Amt für Wald beider Basel Ebenrainw eg 25, 4450 , T 061 552 56 59, afw @bl.ch, w ww.wald-basel.ch

Überprüfung des Gamsmanagements im Kanton Basel-Landschaft

Aktuelle Verbreitung, Habitateignung, Einteilung des Kantons in Wildräume, Auswertung der Jagdstrecke und Optimierungsmöglichkeiten

Foto: Flurin Leugger

Verfasser: Flurin Leugger, Praktikant Jagd und Fischerei

Sissach, Januar 2021

Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung ...... 2 2. Einleitung ...... 3 3. Methodik...... 5 3.1. Bestandeserfassung ...... 5 3.2. Aktuelle Verbreitung ...... 5 3.3. Habitateignung ...... 5 3.3.1. Model-Inputs ...... 5 3.3.2. Modellierung ...... 6 3.4. Vernetzung...... 8 3.5. Ausscheidung von Wildräumen und Zählkreisen ...... 8 3.6. Analyse der Jagdstrecke ...... 8 3.7. Vorgehen beim Erstellen des Zeitplans für die Umsetzung ...... 9 4. Gämse im Baselbiet...... 10 4.1. Verbreitung ...... 10 4.2. Habitateignung ...... 11 4.3. Vernetzung...... 12 4.4. Wildräume und Zählkreise...... 12 4.5. Bestand ...... 14 4.5.1. Vergleich Zählung und Schätzung ...... 14 4.5.2. Gamsdichte...... 15 5. Auswertung der Jagdstrecke ...... 15 5.1. Jahre 2005 bis 2011 (alte Erfassungsmethode) ...... 15 5.2. Jahre 2012 bis 2019 (neue Erfassungsmethode) ...... 17 5.2.1. Bezirksebene ...... 17 5.2.2. Zeitlicher Verlauf der Abschüsse während der Jagdzeit ...... 20 5.2.3. Jagdrevierebene ...... 21 6. Diskussion und Empfehlungen...... 23 6.1. Habitateignung und Wildräume ...... 24 6.2. Bestandeserhebung...... 26 6.3. Jagdplanung ...... 28 7. Fazit ...... 35 8. Dank...... 36 9. Glossar...... 37 10. Literatur ...... 40 11. Anhang ...... i 11.1. Abbildungen ...... i 11.2. Tabellen ...... v

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 1 1. Zusammenfassung

Hintergrund: Die nachhaltige Nutzung der Wildbestände unter Berücksichtigung der Interessen aus Land- und Forstwirtschaft sowie dem Naturschutz ist im schweizerischen Jagd- und Schutzgesetz (JSG, SR 922) und in diversen internationalen Abkommen verankert. Dies bedingt das Einbeziehen und die Umsetzung aktueller wildtierbiologischer Kenntnisse in der Jagdplanung.

Vorgehen: In diesem Bericht wird das Management der Gämse (Rupicapra rupicapra) im Kanton Basel-Landschaft überprüft und mit den Zielen der kantonalen Jagdverwaltung sowie den Richtlinien des Bundesamts für Umwelt (BAFU) verglichen. Dazu wird die aktuelle Verbreitung erfasst und der Bestand geschätzt. Die potentiell geeigneten Lebensräume werden anhand Habitateignungsmodellen aufgezeigt. Zur Überprüfung der bisherigen Jagdpraxis wird die Gamsjagdstrecke seit 2005 analysiert. Anschliessend werden die Gamswildräume und Zählkreise, welche die geografische Grundlage des Managements bilden, neu ausgeschieden. Zudem werden mögliche Auswirkungen der Jagd diskutiert und Handlungsempfehlungen vorgeschlagen.

Resultate: Die Gämse besiedelt zurzeit v.a. den Kettenjura. In allen Bezirken gäbe es noch deutlich mehr potentiell geeignetes Gamshabitat, insbesondere in den Bezirken Sissach und Laufen. Die Schätzungen der Bestandsgrösse unterscheiden sich deutlich von einer Zählung im Jahre 2017. Die Auswertung der Jagdstrecke zeigt ein regional stark zu den Böcken verschobenes Geschlechtsverhältnis und grossmehrheitlich eine (zu) starke Nutzung der Mittelklasse.

Diskussion und Empfehlungen: Die Datengrundlage für die Jagplanung ist ungenügend und verunmöglicht ein adaptives Management. Andererseits verhindert der deutlich zu hohe Jagddruck auf (umherziehende) Böcke sehr wahrscheinlich die natürliche Besiedlung geeigneter Habitate, auch wenn diese gemäss Richtlinien des BAFU zugelassen werden sollte. Daher sollte das Gamsmanagement im Kanton Basel-Landschaft anhand der folgenden fünf Schwerpunkte verbessert werden: 1) Ist die Datengrundlage für die Jagdplanung zu verbessern. 2) Sind Kleinpopulationen und Einzeltiere zu schützen und nur noch Populationen mit mindestens 5 Individuen und einer erfolgreichen Reproduktion über zwei Jahre jagdbar. 3) Soll die Bestandesstruktur mit der Regel «Alters- und Jugendklasse vor Mittelklasse» verbessert werden. 4) Muss das Management für eine bessere Wirkung und eine erhöhte Akzeptanz bei der Jägerschaft mit den Nachbarskantonen (v. a. SO) harmonisiert werden. 5) Soll der Wissenstransfer zwischen der Jagdverwaltung und der Jägerschaft verbessert werden. Mittelfristig soll die Ausscheidung von Untereinheiten der Wildräume ein auf die lokalen Verhältnisse angepasstes Management ermöglichen.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 2 2. Einleitung

Eine nachhaltige Jagd erfordert ein gutes Monitoring des Wildes respektive Wissen über die Wildbestände in der zu beurteilenden Region (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). Zahlreiche Beispiele der Schweiz haben schonungslos aufgezeigt, wohin eine nicht bzw. schlecht reglementierte Jagd und Unwissen führen: Arten wie der Bartgeier (Gypaetus barbatus) wurden (fälschlicherweise) als Schädling bezeichnet (Stiftung Pro Bartgeier, 2020), streng verfolgt und schliesslich ausgerottet (Knaus, et al., 2018). Dem Schalenwild wurde zum Verhängnis, dass sich die breite Bevölkerung nach der französischen Revolution das Recht am freien Jagen nahm (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017), worauf die typische «Tragik der Allmende» (Hardin, 1968) folgte: Die Wildtierbestände wurden als Allgemeingut betrachtet und übernutzt, sodass innerhalb weniger Jahrzehnte das Reh (Capreolus capreolus), der Rothirsch (Cervus elaphus), der Steinbock (Capra ibex) und das Wildschwein (Sus scrofa) ausgerottet wurden (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). Heutzutage schreibt das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986 (Jagdgesetz, JSG; SR 922.0) vor, dass die Kantone, welche die Jagd planen, neben den Interessen der jagdlichen Nutzung auch jene der Landwirtschaft und des Naturschutzes berücksichtigen müssen (JSG Art. 3 Abs. 1). Dadurch sollen Wildschäden in einem erträglichen Mass bleiben und eine nachhaltige Jagd möglich sein. Dazu sind die Kantone verpflichtet, eine Statistik über den Abschuss und den Bestand der Arten zu führen (Art. 3 Abs. 3). Zudem verpflichtet das JSG den Bund zur Förderung der Wildtierforschung (Art. 14 Abs. 3). Somit hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass durch wildbiologische Kenntnisse und einer entsprechenden Jagdplanung die Übernutzung der Bestände verhindert werden sollte (Baumann, et al., 2014).

Seltene Arten (z.B. jene auf der Roten Liste) oder von speziellem (jagdlichen) Interesse geniessen zusätzlichen Schutz, welcher in internationalen Abkommen wie der Berner Konvention geregelt ist (Europarat, 1979b). So müssen nach Artikel 7 der Berner Konvention die in Anhang III gelisteten Arten durch die unterzeichnenden Länder (teilweise) geschützt werden und dürfen nur soweit jagdlich genutzt werden, dass der Bestand nicht gefährdet ist (Europarat, 1979b). Zudem sollten die Arten in Anhang V der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) möglichst alle für sie geeigneten Lebensräume besiedeln können (Europarat, 1992). Dieser Grundsatz wird auch in der Schweiz als Nicht-EU-Mitglied angewandt, was ein sorgfältiges Monitoring der Bestände und Jagdstrecke verlangt (Robin, Graf, & Schnidrig- Petrig, 2017).

Obwohl die Gämse (Rupicapra rupicapra) sowohl im Anhang III der Berner Konvention (Europarat, 1979a), als auch im Anhang V der FFH-RL (Europarat, 1992) aufgeführt ist,

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 3 haben die Gamsbestände in der Schweiz und mehreren Nachbarländern seit den 2000er- Jahren deutlich abgenommen (JagdSchweiz & Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz (JFK), 2016). Gebietsweise ist dieser Rückgang auch auf eine zu intensive Bejagung zurückzuführen, welche die wildbiologischen Kenntnisse (zu) wenig berücksichtigte (JFK, JagdSchweiz & Bundesamt für Umwelt (BAFU), 2015). JagdSchweiz und die JFK haben den Handlungsbedarf unlängst erkannt und in Zusammenarbeit mit BAFU 2016 eine Broschüre über die Gämse veröffentlicht, welche unter anderem Grundsätze für eine nachhaltige Jagd enthält. Dabei ist die Verbesserung der Datengrundlage ein zentraler Punkt für die Verbesserung des Gamsmanagements. Mit einer geringen Fortpflanzungsleistung können Gamspopulationen Bestandseinbrüche nur langsam ausgleichen, weshalb einer auf aktuellen Erkenntnissen beruhenden Jagdplanung eine grosse Bedeutung zukommt (Baumann, et al., 2014).

Die aktuelle Verbreitung sowie der Bestand im Baselbiet waren nicht vollständig bekannt, von den Jagdgesellschaften, den Revierförstern und der Verwaltung wird eine Ausbreitung im Kanton vermutet. Dennoch kommt es wiederholt zum vollständigen Abwandern bzw. Verlust des Standwilds aus mehrjährig bewohnten Gebieten (z. B. im Bezirk Laufen), während andernorts kleinräumig Verbiss- und Wildschäden in der Wald- und Landwirtschaft gemeldet werden. Mittels Modellierung der Habitateignung soll deshalb die potentielle Verbreitung der Gämse im Baselbiet zur Optimierung des Managements aufgezeigt werden. Anschliessend wird die Einteilung der Gamswildräume überprüft. Die Einheiten sollten den räumlichen Ansprüchen der Art gerecht werden (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017), wie es das zukünftige kantonale Wildtier- und Jagdgesetz (WJG, ab 2021; SGS 520) vorsieht. Die Auswertung der Jagdstrecke von 2005 bis 2019 soll aufzeigen, inwiefern die in der Verfügung des Jagdplans angestrebten Kennzahlen (ausgeglichenes Geschlechtsverhältnis und < 25 % Anteil der Mittelklasse an der Jagdstrecke) sowie die Empfehlungen der Broschüre von JagdSchweiz und der JFK (2016) erreicht bzw. umgesetzt werden. Anschliessend werden der Handlungsbedarf und Optimierungsmöglichkeiten in der Jagdplanung im nachfolgenden Kapitel erörtert und vorgeschlagen.

Somit verfolgt der vorliegende Bericht mehrere Ziele:

 Erfassen der aktuellen Verbreitung im Baselbiet.  Erstellen einer Habitateignungskarte.  Analysieren der Jagdstrecke von 2005 bis 2019 (Fokus: Geschlechtsverhältnis und Altersstruktur).  Erörtern der Optimierungsmöglichkeiten im Gamsmanagement des Baselbiets betreffend Erfassung der Bestände, (Neu-)Ausscheidung von Wildräumen und Zählkreisen, sowie dem Anpassen der Abschusspläne und - vorgaben.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 4 3. Methodik

3.1. Bestandeserfassung

Die koordinierte Zählung im Jahre 2017 wurde gemeinsam mit den Kantonen Aargau und Solothurn durchgeführt. Die Methode orientierte sich dabei an den Empfehlungen von Schnidrig-Petrig und Salm (2009). Dabei wurden die Gemeinden mit Gamsvorkommen in Zählsektoren eingeteilt, in welchen an bestimmten Daten zum gleichen Zeitpunkt Jägerinnen und Jäger für mehrere Stunden nach Gämsen Ausschau hielten. Wechselten Gämsen in oder aus dem Sektor, so wurde die Zeit und Laufrichtung festgehalten. Durch den anschliessenden Austausch mit den Nachbarsektoren und -revieren sollten Doppelzählungen verhindert werden. Die Schätzung von 2020 basiert auf den Eingaben der Jagdgesellschaften zwecks Abschussplanung und war nur noch auf Gemeindeebene verfügbar. Mittels retrospektiver Kohortenanalyse kann der minimale (Frühlings-) Bestand berechnet werden (JFK, JagdSchweiz & BAFU, 2015).

