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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Seevögel - Zeitschrift des Vereins zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V.

Jahr/Year: 1996

Band/Volume: 17_2_1996

Autor(en)/Author(s): Peters Nicolaus

Artikel/Article: Sehr geehrte Mitglieder, liebe Vereinsfreunde 17-19 SEEVÖGEL, Zeitschrift Verein Jordsand, Hamburg 1996 / Band 17, Heft 2 (1 7 )

Sehr geehrte Mitglieder, liebe Vereinsfreunde, Inhalt »Heut bin ich über Rungholt gefahren, die Stadt ging unter vor sechshundert E d ito rial (T rutz B lanke H ans) ...... (17) Jahren«, dichtete Detlev von Liliencron zu Anfang dieses Jahrhunderts. Durch E lstern bekäm pfen? ...... (19) die berüchtigte Sturmflut von 1362, »de grote Mandränke«, waren die Uthlande, P aten sch aften fü r G reifsw alder Oie? ...... (20) wie man das von zahlreichen Wasserläu­ fen aufgegliederte, dem nordfriesischen D eutscher N a tu rsc h u tz ta g in H am b u rg ...... (22) Festland vorgelagerte Marschen- und Halligland nannte, größtenteils aufge­ Standortübungsplatz Hötigbaum: Neues Jordsand-Betreuungsgebiet...... (23) brochen worden. Mehr als 7000 Men­ schen ertranken dabei. Damals erhielt Herbstexkursion zur Hallig S üdfall...... (23) das Wattenmeer mit seinen Inseln im Grunde seine jetzige Gestalt. Immer noch Aufruf zum Ablesen farbberingter Brandseeschwalben...... (24) findet man aus dieser Zeit im Watt die Reste menschlicher Siedlungen wie Fluch oder Segen? - Nicht heimische Vogelarten und die Konsequenzen für Haus- und Kirchwarften, Schleusenanla­ den V o g e ls c h u tz ...... (24) gen und Brunnen; ja sogar Ackerfurchen sind noch zu erkennen. Zwischen den In­ C orrigenda fü r H eft 1 / B and 17 ...... (24) seln Nordstrand und , westlich und nördlich der Hallig Südfall erstreckt Ja h resh au p tv ersam m lu n g des V erein Jo rd sa n d ...... (24) sich das an solchen Funden reiche Rung- holtw att. B uchbesprechungen ...... (23), (24), 26, 36, 45 Rungholt, das nach den alten Karten am Heverstrom lag, war das Siedlungszen­ Kausch, Hartmut: trum der Edomsharde - eine Harde ist Vorhersehbare Auswirkungen der erwarteten Klimaänderungen auf die Öko­ etwa mit einer Groß- oder Samtgemeinde logie der norddeutschen Ästuare, dargelegt am Beispiel der Elbe ...... 2 1 - 2 6 gleichzusetzen. Wenn Liliencron Rung­ Prüter, Johannes, Hans Lohse, Heidemarie Helmsmüller, Gottfried Vauk und holt als reiche Handelsstadt mit Leuten Eike Hartwig: aus aller Herren Länder beschreibt, so Untersuchungen zur Schadstoffbelastung von MöwenLaridae ( ) im Seegebiet muß man das teilweise der dichterischen d er D eutschen B ucht ...... 2 7 - 3 6 Freiheit zurechnen. Allerdings kann Rungholt nicht eben unbedeutend gewe­ Gloe, Peter: sen sein. So ist z.B. aus dem Jah r 1361 Zum Beginn des Wegzuges von Vögeln im August 1994 auf der Insel Euböa eine pergamentene mit Siegel versehene (G riechenland) ...... 