ON IN EUROPA

DU/CSU Gruppe Europäischen Pariamen

Nummer 1 • 14. September 2000 • www.cdu-csu-ep.de

Liebe Leserinnen, Liebe Leser, Europa verändert sich. Die Europäische Union wird im kommenden Jahr- zehnt ihre vertraglichen Grundlagen - insbesonde- re ihre Entscheidungsme- chanismen - reformieren, neue Mitglieder aufneh- men und eine schärfere Kompetenzabgrenzung zu den Mitgliedstaaten vorzu- nehmen haben. Das Europäische Parlament, Inhalt „Sprachrohrund langer Arm" der Bürgerinnen und Bür- ger, wird diesen Prozeß entscheidend mitgestalten. Interview mit Wir, die 53 Mitglieder der CDU/CSU-Gruppe im Eu- Hans-Gert Pöttering ropäischen Parlament, treten dafür ein, daß Europa Seite 2 näher an die Bürgerinnen und Bürger heranrückt. Des- wegen wollen wir die Öffentlichkeit und die Verant- : wortlichen in den Unionsparteien regelmäßig über un- EU-Regierungskonferenz sere Arbeit im Europäischen Parlament, unsere politi- Seite 4 schen Ziele und das aktuelle Geschehen unterrichten. „Union in Europa", unserneues Informationsangebot, Ingo Friedrich: das Sie künftig in jedem zweiten UiD-Heft finden wer- EU-Grundrechtecharta den, soll dazu einen Beitrag leisten. Seite 5 : ff. k/aw^-ci oa Einwanderungspolitik Seite 7 MdEP MdEP Vorsitzender Co-Vorsitzender INTERVIEW

Europäisches Parlament stärken DER VORSITZENDE DER EV P - E D - FR A KT I O N HANS-GERT PöTTERING IM GESPRäCH üBER DIE INSTITUTIONELLE REFORM DER EUROPäISCHEN UNION

UiE: Herr Professor Pöt- politische Kernfragen tering, der französische muß noch stärker Staatspräsident Jac- in den Mittelpunkt der ques Chirac hat in seiner Arbeit rücken und so Rede vor dem Deut- die politischen Alterna- schen Bundestag gefor- tiven für die Bürgerin- dert, die Europäische nen und Bürger deutli- Union müsse demokrati- cher herausarbeiten. scher werden. Welche Nur so kann der Bürger Rolle sollte das Europäi- die Arbeit des Parla- sche Parlament bei einer ments beurteilen und ei- weiteren Demokratisie- ne begründete politi- rung der EU einnehmen? Prof. Dr. Hans-Gert sche Wahl treffen. Pöttering MdEP Pöttering: Das Europäi- UiE Durch die geplante sche Parlament ist die direkt gewählte Osterweiterung wird die EU voraus- Vertretung von über 370 Mio EU-Bürge- sichtlich auf 27 oder mehr Staaten an- rinnen und Bürgern. Schon heute ist es wachsen. Wie müssen die europäi- weitgehend gleichberechtigt mit dem schen Institutionen reformiert werden, Ministerrat am EU-Gesetzgebungspro- um die Handlungsfähigkeit der Union zeß beteiligt, es kontrolliert die EU-Kom- nach der Erweiterung sicherzustellen? mission als Exekutive, es beschließt ge- meinsam mit dem Ratdie Ausgaben des Pöttering: Vorrangig muß die qualifi- EU-Haushaltes und ohne seine Zustim- zierte Mehrheitsentscheidung im Mini- mungkann die EU keine internationalen sterrat ausgeweitet werden - übrigens Verträge abschließen. Diese parlamen- auch im Bereich der Außen- und Si- tarischen Rechte müssen weiter aus- cherheitspolitik -, denn solange Ent- gebaut werden. So muß insbesondere scheidungen durch einzelne Mitglied- die Mitentscheidung in der Gesetzge- staaten blockiert werden können, kann bung auf alle Bereiche ausgeweitet und die Union in ihrer Handlungsfähigkeit für Änderungen des EU-Vertrages die lahmgelegtwerden. Wichtig ist auch die Zustimmung des Parlaments erforder- Neugewichtung der Stimmen im Mini- lich werden. Gleichzeitig muß das Eu- sterrat. Mehrheitsentscheidungen soll- ropäische Parlament aber auch politi- ten sowohl von der Mehrheit der Staa- scher arbeiten. Die Diskussion über ten als auch der Mehrheit der Bevölke-

2 • UNION IN EUROPA 1/2000 INTERVIEW

rung getragen werden. In der Kommis- lität auch heute noch eine realistische sion wird man eine Lösung dafür finden Grundlage. Die Einzelheiten einer sol- müssen, daß alle Länder politisch chen Verteilung müßten jedoch dann den durch einen Kommissar vertreten sind, gesamten Kontext der Erweiterung ohne daß dies zu einer Ausuferung der berücksichtigen. Bürokratie durch eine Vervielfältigung der Amtsbereiche führt. UiE: Im Dezember soll die Regierungs- Wichtig ist auch eine Stärkung des konferenz 2000 mit einem Gipfel in Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Nizza abgeschlossen werden. Bei wel- Die Europäische Union ist eine Rechts- chen Ergebnissen würden Sie die Re- gemeinschaft. Damit dieses Recht je- gierungskonferenz als Erfolg werten? doch von allen in gleicherweise geach- tet und eingehalten wird, muß der EuGH Das Mindestziel istdie Klärung angemessene Möglichkeiten haben, der drei folgenden Fragen: Ausweitung die Einhaltung des Gemeinschafts- der Mehrheitsentscheidung im Minister- rechts bei den Institutionen, aber auch rat unter gleichzeitiger Mitentscheidung bei den Mitgliedstaaten, einzufordern. des Europäischen Parlaments; die Neu- gewichtung der Stimmen im Ministerrat, In der Diskussion ist derzeit auch z. B. im Sinne einer „doppelten Mehr- die Neuverteilung der Sitze im Europäi- heit" der Mitgliedstaaten und der durch schen Parlament. Wie könnte eine Neu- diese Mitgliedstaaten vertretenen Mehr- verteilung aussehen, die sowohl die In- heit der Bevölkerung sowie die Zusam- teressen der großen als auch der klei- mensetzung der Kommission. Für einen nen Staaten berücksichtigt? wirklichen Erfolg wird die Regierungs- konferenz allerdings darüber hinaus We- ig: Natürlich muß die Sitzzahl ei- ge für die weitere Entwicklung aufzeigen nes Mitgliedsstaates im Grundsatz sei- müssen. Es sollten die Voraussetzungen nem Anteil an der Gesamtbevölkerung dafürgeschaffen werden, daß einige Mit- der Union entsprechen. Allerdings wird gliedstaaten sich zukünftig im Rahmen eine strenge Proportionalität dabei der Union und ihrer Institutionen zu einer schwer erreichbar sein. Eine Neuvertei- engeren Zusammenarbeit in bestimm- lung der Sitze - die im Zusammenhang ten Bereichen zusammenfinden können. mit der Erweiterung der Union notwendig Auch sollte bereits bei dieser Regie- werden kann - muß sich zunächst an ei- rungskonferenz ein Einstieg in eine kla- ner realistischen Obergrenze der Sitze rere Kompetenzabgrenzung zwischen orientieren, die auf 700 festgesetzt wur- den verschiedenen Ebenen im Sinne des de, und sie muß den kleinen Mitglieds- Subsidiaritätsprinzips erreicht werden. staaten eine Mindestzahl an Abgeordne- ten sichern, die die Repräsentation ver- Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering (CDU Nie- schiedener politischer Kräfte ermög- dersachsen), seit 1979 Mitglied des Eu- licht. Vermutlich ist das von Reinhold ropäischen Parlaments, ist Vorsitzender Bocklet schon 1992 vorgeschlagene der Fraktion der Europäischen Volkspar- Modell einer abgestuften Proportiona- tei-Europäische Demokraten (EVP-ED)

UNION IN EUROPA 1/2000 • 3 EU-REGIERUNGSKONFERENZ

ELMAR BROK: Europäische Union braucht Reformen

EIN KURZBERICHT ZUR EU-REGIERUNGSKONFERENZ

Die im Februar begon- Legitimation der EU - nene EU-Regierungs- und damit auch die Zu- konferenz zur Reform kunftsfähigkeit Europas des Vertrages von Am- - hängen entscheidend sterdam hat den Auftrag, von Fortschritten in die- die EU bis Ende 2002 er- sem Punkt ab. weiterungsfähig zu ma- Das in wichtigen Poli- chen . Wegen des zeitauf- tikfeldern geltende Ein- wendigen Ratifizierungs- stimmigkeitsprinzip verfahrens muß die Kon- führt bereits jetzt oft zu ferenz auf dem EU-Gipfel fragwürdigen Kompro- von Nizza im Dezember missen. Dabei wird bei abgeschlossen werden. Elmar Brok MdEP den Verhandlungen ex- Handlungsfähigkeit, de- akt definiert, daß z.B. mokratische Legitimation und Transpa- bei der Sozialpolitik die sozialen Si- renz können für die Erweiterung nur ge- cherheitssysteme als solche nicht in währleistet werden, wenn die diplomati- die EU-Kompetenz fallen oder daß bei schen Trockenübungen der ersten Mo- den Steuern nur die indirekten Steuern nate jetzt unter französischer und Fragen wie Doppelbesteuerungge- Ratspräsidentschaft in konkrete Ergeb- regelt werden. nisse münden. Qualifizierte Mehrheit im Rat und Bei den drei sogenannten Amster- gleichberechtigtes Mitentscheidungs- dam leftovers - dem verstärkten Über- recht des EP sollen nach Auffassung gang zur Beschlußfassung mit qualifi- des EP auf alle Bereiche mit Ausnahme zierter Mehrheit, der Zusammenset- derjenigen, die der Ratifikation durch zung und Größe der Kommission und nationale Parlamente bedürfen, aus- der Neugewichtung der Stimmen im gedehntwerden. Bisher gilt das nur für Rat- liegen die Meinungen noch eben- 80% der Gesetzgebung. Auch bei Er- soweit auseinanderwie in der Frage der nennungen und in der Außenhandels- Sitzverteilung im Europäischen Parla- politik sind entsprechende Änderun- ment. gen notwendig. Schlüsselfrage ist der Übergang zu Die Schwierigkeit bei den institutio- mehr Entscheidungen mit qualifizierter nellen Fragen rührt vor allem daher, Mehrheit in Verbindung mit dem Mit- daß diese direkt das Verhältnis zwi- entscheidungsrecht des Europäischen schen großen und kleinen Mitglied- Parlaments. Handlungsfähigkeit und staaten tangieren - entsprechend

4 • UNION IN EUROPA 1/2000 GRUNDRECHTECHARTA

schwierig ist die Suche nach einem „Zukunft" beschliessen, der das Man- Kompromiß. Dieser muß in jedem Fall dat für die Debatte über einen Verfas- das Gleichgewicht zwischen großen sungsvertrag der Europäischen Union und kleinen Staaten und den Institu- festschreibt. Für das Parlament habe tionen der Union herstellen. ich bereits unter der portugiesischen Und doch werfen bereits weitere Fra- Präsidentschaft einen solchen Artikel gen, die die künftige Gestalt der Eu- vorgeschlagen. Vorerst aber muß die ropäischen Union betreffen, ihre Konzentration und der politische Wille Schatten voraus. Insbesondere steht aller Beteiligten dem erfolgreichen Ab- die Frage der Konstitutionalisierung schluß der Regierungskonferenz von der Europäischen Union - einschließ- Nizza gelten. lich einer Regelung zur Kompetenzab- grenzung - im Raum. Nach Nizza wird Elmar Brok (CDU Nordrhein-West- darüber intensiv gesprochen werden falen) ist Vertreter des Europäischen müssen. Parlaments in der EU-Regierungskon- Schon die gegenwärtige Regie- ferenz. Er gehört dem Europäischen rungskonferenz sollte einen Artikel Parlament seit 1980 an.

INGO FRIEDRICH: Werteordnung für Europa GRUNDRECHTECHARTA STÄRKT LEGITIMATION DER EU

/ Mit der Schaffung samen Binnenmarkt über der Grundrechte- eine Währungsunion, charta ist in Europa eine über umfangreiche Kom- neue Diskussion darü- petenzen zur Rechtset- ber entbrannt, ob sich zung und sie besitzt Zu- die EU eine Verfassung ständigkeiten im Bereich y geben soll. Wichtiger der Außen- und Sicher- als die Verfassungsfra- heitspolitik. Viele weitere ge ist jedoch die Frage Politikbereiche sind heu- nach einem Grundrech- te praktisch mehr oder tekatalog, an dem die weniger „europäisiert" Bürger das Handeln der oder zumindest Gegen- EU messen können. Dr. Ingo Friedrich MdEP stand europäischer Poli- Die EU, die auf völker- tik. Die Grundwerte, die rechtlichen Verträgen basiert, ist längst einer gemeinsamen Politik auf diesen mehr als eine bloße Wirtschaftsgemein- Feldern zugrunde liegen, sollen in einer schaft. Sie verfügt neben dem gemein- europäischen Grundrechtecharta ge-

