Hans Meier-Welcker

Der Weg zum Offizier im Reichsheer der Weimarer Republik

Am 15. Dezember 1918 wurde vom Kriegsministerium in Berlin die Einstellung von Fahnenjunkern verboten1. Am 6. Januar 1919 gab das Kriegsministerium die Ausset- zung der Beförderung innerhalb der Offizierdienstgrade sowie der Beförderung zum Fähnrich und zum Offizier bekannt2. Im Gesetz über die Bildung einer »vorläufigen Reichswehr« vom 6. März 19193 wurde im § 2 lediglich bestimmt, daß »bewährten Unteroffizieren und Mannschaften ... die Offizierlaufbahn zu öffnen« sei. In der Ausführungsverordnung zu diesem Gesetz wurde im § 6 bestimmt: »Der Eintritt in die Offizierlaufbahn steht Unteroffizieren und Mannschaften frei, die ihre Eignung hierzu durch ihre bisherige dienstliche Tätigkeit und Führung nachzuweisen haben. Sie müssen im Felde bei tadelfreier Führung mit der Waffe Dienst getan und sich min- destens V2 Jahr als Offizierdiensttuer bewährt haben.« Nach dieser Bestimmung wur- den im Laufe des Jahres 1919 einige Hundert Unteroffiziere zum befördert4.