3 7 - 3 9 Urkunde überliefert, in der von den Rats­ herren der Edomsharde allen Hambur­ Niedernostheide, Norbert: gern sicheres Geleit und Handelsfreiheit Vergleichende nahrungsökologische Untersuchungen an Fluß- und Küsten­ zugesichert wurde. Rungholt dürfte für seeschwalben (Sterna hirundo u n d St. paradisaea) auf Nigehörn und Schar­ die Region etwa die Bedeutung des heuti­ h ö rn (E lbm ündung) ...... 4 0 - 4 5 gen Husum gehabt haben, obwohl es des­ sen Größe bei weitem nicht erreichte. Titelfoto:Bei der erwarteten Erwärmung des Klimas ist mit einem schnellen Anstieg des Meeresspiegels zu rechnen. Die heutigen W atten (auch, wie hier, im Nationalpark »Ham- Daß sich die Sturmflut von 1362 so ver­ burgisches Wattenmeer« mit seinem Vogelreichtum) werden überflutet, und ihre unteren heerend ausnahm, hatte mehrfachen Bereiche werden zu Sublitoral. Foto: U. Schneider Grund. Eine Reihe schwerer Sturmfluten war in den Jahren 1338, 1341, 1342 und 1354 vorangegangen und hatte das Land destabilisiert. Mit diesen Fluten begann sich immer mehr auszuwirken, daß eine linie sich das Andelgras als nächste Pio­ Ich wollte mit dieser Schilderung umrei­ kombinierte Meeresspielanhebung und nierpflanze dazugesellen konnte. - In ßen, daß das nordfriesische Wattenmeer Landsenkung eingetreten war. Ein Teil einer Karte von 1650 sind jedenfalls die von Anbeginn an eine zwar naturnahe, der Uthlande lag bereits hinter Deichen, Hooge, Norder- und Süderoog, aber eben doch Kulturlandschaft gewe­ die etwa die Stärke unserer heutigen Südfall, Habel, Gröde und längst sen ist. Seine Entstehung verdankt es wie Sommerdeiche aufwiesen. Das hatte vor­ verzeichnet. Sie haben also offenbar gesagt vor allem der Flut von 1362. Die her den Anforderungen durchaus genügt. schon die zweite »Jahrtausendflut« von ausgedehnten Wattflächen, wie wir sie Binnendeichs wurde das Land entwäs­ 1634, die das große Altnordstrand bis auf kennen, hat es vorher nicht gegeben. Die sert, was zur Landsenkung ebenso wie die Reste Pellworm, das heutige Nord­ Naturnähe des Wattenmeeres konnte sich der verbreitete Torfabbau beitrug. Dies und unter­ aufgrund der dünnen Besiedlung und ex­ alles macht auch verständlich, daß die gehen ließ, erlebt und überstanden. tensiven Nutzung erhalten. Im Verlauf Siedlungsspuren aus der Rungholtzeit bis Aus den frühen Karten geht auch hervor, der Jahrhunderte aber wurde die Besied­ zu zwei Meter unter dem gegenwärtigen daß die Halligen zunächst bedeutend grö­ lung dichter, insbesondere die Nutzung Halligniveau aufgefunden werden. ßer gewesen sind. Seit die Halligen kurz immer intensiver, so daß die Naturnähe Im Gegensatz zum Kernland der nord­ nach 1800 das erste Mal genauer vermes­ langsam verloren zu gehen drohte. Das friesischen Inseln sind demnach die Hal­ sen wurden, ist z.B. Hooge fast auf die soll nun der vor zehn Jahren eingerichtete ligen (mit Ausnahme von Nordstran- Hälfte, auf weniger als ein Nationalpark Wattenmeer verhindern dischmoor) keine unmittelbaren Überre­ Fünftel geschrumpft. Die kleinen Halli­ helfen; es gilt, das gedeihliche Miteinan­ ste der Uthlande. Vielmehr hat in strö­ gen Norderoog, Habel und Südfall haben der von Pflanze, Tier und Mensch zu be­ mungsarmen Bereichen des neu entstan­ inzwischen