chrisam gesalbten Stelle sofort von wem?Etwas Licht in diese Fragen bringt das oben nach der Chrismation rubrizieren." Wymann schließt Die Abnahme des Taufkleides wurde in der Schweiz schon aufgeführte, freilich etwas ältere Zeugnis au s Bi­ daraus, dass bis zur Einführung des RCon 1766 das Ab­ und in Süddeutschland mit dem heute abgegangene n berach. Aus der Überschrift im RCon 1570 geht außer­ trocknen bzw. Abwischen des Chrisams und das Ab­ Wort "Entwestem " bezeichnet. Der dazu au ch verwen­ dem hervor, dass mit derAbnahme des Taufkäppchens nehmen des Chrismale gesondert nach der Taufe voll­ dete Begriff "Westerlege" bezog sich eh er auf da s Fest, (das ja die Funktion des Chrismales hatte!') das Abwi­ zogen wurde. Mit dem RCon 1766 hat den Vermutun­ das mit dem Abne hme n des Taufkleides verbunde n sche n des mit Chrisam gesalbten Scheitels verbunden gen Wymanns zufolge das "Entwestem" au f breiter war. Beid e Begriffe lassen sich als Komposita des lat. war. Die Beschreibung de s Ritus lässt nicht erkennen, Ebene aufgehört: Der Chrisam wurde sofort nach der vestis oder ah d. Wester au sm achen, die das Taufge­ wie dies von Statten ging. Diese unpräzisen Angaben Salbung wied er abgewischt, so dass es kein en Grund wand oder sogar die Taufe an sich bezeichneten.' In zum "Entwestem" sind kein Einzelfall, sondern eher mehr für das "Entwestem" gab . Trotzdem lebte na ch bes timmten Gebiete n wurde sogar der Sonntag nach die Regel, wie ein Vergleich mit den Ritualien benach­ Wymann da s "Entwestem" vereinzelt noch weiter." Ostern als Westerlegin bezeichnet." Der in den RCon barter Bistümer zeigt. 12 Blicken wir auf die Ritualien des deutschen Sprach­ 1570 und 159711 gena nnte volkssprachliche Begriff Aus dem Vergleich mit anderen Zeugnissen können raums, enthält keines nach der Wende zum 17. Jahr­ Westerhem bdlin ist die Bezeichnung für das Taufkl eid wir erschließen, dass das "Entwestem" vielfach am hundert einen Ritus zum "Entweste m ". Das "Entwes­ bzw. die Tau fkappe, die au f deren Abna hme üb erge­ dritten Tag na ch der Taufe erfolgt sein dürfte.13 Wegen tem" ist also über drei Jahrhundert e und in Süd ­ gangen war. 5 de s noch zu zeigende n Zusammenhangs mit dem Rei­ deutschland und der Schweiz sicher bezeugt. Scho n das Konstanzer Pon tifikale aus dem 11. Jah r­ che n des Ablutionsweines wurde es vermutlich wäh• Die Darreichung des Ablutionsweines hundert erwähnt am Samstag nach Oste rn die in der rend einer Messfeier nach der Kommunion vorgenom­ Ostemacht Getauften un d Weißgewandeten, die ihre men.l" Die Darreichung des Ablutionsweines war eine Er­ weißen Kleider ablegen." Die Ausga be des RCon von 1597/1 stellte das "Ent­ satzform der Taufkommunion und fand zumeist in Ein weiteres frühes Zeugnis für das "Entwestem" in westem" unter die Übersch rift .Ordo Deponendi Al­ zeitliche m Abstand zur Tauffeier statt, oft zusammen der Diözese Konstanz ist eine Ravensburger Verord­ bas, Wulgo Westerh emdlin Dictas, Abluendi Chrisma, mit der Abnahme des Taufkäppche ns. Die Taufkom­ nung von 1380. Ihre Grundintention liegt darin, eine et porrigendi vinum ablutionis"." Schon die Über­ munion und ihre Ersatzform wird deshalb zusammen übergroße Festlichkeit bei Gelegenheit der Abnahme schrift zeigt, dass das "Entwes tem" mit dem Reichen mit der Erstkommunion in einer der nächsten Folgen des Taufkleides zu unterbinden." Ein weiteres Zeugnis des Ablutionsweines, da s wir in einer der nächsten Fol- dargestellt. Seite 1507 Heimatkundliehe Blätter Mai 2006 2006

Damit ging der Pate, vereinzelt mit der Patin, vom Neben der Deutung als Darbringungsgestus kann ; Liturgienahes Tautbrauchtum Taufort durch den Chorraum zum Hochaltar, kniete der Gang der Paten mit dem Kind zumAltar verstanden auf den Stufen nieder und betete fünf Vaterunser für werden als fürbittende Geste. Das Kind wird vor Gott Der Gang derPaten mit dem Kind zum Altar das Glück und Heil seines Patenkindes. Danach über• gebracht, um seinen Schutz und sein Heil zu erbitten. Aus dem vorreformatorischen Biberach ist der gab er das Kind ohne Tauftuch an die Patin, die es zum Vor allem die dabei verrichteten Gebete erlauben diese Brauch überliefert, nach der Taufe das Kind zum Altar Muttergottesaltar trug, während der Pate in der Sakris­ Deutung. Wird das Neugetaufte zum Marienaltar ge­ zu tragen. Die zeitgenössische anonyme Schilderung tei die Finanzen regelte. Diese Form des Gangs der Pa­ bracht, wird dieser fürsprechende Charakter beson­ beschreibt diesenVorgang wie folgt: Nach dem Taufakt ten zum Altar dürfte im 17. und 18. Jahrhundert ver­ ders deutlich. Das heutige liturgische Buch "Die Feier und der Chrisam Salbung hat die Hebamme das Kind breitet gewesen sein." der Kindertaufe" empfiehlt die Beibehaltung des Brau­ wieder "eingebunden", d. h. angezogen und in das Tra­ In der Mitte des 19.Jahrhunderts wird der Brauch auf ches' das Kind nach der Taufe vor ein Marienbild zu bringen." Meinen Beobachtungen nach wird er im gekissen gebunden. Man stand also noch am Taufort. der Baar, der hochgelegenen Landschaft zwischen Zollernalbkreis heute in verschiedener Ausprägung Der zweite Pate hat das Kind übernommen und es zum Schwäbischer Alb und Schwarzwald so beschrieben: noch geübt. (Fortsetzung lolgt) nächstgelegenen Altar getragen. Da die Taufkapelle "Nach der Taufhandlung, welche der alte Pfarrer mit rechts neben dem Chorraum lag, könnte es sich um gebührender Würde verrichtet hatte, knieten die Ge­ den Altar einer benachbarten Seitenkapelle gehandelt vattersleute an den Stufen des Altares nieder und er­ haben. Dort zeichnete der Pate mit dem Kind ein Kreuz flehten von oben Segen und Gnade für den Täufling, der wie ein zartes Pflänzlein des himmlischen Taues über dem Altar. Danach übernahm die Hebamme das bedürfe und der erwärmenden Kraft der Himmelsson­ Kind wieder und die Taufgesellschaft machte sich auf ne, um zu wachsen und zu gedeihen. Dabei hatte die den Heimweg." Im Schweizerischen Appenzell be­ Gotte dem Götte das Kindlein auf die Arme gegeben stand man 1588 auf der Einhaltung dieses Brauches. und es ihm so lange gelassen, bis er sich, ermüdet von Auch dort zeichnete der Pate ebenfalls mit dem Kind der kleinen lieblichen Bürde durch das Versprechen ein Kreuz über dem Altar." Ohne genauere Beschrei­ des Gottesgeschenkes wieder loskaufte."25 Danach er­ bung ist der Gang zum Altar in Wiesloch im Kraichgau folgte ein Umgang um den Altar, den oft die Kamera­ Mitte des 16. Jahrhunderts bezeugt." den des Vaters mitmachten um sich den .Göttiwein", Die am weitesten ausgestaltete Form des Gangs der also den vom Paten (Götte) zum Taufschmaus gestifte­ Paten mit dem Kind zum Altar schildert Wymann aus ten Wein, zu verdienen. Nach dem Umgang begab sich dem Schweizer Teil des Bistums Konstanz: Dem Paten der Pate oder die Patin mit dem Kind in die Sakristei, wurde für den Gang zum Altar ein .Tauftuch" um die um dort die Gratulationen entgegenzunehmen und die Schultern oder wenigstens über die Arme gelegt. Ob es Unkosten zu begleichen." Der Brauch war einfacher sich dabei um das beim Taufgang schon verwendete geworden: Sowohl das Tauftuch als auch das Zeichnen .Tauftuch" handelt, das eher eine Decke für das Kind des Kreuzes sind nicht mehr bezeugt, übrig geblieben war, ist unklar. Das "Tauftuch" trug ausschließlich der ist das Gebet und die Geldgabe. Pate; ein weißes Tauftuch war einem Paten vorbehal­ Die Übung, das Kind zum Altar zu bringen, kann als ten, der Priester war. Sonst war das Tauftuch in ver­ ein Opfer- oder Darbringungsgestus gedeutet werden. schiedenen Farben gehalten. Wymann berichtet von Allein der Gang zum Altar, ggf. dessen Umschreiten, einem 1874 noch vorhandenen Tauftuch. das 1615 im war üblich, um dort eine Spende abzulegen ("Opfer­ schweizerischen Zug hergestellt wurde. Auf weißer gang"). Rein äußerlich war der Gang der Paten zum Al­ Leinwand war in roter Seidenstickerei eine Darstellung tar diesem Opfergang ähnlich. Das Zeichnen des Kreu­ des Hl. Geistes und des Lammes Gottes appliziert, dazu zes über dem Altar unterstreicht dies noch. Eine Rolle der Spruch: "Ein Gott, Ein Glaub, Ein Tauff." Am unte­ dürfte auch die alttestamentliche Vorschrift für eine ren Rand des Tuches befand sich eine Inschrift, die Darbringung der Erstgeburt spielen (Ex 13,2; Dtn überdenAuftraggeber zur Herstellungdes TuchesAus­ 15,19). Davon lassen sich die weiteren biblischen Vor­ kunft gab .23Nachdem der Pate also das Tauftuch über bilder ableiten: Elkana und Hannaweihen Samuel dem die Schultern oder über die Arme gelegt hatte, bettete Herrn Cl Sam 1) und die Darbringung Jesu im Tempel ihm darin die Hebamme das Neugetaufte samt Kissen. mit dem Zeugnis von Simeon und Hanna (Lk2,2I _40) .27

Die Autoren dieser Ausgabe

Waldemar Rehfuss Hirschbergstr. 32 72336 Balingen

Dr. Peter Thaddäus Lang StadtarchivAlbstadt Postfach 125 72422 Albstadt

Dr. Klaus Peter Dannecker Theologische Fakultät Trier Deutsches Liturgisches Institut Weberbach 72a 54290 Trier

Wolfgang Willig Egenbohlstr. 15 72336 Balingen

Herausgegeben von der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb Vorsitzender: Christoph Roller, Am Heuberg 14, 72336 Balingen, Telefon (07433) 7782 Geschäftsführung: Erich Mahler, Mörikeweg 6, 72379 Hechingen Telefon (07471) 1 5540 E-Mail: [email protected] Redaktion: Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, 72336 Balingen, Telefon (074 33) 2 66-1 53 Heima:~ dlicheBlätter Zonernalb Hei.inat1\!mdlicheVereinigung Zollernalb eV

Jahrgang 53 30. Juni 2006 Nr.6 Ausverkauf einer Jugend Erinnerungen an Dormettingen 1944- Von Dipl.-Ing. (FH) I Betriebswirt VWA Gerhard H. Roth

Ausverkauf deshalb: Weil diese Jugend zur Begeiste­ Wir wollten unser Schicksal selbst bestimmen. Bis jetzt sollten. Mensc hen (uns) und Material hat man in Zuf­ rungfür ihr Vaterland systematisch erzogen worden ist, war diese Rechnung auch aufgegangen. fenhausen auf die Eisenbahn verladen. Keiner wusste weil ihr eine glänzende Zukunft versprochen wurde Kritisch ist es aber geworden, als wir jetzt alle (die wohin es gehen soll. Gesch lafen haben wir in Güterwa­ und weil sie dann am Ende skrupellos "verheizt", ja, ganze Schulklasse von der Flak) nach Ludwigsburg be ­ gen auf Stroh. buchstäblich ins Chaos getrieben worden ist. In eine fohlen worden sind und dort im Zimmer eines Hauses Nach einigen Tagen ta uchte der Hohenzollern auf. Perspektivlosigkeit sondergleichen. am Arsenalplatz, auf vorgesehene Gespräche warten Der Zug fuhr durch Balingen und hielt in Dott ernhau­ Jugend, welche 1945 die Vergangenheit und die Zu­ sollten. Diese s Haus steht heute noch. Wir fühlten Un­ sen zum Ausladen an . . kunft verloren hatte. Jugend im Lebensvakuum, und heil heraufziehen und stellten fest, dass wir einge­ Was ich jetzt erlebte, war eine Welt, von deren Exis­ wie man heute weiß: Vor sich ein ganz es Leben un ter schlossen waren.Jetzt ist Gefahr im Verzug gewesen. Es tenz ich bis zu diesem Augenblick keine Ahnung hatte. Schuldvorwürfen wegen Verbrechen, die sie nie began­ hat sich bestätigt , was schon vorher zu vermuten war, Jetzt hat sich mir zum ersten Mal die bisherverborgene gen hat, weil alle noch Kinder waren. nämlich, dass dort die Waffen-SS mit Gewalt Nach - Fratze gezeigt, die sich hinter manchen Propagandare­ Damals geltende Wertmaßstäbe und Gesetze müs­ wuchs ausgehoben hat. . den bisher so geschickt getarnt hatte. sen zugrunde gelegt werd en , damit man den Inhalt des Das entsprach nicht unserem Willen. Wir beschlos­ Wir sprangen aus dem Zug, froh , endlich am Ziel zu Berichts, der damaligen Zeit entsprechend, bewerten sen zu fliehen, öffneten mit Gewalt ein verschlossenes sein und froh, mitten im Herzland un serer Heimat ge­ kann. Fenster und sprangen aus der nicht allzu großen Höhe blieben zu sein. Was uns aber schnell zur Gewissheit Meine Erlebnisse schilde re ich so, wie ich damals ge­ in die Freiheit und gingen zurück in unsere FlaksteI­ wurde, mitten hinein in Scharen jüdischer Arbeitsskla­ dach t, gefühlt un d gehandelt habe. lun g. ven aus den umliegenden Konzentrat ionslagern . Mit­ Im August/September 1944 kam plötzlich der Befehl ten hinein in eine utopische, unwirkliche Welt, die in In diese Zeit fiel auch meine Musterung zur Wehr­ zumAbbau der Stellung in Marbach .Jetzt hatte un s der un seren jugendlichen Idealvorstellungen bisher so macht. Die meisten von uns, wie auch ich, hatten sich Krieg endgültig eingeho lt, ohne Rücksicht darauf, dass nicht existierte. schon vorher als Offiziersbewerber freiwillig gemeldet. wir erst 16 Jahre alt gewesen sind und noch zur Schule War das mein Deutschland, mein Vaterland? Seite 1509 Heimatkundliehe Blätter Juni 2006

Was wir hier sahen, riss uns aus der Jugend in die Wirk­ Später habe ich viele Menschen an Baumästen hän­ lichkeit dieses Krieges. Es riss mich in ein Deutschland, gend und mit Schildern um den Hals gesehen. "Ich bin das ich niemals für möglich gehalten hatte. War das die ein Verräter", "Ich bin ein Deserteur". Entweder man Welt des Adolf Hitler? war dafür, oder man war todgeweiht. So bricht plötzlich und krachend ein heiles.Lebens­ Gerhard H. Roth aus Marbach a.N. war zusammen Da stampfte eine Kolonne aufuns zu. Auf den Schul ­ bild zusammen. Schreiende, anklagende, tödliche, tern der Männer lag ein Holzmast. Alsdiese an uns vor­ menschenverachtende, unwirkliche Wirklichkeit. Sind bei kamen, warf einer von uns, nichts ahnend und das deutsche Menschen, meine "Brüder", die ich hier schon gar nicht an Folgen denkend, den Rest eines Ap­ sehe, wie sie die jüdischen Häftlinge, es sind Juden aus fels beiseite. Im Bruchteil eines Lidschlages hat sich die dem Baltikum gewesen, verprügeln und mit Gewehr­ ganze Kolonne aufden am Boden liegenden Apfelbut­ kolben bearbeiten? Ich beginne, mich für mein Hei­ zen gestürzt. Jeder wollte der erste sein. Der Mast brach matland zu schämen.Am liebsten möchte ich mich bei krachend und polternd zu Boden . Dann begann die den geschundenen armen Kreaturen dafür entschuldi­ Wachmannschaft zu brüllen und mit den Gewehren zu gen. schlagen. Vor unseren Augen - und daran waren wir Ich hatte bisher eine Iugendzeit, die mir alles gebo­ schuld, wegen dem weggeworfenen Abfall. ren hat, was mein Herz begehrte. Ich bin als Kind und Ich habe in diesem Augenblick erfahren, wie viel Jugendlicher, bis zum Kriegsanfang trotz der Diktatur, Macht ein Mensch über einen anderen haben kann, in meinem kindlichen Leben in einer intakten Familie wenn dieser nur tief und lange genug gedemütigt wird. aufgewachsen. Ich konnte mich als froher Mensch ent­ Dies ist eine ganz gefährliche Erkenntnis. Sie ist auch wickeln. Alles hat mir Freude gemacht, auch weil ich heute überall in der Welt zu finden und beginnt oft vieles umsonst angeboten bekommen habe, wovon an­ schon im Kindergarten - mitten unter uns. dere Kinder in der Welt kaum zu träumen wagten. Zurück zum Bahnhof Dotternhausen: Oben auf der (Mein Vater hat gerade das verdient, was wir zum Le­ gegenüberliegenden Böschung kracht ein Schuss. ben brauchten). Trotzdem ist mein Alltag voll interes­ Menschengetümmel. das sich aber schnell wieder auf­ santer und ständig neuer Dinge gewesen. Auch im christlichen Glauben hat mich zu Hause löst. Ich will wissen , was da gewesen ist? Ein Wach­ dieses Regime nicht behindert. 1943 bin ich, nach dem mann in der Nähe gibt bereitwillig und freundlich Aus­ kunft: "Da hat einer der Verbrecher ein Brot gestohlen, üblichen Vorbereitungsunterricht. konfirmiert wor­ schenwürfe, die wir unverbrauchte Jugend bis dato in das kommt öfter vor". Wie kann eine Persönlichkeit so den. Wann ich wollte, bin ich am Sonntag zur Kirche uns hatten? Fragen, immermehrFragen? Aber weit und gegangen, auch in Iungvolkuniforrn, weil ich anschlie­ breit niemand mit einer Antwort für mich. gespalten sein? Ein Menschenleben für ein Brot? ßend sofort Dienst hatte. Nie hat mich daran jemand Auf diesen Schock hätte man mich vorbereiten müs• Was hatten diese Menschen verbrochen? Warum hindern versucht. Warum ist nun hier alles anders? sen! Oder war das gut für mich und mein weiteres Le­ sind sie hier? Warum behandelt man sie so unmensch­ Warum hat mein Heimatland hier, heute, ein anderes ben, so wie es gekommen ist? In diesem Moment ist in lich? Warum sind sie nur mit Lumpen bekleidet? War­ Gesicht? mir die Gegenwart zerrissen worden. In diesem Mo­ um hat man ihnen nicht wenigstens Schuhe gegeben, Es ist Mittag gewesen, als die Zugbremsen in Dot- ' ment hat meine Zukunft begonnen, sieben Monatevor anstatt sie die Beine und Füße mit Papiervon leeren Ze­ ternhausen zum letzten Mal kreischend zugegriffen dem eigentlichen Zeitpunkt, dem Kriegsende. Ob die­ mentsäcken umwickeln zu lassen? Warum mussten sie, hatten. Die Sonne stand hell am Himmel und auf der sem Erlebnis stand bei mir fest: Das Ende dieses Krie­ vom Fieber einer Lungenentzündung geschüttelt, hart Erde, einige Meter vor uns unzählige, wie Sträflinge ges bedeutet für mich keine "Katastrophe", wenn er arbeiten? aussehende .Sklavenarbeiter" von Soldaten bewacht. verloren geht. Wer solche Dinge tut, wie ich sie da erle­ Die Antwort: In letzter Not ist in dieser Gegend ver­ Tiefliegende Augen starrten und flehten mich verzwei­ be, hat das Recht auf den Sieg verwirkt. Mit dieser Be­ sucht worden, den dort vorkommenden Ölschiefer zur felt an. Sie fragten nach Brot. Plötzlich war hier meine handlungvon Menschen kann ich mich niemals "iden- Produktion von Treibstoff aufzuarbeiten. Dazu hat heile Welt zu Ende. Wo ich auch hinblickte, überall das­ tifizieren". , man viel Arbeitssklaven benötigt. Untergebracht wa­ selbe Bild. Ringsum Menschenwracks. bewacht von Wie sollte ich mich ab jetzt verhalten? - An meinem ren diese in Kc;mzentrationslagern. Dass es Tag und brüllenden Uniformierten, die zuschlugen wenn es ih­ Außenverhältnis durfte sich nichts ändern. Eswäre un­ Nachtviele Tote gegeben hat, ist uns nach und nach be­ nen nicht schnell genug ging. Wo war hier die Men- klug gewesen, seine Gedanken zu "veröffentlichen". kannt geworden. (Fortsetzung folgt)

Zurück in Dormettingen: (von links) Richard Deuring, Gerhard Roth, Bürgermeister Manfred Benkendorf, Ewald Seitel. Fronmeister a.D. Helmut Bertsch. FOTO: PRIVAT Seite 1510 Heimatkundliehe Blätter Juni 2006 Die Tauffeier im ehemaligen Bistum Konstanz Überlieferte Bräuche und Gepflogenheiten - Von Dr. Klaus Peter Dannecker, Teil 5 nungen eingreifen musste. Die Stadt Ravensburg erließ rungszeit lässt uns die Stellungnahme des Schörzinger bereits 1380 eine eingrenzende Vorschrift. In Freiburg Pfarrers Beda Pracher von 1802 sowohl die Ausschrei­ Das Taufopfer wurde 1488 die Zahl der Tischgäste auf acht Frauen, tungen als auch ihre Bewertungen durch die von der Einen Opfergang nach der Tauffeier hat es vermutlich 1666 auf höchstens 12 Personen festgelegt. In Wolfach Aufklärung beeinflussten Pfarrer erkennen: nach dem Gang der Paten zum Altar gegeben, wie die durften 1607 nur sechs Personen teilnehmen, nämlich "Auch kann ich hier den abscheulichen Missbrauch obigen Zeugnisse erahnen lassen. Beim .Entwestern" die Paten und die Frauen, die bei der Geburt anwesend nicht ungeahndet lassen, der in einigen Orten Sitte ist, eines Kindes muss es ebenfalls zu Opfergängen gekom­ waren. Trotz kirchlichen Verbotes lud man den Pfarrer und der darin besteht, dass der Vater des Kindes 34 men sein. Die Menschen brachten ihre Gaben zum Al­ regelmäßig zum Taufschmaus ein. mit seinen Gevatterleuten von der Kirche weg tar, legten sie dort ab, umschritten den Altar und kehr­ Neben der Anzahl der zum Mahl Geladenen wurde in eine Weinschenke geht, wo demnach ten auf ihren Platz zurück." Mit dem Ablegen der Ga­ auch der Speiseplan obrigkeitlich geregelt: 1650 be­ die Empfindungen der Andacht sogleich ben aufdem Altar verband man die Bitte um Heil und stimmte man in Wolfach: "Damit Eltern, Gevattersleu­ in Sinnlichkeit und Völlerey übergehen, Wohlergehen für den Täufling. Ein innererZusammen­ te und Paten wissen, wie die Taufsuppe gehalten wer­ wahrend das Kind und die Kindbetterin manchmal hang mit dem Gang der Paten zum Altar ist also deut­ den soll, es ist nur eine einzige Tracht Gebackenes oder aufdie unverantwortlichste Weise vernachlässiget werden. lich.3D Das Taufopfer ist auch heute noch üblich, frei­ Gebratenes oder ein Essen Fisch gestattet, doch dies Gott Lob! dieser abscheuliche Missbrauch lich gibt es keinen Opfergang mehr. Oft wird dazu ein nie zusamrnen.t''" 1778 wurde dieser Speiseplan noch ist in meiner Gemeine nicht bekannt.":" Körbchen für die Gaben bereitgestellt. weiter reduziert. In Freiburg war 1666 nicht einmal ein Die Freude über die Geburt und Taufe eines Kindes ganzes Essen zum Taufschmaus erlaubt. Man wusste erfüllte die Menschen und suchte ihren Ausdruck. sich zu helfen und wich phantasievoll auferlaubte und Der Taufschmaus oder das Tautessen Nachdem die Liturgie eher verhalten war, suchte sich nicht minder köstliche Speisen aus, was wiederum die Freude ihren unbändigen Ausdruck im weltlichen Nach der Tauffeier fand noch am Tauftag oder ein paar neue Reglementierungen zur Folge hatte. Von Mark­ Fest des Taufschmauses, der außerdem noch eine Tage später, oft am Sonntag nach der Taufe, "ein ziem­ graf August Georg von Baden-Baden (1706 - 1771)36 wichtige soziale Funktion hatte. Die obrigkeitlichen lich teurer Taufschmaus statt"!' Dieser wurde nach stammt die klugeAnweisung: "Bei den Kindstaufen der Eingriffe, die man als absolutistisch und elitär bezeich­ dem Hauptgetränk auch als .Täufekaffee" (Filder, Bürger- und Hofleute sollen mit Inbegriffder Gevatter­ nen kann und eine gewachsene Kultur zu verändern Münsingen aufder Schwäbischen Alb, Ludwigsburg u. schaft und Hebamme nur fünf Personen zugegen sein. versuchten, müssen daher als problematisch eingestuft a.), nach der früheren Hauptspeise .Taufsuppe" (Im Diesen soll außer einem Glas Wein ein Stück Käse und werden. Das gewachsene Brauchtum war stärker: Die Westen von Spaichingen bis Nagold, Balingen, Herren­ .Brot, den Vornehmen und Charakterisierten aber eine Beschränkungen und Regulierungen seitens der ver­ berg, Leonberg, Gaildorf, Neckarsulm), "der Gottlob" Platte Konfekt vorgestellt werden, widrigenfalls der schiedenen Obrigkeiten änderten die Situation nicht (Wangen, Leutkirch, Waldsee), .Preudschnitt" (Ried­ Hausvater für jede überzählige Person drei Gulden nachhaltig, sondern spornten die Menschen an, phan­ lingen), .Kindbetthof" (Aalen, Ellwangen), oder weil er Strafe und ebenso viel für eine weiters aufgetragene tasievoll neue Weisen des Taufschmauses zu entwi­ beim .Enrwestem" stattfand als "Westerlege(te)" be­ Platte zu erlegen angehalten werden solle. Wer jedoch ckeln, die den Auflagen genügten und trotzdem die zeichnet. In Rickenbach (Schwarzwald) wird das Tauf­ eine Taufsuppe geben will, erhält gegen Erlegung von Festfreude zum Ausdruck brachten. Die Taufe wird mahl als "Schlottere" bezeichnet. Dieser Name kann fünfzehn Gulden in die Armenkasse oberamtliche Er­ auf die für die Ausrichtung zuständigen Nebenpaten, laubnis." Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wird in Ober­ heute meist einige Wochen nach der Geburt gefeiert. die .Schlotterpaten" zurückgeführt werden." schwabenderTaufkaffee seinemNamen entsprechend Die Eile, mit der Kinder vom 17. bis zur Mitte des 20. Der Taufkaffee findet im Schwäbischen gewöhnlich gestaltet: Es gibt Kaffee mit Butterkuchen oder Hefe­ Jahrhunderts getauft wurden, ist dem Wunsch gewi­ im Taufhaus statt, manchmal geht man anschließend kranz, zum Schluss noch ein Vesper mit Wurst, Käse chen, dieses Ereignis im Kreis der Familie gebührend noch ins Wirtshaus. Wenn man zurTaufe vom Filial- in und Brot, dazu wird Most, BieroderWein gereicht. "Sü• zu feiern. Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist es heute den pfarrort musste, blieb man zumeist zum Tauf­ ße Brocken" (warmes Weißbier mit Brot, Zucker und üblich, dass 'sich Eltern, Verwandte und Freunde zur schmaus dort in einer Wirtschaft. Aus Calw und-Ehin­ Honig vermischt) gibt es in der Gegend von Ellwangen Tauffeiereine fröhliche undfestliche Versammlungbil­ gen wird scherzhaft erzählt, "dass nicht nur einmal und Neresheim. "Sauren Käs" (Schweizerkäse in Wür­ den. Das Fest nach derTauffeier hat so einen wichtigen nach einem solchen Taufschmaus im Nachbarort der fel geschnitten, mit Wurst vermischt und in Essig ange­ Stellenwert bekommen, der nicht mehr reglementiert Täufling aufder lustigen Heimfahrt verloren gegangen macht) isst man in Biberach und in Schwäbisch wird. Die Bemühungen in der Seelsorge gehen dahin, seL"33 GmÜnd.37 die Taufe nicht nur als schönes Familienfest zu bege­ Der Taufschmaus artete offensichtlich derart aus, Wenigstens gelegentlich muss es beim Taufschmaus hen, sondern sie als Fest der ganzen Gemeinde im Be­ dass die weltliche Obrigkeit schon früh durch Verord- zu Ausschreitungen gekommen sein. Aus der Aufklä- wusstsein der Gläubigen zu verankern."

