BUNDESKARTELLAMT

9. BESCHLUSSABTEILUNG

B9 – 52111 – Fa – 27/05

FÜR DIE VERÖFFENTLICHUNG BESTIMMT

FUSIONSVERFAHREN

VERFÜGUNG GEMÄSS § 40 ABS. 2 GWB

BESCHLUSS

In dem Verwaltungsverfahren

1. Zentrale AG & Co. KG, Hamburg Verfahrens- und Zustellungsbevollmächtigte zu 1.: Rechtsanwälte White & Case LLP Jungfernstieg 51 (Prien-Haus) 20354 Hamburg

2. ITM Entreprises S.A., Paris, Frankreich Verfahrens- und Zustellungsbevollmächtigte zu 2. sowie Zustellungsbevollmächtigte zu 3., 4., 6. und 7.: Rechtsanwälte Linklaters Börsenplatz 1 50667 Köln

3. SPAR Handels AG, Hamburg

4. Michael Schels & Sohn GmbH & Co. OHG, Maxhütte-Haidhof

5. Offene Handelsgesellschaft NETTO Super- Zustellungsbevollmächtigter zu 5. und 8.: markt mbH & Co., Stavenhagen Herr Rechtsanwalt Robert Dorr Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Friedrichstraße 14 70174 Stuttgart

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6. Alliance internationale de distributeurs ALIDIS S.A., Genf, Schweiz

7. Centros Comerciales Ceco, S.A. Elorrio, Spanien

8. Dansk Supermarked A/S, Hojbjerg, Dänemark - Beteiligte -

wegen Prüfung eines gem. § 39 GWB angemeldeten Zusammenschlussvorhabens nach §§ 35 ff. GWB hat die 9. Beschlussabteilung am 25. August 2005 beschlossen:

I. Das mit Schreiben vom 29. April 2005 angemeldete Vorhaben wird freigegeben. II. Die Gebühr für die Anmeldung wird auf [...] € (in Worten: [...] €) festgesetzt und den Beteiligten zu 1. bis 8. als Gesamtschuldner auferlegt.

Gründe

A. Sachverhalt

Die EDEKA Zentrale AG & Co. KG („EDEKA Zentrale“) beabsichtigt, die SPAR Handels AG („SPAR“) sowie sämtliche Anteile der Michael Schels & Sohn GmbH & Co. OHG („NETTO Schels“) von der ITM Entreprises S.A., Frankreich („ITME“) zu erwerben. Darüber hinaus beabsichtigt die EDEKA Zentrale, von ITME 25 % der Anteile der Offene Handelsgesellschaft NETTO Supermarkt GmbH & Co., Stavenhagen („NETTO Stavenhagen“) zu erwerben und mit diesem Unternehmen in begrenztem Umfang gemeinsam Waren zu beschaffen. Die EDEKA Zentrale plant weiterhin, sich an der bestehenden Kooperation „ALIDIS/Agenor“ zwischen ITME und Centros Comerciales Ceco S.A., Spanien („EROSKI“) in den Bereichen der grenzüberschreitenden Vermarktungsleistungen für internationale Markenartikel und der grenzüberschreitenden Einkäufe von internationalen Preiseinstiegsprodukten („Netto/Netto- Produkte“)1 zu beteiligen. Zu diesem Zweck will die EDEKA Zentrale 33,33 % Anteile der Ge- sellschaft Alliance internationale de distributeurs ALIDIS S.A., Genf („ALIDIS“) erwerben und [...] einen Dienstleistungsvertrag abschließen.

1 Als Netto/Netto-Produkte werden alle Discount-Eigenmarken oder Preiseinstiegsprodukte bezeichnet, deren Einkauf „Netto/Netto“ ausgehandelt wird und bei denen es sich nicht um Markenartikel handelt. - 3 -

1. Beteiligte Unternehmen

Zu den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen gehören - unter Einbeziehung des Einstiegs der EDEKA Zentrale in die Kooperation ALIDIS/Agenor - die EDEKA Zentrale, SPAR, Netto Schels, NETTO Stavenhagen und Dansk Supermarked sowie ALIDIS, ITME und EROSKI (zu ALIDIS, ITME und EROSKI siehe unter Ziffer B. 2.3.1).

1.1 Die im Lebensmitteleinzelhandel tätige EDEKA-Gruppe ist genossenschaftlich organi- siert. Die derzeit rund 3.800 Kaufleute sind Mitglieder der 13 regionalen Genossenschaften, von denen jeweils eine oder mehrere Genossenschaften 50 % an je einer der sieben EDEKA-Regionalgesellschaften direkt halten. Die Kaufleute betreiben als selbstständige Einzelhändler („SEH“) derzeit [über 5.000] Märkte.

Die übrigen 50 % Anteile an den Regionalgesellschaften werden über die EDEKA Zentrale gehalten, die wiederum im Eigentum der regionalen Genossenschaften steht. Die EDEKA Zentrale hält über 95 % der Anteile an der AVA Allgemeine Handelsgesellschaft der Ver- braucher AG, Bielefeld („AVA“). Die AVA betreibt ihrerseits [über 300] Einzelhandelsge- schäfte (Marktkauf).

Die Regionalgesellschaften sind für die Belieferung der Einzelhandelsbetriebe der EDEKA–Gruppe zuständig und führen die derzeit [über 2.000] EDEKA-Regiemärkte.

Der Einkauf der sieben EDEKA-Regionalgesellschaften und der AVA erfolgt in erster Linie regional. In einigen Bereichen kaufen die SEH auch lokal ein. Für einige Lieferanten ha- ben die EDEKA-Regionalgesellschaften ihren gemeinsamen nationalen Einkauf über die EDEKA Zentrale organisiert. An diesem Zentraleinkauf sind auch die AVA und die Globus SB Warenhaus Holding GmbH & Co. KG, Sankt Wendel („Globus“) beteiligt. Die EDEKA- Regionalgesellschaften verhandeln derzeit mit ca. [...] Markenartikelherstellern über Pro- dukte mit einem Einkaufsvolumen von [...] Mrd. €. Die übrigen Produkte der EDEKA- Gruppe werden regional durch die einzelnen Regionalgesellschaften oder lokal durch die SEH beschafft. Das durch diese Einkäufe betroffene Beschaffungsvolumen beträgt [...] Mrd. €.

Im Bereich des internationalen Einkaufs ist EDEKA bisher Mitglied der Einkaufskoopera- tion AMS Sourcing P.V., Niederlande („AMS“), von der EDEKA ausschließlich Preisein- stiegsprodukte im Wert von [...] Mio. € bezieht. EDEKA beabsichtigt, nach Vollzug des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens aus der AMS auszusteigen. - 4 - Neben den SEH beliefert der regionale EDEKA-Zustellgroßhandel noch [über 100] Cash & Carry Standorte.

Die Umsatzerlöse der EDEKA Zentrale beliefen sich im Jahr 2004 auf ca. 11,59 Mrd. € weltweit. Davon wurden ca. 11,53 Mrd. € in der EU, einschließlich 11,52 Mrd. € in Deutschland, erzielt. Die EDEKA-Regionalgesellschaften werden nicht von der EDEKA Zentrale konsolidiert. Der Umsatz der EDEKA-Gruppe betrug im Jahr 2004 weltweit 31,57 Mrd. €, von denen 1,59 Mrd. € in Österreich, Dänemark und Tschechien sowie weitere 76 Mio. € in Russland erzielt wurden. Die restlichen Umsätze wurden in Deutsch- land erzielt.

Die EDEKA Zentrale und die EDEKA-Regionalgesellschaften halten derzeit an über 40 Unternehmen Beteiligungen in Höhe von mindestens 50 %. Kooperationspartner der EDEKA Zentrale waren im Jahr 2003 [u. a.] Globus, St. Wendel, und die Gedelfi GmbH & Co. KG.

1.2 Die SPAR Handels AG („SPAR“) ist eine 100 %ige Tochter der ITME. Nach weitge- hender Veräußerung ihrer Regiemärkte2, sowie dem Verkauf sämtlicher Anteile der Dis- count-Gesellschaften NETTO Schels (100 %) und NETTO Stavenhagen (50 %) an ITME besteht das Geschäft der SPAR im Wesentlichen in der Belieferung der [über 1.500] selbstständigen SPAR-Einzelhändler, die [über 2.000] Märkte betreiben, und in der Belieferung von [...] weiteren Einzelhandelskunden sowie der [...] Kunden des sogenann- ten SPAR Convenience-Bereichs (Tankstellen und Convenience-Stores)3.

Im Jahr 2004 erzielte SPAR Umsatzerlöse von insgesamt ca. 5,72 Mrd. € ausschließlich im Inland. Davon entfielen [etwa 3] Mrd. € auf Umsatzerlöse von NETTO Schels und NETTO Stavenhagen. Die verbleibenden Umsatzerlöse verteilen sich auf Regiemärkte des Lebensmitteleinzelhandels ([...] Mio. €) und den Großhandel, der seinen Umsatz im Schwerpunkt mit den selbstständigen SPAR-Einzelhändlern tätigt. Durch den Verkauf der Beteiligungen der NETTO-Discounter und die fast vollständige Privatisierung der Regie- märkte wird SPAR zukünftig faktisch keinen Umsatz mehr im Einzelhandel erzielen. Beteiligungen von 50 % und mehr hält die SPAR derzeit an rund 30 Unternehmen.

1.3 NETTO Schels ist mit [über 1.000] Regiemärkten (Stand 31.12.2004) in der Vertriebsform des Softdiscounters4 in Deutschland tätig. Bis zur Veräußerung an ITME

2 Nach Angaben der Parteien hat sich die Zahl der SPAR-Regiemärkte von [...] (Stand: 31.12.2004) am Ende des ersten Halbjahres 2005 auf [...] Regiemärkte reduziert. 3 Zum Jahresende 2005 laufen [...] Verträge der SPAR mit Tankstellenbetreibern aus. Betroffen sind insgesamt [...] Kunden. 4 Als Softdiscounter werden solche Discounter bezeichnet, die über eine größere Sortimentsbreite und -tiefe als Harddiscounter, wie z.B. NETTO Stavenhagen, verfügen. EDEKA, die nach eigenen Angaben als - 5 - Ende 2004 wurden ihre Anteile zu 100 % von SPAR gehalten. NETTO Schels erzielte 2004 Umsatzerlöse in Höhe von [über 2] Mrd. €. Im Ausland wurden keine Umsätze er- zielt.

Das Einkaufsvolumen von NETTO Schels, welches sich im Jahr 2004 auf [...] Mrd. € be- lief, wird bei den Lieferanten teilweise gemeinsam mit SPAR und teilweise alleine verhan- delt. Preiseinstiegsprodukte verhandelt NETTO Schels ganz überwiegend unmittelbar mit den Herstellern.

NETTO Schels hat keine Tochtergesellschaften.

1.4 NETTO Stavenhagen ist mit [über 200] Regiemärkten (Stand: 31.12.2004) in der Vertriebsform des Harddiscounters5 in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt tätig. Die bisherige 50 %ige Beteiligung der SPAR an NETTO Sta- venhagen wurde Ende 2004 an ITME veräußert, die ihrerseits 25 % an die bisherige Mit- gesellschafterin Dansk Supermarked weiterverkaufte. Dansk Supermarked verfügt nun- mehr über 75 % der NETTO Stavenhagen-Anteile und die Alleinkontrolle an Netto Staven- hagen. Der Erwerb der alleinigen Kontrolle wurde am 25. April d. J. durch die Europäische Kommission freigegeben.6

NETTO Stavenhagen verhandelt sein Einkaufsvolumen [teilweise] gemeinsam mit SPAR. [Der andere Teil] des Einkaufsvolumens wird von NETTO Stavenhagen direkt mit regio- nalen Herstellern verhandelt. Preiseinstiegsprodukte bezieht NETTO Stavenhagen über die Einkaufskooperation AMS.

Netto Stavenhagen hat keine Tochtergesellschaften.

1.5 Dansk Supermarked ist insbesondere in Dänemark und daneben in Deutschland, Großbritannien, Schweden und Polen im Lebensmitteleinzelhandel tätig.

Im Geschäftsjahr 2004 erzielte Dansk Supermarked einen konsolidierten Umsatz von [über 6] Mrd. €, der ausschließlich in Europa erzielt wurde. Der in Deutschland erwirt- schaftete Umsatz in Höhe von [über 500] Mio. € wurde allein von NETTO Stavenhagen erwirtschaftet.

Neben NETTO Stavenhagen und der Holding NETTO Supermarkt GmbH7 hat Dansk Su- permarked keine weiteren deutschen Tochtergesellschaften. Dansk Supermarked wird gemeinsam von der F. Salling A/S und der A. P. Möller-Maersk-Gruppe kontrolliert. Ver-

Vollsortimenter [...] Artikel führt, schätzt, dass der Harddiscounter NETTO Stavenhagen nur [...] Artikel in seinem Sortiment hält. 5 Vgl. vorhergehende Fußnote. 6 Siehe Case No. COMP/M.3726-“Dansk Supermarked/NETTO”. 7 NETTO Supermarkt GmbH hält die Beteiligung von Dansk Supermarked an NETTO Stavenhagen. - 6 - bundene Unternehmen der Dansk Supermarked sind in Großbritannien, Schweden und Polen tätig.

2. Zusammenschlussvorhaben

Die EDEKA Zentrale beabsichtigt, sämtliche Anteile an der SPAR und an NETTO Schels sowie 25 % der Anteile an NETTO Stavenhagen von ITME zu erwerben. Die übrigen An- teile werden mittelbar von Dansk Supermarked gehalten. NETTO Stavenhagen unterliegt der alleinigen Kontrolle durch Dansk Supermarked.

Des Weiteren beabsichtigt EDEKA Zentrale, sich an ALIDIS mit einem Anteil von 33,33 % zu beteiligen. ALIDIS steht zu gleichen Anteilen im Eigentum von ITME und EROSKI. Auf der Grundlage von Bestimmungen in dem die ALIDIS betreffenden Zusammenarbeits- und Aktionärs-Bindungsvertrag würde ALIDIS durch die EDEKA Zentrale, ITME und EROSKI gemeinsam kontrolliert werden. Wesentliche Entscheidungen bedürfen grundsätzlich der Zustimmung aller drei Gesellschafter. [...].

3. Kooperationsvorhaben

Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung an ALIDIS beabsichtigt EDEKA an der durch Agenor umgesetzten Kooperation zwischen ITME und EROSKI teilzunehmen. Die Kooperation betrifft die gemeinsame Vermarktung grenzüberschreitender vertrieblicher Leistungen für Hersteller internationaler Markenartikel sowie die gemeinsame Nachfrage von Preiseinstiegsprodukten bei internationalen Lieferanten. Des Weiteren beabsichtigt EDEKA, mit NETTO Stavenhagen bei der Warenbeschaffung zusammenzuarbeiten, um NETTO Stavenhagen nach dem Wegfall ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbindungen mit ITME und SPAR für ihren überwiegend nationalen Einkauf eine Bündelung ihres Einkaufsvolumens mit EDEKA zu ermöglichen. Vorgesehen ist, das Einkaufsvolumen von NETTO Stavenhagen bei deren wichtigsten Lieferanten, die auch Lieferanten der EDEKA sind, mit EDEKA zu bündeln. Angesichts der beschränkten Sortimentsüberschneidung zwischen dem Vollsortimenter EDEKA und dem Harddiscounter Netto Stavenhagen gehen die Parteien davon aus, dass das zwischen EDEKA und Netto Stavenhagen gebündelte Einkaufsvolumen [...] Mio. € nicht überschreitet. 4. Gang des Verfahrens

Das Zusammenschlussvorhaben ist mit Schreiben vom 29. April 2005, eingegangen beim Bundeskartellamt am selbigen Tage, gemäß § 39 GWB angemeldet worden. Mit Schrei- ben vom 13. Mai 2005, eingegangen bei den Verfahrensbevollmächtigten zu 1. am 18. Mai 2005, und den Verfahrensbevollmächtigten zu 2. am 19. Mai 2005, wurde den anmeldenden Unternehmen fristgerecht mitgeteilt, dass die Beschlussabteilung das Hauptprüfverfahren eingeleitet hat (§ 40 Abs. 1 Satz 1 GWB). Die Frist für die Untersa- gung des Vorhabens endet am 29. August 2005 (§ 40 Abs. 2 Satz 2 GWB).

Mit Fax vom 30. Juni 2005, eingegangen im Bundeskartellamt am selbigen Tage, hat die Prahm Holding GmbH & Co. KG („Prahm“) gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB die Beiladung zu dem Zusammenschlussverfahren beantragt. Den anmeldenden Unternehmen ist mit Schreiben vom 13. Juli 2005 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Jeweils mit Faxschreiben vom 25. Juli 2005 haben die Beteiligten zu 1. und 2. der Beiladung wi- dersprochen. Mit Faxschreiben vom 19. August 2005, eingegangen beim Bundeskartell- amt am selbigen Tage, hat Prahm ihren Antrag auf Beiladung zurückgenommen. - 8 -

B. Rechtliche Beurteilung

1. Förmliche Prüfung

Der Zusammenschluss erfüllt die formellen Voraussetzungen gemäß §§ 35 ff. GWB.

Das Vorhaben ist gemäß § 35 Abs. 1 GWB kontrollpflichtig. Die Ausnahmetatbestände des § 35 Abs. 2 GWB liegen nicht vor. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist gemäß § 35 Abs. 3 GWB nicht für die Prüfung des Zusammenschlussvorhabens zuständig.

Auf den Erwerb der Anteile der SPAR durch die EDEKA Zentrale ist die Europäische Fu- sionskontrollverordnung („FKVO“) gemäß Art. 1 Abs. 2 letzter Halbsatz FKVO nicht anwendbar, da die beteiligten Unternehmen mehr als zwei Drittel ihrer Umsätze in Deutschland erzielen. Das Vorhaben erfüllt die Zusammenschlusstatbestände des § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 Buchst. a) GWB. Auf den Erwerb sämtlicher Anteile an NETTO Schels durch die EDEKA Zentrale ist die europäische Fusionskontrolle gemäß Art. 1 Abs. 2 letzter Halbsatz FKVO ebenfalls nicht anwendbar. Der Erwerb unterliegt gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 Buchst. a) GWB der deutschen Fusionskontrolle.

Der Erwerb einer Beteiligung von 25 % ohne Kontrollrechte an NETTO Stavenhagen durch die EDEKA Zentrale erfüllt keinen Zusammenschlusstatbestand nach Art. 3 Abs. 1 bis 3 FKVO und unterliegt daher nicht der europäischen Fusionskontrolle. Im Rahmen der deutschen Fusionskontrolle erfüllt das Vorhaben die Zusammenschlusstatbestände des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) (Anteilserwerb) und Nr. 3 Satz 3 GWB (Gemeinschaftsunter- nehmen mit Dansk Supermarked, bei der 75 % der NETTO Stavenhagen-Anteile verblei- ben).

Der Anteils- und (Mit-)Kontrollerwerb an ALIDIS durch EDEKA, ITME und EROSKI erfüllt die Zusammenschlusstatbestände des § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 Buchst. b) GWB8 und des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB (Gemeinschaftsunternehmen). Der Erwerb unterliegt nicht der europäischen Fusionskontrolle. Er bewirkt keinen Zusammenschluss im Sinne des Art. 3 Abs. 4 FKVO, da ALIDIS nicht auf Dauer alle Funktionen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt (Gemeinschaftsunternehmen ohne Vollfunktionscharakter). ALIDIS koordiniert die Vermarktungs- und Einkaufsaktivitäten der Anteilseigner und ist

8 Auch die Änderung der Kontrolle von ITME und EROSKI an ALIDIS durch die Aufnahme eines weiteren mitkontrollierenden GU-Mutterunternehmens, EDEKA Zentrale, erfüllt Zusammenschlusstatbestände, vgl. Immenga/Mestmäcker, 3. Aufl., § 37 GWB Rdn. 43. - 9 - selbst am Markt nicht tätig. Die Aufgabe der Vermarktung und des Einkaufs nimmt Agenor wahr, [...].

2. Materielle Prüfung

Die Zusammenschlussvorhaben erfüllen nicht die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 GWB. Es ist nicht zu erwarten, dass die Zusammenschlussvorhaben zur Entstehung oder zur Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der EDEKA führen werden.

2.1 Absatzmärkte im Lebensmitteleinzelhandel

2.1.1 Sachlich relevanter Markt

Sachlich relevanter Markt ist der Lebensmitteleinzelhandel („LEH“). Das Bundeskartellamt grenzt diesen Markt in ständiger Verwaltungspraxis unter Einbeziehung aller Vertriebsty- pen (z.B. SB-Warenhäuser, Verbrauchermärkte, Supermärkte, Nachbarschaftsmärkte) als Einzelhandel mit einem Lebensmittelsortiment in seiner typischen Zusammensetzung ab. Zum LEH zählt das Bundeskartellamt neben Nahrungs- und Genussmitteln sowie Körper- pflege-, Wasch- und Reinigungsmitteln das gesamte typische Non-Food-Randsortiment, soweit es 20 % des Gesamtumsatzes eines Lebensmitteleinzelhändlers nicht überschrei- tet (BKartA vom 17.08.1984, WuW/E BKartA 265 – “Coop / Wandmaker”)

Im Bereich des durch eine größere Sortimentstiefe, höhere Qualitätsanforderungen und ein höheres Preisniveau geprägten Spezialhandels, wie dem Nahrungsmittelhandwerk, grenzt das Bundeskartellamt in ständiger Verwaltungspraxis produktbezogene eigenstän- dige Märkte ab.9 Für das Ergebnis der wettbewerblichen Beurteilung des vorliegenden Falles kommt es auf die Frage der Einbeziehung des Spezialhandels in den LEH-Markt nicht an. In jedem Fall wird der Spezialhandel vom Bundeskartellamt in die wettbewerb- liche Gesamtwürdigung einbezogen.

2.1.2 Räumlich relevanter Markt

In ständiger Verwaltungspraxis grenzt das Bundeskartellamt die LEH-Märkte regional ab. Zu diesem Zweck hat das Bundeskartellamt das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in durch Oberzentren definierte Regionen eingeteilt. Der räumlich relevante Markt ist je-

9 A.A. offenbar die Monopolkommission, vgl. Sondergutachten 14, Die Konzentration im Lebensmitteleinzel- handel, S. 62 f. - 10 - weils das Gebiet in einem Umkreis von ca. 20 km (20 Autominuten) um das Oberzentrum, dem der Standort des zu erwerbenden Lebensmittelgeschäftes zuzurechnen ist.

Demgegenüber neigen die Parteien dazu, einen nationalen LEH-Markt abzugrenzen. Sie weisen darauf hin, dass die wichtigsten Wettbewerber der Zusammenschlussbeteiligten bundesweit tätig sind und als Einhandunternehmen auch die Sortimentsgestaltung zentral steuern und bundesweit werben. Die Verbundgruppen EDEKA und SPAR seien mit ihrem fehlenden Durchgriff auf das Regal ihrer Händler und dem daraus resultierenden Mangel an zentraler Sortimentsgestaltung und landesweiter Werbung lediglich Ausnahmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Zur Unterstützung ihrer Auffassung verweisen die Parteien insbesondere auf die Entscheidung der Europäischen Kommission im Verfahren REWE/Meindl,10 in denen die Kommission eine räumliche Marktabgrenzung nahe legt, die das gesamte Gebiet Österreichs umfasst.

Das Bundeskartellamt sieht im Hinblick auf die regional begrenzte Nachfrage im LEH keine Veranlassung, von seiner bisherigen Praxis der Abgrenzung regionaler Absatz- märkte im LEH abzuweichen.11 Jedenfalls können auch bei Beurteilung regionaler Märkte die benachbarten Märkte in die wirtschaftliche Gesamtwürdigung einbezogen werden. Für das Ergebnis der wettbewerblichen Beurteilung des vorliegenden Zusammenschlussvor- habens kann die Frage der räumlichen Marktabgrenzung dahinstehen, da in keinem Fall die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 GWB erfüllt sind.

2.1.3 Wettbewerbliche Einordnung der selbstständigen Lebensmitteleinzelhändler

Bei der Frage der Entstehung oder der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung durch den Zusammenschluss ist zunächst zu berücksichtigen, inwieweit die selbstständi- gen Lebensmitteleinzelhändler („SEH“) der EDEKA-Gruppe und der SPAR diesen Unter- nehmen wettbewerblich zuzurechnen sind.

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes kommt die Verbundklausel des § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB nicht zur Anwendung, da die EDEKA und die SPAR gesellschaftsrechtlich an ihren SEH nicht entsprechend beteiligt sind.12 Demnach können die Marktanteile der SEH im Rahmen des § 19 Abs. 3 GWB (Vermutung der Marktbeherrschung) nicht berücksich- tigt werden. Diese Auffassung teilen auch die Parteien.

10 Europäische Kommission, IV/M 1221, 03.02.1999, Tz. 18 ff.. 11 Dies hat das Bundeskartellamt auch stets in formellen und informellen Stellungnahmen gegenüber der Europäischen Kommission deutlich gemacht. 12 Nach Auskunft der Parteien hält lediglich die SPAR an [...] SEH-Märkten eine Minderheitsbeteiligung. - 11 - Nach Ansicht der Parteien sind die SEH auch im Rahmen des § 19 Abs. 2 GWB (Markt- beherrschung) nicht zu berücksichtigen. Zur Begründung ihrer Auffassung verweisen die Parteien im Wesentlichen darauf, dass der einzelne SEH das volle wirtschaftliche Risiko seines Lebensmittelmarktes allein trage, es zwischen den SEH keine gegenseitige Rück- sichtnahme im Wettbewerb vor Ort sowie keine finanziellen Ausgleichspflichten gebe. Außerdem stehe es den SEH grundsätzlich frei, ihre Waren nicht bei einer EDEKA-Groß- handlung einzukaufen, und die SEH könnten ihren Marktauftritt selbst gestalten.

Im Gegensatz zu den Parteien neigt das Bundeskartellamt weiterhin dazu, anzunehmen, dass das Wettbewerbsverhältnis zwischen den SEH und den Regiemärkten der EDEKA- Gruppe und der SPAR eingeschränkt ist. Bei den selbstständigen EDEKA-Einzelhändlern handelt es sich nach ständiger Einschätzung des Bundeskartellamtes um ein „befreunde- tes Umfeld“, von dem keine vollen Wettbewerbsimpulse ausgehen.

Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Marktstellung der EDEKA nach § 19 Abs. 2 GWB sind die Marktanteile der SEH der EDEKA-Gruppe zu berücksichtigen. Ein Kriterium für die Annahme einer überragenden Markstellung nach § 19 Abs. 2 GWB ist die Verflechtung mit anderen Unternehmen. Als Verflechtung im Sinne dieser Vorschrift ist jede wirtschaftli- che, rechtliche oder personelle Beziehung zwischen Unternehmen anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, dass das eine Unternehmen das andere beherrschen kann.13

Die SEH der EDEKA-Gruppe sind zunächst über ihre genossenschaftliche Einbindung als Eigentümer der EDEKA Zentrale und Miteigentümer der regionalen EDEKA-Großhand- lungen sowie über die zwischen einzelnen SEH und dem EDEKA-Konzern bestehenden Miet-, Darlehens- und Pachtverträge teilweise eng an den EDEKA-Konzern angebunden. Des Weiteren beziehen die SEH bundesdurchschnittlich [den weit überwiegenden Teil] ihrer Waren von den EDEKA-Großhandlungen und haben über ein einheitliches Eckarti- kelsortiment, gemeinsame Werbeaktionen, eine vergleichbare Qualität ihrer Produkte und die Nutzung der EDEKA-Farben und –Schrifttypen gegenüber den Nachfragern einen ein- heitlichen Marktauftritt.

In einer ähnlichen Weise wie die EDEKA-SEH sind auch die selbstständigen SPAR-Ein- zelhändler im Rahmen des § 19 Abs. 2 GWB zu berücksichtigen. Zwar gibt es im Gegen- satz zur EDEKA keine genossenschaftliche Verflechtung zwischen den selbstständigen SPAR-Einzelhändlern und der SPAR, jedoch sind die SPAR-Einzelhändler insbesondere über den gemeinsamen Warenbezug14 sowie über bestehende Miet-, Pacht- und Dar-

13 Vgl. BGH vom 19.12.1995, WuW/E BGH 495 ff. – „Raiffeisen“. 14 Die Spar Einzelhändler beziehen knapp [...] % ihres gesamten Einkaufsvolumens beim Spar-Großhandel. - 12 - lehensverträge wirtschaftlich in die SPAR-Organisation eingebunden. [...]. Ein einheitlicher Marktauftritt unter Einschluss der selbstständigen SPAR-Einzelhändler wird auch durch Nutzung eines einheitlichen Emblems (“SPAR-Tannenbäumchen“) erreicht.

2.1.4 Wettbewe rbliche Einordnung von NETTO Stavenhagen

Die Beschlussabteilung ist der Auffassung, dass der Erwerb eines Anteils von 25 % ohne den Erwerb von Kontrollrechten an NETTO Stavenhagen nicht ausreicht, um die Ver- bundklausel nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB zur Anwendung kommen zu lassen, da der Zusammenschluss nicht zu einer gesellschaftsrechtlich vermittelten Beherrschung von NETTO Stavenhagen führt.15 Allerdings ist der Anteilserwerb bei der Prüfung der Marktbe- herrschung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB zu berücksichtigen.16 Nach dem Zu- sammenschluss soll NETTO Stavenhagen die sie interessierenden Waren des EDEKA- Sortiments über EDEKA beziehen können. Durch den Anteilserwerb an NETTO Stavenhagen bindet EDEKA einen Wettbewerber im LEH-Markt strukturell an sich und erweitert durch Sicherung ihres Absatzweges ihren wettbewerblichen Spielraum.17 Unerheblich für die Frage der Entstehung eines Wettbewerbsvorsprungs ist dagegen, ob EDEKA durch den Anteilserwerb an NETTO Stavenhagen Kontrollrechte erlangt.

15 Zur „Zurechnungsklausel“ vgl. BGH KVR 32/91, 19.01.1993, WuW/E BGH 2882, 2886. 16 Zur wettbewerblichen Gesamtbetrachtung vergl. Beschluss des BGH KVR 6/95, 19.12.1995 - „Raiffeisen“, WuW/E BGH 495, 484 f.. 17 Vgl. dazu KG Kart 14/80, 26.05.1981, WuW/E BGH 2539, 2545 – „Braun/Almo“. - 13 -

2.1.5 Wettbewerbliche Einordnung von Dansk Supermarked

Nach Erwerb eines 25 %igen Anteils an NETTO Stavenhagen gelten EDEKA und Dansk Supermarked, die die übrigen 75 % der Anteile an NETTO Stavenhagen halten, aufgrund der Fiktion nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB als zusammengeschlossen. In wettbe- werblicher Hinsicht ist die Zusammenschlussfiktion jedoch nicht relevant, weil Dansk Su- permarked über ihre Mehrheitsbeteiligung an NETTO Stavenhagen hinaus zumindest derzeit nicht auf dem deutschen Markt tätig ist.18

2.1.6 Wettbewerbssituation im Lebensmitteleinzelhandel

Nach Feststellungen des Bundeskartellamtes ist der LEH bei vergleichsweise hohem Konzentrationsgrad insbesondere durch signifikanten Preiswettbewerb auf den Absatz- märkten geprägt (vgl. zuletzt BKartA TB 2001/2002, Seite 177, BKartA TB 2003/2004, Seite 143). Maßgebliche Faktoren des Wettbewerbs im LEH sind die bestehende Um- satzstruktur, die unterschiedlichen Vertriebsformen, die Größe der Verkaufsflächen und die Raumleistungen der LEH-Märkte.

(1) Umsatzstruktur

Ausweislich der nachfolgenden auf den Angaben von M+M Eurodata beruhenden Tabel- len erzielen die fünf größten Unternehmensgruppen des LEH, Metro, REWE, EDEKA/ AVA, und die Schwarz-Gruppe (u. a. ) sowohl nach Gesamt- als auch nur nach Food-Umsätzen19 gemeinsam einen Anteil von nahezu 70 %. Es folgen nach Gesamt- umsätzen die Tengelmann-Gruppe, Lekkerland/Tobaccoland, SPAR/NETTO Schels, Karstadt und Schlecker, die zusammen mit den fünf größten Unternehmen im Lebens- mittelhandel einen Anteil von nahezu 90 % erreichen. Nach Food-Umsätzen folgen in der Rangfolge SPAR/NETTO Schels, die Tengelmann-Gruppe, Lekkerland/Tobaccoland, Schlecker und Norma, die zusammen mit den fünf umsatzstärksten Unternehmen eben- falls einen nahezu 90 %igen Anteil erreichen.

Umsatzstärkstes Unternehmen im Food-Bereich ist die EDEKA-Gruppe. Bei einem Zu- sammenschluss zwischen EDEKA, SPAR und NETTO Schels rücken die Zusammen-

18 Die gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 GWB führt nicht dazu, die an einem Gemeinschaftsunternehmen beteiligten Unternehmen in jedem Fall als wettbewerbliche Einheit anzusehen, vgl. insoweit BGH KVR 6/77, 12.12.1978, WuW/E BGH 177, 182 – „Erdgas Schwaben“. 19 Nach der von M+M Eurodata zugrunde gelegten branchenüblichen Definition enthält der Food-Bereich neben allen Nahrungs- und Genussmitteln auch die Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Hygieneartikel, Körperpflegeartikel und Drogeriewaren. - 14 - schlussbeteiligten mit gemeinsamen Umsatzanteilen von knapp 20 % auch nach Gesamt- umsätzen an die erste Stelle.

Lebensmittelhandel 2004 nach Gesamtumsätzen (Food und Non-Food) Unternehmen / Bruttoumsätze (in Mio. €) Anteil (in %) Unternehmensgruppe Metro-Gruppe 32.730 15 Rewe-Gruppe 30.971 14 EDEKA/AVA-Gruppe 29.723 14 Aldi-Gruppe 25.000 11 Schwarz-Gruppe 21.900 10 Tengelmann-Gruppe 13.792 6 Lekkerland-Tobaccoland 8.450 4 SPAR/NETTO Schels 7.750 4 Karstadt 7.555 3 Schlecker 5.900 3 Globus 3.550 2 Wal-Mart (D) 2.825 1 Norma 2.650 1 Dohle-Gruppe 2.463 1 Bartels-Langness-Gruppe 2.100 1 Coop Schleswig-Holstein 1.361 1 Tegut 1.000 1 NETTO Stavenhagen > 500 < 1 Sonstige > 16.000 > 7 Gesamt > 217.000 ca. 100

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Lebensmittelhandel 2003 nach Food-Umsätzen Unternehmen / Bruttoumsätze (in Mio. €) Anteil (in %) Unternehmensgruppe EDEKA/AVA-Gruppe 24.075 16 Rewe-Gruppe 21.688 15 Aldi-Gruppe 19.200 13 Schwarz-Gruppe 16.283 11 Metro-Gruppe 14.431 10 SPAR/NETTO Schels 8.099 5 Tengelmann-Gruppe 7.870 5 Lekkerland-Tobaccoland 6.597 4 Schlecker 5.320 4 Norma 2.202 1 Dohle-Gruppe 2.014 1 Globus 1.928 1 Bartels-Langness-Gruppe 1.737 1 Wal-Mart (D) 1.410 1 Coop Schleswig-Holstein 1.149 1 Karstadt 922 1 Tegut 778 1 NETTO Stavenhagen > 500 < 1 Sonstige > 11.000 > 7 Gesamt > 147.000 ca. 100 Quelle: M + M Eurodata

(2) Vertriebsformen

Wesentliche Vertriebsformen im Lebensmitteleinzelhandel sind Vollsortimenter und Dis- counter. Die Beschlussabteilung hat in der jüngeren Vergangenheit einen einheitlichen Lebensmitteleinzelhandelsmarkt abgegrenzt, der alle Vertriebstypen, einschließlich der Vollsortimenter und Discounter, umfasst. In seinem Beschluss Coop/Wandmaker aus dem Jahr 1984 20 hat das Bundeskartellamt allerdings ausgeführt, dass Discounter den wettbe- werblichen Handlungsspielraum eines Vollsortimenters (damals Coop Schleswig-Holstein und Wandmaker) nur bedingt einschränken können. Das Bundeskartellamt hat dies mit dem beschränkten Sortiment, dem weitgehenden Verzicht auf Markenartikel sowie dem Fehlen von Impulsgebern wie Butter und Frischmilch als schnell umschlagende Artikel be- gründet.

Da sich die Verhältnisse im deutschen Lebensmitteleinzelhandel seitdem maßgeblich ge- ändert haben, hat das Bundeskartellamt zur empirischen Absicherung der mittlerweile ge- änderten eigenen Verwaltungspraxis unter Berücksichtigung der Angaben der Zusam-

20 BKartA, 14. August 1984, WuW/E BKartA 265 ff.. - 16 - menschlussbeteiligten eine umfassende Marktumfrage durchgeführt. Die Marktumfrage hat sich unter Einbeziehung der EDEKA und der SPAR an die 14 größten Unternehmen des Lebensmittelshandels gerichtet, deren Gesamtumsätze über 90 % der Gesamtum- sätze des deutschen Lebensmittelhandels ausmachen.21

(a) Vollsortimenter

Vollsortimenter, wie z. B. SB-Warenhäuser, Supermärkte und Verbrauchermärkte, zeichnen sich nicht nur durch ein im Vergleich zu Discountern (siehe dazu unter (b)) vergleichsweise großes Sortiment22, sondern auch durch eine größere Sortimentstiefe aus. Markenartikel werden i.d.R. in stärkerem Maße angeboten als bei Discountern. Die Produkte werden außer im Nahkaufbereich auf großen Verkaufsflächen, oftmals über 1.500 qm, präsentiert (vgl. näher unter Ziffer (3)).

(b) Discounter

Die Marktumfrage des Bundeskartellamtes hat die Einschätzung bestätigt, dass zwi- schen Vollsortimentern und Discountern ein umfassendes Wettbewerbsverhältnis besteht. Direkte Konkurrenz besteht zwar nur in den von den Discountern in erster Linie vertriebenen Waren im Preiseinstiegssegment, jedoch hat dieser direkte Wett- bewerb auch erhebliche Rückwirkungen auf die Preisgestaltung beim übrigen Sorti- ment. Jeweils einzelne Discounter verfügen zwar nicht über dieselbe Sortimentstiefe wie Vollsortimenter. Frischwaren in Bedienung (Käse, Fleisch, Fisch) und Non-Food- Artikel, die Vollsortimenter dauerhaft führen (z. B. Zeitschriften, Spielwaren, Elektro- geräte, Schuhe und Textilien) werden von Discountern weniger angeboten. Ange- sichts der geringeren Sortimentsbreite und -tiefe der Discounter kaufen weniger als die Hälfte der Discounter-Stammkunden ihre Waren bei einem einzigen Discounter ein. Dies wird in der Regel jedoch durch den Einkauf bei mehreren unterschiedlichen Discountern ausgeglichen, zwischen denen eine hohe Wechseltendenz der Kunden besteht. Die Preisgestaltung der Discounter hat nach Angabe der befragten Unter- nehmen eine erhebliche Rückwirkung auf die Preisgestaltung der Vollsortimenter. Diese Rückwirkung ist bei Handelsmarken besonders ausgeprägt.

Bei allen Kunden des Lebensmitteleinzelhandels ist die Wechseltendenz generell sehr hoch. Dies betrifft - unabhängig von der Größe der Verkaufsflächen - insbeson-

21 Quelle: M+M Eurodata, Top Firmen 2005. 22 Im Gegensatz zu EDEKA, die als Vollsortimenter [...] Artikel führt, enthält beispielsweise das Angebot des Harddiscounters NETTO Stavenhagen nach Einschätzung der EDEKA nur etwa [...] Artikel. - 17 - dere den Wechsel von Vollsortimentern zu Discountern. Discounter-Kunden wech- seln in der Regel zu anderen Discountern, jedoch nicht zu Vollsortimentern. Als Gründe für die Wechselbereitschaft der Kunden gaben die befragten Unternehmen in erster Linie den Preis der Waren an, es folgten mit weitem Abstand die Warenqualität sowie der Standort, insbesondere die Nähe zum Wohnsitz. Eine geringere Bedeutung wurden der Angebotsvielfalt, regionalen Produkten und Frischwaren zu- gemessen.

Das Ergebnis der Marktumfrage wird von den auf unabhängige Quellen gestützte Angaben der Zusammenschlussbeteiligten bestätigt. Danach ist seit mehreren Jah- ren eine deutliche Absatzverschiebung zwischen dem traditionellen Lebensmittelein- zelhandel (Vollsortimenter) und Discountern festzustellen. Zwischen 1991 und Ende 2004 stieg die Zahl der Discountstandorte um knapp 70 %23 und der Umsatzanteil der Discountstandorte am Gesamtumsatz im Lebensmitteleinzelhandel erhöhte sich auf knapp 40 % (vgl. TB BKartA 2001/2002, S. 177 und TB BKartA 2003/2004, S. 143). Im Vergleich zu 1983 hat sich der Umsatzanteil der Discountstandorte am Gesamtumsatz im Lebensmitteleinzelhandel verdoppelt24.

Das Bundeskartellamt hat bereits in seinem Tätigkeitsbericht 2001/2002 (Seite 177) festgestellt, dass das zunehmende Preisbewusstsein der Verbraucher zu Marktan- teilsabschmelzungen beim traditionellen Lebensmitteleinzelhandel zu Gunsten von Marktanteilszuwächsen bei den Discountern führt. Ohne negative Auswirkungen für Discounter bleibt offenbar, dass Frischwaren, wie Fleisch, Wurst, Fisch, Geflügel, Obst, Gemüse, Molkereiprodukte, Brot und Backwaren, nicht in Bedienung angebo- ten werden. Nach Angaben des EHI25 sind Frischwaren mit einem Anteil von über 30 % am Gesamtsortiment der Discounter vertreten. Damit liegt der Anteil von Fri- scheprodukten am Gesamtsortiment bei der Vertriebsform Discounter inzwischen höher als bei Supermärkten (25 %), Verbrauchermärkten (22 %) und SB-Warenhäu- sern (23 %). Auch beim Absatz schnell umschlagender Artikel, wie z. B. Molkerei- produkten, erzielen die Discounter inzwischen höhere Umsätze als der traditionelle Lebensmitteleinzelhandel.

Als Beispiel für die Abschmelzung beim traditionellen LEH zugunsten der Discounter steht die Umsatzentwicklung der unterschiedlichen Vertriebstypen innerhalb der REWE-Gruppe. Die Discountmärkte von REWE erzielten im Jahr 2003 gegenüber

23 M+M Eurodata, Top Firmen 2005. 24 Vgl. Sondergutachten der Monopolkommission, Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel 1985, Seite 15. 25 Handel aktuell 2004, Seite 242 ff.. - 18 - dem Vorjahr ein Umsatzplus von knapp 9 %, während der Umsatz ihrer Verbrau- chermärkte um weniger als 2 % anstieg (REWE Geschäftsbericht 2003).26

Die wettbewerbliche Stellung der EDEKA, die mit ihren Discountmärkten NP, Diska, Treff & Kondi über einen vergleichsweise schwachen Discountbereich verfügt,27 wird maßgeblich durch das Verhältnis zu ihren nächststärksten Wettbewerbern, wie etwa REWE, die über einen vergleichsweise starken Discountbereich verfügt,28 sowie durch ihr Verhältnis zu den umsatzstarken Discountern, wie z. B. Aldi, Lidl und Norma, bestimmt.

(c) Spezialanbieter und Fachhandel

Eine weitere Form des Vertriebs sind Spezialanbieter und der Fachhandel.

Im Rahmen seiner Marktumfrage hat das Bundeskartellamt die Unternehmen auch zu ihrer Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit der Spezialanbieter und Fachmärkte gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel befragt. Danach ist die Wettbewerbsfä- higkeit im Fischhandel, im Drogeriefachhandel sowie, abhängig vom Standort, auch im Bereich Feinkost und Reformhäuser vergleichsweise ausgeprägt. Als Gründe ga- ben die Unternehmen für den Fischhandel die Angebotsschwäche des traditionellen LEH in diesem Bereich an, sowie in den Bereichen Feinkost und Reformhausartikeln, die gute Produktauswahl und die hohe Zahlungsbereitschaft der Kunden. Die starke Stellung des Drogeriefachhandels liegt nach Auffassung der befragten Unternehmen vor allen Dingen in einem starken Preiswettbewerb und einer hohen Anbieterkon- zentration begründet. Die Wettbewerbsfähigkeit der anderen Spezialanbieter und Fachmärkte wurde von den befragten Unternehmen lediglich als verhältnismäßig gering eingeschätzt. Dazu gehören in erster Linie Bäckereien, Metzgereien, Obst- und Gemüsehandel, Wein- und Spirituosenhandel, Getränkefachhandel, Bioläden, Tabakhandel, sowie Haushaltswaren und Spielwarenhandel. Als Gründe für die ge- ringere Wettbewerbsfähigkeit dieser Spezialanbieter und Fachmärkte nannten die befragten Unternehmen bei Bäckereien, Obst- und Gemüsehandel, sowie Bioläden vor allen Dingen den durch eine aggressive Preispolitik der Discounter ausgelösten Preisrückgang oder gar Preisverfall. Im Fleischhandel sehen die befragten Unter- nehmen gegenüber den Metzgereien einen Zuwachs an Wettbewerbsfähigkeit des

26 Auch das Wachstum des LEH-Gesamtmarktes lag in diesem Zeitraum unter 2 %, s. IRI GfK, Grundge- samtheiten Deutschlands 2004, Seite 4. 27 EDEKA erwirtschaftet nach Angaben in M+M Eurodata unter 5 % seines Gesamtumsatzes durch ihre Discounter. 28 REWE erwirtschaftet nach Angaben in M+M Eurodata etwa 20 % ihres Umsatzes im Discountbereich. - 19 - traditionellen Lebensmitteleinzelhandels wegen der dort inzwischen besseren Prä- sentation der Waren (z. B. SB-Fleisch). Die Wettbewerbsfähigkeit des Haushaltswa- ren- und des Spielwarenhandels hat nach Einschätzung der befragten Unternehmen wegen der in diesen Bereichen zunehmenden Internetangebote abgenommen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Tabakwarenhandels wird, abhängig vom Standort, wegen guter Warenauswahl und hoher Zahlungsbereitschaft der Kunden als mittel bis hoch eingeschätzt.

Insgesamt wird die Auffassung des Bundeskartellamtes bestätigt, dass von Spezial- anbietern und vom Fachhandel zwar ein - je nach Produktgruppe - mehr oder minder starker Wettbewerbsimpuls ausgeht, der aber nicht so ausgeprägt ist, dass es ge- rechtfertigt wäre, die Spezialanbieter und den Fachhandel in den LEH-Markt einzu- beziehen.

(3) Verkaufsflächen

Die Wettbewerbsfähigkeit im Lebensmitteleinzelhandel wird abhängig von der betroffenen Betriebsform auch im starken Maße durch die vorhandenen Verkaufsflächen geprägt. Während die Verkaufsflächen der Discounter nach M+M Eurodata bei den größeren Dis- countmärkten (schon aufgrund der Vorgaben der Baunutzungsverordnung29) unter 800 qm (Aldi, Lidl, NETTO Schels) und bei den kleineren Discountmärkten unter 600 qm liegen (Penny, Plus, Norma, EDEKA-Discountmärkte und NETTO Stavenhagen) ist die Spreizung der Größe der Verkaufsflächen im traditionellen LEH (Vollsortimenter) wesent- lich größer.

29 § 11 Abs. 3 BauNVO. - 20 -

Discounter durchschnittliche Verkaufsfläche qm Aldi 727 NETTO Schels 725 Lidl 718 Norma 597 Penny (REWE) 596 NP, Diska, Treff, Kondi (EDEKA) [...] Plus (Tengelmann) 544 NETTO Stavenhagen 514

Vollsortimenter durchschnittliche Verkaufsflächen qm Globus * 13.560 Wal-Mart * 8.137 4.254 Metro * 3.511 Bartel-Langness 2.720 Dohle 2.067 Karstadt 1.489 Tegut 1.235 EDEKA Regie 1.356 EDEKA SEH [...] REWE Regie 1.264 REWE Der Supermarkt 800 – 1.500 REWE Nahkauf 150 – 500 SPAR (ohne NETTO) 395

* Der Non-Food-Anteil liegt deutlich höher als 20 %. Quelle: Angaben M+M Eurodata, TOP-Firmen 2005 sowie Geschäftsberichte REWE, EDEKA, SPAR. Die M+M Eurodata-Angaben stimmen in der Größenordnung mit den vom Bundeskar- tellamt erfragten Daten überein.

Über die mit Abstand größten Verkaufsflächen verfügen Globus, Wal-Mart, Kaufland und Metro, die allerdings alle - bis auf Kaufland - über hohe Non-Food-Anteile verfügen. Über große Verkaufsflächen - über 2.000 qm - verfügen noch die Lebensmittelhändler Bartels- Langness und Dohle. Die Verkaufsflächen von Karstadt, Tegut, EDEKA-Regie und Rewe- Regie liegen alle unter 1.500 qm. [Kleinere] Verkaufsflächen – [...] - verzeichnen die EDEKA SEH, REWE Nahkauf und SPAR.

Die im Rahmen der Marktumfrage vom Bundeskartellamt befragten Unternehmen schät- zen bei Vollsortimentern Verkaufsflächen ab 800 qm als wirtschaftlich ein, eine bessere Präsentation für das Vollsortiment sollen jedoch erst Flächen über 1.500 qm bieten. Ver- kaufsflächen über 2.000 qm sahen die Mehrzahl der befragten Unternehmen wegen der - 21 - damit verbundenen hohen Mietkosten und der in der Regel dann fehlenden klaren Sorti- mentsstrukturierung nicht mehr als wirtschaftlich an.

Nach einer von IRI erstellten Übersicht30 hat sich die Anzahl der Standorte im Vollsorti- ment mit Verkaufsflächen unter 800 qm in den letzten 10 Jahren deutlich reduziert (Hal- bierung der Zahl der Standorte mit Verkaufsflächen unter 200 qm sowie Abschmelzung von etwa einem Drittel der Zahl der Standorte zwischen 200 und 800 qm).

Nach Einschätzung der Parteien sind EDEKA und SPAR durch den Abschmelzungspro- zess von Vollsortimentstandorten mit Verkaufsflächen unter 800 qm wegen ihrer hohen Anzahl von Kleinflächen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern besonders betroffen. Diese Einschätzung lässt allerdings unberücksichtigt, dass REWE als stärkster Wettbewerber der EDEKA mit REWE-Nahkauf ebenfalls über eine hohe Anzahl von kleinen Verkaufsflä- chen verfügt. Inwieweit im Nahkaufbereich künftig weitere Kleinflächen aufgegeben wer- den müssen, kann derzeit noch nicht mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden.

(4) Raumleistung

Ein weiteres Kriterium für die Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmitteleinzelhändler ist die Raumleistung, d. h. der pro qm Verkaufsfläche pro Jahr erwirtschaftete Erlös. Bei der vom Bundeskartellamt durchgeführten Wettbewerberbefragung haben die Unternehmen LEH- Märkte als wirtschaftlich erachtet, wenn sie eine Raumleistung von mindestens 3.000 €/qm erbrachten. Diese Einschätzung wird auch von den Parteien geteilt. Eine Übersicht über die im deutschen Lebensmittelhandel erbrachten Raumleistungen gibt die nachfolgende Tabelle.

30 IRI GfK Grundgesamtheiten Deutschlands 2004. - 22 -

Vertriebstyp Kennzeichnung Ø Raumleistung 2003 Gruppe 2 (nur Regiemärkte) in D (in €/m )

Aldi D Aldi 8.296 EDEKA/AVA SBW Marktkauf 5.986 VM, Große SM, SM und E-Neukauf, Aktiv-Discount, > 3.500 SB-Geschäfte Reichelt Cornet, SB-Halle, V-Markt, EDEKA-Markt, etc. Discount NP; Diska, Treff, Kondi 2.959 Globus SBW Globus 5.854 Metro SBW Real 4.686 VM Extra 3.667 Norma D Norma 3.577 REWE SBW Toom 4.595 VM Globus, Akzenta, Rewe Center 4.063 Große SM Minimal, Kafu, Löb 3.605 SM / SB-Geschäft HL, Mess, Stüssgen, Rewe 4.666 D Penny 4.891 Schwarz-Gruppe SBW Kaufland, KaufMarkt 4.692 VM Handelshof, Concord 4.818 D Lidl 6.430 SPAR SM und SB-Geschäfte SPAR 3.528 NETTO Schels Discount NETTO 4.273 NETTO Stavenhagen Discount NETTO [...] Tengelmann SM Kaiser’s, Tengelmann 4.349 D Plus 3.938 Wal-Mart SBW Wal-Mart 3.767 Gesamt ca. 105.000 Quelle: M+M Eurodata

Ausweislich der Übersichtstabelle sind die Raumleistungen abhängig vom Vertriebstyp in der Regel bei Discountern und SB-Warenhäusern am größten. Es folgen die Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte. Neben der Raumleistung müssen nach Auffassung der vom Bundeskartellamt befragten Unternehmen für die Wirtschaftlichkeit von LEH-Märkten weitere Kriterien, wie z. B. Personal- und Mietkosten, einbezogen werden, so dass die Raumleistung allenfalls als zusätzliches Kriterium für die Wirtschaftlichkeit hinzugezogen werden kann. Bei Betrachtung regionaler Märkte kann auch die durchschnittliche regionale Raumleistung eine Rolle spielen. Bei vergleichsweise niedriger Raumleistung der regionalen Wettbewerber dürfte ein in demselben Regionalmarkt tätiges Unternehmen mit gleichfalls niedriger Raumleistung nur in geringerem Maße von einem Abschmelzen seiner Marktanteile betroffen sein. - 23 - Während die Raumleistung der EDEKA-Gruppe im SB-Geschäft mit der Leistung der we- sentlichen Wettbewerber, wie REWE, der Schwarz-Gruppe und Metro vergleichbar ist, ist die Raumleistung der EDEKA-Discounter gegenüber der Raumleistung der anderen Dis- counter deutlich schwächer. Demgegenüber liegt die Raumleistung von NETTO Schels zusammen mit den Discountmärkten von REWE und Tengelmann sowie von Norma im- merhin im Mittelfeld mit der Aussicht, dass der Zusammenschluss der EDEKA mit NETTO Schels zu einer Stärkung des EDEKA-Discountgeschäfts führen kann. Die Raumleistung des Harddiscounters NETTO Stavenhagen liegt im Spitzenbereich [...].

2.1.7 Regionale Absatzmärkte

Für die wettbewerbliche Prüfung der von dem Zusammenschlussvorhaben betroffenen regionalen Absatzmärkte haben die Parteien dem Bundeskartellamt die von ihnen errech- neten Marktvolumina und Umsatzangaben der Zusammenschlussbeteiligten für 90 regio- nale Märkte mitgeteilt. Dabei handelt es sich um diejenigen regionalen Märkte, auf denen die Zusammenschlussbeteiligten auf Regieebene Marktanteile von 20 % und mehr errei- chen.

Die Parteien haben dabei für SPAR und EDEKA Umsatzdaten für 2003 verwendet. Für SPAR, die ihre Regiemärkte bis Mitte dieses Jahres auf [...] reduziert hat, sind allein diese [...] Regiemärkte in 2003 berücksichtigt. Für EDEKA haben die Parteien den Bestand an Regiemärkten ebenfalls bis zum 31. Dezember 2004 berücksichtigt.

Zur Errechnung des Marktvolumens hat das Bundeskartellamt in der Vergangenheit bis- lang einen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von zwischen 1.600 € und 1.800 € zu Grunde gelegt. Dieser Pro-Kopf-Verbrauch errechnet sich aus dem von M+M Eurodata veröffent- lichten Gesamtabsatzvolumen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und der vom Statistischen Bundesamt erfassten Gesamteinwohnerzahl für Deutschland. Für die Prü- fung des Zusammenschlussfalles hat das Bundeskartellamt die insoweit differenzierteren Daten der Parteien zu Grunde gelegt. EDEKA errechnet aus dem Mittelwert des von Niel- sen, M+M Eurodata, GfK und EHI veröffentlichen Gesamtabsatzvolumens im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und der Gesamteinwohnerzahl des Statistischen Bundesamtes für Deutschland einen einheitlichen Ausgabenbetrag pro Einwohner für die Bundesrepu- blik, der für 2003 1.675 € beträgt. Dieser bundeseinheitliche Durchschnittsbetrag wurde von den Parteien mittels der von der BBE Handelsberatung GmbH pro Gemeinde errech- neten „Kaufkraftkennziffer“ für alle Gemeinden in Deutschland regional zur Berücksichti- gung des örtlichen Kaufkraftniveaus angepasst. - 24 - Das Bundeskartellamt hat aus den von den Parteien angegebenen 90 regionalen Märkten seinerseits diejenigen Märkte ausgewählt, auf die das Zusammenschlussvorhaben die am deutlichsten spürbaren wettbewerblichen Auswirkungen haben könnte und dazu eine Wettbewerberbefragung durchgeführt.31

Das Bundeskartellamt hat sich bei der Wettbewerberbefragung auf die folgenden regio- nalen Märkte konzentriert:

(1) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR und NETTO Schels einen Marktanteil von mehr als einem Drittel erreichen,

(2) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR, NETTO Schels mindestens 20 % Marktanteil und zusammen mit den SEH mehr als einem Drittel er- reichen,32 und

(3) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR , NETTO Schels zusammen mit NETTO Stavenhagen einen Marktanteil von mehr als einem Drittel er- reichen.

Zu den unter (1) erwähnten regionalen Märkten gehören die Märkte mit den Oberzentren Döbeln, Mitterteich und Prenzlau. Zu den unter (2) genannten Märkten gehören die Märkte mit den Oberzentren Celle, Cham, Dessau, Görlitz, Goslar, Greding, Neuburg, Nordhau- sen, Regensburg, Riesa, Sonneberg, Wernigerode und Wittenberg. Zu den unter (3) ge- nannten Märkten gehören die regionalen Märkte mit den Oberzentren Grimmen, Greifs- wald, Waren, Neustrelitz und Wismar.

31 Zur Wettbewerberbefragung siehe oben unter Ziff. B. 2.1.6 (2). 32 Auf Regieebene kommen mindestens 2 % dazu. - 25 -

(1) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR und NETTO Schels einen Marktanteil von mehr als einem Drittel erreichen

Eine Übersicht über die Marktstruktur in den betroffenen Märkten gibt die nachfolgende Tabelle. Die Angaben beruhen auf der Marktumfrage des Bundeskartellamtes. Zur Ermitt- lung der Marktanteile hat das Bundeskartellamt die – branchenübliche - Definition des LEH-Marktes zugrunde gelegt. Branchenüblich im LEH ist die Unterscheidung zwischen sogenanntem „Food“ und „Non-Food“. Nach M+M Eurodata enthält der Food-Bereich ne- ben allen Nahrungs- und Genussmitteln auch die Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel, Hygieneartikel, Körperpflegeartikel und Drogeriewaren, nicht jedoch die übrigen Non-Food Artikel.

Das Bundeskartellamt hat insbesondere die Märkte mit den Oberzentren Döbeln, Mitterteich und Prenzlau einer näheren wettbewerblichen Prüfung unterzogen. Auf diesen Märkten erreichen die Zusammenschlussbeteiligten bereits auf Regieebene einen Marktanteil von mehr als einem Drittel. Allerdings wird die lokale, teilweise starke Marktposition der Zusam- menschlussbeteiligten nicht nur durch lokal tätige Wettbewerber, sondern auch durch die Marktverhältnisse auf den unmittelbar angrenzenden Märkten relativiert. In keinem Fall konnte eine „Clusterbildung“ mit einer nennenswerten Anzahl unmittelbar angrenzender Märkte identifiziert werden, die in der Zusammenschau zu wettbewerblichen Bedenken An- lass geben.

Parteien Zuwachs Wettbewerber Gesamt Regie SEH Regie SEH Schwarz REWE Tengelmann Metro Döbeln > 40 % < 20 % > 5 % > 15 % < 1 % > 10 % > 10 % < 5 % < 5 % Aldi REWE Metro Norma Mitterteich > 40 % > 20 % > 5 % < 15 % < 5 % > 10 % < 10 % > 5 % < 5 % 33 NETTO St. REWE Norma Tengelmann Metro Prenzlau < 40 % < 40 % < 10 % > 10 % > 10 % > 5 % > 5 %

33 Die Marktanteile von NETTO Stavenhagen werden nicht zugerechnet, hier jedoch aus Vereinfachungs- gründen unter der Spalte „Zuwachs“ aufgeführt. - 26 -

Döbeln

In Döbeln erreichen die Zusammenschlussbeteiligten EDEKA, SPAR und NETTO Schels einen gemeinsamen Marktanteil von [weniger als 40] % und überschreiten damit die Schwelle der Marktbeherrschungsvermutung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB. Die SEH von EDEKA und SPAR erreichen [einen über 5 % liegenden] Marktanteil. Eine Marktbeherr- schung im Sinne des § 19 Abs. 2 GWB liegt nach den Zusammenschluss dennoch nicht vor.

Im regionalen Markt Döbeln verfügt EDEKA/AVA über [...große LEH-Märkte] mit [...] qm (AVA), [...] Regiemärkte mit je über [...] qm sowie weitere [...] Regiemärkte mit je [...] und weniger qm Verkaufsfläche. Von den insgesamt [...] SEH der EDEKA verfügen [...] über Verkaufsflächen von teilweise deutlich weniger als [...] qm. Durch den Zusammenschluss kämen [...] Standorte von NETTO Schels mit Verkaufsflächen von [...] qm hinzu sowie [...] der SPAR. Der Zusammenschluss würde [...] eine deutliche Verstärkung der Discount- schiene von EDEKA bewirken. [...].

[...] die EDEKA-Gruppe [verfügt] im betroffenen Markt nicht ausschließlich über solche Regiemärkte, deren gegenwärtige Raumleistungen und Verkaufsflächen so groß sind, dass sie nicht von Abschmelzungsprozessen betroffen werden könnten.

Auf dem Regionalmarkt sind alle großen und finanzstarken Wettbewerber, wie in erster Linie die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland), REWE, Tengelmann (Plus-Märkte), Metro sowie Aldi und Norma, vertreten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kaufland mit den für SB-Warenhäuser großen Flächen über [...] qm und Lidl mit [...] Discountmärkten mit [...] Flächen zwischen [...] und [...] qm vertreten ist. REWE verfügt ihrerseits über [...] Stand- orte mit Verkaufsflächen von je annähernd [...] bis [...] qm. Als Neueröffnungen sind nach Auskunft der Parteien ein neuer Standort von Kaufland mit [...] qm Verkaufsfläche und ein weiterer Standort von Plus mit [...] qm Verkaufsfläche geplant.

Für die im Regionalmarkt bislang noch nicht vertretenen Lebensmittelhändler, wie z. B. Dohle, Globus, oder Wal-Mart, bestehen keine rechtlichen oder tatsächlichen Schranken, die den Marktzutritt dieser Unternehmen erschweren.

Von den den Regionalmarkt Döbeln umgebenden Regionalmärkten gehen wettbewerbli- che Impulse auf den Markt Döbeln aus.

In dem nach Norden benachbarten Regionalmarkt Riesa-Elsterwerda erreichen die Zu- sammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf Regieebene einen Markt- - 27 - anteil, der unter 30 % liegt; lediglich unter Einbeziehung der SEH erreichen die Zusam- menschlussbeteiligten über ein Drittel Marktanteil. Die gleichermaßen finanz- und res- sourcenstarken Unternehmen der REWE und der Schwarz-Gruppe sowie Tengelmann und Norma sind als Wettbewerber auf dem Markt vertreten.34

In dem im Süden benachbarten Regionalmarkt Annaberg-Buchholz / Chemnitz erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf Regieebene einen Marktanteil von [...] über 20 %. Selbst unter Einbeziehung der SEH bleiben sie bei einem Marktanteil unter einem Drittel. Die nächststärksten Wettbewerber sind Kaufland mit einem Marktanteil von [unter 15] % sowie REWE und Wal-Mart.

Auf den weiteren, den Regionalmarkt Döbeln umgebenden Märkten liegen die Marktan- teile der Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf Regieebene unter 20 %. Die deutlich weniger stark ausgeprägte Marktstellung der Zusammenschlussbetei- ligten auf den an Döbeln angrenzenden Märkten relativiert deren starke Stellung im Raum Döbeln.

Mitterteich

Im Regionalmarkt Mitterteich erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zu- sammenschluss auf Regieebene einen Marktanteil von einem Drittel und überschreiten damit die Schwelle der Einzelmarktbeherrschungsvermutung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB. Die selbstständigen Lebensmitteleinzelhändler von EDEKA und SPAR erreichen insgesamt einen Marktanteil von [unter 10] %. Durch den Zusammenschluss kommen zu den [...] Regiemärkten der EDEKA und [...] SEH [...] Discountmärkte von NETTO Schels mit den für Discounter üblichen Verkaufsflächen [...] hinzu. Der Zusammenschluss führt demnach wiederum zu einer deutlichen Stärkung der Discountschiene von EDEKA. Den- noch ist nicht zu erwarten, dass nach dem Zusammenschluss eine Marktbeherrschung der Zusammenschlussbeteiligten entsteht oder eine etwaig schon bestehende Marktbe- herrschung verstärkt wird.

[...].

Als nächststärkste Wettbewerber sind Aldi mit einem Marktanteil von [über 10] % sowie REWE und Metro vertreten. Weitere Wettbewerber sind Norma, Lidl und Tengelmann. Nach Angaben der Parteien werden Wettbewerber in nächster Zeit weitere [...] Standorte eröffnen. Dabei handelt es sich um [... Standorte] von Norma mit [... Verkaufsflächen] von

34 Vgl. dazu auch die Marktanteilsübersicht unter Ziffer B. 2.1.6 (2). - 28 - [...] qm, [... Standorte für Plus-Märkte] mit einer von den Zusammenschlussbeteiligten ge- schätzten Verkaufsfläche von [...] qm sowie um ein weiteres in [...] geplantes SB- Warenhaus mit einer geschätzten Verkaufsfläche von mehr als [...] qm. An dieser Entwick- lung wird deutlich, dass rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen nicht bestehen.

Die Wettbewerbssituation auf den an den Regionalmarkt Mitterteich angrenzenden Märk- ten ist vergleichbar. Im nördlich angrenzenden Regionalmarkt Hof/Rehau erreichen die Zusammenschlussbeteiligten selbst unter Einbeziehung der SEH einen deutlich unter einem Drittel liegenden Marktanteil. In weiteren, angrenzenden Regionalmärkten liegen die Marktanteile der Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf Regie- ebene unter 20 %.

Prenzlau

Im Markt mit dem Oberzentrum Prenzlau verfügt EDEKA auf Regieebene über einen Marktanteil von [unter 40] %. Durch den Zusammenschluss kommen weder Marktanteile von SPAR noch von NETTO Schels hinzu. Lediglich NETTO Stavenhagen, deren Markt- anteile EDEKA nicht zugerechnet werden können,35 erreicht einen Marktanteil von [un- ter 10] %.

Damit verfügt EDEKA bereits vor dem Zusammenschluss über einen Marktanteil, der die Schwelle der Vermutung einer Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB über- schreitet. Die Verstärkung einer etwaigen marktbeherrschenden Stellung der EDEKA durch den 25 %igen Minderheitserwerb an NETTO Stavenhagen ist nicht anzunehmen. Auf dem Markt Prenzlau sind die gleichermaßen finanz- und ressourcenstarken Unter- nehmen REWE, Norma, Tengelmann und Metro sowie die Discounter Lidl und Aldi als Wettbewerber vertreten. REWE wird nach eigenen Angaben [... Standorte] in [...] eröffnen.

35 siehe dazu oben unter Ziffer B. 2.1.4 Auf den an den Regionalmarkt Prenzlau angrenzenden Regionalmärkten sind die Zusam- menschlussbeteiligten auch nach dem Zusammenschluss auf Regieebene mit Markt- anteilen von unter 20 % vertreten.

(2) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR und NETTO Schels Marktanteile von 20 % und mit den SEH mehr als einem Drittel erreichen 36

Eine Übersicht über die Marktstruktur auf den regionalen Märkten, in denen die Zusam- menschlussbeteiligten EDEKA, SPAR und NETTO Schels auf Regieebene Marktanteile von 20 % und mehr erreichen, sowie unter Einbeziehung der SEH von mehr als einem Drittel, ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle.

36 Auf Regieebene kommen mindestens 2 % dazu. - 30 -

Parteien Zuwachs Wettbewerber Gesamt Regie SEH Regie SEH Aldi Schwarz Metro Wal-Mart Celle < 40 % > 10 % < 20 % < 10 % < 5 < 20 % > 10 > 10 % > 5 % Aldi Schwarz REWE Norma Cham < 40 % > 10 % > 10 % < 15 % < 5 < 20 % < 10 < 10 % < 5 % Schwarz REWE Aldi Tengelmann Dessau < 40 % > 25 % < 10 % < 5 % < 5 > 20 % < 10 % < 5 % < 5 % REWE Schwarz Aldi Tengelmann Görlitz < 40 % < 20 % < 10 % < 15 % < 5 < 20 % > 10 % < 10 % > 5 % Aldi REWE Metro Lidl Goslar < 40 % > 25 % < 5 % < 10 % < 5 < 20 % > 10 % > 10 % < 5 % REWE Aldi Norma Lidl Greding < 40 % > 10 % < 5 % < 20 % > 10 % < 10 % < 10 % < 5 % REWE Aldi Schwarz Norma Neuburg < 40 % < 20 % < 10 % < 10 % < 5 > 10 % > 10 % < 10 % < 5 % REWE Schwarz Tegut Aldi Nordhausen < 40 % > 20 % < 15 % < 5 % < 5 < 20 % < 15 % > 5 % > 5 % Globus Metro Aldi REWE Regensburg < 40 % < 10 % < 10 % < 20 % < 5 < 10 % < 10 % > 5 % < 5 % REWE Schwarz Metro Tengelmann Riesa < 40 % > 10 % < 10 % < 20 % < 5 < 20 % > 10 % > 5 % < 5 % REWE Aldi Schwarz Tengelmann Sonneberg > 35 % < 20 % < 10 % < 10 % < 5 < 10 % < 10 % < 10 % > 5 % Schwarz Metro REWE Tengelmann Wernigerode > 35 % > 20 % < 5 % < 5 % < 5 > 20 % > 20 % < 10 % < 5 % REWE Schwarz Tengelmann Norma Wittenberg < 40 % > 20 % > 10 % < 5 % < 5 > 20 % > 10 % > 10 % < 5 %

Ausweislich der Übersichtstabelle erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf den Märkten Celle, Cham, Dessau, Görlitz, Goslar, Greding, Neu- burg, Nordhausen, Regensburg, Riesa, Sonneberg, Wernigerode und Wittenberg auf Re- gieebene keinen Marktanteil von einem Drittel.

Dennoch ist festzustellen, dass - soweit nicht schon vor dem Zusammenschluss deutliche Marktanteilsabstände zwischen EDEKA und den nächststärksten Wettbewerbern bestan- den (Goslar und Sonneberg) - der Marktanteilsvorsprung vor dem jeweils nächststärksten Wettbewerber nach dem Zusammenschluss insbesondere auf den Märkten Greding, Neuburg und Regensburg deutlicher als bisher ausgeprägt wird. In allen übrigen betroffe- - 31 - nen Märkten lassen sich signifikante Marktanteilsvorsprünge nicht feststellen. Alle bedeu- tenden Wettbewerber sind präsent.

Soweit die Zusammenschlussbeteiligten zusammen mit weiteren LEH-Unternehmen die rechnerischen Voraussetzungen für das Bestehen eines Oligopols nach § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB erfüllen, ist die Vermutung hier - ebenso wie auf anderen Regionalmärkten - durch den im LEH bestehenden (Preis-)Wettbewerb widerlegt.

Greding

Im Marktraum Greding erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammen- schluss auf Regieebene einen Marktanteil von [unter 40] %; der Marktanteil der selbst- ständigen Einzelhändler der EDEKA beträgt [unter 5] %. Durch einen Zuwachs von [weni- ger als 20] % zu den bisherigen [mehr als 10] % auf Regieebene erlangen die Zusammen- schlussbeteiligten einen deutlichen Marktanteilsvorsprung vor den nachfolgenden Wett- bewerbern, REWE mit einem Marktanteil von [mehr als 10] %, Aldi, Norma und Lidl. Durch den Zusammenschluss kommen für EDEKA insbesondere [...] Discountmärkte von NETTO Schels mit Verkaufsflächen von [...] qm hinzu.

Bei den vier größten Wettbewerbern der Zusammenschlussbeteiligten handelt es sich aus- schließlich um Discounter; REWE ist durch Penny und Minimal vertreten. Während Aldi und Lidl durch Discountmärkte mit durchweg deutlich höheren Verkaufsflächen als die Zusammenschlussbeteiligten vertreten sind ([...]), verfügen Norma und Penny mit [...] Discountmärkten über eine höhere Anzahl von Standorten als NETTO Schels. Ein weiterer [...]-Standort ist nach Auskunft der Parteien in Planung. [Einige] der im Marktraum Greding tätigen Regiemärkte der EDEKA verfügen über Raumleistungen von teilweise deutlich unter [...] € pro qm ([...]).

An den Regionalmarkt Greding grenzen mit Ausnahme der Regionalmärkte Neuburg und Regensburg ausschließlich Märkte an, in denen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss auf Regieebene einen 20 %igen Marktanteil nicht erreichen. In Neuburg und Regensburg erreichen die Zusammenschlussbeteiligten dagegen auf Regie- ebene einen Marktanteil von nahezu einem Drittel und einschließlich der selbstständigen Einzelhändler mehr als einem Drittel. Die jeweiligen Marktanteile der Zusammenschluss- beteiligten werden durch den Zusammenschluss deutlich ausgebaut. Dennoch liegen in keinem der betroffenen Märkte die Voraussetzungen für eine Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 2 GWB vor.

- 32 - Neuburg

Im Regionalmarkt Neuburg erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zu- sammenschluss auf Regieebene einen Marktanteil von [mehr als 25] %; der Marktanteils- zuwachs liegt bei 10 %. Die SEH verfügen ebenfalls über gemeinsame Marktanteile von [etwa 10] %. EDEKA ist auf Regieebene mit [...] Standorten von annähernd [...] qm ver- treten. Die selbstständigen Einzelhändler der EDEKA verfügen über [...] Standorte, aller- dings vielfach mit [kleineren] Flächen, [...].

Durch den Zusammenschluss kommen [...] Discountmärkte von NETTO Schels mit Ver- kaufsflächen zwischen [...] qm sowie [...] kleinere selbstständige Einzelhändler von SPAR dazu. Eine besondere Konzentration von EDEKA-Standorten lässt sich in Ingolstadt fest- stellen. Dort ist EDEKA allein mit [...] Regiemärkten mit Verkaufsflächen von [...] qm sowie nach dem Zusammenschluss mit [...] weiteren Discountmärkten von NETTO Schels ([...] qm) vertreten. In Neuburg Stadt ist EDEKA auf Regieebene mit einer Großfläche von annähernd [...] qm vertreten.

Gleichwohl entsteht durch den Zusammenschluss keine marktbeherrschende Stellung der Zusammenschlussbeteiligten.

Als nächstgrößter Wettbewerber der EDEKA ist REWE auf Regieebene mit annähernd der gleichen Anzahl von Standorten wie EDEKA vertreten ([...]). In Ingolstadt, wo die Kon- zentration von EDEKA-Märkten am höchsten ist, verfügt REWE mit [...] Filialen über mehr Standorte als EDEKA. In Neuburg Stadt befinden sich [...] REWE-Standorte und in Ober- hausen, wo EDEKA auch nach dem Zusammenschluss nicht maßgeblich vertreten sein wird ([...]), verfügt REWE über [...] Standorte.

Aldi ist mit [...] Standorten, die über eine Gesamtverkaufsfläche von etwa [...] qm verfügen, vertreten, davon allein mit [...] Standorten in Ingolstadt, [...] Standorten in Neuburg Stadt und [... Standorten] in Neustadt mit [...] Verkaufsflächen von etwa [...] qm.

Kaufland (Schwarz-Gruppe) ist in Ingolstadt mit einer Großfläche von etwa [...] qm deutlich präsent. Lidl verfügt im regionalen Markt Neuburg inzwischen über [...] Standorte mit einer Gesamtverkaufsfläche von [...] qm; ein Standort mit [...] qm ist kürzlich eröffnet worden.

Der viertstärkste Wettbewerber Norma verfügt über [...] Standorte mit einer Gesamtver- kaufsfläche von [...] qm, davon allein [...] in Ingolstadt und [... Standorte] in Neuburg Stadt.

Gerade in den lokalen Ballungszentren, in denen EDEKA noch stärker als bisher vertreten sein wird (wie z. B. Ingolstadt), sind auch die Hauptwettbewerber stark vertreten.

- 33 - Regensburg

Im Regionalmarkt Regensburg erreichen die Zusammenschlussbeteiligten durch den Zu- sammenschluss einen gemeinsamen Marktanteil auf Regieebene von [mehr als 25] %. Durch den Zusammenschluss kommt auf Regieebene ein Marktanteil von [unter 20] % hinzu. Die selbstständigen Einzelhändler von EDEKA und SPAR ([...] Märkte) erlangen ei- nen gemeinsamen Marktanteil von [weniger als 10] %, allerdings weitgehend auf [kleine- ren] Verkaufsflächen deutlich unter [...] qm. Durch den Zusammenschluss entsteht keine marktbeherrschende Stellung der Zusammenschlussbeteiligten.

Im Regionalmarkt Regensburg verfügt EDEKA derzeit über [...] Regiemärkte, davon allein [...] in Regensburg. Von den [...] selbstständigen EDEKA-Einzelhändlern sind [...] in der Stadt Regensburg vertreten. Von den durch den Zusammenschluss hinzukommenden [...] Discountmärkten von NETTO Schels sind [...] in der Stadt Regensburg angesiedelt.

Die Standortdichte der Zusammenschlussbeteiligten in der Stadt Regensburg findet ihre Entsprechung in einer ähnlich hohen Präsenz der Wettbewerber. Globus ist dort mit einer Großfläche von über [...] qm vertreten, Metro mit [...] Standorten mit einer Gesamtfläche von über [...] qm, Aldi mit [...] Standorten und einer Gesamtfläche von knapp [...] qm sowie REWE mit [...] und Norma mit [...] jeweils kleineren Flächen mit einer Gesamtfläche von unter [...] qm. In der Umgebung von Regensburg lässt sich eine vergleichbare Konzentra- tion von Standorten nicht beobachten. Demnach verfügen die Zusammenschlussbeteilig- ten selbst dort, wo sie nach dem Zusammenschluss örtlich am stärksten vertreten sind, nicht über einen wettbewerblich unkontrollierten Verhaltensspielraum. - 34 -

(3) Regionalmärkte, in denen die Regiemärkte von EDEKA, SPAR und NETTO Schels zusammen mit NETTO Stavenhagen Marktanteile von mehr als einem Drittel erreichen

Auf den Regionalmärkten Grimmen, Greifswald, Waren, Neustrelitz und Wismar erreichen die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss mit NETTO Stavenhagen ausweislich der nachfolgenden Tabelle mehr als ein Drittel Marktanteil.

EDEKA/SPAR NETTO Staven Wettbewerber hagen s Gesamt Regie SEH N.St. SEH Tengelmann Aldi REWE Lidl Grimmen > 40 % < 20 % < 10 % < 20 % < 5 % > 20 % > 15 % > 10 % < 10 % Metro REWE Aldi Lidl Greifswald < 40 % < 30 % < 15 % < 5 % > 20 % > 15 % > 10 % < 10 % Lidl REWE Bartels- Coop SH Langness Waren < 45 % < 20 % < 10 % < 20 % > 10 % > 10 % > 10 % > 10 % Aldi Kaufland Tengelmann REWE Neustrelitz < 45 % < 30 % < 5 % > 10 % < 5 % > 20 % > 20 % > 10 % < 10 % Aldi Wal-Mart Metro REWE Wismar < 45 % < 30 % < 5 % > 10 % < 5 % < 20 % < 20 % < 15 % < 15 %

Wie oben dargelegt, führt der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung durch EDEKA an NETTO Stavenhagen nicht zu einem Marktanteilszuwachs der EDEKA. Eine im Rahmen des § 19 Abs. 2 GWB zu berücksichtigende Stärkung der Marktstellung der EDEKA ergibt sich lediglich durch die weitere Sicherung ihrer Absatzwege. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Discounter NETTO Stavenhagen nach Einschätzung der Parteien nur [einen Teil] seines Einkaufsvolumens mit EDEKA bündeln kann37. Bei allen hier betroffenen Märkten sind zudem Wettbewerber mit hohen Marktanteilen, teilweise über 20 %, vertreten. Der Zusammenschluss führt auch hier nicht zu einer Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung.

37 Im Gegensatz zu EDEKA, die als Vollsortimenter [...] Artikel mit einem geringen Eigenmarkenanteil führt, enthält das Angebot des Harddiscounters NETTO Stavenhagen nach Einschätzung der EDEKA nur etwa [...] Artikel. - 35 -

2.2 Märkte im Lebensmittelgroßhandel

2.2.1 Absatzmärkte

Soweit das Zusammenschlussvorhaben den Lebensmittelgroßhandel betrifft, ist eine ge- sonderte wettbewerbliche Würdigung nicht erforderlich. Der jeweilige Großhandel der Zu- sammenschlussbeteiligten setzt seine Produkte über die jeweils eigenen Regiemärkte und die Märkte der jeweils eigenen SEH auf Einzelhandelsebene auf dem Markt ab. Bei NETTO Schels und bei NETTO Stavenhagen handelt es sich um sogenannte Einhand- unternehmen, die nicht im Lebensmittelgroßhandel tätig sind.

2.2.2 Beschaffungsmärkte

Es ist nicht zu erwarten, dass das Zusammenschlussvorhaben zur Begründung oder Ver- stärkung einer marktbeherrschenden Stellung der Zusammenschlussbeteiligten auf dem Beschaffungsmarkt insgesamt oder bei in einzelnen Produktgruppen führen wird. Die gemeinsame Nachfrageanteile der Zusammenschlussbeteiligten liegen bei allen Produkt- gruppen unter 20 %.

(1) Sachliche Marktabgrenzung

Maßgeblich für die sachliche Marktabgrenzung im Bereich der Lebensmittelbeschaffung sind die Ausweichmöglichkeiten der den Nachfragern (Handelsunternehmen) gegenüber- stehenden Anbieter (Hersteller und Lieferanten). Seit der Entscheidung des KG in Sachen Coop / Wandmaker38 grenzt das Bundeskartellamt die Beschaffungsmärkte im Lebensmit- teleinzelhandel nach Produktgruppen ab. Die Parteien haben für die nachfolgenden Marktdaten unter Berücksichtigung der Entscheidungen der EU-Kommission in Sachen REWE/ Meindl (IV/M. 1221 vom 03.02.1999) und /Promodes (COMP/M. 1684 vom 25.01.2000) diejenigen Produktgruppeneinteilungen verwendet, die im Wesentlichen auch von den führenden Marktforschungsinstituten verwandt werden. Das Bundeskartell- amt hat seine eigene Marktumfrage auf der Grundlage der dort zu Grunde gelegten Pro- duktgruppen durchgeführt.

38 KG, Kart. 15/84, 5.11.1986,WuW/E OLG 3917, 3928.

(2) Räumliche Marktabgrenzung

Das Bundeskartellamt geht in Übereinstimmung mit der EU-Kommission39 von nationalen Beschaffungsmärkten aus (BKartA, 17.08.1984, WuW/E BKartA 265 – „Coop / Wand- maker“).

(3) Marktanteile

Die nachfolgende Tabelle enthält eine Übersicht über die Beschaffungsmarktanteile nach Produktgruppen. Die Angaben beruhen auf der Marktumfrage des Bundeskartellamtes40 sowie den Angaben der Zusammenschlussbeteiligten. Sie enthält eine Auswahl derjenigen Produktgruppen, die die GfK ebenso wie andere führende Marktforschungsinstitute zu Grunde legen. Das Bundeskartellamt hat diejenigen Produktgruppen ausgewählt, bei de- nen die Zusammenschlussbeteiligten auf der Berechnungsgrundlage der GfK Marktanteile von etwa 20 % erreichen. Für die EDEKA enthalten die Umsatzangaben alle Umsätze von EDEKA einschließlich Regiemärkten, selbstständigen Einzelhändlern, Marktkauf sowie [von Kooperationspartnern, u.a. Globus und Gedelfi]. In den Angaben für SPAR sind alle Umsätze einschließlich Regiemärkten, selbstständigen Einzelhändlern, NETTO Schels, NETTO Stavenhagen sowie die Umsätze der nach 2003 geschlossenen oder verkauften Eurospar und Intermarché-Märkten enthalten.

39 Zuletzt COMP/M. 3464 vom 15. 11. 2004 – „Kesko / ICA“. 40 Zur Marktumfrage siehe oben unter Ziffer B. 2.1.6. - 37 -

Unternehmen Grundnah- Konserven, Molkerei- Fleisch Nahrungs-fette, Heißgetränke rungsmittel Fertig- und produkte Öle Fixprodukte

% % % % % % REWE < 20 > 30 > 5 > 15 > 25 > 10 Aldi Süd > 10 > 5 > 5 > 5 < 5 < 5 Aldi Nord > 10 < 5 > 5 > 5 < 5 < 5 Kaufland > 10 > 5 > 5 < 5 < 5 > 5 Lidl < 10 > 5 < 5 < 5 > 5 > 5 Metro < 10 < 5 < 1 > 5 < 5 > 5 Globus < 5 < 5 < 5 < 5 < 5 < 5 Wal-Mart < 5 < 5 < 5 < 1 < 5 < 5 Dohle < 1 < 1 < 1 < 1 < 1 < 1 NORMA < 1 < 5 < 5 < 1 < 1 < 1 Schlecker < 1 < 1 < 1 < 1 < 1 < 5 Karstadt < 1 < 1 < 1 < 1 < 1 < 1 EDEKA < 10 < 15 > 10 > 5 > 15 > 10 SPAR/ < 5 > 5 < 5 < 5 > 5 < 5 NETTO Sonstige > 10 > 15 > 40 > 40 > 20 < 40

Nach dem Ergebnis der Marktumfrage liegen die gemeinsamen Beschaffungsmarktanteile der Zusammenschlussbeteiligen im Hinblick auf die erfragten Produktgruppen in Deutsch- land durchweg unter 20 %. Die Marktanteile von REWE und Aldi sind vergleichbar hoch; darunter liegen die Marktanteile von Kaufland und Lidl.

Berücksichtigt man ausschließlich das Beschaffungsvolumen von EDEKA und SPAR auf Zentralebene, sind die Beschaffungsmarktanteile noch geringer. Die EDEKA-Gruppe bezieht nach eigenen Angaben nur [einen Teil] ihres Beschaffungsvolumens auf nationaler Ebene; [der andere Teil] wird jeweils regional von den jeweiligen Großhandelsbetrieben und den selbstständigen Lebensmitteleinzelhändlern beschafft. [...]. Die Be- schaffungsmarktvolumina [u. a.] von Globus und Gedelfi können EDEKA ebenfalls nicht voll zugerechnet werden. Nach eigenen Angaben verhandelt EDEKA [nur einen Teil] der Einkaufsvolumina von Globus auf nationaler Ebene und Gedelfi nimmt in erster Linie nur [Dienst-]leistungen der EDEKA in Anspruch. Angesichts der beschränkten Sortiments- überschneidung von EDEKA und SPAR mit den Soft- bzw. Harddiscountern NETTO Schels und NETTO Stavenhagen schätzen die beteiligten Unternehmen, dass [deutlich weniger als die Hälfte] des Einkaufsvolumens von NETTO Schels und [deutlicher weniger als die Hälfte] des Einkaufsvolumens von NETTO Stavenhagen mit dem Einkaufsvolumen der EDEKA auf nationaler Ebene gebündelt werden können. Auch die SPAR-Einzelhänd- ler kaufen ihre Waren nicht ausschließlich zentral über die SPAR ein. - 38 - Von den vom Bundeskartellamt befragten Lebensmittellieferanten41 erwartet nur eine klei- nere Anzahl, absatzmäßig von EDEKA, SPAR und NETTO besonders abhängiger Liefe- ranten spürbare Konditionenverschlechterungen nach dem Zusammenschluss. Betroffen sein sollen insbesondere die Produktgruppen Grundnahrungsmittel, Molkereiprodukte, Heißgetränke sowie Konserven/Fertig- und Fixprodukte.

Das Bundeskartellamt geht weiterhin davon aus, dass im Rahmen der Zusammen- schlusskontrolle auf der Beschaffungsseite eine beherrschende Marktstellung bereits deutlich unterhalb der Vermutungsschwelle des § 19 Abs. 3 GWB besteht. Ein unkontrol- lierter Verhaltensspielraum wird EDEKA durch den Zusammenschluss gleichwohl nicht eröffnet, da - wie oben beschrieben - Wettbewerber über vergleichbar starke Marktstel- lungen verfügen. Soweit einzelne Lieferanten Konditionenverschlechterungen befürchten, müsste dies das Bundeskartellamt im Rahmen der Missbrauchsaufsicht prüfen.

2.3 Kooperation zwischen der EDEKA Zentrale, ITME und EROSKI

EDEKA beabsichtigt, sich nach dem Ausstieg aus der AMS an der zwischen ITME und EROSKI bestehenden Kooperation, ALIDIS/Agenor, zu beteiligen. Dies soll gesellschafts- rechtlich durch die Übernahme einer Beteiligung von 33,33 % an ALIDIS sowie operativ [auf rein vertraglicher Basis mit] Agenor und [...] geschehen. [...].

2.3.1 Beteiligte Unternehmen

Zu den an der Kooperation ALIDIS/Agenor beteiligten Kooperationspartnern gehören ne- ben der EDEKA Zentrale (siehe dazu oben unter Ziffer A 1.1), ITME und EROSKI.

(1) ALIDIS/Agenor

Bei ALIDIS und Agenor handelt es sich um zwei Schweizer Gesellschaften, die gemein- sam die Vermarktungs- und Einkaufskooperation ALIDIS/Agenor bilden. Während die zu gleichen Teilen im Eigentum von ITME und EROSKI stehende ALIDIS für die Steuerung und Entscheidungsfindung der Kooperation zuständig ist, führt die im Alleineigentum von

ITME stehende Agenor die Vermarktung von internationalen Markenartikeln sowie die zentralen Einkaufsverhandlungen für die Belieferung der Kooperationspartner mit Preis- einstiegsprodukten durch. Agenor verhandelt derzeit mit [...] Markenartikelherstellern die

41 Die Befragung des Bundeskartellamtes erfolgte über die Markenvereinigung. Von den befragten Unternehmen haben 31 große und mittelgroße Lebensmittelhersteller geantwortet. - 39 - grenzüberschreitende Vermarktung vertrieblicher Leistungen und holt Angebote für die Belieferung mit Preiseinstiegsprodukten von etwa [...] Herstellern ein. Im Vergleich der europaweit tätigen Kooperationen im Lebensmitteleinzelhandel steht ALIDIS/Agenor auf der Grundlage des Verkaufsumsatzes der an den Kooperationen beteiligten Handelsge- sellschaften in Europa an siebter Stelle nach EMD, AMS, Carrefour, EURO Group, Metro und IRTS (-Casino).42 Neben den „Eurofilialisten“ Metro, Tengelmann, Aldi, Lidl und Norma sind große deutsche Handelsunternehmen in europäischen Kooperationen tätig, wie z. B. die Schwarz-Gruppe, Markant, Schlecker und Wal-Mart in der EMD sowie REWE in der EURO Group.

Künftig soll Agenor im Auftrag der teilnehmenden Handelsunternehmen mit internationalen Markenartikelherstellern über Vermarktungsleistungen, wie z. B. die Bereitstellung von Verkaufsflächen, die Durchführung gemeinsamer länderübergreifender Werbung, die Zweitplatzierung und die Listung neuer Produkte bei Einzelhändlern, verhandeln. [...]. Des Weiteren soll Agenor mit den Herstellern und Lieferanten [...] die internationalen Ein- kaufsbedingungen für Preiseinstiegsprodukte [...] aushandeln.

(2) ITME

ITME ist die Holdingsgesellschaft der Unternehmensgruppe Groupement des Mousquetai- res und hält indirekt die Anteile der SPAR. Dem Groupement des Mousquetaires gehören Unternehmen an, die in verschiedenen europäischen Ländern, wie z. B. Frankreich, Spa- nien, Portugal, Belgien und Polen im Lebensmitteleinzelhandel unter den Marken Inter- marché, Ecomarché und NETTO im Einzelhandel mit Do-it-yourself-Produkten, Textilien, Kfz-Zubehör und Freizeitprodukten sowie in den Gastronomie tätig sind.

Im Jahr 2003 erzielten die dem Groupement des Mousquetaires sowie SPAR angehörigen selbstständigen Einzelhändler in der EU einen Gesamtumsatz von [über 30] Mrd. €. Der in Deutschland erzielte Umsatz in Höhe von [über 8] Mrd. € wurde ausschließlich von der SPAR-Gruppe, einschließlich der selbstständigen Einzelhändler, erzielt.

ITME beliefert die den Groupement des Mousquetaires angehörigen Einzelhändler mit Waren, koordiniert Ein- und Verkäufe und erbringt für die Einzelhändler Dienstleistungen im Bereich der Logistik, der Informatik, der Werbung und der Finanzierung, um ein ein- heitliches Auftreten der Unternehmensgruppe sicherzustellen.

Im Jahr 2003 erzielte ITME einen Umsatz von [über 20] Mrd. €. [...].

42 Schätzung der EMD. - 40 - Die Anteile von ITME werden von einer BGB-Gesellschaft gehalten, deren Gesellschafter [über 1.000] angeschlossene Kaufleute sind.

(3) EROSKI

Die oberste Holdinggesellschaft der EROSKI-Gruppe ist die von der Genossenschaft EROSKI, S. COOP kontrollierte Centros Comerciales Ceco S.A. Die EROSKI-Gruppe ist in erster Linien im Norden Spaniens sowie in geringem Umfang auch im Süden Frank- reichs im Lebensmitteleinzelhandel sowie im C+C-Großhandel tätig und betreibt daneben Tankstellen, Reisebüros, Sportgeschäfte und Parfümerien.

Im Jahr 2003 erzielte die EROSKI-Gruppe einen Netto-Umsatz von [über 4] Mrd. €. In Deutschland ist die EROSKI-Gruppe nicht tätig.

2.3.2 Prüfung nach Artikel 81 EG

Das Kooperationsvorhaben von der EDEKA Zentrale, ITME und EROSKI betrifft zum ei- nen den gemeinsamen Einkauf von Preiseinstiegsprodukten und zum anderen die ge- meinsame Vermarktung von internationalen Markenartikeln.

(1) Gemeinsamer Einkauf von Preiseinstiegsprodukten

Auf das den gemeinsamen Einkauf von Preiseinstiegsprodukten betreffende Kooperati- onsvorhaben findet Art. 81 Abs. 1 EG Anwendung, da das Vorhaben den zwischenstaatli- chen Handel berührt. Ob eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Art. 81 EG bezweckt oder bewirkt wird, kann letztlich dahinstehen, da jedenfalls die Freistellungs- voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG vorliegen.

Der hier betroffene Beschaffungsmarkt umfasst nach ständiger Praxis des Bundeskartell- amtes zumindest das gesamte Bundesgebiet. Bereits das Einkaufsvolumen, das allein EDEKA künftig über die Einkaufskooperationen ALIDIS/Agenor abwickeln will, umfasst nach Angabe der Parteien über [...] Mio. € und überschreitet damit deutlich die Grenze von 40 Mio. €, ab der die Europäische Kommission entsprechend ihren Leitlinien von einer Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ausgeht43.

Durch die Verhandlung gemeinsamer Einkaufskonditionen mit den Lieferanten schließen die Kooperationspartner den zwischen ihnen bestehenden Wettbewerb bei der Nachfrage

43 Rdnr. 52 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, Amtsblatt EG Nr. C 101, Seite 81. - 41 - nach Preiseinstiegsprodukten aus. Der koordinierte Einkauf unter Bündelung der Ein- kaufsvolumina beinhaltet eine Festsetzung der Einkaufspreise und damit eine Wettbe- werbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 lit. a) EG.

Die Wettbewerbsbeschränkung dürfte auch spürbar sein. Nach den Horizontalleitlinien der Europäischen Kommission ist nur unterhalb der Schwelle von 15 % Marktanteil auf den Einkaufs- und Beschaffungsmärkten unwahrscheinlich, dass die Zusammenarbeit beim Einkauf unter Art. 81 Abs. 1 EG fällt (Rdn. 20 und Rdn. 130 der Horizontalleitlinien). Neben der Marktstellung der beteiligten Unternehmen ist allerdings auch die Marktkonzentration, d.h. die Stellung und die Anzahl der Wettbewerber, als zusätzliches Kriterium zur Ermittlung der Auswirkungen der Kooperation auf den Wettbewerb heranzuziehen (Rdn. 29 der Horizontalleitlinien).

Dem Bundeskartellamt liegen keine eigenen Marktdaten über das Marktvolumen für die Beschaffung von Preiseinstiegsprodukten vor. Unter Berücksichtigung der Daten des Marktforschungsinstituts AC Nielsen gehen die Parteien von einem deutschen Beschaf- fungsvolumen in Höhe von 20 Mrd. € aus. Über die geplante Einkaufskooperation der Parteien soll maximal ein Beschaffungsvolumen von [...] Mrd. € verhandelt werden, so dass der gemeinsame Beschaffungsmarktanteil der Parteien [jedenfalls deutlich unter 15] % beträgt.

Zu gemeinsamen Marktanteilen der Parteien beim Absatz von Preiseinstiegsprodukten liegen dem Bundeskartellamt ebenfalls keine konkreten Marktdaten vor. Die genannten, [unter 15] % liegenden, Beschaffungsmarktanteile der Parteien sprechen jedoch dafür, dass auf die gemeinsamen Marktanteile der Parteien beim Absatz von Preiseinstiegspro- dukten auch unter 15 % Marktanteil liegen dürften.

Selbst bei Unterschreiten der 15 % Marktanteilsschwelle kann die durch den gemeinsa- men Einkauf bewirkte Wettbewerbsbeschränkung jedoch spürbar sein, wenn der betrof- fene Markt eine nicht nur geringe Konzentration aufweist. Die auf nationaler und europäi- scher Ebene bestehenden großen Einkaufskooperationen, wie z. B. EMD, AMS, Euro- group und Agenor sprechen dafür, das gerade der Lebensmittelbeschaffungsmarkt eine solche Konzentration aufweist. Für den deutschen Beschaffungsmarkt geht auch die Mo- nopolkommission von einer vergleichsweise konzentrierten Marktstruktur aus (vgl. z. B. Monopolkommission, Hauptgutachten 1994/1995, Rdn. 660 und Sondergutachten Markt- struktur im Wettbewerb im Handel, 1994, S. 119 ff., 157). - 42 - Die Frage der Spürbarkeit der durch den gemeinsamen Einkauf bewirkten Wettbewerbs- beschränkung kann jedoch dahinstehen, da jedenfalls die Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 vorliegen.

Die Kooperationsvereinbarung führt zu einem wirtschaftlichen Vorteil (a) und ist zu dessen Erreichung unerlässlich (b). Ferner werden die Verbraucher an den Vorteilen angemessen beteiligt (c). Der Wettbewerb wird durch die Vereinbarung nicht ausgeschaltet (d).

(a) Als wirtschaftliche Vorteile bei der Bildung von Einkaufskooperationen nennen die Horizontalleitlinien in erster Linie Kosteneinsparungen, die sich aus Größenvorteilen erge- ben (Rdn. 132). Solche Effizienzgewinne sind hier gegeben. Durch die Bündelung ihrer Einkaufsvolumina im Preiseinstiegssegment können die EDEKA Zentrale, ITME und EROSKI verbesserte Konditionen erreichen und dadurch ihre Einkaufskosten senken.

Diese wirtschaftlichen Vorteile sind nach Maßgabe der Horizontalleitlinien auch anzuer- kennen, da sie nicht allein auf der Ausübung von Marktmacht beruhen und die Einkaufs- kooperation auch der Marktgegenseite Vorteile bringt (Rdn. 132 der Horizontalleitlinien).

Der durchschnittliche Beschaffungsmarktanteil der Parteien [unter 15] % spricht bereits dagegen, dass die Parteien Vorteile durch die bloße Ausübung von Marktmacht erzielen können. Insbesondere die großen - auf europäischer Ebene agierenden - Hersteller dürf- ten über ausreichende Ausweichmöglichkeiten verfügen. Schließlich ist zu berücksichti- gen, dass EDEKA bereits bisher Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft, der AMS, ist und für die Lieferanten auch bislang kein „unabhängiger“ Abnehmer war. Die Vorteile der Ein- kaufskooperation für die Lieferanten dürften in erster Linie in der Erhöhung der Distributi- onsleistung liegen, d.h. der koordinierten flächendeckenden Platzierung ihrer Produkte in mehreren europäischen Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Spanien).

(b) Die Kooperationsvereinbarung legt den beteiligten Unternehmen keine Wettbewerbs- beschränkung auf, die für die Verwirklichung der wirtschaftlichen Vorteile der Kooperation unerlässlich sind. Insbesondere bestehen weder für die EDEKA Zentrale noch für ITME oder EROSKI ein Bezugszwang oder eine Beschränkung des Direktbezugs bei Herstellern und Lieferanten.

(c) Angesichts des bestehenden (Preis-)Wettbewerbs beim Absatz im Lebensmittelein- zelhandel kann davon ausgegangen werden, dass die Parteien die durch die Einkaufsko- operation erzielten wirtschaftlichen Vorteile angemessen an die Verbraucher weitergeben. - 43 - Das Bundeskartellamt hat ebenso wie die Monopolkommission wiederholt festgestellt, dass der Lebensmitteleinzelhandelsmarkt auf der Absatzseite durch signifikanten Preis- wettbewerb geprägt ist.44

(d) Die Kooperationsvereinbarung eröffnet nicht die Möglichkeit, für einen wesentlichen Teil der betroffenen Waren den Wettbewerb auszuschalten. Für die Prüfung einer Aus- schaltung des Wettbewerbs sind nach den Horizontalleitlinien wiederum die gemeinsamen Marktanteile der Parteien zu berücksichtigen (Rdn. 134). Anhaltspunkt ist die Marktanteils- schwelle von 15 %, bei der nach Ansicht der Europäische Kommission regelmäßig davon auszugehen ist, dass die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG noch gege- ben sind.

Die deutlich unterhalb dieser Schwelle liegenden Beschaffungsmarktanteile der Parteien sprechen hier gegen eine Ausschaltung des Wettbewerbs. Zu berücksichtigen ist außer- dem, dass die Parteien bei der Beschaffung von Preiseinstiegsprodukten vielfach großen Herstellern gegenüberstehen, die ihrerseits über entsprechende Gegenmacht verfügen (bspw. [...]).

(2) Gemeinsame Vermarktung von internationalen Markenartikeln

Die in den Kooperationsvereinbarungen der Parteien vorgesehene Vermarktung internatio- naler Markenartikel bezweckt oder bewirkt keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG.

Maßgeblich ist zunächst, dass die gemeinsame Vermarktung internationaler Markenartikel den Einkauf dieser Artikel durch die an der Kooperation beteiligten Unternehmen unbe- rührt lässt. [...].

Die gemeinsame Vermarktung allein beinhaltet keine Wettbewerbsbeschränkung, wenn sie sachlich und zeitlich beschränkt ist und keines der beteiligten Unternehmen die vorge- sehene – europaweite - Vermarktung allein erbringen könnte (zum sog. Arbeitsgemein- schaftsgedanken vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. § 1 GWB Rdn. 367 ff.). Ob diese Voraussetzungen hier tatsächlich vorliegen, lässt sich auf der Grundlage der Anga- ben der Parteien nicht abschließend beurteilen, kann jedoch letztlich dahinstehen.

Soweit gemeinsame Vermarktungsaktionen den Wettbewerb beim Absatz im Lebens- mitteleinzelhandel beschränken können, besteht zwischen den beteiligten Unternehmen,

44 Vgl. bspw. BKartA TB 2001/2002 S. 176 sowie Monopolkommission, Hauptgutachten 2002/20003, Rdn. 725, Hauptgutachten 2000/2001 Rdn. 478. - 44 - zumal auf den regionalen Absatzmärkten in Deutschland, derzeit kein Wettbewerb. Mit dem Verkauf von SPAR zieht ITME sich aus Deutschland zurück und ist dort nicht mehr tätig. EDEKA ist weder in Frankreich noch in Spanien tätig. Allein EROSKI ist nach Anga- ben der Parteien in geringem Umfang in Südfrankreich tätig, so dass es allein dort zu - geringfügigen - Überschneidungen mit den Verkaufsaktivitäten von ITME kommt.

2.4 Kooperation zwischen EDEKA und NETTO Stavenhagen

Die zwischen EDEKA und NETTO Stavenhagen beabsichtigte Kooperation beim Waren- einkauf bezweckt oder bewirkt keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG. Der zwischenstaatliche Handel ist berührt, da das Beschaffungsvolumen von NETTO Stavenhagen, das mit EDEKA gebündelt werden kann, mit [...] Mio. € oberhalb der 40 Mio. € Schwelle liegt, ab der die Horizontalleitlinien von einer Beeinträchtigung des zwi- schenstaatlichen Handels ausgehen (Rdn. 52). Die Wettbewerbsbeschränkung ist jedoch nicht spürbar. Auf einem nationalen Beschaffungsmarkt mit einem Volumen von etwa 150 Mio. € erreicht NETTO Stavenhagen mit einem Einkaufsvolumen von [...] Mio. € lediglich einen Marktanteil von unter [5] %. - 45 -

C. Zusammenfassende wettbewerbliche Würdigung

Die Zusammenschlussvorhaben führen im LEH weder auf der Beschaffungs- noch auf der Absatzseite zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Die wettbewerbliche Beurteilung des Vorhabens ist maßgeblich von der allgemeinen Wettbe- werbssituation im LEH bestimmt.

Der LEH-Markt ist bei einem vergleichsweise hohen Konzentrationsgrad durch signifikanten Preiswettbewerb auf der Absatzseite geprägt. Zu den fünf größten Unternehmensgruppen im LEH gehören Metro, REWE, EDEKA, Aldi und die Schwarz-Gruppe, die gemeinsam einen Umsatzanteil von nahezu 70 % auf sich vereinen. Die umsatzstärkste Unternehmensgruppe im Food-Bereich ist EDEKA. Durch den Zusammenschluss mit Spar und NETTO Schels rückt EDEKA auch nach Gesamtumsätzen in die Spitzenposition auf.

Eine besonders starke Stellung kommt den Discountmärkten zu, deren Anteil am Gesamt- umsatz im LEH inzwischen die 40-Prozent Schwelle erreicht hat. Die Marktumfrage des Bundeskartellamtes hat bestätigt, dass zwischen den Vollsortimentern und den Discountern inzwischen ein umfassendes Wettbewerbsverhältnis besteht. Das Preisbewusstsein und die allgemein hohe Wechselbereitschaft der Kunden wirkt sich insbesondere zu Gunsten der Discounter aus. EDEKA ist im Discountbereich deutlich schwächer als REWE, Schwarz und Tengelmann vertreten.

Die Regiemärkte von EDEKA, Spar und NETTO Schels erreichen auf rund 90 regionalen Märkten einen Marktanteil von 20 %. Das Bundeskartellamt hat sich bei seiner Prüfung auf diejenigen Märkte konzentriert, in denen die genannten Unternehmen allein auf Regieebene einen Marktanteil von mehr als einem Drittel erreichen45, Märkte, in denen die Unternehmen nur zusammen mit den SEH diesen Marktanteil erreichen46 sowie Märkte, in denen die Unter- nehmen auf Regieebene nur mit NETTO Stavenhagen die Drittelschwelle überschreiten.47 Während zwischen den zuerst genannten Märkten offenbar kein räumlicher Zusammenhang besteht (alle Märkte liegen im Osten, sind jedoch von Norden nach tief im Süden verteilt), konzentrieren sich die als zweites genannten Märkte auf die Mitte und den Süden Deutsch- lands und die zuletzt genannten Märkte auf Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

Die Marktanteile der selbstständigen Einzelhändler der EDEKA hat das Bundeskartellamt nicht der EDEKA zugerechnet, jedoch im Rahmen der wirtschaftlichen Gesamtwürdigung

45 [...]. 46 [...]. 47 [...]. - 46 - berücksichtigt, dass die SEH einen wesentlichen Teil ihrer Waren über die EDEKA- Groß- handlungen beziehen und schon deshalb der Wettbewerb mit den Regiemärkten der EDEKA eingeschränkt ist. Vergleichbares gilt für die Spar-Einzelhändler, die den weit überwiegenden Teil ihrer Waren bei den Spar-Großhandlungen beziehen. Der Erwerb einer Minderheitsbe- teiligung an NETTO Stavenhagen kann nach Auffassung des Bundeskartellamtes ebenfalls nicht zu einer Zurechnung von Marktanteilen führen. Das Bundeskartellamt hat jedoch be- rücksichtigt, dass EDEKA NETTO Stavenhagen durch den Anteilserwerb strukturell an sich bindet und durch Absicherung des Absatzweges ihren eigenen wettbewerblichen Spielraum erweitert.

Auf allen näher untersuchten Märkten außerhalb von Mecklenburg Vorpommern und Bran- denburg erreichen die Zusammenschlussbeteiligten durch den Zusammenschluss Marktan- teile von 30 bis 35 %; die Marktanteilszuwächse betragen zwischen 10 bis nahezu 20 %. In einem Markt verfügt EDEKA bereits vor dem Zusammenschluss über einen Marktanteil von knapp 50 %. Hier kommen jedoch keine Marktanteile hinzu.

Die genannten Marktanteile sind nur in einzelnen Märkten besonders hoch, bereits in den unmittelbar angrenzenden Märkten sind die Marktanteile der Zusammenschlussbeteiligten geringer und die der Wettbewerber höher.

Soweit auf einzelnen Märkten durch den Zusammenschluss die rechnerischen Vorausset- zungen für die Oligopolvermutung nach § 19 Abs. 3 Satz 2 GWB erfüllt sind, ist die Vermu- tung durch den auch zwischen den rechnerischen Oligopolmitgliedern bestehenden Wettbe- werb im LEH widerlegt.

Durch den Zusammenschluss erreicht EDEKA auf den genannten Märkten in erster Linie eine Stärkung ihres Discountbereichs, gleichzeitig sind auf diesen Märkten gerade die Dis- counter als Wettbewerber besonders stark vertreten. Auf allen Märkten sind die im LEH umsatzstärksten Unternehmensgruppen tätig, teilweise mit einer größeren Anzahl von Standorten und größeren Verkaufsflächen als EDEKA, Spar und NETTO Schels. Zudem planen einige große Wettbewerber die Eröffnung neuer Standorte. Da es keine erheblichen rechtlichen oder tatsächlichen Marktzutrittsschranken gibt, ist nicht zu erwarten, dass der Zu- sammenschluss zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der Zusammenschlussbeteiligten führt.

In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verfügt EDEKA auf den näher geprüften Regionalmärkten über Marktanteile zwischen rund 35 bis 40 %. Allerdings finden durch den Zusammenschluss keine Marktanteilszuwächse statt, lediglich NETTO Stavenhagen verfügt über Marktanteile zwischen etwa 10 bis annähernd 20 %. Die großen Unternehmen des LEH, - 47 - wie REWE, Aldi, Metro und Tengelmann sind mit Marktanteilen von teilweise über 20 % vertreten.

Auf den national abzugrenzenden Beschaffungsmärkten liegen die gemeinsamen Marktan- teile der Zusammenschlussbeteiligten EDEKA, Spar und NETTO Schels in allen näher unter- suchten Produktgruppen unter 20 %. Die nächstgrößten Wettbewerber verfügen über ver- gleichbar hohe Marktanteile, so dass für die EDEKA kein unkontrollierter Verhaltensspiel- raum eröffnet ist.

Während die zwischen EDEKA und NETTO Stavenhagen geplante Einkaufskooperation schon mangels Spürbarkeit die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG nicht erfüllt, liegen hinsichtlich der zwischen EDEKA, ITME und EROSKI geplanten Einkaufs- und Vermarktungskooperation ALIDIS/ Agenor jedenfalls die Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EG vor.

Aus den vorgenannten Gründen hat das Bundeskartellamt entschieden, das angemeldete Vorhaben nicht zu untersagen. Diese Verfügung ergeht nach § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB. - 48 -

D. Gebühren

[...]

E. Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich binnen einer mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Frist von einem Monat beim Bundeskartellamt, Kaiser-Friedrich-Straße 16, 53113 Bonn, einzureichen. Es genügt jedoch, wenn sie inner- halb dieser Frist bei dem Beschwerdegericht, dem Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeht.

Die Beschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Beschwerdebegründung beträgt zwei Monate. Sie beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung und kann auf Antrag vom Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden. Die Beschwerdebegrün- dung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abän- derung oder Aufhebung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

______Schulze Lange Dr. Pfeil-Kammerer