Erinnerungsorte am Fußballstandort 2 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 3

Inhalt

Vorwort Dr. Ingrid Wölk 4 Vorwort Patrick Arnold 6 Vorwort Henry Wahlig 8

Impressum Hier, wo das Herz noch zählt… 10

Mitwirkende Broschüre: Fußball unterm Hakenkreuz 12 Tim Albers, Fabian Budde, Tobias Frettlöh, Florian Kovatsch, Alica Mielke, Stadion an der Castroper Straße 12 Alexander Müller, Alexander Ranft, Finn Richter, Elena Schuster, Thorben Sommer, Keine Titel und Trophäen? 14 Dr. Henry Wahlig, Moritz Wullenkord

Gestaltung: Jüdisches Leben in Bochum 17 Ingo Thiel Synagoge – damals und heute 17 Dr. Otto Ruer 20 Fanprojekt Bochum Kortumhaus 22 Feldsieper Straße 74a · 44809 Bochum Telefon +49.234.95542910 Telefax +49.234.95542929 Widerstand 24 [email protected] Fritz Husemann 24 Karl Springer 25 Heinrich Imbusch 27 Träger: Arbeiterwohlfahrt Unterbezirk Ruhr-Mitte Zwangsarbeit, Krieg und Vernichtung 28 Herzogstr. 36 · 44807 Bochum Krümmede 28 Bochumer Verein 31 Nordbahnhof 36 In Kooperation mit: Pauluskirche 42 LAG-Fanprojekte-NRW e.V. Stadtpark 42 Bilker Allee 70 · 40219 Düsseldorf www.lag-fanprojekte-nrw.de/ VfL Fans für Geschichtsbewusstsein 44

Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte Literatur- und Quellenauswahl 45 Wittener Straße 47 · 44789 Bochum www.bochum.de/stadtarchiv Stadtplan Bochum 46 4 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 5

Vorwort Dr. Ingrid Wölk Gab es in der NS-Zeit keine Solidari- 1944/45 sogar zwei Außenlager des KZ tät unter Sportlern? Ließen die nichtjü- Buchenwald. „In Bochum, aus Bochum, für Bochum“, ­jüdischen Be­völ­ dischen widerspruchslos zu, dass die jü- Kann das, was damals geschah, heu- so beginnt das Leitbild des VfL Bochum kerung, die 1933 dischen ausgegrenzt wurden? Alfred te wieder passieren? Projekte wie die- 1848. Warum der Verein – als erster mit spektakulä- Salomon, der wie Erich Gottschalk ses sind wichtig. Denn sie sensibilisieren Fußballclub überhaupt! – sich ein Leit- ren ­Aktionen wie Auschwitz überlebte und 1945 nach Bo- für antidemokratische, rassistische und bild gab, begründete der damalige Ma- dem Boykott jü- chum zurückkehrte, berichtete auch fremdenfeindliche Tendenzen. Gerade nager Stefan Kuntz 2007 während einer discher Geschäf- von anderen Erfahrungen: Er war als der Sport lebt von der Solidarität der Veranstaltung zur Fußballgeschich- te begonnen Radsportler Mitglied im Radrennverein Sportler untereinander, ohne Unter- te im Bochumer Zentrum für Stadtge- hatte, erreichte Westfalia 1895. Seine Kameraden hät- schied von Herkunft, Hautfarbe, Religi- schichte auch damit, dass er zwischen eine neue Stufe. ten nach 1933 weiter zu ihm gehalten. on und sexueller Orientierung. den beiden großen Rivalen im Ruhrge- Um den Druck Damit er im Verein habe bleiben und Fußballfans sind nicht nur Fußball- biet erkennbar bleiben und seine eige- zur Auswanderung zu erhöhen und weiterhin an Radrennen habe teilneh- fans; sie haben auch andere (Teil-)Iden- ne Identität entwickeln müsse. Der Ver- Deutschland „judenrein“ zu machen, men können, sei er unter falschem Na- titäten. Dennoch ist es gut, dass sie sich ein möchte sich in seiner Stadt verorten. wurden rund 30.000 jüdische Männer in men gestartet, was alle gewusst hätten, als solche, vom Fußball und dem Grün- „Wir bekennen uns zu unserer regiona- Konzentrationslager verschleppt – die auch die Sportler in den anderen Verei- dungsdatum ihres Lieblingsvereins aus- len Identität und Tradition“, heißt es im jüdischen Bochumer ins KZ Oranien- nen. Bis 1935 sei das möglich gewesen, gehend, mit der NS-Zeit ihrer Stadt aus- Leitbild. Dazu passt, dass VfL-Fans ge- burg-Sachsenhausen. danach nicht mehr. Nach der Pogrom- einandersetzen und andere Fans dabei schichtsbewusst sind und das Fanpro- Dem im selben Jahr neu gegründe- nacht setzte Salomon sich nach Berlin mitnehmen möchten. jekt Bochum sich an dem landesweiten ten VfL durften jüdische Sportler nicht ab, wo er hoffte, besser untertauchen Dass sich der VfL Bochum zu seiner Projekt „Erinnerungsorte“ beteiligt. beitreten. Bis 1938 konnten sie aber zu können. Das gelang bis März 1943. gesellschaftlichen Verantwortung be- Konkret geht es dabei um die Erinne- noch in jüdischen Vereinen Sport trei- Dann wurde er deportiert. kennt, belegt sein Leitbild. Darin heißt rung an die Zeit des Nationalsozialis- ben, in Bochum recht erfolgreich. Bes- 1941 hatte die NS-Führung den Völ- es: „Wir verpflichten uns den Werten mus, in der der Sport ebenso „gleichge- tes Beispiel dafür ist die deutsche Meis- kermord an den Juden beschlossen, ko- des Sports: Toleranz, Fairplay, Solidari- schaltet“ war wie alle anderen Bereiche terschaft – auch darauf geht die ordinierte ihn nach der Wannsee-Kon- tät und Gleichheit leben wir vor. Unsere des öffentlichen Lebens. Broschüre ein –, die der zu „Schild“ Bo- ferenz europaweit und führte ihn Gemeinschaft integriert Fans unter- 1848 und 1938 – das sind die Jahres- chum umbenannte TuS Hakoah in den systematisch durch. In Bochum setzten schiedlichster Herkunft, unabhängig re- zahlen, die signifikant für die Geschich- „Schild“-Verbandsmeisterschaften 1938 die großen Deportationen Anfang 1942 ligiöser Überzeugung und kultureller te des Vereins sind. 1848 trägt er stolz erzielte. Spielführer war Erich Gott- ein. Die AG „Erinnerungsorte Bochum“ Wurzeln.“ im Namen – als Verweis auf die Grün- schalk, der als Jugendlicher beim TuS hat recherchiert, welche Rolle der Nord- In diesem Sinne wünsche ich der Bro- dung eines der drei Sportclubs, die sich Bochum gespielt hatte. 1944 wurde er bahnhof dabei spielte. Umgekehrt wur- schüre viele interessierte Leserinnen zum heutigen VfL zusammenschlos- zusammen mit Frau und Tochter nach den während des Zweiten Weltkriegs und Leser und der Arbeitsgruppe „Erin- sen – und kommt doch auch um 1938 Theresienstadt und schließlich Ausch- Millionen von Menschen aus den von nerungsorte Bochum“ einen langen nicht herum: das Jahr der Fusion. Sie witz deportiert und überlebte als Einzi- Deutschen besetzten Ländern als Atem und weitere – erfolgreiche! – Pro- ging nicht freiwillig vonstatten, son- ger seiner Familie. In Kooperation mit Zwangsarbeiterinnen und Zwangsar- jekte dieser Art. Dabei kann sie auf die dern auf Druck der NSDAP, wie in dieser der Erich-Kästner-Gesamtschule über- beiter ins Deutsche Reich verschleppt Unterstützung des Stadtarchivs – Bo- Broschüre nachgelesen werden kann. nahm der VfL Bochum 1848 die Paten- und brutal ausgebeutet. Die Spurensu- chumer Zentrum für Stadtgeschichte Ausgerechnet 1938! Im November jenes schaft für Stolpersteine, die an Erich cher des Bochumer Fanprojektes haben zählen. Jahres brannten die Synagogen im ge- Gottschalk und seine Familie erinnern. herausgefunden, dass auch Bochumer samten Deutschen Reich, wurden Ge- Am 17. September 2013 wurden sie vor Firmen – allen voran der Bochumer Ver- Dr. Ingrid Wölk schäfte und Wohnungen demoliert, Ju- dem ehemaligen Wohnhaus der Fami- ein – von der Zwangsarbeit profitierten Leiterin des Stadtarchivs – Bochumer den misshandelt. Die Verfolgung der lie, an der Luisenstraße, verlegt. und entsprechende Lager unterhielten, Zentrum für Stadtgeschichte 6 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 7

Vorwort Patrick Arnold ge Erwachsene auf besondere Weise er- Die Prävention gegen rechtsextre- rungsorte“ ist jetzt ein weiterer Bau- lebbar werden. Es handelt sich mes Gedankengut gehört zum Arbeits- stein für diese Arbeit hinzugekommen. Liebe Leserinnen und Leser, schließlich auch um „ihre“ Orte und auftrag der Fanprojekte. Für die Ausei- Ich wünsche Ihnen und euch eine an- Geschichte ist mehr als ein Unterrichts- „ihre“ Stadt, die sie nun auf andere Art nandersetzung mit der Zeit des regende Lektüre fach – das manche Jugendliche zudem kennenlernen. Das Projekt wurde von Nationalsozialismus haben sich unter noch als trocken erleben. Die Vergan- der Landesarbeitsgemeinschaft der anderem Gedenkstättenfahrten als ein Patrick Arnold genheit zu verstehen, aus ihr zu lernen Fanprojekte gemeinsam mit den 15 wichtiges pädagogisches Instrument Landesarbeitsgemeinschaft der Fanpro- und nicht zu vergessen, das Fanprojektstandorten in etabliert. Mit dem Projekt „Erinne- jekte NRW bleibt gerade mit Bezug Nordrhein-Westfalen kon- auf die Zeit des National- zipiert und umgesetzt. Die sozialismus in Deutschland „Erinnerungstouren“ füh- eine wichtige Aufgabe. ren an verschiedene Orte Die großen Ereignisse der der jeweiligen Stadt und Geschichte stehen in den erklären deren historische Büchern, unmittelbarer Bedeutung während des vermittelt werden sie in Nationalsozialismus – mit- den Erzählungen von je- unter ist dies nur ein De- nen, die diese Zeit miter- tail, mitunter geht es um lebt haben. Doch nicht nur Fußball und die Rolle von Menschen tragen persönliche Erinne- Vereinen und um die Namen von Fuß- rungen mit sich, auch Orte tragen Ge- ballplätzen in den Jahren zwischen schichte in sich. 1933 und 1945. „Weißt du noch, welches Haus dort Die Informationen sind von Fans, einmal stand?“, „Kennst du noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der früheren Namen?“ – was in einer Stadt Fanprojekte, aber auch in Zusammenar- geschieht, schreibt sich in ihre Straßen beit mit unterschiedlichen Einrichtun- und Plätze ein und wird Teil des kollek- gen und Organisationen wie Stadtar- tiven Gedächtnisses. Doch das kollekti- chiven und jüdischen Gemeinden ve Gedächtnis ist vergesslich, seine In- zusammengetragen worden. Die Tou- halte müssen in die Gegenwart geholt ren an die Erinnerungsorte sind ein An- werden, um nicht verlorenzugehen. Die gebot für Fans – und andere Interessier- sogenannten Stolpersteine zum Geden- te – aus der Stadt und Region, aber ken an ermordete frühere jüdische Be- auch für die Gästefans, die die Aus- wohnerinnen und Bewohner von Häu- wärtsfahrt mit einer weiteren Aktivität sern etwa erinnern im öffentlichen verbinden. Das Netzwerk der Fanpro- Raum an deren Namen und ihre Schick- jekte bietet hier perfekte Möglichkei- sale. ten, das Erlebnis Fußball mit politischer Das Projekt „Erinnerungsorte“ infor- Bildung zu verknüpfen. Der Umweg miert über die Geschichte von Häusern, über die Vergangenheit bietet auch die Plätzen und Straßen während der Zeit Gelegenheit zu einer vertieften Be- des Nationalsozialismus, die Vergan- schäftigung mit aktuellen politischen genheit soll so für Jugendliche und jun- Fragestellungen. Kreisparteitag der NSDAP am 7.5.1939 – Staffellauf mit VfL-Trikots in der Innenstadt 8 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 9

