Einheimische Musik in den Schweizer Radioprogrammen
Fakten und Einschätzungen aus den Redaktionen
Ein Medienforschungsprojekt von Frank Hänecke
im Auftrag des Schweizer Musikrats
Dritte, um ein Nachtrag von 2001 ergänzte Auflage
Frank Hänecke, 1997
Diese Studie entstand im Auftrag des Schweizer Musikrats. Unterstützt wurde sie von dieser Stelle sowie aus dem Fonds für Medienforschungsprojekte des Bundes- amtes für Kommunikation, von der Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft, der SUISA-Stiftung für Musik, der Schweizerischen Interpretengesellschaft und dem Erziehungsdepartement des Kantons Aargau.
Diesen Stellen sei für Ihre Mithilfe in aller Form gedankt.
Ein Dankeschön geht auch an die befragten Sender und Personen sowie die Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke und die Publica Data AG. Ohne deren Auskunftsbereitschaft wäre ein Projekt dieser Art undenkbar gewesen.
Der Schweizer Musikrat (gegründet 1964) mit Sitz in Aarau ist der Dachverband der nationalen Musikverbände und Organisationen und gleichzeitig die schweizerische Sektion des Internationa- len Musikrates der UNESCO. Er versteht sich als aktive kulturpolitische Kraft und sucht die Zu- sammenarbeit mit den politischen Behörden und zuständigen Organisationen, ausserdem leistet er einen wichtigen Informationsaustausch. Der SMR fördert „alle Anstrengungen zur Schaffung eines positiven Klimas für die Musik in der Schweiz“ und setzt sich besonders für die Präsenz des schweizerischen Musikschaffens im In- und Ausland ein. Der Schweizer Musikrat hat massgeblich dazu beigetragen, dass die an einer Besserstellung der einheimischen Rockmusik interessierten Kreise ein Forum fanden. Gemeinsam mit dem SMR wurden in den vergangenen Jahren ver- schiedenste Vorstösse unternommen, etwa jener zur Anhebung des Anteils der Schweizer (Rock-)Musik am Radio oder die Petition zu mehr Rock und Pop am TV-DRS. Des weiteren er- möglicht der Schweizer Musikrat die fortlaufende kulturpolitische Auseinandersetzung und prakti- sche Arbeit verschiedener Arbeitsgruppen und Diskussionsgremien.
Frank Hänecke befasst sich als freier Medienwissenschaftler und Journalist seit Jahren mit der Thematik. 1991 verfasste er seine Dissertation zum Thema ‘Rock-/Pop-Szene Schweiz. Untersu- chungen zur einheimischen Rock-/Pop-Musik im Umfeld von Medien, Markt und Kultur’. Frank Hänecke ist Ko-Autor des Schweizer Rockhandbuches ‘Action Rock-Guide’ sowie Chefredaktor der Fachzeitschrift Swiss Music News (www.swiss-music-news.ch). Kontaktadresse: Frank Hänecke, Am Bach 18, 8352 Schottikon. Tel.: 052-363 20 24; Fax: -25 [email protected] Inhaltsverzeichnis
Teil I: Projektbeschreibung, Rahmenbedingungen, Grundlagen 1. Ausgangslage ...... 1 2. Zielsetzung der Erhebung ...... 2 3. Datenerhebung: Vorgehen; Einschränkungen...... 2 3.1 Senderbefragung ...... 3 Fragenkatalog ...... 4 3.2 Musikprogrammanalyse im Stichprobenmonat Juni ’96 ...... 6 3.3 Redaktionelle Analyse im Stichprobenmonat Juni ’96 ...... 8 4. Musik im übergeordneten Bezugsrahmen ...... 9 5. Daten zum Tonträgermarkt Schweiz...... 16 6. Radiolandschaft Schweiz...... 18 7. Radio-Nutzungsziffern: Hörerzahlen 1995/1996 ...... 20 8. Positionierung im Medienradar (Demoscope)...... 25 9. SUISA-Erhebungen zur einheimischen Musik ...... 25
Teil II: Senderspezifische Darstellung Radio Aktuell...... 2 Radio Argovia ...... 12 Radio Basilisk ...... 20 Radio Berner Oberland (BeO) ...... 29 Radio Canal3 ...... 39 Radio Edelweiss ...... 48 Radio Eulach...... 57 Radio ExtraBERN ...... 67 Radio Förderband...... 77 Radio Gonzen/Rheintal...... 87 Radio Grischa ...... 94 Radio LoRa (ALR)...... 104 Radio Munot...... 111 Radio Pilatus...... 120 Radio Z ...... 130 Radio 24...... 136 Radio 32...... 145 Radio Schwyz ...... 154 Radio Sunshine...... 162 Radio Thurgau (RTG plus) ...... 170 Radio Wil ...... 177 Radio Zürisee...... 184 Radio Eviva...... 194
Teil III: Senderauswertungen SR DRS Allgemeines zu Schweizer Radio DRS ...... 1 DRS 1: Befragungsresultate ...... 9 DRS 1: Musikprogramm-Auswertung Juni 1996 ...... 23 DRS 1: Redaktionelle Beiträge zu einheimischer Musik im Juni ’96 ...... 24 DRS 2: Befragungsresultate ...... 29 DRS 2: Musikprogramm-Auswertung Juni 1996 ...... 37 DRS 2: Redaktionelle Beiträge im Juni ‘96...... 39 DRS 3: Befragungsresultate ...... 40 DRS 3: Musikprogramm-Auswertung Juni 1996 ...... 53 DRS 3: Redaktionelle Beiträge, Juni ‘96...... 53
