184 ARCHÄOLOGIE / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

Das «Cappeli» im Stockental Eine «Seelgerätstiftung» zum Höhepunkt der Heiligenverehrung im Spätmittelalter

VOLKER HERRMANN

Fährt man von durch das Stockental ren Baugeschichte 2002/03 unter kantonalen Richtung Norden, passiert man kurz vor dem Schutz gestellt wurde und so die Kapellenreste Dorf Niederstocken das links auf einer kleinen erhalten geblieben sind. Eine umfassende Bau- Geländekuppe gelegene Wohnhaus an der Sto- aufnahme 2012 und weitere Untersuchungen ckentalstrasse 33 (ehemals Hinderi Gasse 28). des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern Bis vor Kurzem wies kaum etwas darauf hin, (ADB) 2016 und 2018 zum historischen Bestand dass sich darin die Ruine einer vorreformato- schufen schliesslich die Grundlagen, um die Ka- rischen Kapelle versteckt (Abb. 1). Dies änderte pellenreste bereits im Planungsprozess nahezu sich erst 2018, als das neuzeitliche Holzgebäude vollständig in das Sockelgeschoss des Neubaus abgebrochen wurde, um es durch einen Neu- zu integrieren und damit zu erhalten.1 bau zu ersetzen. Für kurze Zeit lagen die bis- Durch gezielte archäologische Sondierun- lang verborgenen Teile des ehemaligen Chors, gen sowie Recherchen in den Schriftquellen das Fundament des Glockenturms und die fast lassen sich die Bau- und die Stiftungsgeschichte komplett erhaltene westliche Chorwand mit dem Triumphbogen frei (Abb. 2). Es ist der vor- ausschauenden Inventarisierung der Denkmal- 1 Die Bauaufnahme des ADB erfolgte in enger Koopera- pflege des Kantons Bern zu verdanken, dass das tion mit dem Architekten Hans-Ruedi Roth, . Für das grosse Verständnis und das entgegengebrachte Interesse an äusserlich unscheinbare Wohnhaus in der Ge- unserer Arbeit danke ich ganz herzlich der Bauherrschaft, meinde Stocken-Höfen wegen seiner besonde- Manuela und Remo Stähli.

Abb. 1: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. Ostfassade des Gebäu­ des vor den ersten Unter­ suchungen im September 2012. Blick nach Westen. DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 185

des Stockener «Cappeli» in groben Zügen nach- vollziehen.2 Die Kapelle ist demnach im ausge- henden 15. Jahrhundert im Vorfeld der Refor- mation entstanden, als – nicht nur im Staat Bern – ein wahrer Kirchenbauboom herrschte.3 An- getrieben durch den von der Kirche propagier- ten Seelenheilgedanken und eine zunehmende Heiligenverehrung, bestand in der spätmittelal- terlichen Gesellschaft ein starkes Bedürfnis, das eigene Seelenheil und das der Familie durch die Einrichtung frommer Stiftungen, sogenannte Seelgerätstiftungen, dauerhaft zu sichern.4 Hier war es der Berner Stadtbürger Johannes (Hanns) Schütz, ein im Italienhandel erfolgreicher Kauf- mann und ebenso einflussreicher Grundherr, der 1482 kurz vor seinem Tod die Stiftung im Stockental auf den Weg gebracht hatte. Lange kann die gleich fünf Schutzpatronen geweihte Kapelle allerdings nicht genutzt worden sein. dem nach Südosten weisenden Chor, dürfte die- Abb. 2: Stocken-Höfen, Schon 1528, mit Einführung der Reformation im ser Anblick um 1500 noch eindrücklicher gewe- Stockentalstrasse 33. Blick in den östlich an das damaligen Staat Bern, verloren solche Seelmess- sen sein. Das Umfeld der Kapelle war zur Bau- Wohnhaus anschliessen­ kapellen quasi über Nacht ihre Bedeutung und zeit weitgehend unbebaut und wurde damals den Ökonomieteil vor den wurden einer profanen Nutzung zugeführt oder wahrscheinlich vor allem als Weideland ge- ersten Untersuchungen abgebrochen.5 Besonders im Stockental – aus- nutzt. Nur von einem benachbarten «Hus zer im September 2012. In der verputzten Chorwand gehend vom Niedersimmental mit der Kirchge- tellen» («Telle» heisst so viel wie Steuer) ist in der Kapelle zeichnet sich meinde Erlenbach als Zentrum – konnte die Re- Schütz’ Testament die Rede. Es wird vom Lo- der nachträglich ver­ formation rasch Fuss fassen, besass sie hier doch kalhistoriker Max Amacher als Zehntscheune schlossene Chorbogen schon vor der offiziellen Einführung durch die gedeutet.8 Die von Weitem sichtbare und da- ab. Blick nach Süden. Obrigkeit zahlreiche Unterstützer. Die Region mals noch weitgehend unverbaute Lage an der hebt sich damit deutlich von anderen Gebieten Strasse war wohl das ausschlaggebende Argu- des Berner Oberlandes ab, wie etwa Frutigen ment für die Wahl des Bauplatzes, wenngleich oder Thun, wo anfangs erbitterter Widerstand zusätzlich die rasche Verfügbarkeit des Gelän- gegen die Einführung des neuen Glaubens ge- des eine Rolle gespielt haben könnte. leistet wurde.6 Der rege Verkehr auf der überregionalen Wegverbindung mit vorbeiziehenden Bauern, 1 Gewerbetreibenden und Fuhrleuten aus der Lage und Verkehrstopografie

Der Bauplatz für das «Cappeli» direkt an der 2 Die Ergebnisse seiner Archivrecherchen hat der Archi- historischen Verbindungsstrasse zwischen dem var von Reutigen, Stephan Paul Kernen, Gasel, dem ADB in kollegialer Weise zugänglich gemacht. Dafür danke ich ihm Simmen- und dem Gürbetal wurde vom Stifter herzlich. Weiter danke ich Detlef Wulf, ADB, für die 2012 sicher mit Bedacht gewählt. Der beabsichtigte zusammengestellten Grundlagen zur Bau- und Stiftungsge- Bezug des Gebäudes auf die Stockental­strasse schichte des «Cappeli». Die in diesem Aufsatz vorgestellten Ergebnisse basieren weitgehend auf einem bereits erschie- ist bis heute gut nachzuvollziehen (Abb. 3). Ein nenen Text: Herrmann 2018. Blick in das erhaltene Testament des Stifters von 3 Eggenberger 1999; Jezler 1988. 4 Jezler 1994; Sladeczek 1999. 1481, in dem im Zusammenhang mit dem Bau 5 Schweizer 2006, 178. der Kapelle von der «Strass» die Rede ist, dürfte 6 Allemann 1938, 210; Holenstein 2006. diesen Eindruck bestätigen.7 Nähert man sich 7 Testamentenbücher der Stadt Bern, Bd. 1, 27. Aug. 1358– 6. Jan. 1489, S. 238 (Staatsarchiv Bern A I 835). Hier und im heute von Süden, von Reutigen her, fällt das pro- Folgenden zitiert nach einer Transkription des Altlehrers minent auf einer Geländestufe angelegte Ge- Max Amacher, überliefert in seinen undatierten Privatauf- zeichnungen zu Reutigen und Stocken, die dem ADB von bäude schon von Weitem ins Auge. Ausgestat- Stephan Paul Kernen zugänglich gemacht wurden. tet mit einem strassenseitigen Glockenturm und 8 Amacher o. J., 20. 186 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

Abb. 3: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. Drohnenfoto der Baustelle mit der Stockentalstrasse und den drei benachbar­ ten Liegenschaften im Juli 2018. Aus der Vogelpers­ pektive zeichnen sich die Grundrisse von Chor und Turm der Kapelle deut­ lich ab.