3.2. Aktuelle Verbreitung

Zum Erfassen der aktuellen Verbreitung wurden alle Jagdgesellschaften im Kanton gebeten, die Einstandsgebiete der Rudel und Einzeltiere, wenn möglich auf 100 m genau, in der mitgelieferten Swisstopo-Karte einzuzeichnen.

3.3. Habitateignung

3.3.1. Model-Inputs

Beobachtungen / Pseudo-Absenzen: Das Studiengebiet umfasst die Fläche der Kantone Basel-Landschaft und Solothurn. Für die Beobachtungen wurden einerseits die Abschusskoordinaten aus dem Kanton Solothurn verwendet (Amt für Wald, Jagd und Fischerei, persönliche Mitteilung) und die auf 100 m genau eingetragenen Einstandsgebiete im Baselbiet. Dabei wurden verschiedene Methoden zur Auswahl einer Teilprobe aller Beobachtungen getestet, um eine spätere Überanpassung des Modells zu verhindern (Stockwell & Peterson, 2002). Die beste Methode wurde mittels Modellvalidierung (siehe nächstes Kapitel) und einer visuellen Kontrolle der Performance ausgewählt. Die für die

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 5 Teilprobe zufällig ausgewählten Beobachtungen mussten einen Mindestabstand von 450 m aufweisen, um eine Häufung an wenigen Orten zu verhindern. Die Auswahl der Teilprobe umfasste jeweils 150 Beobachtungen und wurde zehn Mal wiederholt (Barbet-Massin, Jiguet, Albert, & Thuiller, 2012). 800 Pseudo-Absenzen wurden leicht dichteabhängig (von den Beobachtungen) aus dem Studiengebiet mit dem spatstat R-Paket (Baddeley & Turner, 2019) ausgewählt, wobei nur Zellen ohne Beobachtung verwendet wurden. Dadurch wird die Umgebung mit zahlreichen Beobachtungen etwas genauer erfasst und somit das Modell verbessert (Phillips, et al., 2009). Der Vorgang der Pseudo-Absenz-Auswahl wurde ebenfalls zehn Mal durchgeführt.

Umweltvariablen: Aufgrund der Abhängigkeit der Gämse von steilen bzw. felsigen Gebieten als Rückzugsort (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009), wurde die Hangneigung zur Modellierung der Habitateignung verwendet. Dazu wurde einerseits die durchschnittliche Neigung innerhalb eines 100 m Rasters basierend auf dem Digitalen Höhenmodell des Copernicus Land Monitoring Service (2016) mit dem raster R-Paket (Hijmans, 2020) berechnet. Anderseits wurde die Distanz von jeder 100 m Rasterzelle zur nächsten Zelle mit einer von der Gämse bevorzugten Neigung (> 30°) (Bačkor, 2010; Papaioannou, et al., 2015) mit dem FNN R-Paket (Beygelzimer, et al., 2019) berechnet. Der Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) wurde ebenfalls in 100 m Rasterauflösung für die Produktivität der Vegetation verwendet (Anderwald, Haller, & Filli, 2016). Dabei wurde der durchschnittliche NDVI von Sentinel-2 Daten (European Space Agency (ESA) and Copernicus Land Monitoring, 2020) an fünf wolkenlosen Tagen in den Sommern 2019 und 2020 berechnet. Zudem wurde die Distanz von jeder Raster-Zelle im Untersuchungsgebiet zum nächstgelegenen Wald (Code 10 in der Nomenklatur 2004 mit 17 Klassen), der nächstgelegenen Wiese (Codes 8-9) und der nächstgelegenen Siedlung (Codes 1-4) in der Arealstatistik (Bundesamt für Statistik, 2013) mit dem FNN R-Paket (Beygelzimer, et al., 2019) erfasst. Die jährliche Durchschnittstemperatur wurde (Fick & Hijmans, 2017) von einer 0.0083° Auflösung auf 100 m interpoliert und ebenfalls als erklärende Variable verwendet. Die ausgewählten Umweltvariablen zeigten untereinander eine Korrelation von unter 0.7 und einen Varianz- Inflations Faktor von unter 3, was für das Modellieren der Habitateignung als geeignet angesehen wird (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017).

3.3.2. Modellierung

Die Vorhersage der Habitateignung durch Modell-Ensembles gilt als zuverlässiger verglichen zu einem einzelnen Modell (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017), weshalb für diesen Bericht vier verschiedene Modellalgorithmen verwendet wurden. Dabei wurden die vier

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 6 folgenden Modelle in R (R Core Team, 2019) mit unterschiedlicher Komplexität verwendet, um die Habitateignung für die Gämse zu berechnen: Generalized Linear Models (GLM), Generalized Additive Models (GAM) mit dem gam R-Paket (Hastie, 2019), Generalized Boosted regression Models (GBM) mit dem gbm R-Paket (Greenwell, Boehmke, & Cunningham, 2020) und Random Forests mit dem randomForest R-Paket (Liaw & Wiener, 2018). Dabei wurden Beobachtungen und Pseudo-Absenzen gleich gewichtet und Durchschnittswerte für je 10 Modelläufe berechnet (Barbet-Massin, Jiguet, Albert, & Thuiller, 2012). Mit dem PresenceAbsence R-Paket (Freeman, 2012) wurde die Güte der Modelle mit den Kennwerten der True-Skill Statistik (TSS) und Kappa validiert, sowie mit der Area under ROC-Curve (AUC) anhand des pROC R-Pakets (Robin, et al., 2020). Dazu wurden zufällig je 70 % der Auswahl der Beobachtungen und Pseudo-Absenzen als Trainingsdaten verwendet und die restlichen 30 % zur Validierung des Models (Araújo, Pearson, Thuiller, & Erhard, 2005). Für jedes Modell wurde der Vorgang zur Aufteilung der Daten und Evaluierung 10 Mal wiederholt und der Durchschnitt berechnet. Modelle, welche einen AUC-Wert > 0.7 (Swets, 1988), einen TSS-Wert > 0.4 (Allouche, Tsoar, & Kadmon, 2006) und einen Kappa-Wert >0.4 (Landis & Koch, 1977) aufweisen, gelten als zuverlässig. Die relative Habitateignung pro Zelle wurde mittels Maximierung des TSS-Werts (Liu, White, & Newell, 2013) mit dem PresenceAbsence R-Paket (Freeman, 2012) in eine binäre Variable umgewandelt (geeignet/ungeeignet). Anschliessend wurden alle Zellen als geeignetes Habitat eingestuft, welche gemäss allen vier Modell-Algorithmen geeignet wären. Siedlungsgebiete und Strassen (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015) werden als ungeeignetes Habitat maskiert. Anschliessend wurden in einem ersten Schritt alle geeigneten Flächen entfernt, welche zusammenhängend eine Fläche unter 30 ha aufwiesen. Des Weiteren wurden die Flächen unter 70 ha entfernt, welche mehr als 1 km von den nächsten geeigneten Flächen entfernt waren (entspricht der unteren bekannten durchschnittlichen Reviergrösse (Lovari, Sacconi, & Trivellini, 2006) und Ausbreitungsdistanz (Loison, Darmon, Cassar, Julien, & Maillard, 2008)). Der relative Einfluss der einzelnen Umweltvariablen wurde für das GLM und GAM mittels caret R-Paket (Kuhn, 2020) berechnet, für das GBM mit dem gbm R-Paket (Greenwell, Boehmke, & Cunningham, 2020) und für das RF mit dem randomForest R-Paket (Liaw & Wiener, 2018) (mittels Berechnung der relativen Reduktion jeder Variable des Gini- Indexes). Alle Modellierungen und Analysen wurden mit der Software R (Version 3.6 und 3.6.1) (R Core Team, 2019) durchgeführt.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 7 3.4. Vernetzung

Die Vernetzung der besiedelten und der geeigneten Habitatflächen wurde anhand der im gdistance R-Paket (van Etten, 2018) implementierten Circuit Theory (McRae & Beier, 2007; McRae, Dickson, Keitt, & Shah, 2008) berechnet. Dabei hängen die Ausbreitungskosten über einer Zelle von ihrer Habitateignung ab (Yannic, et al., 2014). Der Widerstand für Autobahnen (mit Ausnahme von Brücken und Tunnels) wurde aufgrund der Zäune deutlich erhöht (Kuehn, et al., 2007; Soglia, et al., 2010), jener für Eisenbahnen und grössere Hauptstrassen leicht (Poor, Loucks, Jakes, & Urban, 2012). Die durchschnittliche Weglänge basierend auf der Circuit Theory zu den nächsten 15 % aller geeigneten oder besiedelten Zellen wurde berechnet (ausgenommen der direkt verbundenen Zellen), um die Vernetzung jeder geeigneten oder besiedelten Rasterzelle zu ermitteln.

3.5. Ausscheidung von Wildräumen und Zählkreisen

Bei der Ausscheidung der Wildräume wurde einerseits die aktuelle Verbreitung berücksichtigt, sowie die Habitateignung und Vernetzung. Dabei orientieren sich die Wildräume an der (über) regionalen Topografie und umfassen mehr oder weniger gut miteinander verbundene Hügelzüge. Die Ausscheidung der Wildräume erfolgte in Absprache mit den Gamskoordinatoren im Baselbiet, sowie mit den Jagdverwaltungen der Kantone Solothurn und Aargau. Die Zählkreise sind räumlich stärker eingeschränkt und bilden eine Untereinheit der Wildräume: Sie orientieren sich an gut verbundenem und geeignetem Habitat (einiger weniger Rudel). Zählkreise werden in dieser Art und Weise beispielsweise von der Jagdverwaltung im Kanton Schwyz angewendet. Die Grenzen der Zählkreise verlaufen zwecks vereinfachter Umsetzung durch die Jägerschaft oftmals an Wegen bzw. Geländemerkmalen.

3.6. Analyse der Jagdstrecke

Seit 2005 werden die Abschussprotokolle gemeinsam von den Jägerinnen und Jägern mit dem entsprechenden Gamskoordinator des Gamswildraums ausgefüllt (unter anderem zur Überprüfen des korrekten Ansprechens). Da die Zuteilung der Jagdreviere und deren Teile in Gamswildräume bis anhin mehrfach gewechselt hat, werden die Abschüsse in der vorliegenden Arbeit einerseits auf Ebene der Jagdreviere und andererseits auf Bezirksebene durchgeführt. Der Bezirk Laufen bestand meistens aus drei Wildräumen, der Bezirk

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 8 Waldenburg aus zwei und der Bezirk Sissach oft aus einem Wildraum. Von den im Untersuchungszeitraum erlegten Gämsen fehlte bei acht Individuen eine Alters- oder Geschlechtsangabe, weshalb sie von der weiteren Analyse entfernt wurden. Das Geschlechtsverhältnis wurde mittels Chi-Quadrat Test in R (R Core Team, 2019) untersucht. Anhand eines GLMs wurde ebenfalls in R der Trend der Abschusszahlen über die Jahre hinweg analysiert. Tabelle 1 listet die verschiedenen Alterskategorien gemäss Verfügung des Abschussplans. Aufgrund der teilweise kleinen Jagdstrecke pro Alterskategorie und Geschlecht wurde darauf verzichtet, die Entwicklung der Kondition der Tiere über die Zeit zu untersuchen.

Tabelle 1. Übersicht der Definitionen der von der Jagdverwaltung Basel-Landschaft verwendeten Alterskategorien.

