Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 1719 13. Wahlperiode 27. 01. 2003

Kleine Anfrage des Abg. Mario Capezzuto SPD und

Antwort des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport

Gewalt an Schulen im Schulamtsbereich Schwäbisch Gmünd

Kleine Anfrage

Ich frage die Landesregierung:

1. An welchen Schulen des Staatlichen Schulamts Schwäbisch Gmünd hat es von 1999 bis heute Gewaltanwendungen oder Bedrohungen von Schülern untereinander oder gegenüber dem Lehrpersonal gegeben?

2. Mit welchen Sanktionen wurden so auffällig gewordene Schüler von Sei- ten der Schule und der Polizei belegt?

3. Welche Maßnahmen zur Prävention und Intervention wurden an den Schu- len des Staatlichen Schulamts Schwäbisch Gmünd durchgeführt?

4. Wie viele und an welchen Schulorten werden Schulpsychologen/Schul- sozialarbeiter eingesetzt?

5. Welche weiteren Maßnahmen hält die Landesregierung angesichts der ste- tig steigenden Jugendkriminalitätsraten für dringend erforderlich?

27. 01. 2003

Capezzuto SPD

Antwort

Mit Schreiben vom 19. Februar 2003 Nr. 22–/6500.20/619/1 beantwortet das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Innen- ministerium und dem Sozialministerium die Kleine Anfrage wie folgt:

Eingegangen: 27. 01. 2003 / Ausgegeben: 27. 02. 2003 1 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 1719

Ich frage die Landesregierung:

1. An welchen Schulen des Staatlichen Schulamts Schwäbisch Gmünd hat es von 1999 bis heute Gewaltanwendungen oder Bedrohungen von Schülern untereinander oder gegenüber dem Lehrpersonal gegeben?

Zur Beantwortung wurden Befragungen von Schulen durch das Staatliche Schulamt Schwäbisch Gmünd, das Oberschulamt sowie eine Sonderauswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und Recherchen örtlicher Polizeidienststellen einbezogen.

Von den durch das Staatliche Schulamt Schwäbisch Gmünd befragten Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen wurden hinsichtlich der Bedrohung und Gewaltanwendung gegenüber Mitschülern und Lehrern von ca. 40 % der Schulen Fehlanzeige gemeldet.

Ca. 46 % der Schulen beschreiben Gewaltanwendungen und Bedrohungen von Schülern gegenüber Mitschülern als „alltägliche“ Regelverstöße.

In ungefähr 14 % der Schulen kam es zu – in der Regel – verbalen Entglei- sungen gegenüber Lehrpersonal. Tätlichkeiten mit Körperverletzung sind an einer Schule in Heidenheim (14-jähriger Schüler) und einer Schule in Schwä- bisch Gmünd (16-jähriger ehemaliger Schüler) zu konstatieren. Morddrohun- gen gegenüber Lehrkräften wurden an einer Schule in (15- und 16-jährige Schüler) bekannt. Gewaltstraftaten zwischen Schülern sind an Schulen in Jagstzell (7-jähriger Schüler), in (14-jähriger Schüler) und Giengen zu verzeichnen.

Gravierende Vorkommnisse von Gewaltanwendung von Schülern gegenüber dem Lehrpersonal an Gymnasien und beruflichen Schulen sind nicht be- kannt. Zu einem Fall von Körperverletzung zwischen Schülerinnen kam es an einer beruflichen Schule in Heidenheim.

Die Auswertung der örtlichen Polizeidienststellen weist für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2002 im Schulamtsbe- reich Schwäbisch Gmünd ca. 210 Straftaten im Bereich der gefährlichen Körperverletzung, Körperverletzung, Bedrohung und Raub/räuberischen Er- pressung vorwiegend von Schülern untereinander aus, wobei die Delikte im Bereich der einfachen Körperverletzung deutlich dominieren.

Eine dezidierte, schuljahresbezogene Erhebung wurde, zur Vermeidung einer übergroßen Arbeitsbelastung der Schulen, nicht durchgeführt.

2. Mit welchen Sanktionen wurden so auffällig gewordene Schüler von Seiten der Schule und der Polizei belegt?

Es wird auf die Beantwortung der kleinen Anfrage des Abgeordneten Hans Heinz CDU (Landtagsdrucksache 13/1417, Ziff.2) verwiesen.

3. Welche Maßnahmen zur Prävention und Intervention wurden an den Schu- len des Staatlichen Schulamts Schwäbisch Gmünd durchgeführt?

An den Schulen des Schulamtsbezirks Schwäbisch Gmünd werden eine gan- ze Reihe unterschiedlicher Präventionsprojekte durchgeführt: Neben speziel-

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len Grundschulprojekten, Programmen gegen sexuelle Gewalt und Suchtprä- ventionsprojekten, ist das 4-Stufen-Projekt des Ostalbkreises hervorzuheben:

1. Max Besser – ein Grundschulpräventionsprogramm 2. Sicherer Schulweg unter Berücksichtigung des Gewaltaspektes (Kl. 5), 3. Herausforderung Gewalt (Kl. 6/7), 4. Initiative Gewalt (Kl. 8/9).

Viele Präventionsprojekte (Streitschlichterausbildungen, Anti-Gewalt-Trai- ningsprogramme, Elternarbeit, Lehrerfortbildungen), sind Bestandteil von Programmen der inneren Schulentwicklung. Die Präventionsarbeit erfolgt häufig zusammen mit den Jugendsachbearbeitern der Polizei, der Koordina- tionsstelle Prävention des Landratsamtes sowie des Vereins „Tä- ter-Opfer-Ausgleich“ in Heidenheim oder in Kooperation mit den Fachkräf- ten der Schulen für Erziehungshilfe.

Das Staatliche Schulamt Schwäbisch Gmünd hat das sog. „Netzwerk P“ mit Vertretern des Staatlichen Schulamtes, der Polizeidirektionen und Hei- denheim sowie dem Leiter der Koordinationsstelle Prävention des Ostalb- kreises ins Leben gerufen. Netzwerkarbeit leisten auch 20 Runde Tische bei den Geschäftsführenden Schulleitern. Des Weiteren gibt es an allen Schulen (Grund- und Hauptschulen, Realschulen und Sonderschulen) des Ostalbkrei- ses und des Landkreises Heidenheim Kontaktlehrer/innen für Gewaltpräven- tion.

Die Jugendsozialarbeit an Schulen trägt sowohl durch die Förderung der indi- viduellen und sozialen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler als auch durch die Zusammenarbeit mit Schule und Eltern sowie den Institutionen im Gemeinwesen zum Abbau von Konfliktpotenzialen bei. Landesförderung er- halten insbesondere Schulen, die unter erschwerten sozialen und pädago- gischen Bedingungen arbeiten.

Die Polizeidirektionen Aalen und Heidenheim führten im Jahr 2002 im Be- reich des Staatlichen Schulamts Schwäbisch Gmünd 470 Veranstaltungen durch, in deren Rahmen über 13.000 Schülerinnen und Schüler erreicht wer- den konnten. Neben Einzelveranstaltungen sind zudem eine Vielzahl von Projekten unter Beteiligung des Sozialbereichs und weiteren Partnern gestal- tet worden. Eine erstmals im Jahr 2002 durchgeführte Erhebung zeigt, dass die Jugendsachbearbeiter der beiden Polizeidirektionen für Präventionsak- tivitäten an Schulen in dem genannten Jahr über 2.300 Stunden aufwendeten.

4. Wie viele und an welchen Schulorten werden Schulpsychologen/Schulsozi- alarbeiterinnen eingesetzt?

Die schulpsychologische Beratung im Schulamtsbereich Schwäbisch Gmünd übernimmt die Schulpsychologische Beratungsstelle in Aalen. An der Bera- tungsstelle arbeiten zwei Schulpsychologen. Unmittelbar an den Schulen er- gänzen Beratungslehrer, von den Schulpsychologen ausgebildet und kontinu- ierlich betreut, das Beratungsangebot der Beratungsstellen.

Im Schulamtsbereich Schwäbisch Gmünd hat das Land Maßnahmen der Ju- gendsozialarbeit an folgenden Schulen bewilligt:

– Bühlschule Giengen – Westschule Heidenheim – Schwageschule Giengen – Grund- und Hauptschule Buchenberg – Mozartschule Schwäbisch Gmünd-Hussenhofen – Rauchbeinschule Schwäbisch Gmünd – Bohlschule Aalen

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Zusätzlich sind dem Kultusministerium Maßnahmen der Jugendsozialarbeit an der Schillerschule Aalen, an der Hauptschule und an der Ag- nes-von-Hohenstaufen-Schule Schwäbisch Gmünd bekannt.

5. Welche weiteren Maßnahmen hält die Landesregierung angesichts der ste- tig steigenden Jugendkriminalitätsraten für dringend erforderlich?

Wegen der Darstellung laufender Maßnahmen, Kooperationen und Initiativen wird auf die Beantwortungen des Antrags des Abg. Georg Wacker CDU und der Kleinen Anfrage des Abg. Hans Heinz CDU (Landtagsdrucksachen 13/987 und 13/1417, Ziff.5) verwiesen.

Darüber hinaus wurde mit Ministerratsbeschluss vom 14. Januar 2003 eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung des Innenministeri- ums und Beteiligung von Justiz-, Sozial- und Kultusministerium sowie Ver- tretern der Kommunalen Landesverbände beauftragt, dem Ministerrat bis zum Sommer 2003 konkrete Handlungsvorschläge insbesondere

– zum Ausbau vernetzter, ursachenorientierter Prävention, einschließlich der Förderung innovativer Präventionsprojekte,

– zur frühzeitigen, differenzierten und behördenübergreifenden Intervention gegenüber tatverdächtigen Kindern und Jugendlichen und

– zur Gewährleistung einer konsequenten Strafverfolgung

vorzulegen.

Hierbei erscheinen insbesondere die Erfahrungen des Modellprojekts „Haus des Jugendrechts“ und des Initiativprogramms „Jugendliche Intensivtäter“ geeignet, zu einer effektiven, vernetzten und eng aufeinander abgestimmten Zusammenarbeit der mit Jugendkriminalität befassten Institutionen beizutra- gen, um Fehlentwicklungen im Sozialverhalten rechtzeitig zu erkennen und hierdurch langfristig eine Reduzierung der Jugenddelinquenz zu ermög- lichen.

Dr. Schavan Ministerin für Kultus, Jugend und Sport

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