Bauhaus 2017 Open Studios de

Teaching Models

Material Lessons Inhalt Material Lessons Seite 2

Objekt 1: Unterrichtsmitschrift Seite 3 Autor: Meyer-Bergner, Helene (Lena)

Objekt 2: Collage Seite 5 Autor: Ortner, Rudolf

Objekt 3: Relief Seite 7 Autor: Ehrlich, Franz

Literatur: László Moholy-Nagy „Vom Material zur Architektur“ Seite 9 Neue Bauhausbücher

Allgemeine Informationen und Teilnahmebedingungen zum Programm Seite 10

Leistungen der Stiftung Seite 11

Leistungen der Teilnehmer Seite 12 2 Material Lessons

Lernen mit und am Material war am Bauhaus eine Grundsäule der Pädagogik. Nicht das Studieren überkommener Vorbilder, sondern die vitale Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Stofflichkeiten sollte die Entfaltung der kreativen Talente der Studierenden befördern. Damit befand sich das Bauhaus in bester Tradition mit reformpädagogischen Ansätzen des 19. Jahrhunderts: Schon Pestalozzi hatte in sein Unterrichtskonzept die Erkundung von Eigenschaften der Dinge integriert. Wenn heute der Kontakt und das Wissen um Materialien und Stofflichkeiten im Zuge von Digitalisierung und globaler Auslagerung der Güterherstellung verlorenzugehen droht, dann wird Materialbildung erneut aktuell. Welche zeitgemäßen „material lessons“ braucht die Ausbildung von Gestaltern und Architekten als Mittler unserer materiellen Kultur? Im Themenjahr 2017 „Substanz“ erproben Studierende und Lehrende internationaler Universitäten und Hochschulen in den „Open Studios – Teaching Models” Modelle des Lernens und Wissenserwerbs mit und am Material. Hierbei können Gegenstände aus dem Unterricht am historischen Bauhaus einen Ausgangspunkt vielfältiger materialorientierter Lernexperimente zu Materialfragen der Gegenwart bilden.

Folgende Objekte aus der aktuellen Ausstellung „Handwerk wird modern. Vom Herstellen am Bauhaus.” (13. April 2017 – 07. Januar 2018) stehen im Fokus der diesjährigen Open Studios:

Objekte

Lena Meyer-Bergner Mitschrift aus dem Webunterricht 1927

Rudolf Ortner Strukturen 1932

Franz Ehrlich Materialrelief (Übung aus dem Vorkurs bei Moholy Nagy) 1927

Literatur László Moholy-Nagy „Vom Material zur Architektur“ Neue Bauhausbücher Florian Kupferberg Verlag Mainz 1968 3 Objekt 1

Inventar-Nummer: I 15589/1-59 D Objektart / Spezifikation: Unterrichtsmitschrift Autor: Meyer-Bergner, Helene (Lena) Titel / Objekt: Mitschriften aus dem Webunterricht bei Gunta Stölzl mit Patronenzeichnungen und Stoffbeispielen aus der Jacquardweberei Datierung: 1927 Material / Technik: Papier, mit Tinte beschriftet; Patronenzeichnungen; Webproben

Der Arbeitsbogen stammt aus einem Mitschriftenhefter, der insgesamt 59 Seiten umfasst und den Lena Meyer-Bergner während ihrer Ausbildungszeit am Bauhaus Dessau angelegt hat. 4 Kurzbiographie

Meyer-Bergner, Helene (Lena) Beruf: Weberin, Textilgestalterin Lebensdaten: 25.11.1906 – 23.01.1981 Studienort: Dessau

Bauhauszeit: 1925/26 Wintersemester Bauhaus Dessau, Vorkurs bei Josef Albers und László Moholy- Nagy, Unterricht bei Paul Klee, Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer und Joost Schmidt. 1927 Sommersemester – 1930 Sommersemester Bauhaus Dessau, Weberei bei Gunta Stölzl. 1930 Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer Glauchau. 06.10.1930 Bauhausdiplom Nr. 16 der Weberei. Einschreibenummer: 107 Diplomnummer: 016