Erfassungsmethode 2005- Verfügung 2019 2011 Klasse Kitz Jährling Bock/Geiss Jugendklasse Mittelklasse Altersklasse Geschlecht M/W M/W M/W M W M W M W Lebensjahr(e) 1 2 >2 <=3 3-9 3-10 >9 >10

3.7. Vorgehen beim Erstellen des Zeitplans für die Umsetzung

Die Handlungsempfehlungen basierend auf Literaturangaben sowie den Erfahrungen der Jagdverwaltung anderer Kantone wurden in Zusammenarbeit zwischen der Jagdverwaltung Basel-Landschaft und den Gamskoordinatoren erörtert und priorisiert. Für den Zeitplan der Umsetzung wurde einerseits die Priorisierung berücksichtigt, als auch der Aufwand für die Implementierung. So erfordert die Neueinteilung der Wildräume und Zählkreise die Einführung eines Online-Tools zur Erfassung der Abschüsse, damit für die Gamskoordinatoren und die Jägerschaft kein Mehraufwand entsteht.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 9 4. Gämse im Baselbiet

4.1. Verbreitung

Die Gämse besiedelt im Baselbiet v.a. bewaldete und steile Gebiete im Faltenjura im Bezirk Waldenburg, sowie entlang des Blauens im Bezirk Laufen. Einige Rudel leben nördlich der Ergolz in und /Rickenbach (Abbildung 1). Im Bezirk Laufen wurden 2020 in Pfeffingen und Laufen langjährige Rudel nicht mehr nachgewiesen. Insgesamt besiedelt die Gämse im Baselbiet eine Fläche von rund 1’523 ha (15.2 km2), wovon 44 % auf den Bezirk Waldenburg entfallen, 33 % auf den Bezirk Sissach, 22 % auf den Bezirk Laufen und 1 % auf den Bezirk Arlesheim. Im Bezirk Liestal gaben die Jagdgesellschaften kein Standwild an. Umherwandernde Tiere (meistens handelt es sich dabei um Böcke) werden jedoch in zahlreichen Jagdrevieren auch ohne Standwild beobachtet. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Einstandsgebiete der Gämsen durch die Jagdreviere unterschiedlich genau bzw. grosszügig eingezeichnet worden sind, was besonders an den Grenzen der Jagdreviere ersichtlich ist. Die durchschnittliche Grösse der eingezeichneten Einstandsgebiete innerhalb eines Jagdrevieres beträgt 17 ha (Minimum: 0.8 ha; Maximum: 175 ha).

Abbildung 1. Verbreitung der Gämse im Baselbiet (grüne Fläche), w ozu die Jagdgesellschaften die Verbreitung möglichst auf 100 m genau in der Karte eingetragen haben. Das Relief im Kartenhintergrund basiert auf dem digitalen Höhenmodell vom Copernicus Land Monitoring Service (2016). Die Bezirksgrenzen sind rot eingezeichnet und die Jagdreviergrenzen schw arz, w ährend die Flüsse blau, die Strassen und Gebäude hellgrau eingefärbt sind (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015).

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 10 4.2. Habitateignung

Gemäss Modell-Ensemble wären 9’300 ha im Baselbiet als Lebensraum für die Gämse geeignet, wovon 1’100 ha (12 %) gemäss Jagdgesellschaften besiedelt sind. Zudem bewohnt die Gämse zurzeit 400 ha, welche vom Modell als ungeeignet eingestuft werden (Abbildung 2). Im Bezirk Laufen kommt die Gämse in 10 % des geeigneten Lebensraums als Standwild vor, in den Bezirken Sissach und Waldenburg sind es mit 13 respektive 14 Prozent leicht mehr. Selbst in den Gemeinden mit langjährigen Gamsvorkommen wie Langenbruck (Bestand 2020: 86 Individuen) oder Waldenburg (58 Individuen) besiedeln die Gämsen gemäss Jagdgesellschaften erst einen relativ kleinen Teil des geeigneten Habitats. Die wichtigste Variable für die Qualifizierung der Habitateignung ist bei allen Modell- Algorithmen die Distanz zur nächstgelegenen Hangneigung > 30°, die weitere Reihenfolge unterscheidet sich je nach Modell-Algorithmus (Tabelle I im Anhang). Die AUC-Werte aller Modell-Algorithmen mit Ausnahme des GAMs liegen über 0.8, die Kappa-Werte zw. 0.35 und 0.40, sowie der TSS über 0.55 (Tabelle I im Anhang).

Abbildung 2. Gams-Habitateignung im Baselbiet. Je gelber die Fläche ist, desto besser ist der Lebensraum für die Gämse geeignet. Dargestellt sind nur jene Flächen, w elche gemäss dem Modell-Ensemble geeignet sind (siehe auch Methoden). Das Relief im Kartenhintergrund basiert auf dem digitalen Höhenmodell vom Copernicus Land Monitoring Service (2016). Die Bezirksgrenzen (fest) und die Jagdreviergrenzen sind schw arz (dünn) eingezeichnet, w ährend die Flüsse blau, die Strassen und Gebäude hellgrau eingefärbt sind (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015).

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 11 4.3. Vernetzung

Aufgrund des vielen geeigneten Habitats mit wenigen Barrieren im Süden des Kantons, sind die Gamspopulationen dort relativ gut vernetzt (Abbildung 3 A). Jedoch sind insbesondere die Populationen nördlich der Ergolz isoliert aufgrund des wenig geeigneten Habitats und der geografischen Distanz zwischen ihnen und weiteren Gamsvorkommen. Praktisch identisch ist das Muster bei der Vernetzung des potentiell geeigneten Gebiets für die Gämse: Im Kettenjura liegen die best-vernetzten Gebiete und nördlich der Ergolz die isolierten (Abbildung 3 B). Gerade im Kettenjura gibt es über grosse Flächen zusammenhängende geeignete Gebiete (siehe auch Abbildung II im Anhang). Die noch nicht besiedelten Gebiete im Thierstein/Dorneck (SO) wären gut mit dem Kettenjura vernetzt und könnten eine Ausbreitungsachse Richtung Arlesheim und das Gebiet rund um die Schauenburg darstellen (siehe auch Abbildung III im Anhang).

Abbildung 3. Vernetzung des A) besiedelten und B) geeigneten Habitats der Gämse im Baselbiet. Je heller und gelber die Fläche eingefärbt ist, desto besser ist sie mit den anderen in den Kanton Basel-Landschaft und Solothurn vernetzt (siehe Methodik für eine detaillierte Beschreibung). Oberirdische (Brücken ausgenommen) Eisenbahnlinien sind schw arz eingezeichnet, Hauptstrassen grau und Autobahnen dick grau (sw issTLM3D © sw isstopo).

4.4. Wildräume und Zählkreise

Aufgrund der Habitateignung und der Vernetzung, sowie der aktuellen Verbreitung wurden sieben Wildräume ausgeschieden, wovon die Mehrheit kantonsübergreifend sein könnte (Abbildung 4). Anders als bis anhin orientieren sie sich nicht an den Jagdrevieren, sondern v. a. an der Habitateignung und möglichen Wanderhindernissen (siehe auch Abbildung II und III im Anhang), weshalb zahlreiche Jagdreviere neu in mehreren Wildräumen sind: Zum Beispiel liegt neu ein Teil des Jagdreviers im Wildraum 4, ein Teil im Wildraum 5 und ein Teil im Wildraum 6. Innerhalb der Wildräume wurden insgesamt 25 Zählkreise ausgeschieden, welche die Untereinheit der Wildräume bilden (Abbildung 5).

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Abbildung 4. Gamsw ildräume (inkl. Nummer) im Kanton Basel-Landschaft, unter Berücksichtigung der in 2018 ausgeschiedenen Wildräumen im Kanton Solothurn. Wildraum (WR) 1: Blauen, WR 2: Kettenjura West, WR 3: Dorneck-Birseck, WR 4: Wildentstein, WR 5: Kettenjura Ost, WR 6: Rothenfluh Ost, WR 7: Sissach Nord. Im Hintergrund ist die Habitateignung abgebildet: Je heller eine Fläche ist, desto besser ist der Lebensraum für die Gämse geeignet. Die Jagdreviersgrenzen sind schw arz eingezeichnet. Oberirdische (Brücken ausgenommen) Eisenbahnlinien sind schw arz eingezeichnet, Hauptstrassen grau und Autobahnen dick grau (sw issTLM3D © sw isstopo).

Abbildung 5. Unterteilung der Wildräume des Kantons Basel-Landschaft in Gams-Zählkreise. Die Nummer gibt die Zugehörigkeit zum Wildraum an. Im Hintergrund ist das geeignete Habitat abgebildet: Je heller eine Fläche ist, desto besser ist der Lebensraum für die Gämse geeignet. Die Jagdreviergrenzen sind schw arz (dünn) eingezeichnet, w ährend die Strassen hellgrau eingefärbt sind (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015).

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4.5. Bestand

4.5.1. Vergleich Zählung und Schätzung

Eine koordinierte und von den Jagdgesellschaften durchgeführte Zählung im Jahre 2017 ergab einen Gamsbestand im Baselbiet von mindestens 145-150 Individuen, wobei in einigen Jagdrevieren aufgrund des schlechten Wetters keine Zählung erfolgte. Der Bestand im darauffolgenden Jahr (2018) wurde von den Jagdgesellschaften für das Erstellen des Abschussplanes auf ungefähr 273 Individuen geschätzt. Die Schätzungen für den Abschussplan 2020 betrugen 456 Gämsen im Baselbiet (246 im Bezirk Waldenburg, 120 im Bezirk Laufen, 87 im Bezirk Sissach und 3 im Bezirk Arlesheim).

Gemäss der Schätzung im Frühjahr 2020 zur Jagdplanung kommt die Gämse in 34 Gemeinden im Baselbiet vor, welche jedoch nicht mit jenen der Rückmeldung zur Verbreitung im Herbst 2020 übereinstimmen (z. B. Gemeinden nördlich der Ergolz). Demgegenüber wurden 2017 während der Zählung nur in 17 Gemeinden Gämsen nachgewiesen (-50 %) (Abbildung 6). Die Pearson-Korrelation zwischen der Zählung in 2017 und der Schätzung von 2020 beträgt 0.83 (p-Wert < 0.01). Mit jeder zusätzlich gezählten Gämse steigt der durchschnittlich geschätzte Bestand in der jeweiligen Gemeinde um 1.6 Gämsen an (siehe auch Abbildung im Anhang).

Abbildung 6. Anzahl Gämsen pro Gemeinde von 2017 im Baselbiet (links) und geschätzter Bestand im Jahr 2020 (rechts). In der Abbildung von 2017 sind nur jene Gemeinden erfasst, w elche eine Gamszählung durchgeführt haben (Witterungsbedingt haben nicht alle Jagdgesellschaften mit Gamsvorkommen teilgenommen).

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4.5.2. Gamsdichte

Die Gamsdichte (gemäss der Schätzung 2020) im geeigneten Lebensraum beträgt gemittelt über das Baselbiet 5 Gämsen pro km2. Im Bezirk Waldenburg ist die die Dichte mit 6.1 Individuen pro Quadratkilometer mit geeignetem Lebensraum am höchsten, gefolgt von Sissach mit 5.5 und Laufen mit 4.1 (Tabelle III im Anhang). Die Jagdreviere Rünenberg und Roggenburg weisen mit 17 und mehr Gämsen pro Quadratkilometer die höchsten Dichten auf. Würden nur die von den Jagdgesellschaften eingezeichneten Gebiete berücksichtigt, so lägen die Dichten um ein Vielfaches höher und fünf Jagdreviere kämen auf über 100 Individuen/km2. Aufgrund der Standortstreue einiger Rudel kam es lokal in Langenbruck und einigen anderen Gemeinden im Oberbaselbiet zu Verbiss und Wildschäden, über die jedoch bis anhin keine Statistik geführt wird.

5. Auswertung der Jagdstrecke

5.1. Jahre 2005 bis 2011 (alte Erfassungsmethode)

Zwischen 2005 und 2011 wurden im Baselbiet 48 Gämsen erlegt, 19 davon im Bezirk Laufen und 29 im Bezirk Waldenburg. Die jährliche Jagdstrecke zwischen 2005 und 2011 variiert erheblich (Abbildung 7): Sie beträgt minimal fünf und maximal elf Tiere. Insgesamt steigt die Jagdstrecke tendenziell an, wobei der Anstieg nicht statistisch signifikant ist (im vorliegenden Bericht wird ein Signifikanzniveau von 5 % verwendet).

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Abbildung 7. Anzahl erlegter Gämsen pro Bezirk im Baselbiet pro Jahr zwischen 2003 und 2011. In diesem Zeitraum wurden nur in den Bezirken Laufen und Waldenburg Gämsen geschossen.

Im ganzen Kantonsgebiet wurden zwischen 2003 und 2011 leicht mehr männliche als weibliche Gämsen geschossen (statistisch nicht signifikant). Das Geschlechtsverhältnis (GV) beträgt 1.3 Böcke zu 1 Geiss. Dabei wurden im Bezirk Laufen im Verhältnis mehr Böcke geschossen als in Waldenburg (GV von 1.4:1 resp. 1.2:1).

Tabelle 2. Anzahl Abschüsse pro Alterskategorie pro Bezirk von 2003 bis 2011. In diesem Zeitraum wurden keine Kitze erlegt.

Bezirk Bock Geiss Jährlingsbock Jährlingsgeiss Laufen 7 4 4 4 Waldenburg 15 6 1 7 Total 22 10 5 11

Der Vergleich der Abschüsse pro Alterskategorie und Geschlecht zeigt, dass statistisch signifikant mehr adulte Böcke als Geissen erlegt wurden (GV ca. 2:1) und dass das Geschlechtsverhältnis bei den Jährlingen umgekehrt ist (0.5:1) (Tabelle 2). Aufgrund der fehlenden Angabe des Alters in Jahren ist die Aussagekraft bei Vergleichen zu den

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 16 Jagdstrecken nach 2011 nur bedingt und mit beschränkter Aussagekraft möglich, weshalb in der vorliegenden Auswertung darauf verzichtet wird.

5.2. Jahre 2012 bis 2019 (neue Erfassungsmethode)

5.2.1. Bezirksebene

In den Jagdjahren 2012 bis und mit 2019 wurden von insgesamt 271 im Baselbiet zum Abschuss freigegebenen Gämsen 150 erlegt. Bei acht Individuen fehlt entweder die Angaben zum Geschlecht oder der Alterskategorie, weshalb sie in der weiterführenden Analyse nicht weiter berücksichtigt werden. Dabei wurden 104 Tiere im Bezirk Waldenburg, 30 im Bezirk Laufen und 8 im Bezirk Sissach geschossen (siehe auch Abbildung 8). Die Abschüsse nahmen insgesamt signifikant zu zwischen 2012 und 2019, wobei die Zahlen seit 2016 in etwa konstant sind. Im gesamten Kanton wurden im Untersuchungszeitraum leicht mehr Böcke wie Geissen erlegt (GV 1.1:1), der Unterschied ist jedoch nicht signifikant. Allerdings unterscheidet sich das Geschlechtsverhältnis je nach Bezirk stark: Während im Bezirk Waldenburg etwas weniger Böcke wie Geissen geschossen wurden (GV 0.8:1), wurden in Laufen mit einem Geschlechtsverhältnis von 4:1 signifikant mehr Böcke wie Geissen erlegt. Das Geschlechtsverhältnis in Sissach war ungefähr ausgeglichen. Die Freigabe pro Geschlechtskategorie wird selten erreicht und nur gelegentlich übertroffen (siehe auch Abbildung V im Anhang).

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Abbildung 8. Anzahl erlegter Gämsen im Baselbiet in den Jagdjahren 2012 bis und mit 2019 nach Geschlecht. Zwischen 2016 und 2019 blieb die Zahl der Abschüsse in etwa konstant, zwischen 2015 und 2016 ist sie sprunghaft angestiegen.

Im Baselbiet wurden im Zeitraum von 2012 bis 2019 26 Tiere in der Altersklasse erlegt, 51 in der Mittelklasse und 65 in der Jugendklasse (siehe auch Abbildung 9). Dies entspricht einem prozentualen Anteil der Mittelklasse von 36% an der gesamten Jagdstrecke. 18 % der Abschüsse erfolgten in der Altersklasse und 46 % in der Jugendklasse. Wie beim Geschlechtsverhältnis sind die regionalen Unterschiede beträchtlich: Im Bezirk Waldenburg werden 33 % der Abschüsse in der Mittelklasse getätigt (47 % in der Jugendklasse und 20 % in der Altersklasse). Im Bezirk Laufen sind es 47 % in der Mittelklasse (37 % in der Jugendklasse und 16 % in der Altersklasse) respektive 38 % im Bezirk Sissach (6 2% in der Jugendklasse und keine in der Altersklasse). Nach starken Schwankungen des Mittelklasse- Anteils zwischen 2012 und 2015 stabilisierte er sich anschliessend bei ca. 38 %, wobei die jährlich maximale Freigabe, welche ein vollständiges Abschöpfen der Quote der Jugend - und Altersklasse voraussetzen würde, teilweise erreicht bzw. übertroffen wird (siehe auch Abbildung VI im Anhang).

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Abbildung 9. Anzahl erlegte Gämsen im Baselbiet zwischen 2012 und 2019 nach Bezirk und Alterskategorie.

Das Geschlechtsverhältnis variiert erheblich zwischen den Altersklassen, aber auch zwischen den Bezirken (Tabelle 3). In der Mittelklasse ist es stark in Richtung der Böcke verschoben (GV 2:1), wobei die Differenz im Bezirk Laufen deutlich grösser ist (GV 3.7:1) als in Waldenburg (GV 1.4:1). Zudem wurden im Bezirk Laufen in allen Alterskategorien ein Vielfaches an Böcken wie Geissen erlegt.

Tabelle 3. Erlegte Gämsen im Baselbiet von 2012 bis 2019 nach Bezirk, Alterskategorie und Geschlecht. In der Mittelklasse wurden insgesamt zwei Mal mehr Böcke (B) wie Geissen (G) erlegt.

Jugendklasse Mittelklasse Altersklasse B G B G B G Laufen 9 2 11 3 4 1 Sissach 1 4 3 Waldenburg 18 31 20 14 8 13 Total 28 37 34 17 12 14

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 19 5.2.2. Zeitlicher Verlauf der Abschüsse während der Jagdzeit

In der ersten Monatshälfte nach der Eröffnung der Jagdzeit werden deutlich mehr Böcke als Geissen geschossen (Abbildung 10). Die Geissen werden tendenziell später erlegt, sodass die Anzahl der Geissabschüsse ihr Maximum oder Minimum jeweils nach jenem der Böcke erreicht. Dadurch nähert sich der kumulative Bock-Anteil über die Jagdsaison 50 % an (von anfänglich über 70 %). Möglicherweise ist der Trend aufgrund der wenigen Datenpunkte nicht signifikant.

Abbildung 10. Anzahl Abschüsse pro Monatshälfte (Start des Zeitfensters) pro Geschlecht während der Jagdzeit von 2012 bis 2019 im Baselbiet. Die Linien zeigen mittels lokaler Regression (LOESS) den Trend für jedes Geschlecht an (gepunktet: weiblich; gestrichelt: männlich). Die durchgezogene rote Linie zeigt den kumulativen Anteil der Böcke an der Jagdstrecke.

Zu Beginn der Jagdsaison werden am häufigsten Tiere der Mittelklasse erlegt (Abbildung 11). Der Anteil der Mittelkasse an der Jagdstrecke beträgt über 50 %. Im Verlauf der Jagdzeit nimmt die Zahl der erlegten Individuen der Jugend- und Mittelklasse signifikant ab (GLMs, p-Werte < 0.01), wogegen jene der Altersklasse keinen signifikanten Trend aufweist. Der kumulative Anteil der Mittelklasse nimmt während der Jagdzeit tendenziell ab.

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Abbildung 11. Anzahl Abschüsse pro Monatshälfte (Start des Zeitfensters) pro Alterskategorie während der Jagdzeit von 2012 bis 2019 im Baselbiet: JK: Jugendklasse; MK: Mittelklasse; AK: Altersklasse. Die Linien zeigen mittels lokaler Regression (LOESS) den Trend für jede Alterskategorie an (gepunktet: Jugendklasse; gestrichelt: Mittelklasse; punkt-strich: Altersklasse). Die durchgezogene rote Linie zeigt den kumulativen Anteil der Mittelklasse an der Jagdstrecke.

5.2.3. Jagdrevierebene

Zwischen 2012 und 2019 wurden in 18 Jagdrevieren (und politischen Gemeinden) Gämsen erlegt, wobei die Anzahl der Jagdreviere mit Gamsabschüssen in den letzten Jahren zwar signifikant zugenommen hat, aber dennoch erheblichen jährlichen Schwankungen ausgesetzt ist. Jährlich wurden in minimal zwei (2014) und maximal 13 (2018) Jagdrevieren Gämsen erlegt. Mit 57 Gämsen wurden gut 40 % der gesamten Gams-Jagdstrecke im Jagdrevier Langenbruck geschossen. Die Nachbarreviere Eptingen und Waldenburg folgen mit 23 resp. 10 Abschüssen. Somit entfallen knapp zwei Drittel der Baselbieter Gams- Jagdstrecke auf diese drei Reviere. Das Geschlechtsverhältnis der erlegten Gämsen in diesen drei Jagdrevieren ist ausgeglichen bzw. in Richtung Geissen verschoben (Abbildung 12). Generell weisen die Jagdreviere im Westen des Kantons (entlang des Blauens/Laufentals) ein stark zu den Böcken verschobenes Geschlechtsverhältnis auf. Auch im Oberbaselbiet weisen einige Jagdreviere eine «Bock-lastige» Jagdstrecke auf – insbesondere, wenn nur sehr wenige Individuen geschossen werden.

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Abbildung 12. Verteilung der Gamsabschüsse im Baselbiet zw. 2012 und 2019 pro Jagdrevier. Die Fläche der Kreisdiagramme korrespondiert mit der Anzahl erlegter Individuen im Jagdrevier. Der blaue Anteil entspricht dem Anteil an erlegten Geissen im Revier und der Rote jenem der Böcke. Die graue Fläche stellt die durch die jeweilige Jagdgesellschaft geschätzte aktuelle Verbreitung der Gämse im Kanton Basel-Landschaft dar. Die Bezirksgrenzen sind rot eingezeichnet.

Der Anteil der Mittelklasse variiert je nach Jagdrevier zwischen 0 % und 100 % (Abbildung 13). Sechs von 18 Jagdrevieren weisen einen Mittelklasse-Anteil von 100 % auf, 13 einen Anteil von über 25 %. Langenbruck (das Jagdrevier mit der grössten Gams-Jagdstrecke) hat einen Mittelklasse-Anteil von 18 % und drückt damit den durchschnittlichen Mittelklasse- Anteil des ganzen Bezirks von 51 % auf 33 % herunter (und von 48 % auf 35 % auf Kantonsebene). In allen Jagdrevieren im Bezirk Laufen ausser in Liesberg liegt der Mittelklasse-Anteil über 25 %.

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Abbildung 13. Verteilung der Gamsabschüsse im Baselbiet zw. 2012 und 2019 pro Jagdrevier nach Alterskategorie. Die Fläche der Kreisdiagramme korrespondiert mit der Anzahl erlegter Individuen im Jagdrevier (gleicher Massstab wie in Abbildung 12). Der rote Anteil entspricht dem Anteil an erlegten Gämsen in der Jugendklasse (JK), der Orange jenem der Mittelklasse (MK) und der Blaue jenem der Altersklasse (AK). Die graue Fläche stellt die durch die jeweilige Jagdgesellschaft geschätzte aktuelle Verbreitung der Gämse im Kanton Basel-Landschaft dar.

6. Diskussion und Empfehlungen

Die Nachhaltigkeit der Jagd ist in der Schweiz auf Bundes- sowie auf kantonaler Ebene in den entsprechenden Jagdgesetzen und Verordnungen festgeschrieben (JSG sowie kant. JagdG/WJG), weshalb eine umsichtige und auf wissenschaftlichen Kenntnissen beruhende Jagd von grosser Bedeutung ist (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). Der Vergleich zwischen der aktuellen Gamsverbreitung im Jahr 2020 und des potentiell geeigneten Habitats im Baselbiet (Abbildung I im Anhang) zeigt, dass die Gämse noch weitere Gebiete besiedeln könnte bzw. gemäss des in der Schweiz angewendeten Grundsatzes «Lebensrecht wo Lebensraum» auch besiedeln können sollte (Europarat, 1979b; Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). In den folgenden Abschnitten wird der mögliche Einfluss der Jagd auf die (Ausbreitung der) Gämsen im Baselbiet diskutiert und Optimierungsmöglichkeiten für das Gamsmanagement erörtert. Die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen werden in fünf Ziele unterteilt, welche zusammen mit einem

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 23 möglichen Zeitplan für die Umsetzung der Handlungsempfehlungen am Ende des Kapitels in Abbildung 14 ersichtlich sind.

6.1. Habitateignung und Wildräume

Die Diskrepanz zwischen der besiedelten Fläche und der potentiell geeigneten Fläche ist beachtlich (Tabelle III im Anhang) und zahlreiche Gemeinden ohne Standwild weisen potentiell für die Gämse geeignetes Habitat auf, insbesondere in den Bezirken Sissach, Laufen und Liestal. Jedoch ist gemäss fast allen verwendeten Kennwerten der Modellvalidierung die (Vorhersage-)Leistung des Modells gut (Tabelle II im Anhang; Allouche, Tsoar, & Kadmon, 2006; Landis & Koch, 1977; Swets, 1988). Deshalb gilt eine grobe Überschätzung des geeigneten Habitats durch die Modelle als unwahrscheinlich, auch wenn die Habitateignungsmodelle selbst zahlreiche Schwächen und Grenzen aufweisen (siehe z.B. Elith & Leathwick, 2009 oder Lahoz-Monfort, Guillera-Arroita, & Wintle, 2014): So werden beispielsweise weder Migration noch biotische Interaktionen berücksichtigt (Guisan & Thuiller, 2005).

Möglicherweise stammt der Unterschied zwischen besiedelten und geeigneten Flächen in Jagdrevieren mit langjähriger Gamspräsenz von einer eher restriktiven Einzeichnung der Einstandsgebiete durch die Jagdgesellschaften, welche nur die aktuellen Kerneinstandsgebiete berücksichtigt. Durchschnittlich sind die eingezeichneten Standgebiete 16 ha gross (Median:12 ha), was deutlich unter der Mediangrösse von 70 ha für die Reviergrösse (95 % Kernel) aus den Alpen liegt (Lovari, Sacconi, & Trivellini, 2006). Daraus würden im Baselbiet auch Gamsdichten resultieren, welche um ein Vielfaches höher sind als jene in den Alpen (Boschi & Nievergelt, 2003). Würde jedoch das gesamte geeignete Habitat pro Jagdrevier verwendet, so lägen die Dichten beinahe auf dem bekannten Niveau (Boschi & Nievergelt, 2003). Folglich scheint es wahrscheinlich, dass die Gämsen bereits heute in den besiedelten Gebieten, über ein Jahr gesehen, mehr vom Lebensraum nutzen. Die Lebensraumnutzung sowie mögliche Migrationsbarrieren könnten mit einer GPS- Besenderung untersucht werden, was bereits in zahlreichen anderen Studien zu einem besseren Verständnis der Lebensraumansprüche geführt hat (z.B. Kennerley, et al., 2019; McGregor, Legge, & Johnson, 2014; Schweiger, et al., 2015). Die zusätzlichen Kenntnisse der Lebensraumnutzung bzw. möglicher Migrationsbarrieren könnte ausserdem in die Ausscheidung der Wildräume und Zählkreise miteinfliessen, sodass sich diese noch näher an den Bedürfnissen der Gämsen orientieren und dadurch das Management verbessert wird.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 24 Die potentielle Habitateignung und Verbreitung der Gämse legt nahe, dass die Einstandsgebiete der Gämsen nicht nur revier-, sondern auch kantonsübergreifend sind, wie beispielsweise entlang des Blauens oder im Kettenjura. Vor der Einführung der neuen Wildräume und Zählgebiete sollte aufgrund der Umsetzbarkeit der Managementgrenzen durch die einzelnen Jagdreviere zuerst ein Tool zur Online-Erfassung der Abschüsse (z. B. «Wildportal») eingeführt werden, damit weder für die Jägerschaft noch für die Gamskoordinatoren ein Mehraufwand entsteht. Aufgrund der kantonsübergreifenden Einstandsgebiete müssen die Freigabekriterien bzw. das Gamsmanagement in den beiden Kantonen in den angrenzenden Wildräumen harmonisiert werden. Ansonsten drohen einerseits die Massnahmen zu einer nachhaltigeren Bejagung der Gämsen auf Baselbieter Boden unwirksam zu sein und anderseits dürften die Massnahmen verständlicherweise auf deutlich weniger Akzeptanz in der Jägerschaft stossen: Würden beispielsweise die jagdlich attraktiven Böcke der Mittelklasse im Baselbiet geschont, so gilt es zu verhindern, dass diese beim Wechsel auf die andere Seite der Kantonsgrenze erlegt werden können (was gemäss Gamskoordinator erst kürzlich geschehen ist).

Die Wildräume auf Solothurner Kantonsgebiet wurden 2018 anhand der Analyse der Habitatseignung sowie der aktuellen Verbreitung in Zusammenarbeit mit Wildbiologen und der Jägerschaft aktualisiert. Das nahezu identische Vorgehen der beiden Jagdverwaltungen führt in den beiden Kantonen zu sehr ähnlichen Wildräumen. So grenzt der Baselbieter Wildraum (WR) 5 mehrheitlich an den Solothurner WR Südost, WR 1 an den solothurnischen WR Nord und der Solothurner WR Zentralnord verbindet die Teile des WR 2. Ausserdem umschliesst der Baselbieter WR 3 grösstenteils das Solothurner Kantonsgebiet Dorneck, in welchem bisher aufgrund des fehlenden Standwilds kein WR ausgeschieden worden ist. Dadurch sollte mittelfristig ein koordiniertes Management der Populationen in den benachbarten Wildräumen (z. B. identische Abschussvorgaben und angepasste Quoten) möglich sein.

Handlungsempfehlung:

 Ziel: Harmonisierung des Gamsmanagements mit Solothurn (und Aargau) o Abstimmen der Managementmassnahmen in den benachbarten Wildräumen.  Ziel: Datengrundlage verbessern o GPS-Besenderung von Gämsen zur Untersuchung der Lebensraumnutzung in Abhängigkeit der Tages- und Jahreszeit. In diversen Studien wurden > 10 Individuen besendert (z.B. Ensing, et al., 2014; Kennerley, et al., 2019), was mit erheblichem finanziellen und personellen Aufwand verbunden ist. Deshalb könnten die Besenderungen der Tiere in Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen (AG/SO) sowie einer Universität/

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 25 durchgeführt werden (z .B. ZHAW, ETH oder Uni Basel). Dies böte den Vorteil, dass auch die Auswertung z. B. im Rahmen einer Bachelor- oder Masterarbeit durchgeführt werden könnte.  Ziele: Kleinpopulationen schützen / Wissenstransfer o Tool einführen zur Online-Erfassung der Abschüsse.

6.2. Bestandeserhebung

Die Bestandeserhebung ist eine wichtige Grundlage zur Jagdplanung (Meile, 2015), die jedoch insbesondere in bewaldeten Gebieten mit einer erheblichen Unsicherheit verbunden ist (Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). Auch wenn der Gamsbestand selbst bei mehreren und koordinierten Zählungen um bis zu 30 % unterschätzt werden kann (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009), ist die Diskrepanz zwischen der Zählung von 2017 und der Schätzung von 2020, auf welchen der Abschussplan basiert, sehr gross. Teilweise lässt sich dieser Unterschied auf schlechtes Wetter an den vorgesehenen Zählterminen zurückführen, welches in einigen Gemeinden mit grösseren Gamsvorkommen eine Zählung verunmöglichte. Deshalb wären Zählungen über einen längeren Zeitraum wichtig, damit Schlechtwetterperioden und allfälligen Störungen ausgewichen werden könnte. Aufgrund der geringen Fortpflanzungsrate (Baumann, et al., 2014) ist es wahrscheinlich, dass ein Teil der Differenz durch eine systematische Überschätzung der Gamspopulationen im Baselbiet zustande kommt. Als Jagdgesellschaft könnte durchaus ein Interesse darin bestehen, den Bestand möglichst optimistisch zu schätzen, da dies die Abschussquote erhöht. Zudem kann es im Grenzbereich zweier Jagdreviere zu «Doppelzählungen» kommen, wenn beide Jagdreviere das grenzüberschreitende Rudel melden. Die kantonale Jagdverwaltung versucht diese so gut wie möglich zu korrigieren. Dennoch scheint es zu Überschätzungen zu kommen: Exemplarisch für eine Überschätzung des Bestandes für den Abschussplan (was zu einer höheren Quote führt) gab es Jagdreviere, welche im Frühling 2020 einen Bestand von mehreren Tieren für die Jagdplanung meldeten und im Herbst 2020 bei der Anfrage zum Einzeichnen der Einstandsgebiete der Gämsen kein Standwild mehr angaben. Auswertungen im Kanton St. Gallen zeigten sogar, dass die von der Jägerschaft eingereichten Bestandesschätzungen keinen Zusammenhang mit den wirklichen Zahlen aufweisen können (Meile, 2015).

In österreichischen Bundesländern wird eine Überschätzung des Bestandes vermutet, welche zu hohen Abschussquoten und eine Übernutzung der Bestände zur Folge hat (Miller, Kinser, & Freiherr von Münchhausen, 2020). Im Baselbiet sieht es aufgrund der nicht vollständigen Nutzung der Abschussvorgabe (56 % der freigegebenen Tiere wurden erlegt)

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 26 nicht nach einer generellen Übernutzung aus, sofern die von den Jagdgesellschaften geschätzte Bestandesgrösse angenommen wird. Würden jedoch die Zahlen der Zählung von 2017 als Referenz für die Abschussquoten genommen, so entspräche eine prozentuale Quote von 10-15 % 15-22 zu erlegenden Tieren im ganzen Kanton. Somit könnte der Abschuss in den letzten Jahren, v. a. regional in jenen Gemeinden mit einer grossen Abweichung zwischen der Schätzung und der Zählung, etwas zu hoch gewesen sein.

Die retrospektive Kohortenanalyse könnte wertvolle zusätzliche Informationen über die Grösse und Struktur des Bestands liefern (Reiner, Zedrosser, Zeiler, Hackländer, & Corlatti, 2020), z. B. um die Genauigkeit der Schätzungen zu überprüfen (Eyholzer & Baumann, 2010). Sie bedingt jedoch für eine zuverlässige Aussage über die minimale Bestandsgrösse, dass auch ein Grossteil der natürlichen Mortalität erfasst wird, sowie die (meisten) Tiere einer Kohorte bereits verendet sind (Lang, Huckschlag, & Simon, 2016). Jedoch können auch ohne die Erfassung der natürlichen Mortalität bereits zuverlässig Trends berechnet werden (Reiner, Zedrosser, Zeiler, Hackländer, & Corlatti, 2020). Da die Erfassung der Altersangabe in Jahren im Baselbiet erst seit 2012 (sieben Jahre bis 2019) erfolgt und es bei der Gämse 12-17 Jahre dauert, bis die meisten Tiere einer Kohorte gestorben sind (Rughetti & Festa-Bianchet, 2011), sind die Resultate der Kohortenanalyse momentan wenig aussagekräftig (bzw. unterschätzen sie den Gamsbestand deutlich und werden daher weggelassen). Somit sind zurzeit keine verlässlichen Aussagen über die Entwicklung des Gamsbestands möglich und es ist unerlässlich, mittels Zählungen eine bessere Datengrundlage für die Jagdplanung zu schaffen.

Handlungsempfehlungen:

 Ziel: Datengrundlage verbessern o Einführen einer «koordinierten» Gamszählung im Frühling und Spätsommer. Die Teilnahme der Jagdgesellschaften wird erwartet, sofern im Herbst Gämsen gejagt werden möchten. Bei mangelhafter Teilnahme wäre ein Obligatorium zu prüfen. Die Methode soll dahingehend angepasst werden, dass den Jagdgesellschaften ein längerer Zeitraum für die Zählungen zur Verfügung steht. Die Zählungen müssen an mehreren Tagen erfolgen, damit sie zuverlässig sind (z. B. aufgrund schlechter Witterung oder einer Störung). Dabei sollte auch die Anzahl der Kitze und Jährlinge erfasst werden, da diese auch von ungeübten Personen korrekt angesprochen werden können und diese Daten wertvolle Informationen über den Zuwachs der Populationen liefern. o Schätzung des Bestands mit einem Netz aus systematisch aufgestellten Fotofallen: Dies könnte eine Alternative zur herkömmlichen Zählung darstellen

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 27 und wurde in einer noch nicht veröffentlichten Studie im Baselbiet untersucht. Aufgrund des relativ hohen Aufwands ist dies jedoch kaum flächenmässig umsetzbar. o Erfassen der Gamsbeobachtungen durch die Jägerinnen und Jäger (inkl. Koordinaten) und anschliessende Übermittlung an den entsprechenden Gamskoordinator, damit ein besseres Verständnis über die Verbreitung und die Wanderbewegungen gewonnen werden kann. o Berücksichtigung der Gamszählung und nicht (nur) der Schätzung bei der Abschussplanung. o Einführung der retrospektiven Kohortenanalyse: Ab ca. 2025 kann mit einer verlässlicheren Schätzung des Minimalbestandes, des Fortpflanzungserfolgs (von 2012) und der Altersstruktur gerechnet werden. o Gegebenenfalls könnten Gämsen markiert werden, um den Anteil der Population(en) zu erfassen, welcher jeweils nicht gesehen wird.  Ziel: Wissenstransfer verbessern o Informationsrückfluss zu den Jagdgesellschaften verbessern: Die Ergebnisse der Zählungen (und allfälligen Auswertungen wie der Kohortenanalyse) sollen den Jagdgesellschaften mitgeteilt werden, z. B. in Form eines Newsletters vor oder/und nach der Jagdzeit. Dadurch soll das Verständnis für die Mitarbeit und die Abschussquoten erhöht werden (JFK, JagdSchweiz & BAFU, 2015). o Erstellen eines «Kriterien-Kataloges» für ein korrektes Ansprechen der Alterskategorien durch die kantonale Jagdverwaltung.

6.3. Jagdplanung

Die Jagd auf kleine Rudel bzw. Einzeltiere sowie der hohe Anteil der Mittelklasse und ein unausgeglichenes Geschlechtsverhältnis an der Jagdstrecke könnten mögliche Gründe für die zögerliche bzw. fehlende Kolonisierung des potentiell geeigneten Lebensraums sein (JagdSchweiz & JFK, 2016) - und somit eine suboptimale Jagdplanung. Diese erfordert aufgrund der geringen Fortpflanzungsleistung der Gämse grosse Sorgfalt: Allgemein wird von einer jährlichen Zuwachsrate von 10-20 % ausgegangen (Baumann, et al., 2014), jedoch sind teilweise bereits bei einer Abschussquote von 10 % negative Bestandsentwicklungen zu befürchten (Amt für Wald, Jagd und Fischerei Solothurn, 2019).

Kleine Populationen weisen eine invers dichteabhängige Wachstumskurve auf: Je kleiner die Population ist, desto kleiner ist ihr Wachstum bzw. desto grösser das Aussterberisiko (Courchamp, Clutton-Brock, & Grenfell, 1999). Dieser sogenannte Allee-Effekt kommt

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 28 einerseits aufgrund des erhöhten Einfluss von stochastischen Events (wie z. B. Unfällen oder Prädation) (Courchamp, Clutton-Brock, & Grenfell, 1999) und andererseits durch den Verlust der genetischen Vielfalt in kleinen Populationen zustande (Frankham, Ballou, Briscoe, & McInnes, 2012). Daher könnte sich insbesondere die Jagd auf relativ kleine Rudel und Einzeltiere, negativ auf den Bestand bzw. die Ausbreitung der Gämse in geeignete, aber noch spärlich besiedelte, Gebiete auswirken. Deshalb werden kleine Populationen in Solothurn nur äusserst vorsichtig bejagt (Amt für Wald, Jagd und Fischerei Solothurn, 2019). Auch der Kanton Aargau schützt sehr kleine Populationen: So müssen mindestens fünf Gämsen als Standwild bei der Zählung im Hegering bestätigt werden und sich erfolgreich fortpflanzen, damit sie bejagt werden dürfen (Kanton Aargau: Departement Bau, Verkehr und Umwelt, 2018). Kleine Gamsvorkommen bzw. kleine geeignete Gebiete sind zudem tendenziell schlecht vernetzt (Abbildung 3), weshalb die Jagdplanung vorsichtig zu erfolgen hat (oder wie nördlich der Ergolz, wo zurzeit gänzlich auf die Gamsjagd verzichtet wird). Die Abgänge in isolierten Populationen könnten wahrscheinlich nicht durch die Einwanderung neuer Individuen kompensiert werden, würden die isolierten Rudel zu stark bejagt.

Insbesondere Gamsböcke (in der Mittelklasse) wandern umher und besiedeln neue Gebiete, weshalb sie für eine natürliche Ausbreitung der Gämse wichtig sind (Loison, Jullien, & Menaut, 1999) und zurückhaltend bejagt werden sollten (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009). Zudem führt ein unausgeglichenes Geschlechtsverhältnis in der Jagdstrecke zur sozialen Desorganisation, welche die Brunft und die Kondition der Jungtiere negativ beeinflusst (Milner, Nilsen, & Andreassen, 2007). Das Fehlen der umherwandernden Böcke verkleinert ausserdem die effektive Populationsgrösse überproportional stark und damit die genetische Vielfalt (Sæther, Engen, & Solberg, 2009), welche gemäss den Leitlinien des BAFU «Wald und Wild» (Imesch & Baumann, 2010) erhalten bleiben sollte. Ein starker Überhang an Geissen in der Jagdstrecke führt dagegen zu einer verhältnismässig stärkeren Reduktion des Bestands aufgrund der anschliessend fehlenden Muttertiere und folglich kleineren Nachwuchsrate (JagdSchweiz & JFK, 2016). Daher wird von Imesch & Baumann (2010) sowie von JagdSchweiz und der JFK (2016) ein ausgeglichenes Geschlechtsverhältnis in der Jagdstrecke empfohlen, sofern eine Stabilisierung des Bestands angestrebt wird. Vor allem zwei Gründe erschweren das Erreichen dieses Ziels: Erstens sind Gamsböcke allgemein deutlich weniger scheu wie die Geissen (Baruzzi, Lovari, & Fattorini, 2015) und daher besonders leicht zu erlegen. Zweitens sind sie ab der Mittelklasse aufgrund der Trophäen für die Jäger und Jägerinnen besonders attraktiv (Imesch & Baumann, 2010). Dies erklärt mit grosser Wahrscheinlichkeit, weshalb kurz nach der Jagderöffnung deutlich mehr Böcke und Individuen der Mittelklasse erlegt werden (siehe auch Abbildung 10 und Abbildung 11). Obwohl die Jagdverwaltung im Kanton Basel-Landschaft ein ausgeglichenes Geschlechtsverhältnis anstrebt und dies in der Verfügung zur Jagdplanung festhält, weichen

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 29 die meisten Jagdreviere deutlich davon ab, insbesondere in Revieren mit wenigen Abschüssen wie im Bezirk Laufen (Abbildung 12). Dies legt die Vermutung nahe, dass vor allem die umherwandernden Tiere auch in Jagdrevieren ohne Standwild erlegt werden.

Eine Übernutzung der Mittelklasse kann die Besiedlung neuer Gebiete erschweren und, wie ein unausgeglichenes Geschlechtsverhältnis, zur sozialen Desorganisation führen (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009). Die Geissen resp. Böcke in diesem Alter übernehmen eine wichtige Rolle bei der Traditionsvermittlung an jüngere Tiere, steigern den Fortpflanzungserfolg (JagdSchweiz & JFK, 2016) und sorgen für eine geregelte und kurze Brunftzeit (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009). Der von der Jagdverwaltung angestrebte maximale Anteil der Mittelklasse an der Jagdstrecke von 25 % wird in den meisten Jagdrevieren deutlich übertroffen. Der hohe Anteil der Mittelklasse an der Jagdstrecke weist zusammen mit dem (regional) unausgeglichenen Geschlechtsverhältnis auf erheblichen Optimierungsbedarf bei der Umsetzung des Gamsmanagements hin.

Aufgrund der tiefen Reproduktionsrate können Gämsen Bestandsschwankungen, ausgelöst durch falsches Management oder natürliche Umwelteinflüsse, nur relativ langsam ausgleichen (JFK, JagdSchweiz & BAFU, 2015). Anders wie in den Bergkantonen (Fasel, 2017) dürften die Witterungsbedingungen im Baselbiet aufgrund der eher geringen Schneehöhen (Wüthrich, et al., 2010) nicht relevant sein. Der Einfluss des Luchses (Lynx lynx) auf die Gamspopulationen im Baselbiet ist noch unklar: Einerseits wurden im Kantonsgebiet seit dem Jahr 2000 jährlich maximal zwei vom Luchs gerissene Gämsen registriert (jedoch bis zu 84 Rehe). Auch Molinari-Jobin et al. (2007) stellten in ihrer Studie in mehreren Luchsgebieten in der Schweiz ebenfalls eine deutliche Präferenz des Luchses für das Reh als Beutetier fest, selbst in Gebieten mit wesentlich mehr Gämsen als Rehen. Andererseits reisst der Luchs v. a. sehr junge und alte Gämsen, welche nur einen geringen Einfluss auf das Populationswachstum haben (JagdSchweiz & JFK, 2016), weshalb der Einfluss des Luchses auf die Gamspopulation durch die Jägerschaft des Öfteren überbewertet wird (Nussbaumer, 216). Stellenweise wird von der Jägerschaft aber eine deutliche Abnahme des Bestandes seit der Rückkehr des Luchses vermutet. Weitere Untersuchungen zum Einfluss des Luchs auf die Gamspopulation wären daher für das Management von Interesse. Krankheitsbedingte Hegeabschüsse und Abgänge werden im Baselbiet nur sehr selten registriert. Somit dürften mindestens zwei der drei natürlichen Mortalitätsursachen im Baselbiet zurzeit von untergeordneter Bedeutung sein.

Zusätzlich zum Monitoring der Gamsbestände, den Erhebungen der Jagdstrecke und Fallwildstatistik sollte auch der Einfluss der Gämsen auf ihren Lebensraum mit in die Jagplanung einbezogen werden (Baumann & Imesch, 2010). Gemäss JSG muss die Jagdplanung nicht nur eine Übernutzung der Wildbestände durch die Jagd verhindern,

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 30 sondern auch Verbiss- und Wildschäden verhindern. Da die für das zukünftige Klima angepassten Baumarten gemäss den Kreisförstern besonders verbissgefährdet sind, gilt es diesen Aspekt in Zukunft im Rahmen des «klimabedingten Waldumbaus» verstärkt zu beachten. Bei Verdacht auf übermässigen Verbiss bei der Verjüngung (wie z. B. in Langenbruck) wäre dieser, gemäss BAFU Leitlinien «Wald und Wild», unter Einbezug aller beteiligter Akteure beispielsweise mittels Verjüngungsinventuren oder Vergleichsflächenpaare zu erheben (Rüegg, Burger, & Brang, 2010). Mit geeigneten forstlichen Lebensraumaufwertungen, wie dem Pflegen von gestuften Waldrändern, Waldwiesen oder Sichtschutzgehölzen, können teilweise Verbissschäden bereits durch den Forstbetrieb reduziert werden (Imesch, Eyholzer, & Herzog, 2010). Bei nachweislich zu starkem Verbiss sollte anschliessend im Zählkreis die Abschussquote erhöht werden (Baumann & Imesch, 2010) und der Jagddruck lokal, in den durch Verbiss besonders stark betroffenen Gebieten, mittels Pirsch oder Ansitzjagd erhöht werden (Beguin, Tremblay, Thiffault, Pothier, & Côté, 2016). Durch dieses sogenannte «Hunting for fear» könnte eine «Landscape of fear» in den empfindlichen Gebieten entstehen, welche von den Gämsen anschliessend eher gemieden wird (Cromsigt, et al., 2013). Bei der Umsetzung ist ein adaptives Management zentral, welches sowohl das Monitoring der Gamsbestände als auch des Verbisses und eine anschliessend jährlich lokal angepasste Abschussquote beinhaltet (Apollonio, et al., 2017). Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Jagd eine natürliche Verjüngung ermöglicht, ohne dabei die Gamspopulation in ihrer Existenz zu gefährden oder eine natürliche Ausbreitung in geeignetes Habitat zu unterbinden (Baumann & Imesch, 2010).

Die Berücksichtigung lokaler Verhältnisse ist ein bedeutender Vorteil des Wildtiermanagements in Wildräumen (Willisch & Boldt, 2013), bedingt jedoch ein gutes Monitoring der Bestände, welches im Baselbiet noch einzuführen ist, sowie eine gute Zusammenarbeit mit den Jagdgesellschaften. So soll mit einem adaptiven und auf den Wildraum bzw. Zählkreis angepassten Management einerseits die bis anhin durch die Jagd verhinderte natürliche Ausbreitung ermöglicht werden und andererseits lokal die Abschussquote bei zu starkem Verbiss erhöht werden. Allgemein soll die Jagd auf kleine Populationen und Einzeltiere unterbunden werden, damit sich die Gämse in noch unbesiedeltes aber geeignetes Habitat ausbreiten könnte. Zusätzlich sind die zu starken Eingriffe in die Mittelklasse und das unausgeglichene Geschlechtsverhältnis zu korrigieren. Dazu könnten Wildräume, welche bis anhin die Vorgaben des Kantons nicht erfüllt haben, mit zusätzliche Auflagen belegt werden (z. B. einer vorübergehenden vollständigen Schonung der Mittelklasse).

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 31 Handlungsempfehlungen:

 Ziel: Kleinpopulationen und Einzeltiere schützen o Temporäre Massnahme bis Zählkreise eingeführt werden: Gämsen sind nur in Jagdrevieren jagdbar, in denen sie sich erfolgreich fortpflanzen und mind. 5 Individuen als Standwild vorkommen. o Unterteilung der Wildräume in Zählkreise, damit das Management besser auf kleinräumige Gegebenheiten angepasst werden kann (ähnlich zur Praxis des Kantons Schwyz), z. B. zum Schutz von Individuen, welche neue Gebiete besiedeln möchten (siehe auch nächster Punkt). o Gämse sollte aufgrund der geringen Fortpflanzungsleistung im Zählkreis nur jagdbar sein, wenn sie im entsprechenden Zählkreise über zwei Jahre als Standwild (> 5 Individuen) vorkommen und sich erfolgreich fortpflanzen. Dadurch würde die Besiedlung geeigneter Habitate ermöglicht. Eine Ausnahme bilden die Individuen der Altersklasse: Einzelgänger der Altersklasse dürfen erlegt werden, wenn sie sich bei keinem Rudel aufhalten. o Managementmassnahmen je nach Bestand und Verbisssituation im Wildraum und Zählkreis anpassen. o Isolierte bzw. schlecht vernetzte Populationen besonders vorsichtig und zurückhaltend bejagen. o Einführen einer Jagdpause im November zur Reduktion der Störungen während der Brunft (oder Jagd wie im Kanton Solothurn nur bis Ende Oktober erlauben).  Ziel: Bestandsstruktur verbessern o Freigabe pro Kategorie (Geschlecht und Alter) in absoluten Zahlen und nicht in Prozent: Dadurch ist die Freigabe für die Jägerinnen und Jäger einfacher verständlich und die Kontrolle durch die Gamskoordinatoren wird vereinfacht. o Regel «Alters- und Jugendklasse vor Mittelklasse» einführen, damit der Anteil der Mittelklasse an der Jagdstrecke < 25 % beträgt. Das (kleine) Kontingent in der Mittelklasse kann erst erlegt werden, wenn die Freigaben in der Alters- und Jugendklasse erreicht worden sind. Dadurch würde sich die aktuelle Situation umkehren und die einfach zu erlegenden Böcke der Mittelklasse könnten nicht mehr zuerst erlegt werden. Zudem sind die Auswirkungen eines Fehlabschusses (z. B. Mittelklasse anstatt Altersklasse) weniger gravierend, da dieser vom späteren Kontingent der Mittelklasse abgezogen werden könnte. o Komplette Schonung Böcke und Mittelklasse im Bezirk Laufen für einige Jahre, damit sich eine natürliche Bestandsstruktur einstellen kann und (neue)

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 32 Gebiete (wieder-)besiedelt werden könnten (z.B. Laufen und Pfeffingen) (Willisch & Boldt, 2013). Von einer Ausbreitung würden die Jagdgesellschaften mittel- bis langfristig profitieren. o Einführung der Regel «Geiss vor Bock» prüfen, sofern das Geschlechtsverhältnis der Jagdstrecke mit den anderen hier aufgelisteten Massnahmen nicht bereits ausgeglichen wird. o Schonung starker Jährlinge über die Kruckenlänge (JagdSchweiz & JFK, 2016).  Ziel: Wissenstransfer verbessern o Durchführen von «Gamstagungen» (oder -abenden), bei denen die Jägerinnen und Jäger betreffend korrektes Ansprechen geschult und für eine Jagdplanung nach wildbiologischen Kriterien sensibilisiert werden (JFK, JagdSchweiz & BAFU, 2015). o Einladung der Gamskoordinatoren an Trophäenschau durch die kantonale Jagdverwaltung zwecks Weiterbildung.  Ziel: Datengrundlage verbessern o Koordinaten der Abschüsse erfassen, um eine bessere Auswertung zu ermöglichen. o Verbiss erheben, damit gegebenenfalls lokal bei guten Gamsbeständen die Abschussquote mittels adaptivem Management erhöht werden kann, sofern andere Massnahmen bereits versucht worden sind. o Einfluss des Luchses auf die Gamspopulationen im Baselbiet untersuchen betreffend Abschöpfung des Zuwachses und Verhaltensänderungen. o Untersuchen, ob und wie stark der genetische Austausch zwischen den Wildräumen und den Populationen entlang der Jurakette ist.  Ziel: Harmonisierung des Gamsmanagements mit Solothurn (und Aargau) o Harmonisieren der Alterskategorien (als Grundlage für aufeinander abgestimmte Abschussfreigaben): Die Kategorien sollten möglichst so definiert sein, dass sie (leicht) korrekt angesprochen werden können. Die Angaben in der Gamsbroschüre von JagdSchweiz und der JFK (2016) wären: Jugendklasse bei den Böcken bis 4 Jahre (bisher 3), bei den Geissen bis drei Jahre und die Altersklasse bei beiden Geschlechtern ab 10 Jahren (bei Böcken bisher ab 9 Jahren). Zudem sollte das Alter einheitlich erfasst werden, z. B. Wechsel von Kitz auf Jährling etc. am 01.01. eines Jahres.

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Abbildung 14. Entw urf des möglichen Zeitplans für die Umsetzung der Handlungsempfehlungen (Zeitpunkt der Einführung) betreffend Gamsmanagement im Baselbiet nach den fünf übergeordneten Zielen (siehe auch Handlungsempfehlungen in der Diskussion). Alle Massnahmen ausser den gepunkteten sollten eine hohe Priorität geniessen. (1) Ausgenommen Tiere der Altersklasse, bei w elchen Einzeltiere erlegt w erden können. (*) Einmalige Massnahme. (**) Wiederkehrende Massnahmen; alle anderen Massnahmen w erden längerfristig empfohlen. Die Details der Massnahmen sind im Kapitel Diskussion in den jew eiligen Handlungsempfehlungen aufgeführt. JG: Jagdgesellschaft, WR: Wildraum, ZK: Zählkreis, MK: Mittelklasse.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 34 7. Fazit

Die Gämse könnte im Baselbiet (insbesondere in den Bezirken Sissach, Laufen und Liestal) noch deutlich mehr geeigneten Lebensraum besiedeln. Allerdings verhindert die Jagd auf (umherwandernde) Einzeltiere bzw. Kleinpopulationen wahrscheinlich eine natürliche Ausbreitung der Gämse in geeignetes Habitat, was internationalen Abkommen und den Grundsätzen der schweizerischen Jagdpolitik «Lebensrecht wo Lebensraum» widerspricht (Europarat, 1979b; Robin, Graf, & Schnidrig-Petrig, 2017). Ausserdem ist die Datengrundlage für die Jagdplanung ungenügend, weshalb das Monitoring (der Gämsen und des Verbisses) zwingend verbessert werden sollte. Die Böcke der Mittelklasse wären jene Individuen, welche neues Habitat besiedeln (Schnidrig-Petrig & Salm, 2009) und für einen gesunden Bestand von grosser Bedeutung sind (JagdSchweiz & JFK, 2016), gleichzeitig jedoch auch die am einfachsten zu erlegenen Individuen für die Jägerin bzw. den Jäger darstellen (Baruzzi, Lovari, & Fattorini, 2015). Deshalb sollte das Management dahingehend angepasst werden, dass Einzeltiere oder kleine Populationen geschützt werden, in dem nur Populationen welche mindestens 5 Tiere während zwei Jahren umfassen und sich erfolgreich fortpflanzen, bejagt werden können. Dazu sind die Wildräume, ähnlich wie im Kanton Schwyz, in kleinere Zählkreise zu unterteilen. Deren Grenzen orientieren sich meist an weniger geeignetem Habitat oder Wanderhindernissen und sollten somit einzelne Populationen beinhalten. Zudem sollte die Verteilung der Alterskategorien bei der Jagdstrecke angepasst werden, beispielsweise durch das Einführen der Regel «Alters- und Jugendklasse vor Mittelklasse». Dadurch müssten zuerst die Kontingente in den anderen Altersklassen erfüllt werden, bevor die mittelalten Tiere freigegeben werden. Aufgrund der zahlreichen interkantonalen Einstandsgebieten und der Vernetzung des geeigneten Habitats ist eine Harmonisierung des Gamsmanagements mit den Nachbarskantonen (v. a. Solothurn) von grosser Bedeutung für die Wirksamkeit der Massnahmen auf Baselbieter Boden und deren Akzeptanz in der Jägerschaft. Der Informationsfluss zu den Jagdgesellschaften soll z. B. mittels Newsletter verbessert werden und das Verständnis der Jagenden für eine Jagd nach wildbiologischen Kriterien gefördert werden. Zusammenfassend soll das Gamsmanagement im Kanton Basel-Landschaft mit den folgenden fünf übergeordneten Zielen verbessert werden: 1) Datengrundlage verbessern, 2) Kleinpopulationen und Einzeltiere schützen, 3) Bestandesstruktur verbessern, 4) Harmonisierung mit den Nachbarskantonen (v.a. Solothurn) und 5) Wissenstransfer zwischen der Jagdverwaltung und der Jägerschaft.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 35 8. Dank

Ein grosser Dank geht an die Jagdgesellschaften für das Einzeichnen der aktuellen Einstandsgebiete. Ohne diese Information wäre die Auswertung bzw. das Erstellen des Modells nicht möglich gewesen. Zudem möchte ich mich bei den Gamskoordinatoren für deren kritischen Rückmeldungen und wertvollen Inputs bedanken, sowie bei den Mitarbeitern der Jagd- und Fischereiverwaltung des Kantons Basel-Landschaft für die Unterstützung und angeregten Diskussionen.

Foto: Flurin Leugger / AfW

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9. Glossar

Allee-Effekt: Bei kleinen Populationen ist das Wachstum desto grösser, je grösser die Population ist (Courchamp, Clutton-Brock, & Grenfell, 1999).

Circuit Theory: Modelle für die Vernetzung von Habitaten/Populationen basierend auf der Circuit Theorie berücksichtigen im Gegensatz zu den Least-cost path Modellen verschiedene Ausbreitungspfade und eine zufällige Streuung bei jedem Wegpunkt (McRae, Dickson, Keitt, & Shah, 2008). Dadurch ist die Circuit Theory geeignet, um die Vernetzung der Landschaft zu schätzen und Flächen mit grösserer Bedeutung für die Wanderung der Tiere zu finden (Poor, Loucks, Jakes, & Urban, 2012).

GAM: Generalized Additive Model; Halb-parametrisches Regressionsmodell, wobei nicht-parametrische Schätzer für den Zusammenhang zwischen Ziel und Erklärenden Variable gesucht werden. Sie sind eine Erweiterung der GLMs, jedoch mehr daten- als prozessgesteuert und ermöglichen auch, komplexere Zusammenhänge abzubilden. Dadurch können sie genauer sein, allerdings auch Schwächen bei der Anwendung der Modelle in neuen Gebieten haben. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

GBM: Generalized Boosted Regression Models; Modell basierend auf einem Entscheidungsbaum (ähnlich zum RF). Dieser wird jedoch iterativ weiterentwickelt, wodurch die Qualität des Modells nochmals erhöht werden kann. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

GLM: Generalized Linear Model; Regressionsmodell, bei welchem über eine Link Funktion auch eine binomiale Verteilungen der Zielvariable möglich ist. GLMs sind im Vergleich zu den anderen drei in dieser Arbeit verwendeten Modellen relativ wenig daten- dafür mehr

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 37 prozessgesteuert. Dadurch sind sie für Vorhersagen geeignet, welche über die bisher verwendeten Daten hinausgehen. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

Effektive Populationsgrösse: Berücksichtigt, dass nicht alle Individuen einer Population an der Fortpflanzung beteiligt sind (und ist daher kleiner wie die gesamte Anzahl der Individuen einer Population). Je weniger Individuen sich fortpflanzen, desto kleiner ist die effektive Populationsgrösse und somit die genetische Vielfalt. Die effektive Populationsgrösse gibt an, aus wie vielen Individuen eine idealisierte Population bestehen würde, welche in der gleichen Geschwindigkeit die genetische Diversität verlieren würde. (Frankham, Ballou, Briscoe, & McInnes, 2012)

Habitateignungsmodelle: Statistische Modelle bestimmen die ökologische Nische einer Art betreffend den verwendeten Umweltvariablen, z.B. in welchem Temperaturbereich die Antreffenswahrscheinlichkeit gross ist. Damit lässt sich die Habitateignung über einen geografischen Raum basierend auf den verwendeten Umweltvariablen berechnen bzw. vorhersagen. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

Jagdstrecke: Gesamte innerhalb eines definierten zeitlichen und örtlichen Raums bei der Jagd erlegte Beute (Wikipedia, 2019a).

JFK: Die Jagd- und Fischereiverwalter-Konferenz der Schweiz und Liechtensteins ist eine interkantonale Konferenz kantonaler Experten für Artenmanagement, Jagd und Fischerei (Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL), 2020).

Modell-Validierung: Anhand Beobachtungen (Vorkommen) und Pseudo- Absenzen, welche nicht für die Modellierung verwendet worden sind, wird überprüft, wie gut das Modell Vorkommen/Absenzen vorhersagen kann. Dabei werden je nach Methode verschiedene Kriterien

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 38 unterschiedlich gewichtet. Z.B. berechnet sich die TSS aus der Sensitivität (wie gut werden Vorkommen erkannt) und der Spezifität (wie gut werden Absenzen erkannt) des Modells. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

RF: Random Forest; Modell, welches mehrere (hundert bzw. tausend) Entscheidungsbäume erstellt, bei dem die Daten entsprechend einer Klassifizierung- bzw. Regression an sogenannten Knoten (nodes) immer weiter aufgeteilt werden. Die Variablen für die Knoten werden zufällig gezogen. Bei der Vorhersage wird der Durchschnitt aus allen Entscheidungsbäumen verwendet. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017)

Standwild Schalenwild, welches ganzjährig im entsprechenden Gebiet vorkommt (Wikipedia, 2019b).

Pseudo-Absenzen: Für die Modellierung werden Vorkommen und Absenzen benötigt. Die Absenzen werden vom Studiengebiet ausgewählt und als «Hintergrund-Daten» beim Modellieren verwendet. (Guisan, Zimmermann, & Thuiller, 2017) p-Wert (statistische Signifikanz): Sagt aus, wie wahrscheinlich die beobachteten Daten zu der Nullhypothese passen, beispielsweise, dass ein Geschlechtsverhältnis von 2:1 bei 30 Individuen per Zufall so entstanden sein könnte. Beträgt der p-Wert z.B. 0.05, so kommt die Verteilung mit einer Wahrscheinlichkeit von 5% zufällig zustande. Die Stichprobengrösse bzw. Grösse des Datensatzes hat einen wesentlichen Einfluss auf die p-Wert.

Wildraum: Geografische Planungs- bzw. Managementeinheit, welche sich an den natürlichen oder künstlichen Lebensraumgrenzen der (Teil-) Populationen der Wildtiere orientiert und nicht primär an politischen Grenzen. (JagdSchweiz & JFK, 2016)

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 39 Einstandsgebiet Fläche, welche von den Individuen einer Population während ihrer täglichen Aktivität aufgesucht wird (Burt, 1943).

10. Literatur

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7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement 46 11. Anhang

11.1. Abbildungen

Abbildung I. Potentiell geeignetes Gamshabitat im Baselbiet (gelb) und davon besiedeltes Habitat (grün). Besiedelte Gebiete, w elche gemäss Modell jedoch nicht geeignet w ären, sind braun dargestellt. Das Relief im Kartenhintergrund basiert auf dem digitalen Höhenmodell vom Copernicus Land Monitoring Service (2016). Die Bezirksgrenzen sind rot eingezeichnet und die Jagdreviersgrenzen schw arz, w ährend die Flüsse blau, die Strassen und Gebäude hellgrau eingefärbt sind (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015).

Abbildung II. Verbundene Flächen mit geeignetem Habitat für die Gämse im Kanton Basel-Landschaft. Die Kantonsgrenzen sind dunkelrot eingezeichnet (Amt für Geoinformation Basel-Landschaft, 2015), grössere Hauptstrassen grau und Eisenbahnlinien schw arz (swissTLM3D © sw isstopo).

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Abbildung III. Wanderkorridore zw ischen den besiedelten Gebieten im Baselbiet (grün umrandet) und den geeigneten Habitaten im nördlichen Baselbiet (rot umrandet). Je heller und gelber eine Zelle gefärbt ist, desto w ichtiger ist die Zelle für die Verbindung von Gamspopulationen. Siehe Kapitel Methodik für eine detailliertere Beschreibung des Vorgehens zum Bestimmen möglicher Ausbreitungskorridore. Grössere Hauptstrassen sind grau und Autobahnen dick hellgrau eingefärbt, sow ie Eisenbahnlinien dünn w eiss (swissTLM3D © sw isstopo).

Abbildung IV. Gamszählung pro Jagdrevier im Jahre 2017 und die geschätzte Bestandesgrösse im Jagdrevier in 2020 mit log-transformierten Achsen. Die schw arze Linie bildet das lineare Modell zw ischen den Werten der Zählung und jener der Schätzung ab, der graue Balken das 95% Vertrauensintervall der Schätzung der Geraden.

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement ii Etliche Jagdreviere meldeten keine Gämsen im 2017 und w iesen einige w enige Individuen aus im 2020. Generell liegt die Schätzung in 2020 bei den meisten Revieren deutlich über dem gezählten Bestand in 2017.

Abbildung V. Anteil erlegter Gämsen von der Freigabe in den Jahren 2016-2019 pro Geschlecht und Bezirk. Wurden exakt gleich viel Gämsen erlegt, w ie in der Freigabe vorgesehen, so beträgt der erreichte Anteil eins (gestrichelte Linie). Der Anteil liegt über eins, w enn mehr Individuen des Geschlechts erlegt w urden als vorgesehen (und darunter, w enn w eniger erlegt w urden). Die Freigabe w ird selten erreicht bzw . übertroffen.

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Abbildung VI. Hypothetischer Anteil erlegter Gämsen in der Mittelklasse von der Freigabe in den Jahren 2016- 2019 pro Bezirk, w enn die Freigabe in der Jugend- und Altersklasse voll ausgenützt w orden w ären (max. 25 % der Abschüsse dürfen in der Mittelklasse getätigt w erden). Wurde der maximale Anteil der Freigabe erreicht, so beträgt dieser 1 (gestrichelte Linie). Werden mehr Gämsen der Mittelklasse erlegt, w ie maximal gemäss Freigabe erlaubt, so beträgt der Anteil über eins. Die Freigabe w ird des Öfteren erreicht bzw . übertroffen, insbesondere im Bezirk Sissach mit einer totalen Freigabe von jährlich 3 Individuen, w ovon meist eines in der Mittelklasse erlegt w ird und der Anteil der Mittelklasse somit 33.3 % anstatt den angestrebten 25% beträgt.

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11.2. Tabellen

Tabelle I. Relativer Einfluss der Variablen auf das Modell der Habitateignung in Prozent. Der Einfluss für die GLM und GAM w urde mittels caret R-Pakets (Kuhn, 2020) berechnet, die anderen beide direkt aus einer Funktion des Pakets für das Erstellen des Modells. Die Distanz zu einer Fläche mit mind. 30°-Neigung w ar bei allen Modellen die w ichtigste Variable zur Bestimmung der Habitateignung.

Relativer Einfluss der Variable auf das Modell [%] Variable GLM GAM RF GBM Distanz zu Hangneigung > 30° 23 26 21 28 Temperatur 16 23 13 24 Hangneigung 8 10 17 14 NDVI 9 13 19 13 Distanz zu Wald 15 10 5 3 Waldfläche 13 0 11 10 Distanz zu Wiese 11 14 6 3 Distanz zu Siedlung 6 6 8 4

Tabelle II. Resultate der Modellvalidierung (Durchschnitt aus 10 Wiederholungen). Das GAM w eist die tiefsten Werte bei allen drei Kenngrössen zur Modell-Güte auf.

AUC Kappa TSS GLM 0.829 0.355 0.571 GAM 0.669 0.208 0.321 GBM 0.845 0.381 0.599 RF 0.844 0.382 0.603

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement v Tabelle III. Geschätzter Gamsbestand pro Jagdrevier mit geeignetem Gamshabitat im Kanton Basel-Landschaft (Stand 2020), besiedelte und geeignete Fläche [ha] pro Jagdrevier, besiedelter Anteil der geeigneten Fläche, sow ie die Gamsdichte pro km2 pro Jagdrevier, w enn die besiedelten oder die geeigneten Flächen berücksichtigt w erden. Die besiedelte Fläche w urde durch die Jagdgesellschaften eingetragen, die Habitateignung mittels Modellen berechnet (siehe auch Methodik). (*) Von JG Pfeffingen w urden im 2020 keine Gämsen gemeldet, JG Grellingen zeichnete auf der angrenzenden Wiese jedoch ein Rudel von 9 Tieren ein.

Jagdrevier Bestand Besiedelte Geeignete Besiedelter Gamsdichte Gamsdichte Fläche [ha] Fläche [ha] Anteil der besiedelte geeignete geeigneten Flächen Flächen [pro Fläche [%] [pro km2] km2]

Anwil 0 0 61 0.3 0 0 Arboldswil 0 0 20 0 0 0 Arisdorf 0 0 47.6 0 0 0 Arlesheim 0 0 111.9 0 0 0 Bennwil 16 57.5 246.3 22.2 27.8 6.5 Blauen 2 62.5 273.7 21.8 3.2 0.7 Böckten 0 0 25.6 0 0 0 Bretzwil 7 37.7 293.4 9.1 18.6 2.4 Brislach 3 50.4 47 45.5 6 6.4 4 13.4 39 30.2 29.9 10.3 Burg im 13 21.6 185.1 11 60.1 7 Leimental 4 25.9 90.7 26.3 15.4 4.4 Diegten 17 124.6 174.3 59.8 13.6 9.8 -Ost 0 0 35.3 0 0 0 Diepflingen-West 0 0 25.4 0 0 0 Dittingen 0 0 308.7 0 0 0 Duggingen 5 15.9 135.8 1.4 31.5 3.7 Eptingen 23 20.4 528.4 2.7 112.8 4.4 Ettingen 3 10.2 63 11.8 29.3 4.8 Frenkendorf 0 0 52.6 0 0 0 0 0 59.7 0.4 0 0 Grellingen 9 5.9 78.4 0.8 151.5 11.5 Häfelfingen 5 16.4 119.8 9.9 30.5 4.2 0 0 0.1 0 0 0 0 0 29.9 0 0 0 Känerkinden 0 0 14.1 0 0 0 Kilchberg (BL) 1 4.5 9.7 43.5 22.4 10.4 Langenbruck 86 93.4 695.8 11.8 92 12.4 Läufelfingen 40 90.9 283 12.2 44 14.1

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement vi Laufen-Bueberg 0 0 74.9 0 0 0 Laufen-Stürmen 0 0 53.8 0 0 0 Lausen 0 0 24.5 0 0 0 Lauwil 11 214.7 438.4 41.9 5.1 2.5 Liedertswil 0 0 126.4 0 0 0 Liesberg 20 63.5 511.5 6.4 31.5 3.9 Liestal 0 0 164.8 0 0 0 Lupsingen 0 0 0.4 0 0 0 Münchenstein 0 0 1 0 0 0 Nenzlingen 0 0 32.1 0 0 0 Niederdorf 0 0 36.3 0 0 0 Oberdorf (BL) 12 7 259.7 2.4 171 4.6 13 11.3 226.6 4.9 115.1 5.7 - 2 1.1 62.6 1.8 179.2 3.2 Nord Ormalingen-Süd 0 0 45.6 0 0 0 Pfeffingen (*) 0 11.3 4.1 36.7 0 0 Ramlinsburg 0 0 0.3 0 0 0 Reigoldswil 3 5.3 380.7 1.4 56.4 0.8 Rickenbach (BL) 3 21.7 42.5 19.7 13.9 7.1 Roggenburg 34 35 199.3 8.6 97.3 17.1 Röschenz 8 85.3 315.4 21.2 9.4 2.5 Rothenfluh 20 41.5 356 10.3 48.2 5.6 Rümlingen 3 5.6 63.1 6.3 53.2 4.8 Rünenberg 10 80.6 53.9 55.5 12.4 18.6 Sissach 0 0 76.3 0.3 0 0 1 23.6 90 16.3 4.2 1.1 0 0 78 0 0 0 Thürnen-Ost 0 0 4.7 0 0 0 Thürnen-West 0 0 34.1 0 0 0 Titterten 5 5.7 100.6 2.1 88.2 5 Wahlen 0 0 58.7 0 0 0 Waldenburg 58 96.1 579.4 12.5 60.3 10 1 1.4 62.9 0.8 70.2 1.6 Wintersingen 6 59.4 51.5 75 10.1 11.7 0 0 24.5 0 0 0 23 96.8 339.2 25.3 23.8 6.8 Ziefen 0 0 117.6 0 0 0 0 0 87.4 0 0 0 Zwingen 0 0 28.7 0 0 0

7221_ber_afw _290129_lef_Weiterentw icklung-Gamsmanagement vii