rung der Reformation. Geschildert von einem Zeitge­ 14 Vgl. das Zeugnis aus Biberach oben, Zum Reichen des nossen". Freiburger Diözesanarchiv 19 (1887) 1 -191 . Ablutionsweines vgl. eine der nächstn Folgen über die Zitiert als: Schilling, Zustände Biberach, 163. Mit der Erstkommunion. 1 Nur wenige Ritualien des deutschen Sprachraums ha­ Reformation wurde in Biberach auch das Western ab­ 15 RCon 1597/1, 75. ben eigene Bestimmungen zur Abnahme des Taufklei­ ge-schafft: "Item man [...] entwesteret ouch kain kind des bzw. Taufkäppchens. Spätestens im 17. Jahrhun­ me." H. v. Pflummern. "Etwas ain wenig von der aller 16 RCon 1597/1, 75f. Eigene Übersetzung. dert verschwinden sie wieder. Vgl. H. J.Spital. DerTauf­ grusamlichosten, unerhertosten, unewangelichosten, 17 Vgl. RBs 1488, zitiert nach Wymann, Taufsitten. 78f. ritus in den deutschen .Rit ualie n von den ersten Dru­ gotzslososten, ketzerichosten und versierichosten Lu­ 18 Vgl. RR Tit 11. c.2 nr. 24. Ebenso RCon 1766, ss. 48; RCon cken bis zur Einführung des Rituale Romanum. LQF 47. tery, die sich verlosen haut ungefarlich vom 1523 jar bis 1775/1, 36. 48. Münster 1968,121 . ietz in das 1544 iar. Hg als Beiträge zur Geschichte der 19 Vgl. Wymann, Taufsitten, 53. Wymann legt leider kei­ 2 Vgl. A. Franz. Die Kirchlichen Benediktionen im Mittel-. Einführung der Reformation in Biberach von A[ndreas] ne Belege dafür vor. Für das Reichen des Ablutionswei­ alter. 2 Bde. Freiburg/Br. 1909, 11 ,239; E.Wymann. "li­ Schilling": Freiburger Diözesanarchiv 9 (1875) 141 ­ nes, das eng mit dem "Entwestern" zusammenhing, turgische Taufsitten in der Diözese Konstanz" : Ge­ 238. Zitiert als: Pflummern, Reformation Biberach, 169. gibt es allerdings vereinzelte Belege bis Anfang des 19. schichtsfreund 60 (1905) 1 - 51. Zitiert als: Wymann, In Fußnote (7) ist dort übersetzt: "Man zieht bei der hl. Jahrhunderts, so dass von daher die Vermutungen Wy­ Taufsitten, 12f. 52. 58f. Zum Reichen des. Ablutions­ Taufe den Kindern das weiße Kleid nicht mehr an." manns gestützt werden. ... we ins vgl. eine der nächsten Folgen zur Erstkommu­ Diese Übersetzung scheint nicht korrekt zu sein, denn nion . "entwestern" bedeutet die Abnahme des Taufkleides, 20 "Wenn das khündt wider einbunden ist gesein, so hat mann es denn dem Annderen Mann, der es mit ubern 3 Vgl. H. Fischer. Schwäbisches Wörterbuch. 6 Bde und das freilich nur dann geschehen kann, wenn es in der Taufe auch angelegt wurde. Thauff gehöbt hat, geben; der hats denn zue dem ein Nachtragsband. Tübingen 1904 - 1936. Zitiert als: nechsten Alltar Tragen und ein Creüz darauff mit dem Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, 11, 744. Vlll, 728. VII 9 Vgl. RCon 1570, fo l 18v. Knindt gemacht und es den der Hebammen wieder ge­ 2, 3408; Franz, Benediktionen, 11 , 239 und Wymann, 10 RCon 1570, 18v. Übersetzung nach Wymann, Taufsit­ ben. 50 ist man denn wider haimb Gangen." Schilling, Taufsitten, 45f. Ausführlich zum Begriff: Brandstetter, ten, 52. Zustände Biberach, 163. Josef L. "Westeriege und Schlotterten": Der Ge­ schichtsfreund. Mitteilungen der fünfOrte Luzern, Uri, 11 Das Taufk leid und die Taufhaube zum Schutz und zur 21 "Vnd wan sy die Kinder uß Touff habend, söllend sy das Schwyz, UnterwaIden undZug 60 (1905) 153-161. Verzierung der Chrisam salbung wurde im 15. und 16. Crüz vfem Altar machen.", zitiert nach Wymann, Tauf­ Jahrhundert miteinander in Verbindung gebracht: Das sitten,4f. 4 Vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, V1I2, 3408 . Ablegen des Taufkleides wurde mit dem Abwischen 22 Vgl. A. Siegel. Lichter am Lebensweg. Aus unserer s Vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Vl/l, 728. des Chrisams verbunden. Ein Zeugnis für das Abwi­ Volksfrömmigkeit. Karlsruhe 1953. Zitiert als: Siegel, 6 "Sabbato infra Albas. Albati, qui in sabbato sancto schen des Chrisams ohne Erwähnunq des Taufkleides Lichter, 31. baptizati fuerunt albis vestibus exuuntur. Benedietio ist im Baseler Rituale von 1488 überliefert. Vgl. RBs 23 Vgl. Wymann, Taufsitten, 3f, Anm. 1. aque ad albas deponendas." Pontificale Constentiense 1488, abgedruckt be i Wymann, Taufsitten. 78f. Dort 11.Jh. "Pontifical du Xlesiede (Ms. 334)": J.-8. PeltEtu­ wird nach dem Reichen des Ablutionsweins nur von 24 Vgl. Wymann, Taufsitten, 3f. Ort und Zeit gibt Wy­ des su r la cathedrale de Metz . LaLiturgie I (V.- XIII. siec­ der chrismatis ablutio geredet, aber nicht von einem mann nicht an . Es handelt sich vermutlich um eine Re­ le). Metz 1937, 161 - 212. Zitiert als: Pontificale Cons­ Taufkleid. konstruktion aus verschiedenen Zeugnissen des 17. tantiense 11. Jh., 179. 12 Vgl. A. Lamott. Das Speyrer Diözesanrituale von 1512 und 18. Jh. 7 Ravensburg gehörte zum Archidiakonat AlIgäu des bis 1932. Seine Geschichte und seine Ordines zurSakra­ 25 Lucian Reich, Hieronymus, zitiert nach Siegel, Lichter, ehemaligen Bistums Konstanz. Das Zeugnis aus Ra­ mentenliturgie. Quellen und Abhandlungen zur mit­ 30. vensburg ist zitiert bei Fischer, Schwäbisc hes Wörter• telrheinischen Kirchengeschichte 5. Speyer 1961, 160; 26 Vgl. E. H. Meyer. Badisches Volksleben im neunzehnten buch, 11, 744. H. Reifenberg. Sakramente, Sakramentalien und Ri­ Jahrhundert. Forschungen und Berichte zur Volkskun­ 8 "I. . .] unnd ahm dritten Tag [nach der Taufe] so hats tualien im Bistum Mainz seit dem Spätmittelalter. 2 de in Baden-Württemberg 8. Reprint der Ausg. Straß­ die hebam wider in die Kirchen Tragen zue einer Mess, Bde. Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschun­ burg 1900. Aufl. Stuttgart 1984, 28; Wymann, Taufsit­ und wann der prüester Unseren Herrgott genossen gen 53 und 54. Münster 1971 und 1972, I, 254. ten, 3f. Wymann gibt leider keine genaue Quelle für hat, so hat ers dann etwössteret." Schilling, A{ndreas], 13 Vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, 11, 744; Wy­ diese Beschreibung an. Aus der zitierten Quelle für Hg. "Die religiösen und kirchlichen Zustände der ehe­ mann, Taufsitten, 51; Franz, Benediktionen, 11 , 239; Rei­ eine Rechnung eines Tauftuches muss geschlossen wer­ maligen Reichsstadt Biberach unmittelbar vor Einfüh - fenberg, Rituale Mainz, 254. den, dass der Brauch den Zustand zu Beginn des 19. Jh. Seite 1511 Heimatkundliehe Blätter Juni 2006

beschreibt. H. Höhn. "Sitte und Brauch bei Geburt, Taufe und in schaft Baden wurde wieder mit der Markgrafschaft 27 Vgl. Wymann, Taufsitten, 5. der Kindheit": K Bohnenberger, A. Eberhardt, H. Durlach vereint. Vgl. http://www.tuerkenbeute.de/ Hähn. und R. Kapff, (Bearb.) Volkstümliche Überlie• kun/kun_bio/AugustGeorß-de.php (05.11. 2003). 28 Vgl. Die Feier der Kindertaufe. In den katholischen Bistümern des Deutschen Sprachgebietes. Heraus­ ferung in Württemberg. Glaube - Brauch - Heilkun­ 37 Vgl. Höhn, Sitte und Brauch, 86. gegeben im Auftrag der Bischofskonferenzen de. Photomech. Neudruck3. Aufl. Stuttgart 1980, 69­ 38 B. [Pracher}. Neue Liturgie des Pfarrers M. in K. im Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und des 92. Zitiert als: Höhn, Sitte und Brauch, 85 und Atlas Departement 1. Mit einem Anhang, von den besten Bischofs von Luxemburg. Freiburg i. Br. 1971,38. der Deutschen Volkskunde, NF 36. Mitteln, gute Geistliche zu erhalten. Der französi• 33 Höhn, Sitte und Brauch, 85. 29 Der Opfergang ist detailliert dargestellt bei A. Heinz. schen Nationalsynode zur Prüfungvorgelegt. Tübin• Die sonn- und feiertägliche Pfarrrnesse im Landkapi­ 34 Vgl. Siegel, Lichter, 39f. gen 1802, 74f. tel Bitburg-Kyllburg der alten Erzdiözese Trier von 35 Zitiert nach Siegel, Lichter, 39f. 39 Vgl. auch A. Heinz. "Eine neue Chance für das Tauf­ der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. brauchtum. Brauchtumsfreundliche Impulse in der 36 August Georg von Baden wurde am 06.01.1706 als nachkonziliaren Feier der Kindertaufe": M. Klöcke• Trierer Theologische Studien 34. Trier 1978, 301 ­ Sohn von LudwigWilhelm und Sibylla Augusta gebo­ 337, bes. 330-333. ner und w: Glede, (Hg.) Die Feier der Sakramente in ren. Von seiner Mutter zum geistigen Stand be­ der Gemeinde. Festschrift für Heinrich Rennings. 30 Vgl. Siegel, Lichter, 39. Leider beschränken sich die stimmt, wurde er 1726 Priester und Domherrzu Köln Kevelaer 1986, 169 - 177. Zitiert als: Heinz, Tauf­ Angaben dort auf allgemeine Hinweise zum Vollzug und 1728 Domdechant zu Augsburg. 1735 wurde Au­ und die lange Übung des Opfergangs bei der T.aufe brauchtum, 17lf. Heinz stellt durch die Beschrän­ gust Georg vom Papst von seinen geistlichen Ämtern kungen in der Aufklärungszeit eine Einschränkung bzw. dem .Bntwestem". Bis heute ist es mancherorts, entbunden und heiratete Maria Viktoria Pauline von üblich, bei der Taufe ein Taufopfer aufzunehmen. der Taufgemeinde in der Eifel fest. Er stellt aber fest, Aremberg. Die Ehe blieb kinderlos. 1761 trat er die dass das Brauchtum immer wieder durchgebrochen 31 L. Zier. Königseggwald. Die Geschic hte des Amtes Nachfolge seines Bruders Ludwig Georg als Markgraf ist und für größere Festgemeinden gesorgt hat. Zu Wald und der Herrschaft Königsegg. Königseggwald von Bade n-Baden an, der keinen männlichen Nach­ den ganz ähnlich gelagerten Auswüchsen und obrig­ 1996,286. folger hinterlassen hatte. Unt er der Regierung des keitlichen Reaktionen in der Pfalz, im Saarland und 32 Vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, Vl/l, 729 Markgrafen August Georgwu rde eine Schulordnung, Trierer Land vgl. E. Labouvie. Andere Umstände. und VlIII, 3408. Die verschiedenen Bezeichnungen eine Brandversiche ru ng und eine Witwenkasse ein ­ Eine Kulturgeschichte der Geburt. 2. Aufl. Köln [u. a.] mit den geographischen Vorkommen sin d belegt bei gefüh rt. Mit August Georgs Tod 1771 starb die ka­ 2000. Zitiert als: Labouvie, Andere Umstände, 203 ­ Meyer, Badisches Volksleben (Nachdruck 1984), 23; tholische Linie de r Zäh ring er aus, und die Markgraf- 210.

Territoriale Zerissenheit Anlässlich des Untergangs des Alten Deutschen Rei­ ches vor 200 Jahren (1806) führt die Heimatkundliehe Vereinigung Zollernalb unter Leitung von Wolfgang Willig zwei Studienfahrten durch.Am Dienstag, 11. Juli, soll die territoriale Zerrissenheit an der Oberen Donau im Alten Reich aufgezeigt werden. Besucht werden Fri­ dingen und Mühlheim. Vorgesehen ist dabei ein Ge­ spräch mit Freiherrn von Enzberg zum Thema Reichs­ ritterschaft. Besucht werden zudem Rietheim und Tal­ heim, in denen das Schloss des Konrad Widerholt und ein prachtvoll verziertes Vogthaus daran erinnern, dass auch das protestantische Württemberg an der Oberen Donau vertreten war. Am Freitag, 28. Juli, soll mit dem Besuch der Ausstellung "Adel im Wandel" in Sigmarin­ gen die Situation des Oberschwäbischen Adels vor und nach 1806 aufgezeigt werden. Vorgesehen ist ein Ge­ spräch mit dem Grafen Königsegg in Königseggwald: Zudem wird in Krauchenwies das Alte Schloss der Sig­ maringer Hohenzollern besucht. Abfahrt ist jeweils um 7 Uhr an der Stadthalle in Balingen und um 7:30 Uhr am Busbahnhof in Ebingen. Anmeldungen bei Ge­ schäftsführer, Erich Mahler, Tel.: 07471-15540.

Die Autoren dieser Ausgabe Gerhard H. Roth Schulstr. 26 Diese Reisegruppe der Heimatkundlichen Vereinigung erkundete unter der Leitung von Professo r Christoph Roller das Pie­ 71672 Marbach mont. FOTO : WGH Dr, Klaus Peter Dannecker ., Theologische Fakultät Trier Deutsches Liturgisches Institut Geschichtliche Vielfalt Weberbach 72a 54290 Trier Heimatkundler im Piemont unterwegs - Von Wilfried Groh Wilfried Groh Eine hochinteressante, achttägiger Studienfahrt führte kostet wurden. Beim Besuch Turins beeindruckten be­ Friedrich-Wilhe lm -Raiffeisen-Str. 12 die HeimatkundlieheVereinigungZollernalb unterLei­ sonders die Paläste und repräsentativen Bauten vom 72469 Meßstetten tung ihres Vorsitzenden Professor Christoph Roller ins Barock bis zum Historismus, als TurinSitz des Herrsch­ Piemont. Dabei erfuhr man die kulturelle, geschichtli­ ha uses Savoyen war und zeitweilige Hauptstadt Ita­ che und landschaftliche Vielfalt dieser im Grenzgebiet liens. Ein weiterer Besuch galt der größten Gebirgsfes­ zu Frankreich und derSchweiz liegenden Region Ober­ tung Europas der Fortezzadi Fenestrelle im Val del Chi ­ Herausgegeben von der italiens. sone , de m zweitlängste Bauwerk der Welt nach der Heimatkundlichen Vereinigung Da gab es wunderbare Zeugnisse der von den Lango­ Chinesischen Mauer, gebaut zur Absicherung des Zollernalb barden beeinflussten Romanik in Kirchenbauten von Herrschaftsgebiets der piemontesischen Könige gegen Vorsitzender: den einfachen Dorfkirchen über großartige Klosteran­ Frankreich. Christoph Roller, Am Heuberg 14, Schon bei der Hinfahrt am Lago Maggio re und bei lagen bis hin zu imposanten Domen zu schauen. Be­ 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 sonders eindrucksvoll wardabei die hoch überdem Su­ der Rückfahrt am Lago di Ortaerlebte man die mediter­ satal gelegenen Kirchenburg .Sacra di San Michele". rane Pflanzenwelt mitihrerherrlichen Blütenpracht. ln Geschäft sführung: Bedeutende Überreste aus der Römerzeit und Zeug­ der Poebene um Vercelli sah man das größte Reisan­ Erich Mahler, Mörikeweg 6, nisse frühesten Christentums gab es im landschaftlich baugebiet Europas und erfuhr das Wichtigste über den 72379 Hechingen einmalig schön gelegenen Aosta zu bewundern. Nicht Anbau dieser Getreideart. Doch eigentliches Ziel war Telefon (07471) 15540 nur die bewegte Vergangenheit der einstigen Stadt­ die außen romanische und innen frühgotische Abtei E-Mail: e.mahlerwt-online.de staaten von Asti und Alba mit ihren Geschlechtertür­ San Andrea mit architektonischen Elem enten italieni­ Redaktion: men und eindrucksvollen Sakralbauten zogen die Hei­ scher, französischer und englischer Provenienz, wo Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, matkundler an , sondern auch die herrlichen Weinber­ beim Kreuzgang auch das Bild mit den Heimatkund­ 72336 Balingen, Telefon (07433) 266-153 ge, deren Produkte in eingehenden Weinproben ver- lern entstand. Heima:..... dlicheBlätter Zollernalb

Jahrgang 53 31. Juli2006 Nr.7 Der Landrat gratuliert Vor 50 Jahren wurde Ebingen zur Großen Kreisstadt erhoben - Von Dr. Peter Thaddäus Lang Was genau ist eine "Große Kreisstadt"? Wer weiß das schon- Hand aufs Herz? Blättern wir deshalb ein wenig in der "Gemeindeordnung für Baden- Württemberg". Dort steht es nämlich. Bereits in § 3 finden wir, dass Ge­ meinden mit mehr als 20 000 Einwohner von der Lan­ desregierung zu Großen Kreisstädten erklärt werden können. Für die betroffenenStädte bringt dies mehrere Veränderungen mit sich: Die Bürgermeister dieser Städte tragen fortan die Amtsbezeichnung "Oberbür~ germeister" (§ 42 Abs. 5) und die Beigeordneten dem entsprechend die Amtsbezeichnung "Bürgermeister" (§ 49 Abs. 4). Aber nicht nur diese Namen ändern sich : So hat die Große Kreisstadt nicht mehr das Landratsamt als Auf­ sichtsbehörde über sich, sondern sie untersteht direkt der nächsthöheren Aufsichtsinstanz. dem Regierungs­ präsidium (§ 119). Außerdem müssen die Großen Kreisstädte jeweils ein Rechnungsprüfungsamt ein- richten (§ HO). . Im Jahr 1955 gab es unter den 294 Städten in Baden­ Württemberg 27 große Kreisstädte (§ 131 - dazu kom­ mennoch neunStadtkreise). Der erste SchrittEbingens aufdem Weg zurGroßen Kreisstadt bestand darin, dass das Statistische Landesamt Stuttgart feststellte, dass sich die Wohnbevölkerung Ebingens am 1. April 1956 auf20 458 Einwohner belief und dies der Landesregie­ rung mitteilte. Diese Zahl ist in der Tat höchst beme r­ kenswert, hatte doch die Stadt Ebingen kurz nach Kriegsende noch 14 028 Einwohner - das waren ein ige Hundert weniger als bei Kriegsbeginn 1939. Die Lan­ desregierung ihrerseits erklärte die Stadt Ebingen am 9. Dem frischgebackenen Ebinger Oberbürgermeister Wa ltherGroz (links und Bild untern) gratilierten zahlreiche Amts- und Wür­ Juli mit Wirkung zum 1. August zur Großen Kreisstadt. denträger. Hier Landrat Friedrich Roemer. FOTO : STADTARC HIV AL BSTADT Bürgermeister Walther Groz setzte am 12. Juli den Ge­ meinderat hiervon in Kenntnis. Gleichzeitig teilte er gen, Ravensburg und Friedrichshafe n anwesend, dazu 1960 war die Zahl 21 000 erreicht und erst 1969 die den Stadtvätern mit, dass der Gemeinderat am Sams­ noch eine Reihe von Ministerialräten, Abgeordneten, 22 000. Auf diesem Niveau bewegte sich die Einweh­ tag, 4. August, vormittags um 11Uhr im obersten Stock nerzahl bis 1975, um dann, als Folge der wirtschaftli­ des Rathauses (also im damaligen Heimatmuseum) zu Oberstaatsanwälten, Regierungsbauräten. Landesge­ richtspräsidenten un d anderen Leuten mit Rang und chen Rezession, langsam abzunehmen; 1978 war man einerFestsitzungzusammen kommen werde, und dass leicht un ter die 21 000 gerutscht und 1982 hatte man der damalige baden-württernbergische Innenminister Namen. Höhepunkt dieser Festsitz uiig war, wie kon nte es auch anders sein, die Überreichung de Erheb ungs­ de n Stand von 1956 erreicht. Wenn sich in den 1980er Viktor Renner aus diesem Anlass nach Ebingen kom­ Jahren die Zahl leicht unter 20000 bewegte, so hatte men werde. urkunde durch den Inn en minister an den Ebinger Stadtchef. Nachdem der Innenminister. der frisch ge­ das keine Auswirkung auf den Status als Große Kreis­ Ganz großer Bahnhofdann bei besagter Festsitzung: stadt, denn 1975 war eine neue, große Kommune ent­ Neben dem Innenminister waren unter anderem auch backene Oberbürgermeistervon Ebingen Walther Groz und der Landrat von Balingen gesprochen hatten , ver­ standen, die Stadt Albstadt, in welcher der Stadtteil der Regierungspräsident, der Landrat sowie die Ober­ Ebingen das größte Stückbildete. Die neue Stadtwurde bürgermeister von Tübingen, Schwenningen, Tuttlin- fügte sich die Festgesellschaft in die Räume im ersten Stock des Rathauses, wo ein Festbankett vorbereitet zeitgleich mit ihrer Gründung am 1. Januar 1975 zur war, das aus einem einfachen schwäbischen Essen be­ großen Kreisstadt erhoben. stand, wie die .Bbi nger Zeitung" ausdrücklich ver­ In den 1990er Jahren ist dann erneut ein leichterAn­ merkte. stieg auf knapp 20 000 zu beobachten, um dann von Im Verlaufdes Festessens erhoben sich die Festgäste neuem leicht nachzugeben. Die enorm rasche Zunah­ der Reihe nach, um mit kleinen Ansprachen der Stadt me der Ebinger Bevölkerung zwischen 1946 und 1956 von 14 000 auf20 000, so muss man rückblickend kon­ Ebingen ihre Glückwünsche auszusprechen, unter ih­ statieren, war eine Folge der gewaltigen Bevölkerungs­ nen zahlreiche Bürgermeister aus den umliegenden verschiebungen nach dem Zweiten Weltkrieg, sprich, Gemeinden wie auch derevangelische und der katholi­ des massiven Zuzugs von Heimatvertriebenen. Dieser sche Pfarrer von Ebingen nebst Vertretern der Ebinger Strom ist nach 1956 zu einem winzigen Rinnsal gewor­ Stadtväter, die für Ebingens Unternehmer (Dr, Fritz den. Die Erhebung in den Rang einer großen Kreisstadt Haux), für die in der neuen großen Kreisstadt lebenden ist demnach vornehmlich dem Zuzug der Heimatver­ Heimatvertriebenen (Erich Bothke) und für die Ebinger triebenen zu verdanken. Bürgerschaft insgesamt sprachen (Eugen Euchner). Diese, die Ebinger Bürgerschaft nämlich, war des Quellen: Abends in der voll besetzten Ebinger Festhalle zahl- - Richard Kunze! Carl Schmid, Die-Gemeindeordnung reich vertreten, als im Rahmen eines Volkskonzerts der ' für Baden-Württemberg vom 25. Juli 1955, Stuttgart Ebinger Oberbürgermeister und der Innenminister 1956 unterlebhaftem Beifalldes Publikums noch einmal ans - Stadtarchiv Albstadt, Stadt Ebingen, Gemeinderats- Mikrofon traten. protokoll 1956 Eine Frage steht jetzt noch im Raum: Wie ging es - Stadtarchiv Albstadt. Ebinger Zeitung 2.13.16. August nach derErhebungEbingens zurGroßen Kreisstadt mit 1956 der Bevölkerungsentwicklung weiter? Und in der Tat: - Stadtarchiv Albstadt, Haushaltspläne der Städte Die rasche Aufwärtsbewegung setzte sich nicht fort. Ebingen und Albstadt; Adressbücher ( für die Einweh­ Nach 1956 wuchs die Bevölkerung nur noch langsam: nerzahlen). Seite 1513 Heimatkun dliehe Blätter Juli 2006 Die einstige Wasserversorgung von Binsdorf Bis 1905 wurde das Städtchen ausschließlich mit Brunnenwasser versorgt - Von Horst Berner

Vordem Bau derBinsdorfer Wasserversorgung konnte das Wasser ausschließlich aus Brunnen geholtwerden. FOTO : ARCHIV BERNER

Im Jahr 1863 heißt es in der Sulzer Kreisbeschreibung, 2000 Meter langen Gussrohrleitung, versehen mit Kon­ und Jahreszeit nicht immer brachte. Deshalb musste die Stadt Binsdorfsei mit reinem Quellwasser, das acht trollschächten, in welchen sich Absperrventile, so ge­ zusätzlich noch ein acht PS starker Benzinmotor einge­ laufende, sieben Pump- und zwei Schöpfbrunnen lie­ nannte Schieber befinden, mit natürlichem Gefälle zur baut werden, dem ein Schwungrad, auf der Antriebs­ fern , hinreichend versehen. Der so genannte Hummel­ Pumpstation geleitet.Vor dem Pumpwerk entstand ein achse des Wasserrades befestigt, mithalf, das große Rad brunnen versiege gar nie und die übrigen verarmten betonierter, entsprechend großer Saugschacht, ver ­ zu drehen. nur, jedoch äußerst selten, bei anhaltender, regenloser schlossen mit gusseisernem Klappdeckel, in den das In die Förderleitung, die nach oben zum Reservoir Sommerhitze. Bis ins Jahr 1905 wurde das Städtchen Quellwasser einfloss. führte und 120 Höhenmeter überbrücken musste, wa­ Binsdorf ausschließlich mit Brunnenwasser versorgt. Laut Messungen im Spätjahr 1904, welches reichlich ren starke Rückschlagventile eingebaut, denn derWas­ Beim großen Brandunglück im Jahre 1904 wurde je­ Regen hatte, war die geringste Gesamtquellenschüt• sergegendruck in dem Steigrohr hätte keine Wasserför• doch der Wassermangel überdeutlich, das Löschwas• tung 2,13 Sekundenliter, was einer Tagesmenge von derung zugelassen. Die gusseisernen Wasserleitungs­ ser war innerhalb kurzer Zeit vollkommen aufge­ 184000 Liter entsprach. Eine andere Messung im Jahr rohre lieferten für die komplette Anlage die königlich• braucht. Schon im Jahre 1870 hatte der geniale Inge­ 1905, das sehr trocken war, ergab eine Quellschüttung württembergischen Hüttenwerke Wasseralfingen. nieur und Baurat Hermann von Ehmann die erste bei­ von nur stark einem Liter pro Sekunde, also deutlich Am 13. Juli 1906, also vor 100 Jahren, erfolgte die spielhafte Wasserversorgung für einige Dörfer auf der weniger als im Jahr zuvor, was eine Tagesmenge von technische Übergabe der neuen Hochdruck-Wasser­ Albhochfläche gebaut und 1896 eine Quellwasser-Ver­ nur 88 400 Liter darstellte. Es musste also mit erhebli­ versorgung an die Stadtgemeinde Binsdorf. Das Proto­ sorgungsanlage für die Stadt Balingen fertig gestellt. An chen Schwankungen gerechnet werden. koll des damaligen Oberamtes Sulz lautete folgender­ diese Beispiele und an ihre Pläne angelehnt, begann Zur Förderung des Wasser in das auf dem Gewann maßen: "Die auf Grund des Beschlusses der bürgerli• man in Binsdorfan eine ähnliche Konstruktion zu den­ Schlipfe nordwestlich vonBinsdorferbauteHochreser­ chen Kollegien ausgeführte neue Wasserversorgungs­ ken. Aus Niederschriften vom 26. April 1904, also schon voir, welches ein Fassungsvermögen von 200 000 Liter anlage wurde vom Staatstechniker für das öffentliche vor dem verheerenden Stadtbrand im September des­ hat, wurde eine doppelwellige Kolbenpumpe (Plunger­ Wasserversorgungswesen, dem inzwischen verstorbe­ selben Jahres, ist zu entnehmen, dass die Stadtgemein­ pumpe), der Firma Klotz, Maschinenfabrikin Stuttgart, nen Herrn Oberbaurat von Ehmann, bearbeitet und de Binsdorfsich mit einer neuzeitlichen Wasserversor­ eingebaut. unter dessen Oberleitung im Laufe des Jahres 1905 ge­ gung beschäftigte. Verhandlungen über den Erwerb Zum Antrieb dieser leistungsstarken Pumpe wurde baut und befindet sich seit Oktober in Betrieb. Die der von Quellen im Nonnenwald auf Bickelsberger Mar­ wiederum Wasser benötigt, und zwar das so genannte erstmaligen Ingangsetzung der einzelnen Betriebsteile kung waren mit dieser Gemeindeverwaltung schon im Arbeitswasser, welches mit einem Kanal nahe der Fi­ vorausgegangenen technischen Proben haben zur vol­ Gange. Ebenso mit der Stadt Rosenfeld, mit welcher schermühle im Bubenhofertal dem Flüsschen Stun­ len Zufriedenheit stattgefunden und haben auch kei­ erst vorgesehen war, gar ein gemeinsames Wasserver­ zach entnommen wurde. Hier musste ein Gleitwehr nerlei Anstände ergeben, sodass nunmehr das Werk in sorgungsprojekt zu entwerfen und zu bauen, was sich mit Stellfalle zur AnstauungdesWasser gebautwerden. seiner gesamten Ausführung in das Eigentum der jedoch wieder zerschlug. Der Kanal an sich war ja für die Pelz- und Binsdorfer Stadtgemeinde Binsdorf übergeben werden kann. Die Die Binsdorfer Mühle im Bubenhofertal, schon 1441 Mühle schon aus früheren Zeiten vorhanden. Wenig mit dem he utigen Tag zur technischen Übernahme ge­ als Sägemühle in der Horgenau (Feucht-Sumpfgebiet) oberhalb des Pumpwerkes wurde nochmals eine Stau­ langenden Lieferungen, Maschineneinrichtungen und genannt, bot sich ideal als Pumpwerk fürdieses Vorha­ stufe mit Falle zur Regulierung der Wassermenge er­ Bauarbeiten beziehen sich auf: ben an. Als erstes also mussten nun ergiebige Quellen richtet. ZumAntrieb der Kolbenpumpe schufdie Firma 1. Die Wassererfassungsanlagen an den fünf Quellen erkundet werden und diese lagen, wie schon erwähnt, Müller Maschinen und Mühlenfabrik in Cannstatt ein im Crombachtal. im Nonnenwald nahe Bickelsberg sowie am Seeberg enorm großes Wasserrad. Das im Durchmesser über 2. Die baulichen Veränderungen an der Binsdorfer und Hornbühl auf Rosenfelder Markung. Insgesamt fünf Meter messende, aus Eisen gefertigte Rad wurde Stadtmühle zur Unterbringungdes neuenWasserrades wurden zehn Quellen, links und rechts des Cronbach­ an die Giebelseite des Stationsgebäudes angebaut. Die­ mit eiserner Einlaufgerinne und des neuen doppelwir­ tales, erörtert, wovon dann die fünf ergiebigsten Quel­ ses gewaltige Zellenwasserrad benötigte zum leis­ kenden Pumpwerks sowie dem aus Beton hergestellten len gefasst wurden, d. h. es mussten Brunnenstuben tungsgerechten Antrieb der Pumpe 70 Sekundenliter Saugschacht. gebaut werden. Dieses Quellwasser.wurde in einer ca. Arbeitswasser, was aber der Kanal je nach Witterung 3. Die maschinellen Einrichtungen für das Pumpwerk, Juli 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1514 bestehend: das teilweise zerstört war, gab es so eine passende a) in einer doppelt wirkenden Plungerpumpe, welche Pumpe wie sie im Wasserwerk in Binsdorfdringend be­ im Stande ist, bei minütlich 70 Touren 2 Liter in der Se­ nötigt wurde. Nach äußerst zähen Verhandlungen mit kunde nach dem Reservoir zu fördern unter einem Ar­ der französischen Besatzungsmacht wurde die Pumpe beitsdruck von 130 Meter. letztendlich doch für Binsdorffreigegeben. Schon bald b) in einem oberschlächtigenZellenwasserrad zum Be­ konnte die bekannte Balinger Schloßerei Roller die trieb obiger Pumpe. Pumpe samt Zubehör in der Pumpstation in Binsdorf 4. Die Druckleitung von der Pumpstation nach dem einbauen und die so wichtige Wasserversorgung war Hochreservoir und die Verteilungen von Letzterem wieder hergestellt. nach und innerhalb der Stadt. Die Einwohnerzahl des Städtchens erhöhte sich 5. Das Hochreservoir-Bauwesen. nach und nach und auch einige Industriebetriebe sie­ Bezüglich der Garantiezeit wird hiermit festgestellt, delten sich an - immer mehr Wasser wurde benötigt. dass dieselben für sämtliche Unternehmer mit dem l. 1955 entschloss sich die Gemeinde, nahe der Pumpsta­ Februar 1906 beginnt. tion einen Schatbrunnen zur Grundwasser-Gewin­ a.) Für den Lieferanten der- maschinellen Einrichtun­ nung anzulegen. Eswurde sodann ein Tiefbrunnen mit gen, Fabrikant E. Klotz, Stuttgart. 8,70 Meter gebaut. Dieser Brunnen bestand aus Beton­ b.) Für die UnternehmerderGrab-, Erd- und Maurerar­ ringe mit zwei Metern Durchmesser, wobei die unteren beiten Firma Jakob Bosch u. Co. Truchtelfingen. Ringe mit Bohrungen versehen waren. Dadurch konn­ c.) Für das gesamte Leitungs- und Röhrensystem Kö­ te das Grundwasser durch eine eingefüllte Kiesschicht nigliches Hüttenwerk Wasseralfingen." einströmen. Diese Kiesschüttung diente als Filter und Sämtliche Arbeitsausführungen und Lieferungen für wurde in etwa zweijährigem Turnusvon der Feuerwehr die Wasserversorgung der Stadtgemeinde Binsdorf gereinigt, wozu der Tiefbrunnen leergepumpt wurde. wurden vertragsmäßig hergestellt und für die heutige Nach Inbetriebnahme dieses Grundwasserbrunnens technische Übernahme und Übergabe an die Stadtge­ transportierte eine Kreiselpumpe das eingeflossene meinde als geeignet befunden, wobei ausdrücklich be­ Wasser in den Ansaugschacht der Pumpstation. Vor­ merkt wird, dass alle sich während der Garantiezeit zei­ erst reichte nun das Wasser wieder für die Gemeinde gende Mängel von den betreffenden Unternehmern aus. unweigerlich sofort zu beseitigen sind. In der Zeit um 1960 wurde das große Wasserrad de­ Die bürgerlichen Kollegien der Stadtgemeinde Bins­ moniert, es musste dem technischen Fortschritt wei­ dorf haben von vorstehendem Protokoll Kenntnis ge­ chen und wurde in der Station durch eine leistungs­ nommen, erklären sich mit dessen Inhalt einverstan­ starke Turbine, eine Strömungskraftmaschine ersetzt. den und betrachten die neue Wasserversorgung mit Mit dieser Turbine wurde nun ein Generator zur der nunmehrigen förmlichen Übergabe als eine in Stromerzeugung angetrieben, d. h. den Antrieb der Eigentum und Betrieb der Stadtgemeinde übernom• Kohlpumpe zur Wasserförderung übernahm nun ein mene Anlage. Elektromotor. Wenn kein Trinkwasser nach oben ins Die Gesamtkosten beliefen sich auf82 000 Mark, wo­ -Reservoir zu fördern war, wie zum Beispiel nachts, zu es vom Königreich Württemberg pro Person 11Mark wenn kaum Wasser gebrauchtwurde, konnte Strom er­ Zuschuss gab. Sodass bei 804 Einwohnern eine Pro­ Die Plänevon Hermann von Ehmann (1844-1905) dienten als Grundlage für die Binsdorfer Wasserversorgung. zeugt werden, welcher ins Netz der Energie-Versor­ Kopf-Verschuldung von 91 Mark zustande kam. gung eingespeist wurde. FOTO : STADTARCHIV BALINGEN Schon im Jahr 1918 musste die Staumauer am Gleit­ Mit Zunahme von Haushalten und weiteren Indus­ wehr nahe der Fischermühle wegen Materialfehler er­ triebetriebe, reichte schließlich das Wasser dereigenen Zeit in Betrieb, bis sie dann im August 1945 den Geist neuert werden. Versogung nicht mehr aus und somit stand einem Im Jah r 1944, also nach 38-jähriger Laufzeit, war die endgültig aufgab. schon des öfteren debattierten Anschluss an die Was­ doppelwellige Kolbenpumpe ausgelaufen, sie war nach Aber ein kleines Wunder geschah, der schreckliche serversorgungsgruppe Hohenberg - Kleiner Heuberg dieser doch beträchtlichen Laufzeit verschlissen und Kriegwar schon einige Monate zu Ende, der Kreis wur­ nicht mehr im Wege, was in den Iahren 1978 und 1979 sollte in absehbarer Zeit ausgetauscht werden, d. h. de von der französischen Militärregierung und einen durchgeführt wurde. durch eine neue Pumpe ersetzt werden.Aber in diesem kommisarisch eingesetzten Landrat verwaltet. Dieser letzten Kriegsjahr war so ein Gerät nicht mehr erhält• Mann stand den Binsdorfern bei, er wusste Rat, denn Literatur: lich. Geschickte Hände und eine Menge Improvisation im nahe gelegenen Lochenheim, ganz oben am Pass, - Stadtarchiv Binsdorf: Pläne und Unterlagen zum Bau hielten diese so wichtige Pumpe nochmals eine kurze am so genannten .Lochengründle" , in diesem Haus, der Wasserversorgung, 1904 - 1906. Ausverkauf einer Jugend Erinnerungen von 1933 bis Kriegsende 1945 - Von Dipl.-Ing. (FH) I Betriebswirt VWA Gerhard H. Roth, Teil 2 Viele Gräber in der KZ-Gedenks tätte unweit Balingen und dort 50-jährige, wehrlose, schwache und abgema­ da nie eingegriffen, er hat uns "machen lassen". Unser erinnern an diese unheilvolle Zeit. Dies alles ist in der gerte Männer, die unsere Väter hätten sein können! Verhalten war ihm sicher nicht verborgen geblieben. ersten halben Stunde nach unserer Ankunft gesche­ Dieser Befehl galt auch für den Fall, wenn im freien Einmal ist ein Todkranker dabei gewesen. Seine Ka­ hen. Jetzt musste entladen werden. Viel Gepäck, drei Feld eine Notdurft verrichtet werden musste, und der meraden baten für ihn, ob sie ein Feuer machen Flugabwehrgeschütze und eine Menge Munition. Die Betreffende sich mehr als 20 Meter entfernt! Eine ab­ dürften, um den fieberschlotternden Mann etwas zu kommende Nacht schliefen wir schon auf weichem, surde und schizophrene Situation. wärmen. Ich hatte da gerade Wachdienst. Selbstver­ du ftenden Heu in einer Scheune in der nahe liegenden Ich habe heute noch ein gutes und beruhigendes Ge­ ständlich habe ich es erlaubt. Dreschhalle in Dormettingen. Diese Scheune gibt es fühl, dass wir uns dort zu Mitmenschen christlich ver­ Was dann folgte, beschämt mich noch heute. Män• heute noch! Im Frühjahr 2003 habe ich nach 59 Jahren halten haben. Wir haben geholfen, wo wir konnten. Es ner, wie mein Vater, sind aus Dankbarkeit vor mir auf wieder davor gestanden! hat sich bald gezeigt, dass die Häftlinge keine schlech­ den Knien gekrochen und haben sich bei mir bedankt. In den ersten Wochen nach Ankunft, haben wir in so teren Menschen waren und meist ordentliche Berufe Eine für mich beschämende Situation. Ich war doch genannten .Plnnenhütten" (ähnlich einem Zelt) ge­ hatten. An einen Mann erinnerte ich mich noch genau. auch ein Mensch wie sie, weder edler noch mehr wert. wohnt. Bei dem nassen Herbstwetter ist das eine Er ist Bauingenieur gewesen, Ingenieur, was ich erst Ich war schon gar nicht "allgewaltig odergottähnlich ", "Mords Schweinerei" gewesen. Später sind dann noch werden wollte. - Ob er überlebt hat? wo man auf Knien danken musste! Der Kranke durfte Wohnbaracken gebaut worden. Bald hatten wir auch herausgefunden, dass bei der ans wärmende Feuer sitzen und musste an diesem Tag Warum sind wir in diesen Ort, in diese Hölle gekom­ Gruppe, die wir jeden Tag am Lager abholen mussten, nicht arbeiten. Am nächsten Tag war er nicht mehr da­ men? Ein Flugplatz sollte dort gebaut werden. Außer• ein Schneider war. Diesem bauten wir aus Munitions­ bei? Sie berichteten, dasser in der Nacht gestorben sei. halb auffreiem Feld haben wir nun die FlaksteIlung ge­ kisten einen Quadratischen Raum mit .Klstentisch", Dass "Geben" glücklich undzufrieden machen kann, baut. Rasch hat man die Geschütze in den Boden einge­ wo er unsere beschädigten Kleidungsstücke flicken habe ich dort auch erfahren, wie bisher in meinem Le­ graben und mit einem Erdwall versehen. Überall stan­ und Knöpfe annähen durfte. So war uns und ihm ge­ ben noch nicht. Die Dankbarkeit dieser Menschen war den Munitionskisten herum. Das sollte noch für einen holfen! überwältigend. Wir haben nämlich den Inhalt der Hei­ dieser Männer wichtig werden. Diese für uns selbstverständliche humane Behand­ matpäckchen, die uns unsere Eltern immer wieder ge­ Für die Erdarbeiten ist uns nämlich eine Arbeitsko­ lung hatte sich anscheinend im Lager herumgespro­ sandt haben, jeder Urlauber brachte solche mit, mit lonne von 10bis 15 dieser jüdischen Menschen, die wir chen. Wir haben Hälftlinge bekommen, die freundlich diesen armen Menschen geteilt. Was wohl aus ihnen bei unsererAnkunft erlebt hatten, zugeteilt worden. Im und uns wohlgesonnen gewesen sind. Wir haben uns geworden ist? Gegensatz zu dort hatten sie es hier bei uns besser. Ab­ deren Tragödie nicht entziehen können. Ohne, dass Die FlaksteIlung musste in der Nacht bewacht wer­ wechselnd musstenwir, mit scharfgeladenem Gewehr, wir es wollten, haben wir an ihrem Schicksal Anteil ge­ den. Die Nächte sind manchmal stockdunkel gewesen. die Gruppe bewachen. Wir hatten Befehl, sofort zu nommen. Jede Wache dauerte eine Stunde. Bei ungefähr 25 Flak­ schießen, wenn sich einer mehr als 25 Meter von uns Hätte ich doch einige Namen oder persönliche helfern trafes den einzelnen jeden zweiten Tag. Wenn entfernt. Men stelle sich vor, hier 16-jährige "Kinder" Daten aufgeschrieben! - Schade. es ganz dunkel gewesen ist, ist es schauriggewesen. Wir mit Schießbefehl und einem scharfgeladenen Gewehr Unser Zugführer, ein Österreicher aus St. Pötten, hat wussten, dasswegen dervielen Häftlinge in den Lagern, Seite 1515 Heimatkundliehe Blätter Juli2006 die Gefahrensituation nicht klein war. Gefährlich wur­ flugzeuge MW 109. Zu dessen Bewachung wir jetzt flug nachWesten in geringer Höhe eine angeschossene de es aber besonders bei Vollmond, wo die Wache von dorthin verlegt worden waren. Der erste Angriff ameri­ viermotorige Maschine, nachdem sie ihre Last abgela­ allen Seiten hell beleuchtet wurde. Es ist keine Nacht kanischer Jagdbomber (Thunderbold) erfolgte schon den hatte,aufuns zu. - DirekterAnflug, ganzlangsam! ­ vergangen, in der nicht in verschiedenen Richtungen am dritten Tag nach unserer Ankunft. Wir hatten noch Eine bessereSchusspositionkonnte es nichtgeben.Wir Schüsse gefallen sind! Dann ist alles ganz schnell ge­ nicht Stellung bezogen und verkrochen und deshalb so fieberten dem Ereignis entgegen. Als es dann endlich gangen. Von heute auf morgen kam der Marschbefehl. gut es ging. Feuerbereit sind wir noch nicht gewesen. soweit gewesen wäre erhielten wir keine Fahrerlaubnis Abbauen, aufdie Bahn verladen, abfahren, das alles ist Ein "Erlebnis" an diesem Tag werde ich nie verges ­ und mussten zusehen, wie dieser weidwunde "Vogel" im Stundenrhythmus geschehen. sen . Ich musste zu einer Scheune rennen, in der unsere in vielleicht 400 Metern Höhe über uns hinweg davon­ Wieder ist das Ziel unbekannt gewesen, bis wir, mit­ Stahlhelme lagerten. Es sind ungefähr hin und zurück flog. Wir sind wiitend gewesen! Was war geschehen? ten in der Nacht anhielten und uns aufdem Kornwest­ je 100Meter gewesen. Während ich unterwegs war, flog Vielleicht sollte nicht verraten werden, dass da jetzt heimer Güterbahnhofbefanden. Der Güterzug ist dort eine Maschine in geringe r Höhe im Kreis um mich her­ für die Weiterfahrt neu zusamme ngestellt worden. um. Ich habe, während ich dem Lauf um mein Leben, Flak war, - ich weiß es nicht. Es kann sein, dass dieser Unsere Eltern hatten erfahren, dass wir für einige Stu n­ nach oben geblickt un d de utlich in der schräg liegen­ Ablaufnicht nur der Flugzeugbesatzung das Leben ge­ den dortsind und sie waren, zu unserergroßen Überra­ den Maschinen in das Gesicht des Piloten gesehen, mit rettet hat, sondern auch uns? schung, alle gekommen. Verpflegungssorgen hatten seinen großen .Pliegerbnllenaugen" . Er hat zu mir ge­ Wahrscheinlich wäre die Maschine, so wie die Situa­ wir dann auf dieser Fahrt nicht mehr. blickt, - ja - mich direkt angestiert! Warum hat er abge­ tion gewesen ist, dire kt aufunsere Stellunggefallen? An Bruchsal ist aufgetaucht, dann Schwetzingen. Über­ dreht und nicht geschossen. Er hatte mir das Leben ge­ diese Möglich keit hatten wir in unserer jugendlichen raschenderweise führte die Fahrt dann nach Süden schenkt. Begeisterung nicht gedac ht. Hat der Offizier, derdie Er­ und endete in Waghäusel-Kirrlach. Dort gab es eine Als Heilbro nn 1944 /45 im Bombenhagel unterging laubnis verwe igerte diese Gefahr gesehen und uns da­ große Zuckerfabrik und eine n Fliegerhorst für Jagd- waren wir auch alarmiert. Plötzlich flog aufdem Rück- mit gerettet?