Nach dem Besuch des Lyzeums und der Gewerbeschule in Coburg studiert Lena Bergner zwischen 1926 und 1931 am Bauhaus Dessau. Während dieser Zeit absolviert sie ein Außensemester in der Färbereischule Sorau und leitet danach die Färbereiabteilung am Bauhaus Dessau. Nach der Erlangung des Diploms am Bauhaus übernimmt sie die Leitung der Ostpreußischen Handweberei in Königsberg. 1931 heiratet sie den früheren Bauhausdirektor Hannes Meyer und folgt ihm in die Sowjetunion. Dort entwirft sie u. a. Dekorationsstoffe für russische Möbelstofffabriken. Nach der Rückkehr in die Schweiz 1936 findet sie keine Anstellung und konzentriert sich auf die Gestaltung und Herstellung von Knüpfteppichen in Heimarbeit. 1939 geht sie mit Hannes Meyer nach Mexiko und erhält dort eine Professur am staatlichen Textilinstitut. Sie entwirft Lehrprogramme und die technische Ausrüstung für eine Webschule der Otomi-Indianer im Nordosten Mexikos. Dieses Projekt wird jedoch nicht realisiert. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges kehrt das Ehepaar 1949 in die Schweiz zurück. Lena Meyer-Bergner setzt ihre Arbeit als Textilgestalterin fort. Zudem bearbeitet sie den Nachlass ihres Mannes. Sein Lebenswerk kann sie 1980, ein Jahr vor ihrem Tod, veröffentlichen. 5 Objekt 2

Inventar-Nummer: I 10943 G Objektart / Spezifikation: Collage Autor: Ortner, Rudolf Titel / Objekt: Strukturen (Übung aus dem Unterricht bei Josef Albers) Datierung: 1932 Material / Technik: Collage

Die Collagen von Rudolf Ortner sind typische Übungen zur Darstellungen sowohl der Materialoberflächen (Struktur, Textur, Faktur) als auch der verschiedensten Material- und Farbkontraste. Verschiedene Materialien sind in diesen Fällen kompositorisch geordnet, um sie vergleichen zu können. Der Kontrast unterschiedlicher Oberflächenstrukturen intensiviert die Erscheinung der Einzelteile und veranschaulicht die Flexibilität der eingesetzten Materialien. 6 Kurzbiographie

Ortner, Rudolf Beruf: Diplom-Architekt, Baurat, Maler, Fotograf, Prof. Lebensdaten: 31.5.1912 Nürnberg – 11.11.1997 München Studienort: Dessau, Berlin Funktion am Bauhaus: Studierender

Bauhauszeit: 1932 Sommersemester Bauhaus Dessau, Ausbauabteilung bei Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe, Unterricht bei Wassily Kandinsky. 1932/33 Wintersemester Bauhaus Berlin, Ausbauabteilung bei Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe, Unterricht bei Wassily Kandinsky. Einschreibenummer: 636

Der Architekt, Maler und Fotograf Rudolf Ortner legt nach dreijähriger Lehrzeit in einem Nürnberger Architekturbüro 1930 eine Maurergesellenprüfung ab. Es folgen sechs Semester an der Höheren Technischen Lehranstalt in Nürnberg. Am Bauhaus in Dessau und in Berlin studiert er zwischen 1932 und 1933. Bis 1936 besucht er die Hochschule für Baukunst, bildende Künste und Handwerk in Weimar bei Paul Schultze-Naumburg und studiert Malerei, Architektur und Bühnenbildnerei. Danach arbeitet er als freischaffender Architekt in Magdeburg und lehrt an der dortigen Staatshochschule. Nach Kriegsdienst und -gefangenschaft kehrt er 1945 nach Magdeburg zurück, wo er an der Ingenieurschule lehrt. Im folgenden Jahr wird er nach Weimar an die Hochschule für Baukunst und bildende Künste berufen. 1948 erhält er den Direktorenposten der Staatlichen Ingenieurschule in Gotha. Drei Jahre später zieht er nach München und arbeitet dort zwischen 1951 und 1976 als freischaffender Architekt. Zudem lehrt er an der Technischen Universität München, der Universität Erlangen und der Universität Augsburg. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1970 und Schließung des Büros 1977 arbeitet Ortner als freischaffender Maler und Fotograf. 7 Objekt 3

Inventar-Nummer: I 3948 P Objektart / Spezifikation: Relief Autor: Ehrlich, Franz Titel / Objekt: Materialrelief, aus dem Unterricht bei Joost Schmidt Datierung: 1928; 1981 Material / Technik: Karton, Metall auf Sackleinen

Das Objekt wurde 1928 entworfen und 1981 unter Anleitung des Autors in mehreren Exemplaren ausgeführt. Verschiedene Materialien wie Sackleinen, Holz, Karton, Metall und Berylglas (kein Kunststoff) kamen zum Einsatz. 8 Kurzbiographie