­Region sowie Händlern und Kaufleuten, Pilgern mögendsten Mitglieder der Berner Kaufleutege- und sonstigen Reisenden war damals sehr will- sellschaft und ab 1469 auch als Mitglied der ex- kommen, machten die Passanten doch in der klusiven Herrengesellschaft zum Distelzwang Regel kurz Halt, um in der Kapelle ein Gebet zu nachzuweisen.10 1435–1480 war er ununterbro- sprechen. Ihre Andacht steigerte die Bedeutung chen Mitglied des Grossen Rats in Bern. In den der Stiftung und kam zugleich dem Stifter und Jahren 1458–1462 übernahm er zudem das ange- dem von ihm mit dem Bau beabsichtigten per- sehene und zugleich einträgliche Amt des Salz- sönlichen Seelenheilgedenken zugute. herrn sowie das Amt des Berner Tschachtlans Bis zum Bau der Eisenbahnlinie im Aare- (Landvogt) in Frutigen. Wenig später, 1467– tal im 19. Jahrhundert kam dem Weg im Schat- 1471, wurde ihm das Amt des Tschachtlans in ten des Stockhorns als überregionale Verkehrs- übertragen, womit er erstmals direk- achse und Handelsroute zwischen der Stadt ten politischen Kontakt zu seiner 1472 erwor- Bern und den Alpenpässen im Simmental eine benen Herrschaft Stocken bekommen haben grosse Bedeutung zu. Kaufleute wie der Stifter dürfte. Ob er, wie dies Amacher vermutet, ur- Schütz wickelten einst den Grossteil ihres Fern- sprünglich auch aus dieser Gegend stammte handels mit Oberitalien über die Wege im Sim- und deshalb zeitlebens eine enge Beziehung zur men-, Stocken- und Gürbetal ab. Entsprechend Region um Reutigen unterhielt, lässt sich bis- gross dürfte das Interesse von Schütz gewesen lang nicht sicher beurteilen. Das auf dem von sein, 1472 die Rechte über die Herrschaft Sto- Schütz gestifteten Taufstein der Reutiger Pfarr- cken und die halbe Herrschaft Reutigen vom kirche angebrachte Familienwappen könnte in Berner Schultheiss Niklaus von Scharnachtal zu diese Richtung weisen.11 Vielleicht waren jedoch erwerben und anschliessend als neuer Grund- ganz andere, möglicherweise vorwiegend reli- herr eine eigene Kapelle vor Ort zu gründen.9 giös motivierte Gründe für seine dortige Stif- tung ausschlaggebend, denn als religiöses Zen- 2 trum der um 1500 allgemein aufblühenden Der Stifter Johannes (Hanns) Marienwallfahrt besass die Reutiger Pfarrkirche Schütz über das Stockental hinaus Bedeutung. Schütz’ tiefe Gläubigkeit und seine starke Verwurzelung Als Berner Stadtbürger und erfolgreicher Tuch- händler gehörte Schütz zum aufstrebenden Bür- 9 Geschichtsforscher 1820, 349; Thönen o. J. gertum der spätmittelalterlichen Gesellschaft. In 10 Diese und die folgenden Daten basieren auf Wulf 2012. den Schriftquellen ist er gar als eines der ver- 11 Amacher o. J., 19. DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 187

in der sich damals immer stärker verbreitenden dig abgeschlossen. Den Bauauftrag zur Kapelle Heiligen- und Reliquienverehrung drückt sich kann Schütz wiederum erst nach dem Erwerb wenig später in der Ausstattung seines eigenen der Herrschaft Stocken, also nach 1472 gegeben «Cappeli» in Stocken aus. Zehn Jahre später, haben. Folglich muss der Neubau in den zehn im Jahr 1482, stirbt Schütz und wird in der von Jahren zwischen 1472 und 1482 realisiert worden ihm gestifteten Seitenkapelle des Berner Müns- sein. Ob Schütz mit seiner Stiftung auch das Ziel ters beigesetzt. der Gründung einer eigenständigen, von Reuti- Das Testament von Schütz, das dieser 1481 gen unabhängigen Pfarrkirche in seiner Herr- ein Jahr vor seinem Tod verfasst hatte, ist im schaft Stocken verfolgte, wissen wir nicht. Die Wortlaut überliefert. Es bringt weiteres Licht in auffallend reiche Gründungsausstattung mit Pa- die Fragen zu den Hintergründen seiner Stif- trozinien, das grosszügig bemessene Kirchen- tung im Stockental.12 Neben der von ihm neu schiff und vor allem die im Baubefund nach- gebauten Kapelle, den angrenzenden Flurstü- zuweisende Errichtung eines Glockenturms cken und der mutmasslichen Zehntscheune in könnten jedenfalls dafür sprechen. Die Glocke direkter Nachbarschaft ist darin auch von einem des «Cappeli» kam nach der Aufhebung und Flurstück im Simmental die Rede. Auch Reben Profanierung der Kapelle nach Reutigen und in Thun werden erwähnt, die Schütz dem für hing bis 1909 im Dachreiter der dortigen Pfarr- Stocken zuständigen Leutpriester testamen- kirche.14 tarisch vermacht. Dieser soll im Gegenzug je- In der schriftlichen Überlieferung tritt uns den Donnerstag im «Cappeli» die Messe lesen. der Stifter Schütz als erfolgreicher Unternehmer, Wahrscheinlich kam er aus dem nördlich von einflussreicher Politiker und Grundherr entge- Stocken gelegenen Chorherrenstift Amsoldin- gen. Wohl vor allem aus Gottesfurcht setzte er gen, zu dem die spätmittelalterliche Stockener zeitlebens und sogar über seinen Tod hinaus ei- Herrschaft bis zum Erwerb durch Schütz gehört nen Grossteil seines Vermögens und seines po- hatte. Seinen beiden Söhnen vererbte Schütz je litischen Einflusses für die Ausstattung seiner ein Haus, das eine in Thun, das andere in Bern. Stiftungen in Bern, Stocken und wohl auch in Als Gegenleistung mussten beide jeweils einen Reutigen ein. Damit zeichnet er den charak- Viertel ihrer Erträge an die Stockener Kapelle teristischen Lebensweg eines Stadtbürgers der entrichten. Dank des Testaments ist bekannt, spätmittelalterlichen Oberschicht kurz vor der dass Schütz seine Kapellenstiftung ungewöhn- heraufziehenden Reformation nach, der in sei- lich reich mit Patrozinien ausstatten und unter ner Zeit nicht nur in Bern viele Parallelen kennt. den Schutz der Heiligen St. Petrus, St. Paulus, Nur rund ein halbes Jahrhundert lang, ge- St. Anna und St. Wolfgang sowie unter das Pa­ nau gesagt 46 Jahre über den Tod des Stifters hi- tronat des Heiligen Kreuzes stellen liess. Wie da- naus, hatte die Kapelle Bestand und wurde für mals üblich, müssen zu diesen Schutzpatronen das Seelengedenken und für Messdienste ge- in Stocken Reliquien vorhanden gewesen sein, nutzt. Spätestens 1528, mit der Durchsetzung der die in die Altäre der Kapelle eingelassen waren. Reformation im Staat Bern, verlor das katholi- Nach damaliger Vorstellung der katholischen sche Gotteshaus seine Bedeutung und wurde als Amtskirche, der Geistlichkeit und der Gläu- Sakralraum aufgegeben. Sichere schriftliche Be- bigen waren damit die Schutzheiligen persön- lege zur Aufhebung und Profanierung existie- lich in der Kirche anwesend und konnten ent- ren allerdings nicht und über weitere drei Jahr- sprechend im Gebet als direkte Mittler zu Gott hunderte hinweg schweigen die Quellen zum angerufen werden und stellvertretend für den Sünder Fürbitte leisten.13 Mit weiteren Pfründen versieht Schütz im Testament seine Kapellenstif- 12 S. Anm. 7. 13 In jedem Altar war damals mindestens eine Heiligenre- tung im Berner Münster, die heutige Schützka- liquie deponiert: Illi 1994, 61, Anm. 24. Gerade am Vor- pelle, in der er 1482 bestattet werden sollte. abend der Reformation griff eine ausufernde Heiligen- und Für den Baubeginn des «Cappeli» liefert das Reliquienverehrung in ganz Mitteleuropa um sich, die sich auch in einem schwunghaften Handel mit Reliquien äus- Testament von 1482 immerhin einen sicheren serte: Linsboth 2008; Mayr 2000, 71–92. Als vielgereister terminus ante quem. Zum Zeitpunkt der Nie- Kaufmann dürfte auch Schütz auf den überregionalen Märk- ten im Sinne seines Seelenheils davon Gebrauch gemacht derschrift seines Letzten Willens war der Bau haben. vermutlich schon weitgehend oder vollstän- 14 Freundliche Mitteilung von Stephan Paul Kernen, Gasel. 188 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