DAS AKTUELLE BUCH Exkursion an die Eilz Die Heimatkundliehe Vereinigung Zollemalb unter­ nimmt am Samstag, 18. September (nicht wie im Jah­ Die richtige Ferienmischung resprogramm angegeben am 17.) unterder Leitungvon Margarete Bühler-Weber eine Exkursion an die Enz. Neue Bücher laden zum Schmökern ein - Von Daniel Seeburger Die Enz ist ein Fluss mit zwei Gesichtern: Von der Quel­ Die Urlaubszeitstehtvor derTür - und man kann in der Gebäude in der Umgebung. Bis ins kleinste Detail lernt le bei Gompelscheuer 1 Enzklösterle bis Pforzheim ist Fremde oder aber zuhause aufdem heimischen Liege­ derLeser den Aussichtsturm kennen, von dem man seit sie ein typischerSchwarzwaldfluss. Fließt durch ein re­ lativ enges Tal, aufdem Flößermitihren Hölzern unter­ stuhl so richtig entspannen, Endlich hat man einmal 100Jahren vom Albtrau f ins Land schauen kann. Sogar wegs waren. Ab Pforzheim wird das Tal weiter, Wein ­ Zeit, ausgiebig zu lesen. Eine Reihe von Neuerschei­ die Fußabkratzer arn Turmeingang werden berück• hänge säumen ihren Weg, un d die Enz mäandert in sichtigt. Also, das Büchlein lesen, die Wanderstiefel nungen laden zum Schmökern ein. Aber auch zurAkti­ Schlingen bis zur Mündung in den Neckar bei Wal­ schnüren und ab zur Pfullinger Unterhos! vität. Denn wer rastet, rostet auch im Urlaub. Die rich­ heim/Besigheim. Die Exkursion beginnt an der Quelle "Ermstal und Uracher Alb" heißt der Bildband von tige Mischung macht's. Wandern, Rad fahren UND le­ der Enz und führt nach Bad Wildbad. Ein typisches Emanuel K. Schürer und Rainer Fieselmann (120 Sei­ sen - das ist die beste Ferienmelange. Schwarzwaldbad und früher beliebt bei Fürsten, Köni• ten, viele farbige Bilder). Die Autoren gehen nicht nur gen und aus län dischen Gästen. Anschließend wird das auf die Geschichte und die landschaftliche Schönhei• Zwei interessante Bücher sind im renommierten Stutt­ Flößer- und Heimatmuseum in Calmbach besichtigt. garter Theiss-Verlag ersc hienen. Jährlich berichtet der ten dieses bezauberndenFleckchens Erde ein .Auch die Mittagspause ist in Roßwag - ein idylischesWinzerdorf. Verlag in einer Reihe über die archäo logischen Ausgra­ wirtschaftliche Entwic klung in den vergangenen Jah­ In Vaihingen steht der Besuch von Schloss Kaltenstein bungen im Ländle. Der Leser bekommt in .Archäologi­ ren darfnicht fehlen. So steht das Outlet-Paradies Met ­ auf dem Programm, Hauptsitz des 1947 gegründeten sehe Ausgrabungen in Bad en-Württemberg 2005" zingen Graf Eberhard im Bart gegenüber. Ein Buch, wie Christlichen Jugen ddorfwerkes durch Pastor Dannen­ (272 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen) ei­ die Region, die es vorstellt: Es lebt von den Gegensät• mann. Den Abschluss bildet Besigheim, ein Städtchen nen Überblick auch überdie Arbeiten und Funde in der zen. hoch über dem Neckar auf einem Felsensporn erbaut. Region. So beschäftigt sich Hartmann Reim mit den Wer einen ganz besond eren Abenteuer-Urlaub im Abfahrt ist in Ebingen um 6:30 Uhr am Busbahnhofund Ausgrabungen eines Tuffsteinkellers im Handwerker­ eigenen Ländle erleben-möchte, sollte sich den Reise­ in Balingen um 7 Uhr an de r Stadthalle. Anmeldungen quartier des römischen Sumelocenna in Rottenburg. führer ,,AIbhoITour- Fahrrad- und Wandertourenvon bei Erich Mahler, Telefon (07471) 15540. Klaus Kortüm beleuchtet die Nachuntersuchunginder Bauernhof zu Bauernhof auf der Schwäbischen Alb" villa rustica von Oberndorf-Bochingen. Äußerst inter­ (184 Seiten, eine Landkarte) von Elsbeth Laux, Pia essant für die Lokalhistoriker ist der Artikel "Archäolo­ Münch und AndreaTraub zulegen. Dieser etwas an de­ Die Autoren dieser Ausgabe gie einer Stadt - Neue Grabungen im römischen und re Reiseführer ist äußerst sympathisch und locker ge­ mittelalterlichen Rottweil" . Von überörtlicher Bedeu­ schrieben und durch den strapazierfähigen Plastikein­ Dr. Peter Thaddäus Lang tung sind die letztjährigen Grabungen aufdem Müns• band bestens geeignet für den Rucksack. Die Touren Stadtarchiv Albstadt gehen von Bauernhof zu Bauernhof. Dort kann man terplatz in Konstanz, über die J. Heiligmann berichtet. Postfach 125 nach der Tour sein ermüdetes Haupt zur Ruhe legen ­ Bedeutend ist diese Grabung unter anderem deshalb, 72422 Albstadt aber nicht, ohne vorher die lan destypischen Köstlich• weil tausende von Besuchern sie in der Stadt hautnah keiten versuchtzu haben. Ein Fünf-Sterne-Reiseführer! Gerhard H. Roth miterlebenkonnten. EinenAusflug zurkeltischen Heu­ Schulstr. 26 neburg bei Herbertingen-Hundersingen ist immerwie­ Mit "Hans und Hannah - Eine deutsch-jüdisc he Ge­ 71672 Marbach der ein Erlebnis. Davor ist es von Vorteil, sich den Arti­ schichte" (200 Seiten) hat der Böblinger Schriftsteller kel "Stein für Stein...Überraschende Befunde im Be­ Erich Kläger im Böblinger ameles-Verlag eine anrüh­ Horst Bern er reich der Befestigungssysteme der Heuneburg-Vor­ rende, packende und sehr lesenswerte Geschichte zu Zollernstr. 3 burg" von Lßofinger zu Gemüte zu führen. Papier gebracht. Hans und Hannah werden 1938 ge­ 72351 Binsdorf Nicht nur für Wanderer und Ausflügler bietet sich trennt. Sie ist der Ermordung entkommen, er hat den das vom Schwäbischen Albverein und dem Verein Na­ Krieg überlebt. Nach dem Kriegblieben sie getrennt. 30 Daniel Seeburger turparkSchwäbisch FränkischerWald herausgegebene Jahre später macht sich Hans aufden Weg in den Kib­ Zollern-Alb-Kurier und im Theiss-Verlag erschienene Werk "Naturpark buz Shavej Zion. Die Geschichte ist zwar rein fiktiv, Grünewaldstr.15 Schwäbisch-Fränkischer Wald" (328 Seiten mit 132 zeigt aber.das Verhältnis nicht nur der Menschen zu­ 72336 Balingen meist farbigen Abbildungen) von Peter Strähle aus der einander, sondern auch der beiden Völker auf beein­ Reihe: "Natur-Heimat-Wandern" zur Lektüre an . Das druckende Art auf. handliche Buch passt in jeden Rucksack und spricht vor allem den anspruchsvollen Tourengänger an. Zu Zu einem richtigen Urlaub gehörtauch ein spannender Herausgegeben von der den verschiedenen Wanderrouten, die vorgeschlagen Krimi. Man muss aber nicht immer zu Donna Leon Heimatkundlichen Vereinigung werden, bietet das Buch eine interessante Einführung oder Henning MankeIl greifen. Denn was gibt es schö­ Zollem alb in die Geologie, Pflanzenwelt und Geschichte dieser neres, als in der Toskana oder aufMallorca wenigstens Vorsitzender: Kulturlandschaft. Das Lesen dieses Buches ersetztzwar literatürlieh in der Region zu bleiben. Gabriele von Eh­ Christoph Roller, Am Heuberg 14, nicht das persönliche Erkunden des Schwäbisch-Frän• renfeldt hat mit dem im SP-Verlag erschienen "Halb­ 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 kischen Waldes. Nach der intensiven Lektüre kommt starke" (125 Seiten) einen äußerst starken Kriminalro­ man sich allerdings sehr heimisch vor. man geschrieben, der Vergleiche mit den Perlen der Geschäftsführung: Krimiliteratur nichtzu scheuen braucht. Der literarisch Erich Mahler, Mörikeweg 6, Der Reutlinger Oertel und Spörer-Verlag beschäftigt versierte Leser stößt immer wieder aufZitate aus "Das 72379 Hechingen sich in drei Werken mit der Region. In einem sehr sym­ Buch der Unruhe" des großen portugiesischen Schrift ­ Telefon (0 7471) 1 5540 pathisch aufgemachten kleinen Büchlein widmen sich stellers Fernando Pessoa. Das anspruchsvolle Werk, E-Mail: [email protected] Helmut Bachschuster und Bernd Storz einem ganz be­ das in Tübingen spielt, ist trotzt seiner zahlreiche lite­ Redaktion: sonderen Bauwerk. "Die Pfullinger Unterhos - Ein rarischen Anspielungen flüssig und angenehm zu le­ Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Turm macht Geschichte" (94 Seiten, viele farbige Ab­ sen. Eine Urlaubs-Krimilektüre auf allerhöchstem Ni­ 72336 Balingen, Telefon (07433)266-153 bildungen) heißt das Werk über das wohl seltsamste veau. dlicheBlätter Zollemalb Hei:inat1QmdlicheVereinigung ZonernalbeV

Jahrgang 53 31. August 2006 Nr.8 Balingens letzte Turmwächter Erinnerungen an Pauline und Jakob Haasis - Von Waldemar Rehfuss Das Gerüst am Turm der Stadtkirche ist längst wieder ren im Februar 1895 und Else Frieda, geboren im April abgebaut. Auch das Turmdach hat inzwisch en die dem 1899) haben hoch über der Stadt das Licht der Welt er­ Kupfer eigene Patina ang enommen. Im Inneren des blickt. Die Hebamme musste dazu die 185 Stufen Turmhelmes hat sich ebenfalls einiges verändert. Die mehrmals herauf- und heruntersteigen. un s Älteren noch in Erinnerung geblieb ene Teilung der Der Dienst als Turmwächter gefiel dem Walloner au­ einstigen Wohnräume gibt es nicht mehr. Nur die in ßerordentlich, denn es gab dabei nicht viel zu tun. Sei­ den stehe nde n Balken sichtbaren Verzapfungen lassen ne Aufgabe war lediglich, über nächtliche Brandgefah­ die Größen noch erahnen. Dafür ist ein freie r Blick bis ren in derStadtzu wachen. Das Läuten derGlocken wie ins das ob erste Gebälk möglich. auch die Wartung der Turmuhr ging ihn nichts an . Zur Was liegt nun näher, heute auch einen Blick in die Kontrolle seiner Anwesenheit musste er stündlich ein Vergange nheit und Geschichte dieser ehemaligen Be­ Glockenzeichen gebe n undzwarhinüb er zum Rathaus. hausungzu werfen; Bis um das Jahr 1900 war hier oben Das konnte er odersein Päule bequem vom Kana pee in die Wohnung für eine siebenköpfige Familie. Aber las­ der Stube aus besorgen, wo mit einem Rieme n das sen wir den Chronisten vergangener Tage zu Wort Kontrollglöckchen (es ist die heutige Segen glocke im kommen. Es soll eine Erinnerung an die letzte Balinger kleinen Türrnchenlbewegt werde n konnte. Das Läuten Turmwächterin sein: . der großen Kirchenglocken besorg en Schüler der na­ .Pauline Haasis wareine geborene Geiger und hat im hen Spital- und Krottengrabe nschule, die sich aus die­ Oktober 1879 den aus Leidringen stammenden Jakob sem Dien st einen Spaß machten . Unten in der Stadt Haasis geheiratet. Er trug den Übernamen "Walloner" . ging außerdem der Nachtwächter seine Runden ab. Er weil sein Stiefvater Hettinger von ihm behauptete, er kündigte die Stunden an und bot in den Wirtschaften könne einmal etwas Großes werden, so ähnlich wie der ab;wenn es Zeit zum Zapfenstreich war. Wallenstein. Aus Wallens tein hat der Volksmund dann Ein Handwerk hatte Jakob Haasis nicht gelernt abe r den Namen "Walloner" geformt. Als solcher ist er bei aufs Schuhflicken verstand er sich den noch. Da saß der Karl Hötzer u. a. in "A räs Bluet" in die Stadtgeschich te Jakob nun oft in seinem Turmstübchen, hatte de n eingegangen. Knieriemen übergezogen und hantierte an zerrisse­ Sechs Jahre lang hauste er mit seinem .Päule" und nem Schuhwerk herum. seine n fün f Töchtern in derTurmwächterwohnung auf Viel lieber aber hing er sich die Jagdflinte um und der Stadtkirche. Die zwei jüngsten Kinder (Luise, gebo- ging hinaus in seine Jagdgründe, die er in der Gegend

von und Schömberg hatte. Später war er Jagdgenosse der Brüder Eisele, wobei er manchmal im Mittelpunkt ergötzlicher Streiche stand (s, ob en ). Im Balinger Kirchenregister ist der Beruf "Jäger" fein säu­ berlich nachgetragen worden! Es gehörte schon eine besondere Freude dazu, au f dem hohen Turm zu wohnen und die vielen Stufe n weiß Gott wie oft auf- und abzulaufen. Das Brennholz und das Wasser wurden außen am Turm hochgezogen. Aber demPäulewarnichts zu viel, hatte es doch von Ju­ gend auf harte Arbeit leisten müssen. Viele Jahre hatte es in der "Krone " und beim Schulerbäck geputzt un d gewaschen, oft bis in die tiefe Nacht hinein. Die Turmwohnungbestand au s einem Stüble, einem Kärnmerle, einem Küchele und einem großen Spei­ cher. Winters hatte man tüchtig einheizen mü ssen, denn da oben bekam man die kalte Luft au s erster Hand. Sonntags kam meist Besuch von der Stadt her­ auf. Kinder und Erwachse ne wollten die schö ne Aus­ sicht genießen. Als Stadtschultheiß Eiseie einmal von seinem Dienstzimmer aus beobachtete, wie die Kleinsten der Familie Haasis halsbrecherisch au f dem Turmumlauf herumturnten, veranlasste er sofort die Abberufung dieser Turmwächter und beschaffte ihnen unten in der Stadt eine passende Wohnung. Im Adressbuch der Stadt Balingen von 1936 findet sich der Eintrag: Haasis, Paul ine, Witwe, Oelbe rgstraße 10. Arn 16. September 1918 ging Jakob Haasis im Alter von erst 62 Jahren in die "ewigen Jagdgründe" ein, sein Päu le folgte ihm am 4. Februar 1944 im Tode nach. Nun sind über 110 Jahre vergangen und die ehe malige Turmwächterwohnung kann in ihren Abmessungen nur noch vage ausgemacht werden. Einzig ein Foto vom Wohnzimmerofen ist noch erhalten. Vorha nden im Turm ist noch der Göpel vom einstigen Holz- und Wasseraufzug sowie das Küch ele. Es scheint mir wert, diese Turm-Geschichte wieder in Erinnerungzu bringen, zeugt sie do ch von großer Ar­ mut und zugleich Bescheidenheit vergangener Tage. Seite 1517 Heimatkundliehe Blätter August 2006 Ein Opfer der Kirchen-Modernisierungen Der Dormettinger Altarbauer Josef Bertsch (1841 bis 1911)- Von lina Berner

Auf diesem Bild von derDormettinger Kirche, das vor 1945 aufgenommen worden ist,sieht man alledrei von,Josef Bertsch geschaffenen Altäre und die Kanzel

Die Familie Bertsch aus Dorm ettingen hat in der Ver­ waren gefragt, er lieferte sogar ins benachbarte Aus­ Bertsch um 900 M geliefert (ein Flügelaltar), die Figu­ gangenheit mehrere interessante Persönlichkeiten land Österreich (Vorarlberg) und die Schweiz. ren von Leins in Horb um 500 M, zus . Um 1400 M; das hervo rgebracht. Mit einem Portrait des Altarbauers Io­ Josef Bertsch starb im Juli 1911 im Alter von 70 Jah­ ganze ist ein Geschenk des hochw. H. Pfarrer Scherer, sefBertsch starten wir in dieser Ausgabe eine kleine Se­ ren . eines gebürtigen Dormettingers, die erhabene Mutter rie. Iesu möge es ihm belohnen! Der Josefsalta r von In den vergangeneu Jahren sind einzelne Anfragen Sein künstlerisches Werk Bertsch, hier, gemacht um 850 M,die Figurenvon Leins nach Dormettingen gekommen, um Auskunft überden JosefBertschwar Altarbauer- Ornamentiker.AlsOrna­ in Horb um 500 M, zus. 1350 M durch freiw. Beitr. be ­ Altarbauer JosefBertsch zu erhalten. Obwohl die meis ­ mentik werden die Verzierungen an Werken der Bau­ zahlt! ten seiner Altäre inzwischen abgebaut und teilweise kunst sowie im gesamten Kunstgewerbe bezeichnet. Altarbauer Bertsch machte für die Pieta eine Con sole auch vernichtet wurden, gibt es noch einige, die erhal­ Das Schmuckbedürfnis hat schon in allerfrühester Zeit aus Eichenholz geschnitzt und auch vergoldet für 60 M. ten sind und zum Teil auch renoviert wurden. Diese die ornamentale Kunst begründet. Sie veränderte sich Später wurde die Kanzel restauriert, mit einer neuen findet man hauptsächlich noch in Vorarlberg. In un se­ in verschiedenen Epochen, es gibt die Tierornamentik, Stütze versehen von Altarbauer Bertsch , hier, um 330 rem Raum wurde n nac h dem Krieg die meisten Kirchen die Pflanzenornamentik und andere Arten der Orna­ M." Der Altar ist nicht mehr erhalten renoviert und modernisiert. Die neugotischen Altäre mentik. Während der Schaffenszeit von Josef Bertsch wurden nicht meh r gebraucht und versc hwanden so­ war der Kunststil in Kirchen hauptsächlich Neugotik Dotternhausen, St. Martinuskirche mit. mit Pflanzenornamentik. Als Ornamentiker fertigte Io­ Im Deutschen Volksblatt; Stuttgart von 23. November sef Bertsch den Aufbau der Altäre mit sämtliche n 1886 erscheint eine Beschreibung über die neue früh­ Sein Leben Schnitzereien und Orn am enten . Das Vergolden über­ gotische Kirch e in Dotternhausen : "Die Hau ptperle im JosefBertsch wurde am 6. April 1841 in Dormettingen nahm er ebenfalls. Für diesen Teil der Arbei t bildete er Inb au ist der Hochaltar. Der Unterbau ist von Unter­ geboren. Erwar derSohnvon Eusebius Bertsch, Akziser später seine Tochter Rosina als Vergolderin aus. Die Fi­ nehmer Faulhaber, RottweiI, ausgeführt, der Holza uf­ und Bauer, und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Erler. guren bezog er von den Bildha uern Metzge r aus Über­ bau wie auch die Seitenaltäre von Altarbauer Bertsch in Seine Schulzeitverbrachte er in Dormettingen. Danach lingen und Leins aus Horb. Ergänzend fertigte er auch Dorme ttingen. Letztere sind ziemlich kleiner und viel machte er eine Lehre als Schreiner, ging dann aber Teile für Beichtstühle, Kerzensständ er, Messpulte, billiger, aber im Charakter dem Aufbau des Hochaltars gleich über zur Kunstschreinerei und zum Altarbau. Holzfelder-Decken mit Schnitzereien etc. JosefBertsch entsprechend, mit je 3 Figuren...u Die Beichtstühle Diese Lehre machte er bei Altarbauer Bonifazius baute eine ganze Reihe von Altären. zeichnen sich aus durch die Orginaltät des Entwurfs Schwarz in Ödheim bei Neckarsulm. 1866 und 1870-71 wie durch geschmackvolle Ausführung und praktische war er Soldat im und nahm an den Kriegen gegen Ös• Dormettingen, Pfarrkirche St. Matthäus Bequemlichkeit un d sind verhältnismäßig sehr billig terreich und Frankreich teil. Anschließend (1874/75) Die Kirchenchronik Dormettingen . gibt Aufschluss gefertigt. Dieselben sowie der Taufsteindeckel, Sakris­ machte er sich mit einem eigenen Geschäft selbststän- über seine Arbeit für die Altäre in Dormettingen, die teischrank und Messpu lt sind wieder von Altarbauer . dig. 1877 heiratete er die Lehrerstochter Emilie Ott aus um 1900 entstanden sind: Bertsch hergestellt. Auch dieser Altar ist nicht mehr er­ Erlaheim, die er bei Arbeiten in der dortigen Kirche ,,1901 - es wurde ein ne uer Hochaltar aufgestellt, der halten. kennen lernte. Aus der Ehe gingen 15 Kinder hervor, Altaraufbau stammt von dem Altarbauer Bertsch da­ von denen 6 im Kindesalter starben. hier und kostet 1900 M. Das Reliefbild, nachAnweisung Balingen, Heiliggeist-Kirche Das Alterbauergschäft florierte in jener Zeit sehr gut. des hochwürdigsten Bischofs Paul Wilhelm von Bild­ JosefBertsch fertigte den Hochaltaraus Eichenholz mit JosefBertsch bechäftige immer drei bis vier Bildhauer. hauer Metzger von Überlingen gefertigt: Chr. beruft Gott Vater und Christus am Kreuz, den Josefsalter und Seine älteste Tochter Rosine wurde frühzeitig als Ver­ Matth., den Kirchenpatron: 800 M. Die Figuren, eben­ denTaufstein. Aus dem katholischen Pfarrarchiv Balin­ golderin ausgebildet. Josef Bertsch war künstlerisch falls von diesem Künstler Metzger, darstellend Petrus gen: Vertrag: Der katholische Kirchenstiftungsrat Ba­ veranlagt und ein sehr begabter Altarbauer. Deshalb und Paulus: 200 M. Der ganze Hochaltar also 3100 M. lingen überträgt dem Altarbauer Bertsch in Dormettin­ wurde er in seiner Arbeit von einigen Bischöfen geför• 1902-Sodann erfolgte die Aufstellung der2 Nebenaltä• gen die Fertigung des Hochaltars für die katholische dert, für die er viele Aufträge ausführte. Seine Arbeiten re, der Aufbau des Marienaltars wurde von Altarbauer Kirche in Balingen nach dervom Hochw. Bischof. Ordi- August 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1518

nariat genehmigten Zeichnung und Bertsch verpflich­ Feldkirehe, Dompfarrkirche z. hI. Nikolaus Bernhard, erb aut 1868, Inneres: Dreischiffiger Saal­ tet sich, die Arbeit unter folgenden Bedingungen aus­ "Die zwei Seitenaltäre im Langhaus sind Flügelaltä• raum mit geradem Abschluss, sechs Rundbogenarka­ zuführen: Die Arbeit muss kün stlerisch sein. Die De­ re ... Die Statue des hl. Ioseph (auf dem rechten Sei­ den aufSäulen und hohen Sockeln - Mittelschiffleicht tailzeichnung zum architektonischen Aufbau i st vor tenaltar) ist neu und wurde in Württemberg aufAnord­ erhöht und wie die Seitenschiffe mit flacher Holzfeld­ Beginn der Arbeit der Bauleitung zur Prüfung vorzule - nungdes J. Bertsch, eines geschicktenAltarbauers in je­ erdecke mit Schnitzereien von Josef Bertsch geschlos­ . gen. Die Statuten müssen fehlerlos und schön ausge­ nem Lande, angefertigt ... Die schlanken gothischen sen ". führt sein. Das Material ganz reines Eichenholz für die Aufsätze zu diesen beiden Seitenaltäre sind 1878 nach sichtbaren Architekturteile. ohne Fassung, soweit letz­ Zeichnung des Domvikars Dengier in Regensburg von Bürs, Pfarrkirche zum hI. Martin tem nicht extra gewünscht wird, muss tadellos sein. J. Bertsch geliefert worden und kosten 968 f1. Südd. W." ,,1886 die neuen Altäre durch Bertsch Dormettingen Garantie gegen Wurmfraß ist Bedingung. Die Zusam­ gemacht, Hochaltar neugotischer Aufbau von Bertsch, mensetzung der einzelnen Teile muss erstens strengs­ Weiler Pfarrkirche zum hI. Herzen Iesu gefasst von Han s Mart in, mit Teilen des ehemaligen ten Ansprüche n genügen , die Kantenblumen müssen "Der Hochaltar hat einen Flügelaltar, dessen Außensei­ spä tgotischen Flügelaltars von 1480". aus einem Holz mit den Fialen sein, nicht bloß ange­ te mit Gemälden, Mariä Verkündigung und Mariä setzt sein, die Eckverbindungen verzinkt sein und Heimsuchung darstellend, geschmückt ist; von Innen Bregenz, Seekapelle z. hI. Georg und zu U.L. Frau überha upt die Zusamme nfügung nach allen Regeln sind vier Reliefbilder. welche die Heiligen Mechthild ,,1882/83 Ren. der K. durch Hans Martin; die frühe ren meis termäßiger Schreinerarbeit gefertigt sein. Termin und Juliana sowie Aloisius und Franz Yaver vorstellen. Stukkrnarmor-Alt. ersetzt durch die jetzigen Holzaltäre der Aufstellung 10.November 1898, Conventionalstra­ Diesen schönenAltar hatJos. Bertsch zu Dormettingen durch Bertsch Dormettingen." fe pro 1/2 monatliche Verspätung 50 M, Garantie für in Württemberg verfetigt, um die Summe,von 1900 gut e Arbeit und tadelloses MaterialS Jahre, Preis für die Mark. An der Kanzlei sieht man Reliefbilder der vier Hohenems, Pfarrkirche zum hI. Boromäus ganze Arbeit inkl. Statuen, aber den massiven Stipes Evangelisten; dieselbe wurde vom obengenannten los. (Unterbau) hinter dem einschließenden Holzantipedi ­ "Jetzt Altar I 1885 durch Bertsch Dormettingen ersetzt." um ausges chlosse n, inkl. Transport und Aufstellen ­ Bertsch gemacht und kostete 972 Mark. Die Chrostühle 3000 M Dreitausend M.Auch dieser Altar wurde abge­ sind von dem selben Meister. 1879." Dornbirn - Hatlerdorf ba ut un d wohl zerstört. ,,1891 erste Arbeiten , 1908 - 1909 Seitenaltar hl. Fami­ Meschach bei Götzis, Kuratiekirche zum hI. Wolfgang lie, Seitenaltar Rosenkranz, Umbau des Hochalta rs, Schramberg-Sulgen,St. Laurentiuskirche "Der Hochaltar hat einen Flügelaltar, der, wenn ge­ neue Antipendien an den alten Seitenaltären; für die Für diese Kirche fertigte JosefBertsch 1877 den Hochal­ schlossen, rechts und links beim Tab ernakel die Bild­ schme rzhafte Kapelle ein neuer geschnitzter Tab ern a­ tar, den Beicht stuhl und die Kommunionbank, 1890 nisse des hl. Bernhard und der hl. Theresia zeigt und kel, Altartritt Podium, Betstühle Holzboden". Die Re­ kam die Kanzel dazu. Nach dem Bau einer Kirche in geöffnet die des hl. Georg, Thomas von Aquin , Wende­ novierung erfolgte 2002. Sulgen wurde vom .Pö rderkrels Alte Laurentiuskirche" lin und des hl. Bischofs Gebhard mit Buch und Lanze. die alte Kirche in ein Museum umgestaltet. Darin sind Der Hoch altarwurdevon los. Bertsch zu Dormettingen die oben aufgefüh rten Teile erh alten und aufgestellt. in Württemberg verfertigt, und kostete nebst Fassung und Vergoldung 1700 Mark. Zwei Beichtstühle im Altäre in Österreich Langhaus, ebenfalls aus Eichenholz, Wurden vom oben Literaturverzeichnis: gen annten Altarbauer J. Bertsch ausgeführt und koste­ - Kirchenchronik Dormettingen 1900bis 1902 Nach Vorarlb erg, sind mehrere Altäre von Josef ten 320 Mark, 1883". '- Deutsches Volksblatt, Stuttgart, Ausgabe 23.November 1886 Bertsch geliefert worde n. In den Heften "Rund um Vor­ - Archiv des katholischen Pfarramts Balingen 1896bis 1898 arlb erger Gotteshäuser" von 1936 und in "Topographi­ Mehrerau, Abteikirche - Topographische Beschreibung des Generalvikariats Vorarlberg sche Beschreibung des Gen eralvikariat Vorarlberg" "Holzaltäre, roman. größtenteils ausgeführt durch - Rund umVorarlberger Gotteshäuser, 1936 sind folgende Altäre gen annt: Bertsch Dorrnettingen, Kongregationskapelle zum hl.