soviel an Fläche verloren, daß wahren. denen Wattenmeeres eine Wiederauf- ihre Bewirtschaftung kaum noch lohnt. Daß die Einrichtung eines Nationalparks schlickung stattgefunden. Eine zeitige So wurden sie nach und nach vom Verein Beschränkungen für die ansässige Bevöl­ Ansiedlung des Quellers begünstigte die Jordsand als Vogelschutzgebiete einge­ kerung bedeutet, ist unabdingbar. Daß Landwerdung, bis schließlich nach einer richtet und zählen heute zu den Kernzo­ mit den Zielen eines Nationalparks nicht Erhöhung über die mittlere Hochwasser­ nen des Nationalparks Wattenmeer. zu vereinbarende bestehende Nutzungen (18) SEEVÖGEL, Zeitschrift Verein Jordsand, Hamburg 1996 / Band 17, Heft 2 und Eingriffe zurückgenommen werden sehbarer Zukunft neue N istplätze suchen ligqualität sein - weitab von Verkehr, müssen, insbesondere wo die Nutzungen müssen. Nur stehen dafür Ausweichge­ L andw irtschaft und Tourismus. Und w ä­ verzichtbar sind oder ausgeglichen wer­ biete im W attenm eer kaum noch zur Ver­ ren sie auch das noch, so bliebe trotzdem den können, dürfte ebenfalls keinefügung; der Mensch hält sie besetzt. Und zu bedenken, daß jeder Landverlust im Streitfrage mehr sein. Parkplätze groß­ stünden sie doch zur Verfügung, so wür­ Wattenmeer für den Küstenschutz insge­ städtischen Ausmaßes im Sandwatt sind den das kaum mehr Brutplätze von Hal­ samt weitreichende Folgen haben kann. verzichtbar. Jetgetriebene Hochge­ schwindigkeitsfähren erscheinen im Na­ Herausgeber Vorstand des Verein Jordsand tionalpark nicht nur nicht angebracht, Verein Jordsand zum Schutze 1. Vorsitzender sondern schlicht überflüssig. Die Ölför­ der Seevögel und der Natur e. V. Prof. Dr.Nicolaus Peters derung sollte nicht ausgeweitet, sondern Verantwortl. i. S. d. Presseges.: Verein Jordsand eingeschränkt werden. Eine Muschelfi­ Prof. Dr. Nicolaus Peters »Haus der Natur« Wulfsdorf scherei, die mit schwerem Geschirr man­ c/o Verein Jordsand 22926 chen Quadratmeter Muschelgrund im »Haus der Natur« Wulfsdorf 2. V orsitzender Jahr mehrfach durchpflügt, ist ökologi­ 22926 Ahrensburg Andreas Hoppe scher Raubbau. Daß ein Teil der Salzwie­ Mit finanzieller Unterstützung Müllerweide 9 d sen von der Schafbeweidung freigehalten des Ministers für Natur und Umwelt 22391 Hamburg wird, ist für Entfaltung und Bestand der des Landes Schleswig-Holstein Telefon (040) 5 3627 23 betreffenden Pflanzen- und Tierwelt not­ Schriftleitung Geschäftsführendes Vorstandsmitglied wendig. In allen diesen und vielen ande­ Peter Bruhns Dr. Eike Hartwig ren Dingen hat sich ein breiter Konsens Duwockskamp 42 Uwe Schneider hersteilen lassen. 21029 Hamburg Dipl.