Abb. 4: Stocken-Höfen, welchem Umfang tatsächlich Reste der im neu- Stockentalstrasse 33. Das zeitlichen Wohnhaus vermuteten spätmittelal- im September 2012 frei­ 16 gelegte Fundament der terlichen Kapelle erhalten sind. Durchgeführt Nordwestecke des Lang­ wurden diese vom ADB in enger Abstimmung hauses der Kapelle. Im mit der Kantonalen Denkmalpflege.17 Parallel Hintergrund rechts das dazu fertigte der Architekt Hans-Ruedi Roth Ofenhaus und links der im Auftrag der Denkmalpflege Grundrisse und Ökonomieteil des Anwe­ sens. Blick nach Süden. Schnitte zum Baubestand in Form von Hand- aufmassen an.18 Bereits nach den ersten Eindrücken vor Ort schien es naheliegend, dass die westliche Chor- wand19 mit dem nachträglich zugemauerten Tri- umphbogen und die übrigen drei Chorwände «Cappeli». Erst 1850 erwähnt Albert Jahn in im Kellergeschoss des Wohnhauses in weiten seinen Beschreibungen der Gegend erneut die Bereichen erhalten sind (Abb. 1 und 2). Hin- Stockener Kapelle.15 Glaubt man ihm, so waren sichtlich der Grösse des westlich anschliessen- um 1750 noch Reste davon zu sehen, an die ein den Kirchenschiffs bestand hingegen zunächst Wohnhaus, das «Kappeli», angebaut war. Ne- noch völlige Unklarheit. Deshalb wurden im an- ben den im Wohnhaus integrierten Mauern grenzenden Garten gezielt vier weitere Sondier- des Chors müssen demnach zu dieser Zeit auch schnitte angelegt. Sicher erfasst wurden darin noch obertägig Reste des Kirchenschiffs zu se- die Verläufe der beiden Aussenmauern im Sü- hen gewesen sein. den und Norden sowie die südliche Chorschul- ter und die Nordwestecke des Kapellenschiffs 3 (Abb. 4). Es fiel von Beginn an auf, dass das Die bauarchäologischen Unter­ Schiff und der durch die Kellermauern nachvoll- suchungen ziehbare Chorraum keine symmetrische Einheit bilden, sondern der Chor gegenüber dem Schiff Im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf deutlich nach Süden verschoben und um we- der Liegenschaft fanden 2012 im Wohnhaus und nige Grad aus der Mittelachse gedreht gewesen auf dem zugehörigen Grundstück erste bauar- sein muss. Die Ursachen für die Asymmetrie des chäologische Untersuchungen und Sondierun- Kapellenbaus blieben noch unbekannt. Letztlich gen statt. Es sollte geklärt werden, ob und in führte dies fälschlicherweise zur Annahme, dass die Kellermauern doch nicht wie eingangs ver- Abb. 5: Stocken-Höfen, mutet vom Kapellenbau stammen, sondern erst Stockentalstrasse 33. Der beim Bau des Wohnhauses im 16./17. Jahrhun- Chorbogen und der be­ reits teilweise freigelegte Chor der Kapelle im März 2016. Blick nach Süd­ 15 Jahn 1850, 263. osten. 16 Im Vorfeld des Verkaufs sollte durch die Abklärungen Planungssicherheit für den neuen Eigentümer und für et- waige Neubauvorhaben erreicht werden, da Umfang und Zustand des Denkmals kaum bekannt waren. 17 Die Arbeiten fanden vom 17. bis 28. September 2012 statt. Sie standen unter der Leitung des Verfassers und wur- den vor Ort von Markus Leibundgut und Detlef Wulf, beide ADB, durchgeführt. Zuständiger Bauberater der Denkmal- pflege war Fabian Schwarz. 18 Hans-Ruedi Roth, Spiez, wurde 2016 von den neuen Ei- gentümern als Planer für das Neubauvorhaben herangezo- gen. Dies schuf die gewünschte personelle Kontinuität für den angestrebten Erhalt der mittelalterlichen Kapellenreste. 19 Im Folgenden werden der Verständlichkeit wegen in den Beschreibungen nur noch die Haupthimmelsrichtungen verwendet, obgleich die Ausrichtung der Kapelle um etwa 45° von einem ideal geosteten Gebäude abweicht. So ist bei- spielsweise die als nördliche Schiffmauer bezeichnete Mauer eigentlich die nordwestliche Aussenmauer des Kirchen- schiffs. DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 189