Vorwort Henry Wahlig

Seit meiner frühen Kindheit bin ich Fan Stadionkurven gegen unterschiedlichs- des VfL Bochum 1848. Ich habe mir im te Gegner verteidigt werden müssen. fernen Münster wohl instinktiv gera- In dieser Hinsicht leisten die bundes- de diesen Verein ausgesucht, weil er weiten Fanprojekte und allen voran das für mich auf besondere Weise Wer- Fanprojekt Bochum wichtige Grundla- te verkörpert, die bis heu- genarbeit. Ich wünsche te eine entscheidende Be- mir, dass diese Publikation deutung in meinem Leben erst den Anfang für eine haben: Bodenständigkeit tiefergehende Auseinan- und Ehrlichkeit, Traditions- dersetzung des VfL Bo- bewusstsein und Toleranz. chum mit seiner NS-Ver- Die Fankurve jedes be- gangenheit bildet. Viele liebigen Vereins spiegelt der folgenden Geschichten einen Querschnitt der Ge- in diesem Heft sind bis sellschaft wider. Deshalb heute nur in groben Umris- finden sich heute leider sen erforscht. Dafür bedarf auch in den Reihen des VfL es weiterer Unterstützung Bochum fremdenfeindliche, gewaltver- aus den Reihen der Fans, aber auch und herrlichende, homophobe oder antise- vor allem aus der Führungsetage des mitische Strömungen. Als Historiker Vereins. Wir alle müssen wissen, dass glaube ich fest daran, dass ein Blick in der VfL Bochum als NS-Gründung eine die eigene Geschichte dazu beitragen besondere Verantwortung hat, seine ei- kann, unsere Gegenwart zu verstehen gene Vergangenheit zu kennen und da- und unsere Zukunft zu beeinflussen. raus die richtigen Schlüsse für die Ge- Deshalb habe ich die Initiative des Fan- genwart und Zukunft zu ziehen. projektes Bochum, einen Stadtrund- gang über die Geschichte des VfL und Dr. Henry Wahlig der gesamten Stadt Bochum in der Zeit Leiter Kultur und Veranstaltungspro- des Nationalsozialismus zusammenzu- gramm, Deutsches Fußballmuseum stellen, sofort begeistert unterstützt und selbst Beiträge und Informationen beigesteuert. Ich hoffe, dass es mithilfe dieser Pub- likation gelingt, viele fußballbegeister- te Jugendliche dafür zu sensibilisieren, dass die Errungenschaften unserer heu- tigen Gesellschaft – unsere Demokratie, Meinungsfreiheit und Weltoffenheit – keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern immer wieder neu auch in den Kreisparteitag der NSDAP am 7.5.1939 im Stadion an der Castroper Straße 10 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 11

ßende Kapitel behandeln die Themen des „Nationalsozialismus in Bochum“ jüdisches Leben in Bochum, Wider- weder gänzlich noch chronologisch er- Hier, wo das Herz noch zählt… stand, Zwangsarbeit und Krieg. Die Bro- fassen. Wir wünschen den Leserinnen schüre wurde, wie bereits erwähnt, von und Lesern dennoch große Freude bei …zählte das Herz mal reichlich wenig. tieren, dass wir auch im Vergleich zu Fußballfans für Fußballfans und Ge- der Lektüre und neue Erkenntnisse und Bochum war, wie alle anderen Städte unseren Nachbarstädten Nachholbe- schichtsinteressierte verfasst. Sie stellt Erfahrungen über ihre Stadt durch Erin- des Dritten Reiches, Bestandteil – ja In- darf hinsichtlich einer lebendigen und also keine wissenschaftliche Arbeit von nerungen. strument – der nationalsozialistischen authentischen Erinnerungskultur ha- Historikern dar und kann die Thematik Schreckensherrschaft. Hier wurden ben. Menschen diskriminiert, enteignet, zur Best-practice-Beispiele für eine akti- Zwangsarbeit genötigt, vertrieben, in ve Erinnerungskultur sind die im ge- Konzentrations- und Vernichtungsla- samten Stadtgebiet verteilten 200 Stol- ger deportiert und getötet. Es gab je- persteine, der Verein „Erinnern für die doch auch Widerstand, Menschlichkeit Zukunft“, der Begegnungen und Aus- und Unterstützung für die Unterdrück- tausch ermöglicht und die Initiative ten. Ein Fußballverein, der das heutige Nordbahnhof ins Leben gerufen hat so- Stadtbild prägt, wurde gegründet. Ein wie der Erinnerungsort Saure Wiese, anderer Bochumer Fußballverein wur- eine idyllische Parklandschaft, in der de kurz vor Kriegsbeginn Deutscher sich künstlerisch mit dem Thema der Meister und unmittelbar nach diesem Zwangsarbeit in Bochum auseinander- Triumph zur Auflösung getrieben. Die gesetzt wurde. Schicksale der Spieler und Funktionäre Die Arbeitsgruppe Erinnerungsorte sind ebenso schrecklich wie beispielhaft Bochum, ein Zusammenschluss von en- für diese Zeit. Noch ein weiterer Verein gagierten Fans des VfL Bochum 1848, erlangte aufgrund seiner Verbunden- versucht mit Hilfe dieser Broschüre et- heit zum Regime das Prädikat „Natio- was Licht ins Dunkel der Zeit des Natio- nalsozialistischer Musterbetrieb“ und nalsozialismus in Bochum zu bringen. In somit traurige Berühmtheit. Zusammenarbeit mit erfahrenen Histo- „Leider total verbaut“ ist heute nicht rikern erforschten die Fans Erinnerungs- nur eine gute Beschreibung des Bochu- orte unserer Stadt – angetrieben von mer Lokalkolorits, sondern auch für die der Motivation, ein Zeichen gegen Dis- städtische Erinnerungskultur. Authenti- kriminierung über den Fußball hinaus sche Erinnerungsorte wie der Nord- zu setzen. bahnhof sind den Bürgerinnen und Bür- Den Ausgangspunkt der Broschüre gern dieser Stadt nicht als solche stellt das Jahr 1938 dar. Vor ungefähr 80 Zeitungsartikel zur Vereinsgründung 1938 aus dem Bochumer Anzeiger, Nr. 89, vom 16./17. April (Ostern) 1938 bekannt. Darüber hinaus ist dieser Ort Jahren wurde der Fußballverein VfL Bo- nicht seiner historischen Bedeutung chum 1848 in seiner heutigen Form ge- entsprechend gestaltet. Er könnte gründet. Über dieses Ereignis nähert ebenso zu einem Mahnmal werden wie sich die vorliegende Broschüre der The- die Steinwache in Dortmund, das Shoa- matik des Nationalsozialismus. Das Mas- Denkmal in Herne oder die „Alte Syna- senphänomen Fußball existierte auch goge“ in Essen. Wir müssen also konsta- als solches im Dritten Reich. Anschlie- 12 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 13

Fußball unterm Hakenkreuz

Der Fußballsport, dessen Popularität Kaum einer der Sänger jedoch weiß auch vor 80 Jahren signifikante gesell- wohl, dass die hier besungene Jahres- schaftliche Relevanz besaß, bot sich den zahl nur wenig mit der Geschichte des Nationalsozialisten für Zwecke der po- VfL und rein gar nichts mit dem Fußball litischen Instrumentalisierungen an. zu tun hat. Massenveranstaltungen und Kundge- Die Geburtsstunde des VfL Bochum in bungen fanden in den weitläufigen seiner heutigen Form ist der 14. April Sportstätten diverser Sport- und Fuß- 1938. An diesem Tag schlossen sich Ger- ballvereine statt, die zwar wenig mit mania 06, TuS und der Turnverein 1848 den modernen futuristischen Arenen Bochum zum „Verein für Leibesübun- der heutigen Zeit gemein haben, je- gen e.V.“ zusammen. Alle drei Klubs doch schon damals Parallelen hinsicht- waren sehr verschieden und kamen aus lich ihrer Kapazitäten aufwiesen. Sie völlig unterschiedlichen Bereichen des wurden zu Propagandazwecken sowie Bochumer Stadtlebens: zur Durchsetzung des Führerprinzips Germania war der Klub der einfa- Stadion an der Castroper Straße, 1925 genutzt. Auch die Ausgrenzung miss- chen Leute und hatte viele Arbeiter in liebiger Bevölkerungsteile wurde durch seinen Reihen. Er war jedoch kein klassi- die Institution Fußball forciert. Die bei- scher „Zechenverein“ wie der berühmte des TuS waren die Leichtathleten, die Bereits vor 1933 hatte es Pläne gege- den folgenden Erinnerungsorte, das FC Schalke in der Nachbarschaft, der in zu ihren in ganz Deutschland damals le- ben, zumindest die beiden Fußballver- Stadion an der Castroper Straße sowie dieser Zeit die meisten seiner Anhänger gendären „Internationalen Kampfspie- eine Germania und TuS unter einem das Vereinsheim des Fußballclubs Ha- und Spieler aus den benachbarten Berg- len“ Weltstars wie Paavo Nurmi oder Dach zu vereinigen und damit die zer- koah Bochum, belegen die Unterwan- werken rekrutierte. Unter Präsident Jesse Owens nach Bochum lockten. Be- splitterte Sportlandschaft Bochums zu derung dieser vordergründig „unpoliti- Otto Wüst spielte der Verein in den reits seit 1911 trug der Verein seine stärken. Dies scheiterte jedoch am ener- schen“ Sportart durch die NS-Diktatur. 1920er und 1930er Jahren zwar zumeist Wettkämpfe auf einem Areal des Bau- gischen Widerstand der Mitglieder. in der damals erstklassigen Ruhrbezirks- ern Heinrich Dieckmann an der Castro- Erst NSDAP-Oberbürgermeister Otto bzw. Gauliga, litt jedoch unter chroni- per Straße aus – genau an der Stelle, an Piclum, der 1933 seinen demokratischen schen Finanzproblemen und stand der der VfL bis heute beheimatet ist. Vorgänger Otto Ruer mit einer Hetz- 01 mehrfach kurz vor der Pleite. Der Turnverein von 1848 schließlich kampagne aus dem Amt und bis in den Stadion an der Der TuS Bochum war nicht nur unter lieh dem VfL die Jahreszahl. Bochums Selbstmord getrieben hatte, gelang es sozialen Gesichtspunkten das glatte Ge- ältester Klub auf dem Gebiet der Lei- dann einige Jahre später im Bochumer Castroper Straße genteil von Germania: Der Vereinsfüh- besübungen stammte aus der Zeit des Sportleben ‚aufzuräumen‘. Auf seinen rer Rechtsanwalt Constans Jersch zählte berühmten Turnvaters Jahn und lehnte ‚Vorschlag‘ hin beschlossen Vertreter zum Establishment der Stadt und zog ‚neumodische‘ Sportarten, wie das in von TuS, Germania und Turnverein am „Unsere Heimat, unsere Liebe, in den das höhergestellte Bürgertum in seine England erfundene Fußballspiel, lange Gründonnerstag des Jahres 1938 ihre Farben blau und weiß – 1848, nur damit Reihen. Fußballerisch sorgte der Klub, Zeit kategorisch ab. Viele Mitglieder Fusion. Piclum erhoffte sich davon, seine es jeder weiß!“ Alle zwei Wochen klingt von dem der VfL 1938 die blau-weißen stammten aus dem konservativen, teil- schwache Position im NS-Machtapparat dieser Gesang aus tausenden von Keh- Farben übernahm, jedoch nur selten für weise sogar aus dem völkischen und an- zu stärken und mit einem starken Groß- len in der Ostkurve des Ruhrstadions. Aufsehen. Die erfolgreichste Abteilung tisemitischen Milieu. verein überregional glänzen zu können. 14 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 15