-Biol. Christiane Leuschner Telefon (040) 72429 60 Inwieweit und in welcher Form aber in »Haus der Natur« Wulfsdorf der Zukunft Küstenschutz betrieben 22926 Ahrensburg Schriftführer werden soll, da scheiden sich noch die Telefon (04102) 3 26 56 Inge Doemens Geister. Soll weiterhin vorgedeicht wer­ Hoisdorf er Landstraße 80 Manuskript-Richtlinien den und damit auf Kosten von Watten 22927 Großhansdorf und Salzwiesen neues Koogland entste­ in SEEVÖGEL Bd. 9/Heft 2 (1988) Telefon (04102) 614 51 hen? Sollen anstelle von Entwässerungs­ Autoren erhalten bis zu 30 Stück Schatzmeister sielen Fluttore oder Sperrwerke in die ihres Beitrages kostenlos, auf Anfrage, Dr. Karin Kageler Deichlinie eingesetzt werden, um die weitere gegen Bezahlung Duwockskam p 40 Tide ein- oder auspendeln zu lassen? Sind Interantional Standard Serial Number 21029 Hamburg Telefon (040) 7 214186 Steinschüttungen, Beton und Asphalt zur ISSN 0722-2947 Stabilisierung der Deiche noch akzepta­ Vertreter bel? Sollen vor den Deichen weiterhin Druck Dr. Klaus P. Erichsen Lahnungen und Leitdämme angelegt CUXDRUCK GmbH Haus Sonnholm werden? Das sind nicht allein Fragen des Alte Industriestraße 5 25923 Süderlügum Küstenschutzes; die Belange des Natur­ 27472 Cuxhaven Telefon (046 63) 611 schutzes wollen gleichrangig berücksich­ Telefon (04721) 72 60 Vertreter Jugendgruppe tigt sein. Anzeigen-Werbung Bodo Blume V erlagsgesellschaf t E iderstraße 21 Oder ist im Bereich des Nationalparkes Cuxhavener Nachrichten 22047 Hamburg dem Naturschutz sogar Vorrang einzu­ Kaemmererplatz 2 Telefon (040) 6 6819 72 räumen, insbesondere wo der Mensch 27472 Cuxhaven Geschäftführer und Geschäftsstelle nicht unmittelbar betroffen ist? Da sei Telefon (04721) 585213 Uwe Schneider der beste Naturschutz immer noch der, Telefax (047 21) 58 52 29 Dr. Eike Hartwig (INUF) die Natur gänzlich sich selbst zu überlas­ Auflage »Haus der Jugend« Wulfsdorf sen. Und so möge sich der Mensch doch 22926 Ahrensburg 6000 Stück wenigstens von den Vogelhalligen völlig Telefon (04102) 3 26 56 zurückziehen. Ein solches puristisches Diese Zeitschrift ist auf umwelt­ Institut für Naturschutz- und Umweltschutz »Zurück zur Natur« aber wird der Situa­ verträglich hergestelltem Papier gedruckt. forschung (INUF) des Verein Jordsand tion wohl kaum gerecht. Wie die jüngere Das heißt, bei der Produktion der Faserstoffe wurde keine Chlorbleiche »Haus der Natur« Wulfsdorf Vergangenheit deutlich gezeigt hat und verwendet. 22926 Ahrensburg wie ich in »Seevögel«, Band 16, Heft 3 für Telefon (04102) 5 80 60 Norderoog aufgelistet habe, wie es sich Dieses neuartige Verfahren ist ein wichtiger Beitrag Bankverbindungen außerdem für das heute dänische Jord­ zum Schutz unserer Gewässer. Deutsche Bank AG (BLZ 200 700 00) sand inzwischen bewahrheitet hat, Kto.-Nr. 0 822 973 Namentlich gezeichnete Beiträge würde der fortschreitende Landabbruch Postgirokonto Hamburg stellen die Meinung des Verfassers, die Halligen alsbald total auszehren. Da­ (BLZ 20010020) nicht unbedingt die der Schriftleitung dar. vor können sie auch die an ihrem West­ Kto.-Nr. 3 678-207 ufer oder rundum angebrachten Stein­ Rezensionsexemplare von Büchern Sparkasse Stormarn schüttungen nicht bewahren, wenn nicht oder Zeitschriften bitten wir (BLZ 23051610) gleichzeitig die Halligsockel durch Lah­ an die Schriftleitung Kto.