Albstädter Museenlandschaft Folge 3 Die MusikaliensammlungIehle befindet sich im ersten und zweiten Stock des Lautlinger Stauffenberg-Schlo s­ ses. Hier findet man das Lebenswerk des Ebinger Musi­ kers , Musikalienhändlers , Instrumentenbauers und leidenschaftlichen Musikaliensammlers Martin Jehle. Als dann seine umfangreiche Sammlung an die Stadt Ebingen kam, konnten zunächst nur einzelne Teile im Ebinger Heimatmuseum gezeigt werden, das sich sei­ nerzeit noch im obersten Stockwerk des Rathauses be­ fand . Mit der Gründung der Stadt Albstad t im Jahr 1975 er­ gaben sich jedoch völlig neue Perspektiven: Nach dem umfassenden Umbau des Stauffenberg-Schlo sses fand die Musikalien-Sammlung im November 1977 ebenda eine neue, ausreichende und auch durchaus adäquate Heimat. Man erhält in der Musikaliensammlung Jehle einen repräsentativen Einblick in das vom 16. bis zum 19. Jah rhundert in Mitteleuropa gespielte Instrumenta­ rium und die dazu gespielte Musik, aber auch das Mit­ telalter ist mit ein igen sehr interessanten Exponaten vertreten. Die dargestellten Themen reichen von den geistigen und techn ischen Grundlagen der Musikausübung bis hin zu den handwerklichen Grun dvoraussetzungen der Kunst des Musizierens, Natürlich kommen die in diesem Albstädter Mu­ seum gezeigten Instrumente, Noten, Choral- und Ge­ sangbücher in erster Linie aus unserer näheren Umge­ bung, also aus dem südwestdeutschen Raum und hat damit auch einen wichtigen regionalen kulturhistori­ schen Wert. Daneben enthält die Sammlung aber auch kunstvoll gefertigte Einzelstücke aus anderen europäischen Län• dern, wie zum Beispiel aus Norwegen oder aus Öster• reich.

Das Foto links zeigt eine Drehleier von 1650 aus der Musikhistorischen Sammlung Iehle, Seite 1519 Heimatkundliehe Blätter August 2006 Zum Tode von Dr. Wilhelm ·Foth Von Professor Christoph Roller Studiendire ktor Dr. Wilhelm Foth ist mit 81Jahren ver­ starben. Die Heimatkundliehe Vereinigung Zollernalb trauert um ihn. Dr. Foth war Gründungsmitglied und hoch geachtetes Mitglied im Ausschuss unserer Verei­ nigung. Am 7. Juli 1954-vor52Jahren-warDr. Wilhelm Foth eine r der 45 Damen und Herren, die zur Gründungs• versammlung für die Heimatkundliehe Vereinigung mit Herrn Landrat Friedrich Roemer zusammenge­ kommen waren. 52 Jahre später, am 31. Juli 2006, wur­ de Dr. Foth aus diesem Leben in die Ewigkeit abberu­ fen. Als Ausschussmitglied hat Dr. Foth in all diesen Jah­ ren varausdenkend und-ganz aktiv am Leben, am Wir­ ken und Gedeihe n un serer HeimatkundlichenVereini­ gung mitgeplant und mitgearbeitet - und dies in Wort , Schrift und Tat . Unve rgessen sind seine guten Vorschläge und Vor­ träge sowie seine interessanten Führungen zu den se­ henswerten Schönheiten, zu den großen kunst- und kulturgeschichtlichen Höhepunkten unseres Lan des . Dr. Wilhelm Foth war hierbei stets freundlich, hu­ morvoll, hilfsbereit und aufmunternd bis zu seinem unerwarteten Tode. Die Heimatkundliehe Vereinigung Zollernalb ver­ liert mit Dr. Wilhelm Foth einen liebe nswerten Freund, einen Mensc hen von ganz hoh em Rang. Seine guten Geda nken hab en die Heimatkundliehe Vereinigung üb er all die vielen Jah re begleitet.Wir wer­ den mit guten Gedanken dankbar seiner gedenken. Unsere Anteilnahme gilt seiner lieben Frau und seiner Familie. Starb mit 81 Jahren: Dr. Wilhelm Foth. FOTO: MICHAEl KAISER

DAS AKTUELLE BUCH Die Autoren dieser Ausgabe Tipps und Morde aus dem Ländle . . Prof. Christoph Roller Zwei Kri mis und zwei Ratgeber - Von Daniel Seeburger Am Heuberg 14 72336 Balingen Sommerzeit - Ferienzeit. Wer seine Urlaubslektüre einlesen will und wichtige Informationen, Telefon­ noch nicht gefunden hat, für den könnten die folgen­ nummern, Adressen oder Öffnungszeiten, die dem Be­ den Buchtipps von besonderem Interesse sein. Wer al­ sucher weiterhelfen. Das im DRW-Verlag in Leinfel­ lerdings schon wieder amArbeitsplatz darbt und ledig­ den-Echterdingen erschienene Buch ist ein wichtiges Waldemar Rehfuss lich abends im Bett oder am Wochenende ein gutes Buch für diejenigen, die ihren Urlaub aktiv im Ländle Hirschbergstr. 32 Buch aus dem Regal ziehen kann, derwird bei derWahl verbringen und nicht nur Balkon und Terrasse bevöl• 72336 Balingen der Lektüre sehr wählerisch sein. Neben der Unterhal­ kern wollen. tungwerden dann auch praktische Helfer gernezu Rate gezogen. Viel Spannung verspricht auch für die Zukunft die jetzt gestartete neue Krimi-Reihe im Tübinger Silber­ LinaBerner Ein solcher nützlicher Ratgeber ist das kleine Büch• burg-Verlag. Schon die schön gestaltete Aufmachung Holderweg7 lein "Natürlich Gutes von derAlb und aus demAlbvor­ macht Appetit auf die Morde im Ländle, die der Leser 72358 Dormettingen land" aus dem Oertel-Spörer-Verlag in Reutlingen.Auf da gebannt mitverfolgen kann. Blutrote Titel auf knapp 100 Seite n bietet sich dem Leser ein kompakter schwarz-grauem Untergrund lassen schon Spannung Einkaufsführer mit regionalen Anbietern im Kreis aufkommen , bevor man auch nur eine Zeile gelesen Reutlinge n. Hier gibt es beispielsweise eine nach Ort­ hat. Was sich dann zwischen den Buchdeckeln auftut, Daniel Seeburger schaften geordne te Übersicht von Bad Urach bis Zwie­ ist eine Entdec kung wert. Helene Wiedergrün hat mit ZOLLERN-ALB-KURIER Grü newaldstr. Iö falten. Entdec kt wer den können regionale Produkte ,,Apollonia Katzenmaier und derTotein derGrube"ei­ 72336 Balingen von Amaranth bis Wacho lder. Abgerundet wird das nen delikaten Obe rschwaben-Krimi abgeliefert. Im handliche Büchlein mit einem überaus nützlichen Mittelpunkt ste ht ebe n jen e JournalistinApollonia Kat­ Adressenverzeichnis. Natürlich sind ausschließlich Be­ zenmaier, die mit ihrem raue n Charme das Zeug zu ei­ triebe und Erzeuger aufgelistet, die zertifiziert. ner Krimiserie hat. Sie muss auf 198 Seiten einen Fall Herausgegeben von der zwischen Glau be und Aberglaube, zwische n Wahrheit Heimatkundlichen Vereinigung Ein praktisches Buch ist auch das vom Südwest­ und Lüge lösen . Un d wo könnte diese Geschichte Zollernalb Fernsehen herausgebrachte Werk "Schätze des Lan­ glau bwürdiger handeln als vor der Kulisse Oberschwa­ des". Welcher an der Heimat interessierte Zeitgenosse bens. Vorsitzender: kennt die gleichnamige Senderreihe im Dritten nicht, Chr istoph Roller, Am Heuberg 14, in der dem Zuschauer eben allerlei Schätze des Landes Auch bei Wolfgang Stahnkes Taubertal-Krimi "Rot­ 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 77 82 an- und dargeboten werden? Auf 128 reich bebilderten käppchenmord" stehen zwei Vertreter der schreiben­ Geschäftsführung: Seiten kann man eine Auswahl der Tipps nun auch den Zunftim Mittelpunkt des Geschehens. Lokalredak­ Erich Mahler, Mörikeweg 6, nachlesen. Neben Schlössern wie dem Kloster und teur Uli Faber und seine junge Kollegin Hebestreit klä• 72379 Hechingen Schloss Bebenhausen oder dem Ludwigsburger ren auf237 Seiten in Bad Mergentheim einen Mord an Telefon (07471) 1 5540 Schloss werden auch Museen, beispielsweise das Kel­ einer alten Dame auf- und verfolgen eine heiße Spur, E-Mail: [email protected] tenmuseum Hochdorf/Enz oder das Limesmuseum in die zu den Fechtern nach Bad Mergentheim führt. Mit Redaktion: Aalen, sowie Einrichtungen zur Technik- und Indus­ dabei auch eine etwas behäbige Polizei, die hie und da Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, triegeschichtevorgestellt. Daneben gibt es interessante etwas zu spät dran ist - zum Glück für die quirligen 72336 Balingen, Telefon (07433) 266-153 Lesetipps für den Leser, der sich mehr in die Thematik Journalisten. L'. 't-\- 'V"l~, 8 ~ . {.IVo cV.7 < Heima:~ dliche Blätter" Zollemalb He:imat1\.PndlicheVereinigung Zollernalb e"V

Jahrgang 53 30. September 2006 Nr.9 100 Jahre Schloßberg-Realschule Ebingen Die Entsteh ung eines mittleren Schulwesens zwischen Volks- und lateinschule in Ebingen - Von Jürgen Scheff

1. Einleitung trachters sind un terschiedliche Interpreta tionen mög­ den diese Schulen gewähren, ist durch die Erfahrung Die Schloßberg-Realschule feiert zusammen mit der lieh. Desha lb sollen die diesbezü glichen 'schulischen bestätiget." Der Bildungsauftrag wird folgendermaßen Kirchgrabenschule im Jahr 2006 ihr hundertjähriges Geschehnisse im 19. Jahrhundert zunächst kurz be­ umrissen: "Sie sind für die zu Handwerkern bestimm­ Bestehen, Die Quellenlage diesbezüglich scheint ein ­ leuchtet werden. ten älteren deutschen Schüler, was die lateinischen deutig: Die feierliche Einweihung und der Einzug der Schulen für diejenigen sind, welche sich den Studien Schülerinnen in das neu erbaute Mädchenschulhaus 2. Ein mittleres Schulwesen etabliert sich zwischen widmen. Die Schüler sollen nämlich darinn nicht nur an der Ecke Langestraße - Kirchengraben erfolgte am Volksschule und Latei nsc hule eine weitere und höhere Anleitung in denjenigen Donnerstag, dem 1. November 1906, StadtpfarrerGott­ . Kenntnißen erhalten, welche in den deutschen Schu­ hilf Weismann, als Ortsschulinspektor oberste schuli­ - 2.1. Anfänge des Realschulwesens im Herzogtum len gelehrt werden, son de rn sie sollen auc h n:ochin an­ sche Autorität in Ebingen, begrüßte die Festgäste und Württemberg im 18. Jahrhundert de rn Fächern des 'menschlichen Wissens, die dem stellte in seiner Dankesrede wörtlich klar: "Der heutige Am 22. April 1783 wandte sich die Stadt Nürtingen an künftigen Profession isten nützlich, ja oft nothwendig Tag ist zugleich auch der Geburtstag der hiesigen Mäd• Herzog Karl Eugen mit dem Plan zur Errichtung einer sind, z.B. in der Geographie, Naturlehre, Naturge­ chenmittelschule". (Der Alb-Bote, 2. Nov. 1906) Aber "Bürgerschule für Künstler, Professionisten und Hand- schichte, in fremden Sprachen, im Zeichnen etc . unter­ gab es in Ebingen nicht schon seit 1889 eine private werker". Das Vorhaben wurde als Schulversuch in richtet werden." (BLATINER,S.4) Der herzogliche Auf­ Töchterschule, welche es begabten Mädchen ermög• Form einer .Privatanstalt" mit der Bedingung geneh- ruf zeigte Erfolg. In Stuttga rt entstand eine Realschule lichte, ein über das Volksschulwissen hinaus reichen­ migt, dass darau s de n besteh enden deutschen und la- 1796, in Scho rndorf eine weitere 1797. des Bildungsniveau zu erreichen? Und wurde nicht be­ teinischen Schulen kein Nachteil entstehe n dürfe. Es reits im Jahr 1804 der Versuch unternommen, mit der erwies sich offensichtlich als so erfolgreich, dass der - 2.2. Gründung der Realschule in Ebingen 1804 Gründung einer Realschule eine mittlere Schulform Herzog in einem Erlass vom 2.'April 1793 an die würt• Seit dem 16.Jahrhund ert lässt sich in der Stadt Ebingen zwischen Volks- und Lateinschule zu etablieren? Wur­ tembergischen Dekanatsämter als obere Schulauf­ ein zweigliedriges Schulsyste m belegen. Neben der de das eigentliche Gründungsdatum des Realschulwe­ sichtsbehörden wisse n ließ: "Wir haben schon lange Volksschule, auch Deutsche Schule genannt, existierte sens in Ebingen eventuell verschlafen? Die Antwort gewünscht, daß nach dem Beispiel der Stadt Nürtingen seit 1565 eine me ist einklassige Lateinschule, welche kann nicht eindeutig sein . Der Teufel steckt hier, wie so noch einige Real- oder Bürgerschulen in Unsern Herz­ nurvon wenigen Schülern besucht wurde. Im Jahr 1804 oft, im Detail , und je nach dem Blickwinkel des Be- ogl. Landen errichtet werden möchten. Der Nutzen, unterbreiteten Ebinger Bürger dem Gemeinschaftli- Seite 1521 Heimatkundliehe Blätter September 2006

ehen Oberamt (hiesiger Oberamtmann und Balinger Über Reaktionen au s der Ebinger Bevölkerung die s­ Beginn des Schullebe ns . Es stand zunächst kein Lehr­ Dekan) einGesuchfür die Einrichtung ein er Realsch ule bezüglich ist nichts überliefert, doch zeigte diese sich zimmer zur Verfügung, und der Unterricht fand an­ mit der Begründung, der Lehrstoff einer Realschule im Jahr 1823 sehr forts chrittlich, als sie beantragte, dass fangs wahrscheinlich in Privathäu sern statt. Am 3. en tspräche eher den Bedürfnissen der hiesigen Ein­ die Latein- und Realschule auch Mädchen zugänglich Oktober-1889 verhandelten Gemeinderat und Bürger­ wohnerschaft, die überwiegend ein Han dwerk ode r gemacht werden sollte. Die Obrigkeit in Stuttgart war ausschuss über den diesbezüglichen persönlichen An­ Handel betri eb e. Das Gemeinschaftliche Oberamt offenbar nicht zu begeistern und verwies aufdie "allge­ trag des Vorstehers der Höheren Mäd chenschule, wandte sich wohlwollend an Kurfürst Fried rich v. meine weise Anordnung", dass Knaben und Mädchen Kaufmann Karl Groz . Daraufhin konnte am 7. Okto ber Württemberg, die soe be n in Ebingen frei gewordene getrennt sein sollten. Wenig später, das Auflösungsda• einRaum in derAlten Schule im Spitalhofbezogen wer­ Stelle eine r Collabo ratur (2. LehrersteIle) der Latein­ tum ist nichtzu ermitteln, existierte diese erste Ebinger den. Die Stadt verlangte einen jährlichen Mietzins von schule in eine ReallehrersteIle umzuwandeln. Das Kon­ Realschule nicht mehr. Ein zweiter Anlauf zur Grün• 140 Mark, für den Groz als "Bürge, Selbstschuldner und sistorium in Stuttgart genehmigte nach Vorlage eines dung einer Realschule, der 1830 auf Betreiben der Selbstzahler" zeichnen musste. Im November 1891 Lehrplan s die Anstellung zweier Reallehrer. Somit war Stuttgarter Schulbehörde unternommen wurde, muss­ wurde der Betrag auf Ersuchen des Vorstands der El­ die Realschule in Ebingen geboren. Es war die vierte te schon im folgenden Jahr wegen Desinteresse des ternschaft um Nachlass des Mietzinses auf 100 Mark derartige Schulform in Württemberg überhaupt. Magistrats und der Bevölkerung aufgegeben werden. reduziert. Erst im Dezember 1892 hatte eine schriftli­ Der Eintritt in die Schule sollte mit 10 oder 11 Jahren che Eingabe der Eltern zur unentgeltlichen Überlas­ erfolgen, die Woch en stundenzahl wurde auf 36 bis 37 - 2.3. Neugründung der Realschule in Ebingen 1838 sung des Schulzimmers Erfolg. Der Argumentation, Stunden festgelegt. Lehrfächer waren Schön- und Im August 1837 regte der EbingerStadtpfarrerWeiss im dass durch diese Schule die Volksschule entlastet wer­ Rechtschreiben, Technologie, richtiges Reden, Franzö- Stiftungsrat erneut an, eine Realschule einzurichten. de , "so daß der sonst notwendige weitere Schullehrer sisch, Zeichnen, Arithmetik und Geometrie, Naturge- Diese sollte aber, im Gegensatz zu früher, kein Institut nicht habe angestellt werden dürfen, daß die Schüle­ schic hte und Naturlehre, Geographie und vaterländi- sein, das mannachBeliebenbesuchen oderwiederver­ rinnen durchaus hiesigen Familien entstammen, wel­ sehe Geschichte, Diätik und Anthropologie. Als be son- lassen könne, sondern diejenigen Schüler, welche die che zur Unterhaltung der Volksschule auch beizutra­ ders wichtig wurden Religion und Pflichtenlehre be- Ortsschulbehörde gemeinsam mit dem Reallehrer, gen haben, und daß der katholischen Schule ein Leh r­ zeichnet. Von den ersten beiden Reallehrern, Joh ann dem Präzeptor und dem deutschen Knabenschullehrer zimmer au ch unentgeltlich eingeräumt worden seie", Jakob Rominger und Iohannes Ietter, wurde insbe son- aufgrund ihrer Fähigkeiten gezielt auszuwählen hat­ konnte sich der Gemeinderat nicht länger verschlie­ dere letzterer gelobt. Wegen seines Diensteifers und ten, sollten zurTeilnahme an dieser Schuleverpflichtet ßen. Das Schulzimmerwurde ab 1. April 1893 in wider­ Fleiß es erh ielt Ietter 1807 eine Besoldungserhöhung. werden. Am 10. Dezember 1838 wurde sie eröffnet, ruflicher Weise mietfrei zur Verfügung gestellt. Diese Über den damaligen Zustand des Schulwesen s in do ch Latein- und Realschule bildeten zunächst wieder Privatschule war für Mädchen gedacht, die nach vier Ebingen haben wir Kenntnis aus der "Topographie von eine Einheit. Als Schulgebäude diente nun nachweis­ Volksschuljahren eine weitergehende Schulbildung er­ Ebinge n", welche der Ebinger Arzt Wilhelm Friedrich lieh die Neue Schule im Kirchengraben. Die Zehn- bis halten sollten, welche ihnen - im Gegensatz zu den Schäffler im Jahr 1810 verfas ste. Schäffler legte den in- Zwölfjährigen stellten die untere, die Zwölf- bis Vier­ Knaben - das bestehende Schulsystem in Ebingen bis­ folge der Kriegswirren der Franzosenkriege desolaten zehnjährigen die obereAbteilung. In beiden unterrich­ her nicht bieten konnte. Ein hohes Schulgeld von 5 Zustand seiner Stadt derart schonungslos dar, dass sei- tete der Präzeptor Religion, Deutsch, Latein, Singen Mark monatlich lässt vermuten, dass der Besuch dieser ne Arbe it wegen sein er damals ' politischen Brisanz und Geographie, bei den Größeren außerdem Ge­ Anstadt nur für Mädchen betuchter Eltern erschwing ­ nicht veröffentlicht werden durfte. Das Werk, das im schichte. Der Reallehrer gab jeweils Arithmetik, Fran­ lich war. Das Schulgeld an Volksschulen betrug hin­ Staatsarchiv Stuttgart schlummert, darfgerade au s die- zösisch, Zeichnen und Biologie, in der oberen Abtei­ gegen im Jahr nur 2 Mark 50 Pfennig. Zudem mussten sen Gründen als authentisch gelten:"... Bey den Schu- lung außerdem Geometrie und statt Biologie Physik. die Kosten für Heizung und Pflege des Schulraums pri­ vat übernommen werden. len sind angestellt: 1. Praeceptor, dessen Cellaborator Das Übermaß an Lateinstunden an der Realschule Im Anfangsjahr wurden wie in der Realschule drei der 2 te Real Lehrer ist. 2. Real Lehrer an der Real Schu- sorgte erneut für Ärger. Auf Klagen des Reallehrers ent­ le. An den deutschen Schulen 6 Deutsche Lehrer, wel- schied die Schulbehörde, der Besuch der Lateinstun­ Jahrgänge unterrichtet, jedoch in einer Klasse. 1892 zählte die Schule vier Jahrgänge mit 21 Schü lerinnen.: ehe Provisor es heissen, schlecht besold et sind, undH, den sei den Realschülern frei zu stellen, andererseits 1897 waren es 24. Im Gegensatz zu den überfüllten Fuss au sgenommen , alle Handwerk daneben tre ibe n . . könnten die Lateiner dem Unterricht inGeometrie und Volksschulklassen mit über 80 ' Schülern waren das Es ist wahrhaft zu bedauern, dass ein so nüzlicher Physikfernbleiben. Fazit der offenbarweiterschwelen­ paradiesische Zustände. Französisch kam als Pflicht­ Stand so schlecht besorgt ist, und dass die hiesigen den Unstimmigkeiten war, dass 1842 Latein- und Real­ fach besondere Bedeutung zu ; als zwe ite Fremdspra­ Schulen nicht au f den höchsten Flor gebracht sind, den schule getrennt wurden. Som it waren beide Lehrer ge­ che konnte freiwillig Englisch gewählt werden. Im sie durch Unterstüzung der piorum corporum errei- nötigt, alle Schüler in einer Klasse und in allen Fächern Deutschunterricht lasen die Mädchen mit vert eilten ehe n könnten. Würklich wird an dem Plan zu ein er In- selbst zu unterrichten. Mit dem raschen Wachstum der Rollen Werke aller großen deutschen Dichter und Den­ dustrie Schule für Mädchen gearbeitet, welche m nichts Industriestadt Ebingen im 19. Jahrhundert stiegen ker wurden. Im Mittelpunkt des Geschichtsunterrichts mehr als die Ausführu ng fehlt. Die Errichtung ders el- au ch die Schülerzahlen der Realschule. 1890 wurde für stand die Vermittlung der grie chi schen und röm ischen ben ist um so nö thiger, als gerade das zweite Ge- die nunmehr 90 Schüler eine dritte LehrersteIle errich­ Mythologie. Nur die Ergebnisse des Rechenunterrichts schlecht hier am weitesten zurük ist. In die sen Schulen tet. Mitte der 90er Jahre wurden dann die Weichen ge­ wurden bei einer Visitation als nicht befried igend be­ sind 502 Schüler,und zwar Lateiner 39, Deutsch e Schul stellt, die bislang in drei Klassenstufen geführte Real­ mängelt. Wiederholt erhielt Fräulein Maria Härlin das Knab en 213, Mäd chen 250." Es ist zu vermuten, dass sch ule in ein e sechsklassige Realanstalt umzuwandeln, Lob, eine vor tre ffliche Lehrerin und Erzieherin zu sein, . die Realschule zusammen mit der Lateinschule in der nach deren erfolgreiche r Absolvierung die Schüler ei­ die ihre Schülerinnen strengundzugleich mitLiebe be­ erst 1792 erbauten Neuen Schule (volkstümlich wegen nen qualifizierten Abschluss vorweisen konnten: das .handelte. Noch 1957 erinnerte sich eine ehemalige des Lärms der Kinder "Judenschule" genannt; 1944 bei "Einjährige". Der Erwerb des "Einjährigen" bedeutete Schülerin, welche die Töchterschule von 1890 bis 1895 einem Bombenangriff zerstört) außerhalb der Stadt- für den jungen Mann das auch beruflich interessante besucht hatte:"Ich kann über diese Schule und diese mauer im Kirchengraben untergebracht war. Während Privileg, statt der üblichen zwei bis drei Jahre nur ein Lehrerin nur sagen: Wohl dem, der in seiner Jugend so dieses Gebäude sich offensichtlich in einem akzeptab- Jahr Militärdienst ableisten zu müssen und dort besse­ herrlich geführt und geleitet wurde." Zum Leidwesen lenZustand be fand, bemängelte Schäffler die Zustände re Karrieremöglichkeiten zu haben. 1894 wu rde die aller verließ Fräulein Härlin kurz daraufdie Schule und des Alten Schulhauses im Spitalhof (heute Heimatmu- vierte Realklasse eingerichtet, im Folgejahr die fünfte. wurde Kinderkrankenschwester. Ihre Nachfolgerin seum) an anderer Stelle aus der Sicht des Mediziners: Mit Begin n des Schuljahres 1899, als die sechste Real­ Luise Unsöld war den Anforderungen gesundheitlich "... Die alte Schule, diese ist alt undbeinahe baufällig, klasse folgte, war die Ebinger Realan stalt gebo ren. Die offenbar nicht gewachsen und mancher Respektlosig­ ungesund eingerichtet, und die Kinder sind darinne so einheimischen Schüle r brauchten das "Einjährige" keit ausgesetzt. Die Zahl der Schüle rinnen sankperma­ zusammengehäuft, dass man fast nicht athmen kann. seither nicht meh r an auswärtigen Schulen erwer ben. ne nt; zuletzt waren es gerade noch 13 Mädchen. Als Es wäre daher um so nöthiger, dass ein drittes Schulge Mit ihrem Ausbau zur vollwer tigen Realan stalt hatte Fräulein Unsöld 1905 eine staatliche Stelle in Urach an­ bäude errich tet würde, als auch zu der würklich zu er- die Ebinger Realschule die entscheide nde Hürde zu ei­ trat , beschloss der Elternrat, die Privattöchterschule richtenden Industrie Schule sich kein Plaz vorfindet." ner höheren Bildu ngsans talt geno mmen, in welcher aufzulösen. Die no ch verbliebe ne n schulpflichtige n Auf diesen bereits 1810 geforderten Schulhausneubau nach Einführu ng der drei noch fehlenden Oberklassen Schülerinnen mussten in die Volksschule zurückkeh­ mussten die Schulkinder noch bis zum Jahr 1888 (!) am Ende des Schuljah res 1926/27 erstmals auch das ren. Doch die Weichen für eine bessere Schulbild ung warten. Abitur gemacht werden konnte. Der mit dem Ausbau au ch der Mädchen waren zu diesem Zeitpunkt in Ebin­ Reallehrer Joh annes Jetter wurde 1809 nach Aalen zurVollans talt im Jah r 1926 verbundene Schultitel "Re­ gen bereits gestellt. versetzt. An seine Stelle trat Georg Friedrich Oeh ler. Als formrealgymnasium und Oberr eals ch ule" zeigt indes der bisherige Präzeptor der Late inschule Ebingen 1814 noch deutlich, wo da s heutige Gym nasium Ebingen - 2.5. Eröffnung der Mädchen-Mittelsch ule Ebingen verließ, wurde seine Stelle Oehl er üb ertragen; Romin- seinen Vorläufer sehen darf: in der im Jahr 1838 wieder 1906 ger blieb Collaborator an der Latein- und Realschule. gegründeten EbingerRealschule. Als Keimzelle unserer Der immer lauter werdenden Forde ru ng nach besseren Damit hatte die Realschule ihre Selbstständigkeit nach he utigen Schloßberg-Realschule kann die se hingegen Bildungschancen für Mädchen konnte sich auch die nur 10 Jahren eingebüßt und wu rd e .Jatein isiert": im nicht in Anspru ch genommen werden. au f sparsames Haushalten bedachten Ebinger Stadt­ neudeutschen Börsenjargon wü rd e man es als "feindli­ oberen auf Dau er nicht verschließe n. Aufschlussreich che Übernahme" bezeichnen. Den Realschülern wur­ ~ 2.4. Höhere Mädchenschule in Ebingen 1889 ist ein Protokoll der Ebinger Ortsschulbehörde vom 19. den wieder 13Stunden Latein verordnet bei nur 5 Stun­ Im Pfarrbericht des Ebinger Stadtpfarrers Iehl e zum Juni 1903: "Alsein Mitt el zur Verringerung der Zahl der den Französisch, was die Stuttgarter Oberaufsicht 1824 Jah r 1890 ist zu lesen: "Zu den 5 Knab en - und 6 Mäd ­ Volksschülerinnen erscheint die Errichtung eine r Mäd• für unangemessen hielt. Dafür enthielt die rest liche chenklassen und der Anstaltsschule in der Augusten­ ch en-Mittelschule, die seit Jahren in weiten Kreisen als Stundentafe l mit 2 Stunden deutscher Sprache, 3 Stun­ hilfe ist jetzt ein e Töchterschule mit 21 Mädchen zwi­ Bed ürfnis empfunden und angestrebt wird. Der den Religion und Sittenlehre (mit Lese- und Singübun­ schen 12 und 15 Jahren gekommen. Lehrerin Härlin, Wunsch auf Errichtung eine r Mittelschule ist na ment­ gen), 3 Stunden Arithmetik sowie 2 Stu nden Geogra­ Maria, geb. 1863, led ig. Sie hat die Schule am 2. Mai lieh auch deshalb ein be sonders lebhafter, weil die ph ie und Geschichte erheblich weniger an .Realia" , als 1889 angefangen und erteilt wöchentlich 321/2 Stun­ hiesige private Töchterschule den Anforderungen, wel­ der erste Stundenentwurf für die Schule vorgesehen den. Lebe nswandel gut, eine tüchtige Lehrerin." Hinter che die höheren Stände heutzutage an weibliche Bil­ hatte. die sen knappen Sätzen verbirgt sich ein schwieriger dung stellen, in durchaus unvollko mmen er Weise ent- September 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1522 spricht." Dem stimmten Gemeinderat und Bürgerrat Die offizielle Einweihungsfeier des ne uen Mädchen­ 3 Stockwerken, und geschmackvolle Ausführung noch am gleichen Tag zu . 1904 beschloss das gleiche schulhauses fand am 1. November 1906 um 10 Uhr in spricht an. 16 geräumige und anheimelnde Schullokale Gremium den Bau eines neuen Schulgebäudes für alle derTurnhalle (heute Festhalle) statt. Eröffnetwurde sie können über 1100 Kinder aufnehmen. Jeder Stock hat evangelischen Volksschülerinnen und die geplante durch den Ortsschulinspektor Stadtpfarre r Weismann; außerdem ein Lehrerzimmer. Weiter sind vorhanden Mädchen-Mittelschule. Dem Neubau an der Ecke Lan­ es schlossen sich die üblichen Festreden und Gedicht­ ein Zeichensaal, ein Musiksaal, ein Saal für Handarbei­ gestraße - Kirchengraben musste das stattliche Pfarr­ vorträge an . Mit einem "innigen Gebet" been dete ten, ein Bibliothekzimmer, ein Sammlungszimmer. Da ha us weichen, bevor 1905 mit de n Arbeiten unter der Stadt pfarrer Baur de n Festakt. Anschließend sang die de r übe rbaute Raum gegen 1000 Quadratmeter um­ Leitung von Stadtbaumeister Eitel begonnen werden Festversammlung den Cho ral "Nun danket alle Gott" . faß t, ist es erklärlich, daß neben all diesen abgeschlos­ konnte. Über die Inb esitznahme des Schulhauses und seiner senen Räumen noch breite Gänge und ein weites Trep­ Seit Frühjahr 1905 konnten interessierte evangeli­ Räumlichkeiten berichtet der "Ne ue Alb-Bote" vom 2. sche Schülerinnen als Vorbereitung auf den Übertritt November: "Nun gings im Zug zum neuen Schulhaus, pe nhaus vorhanden sind." Der "Alb-Bote" vom 2. No­ in die Mittelschule einen freiwi lligen Französisch­ wo die Uebe rgabe des Schlüssels durch den Herrn vember erg änzt: "Die Kinder wurde n in ihre Klassenlo­ unterrich t besuchen , ab Juli durften auch kath olische Stadtba ume ister mit einer Ansprach e stattfand, die kale geführt und dort mit Brot und Wurst beschenkt." Mädchen daran teilne hmen, da die Mittelschule auch Herr Stadtschulthe iß Hartmann erwiderte. Alsdann er­ Die ne ue Mädche nsc hule, später Kirchgrabenschule, ihnen offen stand. Das Schulgeld wurde von den Bür­ folgte der Einzug in das stattliche Gebäude, das innen behe rbe rgte die Mädchen-Mitte lschule und nach dem gerlichen Kollegien für hiesige Schülerinnen auf 10 den Eindruck vollständig bestätigt, den das imposante Zweiten Weltkrieg die Mittelschule Ebingen bis ins Jahr Mark, für auswärtige auf 20 Mark jährlich festgesetzt. Aeußere macht . Licht, Luft und Raum erfreuen in allen 1949. (Fortsetzung folgt)