Trotz der von oben verordneten Fusi- tierten Historiker der Leibniz Universi- on fand der VfL aber noch lange nicht tät Hannover und der Ruhr-Universität zu einer inneren Einheit. Zu tief waren Bochum eine erste Untersuchung, für vor allem die Gräben zwischen den die zahlreiche der noch überlieferten ‚proletarischen‘ Germania- und den Dokumente und Zeugnisse aus der da- ‚feinen‘ TuS-Mitgliedern. Noch ein Jahr maligen Zeit ausgewertet wurden. Eine nach der Gründung musste das Vereins- umfassende Erforschung der Grün- magazin des VfL seine Aktiven darauf dungsgeschichte des VfL Bochum, der hinweisen, bei den Spielen des Klubs ab in seiner Außendarstellung so stark auf sofort nicht mehr die alten Abzeichen, das Thema ‚Tradition‘ und ‚Geschichte‘ sondern das Logo des VfL zu tragen. setzt, steht jedoch bis heute weiterhin Otto Wüst und Constans Jersch benö- aus. tigten sogar bis in die 1950er Jahre, bis sie sich bei Mitgliederversammlungen gemeinsam an einen Tisch setzten. Auch sportlich erreichte der Verein da- 02 durch längst nicht die großen Ziele, die Keine Titel man sich bei seiner Gründung erhofft hatte. Der VfL blieb allenfalls eine regi- und Trophäen? 1848 besingen doch regelmäßig das Ver­einen ausgeschlossen wurden, sorg- onale Größe, bis ihm erst Anfang der Nichtvorhandensein etwaiger Titel und te 1933 für eine massive Erweiterung 1970er Jahre der Durchbruch in die 1. Trophäen… der Liga- und Verbandsstrukturen, dem Fußball- gelang. Es ist der 26.06.1938. Finalspieltag um Um Licht ins Dunkel zu bringen: bei 1935 zwischenzeitlich 52 Vereine ange- Wie in vielen anderen gesellschaftli- die Fußballmeisterschaft in Köln. Bo- den erwähnten Bochumer Fußballern­ hörten, sowie für eine Steigerung des chen Bereichen der Nachkriegszeit wur- chumer Fußballer treffen auf eine handelt es sich um Spieler des TuS Ha- fußballerischen Potentials. Diese Ent- de über die Entstehung des Vereins im hoch­favorisierte Auswahl aus Stuttgart. koah Bochum, einem im Jahr 1925 ge- wicklungen führten den Verein Schild Nationalsozialismus lange der Mantel Das Spiel beginnt denkbar schlecht, die gründeten jüdischen Bochumer Sport- Bochum in seine erfolgreichste Ära. des Vergessens gelegt. Erst 75 Jahre Stuttgarter gehen in Führung. Die Bo- verein. Der Verein war ab 1933 gezwun- Zwischen 1934 und 1937 erreichte nach der Gründung des Klubs präsen- chumer zeigen sich unbeeindruckt, gen, sich auf Druck der ­drehen und gewin- NS-Machthaber in nen das Spiel schluss- Schild umzubenennen endlich mit 4:1. Eine und dem Schild-Ver- Meisterleistung. Ein band des Reichsbundes Fußballwunder für die jüdischer Frontsolda- Geschichtsbücher. Die ten beizutreten. Der anschließende Meister- Vintus-Verband, dem feier findet – wo könn- der Verein bis dato an- te es für echte Bochu- gehörte, wurde aufge- mer schöner sein – auf löst. der Castroper Straße, Der Zustrom aktiver Hausnummer 2, statt. Spieler und ausgesto- Erstaunt? Unmöglich? ßener Funktionäre, die Fans des VfL Bochum aus ihren bisherigen Jüdische Fußballmannschaft Hakoah Bochum, Mitte der 1920er Jahre 16 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 17

Schild Bochum dreimal das Endspiel um Dieser Diskriminierung zum Trotz die Westdeutsche Meisterschaft. Zu die- lief die Mannschaft von Schild Bochum ser Zeit beeinträchtigten jedoch auch in der Saison 1937/1938 zur Höchstform Emigrationen den Spielbetrieb massiv. auf. Diese gipfelte in dem Gewinn der Die Situation für Schild verschlechterte Deutschen Fußballmeisterschaft. Die sich in diesen Jahren zunehmend. Dem Mannschaft um Kapitän Erich Gott- Verein wurde der Sportplatz an der schalk spielte eine nahezu makellose Wasserstraße gekündigt, seine Heim- Saison. Im bereits erwähnten Endspiel spiele musste dieser seit 1936 auf einer trafen Hans Cohen und Leo Alexander. Sportanlage in Gelsenkirchen-Ücken- Für die seit 1933 um die Hälfte ge- dorf austragen. Bereits seit Einführung schrumpfte jüdische Gemeinde Boch- der Nürnberger Rassengesetze im Jahr ums stellte der Erfolg der Fußballer ein 1935 galten Juden offiziell nur noch als großes Zeichen der Hoffnung dar, das Bürger zweiter Klasse. jedoch jäh durch die Pogrome im ­November des gleichen Jahres zunichtegemacht wurde. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 ­beendete das Kapi- tel der jüdischen Fuß- ballvereine. Die Schick- sale der Spieler sowie Funktionäre der Meister- mannschaft konnten Jüdisches Leben in Bochum ebenso wie die unzähli- ger anderer jüdischer Dem nationalsozialistischen Mord an semitismus überzog auch unsere Stadt Bürger­innen und Bürger den Juden, der Shoa, fielen sechs Mil- und prägte das Leben von 1933 bis schrecklicher nicht sein. lionen jüdische Frauen, Männer und 1945. Der Holocaust nimmt seinen An- Sie wurden in alle Kinder durch fabrikmäßig betriebene fang in den Städten, das gilt nicht nur ­Himmelsrichtungen ver­ Tötungen zum Opfer. Die Grundlage für Bochum. trieben und verfolgt – dieses komplexen wie grausamen Ver- zum Teil auf der Flucht nichtungsprozesses stellen erste Schrit- oder in Konzentrations- te der Boykottierung und rechtlichen lagern ermordet. Ausgrenzung der jüdischen Bevölke- 03 Die einstige ver- rung dar. Auch in Bochum wurden jü- Synagoge – schworene Gemein- dische Familien, sogar hohe Repräsen- schaft fand nie wieder tanten der Stadt, entrechtet und eine damals und heute zusammen. Synagoge sowie zahlreiche weitere Ge- bäude jüdischer Besitzer in Brand ge- setzt. Auch in Bochum profitierten viele Direkt an der Castroper Straße liegt et- Menschen von der „Arisierung“ jüdi- was erhöht neben dem Planetarium Castroper Straße 2, heute schen Eigentums. Der Mantel des Anti- seit 2007 die neue Bochumer Synago- 18 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 19

ge. Mittlerweile ist sie aus dem Stadt- der jüdischen Einwohner auf über 200 bild nicht mehr wegzudenken. Fußball- angestiegen. Bis 1895 stieg ihre Zahl fans ziehen alle zwei Wochen an ihr nochmals auf 803 an. Das alte Got- vorbei, wenn sie die Castroper hochge- teshaus an der Schützenbahn reichte hen, um zum Ruhrstadion zu gelangen. längst nicht mehr aus. Am 28. August Doch das war nicht immer so. Die alte 1863 war daher eine neu erbaute Syn- Bochumer Synagoge lag an der Schüt- agoge an der damaligen Wilhelmstraße zenbahn (heutige Haus-Nr. 1). Erstma- 18 (heute: Huestraße) eingeweiht wor- lig erwähnt wurde sie im Jahre 1765. den. Mit der Zerstörung der Synagogen Damals wohnten sieben jüdische Fami- in ganz Deutschland in der Nacht vom lien, rund 50 Personen, in Bochum, die 9. auf den 10. November 1938 erreich- vor allem als Schlachter, als Geldver- te die Verfolgung der Juden einen vor- leiher und Händler tätig waren. Jüdi- läufigen traurigen Höhepunkt. Auch sches Leben in Bochum existierte aber die Bochumer Synagoge wurde von SA- schon früher. Bereits im ausgehenden Leuten und Sympathisanten bis auf die 16. Jahrhundert hielten Juden in Bo- Grundmauern niedergebrannt. Die re- chum Gottesdienste in einem Betraum lativ große Synagoge war den National- ab, nachweislich seit 1650. Bis Mitte des sozialisten in Bochum seit langem ein 19. Jahrhunderts war infolge der Indus- Dorn im Auge gewesen. Nicht zuletzt trialisierung und ermöglicht durch eine auch deshalb, weil diese sich in einem liberalere Judengesetzgebung die Zahl Gebäude direkt gegenüber der Gaulei- 20 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 21 tung der NSDAP befand. Viele nichtjü- das Amt zu finden, wurde über einen Eine andere Leistung seiner Amtszeit dische Bochumer schauten bei den Po- längeren Zeitraum eine Zeitungsanzei- war der Bau des Bochumer Rathauses. gromen zu oder beteiligten sich. Am ge geschaltet. Trotz einiger Kriegsschäden ist das heu- 10. November 1968 wurde an der Sei- „Bekanntmachung – Die Stelle des te erhaltene Rathaus in der Ära von Dr. tenwand des Geschäftsgebäudes an der ersten Bürgermeisters ist zu besetzen. Otto Ruer entstanden. Huestraße 30 eine Gedenktafel zur Er- Geeignete Bewerber wollen unter Bei- Mit der Machtübernahme der NS- innerung an die zerstörte Synagoge an- fügung Ihres Lebenslaufes und von DAP und der damit einhergehenden gebracht. Nach den Worten des dama- Zeugnissen über Ihre bisherige Tätig- Gleichschaltung änderte sich das Leben ligen Oberbürgermeisters Heinemann keit Ihre Gesuche bis zum 1. August der jüdischen Bevölkerung in ganz während der Einweihungsfeier sollte 1924 bei dem Unterzeichneten (Rat- Deutschland. Die jüdische Gemeinde in sie „nicht nur der Erinnerung dienen“, Abbildung Dr. Otto Ruers auf der Skulptur „Die Entfaltung der Stadt“ haus) einreichen.“ Bochum und somit auch Dr. Otto Ruer sondern „zugleich auch Mahnung und Auf die knappe und sehr offene Aus- waren davon nicht ausgenommen. Am Verpflichtung sein“. Erst 67 Jahre nach schreibung meldeten sich über 50 Be- 11. März 1933 erwirkte die NSDAP die der Zerstörung wurde der Grundstein werber, aus welchen fünf in die enge Absetzung von Dr. Otto Ruer. Sie war- für eine neue Bochumer Synagoge ge- 04 Auswahl kamen. Schlussendlich setzte fen ihm persönliche Bereicherung und legt und am 16. Dezember 2007 feier- Dr. Otto Ruer sich Dr. Otto Ruer im dritten Wahlgang Verschwendung öffentlicher Mittel vor. lich eröffnet. Heute zählt die jüdische knapp mit 19 zu 16 Stimmen durch und Der ehemalige Oberbürgermister der Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen konnte im Januar 1925 das Amt des Stadt wurde daraufhin verhaftet und in über 1000 Mitglieder. Sie ist die zweit- Viele Bewohner Bochums verbinden Oberbürgermeisters antreten. Untersuchungshaft gesteckt. Zwei Mo- größte Gemeinde in Westfalen und hat mit diesem Namen wahrscheinlich Eine Errungenschaft seiner Amtszeit, nate später wurde Dr. Otto Ruer jedoch mittlerweile wieder einen repräsentati- mehr einen Platz, als ein bewegtes Le- die für viele auch noch heute interes- aus der Haft entlassen, da sich alle Vor- ven Standort im Bochumer Stadtgebiet. ben. Dabei war Dr. Otto Ruer eine prä- sant sein dürfte, war die Eingemein- würfe als haltlos erwiesen. Von allen gende Persönlichkeit für die Stadt und dung verschiedener Stadtteile. So gehö- politischen Ämtern enthoben und psy- Ihre Bewohner. Seine politische Karrie- ren seit dem 9. Februar 1926 Weitmar, chisch durch den Terror der Nationalso- re gipfelte in dem Amt des Oberbürger- Altenbochum, Bergen, Hordel und zialisten schwer gezeichnet, wählte Dr. meisters der Stadt Bochum von 1925 bis Riemke offiziell zur Stadt Bochum. So- Otto Ruer am 29. Juli 1933 in Berlin den 1933. mit ist es auch Dr. Otto Ruer zu verdan- Freitod. Bereits vor der Übernahme des ken, dass diese Stadt- höchsten Amtes der Stadt Bochum, hat- teile heutzutage ein te der Sohn jüdischer Eltern eine beein- nicht mehr wegzuden- druckende Laufbahn. Unter anderem kender Bestandteil Bo- schloss Dr. Otto Ruer ein Jurastudium chums sind. Dieses ist ab, promovierte an der Universität und keinesfalls als selbst- arbeitete als Ministerrat im Reichsin- verständlich zu erach- nenministerium. ten, da zu dieser Zeit Zum Amt des Oberbürgermeisters eine große Umvertei- kam Dr. Otto Ruer kurioserweise durch lung der Stadtgrenzen eine Anzeige in der Zeitung. So lag es im Ruhrgebiet stattge- im Jahr 1924 in den Händen der Stadt- funden hat und viele verordnetenversammlung, einen neuen Verwaltungen um die Oberbürgermeister für die Stadt Bo- verschiedenen Ortstei- chum zu ernennen. Um Kandidaten für le feilschten. 22 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 23

