AM TSB LA TTr" r. / DES EVANGELISCHEN KONSISTORIUMS IN QREl,fs\{t ALD

Nr. 1 1 Gre;fswald, den 30. Januar 1971 . :': I' __ '.1971

Inhalt Seite Seite t A. Kirchliche Gesetze, Verordnungen und Ver- F. Mitteilungen für den kirchlichen Dienst 3 f fügungen ...... 2 Nr. 4) Mitteilung des öMA Nr. 75 - Fortset­ zung, Abl. Nr. 11 u. 12/1970 . . . . . 3 B. Hinweise auf staatliche Gesetze und Ver- Nr. 5) Stellungnahme des Bundes der Ev. Kir­ ordnungen 2 chen in der DDR zum Antirassismus­ programm des ökumenischen Rates der Kirchen ...... 3 C. Personalnachrichten 2 Nr. 6) Aufruf des Gustav-Adolf-Werkes zur Kindergabe 1970(71 ...... 5 D. Freie Stellen . . 3 Nr. 7) Aufruf des Gustav-Adolf-Werkes zur Konfirmandengabe 1971 ...... 5 E. Weitere Hinweise 3 Nr. 8) Hinweise zum Dienst der Lektoren . 6 Nr. 9) Die Reaktion der Luth. Kirchen auf Nr. 1) Ansichtspostkarten 3 die Röm.-Kath. Kirche und Theologie heute - Referat von Dr. Kent Knut­ Nr. 2) Biblisches Lesebuch 3 son auf der V. Vollversammlung des Nr. 3) Kindergottesdienst-Sammelmappe 3 LWB in Evian - ...... 8

Aus dem Kreise der kirchlichen Mitarbeiter wurden im Jahre 1970 heimgerufen:

am 14. 1. Kirchensteuerkassierer Gustav He n s e 1 , , im Alter von 85 Jahren

am 19. 1. Diakonisse Anna Rekowsky, Mutterhaus „Bethanien", im Alter von 91 Jahren

~ am 14. 2. Pfarrer i. R. Richard Wittenberg, letzte Pfarrstelle Völschow, Kir- chenkreis Demmin, im Alter von 67 Jahren

am 17. 3. Küster i. R. Bruno D i t t brenne r, Tribsees, im Alter von 80 Jahren

am 7. 4. Diakonisse Minna Pommer an z, Mutterhaus „Bethanien", im Alter von 88 Jahren

am 23. 4. Superintendentursekretärin Edith K 1 a t t, Demmin, im Alter von 57 Jahren

am 27. 4. Pfarrer Otto Dumke, , Kirchenkreis , im Alter von 63 Jahren am 3. 5. Kirchendiener Ernst Trense, , KKrs. Greifswald-Land, im Alter von 76 Jahren am 13. 6. Diakonieschwester Margarete Range, zuletzt tätig als Gemeindeschwe­ ster in der Gemeinde St. Nikolai in , im Alter von 79 Jah­ ren 2 Amtsblatt Heft 1/19':'0

Aus dem Kreise der kirchlichen Mitarbeiter wurden im Jahre 1970 heimgerufen:

am 7. 7. Pfarrer i. R. Alber Prophet, zuletzt Pfarrer in Samtens, Kirchenkreis /Rügen, im Alter von 67 Jahren

am 9. 7. Pfarrer i. R. Johannes Bürger, zuletzt Pfarrer in , Kir­ chenkreis , im Alter von 89 Jahren

am 8. 9. Alfred T üb b ecke, ehemaliger Hausmeister des Schwesternerholungs­ heimes „Bethanienruh" in Seebad , im Alter von 63 Jahren

am 28. 10. Diakonisse Irma Sc h u 1 z, Mutterhaus „Bethanien", Gemeindeschwe­ ster und Katechetin in Gartz/Oder, im Alter von 65 Jahren

am 24. 11. Diakonisse Martha Dummer , Mutterhaus „Bethanien", zuletzt täti.g als Leiterin des Kindergartens der Gemeinde St. Jakobi/Heilgeist in Stralsund, im Alter von 76 Jahren

am 24. 11. Diakonisse Margarete V a t a r e k, Mutterhaus „Bethanien", Gemeinde­ schwester in Tribsees, im Alter von 79 Jahren

am 24. 11. Diakonisse Marianne Fr eh de , ehemalige Leiterin des Schwesternerho­ lungsheimes „Bethanienruh" in Seebad · Heringsdorf, im Alter von 77 Jahren

Jesus Christus spricht: „Ich bi 1 die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben." (Joh. 11, 25/26)

A. Kirdiliclie Gesetze, Verordnungen die Kandidatin und Verfügungen Ursula 0 r gi s, geb. Weigel, Anklam IV, KKr. Anklam.

B. Hinweise auf staatl. Gesetze Berufen: Pfarrer Gerhard C y r u s , Prechow, zum Lan­ und Verordnungen despfarrer und Rektor des Seminars für Kirch­ lichen Dienst in Greifswald mit Wirkung vom 16. November 1970; eingeführt am 6. Januar C. Personalnadtricliten 1971. Ordiniert Pastor Wolfgang Z i et z zum Pfarrer in Vel­ wurden am 6. 12. 1970 in der St. Marienkirche gast, Kirchenkreis Barth, mit Wirkung vom zu Greifswald durch Bischof D. Dr. Krum­ 1. 10. 1970 ab; eingeführt am 13. 12. 1970. macher die Kandidaten Promotion zum Dr. theol.: Karl-Heinz L ü p k e, Jatznick, KKr. Pase­ Wulf Trend e , Erkner, am 29. Juni 1970 an walk der Theologischen Fakultät der Humboldt­ Ekkehard St a a k , , KKr. Greifs­ Universität zu . wald-Land Thema der Dissertation: „Theologische Krite­ Hans-Ulrich West p h a 1, Rosow, KKr. rien zur Neuformulierung liturgischer Gebe­ Gartz/Oder te". Heft 1/1970 Amtsblatt

D. Freie Stellen F. Mitteilungen für den kircblidlen Dienst

Nr. 4) Mitteilung des ökumenisch-Missionari• E. Weitere Hinweise schen Amtes Nr. 75 Fortsetzung Amtsbl. 11 und 12/1970 Nr. 1) Ansichtspostkarten Simon Kimbangu wird verehrt als ein Mensch, Evangelisches Konsistorium Greifswald, durch den Jesus Christus den Menschen im Con­ B 12 216 - 1/70 den 3. 12. 1970 ga gegenständlich wurde, er wird gesehen als Der WARTBURG VERLAG Max Keßler, Jena, Zeuge Christi, als Prophet im neutestamentlichen Schließfach 56, hat auch für 1971 die Möglich• SiD:ne, als. Träger und Werkzeug des Heiligen keit, für Kirchengemeinden und kirchliche Ein­ Geistes. Die zahlreichen äußeren Symbole, be­ richtungen Ansichtspostkarten herstellen zu sonders das des heiligen Wassers, werden ver­ lassen. Mindestbestellung je Motiv 2 000 Stück, standen als Hilfe und Zeichen für die Leib und Seele umfassende Heilstat Gottes. Sakramente Format 10,5 X 14,8 cm, Vollbild oder mit wei­ ßem Rand, Text Vorderseite, Verkaufspreis werden nicht dargereicht; das Abendmahl nah­ M 0,20. An den Verlag ist ein Fotoabzug und men bis 1960 die Kimbanguisten in katholischen das Fotonegativ von 6 x 6 cm einzureichen· oder protestantischen Gemeinden. Dieses Sakra­ bei Neubestellung bereits gelieferter Karte~ ment ist ihnen zu wichtig, als daß sie die Ein­ nur eine Musterkarte. Wegen der Jahrespla- führung übereilen wollen. Ihre Trennung von . nung möchten die Bestellungen baldmöglichst den Christen anderer Kirchen empfinden die aufgegeben werden. Kimbanguisten als schmerzlich, glauben sie doch nach der Prophezeiung Simon Kimban­ In Vertretung gus, daß in der Bruderschaft mit Christen al­ Labs ler Völker und Rassen die Universalität ihres Glaubens sich bezeugen werde. Aus der Begegnung mit dieser afrikanischen Nr. 2) Biblisches Lesebuch „Das Wort läuft" Kirche - wie auch mit anderen enthusiasti­ schen Bewegungen des Christentums - stel­ Evangelisches Konsistorium Greifswald, len sich Fragen an uns: D 30 805 - 11/70 den 30. 12. 1970 1. Wie kann die Leib und Seele umfassende Nachdem die 1. Auflage des neuen biblischen Heilstat Gottes im Handeln in unseren Ge­ Lesebuches „Das Wort läuft", das an Stelle meinden deutlich werden? von „Schild des Glaubens" erscheint, vergrif­ 2. In welchem Verhältnis steht unser Zeugnis fen ist, wird nun eine 2. Auflage des Buches zu den Fragen der Menschen in unserer ausgeliefert. Die 3. Auflage ist bereits in Vor­ Umwelt? bereitung. 3. Wie wirkt der Heilige Geist in Verkündi• Dieses Buch kann nur für die christliche Un­ gung und Leben der Gemeinde? terweisung in der erforderlichen Anzahl be­ Hennig schafft werden. Wir bitten die Gemeinden rechtzeitig ihre Bestellungen beim Buchhandei aufzugeben. Nr. 5) Stellungnahme des Bundes der Evan­ In Vertretung gelischen Kirchen in der Deutschen De­ v. Hase 1 b er g mokratischen Republik zum Antirassis­ musprogramm des ökumenischen Rates der Kirchen. Nr. 3) Kindergottesdienst-Sammelmappe Evangelisches Konsistorium Greifswald, Evangelisches Konsistorium Greifswald, A 10 102 - 3/71 den 19. 1. 1971 A 30 801 - 1/70 den 13. 1. 1971 Nachstehend veröffentlichen wir die Stellung­ Die Kindergottesdienst - Sammelmappe „Mit nahme des Bundes der Evangelischen Kirchen dem Kindergottesdienst durch das Kirchen­ in der Deutschen Demokratischen Republik jahr" will der kirchliche Kunstverlag C. Aurig, zum Antirassismusprogramm des ökumenischen 8053 Dresden, Kretschmerstr. 19, auch für das Rates der Kirchen. Diese Stellungnahme ist Kirchenjahr 1971/72 herausbringen. Damit nicht in der ökumenischen Kommission des Bundes späte Besteller leer ausgehen müssen, wird ge­ von einem Facharbeitskreis erarbeitet und von beten, Bestellungen bis spätestens Ende März der Konferenz der Kirchenleitungen am 9. L 1971 beim Evangelischen Buchhandel oder un­ 1971 einstimmig beschlossen worden. mittelbar beim Verlag aufzugeben. über die beabsichtigte Spendenaktion in der In Vertretung Passionszeit folgen bald weitere Informatio­ Lange nen. Wir bitten aber, schon jetzt in den Ge- 4 Amtsblatt Heft 1/19'70 meinden und Gemeindekreisen die ernsten nischen Rates der Kirchen ausdrücklich be­ Weltprobleme des Rassismus sorgfältig zu be­ grüßt haben. denken. Wir haben mit Befriedigung zur Kenntnis ge­ D. Krummacher nommen, daß alle Organisationen, die nach Bischof dem Beschluß des ökumenischen Rates der Kirchen finanzielle Hilfe erhalten sollen, frei­ willig und zuverlässig versichert haben, daß An den sie diese Gelder nur für soziale und humani­ Generalsekretär des ökumenischen Rates täre Zwecke verwenden wollen, die im Ein­ der Kirchen klang mit den Zielen des ökumenischen Rates der Kirchen stehen. Herrn Dr. Eugene Carson B 1 a k e Der Erweis des Vertrauens, den der ökume• 12il Gen f 20 / Schweiz nische Rat der Kirchen mit dem Verzicht auf eine Kontrolle über eine Verwendung dieser Sehr geehrter Herr Generalsekretär, Gelder gibt, ist nicht ohne Risiko. Wir halten dieses Risiko jedoch für vertretbar und ge­ lieber Bruder Blake! rechtfertigt insbesondere angesichts der in der Der Exekutivausschuß des ökumenischen Rates Geschichte angehäuften Schuld der Weißen, der Kirchen hat in Arnoldshain am 2. Septem­ von der sich unsere christlichen Kirchen nicht ber 1970 beschlossen, Organisationen finanziell ausschließen können und dürfen. Die sich aus zu unterstützen, die den Rassismus bekämp• dem Arnoldshainer Beschluß ergebende For­ fen, um für unterdrückte ethnische Gruppen mel für die Vergabe dieser Gelder - zwar wirtschaftliche, soziale und politische Gerech­ ohne Kontrolle, doch nicht für Gewaltanwen­ tigkeit zu erringen. Dieser Beschluß hat in­ dung -- sollte in jedem Fall verbindlich sein; nerhalb der Ökumene eine lebhafte Diskussion denn wir sind mit Uppsala und den jüngsten ausgelöst. Auch in den im Bund der Evange­ vom Generalsekretär des ökumenischen Rates lischen Kirchen in der DDR zusammenge­ der Kirchen abgegebenen Erklärung der Auf­ schlossenen Kirchen ist das Gespräch über das fassung, daß der Versöhnung auf dem Ver­ Antirassismusprogramm des ökumenischen Ra­ handlungswege, und zwar auf der Grundlage tes der Kirchen im Gange. In diesem Ge­ der Gerechtigkeit, immer der Vorzug vor der spräch sind theologische und ethische Frag2n gewaltsamen Aktion zu geben ist. aufgebrochen, die einen Erkenntnis- und Lern­ prozeß eingeleitet haben, der noch nicht abge­ Wir haben in diesem Zusammenhang die Aus­ schlossen sein kann. Es ist uns wichtig, daIS sage von Uppsala vor Augen, daß „Armut, durch das Reden und Handeln der Kirchen im Rassendiskriminierung und Gewalt zur Auf­ Verfolg des Antirassismusprogramms das Zeug­ rechterhaltung wirtschaftlicher .und sozialer Un­ nis vom Kreuz, an dem unser Herr sich selbst gerechtigkeit zusammenwirken". Wir sind der geopfert hat, um der Versöhnung zu dienen, Überzeugung, daß es zu den Aufgaben der nicht verdunkelt wird. Dies ist in der Ver­ Kirche gehört, für die Opfer rassistischer Un~ gangenheit durch Gewährenlassen unterdrük• terdrückung konkret Partei zu ergreifen und kender Gewalt oft genug geschehen. ihnen durch situationsgerechte Maßnahmen zu helfen. Darum haben sich die evangelischen Wir unterstreichen im gegenwärtigen Augen­ Kirchen in der DDR entschlossen, im Einklang blick noch einmal die Erklärung der Vollver­ mit dem Antirassismusprogramm des ökume'• sammlung des ökumenischen Rates der Kir­ nischen Rates der Kirchen zu einer besonde­ chen in Uppsala 1968: „Rassismus ist eine of­ ren Spendenaktion im Rahmen der Aktion fenkundige Leugnung des christlichen Glau­ „Brot für die Welt" aufzurufen. Diese Spen­ bens". den sollen für Projekte im Ausbildungs-, So­ zial- und Gesundheitswesen bestimmt sein. Wir sind der Auffassung, daß der Beschluß von Arnoldshain in der Kontinuität mehrerer Um unseren Gemeinden zur Bewußtseins• ökumenischer Beschlüsse zur Rassenfrage und und Urteilsbildung in den mit der Diskussion zum Rassismus seit Evanston 1954 liegt. Der über das Antirassismusprogramm des ökume• ökumenische Rat der Kirchen hat damit nach nischen Rates der Kirchen entstandenen Fra­ unserer Überzeugung seinen bisherigen Weg gen zu helfen, beabsichtigen wir, Informations­ weitergeführt. Mit dem Beschluß von Arnolds­ und Studienprogramme durchzuführen. hain hat er eine Form der Konkretisierung seiner Aussage gefunden, die imstande sein In der gegenwärtigen Weltlage sehen wir im könnte, die Solidarität mit Menschen, die aus Rassismus eines · der schwerwiegendsten Pro­ rassischen Gründen unterdrückt sind und sich bleme für die Weltbevölkerung. Seine Über• gegen diese Unterdrückung zur Wehr setzen, windung ist heute ein Modellfall für die um­ zu verdeutlichen. Mit Freude hören wir, daß fassende Verwirklichung der Allgemeinen Men­ die Mitgliedskirchen der All-Afrikanischen Kir­ schenrechte. Unser christliches Gewissen darf chenkonferenz diese Entschlüsse des ökume- gerade hier nicht zur Ruhe kommen. Heft 1/1970 Amtsblatt 5

Wir sind dem ökumenischen Rat der Kirchen novierungsarbeiten ausgegeben. Trotz em1ger dankbar, für den Anstoß zum Denken und Zuschüsse der mecklenburgischen Landeskir-­ Handeln, den er mit seinen Beschlüssen zum ehe können die 3500 Gemeindeglieder, die zur Rassismus gegeben hat. Reriker Kirche gehören, die hohen Summen nicht aufbringen, die zur Finanzierung des In der Verbundenheit des gemeinsamen Dien3tes umfangreichen Bauvorhabens noch erforder­ gez. D. Schönherr lich sind. Deshalb wurde die Kindergabe 1970/71 des Gustav-Adolf-Werkes für die Er­ neuerung der Kirche in Rerik bestimmt. Nr. 6) Aufruf des Gustav-Adolf-Werkes zur Dies geschah aber vor allem aus einem ande­ Kindergabe 1970/71. ren Grunde. Die Kindergabe des Gustav-Adolf - Werkes Rerik ist ein vielbesuchter Urlaubsort. All­ 1970/71 ist für die Kirchgemeinde im Ostsee­ jährlich kommen im Sommer viele Tausende bad Rerik in Mecklenburg bestimmt. nach Rerik, um sich hier an der Ostsee zu Die aus dem Jahre 1250 stammende Reriker erholen. Auch die Zahl der Winterurlauber Kirche befindet sich in einem sehr schlechten steigt von ,Tahr zu Jahr. Von zahlreichen Ur­ baulichen Zustand. Die letzte gründliche Er­ laubern wird die Reriker Kirche nicht nur neuerung der Kirche fand im Jahre 1668 statt. besichtigt, sondern auch besucht. Es zeigt sich Seither wurden nur die notwendigsten Repa­ mehr und mehr, daß diese Kirche nicht nur raturen durchgeführt, aber auch dies geschah Gemeindekirche für die Ortsgemeinde bleibt, nicht immer zur rechten Zeit. sondern in einem zunehmenden Maße für die . Besucher da ist, die ihren Urlaub in Rerik und So ist es gekommen, daß der Kirchturm in in der Umgebung verleben. seinem Bestand sehr gefährdet war. Das Kir­ chendach wies erhebliche Schäden auf, die Die erneuerte Kirche, die gut ausgestattet und durch die heftigen Küstenstürme verursacht eingerichtet sein soll, wird gewiß einmal auf waren. Im Inneren war die Kirche mit Em­ die vielen Urlaubsgäste eine einladende Wir­ poren völlig zugebaut. Jedes der elf Dörfor, kung ausüben. Wir bitten alle evangelischen die zur Reriker Kirche gehören, hatte selne Kirchengemeinden in der DDR, sich an der eigene Empore, wenigstens sein eigenes G1'­ Kindergabe 1970/71 zu beteiligen und mit ih­ stühl im Kirchenschiff. ren Geldspenden der Gemeinde in Rerik bei der Erneuerung der Kirche zu helfen. Bevor mit der Renovierung der Kirche im Jahre 1968 begonnen werden konnte, mußte Ein Filmstreiefn, der in Rerik zusammenge­ zunächst einmal ein Gemeinderaum gebaut stellt und erläutert wurde, erscheint in diesen werden, damit die Gemeinde sich dort wäh• Tagen und wird allen Mitarbeitern des Gustav­ rend der Erneuerung der Kirche zu den Got­ Adolf-Werkes kostenlos zugestellt. Im Bedarfs­ tesdiensten und anderen kirchlichen Veranstal­ fall kann der Filmstreifen mit dem dazugehö• tungen versammeln konnte. Der ehemalige rigen Text auch bei der Bildstelle des Jung­ Schweinestall des Pfarrgehöftes wurde zu ei­ männerwerkes in 301 Magdeburg, Hesekielstr. 1, nem Gemeinderaum umgebaut, in dem etwa oder beim Gustav-Adolf-Werk in 7031 Leip­ 65 Gemeindeglieder Platz finden. zig ,Pistorisstraße 6, kostenlos bezogen wer­ den. Nachdem dann die schadhaften Stellen am Kirchturm ausgebessert waren und das Kir­ Der Filmstreifen wird den evangelischen Ge­ chendach neu eingedeckt werden konnte, wur­ meinden in der DDR vor allem für den kirch­ den die unbrauchbar gewordenen Emporen lichen Unterricht empfohlen. und das morsche Gestühl aus der Kirche her­ Die Kollektenerträge bittet das Gustav-Adolf­ ausgenommen. Da die wertvollen Malereien Werk entweder auf das Postscheckkonto Leip­ an den Deckengewölben und an den Wänden zig, Nr. 3830, oder auf das Konto Nr. 5602-37- restauriert werden müssen, wird die Renovie­ 406 bei der Stadtsparkasse Leipzig (Gustav­ rung der Kirche längere Zeit in Anspruch Adolf-Werk in der DDR) mit dem Vermerk nehmen. Die Barockausmalung in Rerik ist „Kindergabe" (Codierungszahl 249-313) zu über• eine Seltenheit in einer norddeutschen Kirche weisen. Die Überweisungen können auch mit und soll daher unbedingt erhalten werden. Das der Zweckangabe an das zuständige Rentamt staatliche Institut für Denkmalpflege stellt oder an die Hauptgruppe überwiesen werden. hierfür erhebliche Geldmittel zur Verfügung. Gemessen an den Gesamtkosten ist dies je­ doch nur ein verhältnismäßig kleiner Betrag. Die Hauptlast hat natürlich die Kirchenge­ Nr. 7) Aufruf des Gustav-Adolf-Werkes zur meinde zu tragen. Konfirmandengabe 1971. Die Gemeindeglieder haben schon große Opfer Die Konfirmandengabe 1971 ist für die Kir­ an Geld, Zeit und Arbeitskraft gebracht. über chengemeinde in Tambach-Dietharz in Thü• 20.000,-- M hat die Kirchengemeinde bereits ringen bestimmt, die sich gegenwärtig in ei­ aus Spenden der Gemeindeglieder für die Re- ner besonderen Notlage befindet. 6 Amtsblatt Heft 1/1970

Die in der Mitte des Ortsteiles Tarnbach ge­ arbeitern des Gustav-Adolf-Werkes kostenlos legene Lutherkirche mußte vor zwei Jahren zugestellt. wegen allzu großer Schwammschäden ge­ Im Bedarfsfall kann der Bildstreifen mit dem schlossen werden. dazugehörigen Text auch in Magdeburg oder Bei den Kämpfen im Jahre 1945 sind hier bei dem Gustav-Adolf-Werk in 7031 Leipzig, durch zahlreiche Geschoßeinschläge in die Kir­ Pistorisstraße 6, kostenlos bezogen werden. chenwände und in das Kirchendach sehr er­ Die Kollektenerträge bittet das Gustav-Adolf­ hebliche Schäden entstanden, die zwar beho­ Werk entweder auf das Postscheckkonto Leip­ ben wurden, aber die dann doch dazu geführt zig, Nr. 3830, oder auf das Konto Nr. 5602-37- habe~-., daß der Schwamm eingedrungen ist 406 bei der Stadtsparkasse Leipzig (Gustav­ und - lange Zeit unbemerkt - sich hat aus­ Adolf-Werk in der DDR) mit dem Vermerk breiten können. „Konfirmandengabe" (Codierungszahl 24!:!-31304) Seit der Schließung der Kirche versammeln zu überweisen. sich die Gemeindeglieder zu den Gottesdien­ Für alle Banküberweisungen der „Konfirman• sten und anderen kirchlichen Veranstaltungen dengabe" gilt die obige Codierungszahl unab­ in dem Gemeindesaal, der sich im Pfarrhaus hängig davon, ob die Überweisung an das befindet und etwa 70 Personen Platz bietet. Gustav-Adolf-Werk in Leipzig oder an eine andere kirchliche Stelle erfolgt. Tambach-Dietharz hat 6000 Einwohner. Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde zählt Die Überweisungen können auch mit der 4000 Gemeindeglieder, die unter großen Op·­ Zweckangabe an das zuständige Rentamt oder fern an Zeit und Geld die kriegszerstörte Berg­ an die Hauptgruppe erfolgen. kirche in dem 2 km entfernt liegenden Orts­ teil Dietharz wieder aufgebaut haben. Ange­ sichts der Größe der Gemeinde und des Aus­ Nr. 8) Hinweise zum Di~nst der Lektoren baues der dortigen Industrie, der eine stän~ dige Vergrößerung der Bevölkerungszahl mit Von Ruth Wiesner, Leipzig sich bringt, reichen weder die Bergkirche noch In unseren Gemeinden haben sich Gemeinde­ der Gemeindesaal im Pfarrhaus für das Ge­ glieder für den Lektorendienst zur Verfügung meindeleben aus. gestellt. Nur eine geringe Zahl dieser Lek­ Tambach-Dietharz ist heute durch seine Lage toren übt einen Sprechberuf aus. Darum müs• im Thüringer Wald ein in steigendem Maße sen ihr+en Hilfen gegeben werden, die gottes­ beliebter Kurort. Etwa 3000 Kurgäste suchen dienstlichen Texte in rechter Weise zu lesen. hier ständig Erholung. Ein verhältnismäfüg Hilfen sind die seit geraumer Zeit in unserer hoher Anteil der Gottesdienstbesucher kommt Landeskirche durchgeführten Lektorenrüsten. aus den Reihen der Kurgäste. Auch aus die­ Eine weitere Hilfe steht in einem für Lekto­ sem Grunde kann an eine dauernde Stillegung ren zusammengestellten Merkblatt zur Verfü• der Lutherkirche nicht gedacht werden. gung, das nachstehend veröffentlicht wird. Bei Diese Kirche wird nun aber nicht im alten der Erarbeitung dieses Merkblattes wurden Stil renoviert. Es wurde vielmehr eine Neu­ zwei Anliegen des Lektorendienstes berück-· sichtigt: bzw. Umgestaltung beschlossen, die nach mo­ dernen Gesichtspunkten erfolgen soll. Aus der Der gottesdienstliche Text soll a) akustisch, Lutherkirche wird ein Gemeindezentrum ent­ b) inhaltlich zu verstehen sein. stehen. Im Erdgeschoß sind Gemeinde- und zu a) Der Lektor befindet sich in einer nicht Unterrichtsräume vorgesehen. Auch eine Ge­ einfachen Lage: meindeküche wird eingebaut. Der Kirchsaal Er muß sich im großen Raum verständlich im Obergeschoß ist für 300 Personen geplant. machen und sieht sich damit einer Sondersitu­ Die Kostenvoranschläge für das Bauvorhaben ation des Sprechens gegenüber, dem Groß• nennen eine recht hohe Gesamtsumme. Die raumsprechen. Er soll im gottesdienstlichen Tambacher Gemeindeglieder unternehmen gro­ Raum, also der Kirche, Wort für Wort mühe• ße Anstrengungen auf finanziellem Gebiet. Sie los verstanden werden. Einige Hinweise des sind ebenso zu praktischen Dienstleistungen Merkblattes wollen ihm helfen, die Probleme stets bereit. Allein aber kann die Gemeinde des Großraumsprechens zu bewältigen. dieses Bauvorhaben nicht durchführen. Des­ Die Bemerkungen, die sich im Merkblatt auf halb wurde die Konfirmandengabe 1971 für die Artikulation beziehen, dienen der Versteh­ die Neu- bzw. Umgestaltung der Lutherkirche barkeit und nicht der Hochlautung. Wer ge­ in Tarnbach bestimmt. sammelt und inhaltsbezogen zu einem Hörer• Ein Bildstreifen „Helft mit bei der Erneuerung kreis redet, artikuliert von vornherein straffer, der Lutherkirche in Tambach-Dietharz (Thür.)" zumal dann, wenn er sich in einem großen wird in diesen Tagen bei der Bildstelle des Raum befindet. Darum sollen Lektoren nicht Evang. Jungmännerwerkes in 3014 Magdeburg, unnötig mit „Schönsprechübungen" geplagt Hesekielstr. 1, herausgegeben und allen Mit- werden. Dialektanklänge wird ihnen die Ge-- Heft 1/1970 Amtsblatt 7

meinde gern nachsehen; sie sind ja keine Be­ Verstehen sie dich wieder nicht, so sprich trotz­ rufssprecher. dem nicht lauter, sondern zu b) Der Lektor hat die Aufgabe, über das c) noch langsamer, akustische Verstandenwerden hinaus der Ge­ d) mit noch genauerer Lautbildung. meinde das inhaltliche V erstehen der Texte zu Wirst du jetzt noch nicht verstanden, so darfst ermöglichen. Das Wort Gottes, das er lesen du lauter sprechen, jedoch: soll, ist in die deutsche Sprache gebunden, deren Sinn nur dann erkennbar ist, wenn ihre niemals schreien, Besonderheiten beachtet werden. Das setzt ei­ niemals die Tonhöhe hinauftreiben. ne gewissenhafte Beschäftigung mit dem Text Bedenke, daß manche großen Räume einen voraus. Nur der vom Lektor verstandene Text langen Nachhall haben. Je größer der Raum kann von der Gemeinde inhaltlich aufgenom­ und je länger der Nachhall, um so besser mußt men werden. Den Lektoren werden hier und du artikulieren. Gehe dabei gewissenhaft mit da Verstehenshilfen gegeben werden müssen, den Endkonsonanten um. Nimm dich sorgfäl• damit ihnen ein inhaltsbezogenes Lesen mög• tig der Explosionslaute (p, t, k) an: lich wird. Es wird geraten, sie jeweils nur knapp Rat Stück mit einem Text zu betrauen, damit sie nicht überfordert werden. Beachte, daß b, d, g im Auslaut wie p, t, k zu sprechen sind: Gemeindeglieder mit Stimm- oder Sprechstö• rungen sollte man erst dann als Lektoren ein­ gab = gap Rad = rat Tag = tak setzen, wenn sie durch therapeutische Maß• Beachte auch die Konsonantenhäufungen: nahmen von ihrem Leiden befreit worden er gibt (= gipt) du gibst (= gipst) sind. er sagt (= sakt) du sagst (= sakst) In sehr großen Räumen mußt du die Endsil­ Merkblatt für Lektoren ben überdehnen: A. Zur Sprechhaltung: rufen = rufän 1. Freue dich, du darfst das Wort Gottes ver­ kündigen! 5. Die deutsche Sprachbereitschaftsstellung drängt die Zunge nach vorn. Die Zungenspit­ Sei gesammelt, aber nicht verkrampft. ze berührt die unteren Schneidezähne. Von Stehe aufrecht, gleichmäßig auf zwei Beinen hier aus werden die Silben und Wörter „nach und warte, bis die Gemeinde - stehend oder vorn" gegriffen. Die Lippen helfen mit. Der sitzend - still geworden ist. Warte lange. Unterkiefer muß entspannt sein. Laß ihn los! 2. Bevor du sprichst, nimm Kontakt mit dem Nimm eine staunende Haltung ein! Raum, in dem du dich befindest. 6. Sprich Wörter nie „nach Gefühl" aus. Die überschaue ihn - ohne den Kopf hin und her verbindliche Aussprache der Wörter, über die zu wenden. du dir nicht schlüssig bist, findest du aufge­ Blicke nicht ängstlich in den Text. Er ist dir zeichnet im „Wörterbuch der deutschen Aus­ geläufig; du hast ihn vorbereitet. sprache", VEB Bibliographisches Institut, Leip­ zig. Vielleicht steht dieses Buch in der Pfarr­ j 3. Willst du sprechen, so atme ruhig aus; amtsbibliothek. atme, während du den Anfang des Textes: überschaust und die ersten Worte innerlich B. Zur Leselehre: formulierst, durch die Nase ein, dann sprich das Sinnganze aus. 1. Lesen heißt, die im gedruckten oder ge­ schriebenen Text konservierte Sprache in le­ Hebe bei der Sprechatmung nicht die Schul­ bendige Rede zurückübersetzen. Der in der terblätter, sondern laß, nachdem du tief aus­ Schriftsprache aufbewahrte Inhalt soll verle­ geatmet und gewartet hast, die Luft von der bendigt werden. Gürtellinie her von selbst einströmen. Spare beim Sprechen Luft, soviel du kannst. Merke: Die deutsche Sprache ist eine Sinnbe­ Durch Aushauchen wird die Stimme klanglos tonungssprache'. Das unterscheidet sie von an­ und heiser. Aller Atem muß in Stimme ver­ deren Sprachen. Wer dies nicht beachtet, wagt, wandelt werden. daß der Sinn des vorgelesenen Textes von den Zuhörern nicht oder nur mangelhaft verstan­ Willst du zwischenatmen, so tue es nur an den wird. Textstellen, an denen es der Inhalt des Textes erlaubt. 2. Wenn du dich vorbereitest, dann lies den Text mehrfach laut und werde über ihm still. 4. Wende dich zunächst an die Zuhörer, die Laß ihn zu dir reden. Stelle dir die Situation am weitesten entfernt sind und wirf ihnen die vor, die er aufzeigt, gehe den Gedanken nach, Worte wie einen Ball zu. Verstehen sie dich die er verfolgt. Frage dich, was er dir sagen nicht, so sprich nicht lauter, sondern will. Erscheint dir der Text schwer oder ver­ a) langsamer, stehst du seinen Sinn nicht, so bemühe dich b) mit genauerer Lautbildung. um ihn. Vielleicht kannst du deinen Pfarrer 8 Amtsblatt Heft 1/Hl70

befragen oder in einem Kommentar nachschla­ Nr. 9) „Die Reakt~on der Lutherischen Kirchen gen. Wenn dir sein Inhalt lebendig geworden auf die Römisch-Katholische Kirche und ist, dann wirst du den Text ohne weiteres so Theologie heute" lesen, daß er auch den Zuhörern lebendig wer­ den kann. (Referat von Dr. Kent Knutson 3. Meinst du, du habest dennoch Schwierig­ auf der V. Vollversammlung des Lutherischen keiten, den Inhalt eines Textes zu verlebendi­ Weltbundes in Evian) gen, so beachte folgendes: a) Sprich Wortblöcke - keine· Einzelwörter! Mit besonderer Spannung wurde dieser Vor­ Die kleinste gesprochene Einheit ist im Deut­ trag in Evian-les-Bains erwartet. Denn in ihm schen nicht das Einzelwort, sondern der Wort­ wird ein Fazit gezogen aus den Diskussionen block: und Begegnungen der letzten Jahre. Dr. Kent MitderLaternenicht, mitdemHerzen suchedie Knutson ist Präsident des Wartburg Theologi­ Menschen, dennderLiebeallein öffnendieMen• cal Seminary in Dubuque (Iowa/USA). Wir schen ihr Herz. entnehmen den (etwas gekürzten) Text der au­ b) Atme sinngerecht! Du darfst nur dort at­ torisierten übersetzung. men, wo es der Sinn des Textes gestattet, an­ derenfalls wird das Verstehen erschwert. Die Lutheraner und Katholiken begegnen einander kleinste Atemeinheit und zugleich auch die heute auf Wegen, für die es in unserer kontro­ kleinste Sinneinheit ist in der deutschen Spra­ versen Geschichte keine Parallelen gibt. Die che der Sinnschritt. Er stellt nicht immer ei­ Veränderung läßt sich bis zur Eröffnung des ne grammatiscJ;,:;, immer aber eine Sinneinheit Zweiten Vatikanischen Konzils im Oktober 1962 dar: zurückverfolgen. MitderLaternenicht, mitdemHerzen suchedie Lutheraner und Katholiken begegnen einander Menschen,/ dennderLiebeallein öffnendieMen• heute in einer Welt, die sich schon von der schen ihr Herz.// Welt der vorigen Generation auf geradezu dra­ Satzzeichen sind grammatische Zeichen - kei­ matische Weise unterscheidet. Wir stehen nicht ne Aussprachezeichen. nur vor der Frage, wie wir die neuen Möglich• keiten für unsere gegenseitigen Beziehungen c) Betone richtig! überlege, welches Wort im nutzen sollten, sondern auch vor dem Pro­ Sinnschritt in bezug auf den Gesamtinhalt des blem ,wie wir als Kirche Jesu Christi in un­ Textes am wichtigsten ist. Das hebe hervor; serer Welt überleben können. es ist der Höhepunkt („überschwere") des Sinnschrittes. Beachte: Zwei Höhepunkte gibt Die Vierte Vollversammlung des Lutherischen es nicht! Andere Wörter im Sinnschritt sind Weltbundes trat 1963 in Helsinki zusammen, zwar auch betont, doch nicht so stark wie die ehe das Zweite Vatikanum sein erstes Doku­ überschwere. Hast du einmal die überschwe• ment verabschiedet hatte. Dies ist also unsere re richtig gesetzt, so stellen sich die leichteren erste Gelegenheit, als Weltversammlung zu Betonungsgrade im allgemeinen von selbst ein: Lutheranern und Katholiken über die bedeut­ samen Ereignisse in den seither verstrichenen MitderLaternenicht, mitdemHerzen suchedie Jahren zu sprechen und deren Wirkung auf Menschen;/ dennderLiebeallein öffnendieMen• unseren Auftrag gegenüber der Welt abzuwä• schen ihrHerz.// (Rosegger) gen. In der deutschen Sprache gibt es kein absolu­ Die derzeitige Situation enthält sowohl eine tes Richti.g der Betonung. Man spricht von ei­ unglückselige Tatsache als auch eine lebendige ner Richtigkeitsbreite. Du könntest das ange­ Hoffnung. führte Zitat auch anders betonen. Wesentlich Wir sind voneinander getrennt. Wir bekennen ist: Was hat der Dichter aussagen wollen? Das denselben Herrn; wir glauben dieselben alt­ gilt es wiederzugeben. kirchlichen Symbole, wir anerkennen und emp­ Wissen mußt du, daß „nicht" nicht betont wird. fangen die Taufe als Gottes heiliges Sakra­ Ausnahmen von dieser Regel sind selten. ment, wir feiern das heilige Abendmahl in dem Glauben, daß wir Christi Leib und Blut d) Lies lebendig! Dein Lesen muß so anzuhö• essen und trinken, wir lehren und ordnen ein ren sein wie dein freies Sprechen. Darum notwendiges , wir freuen uns der Zuge­ wechsle ab zwischen hörigkeit zur Kirche als Leib Christi, wir emp­ hoch-tief schnell-langsam laut-leise, fangen dieselbe Vergebung der Sünden, wir so wie der Inhalt es verlangt, den du verle­ bitten um die Leitung durch denselben Heili­ bendigen willst. gen Geist und warten auf Gottes Vollendung „Die Kunst des Lesens besteht darin, nicht zu der Welt. Trotz alledem sind wir voneinan­ lesen." (Christiansen) der getrennt. Der Graben der manchmal von Mißverständnissen verursachten und gelegent­ (Aus: Abl. Dresden) lich von Feindseligkeiten begleiteten Trennung Heft 1/197C Amtsblatt 9

ist tief und breit. Dennoch haben wir die Hoff­ ter der Führung des Heiligen Geistes Wege nung ,daß diese Trennung überwunden werden suchen, ,um dem Evangelium Jesu Christi im­ kann. mer treuer zu entsprechen'. Wir wollen uns Auf uns lastet eine lange Geschichte und zu­ bemühen, den Menschen unserer Zeit die Wahr­ dem der Druck eines kritischen Zeitalters. heit Gottes in ihrer Fülle und Reinheit so zu Trotzdem sind wir überzeugt, daß eine Zeit verkünden, daß sie von ihnen verstanden und neuer Verständigung angebrochen ist, die Ge­ bereitwillig aufgenommen werde." 1) Die Liebe legenheit zu neuen Beziehungen zwischen uns Christi drängte sie, besonders derer zu geden­ verheißt. ken, „die noch kein menschenwürdiges Leben führen können, weil es ihnen an der rechten Die Geschichte unserer Trennung begann vor Hilfe fehlt" 2) nahezu einem halben Jahrtausend. Ein junger Student geriet in ein Gewitter. Der Blitz schlug Die Versammlung im Petersdom erreichte i.n ein, und in seiner Angst rief er aus: „Hilf, den folgenden vier Jahren mehr, als man ge­ heilige Anna, ich will ein Mönch werden". plant oder vielleicht sogar erträumt hatte. Auf Damit beginnt für Martin Luther eine Lauf­ den Appell Johannes XXIII. hin, die Fenster bahn, die die Kirche erschütterte und Kräfte der Kirche zu öffnen, erforschte das Konzil hervorrief, die uns bis auf den heutigen Tag viele Bereiche des Glaubens und Lebens. Duc.~h Freude und Kummer bereitet haben. Sein Rin­ intensive und offene Aussprachen wiesen die gen um Klarheit und die Entdeckung, daß Delegierten ihre Kirche und das ganze Volk eben diese Klarheit im Evangelium zu finden Gottes in eine neue Richtung. Dieses Korn:il ist, seine Bemühungen um eine Reform der ist eine Herausforderung an die lutherische Kirche, seine Exkommunikation aus seiner Kir­ Kirche, für die es in unserer Geschichte kein che, das Schreiben neuer Bekenntnisse mit Beispiel gibt und der nur die Herausforderung dem Anspruch auf Wahrheit und Katholizität durch eine feindliche Welt an Bedeutung gleich­ für die christlichen Gemeinden seines Landes kommt. führten schließlich zur Errichtung einer ge­ sonderten Kirche, die unglücklicherweise lu­ I. DAS ZWEITE VATIKANISCHE KONZIL therische Kirche genannt wird. Als Lutheraner reagieren wir auf dieses Kon­ Unerbittlich ging die Geschichte weiter: das zil anders als auf die beiden früheren Kon­ Konzil von Trient, das die Differenzen be­ zilien, die seit der Reformation stattgefunden festigte; der Ausbruch der Gegenreformation: hatten.. über dieses Konzil freuen wir uns, die Definition und Zuspitzung theologischer und wir danken Gott dafür. Wir betrachten Unterschiede, Überlieferungen und Verfahren dieses Konzil als das Ende der Gegenreforma­ bis hin zu Blutvergießen. tion. Statt in Frontstellung gegeneinander zu verharren, sind unsere Kirchen nun beiderseits Danach durchlebten die lutherischen und ka­ bemüht, einander zu stärken und Wege zu fin­ tholischen Kirchen die gemeinsame Geschichte den, um einander anzuerkennen und Bezie:.. der Welt: den Aufstieg der modernen Wissen­ hungen zueinander herzustellen. Wir betrach­ schaft, die Entwicklung der Neuen Welt, eine ten dieses Konzil nicht nur als das Ende einer große Missionsbewegung, die Industrialisierung Epoche, sondern auch als den Anbruch einer unserer Länder und Kriege, viele Kriege der I neuen. Zeit, einer neuen Teilnahme der rö• Unterwerfung und Befreiung. Aber jede Kir­ misch-katholischen Kirche an der Suche nach che ging ihren eigenen Weg. Jede erlebte im der Versöhnung aller Christen. Wir betra(!h­ Laufe der Jahrhunderte dürre und fruchtbare ten dieses Konzil als die Kraft, die in der Kir­ Zeiten, . Wachstum, Rückschritt, Erneuerung, che, im Glauben, im Gottesdienst, in der Klar­ doch kernen Brückenschlag über den trennen­ heit der Lehre, in der Leitung der Kirche, im den Graben. Leben der Welt und in der Mission für die Zeichen der Hoffnung tauchten auf, als beide Welt Erneuerung wirkt. Wir betrachten die­ Kirchen in das 20. Jahrhundert eintraten. Die ses Konzil als eine neue Deutung der Rolle aus der Reformation des 16. Jahrhunderts her­ der Kirche in· der modernen Welt, einer Kir­ vorgegangenen Kirchen bemühten sich um neue che, die sich mit den Nöten der ganzen Mensch­ Beziehungen untereinander und schufen eine heit identifiziert und die Tatsache des Um­ die große Ostkirche einschließende ökumeni• bruchs und seines Einflusses auf Leben und sche Bewegung. Doch die römisch-katholische Denken der Kirche akzeptiert. Kirche hielt sich abseits. Das Konzil hat sechzehn Dokumente hervor­ Das zweite Kapitel der Geschichte begann, als gebracht, die auf Jahre hin fruchtbares Feld die Väter der römisch-katholischen Kirche sich der Forschung sein werden. Wir können nicht im Petersdom zu Rom zum Zweiten Vatika­ auf alle eingehen. über die Klüfte der Tren- nischen Konzil versammelten. Von 1520 bis 1 1962 ist eine lange Zeit. Gott wird uns nicht ) Botschaft der Konzilsväter an die Welt vom 20. Oktober 1962, zitiert nach Herder-Korre­ eben soviel Zeit lassen, um dieses zweite Ka­ spondenz Jg. XVII, Heft 2 November 1962 pitel abzuschließen. „Bei dieser Versammlung", s. 102. ' ' so erklärten die Konzilsväter, „wollen wir un- Z) Ebd. 10 Amtsblatt Heft 1/19"'0

nung hinweg sind viele Brücken errichtet wor­ der Schrift in der Liturgie größtes Gewicht den. Fünf davon sind von besonderem Inter­ beigemessen wird. Die Neubelebung der Pre­ esse. digt im Gottesdienst auf der theologischen Ba­ sis, daß Christus nicht nur in den Sakramen­ 1. Der Kirchenbegriff ten gegenwärtig ist, sondern auch „in seinem Die umfassende Auslegung der Lehre von der Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Kirche ist das bedeutsamste Ergebnis des Kon­ Schriften in der Kirche gelesen werden" 3), er­ zils. Die Beschreibung der Kirche in der bi­ innert uns an unsere Rede von den „Gnaden• blischen Sprache von Menschen Gottes redet mitteln" und erschließt uns eine neue Dimen­ deutlich zu uns, und wir vernehmen das The­ sion für unser Verständnis der katholischen ma der Selbstberichtigung und Selbstkritik, Lehre. Das Priestertum der Gläubigen wird das eine Kirche auf dem Wege kennzeichnet. wiederum durch die Forderung betont, alle Die Dynamik der Kirche liegt nicht in ihrer Gläubigen sollten zur vollen, bewußten und Struktur oder ihrer Leitung, sondern jenseits tätigen Teilnahme am Gottesdienst geführt menschlicher Verdienste in Gott selber. Die werden. Der Gebrauch der Muttersprache, die Hervorhebung des kollegialen Charakters der Vermehrung des Choralgesangs und das An­ Kirche, in der sowohl Gedanken der Kirchen­ halten zu persönlichen Andachten bringen die väter als auch der Reformation anklingen, ist Menschen unserer Kirchen einander so nahe uns willkommen. Das biblische Thema vom wie nie zuvor. Enttäuschend ist für uns je­ allgemeinen Priestertum aller Gläubigen wird doch, daß die Frage der Privatmessen nicht auf eine Weise verwandt, als sprächen wir klarer behandelt wurde und der Kelch den selber. Der universale Ruf zur Frömmigkeit Laien, von besonderen Fällen abgesehen, noch und die dem Verhältnis zwischen Ecclesia mi­ immer vorenthalten wird. litans und Ecclesia triumphans gezollte Auf­ merksamkeit spornen uns zur Selbstprüfung 4. B e z i e h u n g e n z u a n d e r e n K i r c h e n an. Der Schritt vorwärts, den das Konzil mit sei­ ner Anerkennung „kirchlicher Gemeinschaf·­ 2. S c h r i f t u n d T r a d i t i o n ten" außerhalb der katholischen Kirche getan Die Behandlung des Verhältnisses von Schrift hat, ist von großer Bedeutung. Wir hoffen, und Tradition ist für uns von besonderem In­ daß er den Weg für den nächsten Schritt vor­ teresse. Es ist kein Geheimnis, daß die Rede bereitet: volle Anerkennung, daß wir echte von zwei scheinbar nebeneinander existieren­ Kirche sind. Das Konzil bestätigte ferner ein den Offenbarungsquellen uns zu schaffen ge­ fundamentales Prinzip sowohl der Reforma­ macht hat. Daß das Konzil mit solcher Klar­ tion als auch der ökumenischen Bewegung des heit spricht von Christus dem Wort, von der 20. Jahrhunderts, daß nämlich Erneuerung und Geschichte Israels, vom Gehorsam des Glau­ Reform für die Wiedergewinnung der sichtba­ bens, in dem sich der Mensch als ganzer Gott ren Einheit der Kirche wesentlich sind. Auch in Freiheit überantwortet, von der vom Heili­ der angeschlagene Ton von „der Schuld der gen Geist gewirkten Weitergabe dieses Wortes Menschen auf beiden Seiten" 4) ist ein Zeichen im geschriebenen Wort und von der vom sel­ für die neue Atmosphäre, in der wir uns in ben Geist inspirierten Predigt dieses Wortes unseren Beziehungen bewegen. Wir bedauern, in Lauterkeit, ist für uns eine beträchtliche daß die katholische Kirche es noch immer für Hilfe zum Verständnis der gegenwärtigen rö• notwendig erachtet zu erklären, „nur durch misch-katholischen Lehre. Die an alle Gläu• die katholische Kirche Christi, die das allge­ bigen und besonders an die Prediger gerich­ meine Hilfsmittel des Heiles ist, kann man tete Ermahnung, die Heilige Schrift zu lesen, Zutritt zu der ganzen Fülle der Heilsmittel klingt, als hörten wir unsere eigene Reforma­ haben" 5). tion wieder lebendig werden. Die Bedeutung der Tradition für den Katho­ 5. D i e R o 11 e d e r K i r c h i n d e r W e 1 t liken ist uns noch nicht so klar. Wir wissen, Die Rede des Konzils von der Dienerrolle der daß wir selber das komplexe Verhältnis zwi­ Kirche ist von erheblicher Konsequenz. Wir, schen Schrift und Tradition nicht immer er­ die wir hier in Evian versammelt sind, um kannt haben, und wir haben zusammen mit das Thema „Gesandt in die Welt" zu erörtern, anderen christlichen Brüdern auf den Konfe­ können daraus viel lernen. „Die Erklärung renzen von Glaube und Kirchenverfassung ge­ über die Religionsfreiheit" ist für Protestanten lernt, darüber gründlicher nachzudenken. von einzigartiger und dramatischer Bedeutung.

3. G o t t e s d i e n s t :s) Die Konstitution über die heilige Liturgie „Sa• Die Erneuerung des Gottesdienstes und seiner crosanctum Concilium", zitiert nach: Kleines Konzilskompendium, hrsg. von Karl Rahner Formen beschränkt sich natürlich nicht auf und Herbert Vorgrimler, Freiburg - Basel - die römisch-katholische Kirche oder das Va­ Wien 1968. tikanische Konzil. Wir freuen uns, daß das „) Das Dekret über den ökumenismus „Unitatis Konzil dem Gottesdienst so viel Beachtung ge­ redintegratio", Nr. 7. schenkt hat. Ein eindrucksvoller Zug ist, daß D) Ebd., Nr. 3. Heft 1/1970 Amtsblatt 11

Sie klärt Fragen und Anliegen, die uns seit eher und die Analyse der inneren Entwicklung Jahrhunderten bewegt haben. Die positive Ein­ biblischen Denkens haben ein größeres Maß stellung zur Welt ist ein gutes Antidot gegen an Verständigung zwischen Lutheranern und den Negativismus, den wir selber manchmal Katholiken ermöglicht. Die Bibelwissenschaft­ zur Schau tragen. Der soziale Charakter, den ler haben entdeckt, daß ihre Bemühungen ge­ das Konzil unterstreicht, ist ein Korrektiv für genseitig förderlich sind, und kommen immer den unter Lutheranern zuweilen gepflegten häufiger zu gemeinsamen Ergebnissen. Ein extremen Individualismus. bemerkenswerter Zug dieser nachkonziliaren Viele Fragen bleiben, doch hat das Zweite Va­ Jahre ist der, daß lutherische und katholische tikanum die solide Basis für eine gemeinsame Wissenschaftler bei der Interpretation bibli­ Verständigung über diese Dinge deutlich ver­ scher Texte unabhängig voneinander zu den­ mittelt. selben Schlußfolgerungen gelangen. Zwar be­ stehen auf manchen Gebieten der Bibelwissen­ schaft noch immer Meinungsverschiedenheiten, II. DIE NACHKONZILIARE THEOLOGIE doch ist das Spektrum der Diskussion in der UND KIRCHE katholischen Kirche ebenso breit wie in der Keine fünf Jahre sind seit dem Zweiten Vati­ lutherischen. kanum verstrichen. Diese Zeitspanne ist zu Zu den wichtigsten Beiträgen der Bibelwissen­ kurz, um über die volle Auswirkung der kon­ schaft gehört es, die Bedeutung der Mannig­ ziliaren Entscheidungen zu klaren Schlüssen faltigkeit des Denkens innerhalb der Bibel er­ zu kommen. Doch ist die Feststellung nicht kannt zu haben. Die Autoren der Bibel haben verfrüht, daß Leben und Denken der katholi­ das eine Evangelium in einer Vielfalt von schen Kirche schon weitgehend beeinflußt wor­ Sprachen, Akzenten und Perspektiven verkün• den sind. Im gottesdienstlichen Leben ist die digt. Von daher erschließt sich die deutliche Erneuerung am stärksten und umfassendsten Möglichkeit, daß es eine Vielfalt authentischer hervorgetreten. Vitale Laienbewegungen, Ausdrucksformen des Glaubens geben kann, Schritte zur Demokratisierung der Kirchenlei­ die ein getreues Abbild der Eigenart biblischer tung, Wandlungen in Methoden und Akzent­ Zeugen der einen Wahrheit von Jesus Christus setzungen in der Erziehung, Veränderung in darstellt. Wenn dies der Fall ist, dann ist die vielen geistlichen Orden und vermehrte Kon­ Anerkennung der Tatsache, daß andere christ­ takte mit anderen Christen und mit der säku• liche Traditionen über gültige und sogar tiefe laren Welt haben zur Schaffung eines dyna­ Einsichten in die Offenbarung verfügen, nicht mischen Bildes der katholischen Kirche beige­ nur erlaubt, sondern ein unmittelbares Erfor­ tragen. dernis der Treue gegenüber der Autorität der Evident und unbedingt zu erwähnen sind auch Schrift. Man hat die Lutheraner häufig mit zwei Gegenbewegungen gegen eine geordnete paulinischem Denken und paulinischer Hal­ Erneuerung. Von manchen Seiten wird durch tung, in Verbindung gebracht. Sie werden zu lebhafte Herausforderung der kirchlichen Au­ akzeptieren haben, daß die johanneische, mat­ torität und die Bildung der sogenannten „Un• thäische oder petrinische Theologie anderer tergrundkirche" große Ungeduld an den Tag christlicher Gemeinschaften ebenso echt bi­ , gelegt. In vielen Teilen der Welt stößt die blisch ist wie die des Paulus. Erneuerung noch immer auf starken Wider­ stand. Die Abnahme des Nachwuchses für 2. Entwicklungen in der Theologie den Priesterberuf und für die geistlichen Or­ In jeder Kirche hat es immer verschiedene den, die Unruhe unter manchen Priestern, der theologische Schulen gegeben. Das Feld der Abfall vieler Jugendlicher und die verbreitete theologischen Forschung ist darum immer brei­ offene Kritik an der Kirche sind symptoma­ ter als die offizielle Lehre der Kirche. Die tisch für die unterschiedliche Reaktion auf das katholische systematische Theologie zeichnete Tempo des Wandels innerhalb der katholi­ sich früher durch ein Festhalten an absolu­ schen Kirche. tistischen und scholastischen Kategorien aus, die eng mit mittelalterlichem Denken verbun­ 1. E n t w i c k 1 u n g i n d e r B i b e 1 a u s 1 e - den waren. Auch die lutherische Theologie gung tendierte häufig zu einem Scholastizismus, der Die Rückkehr zum Gebrauch biblischer Spra­ allerdings aus der Nachreformationszeit stamm­ che bei den Beratungen des Zweiten Vatika­ te. Ein Gedankenaustausch zwischen den For­ nums ist für die Erleichterung der Verständi• schern beider Gemeinschaften war schwierig gung zwischen Katholiken und anderen Chri­ und manchmal unmöglich. Heute ist die Si­ sten ein wichtiger Schritt vorwärts. In der tuation ganz anders. Zur Arbeit der heutigen katholischen Kirche besteht fortgesetztes und Theologen besteht ein qualitativer Unterschied. zunehmendes Interesse an der biblischen For­ Früher waren die philosophischen Grundlagen schung. Die Verwendung der Hilfsmittel der fest, die benutzte Sprache klar und definier­ Geschichtswissenschaft in der biblischen For­ bar. Heute sind die Sprache so fließend, der schung, die Beschäftigung mit verschiedenen Pluralismus in der Philosophie so üppig und Theorien über die Herkunft der biblischen Bü- somit die Entscheidungsmöglichkeiten so zahl- 12 Amtsblatt Heft 1/1970

reich geworden, daß das theologische Denken 1968 gründet ihre Anschauungen über Ehe und aus seinen gewohnten Bahnen ausgebrochen Geburtenkontrolle auf das Naturrecht, für des­ ist und 'sich neue Formen der Erörterung ge­ sen Auslegung die Lehrautorität der Kirche sucht hat. Das erschwert zwar die Kommuni­ Zuständigkeit beansprucht. Sie gibt ferner zu kation, bringt aber gleichzeitig alle theologi­ verstehen, daß eine gehorsame Befolgung die­ sche Arbeit auf dieselbe Ebene, auf der man ser Interpretation für das ewige Heil des Men­ sich der gemeinsamen Probleme zunehmend schen notwendig ist. Auch dies scheint uns bewußt wird. So ist unter den Theologen ein mit einem grollen Teil derzeitigen katholischen neuartiges dialogisches Verhältnis entstanden, Denkens nicht Schritt zu halten. das für alle von Vorteil ist. Das jüngste Motuproprio über die Mischehen Für den Studenten an den theologischen Se­ lehrt eine Sicht der Gültigkeit der Ehe und minaren der lutherischen Kirche ist es selbst­ der Verpflichtung des katholischen Ehepart­ verständlich, neben den Büchern seiner eige-· ners, die Kinder im katholischen Glauben zu nen Tradition auch die römisch-katholischer erziehen, die nicht nur für uns kränkend ist, Theologen zu lesen. Die Namen so prominen­ sondern auch .von der Lehre vieler katholi­ ter katholischer Theologen wie Karl Rahner scher Theologen abweicht. und Hans Küng im deutschen Sprachraum, Edward Schilleheeckx aus Holland, Yves Con­ 3. D i r e k t e G e s p r ä c h e gar aus Frankreich, George Tavard aus den USA und vieler anderer sind unter Luthera·­ überaus wichtig sind die immer zahlreicher nern gut bekannt. werdenden Kontakte zwischen katholischen und lutherischen Theologen auf offizieller und Die katholischen Wissenschaftler haben skh inoffizieller Ebene. Schon auf seiner Vollver­ bereit gefunden, ihren Glauben in einer Spra­ sammlung in Minneapolis 1957, also vor dem che auszudrücken, die für Lutheraner nicht Zweiten Vatikanum, hatte der Lutherische nur annehmbar, sondern auch ansprechend ist. Weltbund beschlossen, ein ökumenisches For­ Die katholischen Denker haben sich ebenfalls schungsinstitut einzurichten, das später in bereit gefunden, eine spekulative Theologie zu Straßburg seinen Sitz fand. Dieses Institut treiben, die hinter den radikalsten protestan­ konzentriert sich seither auf das Studium ka­ tischen Richtungen nicht zurückbleibt. Die tholischer Theologie und den Dialog mit ka­ jüngsten Reflexionen über den Gottesbegriff, tholischen Theologen. Ein vom Papst Paul VI. über die Bedeutung des universalen Heils, gefördertes ökumenisches Institut außerhalb über das Verhältnis zwischen christlichem und Jerusalems soll Theologen vieler Traditionen nichtchristlichem Denken, über die Analyse des zum Dialog zusammenführen. Viele andere Atheismus und den Dialog mit ihm vollziehen Institute und Forschungszentren sind überall sich in lutherischen wie in katholischen Krei­ auf der Welt entstanden. sen. Ein Dialog zwischen Katholiken und Luthera­ Die Veröffentlichung und weite Verbreitung nern hat sich auch auf internationaler Ebene des von der katholischen Kirche in Holland angebahnt, über dessen Ergebnisse jedoch noch herausgegebenen neuen Katechismus hat nichts bekannt ist. Ein Beispiel sehr frucht­ unter Lutheranern besonderes Interesse ausge­ barer Arbeit ist der offizielle Dialog in den löst. Zweifellos ist das theologische Denken USA, wo lutherische und katholische Theolo­ in der katholischen Kirche auf Gebieten wie gen seit fünf Jahren eine Anzahl von Proble-c Sakramente, Kirche, Autorität in der Kirche, men erörtern. Ihre Diskuss:onsergebnisse über Verhältnis von Schrift und Tradition und Rol­ das Nizänum, über die Taufe und über die le und Funktion des Amtes über das Konzil Eucharistie als Opfer sind bereits veröffent• hinaus fortgeschritten. Diese Entwicklungen licht. Sie verdeutlichen auf eindrucksvolle zeigen, daß lutherisches und katholisches Den­ Weise, welcher Fortschritt sich in unserer Zeit ken sich auf einem Annäherungskurs befin­ erzielen läßt. Das Meßopfer war von Anfang den, der uns näher zusammenbringt, als es an ein kritisches Problem im gegenseitigen unsere markierten theologischen Positionen er­ Verhältnis unserer Kirchen. Der Dialog zeigt scheinen lassen. nun, daß es Lutheranern möglich ist, die ka­ Besorgt gemacht hat uns die theologische Rich­ tholische Auffassung von der Messe zu akzep­ tung der päpstlichen Enzykliken. „Mysterium tieren, wenn sie in der Sprache der heutigen fidei", 1965 veröffentlicht, beschränkt die Dis­ Zeit dargelegt wird und etliche Fehlinterpreta­ kussion des Mysteriums der Realpräsenz im tionen beseitigt werden. Die Katholiken kön• Herrenmahl auf die Sprache der Transsub­ nen ihrerseits das lutherische Verständnis der stantiation, wie sie das Konzil von Trient fest­ Realpräsenz annehmen. gelegt hat. Das scheint uns zu in der katho­ Die Gruppe in den USA wird in Kürze die lischen Kirche weit verbreiteten Meinungen Ergebnisse ihrer Arbeit über das Amt veröf• in Widerspruch zu stehen und erweist sich für fentlichen, das lange als unlösbares Problem das Erreichen einer Klärung hinsichtlich der gegolten hatte. Daraus wird deutlich werden, Theologie der Eucharistie als hinderlich. Die daß es einem Katholiken möglich ist, das lu­ Enzyklika „Humanae vitae" aus dem Jahre therische Amt in seiner derzeitigen Form als Heft 1/1970 Amtsblatt 13

gültiges Amt zu akzeptieren, was erhebliche III. DIE ZUKUNFT Auswirkungen haben wird. Wenn die Katho­ Die Zukunft birgt für Katholiken wie Luthe­ liken Sakramente und Amt der lutherischen raner viel Verheißung und viel Arbeit. Ich Kirche akzeptieren können, so folgt daraus, glaube, daß wir uns auf Annäherungskurs be­ daß sie auch die lutherische Kirche als im finden. Wenn uns die Geschichte Zeit läßt, vollgültigen Sinne echte Kirche akzeptieren werden wir noch näher zusammenrücken. Wir können. können kein geringeres Ziel als die Wieder­ vereinigung anstreben. Gott allein weiß, wie viele Generationen noch darüber hinsterben 4. L a i e n b e t e i li g u n g müssen, bis wir die verbliebenen Hindernisse Im Laufe der letzten Jahre sind viele Kon­ überwunden haben. Vieles wird gewiß von takte zwischen den Menschen unserer beiden dem Glauben und der Energie abhängen, mit Kirchen entstanden. Durch die Begegnung in denen unsere Generation ihrer Verantwortung Hauskreisen und auf Freizeiten und Studien­ nachkommt. Das in diesen wenigen Jahren konferenzen verschiedenster Art haben sich von uns begonnene Werk muß weitergehen unter den Laien viele bleibende Freundschaf­ und wachsen. Katholiken wie Lutheraner wer­ ten angebahnt. Gemeinsame Bibelarbeit, Dis­ den sich ändern und dennoch in gläubigem kussionen über die christliche Lebenspraxis Gehorsam gegenüber dem Evangelium und und das Miteinander-Bedenken der Probleme in Kontinuität mit der Vergangenheit bleiben des Daseins in der modernen Welt haben be­ müssen. wirkt, daß viele Lutheraner und Katholiken einander vollkommen akzeptieren. Die Lutheraner werden sich der Herausforde­ rung durch die Ereignisse des Zweiten Vati­ Studenten, die nicht nur Lehrer der anderen kanums zu stellen haben. Von der dynami­ Tradition gehört, sondern auch .auf Konferen­ schen Erneuerung, die wir unter Katholiken zen und in kleinen Gruppen Glaubensfragen erleben, habe ich bei uns nichts festgestellt. miteinander erörtert haben, sind zu dem Schluß Ich bin nicht sicher, daß wir uns wirklich auf gekommen, daß es keinen Grund mehr gebe, das Ziel der Wiedervereinigung verpflichtet weiterhin in getrennten Gemeinschaften zu haben. Wir stehen aktiv in der ökumenischen leben. In den USA haben meine Hochschule, Bewegung und haben viel zu ihr beigetragen. das Wartburg Theological Seminary in Dubu­ Auch das muß weitergehen und wachsen, so que/Iowa, das Aquinas Institute, eine domini­ daß auch die sogenannte Dritte Kraft (die kanische Einrichtung, und das Dubuque Semi.­ Pfingstbewegung) mit eingeschlossen wird, mft nary, eine presbyterianische Hochschule, ei­ der wir bisher wenig oder keinen Kontakt nen Hochschulverband gebildet und betreiben hatten. einen regen Lehrer- und Studentenaustausch. Die theologische Tagesordnung ist lang und Im kommenden Jahr werden lutherische und kann hier nicht erörtert werden. Doch for­ katholische Studenten eine gemeinsame Ein­ dert sie zweifellos ein wirkliches Eindringen führungsvorlesung über die Bibel hören. in das umfassende Wesen der katholischen Aus der Zusammenarbeit von Laien und Geist­ Tradition, mehr Aufgeschlossenheit und Ver­ lichen an besonderen Aufgaben ergeben sich ständnis für die katholische Frömmigkeit und 1 weitere Möglichkeiten für eine wachsende Ver­ eine bessere Würdigung des Symbolgebrauchs ständigtmg. In den USA war die Beteiligung im katholischen Denken. Selbst so schwierige der römisch-katholischen Kirche an den Fei­ Probleme wie das Papsttum werden durch die ern zum 450. Jahrestag der Reformation ein Erkenntnis ihres symbolischen Wertes erheb­ eindrucksvolles Beispiel für die neue Bereit­ lich entschärft. Die Lutheraner nehmen ihren schaft, über all die Dinge nachzudenken, die Standpunkt zu Lehre und Leben oft zu wärt:.. in der Vergangenheit verletzt haben. Das ge­ lieh. meinsame Vorgehen bei der Beseitigung sozi­ übrig bleibt jedoch auch eine noch grundle­ aler Ungerechtigkeit und bei der Lösung von gendere Frage. Wird die Geschichte uns ge­ Problemen im privaten und staatlichen Erzie­ nügend Zeit lassen? Alles Gesagte stützt sich hungswesen, die gegenseitige Hilfe bei dro­ auf die Voraussetzung, daß das eigentliche hender Verfolgung und vieles mehr haben alte Problem in der Vergangenheit liegt und daß Vorurteile beseitigt und neues Vertrauen ent­ wir diese Vergangenheit irgendwie „aufarbei• stehen lassen. Miteinander in Demonstratio-­ ten" müssen, um in der Gegenwart miteinan­ nen gegen Rassenvorurteile zu marschieren, der leben zu können. Wir haben vorausge­ ist zur neuen ökumenischen Methode gewor­ setzt, daß die Geschichte sich auf propheti­ den. sche Weise weiterbewegt, also ein Zeitalter Beide Kirchen sind in ihrem eigentlichen Le­ in klarer Kontinuität auf das andere folgt und ben und in ihrer Theologie viel weiter voran·­ jede Epoche der Geschichte deutlich aus der gekommen, als man von der offiziellen Posi­ vorangegangenen hervorgeht. Die grundle­ tion der lutherischen Kirche und selbst vom gende Frage, die wir bedenken müssen, ist, Zweiten Vatikanum her hätte erwarten kön• ob wir nicht in einem apokalyptischen Zeit­ nen. alter leben, in dem Gott uns sprunghaft vor- 14 Amtsblatt Heft 1/1970 anstößt und uns auffordert, an zahlreichen haglichkeit der etablierten Kirchen in Frage. Punkten mit unserer Vergangenheit zu bre­ Das Problem sei, ob wir für unsere eigenen chen. Erneuerung fordert vielleicht gar nicht Kinder den Weg bereiten könnten, damit sie die Reform des Bestehenden, sondern viel­ mehr eine radikale Loslösung der Gegenwart, den Glauben innerhalb der Kirche behalten. damit neue Formen christlichen Lebens ent­ 3. In den internationalen Verhältnissen ergä• stehen, für die es in der unmittelbaren V er­ ben sich durchgreifende Veränderungen, die gangenhei t keine Parallele gibt. Wir können den Charakter der Mission so grundlegend be­ nicht länger davon ausgehen, daß die vorherr­ einflußten, daß gemeinsames Handeln nötig schende Ausdrucksform des christlichen Glau­ bens in der westlichen Welt anzutreffen sein sei, etwa um der Identifizierung der christ­ wird. Vielleicht wird Gott sein Licht an ganz lichen Kirche mit dem Westen und dem wei­ anderen Orten mit vollkommen andersartigen ßen Manne entgegenzuwirken. Die Tatsache, kulturellen Gegebenheiten leuchten lassen. daß die Kirche sich so lange für die Verteidi­ Wenn wir uns ganz auf die Vergangenheit gung der bestehenden Ordnung eingesetzt ha­ fixieren, könnte die Geschichte an uns vorbei­ gehen. be - sogar bis dahin, daß sie die Menschen stellte, um Kriege mit anderen Nationen aus­ Zweifellos stehen wir in unserer Welt Pro­ zutragen, deren Kirchen ebenfalls diese Men­ blemen gegenüber, die dem Luxus subtiler theologischer Distinktionen spotten. Wenn es schen stellte - sei ein Problem von solchen uns mit dem „Gesandt in die Welt" ernst ist, Ausmaßen, daß die Christenheit sich ihm ein­ werden wir den Blick über unseren Reichtum, mütig stellen müsse. unsere unnötigen Traditionen und unsere Kul­ tur hinaus auf die wirkliche Welt richten müs• sen, in der Gott uns jetzt zum Handeln auf­ Der Referent schloß mit den Worten: fordert. Diesen und den übrigen Fragen der uns vor­ Nicht die Vergangenheit ist unser grundle­ liegenden Tagesordnung wird unsere Auf­ gendes Problem, sondern unsere Sendung in merksamkeit zu gelten haben. Wir können die heutige Welt. nicht lange warten. Das nächste große Konzil kann weder „ka• Am Schluß seines Referates ging Professor tholisch" noch „lutherisch" sein. Weltkonfe­ Knutson auf einige Bereiche ein, innerhalb renzen, wenn sie in unserer so beschaffenen derer sich die gemeinsame Sendung bewäh• Welt überhaupt noch möglich sind, werden die ren muß. 1. Die Verdoppelung der Weltbe­ große römisch-katholische Kirche einschließen müssen, deren Erwachen zu Erneuerung und völkerung in den nächsten 35 Jahren werde Mission uns alle durch seine Weite und In­ zu Problemen von solcher Größenordnung füh• tensität herausfordert. Werden wir auf ein ren, daß der gemeinsame Dienst dringend ge­ wirklich ökumenisches Konzil von der Art, boten sei. 2. Innerhalb der jungen Generation wie Luther es forderte, hoffen dürfen? zeigten sich Entwicklungen, in denen konfes­ Noch getrennt, leben wir im Glauben, daß wir sionelle Barrieren keine Rolle mehr spielten. im Leibe Christi sind, leben wir in der Hoff­ Es gebe immer weniger „katholische" oder nung, daß unsere Trennung überwunden wer­ „lutherische" Jugendliche, dafür aber eine Ju­ den kann. Vielleicht wird uns wiederum ein junger Student den Weg weisen. gend, die einen radikalen Gehorsam im christ­ lichen Leben fordert. Sie stelle damit die Be- Kent Knutson

Herausgegeben vom Evangelischen Konsistorium Greifswald- Chefredakteur: Oberkonsistorialrat Walter Kusch, Greifswald, Karl-Marx-Platz 4 - Erscheint 12 X jährlich - Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 422 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik - Druck: Panzig'sche Buchdruckerei Greifswald, Index: 31 015