Teil IV: Themenspezifische Auswertung 1. Marktanteile 1996...... 1 2. Tagesreichweite 1996...... 2 3. Umsatz 1995, Budget 1996...... 2 4. Redaktionelle Ressourcen ...... 3 4.1 Musikredaktionelle Ressourcen ...... 3 5. Musikanteil allgemein...... 5 5.1 Musikanteil über 24 Stunden...... 5 5.2 Musikanteil im Tagesprogramm...... 6 6. Berücksichtigung von Schweizer Musik im Musikkonzept...... 7 7. Erhebung von Publikumsbedürfnissen ...... 9 8. Beurteilung des Publikumsbedürfnisses nach einheimischer Musik ...... 10 9. Musikzufriedenheit ...... 12 10. Interviews im Programm ...... 13 11. Schweizer Specials im Programm ...... 17 12. Anteil einheimischer Musik im Programm...... 20 12.1 Musikanteil: Zusätzlicher Spielraum für Schweizer Musik ...... 22 13. Programmanalyse: CH-Musik im Juni 1996...... 25 14. Redaktionelle Beiträge zu einheimischer Musik im Juni ‘96 ...... 31 15 Musikarchiv ...... 33 16. Aktuelles nationales Repertoire: Verfügbarkeit, Beurteilung...... 35 17. Beurteilung der Informationspraxis der Anbieter...... 41 18. Umgang mit einheimischer Musik: ‘CH-Bonus’...... 43 19. Effektive Förderung einheimischer Musik durch die Sender ...... 45 19.1 Vorgeschlagene Förderungsmassnahmen im Umfeld ...... 48 20. Senderinterne Massnahmen zur Steigerung der CH-Quote ...... 51 21. Einschätzungen zu einer (hypothetischen) Quotenregelung...... 53
Teil V: Zusammenfassung
Nachtrag April 2001
Quellenverzeichnis
Projektbeschreibung, Grundlagen
Teil I: Projektbeschreibung, Rahmenbedingungen, Grundlagen
1. Ausgangslage
Die „angemessene“ oder „ausreichende“ Berücksichtigung von schweizerischen Kulturleistungen in den elektronischen Medien bleibt aus den verschiedensten Gründen (von staats- bis kultur- und medienpolitisch) ein immer wieder vorgebrachtes Anliegen. Den Forderungen nach noch mehr Musik eigener Provenienz, insbesondere aus dem Genre Rock/Pop stellen Sender eine Reihe von Argumenten, nur sehr selten aber Fakten gegenüber. In der Diskussion mangelt es zu häufig an konkreten Anhaltspunkten über die effektive Höhe des – wie auch immer zu beurteilenden – An- teils des einheimischen Repertoires. Mit der vorliegenden Auswertung soll hier eine Lücke geschlossen werden. Dies ist ganz unab- hängig vom Standpunkt ein Gebot der Transparenz, der Sachlichkeit. Andererseits könnten mit konkreten Daten natürlich Argumentationen untermauert oder aber entkräftet werden, die unge- rechtfertigterweise Missstände beklagen, auf Wunschdenken beruhen oder die sonst nicht über- prüft werden können. In diesem Sinne handelt es sich beim Projekt um eine Bestandsaufnahme, um den Versuch, Grundlagen für eine praxiswirksame Reflexion und weitere Diskussionen zu lie- fern. Benachteiligungshypothese und die rechtlichen Bestimmungen Es ist eine Binsenwahrheit, dass Musik in den meisten Radios eine dominante Stellung einnimmt. Sowohl bei den Privatsendern als auch bei den Sendern der SGR liegt der Musikanteil insgesamt zwischen 60 und 90 Prozent. In dieser Studie wird hinterfragt, wieweit die Sender zur Erreichung ihrer Ziele (vor allem: Einschaltquoten, Hörerbindung, Lokalbezug, Befriedigung von Publikums- bedürfnissen, Information, Unterhaltung) auf einheimisches Musikgut zurückgreifen. Aus den bis- herigen Diskussionen und Vorstössen wird klar, dass zu diesem Punkt immer wieder Kritik auf- kommt. In der Debatte stehen den Zielen der Medienunternehmen die Ansprüche von Kulturschaf- fenden respektive der gesamten Musik-Anbieterseite (Produzenten, Veranstalter usw.) gegenüber. Es wird hierzu immer wieder angemerkt, dass den einheimischen Interpreten eine enorme interna- tionale Konkurrenz gegenüberstehe. Weniger bekannte Künstler aus unseren Regionen hätten es schwerer, mit ihren Stücken Berücksichtigung zu finden als die populären ausländischen Bands – trotz des Gebots, lokales und nationales Musikschaffen besonders zu berücksichtigen. Wie steht es um dieses Gebot? Eine klare Quote einheimischer Produktionen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sie lässt sich auch nicht ableiten. Im