Karl Bertsch - Wissenschaftler und Lehrer Der Pionier der Pollenanalyse kommt aus Dormettirigen - Von lina Berner Ein großer Forscherdrang, die Liebe zur Nat ur, Selbst- fossilen Pflan zen teile untersuchte Karl Bertsch und Bronzezeit und Latene-Zeit) darin festlegen, was vor disziplin, Können, enormes Gedächtnis und trotzdem konnte daraus Rückschlüsse auf die damalige Flora zie- mi r keinem Universitätsprofessor gelungen war. " große Bescheidenheit - diese ungewöhnliche und sel- hen. Er entwickelte daraus ein Syste m, die Pollena naly- tene Mischung von Charaktereigenschaften charakte- se, die Aufschluss über die Pflanzen der damaligen Zeit Der Mensch risierte den Privatgelehrten Karl Bertsch, der es allein gibt und Aussagen über Klimaverände ru nge n ermög• aus eigener Kraft zu großem Erfolg und Ruhm in de r licht. Um gekeh rt kann durch die vergleichende PoIlen ­ Als Nich te von Karl Bertsch möchte ich erzählen, was Wissenschaft (Botanik und Paläo ntologie) br achte. analyse das Alter eine s .Sackvoll Erde" und damit eines für ein liebe nswerter und bescheid en er Mensch mein prähistorischen Fundes bestim mt werden. Kad Onkel war. Er macht e kein Authebens um seine Person. Sein Leben Bertsch fasste seine Technik und seine Erfahrungen in Erst mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde erfuhr einem "Lehrbuch Pollenanalyse" zusammen. Dieses die Öffentlich keit und auch wir von der Bedeutung sei­ Karl Bertsch wurde am 1. Februar 1878 in Dormettin­ Werk machte ihn in Fors cherkreisen bekannt und ner Arbeit. Er war zwa r als Liebhaber seltener Pflanzen gen geboren. Er war der älteste Sohn des Altarbauers internatio nal berühmt. Als Anerkennung für seine gro­ bekannt, jedoch waren seine wissenschaftlichen Leis-: tungen bis dato unbekannt. Auch als sich Ehrungen JosefBertsch und dessen Ehefrau Emilie, geb. Ott. Sei­ ße n Leistunge n wu rd e ihm 1927 die Ehrendo ktorwürde und öffentliche Anerken nung häuften, er blieb, wie er ne Schulzeit verbrachte er in Dormettingen. Danach der Universität Tübingen verliehe n. Seine wissen­ war und ging wei terhin auf Erkundungen in die Natur. ging er zum Studium an das Lehrerseminar in Saulgau, schaftliche Arbeit hat dam it ers tmals eine öffentliche das er mit einem Abschluss als Volksschullehrer ver­ So mach te er no ch im Alter von 78 Jahren an lässlich ei­ Würdigung erfahren. nes Besuchs in seinem Geburtsort Dormettingen alIei­ ließ. Nach kurzen Einsätzen an verschiedenen Schulen In den Folgejahren konnte er da nn seine wissen­ absolvierte er in Genf ein Studium der französischen ne eine Tagestour auf den Plettenberg, Schafberg, Lo­ schaftliche Tätigkeit mit ganzer Kraft verfolgen. Weite­ chen und zum Wenzelstein. Dort fand er ein Moos, das Sprache. Nach dem abschließenden staatlichen Ex­ re Bücher und Veröffentlichungen sind danach- ent­ amen fand er eineAnstellung in Men gen als Reallehrer. er gesucht hatte, und darüber freute er sich sehr. Er er­ standen. Er war Mitglied des Archäologische n Instituts zählte gerne von seinerArbeit. Er schilderte mir, wie er 1906 heiratete er Thekla Hengler aus Rohrdorf, 1907 des Deutschen Reiches und korrespondierendes Mit­ wurde sein Sohn Karl und 1910 sein Sohn Franz gebo­ von Ausgrabungsorten große Kisten mit zentnerweise glied mehrerer wissenschaftlicher Gese llschaften. 1955 Erde zugeschickt bekommt, aus der er in tagelangerAr­ ren. 1913 kam er an die Oberrealschule nach Ravens­ wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz und 1958, zu burg. Dort lebte er mit seiner Familie bis zu seinem To­ beit Samen und Pollen heraus schwemmt, sortiert und seinem 80. Geburtstag, mit dem Tite l Professor geehrt. daraus das Alter bestimmt. Durch all diese Arbeiten de im Jah re 1965cIn dieser Zeit forschte er neben seiner Unermüdlich arbeitete er für die Wisse nschaft bis zu Tätigkeit als Lehrer und später als Pensionär auf dem entstand in seinem Ha us eine kost bare Sammlung.'> seinem Lebensende. . Herbare von Blütenpflanzen, Moosen, Flechten, vorge­ Gebiet der Botanik und Paläontologie und verfasste Sein Sohn Franz Bertsch ist in die Wissenschaft des schichtliches Getreide aller Art und aller Zeitstufen aus viele wissen schaftliche Arbeiten, durch die er im Laufe Vaters mit eingestiegen und hat mit ihm zusammenge­ ägyptischen Pharaonengräbern und au s den Schlie­ der Zeit berühmt und international als Kapazität ge­ arbeitet. Diese Zusamme na rbe it hat ein frühes Ende mann-Grabungen in Troja. Andreas Bertsch, Botanik­ schätzt wurde . Er starb im Oktober 1965 im Alter von 87 genommen - Franz Bertsch ist 1944 in Russland gefal­ professo r in Marburg, ein Enke l von Karl Bertsch, hat Jahren nach einem unermüdlichen Forscherleben. len. Dies hat den Vater schwer getro ffen. Zur Erinne ­ dieses Erbe übe rnommen. rung und Würdi gung der Mitarbeit seines Sohnes hat er Wenn ich heute eines der Bücher von Onkel Karl aus Sein wissenschaftliches Werk die beiden Bücher "Geschichte unserer Kulturpflan­ der Reihe Leb en sgemeinschaften in die Hand nehme, Karl Bertsc h war ein stiller Forscher, der ganz privat zen" und "Flora von Württemberg und Hohenzollern" dann staune ich nach wie vor übe r die feinen Zeich­ nungen von Pflan zen und Tieren, die er zu seine n Tex­ seine botanischen Forschungen betrieb , deren Ergeb­ herausgeb racht. ten selb st gem acht hat. Mein Onk el Karl ist mir als au­ nisse er in wissenscha ftliche n Zeitschriften veröffent­ In vielen Veröffentlichungen und Büchern hat Karl ßergewöhnliche r Mensch in Erinne ru ng." lichte . Die Wurzeln der ungewöhnlichen "Karriere" Bertsch seine Erkenntnisse niedergelegt. Die ersten dieses Forschers liegen vielleicht in sein er Kindheit. Veröffentlichungen 1924 galten den Formenkreisen Neben der Altarschreinerei wu rde im Elternhaus noch der Veilche n und der Habichtskräuter. Ein Savoyer Ha- Posthum bichtskraut erhielt darauthin den Namen .Hieraclum eine kleine Landwirtschaft betrieben , in der die Kinder Zum 100. Geburtstagvon Karl Bertsch , am 1. Februar mithelfen mussten. Es ist anzunehme n, dass der kleine Bertschi anum". Weitere bedeutende Werke sind: "PoI­ lendiagramm von Reichermoos bei Waldburg","Lehr­ 1978, erschien in der Schwäbischen Zeitung ein e Ge­ Karl Bertsch dab ei die Lieb e zur Natur und zu Pflan zen denk-Laudatio von einem ehemaligen Schüler, Stu­ entdeckte. buch der Pollenanalyse", .Mcosflora", .Plechtenflora", "Geschichte des deutschen Waldes", Klima, Pflanzen­ diendirektor Dr. Ludwig Vetter, mit dem Titel "Profes­ Begonnen hat er seine wissenschaftliche Arbeit als sor Dr. Karl Bertsch: Großer Wissenschaftler, passio­ de cke und Besiedlung Mitteleuropas", .Btbllotheca junger Lehrer um die Jahrhundertwende. Den Grund­ nierter Lehrer, gütiger Mensch". Daraus ist zu entneh­ Botanica, Monographie über den Federsee", 6-bändige stein da zu legte er während seine r Zeit am Lehrersemi­ men, dass er ein begeisternder Lehrer war. Er galt als nar' als er ausgedehnte Exkurs ione n unter allgemeinen Buchreihe über Lebensgemeinschaften: "Der Wald ", Freund der Jugend und der Pflanzen. Er beeindruckte pflanzengeografischen und floristi schen Fragestellun­ "Der See","Die Wiese", "In den Alpen", "Sumpf und jeden durch seine Fachkenntnisse in der Botanik und gen machte. Anfangs unternahm er noch viele Reisen, Moor", "Gesteinsfluren und Trockenrasen", "Flora von durch sein enormes Gedächtnis. vor allem in die Alpen. Als nach dem Ersten Weltkrieg Südwestdeutschland".Bis zu seinem Tode schrieb er Im Juni 1988 ha t der Ravensburger Umweltpreis ei­ größere Exkursionen nicht mehr möglich waren, be­ laufend neue Veröffentlichungen in Fachzeitschriften. ne n Namen bekommen: Karl-Bertsch-Umweltpreis. gann Karl Bertsch die nähere Umgebung zu untersu­ Karl Bertsch schreibt 1957 an seinen Bruder August Die Erklärung dazu: "Als Botaniker und PoIlenanalyti­ chen. Er durchstreifte frühmorgens die Gegenden, im ­ Bert sch in einem persönlichen Brief: "Zur Zeit arbeite ker erforschte und beschrieb Karl Bertsch die ob er­ mer auf der Suche nach Pflanzen, Moosen, Flechten ich an der Neuauflage meiner Moosflora, die ich von schwäbischen Moore, trat mit Entschiedenheit für den und seltene n Pflanzen. Mit der Zeit wu rde er unbestrit­ Württemberg aufden ganzen Südweststaat ausdehnen Erhalt des Naturschutzgebietes Dornacher Ried mi t ten zum Experten und be sten Ken ner der ob erschwäbi• werde. Hoffentlich bringe ich diese Arbeit noch zu­ Häckler Ried, Häckler Weiher und Buchsee ein . Das schen Flora. Nebenbei entstand auch ein großes Her­ stand, mit 2/3 bin ich über den Berg. Wen n ich aufmei­ Feuchtgebiet sollte für Brennstoffzwecke abgetorft barium, das inzwischen einmalig sein dürfte. Seine ne botanischeTätigkeit zurückblicke, habe ich in Wür t­ werden. Auf der abgetorften Fläche sollten Moorhöfe _ Veröffentlichungen und Bücher, wie z. B."Flora von temberg 182 neue Blütenpflanzen, 10 Moosarten und für die Heimatvertriebenen entstehen. Karl Bertsch ist' Württemberg und Hohenzollern", trugen ihm diesen 20 Flechtenarten entdeckt. Ein Savoyer Habichtskraut es zu verdanken, dass dieses schöne und interessante Ruf ein. trägt den Namen Hieracium Bertschianum. Mir ist fer­ Feuchtgebiet erhalten blieb." Sein ganz besonderes Interesse galt den Mooren und ner das erste deutsche vollständige Pollendiagramm Im Naturkundemuseum am Löwentor in Stuttgart Seen Oberschwabens. In den alten Torfböden fanden gelungen und konnte alle vorgeschichtlichen Zeitab­ gibt es eine Gedenkinschrift für Karl Bertsch, den Pio­ sich Pollen, Früchte, Samen aus früheren Zeiten. Diese schnitte (Paläolithikum, Merolithikum, Neo lithikum, nier de r Pollenanalyse. . Seite 1523 Heimatkundliehe Blätter September 2006 Albstädter Museenlandschaft Folge 4 - Dr. Peter Thaddäus Lang Das im April 1986 eröffnete Museum im Kräuterkasten widmet sich vornehmlich derArchäologie, odergenau­ er: der Vor- und Frühgeschichte der Ebinger Alb. Wie die Städtische Galerie und auch die Musikaliensamm­ lung Iehle, so ist auch dieses kleine Museumsjuwel aus dem alten Ebinger Heimatmuseum hervorgegangen. Was nicht weiterverwundern kann, denn diese enthielt ausnehmend viele archäologische Exponate. Dieser Umstand ergab sich aus den besonderen Vorlieben der ersten beiden Leiter des Heimatmuseums, Paul Eith und Heinrich Breeg, die sich beide als Archäologen ei­ nen Namen gemacht hatten. Gezeigt werden in insgesamt 13Vitrinen unter ande­ rem Werkzeuge, Keramik, Waffen und Schmuck aus der Alt- und Jungsteinzeit, aus der Bronzezeit und aus derÄlteren sowie aus derJüngeren Eisenzeit, aber auch aus der Römerzeit und der Zeit derAlamannen und der Merowinger. Um die konzeptionellen Vorarbeiten hat­ te sich Iürgen Scheffverdient gemacht, ein ausgemach­ ter Kenner der archäologischen Gegebenheiten im Ebinger Raum. In den beiden oberen Stockwerken des Gebäudes werden die Sammlungsbereiche "Fossilien der Schwä• bischen Alb" und "Einheimische Tierwelt" -"gezeigt. Unter den Fossilien befinden sich so eindrucksvoll wuchtige Ammoniten wie der hier abgebildete.

DAS AKTUELLE BUCH Hauptversammlung Vom Mittelalter ins Paradies um die Ecke Geschichte und schwäbische Leckereien - Von Daniel Seeburger Gäbe es bei den Heimatkundlichen Blättern eine Ru­ Werk von Glück und Unglück der Königinnen. Er lernt brik "Buch des Monats", so fiele die Auswahl in diesem König Friedrichs Gattin Charlotte Mathilde kennen, die Monat schwer. Gleich drei Werken mö chte man diese aus dem englischen Königshaus stammte und eine Auszeichnung zugestehen. Deshalb bin ich ganz froh, Seele von Mensch war. Er wird aber auch mit den Aus­ dass wir diese Rubrik auch in Zukunft ruhen lassen ­ schweifungen von Wilhelm I. konfrontiert, der es mit der Kritiker erspart sich ein e unnötige Qual der Wahl. der ehelichen Treue nicht so genau nahm. Seine erste Frau, die Zarentochter Katharina, starb einen rätselhaf• Mit einem prächtigen Bildband über da s "Mittelalter ten Tod, kurz nachdem sie ihren Gatten in den Armen in Deutschland" wartet der Stuttgarter Theiss-Verlag seiner Mätresse überrascht hatte. Offiziell hatte die 30­ Die Autoren dieser Ausgabe auf. Der Autor Dr. Iürgen Kaiser führt den interessier­ Jährige einen Schlaganfall . .. ten Laien in die Geschichte dieser Zeitepoche ein. Auf Iürgen Scheff den 160 großformatigen Seiten mit hochwertigen Fotos Einen grandiosen Blick ins Münsinger Hardt vermittelt Im Raidental 66 kann der Autor die Zeit zwischen 500 und 1500 natür­ das im Silberburg-Verlag aufgelegte Buch "Naturerbe 72358 Albstadt lich nur anreißen und streifen. Wer einen umfassen­ Truppenübungsplatz" von Günter Künkele. Von einer den, tief gehenden Blick aufs Mittelalter haben will, ist "einzigartigen Landschaft" spricht der Autor und be­ Lina Berner weiterhin auf das Standardwerk "Das Mittelalter" an ­ weist mit seinem Bildband, dass der ehemalige Trup­ Holderweg 7 gewiesen, das vor zwei Jahren ebenfalls im Theiss-Ver­ penübungsplatz Münsingen ein Biotop ist, das unbe­ 72358 Dormettingen lag erschienen ist. Der Vorteil von Kaisers Buch aber ist dingt erhaltenswert ist. 100 Jahre langübten die Mili­ augenscheinlich: Es bietet in kompakter Form einen tärs auf diesem Gelände den Ernstfall - für Normal­ Dr. Peter Thaddäus Lang flüssig zu lesenden Überblick über Macht- und Herr­ sterbliche war der Übungsplatz tabu. So hat sich hier Stadtarchiv Albstadt schaftsstrukturen, Klosterwesen sowie Wirtschafts­ eine Naturlandschaft entwickelt, die, wie Künkele Postfach 125 und Sozialstruktur des Mittelalters, Besonders interes­ schreibt, "zu Recht Kern eines UNESCO-Weltnaturer­ 72422 Albstadt bes sein könnte". Künkele lässt die Leser einen Blick ein . sant, weil in anderen Werken oft ausgeblendet, sind die Paradies werfen, das gleich um die Ecke liegt. Kapitel .Prauenleben im Mittelalter" und "Die Lebens­ Daniel Seeburger ZOLLERN-ALB-KURIER welt der Bauern". Gerade die Frauen waren wenig an­ Zwei kleine Büchlein aus dem Silberburg-Verlag ver­ gesehen - trotzdem gab es gerade im Mittelalter "starke Grünewaldstr.Iö dienen Beachtung. Dieter Bucks "Malerische Städte• 72336 Balingen Frauen". Hilfreich für den Leser sind die Ausflugstipps ziele im Ländle" lädt ein zu Rundgängen in baden­ zu Orten, an denen man das Mittelalter noch sehen, er­ württembergischen Städten. Gerüstet mit Bucks Buch leben und spüren kann. kann man durchaus einen Tag in Leonberg, Backnang oder Murrhardt verbringen, ohne dass auch nur eine Herausgegeben von der Ein weiterer Glanzpunkt unter den Neuerscheinung Minute Langeweile aufkommt. An der historischen kommt aus dem Tübinger Silberburg-Verlag. Sabine Heimatkundlichen Vereinigung Landeskunde Interessierte, aber auch geschichtlich in­ Zollernalb Thomsen schlägt in ihrem Buch "Die württembergi• teressierte Ausflügler kommen um dieses Büchlein sehen Königinnen" ein bislang eher unterbelichtetes nicht herum. Vorsitzender: Thema der württembergischen Landesgeschichte auf. Schwäbischen Leckermäulern, die bisher nur Spätzle, Christoph Roller, Am Heuberg 14, Klar, die Könige Friedrich, Wilhelm 1., Karl und Wil­ Maultaschen und Gaisburger Marsch kennen, kann 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 helm ll. schrieben Geschichte. Deren hochwohlgebo­ mit dem im Silberburg-Verlag erschienenen Buch Geschäftsführung: renen Frauen allerdings lediglich als Anhängsel zum "Unsere Lieblingsrezepte. Gießbert kocht mit den Erich Mahler, Mörikeweg 6, Erhalt der Dynastie zu sehen, ist offensichtlich falsch. Landfrauen" von Martin Born zu nochmehr Gaumen­ Das sah auch der Tübinger Professor Hansmartin De­ freude verholfen werden. Jahreszeitlich eingeteilt und 72379 Hechingen cker- Hauff so, der,bis zu seinem Tode wichtige For­ sortiert nach Vor-, Haupt- und Nachspeisen lernt der Telefon (07471) 1 5540 schungsergebnisse über das württembergische Herr­ schwäbische Gourmet neben dem bekannten Zwiebel­ E-Mail: [email protected] scherhaus ans Licht brachte. .Vergesset mit die Fraue kuchen oder den Sauren Kartoffelrädle auch so exoti­ Redaktion: net!", riet Decker-Hauff im Zusammenhang mit der sche Gerichte wie den .Ruteshetmer Rohstrugel" oder Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, württembergischen Herrschergeschichte seinen Stu­ die .Fellbacher Landfrauenfleckla" kennen. Guten Ap­ 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 266-153 denten. Und so erfährt der geneigte Leser in Thomsens petit! .Heimatl

Heiina~d1icheVereinigung Zollernalb eV

Jahrgang 53 31. Oktober 2006 Nr.l0 Die Firmung im ehemaligen Bistum Konstanz Zur Geschichte eines Sakraments - Von Dr. Klaus Peter Dannecker

Der Bischof bei der Fi rmung. Nachdruck aus dem Pontificale Romanums von 1595/96, aus: Sodi, Manlio undTriacca, Achille Maria, (Hg) : Pontificale Romanum. Editio princeps (1595-1596). Cltt ädei Vatica no 1997.

Geschichtlicher Überblick lieh einer Kirchweihe. 1517 konsekrierte der Konstan­ was treibstu mit dem kindt und kanst selbs nit reden?' zer Weihbischof Balthasar Brenwalt (1500 - 1518)2 die Darüber wardt ain groß. gelechter, und zach der alt Die Feier des Firmsakramentes erfolgte in der frü• Kirche von Igelswies bei Meßkirch und spendete bei Kempf mit seinen armen leuten darvon und heit sein hen Kirche immerim Zusamme nhang mit derTaufe, d. dieser Gelegenheit das Sakrament der Firmung. Eine thail.'? h. ein Täufling, egal ob Erwachsener, Jugendlicher ode r zeitgenössische Chronik berichtet darüber. "Wie also Dieses Zeugnis zeigt die damals gebräuchliche Spen­ Kleinkind em pfing die Taufe , die Firmung und die die kirchen zu Ingelswis im jahr 1516, als obgehört, wi­ dung der Firmung bei ein em Anlass, an dem der Bi­ Kommun ion in einer Feier. Weil in der Westkirche die derumb erbauwen, hat herr Gotfridt Wernher [von schofeinen Ort besuchte, hier bei der Kirchweihe. Dar­ Spendung der Firmung dem Bischof reserviert blieb, Zimmern ] die gleich des andern jars , anno 1517, wei­ überhinaus belegt das Zeugnis, dass die man eine Reise konnte die Firmung natü rlich nur im Zusammenha ng hen lassen. Der weichbischof von Constanz hat do­ unternahm, um die Firmungzu empfangen. Die Quelle mit der Taufe gefeiert werden, wenn auch ein Bischof mals, wie gebreuchlich, viI kinder gefirmbt. Under an ­ erwähnt den Ort Menningen von dem Hans Kampf sei­ anwesend war. Das war ab dem Mitte lalter und nörd­ deren kinden hat ain maier von Menningen, genannt ne Tochter Priska ins benachbarte Igelswies zur Fir­ lich der Alpen ab dem Mitte lalter immer häufiger der Hanns Kempf, ein jungs döchterle für den weichbi­ mung begleitete. Fall. So wur de die Firm ung versc hoben und nac hge­ schof gebracht. Derselb hat das gefragt , sprechendt: Am 29. August 1554 beschlo ss der Rat der Stadt Frei­ holt , sobald ein Bischof kam. Ab dem 12. Jahrhu nd ert "Wie haistu, oder wie ist dein nam?' Das döchterle ist ob burglBr., den Bischofvon Konstanz zu bitten : . dieweil müssen wir mit der regelmäßigen selbständigen Firm­ des weichbischofs rauchen stimm etwas erschrocken in 18 Jahren alhie nit gefirmbt worden, das ainma l ze spendung rechnen .' Aber wann und wie geschah das, und hat im nit gleich antworten kind en, derhalb sein tun, doch das es one der stadt costen beschehe'" . wie alt waren die Firmlinge un d wie sah die Feier aus? göte, der Kempf, erzürnt, hat das kindt übel gescholten, Der Vorstoß des Freiburger Stadtrates belegt die Sel­ das es mit dem hern nit reden welle, und hat er gespro­ tenheit der Firmspendung, die aus finanziellen Grün• Der Firmung in der Diözese chen:"Herr, es haist Pista, " er wolte aber sagen .Prisca" den keinen festen Turnus kannte. Neben der anlassb e­ und kunte nit anders reden, auch kein r nennen,so kam zagenen Firmung scheint der Bischof auch auf Bitten Konstanz bis zum 19. Jahrhundert in das reden auch übel an . der Stadt oderPfarrei zur Firmunggereist zu sein, wenn Zunäch st geben un s nur relativ wenige Zeugnisse Der dorheit und ungeperdigen sprachwar der weich­ diese die Kosten übernahm. Aufschluss üb er die Firmspendung in der Diözese Kon­ bischof, demnach es ain m üiger, ernsthafter man was, Diese schlaglichtartigen Zeugnisse aus Konstanz rei­ .stanz: so üb el zufriden, das er in ainer ungedult zum maier hen sich in die Situation des ganzen deutschen Sprach­ Ein Zeugnis des beginnend en 16. Jahrhun de rts au s sprach: 'Es haist der mutter im sudloch,' darauf firmbt raums ein: Regelmäßige Firmungen gab es bis weit ins der Diözese Konstanz belegt die Firms pendung anläss- er das kindt und sagt weiter zum mair:'Du alter narr , 16. Jahrhuridert hinein nur in den Bischofsstädten, Seite 1525 , Heimatkundliehe Blätter Oktober 2006