kaufsabteilungen, was in der Zeit etwas 05 Besonderes war. Im Jahre 1928 wurde Kortumhaus hier die erste Rolltreppe der Stadt ver- baut. Das Warenhaus war sehr beliebt bei den Bürgern, da es hier das beste Wer ein wenig durch die Straßen der Warensortiment im näheren Umkreis Bochumer Innenstadt spaziert, kommt gab. Zu den weiteren Attraktionen im früher oder später an einem traditions- Haus gehörten eine Leihbibliothek, die reichen Warenhaus vorbei, das aus dem größte Spielwarenschau Westfalens, Bochumer Stadtbild nicht mehr wegzu- eine Milchbar und einen Erfrischungs- denken ist: das Kortumhaus! Das Ge- raum, in dem neben Getränken auch bäude wird heute primär von einem Livemusik geboten wurde. Darüber hin- Elektrofachgeschäft genutzt, hat je- aus waren die zu Weihnachten mit Mär- doch eine lange Geschichte. chenwelten geschmückten Schaufens- Wir machen einen Sprung zurück in ter sehr beliebt bei den Kindern. Das die Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts. Warenhaus genoss eine hervorragende Die Kölner Warenhausfirma „Gebrü- Reputation. der Alsberg AG“ eröffnete in der Zeit Aufgrund der jüdischen Religionszu- um 1900 viele Warenhäuser in der gan- gehörigkeit wurde die Familie Alsberg zen Weimarer Republik. im Zuge der „Arisierung“ 1933 zum In Bochum begannen die Brüder als Verkauf des Warenhauses gedrängt. Sie Teilinhaber des Kaufmanns Adolf Levi. leistete jedoch erfolgreichen Wider- 1890 folgten die ersten eigenen Filialen. stand gegen dieses Vorhaben, weshalb sozialistischen Terrorregimes. Drei Kin- Nachdem in den 1990er Jahren das 1913 entschloss man sich, ein weite- sie trotz der Umbenennung in „Kauf- der überlebten im Ausland. „Kaufhaus Kortum“ als Kulisse für den res großes Kaufhaus in Bochum zu er- haus Kortum“ im Jahre 1935 bis 1938 Aufgrund der Bombenangriffe im 2. TV-Vierteiler „Der große Bellheim“ öffnen. Die Bauleitung übernahmen informell als Inhaber galten. Der neue Weltkrieg wurde das Kaufhaus stark be- diente, welcher sich mit wirtschaftli- die Düsseldorfer Architekten Walter Kaufhausname lässt sich auf den Bochu- schädigt. chen Problemen eines Warenhauses be- Klose und Georg Schäfer. Als Ort wählte mer Arzt, Wissenschaftler und Dichter Kleine Teile konnten jedoch trotz- fasste, geriet es selbst in finanzielle Not man eine Freifläche an der ehemaligen Carl Arnold Kortum (1745 – 1824) zu- dem schon im Jahre 1945 wiedereröff- und musste kurz darauf schließen. Hochstraße (heute Kortumstraße). rückführen. Ab 1935 stand die „Be- nen. Zwischen 1947 und 1949 wurde 1996 wurde das Kaufhaus Kortum Der Bau des Warenhauses erstreckte scheinigung über den erfolgreichen das Gebäude unter der Leitung von Ar- unter Denkmalschutz gestellt, welcher sich über sieben Jahre. 1921 wurde es Vollzug der Arisierung“ in einer Vitrine chitekt Henrich Kirchmeier komplett re- jedoch aufgrund von Umbaumaßnah- schließlich unter dem Namen „Kauf- im Eingangsbereich des Kaufhauses. stauriert. men kurze Zeit später teilweise aufge- haus Alsberg“ eröffnet. Der Warenhaus-Unternehmensgrün- Die Fassade wurde originalgetreu re- löst wurde. Die Sanierungsarbeiten be- Grund für die lange Bauzeit war ein der Siegfried Alsberg verstarb 1936 in konstruiert und das Innere wurde im gannen im selben Jahr und dauerten bis Baustopp, welcher aufgrund des Köln. Seine Frau Emma Alsberg wurde Stil der 1950er Jahre wiederaufgebaut. 2000 an. Seit dem Umbau wird das Haus 1. Weltkrieges eingeführt werden muss- 1942 ins Ghetto Theresienstadt depor- Insgesamt bot das „Kaufhaus Kortum“ unter dem Namen „Kortumhaus“ ge- te. Zu dieser Zeit nutzte man den Roh- tiert und später ermordet. Deren Sohn in den 1960er Jahren rund 1200 Arbeits- führt. bau sowohl als Lagerhalle, als auch als Alfred Alsberg und seine Frau Martha plätze und war somit auch ein bedeu- Nachdem das Kaufhaus fast sieben Krankenhaus für verwundete Soldaten. Alsberg wurden bereits 1941 ins Ghetto tender Arbeitgeber. Ende der 1980er Jahre leerstand, beheimatet es seit 2007 Das fünfgeschossige Kaufhaus besaß nach Linz deportiert und ebenfalls er- Jahre erfolgte ein weiterer Umbau in eine Bank, kleine Geschäfte, Büros und 31 Schaufenster und umfasste 61 Ver- mordet. Sie wurden Opfer des national- ein Ladenzentrum. ein großes Elektrofachgeschäft. 24 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 25

Geprägt von harten Arbeitsbedin- 07 gungen unter Tage organisiert er sich Widerstand Karl Springer Mitte der 1920er Jahre in der Bergar- beitergewerkschaft und der Kommu- bauindustriearbeiterverband. Nach elf nistischen Partei Deutschlands (KPD). „Es ist besser, zu kämpfen Jahren wurde er Gewerkschaftssekre- Verlässt man das berühmt-berüchtig- Innerhalb der Partei wird er alsbald und zu leiden, als alles zu haben tär. Darüber hinaus war er Mitglied des te Bermudadreieck in Richtung Westen Leiter der KPD Gruppe Weitmar. Au- und sich zu langweilen.“ Bochumer Arbeiterrates und der Preu- gen Westpark und schlendert ein biss- ßerdem arbeitet er als Redakteur für ßischen Landesversammlung. Von 1924 chen durch die ruhigeren Straßen ab- die kommunistische Tageszeitung Janusz Korczak, eigentlich Henryk bis 1933 war er Reichstagsmitglied. seits des Trubels am Ring, taucht nach „Ruhr-Echo“. Bei den Kommunalwah- Goldszmit, 1878 bis 1942, im Vernich- Als klarer Gegner des Naziregimes kurzer Zeit ein großer, gut einsehbarer len 1926 erreicht die KPD in Bochum tungslager Treblinka ermordet, polni- wurde er 1933 erstmals verhaftet, blieb Platz auf: Der Springerplatz. Benannt knapp 15 Prozent der Wählerstimmen scher Kinderarzt und Pädagoge. Nach aber nach seiner Freilassung trotz War- nicht etwa nach einem bekannten (und und Springer zieht in den Bochumer ihm ist eine Bochumer Schule an der Al- nungen in Deutschland, um sich für inhaf- ebenfalls berüchtigten) Medienmogul, Stadtrat ein. leestraße benannt. tierte Regimegegner einzusetzen. Auch sondern nach einem Mann, der den Die weitere Geschichte Karl Sprin- wollte ihm der amerikanische Bergarbei- Großteil seines Lebens innerhalb der gers ist auch eine Geschichte der Ambi- terverband zur Flucht in die USA verhel- Bochumer Stadtgrenzen verbracht hat: valenz des Widerstands gegen den fen, was er ebenfalls ­ablehnte. Karl Springer. deutschen Faschismus, der sich ab Ende 06 1935 wurde er das vierte Mal verhaf- Dieser Karl Springer ist bedauerli- der 1920er Jahre immer mehr ausbrei- Fritz Husemann tet und ins KZ Papenburg-Esterwegen cherweise nicht gleichsam bekannt, wie tet. So ist es mit dem in Bochum be- deportiert. Hier starb er zwei Tage nach der angesprochene Gründer eines Me- kannteren Fritz Husemann ein SPD-Poli- Einlieferung am 15.04.1935 an den Fol- dienimperiums, dabei hätte er es wohl tiker, der als Hauptvorstand den Der 1873 im lippischen Leopoldsthal ge- gen der ihm durch Wachen zugefügten mehr als verdient. Kommunisten Springer aus der Bergar- borene Fritz Husemann zog 1892 ins Verletzungen. Offiziell sprach man von Doch um seine Geschichte zu verste- beitergewerkschaft ausschließt. Der Ruhrgebiet, um in Dortmund zunächst „auf der Flucht erschossen“. hen, müssen wir die Uhr etwas zurück- Grund ist eine Auseinandersetzung um als Bergmann zu arbeiten. Er engagier- Seinem Sarg folgten bei der Beiset- drehen und zwar ins Jahr 1895. Da wird den Kurs der Gewerkschaft. Springer te sich von Anfang an in einer Gewerk- zung rund 800 Menschen, von denen Karl Springer nämlich im heutigen hatte sich auf einer Belegschaftsver- schaft. Dutzende verhaftet wurden. Der frühe- Rusek in Polen geboren. Zum damali- sammlung für die Aufstellung oppositi- Von dort zog er 1893 nach Bochum re Wilhelmsplatz wurde bereits 1947 in gen Zeitpunkt heißt der Ort noch oneller Kandidaten stark gemacht und und intensivierte seine Arbeit im Berg- Husemannplatz umbenannt. Rauschken, liegt in Ostpreußen und ge- eine konsequente Politik gegen Lohn- hört damit zum Deutschen Reich. In sei- abbau gefordert. Dieser Konflikt kann nem Heimatort hält es Springer aber beispielhaft für die damaligen Differen- nicht allzu lange, denn schon um 1920 zen zwischen Kommunisten und Sozial- zieht es ihn ins Ruhrgebiet, wo er sich demokraten gesehen werden. eine Erwerbstätigkeit suchen will. Diese Trotz dieser unleidlichen Erfahrung findet er – wie so viele zu dieser Zeit – setzt sich Springer angesichts des erstar- im Bergbau, genau genommen als kenden Nationalsozialismus für den ge- Bergmann auf der Zeche Prinz-Regent meinsamen Kampf von Sozialdemokra- in Weitmar. Er wohnt dabei mit seiner ten und Kommunisten gegen Hitler ein. Frau und seinen drei Kindern in der Als führender Kopf linker Bewegung Wiemelhauser Straße 17, also in der in Bochum spricht er auf zahlreichen heutigen Markstraße 406. Kund­gebungen. 26 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 27