dert errichtet wurden. Nur die westliche Chor- Abb. 6: Stocken-Höfen, mauer mit dem Chorbogen war 2012 als unver- Stockentalstrasse 33. Nördliche Chormauer mit änderter Rest der spätmittelalterlichen Kapelle dem nachträglich ver­ 20 im aufgehenden Baubestand erkannt worden. schlossenen Durchgang Im Stuben- und Gadengeschoss wurden­ da- zum Turm während der mals ergänzende Bauuntersuchungen zum Wohn- Freilegung im März 2016. Blick nach Nordosten. haus vorgenommen. Da die meisten Wände mit modernen Täferungen verdeckt waren, musste man sich auf die Hinweise der Brandversiche- rungsakten von 1883 bis 1948 stützen und sich auf die jüngere Baugeschichte konzentrieren.21 Die Bauaufnahme und die Untersuchungsergeb- Abb. 7: Stocken-Höfen, nisse führten dazu, dass der Verkauf der Lie- Stockentalstrasse 33. genschaft mit der Auflage des Erhalts der his- Chorbogen und nördliche torischen Baustrukturen, insbesondere der Chormauer der Kapelle Kapellenreste, verknüpft werden konnte. Die im Erdgeschoss des Wohnhauses nach dem neuen Eigentümer nahmen die Liegenschaft Entfernen der Täfer im mit ihrem historischen Erbe zunächst ohne Februar 2018. Blick nach grössere Umbauwünsche an und bewohnten Norden. nach kleinen Reparaturen das Haus bis Ende 2017 im weitgehend ursprünglichen Zustand. Schon 2015 war bei den Eigentümern aber der Wunsch gereift, doch einen Neubau unter Ein- bezug der historischen Kapellenteile zu planen. Um hierfür konkrete Grundlagen zu bekom- men, wurden im Januar und März 2016 durch den ADB im Ökonomietrakt vorbereitende Un- tersuchungen durchgeführt.22 Im Fokus stan- den zu diesem Zeitpunkt die unter dem neu- zeitlichen Tennboden erhaltenen Schichten und Strukturen sowie Untersuchungen im ehemali- gen Chorraum hinter dem nun teilweise geöff- neten Chorbogen (Abb. 5). Erst jetzt war zu be- legen, dass die Umfassungsmauern des Kellers doch vom Chor der Kapelle übernommen wor- den sind. Durch die Freilegung eines zugemau- erten Türbogens in der nördlichen Chorwand ältesten Holzbaus und der nächstjüngeren stand nun erstmals die konkrete Vermutung im Bauphase wurden entnommen und im Den- Raum, dass an der strassenseitigen Chorschul- drochronologielabor des ADB analysiert.24 ter ein Anbau, vielleicht eine Sakristei oder gar Die Interpretation des nördlichen Anbaus als ein Turm, bestanden hat (Abb. 6). Somit war der Hauptgrund für die Asymmetrie des Kapel- lenbaus gefunden. Zudem stand fest, dass das 20 Wulf 2012. 21 Recherchiert von Stephan Paul Kernen, Gasel, in den gesamte Kellergeschoss mit dem nördlichen Brandversicherungslisten von 1883 bis 1948. Die Liegen- Turm- oder Sakristeibau in den Neubau integ- schaft wurde damals noch als Gebäude-Nr. 28, Kappeli, Hin- tere Gasse, Niederstocken, bezeichnet. Dazu: Wulf 2012, riert werden musste. Anhang 3. Parallel zu den Ausführungsarbeiten konn- 22 Die Arbeiten unter der Leitung des Verfassers wurden ten 2018 die Untersuchungsergebnisse vervoll- vor Ort von Leta Büchi, ADB, durchgeführt. 23 Die Arbeiten fanden unter der Leitung des Verfassers ständigt werden. Im Februar fanden zunächst statt und wurden von Leta Büchi, ADB, durchgeführt. ergänzende Untersuchungen und Planauf- 24 Die Arbeiten wurden von Matthias Bolliger und Mar- kus Leibundgut durchgeführt. Ein Teil der Hölzer ist dank nahmen im ehemaligen Wohngebäude statt erhaltener Waldkanten sicher in das 17. und 18. Jahrhun- (Abb. 7).23 Auch Proben von Bauhölzern des dert zu datieren. 190 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

liche Holzbau des neuzeitlichen Wohnhauses abgebrochen worden, sodass die Kapellenreste für kurze Zeit vollständig frei lagen (Abb. 10). Die Betonmauern für den neuen Holzbau wa- ren zu diesem Zeitpunkt bereits fertiggestellt. Die jüngere Kellertrennwand war entfernt und auch der moderne Plattenboden im Bereich des ehemaligen Chorraums war für ein neues Stütz- fundament aus Beton teilweise abgetragen wor- den. Darunter trat wider Erwarten ein weiterer bauzeitlicher Fundamentzug der Kapelle zutage. Das eigentlich dort erwartete Fundament des Hauptaltars wurde indes auch nach dem Frei- legen des gesamten Chorraums nicht entdeckt. Mit den Untersuchungen im Chor im Juli 2018 waren die archäologischen Feldarbeiten endgül- tig abgeschlossen. Abb. 8: Stocken-Höfen, ­ehemaliger Glockenturm konnte bei dieser Ge- Auf der Grundlage der Bauuntersuchun- Stockentalstrasse 33. Das legenheit weiter konkretisiert werden. Ausser- gen und Grabungen seit 2012 wurden Pläne zum Wohnhaus im April 2018 nach dem Abbruch von dem liessen sich nun Umfang, Gliederung und Grundriss sowie zu den Quer- und Längsschnit- Teilen der Ökonomiebau­ Baustruktur des ersten Wohnhauses aus dem ten der Kapellenruine erarbeitet. Sie beziehen ten. Klar zu erkennen ist frühen 17. Jahrhundert gut beurteilen. die erhaltenen Reste vom Stubengeschoss und das Natursteinmauerwerk Im April 2018 begann der Abbruch der mo- vom Dachwerk des ältesten Wohnhauses mit ein der Südseite des Kapel­ dernen Anbauten (Abb. 8). Bei dieser Gelegen- (Abb. 11 und 12). lenchors mit dem Ansatz der südlichen Chorschul­ heit konnte das erhaltene Sockelgeschoss des ter. Blick nach Nordosten. Glockenturms freigelegt und dokumentiert wer- 4 den. Im Mai 2018 folgten begleitende Beobach- Das «Cappeli» um 1500 tungen und ergänzende Plandokumentationen zur nördlichen und zur südlichen Chorschulter Soweit dies anhand der Sondierungen und Bau- (Abb. 9). Im Juli 2018 war schliesslich der rest- untersuchungen zu beurteilen ist, wurde die Ka- pelle in einem Zuge als Saalbau mit rechtecki- Abb. 9: Stocken-Höfen, gem Ostchor gebaut. Da die Kapelle auf den Stockentalstrasse 33. Die Strassenverlauf sowie auf die dicht neben den nördliche Chorschulter und das nördliche Lang­ südlichen und östlichen Aussenmauern ab- hausfundament der Ka­ fallende Geländetopografie ausgerichtet war, pelle während der Bauar­ weicht die Kapellenachse um fast 45° von der beiten im Mai 2018. Blick sonst üblichen Ost-West-Orientierung mittel- nach Osten. alterlicher Kirchen ab. Die westliche Giebelseite des im Lichten 14 m langen und 9 m breiten, 135 m2 grossen Kapellenschiffs ist im Bereich der jetzigen Grundstücksgrenze zu vermuten. Das Hauptportal könnte mittig in der westlichen Abschlussmauer zu suchen sein, dort, wo heute ein Ofenhaus des Nachbargebäudes steht. Letzt- lich ist aber auch ein Zugang von der Strasse im Norden her denkbar. Das Fundament des Kir- chenschiffs besteht aus einem 0,8–1,0 m starken Schalenmauerwerk und ist aus Kalkbruchstei- nen und reichlich Kalkmörtel gefügt. Obertägig sind davon keine Reste mehr erhalten. Die Ab- bruchkanten der Fundamente liegen etwa 0,3 m unter dem heutigen Gehniveau im Garten und DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 191