ab er auch dort liegen die Termine oft Jahrzehnte aus- die Umsetzung der Pläne zur Firmung der Synode von tein die Firmung zu empfangen." Zehn Jahre später, einander. Der Bischof von Paderborn firmte 1586 - 1567 zu ziehen. Vermutlich wurden sie auch während am 12. und 13. September 1733 firmte wiederum Weih­ nach 40 Jahren wieder! "Aufs Ganze gesehen blieb die der Regierungszeit Andreas' von Österreich nicht in bischof Sirgenstein an einem nicht überlieferten Ort Firmung ein vern achlässigtes Sakrament." Wie es zu .vollem Umfang eingehalten und die Firmungen erfo lg- 191 Personen aus der Pfarrei Schö rnberg. Weihbischof dieser Zeit auf dem Land ausgesehen hat?" . ten seltener als geplant. Franz Karl J.Fugge r firmte am 23. August 1747 in Eges­ Die Konstanzer Diözesansynode 1567 unter Bischof Die Diözesansynode 1609 fasste sich in ihren Be- heim (16 km oder 3 114 Stunden Fußweg von Schöm­ Kardinal MarkSittich von Hohenems (1561-1589) griff schlüssen zum Firmtermin etwas knapper als die Syn­ berg) 129 Firmlinge aus Schömberg. Anlässlich der die Beschlüsse der Trienter Kirchenversammlung und ode von 1567. Sie sah die Firmfeier im Kons tanzer Kirchweihe in der Filiale Weilen u. d. R.am 9. Septem­ die durch sie angestoßenen Reformen auf, was sich Münster durch de n Bischof oder.seine n Generalvikar, ber 1762 firmte wiederum Weihb ischof Franz Karl J. au ch aufdie Feier der Firmung ausgewirkt hat. So ord- der Weihbischof war. " vor, und sollte am »ho he n Fugger 319 Firmanden au s der Pfarrei Schömberg. Die nen die Beschlüsse der Synode 1567 an, der Bischofsvi- Pfingstfest« und zu Zeiten, in den en gewö hnlich in der letz te Aufzeichnung liegt vom 26. August 1772 vor. Da­ kar solle in der Bischofsstadt Konstanz an Tagen, an Kathedralkirche die heiligen Weihen gefeiert wurden, mals firmte Weihbischof August J. N. Fidel von Horn­ .denen gewöhnlich die Niederen Weihen gespendet nämlich am Freitag nach dem 1. Fastensonntag (Son n­ stein 171 Personen aus Schömberg im benachbarten wurden? und Kirchen, Altäre , Kapellen oder andere tag .Jnvocavit", Quatemberwoche), am Freitag nach Schörzingen (4 km). 22 Anhand dieses Beispiels lässt fromme Orte konsekriert oder reconziliert wurden und dem 4. Fastensonntag (Son ntag .Laetare"), am Karfrei ­ sich zeigen, dass in de r Praxis die von der Diözesansyn­ am Tag nach Pfingsten um ein Uhr (hora primarum) tag (die Veneris sancto), am Freitag vor dem Dreifaltig­ ode vorgesehenen Intervalle nicht eingehalten wur­ firmen." Zur Firmung in den Dekanaten der Diözese keitssonntag in der Pfings toktav und an den Freitagen den : 1709 - 1723, 1733 - 1747, 1762 - 1772: Der kürzeste Konstanz stellte die Synode 1567 einen genauen Plan der Quatemberwoche im September und vor Weih­ Abstand beträgt 10, der längste 15 Jahre! Ein Vergleich auf. In jedem Quartal sollten zwei Landkapitel der Di- nachten stattfinden." Außerhalb der Stad t Konstanz mit den Geburtenzahlen zeigt überdies, dass nur ein özese visitiert werden . Bei einer Anzahl von damals 66 sollte bei allen Visitationen, ebenso an lässlich von Teil der Gläubigen die Mühe des bisweilen extrem lan­ Dekanaten wäre die Diözese also in einem Turnus von Konsekrationen und Benediktionen von Kirchen, gen Fußmarsches auf sich nahm, um gefirmt zu wer­ 8 Jahren vollständig visitiert und an lässlich der Visita- Friedhöfen, Altären und "Prälaten" gefirmt werden, den: Zwischen 1733 und 1772 sind jedes Jahr zwischen tion die Firmung gefeiert worden ." wenn de r Bischofoder Weihbischofdiesen Feiern vor - 55 (1733)und35 (1762)Taufenirnltegistereingetragen.P Die Synode hatte sich mit diesem Plan ein ehrgeizi- stand.!? Berücksichtigt man die hohe Kindersterblichkeit'" und ges Ziel gesetzt, die römischen Richt linien umzuset- Um den vom Tride ntinum geforderten jährlichen, die Firmab-stände, müssten bei den Firmterminen alle zen. Das Trienter Konzil forderte eine jährliche Visita - bei großen Diözesen zweijähr igen Visitationszyklus 10 bis 15 Jahre etwa 300 bis 700 Personen gefirmt wor ­ tion der Diözesen, bei großen Bistümern konnte sie einhalten zu kön ne n, teilte die Diözesansynode 1609 den sein. Die tatsächliche Anzahl bleibt weit dahinter . auch nur alle zwei Jahre erfolgen.!? Dabei und am die Diözese in vier Bezirke, die von vier Visitatoren be­ zurück. Pfingstfest sollte nach den Empfehlungen des CatRom reist wurden. Anläss lich einer Visitation wurde ge­ Weitere Erschwernisse des Firmempfangs werden das Sakrament der Firmung»vorz üglich ausgespendet« wöhnlich gefirmt, sofern der Bischof oder ein Weihbi­ berichtet. Es konnte gesc he hen, dass der Weihbischof werden, "teils auch an anderentagen, wann es die Hir- schof die Visitation vornahm. Der Plan lässt jedoch nur einenhalb en Tag firmte. Wer dann nicht an die Rei­ ten für füglieh erachten [...]".ll Der Hauptgrund, dass nicht erkennen, ob und .wie oft der Bischo f oder ein he kam, musste unverrichteter Dinge heimkehren. der Plan der Synode von 1567 nicht verwirklicht wer- Weihbischof ~sitierte und die Firm ung feiern kon nte Oder wie es 1775 aus Villingen berichtet wird: Der Bi­ den konnte, war der Bischofselbst. Denn gerade Kardi - oder wann ein Visitator kam, der als Priester nicht fir­ schof war nächt en s auf Aue rhahnjagd gewesen und nal Mark Sittich von Hohenems zog es vor, seinen Ver- men durfte." Wir könne n aber an ne hmen, da ss die ließ. Tags darauf die Firmlinge stundenlang warten pflichtungen als Kardinalnepot am Hofe des Papstes Intervalle zwischen den Firmterm ine n in den Landka­ und kam nur nach langem Bitte n und Betteln seiner nachzukommen und hielt sich nur sehr selten in sei- piteln nicht länger werden sollten, als die von der Syn­ Amtsp flicht nach." nem Bistum auf. 12Die große Ausdehnung der ehemali- ode 1567 veranschlagten acht Jah re. Firmungen sind uns im 17. und 18. Jahrhundert vor gen Diözese Konstanz und die damaligen Verkehrsver- Einen Einblick in die Verhäl tnisse aufdem Land und allem anlässlich einer Kirch- oder Altarweihe oder be i hältnisse hätten eine Umsetzung nur gelingen lassen, die dortigen Firmfrequenzen geben uns die .Tauf-, Visita tionen bezeugt. Aus de n Visitationen und Firm­ . wenn sowohl der Bischof ständig im Bistum geweilt Ehe- und Todtenbücher" der Pfarrei Sch öm berg- ? mit un -gen , die Weihbischof Conrad Ferdinand Geist von und ein Weihbischof immer zur Verfügung gestanden ihren Filialen Hau sen am Tann, Ratshausen un d Wei­ Wildegg 1693, 1701 und 1710 im Kanton Luzern gehal­ hätte. Da die s wäh rend des Episkopats von Mark Sittich len unter den Rinnen. In den Bänden von 1609 bis 1726 ten hat, lässt sich fast de r von den Synodalkonstitutio­ von Hohenems kaum der Fall war, blieb der lobens- und 1726 bis 1784 sind die Firmungen verzeichnet So nen 1567 vorgesehene Achtjahreszyklus für die Fir­ wert e Plan ein frommer Wunsch und Firmungen sel- empfingen 1709 133 Schömberger Parochianen in mungen erkennen. Die im Pfarrarchiv von Schömberg ten. P Nusplingen (20 km von Schörnberg, d. h. vierWegstun- belegten Firmungen zeigen dort ein längeres Intervall. In eine m Bericht nach Rom meldete der Konstanzer den von der Pfarrei entfernt) die Pirmung.s'' Die n ächs• Die belegten Zahlen der Firmlinge lassen vermuten, Bischof Andreas von Österreich (1589 -1600), im Jahre te Firmung ist 1723 verzeichnet. Am 25. und 26. No­ dass eine relativ große Zahl von Gläubigen die Firmung 1597 wären dreißigtausend Personen im Bistum Kon- vember marschierten von Schörnberg 437 Firmlinge, nicht empfangen hat. Trotzdem nahmen die Gläubigen stanz gefirmt worden.Zuvorsei die Firmungviele Jahre von Weilen u. d. R.79 und von Ratshausen 116 in das 50 bisweilen lange Wege oder sogar den Gang in benach­ im Bistum nicht mehr gespendet worden.14 Diese An- km oder zehn Fußstunden (!) entfernte Donaueschin­ barte Bistümer in Kauf, um gefirmt zu werden. gaben sind zu ungenau, um präzise Rückschlüsse auf gen, um dort von Weihbischof Franz J. A. von Sirgens- (Fortsetzung folgt) 100 Jahre Schloßberg-Realschule Ebingen Die Entstehung eines mittleren Schulwesens zwisch en Volks- und Lateinschule in Ebingen - Von Jürgen Scheff, Teil 2 erträglichen Raumverhältnissen litten. Stadtbaumeis­ Erinnerungimihre Schulzeit die Schloßberg-Realschu­ 3. Das Gebäude der heutigen Schloßberg-ReaIschule ter Ziegler fertigte daraufhin die Pläne für ein repräsen• 1e als .Bubenschule" bezeichnet. Auch diesmal zeigte tatives zweigeschossiges Schulgebäude auf der Spital­ sich die Stadtgemeinde Ebingen spendab el: .Anläßlich Erst zu Beginn des Schuljahresl949/50 zog die Mittel­ wiese, welches acht geräumigen, hellen Schulsälen der Schuleinweihung am Donnerstag sollen sämtliche schule Ebingen von der Kirchgrabenschule in das Ge­ Raum bot. Baubeginn war im Herbst 1886; am"27. Juni Schulkinder, auch die Kleinkinderschule, mit einem bäude Hohenzollernstr. 6 um. Das nu nmeh r benutzte 1888 fand die feiei:Iiche Einweihung statt. Sämtliche lO-Pfg.-Wecken und einer 15-Pfg.-Wurst beschenkt Gebäude auf der sogenannten Spitalwiese konnte im Mädchen der evangelischen Volksschule fanden hier werden." (Der Alb-Bote, 30. Okt,1906) . Jahr 1949 bereits au f eine recht wechselvolle Geschich­ eine neu e Heimat. Um den direkt Betroffenen das neue Grundlegende bauliche Veränderung erfuhr das te zurückblicken. Domizil schmackhaft zu machen, bekam jeder Ebinger Knabenschulhaus in den Jahren 1936 bis 1939. Zu­ Schüler zum Festtag eineWur st und eine Mutschel ver­ nächst Wurde an das bestehende Gebäude ein dreist ö­ - 3.1 Mädchenschulhaus 1888 - 1906 abreicht und wurde dann nach Hause entlassen. ckiger Anbau mit 12 Klassenzimmern nach Süden an­ Im 4. Quartal des 19. Jahrhundert s wan delte sich die gesetzt, der dann nach Osten abwinkelte . Die Baulei­ Kleinstadt Ebingen zum dominieren den Indus trie­ - 3.2 Knabenschulhaus 1906 - 1949 tung lag in den Händen des städtischen Baurats Rein­ standort der Südwestalb, einhergehend mit einemstar­ Der Zuwachs der Ebinger Bevölkerung um die Jahr­ bold sowie von Baumeister Hans Reiff. Der seit Jahren ken Zuzug von Arbeitskräften au s dem Uml and. Die hunde rtwe nde übertraf alle Vorhersagen. Zählte man geplante Bau wurde unumgängli ch , na chdem die soge­ Schülerzahlen der evangelische n Volksschule stiegen im Jah r 1880 no ch 5555 Einwohner, so waren es 1910 nannte .Schlachthausschule" neben dem Roten Kas­ innerh alb weniger Jah re derart an, das s im Jah r 1884 be reits 11423. Auch der Bau einer zweiten stattlichen ten in der Altstadt 1934 au s baupolizeiliehen Gründen von acht ständigen Lehrern 891 Schüle r in völlig unzu­ Schule 1899/1900 auf der Spitalwiese (heute Hohen­ geräumt werden und vier Klassen Notunterkünfte in reiche nden Schulräumen unterr ich tet werden muss­ bergschule) als Unterkunft fü r die "Realschule", der der Augustenhilfe be zieh en mussten'. Nach Beendi­ ten. In drei Klassen wu rde die zuläss ige Höc hstzahl von Keimzelle des heutigen Gymnasiums, linderte die gung dieses ersten Bauabschnittes wurde der Anbau 130 Schülern übe rschritten; in einerKlasse waren es so­ Schulraum not nur kurzzeitig, Mit dem Bau des neuen am 20. April 1937 - kaum zu fällig der Geburts tag Adolf gar 155 Kinder. Deshalb forderte der örtliche Orts­ Schulhauses am Kirchengraben in den Jah ren 1905/06 Hitlers - feierlich im Geist e des Nationalsozialismus schulrat sowohl die Einstellung weiterer Lehrkräfte als besaß Ebingen erstmals drei große, den schulischen eingeweiht. Ab diesem Tag wurde den drei großen auch den Bau eines neu en Schulgebäudes. Der anfäng• Anforde rungen genügende Gebäude, und ein Um zug Ebinger Schulen die hohe' "Ehre" zuteil, Namen natio­ lich ablehnende Gemeinderat konnte 1885 von Ober­ stand bevor. Sämtliche Mädchenklassen bezogen am 1. nalsozialistisch er "Größe n" bzw. "Helden " tragen zu schulbehörde und Oberamt überzeugt werden, dass November 1906 da s neue Mädchenschulha us; acht dürfen : Die erwe iterte Knab en schule hieß nunmehr ein Schulneubau wegen des gewerblichen Auf­ Junge nklassen wechselten aus Notquartieren in das "Horst-Wessel-Schule", die benachbarte Oberreal­ schwungs der Stadt oberste Priorität haben müsse, da ehe malige Mädchenschulhaus au f der Spitalwiese. schule ' (heute Hohenb ergschule) .Leo-Schlage ter ­ auch die gewerblichen Fortbildungsschulen unter un- Noc h heute wird von manchen älteren Ebingern in Schule" und die Mäd chen schule am Kirchengraben Oktober 2006 Heimatkundlieh e Blätter Seite 1526

. Hans-Schemm-Schule". Betrachter eine humanistische Schule der Ren aissan­ In einem weiteren Bau ab ­ cezeit und eine Schule des Barocks, in der Naturwis­ schnitt, der im Januar 1939 senschaften gelehrt werden. Das Sgraffito entstand in fertig gestellt war, wurde den Monaten JulilAugust des Jahres 1952. der Altb au der Knaben­ Bereits Anfang der 60er Jahre wurde der Schulraum sch ule um ein Stockwerk wieder knapp.' Die Mittelschule war bis 1964 auf 394 erhöht und vollstä ndig in Schüler in zwölf Klassen angewachsen und auch die den Neu ba u integriert. Von Schülerzahlen des Gymnasiums explodierten seit der den nunme hr 21 Schulräu­ Oberstufenreform im Jahr 1962 geradezu. Ein Anbau an men kon nte die Deutsche den Südflügel der Schule mit sechs Klassen zimmern, Volksschule drei an die der 1965 bezogen werden konnte, linderte die Raum­ Handelsschu le Ebingen.ab­ not nicht. treten. Die festliche Einwei­ 3.4 Schloßberg-Realschule Ebingen (1966 - heute) hung erfolgte am 9. Januar Die offizielle Umbenennung der Mittelschulen in Real­ 1939. Dem Zwecke der Er­ schulen erfolgte 1966; die Raumnot blieb. Selbst der ziehun g der Jugend im Umzug des Gymnasiums in den Neubau im Mazmann Geiste des Nati on alsozialis­ im Sommer 1972 brachte keine Entspannung, da sich mus sollte auch die "Kunst die Zahl der Realschulklassen seit 1964 auf 24 verdop­ am Bau " dien en . Unmittel­ pelt hatte. EndeApril 1973 wurde mit demAnbau eines ba r über dem Haupt portal Ost- und Nordflügeis begonnen, der neben fünf weite­ begrüßt e die Metallplastik ren Klassenzimmern endlich die lang ersehnten Fach ­ eines dynami sch vorwärts­ räume für die Fächer Biologie, Chemie, Physik, Musik, strebenden Hitlerjungen Handarbeit und Hauswirtschaft brachte. Näheres hier­ mit Hakenkreuzfah ne eins t zu ist in der Festschrift nachzulesen, welche an lässlich die eintretenden Schüler; der Einweihungdes Erweiterungsbaus am 6. Dezember sie wurde nach de m Krieg 1974erstelltwurde. Seitherhat sich das äußere Erschei­ en tfern t. Betritt man das DasSchulgebäude in einer historischen Ansicht. nungsbild der Schloßberg-Realschule, welche nun­ lichte Treppenhau s, so fallt mehr ein geschlossenes Viereck um einen offenen In­ der Blickunweigerlich aufdr ei monumentale Glasfens­ Berufsschule und später insbesondere mit dem Gym­ nenhof bildet, nicht mehr stark verändert, abgesehen ter, die sich über die Höhe zweier Stockwerke erstre­ nasium. von der sukzessiven Neugestaltung des Schulumfelds cken. Die Tageszeitung "Der Wille" vom 20.April 1937 Für die künstlerische Gestaltung der bis zu diesem in den letzten Jahren. Die Raumsituation im Gebäudes beschreibt den Sinngehal t folgendermaßen: "Den Sinn Zeitpunkt noch unverputzten Westfassade des Gebäu• kann aufgrund stark rückläufiger Schülerzahlen in den und Geist un serer Zeit atme t das ganze Haus durch drei des gelang es 1952, mitWilhelmGeyer (1900 -1968) aus letzten Jahren erstmals in der nunmehr hundertjähri• prächtig gelungen e, kunstvoll gearb eitete Fen ster. Die Ulm einen der renommiertesten Künstlerseiner Zeit zu gen Geschichte der Mittelschule bzw. Schloßberg• von Kunstgewerbler A. Klaiber-Stuttgart en tworfen en gewinnen und an der Außenfassade einen deutlichen Realschule als weitgehend entspannt bezeichnet wer- ­ und von der Firma Iahn und Gaiser, Stuttgart meister­ Kontrast zur Nazikunst im Schulhaus zu setzen. Dieser den. mäßig ausge führten Glasmalereien stellen dr ei Ab­ spiegelt sich auch im persönlichen Schicksal des schnitte im Leben der deutsch en Jugend dar. Links der Künstlers wider. Der gebürtige Stuttgarter studierte an 4. Wichtige Daten aus der Geschichte der Schloßberg• tro mmelnde Pimpf und der vorans tür mende Fahne n­ der dortigen Akad emie, war Gründungsmitglied der Realschule Ebingen träger auf der Wande rfahrt; in der Mitte sinnvoll gestal­ .Stuttgarte r Neuen Sezes sion" und galt seit 1937 als tet die Kameradschaft in der HJ., Arbeitsdienst und "entar te ter Kün stler". Seit Anfang 1939 war Wilhelm 1906 Wehrmacht; rechts die kraftstrotzende sporttreibende Geyer mit der Gestaltung der Glasfenster im 1933/34 Der Unterricht der Mädchen-Mittelschule wird mit 70 Jugend. Die fünf olympischen Ringe am Mitt elfenster neu erba uten Chor der Kirche in Marg rethausen be­ Schülerinnen in 4 Klassenstufen im Mädchenschul­ sollen spätere Geschlechter an die Bauzeit im Jahre der fasst, eine r seiner früh esten Glasmalerarbeiten. Kriegs­ hau s am Kirchengraben aufgenommen. Als erste Lehr­ olympischen Spiele in Berlin erinnern. Man könn te ausbruc h und Wehrdienst unterbrach en die Arbeiten kräfte wirken Ferdinand Link und Karl Krimmel. Ver­ sich kaum ein sinnvolleres künstlerisches Beiwerk den­ bis 1942. In seine m Münchner Atelier verkehrten au ch waltungstechnisch bleibt die Mädche n-M itte lschule ken für eine Knabenschule, als diese leb endige Dars tel­ die mit ihm befreundeten Geschwister Han s und So­ der Evange lische n Volksschule Ebinge n angegliedert. lung der unzertrennlichen Jugend, in Liebe zum Volk, phie Scho ll. Die Flugblätt er, welche von ihnen im 1907 Treue in der Kameradsc haft und der Bereitsch aft im Licht hofder Universität München verteilt wurden und Der neue Lehrplan für die württe mbe rgischen Volks­ weh rhafte n Geiste. " Architekt Euge n Wissmann, Ebin­ im Name n der "Weiße n Rose" zum Widerstand gegen schulen tritt mit Beginn des Schuljah res 1907 /08 in gen , nah m im Spätsommer 1945 noch vor der Wieder­ das Hitlerregim e au friefen , waren im Keller von Geyers Kraft und hat mit Ergänzungen auch für die Mittelschu­ aufnahme des Unterrichts die Entnazifizieru ng der Atelier gedruckt worden. Auch Wilhelm Geyer wurde 1e Gültigkeit. 1909 Glasbil der eigenhändig vor und übe rmalte Sieges ru­ verhaftet, verhört und üb er Monate inhaftiert. Erüber­ Nach dein neuen Schulgesetz wird die Schulaufsicht nen und sonstige Naz iembleme bis zur Unkenntlich ­ lebte als einer von weni gen Vertrauten dieser erfolglo ­ verstaatlicht. Bislang war einer der beiden eva ngeli­ keit. Später wurden diese problematisch en Stücke sen Widerstandsaktion. Zwischen' 1945 und 1947 voll­ schen Stadtpfarrer von Ebingen zugleich Ortsschulin­ durch neutrale Glassc heibe n ersetzt. Ohne tieferes ende te Geyer die prächtigen Fen ster für Margrethau­ sen - eines seine r bedeutendsten Meisterwerke . Da er spektor. Hintergrundwissen dürfte sich dem heutigen Betrach­ 1910 ten der ehemalige Sinngehalt schwe rlich ersc hließen. auch 1953 für die St. Josefskirche in Ebingen Glasfens­ ter fertigte, überrascht der Auftrag für die Gestaltung Ferdinand Link wird am 1. Mai zum ersten Schulvor ­ Die handwerklich gut gemachten Fenster sind in ihrer stand"der Evangelische n Volksschule und der Mäd• Monumentalität ein wichtiges Zeugnis der Propagan­ der Fassade der Schloßbe rgschule nicht. Das in Schwarz- Weiß- Tön en gehaltene monumentale Sgraffi­ che n-Mitte lschule ernannt. dakunst im Dritten Reich, von welcher nur wenig e die 1922 Kriegs- und Nachkriegszeit na hezu unbeschadet über• to-Kunstwerk beschreibt, dem Stil alter Holzschnitte nachempfu nden, einze lne Episode n des Schullebe ns Im Schulj ahr 1922 / 23 wer de n in den vier Klassen der dauert haben un d desh alb als zeitgeschichtliches Mädchen- Mittelschule 147 Schülerinnen unterrich tet, vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Das ob ere Bildfeld Dokument wertvoll. (Aus der gleiche n Werkstatt und davon 11 katholisch e und 6 ohne Religionszugeh örig­ ebenfalls von A. Klaiber, Stu ttgart, entworfen sind die zeigt von links: 1. Unterricht in eine r Singsc hule der Ka­ rolingerzeit, 2. Einze lunterricht eines Rechenmeisters keit. Glasfe nster im Rathaus in Bitz mit Motiven aus der Ge­ 1938 des Spä tmittelalters, 3. eine Grammatikstund e des schichte der Gemeinde . Sie entstanden ebenfalls 1937.) Alle Mitt elschul en Deutschlands erhalten erstma ls ei­ Spätmittelalters. Die beide n unteren Felde r bieten dem Als ideologisch neut ral können hingegen die drei klei­ nen einheitlichen Lehrplan. Dam it wird die bisherige nen Brunnen bezeichnet werden, die in jedem Stock­ württembergische Form der Mittelsch ule, die sich stark werk die Wände in den Gängen zieren und - zum Leid­ an die Volksschule anlehnte, abgelöst. wesen der Schüler - he ute nicht mehr plätschern. Die 1941 Brunnenfiguren in Form von Putten sollen die drei Ele­ Nach dem Erlass des Kultministers vom 20. Februar mente Feuer, Wasser und Luft versinnbildlichen . Sie 1941 (Nr. II 955) tritt die "Hauptschule" als Pflichtschu­ wurden von dem einheimischen Künstler Rupert Geh ­ le der Begabten aus allen Volksschichten an die Stelle ring geschaffen . der Realschulen. Mit dem Schuljahr 1941/42 erhält die bish erige Mädche n-Mi tte lschu le die fünfte Klassenstu­ - 3.3 Schloßbergschule (1949 - 1966) fe und und wird zur Vollanstalt ausgebaut. Im Zuge einer Umgestaltung de s gesamten Schulwe­ 1942 sens in Ebingen zu Beginn des Schuljahres 1949/50 Mit der Einric htung der sec hsten Klassenstufe im wurden die Räumlichkeiten neu verteilt. Die Mittel­ Schuljahr 1942 /43 ist die "Hau ptschule" Ebingen voll schule, mit 215 Schülern in sechs Klassen , verließ die ausgebaut un d führt zur Mittleren Reife. Kirchgrabenschule und wurde zur Hausherrin in der 1947 . eh emaligen Knab en schule auf der Spitalwiese, welche Bestrebungen derfranzösischen Besatzungsmacht, die nunmehr Schloßbergschule hieß. Sie teilt e ihr großes Mitte lschu le aufzu lösen, können abgewendet wer den. Gebäude aber noch überviele Jahre mit Klassen der Ka­ Im Schuljahr 1947/48 bes uchen 173 Schüler die Mitt el­ tholischen Volksschule, der Chr istlichen Gem ein ­ schule in fünf Klassen , darunter erstmals 9 Knaben. schaftsschule, der Höheren Handelsschule, der Kauf­ 1949 männischen Berufsschule, der Landwirtschaftlichen Mit Beginn des Schuljahres 1949/50 zieht die Mittel- Seite 1527 Heimatkundliehe Blätter Oktober 2006

schule in das .Bubenschulhaus" auf der Spitalwiese 1980 2005 um. Mit dem College de Bissy aus Charnbery wird eine Mit Geldern der Medienoffensive des Landes Baden­ 1957 Schulpartnerschaft begründet. Württembergwerden 3 Computerräume mit jeweils 16 Die Mittelschüler müssen kein Schulgeld mehr bezah­ 1981 Arbeitsplätzen vollständig neu ausgestattet und alle len . Die Zahl der Klassen erreicht im Schuljahr 1981/82 mit Unterrichtsräume im Anbau mit Internetanschlüssen 1965 39 ihren Höhepunkt. Trotz Belegung des Pavillons (5 versehen. Ein vierstöckiger Erweiterungsbau am Südflügel der Klassen) und der Hohenbergschule (3 Klassen) gibt es 2006 Schloßbergschule mit sechs Klassenzimmern kann die im Schulhaus sieben Wanderklassen ohne eigenes Im Jubiläumsjahr besuchen 607 Schüler/innen in 22 Klassen die Schloßberg-Realschule. Schulraumnot nur vorübergehend lindern. Mittlerwei­ Klassenzimmer. le besuchen 426 Schülerlinnen in 14Klassen die Mittel­ 1993 Literaturverzeichnis schule. Um den Bedürfnissen eines modernen Natur und A. A. [KoII.] (1974): Festschrift Realschule Ebingen 1974 [Hrsg. 1966 Technik-Unterrichts zu genügen, werden vier Werk­ Realschule Ebingen]. Ebingen. Die Mittelschulen werden in Realschulen umbenannt. räume komplett erneuert. A. A. [KoII.] (2000): 100 Jah re Hohenbergschule [Hrsg. Hohen­ 1973 1994 bergschule Ebingen]. Albstadt. Ende April beginnen die Bauarbeiten für den zweistö• Der Einzug neuer Medien in die Schule macht sich im A. A. [KoII. ] (2001]: Pfarrkirche St. Margareta Albstadt-Margr et­ ckigen Anbau mit Fach- und Sammlungsräumen und neuen Bildungsplan mit dem Pflichthema "Informa­ hausen [Hrsg. Katholisches Pfarramt St. Margareta]. Beuron. weiteren Klassenzimmern. An der Schmiechastraße tionstechnische Gru ndke nntnisse" (lTG) bemerkbar. BLATINER, T. (2000): Anfange und Aufbau des württembergi• entsteht eine Großturnhalle. 1997 sehen Realschulwesens (1783-1834) . - Materialien Realschule 1974 Engagierte Eltern gründen den Förderverein der 26, Landesinstitut für Erziehung und Unterricht. Stuttgart. Die Einweihung des neuen Gebäudetrakts erfolgt am Schloßberg-Realschule Ebingen. HELBER,1. (2001): Kunst- und Kulturdenkmale im Zollemalb­ 6.Dezember. 2000 kreis. - Zollemalb-Profile Reihe B, Bd. 1. Stuttgart. 1977 Mit den Worten "Dies ist eine Schule, bei de r Eltern da­ HUMMEL,G. F. (1919): Kriegschronik der Stadtgemeinde Ebin­ Die Schloßberg-Realschule überschreitet mit 1008 von ausgehen können, dass die Schüler gut aufgeho­ gen . Stuttgart. Schülern in 33 Klassen erstmals die magische Tausen­ ben sind" fasst Kultusministerin Annette Schavan ihre HUMMEL, G. F. (1936): Geschichte der Stadt Ebing en (2. Aufl.). dergrenze. Eindrücke bei ihrer Schulvisite am 27. Oktober zusam­ Ebingen. SCHMIDT, W. (1957): Eine private Töchterschule in Ebingen. ­ 1978 men. Heimatkundliehe Blätter für den Kreis Balingen, 4. Jg., Nr. 2, S. Ein Pavillon (heute Kindergarten), in Fertigbauweise 2004 149 f. Balingen. neben der Festhalle erstellt, bietet fünf Klassen Unter­ Ein neuer Bildungsplan stellt neue Weichen im Schul­ STETINER, W. (1980): 500 Jah re Schule in Ebingen. Albstadt. schlupf; drei weitere werden in der Hohenbergschule leben und fordert ein vers tär kt selbs ttätiges Lernen der STETINER , W. (1986): Ebingen. Die Geschichte einerwürttem• unterrichtet. Schüler. Die FirmaGroz -Beckert in Ebingen ermöglicht bergis chen Stadt. Sigmaringen. sowie Schu lakten des Stadtar­ 1979 im Rahmen ihrer Lernpartnerschaft mit der Schloß• chivs Albstadt. Schulchronik der Schloßberg-Realschule. Zei­ Die Schülerzahl erreicht im Schuljahr 1979/80 mit 1073 berg-Realschule einen freiwilligen Chinesischunter­ tungsberichte zu den aktuellen Ereignissen (Kopien in der Personen in 35 Klassen ihren Höchststand. richt für Schüler ab Klasse 9. Schulchronik archiviert).

DAS AKTUELLE BUCH Spitzbüble und Melchinger Lesebuch Köstlichkeiten auf dem Backblech und im Brevier - Von Daniel Seeburger Nein, nein und nochmals nein! Draußen scheint die teraten und solchen, die meinen, dazu zu gehören, pil­ Sonne. Mit Temperaturen über 20 Grad neigt sich ein gern seit Jahren in die kleine Albgemeinde. Jetz t haben goldener Oktober dem Ende zu und Advent und Weih- die beiden Theatermacher Bernhard Hurm und Uwe nachten sind noch weit. Denkste! Schon flattern die Zellmer im Verlag Klöpfer und Meyer ,,'s Melc hinger ersten Kataloge ins Haus mit weihnachtlichen Dekora- Brevier. Eine Sammlung zu m Sinnieren" herausge­ tionsideen, in den Kaufhäusern schmelzen die ersten bracht. In diesem bunten Sammelsurium an Lyrik und Schokolebkuchen in der Spätsommer-Sonne und in Prosa, unterteilt in die Rubriken "Anfänge", "Land­ der Fernsehwerbung tauchen, zwar noch verschämt, schaft", "Leute", "Wege", "Bühne", "Träume" und "Zeit Die Autoren dieser Ausgabe die ersten rotgewandeten, weißbärtigen Rentierbändi- und Räume", kommt man den Lindenhöflern näher ­ ger auf. und den Menschen aus der schwäbischen Provinz Dr. Klaus Peter Dannecker Eigentlich wollte ich mich dieser alljährlich etwas auch. Durchaus kontrovers kann man über die ausge­ Theologische Fakultät Trier früher stattfindenden Festverschiebung mit aller - suchten Texte diskutieren - man lese beispielsweise Deutsches Liturgisches Institut Macht entgegen stemmen- und dann kommt ein Päck- Utz Jeggles "Das Dorf war nie eine Idylle" ("die Stadt Weberbach 72a chen des Silberburg-Verlags. Darinnen lockt ein reich aber auch nicht", möchte man ihm zurufen). Neben 54290 Trier bebildertes Buch namens ..Spitzbüble, Anisbrötle, Bä- Altbekanntem, fast schon Abgedroschenem, wie Fon­ rentatzen und wei tere köstliche Familienrezepte". tanes Ballade "Herr von Ribb eck" oder Heines "Mein I ürgen Scheff Schon allein das Durchblättern lässt mir das Wasser im Kind, wir waren Kinder" (das dereinst schon .Zupfgei- Im Raidental 66 -. Munde zusammenlaufen. Da gibt es goldsgelbe Safran- genhansei" vertont hatte), darf Hölderlin nicht fehlen 7235aAlbstadt - kringe l, deftige Nougatstangen, luftige Kissinger Bröt- ("Der Gangaufs Land" natürlich, aber auch ein Brief an chen oder, besonders kaloriengespickt, Marzipan auf Casimir Ulrich Böhle ndorft), ebenso Peter Härtling Daniel Seeburger bayrisch Butter. Vergessen sind alle gutenJogging-Vor- und Walter Jens. Aber mit Thaddäus Tro ll endet das ZOLLERN-ALB-KURIER Grünewaldstr. 15 sätze, die Asics werden in den Keller gestellt - bye, bye, Brevier nic ht. Der geniale Portugiese Pernando Pessoa 72336 Balingen der nächste Frühling kommt bestimmt. Die Zeit, die findet ebe nso seinen Platz wie Rosa Luxemburg oder man -in den vergangenen Monaten mit sinnlosem Hermann Lenz. Mit dab ei auch Nikodemus Frischlins Umhergehopse in der Natur vergeudet hat, wird jetzt .Descriptio urb is Balingae" (Beschreibung der Stadt wieder nützlicheren Aktivitäten geopfert - ist genug - Balingen) in einer Übersetzung von Albstadts Stadt­ Mehl, Zucker, Marzipan, Kuvertüre, Bourbon-Vanille, archivar Dr. Peter Thaddä us Lang und dem kürzlich Honig und Sahne im Haus? Wo habe ich denn im ver- verstorbe nen Dr. Wilhelm Foth. "Für mich soll's rote Herausgegeben von der gangenen Jahr die Ausstecherle-Formen versteckt? Rosen regnen", wird Hildegard Knef im Brevier zitiert­ Heimatkundlichen Vereinigung Reicht die Anzahl der Backbleche noch? Die Rezepte, nicht nur der Knef wü nscht man diesen Rosenregen, Zollernalb die dieZuschauerinnen der SWR-Landesschau einge- auch dem Lindenhof. sandt haben, sind göttlich - der Wunsch nach Advents­ Vorsitzender: und Weihnachtszeit kann sich beim Durchblättern die­ Harald Schukrafts im Silberburg-Verlag erschiene Chr isto ph Roller, Am Heuberg 14, ses Buches zur Sucht entwickeln. Mit dabei ist auch "Kleine Geschichte de s Hauses Württemberg" und 72336 Balingen, Telefon (O 74 33) 77 82 eine Hobbybäckerin aus dem Zollernalbkreis. Iulie Wolfgang Hugs im Theiss-Verlag erschiene "Kleine Ge­ Geschäftsführung: Weinmann aus Rosswangen lädt zum Backen ihrer schichte Badens" sind wichtige, prall mit historischen Erich Mahl er, Mörikeweg 6, > Nougatringe ein - absolut lecker! Trotz sommerlicher Fakten gefüllte und do ch gut lesb are Zusammenfas­ 72379 Hechingen Temperaturen - unser Buch des Monats! sungen der Landesgeschich te, So umfassend und doch Telefon (O 74 71) 1 5540 prägnantwie bei Wolfga ng Hug konnte man sich selten E-Mail: e.mah ler@t-online .de Doch halt! Ein weiteres Werk hat den Titel nur um we­ über den ba dischen Landesteil informieren. Harald Redaktion: nige Millimeter verfehlt.Seit 25 Jahren gibt es nun den Schukr afts größter Verdienst liegt in der logisch nach­ Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Melchinger Lindenhof. Ein Theater inmitten der tiefs- vollziehbaren Darstellung der nicht ganz einfachen 72336 Balingen, Telefon (O 7433) 266-153 ---t en schwäbischen Provinz. Ganze Heerscharen von Li- frühen Geschic hte der Wür ttembe rger. .Heimatl

Hetmatkundliche'Veretrugung Zollernalb eV

Jahrgang 53 30. November 2006 Nr.ll Ein Leben an der Schwelle zum Mittelalter Martin von Tours und die Ebinger Martinskirche - Von Herbert Friederich - Teil 1

Die Martinskirche in Albstadt-Ebingen wurde in der Christlichen Pfadfinder stieß und dort lange Jahre aktiv tung" ein ausführlicher Bericht überdiese Stadt.Natür­ architektonischen Gestaltung,wie wir sie heutevor un s mitarbeitete, war der Fall für mich endgültig klar. ' lich wurde darin auch Martin erwähnt. Es heißt dort, er haben , in den Jahren 1905/06 nac h Plänen der Stuttgar­ Was hat es nun mit diese m Schutzpatron un serer sei "de r wichtigste Heilige des spätantiken Christen­ ter Architekten Schmohl und Stähelin erbaut. Im De­ Ebinger Kirche aufsich? Wer war dieser Martin? Der re­ tums" gewesen. Sein Name bedeutet "kleiner Mars" zember 1906 wurde sie eingeweiht. Im Rahmen des formi erte Schweizer Pfarrer, Theologe und' Honorar­ (Kriegsgott). Er war kein Sklave. Er war Römer. Sein Va­ Veranstaltungsprogram ms zum IOO -jäh rigen Jubiläum professor Walter Nigg, dessen Lebenswerk darin be­ ter war Offizier in diesem römischenMilitärstützpu nkt. hielt Herb ert Friederich in der Friedhofkapelle in Alb­ stand, sich mit dem Leben der Heiligen auseina nde r zu Martin wurde in ein un erfreuliches Jahrhundert hin­ stadt-Ebingen den folgenden Vortrag üb er den Schutz­ setzen, beklagte sich einmal: "Alle Redn er, die sich bei eingeboren. Das 4. Jahrhundert stand im Zeiche n des Umbruchs, des Zerfalls. Das Heidentum lag in den letz­ patron der Kirche: Vereinsfesten, in Akademien oder sonst wo üb er den Heiligen Martin zu Wort me lden, wissen von ihm nur ten Zügen und löste sich unter schweren Zuckungen die bekannte Man telgeschichte zu berichten , jene Tei­ auf. Unter dem Anst urm wilder Völkerscharen brach I. Einleitung lung, die man früh er sogar aufder Schweizer Banknote das Römische Reich zusammen. Neues hielt Einzug Schon in frühester Kindheit bereitete mir dieser Mar­ betrachten konnte .. . Über eine dergrößten Gestalten und das ganze Leben Martins wird davon geprägt wer­ tin , oder besser gesagt, die nach ihm benan nte Kirche aus der Welt der Heiligen wissen sie nicht mehr als je­ den. 313 hatten Kaiser Konstantin 1., dem man später am Rande der Altstadt Ebingens, großes Kopfzerbre­ der Erstklässler. " Wenn dem tats ächlich so sein sollte, den Titel "der Große" gab, der Kaiser des Westens und Licinius, der Kaiser des Ostens, im Mailänd erToleranz­ che n. Es war dieses .S t." , das vor den Namen gesetzt so soll diese Abhandlung dazu dienen, dass de r Leser edikt "sowohl den Christen als auch üb erhaupt allen wurde. Sollte dies "Sankt" Heiliger bedeuten? Unsere am Ende eine Menge mehr über Martin von Tours weiß, als nur von der Mantelteilung. Menschen freie Vollmacht, der Religion anzuhängen , Martinskirche ist eine evangelische Kirche. Schon früh die ein jeder für sich wählt", gewährt. (Zur offiziellen wurde uns beigebracht, dass ein sehr gravierendes 11. Lebenslauf Staatsreligion des Römischen Reiches erklärt wurde Merkmal, das uns Evangelische von den Katholiken der christliche Glaube erst im Jahre 380 unter Kaiser unterscheide das sei, dass wir keine Heiligenverehrung Wenden wir un s also zunächst seinem Lebenslaufzu: Theodosius 1.). betrieben. Das .St." konnte folglich kaum "Sankt" be­ Um 316/17 wur de Martin in Sabaria (heute Szomba­ Aufgewachsen ist Martin in Pavia, in Oberitalien. deuten. Aber was dann? Vielleicht "städtisch". Im be­ thely), der Hauptstadt de r römi schen Provinz Panno­ Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Der Vater nac hbarten Balingen gab es ja auch eine Stadtkirche. nien, in West-Ungarn geboren. Am 22. Juni 2006 er­ war römischer Tribun. Die Familie bekannte sich zum Spätestens dann, als ich zum Stamm Sankt Martin der schien im Reiseblatt der "FrankfurterAllgemeinen Zei- Heidentum. Es wird berichtet, dass sich Martinus im Seite 1529 Heimatkundliehe Blätter November 2006