Abschnitt ‘Auftrag’ bei den ‘Grundsätzen’ des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen heisst es lediglich, dass das schweizerische Kul- turschaffen durch Radio und Fernsehen insgesamt zu fördern sei (RTVG Art. 3). Grundsätzlich sind die Medienveranstalter in der Gestaltung der Programme jedoch frei (RTVG Art. 5). Hingegen werden rsp. wurden bei der Konzessionierung der Privatstationen „Bewerber bevorzugt, deren Programme den grössten Anteil an Eigenproduktionen aufweisen und am meis- ten zur Vielfalt der Information oder Kultur beitragen und den stärksten Bezug zum Versorgungs- gebiet haben“ (Art. 11). Etwas konkreter sind die Bestimmungen beim spezifischen Auftrag an die lokalen und regionalen Radioprogramme: „Lokale und regionale Veranstalter berücksichtigen in
Teil I, Seite 1 Projektbeschreibung, Grundlagen ihren Programmen vorrangig die Eigenheiten des Versorgungsgebietes. Sie leisten einen Beitrag a) zur Meinungsbildung über Fragen des lokalen und regionalen Zusammenlebens; b) zur Förde- rung des kulturellen Lebens im Versorgungsgebietes“ (RTVG Art. 21). Die SRG wiederum ist an einen Leistungsauftrag gebunden, der unter anderem einen Beitrag „zur kulturellen Entfaltung, namentlich durch die möglichst breite Berücksichtigung schweizeri- scher Eigenleistungen“ umfasst (Art. 26). Es erscheint grundsätzlich als eine Auslegungssache, ob die privaten und quasi öffentlich- rechtlichen Programmanbieter einem so pauschalen, nicht konkretisierten ‘Auftrag’ ausreichend nachkommen. Immerhin ist es ja denkbar, dass die Sender den gesetzlichen Bestimmungen ge- nüge tun, ohne ein einziges Schweizer Musikstück zu programmieren (weil sie zum Beispiel ande- re Kulturleistungen im Sinne des Gesetzes erbringen). Es fehlten bis anhin aber konkrete Anhaltspunkte, die eine Beurteilung dieser spezifischen Me- dienleistung überhaupt zuliessen. Wie gesagt, ist es ein Hauptanliegen dieser Untersuchung, hier- zu - soweit unter den gegebenen Bedingungen möglich - Grundlagen zu liefern. Im übrigen wird auch geklärt, was die Verantwortlichen der befragten Sender von einer klareren gesetzlichen Ver- ankerung des obengenannten Gebotes halten, also einer den hiesigen Verhältnissen angepassten Quotenregelung.
2. Zielsetzung der Erhebung
Forschungsziel ist erstens die möglichst präzise Ermittlung des Anteils einheimischer Musik in den Programmen der schweizerischen Lokalradios, zweitens – als Vergleichsgrösse – in den DRS- Radios sowie drittens die Gewinnung weiterer relevanter Fakten und Meinungen zu diesem häufig problematisierten Bereich. Neben dem eigentlichen quantitativ-empirischen Vorgehen soll erhoben werden, wie die Stationen mit schweizerischer Musik umgehen, unter welchen Bedingungen solche Musik ins Programm gelangt, wo und warum hierbei allenfalls Hindernisse bestehen, welche Unterschiede zur Pro- grammierung sonstiger (internationaler) Titel auszumachen sind, wie die Sender sowohl Angebot als auch Nachfrage nach schweizerischer Musik beurteilen und schliesslich welche Möglichkeiten allenfalls zu einer besseren Berücksichtigung führen könnten. Der Einsatz von Musik soll also nicht isoliert betrachtet werden, sondern es ist auch von Interesse, welche publizistischen Funktionen, welche kulturelle und wirtschaftliche Auswirkungen damit ver- bunden sind. Die Fragestellung reduziert sich nicht auf den Umgang mit Tonkonserven, sondern will einbeziehen, dass die schweizerische, regionale und lokale Musik immer auch das Resultat eines kreativen künstlerischen Prozesses darstellt, dass damit also nationale, kulturelle Identitäten aufgegriffen und vermittelt werden. Schliesslich ist das nationale Musikrepertoire nicht nur Füllstoff für ein Begleitprogramm, sondern nicht selten (wie häufig?) Objekt der Berichterstattung, der un- terhaltenden Gespräche, ja der kommunikativen Auseinandersetzung schlechthin.
3. Datenerhebung: Vorgehen; Einschränkungen
Zur Beantwortung der Fragen wurden verschiedene Quellen genutzt. Der gewählte Ansatz lässt sich als als quantitativ-qualitativ, multimethodisch umschreiben. Ein Grossteil der Resultate basiert auf der direkten persönlichen Befragung von Verant- wortlichen der Sender.
Teil I, Seite 2 Projektbeschreibung, Grundlagen