Hofbereich des Grundstücks. Die nördliche gestellt. Eine Deutung als Altarunterbauten ist Chorschulter ist im Mauerverband mit dem öst- in diesen Fällen unwahrscheinlich, wenngleich lich anschliessenden Turmfundament errichtet wegen der überlieferten fünf Patrozinien mit worden. Das Fundament zur südlichen Chor- weiteren Altären im Chorraum zu rechnen ist. schulter scheint an der Aussenseite verstärkt. Die nachgewiesenen Fundamente könnten viel- Dies könnte auf eine Aussenstrebe hindeuten, mehr von der dort anzunehmenden Schwelle die den Schub des Gebäudes vor der dicht süd- zwischen Schiff und Chor beziehungsweise lich angrenzenden Geländeböschung abfing. vom Unterbau eines Lesepults oder einer Chor- schranke stammen. 4.1 4.2 Innenaustattung des Kapellenschiffs Chorbogen und Dachkonstruktion An der nördlichen und an der südlichen Chor- schulter wurde jeweils ein rechteckiger Funda- Weitgehend vollständig und in vermutlich fast mentstreifen von rund 1 × 2 m beziehungsweise ursprünglicher Höhe von etwas mehr als 7 m 1 × 1,6 m Grösse festgestellt (Abb. 11 und 13). In ist die westliche Chormauer mit dem Triumph- beiden Fällen handelt es sich wohl um den Un- bogen erhalten. Dies lassen zumindest die ge- terbau eines Seitenaltars. Beim nördlichen Fun- treppten Abbruchkanten der Chormauer erah- dament zeichnet sich im Putz der Chormauer nen. Die Rundbogenöffnung ist um etwa eine die obere Abbruchkante ab. Demnach lag die Mauerstärke aus der mittigen Achse des Kir- zugehörige Altarmensa rund 1 m über dem da- chenschiffs nach Süden verschoben (Abb. 5, 11 maligen Laufniveau des Kirchenschiffs. Die und 12). Die Bogenstellung besitzt eine lichte Oberkante des Kirchenbodens ist ebenfalls als Breite von 3,65 m und weist vom anzuneh- Putzkante an der Chormauer abzulesen. Zuge- menden Bodenniveau des Chorraums bis zum hörige Reste von einem möglichen Kalkmör- Scheitel eine Höhe von rund 3,1 m auf. Der zu- telestrich oder einem Plattenbelag wurden im gehörige, deckende Kalkmörtelputz ist im un- Kapellenschiff nicht gefunden. Etwa mittig vor teren Abschnitt weitgehend erhalten. Hinweise sowie innerhalb und an der Südseite des Chor- auf eine farbige Fassung der Wandscheiben oder bogens wurden weitere Fundamentreste fest- Bemalungen im Kirchenschiff sind darauf nicht

Abb. 10: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. Drohnenfoto des Gebäu­ des nach Abbruch aller jüngeren Mauern und den Vorbereitungsarbeiten für das neue Holzhaus im Juli 2018. Vorne im Bild der Chor mit dem verbreiter­ ten Ostfenster, dahinter der bereits neu zugemau­ erte Chorbogen und rechts der Turmsockel. Blick nach Nordwesten. 192 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

M. 1:200

485 490 495 500 505 510

Abb. 11: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. Rekonstruierter Grundriss der spätmittelalterlichen

Kapelle (rot: nachgewie­ 205 sen; hellrot: ergänzt) mit den nachreformatori­ schen Zumauerungen und dem nach 1614 darüber Längsschnitt errichteten Wohnhaus aus Holz (blau: erhalten) so- wie jüngeren Befunden 200 (weiss). M. 1:200. t 195 Querschnit 0 5 m

mehr nachzuweisen. Der Bogen ist aus grösse- 4.3 ren Kalksteinblöcken gefügt, während die an- Chorraum und Glockenturm grenzenden Mauerflächen aus kleinteiligerem Bruchsteinmauerwerk bestehen, nur grob lagig Der östlich an den Chorbogen anschliessende aufgebaut sind und zahlreiche Dachziegelreste Chorraum ist leicht trapezförmig angelegt, nach Abb. 12: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. als Zwick- und Ausgleichsteine aufweisen. Ins- Süden aus der Mittelachse verschoben und um Östlicher Querschnitt besondere auf der Ostseite der Chormauer liess einige Grad gegenüber dem Langhaus aus der durch das Wohnhaus auf sich diese Struktur bestens ablesen (Abb. 7). Die Achse gedreht. Er besitzt eine Grundfläche von der Höhe der Chorwand dortigen Balkenlöcher sind bis auf zwei runde etwa 35 m2, wobei die Länge im Lichten etwa (rot im Schnitt erhaltene Öffnungen mit Holzresten, die vom Bauge- 7 m und die Breite 4,8–5,2 m betragen. Die drei Kapellenmauern. Hellrot: verputzte Mauern der Ka­ rüst der Kapelle stammen dürften, erst mit dem äusseren, 0,9 m starken Chormauern aus Kalk- pelle; blau: Dachwerk nachfolgenden Wohnhaus zu verbinden. Hin- bruchstein reichen noch bis zur späteren Keller- des Wohnhauses; hell­ weise auf eine Verankerung der Kirchendächer decke hinauf, also bis auf etwa 2 m Höhe über blau: Zumauerung Chor­ in der Chorwand fanden sich nicht. Die Dächer dem Kellerboden. Auf der Südseite sind im bogen; weiss: jüngere Be­ funde). Für die Lage des von Schiff und Chor könnten demnach als Sat- Küchenbereich des nachfolgenden Wohnhau- Profils siehe auch Abb. 11. teldächer mit reinen Sparrenkonstruktionen ses sogar bis auf mehr als 3,5 m Höhe Reste der M. 1:200. ausgeführt gewesen sein. ehemaligen Chormauer erhalten (Abb. 8). Der obere Mauerabschluss im Chor dürfte demnach 200 205 mindestens auf dieser Höhe gelegen haben. An verschiedenen Stellen sind unter jüngeren Put- zen und Farbschichten die Reste des ersten, mutmasslich spätmittelalterlichen Kalkmörtel- 656.00 putzes erhalten. Auch hier konnten keine Hin- weise auf eine ursprüngliche farbige Fassung der Wände gefunden werden. Die nördliche Chor- mauer bildet zugleich die südliche Wand des