Umlauf bringt oder Pa- waltung des Völkerbundes stehende rolen gegen die Nazis 08 Saargebiet und gründete die „Neue an Mauern hinterlässt. Heinrich Imbusch Saarpost“, die sich gegen die Rückglie- Im Herbst 1936 derung des Saarlandes nach Deutsch- ­gelingt der Gestapo land engagierte. Der SA misslang ein dann die Zerschlagung Der 1878 geborene Heinrich Imbusch Versuch ihn zu verschleppen. Trotzdem von zahlreichen Wi- begann mit 14 Jahren als Bergmann zu musste er 1935 nach Luxemburg und derstandsgruppen im arbeiten und war im „Gewerkverein 1940 über Südfrankreich nach Belgien mittleren Ruhrgebiet. Christlicher Bergarbeiter“ tätig für den fliehen. Seine Familie wurde 1941 aus Unter 150 verhafteten Bereich der gewerkschaftlichen Auto- Belgien ausgewiesen und so kehrte Genossinnen und Ge- nomie und für Streikrecht. 1905 wurde auch er 1942 nach Deutschland zurück. nossen ist auch Karl er Redakteur beim „Bergknappen“ und In Essen wurde er von Freunden ver- Springer. Während die bestimmte damit Taktik und Programm steckt und arbeitete dort weiter im Wi- meisten der resultie- des Gewerkvereins maßgeblich mit, mit derstand. renden Prozesse mit dem Ziel den Arbeiterstand geistig und Wenige Monate vor Kriegsende starb hohen Gefängnisstra- materiell zu heben. er an einer Lungenentzündung im Keller fen enden, wird er im Imbusch war immer ein Befürworter des Elisabeth Krankenhauses in Essen. Bochumer Polizeige- des „sozialen Volksstaats“, weil dieser Der frühere Kaiser-Friedrich-Platz Diese Rolle bleibt allerdings auch fängnis derart bestialisch misshandelt, der Arbeiterschaft mehr Aufstiegschan- wurde 1947 in Imbuschplatz umbe- den Nazis nicht verborgen und als im dass er am 18. Oktober 1936 im Alter cen bot. nannt. Dieser war in der NS-Zeit belieb- März 1933 in Bochum über hundert ak- von nur 41 Jahren an seinen Verletzun- Nach dem Verbot der Gewerkschaf- ter Ort für Aufmärsche und Kundge- tive SPD und KPD Mitglieder – sozusa- gen stirbt. ten durch die NSDAP-Regierung musste bungen. Am 9.6.1933 fand hier eine gen im Leid wieder vereint – von SA- Zum Gedenken an ihn benannte die er 1933 in die Niederlande fliehen. Von von der Hitlerjugend inszenierte Bü- Truppen in Folterkeller und Kasernen Stadt Bochum den früheren Moltke- dort emigrierte er in das unter der Ver- cherverbrennung statt. verschleppt werden, bleibt auch Sprin- Platz im Jahre 1947 in Springerplatz ger nicht verschont. Vielmehr trifft es um. Dass die Wahl auf eben jenen Platz ihn besonders hart. So wird er von den in der westlichen Innenstadt fiel, war Faschisten blutig geschlagen, durch die kein Zufall. So fanden hier unter ande- Straßen geschleppt und letztlich schwer rem zahlreiche Versammlungen im verletzt an einem öffentlichen Platz lie- Zuge von Mai-Demonstrationen statt gengelassen, um die Bochumer Bevöl- und der Fackelzug der Nazis nach der kerung vom Widerstand abzuschre- Ernennung Hitlers zum Reichskanzler cken. In der Folge wird er von Juni bis traf hier auf einen solch energischen Dezember 1933 im KZ Esterwegen ein- Widerstand der Bochumer Arbeiter, gesperrt. dass er auf einen anderen Platz umge- Doch auch diese Tortur hindert ihn leitet werden musste. Ein Platz also pas- nicht daran, sich nach seiner Freilassung send zu einem Mann, der seinem kom- weiterhin in der mittlerweile illegalen promisslosen Kampf für seine Klasse KPD zu engagieren. So ist er Leiter der und gegen den Faschismus letztlich Bochumer Ortsgruppe, welche unter auch sein Leben opferte. konspirativen Bedingungen beispiels- weise antifaschistische Flugblätter in 28 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 29

fängnisse und Zuchthäuser ­deportiert. und versucht eben diesen ein Gesicht zu Ihr spurloses Verschwinden diente als geben. Dazu wurden sechzig Portraits Zwangsarbeit, Krieg und Vernichtung Abschreckung in den besetzten Län- auf Augenhöhe in einem abgedunkel- dern. Die Angehörigen erhielten kei- ten Raum im Stadtarchiv ausgestellt. Mit Kriegsausbruch radikalisiert sich nerlei Auskünfte. Allein in der Bochu- Auf den Portraits sind zusätzlich die die Gewalt. Tausende kranke und be- mer Haftstätte und seinen Außenkom- Stationen ihrer Leidenswege und die hinderte Menschen werden ermordet, mandos befanden sich 1943 bereits Haftgründe abgebildet. An einige und die Deportation der Juden Europas 1100 dieser sogenannten „Nacht- und ­Opfer wird bereits in Form von Stolper- wird auf der Wannsee-Konferenz ko- -Nebel-Gefangenen“. In den Sterbebü- steinen, Straßenbenennungen und Ge- ordiniert. Bei „Aktionen“ der Einsatz- chern des Bochumer Stadtarchivs­ ist der denktafeln in den jeweiligen Heimat­ ­ gruppen von SS, SD und Polizei sowie in Tod von 117 Franzosen, Belgiern und städten erinnert. den Konzentrations- und Vernichtungs- Holländern zwischen 1941 und 1945 Unter der NS-Terrorherrschaft Kritik lagern fallen Millionen Menschen dem vermerkt. Viele Anhänger der Résis- gegen das politische System zu äußern, NS-Terror zum Opfer. Ausstellung von Alfons Zimmer tance starben unter der Guillotine in seine sexuelle Orientierung frei auszu- Die Gräuel finden auch in Bochum Ein knappes halbes Jahrhundert spä- Dortmund, Köln und anderswo. leben sowie die Prinzipien der Mensch- statt. Das folgende Kapitel behandelt ter, in der Zeit des Nationalsozialismus, Der Strafvollzug zu der NS-Zeit ge- lichkeit zu wahren, wurde vielen Men- Bochums traurige Verbindung zu dem waren reguläre Strafgefängnisse wie hört bislang zu den vernachlässigten schen von 1933 bis 1945 zum Verhängnis. Ort Buchenwald sowie die aus Bochum die „Krümmede“ ebenso Bestandteil Bereichen der Forschung über den Nati- Dies legen die folgenden drei Leidens- koordinierten Deportationen. Das dun- des nationalsozialistischen Terrorappa- onalsozialismus. Alfons Zimmer, Pasto- wege dar. kelste Kapitel der Stadtgeschichte fin- rates wie Konzentrationslager und Ge- ralreferent in den Justizvollzugsanstal- det in den letzten Kriegsjahren seinen stapo-Gefängnisse. In der „Krümmede“ ten Bochums, befasst sich seit 2013 aus Religion und Diktatur traurigen Tiefpunkt. Vor Zwangsarbeit und seinen vier Außenkommandos wa- privater Initiative heraus mit den nicht- Pfarrer Josef Reuland aus Greimrath im ganz grau – Topografie und Mensch- ren neben kriminellen Gefangenen kriminellen Häftlingen in der NS-Zeit Bistum Trier wurde durch seinen Glau- lichkeit in Ruinen. auch nicht-kriminelle Insassen, wie ­Oppositionelle, Mitglieder der Arbei- terbewegung und Vertreter religiöser Überzeugungen vorzufinden. Durch 09 ver­schärfte Gesetzgebung sollte jegli- Krümmede cher Widerstand im Keim erstickt wer- den. Die politischen Gefangenen wur- den gerichtlich verurteilt, um das Bild Im unmittelbaren Umfeld des Stadions eines Rechtsstaates aufrechtzuerhalten. des VfL Bochum befindet sich die Jus- Mit Beginn des 2. Weltkrieges ver- tizvollzugsanstalt Bochum, auch „Krüm­ ordneten die Nationalsozialisten den mede“ genannt. Bei Heimspielen hören so­genannten Nacht-und-Nebel-Erlass. die Insassen Fangesänge. Die charakte- Nach diesem wurden zahlreiche Men- ristischen Flutlichtmasten sind von der schen aus den besetzten Ländern, Anlage aus zu sehen. In den Jahren von ­denen Spionage, Sabotage und Wider- 1892 – 1897, als an ein Stadion noch nicht standshandlungen aller Art vorge­­ zu denken war, wurde aufgrund der Be- worfen wurden, heimlich aus ihrer Hei- schlüsse der preußischen Strafrechts­ mat, insbesondere Frankreich und den reform das Strafgefängnis errichtet. Benelux-Ländern, in westdeutsche Ge- 30 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 31 ben 1942 Opfer des NS-Regimes. Ihm Haftstrafe verurteilt. Bei Haftende wur- mehr als hundert Unterkünfte und Lager wurde vorgeworfen, durch unwahre de er allerdings nicht entlassen, son- 10 betrieben wurden. Zwangsarbeit in Bo- hetzerische Behauptungen über die Re- dern in Schutzhaft genommen und in Bochumer Verein chum diente dabei besonders der Kriegs- ligionsfeindschaft des NS-Regimes Zwie- das Konzentrationslager Buchenwald industrie, wobei 40 Prozent auch im tracht im Reiche verursacht zu haben. deportiert. Dort wurde er registriert Bergbau zum Einsatz kamen. Er wurde zu sieben Jahren Haft verur- und stigmatisiert als „§175“, also un- Die Jahrhunderthalle ist, neben dem Auch der Bochumer Verein kann sich teilt. Nach Aufenthalt im Zuchthaus ter „Homos“ bzw. „Homosexuell“. Na- RuhrCongress, die wichtigste Veranstal- von diesem düsteren Kapitel der Bochu- Werl kam Reuland 1943 nach Müns- gengast wurde neben vielen anderen tungshalle in Bochum. Jährlich finden mer – als auch generell deutschen – Ge- ter. Dort überlebte er nur knapp einen Häftlingen zum Aufbau des Außenla- dort beispielsweise die 1Live Krone und schichte nicht freimachen. So profitier- Bombenangriff auf die Stadt. Im Ge- gers „Dora“ gezwungen. Am 10. Janu- Teile der Ruhrtriennale statt. Auf der te er mit insgesamt 7.500 Arbeitskräften, fängnis Essen teilten die Aufseher ihn ar 1944 starb er angeblich an Kreislauf- Jahreshauptversammlung des VfL Boch- verteilt auf vier Arbeitslager, von der den Sprengkommandos zu. Nach einer schwäche im Alter von 33 Jahren. Sein ums, die eben an diesem Ort stattfand, Zwangsarbeit: Das Lager „Goldbach“, kurzen Einweisung mussten Gefangene Stolperstein befindet sich in Hattingen, wurde durch den Mitgliederbeschluss eines auf den „Sauren Wiesen“ (auf der Blindgänger ausgraben und entschär- seinem letzten Wohnort. zur Ausgliederung der Profiabteilung, Höhe der Essener Straße), eines in Weit- fen. Zahlreiche Mitinsassen Reulands eine geschichtsträchtige Entscheidung mar und eines auf der Brüllstraße (im starben bei diesen Einsätzen. Nach der Denunzierung innerhalb der Familie getroffen und über das Schicksal des Bereich der heutigen Straße am Um- Bombardierung der Stadt Essen, bei der Karl Klauke (1870 – 1948), geborener Vereins entschieden. weltpark). auch die dortige JVA zerstört wurde, Velberter, war Schreiner und vermie- In der knapp einhundertvierjährigen Bereits vor Kriegsbeginn wurde der kam Reuland in die „Krümmede“. Bo- tete in der Zeit des Nationalsozialis- Geschichte der Jahrhunderthalle, stan- Bochumer Verein wegen seiner durch chum wurde zu seinem Schicksalsort. mus seine Lüdenscheider Mietwohnung den jedoch besonders menschliche Generaldirektor Walter Borbet gepräg- Bei der Evakuierung des Gefängnis- an den Juden Josef Stern. Sein bei ihm Schicksale im Vordergrund. Zu Zeiten ten vorbildlichen Haltung gegenüber ses erlitt Josef Reuland einen Genick- wohnender Schwiegersohn, ein SA-Mit- des Nationalsozialismus arbeiteten auf den Ideen des Nationalsozialismus im schuss in der Nähe der Wittener Straße. glied, forderte ihn auf, Josef Stern aus dem Bochumer Stadtgebiet bis zu 32.000 Mai 1937 zum „Nationalsozialistischen Er überlebte und wurde von der Poli- der Wohnung zu werfen. Klauke wei- Zwangsarbeiter, für welche insgesamt Musterbetrieb“ gekürt, der den Einfluss zei zurück in die JVA Bochum gebracht. gerte sich, weil er die Prinzipien der Dort kümmerten sich seine Mitgefan- Menschlichkeit nicht verraten wollte. gen um ihn, unter anderem der nieder- Daraufhin zeigte sein Schwiegersohn ländische Arzt Dr. Andersen. Nach Ein- ihn an und Klauke wurde zu einem marsch der Amerikaner kam er in das Jahr und zwei Monaten Zuchthaus ver- St. Josefs-Krankenhaus. Im Juni 1945 urteilt. Seine Haftstrafe saß Klauke im holten ihn Greimrather Bürger nach Lazarett des Strafgefängnisses Bochum Hause. ab. Die von Alfons Zimmer porträtierten Täter und Opfer zugleich? Gefangenen in der „Krümmede“ ste- Oskar Joseph Nagengast war Opfer und hen exemplarisch für eine weit größere Täter zugleich. Er trat der NSDAP bei Zahl Inhaftierter der Nazi-Diktatur. Vie- und wurde zusätzlich Mitglied der SA. le weitere sind nur namentlich bekannt. Am 16.01.1942 wurde der aus Castrop Das Schicksal der meisten ist völlig in stammende Familienvater aber selbst Vergessenheit geraten. in Hattingen verhaftet. Ihm wurden homosexuelle Kontakte nachgesagt. Er wurde zu einer anderthalbjährigen 32 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 33

Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges Dr. Schenck ergriff die Initiative und BV nach Rücksprache mit dem für die wuchs der Bedarf an Produktionsgü- nahm Verhandlungen mit dem Rüs- Zwangsarbeit beim Bochumer Verein tern des Bochumer Vereins immer wei- tungsministerium in Berlin auf. An dem zuständigen Direktor Dr. Schitz zwei In- ter an, wobei sich deren Erfüllung im- Ende dieser Verhandlungen wurde An- genieure mit dem Auftrag nach Ausch- mer weiter problematisierte. Neben fang 1944 der Einsatz von KZ-Häftlin- witz, gezielt nach körperlich geeigne- der Prekarisierung der Arbeitsverhält- gen, die durch die „Amtsgruppe D“ des ten und geschulten Häftlingen zu nisse wurde dabei der Mangel an Ar- „Wirtschafts- und Verwaltungsamts“ suchen, die den Anforderungen der beitskräften das größte Problem bei der SS in Oranienburg koordiniert wur- Schwerindustrie gerecht werden. Außenlager des KZ Buchenwalds in Bochum, Brüllstraße der Erfüllung der Verträge mit dem de, beschlossen. Nach der veranlassten Im Juni 1944 traf ein 466 Personen Dritten Reich. Inhalt dieser Verträge Besichtigung des Geländes des Bochu- umfassender, aus überwiegend ungari- war die Erhöhung der Kriegsgüterpro- mer Vereins durch zwei SS-Offiziere des schen Juden bestehender, Sammeltrans- der NSDAP, beziehungsweise der Deut- duktion. Trotz des bereits bestehenden KZ Buchenwalds wurde das bereits an port in Bochum ein. Dieser nahm aller- schen Arbeitsfront auf die Belegschaft Einsatzes von Frauen, Kriegsgefange- der Brüllstraße bestehende Arbeitsla- dings nicht den direkten Weg nach aktiv unterstützte – diese Auszeichnung nen und zivilen ausländischen Zwangs- ger als Ort der Außenstelle des KZ Bu- Bochum, sondern wurde über das KZ behielt der BVG bis Kriegsende. Adolf arbeitern verschlechterte sich die Lage chenwalds bestimmt. Anschließend Buchenwald umgeleitet. Der zuvor ein- Hitler selbst stattete dem Bochumer zunehmend. Eine Entfernung der Lei- wurde dessen Ausbau beschlossen und geräumte Ausbau des aus vier Baracken Verein am 14. April 1935 einen Besuch tung des Bochumer Vereins, wegen gezielt Insassen des KZ Buchenwald bestehenden Lagers wurde durch die ab, bei dem er sich von Albert Vögler, eben dieser Nichterfüllung der ausge- und Auschwitz ausgesucht. Der Ar- eingetroffenen Arbeitskräfte ausge- Fritz Thyssen und Walter Borbet unter handelten Verträge, drohte. Eine Dele- beitsplatz der Häftlinge sollte dabei in führt. Dabei unterstanden sie zivilen anderem das Höntroper Werk zeigen gation des Vorstands des Bochumer der Geschossfabrik bestehen. Im Früh- Vorarbeitern des BV und wurden in ließ. Vereins unter der Leitung des Direktors jahr 1944 entsandte der Vorstand des Gruppen von 15 bis 30 Arbeitern einge-

„Saure Wiese“ mit Installation „Laute Stille“ von Marcus Kiel 34 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 35

tallspäne zu schweren Verletzungen den, ist die Zahl der Todesopfer vermut- kam. Auch hier war das Tragen von lich höher. Schutzkleidung untersagt. Die Häftlin- Dies ist nur eines der vielen Beispiele ge hatten bei diesen Arbeiten tägliche der mangelnden Aufarbeitung der Ge- Stückzahlen zu erfüllen. Gelang dies schehnisse im Bochumer Verein wäh- nicht, wurden Prügelstrafen durch die rend der Zeit des Nationalsozialismus. SS ausgeführt. Auch bei „Betteln“ oder Nach Kriegsende sollte so beispielswei- der Äußerung des „Hungers“ kam es zu se die Direktion des Bochumer Vereins körperlicher Gewalt. wegen „verbrecherischer Nachlässig- Die Häftlinge wurden dabei nicht keit mit Todesfolge in vielen Fällen“ an- entlohnt. Das KZ Buchenwald stellte geklagt werden. Die von der Bochumer dem Bochumer Verein eine monatliche Polizei geleiteten Untersuchungen Rechnung. Kosten in Höhe von sechs konnten jedoch in keinem Fall eine kla- Reichsmark für einen Facharbeiter so- re Schuld feststellen. wie vier Reichsmark für einen Hilfsar- Selbst in den wenigen Fällen, in de- beiter fielen an und mussten jeweils nen ehemalige KZ-Häftlinge unmittel- zum 15. des Folgemonats auf ein Giro- bar nach Kriegsende ihre Peiniger fan- konto der Reichsbank Erfurt überwie- den und zur Polizei brachten, kam es sen werden. außer wenigen Monaten Gefängnisauf- Durch drei weitere Sammeltranspor- enthalt zu keiner weiteren Anklage. te, erreichten die Außenlager dabei im Auch der Bochumer Verein entließ die- November 1944 mit 1704 registrierten se Mitarbeiter bloß und setzte keine Arbeitskräften ihren Höchststand. weiteren Untersuchungen an. Das Außenlager wurde im März 1945 Eine Anklage gegen die SS-Wach- teilt. Nach dem Abschluss der Arbeiten duktion tätig. Besonders in Berichten aufgrund der immer näher rückenden mannschaft wurde lediglich von einem umfasste das Lager 17 Baracken, einen über die Arbeit in der Geschossproduk- alliierten Truppen aufgelöst und die amerikanischen Kriegsgericht erhoben. Luftschutzbunker für das Wachperso- tion wird die Unmenschlichkeit der Zu- verbleibenden 1326 Insassen per Bahn- Im Rahmen dieser Anklagen kam es nal, Wachtürme und einen unter Hoch- stände deutlich. In dem sogenannten transport nach Buchenwald zurückge- auch zum Urteilsspruch gegen den ehe- spannung stehenden Zaun. „Pressbau“ wurden glühende Eisenbar- bracht. Laut Urkunden ließen 108 Häft- maligen Leiter des Außenlagers in Bo- Zur Bewachung wurden SS-Wachen ren verarbeitet. Bei diesen Arbeiten linge dabei während des knapp chum, Herrmann Großmann. Dabei des KZ Buchenwalds in den „Außen- war es den Häftlingen nicht erlaubt, zehnmonatigen Bestehens ihr Leben. wurde am 19. November 1948 die To- dienst“ nach Bochum geschickt. Die Schutzkleidung zu tragen. Schwerste Dabei wurde in allen Fällen ein Tod desstrafe, wegen „Verbrechen gegen Führung übernahm dabei Kommandant Verbrennungen am ganzen Körper, be- durch körperliche Gewalt ausgeschlos- die Menschlichkeit“, ausgeführt. Hermann Großmann, der bei den Häft- sonders an den Händen, standen somit sen und die Todesursache „Allgemeine Auch hinsichtlich der Errichtung ei- lingen sehr gefürchtet war. So schreckte auf der Tagesordnung. Wurden Arbei- Körperschwäche“ dokumentiert. nes Gedenksteins wurde 1945 die Mit- er nicht vor direkter körperlicher Gewalt ter beim Tragen von Schutzkleidung er- Die Todesurkunden wurden dabei verantwortung des Bochumer Vereins zurück und durchstreifte das Lager mit wischt, wurden sie von den Aufsehern von den Werksärzten des Bochumer zum Streitthema. beißwütigen Schäferhunden. körperlich misshandelt. Vereins abgenommen, die die Leichna- Auf dem Zentralfriedhof Freigrafen- Die rein männlichen Häftlinge nah- Der andere Arbeitsbereich der Häft- me oft nicht, beziehungsweise nur sehr damm ruhen 1702 Zwangsarbeiter, un- men zum Juni 1944 ihre Arbeit auf und linge lag in der Geschossdreherei. Dort oberflächlich, inspizierten. Da die ver- ter anderem aus Polen, der Sowjetuni- waren dabei in den Bereichen Bau- und wurden in 12-Stunden-Schichten Gra- storbenen oder getöteten Häftlinge im on, Jugoslawien, Belgien und Frankreich Erdarbeiten sowie in der Geschosspro- naten hergestellt, wobei es durch Me- Krematorium Essen eingeäschert wur- stammend. 36 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 37