Ehrlich, Franz Beruf: Architekt, Tischler Lebensdaten: 28.12.1907 – 29.11.1984 Bernburg Studienort: Dessau

Bauhauszeit: 1927 Sommersemester Bauhaus Dessau, Vorkurs bei László Moholy-Nagy, Unterricht bei Paul Klee, Wassily Kandinsky und Joost Schmidt. 1927/28 Wintersemester – 1930 Sommersemester Bauhaus Dessau, Plastische Werkstatt bei Joost Schmidt. 1929/30 Wintersemester, Gesellenprüfung als Tischler vor der Handwerkskammer Dessau. 1930 Sommersemester, Bauhausdiplom der Plastischen Werkstatt. Einschreibenummer: 165

Der Architekt, Urbanist, Designer und Künstler Franz Ehrlich studiert nach einer Maschinenschlosserlehre von 1927 bis 1930 am Bauhaus Dessau, unter anderem bei Josef Albers und Walter Gropius. 1930 gründet er zusammen mit den Bauhäuslern Heinz Loew und Fritz Winter das Werbebüro Studio Z in Berlin. Sein kommunistisches Engagement führt 1934 in Leipzig zu seiner Verhaftung. Von 1937 bis 1939 ist er Häftling im Konzentrationslager Buchenwald. Seine Entlassung aus dem KZ wird von den Nationalsozialisten an die Bedingung geknüpft, weiter für die SS als Architekt zu arbeiten. Gegen Ende des Krieges kommt Ehrlich ins Strafbataillon 999. Nach seiner Kriegsgefangenschaft beginnt er 1946 als Architekt und Stadtplaner in . Er wird 1950 technischer Direktor des Entwurfsbüros für Industriebau der DDR in Berlin. Er gestaltet Messestände für die ersten Nachkriegsmessen in Leipzig. Ab 1955 entwirft er als Architekt des Ministeriums für Außenwirtschaft der DDR zahlreiche ausländische Botschaften und Handelsvertretungen. Als sein Hauptwerk gilt das 1953 bis 1955 gebaute Rundfunkzentrum in Berlin. 1956 entwirft Ehrlich für die Deutschen Werkstätten Hellerau die Möbelserie 602. Zeit seines Lebens war Ehrlich immer auch als bildender Künstler tätig. 9 Literatur

László Moholy-Nagy: Von Material zu Architektur, Bd. 14, 1929. Neue Bauhausbücher Faksimile der 1929 erschienen Erstausgabe

Die Bauhausbücher waren eine Buchreihe, die von 1925 bis 1930 vom Bauhaus veröffentlicht wurde. Herausgeber waren Walter Gropius und László Moholy-Nagy. Die Bände erschienen im Albert Langen Verlag. Die ursprüngliche Zielsetzung war, die am Bauhaus geleistete Arbeit darzustellen, zu rechtfertigen und zu erklären. Insgesamt wurden 14 Bände veröffentlicht, die sich in der Form abgeschlossener Monographien mit dem künstlerischen Schaffen und den zeitgenössischen Kunsttheorien beschäftigen. Im Gebr. Mann Verlag Berlin erscheint seit 1971 die Reihe „Neue Bauhausbücher“, herausgegeben von Hans M. Wingler. Sie umfasst Wiederauflagen alter „bauhausbücher“, die programmatisch gültig geblieben oder historisch besonders bedeutungsvoll sind und neue Werke aus dem Ideenkreis des Bauhauses, in denen sich dessen lebendiges Weiterwirken erweist.

L. Moholy-Nagy (1895 – 1946) wurde 1923 als Nachfolge von Johannes Itten Formmeister der Metallwerkstatt und Leiter des Vorkurses am Bauhaus in Weimar. Er lehrte dort und später in Dessau bis 1928. L. Moholy-Nagy war einer der bedeutendsten Lehrer am Bauhaus und Assistent von Walter Gropius, mit dem er seit 1924 Herausgeber der Bauhausbücher war. Zum Inhalt seines Buches schreibt Moholy im Vorwort: `die basis des buches bilden meine vorträge in der grundlehre des bauhauses (weimar – dessau) in den jahren 1923 -1928. die beispiele die ich hier aufgenommen habe, sind zum großen teil arbeiten meiner schüler aus den gleichen jahren.`