652.00 mit dem Chor im Verband gemauerten Glo- mü.M. ckenturms. Das ebenerdige Turmgeschoss be- sitzt einen etwa quadratischen Grundriss von 5 × 5 m Seitenlänge und ein inneres Mass von rund 2,25 × 2,25 m. Die südliche Turmmauer zeichnet sich an der Chorbogenmauer noch in DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 193

voller Höhe als Abbruchkante ab. An der äus- Abb. 13: Stocken-Höfen, seren Ecke der Chorschulter lässt sich etwa auf Stockentalstrasse 33. 2012 gefundenes Altar­ Höhe des Scheitelpunkts des Chorbogens der fundament an der nördli­ Gewölbeansatz zu einem Zwischengeschoss im chen Chorschulter im Turm erkennen (Abb. 14). Die auffällige Kon- ehemaligen Langhaus der struktion könnte auf eine Sakristei oder eine Kapelle. Blick nach Osten. Kapelle im Erdgeschoss hindeuten. Der 0,9 m breite und 1,9 m hohe rundbogige Durchgang zum Turm schliesst direkt östlich an den Chor- bogen an (Abb. 6 und 14). Über die ursprüng- liche Höhe des Turms sind keine verlässlichen Aussagen zu machen. Gesichert ist immerhin, zug im Fundamentbereich fertiggestellt war, dass der Turm deutlich über den First des Kir- entschloss man sich dazu, rund 1,7 m weiter chenschiffs in rund 7 m Höhe hinausragte. Wie südlich ein neues Fundament zu bauen und das Dach im Detail konstruiert war, ist unklar. darüber die jetzige südliche Chormauer zu er- richten. Während das anfangs geplante Fun- 4.4 dament im Verband mit der Chorbogenmauer Chorausstattung und der östlichen Chormauer steht, bindet die nachträglich ausgeführte Südmauer erst wenige In der Mitte der nördlichen Chormauer ist Steinlagen über dem Fundament in die Chor- eine rechteckige Mauernische des ursprüngli- bogenmauer ein (Abb. 15). Dies kann als Beleg chen Bestands erhalten. Sie dürfte als Lichtni- dafür gelten, dass es sich um eine kurzfristige sche gebraucht worden sein. In der Ostmauer Planänderung während des laufenden Baube- ist ein mittiges, schartenförmiges Fenster zum triebs handelt. Zumal das erste, unter dem spä- Chor zu rekonstruieren. Zu erwarten wäre hier teren Chorboden verborgene Fundament keine ein grösseres Spitzbogenfenster mit bemaltem Abbruchkante, sondern einen ebenen, glatt ab- Fensterglas, wofür es aber keine Anhaltpunkte gestrichenen oberen Abschluss besitzt, und der gibt. Der Grund für die schlichte Fenstergestal- Bereich zwischen beiden Fundamenten an- tung ist unklar. Die beiden sich nach innen wei- schliessend mit einer Steinrollierung und Kalk- tenden Seitenwangen sind in den Gewänden der mörtel geschlossen wurde (Abb. 16). jetzigen Zugangstüre des Kellers noch deutlich abzulesen. Neben einer weiteren quadratischen Abb. 14: Stocken-Höfen, Wandnische, die möglicherweise liturgisch zur Stockentalstrasse 33. Das Erdgeschoss des Aufbewahrung von Messgerät genutzt wurde, Glockenturms der Kapelle trat in der Südmauer hinter der jüngeren Kel- mit dem wieder geöffne­ lerzwischenwand noch ein rechteckiges Chor- ten Zugang in der nörd­ fenster zutage, das sich von innen nach aussen lichen Chormauer und darüber der Haustüre des schartenförmig verengt (Abb. 15). späteren Wohngebäudes Zum Chorboden sind keine Einzelheiten nach der Freilegung im bekannt. Immerhin wurden vor dem Turmzu- April 2018. Blick nach gang Mörtelreste gefunden, die zu einem Estrich Süden. oder zum Mörtelbett eines Bodenbelags aus Na- turstein, Backstein oder Holz gehören könnten. Demnach hat das Gehniveau im Chor eine Stufe über dem Schiff gelegen.

4.5

Planungswechsel im Chorraum

Die Südmauer des Chors war offensichtlich zunächst wie die Nordmauer bündig mit dem Chorbogen geplant. Erst nachdem der Mauer­ 194 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

Abb. 15: Stocken-Höfen, Die Kapelle des ausgehenden 15. Jahrhunderts Stockentalstrasse 33. kann anhand der Ergebnisse der bauarchäo­ Im Keller des Wohnhauses erhaltene südliche Chor­ logischen Untersuchung in ihren wesentlichen mauer mit einem Fenster Merkmalen rekonstruiert werden (Abb. 17), wo- (links) und einer Licht­ bei im Hinblick auf die oberen Mauerabschlüsse, nische dicht vor der östli­ die Höhe des Turms und die Form der Dächer chen Chorwand (rechts) Unsicherheiten bestehen bleiben. im Juli 2018. Blick nach Süden. 5 Das Wohngebäude im 16.–20. Jahrhundert

Die Bauuntersuchungen von 2018 liefern uns Anhaltspunkte, um auch das erste nachrefor- matorische Wohnhaus zu rekonstruieren, das in die bereits teilweise abgebrochene Kapellen- ruine eingebaut worden war. Besonders viele Baureste davon sind im Obergeschoss an der Nordseite des Gebäudes in Form einer Ständer- bohlenwand und der zugehörigen traufseitigen An der Oberkante der heutigen Südmauer Konstruktion im ehemaligen laubenförmigen ist ein ursprünglicher Mauerabsatz zu erkennen. Kniestock erhalten geblieben (Abb. 18 und 19). Darauf dürfte ehemals ein Streichbalken gele- Dendrodatierungen zu einigen Wandbohlen im gen haben, der am ehesten mit einer im Chor Erdgeschoss sprechen dafür, dass dieses Wohn- geplanten Decke zu verbinden ist. Vielleicht hat haus erst 1614 oder kurze Zeit danach entstan- man auch hier den Bauplan geändert und letzt- den ist. Dies könnte bedeuten, dass die Kapelle lich auf den Einbau der Decke verzichtet, da sie während fast 100 Jahren weitgehend ungenutzt im Verhältnis zum Scheitelpunkt des Chorbo- geblieben ist, bevor sie für eine profane Verwen- gens deutlich zu tief angelegt war. dung umgebaut und erweitert wurde. Da die stark verrussten Hölzer der Dachkonstruktion Abb. 16: Stocken-Höfen, des Wohngebäudes nicht dendrodatiert werden Stockentalstrasse 33. konnten, ist aber auch eine frühere Umnutzung Südlicher Abschnitt des Chorraums der Kapelle der Kapellenreste bereits im Laufe des 16. Jahr- während der Bauarbeiten hunderts möglich. im Juli 2018. Das parallel zur südlichen Chormauer 5.1 verlaufende Fundament in der Bildmitte deutet auf Konstruktion und Raumgliederung eine Planänderung wäh­ rend des Kapellenbaus Konstruktion und Raumgliederung des ersten hin. Blick nach Südwesten. Wohngebäudes folgen dem üblichen Schema des frühneuzeitlichen ländlichen Hausbaus in der voralpinen Zone des Berner Oberlands, das Teil der historischen Hauslandschaft des höhe- ren Mittellands ist.25 Grösse und Ausrichtung sind hingegen auf den vorhandenen Baubestand der Kapellenruine abgestimmt (Abb. 11 und 20). Der übliche giebelseitige Keller wurde im öst- lichen Teil des ehemaligen Chors der Kapelle eingerichtet. Darüber liegt die vermutlich heiz-