Eine große Abschiebung fand reichs- schen Juden sowie diejenigen aus den 11 weit Ende Oktober 1938 statt, also we- bereits eroberten Ländern zu ermor- Nordbahnhof nige Tage vor der Reichspogromnacht. den. Betroffen von dieser Maßnahme waren Auf der Wannsee-Konferenz am 20. nahezu 20.000 Menschen, in Bochum Januar 1942 war die Vernichtung der Gedenkort Nordbahnhof – Erinnern an Deportationen aus Bochum waren ca. 70 Personen betroffen. Sie Juden bereits beschlossene Sache. Die Dr. Hubert Schneider ist Historiker und hat über 30 Jahre lang Lehrer an der wurden vom Bochumer Hauptbahnhof Konferenz diente lediglich der Organi- Ruhr-Universität Bochum ausgebildet. Seit 1995 beschäftigt er sich mit der aus, der sich damals noch in der Nähe sation dieses schrecklichen Vorhabens. Geschichte der Bochumer Jüdinnen und Juden. Der Anlass war damals die der heutigen Viktoriastraße befand, am Die Deportationen aus Bochum soll- Gründung des Vereins „Erinnern für die Zukunft“. Der Verein überzeugte die 28. Oktober 1938 an die deutsch-polni- ten planmäßig bereits im Oktober 1941 Stadt Bochum, die überlebenden Mitglieder der jüdischen Gemeinde Boch- sche Grenze gebracht. Die Polen woll- beginnen. Im Zuge des „Weihnachtsver- ums, einzuladen. ten diese Menschen jedoch auch nicht kehrs“ – viele Soldaten waren gegen Im Jahr 1995 folgte eine Gruppe von ungefähr hundert Menschen der Einla- in ihr Land hineinlassen, sodass sie im Ende des Jahres 1941 auf Heimatur- dung des Vereins und reiste nach Bochum. Damit wurde das vordergründige Grenzgebiet festsaßen. Spätestens zum laub – mussten diese Deportationen Vereinsziel erreicht. Es stellte sich jedoch heraus, dass es sinnvoll sein könnte, Kriegsbeginn jedoch wurden diese pol- verschoben werden. Aus Bochum be- die Kontakte zu diesen Menschen zu intensivieren, um weitere Informatio- nischen Juden ins Landesinnere depor- gannen dann die ersten großen Depor- nen über die Geschichte jüdischen Lebens in Bochum sowie die Schicksale von tiert. tationen im Januar 1942. Zu diesem Gegnern der Nationalsozialisten zu erfahren. Im Zuge dieser Erinnerungsar- In diesen Jahren verfolgten die Nati- Zeitpunkt lebten in Bochum ungefähr beit bereiste Dr. Hubert Schneider den Globus und suchte Zeitzeugen auf na- onalsozialisten noch nicht das Ziel, die noch 240 Juden. Die meisten dieser Ju- hezu allen Kontinenten auf. Er sammelte die Berichte dieser Menschen und Juden zu vernichten. Sie wollten das den wurden in großen Gruppen im Ja- schrieb diverse Bücher. Reich zunächst „judenrein“ machen. nuar, April und Juni nach Riga, Zamosc Der Verein „Erinnern für die Zukunft“ existiert bis heute. Höchste Priorität Trauriger Höhepunkt auf dem Weg da- und Theresienstadt deportiert. genießt momentan die Kontaktpflege zu den Überlebenden bzw. deren An- hin war die Pogromnacht vom 9. auf Im Jahr 1943 gab es viele Einzelde- gehörigen. Nachfahren werden bei der Ahnenforschung unterstützt. Jährlich den 10. November 1938. Insbesondere portationen nach Auschwitz und There- gibt der Verein eine Zeitschrift mit dem Thema der Erinnerungsarbeit in der wohlhabende jüdische Männer wurden sienstadt. Stadt Bochum heraus. Darüber hinaus dient diese Zeitschrift als Forum des auch aus Bochum in das Konzentrati- Austausches unter den Angehörigen. onslager Sachsenhausen deportiert. Sie AG Erinnerungsorte Bochum: „Erinnern für die Zukunft“ wirkte auch bei der Gründung der „Initiative wurden wieder entlassen, wenn ihre Fa- Wie sahen die Einzeldeportationen Nordbahnhof“ mit. Diese verfolgt das Ziel, den Nordbahnhof als zentralen Er- milien nachweisen konnten, dass sie aus? innerungsort Bochums zu gestalten. sich um die Auswanderung bemühten. Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges Schneider: änderte sich die Situation jedoch schlag- Dies lässt sich gut am Beispiel von Frau artig. Der Russlandfeldzug der Natio- Lessing belegen. Sie war verheiratet mit AG Erinnerungsorte Bochum: Dr. Hubert Schneider: nalsozialisten verfolgte das Ziel, die einem evangelischen Mann. Die beiden Beginnen möchten wir unser Gespräch Das Thema Deportation ist sehr kom- Grenzen des Reiches zu erweitern. Die hatten neun Kinder. Frau Lessing wurde mit einer allgemeinen Frage. Wann be- plex. Einzeldeportationen gab es be- Juden sollten jenseits des Urals ange­ von einer Begleitperson, vermutlich von gannen im Dritten Reich Deportationen reits ab 1938. Hierbei handelte es sich siedelt werden. Zum Jahreswechsel der Polizei oder der Gestapo, abgeholt von Menschen in die Konzentrations- zunächst um die sogenannten „Ostju- 1941/1942 deutete sich insbesondere und nach Theresienstadt deportiert. und Vernichtungslager und welche Zie- den“, die polnische Staatsbürger oder nach der Niederlage in der Schlacht um Dort starb sie aufgrund der unmensch- le verfolgten die Nationalsozialisten staatenlos waren. Diese Menschen wur- Moskau das Scheitern des Russlandfeld- lichen Behandlung und ihres fortge- mit diesen Maßnahmen? den aus Deutschland einzeln oder in zuges an. Zu dieser Zeit ist vermutlich schrittenen Alters binnen drei Wochen. kleinen Gruppen abgeschoben. die Entscheidung gefallen, die deut- 38 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 39

AG Erinnerungsorte Bochum: deren nichtjüdischen Partnern, den „jü- dann in zwei großen Aktionen 1944 ge- AG Erinnerungsorte Bochum: Wie viele Orte, von denen aus Deporta- disch Versippten“, und den Kindern aus leert. Die Sinti und Roma wurden auf- Wie gestaltete sich der Ablauf dieser tionen stattfanden, gab es in Bochum? diesen Verbindungen, den „Mischlin- grund des vorherrschenden Platzman- Deportationen? gen“. Weitere Einzeltransporte fanden gels mit Beginn der Deportationen der Schneider: bis zum Februar 1945 statt. Die meis- ca. 500.000 ungarischen Juden ermor- Schneider: Die meisten Deportationen fanden vom ten der damals Verschleppten mussten det. Tag und Nacht rollten Züge aus Un- Schulen und öffentliche Plätze dienten Hauptbahnhof aus statt, beispielswei- in Unternehmen der Organisation Todt garn an. Auschwitz-Birkenau war als als Sammelpunkte für die Deportatio- se die großen Deportationen nach Riga Zwangsarbeit leisten. Vernichtungslager nicht mit den Kon- nen. Von dort ging es weiter zum Nord- und Zamosc. Diverse Quellen belegen, zentrationslagern zu vergleichen. Hier bahnhof oder Hauptbahnhof. Auch dass die Deportation nach Theresien- AG Erinnerungsorte Bochum: wurden täglich bis zu 9.000 Menschen Personen aus dem Umland Bochums, stadt Ende Juni 1942 vom Nordbahnhof Welche von den Nationalsozialisten dif- in den Gaskammern und Krematorien beispielsweise aus Witten, mussten sich ausging. Von dort aus wurden Juden famierten Gruppen wurden vom Nord- ermordet. Der Massenmord wurde bis an diesen Orten zusammenfinden. Hier mit dem Bus oder dem Zug zunächst bahnhof Bochum aus deportiert? ins kleinste Detail von SS-Leuten und wurden Familien bereits voneinander nach Dortmund befördert. Ingenieuren der Firma „Topf und Söh- getrennt und entsprechend der Bedürf- Schneider: ne“ aus Erfurt auf perfide Art und Wei- nisse der nationalsozialistischen Kriegs- AG Erinnerungsorte Bochum: Neben Juden und „jüdisch Versippten“ se „perfektioniert“. maschinerie verteilt. In welchem Zeitraum fanden die De- wurden auch Sinti und Roma am Nord- portationen vom Nordbahnhof Bochum bahnhof gesammelt und über Dort- aus statt? mund in das 1943 errichtete „Zigeu- nerlager Auschwitz“ deportiert. Dieses Schneider: Lager bestand bis 1944 und wurde Belegt sind Deportationen im Septem- ber und Oktober 1944 von mit Nichtju- den verheirateten Juden, 40 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 41