Alter von zwölf Jahren in eine Kirche' flüchtete und dass der Bettler ihm zugewiesen sei, da die andere n Sakrament der Taufe, nach einer mehrjäh rigen Vorbe­ gegen den Willen der Eltern um Aufnahme unter den Mensche n kein Erbarmen zeigten. Aber was sollte er reitungszeit. Katechumenen verlangte. Unter dem Druck des Vaters tun? Außer seinem Militärmantel den er tru g, besaß er Zwei Jahre später, im Jahre 336, kam es in Worms zu trat Martin ins römische Militär ein. Er wurde der Ka­ nichts. Deshalb nahm er sein Schwert, das er umgürtet der entscheidenden Begegnung des christlichen Gar­ vallerietruppe der kaiserlichen Garde zugeteilt. Fortan trug, teilte den Mantel in der Mitte entzwei und gab die deoffiziers und Kaiser Iulian, dem die Geschichte den trug er einen großen weißen Uniformmantel. Schon eine Hälfte demArmen, die andere Hälfte behielt er. Ei­ Beinamen .Apostata" (d. h. der Abtrünnige) gegeben nach kurzer Dienstzeit wurde er Offizier. nige aus seiner Begleitung machten sich über ihn lus­ hat, weil er selbst das Christentum ablehnte. Wie in je­ Um 334 - er war gerade 17 oder 18 Jahre alt - war tig, da ihn der zerschnittene Mantel entstellte. Durch­ ner Zeit üblich, rief der Imperator vor dem Kampfein­ Martin als Gardeoffizier in Amiens in Frankreich statio­ aus glaubhaft ist, was später erzählt wurde, weiles mili­ satz seine Soldaten einzeln zu sich, um ihnen das .Do­ niert. In diese Zeit fiel jenes Ereignis, das bis heute das tärischem Denken entspricht: Außer dem Spott seiner nutivum", eine Prämie, zu übergeben. Als Martin auf­ Andenken an Martin vor allen Dingen wach hält, diese gerufen wurde, nahm er kurz entschlossen diese Gele­ Mitmenschen habe Martin auch noch eineArreststrafe Szene, die uns heute Abend in den Bildern rundum an genheit wahr, um seine Entlassung aus dem Militär zu den Wänden umgibt (im Anschluss an den Vortrag seitens seiner Vorgesetzten hinnehmen müssen: Drei erbitten.Weil er sich als Christ nicht berechtigt sah, mit wurde eine Ausstellung mit dem Titel "Darstellungen Tage Haft wegen mutwilliger Beschädigung von Mili­ der Waffe zu kämpfen und Blut zu vergießen, wollte er von Martin von Tours in der Kunst, von Ravenna bis täreig entum. folgerichtig auch keine Prämie annehmen. Esfolgte ein HAP Grieshaber" eröffnet). Eines Tages, mitten im Dieses zentrale Ereignis im Leben des Heiligen erin­ Disput zwisch en Kaiser und Martin mit dem Ergebnis: Winter, der derart hart war, dass viele Menschen der nert uns an eine neutestamentliche Szene : An Priester Der Kaiser ließ ihn gefangen nehmen, um ihn am fol­ strengen Kälte zum Opfer fielen , begegnete Martin am und Levit im Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. genden Tag den Feinden gegenüber zu stellen. Ehe es Stadttor von Amiens einem armen, unbekleideten In der Nach t, die auf die Mantelteilung folgte, er­ jedoch dazu kam, sandten die Germanen eine Bot­ Mann. Martin trug außer seinen Waffen nur seinen schien Martin im Traum Christus , bekleidet mit Mar­ schaft und ergaben sich dem Kaiser. Martin ist der erste Militärmantel und sonst nichts bei sich. Als der Bedau­ tins halbem Militärmantel. Zu den ihn umgehenden Kriegsdienstverweigerer, den wir kennen, deshalb ernswerte nun die Vorübergehenden bat, sie möchten Engeln sprach Christus: .Martinus, der noch nicht ge­ steht er dafür, dass er in unserer Zeit zum Fürsprecher sich seiner erbarmen, diese jedoch den armen Mann tauft ist, hat mich mit diesem Man tel bekleidet." Weni­ der Kriegsdienstverweigerer gemacht wurde. übersah en, verstand Martin, vom Geist Gottes erfüllt , ge Wochen später, an Ostern 334, empfing Martin das Fortsetz ung folgt Freibier-Marken für"den Stammtisch Als die Brauereien in Balingen noch intakt waren - Von Waldemar Rehfuss "Geben Siedem Mann am Klavier, noch ein Bier. . .".Ja, wer erinnert sich von uns noch an jenen Schlagertext? Der Straßenverkehr stieg inzwischen in die Höhe und die Promille-Grenze aber nach unten. Auch der einsti­ ge Bierumsatz stagnierte und ein Brauereisterben be­ gann. Heute ist im Zollern albkreis nur noch eine Pri­ vatbrauerei in Betrieb. Ganz anders um das Jahr 1887. Im Knopf oben auf der Spitze des Turmes der evan ­ gelischen Stadtkirche befind et sich eine von Joh. Zins­ meister im Auftrag von Stadtschultheiß Eiseie handge­ schriebene Urkunde. Darin ist unter an derem eine Auf­ stellung der damaligen Wirtsch aften und Brauereien in Balingen , Alleine 14 Wirtschaften werden mit eigener Brauerei namentlich aufgeführt. Ihre Betriebsdauer war sehr unterschiedlich, so dass um die vorige Jahr­ hu ndertwende nur noch elf Betriebe überlebt haben. Dannging es auch hier mit dem Brauerei-Sterb en rasch voran. Mit der Gründung der Genossenschaftsbrauerei Ba­ lingen-Ebingen AG (der späteren Adlerbrauerei und Malzkaffee-FabrikAG)im Jahre 1925war das Schicksal der übrigen Brauereien bald besiegelt. Im Jahr 1919 hat Paul Huber die 1688 gegründete Hirschbrauerei von Jakob Roller übernommen. Er hat sich eine r Fusion widersetzt. Bis zur Übernahme durch die Adler-Brau erei AG im Jahr 1972 war dies die letzt e und einzige Privatbrauerei hier in Balingen. Inzwi­ schen ist auch bei der Adlerbra uerei das "letzte Licht" erlosche n. Als beide Brauereien noch intakt waren, konnt e es geschehen, dass entweder der Biervertreter oder der Chef selbst in einer ihrer Vertra gslokale auftauchte. Sie ware n immer sehr gern gesehene Besucher, hatt en sie doch stets in ihren Taschen "Freibier -Marken" dabei. Manc her Stammtischabend wurde lang und länger, dienten doch diese Chips mehr oder weniger auch der Geselligkeit und eine r nach dem anderen flog über den Tisch . Ein Hoch der Brauerei! Am Stammtisch allerdings lag sonst üblicherweise ein .Knopfring" unter dem Bierfilz. Beim Abrechne n am Schluss mu sste die Bedienung nurlediglich die feh­ lenden Knöpfe mit dem Einzelpreis addiere n. So ein­ fach ging es damals! Wie ma n jedoch auch anders mit diese n Knöpfen um gehen konnte , verrät das folgende, auf Wahrheit beruhe nde Gedicht aus dem Jah r 1954: ond guckt om sich en dr Ronde, a Fremder isch es auch vermittelt. Titel-Teilhaber nemmt au gearn teil an deam Dischkus Dr dritt, dr viert ond au dr fem pft Dr Hans, dear isch beim Landratsamt ond moant, des sei e leerer Schmus. mueß bleche, ob er no so schempft. e Schaffer mit gar veil Verstand. Zmol riaft vo hente oaner vor: Zletzt nemmt dr Han s als ganz er Heller D Kanzleie hoizt r fuchtig ei', bloß Bierknöpfweg vom Unterteller dass oim dren wurd danz zwoierloi; .Prosit, Herr Landrat!" voll Humor. ond zahlt drmit lang bar geldlos - guckt, dass koa Stäuble auf de Tisch Dr Hans, der sotte Späß schao kennt, j, so e Titel isch famo s"! ond Postsach emmer pünktlich isch. sait glei: "Wer mi en Landrat nennt, Am liebste macht r Gäng en d Stadt, dear mueß dra glaube uf dr Stell: So konnte von unserem Hans bequem die "Promille­ rutscht au gearn nei' zorn Robert Flatt, zuar Strof e Viertele, aber schnell!" Grenze" eingehalten werden. Beide, Wirt und Hans kippt zairscht en kurze, druf e Blond e Dr nächste, mo en falsch bet itelt, sind mir persönlich noch in guter Erinnerung. .,

November 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1530 Die Firmung im ehemaligen Bistum Konstanz Zur Geschichte eines Sakraments - Von Dr. Klaus Peter Dannecker - Teil 2

Der BischofbeiderFirmung. Nachdruck aus demPontificaleRomanumvon 1595/96.Aus: Sodi, Manilo und Triacca, Ach ille Maria, (Hg): Pontifica leRomanum.Ed itio princeps(1595-1596). Citta deiVatican o 1997.

er selber einbinden, so wie es auch in der nach dem Ist die Anzahl der Firmlinge überschaubar, nimmt Die Firmvorbereitung Zweiten Vatikanischen Konzil erneuerten Firmfeier der Bischof anschließend auf seine m Sitz Platz und vorgesehen ist.27 firmt die nacheinander einzeln vor im niederknienden Die Zeugnisse zur Firmvorbereitungaus der Diözese Der VerI au f d er Firmfeier nach dem PontRom 1596 Kandidaten im Sitzen. Bei einer großen Zahl von Firm- Konstanz zeigen eine Fortführung des Ansatzes, der d Der Firmor 0 des PontRom 1596 lässt den Bischof, linge n gehter an den in nachrückenden Reihenvor ihm mit den Diözesansynoden 1567 und 1609 im Anschluss an die nachtridentinische Reform gefundenwurde. Die der zur. Firm~ng Roch~tt, Am~kt, Sto ~a , weißes Pluviale knienden Firmanden vorbei. Dabei erfragt er jeweils gesamte Pfarrgemeinde sollte demnach durch Predigt und Mitra. tragt, a~f ein Paldistor, emem Arr~'Iiehnen- . den Namen und zeichnet dann dem vom Firmpaten und Katechese mit der Lehre über die Firmungvertraut stuhl, das ~n der Mitte vor dem Altar oder an emem an - oder der Firmpatin präsentierten Firmling mit dem zu­ gemacht werden. Darüber hinaus wurde für die Firm- der~n geelg.net:.n Platz steht, Platz ne~me? Nachdem vor in Chrisam getauchten Daumen ein Kreuz auf die kandidaten ein eigenerUnterricht zurbesonderenVor- er sltze~d die Ha~de g~waschen und die Mitra abgelegt Stirn. Zur Chrismation spricht er das Begleitwort: "N. bereitung auf den Empfangdes Sakramentes gefordert. h~t, spnc~t er, die Hande vor der Brust gefaltet den ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes und Viele Theologen der Aufklärungszeit forderten die Ein- Flr~kandl?aten zugewandt den Segenswu.nsch: "Der firme dich mit dem Chrisam des Heiles ." Den trinitari­ haltung und Umsetzung der Beschlüsse. Vorlagen und ~~II~~ Ge~t k~me a~f euc~.~e~ab ~2~d die Kraft des sehen Abschluss "Im Namen des Vaters und des Soh- Überlegungen zur Gestaltung der Predigten und Kate- °Nc shend eW ret..et~c vdor uAmnen." d G . d nes und des Heiligen Geistes." 33 begleitet ein dreifa- h d t llt d öff tli ht D I I ac em bes angen en " en er emem e '" . c esen wur en ers e un vero en IC . er mpu s sind die einer Oration oft voran-gestellten Versikel: ches g.enskreuz des .Bischofs ub.er die gefirmte ~er- der vom Geist der Aufklärung erfassten Autoren sorgte 34SeM t d hl ß d F d ß F d für eine wesentliche Verbesserung der Sakramenten- "Unsere Hilfe istim Namen des Herrn [. ..r und "Herr, SO?'. ~ ";srr: an~c ie en ~n .n e engsgru " r~e e katechese im beginnenden 19. Jahrhundert." Der In- erhöre mein Gebet [. . .]" sowie Gruß und Gegengruß ~.~I mit dIr.. IS~ die unterschiedlich gede~tete, bei der halt der Katechesen konzentriert sich auf eine histori- (DerHerr sei mit euch- Und mit deinem Geist")29vor- j üngsten Liturgiereform abgeschaffte36Gebarde des "Ba- g'~ s eh e n . Zu dieser Gebetseinladung bekreuzigt sich ckenstreiches" (.alapa). verbu. nd.en. . . sehe-theologische Erschließung der Firmung, die den h d h der Bischof. Anschließend breitet er die Hände über die Nac er C nsmanon mit Ihrem Begleitwert Wird Zweck verfolgte, in den Menschen das Verlangen nach der Firmung zu wecken oder Dankbarkeit für sie zu geordnet vor ihm stehenden Firmlinge aus . Diese kol- die ?tirn du~ch .?as ~hrismal~ bed~ckt . Dabei handelt empfinden. Die in derAufklärungszeit typische Akzen - lektive Handauflegungwird von dem uralten Gebet zur es sich um em längliches, meist weißes Tuch, das des­ tuierung auf den moralisch-sittlichen Aspekt ist bei Handauflegung begleitet, das uns schon im 6. Iahrhun- halb auch den Namen .Firmbinde" trägt und die Firm­ den Katechesen zwar zu verzeichnen, aber weniger dert begegnet." in seinem Kern reicht es sogar bis ins 3. kandidaten mitbringen mussten.'? Es wird dem Ge­ deutlich ausgeprägt als in den Ansprachen bei derTau- Jahrhundert zurück." Der mit den Worten "Omnipo- firmte~ um den.Kopf ~ebunden un~ verbleibt so I~nge fe oder Erstkommunion. tens sempiterne Deus, qui regenerare [ l" ("Allmäch- dort, bis das Chnsam emgetrocknet IStoder abgewischt Neben den traditionellen gottesdienstlichen Ele- ' tiger, ewiger Gott, derduneuschaffen [ l") beginnen- wird." menten wird in der Aufklärungs-zeit die Erneuerung de Text erinnert zunächst an den Trös tergeist mit sei - Sind alle gefirmt, singt man,während der Bischofsei­ des Taufversprechens zumeist in einem eigenen Got- nen siebenfachen Gaben (vgl. Ies 11, Zf). Deren paar- ne Hände reinigt, die Antiphon "Bestätige, Gott ;was du tesdienst am Sonntag vor der Firmung üblich. Die Ver- weise Aufzählung wird jeweils mit "Amen" beantwor- unter uns gewirkt hast von deinem heiligen Tempel bindung der InitiationssakramenteTaufe und Firmung tet. Nach der Nennung des "Geistes der Gottes-furcht" aus, deraufragt in Jerusalem."39 Anschließend betetder wird damit deutlich. Diese Zusammengehörigkeit wird bittet der Bischof: ,,[.. .] besiegle sie mit dem Kreuz Bischofnach den einleitendenVersikeln, dem Altar zu­ in den beiden weiter unten vorgestellten Entwürfen Christi zum ewigen Leben.v" Bei diesen Worten zeich- gewa ndt, das Schlussgebet "Deus, qui Apostolis tuis noch deutlicher, die die Tauferneuerungin die Firmfei- net er das Kreuz über die Firmlinge. [. ..I" ("Gott, der du deinen Aposteln [. ..]") Es erinnert Seite 1531 Heimatkund liehe Blätter November 2006 an die den Aposteln zuteil gewordene Geistgabe und nach der Firmung anzulegen, die Patin nahm es dem übermäßige Geschenke zu einer Veräußerlichung de r deren Vermittlung durch die Nachfolger der Apostel Kind am dritten Tag wieder ab .46 In Überlingen legten Firmung und zur Versuchung, diese zu wiederholen . und erbitte t dann den Gefirmten, dass der ihnen ein­ 1605 angesehen e Männer und Frauen die Firmbinde Die Konstanzer Synodalen beschlossen jeweils ein Ver­ wohnende Heilige Geist sie zu "einem Tem pel seiner um."? Diese Zeugnisse deuten daraufhin, das s im Bis­ bot von »reichlichen« Firmgeschenken, um die Verlo­ Herrlichkeit" vollende.t" tum Konstanz das Patenamt bei der Firmungdurch das ckung einer Wiederholung der Firmung auszus chlies­ Die ansc hließend ebenfalls vom Bischof gesproche­ Umlegen der Firmbinde übernommen worden ist. Bi­ sen.53 Trotzdem blieben die Firmg eschenke noch lan ge ne Antiphon "Seht, so wird jederMensch gesegnet, der nen Beleg für die Übernahme durch den "Fußtritt" gibt ein Problem, wie entsprechende Warnungen aus der den Herrnfürchtet''wle itet überzum Schlusssegen.Der es aus dem untersuchten Gebiet nicht. Die Abnahme Aufklärungszeit belegen." Bischofwendet sich dazu der Gemeinde zu und segnet der Firmbinde durch die Patin oder den Paten wird Trotz dieser Bestimmungen kann das Problem nich t sie mit den Worten "Es segne euch der Herr vom Zion auch in Konstanz, wie es in verschiedenen Ritualien übermäßig groß gewesen sein: Gerade im 16. und 17. her, damit ihr alle Tage eures Lebens das Glück Ierusa­ des deutschen Sprachraums belegt ist, nicht ganz ohne Jahrhundert waren die Firmtermine in der Diözese lems schauen könnt und das ewige Leben gewinnt/?" Feierlichkeiten abgelaufen sein, die allerdings nicht Konstanz so selten, dass es höchstens zu vereinzelten Nach dem "Amen" der Gemeinde, ehe sich die Ver­ näher greifbar sind." Das abgenommene Chrismale Versuchen gekommen sein kann, die Firmung zu wie­ sammlung auflöst, erma hnt der Bischofdie Firmpaten, wurde verbrannt." Die Verwendung des Chrismale derholen. ihre geistlichen Kinder zu einem guten Lebenswandel verschwand allgemein spätestens zu Beginn des 19. Geschenke der Paten an die Patenkinder waren kei­ anzuhalten und sie das Glaubensbekenntnis, das Va­ Iahrhunderts.t" In der Diözese Konstanz wurde die neswegs nur unmittelbar bei der Firmfeier üblich. In terunser und das "Gegrüßet seist du , Maria" zu lehren. Verwendung des Chris -males mit den Hinweisen zur der Rottenburger Gegen d haben die Firmpaten im 18. Firmung im RCon 1766 abgeschafft. Ersatzweise sollten und 19. Jah rhun dert an Allerheiligen und Allerseelen Die Paten bei der Firmung die dem Bischofassistierenden Priester sofort nach der ihre Firmpatenkinder mit "Seelen" beschenkt. Dabei vollzogenen Firm ung das Chrisam mit Watte abwi­ handelte es sich um einen länglichen, beidseitig zuge­ Zum Zeichen der Übernahme der Patenschaft lässt schen; die Firm binde war nicht me hr n ötig." Der Pate spitzten mitteldicken Kuchen, der mit Eigelb bestri­ das römisch-germanische Pontifikale des 10. Jahrhun­ legte seine rechte Hand auf die rechte Schulter des chenwar. Die Größe variierte je mich Vermögen des Pa­ derts die unmündigen Firmlinge auf dem Arm tragen. Firmlings, um dadurch die Übernahme des Firmpaten­ ten. Ähnliches gab es auch für die Taufpatenkinder/" Größere Firmlinge setzten ihren linken Fuß auf den amtes zu erklären. Dieser Hinweis im RCon 1766 zeigt Offenbar war es notwendig, eine ebenfalls im Pon­ rechten ihres Paten als Zeichen der Stütze und des die bis dahin üblic he , dem PontRom entsprechende tRom 1596 enthaltene Vorschrift durch zusätzliche di­ Schutzes." Diese Geste ist sehr gut in einerDarstellung Verwendung des Chrismale. Er bezeugt ebenfalls die özesane Richtlinien zu bekräftigen. So begegnet uns in im Pontifikale Romanum 1596 (PontRom) zu erken­ relativ frühe Aufgabe der Verwendung des Chrismales den Konstanzer Ritua leausgaben von 1776 und 1775/1 nen." Pap st Benedikt XIV. (1740 - 1758) ließ diese in der Diözese Konstanz. die Mahnung, sich aus der Firmfeier nicht zu en tfer­ Handlung zur Übernahme des Patenamtes fallen . Die Die Geschenkpraxis der Firmpaten gab Anlass zu nen, bevor nicht der Bischof allen gemeinsam den Übern ahme des Patenamtes sollte fortan durch die verschiedenen Bestimmungen: Kirchenversammlun­ Schlusssegen erteil t hatte. Doch angesichts der damals Auflegung der rechten Hand auf die Schulter des Firm ­ gen schritten dagegen ein, verlangten eine Mäß igung üblichen Massenfirmun-gen konnte dies zu ungebühr• lings während der sakramentalen Kernhandlung ange­ im Schenken oder verboten Firmgeschenke gänz lich.52 lich langen Wartezeiten führen. Deshalb gestatteten zeigt werden." In Biberach a. d. Riss war es zu Beginn Die Konstanzer Synodalen von 1567 und 1609 mu ss­ die erwähnten Ritualeausgaben, bei ungewöhnlich vie­ des 16. Jahrhunderts Aufgabe des Paten und Zeichen ten sich mitden Firmge-schenken beschäftigen.Vor al­ len Firmlingen schon einen Weggang vor dem Segen für die Übernah me der Firmpatenscha ft das Chrismale lem im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert führten des Bischofs." (Fortsetzung folgt)

Fahrt zur landesausstellung Termine Sonderführung im Alten Schloss - Von Hans Kratt Vor 200 Jahren - am 1. Januar 1806 - wurde Württem• undin Hechingen in 8.35 Uhr. Rückfahrt ab Stuttgart ist berg zum Königreich erhoben. Diese s historische Er­ um 18.15 Uhr , Ankunft in Hechingen um 19.21 Uhr, in eignis mit seinen grundlegenden Veränderungen ist Balingen um 19.33 Uhr und in Albstadt um 19.48 Uhr. Anlass zur großen Landesausstellung im Alten Schloss Neben der Führung durch die Ausstellung ist Gele­ in Stuttgart, dem Sitz des Landesmuseums Württem• genheit gegeben, die erst am 15. November eröffnete berg. Nach 112 Jahre, mit Ende des Ersten Weltkriegs Gedenkstätte für die Gebrüder Stauffenberg im selben fand mit der Ausrufung der Republik auch die würt­ Gebäude zu besuchen, in dem sie ihre Kinderj ahre zu­ brachten, da der Vater Alfred von Stauffenberg Ober­ tembergische Mon archie ein Ende. Mit 850 Objekten Die Autoren dieser Ausgabe hofmarschall des letzten württembergischen Königs wird die Entwicklung Württe mbe rgs in dieser Zeit dar­ war. Ein weiterer Anziehungspunkt in Stuttgart ist der Herbert Friedrich gestellt. Hochkarätige und un gewöhnliche Objekte Christkindlesmarkt rund um s Alte Schloss. werden hierzu gezeigt. Schloßbergstraße 23 Die Fahrkarten werden zentral besorgt. Die Reiselei­ 72458 Albstadt-Ebingen Am Samstag, 16. Deze mber, ha t die Heimatkundli­ tung hat Hans Kratt. ehe Verein igung eine Sonde rführung dort gebucht. Anmeldung bei Geschäftsführer Erich Mahler, M öri• Waldemar Rehfuss Man fährt mit der Eisenbahn. Zusteigem öglichkeiten keweg 6, 72379 Hechingen, Telefon (07471) 15540, Hirschbergstraße 32 sind in Ebingen um 8.06 Uhr, in Baling en um 8.23 Uhr Fax (0 74 71) 12283 bis spätestens 5. Dezember. 72336 Balingen

Dr. Klaus Peter Dannecker Theologische Fakultät Trier DAS AKTUELLE BUCH Deutsches Liturgisches Institut Weberbach 72a 54290 Trier

Pakistan und Albvorland Daniel Seeburger ZOLLERN-ALB-KURIER Ausflüge in die Ferne und -in die Nähe - Von Daniel Seeburger Grün ewaidstraße 15 72336 Balingen Wenn der Schwabe genügend Bücher üb er die eigene kurz nach den Anschlägen in New York. Sie erlebte ein Heimat gelesen hat, wagt er auch gerne einmal eine n Pakistan ohne Touristen, beschreibt die große Gast- . '------' Blick über den eigene n Tellerrand.Vor allem dann, freundschaft der Menschen und die unbeschreiblichen wenn Weihnachten vor der Tür steht, die Abende län ­ Landschaften. Ein überau s interessantes Buch , ge­ ger werden und man auch ein mal ein paar Stündche n schrieben ohne Scheuklappen, dafür mit viel Finger­ Herausgegeben von der mehr zur Pflege der Literatur nutzen kann. spitzengefühl. Heimatkundlichen Vereinigung Einen ganz weiten Blick über den Tellerrand wagte Während Christiane Fladt ihr Kraft in Pakistan findet, Zollemalb Christiane Fladt mit ihrem im Verlag Neue Literatur in füllt Ursel Maich le-Schmitt ihre Akkus auf der Alb und Jena erschienenWerk: ..Mekka genWesten. Unterwegs im Albvorland auf - sie beschreibt ihre "Tankstellen" Vorsitzender: in Pakistan". Die Verbindung zum Schwabenländle ist im Buch ..Kraftorte und Kraftwege - Wegweiser zu Or­ Christoph Roller, Am Heuberg 14, auf den ersten Blick nicht sofort auszumachen. Es gibt ten der Ruh e auf der Alb und im Albvorland", das im 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 77 82 sie aber. Denn Christiane Fladt kommt aus dem Zol­ Reutlinger Oertel und Spörer-Veriag erschienen ist. Es Geschäftsführung: lernalbkreis, ist in Balingen geboren. Das große Ste­ sind nicht die allseits bekannten und beliebten Touris­ Erich Mahler, Mörikeweg 6, cken pferd der jetzt in Leutkirc h tätigen Gymnasialleh­ ten pfade die Ursel Maichl e-Schmitt da beschreibt. Es 72379 Hechingen rerin sind die Berge. Sie war Mitglied im Kader der sind die unbekannten und unberührten Schö nheiten - Telefon (074 71) I 5540 deu tschen Bergläufe r und holte sich 1985 die erste der Alb, die hier zu ihrem Recht kommen. Obwohl ich E-Mail: e.mahler@t-online .de deu tsche Berlaufmeisterschaft. In ihrem Buch hat sie dem anspreche nden Buch viel Erfolg wü nsche, bin ich Redaktion: den 7000er des Karakorum-Gebirges un d den Men­ doch in einem Zwiespalt. Wenn sich nu n alle Leser auf Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, schen, die in dieser Gegend leben, ein faszinierendes den Weg dieser Orte der Ruhe, Besinnung und Kraft 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66- 1 53 Denkmal gesetzt. Sie bereiste das Land vor vier Jah ren, mac he n würden - was dann ? Jahrgang 53 31. Dezember 2006 Nr.12 Im Rüttelflugauf Mäusejagd Der Turmfalke - Vogel des Jahres 2007 - Von Dr. Karl-Eugen Maulbetsch