-Nr. 90 020 670 nungen stabilisiert werden. So beobach­ zu senden. ten w ir zur Zeit m it Sorge, wie sich gegen Wir betreuen die Reservate Der Bezugspreis für diese Zeitschrift Hallig Norderoog/NSG die nicht durch Lahnungen geschützte ist im Mitgliedsbeitrag Norderoog-Sand/NSG Nordostseite, von Hallig Habel eine Ab­ (derzeit mindestens 48 DM im Jahr) Hallig Südfall/NSG bruchkante im Wattsockel vorarbeitet enthalten. Oehe-Schleimünde/NSG und an der Südseite der Wattsockel flä­ Möwenberg-Schleswig chig abgetragen wird; beides droht der Wir betreuen die Reservate Scharhörn/NSG Nigehörn Steinschüttung den Halt zu nehmen. Lummenfelsen der Insel Helgoland/NSG Helgoländer Felssockel/NSG /NSG Auch der Bewuchs wie das ganze Deck­ Schwarztonnensand/NSG Eidum-Vogelkoje auf /LSG Asselersand/NSG werk einer Hallig will gepflegt sein, soll Rantum-Becken auf Sylt/NSG das Land nicht von innen heraus durch Stellmoor-Ahrensburger-Tunneltal/N S G Am rum -Odde/N S G Hoisdorfer Teiche/NSG Sturmfluten erodiert werden. Wenn diese Hauke-Haien-Koog Greifswalder Oie/NSG Vorsorge und Pflege unterbleiben, wer­ Hallig Habel H ötigbaum den sich Tausende von Brutvögeln in ab­ SEEVÖGEL, Zeitschrift Verein Jordsand, Hamburg1996 / Band 17,Heft 2 ( 1 9 )

Den Kampf der Küstenbewohner gegen durch Bejagung möglich ist (Jäger und sche Sterblichkeit« zu nennen, was nur die Fluten-vor Augen läßt Goethe seinen Jagdfunktionäre w ürden hier von »Regu­ bedingt richtig ist. Aber die Nachhaltig­ Faust deklamieren: lierung« sprechen, was allerdings sprach­ keit der Jagd auf die meisten Tierarten »Diesem Sinne bin ich ganz ergeben, lich Unfug ist). Soweit ich erkennen beruht auf der Tatsache, daß es stets nur das ist der Weisheit letzter Schluß, kann, wird in der derzeitigen Diskussion gelingt, einen begrenzten Teil der Popu­ nur der verdient sich Freiheit nicht an Fallenfang oder Vergiftungen lation zu töten; es überleben immer so wie das Leben, gedacht. Ich will abschließend kurz dar­ viele Individuen, daß der Bestand länger­ der täglich sie erobern muß.« auf eingehen, wie eine gewisse Reduzie­ fristig nicht reduziert wird. Wenn man »Leben« im Sinne von Natur­rung der Bestände auch unter biologi­ Damit entfällt das Argument, die Elster schutz etwas weiter faßt, als Goethe das schen (und Tierschutz-) Gesichtspunkten habe in den Siedlungen so zugenommen, gemeint haben dürfte, geben diese Worte machbar wäre. weil es dort an natürlichen Feinden m an­ auch ein gutes Leitmotiv für den Natio­ Zweifellos wird eine generelle Freigabe gelt. Es gibt keinen natürlichen Feind, nalpark Wattenmeer ab. der Bejagung dazu führen, daß Elstern der den Elsternbestand auf niedrigem Ni­ Mit besten Grüßen auch dort geschossen werden, wo sie veau hält. Und es ist ein lächerlicher Irr­ Ihr Nie. Peters deutlich abgenommen haben. Das ist glaube, unsere Natur bedürfe des Jägers, nicht im Sinne des Bundesnaturschutz- der sie in Ordnung hält: Ohne die »regu­ Gesetzes (»Erhaltung von Vielfalt und Ei­ lierende« Hand des Jägers nähmen einer­ Elstern bekämpfen? genart«). Mir ist nicht bange um den Fort­ seits Arten überhand und andererseits bestand der Art: Sie hat in der Vergan­ stürben die Arten aus, die dem überhand­ Zu diesem Thema gibt es zahllose Bei­ genheit heftige Verfolgung überlebt, und