UNION IN EUROPA 1/2000 • 5 GRUNDRECHTE CHARTA sammelt und festgeschrieben werden. Schaftsstandortes Deutschland. So ist Eine geschriebene Grundrechtecharta die Forderung nach einem hohen Be- kann die Legitimation der Union stärken. schäftigungsniveau sicher ein anzustre- Sie mußden Bürgern Europas und der Welt bendes politischesZiel, das aber im Rah- sichtbar vor Augen führen, wofür die EU men der Charta nicht zu einem einklag- einsteht und auf welcherGrundlage sie ba- baren Grundrecht erhoben werden darf. siert. Für Deutsch- Ziel der neuen land ist das die christ- Grundrechtecharta Charta darf es nicht lich-abendländische sein, neue Zustän- Werteordnung. Die Staats- und Regierungschefs der digkeiten oder Die vorgesehene Europäischen Union (EU) haben am neue Aufgabenbe- Charta wird aus heu- 3./4. Juni 1999 in Köln den EU-Grun- reiche für die Ge- tiger Sicht mit einer drechtekonvent mit der Erarbeitung meinschaft zu öff- eines Entwurfs für eine EU-Grund- Präambel beginnen, nen. Siedarf nurAn- rechtecharta beauftragt. Dieses Gre- wendungauf die Ar- welche die wesentli- mium wird von Bundespräsident a.D. beit der Organe und chen Ordnungsprin- Prof. Roman Herzog geleitet und um- zipien der EU, De- faßt 62 Persönlichkeiten aus den 15 Institutionen der mokratie, Subsi- EU-Mitgliedstaaten. EU bei der Wahr- diarität, Solidarität nehmung der ihnen und christliche Wur- durch die Verträge zeln, enthalten sollte. In einem ersten übertragenen Rechte finden. Teil werden dann 30 „klassische Grun- DerWertderneuen Charta fürdie Bür- drechte", d.h. Freiheits- und Gleich- ger wird darin bestehen, daß in ihr die heitsrechte sowie politische Rechte for- geltenden Rechte und Grundrechte muliert. Dazu zählen zum Beispiel die übersichtlich zusammengefaßt sein Würde des Menschen, das Recht auf Le- werden. Die Vielzahl der Verfassungs- ben, das Verbot der Folter und die Reli- beschwerden in Deutschland zeigt, wie gionsfreiheit. wichtig es für Bürgerinnen und Bürger In einem zweiten Teil sollen Rechte ist, sich persönlich auf ihre Grundrech- und Grundsätzefürden Sozialbereich so- te berufen zu können, und wie viel Ver- wie gesundheits-, umweit- und verbrau- trauen sie in diese Garantien setzen. cherpolitische Grundrechte formuliert Darüberhinausgibtdie Charta auch ein werden. Hierzuzählen unteranderem Be- klares Signal an mögliche Beitrittskandi- rufsfreiheit, Recht auf Jahresurlaub, so- daten. Sie macht diesen deutlich, dass ziale Sicherheit und Unterstützung. Für sich die EU nicht nur auf die wirtschaftli- diesen Teil sind große Auseinanderset- chen Aspekte beschränkt, sondern daß zungen zu erwarten, weil die Aufzählung dahinter eine Wertegemeinschaft steht, derartiger Rechte einen weiteren Kom- die eine konkrete Botschaft hat. petenzsog auslösen kann. Die vielfach geforderte zusätzliche Verankerung so- Dr. Ingo Friedrich (CSU), seit 1979 MdEP zialer Rechte in der Charta birgt die Ge- und seit 1999 Vizepräsident des fahr der indirekten Kompetenzauswei- Europäischen Parlaments, gehört dem tung und der Verschlechterung des Wirt- EU-Grundrechtekonvent an.

6 • UNION IN EUROPA 1/2000 ASYLPOLITIK

EWA K LAMT: Asylpolitik europaweit regeln

SPD - EUROPAABGEORDNETE FALLEN SCHILY IN DEN RÜCKEN

Unverheiratete und Statt dessen hat die gleichgeschlechtli- Kommission als erste che Lebenspartner, Gesetzesinitiative ihren Großeltern und volljähri- unverantwortlichen Vor- ge Kinder von Asylanten schlag zur Regelung des und anderen Drittstaat- Familinennachzugs vor- lern, die sich in der EU gelegt. In diesem Teil- aufhalten, soll es in Zu- bereich fehlt es an kunft möglich sein, in grundlegendem statisti- die Europäische Union schen Material: Es ist nachzuziehen. Das bisher weder erfaßt wor- sieht ein Vorschlag der den, wieviel Zuwande- Europäischen Kommis- Ewa Klamt MdEP rung durch den Nachzug sion vor, dem die SPD- erfolgt, noch ist abzuse- Europaabgeordneten in der vergange- hen, wieviel Zuwanderung aus welchen nen Woche zu einer Mehrheit im Eu- Altersgruppen zu erwarten ist. ropäischen Parlament verholten ha- Die Kommission vermischt Einwan- ben. Sie sind damit ihrem eigenen derung aus wirtschaftlichen Gründen Genossen Schily in den Rücken gefal- mit Asyl. Aus humanitären Gründen ha- len. Der Bundesinnenminister vertritt ben sich die Staaten der EU die Ver- mit seinervernunftorientierten Haltung pflichtung auferlegt, jedem Asyl zu ge- in dieser Frage die ablehnende Positi- währen, der in seinem Heimatland poli- on der CDU/CSU. tisch verfolgt wird. Bei derEinwanderung Die geplante Familienzusammen- aus wirtschaftlichen Gründen sollten führung ist ein Etikettenschwindel: die Interessen des aufnehmenden Lan- Hier geht es nicht um Familienzusam- des im Vordergrund stehen. menführung sondern um Einwande- rung. Der Rechtsanspruch auf Nachzug von gleichgeschlechtlichen Lebens- Integration fördern partnern hat nichts mit dem klassi- schen Familienbegriff zu tun und ist Die Europäische Kommission ver- gänzlich inakzeptabel. Was die Eu- schwendet keinen Gedanken an die ropäische Union dringend braucht, ist Integration dieser Menschen. Hier ein Gesamtkonzept für eine einheitli- muß gefragt werden: Ist derjenige, der che Asyl- und Einwanderungspolitik. ins Land kommt, integrationswillig und

UNION IN EUROPA 1/2000 • 7 ASYLPOLITIK

-fähig? Und: In welchem Maße sind un- Zuwanderungspolitik darf kein bloßes sere Bürgerinnen und Bürgerbereitund "Mehr" an Zuwanderung sein. Haben die in der Lage, Fremde zu integrieren? Bürgerinnen und Bürger das Gefühl, sie Die CDU/CSU fordert seit langem ei- würden von einer Einwanderungswelle ne umfassende Lösung auf europäischer überrollt, werden sie mit Ablehnung rea- Ebene, die klare Quoten, eine faire gieren; schaffen wir aber transparente, Lastenteilung und eine Zuwanderungs- nachvollziehbare und gesamtheitliche begrenzung vorsieht. Regelungen wird die Statt dessen wird Absurder Vorschlag Akzeptanz steigen, durch die geplante der EU-Kommission die zuziehenden Aus- Familienzusammen- länder in unsere Ge- führung der Kreis der Der Vorschlag der EU-Kommission sellschaft zu inte- Nachzugsberechtig- sieht vor, daß folgende Gruppen im grieren. Die Inter- ten erheblich ausge- Rahmen der Familienzusammen- essen unseres Lan- weitet. Deutschland führung ein Recht auf Nachzug haben: des und unserer wäre gesetzlich ver- nichtverheiratete Partner mit Bürger müssen da- ihren Familien pflichtet, hundert- bei genauso selbst- gleichgeschlechtliche Partner mit verständlich berück- tausende von Famili- ihren Familien sichtigt werden wie enangehörigen be- Eltern und Großeltern reits hier lebender Kinder bis 18 Jahre die unbestrittenen Drittstaatler aufzu- • in Ausnahmefällen auch Kinder humanitären und nehmen. über 18 Jahren völkerrechtlichen Eine umfassen- Verpflichtungen de europäische Ein- Deutschlands. Da- wanderungsregelung muß auch den Ar- her hoffe ich, daß die Regierungen der tikel 16a des Grundgesetzes in Frage Mitgliedstaaten den vom Europäischen stellen dürfen. Eine europaweite Eini- Parlament gebilligten Entwurf der Kom- gung kann nicht die bloße Übernahme mission korrigieren und eine vernünftige deutscher Standards bedeuten. Insbe- Lösung für die europäische Einwande- sondere deshalb, weil die deutsche rungspolitik finden. Form des Asylrechts komplizierte Ver- fahrenswege eröffnet, die die deut- Ewa Klamt (CDU Niedersachsen) ist schen Asylverfahren zu den längsten in seit 1999 Mitglied des Europäischen Europa machen. Parlaments

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UNION IN EUROPA - Informationen der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-ED-Fraktion des Europäi- schen Parlaments. Für den Inhalt verantwortlich: Hartmut Nassauer MdEP, Markus FerberMdEP. Redaktion: Stephan Mock, CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Deutscher Bundestag, IHZ, 11011 Berlin, Telefon (030) 20961322, e-mail: [email protected]. Verlag: Union Betriebs GmbH, Eggermannstraße 2, 53359 Rheinbach, Tel. (02226) 802-0. Herstellung: WA-Vereinigte Verlagsanstalten GmbH, Düsseldorf.

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