Vogel des Jahres 2007: DerTurmfalke. FOTO : NABUI M.HENG

Der Naturschutzbund Deutschland und der Landes­ chen erhalten bleiben, die der Falke zum Jagen drin- Nist- und Ernährungsgewohnheiten spiegeln, weisen bund für Vogelschutz in Bayern wählten nach einem gend benötigt. - auf den hohen Bekanntheitsgrad hin : So z. B. die Na­ kleinen Singvogel,dem Kleiber, einen bekannten Greif­ men: Mauer-, Dom- und Kirchfalke, Rüttel- und Mäu• vogel, den Turmfalken, zum Vogel des Jahres. Es ist be­ Verbreitung und Name sefalke, Roter Sperber oder Lerchensperber. Der ge­ reits der zweite Falke, der diese Auszeichnung erhält. DerTurmfalke kommt in unterschiedlichen Formen, bräuchlichste Name Turmfalke ist eine Übersetzung Die Reihe der Titelträger begann 1971 mit dem damals die sich z. B. in der Färbung und Größe un tersc he iden, aus dem Schwedische n .Tornfalken" (nach Piechocki, vom Aussterben bedrohten Wanderfalken. Die darauf­ in der AJtenWelt aufden Kontinenten Afrika und Eura­ 1979): Die lateinische Artbezeichnung "tinnunculus" folgenden Schutzmaßnahmen waren ein voller Erfolg. sien vor. Nur die tropischen Regenwälder, die Kernzo­ bedeutet "klingend, schellend" und ist auf die scharfe Heute brüten in Deutschland wieder etwa 800 Paare. ne der Wüste Sahara und die Tundrengebiete sind durchd ringende Ruffolge ki, ki, ki zurückzuführen. Der wesentlich präsentere und kleinere Turmfalke nicht besiedelt. Das Brutareal der europäischen Form Bei uns gehört der Turmfalke mehrheitlich zu den kann in Städten an Kirch- und Wassertürmen, in höhe• erstreckt sich vom Mittelmeerraum nac h Norden bis Stan d- oder Strichvögeln. Diese halten sich normaler­ ren Gebäuden oder in der freien Landschaft beobach­ jen seits des Polarkreises in den skandinavischen Län­ weise ganzjäh rig im Brutgebiet auf bzw. wandern au ­ tet werden.Charakteristisch sind der Rüttelflug und die dern. Dieses große Verbreitungsgebiet. über verschie­ ßerhalb der Brutsaison innerhalb oder in nächster Nä• schnellen wendigen Flugmanöver während der Jagd dene Klimazonen hinweg, dü rfte dam it zusammen­ he des Brutareals umher. Es gibt aber auch Kurzstre ­ und bei der Balz. Dieser Falke ist weder bedroht, noch hängen, dass er an seine Lebensräume gering e Ansprü­ ckenzieher, die vorwiegend von Ende August bis No­ steht er auf der Roten Liste. Seine Lebensräume und che stellt. In Baden-Württemberg brütet derTurmfalke vember in südwestlicher Richtung in die Schweiz, nach Nistmöglichkeiten werden jedoch stark eingeengt, so in allen Landesteilen. Er ist außerhalb größerer zusam­ Frankreich, Nordital ien. Spanien oder Nordafrika ab­ dass die Bestandszahlen seit Jahren rückläufig sind. menhängenderWaldgebiete, die er meidet, neben dem ziehen. 1m Dezember und Anfang Januar flüchten gele­ Die Verbände machen mit dieser Wahl daraufaufmerk­ Mäusebussard einer unserer häufigster Greifvögel. Im gentlich manche Tiere bei sta rken Schneefällen z. B. sam und sie geben prakti sche Hinwei se für den Schutz Raum Balingen brütet und jagt der Turmfalke z. B. auf von der Albhochfläche. so dass gebietsweise. verstärkt des Turmfalken. Sie setzen sich ferner dafür ein, dass dem Heuberg, im Tal, auf den Freifläche n auf Hangen durch Individuen nördlicher und östlicher Populatio­ der Flächenverbrauch eingedämmt wird und freie Flä- und in . Zahlreiche Trivialnamen, in denen sich nen, die bei uns überwintern, beachtliche Winterbe Seite 1533 Heimatkundliehe Blätter Dezember 2006 stände zu verzeichnen sind. In Baden-Württemberg · dern die Falken sowohl die Fläche und dadurch die Flä­ Siedlungen nistet er in Scheunen und in höheren Ge­ sind dies Gebiete am Oberrhein, im Donauraum, in chenbelastung als auc h das Verhältnis der Breite zur bäuden, in Nischen, auf Simsen oder in Nistkästen. Oberschwaben und am Bodensee. Tiefe der Flügel. Diese sind ganz ausgestreckt, wenn Tab. 1 informiert über die Verteilung von Brutstandor­ der Falke seine Kreise zieht. Beim stä rkeren Gleite n ten im Bereich der mittleren SchwäbischenAlb. Die Ei­ Kennzeichen: werden sie zurückgebogen. Befindet er sich auf Nah­ ablage beginnt Mitte/Ende April. Die Gelege bestehen Der Turmfalke ist im Flug schon von weitem an seinem rungssuche, dann setzt er den Rüttelflug ein. Er ver­ aus 4-9 ockergelben. stark braunrot gefleckten Eiern, stromlienförmigen Körper, seinen spitzen Flügeln und harrt dabei in der Luft und beobachtet den Boden. Den die einen Monatlang überwiegend vom Weibchen aus­ seinem langen Schwanz zu erkennen. Kopf, Bürzel und nötigen Auftrieb erfährt der Vogel durch Vor- und gebrütet werden. Nachgelege sind möglich, die Anzahl der am Ende schwarz gebänderte Schwanz sind beim Rückschläge der im Ellenbogengelenk stark gebeugte n der Eier ist aber in der Regel geringer. Das etwa um ein Männchen graublau gefärbt. Der rostrote Rücken hat Flügel. Der schräg abwärts geneigte Schwanz ist - je Drittel kleinere Männchen, auch Terzel genannt, ver­ dunkle Flecken ohne ausgeprägte Querbänderung. Auf nach Windstärke - mehr oder weniger stark gespreizt. sorgt das Weibchen während der Brutzeit. Die Futter­ der gelblichen Unterseite sind kleine Flecken in Längs• Er dient zur Stabilisierung und unterstützt feine Lage­ übergabe erfolgt dabei jeweils nach Ankündigung reihen angeordnet. Beim Weibchen sind Kopf, Ober­ korrekturen, Erspäht der Vogel eine Beute, dann stürzt durch leise Rufe entweder in der Nähe oder direkt am seite und der mit einer schwarzen Endbinde versehene er sich mit ganz nach hinten gezogenen Handschwin­ Brutplatz. Die geschlüpften Jungvögel haben vom er­ ansonsten quergebänderte Schwanz rostbraun. Die gen auf das Beutetier. Die Abbremsung geschieht mit sten Tag an ein weißes Dunenkleid. Die Zerkleinerung Flecken aufder Unterseite sind stärker ausgeprägt. Der steil angestellten und dann abgeknickten Flügelhälften und Übergabe der Nahrung übernimmt das Weibchen. Falke misst von der Schnabelspitze bis zum Schwanz­ sowie mit aufgefächerten nach un ten gebogenen Nach zwei Wochen kröpfen die Jungen selbst und bei­ ende etwa 32 bis 39 cm. Die Spannweite beträgt 72 bis Schwanzfedern. Diese fallschirmähnlichen Konturen de Altvögel schaffen nun unabhängig voneinander 80 cm und die Durchschnittswerte des Gewichtes erzeugen einen hohen Widerstand und damit einen Nahrung heran, die hauptsächlich aus Feld- und Wühl• schwanken zwischen 190 und 220 g. Die jeweils höhe• guten Bremseffekt. mäusen besteht. Gelegentlich gibt es Eidechsen, Libel­ ren Werte kommen dem Weibchen zu. Der Turmfalke len un d Kleinv ögel.vor allem Sperlinge. Der Aufenthalt hat, ebenso wie die anderen Falken, einen kräftigen Lebensraum und Brutbiologi e: im Nest dauert etwa vier Wochen. Danach führen und stark nach unten gekrümmten Oberschnabel. An die­ Der Turmfalke bewohnt die offene Kulturlandschaft ·füttern die Altvögel ihre Jungen noch einen weiteren sem befinden sich oberhalb derSpitze beidseitig durch mit Wiesen und Ackerflächen, in die Feldgehölze und Monat. Der Familienverband löst sich dann auf. Einkerbungen gebildete Zacken, die sogenannten Fal­ kleinere Wäldchen eingestreut sind. Im Gebirge reicht Im vergangenen Frühsommer brütete ein Turmfalkenpaar im kenz ähne, ein weiteres charakteristisches Merkmal. seine Verbreitung von den Tälern bis zu hochalpinen TurmderStadtkirche in Ba lingen. Aus derBrut gingenzweiJung­ Die gelben Füße sind im Vergleich zu den langen Fän• Schotterhalden. Durc h seine Anspruchslosigkeit konn­ vögel hervor. Herr Gu lde,Mesner an derStadtki rche, nahmeinen gen z. B. der Weihen relativ kurz. Die Zehen tragen te er sich hervorragend an den menschlichen Sied­ davon,der noch nicht ganz flügg e und gestrandet war, auf und schwarze gekrümmte Krallen. Der Turmfalke fängt lungsraum anpassen, so dass man ihn nicht selte n mit­ fütterteihn biserdie volle Flugfähigkeiterlangte. Diese erwarb er" Beutetiere, die am Boden sitzen oder laufen. Mit den ten in Städten, sogar auch in Großstädten findet. Alsur ­ sich ineinem von HerrnGulde extra bereit gestellten Zimmer. De ~ Krallen werden diese festgehalten und mit dem starken sprünglicher Felsenbrüterbaut er, wie die anderen Fal­ Jungvogelintegriertesich sofortindenFamilienverbandnachdem Schnabel durch Genickbiss getötet und zerkleinert. ken auch, keine eigenen Nester, sondern benutzt alte erfreigelassenwurdeundmachtezusammen mit einemweiteren Flugjagden auf Insekten sind selten. Faszinierend sind Krähen- ode r Elsternnester. Gelegentlich brütet er in Jungfalken und den Altvögeln Fl ugübungen(Beobachtungen und die Flugleistungen. Durch Anziehen der Flügel verän- Baumhöhlen, Felswänden oder auf dem Boden. In den Auskunft: Herrn W. Gulde). Fortsetzung folgt Die Firmung im ehemaligen Bistum Konstanz . , . - Zur Geschichte eines Sakraments - Von Dr. Klaus Peter Dannecker - Teil 3 Ausgeprägt ist der Gedanke des Bundes, der in der Tau­ mittelnden Weg zwischen der liturgischen Tradition, Die Firmungzu Beginn des 19. Jahrhunderts fe geschlossen und in der Firmung besiegelt und be­ deren Kernritus er in lateinischer Sprache aus dem kräftigt wird. Auffallend ist die militärische Sprache bei PontRom beibehielt und der zeitgenössischen Pasto­ Die Bestrebungenzu einererneuerten Pastoral in der Blanchard; auch Christus wird mit militärischen Bil­ raltheologie, deren Forderungen er in der Wortgottes­ Aufklärungszeit führten zu Beginn des 19. Jahrhun­ dern beschrieben. Das Firmformular in Blanchards Ri­ feier einbrachte, in die die Firmspendung eingebettet derts auch zu Überlegungen hinsichtlich der Firmpas­ tualeentwurfist das erste von Konstanzer Herkunft, das war. Als Schwachpunkte in Wessenbergs Entwurf toral und -feier. die vom PontRom übernommene Firmordung in eine könnte man die dürftige Christologie und die stark mo­ Der zeitlich erste Entwurf für die Firmfeier von 1802 Wortgottesfeier einbettet. In der Folge scheint sich die ralische Ausrichtung der Texte werten. .Jesus wird vor ist im Büchlein "Neue Liturgie" des Schörzinger Pfar­ Idee durchzu-setzen, die Firmfeier des PontRom mit allem als Vorbild, Lehrer und Freund der Menschen ge­ rers Beda Pracher enthalten. Er ist auch derjenige, der gottesdienstlichen Elementen zu umrahmen. sehen und der Aspekt der Kreuzes-nachfolge vor Augen kaum die bisherige Ordnung des PontRom aufgriff. Mit Neben diesen privaten Entwürfen, die Vorschlag­ gestellt. Die ethische Bedeutung Jesu tritt in den Vor­ dieser radikalen Umformung will der Autor der Firm­ scharakter hatten, wurde für den Bereich der späteren dergrund und die theologische Bedeutung Jesu Christi feier wieder die "wahre Zweckmäßigkeit"57 verleihen, Diözese Rottenburg 18i8 die Feier der Firmung durch als des 'eigentlichen Spenders' bleibt undeutlich. Da­ die sie verloren habe. Durch ihre Gestaltung soll die einen amtlichen Erlass verbindlich geregelt. Diese Ord­ für wird die Rolle des Liturgen stark betont."60 Feier zu einem emotionalen und religiösen Höhepunkt nung sieht vor, dass die Firmlinge zu Beginn der Firm ­ Wessenberg legte Wert aufeine ästhetisch gut gestal­ für die Menschen werden; daraufist die äußere und in­ feier zu ihrem Platz geführt werden. Dann wird die Fei­ tete Liturgie. Dies sollte dazu beitragen, bei den Mitfei­ nere Gestaltung der Feier abgestimmt. Leider legt uns er eröffnet mit einer Anrufung des Hl. Geistes. Findet ernden einen starken Eindruck zu hinterlassen. Dazu der Autor die Texte nicht vollständig für die ganze Feier die Feier morgens statt, soll der Firmung die Feier der bediente er sich verschiedener Hilfsmittel, wie die Mit­ vor. Aus den vorhandenen wird deutlich, dass es Pra­ Hl. Messe vorausgehen. Unmittelbar vor der Firmung wirkung der Firmlinge und der Gemeinde. Die Anreden cher vor allem um eine ansprechende Feier ging. Die spricht ein Priester laut ein Gebet vor. Die Firmung, die sprachen die Menschen direkt an und erschlossen ih­ Betonung liegt dabei aufder emotionalen Zuwendung, aufdie im PontRom vorgesehene und oben dargestellte ne n das liturgiesehe Geschehen.s' wenn sich die Kinder und Eltern zumZeichen der Liebe Weise erfolgt, wird durch eine "väterliche Ermah­ Die Firmfeier in Wessenbergs Ritual beeinflusste ver­ umarmen. Wenig ausgeprägt ist das Christusbild der schiedene spätere Firmordnungen, so z. B. die im Texte. Vor allem tritt Christus als Lehrer auf, dessen nungs-Anrede" eröffnet. Nach der Firmung spricht wiederum ein Priester ein Dankgebet laut vor, das die Würzburger Rituale von 1836 und in der Rottenburger Lehre es im Leben zu verwirklichen gilt. Dazu ist vor al­ Gottesdienstordnung von 1838. 62 lem die Nächstenliebe zu üben. Alles, was nicht dem Gefirmten wiederholen und als "Denkzettel", also als moralisch-sittlichen Vorbild Christi entspricht, ist zu Pirmandenken,gedruckt mit nachHause bekommen." Diese Firmfeier für die Gebiete der späteren Diözese meiden bzw, zu bereu-en. Die Firmung, d. h. insbeson­ Die Firmung heute dere die Salbung und Handauflegung der sakramenta­ Rottenburg rahmt die aus dem PontRom übernomme• len Handlung geschehen mit Worten, die die Stärkung ne Ordnung der Firmung durch liturgische Elemente, Dieser Streifzug durch die Geschichte der Firmfeier hat zum Guten herausheben. Pracher betont also sehr allerdings keine ausgeprägte Wortgottesfeier, wie sie gezeigt, dass unsere heutige Feier auf dem Boden der starkdie emotionale Seite derFeier durch die Handlun­ auch vorgeschlagen wurde. Die ebenfalls vorgeschla­ Geschichte gewachsen ist. Die nicht nur guten Erfah­ gen, während er auf der verbalen Ebene die sittlich­ gene Tauferneuerung, die den Zusammenhang der Fir­ rungen aus der Geschichte wurden aufgegriffen . Durch moralische Verpflichtung des Menschseins heraus­ mung mit der Taufe deutlich gemacht hätte und ver­ die Ausweitung der Firmvollmacht aufdazu beauftrag­ stellt. Die theologische Bedeutungder Firmungkommt schiedentlich vorgeschlagen wurde, fand in der offziel­ te Priesterkann heute ein Firmintervallvon zweiJahren so gut wie nicht vor. len Regelung ebenfalls keine Aufnahme. Der vorste­ eingehalten werden. Wer das Sakrament der Firmung Der sehr wortreiche Vorschlag zur Firmfeier im Ri­ hen-de Bischof wird von Priestern unterstüzt. empfangen möchte, kann dies heute in einem vertret­ tualeentwurfdes Kolbinger Pfarrers Ioseph Peter Blan­ Der ehemalige Konstanzer Generalvikar und Bis­ baren Zeitraum zumeist im eigenen Pfarrverband tun. chard zeigt hingegen eine andere Ausrichtung. Blan­ turnsverweser Ignaz Heinrich von Wessenberg sam­ Die liturgische Gestalt der Firmfeier zeigt ebenfalls die chard geht es um eine korrekte Feier, die er auf das melte die Erfahrungen vieler Entwürfe und gab sie 1830 Ernte der Geschichte: Die Feier findet in der Hl. Messe PontRom stützt und durch eigene Elemente erweitert. im in seinem Ritual heraus." Der Entwurf zeigt bei­ statt, d. h. sie ist mit einem Wortgottesdienst verbun­ Bei diesen Erweiterungen kommen inhaltlich verschie­ spielhaft den Wunsch der Liturgen aus der Aufklä­ den und die Tauferneuerung stellt die Verbindung mit dene Aussagen zum Tragen: Die Firmung wird als Voll­ rungszeit, eine verständliche, auferbauende und festli­ der Taufe her. So wird auch die theologische Bedeu­ endung der Taufe verstanden und zugleich als Eintritt ehe Feier zu gestalten. Darüberhinaus sanierte derEnt­ tung der Firmung als Vollendung und Besiegelung der in den Waffendienst für den Heerführer Iesus Christus. wurf Schwachstellen des damaligen Firrnritus, in dem Taufe deutlich. Schließlich ermöglicht es die Feier in Die Firmandenwerden aufgefordert, ein ethisch hoch­ er eine biblische Lesung, die Homilie und fürbittendes der Muttersprache den Mitfeiernden unmittelbar am stehendes Leben zu führen und das Böse zu meiden. Gebet hinzufügte. Dabei ging Wessenberg einen ver- liturgischen Geschehen teilzuhaben. Fortsetzung folgt r Dezember 2006 Heimatkundliehe Blätter Seite 1534 Ein Leben an der Schwelle zum Mittelalter Martin von Tours und die Ebinger Martinskirche - Von Herbert Friedrich- Teil 2 Übrigens: Fast 1200 Jahre spä ter stand in Worms wie­ Das asketische Leben Martins und seiner Brüder reich en Überresten des Heidentums. Bei aller Barm­ der ein Martin vor einem Kaiser, unbeu gsam, seine machte auf seine Umgebung großen Eindruck. Im Jah­ herzigkeit war Martin kein sanfter Men sch, war er doch Lehre verteidigend: Martin Luther vor Kaiser Karl V. re 371 musste der bischöfliche Stuhl von Tours neu be­ von einem missionarischen Eifer erfüllt. Er sah im Hei­ beim Reichstag. setzt werden. Damals gab es die kirchengesetzlichen den tum eine gegnerische Macht, schwang deshalb Nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst Bestimmungen noch nich t, wie sie heute bestehen. Die kämpferisch die Axt und zeigte sich keinesfalls tolerant. ging Martin nach Poitiers zu Hilarius, dem dortigen Bi­ Wahl lag in den Hän den der benachbarten Bischöfe Wo immer ihm eine heidnische Kultstätt e begegnete, schof, um sein Schüler zu werden. "AlsChrist kämpfte und das Volk stimmte zu. Das Volk hegte den Wunsch, schreckte er nicht zurück, die zu zerstören." Hilarius erbittert gegen die aria nische Häresie und ret­ Martin mö ge zum Bischof erkoren werden. Hier ist die Legende vom .Baumwunder" angesie- . tete den nizänischen Glauben im Westreich." So ist es Diesem Wunsch traten etliche Bischöfe entgegen. delt. Dazu eine persönliche Begebenheit: Beieiner Bur ­ bei Walter Nigg nachzulesen. Es war jene Lehre des Zum zweiten Male im Leben Martins lehnte der Klerus gundreise besuchten wir die berüh mte romanische Arius, die im Gegensatz zur Trinitätslehre der lateini­ ab. Das erste Mal war es, als der arianisch gesinnte Bi­ Wallfahrtskirc he Ste-Madeleine in Vezelay, Faszinie­ schen Kirche stand. Wir können im Rahmen dieserAb­ schof ihn öffentlich aus peitschen ließ. Jetzt traten die rend ist dort unter anderem der Zyklus mit etwas mehr handlung nicht auf Einzelheiten dieses theologischen rechtgläubigen Bischöfe ihm mit seltsamen Argum en­ als 150 Kapitellen. Laut Kunstführer sollte es auch eine Streites eingehen. Da Martin Schüler von Hilarius war, ten entge gen. Martin sei eine verächtliche Persönlich• Darstellung des heiligen Martin geben. Ich dachte na­ wird ihm nachgesagt, er habe die Arianer blutig ver­ keit und der bischöfliche n Würde nicht wert. Sie be­ türlich, dort den man telteilenden Reiter anzutreffen. folgt. Er sei der erste christliche Christenverfolger ge­ mängelten sein unansehnliches Äußeres, seine arm­ Was ich sah, waren einige menschliche Gestalten un ter wesen. Einen Beleg hierfür könnte uns jene Geschichte selige Kleidung und sein e ungepflegten Haare. Ihrer Bäumen. Was sollte diese Szene darstellen? Als Mart in von der öffentlichen Auspeitschung liefern. Meinung nac h müsse der Bischof eine repräsentative einm al einen Tempel nied erriss, ba ten die anwesen­ Durch seinen entschlossenen Kampf gegen denAria­ Persönlichkeit sein, ein Mensch, der durch würdevolles den Heiden, doch wen igstens den heiligen Baum ste­ nismus in Oberitalien kam Mart in deswegen mit den Auftre ten zu imponieren vermöge. hen zu lassen. Martin redete eindringlich auf sie ein, dortigen arianisch gesinnten Bischöfen in Konflikt. Ei­ sich auchvon diesem Götzen zu trennen. Sie aber woll­ ner der Bischöfe ergriff Martin und ließ ihn öffentlich ten nicht einwilligen und schlugen ihm zuletzt eine Art von sechs Soldaten auspeitschen. Die Passionsge­ Martin widersetzt sich der Bischofswahl Gottesgericht vor. Der Baum würde gefallt, aber Martin schichte mit Dornenkrönung und Schlägen steht im mü sse ihn im Sturze aufhalten. Der Heilige ging auf das Hintergrund. DieserAspekt seiner Biografie steht aller­ Martin selbst war über den Vorschlag des Volkes zu­ Angeb ot ein und die Föhre wurde umgehauen . Martin dings in gewissem Widers pruch zu einer Begebenheit, tiefst erschrocken. Der Mönch verspürte nicht das Be­ mu sste sich auf jene Seite stellen, au f die der Baum fal­ auf die wir unter dem Stichwort . Pnszillian" spä ter dü rfnis, an der Spitze zu stehe n. Deshalb sann er dar­ len würde. "Alssich der Baum schon neigte und anfing , noch zu sprechen kommen. über nach, wie er sich der Wahl entziehen könne. Ent­ gegen ihn zu sinken, erhob Martin seine Hand gegen setzt sagte er: "Ich? Bischof?" und im gleichen Augen­ sie und setzte das Zeichen des Heils entgegen. Wie von blick war er verschwu nden. Niem and wusste, wo er einem Wirbelsturm erfasst, wurde sie da zurückgewor­ Ausbildung zum Exorzisten hin gegan gen war. Hier sind wir nun mittendrin in der fen und stürzte nach der entgegengesetzten Richtung." Legende, die wir unter dem Stichwort "Martinsgans" Martin weigerte sich zunächst, die höheren Weihen zu kenne n und die sich im Martins-Brau chtum bis in die empfangen. Er fühlte sich nicht würdig und ließ sich Gegenwart erhalten ha t. Dieser Legende zufolge Getrübter Lebensabend nur zum Exorzisten, zu einem der Macht über satani­ brauchte man nicht lange zu suchen, denn Gänse in ei­ sche Kräfte hat, ausbilden. Auch hier finden wir wieder nem benachbarten Stall erho ben ein lautes Geschnat­ Inzwischen hatte Martin bereits ein hohes Lebensalter eine Parallele zum Neuen Testament: Jesus in der Ge­ ter. Man schaute nach und fand Martin dort im Gänse• erreicht. Er war in seiner Diözese un terwegs zur Seel­ schichte von der Heilung der zwei besessenen Gadar­ stall versteckt. Die Gänse hatten ihn verraten. Nach­ sorge und zur Visitation. Sein Lebensabend war nicht enern (Matthäus 8, 28 - 33). dem man ihn in seinem Versteck aufgestöbert ha tte, un getrübt.Ein Ereignis machte ihm schwer zu schaf­ In der Vita des Heiligen taucht zwischendurch wie­ wurde er vom Volk aufden Platz geho lt. Die Menschen fen , das in den späteren Bildnissen um Martin nie auf­ der seine Familie auf: ein Besuch bei den Eltern. Dabei bekundeten, dass sie Martin als ihren Bischof haben geta ucht ist. In Spanien trat ein Mann Namens Priszilli­ konnte er seine Mutter für das Christentum gewinnen, wollten. Die Kleriker waren machtlos und auch Martin an auf. Er vertrat von der Kirchenlehre abweichende während der Vater weiterhin im Heidentum verharrte. musste klein beigeben. Er wurde zum Bischof gewäh lt. Ansichten. Er war ein gebildeter Laie. Er beeindruckte Auf dem Rückweg von diesem Besuch verirrte sich das Volk, das ihn zum Bischofvon Avila wählte. Die Bi­ Martin im Gebirge und fiel einer Räuberbande in die Allerdings stellte er eine Bedingung: er wollte auch als Hände. Sie fesselte ihn und plünderte ihn aus und woll­ Bischofseine mönchische Lebensweise beibehalten; er schöfe lehnten seine Lehre ab, weil sie sie mit jen er der te auch wissen, wer er sei. Martin gab den Straßenräu• dachte nicht daran, seine Gewohnheiten zu ändern. Kirche für un vereinbar hielten . Kurzerhand erklärten bern die schlichte Antwort: "Ich bin Christ". Im weite­ Wie bisher wohnte er in seiner Zelle, die an eine Kirche sie Priszillian für einen Häretiker. Es war und ist bis ren Gespräch erwähnte er, er habe Angst um sie, weil angebaut war. Die Künstler desMittelalters, ob Maler heute Pflicht der Bischöfe, aufdie Reinheit derLehre zu sie durch ihre räuberische Tätigkeit das ewige Heil ver­ oder Bildhauer, haben sich mit diesem Aspekt der Bio­ achten. Auch Martin hat danach gelebt. Die Bischöfe scherzten. Einer der Räuber wurde gläubig, die übrigen grafie des Heiligen woh l wenig auseinander gesetzt. ergriffen den Ketzer, setzten ihn in Haft und traten ließen Martin des Weges ziehen. Wir werden an den Wir finden viele Kunstwerke, die Martin in prunkvol­ beim Kaiser als Ankläger gegen ihn auf. Martin lehnte Schächeram Kreuz erinnert,von dem im Lukasevange­ lem Ornat in Glanz und Herrlichkeit zeigen. sich dagegen auf, war er doch der Meinung, das lium berichtet wird. Viele Besucher konnte der eben geweihte Bischof Schwert dürfe nicht über eine Frage der Lehre richten. Martin zog sich nun auf die Gallinaria-Insel zurück, nicht ertragen. Er schien fast etwas menschenscheu zu Priszillian und sechs seiner Anhänger wurden nach die dem Golf von Genua vorgelagert ist. Hier suchte er sein . Er gründete deshalb sechs Kilometer außerhalb Trier überführt. Sie legten ein so genanntes Gestän dnis das Ideal der Wüstenväter zu verwirklichen. Sein Ver­ von Tours, auf der an deren Seite der Loire, das Kloster ab. Daraufhin ließ der Kaiser sie auf Begehren der Bi­ langen nac h Einsamkeit fand eine erste Erfüllung . Äu­ Marmoutiers. Bis zu etwa 80 Jüngern entwickelte sich schöfe enthaupten. Es war die erste Ketzerhinrichtung ßerst bedürfnislos lebte er dort von Kräuterwurzeln. diese klöste rliche Gemei nschaft. Alle suchten sie sich in der Christenheit. Martin war aber der Kräuter unkundig und aßvom bit­ nach dem Vorbild des Meisters zu bilden. Keiner besaß Martin empfand das Unchristliche im Verhalten teren Heleborus niger, der Christrosenpflanze. Er zog Eigentum, alles war Gemeingut. gegenüber Priszillian un d fühlte sich davon schwer be­ sich eine schwere Vergiftung zu, die ihn an den Rand Leider kann man sich von seiner bischöflichen Wirk­ troffen. Fortan mied er die Gemeinschaft mit den Bi­ des Grabes brachte. Die ganze Zeit, die er aufder unbe­ samkeit nur ein unvollkommenes Bild machen. Vor al­ schöfe n, die die Hinr ichtung von Priszillian veranlasst wohnten Insel verbrachte, war dem Gebet gewidmet. len Dingen wissen wir nicht, wie er zu seiner Gemeinde hatten un d nahm deshalb an keiner Synode mehr teil. Auf der Insel erfuhr Martin, der Kaiser habe den ver­ sprach. Worauf beruhte der außerordentliche Ein­ Inzwischen war Martin über achtzig Jahre alt gewor­ bannten Hilarius die Rückkehr nach Poitiers gestattet. druck, den er auf seine Zeitgenossen und vor allen Din­ den, für jene Zeit ein sehrhohesAlter. Er fühlte deutlich Sofort machte er sich auf, um Hilarius in Rom zu besu­ gen auf die Nachwelt hinterließ? sein Ende nahen. "Von einem heftigen Fieberergriffen, chen. Dort war er aber schon abgereist. Martin folgte Er war der Mann, der Wunder wirkte. Da ist die Rede legte er sich, angetan mit einem härenen Hem d, auf ihm deshalb nach Poitiers nach. von einem Katechumenen, der wieder zum Leben er­ seine mit Asche bestreute Lagerstätte. In dieser Lage Um nicht auf die ihm lieb gewonnene Einsamkeit weckt wurde. Einen Gehängten hat Martin ins Leben gab er am 8. Novem ber 397 seine Seele dem Schö pfer verzichten zu müssen, baute sich Martin in Liguge eine zurückgerufen. Einen Aussä tzigen hat er durch eine n zurück; sein Antlitz leuchtete dab ei wie ein helles Zelle. Der Raum war nicht gemütlich. Sein Biograph Kuss von seiner Krankheit geheilt. Einem stumme n Licht", wird berichtet. spricht von "einer rohgezimmerten Zelle". Bald schloss Mädchen gab er die Sprache zurück. Die Liste ließe sich Martin starb in Candes . Seine Leiche wurde nach sich ihm ein Katechumene an und hernach noch weite ­ noch lange fortsetzen. Die wesentlichsten Wun der fin­ Tours überfüh rt, um an seiner bischöflichen Wirkungs­ re Männer. Ohne sein Zutun kam es schließlich zur Bil­ den wir auf einem gestickten Wollteppich aus Island stätte begraben zu werden. Welche Wege der Leichen ­ dung des Klosters Liguge. Es war das erste Kloster auf vom 13.Jahrhundert un d einem Zyklus mit Szenen der wagen auch immer einschlug, stets begannen die Wie­ gallischem Boden und Martin wurde schließlich zum Martinslegende vom 15.Jahrhundert. Walter Niggführt sen zu grünen und zu blühen , als wäre es Früh ling, ob­ Patriarchen der Mönche von Gallien. Es ist nicht be­ in seinerArbeit über Martin nicht wen iger als zeh n sol­ wohl dies im November geschah. Die Berichterstattung .' kannt, nach welcher Regel die Mönche gelebt haben. cher Legenden und Wunder auf. erreicht hier ihren legendären Höhepunkt. Tausende Wahrscheinlich gab Martin Anweisungen und war sei­ Zur Zeit Martins herrschte in Gallien immer noch das von Klerikern, Mönchen und Laien wohnten am 11. ne Person ihnen Norm. Nach ihm richteten die Brüder Heidentum. Es gab überall Tempel, in denen man den Novem ber 397 dem Begräbnis bei. Das Geleitete glich sich aus. Das Kloster überlebte seinen Gründer über Götzen opferte. Bischöflicher Auftrag war es, Gallien einem wahre n Trium phzug un d hob nochmals die Be­ Jahrhunderte. Erst 1880wurde das Kloster aufgehoben. missionierend zu durchziehen. Es wird bericht et: "Er liebtheit des Bischofs von Tours hervo r. Heute sind nur noch ganz dürftige Ruinen erhalten. verhielt sich keineswegs duldsam gegenüber den zah l- Fort set zung folgt Seite 1535 Heimatkundliche Blätter Dezember 2006

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DAS AKTUELLE BUCH , Zisterzienser und loipenspaß Neue Bücher von der Geschichte bis zum Sport - Von Daniel Seeburger Wer einen kleinen Ausflug ins Kloster Bebenhause n Heuberg. Ein Führer zu Kultur, Geschichte und Na­ machen will, sollte sich vorher den prächtigen Bild­ tur" von Karin Gessler und Iörg Becker wechseln wir band"Bebenhausen- Kloster und Schl oss" von Nikola von der Heimatgesc hichte in die Sparte Kulturführer. Hild und Katharina Hild zu Gemüte führen. Die Lektü ­ Und wir wechseln in die Nachbarlandkreise RottweiI, re dieses im Tübinger Silberburg Verlag erschienen Tuttlingen und den Schwarzwald-Baar-Kreis. Der Le­ Werks lohnt sich ganz außerordentlich. Man wird mit ser wird überrascht sein, was es in diesen drei Land­ offenen Augen durch die alte Klosteranlage gehen. kreisen so alles gibt, das man noch nicht kennt. Neh ­ Zum einen besticht der 130 Seiten starke Band durch men wir Rottweil. Der Turm der Kapellenkirche ist Die Autoren dieser Ausgabe: seine Übersichtlichkeit. So wird Geschichte im moder­ wohl bekannt. Wer aber weiß, dass die drei großen nen Layout präsentiert. Aber auch inhaltlich gehen Ni­ Tympana, die Mariä Verkündigung, die Geburt Christi Dr, Karl Eugen Maulbetsch kola und Katharina Hild modern ans Werk - nicht die und das Weltgericht zum Thema haben, die kleinen Am Stettberg 9 geringste Spur von staubiger Geschichtsrnuffigkeit. Tympana mit dem Braut-und dem Buchreliefsowie 27 72336 Balingen Flott geschrieben, aber keineswegs flapsig, bekommt frei stehenden Figuren der größte zusammenhängen• der Leser einenÜberblick überdas mittelalterlich Klos­ de Zyklus im Schwaben des 14. Jahrhunderts ist? Herbert Friedrich terwesen im allgemeinen und in die Zisterzienser in Mit solchen Details überrascht das reich bebilderte Schloßbergstraße 23 Bebenhausen im speziellen. Auch die Zeit nach der Re­ und vor allem übersichtliche Werk immer wieder. Ein 72458 Albstadt-Ebingen formation kommt nicht zu kurz, gen au so wie Beben­ großer Vorteil: Nicht nur die "großen" Städte kommen hausen als Domizil des letzten württembergischen Kö• zu ihrem Recht. Auch kleine Kostbarkeiten, abseits der Dr. Klaus Peter Dannecker nigs. Der Leser erhält, und das ist bishereinmalig in der großen Straßen finden Beachtung- und lohnen es, ent­ Theologische Fakultät Trier einschlägigen Literatur, einen tiefen Einblick ins Pri­ deckt zu werden. Zum Beispiel die leuchtenden Glas­ Deutsches Liturgisches Institut vatleben des Monarchen. Aber auch aufdie demokrati­ fenster von Albert Birkle in der Dorfkirche St. Gallus in Weberbach 72a sche Tradition geht das Werk ein . War Bebenhausen Wilflingen oder die Burgruine Lichtenfels bei Glatt. 54290 Trier von 1946 bis 1952 doch Sitz des Landtags von Württem• Doch nicht nur für historisch Interessierte ist das 215 berg-Hohenzollern. Ein prächtiges Buch. Unser Buch Seiten starke Buch unentbehrlich. 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Für Skibegeisterte, die es jetzt kaum noch in Herausgegeben von de r Leben des Bohemien und Musikliebhabers von 1848 den eigenenvier Wänden hält, gibt es jetztein schmales Heimatkundlichen Vereinigung bis zu seinem Tode. Nach den Revolutionswirren 1848/ Bändchen im Tübinger Silberburg-Verlag, das das Zollernalb 49 verließ Friedrich-Wilhelm Constantin Hechingen, Warten auf den Schnee etwas erträglicher macht. Vorsitzender: dankte ab und siedelte ins schlesische Löwenstein "Langlaufen in Baden-Württemberg" heißt das Buch . Christoph Roller, Am Heuberg 14, über. Die Herrschaft übernahm sein Vetter, der preuß• Ralph Hahn stellt 80 Loipen für Anfänger und Geübte 72336 Balingen, Telefon (07433) 77 82 ische König Friedrich Wilhelm IV. Friedrich-Wilhelm im Ländle vor. Dabei fehlen die Loipen aufder Schwä­ Constantin galt fortan in Schlesien als großer Förderer bischen Alb genau so wenig wie Touren im Allgäu, im Geschäftsführung: der Musik. Besonders Franz Liszt, Richard Wagner und Schwarzwald und im Schwäbisch-Fränkische n Wald. Erich Mah ler, Mörikeweg 6, Hector Berlioz lagen ihm am Herzen. Dazu gibt es praktische Tipps für den Langläufer, der 72379 Hechingen Hakenmüller schreibt sehr geläufig und leicht ver­ seine Leidenschaft gewissenhaft betreibt. Aber auch Telefon (07471) 15540 ständlich, vermitteltdie historischen Fakten lesbar und Anfänger werden nicht vergessen. Von der Wahl der E-Mail: [email protected] durchaus spannend. Wer Interesse an der Heimatge­ Technik bis zum geeigneten Ski werden dem Neuling Redaktion: schichte hat, kommt an dieser Biographie nicht vorbei. viele Hilfestellungen gegeben. Und damit das Apres­ Daniel Seeburger, Grünewaldstraße 15, Mit dem im Tübinger Silberburg-Verlag erschiene­ Ski genau so lustig wird, dürfen auch die Einkehrtipps 72336 Balingen, Telefon (0 74 33) 2 66-153 nen Buch "Die Region erleben: Schwarzwald-Baar- entlang der Loipe nicht fehlen.