nehmenden »Raubzeug« schutzlos ausge­ träge, und es ist fast müßig, einen wei­ sie wird die verstärkte Bejagung überle­ liefert sind. teren zu verfassen. Auf der Seite des wis­ ben. Sie wird scheuer, aber an ihrer Dagegen ist der Bestand aller Tierarten senschaftlich begründeten Naturschut­ Dichte (die im wesentlichen von der Er­ abhängig von der Menge (und Qualität) zes türmen sich die Schriften, die bele­ nährungsgrundlage abhängig ist) wird des Ressourcenangebotes und darunter gen, daß eine Elsternbekämpfung unnö­ sich nicht sehr viel ändern. insbesondere der Nahrung (andere Res­ tig, wirkungslos und unmöglich ist. Auf sourcen könnten sein: Nistplätze, Schlaf­ der Seite der Tierschützer findet umge­ Die Reduzierung wird lauthals gefordert plätze, Rastplätze, Bade- oder Sonn- kehrt die Klage kein Ende, daß die El­ in den Bereichen, wo die Elster stark zu­ Möglichkeiten). Bei etlichen Pflanzen­ stern am Niedergang unserer Kleinvögel genommen hat. Aber dort darf gar nicht fressern ist dies offensichtlich auch dem die Hauptschuld tragen. Jäger werden geschossen werden! Nach § 20 BJG heißt Laien völlig klar: Afrikanische Weide­ zudem nicht müde, die Notwendigkeit es: »An Orten, an denen die Jagd nach den tiere (Elefant, Nashorn, Kaffernbüffel, einer intensiven Bekämpfung des »Raub­ Umständen des einzelnen Falls die öf­ Gnus oder Antilopen) sind in ihren Be­ zeugs« zu unterstreichen, und fordern fentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit ständen abhängig vom Futterangebot eine uneingeschränkte Bejagung der El­ stören und das Leben von Menschen ge­ und nicht von der Zahl der Löwen, Hy­ ster. fährden würde, darf nicht gejagt wer­ änen oder Leoparden. Mit der Einführung der Bundesarten­ den.« Es heißt zwar »gejagt« und nicht Wenn wir bei der Elster nach den Ursa­ schutz-Verordnung 1987 erhielten - in »reduziert«, aber für Ruhe, Ordnung, Si­ chen suchen, die zu einer Vermehrung im Umsetzung der EG-Vogelschutzrichtli- cherheit und Gefährdung von Menschen­ städtischen Bereich und an Autobahnen nie - die Elstern »besonderen Schutz« (im leben bedeutet das das Gleiche. geführt haben, dann wird ziemlich klar, Gegensatz zu nur »allgemeinem Schutz«). Was ist eigentlich eine Verordnung wert, daß es bei den städtischen Populationen Darauf forderte insbesondere die Jäger­ die die Reduzierung von Elstern zuläßt, sicherlich das Nahrungsangebot im Win­ schaft die Änderung der EG-Vogel- ohne daß dies gewollt sein kann (ländli­ terhalbjahr ist, das die Bestände so sehr schutzrichtlinie; diese Änderung wurde cher Bereich) oder statthaft ist (städ­ hat anwachsen lassen. An den Autobah­ daraufhin vom BMU in Brüssel bean­ tischer Bereich)? Ganz offensichtlich nen könnten es zwei Ursachen sein: Die tragt. Jetzt wurde die Richtlinie geän­ wurde mit den Verordnungen in Bayern besondere Struktur der Begleitbepflan­ dert. Zwei Bundesländer haben inzwi­ und Nordrhein-Westfalen der Jäger­ zung gibt der Elster gute Nistmöglich­ schen dieser Änderung Rechnung getra­ schaft und den Kleinvogel-Schützern ein keit, währnd die konkurrierende Krähe gen. Bevor weitere Bundesländer das Placebo verabreicht. Placebos sind be­ zunächst kaum nisten kann. Im späteren Gleiche tun, möchte ich nochmals einige kanntlich Medikamente, die wegen ihrer Stadium löst dann aber offenbar die Fakten zusammenfassen und daraus eine geringen Wirkstoffmenge nicht direkt Krähe die Elster ab. Der zweite Grund ist - wohl bisher nicht gezogene - Schlußfol­ wirken; ihre Wirkung rührt aus unter­ das ständig hohe Angebot an überfah­ gerung ziehen. schwelligen Bereichen, vorwiegend aus renen und angefahrenen Tieren, wobei dem psychischen Bereich. wohl auch die an den Autos abgeprallten Die Bestandsänderungen bei der Elster Insekten von den Elstern genutzt werden. Bestandsregulierung Es gibt m.E. keinen Zweifel und wohl auch keine Diskussion darüber, daß die Der Bestand einer Art ist nicht abhängig Elster in Siedlungen stark zugenommen von Jägern (menschlichen und tierischen Im Lebenszyklus der Elster ist das Win­ hat. Diese Zunahme betrifft - wie ich si­ Raubfeinden), die in die Bestände ein- terhalbjahr eine Mangelzeit (»bottle­ cher weiß - weder die ländlichen Kleinge­ greifen und Individuen aus ihnen entfer­ neck«). Sie ist Insektenfresser und als sol­ meinden noch die Kerne der Großstädte. nen. Dies ist zwar unter erfahrenen Öko­ cher spezialisiert auf bodenlebende Kä­ Vielmehr handelt es sich um größere logen eine Binsenweisheit, aber nach wie fer und deren Larven. Diese Nahrung ist menschliche Siedlungen (so etwa ab 2500 vor sind Lehrbücher und die biologische im Winterhalbjahr spärlich und gele­ Einwohner) und ganz besonders die städ­ Trivialliteratur voll von der gegenteiligen gentlich sogar unerreichbar. Da die El­ tischen Randbereiche. Behauptung. ster aber leicht auf Ersatznahrung aus- Im außerstädtischen Bereich - also Feld, Es gibt Ausnahmen von dieser Regel; weichen kann und dort sich als ausge­ Wiese, Wald und kleine Siedlungen - hat diese Ausnahmen betreffen einerseits den sprochener Allesfresser erweist, hat sie die Elster dagegen deutlich abgenom­ Menschen, der durchaus unter bestimm­ die Fähigkeit, im W inter auch völlig ohne men. Eine Ausnahme stellen Autobahnen ten Bedingungen eine Art durch übermä­ Insektennahrung zu überleben. und ähnliche Trassen dar, in denen die ßige Bejagung ausrotten kann, und ande­ Und genau das ist der Grund für ihre Zu­ Elster teilweise häufig ist. rerseits ökologische Sondersituationen; nahme: Im Winterhalbjahr, in der Zeit, in sie berühren aber nicht Tiere wie die El­ der eigentlich die Bestände beschnitten Reduzierung der Bestände ster. Das bedeutet: Man kann bei den werden, ist in den städtischen und stadt­ Ich will hier nicht die Frage diskutieren, meisten Tierarten zwar Tiere in größerer ähnlichen Gebieten das Nahrungsange­ ob die Reduzierung der Elster nötig ist. Zahl töten, aber man kann die Bestände bot für die Elster riesig groß. Dieses N ah­ Ich möchte vielmehr der Frage nachge­ dadurch nicht wesentlich verändern. Dr. rungsangebot setzt sich aus verschiede­ hen, ob und wieweit eine Reduzierung Kalchreuther pflegt dies »kompensatori­ nen Teilen zusammen: