Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3746 16. Wahlperiode 21. 03. 2018

Kleine Anfrage des Abg. Andreas Glück FDP/DVP und

Antwort des Ministeriums für Verkehr

Elektrifizierung der Bahnstrecke Albstadt––Aulendorf

Kleine Anfrage

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der aktuelle Sach- und Planungsstand bei der Elektrifizierung der Bahn- strecke Albstadt–Sigmaringen?

2. Wie ist der aktuelle Sach- und Planungsstand bei der Elektrifizierung der Bahn- stecke Sigmaringen–Aulendorf?

3. Wie bewertet sie die aktuelle Anbindung des Landkreises Sigmaringen an die Städte Tübingen und sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum ?

4. Welche Auswirkungen erwartet sie durch eine Elektrifizierung der Bahnstrecke Albstadt−Sigmaringen in Bezug auf die Anbindung des Landkreises Sigmarin- gen an die Städte Tübingen und Reutlingen sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum Stuttgart?

5. Welche Auswirkungen erwartet sie auf die Anbindung des Landkreises Sigma- ringen an die Städte Tübingen und Reutlingen sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum Stuttgart, wenn es nicht bzw. erst später zu einer Elektrifi- zierung der Bahnstrecke Sigmaringen–Aulendorf kommt?

6. Teilt sie die Auffassung der PTV Transport Consult (), die in ihrem Gutachten „Schienenverkehr im Landkreis Sigmaringen“ zu der Einschätzung kommt, dass die Strecke Sigmaringen−Aulendorf im Gegensatz zur Strecke Stuttgart−Tübingen–Sigmaringen keine oberste Priorität „für eine schnelle und gute Erreichbarkeit der großen Zentren“ und für den „Anschluss an den über- regionalen Verkehr“ habe?

Eingegangen: 21. 03. 2018 / Ausgegeben: 26. 04. 2018 1 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich- abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 3746

7. Plant sie weiterhin eine durchgehende Zugverbindung zwischen Aulendorf und Stuttgart zu gewährleisten, auch wenn der neue Hauptbahnhof in Stuttgart in Betrieb ist?

8. Wenn ja, wie möchte sie eine solche Verbindung gewährleisten?

9. Ist sie der Meinung, dass sogenannte Hybridfahrzeuge sinnvoll wären, um eine durchgehende Verbindung zwischen Aulendorf und Stuttgart zu ermögli- chen, wenn der neue Hauptbahnhof in Betrieb ist?

10. Welche zusätzlichen Kosten würde der Einsatz solcher Hybridfahrzeuge im Vergleich zu strombetriebenen Fahrzeugen verursachen?

21. 03. 2018

Glück FDP/DVP

Begründung

Die Schwäbische Zeitung berichtete am 19. März 2018, dass die Elektrifizierung der Bahnstrecke Albstadt–Sigmaringen von der Landesregierung deutlich früher forciert werde als die Elektrifizierung der Bahnstrecke im weiteren Verlauf zwi- schen Sigmaringen und Aulendorf. Diese Kleine Antrage soll zur Klärung des Sach- und Planungsstands sowie der erwarteten Auswirkungen beitragen.

Antwort

Mit Schreiben vom 16. April 2018 Nr. 3-3822.0-00/1951 beantwortet das Ministe- rium für Verkehr die Kleine Anfrage wie folgt:

1. Wie ist der aktuelle Sach- und Planungsstand bei der Elektrifizierung der Bahn - strecke Albstadt–Sigmaringen?

2. Wie ist der aktuelle Sach- und Planungsstand bei der Elektrifizierung der Bahn - stecke Sigmaringen–Aulendorf?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam be- antwortet: Die Elektrifizierung von noch nicht elektrifizierten Strecken und SPNV-Leistun- gen ist für die Landesregierung ein wichtiges Ziel, das auch im Koalitionsvertrag verankert ist. Um den derzeitigen Elektrifizierungsgrad von rund 60 Prozent zu verbessern, hat sich die Landesregierung zur Aufgabe gemacht, ein Elektrifizie- rungskonzept zu erarbeiten. Damit sollen Lösungen entwickelt werden, wie die SPNV-Leistung in Baden-Württemberg schrittweise und nachhaltig elektrisch er- bracht werden kann. Sowohl der Streckenabschnitt zwischen Albstadt–Sigmaringen auf der Zollern - albbahn als auch der Streckenabschnitt zwischen Sigmaringen–Aulendorf sind derzeitig nicht elektrifiziert. Einer Anmeldung zum BVWP 2030 ist der Bund nicht nachgekommen. Aktuell wurde seitens des Verkehrsministeriums ein Elek- trifizierungskonzept für die Schienenwege in Baden-Württemberg veröffentlicht. Dort werden auch die genannten Streckenabschnitte berücksichtigt. Ungeachtet dessen ist die Finanzierung der Maßnahmen zu klären. Das Land sieht den Bund hierbei in der Verantwortung.

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3. Wie bewertet sie die aktuelle Anbindung des Landkreises Sigmaringen an die Städte Tübingen und Reutlingen sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum Stuttgart?

Der Landkreis Sigmaringen ist aktuell zweistündlich direkt umsteigefrei mit der schnellen IRE-Linie an Tübingen, Reutlingen und Stuttgart angebunden. In den Stunden, wo der IRE nicht verkehrt besteht eine langsame Fahrtmöglichkeit mit der HzL nach Tübingen. Dort besteht Anschluss an den RE nach Stuttgart. Leider hat die mangelhafte Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit in den letzten Monaten durch DB Regio beim IRE zu Einschränkungen in der Qualität geführt. Daneben ist Sigmaringen stündlich mit Umstieg über an die Landeshaupt- stadt angebunden.

4. Welche Auswirkungen erwartet sie durch eine Elektrifizierung der Bahnstrecke Albstadt−Sigmaringen in Bezug auf die Anbindung des Landkreises Sigmarin- gen an die Städte Tübingen und Reutlingen sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum Stuttgart?

5. Welche Auswirkungen erwartet sie auf die Anbindung des Landkreises Sigma- ringen an die Städte Tübingen und Reutlingen sowie an die Landeshauptstadt und den Großraum Stuttgart, wenn es nicht bzw. erst später zu einer Elektrifi- zierung der Bahnstrecke Sigmaringen–Aulendorf kommt?

Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam be- antwortet: Ohne eine Elektrifizierung des Abschnitts Albstadt–Sigmaringen wäre aus heuti- ger Sicht keine umsteigefreie Verbindung mehr nach Stuttgart möglich, wenn der Tiefbahnhof Stuttgart 21 in Betrieb gegangen ist. Daher unterstützt das Land Überlegungen zur Elektrifizierung der Strecke Albstadt–Sigmaringen. Zunächst müssen allerdings die Planungen zur Elektrifizierung des Abschnitts Tübingen– Albstadt im Rahmen des Projekts Regionalstadtbahn Neckar-Alb umgesetzt wer- den. Nach Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Stuttgart–Wendlingen–Ulm wird zukünftig der schnellste Weg von der Kreisstadt Sigmaringen in die Landes- hauptstadt Stuttgart jedoch über Ulm führen. Eine eventuelle Elektrifizierung der Strecke Aulendorf–Sigmaringen hat hingegen nur bedingt Auswirkung auf die ak- tuell durchgehende Linie zwischen Aulendorf und Stuttgart bzw. dem Großraum Stuttgart. Dann ist vorgesehen, nach Fertigstellung der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm und Stuttgart 21 einen schnellen durchgehenden Regional- express zwischen Stuttgart und Lindau über Ulm und Aulendorf anzubieten, wo- mit sich für den östlichen Teil des Landkreises Sigmaringen auch attraktive und deutlich schnellere Umsteigeverbindungen über Aulendorf nach Stuttgart ergeben werden.

6. Teilt sie die Auffassung der PTV Transport Consult (Karlsruhe), die in ihrem Gutachten „Schienenverkehr im Landkreis Sigmaringen“ zu der Einschätzung kommt, dass die Strecke Sigmaringen−Aulendorf im Gegensatz zur Strecke Stuttgart−Tübingen–Sigmaringen keine oberste Priorität „für eine schnelle und gute Erreichbarkeit der großen Zentren“ und für den „Anschluss an den überregionalen Verkehr“ habe?

Das Gutachten wurde nicht vom Verkehrsministerium in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse können deswegen nicht abschließend bewertet werden. Generell setzt sich das Verkehrsministerium für einen flächendeckend und gut ausgebauten Nahverkehr mit Anbindungen an den überregionalen Verkehr in die Ballungszentren ein. Dabei wird auch versucht, Bahnstationen mit geringem Fahr - gastaufkommen zu berücksichtigen. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass nicht jede Station eine Direktverbindung an die Ballungsräume haben kann. Ein integrales Taktsystem, wie es in Baden-Württemberg größtenteils umgesetzt ist, baut immer auch auf systematischen Umsteigeverbindungen auf.

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7. Plant sie weiterhin eine durchgehende Zugverbindung zwischen Aulendorf und Stuttgart zu gewährleisten, auch wenn der neue Hauptbahnhof in Stuttgart in Betrieb ist?

8. Wenn ja, wie möchte sie eine solche Verbindung gewährleisten?

9. Ist sie der Meinung, dass sogenannte Hybridfahrzeuge sinnvoll wären, um eine durchgehende Verbindung zwischen Aulendorf und Stuttgart zu ermöglichen, wenn der neue Hauptbahnhof in Betrieb ist?

Die Fragen 7, 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet: Die Planungen des Projekts Stuttgart 21 sehen vor, die IRE-Linie von Aulendorf über Sigmaringen nach Stuttgart nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 in Tü- bingen zu brechen. Damit müssten die Reisenden umsteigen. Grund dafür ist das Verbot, mit Verbrennungstriebwagen in den neuen Tiefbahnhof Stuttgart Haupt- bahnhof einzufahren. Aktuell steht noch nicht endgültig fest, wie das zukünftige Betriebskonzept ab 2025 mit Stuttgart 21 aussehen soll. Klar ist nur, dass die bis- herigen Planungen im Nahverkehr aufgrund gegenüber dem Stresstest veränderter Konzepte von DB Fernverkehr neu justiert werden müssen. Soweit eine Elektrifi- zierung der Strecken realisiert werden kann, ist auf jeden Fall eine durchgängige Verbindung vorgesehen. Hybridfahrzeuge sind derzeit noch nicht Stand der Tech- nik, sodass zu ihrer Tauglichkeit für diesen Ansatz noch keine Aussagen getroffen werden können.

10. Welche zusätzlichen Kosten würde der Einsatz solcher Hybridfahrzeuge im Vergleich zu strombetriebenen Fahrzeugen verursachen?

Die Mehrkosten für Hybridfahrzeuge sind stark von der zukünftigen Technik der Fahrzeuge, dem Elektrifizierungsgrad der Strecke und dem Verkehrsangebot ab- hängig. Daher ist eine pauschale Aussage über Mehrkosten derzeit nur sehr be- grenzt möglich. Die Anschaffungskosten gegenüber einem rein elektrisch betrie- benen Fahrzeug sind etwa 35 bis 45 % höher.

Hermann Minister für Verkehr

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