AG Erinnerungsorte Bochum: AG Erinnerungsorte Bochum: Das Zusammenleben zwischen den Die Initiative möchte den Ort sukzessive Gibt es Quellen, die diese Deportatio- Was geschah nach Kriegsende mit den Überlebenden und denjenigen, die (ta- aufbauen. Neben historischer Arbeit, nen belegen und die Schicksale der Be- Deportierten? Kehrten sie nach Bochum tenlos) zugesehen hatten, was ihnen der Sammlung von Biografien, soll der troffenen durchleuchten? zurück? Wenn ja, aus welcher Motivati- und ihren Familien nach 1933 gesche- Nordbahnhof auch als Ort der Begeg- on heraus? hen war, war nach 1945 kompliziert nung dienen und beispielsweise den Schneider: und immer noch geprägt von Ressenti- Ausgangspunkt für Stadtführungen Ein Beispiel für eine solche Primärquel- Schneider: ments und einem immer noch vorhan- darstellen und Ausstellungen beherber- le ist das Tagebuch der Susi Schmerler. Nur wenige aus Bochum Deportierte denen massiven Antisemitismus. Zu- gen. Die Familie Schmerler gehörte zu den überlebten die Schreckensherrschaft rückkehrende waren zunächst mittellos. sog. Ostjuden, die im Oktober 1938 von der Nationalsozialisten. Ein kleiner Teil Sie wurden teilweise in Wohnungen AG Erinnerungsorte Bochum: der deutschen Regierung ausgewie- kehrte in die ehemalige Heimat zurück. von stadtbekannten Nazis unterge- Welche Möglichkeiten gewähren uns sen wurde. In Polen wurden sie nicht Die meisten nutzten Bochum nur als bracht, was u.a. den Nährboden für Rückblicke auf die Vergangenheit, wie aufgenommen. So lebten sie bis zum Übergangsstation und versuchten nach neue Diskriminierungen erklärt. 1948 eben diese Aufarbeitung der Geschich- Kriegsausbruch in einem Lager an der Amerika oder in ein anderes Land aus- wurden die meisten der alten Nazis te des Bochumer Nordbahnhofs? deutsch-polnischen Grenze. Susi erhielt zuwandern. nach Entnazifizierungsverfahren ent- – zusammen mit anderen Jugendlichen Alfred Salomon war einer der weni- lastet und als „Mitläufer“ deklariert. Sie Schneider: – Anfang 1939 die Erlaubnis, nach Pa- gen, die zurückkamen, um zu bleiben erhielten ihre Wohnungen zurück. Um es mit den Worten Primo Levis zu lästina auszuwandern. Noch in Deutsch- und an der Neugründung der jüdischen sagen: land begann sie ein Tagebuch zu schrei- Gemeinde in unserer Stadt mitzuwir- AG Erinnerungsorte Bochum: „Es ist geschehen, und folglich kann es ben, das sie bis Mitte 1941 fortführte. ken. Er durchlief mehrere Konzentrati- Warum ist es wichtig, Erinnerungsorte wieder geschehen: darin liegt der Kern Darin beschreibt sie ihren Weg nach Pa- onslager, u.a. das in Auschwitz. als Möglichkeit des kollektiven Geden- dessen, was wir zu sagen haben.“ lästina und die ersten zwei Jahre ihres Die Rückkehrer waren hochtrauma- kens der Opfer des Nationalsozialismus Aktuell gibt es viele gute Gründe, Aufenthalts in einem Kibbuz. Einen brei- tisiert. An psychologische Betreuung in zu schaffen? Wie könnte der Nordbahn- eine aktive Erinnerungskultur zu etab- ten Raum nehmen in dem Tagebuch ihre heutiger Form war nicht zu denken. Die hof, als zentraler und authentischer Ort lieren. Fremdenfeindlichkeit, Antisemi- Bemühungen ein, den Kontakt mit ihren neu gegründete Gemeinde war der Ort, der Erinnerungskultur in Bochum ausse- tismus sowie Hass auf Andersdenkende Eltern und dem kleinen Bruder zu pfle- so sie sich mit anderen Menschen mit hen? beeinflussen unsere Gesellschaft auch gen. Als dieser Kontakt nach Kriegsaus- vergleichbaren Erfahrungen austau- heute. Wichtig ist es, zu verstehen, wie bruch abbrach, schreibt sie in ihrem Ta- schen konnten. Schneider: diese schrecklichen Ereignisse passieren gebuch fiktive Briefe an die Eltern Leider gibt es in Bochum sehr wenig konnten. Der Plan der Nationalsozialis- und den Bruder. Nach dem Krieg authentische Erinnerungsorte. Solche ten war nicht von Anfang an, die Juden erfuhr Susi über das Rote Kreuz, Orte besitzen ungeheures Potenzial. zu vernichten. Es handelt sich hierbei dass ihre Familie zuletzt in Kra- Sie konstruieren eine Situation und At- um einen Prozess, der mit der vermeint- kau war. Dort verlieren sich die mosphäre, die der Realität sehr nahe- lich harmlosen Enteignung und Diskri- Spuren. Das Tagebuch ist ein ein- kommt und sie wirken eindringlicher minierung von marginalisierten Bevöl- drucksvolles Dokument: Nicht für als Erzählungen. kerungsgruppen seinen Anfang nahm. die Öffentlichkeit gedacht, kom- Die Initiative Nordbahnhof entwi- Erinnerungsarbeit sollte über das Ge- men in ihm die Nöte und Gefühle ckelt derzeit eine Konzeption zur Ge- schehene hinausgehen und transferfä- eines jungen Mädchens zum Aus- staltung des Erinnerungsortes. Dafür hig für die Gegenwart und Zukunft druck, das – angesichts der sich soll ein Teil des Gebäudes mit mehreren sein. Sie kann Geschichte erlebbar ma- immer weiter zuspitzenden Le- Räumen angemietet werden. Ziel ist es, chen. Auf verständliche Art und Weise. benssituation – mehr als einmal einen Ort zum Gedenken aller Opfer Für alle. fast den Lebensmut verliert. des Nationalsozialismus zu schaffen. 42 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 43

Lager der Westfalia Dinnendahl Gröp- befinden sich im Innenhof des Polizei- 12 pel AG an der Verkehrsstraße. Die Fa- präsidiums Bochum. Eine Gedenktafel Pauluskirche brikationshallen und das WEDAG-Ver- für die Opfer von sogenannten „End- waltungsgebäude in Bochum werden phaseverbrechen“ – also Verbrechen, heute von unterschiedlichen Betrieben die in den letzten Wochen und Mona- Die schlichte Bruchsteinkirche war die in Form des Gewerbeparks Riemke an ten des Zweiten Weltkrieges begangen erste evangelische Kirche Bochums und der Herner Straße 299 genutzt. Erin- wurde – befindet sich am Eingang zum wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. nerungstafeln für die Zwangsarbeiter Stadtpark an der Bergstraße. Nach dem Wiederaufbau in den Jah- ren 1949/1950 wird neben der Kirche als Mahnmal des Friedens die „Trauern- de Alte“ des Künstlers Gerhard Marcks errichtet, die an Schrecken des schwers- ten Bombenangriffes erinnern soll, der am 4. November 1944 Bochum in Schutt und Asche legte. Die „Trauernde“ wur- de 1955 enthüllt und ist aus Basaltlava gehauen. Dargestellt ist eine gramge- beugte alte Frau, die – wohl vergeb- lich – nach ihren Kindern und Angehö- „Trauernde Alte“ rigen Ausschau hält.

Bochumer Stadtgebiet wurden mehr 13 als hundert Lager und Unterkünfte für Stadtpark Zwangsarbeiter betrieben. Ende Febru- ar 1944 waren etwa 30.000 Zwangsar- beiter in Bochum. Als sich während der Der 1876 angelegte Bochumer Stadt- Befreiung des Ruhrgebiets US-amerika- park ist der älteste Landschaftsgar- nische Truppen näherten, wurden die ten im Ruhrgebiet und befindet sich Lager aufgelöst und die Menschen in in unmittelbarer Nähe zur Bochumer Todesmärschen und Bahntransporten Innenstadt. Auf einer Fläche von über verschleppt. Die Gestapo erschoss noch 31 Hektar beheimatet der Bochumer wenige Stunden vor dem Einmarsch Stadtpark einen Gondelteich mit gro- der US-amerikanischen Truppen in ih- ßen Wasserfontänen, den Bismarck- rem Sitz, einer beschlagnahmten Villa turm mit schönem Ausblick über die in der Bergstraße 76, 20 Zwangsarbei- Stadt, einen Tierpark und einen Rosen- ter und verscharrte ihre Leichen in Bom- garten. Er gehört zu den schönsten und bentrichtern im Bochumer Stadtpark. baumkundlich reichhaltigsten seiner Überliefert ist die willkürliche Erschie- Art in Nordrhein-Westfalen. Doch auch ßung von sechs jungen Menschen, da- hier hat sich Geschichte ereignet. Auf runter fünf Frauen, am 5. April 1945 im 44 Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum Erinnerungsorte am Fußballstandort Bochum 45

VfL Fans für Geschichtsbewusstsein Literatur- und Quellenauswahl

Wir sind eine Gruppe von Fans des VfL und vom „Nationalmasochismus“ die → Nils Havemann: Fußball unterm Hakenkreuz, Bonn 2005. Bochum e.V., die sich bereits seit Jahren Rede ist. Dies ist der größte blinde Fleck → Gerd Liedtke (Hrsg.): Die neue Bochumer Synagoge. Bilder und Texte. Hentrich in verschiedenster Weise aktiv in der populistischen Denkens: dass nicht ge- & Hentrich, Berlin 2011. Fanszene engagieren und diese mit- sehen wird, dass der Umgang der Deut- gestalten. Zudem interessieren wir uns schen mit ihrer historischen Schuld ein → Ernst-Albrecht Plieg: Dr. Otto Ruer. Oberbürgermeister von Bochum 1925 – 1933, alle für die Vereins- und Stadtgeschich- souveräner, reflektierter und deshalb Berlin 2013. te. Wir haben festgestellt, dass über die selbstbewusster ist. Die Auseinander- → Gustav-Hermann Seebold, Alfred Wortmann: Ein Stahlkonzern im Dritten Reich. Gründung und Geschichte des VfL Bo- setzung mit der eigenen Vergangenheit Der Bochumer Verein 1927 – 1945, Wuppertal 1981. chum nur wenige Publikationen exis- nennt man nicht Masochismus, sondern tieren und eine Erinnerungs- und Ge- Geschichtsbewusstsein. Und als wir uns → Henry Wahlig: Anne Castroper. Ein Jahrhundert Fussball mitten in Bochum, Göt- schichtskultur um unseren Verein noch auf die Suche begaben und nachge- tingen 2011. in den Kinderschuhen steckt. Einige Ak- forscht haben, sind wir auf die unglaub- → Henry Wahlig: Die vergessenen Meister: Die jüdische Sportgruppe Bochum tionen sind bereits erkennbar, sei es die liche Geschichte von TuS Hakoah Bo- 1925 – 1938. In: Stiftung Neue Synagoge in Berlin – Centrum Judaicum (Hrsg.), Gestaltung mit verdienten Spielern des chum gestoßen. Wir finden, dass auch Kicker, Kämpfer, Legenden: Juden im deutschen Fußball, Stadionmagazin zur Vereins auf den vormals grauen Säulen diese Zeit erinnerungswürdig ist und Ausstellung der Stiftung Neue Synagoge – Centrum Judaicum, Potsdam 2006. zwischen Stadioncenter und Ruhrstadi- für die Nachwelt erhalten werden soll- on, der „Otto-Wüst-Pokal“ oder der ge- te. Diese Broschüre soll ein erster Schritt → Ingrid Wölk: Bochum (Bochumer Verein). In: Wolfgang Benz, Barbara Distel: Der plante „Ottokar-Wüst-Platz“ zwischen in eine lebendige Erinnerungskultur Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Ruhrstadion und Rundsporthalle. Das sein, wie sie in anderen Fanszenen be- Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006. Gründungsjahr des VfL Bochum in sei- reits etabliert ist. → Ingrid Wölk: Das Außenkommando „Bochumer Verein“ des Konzentrationsla- ner heutigen Form – 1938 – jedoch fällt Denn nur wer die Vergangenheit ger Buchenwald. In: Jan Erik Schulte (Hrsg.): Konzentrationslager im Rheinland in eine Zeit, die traditionell stiefmütter- kennt, kann die Gegenwart verstehen und in Westfalen 1933 – 1945. Zentrale Steuerung und regionale Initiative, Pa- lich in Deutschland behandelt wird. und die Zukunft gestalten. derborn 2005 Wir sind der Auf- fassung, dass man Traditionen nur er- http://bochum-innenstadt.kirchenkreis-bochum.de/pauluskirche.html halten kann, wenn http://www.initiative-nordbahnhof-bochum.de/ man seine Tradition http://vvn-bda-bochum.de/ und Geschichte ge- http://www.kortumgesellschaft.de/ nau kennt und https://www.bochum.de/leidenswege weiß, wo die eige- nen Wurzeln liegen. Fotonachweis: Gerade in der heuti- Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte: Seiten 11, 13, 19, 23, 24, 32, 40 und 43 gen Zeit ist es wich- Stadt Bochum, Referat für Kommunikation: Seiten 7 und 9 tig, eine lebendige Erinnerungskultur Ausschnitt aus dem Amtlichen Stadtplan Bochum. Vervielfältigt mit Genehmigung zu erhalten, wenn des Amtes für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster der Stadt Bochum von „Schuldkult“ vom 15.12.2017, Kontrollnummer: BO/17/425 Seite 46/47 01

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07 01 Stadion an der Castroper Straße Seite 12 02 Vereinsheim Hakoah Seite 14 03 Synagoge damals und heute: Seite 17 03.1 neue Synagoge 03.2 alte Synagoge 04 Dr. Otto Ruer Seite 20 05 Kortumhaus Seite 22 06 Fritz Husemann Seite 24 07 Karl Springer Seite 25 08 Heinrich Imbusch Seite 27 09 Krümmede Seite 28 10 Bochumer Verein (Jahrhunderthalle) Seite 31 11 Nordbahnhof Seite 36 12 Pauluskirche Seite 42 13 Stadtpark Seite 42 Gefördert von: