TWEOLOGiSCI-IES Begründet von Wilhelm Schamoni Herausgegeben von Johannes Bökmann Beilage der »Offerten-Zeitung für die katholische Geistlichkeit Deutschlands« Jahrgang 17, Nr. 4 April 1987

INHALT Spalte Mein Blut, für euch vergossen Mein Blut, für euch vergossen 2 P. VIKTOR NOTTER SMB Das Himmelsopfer des chinesischen Kaisers und das Kreuzesopfer Christi 3 Weinet nicht über mich Weinet über euch und eure Kinder Bilder von Hortense von Gelmini 5 P. LOTHAR GROPPE SJ Vir vere Jesuita Zur Seligsprechung von P. Rupert Mayer SJ 11

Sondereinlage „Mariologisches" Zu dieser Ausgabe von „Mariologisches" M 21 Marianischer Weltkongreß 1987 in Deutschland M 21 Schreiben von Kardinal Casaroli an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz M 23 Internationaler Mariologischer Arbeitskreis M 25 JOSEF HECKENS „Er macht die Kleinen groß" Die Wallfahrt zum Gnadenbild der „Consolatrix afflictorum" in Kevelaer M 25 Ultramikroanalytische Aufnahme des „Turiner Grabtuches". Das Bild zeigt evident HEINRICH HERBERTS SVD Sporen, Pollen und Mineralien, darunter Eisen, das hinweist auf Blut. 70 Jahre Fatima M 29 (Bökmann) 1976 wurde das Turiner Grabtuch öffentlich im Dom ULRICH LANGE zu Turin gezeigt. Wir konnten es damals anschauen. Von 1976 — Die Mutter unseres Vertrauens M 33 1986 erfolgte eine sehr sorgfältige Untersuchung mit neuen wissen- EMMERAM H. RITTER schaftlichen Methoden und bemerkenswertem technischem Aufwand. Maria, Schutzfrau Bayerns Ergebnis: das Tuch enthält sichere Spuren geronnenen Menschenblu- 1987: 70 Jahre Fest Patrona Bavariae M 37 tes, das durch direkten Kontakt mit einem menschlichen Körper in das Gewebe gelangte. Auf einer Aufnahme mit Hämoglobin (farbig) Wallfahrt des IMAK M 43 wird dies präzise sichtbar. Sie wurde dem Hl. Vater übergeben. Denn Spendenaufruf für den Marianischen und das Tuch enthält den Gesamtabdruck eines gegeißelten und durch Mariologischen Weltkongreß in Deutschland M 43 Kreuzigung hingerichteten Mannes (Vorder- und Rückenseite), der Das Lehramt über Maria M 43 ',mit anatomischer Präzision den Berichten der Evangelien von der Passion Jesu Christi entspricht" (Prof. L. Gonella auf dem Sympo- GABRIELE VON HIPPEL-SCHÄFER Maria M 44 sion anläßlich einer eindrucksvollen Fotoausstellung über die Resul- tate der hochbedeutsamen Untersuchungen am 12. Februar in Mai- KARL BESLER land). Es gehört zu meinen tiefst bewegenden Erlebnissen, in Groß- Die Hölle ist nicht leer aufnahmen das heilige Antlitz mit Blutflecken am Kopf die große oder: Grenzen der Hoffnung (Schluß) Wunde an der Herzseite (unterhalb des Rippenbogens), die Wunden Fatima: Höllenvision mit endgültig Verworfenen 46 an der Handwurzel betrachtet zu haben. Wichtig ist, daß die Unter- suchung eine Dreidimensionalität des Abdrucks festgestellt hat, die J. BERND WITTSCHIER irgendeine künstliche Herstellung ausschließt. Auch daß das Zustan- Märtyrer 33/45: Franz Reinisch 51 dekommen des Bildes durch keine chemische oder physische Kausali- PROF. DR. WOLFGANG KUHN tät widerspruchsfrei erklärt werden kann, ist von großer Bedeutung. Die ‚Legende' vom leeren Grab Erneut muß auch hier gefragt werden: was muß, müßte man alles Unerträgliche tiefenpsychologische Besserwisserei 53 glauben, um nicht glauben zu wollen? Etwa die phantasievollen PROF. ALFRED PALKA Behauptungen einer neueren psychoanalytisch angeregten Schriftaus- P. Walbert Bühlmanns Traumfabrik 55 legung, die alle Wunderberichte der Bibel einschließlich des Berichtes Aus Zuschriften an den Herausgeber 58 vom leeren Grab als Legende abtut (siehe die Kritik von W Kuhn an E. Drewermann in diesem Heft). WILHELM SCHAMONI Wir aber haben geglaubt, und erkannt, daß dies ist Christus, der Hl. Johannes von Nepomuk 63 Sohn des lebendigen Gottes; und daß wir reingewaschen wurden im Bestellschein für Respondeo 63 Blut des Lammes. - 1 - - 2 - P. VIKTOR NOTTER SMB bevorstehende Opfergeschehen gerichtet sein4). Weder Fleisch, noch Wein, noch Gewürze kamen auf den Tisch, die Das Himmelsopfer des chinesischen Kaisers Mahlzeiten waren zu alledem äußerst eingeschränkt. Statt der und das Kreuzesopfer Christi seidenen Prachtgewänder trug er ein rauhes Leinengewand5). Den letzten Tag vor der Opferfeier hatte er aufjeden Fall fern L Einleitung von seinem gewohnten Palast in der Fastenhalle nahe der Nichts ist irriger als anzunehmen, im Konfuzianismus und Opferstätte zu verbringen6). Allen Gelüsten abgestorben soll Taoismus sei die ursprüngliche Religion Chinas am boden- er einen Zustand absoluter Leere und Stille erreichen. Nur so ständigsten erhalten geblieben. Der Konfuzianismus hat im ist er imstande, hellsichtig und hellhörig der höchsten Gott- Laufe der Jahrtausende die religiöse Weltanschauung der heit zu nahen, um das große Himmelsopfer würdig und Frühzeit umgedeutet') und der Taoismus konnte sich von segensreich vollziehen zu können. buddhistischen und anderweitigen Einflüssen nicht freihal- + Diese mehrtägige Disziplin, die sämtliche Sinnenfreu- ten. In der mehr als 4000jährigen Geschichte Chinas waren es den untersagt, mußte dem an jegliche Genüsse gewohnten sonderlich die Kaiser, die mit ihren religiösen Riten am treue- Kaiser fraglos bittere Qualen bereiten. Doch Christus hat im sten den ursprünglichen Glauben der Altvordern bewahrt Prätorium, bevor er das Kreuz bestieg, unvergleichbar mehr haben. Diese Tatsache ist für das Hineinwachsen des Chri- durchgelitten als der Kaiser in der Fastenhalle: Schmach, stentums in die geistige Welt Chinas von größter Bedeutung, Geißelung, Dornenkrönung, ganz zu schweigen, daß er kaum da die Kaiser das Rückgrat der chinesischen Kultur gewesen etwas zu essen oder zu trinken erhielt. sind. 3. Parallele: Das Opfer draußen vor der Hauptstadt Der höchste religiöse Akt, den die Kaiser mehrere Jahrtau- sende hindurch vollzogen haben, bildete das Opfer an den Him- Soweit geschichtliche Zeugnisse vorliegen, brachten die chi- mel. Im Oktoberheft (1986, Sp. 7310-7319) dieser Zeitschrift nesischen Kaiser das Himmelsopfer stets außerhalb der Haupt- besprach P. A. Macheiner SVD eingehend und mit Sorgfalt stadt dar, in unmittelbarer Nähe der (südlichen) Stadtmauer'). „Das Opfer des Himmelssohnes". So dürfen wir das Wesent- — Christus wurde draußen vor der Hauptstadt Jerusalem liche drüber beim Leser bereits voraussetzen. Indessen will gekreuzigt, in unmittelbarer Nähe der (nördlichen) Stadt- diese Studie eigens die Parallelen aufzeigen zwischen dem mauer. „Deshalb hat auch , um das Volk durch sein Blut Himmelsopfer und dem Kreuzesopfer Christi. Man darf füg- zu reinigen, außerhalb des Tores gelitten" (Hebr 13, 12). lich behaupten nirgends kann das Christentum an China so tief- 4. Parallele: Der Golgotha-,Hügel` greifend anknüpfen wie gerade beim kaiserlichen Himmelsopfer. Wir legen nun zwölf Parallelen vor, die aufzeigen, wie das eine Opfer dem andern vorbedeutend vorausging. II. Die zwölf Parallelen 1. Parallele: Der Sohn Gottes Der eigentlichste Name des chinesischen Kaisers ist ,Tian-ze, wörtlich ‚Himmelssohn' oder ,Gottes-Sohn', da der Himmel bei den Chinesen die oberste Gottheit bezeichnet. Als ,Got- tes-' oder ,Himmels-Sohn' erhält er vom göttlichen Himmel den Auftrag2), stellvertretend über alle Menschen der ganzen Erde zu walten, ohne selbst ein Gott zu sein3). + Während der chinesische Kaiser im uneigentlichen Sinne „Gottes-Sohn" genannt wird, ist Christus im wahrsten Sinne Gottes-Sohn, von Gottvater gez'eugt: "Er wird ... Sohn des Höchsten heißen. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Der Himmelsaltar in Peking Vaters geben ... und seiner Herrschaft wird kein Ende Das Himmelsopfer vollzog der Kaiser auf einem meist künst- sein ... Darum wird das Kind heilig und Gottes Sohn genannt lich aufgeworfenen Erdhügel, dem sogenannten ,Rundhügel', werden" (Lukas 1, 32 ff). yuan qiu8). Der heutige ,Rundhügel', der Himmelsaltar in Als Stellvertreter des Himmels muß sich der Kaiser in all Peking, früher außerhalb der Stadt, ist mit seiner weiß-schim- seinem Tun nach dem ,Willen des Himmels' (Tian-yi) richten mernden Marmorpracht 1420 nach Christus vollendet wor- — ein Ausdruck, der in den Opfertexten wiederkehrt — den. Er "zählt zu den schönsten Schöpfungen menschlichen ansonst er aufhört, Stellvertreter, Sohn des Himmels und Geistes aller Zeiten und aller Ländera8). In drei Terrassenstu- damit rechtmäßiger Kaiser von China zu sein, ein urchinesi- fen verjüngt er sich zur obersten dritten Terrasse,-dem eigent- sches Staatsgrundgesetz. lichen Opferplatz auf ca. 4,60 m Höhe und 27,40 m im Durch- + Christus sagt im obigen Sinn zu den Juden: „Ich bin im messer16). Dieser ‚Rundhügel' war Chinas heiligster Ort auf Namen meines (himmlischen) Vaters gekommen" (Joh 5, 43), Erden und zugleich der Mittelpunkt der Welt, weil sich hier beim "nicht um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, Opfer Himmel, Mensch und Erde begegnen. der mich gesandt hat" (Joh 6, 38). + Für uns Christen gilt der Golgotha-,Hügel` — heute innerhalb der Grabeskirche nur noch ein Felsblock von fünf 2. Parallele: Christi Leiden im Prätorium des Pilatus bis sechs Meter Höhe, Länge und Breite") — als die heiligste Entsprechend den Opferriten, die jedoch nicht immer genau Erhebung und zugleich das Zentrum der Welt, weil auf dieser klei- eingehalten wurden, ging dem Himmelsopfer ein zehntägiges nen Anhöhe Christus für alle Völker sein Sühnopfer dar- Reinigungsfasten voraus: nämlich ein sieben Tage vorberei- gebracht hat. tendes und drei Tage strenges Fasten. Während der letzten drei Tage strengen Fastens — auf das wir uns allein beschrän- 5. Parallele: Das Kreuzesopfer unter freiem Himmel ken — mußte der Kaiser ein überaus empfindliches Opferle- Das Himmelsopfer fand immer unter freiem Himmel statt. ben führen: durfte keiner Frau nahen, nichts Unnötiges reden, Christus hing unter freiem Himmel am Kreuz, wo er starb. sehen, keine Musik anhören, sein Geist soll ganz auf das (Fortsetzung Spalte 7) — 3 — — 4 — Weinet nicht über mich Weinet über euch und eure Kinder

Zu nebenstehendem Bild: (Bökmann) Nicht der brutal-materielle, biolo- gische Tod, nicht der äußerlich drastische Charakter der Leiche stehen — obgleich unabgeschwächt gezeigt — hier im Blick. Der heilige Leib — schon eingehüllt von göttlicher Lichtaura — wird in Liebe von der hei- ligen Mutter empfangen. Schon wird alles von oben überstrahlt, aufgehoben in den Sieg von Gottes Geist und Kraft: „Wenn aber dies Verwesliche die Unver- weslichkeit anzieht, dann ist das Wort erfüllt, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg?" (1 Kor 15, 54J)

Das Kreuzabnahmebild von Hortense von Gelmini wurde ent- nommen dem schönen Büchlein: Mit offenen Armen — Meditation zur Kreuzabnahme Jesu, von Hortense von Gelmini undJosef Sud- brack, Grünewald Verlag Mainz 1987.

Zum Bild unten: Im Zusammenbruch unter dem Kreuz, dem ersten Fall, wird hier, nach Art einer Prostratio mit dem Kreuz, anschaubar: durch seinen Fall hat er unseren Sünden-Fall getragen und gesühnt.

Aus der kleinformatigen Broschüre: Der mich liebt und ruft — Kreuzweg, Bilder: Hortense von Gelmini, Text: Emil Spath, Infor- mationszentrum Berufe der Kirche, Freiburg 1987.

5 — 6 — (Fortsetzung von Spalte 4) allein das Himmelsopfer im Namen aller Völker darbringen darf. 6. Parallele: „Finsternis brach über das ganze Land herein" + All die Machtvollkommenheiten und Vorrechte des chinesischen Kaisers kommen in erhabenster und vollkom- Die kaiserlichen Opferhandlungen wurden in der längsten menster Weise Christus zu. „Denn es ist (nur) ein (eis) Gott Nacht der Wintersonnenwende am 22. Dezember gefeiert, und und ein (eis) Mittler zwischen Gott und den Menschen: Chri- zwar zwischen Mitternacht und kurz vor Sonnenaufgang12). stus Jesus, der Mensch, der sich selbst zum Lösegeld für alle Während Christus am Kreuze hing „brach eine Finsternis dahingegeben hat" (I Tim 3, 5-6). Christus ist „der König der (Nacht!) über das ganze Land herein bis drei Uhr nachmit- Könige, der Herr der Herren" (1 Tim 6, 15). Und weit erhaben tags" (Matth 15, 33), d. h. bis Christus verschied und das Erlö- über dem Kaiser war die Wundermacht Christi unbegrenzt, sie sungsopfer vollbracht war. beherrschte mit gleicher Souveränität alle Bereiche der Natur. Mit Christus setzt die Zeitenwende des Neuen Bundes ein, wie bei der Wintersonnenwende das Längerwerden des lichten 10. Parallele: Christus das makellose Opfer Tages. „Wenn die Sonne die Wintersonnenwende erreicht Unter den manigfaltigen Opfergaben an den Himmel bildet hat, so naht die Kraft des Lichten und regt sich, um (Leben) zu die Hauptopferspende ein Jungstier 19). Absolute Vollkom- zeugen", steht im „Buch der Riten", verfaßt während der letz- menheit in bezug auf Größe, Leibesbeschaffenheit und Farbe ten 500 Jahre vor Christus"). der Haare waren für das Opfertier gefordert. Selbst ein wenig 7. Parallele: Christus, das Lamm Gottes von Mäusen angenagte Hörner machten das Tier als Him- Als herkömmliche Opferkleidung des Kaisers diente ein melsopfer völlig untauglich"). Der Kaiser selbst mußte vor dunkles Pelzgewand aus schwarzem Lammfell, das allgemein der Opferfeier fasten und sich baden'). Denn alles hatte völlig als „das Große (= hochfestliche) Pelzkleid" genannt wurde. rein und vollkommen zu sein. „Beim Opfer für den Erhabenen Himmel und obersten Herr- + Im Unterschied zum Kaiser ist Christus selbst die sich scher gilt als (vorgeschriebene) Kleidung das Große Pelzge- hingebende reinste Opfergabe. Der Hebräerbrief betont, daß wand und die Krone", bestimmen die Dschou-Riten"). Dazu Christus „kraft des ewigen Geistes sich Gott zum makellosen erläutert der große Kommentator Dscheng X uan (t 200 n. Opfer darbrachte" (9, 14), Er ist „das Lamm ohne Fehl und Chr.): „Das Große Pelzkleid ist ein schwarzes Lammfellge- Makel" (1 Petr 1, 19), mit andern Worten: „er selbst ist ohne wand (hei geo qiu fu), um beim Himmelsopfer die (natürliche) Sünde" (1 Joh 3, 5). Einfachheit zu bekunden"15). Diese Einfachheit soll unter den Und wenn das Opfertier ein Jungstier sein mußte, so ist vielen Tierfellen gerade das Lammfell zum Ausdruck brin= Christus nicht als alter Mann gestorben, sondern im blühend- gen, denn das Lamm „gilt (in China) als Symbol kindlicher sten Mannesalter, zwischen 33 und 35 Jahren. Pietät (xiao), da es kniet, wenn es an der Mutter säugt"16); und 11. Parallele: Christus das Sühnopfer „die kindliche Pietät galt ... als die höchste moralische Pflicht jedes Chinesen"17 ). Beim Kaiser, als Sohn des Himmels, wäre Seit Urzeiten haben die Kaiser Chinas das Himmelsopfer mit dann das Lammfell erst recht eine sehr sinnvolle Kleidung, als Gebet begleitet. Aus den zahlreichen Dynastien werden uns Kennzeichen der Sohnespflicht der Ehrfurcht und Ergebenheit dem eine Vielfalt von Opfertexten überliefert"). Im wesentlichen Himmel gegenüber. drehen sich die Bitten um Sicherung des Kaiserhauses und um + Christus ist „das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Frieden und Wohlergehen des Reiches. Hingegen sind beson- Sünde der Welt" (Joh 1, 29). Christi Sohnespflicht der Ehr- ders zwei Opfergebete allgemein bekanntgeworden, da sie im stehen, im letzten Kapitel der furcht und Ergebenheit dem Willen seines Vaters geht im meistgelesenen Buch Chinas Unterschied zu jener des Kaisers von China so weit, daß er sich ,Gespräche des Konfuzius'. Es handelt sich um die beiden als das Osterlamm hinopfern ließ zur Sühne der Sünden aller. Ange- Gebete der Könige Tang und Wu. lautet sichts dieses sich hingebenden Opfertodes rufen die Engel im • Das Gebet des Königs Tang (t um 1750 vor Christus) folgendermaßen (wir bringen nur die für uns einschlägigen Himmel: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Stellen): „Ich, dein geringer Sohn Lü (Vorname des Tang), Ehre, Herrlichkeit und Lob" (Geheime Off 5, 12). wage (als Opferspende) mich eines schwarzen Rindes zu bedienen. Ich wage es, dir offen kundzutun, Hocherhabener 8. Parallele: Christus mit der Dornenkrone Gebieter Gott ... Habe ich Sünden begangen, dann rechne sie Während der Opferfeier trug der Kaiser die Herrscherkrone, an nicht den (Menschen der) ungezählten Gegenden an. Haben der zwölf Nephritperlenkettchen vor der Stirn und zwölf jedoch die (Menschen der) ungezählten Gegenden Sünden Nephritperlenkettchen hinten herabhingen'a). begangen, so nehme ich ihre Sünden auf mich""). Der letzte + Auch Christus trug eine Königskrone, die jedoch zum Satz kann im Chinesischen auch heißen: „Die (Menschen der) blutigen Opferritus unvergleichlich wahrhaftiger und er- ungezählten Gegenden haben Sünden begangen, ich nehme schütternder wirkt als jener Kopfschmuck des Kaisers. ihre Sünden auf mich", ein Wortlaut, wie er im Munde des Denn Christus hat durch sein Blut die beiden Teile, jenen des gekreuzigten Jesus nicht treffender hätte formuliert werden Alten Bundes mit den zwölf Stämmen Israels, und jenen des Neuen können. Bundes, „aufgebaut auf dem Fundament der (zwölf) Apostel"(Eph • Dasselbe gilt auch vom Opfergebet des Königs Wu (t um 2, 20) wirklich zu einem gemacht. „Er versöhnte die beiden 1122 vor Christus): „Wenn das Volk Fehler hat, dann mögen durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib ... und ver- sie auf mich den einen Menschen kommen". Auch da ist die kündete Frieden" (Eph 2, 16 . Übersetzung möglich: „Das Volk hat Fehler, sie mögen auf mich den einen Menschen kommen"24), d. h. ich allein nehme .9. Parallele: Christus, der einzige Mittler, König und Hohepriester die Verantwortung auf mich und werde für all ihre Vergehen Entsprechend der Weltanschauung der Chinesen gibt es nur Sühne leisten. Schonungsvoll nennt König Wu die Vergehen einen rechtmäßigen Kaiser auf Erden, der im Auftrag des Him- seiner Untertanen ‚Fehler', in typisch chinesischer Haltung, mels über alle Menschen innerhalb „der vier Meere", d. h. des um vor Gott ihr Gesicht zu wahren. ganzen Erdkreises waltet. Er allein "kann mit dem Himmel in • Bereits Jesaias prophezeit vom Messias: „Gott legte auf unmittelbare Verbindung treten und direkten Einfluß auf die ihn die Sündenschuld von uns allen" (53, 6). So „gefiel es Gott Naturphänomene ausüben, die sich den Menschen offenba- ... durch ihn alles mit sich zu versöhnen, was auf Erden und ren""). Als höchster Herrscher ist er zugleich Hohepriester, der im Himmel ist, da er durch sein Blut am Kreuz den Frieden - 7 - - 8 - begründete" (Kol 1,18). „Gott hat uns geliebt und hat seinen Sohn 2) „Tian-ming": wörtlich der himmlische Auftrag, die göttliche Order an den gesandt als Sühnopfer für unsere Sünden" (1 Joh 4, 10). Kaiser. 3) Wohl mit Ausnahme des Kaisers Qin Shi-huang-di (221-209v. Chr.), der + Es ist ein ganz augenscheinlicher Akt der Vorsehung, „sich tatsächlich mehr als Gott denn als Mensch fühlte" (W. Eichhorn: Die daß im berühmtesten und vertrautesten Buch Chinas zwei Religionen Chinas, Stuttgart, 1973, S. 101). — „More than anything else, the Könige des Altertums beim Himmelsopfer ihre Bereitschaft zur (divine) Mandate of Heaven was invested in the office of the throne, rather stellvertretenden Sühne für ihre Völker bezeugen. Denn diese than in the person of die ruler. lt was die possession of the office, as symboli- denkwürdigen Dokumente sollen die chinesische Nation zum zed by the performance of the sacrificial rites to Heaven and Earth, that impar- ted a sacred charakter to the person of the ruler" (C. K. Yang: Religion in Chi- tieferen Verständnis der stellvertretenden Sühne Christi vor- nese Society, Los Angeles, 1961, S. 133). bereiten und zwar auf eine so vollendete Sühneleistung, wie 4) „Er enthält sich der Wollüste. Die Ohren hören keine Musik ... Er erlaubt sie kein chinesischer König für seine Schutzbefohlenen gelei- sich nicht, den Geist zu zerstreuen, sein Herz sinnt nicht leichtfertigen Dingen stet hat, noch hätte leisten können. nach, sondern es muß der ‚göttlichen Sittennorm' (Dao) entsprechen. Hände und Füße bewegt er nicht ungehörig, sondern nach den Regeln der Riten. So wird der Fürst beim Fasten in besonderer Weise zu höchster (jing ming) 12. Parallele: „Dies ist mein Fleisch und dies ist mein Blut" Tugend gelangen" (Buch der Riten: Li-ji: 8 juan, 25 ji tung, ca. 500 Jahre vor „Nach uralter Tradition nahm der Kaiser (gegen Abschluß Chr., von uns aus dem Urtext übersetzt). des Himmelsopfers) von einem Beamten ein wenig Wein und 5) Wieger, Leon: Histoire de Croyances religieuses et des Opinions philoso- Fleisch von den (dargebrachten) Opfergaben entgegen und phiques, I vol., Hien hien 1927, S. 99. 6) D. G. Smith: Chinese Religions, Taipei 1969, S. 143. Siehe auch das Buch genoß es. Der Rest wurde später unter den (Prinzen und) der Riten: Der Fürst „fastet sieben Tage und übernachtet (in der Fastenhalle) Palastbeamten verteilt. Dies nannte man Teilhaben am ,Wein drei Tage. Dies ist äußerste Achtsamkeit" (in bezug auf das nachfolgende und Fleisch des Glücks'«25). Denn in China heißt das Opfer- Opfer): Li-ji 5 juan, 10 li qi, von uns aus dem Urtext übersetzt). fleisch "Glücksfleisch" (fu-rou) und der Opferwein "Glücks- 7) Darum heißt das Himmelsopfer abgekürzt Jiao-tian, wörtlich „Stadtrand Himmel"('s Opfer). wein" (fu-jiu)"). Und die Beamten, die die Opfergaben dem 8) Weil der Himmelshorizont kreisrund ist. Der Altar der Erdgottheit im Nor- König überreichten, hießen „Glücksbringer"27). den der Hauptstadt war viereckig, weil die Erde von den vier Meeren umspült + Die kaiserlichen Opfergaben von Fleisch und Wein sei. waren vorbedeutend für Christi Leib und Blut, weil er sie im 9) E. Fürholzer: China, Land und Volk, Frankfurt a. M. 1954, S. 60. 10) Die unterste Terrasse mißt 64 m, die mittlere 45,7 m und die oberste Anschluß an seinen Opfertod als Opferspeise und Opfertrank 27,4 m im Durchmesser. (in der Gestalt von Wein) eingesetzt hat: Dies ist mein Leib, 11) H. M. Wilmes: Im Land des Herrn, Werl/Westfalen 1979 S. 101. Der Gol- der für euch hingegeben wird, dies ist mein Blut, das für euch gotha-Hügel muß sehr niedrig gewesen sein, da die Evangelisten nie von vergossen wird (Lk 22, 19 f). Außerdem bilden sein Fleisch einem „Hügel" oder gar einem „Berg" sprechen, sondern von „einem Ort" der und sein Blut insofern "Glücksfleisch" und „Glückswein" als Golgotha heißt. 12) Nach Wieger „nach Mitternacht" S. 45 (siehe Anm. 5!). Zur Zeit der Liu- Christus versichert: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, Sung Dynastie (420-478 n. Chr.) um drei Uhr morgens (Eichhorn, S. 171: siehe hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Jüng- Anm. 30. Während der ganzen Opferfeier waren die Opfernden nach Norden sten Tag" (Joh 6, 54). zugewandt. Christus wurde außerhalb der Nordmauer Jerusalems gekreuzigt. 13) Da Dai Ligi: 22. Kp. Hia Siao Dchen, übersetzt von R. Wilhelm: Li Gi, HI. Schlußwort Jena 1930, S. 243, niedergeschrieben ca. in den letzten 500 Jahren vor Chri- stus. Fast gleich äußert sich der berühmte Geschichtsschreiber Se-ma Qian Die Vergleiche zwischen dem Himmelsopfer des chinesi- (t 86 vor Chr.). schen Kaisers und dem Kreuzesopfer Christi bilden nur einen 14) Zhou-li (nicht zu verwechseln mit dem Buch der Riten): juan 21, si fu kleinen Ausschnitt aus all den religiös-sittlichen Grundwahr- (von uns aus dem Urtext übersetzt), niedergeschrieben während der letzten heiten und Riten Chinas, die sich mit christlichen Wahrheiten 500 Jahre vor Chr. 15) Zhou-li: juan 7, si qiu (siehe Anm. 140. zum Teil eng berühren, zum Teil völlig decken. „Ich bin nicht 16) W. Eberhard: Lexikon chinesischer Symbole, Köln 1983, S. 249. gekommen, das Gesetz und die Propheten abzuschaffen, ich 17) Ebd. S. 138 (siehe Anm. 16). bin gekommen sie zu erfüllen" (Mat 3, 17). Diesen Grundsatz I 7a) „Am ehrwürdigsten Altar angekommen ... trägt er die Krone mit den 12 des Herrn überträgt das Zweite Vatikanische Konzil auf alle Perlengehängen, die der Himmelszahl entsprechen", d. h. den 12 Sternbil- dern des chinesischen Tierkreises (Monaten) und den 12 Stunden des Tages, echten religiösen Werte und Brauchtümer eines jeden Volkes denn Altchina teilte den Tag in 12 Stunden. Kungfutse, Schulgespräche (Gia der Erde. „Gottes Vorsehung, der Erweis seiner Güte und Yü) 7,29 (nicht zu verwechseln mit dem Buch ,Kungfutse, Gespräche' (Lun seine Heilsratschlüsse erstrecken sich auf alle Menschen ... Yü). Von uns aus dem Urtext übersetzt. deren Handlungs- und Lebensweisen, Vorschriften und Leh- 18) L. J. Bilsky: The State Religion of Ancient China, Taipei 1)73. II. Bd., S. ren ... nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen las- 298, nach der Lehre des berühmten Konfuzianers Dong Zhong-shu (t 104 vor Chr.). Allerdings meint Dong, daß der Kaiser über die Nichtchinesen keine sen, die (in der Person Christi) alle Menschen erleuchtet" absoluten Machtbefugnisse besitze, offenbar angesich> der zwei oder drei (Vat. II: Die Erklärung der Kirche zu den nichtchristlichen Jahrhunderte vor ihm erbauten Großen Mauer, die China gegen die fortwäh- Religionen, Abschnitt 1 u. 2). renden Einfälle der Hiung-nu Nomaden schützen sollte. + Ein eindrucksvolles Beispiel dafür bietet das Himmels- 19) Nach „Kungfutse Schulgespräche" (Gia Yü) 19,5 scheint die Hirse „die vorzüglichste" Opfergabe auf dem Himmelsaltar zu sein; doch gemeint ist opfer im Reich der Mitte, dem das Christentum durch Jesus wohl „die vorzüglichste" unter den fünf Feldfrüchten, die im vorausgehenden Christus den vollen und letzten Sinn verleiht. Satz erwähnt werden. Wohl nirgends auf der Welt findet sich ein "heidnisches" Hei- 20) Legge: Ch'un Ts'ew pp. 292, 362, 790,793; Kung-yang-chuan p. 35; Dong ligtum, das derart deutlich bis in alle Einzelheiten auf das Zhong-shu: Ch'un-ch'iu Fan-lu II. 345-47; Legge: Li Ki XXVII, 416. 21) Menzius (t 289 vor Chr.) 4. Buch (Li-lou 25): „Mag einer ein Übeltäter Kreuzesopfer Christi vorbedeutend hinweist, wie der herr- sein, wenn er jedoch fastet und badet, darf er Gott (shang-di) opfern". liche Himmelsaltar in Peking, mit seinen vergangenen Feiern. 22) Kaiserliche Opfergebete zweier Jahrtausende, ausgewählt in „Heng Yi", Allein, wie eine noch so prächtige Blüte verwelken muß, um Jahrg. 21, 1971 (Taipei), Hefte 3-6, im Urtext. der aus ihr wachsenden arteigenen Frucht Platz zu machen, so 23) Von uns aus dem Urtext übersetzt. 24) Von uns aus dem Urtext übersetzt. Nach dem Kommentar Ho Yan (t 249 hat auch gleicherweise das Vorbild der Erfüllung und Vollen- nach Chr.) aus einem Opfertext. dung durch Jesus Christus zu weichen, nicht zum Nachteil der 25) J. Bredon - I. Mitrophanow: Das Mondjahr, Berlin 1937, S. 74. Völker Chinas, sondern „damit sie das Leben haben und es in 26) Wein aus Hirse oder Reis war das unerläßliche Trankopfer bei allen Fülle haben" (Joh 10, 10). Opferzeremonien. 27) Dschou-Riten (nicht zu verwechseln mit dem Buch der Riten!): Zhou-li Anmerkungen juan 4, shan fu (ca. während der letzten 500 Jahre vor Christus), von uns aus 1) Gelehrte wie Dai Dscheng (t 1777 nach Chr.), Li Gung (t 1733) und dem Urtext übersetzt. andere setzen sich für den ursprünglichen Konfuzianismus des ersten Jahrtau- Die Adresse des Autors: P. Viktor Notter, 95014 Taitung, 24 Hang-chow Street, sends vor Christus ein. TAIWAN - Republ. of China — 9 — — 10 — P. LOTHAR GROPPE SJ Geheimnisse Gottes" und damit die Menschen „in ihren Angelegen- heiten bei Gott" verlieren. Vir vere Jesuita 6. Das Geheimnis seiner Persönlichkeit, sein Ernst; der überna- Zur Seligsprechung P. Rupert Mayers SJ türliche Gnadengehalt seiner Heiligkeit: sein unbedingter, selbstlo- ser, zum letzten Opfer entschlossener Einsatz, kann nur dankbar (Bökmann) Die Vergegenwär- gegen den Quell alles Guten bewundert und geachtet werden. Der tigung von Leben und Werk des Selige möge fürbittend unserer Armut gedenken! neuen deutschen Seligen wird jeden unmittelbar bewegen, ja — Man kann den neuen Seligen wohl am prägnantesten als im Aufschwung zum Heiligen — vir vere Jesuita charakterisieren, wie sie der Orden in seiner ergreifen. Es gilt jedoch, einer zu langen Geschichte immer wieder hervorgebracht hat. raschen Assimilation und damit Das Sonntagskind Rupert Mayer wurde am 23. 1. 1876 als Auswahl des Zeitumfeldes, Den- zweites Kind einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie gebo- kens und Handelns einer so tief in ren und hatte noch fünf Geschwister. Die Gymnasialjahre ver- sehr verschiedene Phasen unserer brachte Rupert in Stuttgart und Ravensburg. In seinen letzten deutschen Geschichte und der Schuljahren wurde er durch ehemalige Jesuitenschüler mit Kirche verwobenen Person wie P. der Gedankenwelt des Ordens vertraut und beschloß, sich Rupert Mayers, sich zu enthalten. ihm anzuschließen. Allein, seine Eltern wollten bei aller Heiligkeit und Charakter werden Frömmigkeit hiervon nichts wissen. Sie schlugen ihm mehr- nur erfaßt in der unverkürzten mals vor, zunächst einmal Weltpriester zu werden und dann Wahrheit der Geschichte, so wie den Schritt noch einmal zu überdenken. Rupert willigte ein sie wirklich war. Nur daraus ist auch das Exemplarische für uns zu und hat dies nie bereut. Obwohl von eher zarter Gesundheit, erheben. Einige Punkte hier dazu. war der Selige ein tüchtiger Sportler und hatte schon früh 1. P. Rupert M. war ein entschiedener Patriot. Durchgehend: zur schwimmen, fechten und reiten gelernt. Später galt er als einer Kaiserzeit, im 1. Weltkrieg, danach, in der Nazizeit, in der Unter- der besten Reiter seiner Division. Nach dem Zeugnis seiner drückung und dann auch danach. Angesichts heutiger Geschichtsver- Mutter war Rupert auch ein guter Geigenspieler. Aber nach gessenheit — bis zum Identitätsverlust — kann diese sittlich verstan- dem Eintritt in den Orden rührte er nie mehr seine Geige an. dene (auf Dankbarkeit und Pflichtbewußtsein gegründete) Vater- Rupert begann die Studien in Fribourg, setzte sie dann in landsliebe an für den Christen Unverzichtbares erinnern. Heute ist München und Tübingen fort. Stets schloß er sich einer katho- eine etwas abstrakte Fernstenliebe gängig. Sie korrespondiert bezeich- lischen Verbindung an. Seinen großen Freundeskreis suchte nenderweise mit einem Defizit an Solidarität mit Landsleuten und er für ein Leben aus dem Glauben zu gewinnen. Trotz zähen den Rechten des eigenen Volkes. Deshalb werden entsprechende Fleißes fiel die Abschlußprüfung nicht so aus, wie Rupert es Pflichten wenig erkannt; kollektive Versorgungsforderungen an eine erhofft hatte. Schuld daran waren wohl seine Nervosität und anonyme „Gesellschaft" gestellt. P. Ruperts Haltung ergreift hier wie mangelndes Selbstvertrauen. In seiner Beurteilung beim Ein- eine Erholung und Gesundung. tritt ins Priesterseminar heißt es: „Talent mittel, Fleiß lobens- 2. P. Mayer war ein herausragend tapferer Soldat und beispielhaft wert, Verhalten musterhaft."1) helfender Kamerad. Sein freiwilliger, in jeder Hinsicht ausgezeichne- Am 2. Mai 1899 wurde Rupert Mayer durch den berühmten ter Einsatz stellte ihn stets in die vorderste Linie: „Wir stehen in sei- Bischof Keppler, einen Freund der Familie, zum Priester ner Hand. Haltet aus, Kameraden, tut eure Pflicht, wie es sichfür geweiht. In seiner Primizmesse schloß der Prediger mit den Soldaten gehört." Er wurde schwer verwundet. Er war allen ein Vor- Worten: bild. Er beweist — mit vielen anderen heiligmäßigen Soldaten der „Mögen Sie am Ende Ihres Lebens sagen können: Durch meine Schuld Geschichte —, daß Christsein mitten im Krieg und als kämpfender ist niemand verlorengegangen. Ich habe mich der Armen und Verlas- Soldat authentisch möglich sind. Pazifisten können deshalb auch senen mit besonderer Liebe angenommen . . . Ich habe zu den Kranken heute kein sittliches Monopol beanspruchen. Beim Glaubwürdig- meine Schritte gelenkt, so oft ich konnte. Es war mir kein Weg zu weit keitstest sollten sie am sittlichen Maßstab eines P. Mayer gemessen und keine Stunde zu unbequem bei Tag und bei Nacht. . . Ich habe nie werden (Vernünfteleien helfen da wenig). geschwiegen, wo ich reden sollte. Ich habe nie geredet, wo ich schwei- 3. P. Rupert war aktiver Vorkämpfer gegen rote Revolution und gen sollte. Menschenfurcht war nie von Einfluß auf mein Tun und Nationalsozialismus, unter Beibehaltung einer tiefen patriotischen Lassen. Mein ganzes Streben ging dahin, zu tun, wozu ich von Gott Grundhaltung. Er war nicht blind, hat nicht geschwankt, nicht tak- gesandt worden bin." 2) tiert, nicht mitgemacht, nicht irgendein selbstformuliertes „kleineres Wohl kaum jemals dürften die Worte einer Primizpredigt bes- Übel" gewählt. Stellen wir heute nicht in Massen-Wellen die Zeit- ser in Erfüllung gegangen sein als bei Rupert Mayer. geist-Mitläufer fest — und deren artistisch wandlungsfähige Vorreiter und Agenten? Nach einjähriger Vikarszeit bat Rupert Mayer um Auf- 4. P. Mayer war ein Mann rastloser Nächsten-Liebe und ganz nahme in den Jesuitenorden. Dieser war zwar damals durch konkreter Caritas i.S. eines Not- und Sach- wie Seelen-nahen Hel- Reichsgesetz verboten, aber dies focht den jungen Vikar nicht fens. Von Tür zu Tür direkt zum Menschen. Unsere Welt-Hilfswerke, an. Zwar hatte er zunächst Bedenken wegen seiner eher Geld sammelnd, viel Entwicklungshilfe machend: ist das nicht ein durchschnittlichen Begabung. Doch sein Seelenführer sagte völlig anderer, dem Christlichen weniger naher Stil? ihm, ein gesunder Menschenverstand reiche völlig aus, um 5. Er war ein heiligmäßiger Beter, Priester, Spender der Gnaden den Anforderungen des Ordens in geistiger Beziehung zu und Sakramente Christi, ein Mann herber Askese. Die andauernde genügen. Ignatius selbst war ja nicht gerade Wissenschaftler. tiefe Achtung, ja Verehrung gegenüber diesem Priester widerlegt die Von ihm stammt das Wort: „Lieber ein gesunder Esel als ein oberflächlich-ignorante Behauptung von dem früher angeblich als kranker Löwe". Bischof Keppler ließ seinen jungen Vikar nur herrscherlich überhöhten oder altmodisch-patriarchalischen Priester- ungern ziehen. Dessen Pfarrer stellte ihm das Zeugnis aus, daß bild, das ihn den Menschen entfremde. Eine heute vorgestellte nivel- „sein Verhalten und sein Wirken während seiner Verwen- lierende „Partnerschaft" des Priesters, die — oft aus verunsicherter dung in Spaichingen alles Lob verdienen.") Schwäche in Glaube und priesterlicher Haltung— sich die Menschen Rupert Mayer trat in Tisis/Vorarlberg ins Noviziat ein. Nach nahe bringen will, kann leicht die Anziehung als „Verwalter der dem ersten Jahr kam er zur Vervollständigung seiner Studien