25 Affolter et al. 2001. DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 195

bare Wohnstube. Um die Wand zwischen Stube Abb. 17: Stocken-Höfen, und Rauchküche anlegen zu können, wurde Stockentalstrasse 33. Rekonstruktionsversuch im Keller eine neue Mauer eingebaut. Der da- des «Cappeli» am Fuss durch entstandene Raum zwischen dem nun des Stockhornmassivs zugemauerten Chorbogen und der neuen Kel- im ausgehenden 15. Jahr­ lermauer wurde mit Abbruchschutt verfüllt. Da hundert. Blick nach Süd­ westen. der Raum im ehemaligen Glockenturm nicht benötigt wurde, verschloss man auch die Öff- nung des dortigen Zugangs und verfüllte den Innenraum des Turms mit Schutt. Westlich der Chormauer, im damals vermutlich noch teil- weise erhaltenen Langhaus der Kapelle, lag der Wirtschaftsbereich des Gebäudes mit dem ben sich nicht erhalten. Zum Stubenanbau auf Tenn. Auch ein kleiner Stall dürfte zu der viel- der Nordseite sind hingegen Reste in Form der leicht von einem Tauner oder einer Kleinbau- Schwellenkonstruktion mit Zapfenschloss über ernfamilie bewirtschafteten Liegenschaft gehört dem abgebrochenen östlichen Turmfundament haben.26 nachgewiesen. In den dortigen Anbau war von Beginn an die als Quergang angelegte Haupter- 5.2 schliessung des Gebäudes integriert. Das Erdgeschoss 5.3

Das Erdgeschoss über dem massiven Keller ist Das Obergeschoss und die Dach- aus Holz gebaut und als eigenständiger Stän- kon­struktion derbohlenbau abgebunden. Nur im Bereich der südlichen Chorwand liess man für die dor- Das Obergeschoss mit dem giebelseitigen Ga- tige Küche auch über dem Keller ein Stück der den und dem dahinter anschliessenden, offe- höher aufragenden Kapellenmauer stehen und nen Rauchabzug der Küche war wie das Stu- band sie in das Wohnhaus ein. Die Balken des bengeschoss als eigenständiges Stockwerk Schwellenkranzes der Stubenkonstruktion mit mit Schwellrahmen, Eck- und Wandständern, Abb. 18: Stocken-Höfen, den eingezapften Ständern und den eingescho- Stockentalstrasse 33. benen, liegenden Bohlenwänden ruhen im Nor- Nördliche Gadenwand 26 Darauf deutet vor allem der Firstbalken des zugehöri- im Obergeschoss des den und Osten auf den ehemaligen Chormau- gen Dachwerks hin, der bis über den Tennbereich des Ge- Wohnhauses nach dem ern. Für die Fundamentierung der westlichen bäudes von 2017 hinweg durchläuft. Ausserdem spricht die Beobachtung von Jahn dafür, dass noch um 1750 Mauer- Ent­fernen des Täfers Schwelle wurde die neue Mauer im Keller ge- reste zum Langhaus, an die das Wohnhaus anschloss, an der im Februar 2018. Blick nutzt, während auf der Südseite die Schwelle Oberfläche sichtbar waren: Jahn 1850, 263. nach Nordosten.­ ohne erkennbare Fundamentierung geblieben ist. Vielleicht war sie dort zusätzlich mit Stän- dern auf das Fundament der geplanten, aber nicht ausgeführten südlichen Chormauer ab- gestützt. Das ebenerdig auf der nördlichen Traufseite über die Küche erschlossene Stu- bengeschoss war anfangs einraumbreit mit der giebelseitigen heizbaren Wohnstube und der dahinter liegenden offenen Rauchküche konzi- piert. Die starken Verpechungen an der westli- chen Chormauer belegen, dass die Küche nach oben hin offen war. Der Rauch wurde über den Dachraum abgeleitet. Auf beiden Traufseiten bestanden neben der Stube kleine Anbauten, die als offene Lauben, Vorratsräume oder vielleicht als geschlossene Schlafkammern genutzt wor- den sind. Sichere Belege zu diesem Bauteil ha- 196 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