- 11 — - 12 - nach Valkenburg. Vor allem mit der abstrakten Philosophie Katholikentag 1913 in Metz. Nach einem Bericht der tat er sich recht schwer und vor seiner ersten Predigt war ihm „Münchner Post" vom 23. 8. 1913 sagte er dort: auch recht bange. „Bei der Frage der Neueinwanderung in die Stadt stehtftir die katho- Nach Beendigung des Tertiats wurde er für die praktische Seel- lische Kirche ein Lebensinteresse auf dem Spiel. Es handelt sich um das sorge bestimmt, die ihm auf den Leib zugeschnitten war. Seelenheil von Zehntausenden, ja Hundertausenden. Nach kurzer Zeit Zunächst wurde er Volksmissionar beim damals berühmten ist die größere Zahl der in die Stadt Eingewanderten in religiösen Din- P. Aschenbrenner, der lange in England und den USA gewirkt gen zum mindesten furchtbar gleichgültig geworden. Der Hebel zur Bes- hatte. Aber schon wegen des erheblichen Altersunterschiedes serung muß auf dem Lande angesetzt werden, hier ist der springende waren Meister und Geselle nicht immer einer Meinung. Wohl Punkt. Wenn die Leute nicht vorbereitet in die Stadt kommen, dann ist mit darauf spielte P. Mayer anläßlich seines 40jährigen Prie- hier die Mühe zum größten Teil umsonst. Aufklärung der Undlichen sterjubiläums an, als er von einer „Kette von Kampf und Aus- Bevölkerung über die wirtschaftlichen, sozialen und sittlichen Gefahren einandersetzungen" sprach. Er blieb aber seinem älteren Mit- der Stadt, durch die Presse und die Organisationen, tut not." bruder und Lehrmeister zeitlebens dankbar. • Angesichts des steigenden Materialismus um die Jahr- • 1912 wurde Rupert Mayer nach München versetzt, der hundertwende erkannten einige Priester die Notwendigkeit Stadt, die er am meisten geprägt hat und durch die er auch sel- der Förderung und Entfaltung der Familien. Es waren dies in ber am stärksten geformt wurde. Er sollte sich der Zuwanderer München Msgr. Carl Walterbach, Anton Pichlmair und annehmen, die in einer Stärke von durchschnittlich 23 000 all- P. Rupert Mayer. Sie gründeten die „Schwestern von der hl. jährlich in die Landeshauptstadt kamen. Sie sollten in der Familie". P. Mayer wurde und blieb bis zu seinem Tod ihr Spi- Großstadt eine neue Heimat finden und dort. auch religiös ritual. Die Schwestern sollten Heime für erwerbstätige Frauen verwurzeln. München hatte damals 569 000 Einwohner. Von und Mädchen leiten. Ihnen blieb der Selige in besonderer ihnen waren nominell 490 000 katholisch, 87 000 evangelisch, Anhänglichkeit verbunden und sie betrachteten ihn schon zu 11 000 jüdisch und 9 200 ohne Bekenntnis.4) seinen Lebzeiten als Heiligen. Immer wieder betonte er in sei- 1911 beim deutschen Katholikentag in Mainz hatte der junge nen Unterweisungen, „alles Harte und Abstoßende in eine lie- Speyerer Bischof Faulhaber in einer programmati- benswürdige Art umzuformen, um die Menschen für Christus schen Predigt es als echte und drängende Zeitaufgabe zu gewinnen und die Religion den Menschen liebenswert zu bezeichnet, die Arbeiterwelt zurückzuerobern. Es sei dies machen" ... „Wo die Liebe eine untergeordnete Rolle spielt, da „ ... die dornenvollste Aufgabe der modernen Seelsorge und die eigent- müßte man von einem Abfall vom Christentum sprechen. «6) liche Sorge unserer Seelsorge. Auch wenn der Arbeiter im günstigsten • Es ist oft schwierig, von den Höhepunkten eines Priester- Fall den Sonntagsgottesdienst besucht, kann die halbstündige Predigt lebens zu sprechen, denn Gott hat andere Maßstäbe als wir unmöglich ein volles Gegengewicht bilden gegen das tägliche Lesen Menschen. Bei Rupert Mayer ist dies besonders schwer. Den- einer kirchenfeindlichen Zeitung und gegen das stündliche Hören der noch spielen die Ereignisse des 1. Weltkriegs in seinem Leben gehässigsten Angriffe auf den Glauben seiner Jugend. Wir müssen eine ganz herausragende Rolle. Der Selige war im besten Sinne also außerhalb der Sonntagspredigt die Arbeiter sammeln, die des Wortes Patriot und vielleicht kommt seiner Seligsprechung Gesammelten schulen und die Geschulten als Vertrauensmänner an auch unter dieser Rücksicht eine providentielle Bedeutung die Werbearbeit schicken. • 5) zu. Vaterlandsliebe ist ja kein Relikt verstaubter Konservati- Schaut man in unsere Gegenwart, dann stellt man fest, daß ver, sondern gehört notwendig zu den christlichen Tugenden, sich die Probleme ein wenig verschoben, aber im Grunde wie auch das II. Vaticanum betont: „Die Staatsbürger sollen eine nicht wesentlich verändert haben. Der religiöse Wissensstand hochherzige und treue Vaterlandsliebe pflegen." 7) ist im Durchschnitt minimal, nicht zuletzt bei den sogenann- Am 23. August 1914 brachte das „Wochenblatt für die katho- ten Gebildeten. Hinzu kommt der Einfluß der Massenme- lischen Gemeinden Münchens" die Nachricht, daß sieh 95 dien. Dabei sind sich die meisten Gottesdienstbesucher dar- deutsche Jesuiten aus Valkenburg für den Militärdienst zur über einig, daß der Pfarrer über alles predigen dürfe, nur nicht Verfügung gestellt hätten: „Sie sind zugleich mit den anderen über zehn Minuten. Woher soll dann ein gewisses Mindest- katholischen Geistlichen ins Sanitätspersonal eingereiht wor- wissen über religiöse Fragen kommen? den. Sie trugen das sonst verbannte Ordenskleid und wurden • Mit nüchternem Blick setzte P. Mayer — auch aus heuti- überall, wo sie sich zeigten, mit Ovationen überschüttet." ger Sicht — die richtigen Akzente bei seiner Arbeit, für die es Auch P. Mayer meldete sich sofort zur Feldseelsorge. noch kein Vorbild gab. Da über 75% der zugereisten Katholi- Zunächst fand er im Feldlazarett Nr. 2 des I. Bayerischen ken Arbeiter, Arbeiterinnen und Dienstmädchen waren — der Armeekorps Verwendung. Rest setzte sich aus Lehrlingen, Lehrmädchen und Kaufleuten Für gewöhnlich hielt er die Gottesdienste, Andachten usw. in zusammen, dagegen gab es kaum Beamte oder Rentner — den Kirchen der Orte, wo sich die Truppe gerade befand, aus- suchte er seine Mitarbeiter unter den religiös eingestellten nahmsweise aber auch, wie er am 2. 11. 1914 schrieb „auf dem Arbeitern und Arbeiterinnen. In regelmäßigen Schulungen Felde zu Pferde". Dies dürfte allerdings wohl nur für die Pre- bereitete er sie auf Hausbesuche vor. Allmonatlich wurden die digt gegolten haben, sonst wäre es doch ein wenig schwierig Einsätze besprochen, diskutiert und dann die nächsten geworden. Gewöhnlich hielt er am Sonntag und einmal werk- Besuche vorbereitet. P. Mayer verschickte keine gedruckten tags Gottesdienst mit Predigt, zelebrierte aber täglich „pri- Einladungen, sondern ging Tag für Tag, besonders am Spät- vat", wenn keine Feldmesse angesetzt war. Zu Beginn des Jah- nachmittag und abends, von Tür zu Tür. Er besprach mit den res 1915 wurde er Divisionspfarrer der 8. Bayerischen Reser- Neubürgern ihre Sorgen und Nöte, erkundigte sich nach ihren ve-Division. Ende Januar kam er zum Fronteinsatz in den Erwartungen am Arbeitsplatz usw. Beim Abschied über- Vogesen. Wo immer Menschen seine Hilfe brauchten, war er reichte er einen kleinen Führer durch das kirchliche Mün- zur Stelle. Seine Gottesdienste mit kurzer Predigt waren stets chen, der Anschriften der damals 30 Pfarreien mit den Gottes- gut besucht. Nach dem Urteil des Generalvikars des Feld- dienstzeiten, aber auch Angaben über Wohnungs- und propstes, des späteren Bischof Buchberger, war er „in seiner Arbeitsamt enthielt. priesterlichen Haltung und seinem unermüdlichen Wirken eine Die seelsorgliche Pionierarbeit P. Mayers war damals schon lebendige Apologie des Priestertums und der Kirche für unsere Solda- über München und Bayern hinaus bekannt. Deshalb lud man ten, die mit größter Liebe und Verehrung an ihm hingen." Er ihn ein, anderen Priestern seine Erfahrungen mit der Groß- schreibt dann weiter, daß in der ganzen Division kein Name stadtseelsorge zu vermitteln. Dies geschah auf dem Deutschen so geschätzt und bekannt war wie der des P. Mayer.8) - 13 - - 14 - • Dabei war der Selige kein blinder Draufgänger. Ihn lei- den zahlreiche Suchende befanden, hielt er es für seine tete vielmehr das Bewußtsein, daß die ihm anvertrauten Sol- Pflicht, immer wieder den kirchlichen Standpunkt zu vertre- daten in Gefahr waren und seine seelsorgliche Hilfe brauch- ten. Dabei ging es ihm nie um Politik. ten. Als eines Tages ein Schwerverwundeter nach hinten — 1923 sprach er in einer Versammlung der NSDAP zur getragen wurde, setzte mörderisches Feuer ein. Die Sanitäter Frage „Kann ein Katholik Nationalsozialist sein?" Er ver- brachten sich in einem Granatloch in Sicherheit. Der Ver- wahrte sich dagegen, daß die Bibel als Judenbuch" aus der wundete rief kläglich um Hilfe. Da legte sich P. Mayer behut- Schule verbannt werden solle und betonte, daß nicht der Nut- sam über ihn und sagte nur: „Sei ruhig, Kamerad, wenn's zen des Vaterlandes letzter Maßstab für Gut und Böse sein einen trifft, trifft's mich zuerst." könne. Der Versammlungsleiter ließ P. Mayer gewaltsam aus + Im Dezember 1915 rief ihn sein Divisionskommandeur dem Saal entfernen.12) In der Folge kam es immer wieder zu an und teilte ihm mit, daß ihm als erstem Militärpfarrer der deut- zahlreichen Zusammenstößen zwischen ihm und den Orga- schen Armee das E. K. I. verliehen worden sei. Der evangelische nen des Dritten Reiches, die dann zu seinen wiederholten General hatte es schon Monate vorher beantragt und trotz Verhaftungen und Einkerkerungen führten. großen Widerstandes durchgesetzt. Man hatte höheren Ortes Am 8. November 1921 hatte Kardinal Faulhaber Rupert erhebliche Bedenken, einem katholischen Geistlichen, noch Mayer zum Präses der Marianischen Kongregation ernannt. Die dazu einem Jesuiten, diesen Orden zu verleihen. P. Mayer neue Aufgabe war für ihn wie geschaffen. Er konnte seine schrieb voll Freude nach Hause. „Es soll dies mein Christ- reiche Seelsorgserfahrung in die neue Tätigkeit einbringen. kindchen sein. Auch mein Orden wird sich freuen."9) Bei aller Seit jeher hatte er auf enge Zusammenarbeit zwischen Prie- übernatürlichen Haltung, die ihn gleichsam imprägniert stern und Laien gesetzt hatte, blieb Rupert Mayer doch im besten Sinn des Wortes — Mit Hitler war P. Mayer 1919 bei einer Kommunisten- natürlich. Er wußte eine gute Zigarre zu schätzen und ritt lei- versammlung zusammengetroffen. Unmittelbar nach ihm denschaftlich gern. ergriff dieser das Wort. Nachdem der Pfarrer den Kommunis- + Die Zeit des Stellungskrieges im Winter 1916 nutzte er mus aus religiöser Sicht bekämpft habe, wolle er das nun vom eifrig für die persönliche Seelsorge: „Sonntags konnte ich politischen Standpunkt aus tun. Hitler machte auf P. Mayer gewöhnlich acht Gottesdienste halten, montags zwei bis drei". den Eindruck eines außergewöhnlich tüchtigen Volksred- Mit seiner Truppe machte er dann die Schlacht an der Somme ners, aber er durchschaute ihn sehr bald, wie wir seinen Auf- mit, die außergewöhnlich verlustreich war. Der bekannte zeichnungen entnehmen können: „Hitler übertrieb in seinen Arzt-Dichter Hans Carossa schildert in „Führung und Geleit", Ausführungen ständig, scheute auch vor Unwahrheiten nicht welch tiefen Eindruck der Divisionspfarrer Mayer auf ihn zurück ... Er war immer der Mann, um den sich alles drehen gemacht habe. Er habe in ihm eine Verbindung von Priester- mußte ... Dies alles bestärkte mich in der Auffassung, daß und Soldatentum erfahren, die ihm in so geistig-natürlicher man es bei Hitler mit einem Hysteriker reinsten Wassers zu Form neu gewesen sei. (S. 113 f) Der spätere Staatssekretär tun hat') Zum silbernen Priesterjubiläum schickte ihm Hit- Hans Ritter v. Lex, der ihn als Kompaniechef an der Somme ler ein persönliches Glückwunschschreiben, was allerdings erlebte, urteilt über ihn so: „ . . . Er war ein Mann, der aus echtem P. Mayers Meinung über ihn nicht korrigierte. vaterländischen Empfinden heraus unsere soldatische Verpflichtung, • Weil der Tourismus immer mehr zunahm, führte Rupert für das Vaterland einzutreten, erkannte und sie uns nahebrachte . Mayer nach gründlichen Vorbereitungen am 15. 8. 1925 die Fern von jedem Chauvinismus hat er aber trotzdem immer wieder die Bahnhofsgottesdienste ein. Von 03.20 Uhr bis 06.35 Uhr wurden Soldaten zur vaterländischen Pflicht angehalten. «10) ... Neben den fünf „Heilige Messen mit Ansprache und Volksgesang für beiden Eisernen Kreuzen erhielt P. Mayer noch mehrere Reisende und Ausflügler" angeboten. Die beiden ersten Got- andere Tapferkeitsauszeichnungen. tesdienste hielt P. Mayer selbst. Dabei saß er an Samstagnach- + Im Herbst 1916 wurde die Division nach Rumänien ver- mittagen meist bis 21.00 Uhr oder 21.30 Uhr im Beichtstuhl. legt. Dort wurde er so schwer verwundet, daß sein linkes Bein In fünf Minuten-Ansprachen suchte er die wichtigsten Glau- amputiert werden mußte. Der Divisionskommandeur schrieb benswahrheiten zu vermitteln. Von Anfang an waren die Got- an das Münchner Ordinariat: „Die Division verliert durch die tesdienste gut besucht. Im ersten Jahr zählte man in 130 Mes- Verwundung des Herrn P. Rupert Mayer einen Seelsorger im sen 13 797 Besucher. 1934/35 wurde die Höchstzahl mit 384 vollsten Sinn des Wortes. Unermüdlich tätig, stets am Platz, so hl. Messen und über 75 000 Teilnehmern erreicht. 1937, nach Not am Mann war, immer das richtige Wort des Trostes, der der Verhaftung und Verurteilung P. Mayers wurden die Got- Ermahnung, der Aufrichtung findend, hat er dem Heer ... tesdienste verboten und konnten erst wieder nach dem Krieg außerordentlich große Dienste geleistet. Bei Offizieren und fortgeführt werden. Mannschaften gleich hoch geachtet und beliebt, bedauern wir alle, • Wenn man schon Schwerpunkte in der Lebensarbeit des daß er von uns scheiden muß. «11) Seligen-herausheben möchte, ist es sicher sein Wirken in der • Nach seiner Genesung kehrte P. Mayer im November Caritas. Von dieser Tätigkeit her erhielt er den Ehrentitel eines 1917 nach München zurück. Inzwischen war dort Michael 15. Nothelfers. Ohne seine allseits bekannte Hilfsbereitschaft Faulhaber Erzbischofgeworden. Zur gleichen Zeit wurde Euge- und Nächstenliebe hätten seine Predigten wohl kaum einen nio Pacelli Nuntius in der bayerischen Hauptstadt. Die Stadt derartigen Erfolg gehabt. Denn wie sein langjähriger Mit- wurde in den kommenden Jahren zum Zentrum sich heftig arbeiter und späterer Nachfolger P. Anton Koerbling erzählt, befehdender politischer und weltanschaulicher Richtungen. war er „nicht der Meister der Beredsamkeit, nicht originell in P. Mayer studierte eifrig die Zeitungen, besuchte die politi- seinem Stil wie ein a Sancta Clara; kein tiefschür- schen Versammlungen und machte tägliche Hausbesuche. fender Dogmatiker oder geistreicher Problematiker. Ganz — Der Umsturz nach dem Krieg wirkte sich in München schlicht und einfach und trotzdem ein ganz großer Prediger. «14) besonders verheerend aus. Denken wir an die Ausrufung der + Durch Rupert Mayers ganzes Leben, angefangen von Räterepublik. P. Mayer setzte sein ganzes Prestige ein, um seiner Jugend im wohlhabenden Elternhaus, über die Zeit als zum Frieden aufzurufen. Auch in den Versammlungen der Student und Vikar, als Volksmissionar und Militärpfarrer bis Radikalen ergriff er das Wort. Sein Mut wurde auch von sei- zur Zeit als Präses der Kongregation, zieht sich wie ein roter nen Gegnern anerkannt. Dabei fragte er sich immer wieder, Faden das Bestreben, den Menschen geistliche Wegweisung und ob er sich vor oft fanatischen Zuhörern zu Wort melden solle. materielle Hilfe zu geben. Schon von der aufgewendeten Zeit her Aber da nach seiner Überzeugung sich unter den Anwesen- nahmen die Sprechstunden in St. Michael den größten Raum - 15 — — 16 — schieber!", "Wer gibt, ist ein Volksverräter" usw. Nach zahl- reichen Ausschreitungen, Überfällen auf Sammler usw., wurde die Sammlung bereits mittags polizeilich verboten. Kardinal Faulhaber schickte ein Protesttelegramm an den „Führer und Reichskanzler" — aber es erfolgte keinerlei Reak- tion. Es ist ganz nützlich, sich dieser Vorfälle zu erinnern, wenn man die Haltung der Kirche während des Dritten Rei- ches gerecht beurteilen will. Immerhin war der Kardinal nicht irgendwer. — Die Maßnahmen gegen die Kirche häuften sich. Die Seelsorger und deren Predigten wurden oft systematisch über- wacht, ganz besonders die von P. Mayer. Am 7. Mai 1936 wurde er von der Staatsanwaltschaft München dienstlich vor- geladen. Über seine Predigten seien Klagen eingelaufen. Er würde sich mit Politik befassen und das ginge heute nicht mehr. Seine Äußerungen seien bisweilen staatsfeindlich, er führe eine aufreizende Sprache usw. P. Mayer entgegnete, er hätte zu politischen Fragen stets nur aus religiöser Sicht Stellung genommen und das sei seine Gewissenspflicht. Wenn staatliche Organe die Kirche, Prie- ster und Bischöfe angriffen, müsse er sie öffentlich verteidi- gen. Da das Heil vieler Menschen auf dem Spiel stehe, müsse er eine deutliche Sprache führen. Auf die Vorhaltung des Staatsanwalts, andere Priester würden sich nicht so äußern, erwiderte er, das müsse jeder mit seinem Gewissen aus- machen und an die Rechenschaft denken, die er einst vor Gott ablegen müsse. Nach Verwarnung wurde er entlassen. Aber nun war er fest im Visier der Staatsmacht. — Allein im Oktober 1936 wurden acht Predigten von ihm P. Rupert Mayer in der Fronleichnamsprozession überwacht. Die Berichte gingen an die . Aber P. Mayer ließ sich weder einschüchtern noch beirren. Wie er ein. Er hatte oft über fünfzig, ja bis zu sechzig und siebzig in seinen Lebenserinnerungen schrieb, spürte er, daß er nicht Besucher am Tag. Die große Kartei der Münchner Caritas mehr lange Zeit zum Predigen und Sprechen haben würde?) vermerkt bei über einem Drittel der "Fälle", daß sie von • Am 28. Mai 1937 kam die Weisung der Gestapo, daß er P. Mayer bearbeitet wurden. seine Predigttätigkeit auf St. Michael beschränken müsse. Im + Trotz seiner vielfältigen Aufgaben saß er von allen Mit- übrigen habe er Predigtverbot. P. Rösch, der Provinzial P. brüdern in St. Michael am längsten im Beichtstuhl. Er war als Mayers, der später selbst in Haft war, beriet sich über die neue erfahrener, gütiger Beichtvater bekannt und verehrt. Eine Lage. Er kam zu der Überzeugung, daß es Aufgabe des Zeitlang war auch Nuntius Pacelli unter seinen Beichtkindern. Ordens sei, der Kirche und den Gläubigen in dieser Zeit Dieser sagte eines Tages zu Schwester Pasqualina: „P. Rupert besonders zur Seite zu stehen. Wenn P. Mayer daher bereit Mayer gibt einmal einen schönen Jesuitenheiligen. "15) Viele Welt- wäre, gegen das ausdrückliche Verbot dennoch weiter zu pre- und Ordenspriester hatten ihn zum Seelenführer gewählt. digen, danke ihm der Orden dafür und für alles, was er hierfür Dabei bereitete ihm das stundenlange Sitzen im Beichtstuhl auf sich zu nehmen bereit sei. bei seiner schweren Verwundung nicht nur starke Schmer- Der Kardinal stellte sich hinter diese Entscheidung. Er prote- zen, sondern wurde für ihn nach eigenem Geständnis biswei- stierte beim Kirchenminister gegen das Predigtverbot, das len zur richtigen Tortur.16) gegen das Konkordat verstoße und durch nichts begründet + Die Münchner MC wuchs dank der intensiven Bemü- sei. Kerrl ließ erwidern, der Staat werde sich schon durchzu- hungen P. Mayers stark an. Der Präses wußte, daß er sich auf setzen wissen.26) seine Männer verlassen konnte. Die Sodalen informierten ihn + Am 5. Juni 1937 wurde P. Mayer verhaftet. Die Nachricht über die aktuellsten Ereignisse und sagten ihm auch, worauf ging wie ein Lauffeuer durch München und wurde amtlich es gerade bei der Glaubensverkündigung besonders ankomme. von den Kanzeln verkündet. Überall betete man für ihn. Der + Nach Hitlers Machtergreifung setzte sich P. Rupert Provinzial ging sofort zur Gestapo. Diese machte das Ange- Mayer furchtlos für viele ein, die in Not geraten oder verhaftet bot, P. Mayer sofort freizulassen, wenn er sich an das Predigt- worden waren. Dabei ging er bis zu den höchsten Stellen. Es verbot halte. Es gab einen regelrechten Kuhhandel. Schließ- läßt sich heute nicht mehr genau feststellen, wie erfolgreich lich erklärte sich die Gestapo sogar bereit, daß P. Mayer in seine Bemühungen waren. Immerhin schrieb ihm Himmler allen Kirchen Münchens predigen dürfe, nur nicht außerhalb. persönlich wegen eines Häftlings, für den sich der Selige ein- + Der Provinzial erbat sich Bedenkzeit und besprach sich mit gesetzt hatte.") dem Kardinal. Man kam zur Erkenntnis, hier dürfe es keinen • 1935 begann - trotz des Konkordats — der Kampfder Nazis Kompromiß geben. Das Ordinariat ließ von den Kanzeln ver- gegen die Konfessionsschule. Sie sollte durch die „Deutsche künden: „Die Kirche kann ein Recht des Staates, einem Geist- Gemeinschaftsschule" völlig verdrängt werden. Gelegentlich lichen, der die im Reichskonkordat geforderten Vorausset- einer Veranstaltung über die Gemeinschaftsschule wurde P. zungen erfüllt, ein auch nur teilweises Predigtverbot aufzuer- Mayer das erste Mal festgesetzt, allerdings nach wenigen legen, nie und nimmer anerkennen. Ein solches Verbot würde Stunden wieder freigelassen.18) letztlich zu einer völligen Lahmleg-ung der Seelsorge führen, — Erhebliche Zwischenfälle gab es auch bei der behörd- von der das Predigtamt einen wesentlichen Teil bildet. Es lich genehmigten Caritas-Sammlung am 18. Mai 1935. Die wäre unvereinbar mit der im Konkordat gewährleisteten Frei- Partei gab Parolen aus, wie: „Keinen Pfennig für die Devisen- heit der Kirche."9 - 17 — — 18 — • Beim Prozeß vor dem Sondergericht, der am 22. und Ermittlungen gegen die Königspartei vor die Gestapo gela- 23. Juli 1937 stattfand, hatte P. Mayer zwei hervorragende, den. Ein führendes Mitglied hatte bei der Verhaftung erklärt, unerschrockene Verteidiger, Dr. Warmuth und Dr. Bandorf P. Mayer hätte sein Ansinnen, ihn für seine Sache zu gewin- Beide strichen die großen Verdienste des Angeklagten für nen, rundweg abgelehnt. Zwar gab die Gestapo zu, daß Volk und Vaterland heraus. Dr. Bandorf hatte P. Mayer sel- P. Mayers Haltung korrekt gewesen sei, wollte aber dennoch ber im Krieg als Kompanieführer erlebt. Er würdigte den Seli- Namen von Leuten haben, die der Königspartei zuneigten. gen als „Priester und Seelsorger von säkularer Bedeutung", P. Mayer lehnte ab, weil dies in den Bereich des Seelsorgege- dessen Leben „Gottesdienst und Dienst am Vaterland" sei. heimnisses falle. Sogar der Kardinal wurde eingeschaltet. Er Dr. Warmuth betonte, daß alle Äußerungen P. Mayers „Akte bestätigte das Schweigerecht des Seelsorgers, das durch das Kon- religiöser Notwehr" seien.22) kordat geschützt sei. Ob ein solcher Fall vorliege, könne nur — Kardinal Faulhaber hatte am 4. Juli seine berühmte der Seelsorger selber entscheiden.24)

,,Flammenzeichen -Predigt gehalten, die im In- und Ausland + Schließlich wurde P. Mayer mitgeteilt, daß er verhaftet stärkste Beachtung fand. Mit dem Protest des Kardinals war sei. Nach einem ausführlichen Bericht der Gestapo an Himm- auch die Absicht verbunden, die Zuhörer von Protestaktionen ler ordnete dieser am 28. November 1939 an, P. Mayer auf gegen die Verhaftung P. Mayers abzuhalten. Denn-nichts wäre Dauer des Krieges in Schutzhaft zu nehmen, ihn aber als der Gestapo willkommener gewesen, als „mit Gummiknütteln Schwerkriegsbeschädigten in einer besseren Zelle unterzu- und Verhaftungen, mit Ausstellungen und Entlassungen vor- bringen. So wurde er in den Gefängnistrakt des KZ Sachsenhau- zugehen gegen die verhaßten Katholiken, die heute mehr sen -Oranienburg gebracht. Seine Haftbedingungen waren gehaßt und verfolgt werden als die Bolschewiken."23) gewiß nicht mit denen eines „gewöhnlichen" Häftlings zu — Die Anwälte rechneten mit einer Gefängnisstrafe bis zu vergleichen, dennoch war diese Zeit für den unermüdlichen zwei Jahren. Die Indizien deuteten klar daraufhin, daß es auf Seelsorger eine äußerst schwere Belastung. jeden Fall zu einer Verurteilung kommen sollte. Die Ver- Bischof Graf von Preysing, der den Pater seit Jahrzehnten kannte handlung unterschied sich grundsätzlich von den sonst übli- und schätzte, ermöglichte ihm die Zelebrationserlaubnis. Dies chen Sondergerichtsverfahren. Man trug offensichtlich der war für den Seligen ein großer Trost. Dennoch verschlech- Popularität des Angeklagten Rechnung, auch hatte man vor terte sich sein Gesundheitszustand derart, daß man befürch- dem hochdekorierten Schwerkriegsbeschädigten Respekt. tete, er könne im KZ sterben und man so einen Martyrer Das Urteil war für damalige Verhältnisse sehr milde. geschaffen hätte. P. Mayer wurde am 23. Juli wegen fortgesetzten Vergehens + Deshalb ordnete Himmler an, ihn gegen eine Garantie gegen den Kanzelparagraphen in Tateinheit mit fortgesetz- des Münchner Ordinariats, daß P. Mayer das Kloster nicht tem Vergehen gegen den Heimtückeparagraphen zu sechs verlassen, außer seinen nächsten Angehörigen und Mitbrü- Monaten Gefängnis verurteilt, wobei die Untersuchungshaft dem, sowie seiner Ärztin keinen Besuch empfangen, nicht angerechnet wurde. Der Provinzial bemühte sich um die Beichte hören und sich vor allem nicht politisch betätigen sofortige Freilassung P. Mayers. dürfe, ihn in das Benediktinerkloster Ettal zu verbannen. Die — Dieser hatte kurz vor Prozeßbeginn eine Erklärung Mönche nahmen den Seligen liebevoll auf und nach einigen unterschrieben, die Dr. Warmuth und Dr. Bandorf mit Ein- Wochen war er gesundheitlich wieder hergestellt. Allgemein willigung von P. Rösch entworfen hatten. Darin wiederholte schätzte man ihn als heiligmäßigen Ordensmann. In den Jah- der Selige zwar, wie in einer ersten Erklärung vom 9. Juni ren seines Zwangsaufenthaltes reifte er zur vollen Heiligkeit. 1937, daß er die Kirche und ihre Glaubens- und Sittenlehre • Am 6. Mai 1945 schlug für ihn die Stunde der Befreiung. weiterhin verteidigen werde, aber mit dem Zusatz, daß er die Am Fest Christi Himmelfahrt hielt er in Ettal seine erste und ein- staatlichen Gesetze achten und auch, wie bisher, zur Treue zige Predigt. Man erwartete eine Abrechnung mit dem zum Staat auffordern werde. Trotz seines Temperaments Unrechtsregime, aber der Selige forderte seine Zuhörer auf, das werde er sich bemühen, auch in der Form den gesetzlichen erlittene Unrecht zu verzeihen. Er warnte vor Gefühlen der Rache Vorschriften gerecht zu werden. und vor Denunziantentum und forderte zur Feindesliebe auf Hier- P. Provinzial Rösch sagte der Gestapo zu, daß P. Mayer sieben über predigte er immer wieder in den Monaten bis zu seinem Wochen nicht predigen werde. Kardinal Faulhaber wandte Tod. Am 11. Mai holte ihn der neue Münchner Polizeipräsident sich an Kardinalstaatssekretär Pacelli. Dieser richtete eine offi- mit seinem Auto in Ettal ab. Sofort meldete sich P. Mayer beim zielle Note an den Vatikan -Botschafter, unter Hinweis auf das Kardinal zurück. Dann ging es nach St. Michael. Schnell sprach Konkordat. Aber Pacellis Note hatte keinerlei Erfolg. es sich in München herum: P. Mayer ist wieder da. Zu seiner ersten - Mitte Dezember 1937 erhielt P. Mayer von seinem Pro- Predigt in St. Ludwig erschien auch der Kardinal. vinzial die Erlaubnis, wieder zu predigen. Der Selige hatte ihn Die furchtbare Not in der weitgehend zerstörten Stadt erfor- darauf aufmerksam gemacht, das gläubige Volk könne bei derte seinen restlosen Einsatz. Er nahm seine Predigttätigkeit Einhaltung des Predigtverbots an ihm irre werden. Am wieder auf und auch seine Sprechstunden. Es ging um Hilfe bei 5. Januar 1938 schlug die Polizei zu. P. Mayer wurde erneut ver- in jenen Tagen recht häufigen, auch willkürlichen Verhaftun- haftet. Auf Anordnung des Reichsjustizministers mußte er gen, um Besorgung von Arbeitsplätzen, Behebung der Woh- seine Strafe antreten und kam in das Gefängnis Landsberg. nungsnot usw. Bis in die Nacht hinein diktierte er Briefe an die Anläßlich des „Anschlusses" der „Ostmark" wurde am 5. Mai Militärregierung, an die verschiedenen Ämter bis zu Mini- 1938 eine Amnestie wirksam, die auch P. Mayer die Freiheit stern und dem Ministerpräsidenten. wiederbrachte. Aber mehr und mehr machte sich eine zunehmende Aber es gab für ihn eine herbe Enttäuschung: Kardinal und Schwäche bemerkbar und so bat er den Kardinal um Ent- Provinzial waren der Überzeugung, daß eine Wiederauf- pflichtung vom Amt des Kongregationspräses. Nur schweren nahme der Predigttätigkeit zur sofortigen Wiederverhaftung Herzens kam dieser der Bitte nach und dankte dem Seligen führen würde. Deshalb erhielt P. Mayer die Weisung, vorerst für seine Jahrzehnte währende Tätigkeit mit warmer Aner- nicht mehr zu predigen. Dies war für ihn eine harte Gehorsams- kennung. P. Mayer stand seinem Nachfolger, der lange sein probe. Aber als echter Jesuit sagte er schweren Herzens sein Mitarbeiter gewesen war, in den letzten Wochen seines Ja. Nach einer Erholungspause widmete er sich verstärkt der Lebens noch treu zur Seite. Einzelseelsorge. • Und dann kam Allerheiligen. Der Selige wollte seinen

• Am 3. November 1939 wurde er im Zusammenhang mit (s Fortsetzung - nach „Mariologisches" - Spalte 45) - 19 - - 20 -

MAI2i0LOG iSCI-1 ES Sonderbeilage Nr. 9 zu «Theologisches» Nr. 4, April 1987 Redigiert vom Mariologischen Institut Kevelaer

Zu dieser Ausgabe von „Mariologisches" so die Informationen der vergangenen Nummern über den Kongreß weiterführen. Dem soll auch der Artikel von Josef Die Ankündigung des Marianischen Jahres hat uns alle mit Heckens über Kevelaer dienen. Freude erfüllt. Man darf darin ein neues Zeichen der Liebe Nicht vergessen werden darf die 70. Wiederkehr der ersten der Gottesmutter zu ihren irdischen Kindern erblicken. Das Erscheinung von Fatima am 13. Mai 1917. Pater Herbertz faßt Zeichen gelangt zu uns durch den Stellvertreter ihres Sohnes die wichtigsten Elemente dieser Botschaft der Gottesmutter hier auf Erden, durch das sichtbare Haupt der Kirche, von der an unsere Zeit zusammen. Auch die Predigt von Prälat Lange Maria das Urbild ist. Die Marienverehrung und das Petrusamt ist eine persönliche Betrachtung zu diesem Thema. Bayern werden häufig als die Hindernisse in der Ökumene darge- freut sich auch am 14. Mai zum 70. Mal das Fest Patrona Bava- stellt. Sie sind aber in der Tat die Fundamente der Einheit der riae begehen zu dürfen. Ordinariatsrat Ritter erzählt wie es Kirche Jesu Christi. dazu kam und über die Bedeutung des Datums. In freudiger Erwartung und hoffnungsvoller Zuversicht Worte des Papste belehren uns über den Sinn dieser Ereig- nähern wir uns dem Monat Marias, dem Monat Mai, um mit nisse: „Bei der Verwirklichung des Heilsplanes nimmt das dem Heiligen Vater in Kevelaer für sein eigentliches Anlie- Geschöpf immer teil. So ist Maria an der Empfängnis Jesu gen bei dieser Fahrt zu beten: Die Reevangelisierung Mit- durch das Wirken des Heiligen Geistes entscheidend betei- teleuropas durch Maria voranzutreiben. Der ursprüngliche ligt. ... Das Wirken des Heiligen Geistes hat zur Folge, daß Anlaß dieser zweiten Pilgerfahrt des Heiligen Vaters durch Maria Mutterschaft und Jungfräulichkeit gleichzeitig in einer Deutschland, der Marianische Weltkongreß vom 11. bis 20. Weise gegeben sind, die, wenn auch für den menschlichen September dieses Jahres in Kevelaer, bleibt auch das große Verstand unbegreiflich, völlig im Bereich der liebenden Ini- Anliegen des Heiligen Vaters. Das zeigt der Brief Kardinal tiative der Allmacht Gottes liegt". (Aus der Ansprache bei der Casarolis an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonfe- Generalaudienz am 28. 1. 1987) renz. Auch wenn dieser Brief schon in anderen Zeitschriften Auch auf die Wallfahrt des IMAK und auf den Spendenauf- veröffentlicht wurde, will Mariologisches ihn abdrucken und ruf für den Kongreß möchten wir aufmerksam machen.

Marianischer Weltkongreß 1987 werden. Wie schon damals in Trier werden die Gläubigen mit in Deutschland ihren Hirten diesem Auftrag mit Gottes Hilfe sicherlich gerecht. Die Liebe der Katholiken in der ganzen Welt zur Die Wahl des Austragungsortes der Olympiade 1992 Gottesmutter ist die Garantie für diese Zuversicht. Beseelt machte die Bewohner der Länder glücklich, die für ein paar von der Überzeugung, daß das Jahr 1987 ein Jahr der Gnade Tage im Mittelpunkt des Interesses der ganzen Welt stehen für die deutschsprechenden Länder sein wird, und das insbe- werden. In den Städten, in denen die Bürger auf die Entschei- sondere deswegen, weil aus Anlaß des Weltkongresses schon dung warteten, brachen die Menschen in Begeisterung aus, als heute für uns in der ganzen Welt gebetet wird, müssen wir uns die Nachricht bekannt wurde. So sehr identifizieren sich die der Gnade öffnen. So wie der Hl. Vater zum Heiligen Jahr Menschen mit ihrem Land und verbrüdern sich mit ihren Mit- 1983 das Wort gab: „Öffnet Christus die Tore eurer Herzen", bürgern, wenn es um Dinge geht, die sie als ihre eigenen so muß jetzt auch Maria Zugang zu den Herzen all der Töch- betrachten. Bei den erwähnten sportlichen Ereignissen han- ter und Söhne der Kirche finden, die in den Ländern deut- delt es sich jedoch nur um eine Angelegenheit, die den Ein- scher Sprache bekennen: sie ist nicht nur Gottesmutter, son- wohnern Geld, einige bunte Tage und einen gewissen dern auch unsere Mutter. Bekanntheitsgrad in der Welt bringen werden. Die Nachteile Die Antwort der deutschen Katholiken auf das Vertrauen werden lieber übersehen; man meint, damit wäre man schon des Heiligen Vaters, der Deutschland mit der Wahl von Keve- weltberühmt. Und jetzt erinnern wir uns beinahe unwillkür- laer als Ort des Marianischen Weltkongresses diesen Auftrag lich an das Jesuswort: „Was nützt es einem Menschen, wenn anvertraut hat, kann nur diese sein: eine Haltung der Offen- er die ganze Welt gewinnt ...?" (Mt 16, 26) heit für den Empfang seiner Lehre über Maria die nicht vom Eucharistische und Marianische Weltkongresse bringen ihm stammt, sondern zur göttlichen Offenbarung gehört. Die den Menschen und den Ländern, in denen sie stattfinden, Lektüre seines Lehrschreibens über die ,Mutter des Erlösers' andere Güter: die geistlichen Güter, die das Gebet aus den sollte das Zeichen dieser Offenheit sein. Herzen von Millionen Menschen in der ganzen Welt, das Bei den Vorbereitungen zum Besuch des Heiligen Vaters Gebet der Heiligen hier und in der Ewigkeit erwirkt. Maria- Anfang Mai sollten wir uns noch offener für die Gnade, noch nische Weltkongresse finden auch nur alle vier Jahre statt. aufgeschlossener für das Gebet zeigen. Zur Vorbereitung bei- Während Sportweltmeisterschaften und Olympische Spiele der Ereignisse, des Besuches des Heiligen Vaters und des schon oft in Deutschland durchgeführt wurden, fand der Marianischen Weltkongresses sollten wir täglich wenigstens letzte Marianische Weltkongreß hier 1912 statt, d.h., das Jahr ein Ave Maria für diese Anliegen beten. Während der Fasten- 1987, das Jahr des zweiten Marinanischen Weltkongresses in zeit sollten wir ferner an die Millionen von Katholiken in der Deutschland, ist das 75jährige Jubiläum jenes großen Ereig- ganzen Welt denken, für die in unseren Gemeinden gerade in nisses in Trier. 1987 soll Deutschland zum zweiten Mal in der dieser Zeit gesammelt wird, damit die katholische Kirche den Geschichte der Marianischen Weltkongresse zu einem Zen- benachteiligten Menschen in den verarmten Ländern dieser trum der Förderung der Frömmigkeit des christlichen Volkes Erde helfen kann. Die Katholiken in diesen Ländern, manch- - M 21 - - M 22 - mal mit einer viel tieferen und kindlichen Frömmigkeit beten diese beiden richtungsweisenden Dokumente zur Vorberei- den Sohn Gottes an und danken Gott dafür, daß Er der Sohn tung auf den kommenden Kongreß erneut aufmerksam zu Marias geworden ist, wodurch sie unsere Mutter wurde. Ihr lesen, zu bedenken und für das religiöse Leben auszuwerten. Vertrauen und Liebe zur allerseligsten Jungfrau und Gottes- Sie sind eine unerschöpfliche Fundgrube vielfältiger Anre- mutter ist beispielhaft, es ist die Tradition, die sie besonders gungen für den täglichen pastoralen Dienst. pflegen, weil sie von den Märtyrern stammt, die häufig ihre Es bedarf dazu keines eigenen Seelsorgeprogramms; man ersten Zeugen des Glaubens waren, den sie jetzt bekennen. Im sollte sich vielmehr darum bemühen, bei den gewöhnlichen Gebet zu Maria verbinden wir uns mit allen diesen treuen pastoralen Initiativen in den Gemeinden ihren jeweils mögli- Kindern Marias, die für die Anliegen des Kongresses beten. chen marianischen Bezug stärker hervorzuheben und den Gemeinsam mit Millionen Gläubigen in aller Welt, im Gläubigen bewußt zu machen. Ich möchte hierfür nur einige Gebet vereint, können wir aus unseren Ländern sprudelnde Beispiele anführen: Quellen der Gnade machen. Unser Land kann und soll ein — Wer mit Jugendlichen über ihre Lebensberufung vor Aussendungsort einer neuen Evangelisierung Europas durch Gott spricht, wird dabei ihre Aufmerksamkeit auch auf die Maria werden, in dem Maße, wie wir mitbeten und mittun. Berufung Mariens in Nazaret und auf ihr hochherziges Jawort Im nächsten Jahr kommt der Heilige Vater wieder zu uns. lenken, das sie von da an in Treue durchgehalten hat. Anlaß seines zweiten Besuches war gerade der Marianische — Wer Mitchristen verdeutlichen will, daß sie wie Licht Weltkongreß, an dem er persönlich teilnehmen wollte. Dies und Salz in der Welt wirken sollen, ja, Gottes Antlitz den soll uns an den Spruch erinnern, der unsere katholische Fröm- Menschen sichtbar machen können, dem liegt auch der Hin- migkeit bestens zusammenfaßt: Omnes cum Petro ad Jesum weis auf Maria nahe, die durch ihre leibliche wie geistige Mut- per Mariam. terschaft zur Vermittlerin Gottes geworden ist. — Wer in der Erwachsenenkatechese einem müdege- wordenen Glauben neue Impulse zur Vertiefung, Belebung und aktiven Bezeugung zu geben versucht, kann auf Maria Schreiben von Kardinal Casaroli an den Vor- verweisen, von der es heißt: „Sie bewahrte alles, was gesche- sitzenden der Deutschen Bischofskonferenz hen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach" (Lk 2, 19), und die den Menschen ausdrücklich aufgetragen hat: Am 18. November 1986 hat Kardinalstaatssekretär „Was er (Jesus) euch sagt, das tut!" (Joh 2, 5). Casaroli im Auftrag des Heiligen Vaters an Kardinal — Wer einsamen, leidenden und verzweifelnden Men- Höffner in dessen Eigenschaft als Vorsitzenden der Deut- schen einen Weg zu Trost und neuer Hoffnung schenken schen Bischofskonferenz folgendes Schreiben gerichtet: möchte, schaut zusammen mit ihnen auf Maria unter dem Kreuz ihres geliebten Sohnes (vgl. Joh 19, 25), auf das starke Sehr verehrter Herr Kardinal! Herz der Gottesmutter, die Christus uns allen zur Mutter Mit Freude hat der Heilige Vater durch das örtliche Sekre- gegeben hat (vgl. Joh 19, 27). tariat des kommenden Internationalen Marianischen Kon- — Wer dem suchenden Menschen unsere Heilserfüllung gresses in Kevelaer im September 1987 erfahren, daß die in Gott darlegen will, wer die Antwort unseres Glaubens auf Gläubigen in Ihrem Land durch eine intensive maria- die bohrende Frage nach dem Schicksal der Verstorbenen zu nische Pastoral auf dieses wichtige geistliche Ereignis im erläutern hat, wird gern auch auf die Frohe Botschaft von der Leben der Kirche vorbereitet werden sollen. Wenn es sich endgültigen Vollendung Mariens in Gottes Herrlichkeit hin- auch hierbei um einen internationalen Kongreß handelt, den weisen. sich die ganze Kirche zum Anliegen macht, so bedeutet er Wer in seinem Dienst in der Seelsorge und Verkündigung doch für die Ortskirchen des jeweiligen Gastlandes eine ganz während der Monate der Vorbereitung auf den Marianischen besondere Gnadenzeit. Kongreß in Kevelaer so vorgeht, wird entdecken, wie das Das pastorale Thema des Kongresses lautet: „Maria— Mut- Leben und Wirken der Mutter Jesu mit allen Phasen unseres ter der Gläubigen". Durch die gläubige Annahme ihrer Sen- eigenen christlichen Lebens vielfältig verknüpft ist. Glau- dung als Mutter Christi in allen Bereichen ihres Lebens ist bensbesinnung, gemeinsames Gebet und liturgische Feier las- Maria zuin Vorbild eines jeden Gläubigen geworden; sie ist sen dann auf dem Grund unserer Seele das Bild der Mutter für uns Wegbegleiterin und Mutter auf unserer Pilgerschaft neu aufleuchten: Wie das Bild unserer leiblichen Mutter ruht als Volk Gottes. So lädt das Thema des Kongresses dazu ein, dort still, aber prägend auch das Bild unserer Mutter im Glau- die Stellung und Bedeutung Mariens in der Heilssendung der ben: Maria — die Mutter der Gläubigen. Ein so vorbereiteter Kirche neu zu bedenken und für das Leben der Gläubigen Mensch wird dann die Botschaft des Marianischen Kongres- heute fruchtbar zu machen. ses selbst tiefer verstehen und in Freude und Dankbarkeit auf- In hervorragender Weise hat das II. Vatikanische Konzil nehmen können. im letzten Kapitel der Dogmatischen Konstitution über die Allen, die bereit sind, an der geistigen Vorbereitung auf Kirche die Aufgaben der Gottesmutter im Geheimnis Christi den Marianischen Kongreß in Kevelaer im September 1987 und der Kirche herausgestellt; Papst Paul VI. hat danach im mit den ihnen geschenkten Gnadengaben mitzuwirken, Jahre 1974 in seinem Apostolischen Schreiben „Marialis Cul- erteilt Papst Johannes Paul von Herzen seinen Apostolischen tus" die pastoralen Aspekte zur „rechten Gestaltung und För- Segen. derung der Marienverehrung" eingehend behandelt. Dort Indem ich Sie, sehr verehrter Herr Kardinal, über die spricht der Papst von der notwendigen „trinitarischen, chri- besondere geistliche Anteilnahme des Heiligen Vaters an die- stologischen und ekklesiologischen Ausrichtung der Marien- ser Initiative einer intensiveren marianischen Pastoral unter- verehrung" und nennt dabei vier Leitlinien für deren kon- richte, darf ich Sie zugleich bitten, alle Oberhirten Ihrer krete Ausgestaltung: biblisch, liturgisch, ökumenisch und Bischofskonferenz herzlich zur Mithilfe einzuladen. anthropologisch. Der Heilige Vater Johannes Paul II. emp- fiehlt nun allen Seelsorgern, Bischöfen wie Priestern, den Mit aufrichtigem Dank hierfür verbleibe ich Theologen und Lehrern, den Laien im Dienst der Glaubens- Ihnen im Herrn sehr verbunden, verkündigung zusammen mit den Marianischen Vereinigun- Agostino Card. Casaroli gen und den Ordensgemeinschaften sehr nachdrücklich, Kardinalstaatssekretär - M 23 - - M 24- Internationaler Mariologischer Arbeitskreis 6. Johannes Paul II. Marianische Texte (1985-1986), (Ergänzungen), (Hrsg. Folgende Schriften aus unseren Reihen von J. Stöhr), 1986, (ca. 50 S.) DM 3,50. 7. TOTUS TUUS „Marianische Schriften und Kleinschriften des mariologi- Theologische Kommentare zur Mariologie Johannes schen Arbeitskreises Kevelaer" können zur Vorbereitung des Paul II., (Hrsg. von G. Rovira und J. Stöhr), Bd. I, St. Otto- Marianischen Jahres und des Marianischen Weltkongresses Verlag Bamberg 1986, DM 48,--. nützlich sein: 8. Die sonnenbekleidete Frau 1. Im Gewande des Heils Die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel. Über- Die Unbefleckte Empfängnis Mariens als Urbild der windung des Todes durch die Gnade, (Hrsg. von G. menschlichen Heiligkeit, (Hrsg. von G. Rovira), Ludgerus- Rovira), Verlag Butzon & Bercker Kevelaer 1986, (278 S.) Verlag Essen 1980, (174 Seiten) DM 19,80. DM 39,--. 2. Das Zeichen des Allmächtigen 9. Jutta Burggraf, Die Mutter der Kirche und die Frau Die Unbefleckte Empfängnis Mariens in ihrer Ver- in der Kirche, Kleine Schriften des IMAKs. Verlag Butzon & bindlichkeit für das christliche Leben, (Hrsg. von G. Bercker Kevelaer, DM 6,--. Rovira), Verlag J. W. Naumann Würzburg 1981, DM 29,80. 10. Leben mit der Mutter des Herrn — Mein Glaubens- 3. Die Mutter der schönen Liebe buch über Maria, (Hrsg. von A. Baur, W. Plöger, G. Rovira Die Marienverehrung im Leben der Kirche und der und R. Schulte Staade), Verlag Butzon & Bercker Kevelaer Christen, (Hrsg. von G. Rovira), Verlag J. W. Naumann 1987. Würzburg 1982, (221 S.) DM 29,80. 11. Maria im Geheimnis Christi und der Kirche — Glau- 4. Der Widerschein des ewigen Lichtes bensbuch über Maria, (Hrsg. von G. Rovira, J. Schumacher Marienerscheinungen und Gnadenbilder als Zeichen und J. Stöhr), Verlag Butzon & Bercker Kevelaer 1987. der Gotteskraft, (Hrsg. von G. Rovira), Verlag Butzon & Alle Bücher erhältlich durch IMAK, Kapellenplatz 35, Bercker Kevelaer 1984, (283 5.) DM 39,--. Postfach 257, 4178 Kevelaer 1. 5. Johannes Paul II. Wärmstens zu empfehlen ist auch das Lexikon der Marianische Texte (1965-1985), (Hrsg. von J. Stöhr), St. Marienkunde, Hrsg. vom Institutum Marianum Regens- Otto-Verlag Bamberg 1985, (790 5.) DM 98,--. burg, Schwarze-Bären-Str. 2, 8400 Regensburg.

JOSEF HECKENS schon in meiner Jugend gern Wallfahrten gemacht habe. Und bei meinen apostolischen Reisen als Nachfolger Petri waren „Er macht die Kleinen groß" die Besuche der Marienwallfahrtsorte immer Höhepunkte ..." Die Wallfahrt zum Gnadenbild der • Auf weitere große Ereignisse bereitet sich Kevelaer vor: „Consolatrix afflictorum" in Kevelaer Vom 10. - 17. September 1987 findet dort der 10. Mariolo- gische Weltkongreß statt. Theologen, Historiker, Soziologen • Bedeutende Ereignisse richten im Jahr 1987 die beson- verschiedener Konfession und Nationalität widmen sich dem dere Aufmerksamkeit auf den Marienwallfahrtsort Kevelaer. Thema „Die Marienverehrung im 19. und 20. Jahrhundert bis Die apostolische Reise nach Deutschland führt Papst Johan- zum II. Vatikanischen Konzil (1789-1962)". Der 17. Maria- nes Paul II. am 2. Mai zur niederrheinischen Gnadenstätte. Er nische Weltkongreß schließt sich vom 18. - 20. September kommt als Pilger und eröffnet die diesjährige Wallfahrt. Kurz unmittelbar an. Die Kongresse stehen unter dem Leitwort vor dem Beginn des Marianischen Jahres 1987/88 wird der „Maria, mater fidelium — Mutter der Glaubenden". Zu die- Heilige Vater vor dem kleinen Gnadenbild der „Trösterin der sem Treffen sind alle Gäubigen eingeladen. Das Hauptanlie- Betrübten" verweilen. Er wird damit seinen Wunsch unter- gen beider Kongresse ist die weltweite Förderung der Marien- streichen wollen, daß die Feier dieses Jahres ganz besonders verehrung. an den Wallfahrtsstätten begangen werden soll. Mit seiner Pil- gerreise nach Kevelaer fügt Johannes Paul II. diesen Gnaden- Die geographische Lage Kevelaers ort ein in den Kranz der von ihm schon zuvor besuchten gro- • Es erscheint nützlich, diesen kurzen Hinweis zu geben: ßen Stätten der Marienverehrung: Guadalupe, Tschensto- Kevelaer liegt in Nordrhein-Westfalen, linksrheinisch, in der chau, Loreto, Knock, Aparecida/Brasilien, Altötting, Bacla- niederrheinischen Tiefebene, im nördlichen Teil der Region ran/Philippinen, Fatima, Lujan/Argentinien, Saragossa, zwischen Rhein und Maas, unweit der niederländischen Lourdes, Mariazell, Einsiedeln. Grenze, an der Bahnstrecke Köln — Kleve — Nijmegen, an der • Es sei dem Verfasser erlaubt, hier dieses Erlebnis zu Autobahn 57 Köln — Goch — Nijmegen. berichten: Als er im Mai 1979 an einer Audienz im Vatikan teilnehmen durfte, kam Johannes Paul II. auf die Kevelaerer Ein Blick in die Geschichte Wallfahrt zu sprechen und fragte überraschend: „Sie möchten • Politisch gehörte Kevelaer bis ins 16. Jahrhundert zum mich wohl zu einem Besuch einladen?" Erfreut nutzten wir Herzogtum Geldern. Wenige deutsche Kleinstaaten, so urtei- auch ohne Auftrag die sich bietende Gelegenheit und über- len Historiker, haben eine so unruhige, wechselvolle Vergan- reichten dem Papst zur Einstimmung das Buch „Begegnung genheit erfahren wie diese Region. Frieden und ungestörtes mit Kevelaer". Er sagte, Kevelaer kenne er noch nicht, im Jahr menschliches Glück blieben vielen Generationen vorenthal- zuvor sei er mit dem Primas von Polen in Neviges gewesen. ten. Als das geldrische Herzogshaus erlosch, unterwarf Kaiser „Nun wollen wir aber zunächst die Reise nach Polen der Mut- Karl V. 1543 das Herzogtum. Kevelaer wurde mit dem Gel- ter von Tschenstochau anvertrauen, damit alles gut wird." derland den spanischen Niederlanden zugeschlagen und • Durch die Einladung auf hoher Ebene wird dem Papst geriet so für lange Zeit erneut in die europäischen Streite- nun die Begegnung mit dem Gnadenbild zu Kevelaer und mit reien. 1568 begann der spanisch-niederländische Krieg. Es den Pilgern aus Deutschland und den Benelux-Ländern mög- wurde ein 80jähriger Krieg, der den Menschen unsagbares lich. Dies dürfte auch seinem Wunsch entsprechen, denn er Leid brachte. Aus den historischen Berichten geschehener sagte am 12. Mai 1982 in Fatima: „Ihr wißt sicher, daß ich Unmenschlichkeiten sei ein Ereignis des Jahres 1635 heraus- - M 25 - - M 26- gehoben — das Todesjahr Friedrich von Spees —: Kroatische wurde das Gnadenbild im Jubiläumsjahr 1892 gekrönt mit Söldner, kaiserliche Truppen des Feldherrn Piccolomini, die einer goldenen Krone. Das Jubiläumsgeschenk aus Luxem- eigentlich zum Schutze hätten kommen sollen, töteten am burg ist neben dem Gnadenbild zu sehen: zwei silberne, stark 1. August 1635 fast alle, an die hundert sich in einer Schanze vergoldete Rosenzweige. „Ein Zeichen der Liebe von der verbergenden Einwohner Kevelaers. Das an gleicher Stelle Mutter zur Tochter", lautet die Inschrift auf blauem und wei- errichtete steinerne "Kroatenkreuz" erinnert noch heute an ßem Emaille. Die Pilger können das Gnadenbild ganz nah dieses Geschehen. Verbrannte Erde, Hunger, Seuchen, Tod — schauen und betrachtend verharren, wenn die Reihe der War- das war die Schreckenssumme jener Zeit für das Land zwi- tenden nicht gar zu groß ist. schen Rhein und Maas. Keine Macht der Erde schien Hilfe und Rettung bieten zu können. Gab es keine Hoffnung und Spirituelle Gedanken zur Kevelaer-Wallfahrt keinen Trost in dieser schweren Zeit? • Ursprung der Wallfahrt ist ein schlichter Auftrag der Die Entstehung der Wallfahrt „Stimme", ein „Licht" und als bleibendes sichtbares Zeichen • Um Weihnachten 1641 war der Handelsmann Hendrick ein kleines papierenes Bild. Weil „Er Geringes erhöhte", Busman aus Geldern, 35 Jahre alt, wieder einmal mit seiner wurde Kevelaer zu einer Stätte des Gebetes und des Glau- Kiepe unterwegs und hielt zum Gebet an einem Hagelkreuz bens. Bei der Betrachtung vor dem Gnadenbild kommen die an, das in der Heide bei Kevelaer stand, am Schnittpunkt Worte des Magnificat in den Sinn: "Er hat gnädig auf seine zweier Heerstraßen, die vom Rhein zur Maas und von Köln arme Magd geschaut" und „Er bringt die Armen zu Ehren". nach Nijmegen führten. Während des Gebetes vernahm er Das II. Vatikanische Konzil sagt in „Lumen gentium" (55) eine Stimme: „An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen über Maria: „Sie ragt unter den Demütigen und Armen des bauen!" Busman fürchtete, es könnte eine Täuschung sein. Herrn hervor, die das Heil mit Vertrauen von ihm erhoffen Sieben oder acht Tage später, Anfang 1642, hörte er deutlich und empfangen." an gleicher Stelle dieselben Worte und vernahm wenige Tage • Gläubige und trostsuchende Menschen rufen Maria in danach die Stimme zum drittenmal. Noch behielt er ängstlich ihren Anliegen an und verehren sie. Sie wenden sich an jene, das Gehörte für sich. Da schaute einen Monat vor Pfingsten die Christus uns vom Kreuz herab als Mutter gab. Das Evan- 1642 seine Frau nächtlich in strahlendem Licht ein Kapell- gelium der Kevelaerer Votivmesse „Ave spes nostra" ist Joh chen und darin aufgestellt ein kleines Bild, wie es ihr kurz 19,25-27 entnommen: „Siehe, deine Mutter". Wahrer Trost zuvor zum Kauf angeboten wurde. Es war ein Andachtsbild kommt aus der Mitte des Leides. Maria harrte aus unter dem Unserer Lieben Frau von Luxemburg. Busman erkannte das Kreuz, gestärkt und getröstet vom Gott allen Trostes (2 Kor 1, Zeichen. Das Bildchen wurde gekauft, der Bau des Kapell- 3-4); so wird den Betenden und Bittenden aus dem Herzen chens begonnen an der Stelle, welche die Stimme gebot und der Mutter menschlicher und zugleich göttlicher Trost zuteil. in der Weise, wie sie im Licht gesehen war. Das Bild wurde „Trösterin der Betrübten", sagt Johannes Paul II., „das ist eine einfach auf ein Brett geklebt und zunächst dem Kloster der Dimension der mütterlichen Gegenwart in Kirche und Welt. Karmelitessen zu Geldern zur Aufbewahrung gegeben, dann Gott schenkt uns ... sozusagen den mütterlichen Widerschein dem Kapuzinerkloster am gleichen Ort. Rasch hatten sich die seines Trostes." Dies mögen die Wallfahrer angesichts des Ereignisse herumgesprochen. In aller Stille holte der Pastor kleinen Gnadenbildes der Trösterin bewußt oder mehr von Kevelaer, Johannes Sehink, das Bild ab und stelle es am ahnend empfinden. Das Bild ist ihnen ein anschauliches Zeichen 1. Juni 1642 in das inzwischen fertig gebaute Kapellchen zu dafür, daß Gottes Güte im Kleinen seine Größe erweisen kann. Kevelaer. • Dies ist bezeugt im Protokoll der kirchlichen Synode zu Kevelaer — ein westeuropäischer Wallfahrtsort Venlo am 13. Februar 1647 über die unter Eid gemachte Ver- • Die Geschichte verbindet Kevelaer eng mit Luxemburg, nehmung des Hendrick Busman. Die Namen der 24 Mitglie- den Niederlanden und Belgien. Kirchlich gehörte es zum Erz- der der Synode sind bekannt. Sie war bemüht, die Vorgänge bistum Köln, seit 1559 'zur Diözese Roermond. Da von der in Kevelaer und Geldern zu untersuchen und nur das gelten Einsetzung des Gnadenbildes an zahlreiche Pilger kamen, zu lassen, was vor dem Urteil ihrer Zeit und der späteren Jahr- sandte auf Anraten des Mechelner Erzbischofs die Bischöf- hunderte bestehen konnte. Im Protokoll heißt es: „Sofort an liche Behörde von Roermond 1646 Oratorianer aus dem bra- demselben Tage kam zu dem Heiligenhäuschen eine große bantischen Wallfahrtsort Scherpenheuvel. Sie sollten die Menge Menschen aus Geldern und anderen Ortschaften. Wallfahrer seelsorglich betreuen, die Wallfahrt nach dem Auch geschahen einige Wunder, welche aufgezeichnet sind." Vorbild Scherpenheuvel leiten und ordnen. Eine Wallfahrts- Das Gnadenbild in Kevelaer kirche, die heutige Kerzenkapelle, war schon bis 1645 nach • Ein Andachtsbild der seit 1624 in Luxemburg verehrten einem Vorbild von Zand bei Roermond erbaut. 1647 entstand „Trösterin der Betrübten", ein kleiner unscheinbarer Kupfer- das Kloster, das auch heute noch die Wallfahrtsleitung beher- stich, wahrscheinlich in Antwerpen gedruckt, wurde zum bergt, zugleich Pfarrhaus der Kirchengemeinde St. Marien Gnadenbild in Kevelaer. Die Inschrift des Bildes lautet (Über- und Exerzitienhaus ist. Das Heiligenhäuschen wurde 1654 setzung): „Wahres, durch Wunder und den Besuch der Men- mit der sechseckigen Gnadenkapelle überbaut, die immer schen berühmtes Abbild der Mutter Jesu, Trösterin der noch der Mittelpunkt des eindrucksvollen Kapellenplatzes ist. Betrübten, vor der Stadt Luxemburg, im Jahre 1640". Das im • Politisch blieb Kevelaer auch nach dem Frieden zu Lauf der Jahrhunderte stark verblaßte Bild zeigt im Vorder- Münster 1648 unter spanischer Herrschaft. Der Streit um die grund die Madonna mit weitem Mantel, auf dem linken Arm spanische Erbfolge endete für Kevelaer damit, daß es 1713 das Jesuskind mit Krone und Weltkugel, in ihrer Rechten das preußisch wurde. Eingriffe in kirchliche Angelegenheiten Zepter, auf dem Haupt eine Sternenkrone. Im Hintergrund waren die Folge. Andererseits huldigte der Preußenkönig links sieht man die Stadt Luxemburg, rechts die Luxemburger Friedrich Wilhelm I. dem Gnadenbild durch seinen Besuch Gnadenkapelle vor den Mauern der Stadt. Ein Schriftband im Jahre 1714. Er hatte die Wappenschilder der Prozessionen darüber lautet: Consolatrix afflictorum, ora pro nobis. in der Kerzenkapelle gesehen und sandte später sein königli- • Das Bild wird in der Gnadenkapelle aufbewahrt. Es ist ches Wappenschild. Es hängt in der Kerzenkapelle und wurde geborgen in einem Schrein, umgeben von kostbaren Gaben, vor einigen Jahren auf der Preußen-Ausstellung in Berlin als Zeichen des Dankes für Hilfe durch die Fürsprache der Got- ein Beispiel religiöser Toleranz des reformierten preußischen tesmutter. Im Auftrag des Kapitels von St. Peter zu Rom Königshauses gezeigt. 1792 drangen französische Truppen in - M 27 - - M 28 - das Oratorianerkloster ein. 1802 wurde das Kloster aufgelöst. Mehrzahl kommt in Kleingruppen, im Familienkreis oder als Kevelaer kam zum neuen Bistum Aachen und nach dem Wie- Einzelpilger. Etwa 750 Prozessionen kommen regelmäßig, ner Kongreß, als Preußen dieses Gebiet wieder in Besitz davon etwa 170 aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg nahm, 1821 zum westfälischen Bistum Münster. Erneut gab es und anderen Ländern. Darin eingeschlossen sind etwa 100 staatlich verfügte Behinderungen des Wallfahrtslebens. Sogar Fußprozessionen, 30 Radfahrprozessionen und eine Wall- die Bischöfe von Münster und Köln erließen einschränkende fahrt der Motorradfahrer. Viele Prozessionen haben eine Anordnungen. Aber der Zustrom der Pilger hielt an, und 1864 lange Tradition, die zum Teil bis ins 17. und 18. Jahrhundert konnte die große Wallfahrtskirche St. Marien eingeweiht wer- reicht. den. Sie erhielt 1923 den Rang der Basilica minor. Ausblick • Viele Einzelheiten können in diesem Beitrag nicht erwähnt werden. Die bewegte Wallfahrts- und Regionalge- • „Wallfahrtsorte sind die heimlichen Hauptstädte der schichte Kevelaers ist gekennzeichnet von vielfältiger Not, Welt", ein Wort von Konrad Adenauer. Sie sind Zielpunkte häufiger politischer Willkür, Wandelbarkeit staatlicher Gren- menschlicher Hoffnung. Unsere krisenhafte Zeit, die Angst zen und wechselnder kirchlicher Zugehörigkeit. Umso schär- vor unvorstellbarer Zerstörung, die Frage nach der Zukunft, fer kommt der ununterbrochene Zug der Wallfahrer durch bereitet vielen Menschen heute tiefe Betrübnis. So wird das die Jahrhunderte bis heute in den Blick. Historische Erklärun- Gnadenbild wohl ein Spiegel der Menschenschicksale blei- gen reichen nicht aus. Es kann nur die Ausstrahlung des Gna- ben. Wer von außerhalb der Kapelle durch die große Fenster- denbildes sein, welche die Menschen anzieht, und das Ver- öffnung auf das Gnadenbild schaut, wird sich selbst wie in trauen auf die Fürsprache der „Trösterin der Betrübten". einem Spiegel entdecken. Er kann mit den Worten des Prie- sterdichters Wilhelm Willms sprechen: „wir sind im bild, Etwas Statistisches wenn wir dich sehn im gnadenbild, maria, laß uns in deinem • Die Zahl der jährlichen Pilger liegt bei 600 000. Die schatten stehn am gnadenort, maria."

HEINRICH HERBERTZ SVD schenseelen. Sie schrien vor Schmerz und Verzweiflung. Hil- fesuchend schauten wir zur seligsten Jungfrau empor, die uns 70 Jahre Fatima voll Güte und Traurigkeit das Geschehene erklärte: „Ihr habt — Überblick über die Geschichte und die Botschaft Fatimas — die Hölle gesehen. Dorthin kommen die Seelen der Sünder. Zu ihrer Rettung will der Herr die Andacht zu meinem unbe- Am 1. Januar 1987 hat der Hl. Vater ein Marianisches Jahr fleckten Herzen in der Welt begründen. Wenn man tut, was ausgerufen. Es soll am Pfingstfest 1987 beginnen und im ich euch säge, werden viele Seelen gerettet, und es wird Friede darauffolgenden Jahr mit dem Fest der Aufnahme Marias in sein. Dieser Krieg geht seinem Ende entgegen. Wenn man den Himmel enden. Gleichzeitig kündete der Papst eine neue aber nicht aufhört, Gott zu beleidigen, dann wird ein anderer Enzyklika über die Gottesmutter an. „Wir wollen, daß du, schlimmerer Krieg beginnen. Gott wird die Welt strafen Maria, am Horizont des Advents unserer Zeit aufscheinst, durch Krieg, Hungersnot und Verfolgung der Kirche und des während wir uns dem 3. Jahrtausend nach Christus nähern." Hl. Vaters. Um das zu verhüten, werde ich kommen und die Es ist sicher kein Zufall, wenn dieses Marianische Jahr mit der Weihe Rußlands an mein unbeflecktes Herz und die Sühne- 70-Jahr-Feier in Fatima zusammenfällt. Dort hat Maria ihre kommunion an den ersten Samstagen des Monats verlangen. Botschaft an die Menschen gerade unserer Zeit gerichtet. Wenn man auf meine Wünsche hört, wird Rußland sich bekehren, und es wird Friede sein. Wenn nicht, dann wird Die Erscheinungen seine Irrlehre sich verbreiten. Sie wird Kriege und Verfolgun- Es war im Jahr 1917. Portugal war seit einem Jahr in den gen der Kirche heraufbeschwören. Der Hl. Vater wird viel zu ersten Weltkrieg einbezogen. Fatima war noch ein unbekann- leiden haben. Verschiedene Nationen werden vernichtet wer- tes Dorf, etwa 130 km nördlich von der Hauptstadt Lissabon. den. Am Ende aber wird mein unbeflecktes Herz triumphie- In der Nähe von Fatima, in dem kleinen Weiler Aljustrel, leb- ren. Der Hl. Vater wird mir Rußland weihen, das sich bekeh- ten die drei Kinder Lucia dos Santos — 10 Jahre alt, ihr Vetter ren wird. Und eine Zeit des Friedens wird der Welt geschenkt Francisco Marto — 9 Jahre alt und dessen Schwester Jacinta — werden. Sagt niemand etwas davon." 7 Jahre alt. Die Kinder besuchten keine Schule. Nur Lucia 25 Jahre blieben diese Offenbarungen vor der Welt verbor- hatte bereits mit 7 Jahren die erste hl. Kommunion empfan- gen. Im Jahr 1936 gab der Bischof von Leiria Lucia den Auf- gen. Durch diese drei Kinder wollte Maria zur Welt sprechen. trag, einen genauen Bericht über die Erscheinungen zu schrei- In einem Jahrhundert, das geprägt ist von Krieg und Terror, ben, „ohne etwas zu übergehen, was bekannt werden kann". von Gottlosigkeit und Sittenlosigkeit hat Maria den Hinter- Zwei Teile dieser Offenbarungen sind inzwischen veröffent- grund des Weltgeschehens gezeigt und einen Weg der Hoff- licht und zwar die Höllenvision und die Voraussagen über nung und Rettung gewiesen. Maria erschien den Kindern von einen neuen Weltkrieg und die Bekehrung Rußlands. Lucia Mai bis Oktober, jeweils am 13. des Monats in der Cova da hat noch einen dritten Teil der Offenbarungen aufgeschrie- Iria, d. h. in der Mulde des Friedens. Die wichtigste Erschei- ben und dem Bischof übergeben. Das Schreiben Lucias mit nung war am 13. Juli. Mehr als viertausend Menschen hatten dem sogenannten „Dritten Geheimnis" wurde im Jahr 1960 sich in der Mulde versammelt. Zur Mittagszeit leuchtete ein Papst Johannes XXIII. überreicht. Der Papst hielt es für rich- Blitz auf. Dann sahen die Kinder „die Dame" im strahlenden tig, diese Offenbarung nicht zu veröffentlichen. Kardinal Licht. Lucia fragte: „Was wollt ihr von mir?" Und die Dame Ottaviani, der Einblick in das Dritte Geheimnis erhielt, sagte antwortete: „Ich möchte, daß ihr am 13. des kommenden beim 50jähringen Jubiläum der Erscheinungen: „In dem Teil Monats wieder hierher kommt, daß ihr jeden Tag den Rosen- der Botschaft von Fatima, der nicht geheim zu bleiben kranz betet, um den Frieden für die Welt und das Ende des braucht, ist bereits alles enthalten, was die Menschen interes- Krieges zu erlangen. Im Oktober werde ich euch sagen, wer sieren kann. Maria hat Gebet und Umkehr verlangt, und sie ich bin und was ich wünsche. Dann werde ich ein großes gab zu verstehen, daß dies die beiden Mittel sind, um die Wunder tun, damit alle glauben." Darauf ließ Maria die Kin- schrecklichen Strafgerichte zu vermeiden." der einen Blick in die Hölle tun. „Wir sahen ein großes Feuer- Das große Wunder, das Maria im Juli angekündigt hatte, meer. Eingetaucht in dieses Feuer trieben Teufel und Men- geschah bei der letzten Erscheinung der Gottesmutter am - M 29 — — M 30- 13. Oktober. Mehr als 70 000 Menschen hatten sich in der Mitleid und Güte für die Menschen erfüllt ist. In Fatima wer- Cova da Iria versammelt. Genau zur Mittagsstunde erblickte den vor allem drei Formen der Herz-Mariä-Verehrung die Menge eine weiße Wolke, die sich um die Kinder legte. genannt, und zwar die Übung der Mariensamstage, das Beten Lucia fragte: „Wer seid ihr und was wollt ihr von mir?" Darauf des Rosenkranzes und die Weihe an das Herz Mariä. kam die Antwort: „ Ich bin Unsere Liebe Frau vom Rosen- Über die Herz-Mariä-Sühnesamstage wurde Lucia am kranz. Ich bin gekommen, um die Gläubigen zu ermahnen, 10. Dezember 1925 in Pontevedra näher belehrt. Sie weilte ihr Leben zu ändern, Gott, der so sehr beleidigt wird, nicht dort einige Monate, um sich auf den Eintritt in den Orden der mehr durch die Sünde zu betrüben, den Rosenkranz zu beten Dorotheerinnen vorzubereiten. Die Gottesmutter sagte zu und Buße zu tun für ihre Sünden." Gleich daruf geschah das ihr: „Laß alle Menschen wissen, daß ich jenen die für die Sonnenwunder. Die Sonne kreiste dreimal nacheinander. Todesstunde notwendige Gnade erflehen werde, die mit der Nach dem dritten Kreisen verfärbte sie sich blutrot und schien Absicht, mir Sühne zu leisten, am ersten Samstag von fünf auf- auf die Menge herunterzustürzen. Dieses Sonnenwunder einanderfolgenden Monaten beichten, kommunizieren und dauerte etwa zehn Minuten. Selbst aus 30 und 40 km Entfer- den Rosenkranz beten." nung wurde diese Erscheinung wahrgenommen. Das Gebet, das Maria in Fatima besonders empfiehlt, ist Die Botschaft: Forderungen und Verheißungen der Rosenkranz. Ihr letztes Wort in Fatima lautet: „Die Men- schen sollen den Rosenkranz beten und Buße tun für ihre Sün- Seit 1917 ist Fatima da und entfaltet seine weltweite Sen- den." Und sie wiederholte fast bei jeder Erscheinung: „Betet dung. Es ist dort manches anders als an anderen Wallfahrtsor- täglich den Rosenkranz." Ja, sie offenbarte sich bei der letzten ten. Es gibt auch in Fatima Heilungen von Krankheit, aber das Erscheinung ausdrücklich als „Unsere Liebe Frau vom ist nicht das Wichtigste. Es gibt auch Gebetserhörungen, aber Rosenkranz". Die Kinder haben die Anregungen der Gottes- das ist auch nicht das Entscheidende. Vor allem werden in mutter zum Rosenkranzgebet sehr ernst genommen. Es war Fatima Forderungen aufgestellt und Verheißungen gegeben. ihr fester Vorsatz: Kein Tag ohne Rosenkranz. Oft waren es Und die große Verheißung Fatima ist vor allem die Bekeh- zwei, zuweilen sogar fünf oder noch mehr Rosenkränze, die rung Rußlands und der Friede in der Welt. sie an jedem Tag beteten. Ganz sicher hat das Rosenkranzge- Die erste Voraussetzung dafür ist Buße und Umkehr. bet durch Fatima neue Impulse in der Kirche bekommen. „Die Menschen sollen Gott nicht länger beleidigen, denn er Heute bemühen sich besonders das Fatima-Apostolat Unse- ist schon zuviel beleidigt". Das ist das letzte Wort, das Maria rer Lieben Frau und der Rosenkranzkreuzzug um die Verbrei- in Fatima gesprochen hat. Als Papst Johannes Paul II. am tung des täglichen Rosenkranzgebetes. So konnte der Weihbi- 13. Mai 1982 in Fatima weilte, sagte er: „Wenn die Kirche die schof von New York, Fulton Cheen, sagen: „Fatima ist die Botschaft von Fatima angenommen hat, dann vor allem des- größte Auseinandersetzung mit dem Kommunismus. Moskau halb, weil sie einen Anruf und eine Wahrheit enthält, die in hat Millionen unter den Waffen. Fatima hat Millionen mit ihrem wesentlichen Inhalt die Wahrheit und der Ruf des dem Rosenkranz in der Hand." Evangeliums selber sind. „Kehrt um und glaubt an das Evan- gelium!" (Mk 1,15) Das sind die ersten Worte, die der Heiland Und schließlich fordert Maria die Weihe der Welt, und an die Menschheit richtet. Die Botschaft von Fatima ist in vor allem die Weihe Rußlands an ihr unbeflecktes Herz. ihrem Kern der gleiche Ruf zur Umkehr. Dieser Ruf ist zu Nicht nur bei der dritten Erscheinung, sondern auch 1929 in Beginn des 20. Jahrhunderts ergangen. Er richtet sich deshalb der Kapelle von Tuy, wo Lucia als Novizin weilte, hat Maria in besonderer Weise an dieses Jahrhundert." von dieser Weihe gesprochen: „Es ist der Augenblick gekom- Mit dem Wort Buße und Umkehr ist das Wort Sühne eng men, daß Gott den Hl. Vater bittet, in Verbindung mit allen verbunden. Fast bei jeder Erscheinung fordert Maria die Kin- Bischöfen der Welt, Rußland meinem unbefleckten Herzen der auf, Sühne zu leisten: „Wollt ihr euch dem Herrn hin- zu weihen. Er will das Land dadurch retten." Papst Pius XII. geben und seid ihr bereit, Opfer zu bringen und alle Leiden hat am 8. Dezember 1942 das ganze Menschengeschlecht auf euch zu nehmen, die er euch schickt, um Sühne zu leisten dem Herzen Mariä geweiht. Am 7. Juli 1952 bezog er dann für die vielen Sünden, womit Gott beleidigt wird, und um diese Weihe ausdrücklich auf die Völker Rußlands. Und als Genugtuung zu leisten für alle Beleidigungen, die dem Unbe- Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1982 als Pilger in Fatima fleckten Herzen Mariä zugefügt werden?" (13. Mai 1917) Die war, vollzog auch er diese Weihe. Im gleichen Jahr wandte er Kinder haben diese Worte ernstgenommen. Im Geiste der sich an alle Bischöfe mit der Bitte, am 25. März 1984, im HI. Sühne nahmen sie Hunger und Durst, Abtötung und viele Jahr der Erlösung, diese Weihe mit ihren Diözesen zu Gebete auf sich. Und so verabschiedete sich die neunjährige erneuern. Er ließ dazu die Gnadenstatue von Fatima nach Jacinta von ihrem totkranken Bruder Francisco mit den Wor- Rom bringen und vollzog vor diesem Bild den Weiheakt. Das ten: „Sag unserem Heiland viele liebe Grüße und auch Unse- Weihegebet des Papst endet mit den aktuellen Bitten um rer Lieben Frau. Sag ihnen, daß ich alles für die Sünder leiden Befreiung von Krieg und Hunger, von Sünden gegen das will, was sie wünschen, um dem Unbefleckten Herzen Mariä Leben des Menschen und von jeder Ungerechtigkeit im sozia- genugzutun." In dem Grußwort, das der Hl. Vater am 13. Mai len, nationalen und internationalen Leben. „In deinem unbe- 1983 von Rom aus an die Pilger in Fatima richtete, greift auch fleckten Herzen offenbare sich allen Menschen das Licht der er diesen Gedanken der Sühne auf: „In großer Unruhe fühlt Hoffnung." sich der Papst verpflichtet, Sühne für unsere heutige Welt zu Bei seiner Predigt am 2. Juli 1983 in Kevelaer stellte leisten, für eine Welt, die erschüttert ist von Kämpfen zwi- Bischof Dr. Graber die Frage: „Warum blickt man nicht auf schen dem Guten und dem Bösen, und die gekennzeichnet ist Fatima, wo uns die Bedingungen für den Frieden klar und ein- durch den unheimlichen Makel der Sünde, und was noch deutig verkündet wurden. Fatima bedeutet Frieden. Sollte schlimmer ist, durch das Fehlen des Sündenbewußtseins". man deshalb nicht allen Staatsmännern die entscheidenden Die Bereitschaft zur Buße und Sühne steht in Beziehung zur Worte Mariens vom 13. Juli 1917 schreiben: „Wenn man Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariä. Das ist das meine Bitten erfüllt, so wird Rußland sich bekehren und es eigentliche Marienbild von Fatima. Am 13. Juli sagte Maria: wird Friede sein." In Fatima wird sichtbar, was die Konstitu- „Um die Menschen zu retten, will der Herr die Andacht zu tion des II. Vaticanums über Maria sagt: „Sie leuchtet hier auf meinem unbefleckten Herzen in der Welt verbreiten." Fatima Erden als Zeichen der sicheren Hoffnung und des Trostes ist also eine Offenbarung des Herzens Mariä, das von dem wandernden Gottesvolk voraus." (Nr. 68) - M 31 - - M 32 - ULRICH LANGE hindern, sagte Maria, „komme ich, damit man die Welt mei- nem unbefleckten Herzen weihe und die Sühnekommunion Die Mutter unseres Vertrauens am ersten Samstag des Monats einführe." Wir feiern in der heiligen Messe das Opfer Christi am Ja, Maria versprach: Kreuze, die Eucharistie, die große Danksagung für Gottes „Wenn man meine Bitte erfüllt, wird sich Rußland bekeh- Güte und — Mariens Hilfe. Dank für Gottes Erbarmen; Dank, ren und es wird Frieden sein." Die Mutter Gottes fuhr jedoch daß wir noch dabei sein dürfen; Dank dafür, daß unsere fort: eigene Lauheit, Nachlässigkeit und Bequemlichkeit noch „Wenn nicht (d.h. also, wenn man ihre Bitten nicht erfüllt), nicht der Strafe verfallen sind; daß wir noch Zeit haben zur wird eine glaubensfeindliche Propaganda in der Welt ihre Irr- Umkehr, zur Besinnung und zum Neuanfang. Wir wenden tümer verbreiten und Kriege und Kirchenverfolgungen her- uns dabei ausdrücklich wieder an Maria, weil — wie Papst vorrufen." Sind wir etwa nicht Zeugen für die Wahrheit diese Johannes Paul II. sagt — „kein anderer uns besser in ... (das) Voraussage geworden? Geheimnis (der Erlösung) einführen kann als Maria. Nie- Maria hatte auch für Portugal vorausgesagt, daß es nicht mand ist wie Maria von Gott selbst in dieses Geheimnis einge- bolschewistisch würde. Wir alle waren wiederum Zeugen, wie führt worden. Darin besteht der Ausnahmecharakter der es lange genug auf des Messers Schneide stand, wie man sagt, Gnade der göttlichen Mutterschaft." wie aber doch Fatima Recht behielt. Und an anderer Stelle des gleichen Rundschreibens über Ist es nicht immer noch nur eine kleine Schar, die mit der den göttlichen Erlöser (Redemptor hominis) sagt der Papst: Botschaft von Fatima Ernst macht? Weil die Botschaft keinen „Maria ist die Mutter der Kirche, weil sie kraft ... (der) bleibenden Widerhall fand, haben sich leider die schreckli- Erwählung durch den Ewigen Vater ... und durch das ... Wir- chen Ankündigungen schon weithin erfüllt. ken des Geistes der Liebe das menschliche Leben dem Sohne Zwar sagt die allerseligste Jungfrau Maria: Gottes gegeben hat, ... von dem das ganze Volk Gottes die „Am Schluß wird mein unbeflecktes Herz triumphieren", Gnade und Würde seiner Erwählung empfängt." Also auch aber zuvor heißt es für den Fall des weiteren Frevels: wir! „Der ... Sohn wollte die Mutterschaft seiner Mutter aus- „Mehrere Nationen werden vernichtet werden." drücklich in einer für jeden Geist und jedes Herz leicht ver- Wir wissen, wie leicht dies heute in kürzester Zeit möglich ständlichen Weise ausweiten, indem er ihr von der Höhe des wäre. Kreuzes herab seinen Lieblingsjünger (Johannes) als Sohn Am Ende dieser dritten Erscheinung forderte die Mutter anvertraute. Der Heilige Geist gab ihr ein, ... nach der Him- des Herrn dazu auf, jedem Gesätz des Rosenkranzes das uns melfahrt unseres Herrn zusammen mit den Aposteln im bekannte Gebet hinzuzufügen: „0 Jesus, verzeihe uns unsere Abendmahlssaal in Gebet und Erwartung zu verharren bis Sünden, bewahre uns vor dem Feuer der Hölle, führe alle See- zum Pfingsttag, an dem die Kirche sichtbar geboren werden len in den Himmel, besonders jene, die deiner Barmherzig- sollte (und) aus dem Dunkel hervortrat. keit am meisten bedürfen." In der Folgezeit nahmen alle Generationen von Jüngern Nach jahrelanger sorgfältiger Prüfung, nachdem viele spe- und Gläubigen, die Christus lieben — so wie der Apostel zielle Voraussagen bereits in Erfüllung gegangen waren, wur- Johannes —, diese Mutter geistigerweise in ihr Haus auf, so den die Erscheinungen vom 13. Mai bis zum 13. Oktober daß sie von Anfang an seit dem Augenblick der Verkündi- 1917 im Frühjahr 1930 vom Bischof von Leiria als glaubwür- gung, in die Heilsgeschichte und in die Sendung der Kirche dig anerkannt und öffentliche Verehrung „Unserer Lieben eingefügt ist. Wir alle also, die wir die heutige Generation der Frau von Fatima" gestattet. Jünger Christi bilden, wollen uns in besonderer Weise ihr Am 13. Mai 1931 weihten die portugiesischen Bischöfe das anschließen." ganze Land dem Herzen Mariens. Zum Abschluß des 25jähri- Ja, gehen wir ans Werk! gen Jubiläums der Erscheinungen der Gottesmutter nahm In Fatima sprach 1917 Maria zu den Seherkindern Lucia, dann der Heilige Vater Papst Pius XII. 1942 die Weihe der Jacinta und Francisco: „Wenn man tut, was ich euch sage, Welt an das Unbefleckte Herz Mariens vor, so hatte es die werden viele Seelen gerettet, und es wird Frieden sein." Auch Gottesmutter gewünscht. wenn wir nicht wie zehntausende Menschen am 13. Oktober Wie wir das Heiligste Herz Jesu verehren und damit das 1917 über einen viele Kilometer weiten Raum zerstreut Zeu- Innerste und Wesentlichste, das Stärkste und Lebendigste an gen des vorher angekündigten sogenannten Sonnenwunders Jesus, dem Gott-Menschen, meinen, so verehren wir auch waren, haben wir vielfach die in Fatima angekündigten Ereig- Maria und ihre Innenwelt, ihr ganzes gottergebenes, gottge- nisse Zug um Zug während unserer Lebenszeit sich erfüllen hörendes Wesen, wenn wir sie unter dem Sinnbild ihres Her- sehen. zens anrufen, ansprechen und begrüßen. Uns ist ein solch rei- Maria sagte bei der dritten Erscheinung: nes, fleckenloses Herz bitter notwendig. Sie ist voll der Gnade „Der Krieg (gemeint ist der 1. Weltkrieg) geht seinem Ende und von unvergleichlicher geistiger Schönheit. Wie tief dage- entgegen; aber wenn man nicht aufhört den Herrn zu beleidi- gen ist unsere Welt gesunken! Wie sehr sind Reinheit und gen, wird nicht lange Zeit vergehen, bis ein neuer, noch Unschuld weithin Gegenstand des Spottes und der Lächer- schlimmerer Krieg beginnt ...". lichkeit! Müssen wir nicht befürchten, wenn der Geist des Wir Älteren haben das Grauen des 2. Weltkrieges noch gottlosen Materialismus und der Zerfall der Sitten weiter um allzu gut in Erinnerung. Er war sogar in Fatima für den Fall der sich greifen, daß Gottes Strafgericht erneut über uns herein- Unbußfertigkeit der Menschheit durch ein besonderes Zei- bricht? chen angekündigt worden. Maria sprach: „Wenn ihr eines Erinnern wir uns doch endlich Wieder an die Wahrheit des Nachts ein unbekanntes Licht sehen werdet, so wißt, daß es Wortes Papst Pius XII. in seinem Weltrundschreiben über das Zeichen von Gott ist ...". den mystischen Leib der Kirche (Mystici corporis Christi) von Deutlich erinnere ich mich noch an das sogenannte Nord- 1943: licht 1938, das damals Gesprächsthema unter den Jungen in „Es ist ein wahrhaft schaudererregendes Mysterium, das der Schule war. Es folgte die Besetzung Österreichs, des Sude- niemand genug betrachten kann, daß nämlich das Heil vieler tengebietes, von Böhmen und Mähren und schließlich der Menschen abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Überfall auf Polen. Bußübungen der Glieder des geheimnisvollen Lebens Jesu Um Krieg, Hungersnot und Verfolgung der Kirche zu ver- Christi." - M 33 — — M 34 — Und Maria sagte im August 1917: Das Bußsakrament liegt weitgehend darnieder. Oft beich- „Es kommen viele in die Hölle, weil niemand für sie ten auch solche, die noch regelmäßig zur Kirche gehen, kaum opfert." noch einmal im Jahr. Viele aber, die durchaus unregelmäßig Ja, es gibt eine Stellvertretung und ein Füreinander im das sonntägliche heilige Opfer besuchen, gehen dennoch zur Reiche Gottes. hl. Kommunion, ohne noch in der Lage zu sein, das Allerhei- Wir haben uns leider an vieles gewöhnt. Wir finden uns ab ligste von gewöhnlicher Speise zu unterscheiden. mit Glaubenskälte und Ehrfurchtslosigkeit, mit Unzucht in Hören wir auf die Bitten Unserer Lieben Frau vom Rosen- allen ihren Spielarten, mit Abtreibung und Sünde jeder Art. kranz in Fatima, hören wir auf Maria, die Mutter Christi und Mit Recht hat schon vor Jahrzehnten der Philosoph Max unsere Mutter! Scheler darauf hingewiesen, daß bei wachsender Sünde sich Nehmen wir ihre Bitten ernst! das Schuldgefühl verringert und abstumpft, daß dagegen bei Bemühen wir uns um ein christliches Leben! geringer Verfehlung das Gewissen sich verfeinert und stei- Meiden wir die Sünde! gert. Dieses Phänomen erklärt ja wohl die heutige Situation. Beten wir für die Bekehrung der Sünder den täglichen Fatima aber ist ein Gericht über ein Christentum zu Schluß- Rosenkranz! verkaufspreisen. Nur wenn sich die Botschaft von Fatima in Bringen wir Opfer! die Herzen einsenkt, dürfen wir auf ein Erbarmen hoffen. Wie Halten wir die Herz-Mariä-Sühne-Samstage! sehr ist schon die reine Möglichkeit, daß wir unser ewiges Ziel Weihen wir uns und die Unsrigen dem unbefleckten Her- verfehlen könnten, dem Bewußtsein der meisten Zeitgenos- zen der Gottesmutter! sen entschwunden! In Fatima war 1917 die Rede von Irrtü- Dann dürfen wir mit Hoffnung in die Zukunft schauen. mern, die über die ganze Welt verbreitet werden, wenn die Jericho, das Bild jener Macht, das die widergöttlichen Menschen nicht umkehren. Gab es jemals eine Zeit, da man Kräfte in dieser Welt aufrichten, wird fallen. Jericho, die mehr auf Lügenpropheten im eleganten Anzug und mit gewaltige Sperrfestung, die uns von den Reichtümern der schmeichelnder Rede hörte? Haben wir uns nicht weitgehend Verheißungen abriegelt, die Stadt des Hochmutes und einer mit dem Zustand unserer Gegenwart abgefunden? rein irdischen Gesinnung, die uns die Zugänge zum Evange- Wollen wir nun die Welt für unseren Glauben erobern, lium und zum kommenden Reich verstellt, wird aufhören zu friedlich erobern, oder wollen wir es nicht? Halten wir Aus- existieren. schau nach dem, was wir tun können, um die Welt für den Christus hat am Kreuze gesiegt. Aber wie tief dieser Sieg Glauben zu gewinnen? Oder sind wir von jener Gesinnung, Christi in unsere Weltstunde eindringt, wie weit er den end- die fragt: Muß ich denn das durchaus tun? gültigen Einsturz und Untergang der widergöttlichen Stadt Beten wir noch regelmäßig den Rosenkranz? Können wir uns näher bringt, das soll nach Jesu Willen von unserer Mit- ihn überhaupt noch beten? Vielleicht antworten wir: Das ist wirkung, unserem redlichen Kampf für die Sache Gottes, doch keine Pflicht, das ist doch freiwillig. Sicher, es gibt kein unserem Flehen, unserem Glaubensgehorsam abhängen. Gebot den Rosenkranz zu beten. Aber Maria bat darum in Zwar gilt, was die allerseligste Jungfrau und Mutter Maria, Fatima. Sie mahnte und drängte: die Wegbereiterin ihres Sohnes, in Fatima verheißen hat. „Ich will, daß ihr fortfahrt, täglich den Rosenkranz zu „Am Ende wird mein unbeflecktes Herz triumphieren!" beten." Gebe Gott, daß dies nicht erst durch neue Katastrophen, Wird es uns gelingen, die Welt für den Glauben zu gewin- durch Blut und Tränen hindurch geschieht! Die Stadt des nen, wenn wir nur das tun, was wir unbedingt tun müssen? Diesseits und des Weltgeistes reicht bis in unser eigenes Herz. Wieviel wurde in den vergangenen Jahren undjahrzehn- Ohne den heiligen Haß gegen alles Sündige und Halbe in uns ten von der Berliner Mauer gesprochen! Obwohl man sich und ohne den Schmerz, daß es noch da ist, gewännen wir kei- auch daran gewöhnt hat. Eine Todesgrenze geht durch nen Anteil am Siege Christi. Durch das Herz Mariens, dieses Deutschland, an der immer wieder Menschen auf ihrer Flucht so gottnahe und christusliebende Herz finden wir, wenn wir verbluten oder scheitern. Sollten wir nicht die Mauer, die nur wollen, zu einem tiefen Wachstum unserer Seele in Chri- Minengürtel und Stacheldrahtbarrieren niederbeten? Müß- stus. Je inniger wir das Herz der Gottesmutter, ihre reine ten wir nicht physisch-materielle und geistige Mauern so wie Liebe zu Gott und den Menschen, verehren, desto glühender einst die Israeliten bei ihrem Einzug in das gelobte Land zum wird unsere Liebe zu Jesus Christus. Einsturz bringen? Maria ist die Hilfe der Christen, die Mutter unseres Ver- „Durch Glauben fielen die Mauern Jerichos, nachdem man trauens. sieben Tage um sie herumgezogen war." (Hebr 11,30), so heißt Unser Heiliger Vater, Papst Johannes Paul II., sagt: es im Hebräerbrief. Und der heilige Apostel Paulus schreibt in „Das Wesen dieser mütterlichen Liebe, die die Mutter Got- seinem zweiten Brief an die Gemeinde von Korinth: tes in das Geheimnis der Erlösung und in das Leben der „Die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, son- Kirche einbringt, findet seinen Ausdruck in ihrer besonderen dern machtvoll durch Gott, um Festungen niederzulegen." Nähe zum Menschen in allen wechselvollen Ereignissen des (2 Kor 10,4). ... Lebens. Darin besteht das Geheimnis der Mutter! ... Durch Wir leben jetzt in einer Zeit, da man mit allen Mitteln der die Anwesenheit ihrer Mutter gewinnt die Kirche Gewißheit, Verführung, der Überredung in Wort und Bild das Gesetz daß sie wirklich 'das Leben ihres Meisters und Herrn lebt, daß einer verkommenen Diesseitigkeit aufzurichten sucht, um — sie das Geheimnis der Erlösung in all ihrer belebenden Tiefe wie die Heilige Schrift sagt — „wenn es möglich wäre, auch die und Fülle vollzieht." Auserwählten irrezuführen". (Mt 24,24) Ein Gang durch unsere Großstädte zeigt uns mit ihren widerlichen, sogenannten Eros-Zentren und den Sex-shops, „Ich halte es für unmöglich, zu glauben, daß die Kirche wie weit wir gesunken, wie sehr wir Sodom und Gomorrha einen einzigen großen Leib im Himmel und auf Erden geworden sind. Wir haben uns gewöhnt an die Unzucht auf bildet ... ohne die hohe Würde und Heiligkeit der aller- unseren Bildschirmen, in Zeitungen und Zeitschriften. seligsten Jungfrau zu erkennen und einzusehen, daß ihr Wir gehen, auch wenn wir es nicht gerade billigen, ange- Amt im Himmel in fortdauernder Mittlerschaft für die sichts des grauenvollen Massenmordes an Ungeborenen zur streitende Kirche besteht". (J. H. Newmann) Tagesordnung über. - M 35 - - M 36 - EMMERAM H. RITTER reichsten Frau und mächtigsten Beschützerin Bayerns setzt dieses immerwährende Denkmal für die Nachkommen Maria, Schutzfrau Bayerns wegen der Erhaltung des Bayernlandes, der Städte, Heere, 1987: 70 Jahre Fest Patrona Bavariae seiner selbst, seines Hauses und seiner Hoffnungen, dankbar und bittend ihr mindester Pflegesohn Maximilian." Die Wenn wir im Credo unseren Glauben an die Gemeinschaft Begeisterung des Volkes war groß und die Verehrung der Heiligen in Worte fassen, wird uns zumeist gar nicht Mariens als Patrona Bavariae verbreitete sich rasch im ganzen bewußt, welch beglückenden Glaubenssatz wir damit aus- Land. Die Mariensäule zu München wurde fortan, neben dem sprechen „Gemeinschaft der Heiligen" bedeutet nämlich bayerischen Nationalheiligtum Altötting, Mittelpunkt und nichts anderes, als daß wir mit jenen, die uns in die ewige Hort der marianischen Frömmigkeit Bayerns. Herrlichkeit Gottes vorausgegangen sind, in enger Gemein- Erinnern wir uns an die Inschrift unter der Madonnenfig-ur schaft leben, verbunden durch den einen Leib, dessen Haupt an der Residenz. Sie lautet: „Patrona Boiariae". Vermutlich Christus der Herr ist. hat Maximilian die Bezeichung „Patrona" von den Zisterzien- Die Verehrung und Anrufung der Heiligen als unsere sern übernommen. Über der Pforte von Citeaux in Frank- Schutzpatrone und Helfer, im christlichen Volk von altersher reich, der Wiege des Ordens, stand schon im 13. Jahrhundert: verwurzelt, geht auf die paulinische Lehre von der Fortdauer „Diva Patrona". Auch die Prämonstratenser verehrten seit der besonderen Liebe der Heiligen zu bestimmten Personen 1256, ähnlich wie später die Dominikaner, Maria als Patronin und Orten (1 Kor 13,8; 13) und von den verschiedenen spezi- und Beschirmerin ihres Ordens. Schließlich könnten ihn spa- fischen Funktionen der Glieder des Reiches Gottes (1 Kor nische Einflüsse zur Wahl dieses Marientitels bewogen 12,18; 28-30) zurück. Bereits im Alten Testament werden haben. Es ist bekannt, daß von Spanien aus das Fest Maria Michael (Dn 10,13; 20 f.; 11,1; 12,1) und (Dn 8,16; 9, Schutz (Patrozinium) seinen Ausgang nahm. 21) als Schutzheilige von Ländern bzw. Völkern genannt. Durch die Inschrift an der Residenz wurde 1616 der Titel Auch das Konzil von Trient (Sessio 25, De invocatione Patrona Bavariae („Boiariae" ist die humanistische Form für Sanctorum: Denzinger 984 «1821») und nicht weniger das II. „Bavariae") für alle Zeiten geprägt. Wir können mit Sicher- Vaticanum (Dogm. Konst.: 7. Kap. Art. 50) betonen die heit annehmen, Maximilian hat 'ihn selbst gewählt, ebenso Gemeinschaft der Heiligen und fordern dazu auf, „die wie die Inschrift oberhalb der Madonna an seiner Residenz: Freunde und Miterben Christi, unsere Brüder und besonde- „Sub tuum praesidium confugimus / sub quo secure laetique ren Wohltäter, zu lieben", sie hilfesuchend anzurufen und zu degimus" (= „In Deinen Schutz wir uns begeben, wo sicher ihrer mächtigen Hilfe Zuflucht zu nehmen. wir und fröhlich leben.") Das war für den frommen, mariani- Das Patronat hat schon im altrömischen Recht die Bedeu- schen Wittelsbacher geradezu ein Staastsprogramm, das er tung eines gegenseitigen Treueverhältnisses und zwar zwi- sein ganzes Leben lang konsequent zu verwirklichen suchte. schen dem Patronus als Schutzherrn und dem Schutzbefohle- Er fühlte sich nur als Statthalter Mariens, sie war die eigent- nen. Nach Auffassung der katholischen Kirche ist dem Patro- liche Herrscherin. Dieser Gedankengang bildete sicher auch nus bzw. der Patrona (aus d. Lat.: = Vater, Herr bzw. Mutter, das Hauptmotiv, veranlaßt durch sein Gelübde, für die Herrin) der besondere Schutz einer Kirche (Kirchenpatrozi- Errichtung der Mariensäule auf dem Hauptplatz seiner Resi- nium), einer Person, eines Standes, einer Berufsgruppe, einer denzstadt. Das bayerische Volk sollte durch die Proklamation Stadt, eines Bistums oder eines Landes übertragen. Der Aus- Mariens als Patrona für alle Zeiten an das gegenseitige Treue- druck „Patronus" in diesem Sinn findet sich erstmals bei verhältnis erinnert werden und danach handeln. Dann, nur Ambrosius von Mailand (Ep 22,11). dann werde es auch stets „in Sicherheit und Heiterkeit leben" Die Verehrung und Proklamation Mariens, der Gottesmut- können. Maximilian gab das beste Beispiel. Er empfahl dem ter und Königin aller Heiligen als Schutzfrau Bayerns, geht Schutz der Gottesmutter alle seine Regierungshandlungen auf die Jahre 1615/16 zurück. Zu dieser Zeit ließ der fromme und militärischen Operationen, zu denen er durch den Drei- Herzog und spätere Kurfürst Maximilian I., der Große, von ßigjährigen Krieg gezwungen war. Entscheidungen verlegte Bayern an der Außenfassade als Herzstück seiner neuen Resi- es nach Möglichkeit auf Liebfrauenfeste. Daß seine Regie- denz in München die prächtige, vom oberbayerischen Bild- rungszeit für Bayern, für das Reich und nicht zuletzt für die hauer Hans Krumper modellierte und von Bartholomäus katholische Sache eine segensreiche wurde, ist eine histo- Wenglein in Bronze gegossene überlebensgroße Mariensta- rische Tatsache. tue mit dem Christuskind anbringen. Darunter, auf dem Die Mariensäule zu München stellt freilich nicht das erste Prunksockel, wurde auf seine Anordnung hin die Inschrift sakrale Säulenmonument des Abendlandes dar. Ihre Wurzel angebracht: „PATRONA BOIARIAE". Damit wollte er, der wird man in Italien zu suchen haben, wo bereits im 15. Jahr- sich als Diener der Gottesmutter betrachtete, kundtun: Maria hundert die Säule mit dem Ortsheiligen als Stadt- oder Markt- ist die Schutzherrin, die himmlische Herrscherin über Volk symbol Verbreitung fand. So errichtete die Stadt Udine auf und Vaterland der Bayern. dem Mercato Nuovo eine Säule mit dem Bild der Madonna. Die Errichtung der Mariensäule auf dem Hauptplatz Mün- Das unmittelbare Vorbild für München dürfte die 1614 durch chens zum Dank für die Rettung der Städte München und Papst Paul V. veranlaßte Mariensäule auf der Piazza S. Maria Landshut vor Zerstörung durch den Schwedenkönig setzte Maggiore in Rom gewesen sein, kaum aber die in dem kleinen einen weiteren Markstein in der Verehrung Mariens als der niederösterreichischen Ort Schrattenthal befindliche aus Patronin Bayerns. Das gewaltige Säulenmonument wurde dem Jahre 1630, die allerdings als erste Mariensäule inner- gekrönt mit der herrlichen Statue Madonna mit Kind, das der halb des deutschen Sprachraums zu betrachten ist. aus den Niederlanden stammende Künstler Hubert Gerhard Kurfürst Maximilian der Große, wie er zu Recht genannt vor 1598 geschaffen hatte. Damit übergab Maximilian seinem wird, hat seine Weihe an die Gottesmutter im Alter von 72 Volk ein zweites Bild der Patrona Bavariae, dem an der Resi- Jahren noch einmal erneuert. Anläßlich der Aufstellung des denz ähnlich, zur Verehrung. Bei der feierlichen Einweihung silbernen Gehäuses für das Gnadenbild U. L. Frau von Altüt- der Mariensäule am 7. November 1638 empfahl der Kurfürst fing, das er gestiftet hatte, wallfahrtete er 1645 zum bayeri- neuerdings sich, sein Land und Volk, dem Schutz und Schirm schen Nationalheiligtum. Wie ergreifend ist doch das histo- der Gottesmutter mit folgendem Weihegebet: „Gott dem risch verbürgte Geschehen: Demütig in der Gnadenkapelle Allerhöchsten, der Jungfrau und Gottesgebärerin, der mild- kniend, legte er das mit seinem eigenen Blut auf einen Zettel - M 37 — — M 38 — geschriebene Gelöbnis nieder: „In mancipium tuum me tibi Portugal zuteil wurde. „Kraft seiner Vollgewalt (suprema auc- dedico consecroque, Virgo Maria. Maximilianus peccatorum toritate sua)" hat der Papst die Gottesmutter zur Hauptpatro- corypheus." (= „Zu Deinem Diener und Eigentum schenke nin Bayerns ausdrücklich erklärt und erhoben und alle Ehren- und weihe ich mich Dir, Jungfrau Maria. Maximilian, der bezeigungen und Privilegien, die nach Rechtsgebrauch den größte der Sünder.") In diese seine persönliche Liebe und Schutzpatronen eines Landes zukommen, ihr angewiesen. Verehrung zur Gottesmutter hat Maximilian auch sein baye- Der Stellvertreter Christi auf Erden, dessen irdische Binde- risches Land und Volk mit hineingenommen. und Lösegewalt auch im Himmel Geltung besitzt, hat unser Vielen von uns vielleicht gar nicht mehr verständlich und Land dem Schutz und Schirm Mariens unterstellt. Wahrlich, schon gar nicht mehr bewußt ist diese Ursprungsgeschichte ein Vorgang von ungeheurer Tragweite, durch den eine neue unserer Patrona-Bavariae-Verehrung. Die persönliche Liebe Zuordnung Mariens zu Bayern ausgelöst wurde, der freilich eines Fürsten hat damals, während der schrecklichen Zeit des auch eine neue Hinwendung des bayerischen Volkes hätte Dreißigjährigen Krieges, in einer gewiß nicht kleinen Sache entsprechen müssen, die aber leider bis auf den heutigen Tag über sein Volk und dessen geistliche Zukunft entschieden. Er noch immer nicht in dem Maße erfolgt ist, wie es wünschens- nahm seine Landeskinder, zu deren Wohl, hinein in seine wert wäre. Weihe und stellte sie einfach unter den Schutz und Schirm Am 14. Mai 1917 wurde zum erstenmal das Fest Patrona Mariens, der Herrin, Mutter, Patrona. Dazu war keine Mei- Bavariae in allen Diözesen Bayerns mit großer Feierlichkeit nungsumfrage, keine Diskussion, kein Volksentscheid not- begangen. Königshaus, Kirche, Regierung und Volk prokla- wendig. Das bayerische Volk, seit Urväters Tagen stets maria- mierten einmütig Maria zur Schutzherrin des Landes und nisch, hat den Weiheakt seines Fürsten von Gottes Gnaden, weihten sich ihr, der Königin des Friedens. seines Landesvaters und Staatsoberhauptes, das uns Bayern In der Vorsehung Gottes, des Herrn der Geschichte, gibt es heute so sehr fehlt, mit selbstverständlicher Freude mitvollzo- keine Zufälle. Es fällt auf, daß Bayern das Fest seiner Patronin gen, begrüßt und die Verehrung Mariens als Patrona des zum erstenmal in jenem ereignisreichen Jahr 1917 beging, das Vaterlandes angenommen. nach dem Urteil namhafter Historiker das Zeitalter der welt- Wir Bayern des 20. Jahrhunderts müßten daraus lernen ideologischen Kämpfe größten Stils eingeleitet hat. und uns immer wieder bewußt machen: Alles Geweihte wird Als Antwort auf den durch die Oberste-Heeres-Leitung dadurch, daß es geweiht ist, heilig und unantastbar. Es gibt Deutschlands angeordneten unbeschränkten U-Boot-Krieg, keine größere Sicherheit für die Existenz unseres Landes, von dem der Sieg erhofft wurde, erklärten die Vereinigten Volkes und Staates als den Glauben an Gott, den Dreifaltigen Staaten von Amerika am 6. April 1917 im Namen der demo- und den Schutzmantel Mariens. Maximilian war es ernst, als kratischen Freiheit den Mittelmächten den Krieg. er seine Weihe kniend und mit seinem Blute schrieb. Er Drei Tage später verließ Wladimir Iljitsch (Uljanow) Lenin meinte die Worte von „Dienst" und „eigen" und „schenken" in Begleitung von Genossen mit Billigung, ja sogar Förderung und „weihen" in ihrem Vollsinn. — Wir aber müssen es nach- der deutschen Obersten-Heeres-Leitung sein Schweizer Exil. vollziehen und daraus wird uns wieder Hoffnung und Zuver- Im plombierten Waggon reiste er durch Deutschland nach sicht erwachsen. Schweden und schließlich nach Petrograd, wo er am 16. April Die besondere Verehrung der Gottesmutter durch Maxi- 1917 eintraf, um die Vorbereitungen zur bolschewistischen milian den Großen blieb als Vermächtnis allen nachfolgen- November-Revolution in Rußland zu treffen. Lenins Macht- den bayerischen Kurfürsten bzw. Königen und dem gläubigen ergreifung wurde von der preußisch-deutschen Reichsregie- Volk eigen. Wir können nun mit Rücksicht auf den rung, die damit eine verhängnisvolle Schuld auf sich geladen beschränkten Umfang dieses Artikels, so notwendig es auch hat, mit fünf Millionen Goldmark finanziert. Vergeblich hatte wäre, leider nicht auf die weitere Entwicklung des Patrona- Österreichs Kaiser Karl I. gewarnt und an Kaiser Wilhelm II. Bavariae-Kultes eingehen und müssen uns auf das Wesent- geschrieben: „Wir kämpfen gegen einen neuen Feind, der lichste beschränken. gefährlicher ist als die Entente — die internationale Revolu- Noch fehlte die Bestätigung des Patronats der Gottesmut- tion ... Ich flehe Sie an, diese schicksalhafte Seite der Frage ter für Bayern durch den Papst, als dem Stellvertreter Christi nicht außer acht zu lassen." Wilhelm und seine Oberste-Hee- auf Erden. Sie zu erwirken war dem letzten — wenigstens vor- res-Leitung erhofften sich von Lenins Revolution die Ent- derhand letzten — König Bayerns vorbehalten, gleichsam als lastung der Ostfront, um alle verfügbaren Truppen an der ein Vermächtnis des Hauses Wittelsbach an sein Volk. 300 Westfront einsetzen zu können. Jahre nach der Proklamation Mariens als der Schutzfrau des Im Zusammenhang mit der Feier des 200. Geburtstages der Landes, mitten im Grauen des Ersten Weltkriegs, wandten Freimaurerei — gegründet am 24. Juni 1717 in London — sich König Ludwig III. und seine Gemahlin, Königin Maria wurde vor allem Rom zum Schauplatz sakrilegischer Theresia, am 8. April 1916 an Papst Benedikt XV. mit der Umtriebe. Auf dem Petersplatz schwangen Banden das Teu- Bitte, er möge die Gottesmutter offiziell zur Patronin Bayerns felsbanner mit der Inschrift: „Satan muß im Vatikan regieren, erklären und die Feier eines eigenen Festes gewähren. Laut der Papst wird sein Sklave sein!" Der junge polnische Minorit Dekret der Ritenkongregation vom 26. April 1916 erklärte , ein Zeuge der freimaurerischen Agitatio- und erhob der Heilige Vater kraft seiner Vollgewalt aus- nen, gründete daraufhin am 16. Oktober 1917 den „Kreuzzug drücklich die allerseligste Jungfrau Maria zur Hauptpatronin der Unbefleckten Jungfrau" — die Militia Immaculata. Bayerns. Er erlaubte außerdem, daß in allen Bistümern des Schon bald entwickelte sich diese marianische Vereini- Königreiches alljährlich das Fest der Gottesmutter unter dem gung zu einer weltweiten Bewegung mit dem Ziel der Bekeh- Titel Patrona Bavariae gefeiert werden dürfe, und zwar als ein rung der Sünder, Häretiker, Schismatiker und besonders der Duplexfest erster Klasse mit Oktav, mit einem besonderen Freimaurer. Brevieroffizium und einem eigenen Meßformular. Doch das bedeutsamste Ereignis des Jahres 1917, vor allem Heilstheologisch betrachtet war das ein ganz großes Ereig- in heilstheologischer Sicht, waren die Erscheinungen Mariens nis für Bayern. Der 26. April 1916 müßte eigentlich in allen vom 13. Mai bis zum 13. Oktober im portugiesischen Fatima. Geschichtsbüchern doppelt unterstrichen werden, denn die Damit errichtete der Herr der Geschichte im äußersten Schutzherrschaft Mariens, der Mutter des Herrn, der Königin Westen Europas den Gegenpol zum atheistischen Bolsche- des Himmels und der Erde, bedeutet eine außergewöhnliche wismus im Osten. Am gleichen Tag, als U. L. Frau vom Rosen- Auszeichnung, die bisher nur Ungarn, Polen und neuerdings kranz den drei Seherkindern in der Cova da Iria erschien, - M 39 - - M 40- empfing der Päpstliche Diplomat, Prälat Eugenio Pacelli, der fen der Münchner Räteherrschaft auf ganz Bayern verhindert spätere große marianische Papst Pius XII., in Rom die und der auch 1945 den russischen Truppen an der Nord- und Bischofsweihe. Ostgrenze unseres Vaterlandes Halt geboten hat. In einer Pacelli, seit 20. April 1917 Apostolischer Nuntius für das 1400jährigen Tradition stehend, haben wir 1945 noch ein- Königreich Bayern, bemühte sich im Auftrag Papst Benedikts mal das Geschenk eines neuen Staates als kostbares Gut für XV. von München aus, das damit zur diplomatischen Dreh- die Zukunft empfangen. Auch dies danken wir gewiß der Für- scheibe des Heiligen Stuhles wurde, um den von den Völkern bitte Mariens, die uns als Schutzherrin stets die Treue gehal- ersehnten Frieden. In der Zeit vom 8. September 1914 bis zum ten hat. Wie steht es aber mit unserer Treue? Besinnen wir 7. Mai 1917 hatte sich der Friedenspapst Benedikt XV. in uns, noch ist es Zeit; stellen wir uns die Frage, welchen Stellen- nicht weniger als 24 offiziellen und amtlichen Verlautbarun- wert, welche Bedeutung die Patrona Bavariae in unserem per- gen zur Friedensfrage geäußert und immer wieder bemüht, sönlichen und in unserem öffentlichen Leben noch einnimmt. die kriegführenden Nationen zu Verhandlungen zu bewegen. Ich fürchte, die Antwort wird nicht befriedigend ausfallen, Am 14. August 1914, dem Vigiltag vom Fest Mariä Him- denn viele in unserem Lande haben mutwillig und leichtsin- melfahrt, unternahm der Papst einen letzten entscheidenden nig in Freiheit das Traditionsbewußtsein verkürzt oder ver- Schritt. Er ließ durch seine Nuntien allen am Krieg beteiligten stümmelt, die Jugend in ihrem Glaubens- und Geschichtsbe- Staaten ein Dokument überreichen, das unter der Bezeich- wußtsein ausgehungert. Allzuviele haben bereits jenes licht- nung „Päpstliche Friedensnote vom 1. August 1917" in die volle Klima christlicher Moral verloren, das während 1400 Geschichte eingegangen ist und eine Basis für einen gerech- Jahren unsere Sitten, die Grundlage unseres Lebens, unseres ten und dauerhaften Frieden darstellte. Auch diese letzte Urteils, unseres Volkstums geprägt hat. päpstliche Demarche blieb vergeblich. Sie scheiterte am Bayern wird als Volk und Staat nur dann Bestand haben, Hochmut und Starrsinn Kaiser Wilhelms II., seiner Ober- wenn es sich der Tragweite der Bedeutung der Schutzherr- sten-Heeres-Leitung (Hindenburg, Ludendorff) und des deut- schaft der Gottesmutter wieder bewußt wird und sich zugleich schen Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten ihrer würdig erweist. Es scheint mir notwendig, die Ver- Georg Michaelis, die letztlich als Repräsentanten des ehrung der Patrona Bavariae gleichsam zum Staatsprogramm deutschnationalen radikalpolitischen Protestantismus die zu erheben. Es würde uns Bayern ebenso in religiöser wie Friedensbemühungen des Papstes, als des Oberhauptes der vaterländisch-heimatlicher und menschlicher Hinsicht römisch-katholischen Kirche, ablehnten. Doch nicht allein zusammenschweißen, um den Bedrohungen von außen und auf deutscher Seite, sondern auch auf der der Entente fand die innen her gemeinsam begegnen zu können und die Existenz Friedensnote, eben weil sie vorn Papst, von der katholischen unseres Vaterlandes, unseres Volkes, unserer Umwelt und Kirche kam, kein Gehör. Allein Österreich unter Kaiser Karl I. Kultur zu sichern. und Bayern unter König Ludwig III. bemühten sich im Sinne Für Maria gab es kein anderes Gesetz der Lebensgestaltung Benedikts XV. um einen „gerechten Frieden ohne Sieger". als Jesus Christus, sein Wort und sein Beispiel. Dies muß auch Die Friedensbemühungen des österreichischen Kaisers für uns seine Gültigkeit haben. Das Gesetz Christi — und sind hinlänglich bekannt, weniger die des bayerischen nichts anderes — muß der Nährboden des öffentlichen und Königs. Ludwig III. und sein Minister Dandl verhandelten privaten Lebens in unserem Staat sein. An der ewigen Weis- durch einen Unterhändler mit dem amerikanischen Bevoll- heit Gottes, nicht an flüchtigen Tagesmeinungen müssen Poli- mächtigten Herron in der Schweiz über Möglichkeiten, Kai- tik, Gesetzgebung und Staatsführung, Handel und Wandel, ser Wilhelm II. zur Abdankung zu veranlassen; um die Bahn Wissenschaft und Volksbildung sich orientieren. Wir ver- für Waffenstillstand und Frieden freizumachen. Der Plan ehren mit Recht die Gottesmutter als Sitz der Weisheit. Wen- scheiterte aus Furcht vor den ernsten Drohungen der Ober- den wir uns an sie in allen Lebensfragen! sten-Heeres-Leitung in Berlin, die auf das katholische, stets „In Treue fest" ist ein altes bayerisches Losungswort. Nicht um Selbständigkeit ringende Bayern ohnehin nie gut zu spre- umsonst führen wir den Löwen im Wappen. Unsere Rauten- chen war. farben sind des Himmels und zugleich der Königin des Him- Noch im Sommer 1918 hätte ein entschlossenes Handeln mels Farben, weiß und blau. der Bayerischen Regierung den völligen Zusammenbruch Stehen wir in Treue fest zur Patrona Bavariae, deren Schutz verhindern können, aber man fand nicht den Mut, über den wir anvertraut sind, die unser Land schon so oft aus geistlicher Schatten der Bismarcleschen Reichsverfassung hinwegzu- und leiblicher Not gerettet und uns die landesmütterliche springen. Aus falsch verstandener Treue zum Reich, die Treue immerfort gehalten hat. Ihrem Zepter wollen wir unter- Bayern schon immer nur Schaden, niemals aber Nutzen tan sein zu jeder Stunde unseres Lebens. Unsere Treue sei das gebracht hat, konnte sich die Regierung in München nicht ewige Licht, das vor dem Bild der Patrona Bavariae unaus- entschließen, die Friedensgespräche, die sich über Rom und löschlich brennen möge! Wien angebahnt hatten, weiterzuführen. In seiner letzten 0 Königin und Mutter! Rede vor dem Bayerischen Staatsrat am 4. November 1918 Reich' uns Deine milde Hand, gab König Ludwig III. der deutschen Reichsregierung und halt fest Deinen Schutzmantel ausgespannt der Obersten-Heeres-Leitung die Schuld am Scheitern der über unser geliebtes bayerisches Vaterland! Friedensversuche. Ströme von Blut, unsägliches Leid und ein Kreuzweg, von Die Redaktion von ,Mariologisches` konnte das mit Freude dem niemand weiß, ob seine letzte Station vor oder hinter uns und Dankbarkeit erwartete Rundschreiben des Heiligen Vaters liegt, wäre den Menschen erspart geblieben, wenn der Friede über Maria nicht abwarten. Wir wollen aber schon jetzt dem Hei- der Gerechtigkeit, den Papst Benedikt XV. angeregt hat, ver- ligen Vater fiir seine Hinweise auf den Sinn des Marianischen Jah- wirklicht worden wäre. res danken: „Bekanntlich geht der Morgenstern zusammen mit Seither sind genau 70 Jahre vergangen und das 20. Jahrhun- der Morgenröte dem Aufgang der Sonne vorauf: So ist Maria dem Kommen des Heilands voraufgegangen, dem Aufgehen der dert neigt sich langsam seinem Ende zu. Bayern hat die kom- ,Sonne der Gerechtigkeit' in der Geschichte des Menschenge- munistische Revolution, die Weimarer Republik, die natio- schlechtes (§ 3). Die Mutter Christi, die am Beginn der „Zeit der nalsozialistische Schreckenszeit und den Zweiten Weltkrieg Kirche" zugegen war ..., geht der Kirche auf ihrem Pilgerweg überdauert. Wir dürfen überzeugt sein, daß es der Schutz und durch die Geschichte der Menschheit ständig ,vora.n`"(§ 49). Schirm unserer Patrona Bavariae war, der 1919 ein Übergrei- - M 41 — — M 42 — Wallfahrt des IMAK GABRIELE VON HIPPEL-SCHÄFER Wie in den vergangenen Jahren veranstaltet der Internatio- Maria nale Mariologische Arbeitskreis Kevelaer e.V. die Marien- wallfahrt über die „Marianische Route". Die Wallfahrt ist zu- Du Ruhige, Jungfrau, Maria, gleich Aufbruch ins Marianische Jahr. Sie beginnt am Pfingst- Dir sanken die Augen nicht zu, montag, den 8. 6. 1987. Die Busse fahren ab Bamberg und Du hieltest sie offen, so, können Teilnehmer nach Rücksprache unterwegs mitneh- daß sie die Nacht durchschauten. men. Die Wallfahrt geht über Lourdes, Torreciudad, Zara- O die Nacht war nicht gut! goza, Montserrat und Barcelona und endet am Montag, den Du knietest stille, Maria. 15.6. in der Frühe in Bamberg. Gesegnete, Jungfrau, Maria, Die Wallfahrt, die mit dem Flug von Düsseldorf nach Bar- in Dir wölbte sich's entgegen der Nacht, celona (bzw. Madrid) beginnt, geht über Zaragoza nach so zartes Licht und doch so stark, Torreciudad — wo sie mit der anderen Gruppe zusammentrifft daß es die Nacht durchbrechen wird. — und dann nach Montserrat und Barcelona. Bei dieser Wall- O die Nacht war böse, starr! fahrt besteht die Möglichkeit einer kurzen Verlängerung des Du wußtest: tödlich, Maria. Aufenthaltes in den einzelnen Wallfahrtsorten. Die Buswallfahrt kostet ca. 650,-- DM, die Wallfahrt mit Du Starke, Jungfrau, Maria, dem Flugzeug ca. 1.200,-- DM. Du schlugst Dein Herz nicht schützend zu, Anmeldung bei: IMAK, Kapellenplatz 35, 4178 Kevelaer. entgegen sperrest Du, offen hell Tel.: 028 32 /60 31. stand es weit um das Zärtlichste, das ganz bloß vor der kalten, starrenden, harrenden Nacht — Du hieltest offen, Maria. Spendenaufruf für den Marianischen und Mariologischen Weltkongreß in Deutschland Du Schmerzliche, Jungfrau, Maria, die Nacht hat blind Dein Kind Dir verschluckt, Diesmal brauchen wir uns nicht zu schämen, da wir nicht hart griff sie mit hassenden Händen, wieder in eigener Sache betteln. Die Kongresse, von denen und Du, noch nicht gänzlich zerspalten, hältst wir seit mehr als einem Jahr in „Mariologisches" berichten, hin noch den leblosen Leib auf dem Schoß. finden hier in Kevelaer statt und IMAK engagiert sich für O die Nacht steht steinern, starr! diese schöne Sache zu Ehre der Gottesmutter und zur freudi- Du glaubst, fast Versteinte, Maria. gen Erfüllung der Anliegen des Heiligen Vaters. Aber alles kostet Geld und solche Kongresse sind ohne hinreichende Selige, die Du geglaubt hast! Mittel nicht durchzuführen. Dürfen wir Sie um Ihre Spende In bittere Nächte botst hin Du das Licht, bitten? in bittersten Schächten ging es verlorn, Sie können Ihren Beitrag für die Weltkongresse überwei- nun bricht es aus allen Himmeln zurück! sen an: O die Nacht steht stark, Internationaler Mariologischer Arbeitskreis Kevelaer e.V., doch dies Licht zerstrahlt sie, Maria. Kapellenplatz 35, 4178 Kevelaer 1, Deutsche Bank Kevelaer, Kto.-Nr. 2228 716, BLZ 320 700 80. Mittlerin, Mutter, Maria, Stichwort: Marianischer Weltkongreß. Du schlugst Dein Herz nie zu, Selbstverständlich werden wir den Spendern eine Spen- Du übtest es offen so, denquittung ausstellen, die es ihnen ermöglicht, diese Spende daß nun alle Menschheit hineingeht. „wegen der wissenschaftlichen Forschung" (nach Bescheid O Maria, mitharrend im Kreise, vom Finanzamt Geldern) von der Steuer abzusetzen. auch uns helle Pfingstlicht die Stirn und das Herz!

Das Lehramt über Maria um deine Gegenwart im Geheimnis Christi und der Kirche vertiefen'. (Vor dem Angelus am Fest der Immaculata, 8. 12. 1986): (Aus der Predigt in Victoria, Seychellen, am 1. 12. 1986): ,So erwarten wir zusammen mit Maria die Geburt des Erlö- ,Wenn ihr zu Maria, seiner (des Herrn) und unserer Mutter sers. Sie, seine Mutter, ist die erste unter den Erlösten. Unbe- aufblickt und fortfahrt, voll Vertrauen zu ihr zu beten, wird sie fleckte Empfängnis will genau das besagen. Die Liturgie der euch sicher zu Christus führen oder euch zu ihm zurückbrin- Kirche legt das Fest in die Erwartung des Advent. Wir erwar- gen. Sie wird euch helfen, eure Herzen dem Heiligen Geist zu ten die Geburt des Erlösers, wir erwarten sie zusammen mit öffnen'. Maria. Die Kirche, die sich in der Ordnung der Gnade, des (Vor dem Angelus am 11. 1. 1987): ,Wir bitten dich, Maria, Heils ebenfalls als Mutter fühlt, erlebt zutiefst diese mütter- daß das Geheimnis deines Sohnes sich den Augen unseres liche Erwartung Marias in der Zeit des ersten Advent'. Glaubens tiefer öffne. Denn du hast zuerst geglaubt: Selig, die du (Homilie am 1. Januar 1987 im Petersdom): ,Die Kirche geglaubt hast! Leite uns auf dieser Straße, die durch die irdische blickt auf dich, Maria, als ihr eigenes Vorbild. Sie blickt auf Erscheinung deines Sohnes uns zur Fülle des Lichtes führe'. dich besonders in diesem Zeitschnitt, da sie sich anschickt, (Zum Angelus am 8. 2. und 22. 2. 1987): ,Bitten wir die den Beginn des 3. Jahrtausends des christlichen Zeitalters zu selige Jungfrau, die mystische Braut des Heiligen Geistes, feiern. Um sich auf dieses Ereignis besser vorzubereiten, rich- damit er die Teilnehmer der nächsten Synode bei der Vor- tet die Kirche ihren Blick auf dich, die du das Werkzeug der bereitung auf ihre große Aufgabe erleuchte'. ,Die Jungfrau Vorsehung warst, dessen der Sohn Gottes sich bediente, um Maria, Hilfe der Christen, gebe, daß alle — und in dieser Vor- Menschensohn zu werden und den Anfang zur neuen Zeit zu bereitungszeit auf die Bischofssynode besonders die Laien — setzen ... Wir wollen, Maria, daß du an dem Horizont des das Bewußtsein von ihrer Berufung vertiefen, um in vollem Advents unserer Zeit aufscheinst ... Wir wollen das Wissen Maß an der Sendung des Gottesvolkes teilzuhaben'. - M 43 - - M 44 - (.Fortsetzung von Spalte 20) 8) Sandfuchs, a. a. 0., S. 54. 9) Sandfuchs, a. a. 0., S. 57. Hörern noch einmal das Geheimnis der Eucharistie als Kraft- 10) Sandfuchs, a. a. 0., S. 59 f. quell des religiösen Lebens erschließen: „Es ist der Herr ... 11) Kölnische Volkszeitung, 17. 1. 1917, „Ein mutiger Jesuit". 12) „Seitdem bin ich lebend ein Toter", Otto Gritschneder, Bayerische Staats- der Herr ... der Herr ..." Ein Gehirnschlag raubte ihm das zeitung, 6. 2. 1987, S. 3. Bewußtsein. Aufrecht stand er am Altar. Sehr schnell ging das 13) Sandfuchs, a. a. 0., S. 93. Wort in München um: „P. Mayer ist nie umgefallen in seinem 14) P. Rupert Mayer SJ und die Militärseelsorge, P. Anton Koerbling, Mili- Leben, auch in seinem Sterben nicht." Um 11.10 Uhr stellte tärseelsorge, 2/1958, S. 104. 15) Rupert Mayer, Paul Riesterer SJ, Pullach 1985, S. 9. der Arzt den Tod fest. Radio München meldete: „Unser 16) Sandfuchs, a. a. 0., S. 107. 17) Sandfuchs, a. a. 0., S. 117. P. Mayer ist tot." 18) Sandfuchs, a. a. 0., S. 118 ff. 19) Sandfuchs, a. a. 0., S. 137. Beim Abendgottesdienst sagte sein Oberer: „Er hat allen Men- 20) Sandfuchs, a. a. 0., S. 138 ff. 21) Sandfuchs, a. a. 0., S. 144. schen Gutes getan. Damit ist alles gesagt. 25) 22) Vgl. zum Prozeß: Otto Gritschneder, Pater Rupert Mayer vor dem Son- dergericht, Verlag Seitz & Höfling, München 1974, passim: Ludwig Volk SJ, Tausende nahmen bis zum Tag seiner Beisetzung von ihm Pater Rupert Mayer vor der NS-Justiz, Stimmen der Zeit, Heft 1/1976, Wil- Abschied, rührten Bilder, Medaillen und Rosenkränze an sei- helm Sandfuchs, a. a. 0. nem Leichnam an. Am 4. November wurde Rupert Mayer in 23) Ludwig Volk SJ, StdZ, 1/1976, S. 13. Anwesenheit der höchsten Vertreter von Kirche, Staat und 24) Vgl. hierzu Sandfuchs, a. a. 0., S. 202 ff. 25) Anton Koerbling/Paul Riesterer, a. a. 0., S. 146. der Stadt auf dem Ordensfriedhof in Pullach beigesetzt, bis er 26) Anton Koerbling/Paul Riesterer, a. a. 0., S. 153. seine letzte Ruhestätte in der Unterkirche des Bürgersaals 27) Christian Feldmann, Die Wahrheit muß gesagt werden, Herder, 1987, S. 24. fand. 1975 gab es bereits über 35 000 schriftlich abgegebene Der dokumentarische Spielfilm «Flammenzeichen» ist gelungen, Gebetserhörungen.9 kann empfohlen werden, sollte gef in der vorbereitenden Pastoral Am 3. Mai d. J. wird der Hl. Vater den Männerapostel Mün- eingesetzt werden. chens in der Stadt, für die er gelebt und für die er sich buch- stäblich verzehrt hat, seligsprechen. Heilige sind Zeichen göttlicher Gnade und Auserwählung, KARL BESLER Wegweiser zur Ewigkeit. Wenn es sicher manche Heilige gibt, die uns nur schwer zugänglich sind, so war P. Rupert Mayer Die Hölle ist nicht leer bei aller übernatürlichen Haltung doch ein Priester und Ordensmann, der mit beiden Beinen fest im Leben stand. Er oder: Grenzen der Hoffnung gab Gott, was Gottes ist, aber auch dem Kaiser, was des Kai- Erwägungen zu Hans Urs von Balthasars These vom uni- sers ist: „Das Wichtigste ist, daß wir Gott lieben! Ein Mensch, der versalen Heil (Schluß) Gott liebt, ist schon aus diesem Grund gewissenhaft in seiner Arbeit; er liebt seine Heimat; er liebt seinen Nächsten; er ist treu seinem (Bökmann) Mit diesem Beitrag findet ein ungewöhnlich langer Vaterland ... "27) Traktat sein Ende. Die Ausführlichkeit schien uns angemessen, um P. Rupert Mayers unbeugsamer Mut in den vielfältigen den Kontext der von Prof von Balthasar beigezogenen Autoren und Schwierigkeiten seines Lebens, seine tiefe Verwurzelung in Mystiker(-innen) aufzuzeigen und so besser die Beweiskraft der von Gott, hat gerade unserer Zeit etwas zu sagen, die vielfach ihm beigebrachten Zitate würdigen zu können. Auch war auf diese meint, ohne Gott auskommen zu können. Sein vorbehaltloses Weise eine Begegnung mit großen Gestalten der Frömmigkeit und Engagement für die ihm Anvertrauten mag uns beflügeln, uns Mystik möglich, derer sich genau zu erinnern uns nottut. unbeirrt von Menschengunst und Menschenlaunen für das Wir bekamen eine Reihe von substantiellen und bemerkenswerten Reich Gottes einzusetzen. Die Menschen erwarten von uns Zuschriften zu dieser Kontroverse. Sie belegen das lebhafte und reli- ein lebendiges Glaubenszeugnis. Nur aus der lebendigen Ver- giös-existentielle Interesse an diesen Fragen. In der Eschatologie, die bindung mit Gott vermögen wir „Salz der Erde" und „Licht der es sich heute oft leicht macht im Zuge einer gefälligen „Entmythologi- Welt" zu sein, nur, wenn wir uns immer wieder darum bemühen, sierung" und philosophisch-theologisch fragwürdigen „Hermeneu- uns dem Herrn so bedingungslos zur Verfügung zu stellen, wie tik", sind letzte Aussagen, Glaube, theologische Hoffnung, Ziel und es im Lieblingsgebet des Seligen zum Ausdruck kommt: religiös-sittlicher Sinngehalt unseres Lebens im Spiel. Eine Vertie- Herr, wie Du willst, soll mir gescheh'n, fung in die authentische Lehre, Klarheit, ruhige wenngleich ernste und wie Du willst, so will ich geh'n, Achtung vor dem echten Geheimnis, aber auch die Inspiration durch hilf Deinen Willen nur versteh'n. Aussagen und geprüfte Erfahrungen der Heiligen.

Herr, wann Du willst, dann ist es Zeit, Was daraus zu lernen wäre, hat uns Wilhelm Schamoni - in und wann Du willst, bin ich bereit Kenntnis so vieler Heiligsprechungsakten - kurz notiert: heut und in alle Ewigkeit. • Es gibt Glaubenswahrheiten, die von der Theologie wenig Herr, was Du willst, das nehm' ich hin, beachtet werden, weil sie mehr am Rande des Glaubensganzen liegen. und was Du willst, ist mir Gewinn, Hier gibt es leicht Anstöße zu Glaubensschwierigkeiten: Auf der einen genug, daß ich Dein Eigen bin. Seite die Glaubenswahrheiten, auf der anderen die Bilder und Vor- Herr, weil Du's willst, drum ist es gut, stellungen von ihnen. Da können die Erfahrungen der Heiligen auf- Und weil Du's willst, drum hab ich Mut. hellend wirken: Es sei etwa an Engel gedacht, an Teufel, besonders Mein Herz in Deinen Händen ruht. aber an die Letzten Dinge. — Tod: Er ist zu einer modernen Wissenschaft geworden, etwa Anmerkungen: durch Moody. Aber dieser Tod ist kein christliches Sterben. Er führt 1) Josef Mühlbauer, Und ich werde niemals schweigen, Derscheider Verlag, ohne Reue, Gebet aus einem dunklen Tunnel in eine Fast-Fortsetzung Much, 1975, S. 20. des irdischen Lebens ohne Vereinigung mit Gott. In Paderborn sind 2) Wilhelm Sandfuchs, P. Rupert Mayer, Verteidiger der Wahrheit, Apostel der Nächstenliebe, Wegbereiter moderner Seelsorge, Echter, Würzburg, die Sterbeszenen, letzten Worte, Empfindungen, Ahnungen Hunder- 21982, S. 24. ter von Heiligen exakt aufbewahrt. 3) Sandfuchs, a. a. 0., S. 28. 4) Sandfuchs, a. a. 0., S. 38. — Die Vorstellung vom hl. Michael mit der Seelenwaage 5) Sandfuchs, a. a. 0., S. 38. erschwert mehr die Wahrheit vom Gericht als daß sie hilft. Helfen 6) Anton Koerbling/Paul Riesterer, Pater Rupert Mayer, Schnell & Steiner München, 31980 und Walter Rupp SJ, Rupert Mayer SJ, Pressereferat der Erz- könnten dagegen sehr die Erfahrungen der Heiligkeit und Gerechtig- diözese München und Freising, 1986, S. 14. keit Gottes in der dunklen Nacht des Geistes. Ein gutes Beispiel wäre 7) Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 75. die hl. M. M. Alacoque. - 45 - - 46 - — Die Vorstellung vom Himmel als Abrahams Schoß dürfte auf- glühende Kohle. Dieses Gesicht dauerte einen Augenblick; gegeben sein, die von den „immer grünen Auen des Paradieses" dürf- und wir müssen unserer gütigen himmlischen Mutter danken, ten einem Großstädter wenig sagen, ebensowenig die vom „Hofe Got- daß sie uns vorher den Himmel versprochen hatte; ich glaube, tes" oder „Hofstaat Gottes". Bei den Heiligen wären tiefere Modell- sonst wären wir vor Schrecken und Entsetzen gestorben. vorstellungen zu finden. Die letzten Worte einiger Hundert Heiliger Gleichsam um ihre Hilfe zu erbitten, blickten wir zur gäben eine bessere Ahnung vom Himmel. Madonna auf; da sagte sie voll Güte und Traurigkeit: — Der theologisch unübertroffene Traktat der hl. Katharina von ,Ihr habt die Hölle gesehen, auf welche die armen Sünder Genua (t 1510) vom Fegfeuer könnte gut durch Parallelen bei zugehen. Um sie zu retten, will der Herr die Andacht zu mei- anderen Heiligen gestützt werden. Diese Texte dürften zu einem tiefe- nem unbefleckten Herzen in der Welt einführen. Wenn man ren Verständnis der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes führen, aber das tut, was ich euch sage, werden viele Seelen gerettet und auch zu einer erneuerten Liebe zu den Armen Seelen. der Friede wird kommen . . — Bei der Hölle vertreten die Heiligen selbstverständlich die Die Bedeutung dieser Erscheinung liegt nach den Worten Poena sensus. Aber ihre Modellvorstellung ist nicht der Hochofen, von Prof. Leo Scheffczyk nicht zuletzt in der den Kindern sondern das Ausgeschlossensein von der Liebesglut Gottes. Aus diesen zuteil gewordenen Höllenvision. Sie sei nicht so sehr bedeut- Vergleichen könnte die geistliche Literatur gewinnen. Sie müßten sam wegen der konkreten Einzelheiten, die durchaus den aber erst gesammelt werden.. bildhaften Vorstellungen der kindlichen Phantasie und des — Was in der Glaubenslehre mehr am Rande liegt, könnte von den kindlichen Gemüts entsprechen können, als vielmehr „wegen Heiligen aus ihren Akten manches Licht bekommen: Engel, Teufel, der Bezeugung des Glaubens an die Existenz von Verworfenen über- Vorsehung, Bekehrungen, augenscheinliches Eingreifen Gottes, Straf- haupt, die den Menschen ein schweres Geheimnis aufbürdet, gerichte als Selbstbezeugungen Gottes. dem sie heute am liebsten entgehen möchten." Die Vision lasse keine Abstriche an der Existenz des Geheimnisses der Hölle zu, aber die Gottesmutter gebe zugleich die Verhei- Hoffnung für alle im Lichte von Fatima? ßung des Heilmittels, nämlich daß Gott die Andacht zu ihrem Unter den Marienerscheinungen, die Aussagen über die unbefleckten Herzen in der Welt begründen wolle, wodurch Glaubenslehre, insbesondere über die Existenz der Hölle viele gerettet werden.112) machen, steht ohne Zweifel an erster Stelle Fatima. Denn im • Zum Thema der ewigen Verdammnis des Menschen Gesamtaufbau der Botschaft von Fatima steht die Tatsache der sagt Scheffczyk in seiner Abhandlung ,Verheißung des Frie- Hölle und der verdammten Menschen nicht nur als eine Glau- dens' auch folgendes: benswahrheit neben anderen; vielmehr bildet diese Wahrheit " Vor allem in den großen Reden und Verheißungen über die notwendige Voraussetzung für das Verständnis des die Endzeit (Mt 24-25; Mk 13) spricht Jesus in unüberhörbarer eigentlichen Zentrums von Fatima, nämlich des Aufrufes zur Schärfe von der Scheidung zwischen Guten und Bösen und von Sühne. endgültiger Verwerfung: ,Er wird die Schafe zu seiner Rechten Die unumgängliche Notwendigkeit der Sühne, die die Gottes- versammeln, die Böcke aber zur Linken. . . Dann wird er sich mutter in Fatima fordert, eröffnet sich uns gerade dadurch, daß auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: wir ernstlich, und nicht durch vage Hoffnungen verblendet, ,Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den glauben, wie Papst Johannes Paul II. am 13.Mai 1982 in Fatima Teufel und seine Engel bestimmt ist' (Mt 25, 33. 41). sagte: „Die Zurückweisung Gottes durch den Menschen führt, Man hat diese strengen Worte entschärfen und mildern wol- wenn sie endgültig wird, notwendig zur Zurückweisung des len, indem man auf ihre Verflechtung mit zeitgeschichtlichen Menschen durch Gott, zur Verdammung."109) Zu dieser Bedeut- Anschauungen verwies und auf ihre Verquickung mit den phan- samkeit aufgrund ihres theologischen Gehaltes kommt das tasievollen Ausschmückungen des späten Judentums bezüglich besondere Gewicht, das die Fatimabotschaft infolge ihrer Aner- der Ereignisse am Ende der Zeit. Aber: ,alles Deuteln hilft nichts: kennung durch die höchste kirchliche Autorität erhielt, weshalb der Gedanke ewiger Verdammnis . . . hat seinen festen Platz man daran festhalten muß, „daß sich die Kirche dieser Botschaft sowohl in der Lehre Jesu . .. wie in den Schriften der Apostel' (J. verpflichtet fühlt" (P. Johannes Paul II.).11°) Ratzinger). Diese Wahrheit ist als unveräußerliches Gut in Lehre • Bei der Erscheinung der Gottesmutter in Fatima am 13. Juli und Verkündigung der Kirche eingegangen, wie zu unserer Zeit 1917 empfingen die drei Seherkinder bekanntlich ein Geheim- die Kongregation für die Glaubenslehre erklärte: ,Die Kirche nis, das aus drei verschiedenen Teilen besteht, die eng miteinan- glaubt. . . an die Seligkeit der Gerechten. . . Ebenso glaubt sie, der zusammenhängen und die Lucia erst nach 25 Jahren auf daß eine ewige Strafe den Sünder so trifft, daß er der Wunsch der zuständigen kirchlichen Behörde bekanntgab. Das Anschauung Gottes beraubt wird und daß die Auswirkung erste war die Höllenvision, die sie wie folgt beschrieb: dieser Strafe das ganze Sein des Sünders erfaßt.' „Als die Muttergottes die letzten Worte aussprach, von Diese ernste Wahrheit drückt auch die Fatima-Botschaft denen ich berichtet habe (,opfert euch für die Sünder'), öff- aus; nur tut sie es direkter, unmittelbarer und kindlicher, mit nete sie die Hände, wie sie es schon in den beiden vergange- einer Gewißheit und Festigkeit, wie sie nur aus Kindermund nen Monaten getan hatte. Das Strahlenbündel, das von dort ergehen kann, der auch zum Lobe Gottes berufen ist (vgl. das ausging, schien in die Erde einzudringen, und wir sahen etwas Wort Jesu Mt 21, 16). Das wiederholt gehörte Wort von den wie ein großes Feuermeer, und in ihm versunken schwarze, ,vielen, die der Hölle zueilen' stellt genau so wie die Höllenvi- verbrannte Wesen, Teufel und Seelen in Menschengestalt, die sion der Kinder eine eigentümlich realistische Bekräftigung fast wie durchsichtige, glühende Kohlen aussahen. Sie wur- des Glaubens an eine endgültige Verwerfune dar, die, wie den innerhalb der Flammen in die Höhe geschleudert und fie- jede Gerichtsbotschaft, dem Menschen zum Ärgernis gerei- len von allen Seiten herab wie Funken bei einer großen chen kann. . . Man kann die Wehreden Jesu nicht als pädago- Feuersbrunst, gewichtlos und doch nicht schwebend; dabei gische Warnungen ausgeben, hinter denen keine wirkliche stießen sie so entsetzliche Klagelaute, Schmerzens- und Ver- Vergeltung stünde; denn Gott ist kein schwächlicher Päd- zweiflungsschreie aus, daß wir vor Grauen und Schrecken zit- agoge. Man kann auch nicht zur Lehre von der ,Allversöh- terten. (Es wird wohl bei diesem Anblick gewesen sein, daß nung` oder ,Wiederbring-ung` selbst der Bösen Zuflucht neh- ich den Schmerzensruf ausstieß, von dem die Leute erzähl- men, weil das der Gerechtigkeit Gottes widerspräche wie ten.) Die Teufel hatten die schreckliche und widerliche auch dem absoluten Entscheidungscharakter des menschli- Gestalt unbekannter Tiere, waren jedoch durchsichtig wie chen Lebens. Auch ist es ein Widerspruch, im Evangelium - 47 - - 48 - beides nebeneinander vorzufinden und gelten zu lassen: die Die Gedankenführung und die Argumente B. de Margeries Wiederbringung aller und die Scheidung in Gute und sind von solcher Klarheit und Überzeugungskraft, daß man Böse.113) Fatima hält das Evangelium von solchen Widersprü- ihnen, nimmt man sie unvoreingenommen zur Kenntnis, die chen frei."14) Zustimmung nicht verweigern kann.123) • Das Gebet: ,0 mein Jesus, verzeihe uns unsere Sünden ...`, • Betrachten wir im Rückblick die angeführten Zeugnisse — das die Gottesmutter im Anschluß an die Höllenvision die Evangelium, Tradition und Mystiker — so ergibt sich aus ihnen Kinder gelehrt hat, erhält in diesem Zusammenhang einen eine nicht überhörbare Antithese zur These auf das endgültige tiefen theologischen Gehalt. Dazu Scheffczyk: „Hier wird Heil aller Menschen, das H. U. von Balthasar aufgrund des Höl- einerseits ganz ernst gemacht mit der Tatsache und der lenabstieges zu hoffen wagt, da Christus „mit seinem unver- Gewalt der Sünde, die sich für den unbußfertigen Menschen gleichlichen hypostatischen Leiden jedes mögliche zeitliche zur Verwerfung und zur Unseligkeit verewigen kann. Die oder ewige Leiden eines geschaffenen Menschen unterfaßt."124) Hölle ist dabei durchaus nicht als theoretische Möglichkeit verstan- Jedermann weiß um die verführerische Kraft, die solche den, sondern, wie die Höllenvision zeigt, als Wirklichkeit unse- Thesen auf unsere ohnehin heilsoptimistischen Zeitgenossen liger Geschöpfe.115) Aber der Mensch kann durch das Gebet, ausüben. Umso unverständlicher ist es, wenn sich so bedeu- nicht zuletzt durch das Rosenkranzgebet und durch die Ver- tende Theologen auf die Verteidigung von Thesen verlegen, mittlung Marias, vor dieser tragischen Wirklichkeit bewahrt von denen gerade sie das Wissen um ihre Verantwortung für werden. Ja, er darf mit diesem Gebet sogar den Appell an Got- den Glauben der Kirche abhalten müßte. tes Barmherzigkeit verbinden, daß sie sich an allen Sündern und an den am meisten Gefährdeten als machtvoll zeigen und Anmerkungen sich größer erweisen möge als seine Gerechtigkeit. Damit ist 109) ,Predigten und Ansprachen von P. Joh. Paul II. bei seiner apostol. Reise nicht behauptet, daß alle gerettet werden, wohl aber erkannt, nach Portugal 12.-15. 5. 1982' (Verlautbarungen des Apost. Stuhls 38, hrsg. von der Deutschen Bischofskonferenz) S. 43. daß viele der drohenden Unseligkeit entgehen können. Frei- 110) A. a. 0., S. 44. lich bleibt die Hölle auch so ein dunkles Geheimnis, das uns 111) G. da Fonseca S. J.: ,Maria spricht zur Welt', Freiburg/Schweiz 197717, erst in der Schau Gottes aufgehellt werden wird."116) S. 44 f. Noch eine Nachbemerkung zu Fatima: Da nach den Wor- 112) Leo Scheffczyk: ‚Verheißung des Friedens — Theologische Betrachtun- ten v. Balthasars der Mitvollzug des Abstiegs Christi in die gen zur Botschaft von Fatima', Wien 1985, S. 14. 113) In diesem Punkt vertritt v. Balthasar in ,Was dürfen wir hoffen?' mit Nach- Hölle am Karsamstag das „Zentrum der Theologie Adrien- druck die entgegengesetzte Auffassung. Dabei schreibt er die Worte über die Schei- nes" ist, verwundert es, daß er bei seiner Befragung Adriennes dung zwischen Guten und Bösen im Gericht Gottes „mit größerer Wahrscheinlich- v. Speyr über die Echtheit von bestimmten Marienerschei- keit dem vorösterlichen Jesus" zu, während die andere Textreihe, die die Hoffnung nungen, in Bezug auf Fatima nur nach dem Sonnenwunder auf das ewige Heil aller Menschen erlaubt, mehr der „nachösterlichen Botschaft" zuzurechnen sei. Zwischen diesen beiden entgegengesetzten Aussagereihen inner- (das ohnehin von 70 000 Menschen bezeugt wurde), nicht halb des NT gibt es, nach U. v. B., keine Synthese: „Wir stehen hier vor zwei Aus- aber nach der Höllenvision gefragt hat.117) sagereihen, die wir letztlich, weil wir unter dem Gericht stehen, nicht synthetisieren können noch dürfen." (S. 18) „Der Mensch, der unter dem Gericht steht, hat hier Schlußauswertung keine Synthesen zu bauen, vor allem keine solchen, die die eine Aussagereihe der andern subsumiert, praktisch die universalistischen entmannt, weil er von der „Die Hölle gehört zur Frohbotschaft" — auf diesen mehrdeuti- Potenz der ersten ein ,sicheres Wissen' zu haben glaubt. Tut er es, dann kommen die gen Buchtitel weist v. Balthasar hin und sagt, daß der Verfasser schrecklichen theologischen Spekulationen zustande. .." (S. 19). „Auch Newman L. Lochet „seinen Titel richtig gewählt" habe.118) Ebenso teilt er steht in der Tradition, die auf der einen Seite dem Wort Gottes — sowohl in seinen die Auffassung Lochets über den Abstieg Jesu in die Unterwelt: höchsten Verheißungen wie in seinen ernstesten Drohungen — unbedingt treu sein „Die Hölle ist fortan ein Teil des von Christus aufgenommenen will, auf der anderen Seite aber doch schon um den Ausgang des Gerichtes weiß, deshalb um eine nicht vollziehbare Synthese ringt." (S.20 f) „Allgemein bekannt ist, Universums; sie wird damit zu einem Mysterium des Heiles. Chri- daß im Neuen Testament zwei Aussagestränge so nebeneinander einhergehen, daß stus nimmt alles auf sich — und damit wird alles anders."118) So uns eine Synthese beider weder erlaubt ist, noch gelingen kann: die erste Reihe einfach ist das! Hier fragt v. Balthasar nicht wie bei Augustinus: spricht von einem ewigen Verlorengehen, die zweite von dem Willen und dem Kön- „Woher weiß er das?", sondern er weiß mit Lochet, daß wir aus nen Gottes, alle Menschen zu retten." (S. 24) 114) L. Scheffczyk: a. a. 0., S. "36-39 passim. dem Evangelium „keine Sicherheit haben, daß nicht alle gerettet 115) Auch ein anderer bedeutender Kenner der Botschaft von Fatima, Prof. werden. Die ganze Schrift ist voll von der Verkündigung eines Franz Lakner SJ, sieht in der Höllenvision die reale Darstellung des ewigen Heiles, das alle Menschen verbindet, von einem Erlöser, der das Geschickes unbußfertiger Menschen: „Und die furchtbare Höllenvision sollte ganze All versammelt und versöhnt. Das genügt durchaus, um den Kindern die schrecklichsten Folgen der Sünden, die ewigen Strafen, zei- gen. Was muß doch die Sünde in den Augen Gottes sein, daß der unendlich das Heil aller zu erhoffen und damit nicht im Widerspruch mit liebenswürdige Gott, von seiner Gerechtigkeit bezwungen, die Sünder auf dem Wort Gottes zu stehen."19 ewig von sich stoßen muß?!" (F. Lakner SJ, „Die Litanei vom Heiligsten Her- • Zu diesem gleichen Thema hat bereits im Jahre 1983 zen Jesu", (F. Rauch) 1960, S. 124). Prof. B. de Margerie SJ die sehr bedeutsame Studie ,La vie 116) L. Scheffczyk: a. a. 0., S. 40 f (Hervorhebung von mir). eternelle' veröffentlichtm), auf die im Verlauf dieser Arbeit 117) Adrienne v. Speyr: ,Ignatiana', Einsiedeln 1974, S. 435. 118) U. v. Balthasar: ,Was dürfen wir hoffen?', S. 91. schon mehrmals Bezug genommen wurde. 119) A. a. 0., S. 92. 120) A. a. 0., S. 92. Zu Beginn seiner Abhandlung stellt B. de Margerie die the- 121) In: ,Les croises du Purgatoire' (Association de priere pour les defunts), matische Frage, ob der Christ das ewige Heil für alle Men- 37 (1983), S. 11-14 (deutsche Übersetzung in: ‚Theologisches' April 1986, Sp. schen erhoffen und dabei zugleich wirklich an die Möglichkeit 6979-6982. 122) ‚Theologisches' April 1986, Sp. 6981 (Hervorhebung von mir). der Hölle für jeden Menschen glauben könne. Und er kommt 123) Faßt man den Inhalt dieser kurzen, aber grundlegenden theologischen im Laufe dieser Studie zu dem Ergebnis: Studie in wenigen Sätzen zusammen, so erhalten wir die folgenden Aussagen: „Um die Offenbarung Christi ganz zu bejahen, genügt es 1. Verdammnis im Sinne der neutestamentlichen Offenbarung ist keine für den Christen nicht, an die Möglichkeit der Hölle für sich bloße Hypothese, sondern eine Tatsache, die uns Jesus im NT prophetisch vor- ausgesagt hat. selbst oder für andere im Falle der Unbußfertigkeit zu glau- 2. Der Glaube an die Offenbarung Jesu Christi verpflichtet uns, an die Verdammnis ben; man muß darüber hinaus daran festhalten: Christus einiger Menschen als Faktum zu glauben. wollte uns bezeugen — um uns vor ihrem Schicksal zu behü- 3. Die tätige christliche Nächstenliebe ermöglicht die Hoffnung auf das ewige ten —, daß einige tatsächlich verdammt werden und daß es demnach Heil der anderen. nicht möglich ist, mit einer theologischen Hoffnung auf das ewige 4. Gott schenkt im Übermaß seiner Gnade allen bußfertigen Sündern bis zu ihrem Tod die Möglichkeit der Rettung. Heil aller derer hoffen zu wollen, für die er gestorben ist, d. h. aller 124) U. v‚ Balthasar: ,Pneuma und Institution' im gleichnamigen Aufsatz- ohne Ausnahme. (122) band, Einsiedeln 1974, S. 220. — 49 — — 50 — J. BERND WITTSCHIER Um Pater Reinisch vor der Einberufung zu bewahren, ver- suchte der Provinzial in Friedberg bei , Pater Rei- Franz Reinisch nisch auf verschiedene freie Seelsorgstellen zu vermitteln. Pallotinerpater in Schönstatt Daher verzögerte sich der Einberufungsbefehl. Kurz bevor für Pater Reinisch ein fester Platz gefunden werden konnte, geb. 1.2.1903 in Feldkirch-Altenstadt (Österreich) wurde er von dem Gestellungsbefehl überrascht (W. Schütz- enthauptet am 21.8.1942 in Berlin-Brandenburg eichel, a. a. 0., S. 55). Am 8. 8. 1943 ließ Pius + Am 9. 4. 1942 erhält er den Gestellungsbefehl für den XII. an den Generaloberen 14. 4. 1942. Vom 11. 4. bis 14. 4. 1942 ist er bei den Eltern in der Pallottiner über Pater Innsbruck, die er auf seinen bevorstehenden Tod vorbereitet. Reinisch schreiben: „Der Der Vater ministriert ihm bei der letzten heiligen Messe. Am Heilige Vater ist im Zwei- 14. 4. 1942 8.30 Uhr Abschied: „Im Himmel werden wir uns fel, ob er Euch wegen des wiedersehen. Wenn ihr hört, daß es mit mir vorüber ist, so Verlustes eines Mitgliedes weinet nicht, stimmt das Magnificat und das Te deum an und von solch hochherziger tragt keine Trauer!") Haltung beklagen, oder ob + Er kommt einen Tag zu spät bei der San.-Ers.-Abt. 13 in er Euch zur Glorie, die Bad Kissingen an. Nachdem er offiziell erklärt hatte, daß er jener erworben hat, seinen den Eid nicht leisten werde, wird er dem Gerichtsoffizier, Glückwunsch aussprechen dann dem zuständigen Kriegsgerichtsrat in Würzburg und soll ..."1) Franz Reinisch von dort am 8. 5. 1942 in das Gefängnis Berlin-Tegel über- hatte den Fahneneid ver- führt. Am 7. 7. 1942 wird das Todesurteil gesprochen. Am 21. weigert und dadurch bewußt den Tod gewählt. 8. 1942 wird es vollstreckt. Sein Vater war der Hofrat Dr. Franz Reinisch. Franz wuchs • Vom 25. 6. 1942 an hat ihn der Wehrkreis- und Standort- als Zweitältester von fünf Kindern auf. Die Eltern waren Mit- pfarrer von Berlin, Heinrich Kreutzberg, sechs Wochen im glieder des Dritten Ordens. Täglich besuchten sie mit ihren Gefängnis intensiv betreut. Auf seine Bitte hin hat Franz Rei- Kindern die heilige Messe. nisch eine Reihe von Niederschriften angefertigt. In einer Nach dem Abitur 1922 studierte Franz Reinisch Rechtswis- Niederschrift begründet er seine Eidesverweigerung. senschaft in seiner Heimatstadt. Danach nahm er an dreißig- - „Drei Gründe bestimmen mich dafür: 1. ein religiös- tägigen Exerzitien teil. Das zweite Semester studierte er kirchlicher, 2. ein politischer, 3. ein gnadenhafter." Er belegt Gerichtsmedizin in Kiel. Er selbst: „Ich sah das religiös-sitt- die Tatsache, daß die Kirche verfolgt werde, weil das Chri- liche Elend der Hafengroßstadt mit den Augen der Exerzitien stentum im Gegensatz zum NS-Rasse-Mythus stünde und daß an. Da brach in mir die Sehnsucht auf, für Christus Seelen zu die Schönstatt-Bewegung als „vorwärtsstürmender Katholi- gewinnen. Juli 1923 kehrte ich nach Hause zurück mit dem zismus" eine ausgesprochen „gnadenvolle Bewegung gegen Entschluß, Priester zu werden."2) Nach Studium in Innsbruck die Gottlosigkeit und Gottentfremdung unserer Zeit" sei. - und Priesterseminar in wurde er am 28. 5. 1928 zum Das Regime habe seine Macht mit Gewalt, Lug und Trug Priester geweiht. Eine Wallfahrt nach Lourdes und Lisieux errungen. führte zu dem Entschluß, Pallottiner zu werden. Durch persönliche Fügungen Gottes sei er im Gewissen • Am 3. 11. 1928 tritt er als Novize bei den Pallottinern in ganz klar, daß es der Wille und der Wunsch Gottes sei, diesen Untermerzbach bei Bamberg ein. 1930 erste Profeß. Er wird Weg gehen zu müssen.7) Lektor für Philosophie. 1933 wird er ins Mutterhaus der Süd- - Pfarrer Kreutzberg urteilt 1951 in seinem Buch über deutschen Pallottinerprovinz gesandt (Friedberg bei Augs- Franz Reinisch: „Der Fall Reinisch gehört wohl zum Wert- burg):Hier wird er Spiritual. Im August 1934 ist er zum ersten- vollsten aller christlichen Gefangenenliteratur und darf auch mal als Gast in Schönstatt. Die Schönstatt-Bewegung ist für ,in die Reihe der großen Bekenntnisse aus Gefängniszellen' ihn die Verwirklichung der Ideenwelt und des Apostolatswer- eingestellt werden. P. Reinisch ist eines der reinsten Opfer des kes von Vinzenz Pallotti. Wegen seiner draufgängerischen Nationalsozialismus."8) Art wird er mehrere Male versetzt („Ich zerschlage selbst, was ich aufgebaut habe")3). 1938 kommt er schließlich nach Benutzte Quellen: Schönstatt. Hier erhält er zwei Aufgaben: Einkehrtage im Heinrich Kreutzberg, Franz Reinisch, Ein Märtyrer unserer Zeit, Lahn-Ver- Dienste der Weltmission zu halten und Männer-Elitegruppen lag, Limburg, 1953. zu bilden. Wilhelm Schützeichel SAC, Ein Mann trotzt Hitler, in: Pallottis Werk, 19. Nach zwei Männertagungen am 3.4. und 3.6. 1940 in Win- Jahrgang, Dezember 1968. Klaus Brantzen, Pater Franz Reinisch - Mensch, Christ, Märtyrer, in: basis, zeln (Schwaben) verhängte das Reichssicherheitshauptamt Heft 10, Oktober 1979. am 28. 8. 1940 ein Redeverbot für das gesamte Reichsge- Benedicta Maria Kempner, Priester vor Hitlers Tribunalen, München 1966, biet, „da seine Reden staatsabträgliche Äußerungen enthal- S. 337-347. ten, die geeignet sind, Zwiespalt in die Bevölkerung zu tragen NRW Hauptstaatsarchiv, Düsseldorf, Akte RW 58/50973: Franz Reinisch. und Ruhe und Ordnung zu stören". Bei der Vorladung zur P. Klaus Brantzen (Hrsg.), Pater Franz Gestapo legte man ihm nahe: „Kommen Sie doch zu uns her- Reinisch, Märtyrer der Gewissenstreue - über! Solche Männer können wir brauchen!") Bd. I Im Angesicht des Todes: Tagebuch • Am 1. 3. 1941 erhält er den „Bereitschaftsbefehl": Dem- aus dem Gefängnis. 136 S., bebildert. Zu beziehen beim Franz-Reinisch-Sekreta- nächst habe er mit dem Eintritt in die Wehrmacht zu rechnen. riat, Hellscheider Str. 7, 5414 Vallendar. Er verfaßt eine mehrseitige Notiz% in der er angibt, warum er den Fahneneid verweigern und damit den Tod wählen werde: Anmerkungen: 1. weil er sein Leben einsetzen wolle „für das marianische Alle Fußnoten beziehen sich auf H. Christus-Königreich, für Heimat und Familie"; 2. wegen Kreutzberg, Franz Reinisch, Ein Mär- tyrer unserer Zeit: „Flucht vor mir selbst ob meiner Schwäche und Unzuverläs- I) S.170, 2) S.27, 3) S.40, 4) S.55, sigkeit." Er ist sich sicher, „durch diesen Tod ein Apostolat zu 5) S.57-60, 6) S.71, 7) S. 8-90, erfüllen", wie er „es sonst kaum besser betätigen könnte ..." 8) S.8. - 51 - - 52 - PROF. DR. WOLFGANG KUHN haupt diskutieren könne. So definierte der Redner beispiels- weise Religion als „alles, was mich tangiert" - woraufhin ihm Die ‚Legende' vom leeren Grab geantwortet wurde: „Mein Hund tangiert mich auch - aber Unerträgliche tiefenpsychologische Besserwisserei mit meiner Religion hat er auch nicht das Geringste zu tun." • Und dann fiel die Maske vollends, als er sehr energisch „Sollte sich in diesem Hörsaal irgend ein Hinterwäldler aufgefordert wurde — von einem Laienhinterwäldler übri- befinden, der noch vom Gottesglauben ausgeht, so sei ihm gens —, doch endlich einmal mit seinem psychologischen gleich gesagt: Hier wird Theologie betrieben, und das ist eine Wischiwaschi und Darumherumgeschwafel aufzuhören und Wissenschaft wie jede andere auch!" klar und unmißverständlich jaja' oder ,nein-nein` zu sagen. Durfte ich meinen Ohren trauen? Aber der mir von dieser Wie er das also wirklich meine, wenn er, wie wiederholt, von Einleitung einer katholischen theologischen Vorlesung an der ,Legende vom leeren Grab' spräche? Da blieb ihm denn einer westdeutschen Universität berichtete, ein Germanist nichts anderes mehr übrig, als — endlich! — offen zuzugeben: und Religionslehrer, Oberstudienrat an einem kath. Gymna- Ja, das ‚leere Grab' sei eine ‚Legende'. Nicht etwa nur die lite- sium, war ein absolut vertrauenswürdiger Informant. Zudem: rarische Form, in der die Schrift darüber berichtet, sondern es War dies nicht die gleiche Universität, an der die ebenfalls habe in der Tat nie ein ‚leeres Grab' Christi gegeben! Germanistik und Theologie studierende Tochter eines guten Bei Anwesenheit eines beherzten Diskussionsleiters, der Freundes schon nach dem ersten Semester Hals über Kopf die Situation im Griff gehabt hätte, wäre an dieser Stelle wieder exmatrikulierte und nach Eichstätt überwechselte, um immerhin die Frage möglich gewesen, ob wir, das nicht-exe- ihren Glauben nicht zu verlieren? Wegen der Theologie, gesestudierte ,Volk der Erlösten`, wenn das Credo gebetet wohlgemerkt — nicht etwa wegen etwas so harmlosem wie der wird (passus et sepultus est!!) nur gemeinsam und brav folg- Germanistik oder gar der Naturwissenschaften! sam eine ‚Legende' nachplappern? Und weiter: Ob nicht, falls • Hätte noch irgend ein Zweifel daran bestanden, daß ein diese Ungeheuerlichkeit zuträfe, auch der Kreuzestod nur solcher „Greuel an heiliger Stätte" möglich ist, er wäre auf der eine ‚Legende` sei, mithin unser ganzer christlicher Glaube? Januar-Tagung der Professoren und Dozenten ehemaliger Wo in aller Welt denn überhaupt noch ein ‚wahrer' Rest von kathol. Päd. Hochschulen von Rheinland-Pfalz und dem Saar- alledem zu finden wäre? land in Maria Laach endgültig und auf drastische Weise beho- • Denn auch die Wunder tat der Referent mit schwungvol- ben worden. War auch das diesjährige Tagungsthema, wer ler, einschmeichelnder Rhetorik als Legenden ab (viele Zuhö- immer dafür verantwortlich zeichnen mag, Bultmanns ,Ent- rer hatten überhaupt den Eindruck, während dieser über- mythologisierung`, sicher keines von denen, die uns in einer zwei-Stunden-Vorlesung ununterbrochen auf der bekannten Zeit ständig sinkender Kirchenbesucher — und ebenso konti- Ledercouch zu liegen!). Nicht nur die Wunder, von denen im nuierlich ansteigender Kirchenaustrittszahlen - auf den Nä- Neuen Testament berichtet wird, nein, auch die von Lourdes. geln brennen, so sollte sich dennoch irren, wer etwa gehofft Was internationale Ärztegremien nach jahrelangem Studium hatte, mit diesem altehrwürdigen Problem unserer Elternge- anerkannten, das wischte er sozusagen mit lässiger Handbe- neration könnte man sich bequem um jene wirklich aktuellen wegung als Einbildung vom Tisch. Bernadette Subirous, Fragen herummogeln! kanonisierte Heilige der römisch-katholischen Kirche, gilt Der zweite, der Hauptredner dieser Tagung, nicht nur an sei- ihm nur als ein ehrgeiziges (ausgerechnet!) Mädchen, dessen ner Heimat-Universität als Außenseiter und Eigenbrötler pubertäre Einbildungskraft ihm eine schöne Dame vorgau- bekannt, dem, wie von dort verlautet, eine ordentliche Profes- kelte, die zu ihm aus einer Grotte sprach. Hinter alledem sur anzuvertrauen sich sein Bischof dankenswerterweise stecke ja nur Geltungsbedürfnis und, wie mir ein Zuhörer (ich immer wieder entgegenstellt, rechtfertigte denn auch alle hatte mit einigen anderen Teilnehmern, denen dies ebenso ernsthaften Bedenken gegen seine ‚Theologie', die von man- unerträglich wurde, den Saal bereits verlassen) später sagte, chen Tagungsteilnehmern als ungute Vorahnung in vertrau- der Versuch, daraus Geld zu machen. tem Kreise geäußert wurden. Es kam, was jeder Informierte Dies alles, vornehmlich auch die Behauptung des Referen- gar nicht anders erwarten konnte. ten, ein Gott, der tatsächlich Wunder wirken könne um ertrin- Theologie wurde ,tiefenpsychologisch` demontiert, Exegese kende Menschen zu retten, dies aber dennoch nicht tue, sei wandelte sich in Psychoanalyse, Sigmund Freud, peinlicher- ,ein Wahnsinniger' (was in früheren Zeiten als Lästerung weise anscheinend jetzt erst von so manchem Theologen ent- gegolten hätte!) war zweifellos schlimm, sehr, sehr schlimm. deckt, genau so verspätet wie etwa Ernst Haeckel und der Doch weit schlimmer noch: Keiner der anwesenden Herren frühe Evolutionismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Theologen, vom Monsignore und Professor (auf Deutsch: triumphierte über Evangelisten und Kirchenlehrer. Die ‚Hin- Bekenner!) Dr. theol. bis zum bescheidenen nur-Seelsor- terwäldler', deren Fragen der Referent in der anschließenden ger sah sich dadurch veranlaßt, aufzustehen — nein: auf- Diskussion mit kaum erträglicher Arroganz glaubte ‚bündeln' zuspringen! — und alledem sein ‚Anathema' entgegenzu- zu dürfen, wurden als solche rasch abgekanzelt. Wie üblich, schleudern! Brav, vielleicht (das wäre immerhin noch ein wenn es an stichhaltigen Argumenten mangelt oder aber vager Hoffnungsschimmer!) betreten schaute man unter sich. durch eine klare Antwort ,Farbe bekannt' werden müßte, wur- Nur nicht auffallen, es wäre doch allzu schrecklich, würde den sie im Handumdrehen als inkompetent abqualifiziert. jemand einen, der seinen ,Professoren`-Titel noch ernst Ihre Fragen ständen auf dem Niveau eines Theologiestuden- nimmt, für ,von gestern' halten — für ‚konservativ', also für ten des ersten Semesters (der wohl noch an Gott glaubt?) und einen ,Hinterwäldlerg Laien waren es, Philosophen, Pädago- im übrigen könnten sie schon deshalb gar nicht mitreden, weil gen und bezeichnenderweise Naturwissenschaftler, die gegen sie ja nicht Exegese studiert hätten. Kompetent für alle Fra- diese Demontage unseres Glaubens protestierten — und, Gott gen, interessanterweise auch naturwissenschaftliche, war sei's geklagt, leider nur ein paar, die den Saal verließen. allein der Referent! Eine seltene — oder besser seltsame! — Am folgenden Sonntagmorgen waren dann sämtliche Universalgenialität. Tagungsteilnehmer brav im Konventamt. Immerhin: es Peinlich, daß der Vortragende von einer Tagungsteilneh- könnte ja trotz aller Tiefenpsychologie doch noch irgend merin, einer Pädagogikprofessorin, aufgefordert werden etwas wahr sein an all den Legenden. Sicher ist sicher! mußte, seine verwaschenen, dehnbaren Begriffe doch endlich Die Adresse des Autors: einmal sauber und exakt zu formulieren, damit man über- Prof Dr. Wolfgang Kuhn, Gehnbachstr. 146, 6670 St. Ingbert. - 53 - - 54 - PROF. ALFRED PALKA den? Zumal in Verfolgungszeiten fühlen sie sich als eine Herde ohne Hirte, es fehlt ihnen die Festigkeit, die ein über- P. Walbert Bühlmanns Traumfabrik nationales und überkontinentales Zentrum, das von lokalen (Bökmann) Als Vorbemerkung kann gut ein kurzer Bericht die- Verhältnissen unabhängig ist, verleiht. Anscheinend ver- nen, der sich in der österreichischen Zeitung „Der 13." (Glaube und deckt Bühlmanns „antirömischer Affekt" diese Sicht. Als Kirche) vom 13. Nov. 86 findet. Schweizer hat er ja auch nicht den Abwehrkampf der Kirchen Am 18. Oktober, dem Fest des heiligen Evangelisten Lukas, wurde an in der NS-Zeit am eigenen Leibe verspürt. Er sollte wenig- der päpstlichen Universität Urban iana in Rom ein missionswissen- stens für die Felsverheißung an das Petrusamt ein Traum-kor- schaftlicher Kongreß eröffnet. Thema: „Verkündigung des Evan- rigierendes Glaubensverständnis aufbringen. geliums und päpstliches Lehramt." In Anwesenheit von sieben Kardi- Da er eine Diktatur und ihre Unterdrückungsmaschinerie nälen, zahlreichen Bischöfen, Professoren und Studenten hielt der nicht aus eigener Erfahrung kennt, verniedlicht er auch die Präfekt der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Josef kommunistische Unterwanderung in einigen afrikanischen Kardinal Tomko, den Eröffnungsvortrag. Ländern, die Verfälschung der christlichen Lehre in der soge- Es war beeindruckend zu hören, mit welcher Klarheit und Schärfe nannten „Volkskirche" und einzelnen „Basisgemeinden" und des theologischen Urteils der Kardinal eine Reihe von Verirrungen die naive Rezeption des Marxismus durch manche moderner Theologen als Wurzeln für weitverbreitete Verzerrungen Befreiungstheologen (z. B. Boff). Er kommt mit der sattsam des katholischen Missionsgedankens aufwies und ihnen die klare bekannten Rechtfertigung: sie verchristlichen Marx, wie Lehre der Päpste entgegenstellte. Sowohl die Konzilskonstitution Thomas v. Aquin Aristoteles verchristlicht hat (S. 173). Dabei „Gaudium et spes" als auch die Enzykliken „Evangelii nuntiandi" ist die Situation im Falle Marx eine völlig andere: Aristoteles und „Catechesi tradendae" waren neben zahlreichen Predigten war immerhin ein metaphysischer Denker, der folgerichtig Johannes Pauls IL Hauptquelle für seine Ausführungen. einen Gottesbeweis geliefert hat, während sich Marx bewußt Mit Nachdruck betonte der Kardinal, daß die Eingliederung in in seine atheistische Immanenz verbohrte. Zudem wird ja die Kirche durch die Predigt des Evangeliums und die Taufe der von Marx nicht verchristlicht d. h. dem Christentum angepaßt, Gott gewiesene ordentliche Heilsweg für jeden Menschen ist. Darum vielmehr wird seine in Ideologie verpackte angeblich isolier- müsse durch die Mission die Kirche bei allen Völkern eingepflanzt bare Gesellschaftsanalyse unbesehen übernommen: was am werden, um diese zum Heil in Christus zu führen. Christentum brauchbar ist, bestimmt die auf Klassenkampf Es ist bemerkenswert, in welchem Kontrast zu dieser eindeutigen abgestimmte revolutionäre Praxis. Lehre der Kirche das steht, was der „Missionsexperte" P. Walbert • Viel Verwirrung geht von Bühlmanns Schriften aus, weil Bühlmann OFM Cap. landauf landab verkündet. er zu denen gehört, denen es nicht mehr genügt, die Beschlüsse des Konzils durchzuführen. Ihnen sind sie nur Impulse (Vorwand?) zu weiteren radikalen Neuerungen. Mit Man wird dem Missionstheologen, P. Walbert Bühlmann, dem Kampfschrei: ecclesia semper reformanda stürzt sich einem streitbaren Kapuziner, seine Absichten, seinen Bühlmann in einen eskalierenden Veränderungskampf. pastoralen Eifer und selbst seine oftmals behauptete Liebe zur Dabei greift er als Zielbild auf sein Buch: Kirche nicht unbedingt streitig machen wollen. Aber er sollte „Weltkirche. Neue Dimensionen — Modell für das Jahr doch mehr darauf achten, ob die Kirche, von der er träumt 2001" (Styria Verlag 1984) zurück. und wie sie ihm seine „prophetischen" Höhenflüge zeigen, Warum vermag er nicht anzuerkennen, was aus dem christ- noch die Kirche Jesu Christi ist und nicht vielmehr ein utopi- lichen Samen durch fast 2000 Jahre hindurch gewachsen ist? sches Mischgebilde christlicher und heidnischer Religionsin- Waren das nur Mißbildungen und verkrüppelte Zweige? halte (Synkretismus). Wenn man zu sehr träumt, verschwim- Woher nimmt überhaupt eine Progressistengruppe unserer men die Konturen, und je stärker die Utopie sichtbar wird, Generation, die nur „Sommerlaub am alten Baum der umso mehr wird man wirklichkeitsblind, ja - feindlich. Kirche" ist, wie Ida Friederike Görres so schön sagt, das Die Kirche in ihrer gegenwärtigen Formi hat viele und auch Recht, über diesen Baum ein vernichtendes Urteil zu fällen? ihn, wie er meint, enttäuscht. Vor allem ärgert ihn ihre hierar- Es erscheint evident ungerecht und überheblich, wenn Bühl- chische Struktur mit der römischen Kurie an der Spitze, an mann sagt, Menschengruppen, die heute noch „vorkonziliä- der er kaum ein gutes Haar läßt, wenn er auch später einen ren" Anschauungen nachhingen, stellten nur eine Kümmer- halbherzigen Rückzieher macht (SS. 59,238). Gehässig greift form von Kirche dar, seien nur Kirche, „im mißbräuchlichen er sie an, als ob die Kirche nicht jederzeit, von unten bis oben, Sinn"? (S.10) ein Acker voll Unkraut und Weizen, ein Netz von guten und Ein Zweites sollte er noch bedenken: Jeder Umbau darf schlechten Fischen gewesen wäre. Was will P. Bühlmann nicht so weit gehen, daß eine Institution dabei ihre Identität eigentlich? verliert, daß sie nicht mehr das ist, was sie von ihren Ursprün- gen her war. Dies gilt noch viel mehr von der Geist-verheiße- In seinem letzten Buche „Von der Kirche träumen" (Ver- nen Identität des Corpus Christi Mysticum. Sonst hat man lag Styria 1986) stellt er der wirklichen seine Traumkirche nicht reformiert, sondern zerstört, nicht umgebaut, sondern gegenüber. Wie schaut diese aus? Sie ist ein lockerer Verband Fantasia-Gebilde abgesondert. von Kontinentalkirchen, einer afrikanischen, asiatischen, Wenn Bühlmann zwei Theologen lobend erwähnt, J. Lortz europäischen und südamerikanischen Kirche, von denen jede und H. Jedin (S. 122), und diesen sogar zu einem Progressiven ziemlich selbständig ist, ihre eigene Theologie, Liturgie und hinaufstilisiert (S. 28), so ahnt er nicht, daß beide gegen ihn Disziplin eigenständig entwickelt. Diese kontinentalen Orts- zeugen. Lortz hat kurz vor seinem Tode eine Kehrtwendung kirchen werden von keiner „bösen" Kurie von Rom aus fern- vollzogen, als er sah, daß die progressive Woge weit über das gesteuert, sondern von Bischöfen geleitet, die nur von Zeit zu Ziel hinausschoß. Er warnte vor einem „Ökumenismus ohne Zeit zu einer Art von Weltkirchenkonferenz zusammenkom- Wahrheit", (Verlag Aschendorf, Münster 1975). Und Jedin men. Eine religiöse UNO also unter dem Vorsitz des Papstes. sprach von einer Kirchenkrise, weil man das Konzil lediglich Damit ist allerdings die Catholica, die bei aller Vielfalt eine als Initialzündung für weitere Veränderungsprozesse ansah. Einheit in Lehre und Glauben darstellt, zerstört. (H. Jedin, Lebensbericht, hrsg. von K. Repgen 1984). • Weiß Bühlmann nicht, daß uns evangelische Christen • Mit der gleichen Leidenschaft wie gegen die römische um das römische Zentrum mit dem Papst an der Spitze benei- Kurie wendet sich P. Bühlmann gegen das, was er die West- - 55 - - 56 - kirche nennt. Er entwickelt geradezu einen antieuropäischen durch Tanz, liturgische Nacht und entsprechende Musik stimuliert, Komplex. Nichts fürchtet er mehr, als daß den jungen Kir- den Heilssakramenten nicht nur dem Stil nach ganzfremd sind. Wie chen der Dritten Welt ein angeblich bloß europäischer Able- tief fragwürdig und verkehrt die includierte Theologie Bühlmanns ger des Christentums aufgedrängt würde. Hat er schon einmal ist, zeigt der obige Artikel. Er zeigt damit auch, welch bedenkliche bedacht, daß z. B. der so bereitwillig angenommene Marxis- Wege der Katechetenverein seine Kongreßbesucher weisen will. mus auch nur ein europäischer Ableger ist? Weiß er, daß die Man staunt übrigens, daß unter den 60 (i.W sechzig) Themen fiir südamerikanische Befreiungstheologie nicht so eigenständig Fachgruppen sich kein einziges mit einem marianisch-mariologischen ist, wie sie zu sein vorgibt, vielmehr Export seiner zutiefst Aspekt befaßt. Zwei Tage vorher beginnt das Marianische Jahr ... europäischen Progressismus-Freunde darstellt? Fast alle ihre Vertreter haben an europäischen Universitäten studiert, und Leute wie Girardi, Comblin und Blanquart haben sie als „poli- Aus Zuschriften an den Herausgeber tische Theologie" oder „Theologie der Revolution" aus der Alten Welt importiert. Desgleichen kommt sie nicht aus dem Abschied von der alten Eva? Volk, sondern ist in den Gehirnen einiger Intellektueller ent- Unsere Zeit ist nicht arm an Parolen. Sie tauchen plötzlich standen und neokolonialistisch implantiert worden. auf und werden wie neu entdeckte Weisheit unbesehen nach- Was Bühlmann für die „Kirche der Zukunft" verlangt, Inkul- gebetet und weitergereicht. Katholische Institutionen bleiben turation und Pluriformität (Vielfalt und Verschiedenheit), dabei nicht ausgeschlossen. Man will „mit der Zeit gehen" gewinnt bei ihm ein derart ideologisches Vorzeichen. und meint, dies auch der Kirche gegenüber schuldig zu sein. • Die Inkulturation (Kulturanpassung) muß die beinahe Warum nicht!, könnte man sagen. Aber die entscheidende 2000jährige Kirche nicht erst von P. Bühlmann lernen. Sie hat Frage ist, welchen Inhalt solche Parolen bergen. Tragen sie es immer verstanden, ihre Verkündigung dem Daseinsgefühl das göttliche Siegel der Wahrheit oder atmen sie den Geist und dem Wertempfinden der von ihr bekehrten Völker anzu- abgeirrten Denkens und Wollens? passen. Ein treffendes Beispiel einer gelungenen Inkultura- Die Kölner Kirchenzeitung (Nr. 37, 12. 9. 86) berichtet tion ist z. B. der altsächsische Heliand aus dem 9. Jhdt. n. Chr. über eine Plakatserie, welche die Zentrale der katholischen Hier wird das Evangelium in Form und Darstellung der ger- Frauengemeinschaften Deutschlands mit dem Sitz in Düssel- manischen Vorstellungswelt angepaßt, ohne daß dabei der dorf (KFD) zu Werbezwecken anbietet. In Bild und Text wol- christliche Grundgehalt der Lehre verändert wird (z. B. der len acht Plakate hinweisen auf bestimmte „Notstände" inner- Bergpredigt). halb der Frauenwelt. Natürlich will die KFD sich dieser „Not- Bühlmann jedoch will mehr. Weil — wie behauptet — 70% stände" annehmen und sie beseitigen helfen. Es wird nir- der Afrikaner wegen einer ungeregelten Ehe von den Sakra- gendwo gesagt, wie das geschehen soll, so berechtigt manche menten ausgeschlossen sind, verlangt er (mit einigen afrikani- kritischen Anmerkungen sind. Mit einem allgemeinen „Das schen Bischöfen) neben der Einehe die Zulassung der Poly- wollen wir aufgreifen" ist nichts gesagt. gamie und der sogenannten afrikanischen Etappen-Ehe aus Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, alle einzelnen Pla- pastoralen Gründen. (S. 147) Vorehelich Zusammenlebende katentwürfe samt Text unter die Lupe zu nehmen. Aber bei sollten also zu den Sakramenten zugelassen, gute Polygame einem Entwurf soll das geschehen, weil er am meisten in die sollten getauft werden. Zugegeben, es gibt in Afrika Probleme Augen springt: Das „Eva-Thema"! mit der Polygamie, aber muß man deswegen die christliche Da heißt es: „Die alte Eva gibt's nicht mehr. Sie hat ihre über- Eheauffassung verändern? Wie kompromißlos hat doch die lieferte Rolle abgestreift. Frauen von heute sind vielseitig". Urkirche an ihrem Eheideal festgehalten und wie mutig hat Das Bild des „angebissenen Apfels" will es illustrieren, will sie klare Forderungen an ihre Taufbewerber (Katechumenen) wohl sagen, man könne ihn nicht mehr verwenden; auch an gestellt! Wer in sexuell ungeordneten Verhältnissen lebte, die biblische Sündenfallgeschichte — oberflächlich-spöttisch wurde zum Taufunterricht gar nicht erst zugelassen. Glaubt — erinnern. man denn wirklich, jemand würde die Einehe schrittweise Immerhin macht das Wort von der „überfälligen" Eva bereits anstreben, wenn er vorher schon alles billiger haben kann. die Runde. Im Munde redebeflissener Frauen kehrt es wieder Am Ende seines Buches verliert sich der Autor völlig in als eine wirksame Novität, die in Ohr und Herz der Zuhöre- marianische Träumereien, bar jeglichen Wirklichkeitsbezu- rinnen „ankommen" will. ges (S. 238 ff). Der Papst ist nur mehr das Oberhaupt der • Wie ist das mit der Eva, deren „Rolle" abgestreift werden „Westkirche", die übrigen Kirchen überläßt er dem „Wehen soll? Wahrscheinlich hat die Verfasserin des Textes nicht des Geistes", der weht, wo er (laut Bühlmann) will. Er löst die gewußt, daß „Eva" so viel bedeutet wie „Leben", beziehungs- Kurie auf, verkauft den Vatican, um sich in Jerusalem seinem weise „Mutter des Lebens". In jedem Lexikon ist das nachzu- ökumenischen Hobby, der Vereinigung der Weltreligionen, lesen. zu widmen. Wichtiger ist, daß der Namensgebung ein göttlicher Auftrag Nein, in diese Romanwelt will ich P. Bühlmann nicht mehr hinzugefügt wird: „Wachset und mehret euch und erfüllt die folgen. Derartiges Träumen ist nicht mal schön. Ressenti- Erde" (Gen 1/28). Diese „Rolle" ist nicht abzustreifen. Wo es mentgespeist und tendenziös, könnte das vielmehr die geschieht, geht es abwärts. Daß wir ein sterbendes Volk sind, Bewährung in Glaube und sichtbarer Kirche durch Phantasie- dürfte allmählich bis zu den Rollenverteilern vorgedrungen Flucht entkräften, vergiften und — das belegt dieses Buch — sein. antirömische Affekte anheizen. Aber das ist es nicht allein! Dem Leben dienen, bedeutet Die Adresse des Autors: Prof Alfred Palka, Lerchenstr. 51, A-5023 Salzburg durchaus keine Minderung im Dasein der Frau. Im Gegenteil: (Bökmann) Auf dem Katechetischen Kongreß München 1987 Unter allen Werten, deren wir uns erfreuen dürfen, steht das wird P. Walbert Bühlmann, nach Bischof Lehmann, als Hauptrefe- Geheimnis des Lebens an erster Stelle. Seine Vielfalt ist rent seine Träumereien vortragen. Die verbreitete Tendenz zur Kir- unübersehbar. Es trägt in sich Fülle und Schönheit, wohin wir chenkritik wird hier einerseits psychisch-ideologisch aufgeladen, schauen. Es findet seine Krönung im Menschen, dem großen andererseits durch illusionär-interessierte Schwärmerei ins falsch- Wunder aus Gottes Hand. Es erlebt schließlich im Sakrament Utopische abgeleitet. So werden Aggressionen und Enttäuschungen seine höchste Vollendung. Göttliches Leben wird ihm zuteil angeregt - alles andere als der oft beanspruchte HL Geist. V a. aber — ein für alle Mal. „Vivo et vivetis" spricht der Herr — „Ich wird eine Art Dauerrevolutionsdynamik und -stimmung erzeugt, die, lebe und ihr lebt". (Joh 14, 19) - 57 - - 58 - In solchem Lichte ist das Leben der christlichen Frau zu an der Stelle sehr problematisch, wo sie betont, daß Geschie- allen Zeiten zu sehen. Aber sie ist auch dem Leben in aller dene nicht ausgeschlossen sind. Vielfalt verpflichtet, zum treuen Dienst gerufen, also neues • Es wird heute fleißig entgrenzt, aber nicht mehr abge- Leben zu tragen und es zu pflegen, es zu entfalten und zu grenzt und ausgegrenzt, was zur Folge hat, daß sich die Kirche gestalten, es zu hüten und zu schützen. Von diesem Auftrag formal immer massiver mit dem Chaos arrangiert. In der kann keine Frau entbunden werden, ob verehelicht oder Bibel, auf die man sich so gern beruft, gibt es das nicht. nicht. Und es ist ein großartiger „Beruf"! Michelangelo, der Was die Ministrantinnen betrifft, schrieben mir der Sekre- große Meister der Sixtinischen Kapelle, zeigt Eva, die wir tär unseres Bischofs und Prälat Schätzler, die Herbstvollver- unsere Stammutter nennen, in Gottes Arm ruhend, ganz nahe sammlung der deutschen Bischöfe führe diesbezüglich eine seinem liebenden Herzen. Die einzigartige Verbundenheit Klärung in meinem Sinn herbei. Ich habe nichts bemerkt. mit Gott und seinem schöpferischen Wirken machen die Frau Und man wird weiter beschimpft, wenn man, wie ich es prak- zu einem Wesen, das unser aller Ehrfurcht verdient. Mutter- tiziere, Ministrantinnen nicht zuläßt. Die Vorschrift zum Tra- rolle ist Mittlerrolle in großer Form! Wer des Staunens noch gen von Priesterkleidung wurde sofort nach Bekanntwerden fähig ist, wird beim Anblick eines neugeborenen Kindes sich von maßgeblichen Pfarrern der Stadt öffentlich abgelehnt sagen: Daß es solch ein Wunder gibt, ist unfaßbar! und lächerlich gemacht. • Wenn wir Evas Namen „wenden", wie es im bekannten Ich wünsche Ihnen persönlich Gottes besonderen Segen Hymnus heißt, wird daraus ein „Ave". Es gilt der größten aller und „Theologisches" den Mut, sich noch klarer zu äußern. mütterlichen Frauen: Maria, der Gebenedeiten! Ihre „Rolle" Friedrich Breyer/OStR i.K., Landau bestand darin, der Welt den Erlöser zu schenken, was spiri- tuell betrachtet, jeder glaubenden Frau aufgegeben ist. In der Lieber Herr Kollege Bökmann! alten Lauretanischen Litanei ist aufgeführt, in welchen For- Die Zuschrift aus Ebrach (Theologisches, Nr. 3) zu meinem men „Der Dienst am Leben" geschehen kann. Sie sind einer Beitrag „Chancen für Reform und Neubeginn in der Jugend- Sonderbetrachtung wert. arbeit" (Theologisches, Nr. 1 und 2) beweist wieder einmal: Im übrigen: Die alte Eva soll weiterleben! Kritik auf der Basis des Kirchenrechts und der Verlautbarun- Prälat Georg Alfes, Engelskirchen gen der deutschen Bischöfe ruft bei denen, die sich betroffen fühlen, lauten Protest hervor. Kritik an Kirche, Papst und Hochwürdiger Herr Dr. Bökmann! Bischöfen aber legitimiert sich offenbar aus sich selbst. Ich bin seit 26 Jahren Priester in der Diözese Speyer und So hat man denn auch in Ebrach meine Argumente erst seit 17 Jahren hauptamtlich am hiesigen Otto-Hahn-Gymna- einmal im Protest untergehen lassen. Ich habe keineswegs sium als Religionslehrer tätig. 100 von meinen Schülerinnen utopische Leitgedanken bei Verbänden wie der KJG diskri- und Schülern fahren mit mir zusammen zum Papst nach miniert, sondern darauf hingewiesen, daß die Aufforderung Speyer am 4. Mai. der Deutschen Bischofskonferenz an die KJG, zu sagen, wie Da ich es voriges Jahr erleben mußte, daß unter dem neuen man sich in die konkreten bestehenden katholischen Pfar- Chefredakteur unserer Diözesanzeitschrift „der pilger" erst- reien integrieren wolle, mit Aussagen über die utopische mals einer meiner Leserbriefe ohne Rückmeldung an mich (!) Gemeinde abgeschmettert wurde, so daß hier Utopie zum nicht veröffentlicht wurde, wende ich mich diesmal mit mei- Alibi wird. — Die Briefschreiber aus Ebrach mögen also nem Anliegen an Sie. getrost Utopien anhängen und für Entrechtete eintreten, nur Ich hätte manche Symptome zu nennen, die für den säkula- bitte nicht die Utopie mit gegenwärtiger Realität verwechseln ristischen Trend in der katholischen Kirche typisch sind. Die und nicht die angeblich in der Bundesrepublik pauschal ent- Nachrufe auf Prof. Ermecke in der DT und in "Theologi- rechtete Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen beklagen, sches" ermutigen mich, auf ein bestimmtes Symptom hin- solange man sich anscheinend mit Verbandsfunktionären zuweisen, nämlich: Die Nicht-Ernstnahme der Eheenzyklika von identifiziert, die ihrerseits Jugend für ihre höchst handfesten 1968 und damit in einem verhängnisvollen Zusammenhang gesellschaftspolitischen Ziele manipulieren! die auffallend unklare Sprache bei der Erörterung der Thematik Prof. Dr. Hans-Joachim Schulz, Würzburg des päpstlichen Schreibens, vielfach schlampig HV genannt. • Diese Eheenzyklika wird im offiziellsten Kreis der geist- Rettung fiir die Aidskranken lichen Religionslehrer der Diözese im Beisein des Bischofs- Was wir im Augenblick um die moderne Lustseuche Aids vertreters belächelt und abgelehnt, was mit ein Grund dafür erleben, mutet gespenstisch an. Ähnlich wie 1945 bricht eine ist, daß ich diesen Kreis verließ. Welt der Hybris, der Mißachtung der Gebote GOTTES, der Kürzlich war im vollbesetzten Hörsaal des Speyerer Prie- gottlosen Selbstbestimmung zusammen. Und die Reaktion? sterseminars Professor Gründel. Dasselbe. Nicht etwa Rückkehr zur Vernunft, zur Ordnung, zum Recht, In einem „Pilger"-Artikel über AIDS hieß es, es entstünden um so zu retten, was noch zu retten ist, sondern, heute wie Probleme „mit unbekannten Partnern", so als seien nach Mei- damals: Keinen Millimeter abrücken von der Willkür, von nung des „Pilgers" sexuelle Beziehungen mit allen bekannten den selbstgemachten Über-Götzen! Dann schon lieber die Partnern ganz problemlos. totale Selbstzerstörung! Im Bischofsschreiben für das Leben liest man, eine Kultur Was groß und rühmenswert ist in der abendländischen der Liebe schließe „oberflächliche oder wechselhafte Geschichte beruht auf der Befolgung des christlichen Grund- sexuelle Beziehungen" aus. Was ist oberflächlich? Wer ent- satzes, der schon eine Forderung der Vernunft ist, daß die mit scheidet das? Jetzt lese ich gerade ebenfalls im „Pilger", der der Erfüllung der Triebe, z. B. des Nahrungstriebs, des Papst lehne vorehelichen Geschlechtsverkehr und künstliche Besitztriebs, des Geschlechtstriebs verbundene Lust nicht Empfängnisverhütung ab. Ja, um des Himmels willen, gibt es im falschen Maße und erst recht nicht zweckentfremdet ange- denn vielleicht noch jemand in der Kirche, der das ablehnt. strebt werden darf. Durch die Mißachtung dieses Grundsat- Sagt vielleicht sogar jemand, daß es sich in diesem Kontext zes, durch Maßlosigkeit und Unmoral macht sich der Mensch um „eine wichtige Sache" handelt und Fehlverhalten (klares also schuldig. Wissen und entschiedenen Willen vorausgesetzt) objektiv Krampfhaft wehrt man sich gegen diese Erkenntnis. Dabei schwer sündhaft ist? ist besonders verhängnisvoll, daß man so den Aidskranken den Weg Sogar die hochgeschätzte Schrift „Familiaris consortio" ist der Rückkehr zu GOTT versperrt. Man ignoriert jede Beziehung — 39 — — 60 — des Menschen zu GOTT. Man merzt jedes Sündenbewußtsein aus. von kompetenter Seite den Mut aufbringen wird, ein so heißes Man macht die Unreinheit, die Perversität zum Normalen und Eisen anzufassen. Ich würde die Frage noch gern ausgeweitet die Reinheit, die Ordnung, zum Anomalen. „Niemals ist Aids wissen auf die Untersuchung, welchen Einfluß diese Laien- eine Strafe GOTTES, denn es sind ja auch schon Kinder infiziert ämter auf den Priesternachwuchs der Diözesen haben! worden!" Als wenn nicht z. B. bei der Strafe, die die Nazis 1945 In einer Broschüre mit dem Titel „Zur Ordnung der pasto- ereilte, ebenfalls viele Kinder getötet worden wären. Also: Nur ja ralen Dienste" (Nr. 11) vom 2. 3. 77, herausgegeben von der keine Einsicht, nur ja keine Reue, nur ja keine Rückkehr zu Deutschen Bischofskonferenz heißt es zwar: „In diesem hier GOTT! So treibt man die Aidskranken in die endgültige Ver- bezeichneten von der Synode umrissenen und im 2. Vatika- zweiflung, überläßt sie der totalen Hoffnungslosigkeit. num verwurzelten Verständnis ist der Pastoralassistent/refe- Kehren wir zurück zur gottgesetzten Ordnung! Hören wir rent ein Laie im pastoralen Dienst. In seinem so verstandenen auf, das unzüchtige Treiben durch die Empfehlung von Beruf liegt darum keine innere Hinordnung auf die Diako- „Schutzmitteln" anzuheizen und nehmen wir die drohenden nen- oder die Priesterweihe. Zu wehren ist aber einer Ten- Strafen auch als Hilfe, das Böse zu meiden und das Rechte zu denz, daß das Profil des Pastoralassistenten/referenten in das tun, so wie im letzten Jahr viele Autofahrer ihr Leben oder Profil des Priesters übergeht. Sonst entsteht ein neues ,Amt ihre Gesundheit allein dadurch retteten, daß sie sich wegen ohne Weihe', entweder das Amt des ‚Laienkaplans' oder das der drohenden Strafe beim Autofahren angegurtet haben. Amt des ‚Predigers'. Eine derartige Entwicklung aber würde Vor allem aber: Zeigen wir den Todgeweihten, daß es auch die sich soeben erst herausbildende Vielfalt von pastoralen für sie noch eine Rettung gibt, die Rettung für die Ewigkeit Diensten der Priester, Diakone und Laien nivellieren." (S. 18) (Ezech 18, 23 u. 32). P. Johannes Wild SJ., Fischerbach Es ist in dem Dokument von der „experimentierenden Prag- matik" (S. 5) die Rede. Die Frage ist, wieweit diese nach rund 75 Jahre nach dem Untergang der Titanic: zehn Jahren abgeschlossen ist und welche Früchte sie hervor- AIDs — Bedrohung des Volkes? brachte. Ohne Zweifel ist das Dokument von einer gewissen Auf der Titanic hätte es, als sie zu sinken begann, noch Ret- Unsicherheit gezeichnet und man fragt sich mehr als einmal bei tung geben: Sofort SOS — herunter von Bord — hinein in die der Durchsicht, ob hinter der Entwicklung der öfter betonte Boote — weg vom Sog des untergehenden Schiffes. Aber das Priestermangel steht, oder aber die positivere Sicht (Bischof Schiff galt als „unsinkbar". Also gab es nicht genug Rettungs- Hemmerle), der einerseits von einer „erfreulichen Entwicklung" boote. Das Bordfest mußte stattfinden, Kritiker galten damals und zugleich von einem "ernsten Problem" spricht (S. 29). wie heute als Miesmacher. Die unfehlbare Technik kostete Die betroffenen Pastoralreferenten müßten aber m. E. selbst auf Tod und Entsetzen. ihr Berufsbild hin befragt werden und auf ihre unterschwelligen Heute sieht es verflixt ähnlich aus: Nur keine „Angstmache- Erwartungen, die sie einmal ehrlich offenlegen sollten, denn rei", nur nicht herunter von Bord, nur keine Keuschheit — wenn sie sich als durch „den Zölibat verhinderte Priester" „der Gummi schützt dich". betrachten, wäre ernsthaft zu prüfen, welchen Einfluß das zumal Der „sichere Gummi" ist eine tödliche Volksverdummung und das in der Jugendarbeit solcher Laientheologen auf die Werbung für krasse Gegenteil von „Aufklärung". Erstens können 3-36 % (!) den Priesternachwuchs haben könnte! der gebärfähigen Frauen empfangen — trotz. Also wird der Mit freundlichen Grüßen! Gummi die Seuche nicht aufhalten, vielmehr wird die Hoch- P. Gerold Schmitz OFM, Hermeskeil konjunktur des Gummis das Tempo auf Hochtouren jagen. Süß, Frau Süßmuth! (Sodann gibt es winzige Wunden im Verehrter Herr Professor Bökmann! Mund und am Körper — was tun? Maulkorb, Schnapsvollbad? Ihr Aufruf um weitere Unterstützung von „Theologisches" in — Bald könnten die Viren sich verändern [wie bei jeder Epide- der Februar-Nummer kam für mich gerade zur rechten Zeit. Als mie] und z. B. im Speichel ausgeschieden werden - und dann?) Geburtstagsgeschenk kam ein Scheck herein, und ich dachte, Alles, bloß nicht „das Goldene Kalb" stürzen? Schluckt man ich könnte ihn nicht besser verwenden als ihn an „Theologi- die amtlichen Gummi-Trostsprüche wie Opium und vertei- sches" weiterzuleiten. Seit Jahren bin ich ein eifriger Leser Ihrer digt das AlDs-trächtige Verhalten wie eine wichtige soziale Errungen- Zeitschrift, mit der Sie in der Nachfolge des hochgeschätzten schaft. Bei wieviel AIDs-Toten wacht das Volk, wacht der Staat Herrn Pfarrers Schamoni so verdienstvoll bemüht sind, in voller auf und befreit sich von der Porno-Diktatur? Treue zur Tradition und zum authentischen Lehramt den ver- Beim Smog erzwingt der Staat eine gehobene Moral; jeder muß auf kürzten Glauben zu verteidigen und zu vertiefen. Seit dem Vor- ein Stück „Freiheit" verzichten, denn Gemeinnutz geht vor jahr versuche ich auch, durch zwei Patenschaften „Theologi- Eigennutz. Beim drohenden AlDs-Selbstmord des Volkes soll sich sches" zweien unserer Großen Seminare in Indonesien und auf der „freie Mensch" nicht ändern müssen? Er will festgelegt den Philippinen zugänglich zu machen, da ich weiß, wie sehr sein wie ein dressierter Hund?Könnte man es nicht mal mit der auch dort andere Tendenzen bereits Eingang gefunden haben. oft zitierten Freiheit des Menschen versuchen? Wer frei wählen Als ehemaliger Lektor der scholastischen Philosophie, der kann, der kann sehen, was nötig ist. aber seit 40 Jahren in andere Bereiche abgewandert ist, verfolge Die uralte Schicksals-Wahl: Selbst-M or d oder Gottes Lebens- ich mit besonderer Aufmerksamkeit alle Philosophica, und mit Ordnungen, ist heute zur Überlebensfrage und damit zu der Freude begrüße ich die Einführung eines Philosophischen Bei- politischen Frage geworden. Darüber gehört das Volk mit großer rats, von dem Sie in derJanuar-Nummer berichtet haben. In all Nüchternheit aufgeklärt. H. Gaus, J. Müller, Villingen den Jahren seit 1950 (Humani generis) war und blieb ich mehr und mehr überzeugt, daß die Wirrungen und Irrungen in unse- Sehr geehrter Herr Prof. Bökmann! rer Philosophie und Theologie heute durch die Aufgabe einer Das Anliegen des Herrn Diakon Gottfr. Custodis, das er in gegründeten Seinsphilosophie verursacht sind. Man kann eben seiner Leserzuschrift (Offertenzeitung 2/87) mit folgenden nicht mit jeder oder irgendeiner Philosophie eine gute solide Worten zum Ausdruck bringt: „Wie wäre es, wenn einmal ein Theologie aufbauen. eindeutiger Artikel über den erneuerten Diakonat erschiene, Ihren Bemühungen wünsche ich von Herzen weiterhin den gerade im Gegensatz zu den sich immer breitmachenden reichen Segen, die Erleuchtung und die Stärkung des Heiligen ,Pastoralassistented, in denen ich nur eine Untergrabung und Geistes. Aushöhlung des geistlichen Amtes sehen kann", möchte ich Mit verehrungsvollen Grüßen nachhaltig unterstützen, obwohl ich mir nicht sicher bin, wer P. Adolf Spreti SVD, Ingolstadt - 61 - - 62 - WILHELM SCHAMONI Hl. Johannes von Nepomuk * zwischen 1340 und 1350 zu Pomuk (Südböhmen) t in Prag am 21. Mai 1393. Der Heilige, Sohn eines Richters in Pomuk, wurde 1350 zum Priester geweiht. Er war einige Zeit Altarist und Seelsor- ger der deutschen Kaufleute in Prag. Er studierte weiter Rechtswissenschaft an der Juristenfakultät in Prag und in Padua. In die Heimat zurückgekehrt, wurde er 1389 von sei- nem sehr frommen Erzbischof zu seinem Generalvikar für geistliche Angelegenheiten ernannt. Nepomuk wurde das Opfer der spätmittelalterlichen Johannes-Tragödie, deren Hauptfigur der böhmische König Wenzel IV. (deutscher König von 1378 bis zu seiner Abset- zung durch die Kurfürsten i. J. 1400) war. Er vernachlässigte schwer seine Pflichten im Reich. Seine Leidenschaften waren Trinken und Jagen. Besonders in der Trunkenheit konnte er sehr grausame Befehle geben. Wahrheit ist, daß der König — möglicherweise nicht mehr nüchtern — den gerade zwischen seinen Räten und Johannes von Nepomuk und zwei anderen Prälaten als Vertretern des Erzbischofs ausgehandel- ten Vertrag zur Beilegung der schweren Differenzen zwi- schen ihm und dem Erzbischof zerriß, die kirchlichen Unter- händler aufs schwerste beschimpfte, sie mit Ertränken

Bestellschein Ich bestelle beim VERLAG JOSEF KRAL, Postf. 1180, Telefon 0 94 43 /13 21 + 2322, D-8423 Abensberg aus Johannes von Nepomuk. Freiplastik vor dem Schloß Orth am Traunsee 0O. Ein authen- der Reihe RESPONDEO der Fördergemeinschaft tisches Bild des Heiligen ist nicht erhalten. „THEOLOGISCHES" bedrohte, auch den Erzbischof, der sich aber in die Wälder des Erzgebirges retten konnte. Wenzel ließ die drei Prälaten Stück Nr. 2 Vom Evangelium zu den Evange- lien (Hrsg. v. W. Schamoni) verhaften und in die Folterkammer des Richthauses abführen. Die beiden Kollegen des Heiligen wurden nur leicht gefoltert _ Stück Nr. 3 Kosmos, Erde, Mensch und Gott (Hrsg. von W. Schamoni) und gegen die eidliche Versicherung, über das Vorgefallene ewiges Stillschweigen zu bewahren, entlassen. Gegen den Stück Nr. 4 Hoeres Evolution und Geist Generalvikar richtete sich die ganze Wut des Königs. Mit (Hrsg. von J. Bökmann) einer Fackel brannte er ihm persönlich eine Seite und andere Stück Nr. 5 Stöhr - de Margerie Stellen des Körpers, so daß er mit dem Leben nicht mehr hätte Das Licht der Augen des Gottes- davonkommmen können. Zum Schluß wurde er, die Fersen lammes - Das menschliche Wissen im Nacken, zu einem Reifen zusammengeschnürt, durch die Christi (Hrsg. v. J. Bökmann) Stadt geschleift und in die Moldau gestürzt. .._ Stück Nr. 6 Scheffczyk Was war der Grund für diese Orgie von Haß? Die Kritik Zur Theologie der Ehe des Heiligen an seiner Lebens- und Regierungsführung? _ Stück Nr. 7 Günthör Auch daß er die geplante Neugründung eines Bistums zur Meditationen über das Apostoli- Schwächung der Erzdiözese und ihre Besetzung mit einem sche Glaubensbekenntnis, Vater- Günstling des Königs und ihre Dotierung mit der Benedikti- unser und GegrüBet seist du, Maria nerabtei Kladran vereitelt habe, kann die Wut des Königs nicht erklären. Es müssen ganz persönliche Gründe gewesen sein. Der Heilige ist nicht der offizielle Beichtvater der Köni- Name, Vorname gin gewesen, deren Leben untadelig war im Gegensatz zu ihrem untreuen und sehr eifersüchtigen Gatten. Er war ihr Straße und Nummer Berater und hat sie dahin geführt, daß sie das Kreuz mit ihrem Mann annahm, für ihn viel betete und zu sühnen suchte. Sie Postleitzahl, Ort wird weeen der Brutalität und Unberechenbarkeit ihres Man- nes in Angsten, vielleicht in Todesangst gelebt haben und Unterschrift wird durch den hl. Johannes beim Papst auf Trennung von Tisch und Bett und den Eintritt in ein Kloster gedrängt haben. Für die Bestellung bediene man sich des vorhandenen Bestellscheins oder einer Postkarte Während die Königin der Krone des ewigen Lebens (deutlicher Absender!) an den VerlagJosef Kral, D-8423 Abensberg. Das Bestellte wird dann zugesandt. Wir bitten um eine Spende für die Unkosten (ca. 6,-- DM, für Nr. 7 nacheilte, arbeitete der König auf seine Krönung zum Kaiser 12,-- DM incl. Versand) an die Fördergemeinschaft „Theologisches" (Zahlkarte wird des Römischen Reiches hin, die durch einen Eheprozeß der Sendung beigelegt). gefährdet wurde.

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