den: Die drei kurzen Firstständer im Wohnhaus- bereich sind zwischen First und jeweils einem Bundbalken eingezapft sowie mit je zwei kur- zen, schwalbenschwanzförmig geschnittenen Fussbändern an den Bundbalken sowie je einem aufgeblatteten Kopfband an der Firstpfette befes- tigt. Auf der Westseite reicht die Firstpfette über die Chormauer hinweg in das ehemalige Tenn. An ihrem dortigen Ende ist die Pfette durch ein aufgeblattetes Kopfband mit einem weiteren, et- was längeren Firstständer verbunden. An die- ser Stelle wurde der First nachträglich gekürzt. Deshalb ist nicht sicher, ob an der Westseite le- diglich der ehemalige Dachüberstand entfernt wurde oder noch ein weiterer Ökonomieraum darunter anschloss. Die Konstruktion mit ihren komplizierten Verblattungen ist handwerklich Abb. 19: Stocken-Höfen, ­liegenden Wandbohlen und dem die Wand solide ausgeführt und typisch für das 16. und Stockentalstrasse 33. oben abschliessenden Rähmbalken konstruiert. 17. Jahrhundert. Hierzu passt auch das sehr fla- Nördlicher, laubenförmiger Speicherraum im Oberge­ Die östliche Innenwand der Gadenkammer war che, an die sogenannten «Tätschdächer» der al- schoss des Wohnhauses gegenüber dem Stockwerk darunter um knapp pinen und voralpinen ländlichen Bauten erin- mit der Gadenwand und 1 m nach Osten versetzt. Der dadurch entstan- nernde Giebeldach des Gebäudes. der Konstruktion zum dene Rücksprung diente einerseits als Zugangs- strassenseitigen Knie­ bereich vor dem Gaden, den man wohl mit 5.4 stock. Blick nach Osten. einer Leiter oder Treppe von der Küche aus er- Jüngere Umbauten reichen konnte. Zugleich bot sich der Wand- vorsprung als Galerie an, von der aus in dem Dank weiterer Dendrodaten lassen sich Umbau- Abb. 20: Stocken-Höfen, Stockentalstrasse 33. nach oben hin offenen Rauchabzug Fleischwa- massnahmen um oder kurz nach 1786/87 fassen. Südlicher Längsschnitt ren zum Räuchern aufgehängt werden konnten. Nachweisbar sind neben der teilweisen Erneu- durch das Wohngebäude Die auf beiden Traufseiten des Gadens freiblei- erung der Dachkonstruktion entlang der Trau- und den angrenzenden benden Kniestöcke und die darüberliegenden fen Änderungen an den beiden traufseitigen Tenn auf Höhe des Firstes (rot: Kapellenmauern er­ Dachräume liessen sich als Lagerräume nutzen. Anbauten. Auch die Stube wurde damals unter halten; hellrot: Wandflä­ Gut erhalten ist die ursprüngliche, sehr fla- Einbezug des ehemaligen Anbaus auf der Süd- chen; blau: Mauern und che Dachkonstruktion des Wohnhauses, die seite in zwei etwa gleich grosse Räume unter- Hölzer des ältesten auf den Ruinenbestand und die besonderen teilt und teils mit neuen Wänden ausgestattet. Wohnhauses; weiss: jün­ Raumverhältnisse vor Ort angepasst worden ist Durch Angaben in den Brandversiche- gere Befunde). Für die 1:200 Lage des Profils s. auch (Abb. 12, 20 und 21). Das Pfettendach ist als ab- rungsakten sind wir über die jüngeren Verän- Abb. 11. M. 1:200. gefangene Firstständerkonstruktion abgebun- derungen ab 1899 informiert.27 1899 oder kurz zuvor beseitigte man die alte Rauchküche und 510 505 500 baute einen Schlot mit dem dazu passenden Sparherd ein. Die Modernisierungen schlugen sich in der Versicherungssumme nieder, die von 800 auf 1700 Franken anstieg. Eine wei- 656.00 tere Zunahme der Versicherungssumme auf 2600 Franken lässt sich für das Jahr 1917 bele- gen. Der damalige Eigentümer, der Bäcker Karl Studer, realisierte zu jener Zeit mehrere Anbau- 652.00 ten. Zudem liess er das Gebäude an die öffent- mü.M. liche Stromversorgung anschliessen und mit

0 5 m 27 Die folgenden Angaben folgen Wulf 2012. DAS «CAPPELI» IM STOCKENTAL AUFSÄTZE 197

einer Elektroinstallation ausstatten. 1933 ver- anlasste Studer, inzwischen in die Fabrikar- beit gewechselt, weitere Modernisierungen am Gebäude, so etwa den Einbau eines Aborts im Wohnhaus. Auch später und bis 2012 wurde der Bestand mehrfach durch An- und Umbauten er- gänzt und erneuert.

Zusammenfassung

Zwischen 1472 und 1481 stiftete der Berner Stadtbürger Hanns Schütz in der heutigen Ge- meinde Stocken-Höfen eine Seelmesskapelle. Sie war den Heiligen St. Petrus, St. Paulus, St. Anna und St. Wolfgang sowie dem Heiligen Kreuz ge- weiht. 1528, mit der Durchsetzung der Reforma- tion, wurde die Kapelle aufgelassen. Reste der Ruine sind im frühneuzeitlichen Wohngebäude Anna, saint Wolfgang et à la Sainte Croix, elle Abb. 21: Stocken-Höfen, an der heutigen Stockentalstrasse 33 erhalten. fut abandonnée dès 1528 avec la Réforme. Ses Stockentalstrasse 33. Dachspitz mit dem erhal­ Der geplante Neubau führte zwischen 2012 und vestiges sont aujourd’hui conservés au sein du tenen oberen Giebelfeld 2018 zu umfangreichen archäologischen Unter- bâtiment d’habitation du début de l’époque mo- der Chorwand und dem suchungen. Nachgewiesen ist eine saalförmige derne sis à la Stockentalstrasse 33. La rénovation darauf aufgesetzten Kapelle mit Rechteckchor, die an der Strasse de ce dernier a nécessité d’importantes investi- Dachwerk des ersten Wohngebäudes. Blick ausgerichtet ist. Weite Teile der Chormauern gations archéologiques entre 2012 et 2018. Une nach Westen. sind im Kellergeschoss erhalten. Die westliche chapelle à un seul vaisseau et chevet plat, repre- Chormauer zwischen Schiff und Chor mit dem nant l’orientation de la route, a été attestée. Les Triumphbogen reicht noch bis in 7 m Höhe. murs du chœur sont en grande partie conser- Nördlich am Chor schliesst der zugehörige vés au sous-sol. Le mur ouest séparant la nef du quadratische Glockenturm an. Knapp 100 Jahre chœur, avec son arc triomphal, est préservé sur nach der Aufgabe der Kapelle, um 1614, wurde sept mètres de hauteur. Un clocher carré est ac- in der Ruine das erste Wohnhaus eingebaut. colé au nord du chœur. Près de 100 ans après Über dem als Keller genutzten Chor entstand l’abandon de la chapelle, vers 1614, une première nun ein zweistöckiger Ständerbohlenbau mit maison fut construite dans ses ruines. Au-des- flachem Pfettendach. Im Erdgeschoss lag gie- sus du chœur faisant office de cave, un bâtiment belseitig die Stube, dahinter, angelehnt an die en bois à deux étages en madriers emboités et Chorwand, die nach oben hin offene Rauchkü- poteaux, avec toiture à pannes de faible pente, che. Im Obergeschoss bestand ein Gaden mit a été érigé. Au rez-de-chaussée, la belle pièce se Lagerräumen in den Kniestöcken. Westlich der trouvait côté pignon, tandis que la cuisine avec Chorbogenmauer schloss ein Ökonomieteil mit fumoir ouvert se trouvait à l’arrière, appuyée Tenn, Heuboden und Kleinviehstall an. Das um contre le mur du chœur. L’étage supérieur com- 1786/87 und im 19./20. Jahrhundert mehrfach portait une pièce offrant des espaces de ­stockage umgebaute Kleinbauernhaus bestand bis 2017. sous la pente du toit. À l’ouest du mur de l’arc Der 2018 als Ersatz erstellte Neubau integriert triomphal se trouvaient les dépendances, avec die unter kantonalem Schutz stehende Kapel- une aire de battage, une grange à foin et une pe- lenruine. tite étable. Cette petite maison paysanne, ré- novée à plusieurs reprises vers 1786/87 et au 19e/20e siècle, a survécu jusqu’en 2017. Construit Résumé en 2018, le nouveau bâtiment qui la remplace Entre 1472 et 1481, le Bernois Hanns Schütz intègre la ruine de la chapelle sous protection fonda une chapelle (Cappeli) pour le salut des cantonale. âmes dans la commune actuelle de Stocken- Höfen. Dédiée à saint Pierre, saint Paul, sainte 198 ARCHÄOLOGIE BERN / ARCHÉOLOGIE BERNOISE 2019

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