Im Zuge des Aufbaues des Reichsheeres wurde nach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch vom März 1920 die Heranbildung des Offiziernachwuchses erstmals neu geregelt. Histo- riographisch ist der Vorgang und die weitere Entwicklung der Ausbildung und Erzie- hung der Offizieranwärter in den folgenden Jahren von besonderer Bedeutung für das Verständnis und die Beurteilung der Rolle der Reichswehr in der Weimarer Republik, weil darin besonders deutlich die Grundsätze und die Kontinuität in der Bewahrung der überlieferten soldatischen Werte zum Ausdruck kommen, die das Selbstverständ- nis des Offizierkorps ausgemacht haben. In die hier vorgelegte Dokumentation sind die wichtigsten Verfügungen für die Offi- zierausbildung aus der ersten Hälfte der 1920er Jahre aufgenommen, ergänzt durch Aufzeichnungen aus dem Erleben dieser Ausbildung. Das Reichswehrministerium verfügte am 24. April 19205 die Einrichtung von »Ubergangslehrgängen auf den Waf- fenschulen« der einzelnen Waffengattungen. Uber die Aufgaben dieser Schulen heißt es in der Ziffer 1 allgemein: »Die Waffenschulen dienen zur Erziehung und Ausbil- dung der Offizieranwärter. Damit ist ihnen zu einem wesentlichen Teile die Zukunft des Heeres anvertraut. Sie hängt nicht allein von der beruflichen Tüchtigkeit, sondern vor allem auch vom Geist und Charakter der künftigen Offiziere ab. Diese mit Begei- sterung für die Berufsideale, mit Verständnis für das Gemeinwohl zu erfüllen und sie zu festen Männern zu erziehen, die die Mannschaft zur eigenen hohen Pflicht- und Ehrauffassung emporzuheben vermögen, ist die vornehmste Aufgabe der Waffen- schulen.« Die Waffenschulen hatten »die Grundlage für den einheitlichen Geist des Offizierkorps« zu schaffen und sollten »Pflegestätten vaterländischen Geistes« sein. Als Standorte der Waffenschulen wurden bestimmt: Für das Kommando und den I. Lehrgang der Infanterieschule München, für den II. Lehrgang Wünsdorf, für die Ka- vallerieschule Hannover und Soltau, für die Artillerieschule Jüterbog und die Pionier- schule München. Eine Nachrichtenschule sollte erst später eröffnet werden. Da »die ersten nach den neuen Dienstbedingungen für das Reichsheer ausgewählten und aus- gebildeten Offizieranwärter6 . . . frühestens am 1. April 1924 fertig ausgebildet sein« konnten, sollten zur Ergänzung des Offizierkorps in der Ubergangszeit auf den Waf- fenschulen die Kategorien von Offizieranwärtern ausgebildet werden, die sich aus der Ubergangssituation von dem monarchischen Heer zum Heer der Republik ergeben hatten, nämlich die »Fähnriche und des alten Heeres« und die »Offi- zieranwärter aus dem Unteroffizierstande«. Dieser Offiziernachwuchs wurde ge- 147 MGM 1/76 mischt in drei Ergänzungsjahrgänge von etwa 150 Köpfen eingeteilt und als »Offizier- anwärter der Ubergangszeit« bezeichnet7. Je nach der Vorbildung dieser Offizieran- wärter begann ihre Ausbildung zum Offizier bereits mit dem II. Lehrgang oder erst mit dem I. Lehrgang im Mai 1920 in verkürzten Kursen8 und wurde vom Januar 1921 an in der normalen Folge des I. und II. Lehrgangs fortgesetzt9. Durch die Grundver- fügung für die Ubergangslehrgänge vom 24. April 192010 wurde der Inspekteur des Erziehungs- und Bildungswesens, v. Eisenhart-Rothe zum »unmit- telbaren Vorgesetzten der Waffenschulen« bestimmt. Die Waffeninspekteure der ein- zelnen Waffengattungen waren in den II. Lehrgängen »für die waffentechnische Aus- bildung verantwortlich«. Die künftige Auswahl und Ausbildung des Offiziernachwuchses wurde endgültig mit den am 10. November 1920 erlassenen »Offizier-Ergänzüngsbestimmungen des Reichsheeres, Teil I Offiziere«11 festgelegt. Diese Heeres-Dienstvorschrift (H.Dv.29a) ist vom Reichspräsidenten Ebert und dem Reichswehrminister Dr. Geß- ler unterzeichnet und blieb bis 1931 in Kraft12, als in den folgenden Jahren Zug um Zug eine Verkürzung der Offizieranwärterausbildung zur beschleunigten Ergänzung des Offizierkorps eintrat13. In den Einleitungsziffern 1 bis 4 der H.Dv.29a sind die Grundsätze für die Übernahme von Freiwilligen als Offizieranwärter bei der Truppe ausgesprochen (Dok. 1). Der Abschnitt A befaßt sich mit Freiwilligen, die das Reifezeugnis einer neunklassigen höheren Lehranstalt besaßen. Die Einstellung erfolgte zum 1. April jeden Jahres. Das Zeugnis eines Truppenarztes über »die ν olle militärische Tauglichkeit« war Vorbedin- gung für jede Bewerbung. Im November des der Einstellung vorangehenden Jahres hatten die Kommandeure der Truppenteile, bei denen die Bewerbungen eingegangen waren14, nach »Persönlichkeit, Charakter, Erziehung, soldatischer Eignung und Schulbildung« die »Auswahl unter den Besten zu treffen«. Dabei war es »verboten, Ermittlungen bei Persönlichkeiten« anzustellen, »die in politischen Verbänden füh- rend tätig« waren. Auf Grund dieser Auswahl15 waren die in Betracht kommenden Bewerber, die das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet haben durften, in »mindestens dreimal so großer Zahl« als beim nächsten Einstellungstermin angenommen werden konnten, zur persönlichen Vorstellung aufzufordern. Darauf hatte der Regiments- kommandeur oder Kommandeur eines selbständigen Bataillons (Pioniere) und ent- sprechender Abteilungen (Nachrichtentruppe, Kraftfahrtruppe, Fahrtruppe) die end- gültige Reihenfolge der Anwärter nach der vom Reichswehrministerium zur Verfü- gung gestellten Zahl von Offizieranwärterstellen nebst einiger Ersatzleute festzuset- zen. Die Liste ging an das Heerespersonalamt im Reichswehrministerium, das im Ja- nuar des Einstellungsjahres den Truppenteilen die Namen der Offizieranwärter mit- teilte, die eingestellt werden konnten. Der Abschnitt Β der H.Dv.29a betrifft Freiwillige aus der Truppe, die das Reifezeug- nis nicht besaßen, die aber »nach zweijährigereorzüglicber Bewährung um Zulassung zur Offizierlaufbahn beim Truppenkommandeur einkommen« konnten. Vorbedin- gung war, daß sie »ohne eigene Schuld das Reifezeugnis einer neunklassigen höheren Lehranstalt nicht erwerben konnten«. Freiwillige, die wegen mangelhafter Leistungen eine höhere Schule vorzeitig verlassen mußten, kamen »für die Offizierlaufbahn nicht in Frage«. Bewerber ohne Reifezeugnis wurden nach entsprechender Vorbereitungs- zeit zu einer Vorprüfung und ein Jahr danach zu einer Nachprüfung zugelassen, die in ihren Anforderungen der Abschlußprüfung einer höheren Lehranstalt entsprechen sollte. Nach Bestehen dieses Examens wurden die Bewerber zur nächsten Fahnenjun- kerprüfung zugelassen und danach in den entsprechenden Jahrgang eingereiht. Die Fahnenjunkerprüfung wurde von den Offizieranwärtern der normalen Laufbahn nach lV4jähriger Dienstzeit abgelegt. Sie war eine rein militärische Prüfung nach den 16 x Bestimmungen des Abschnittes C und der Anlage 5 der H.Dv.29a . Nach l /2 Dienstjahren kamen die Offizieranwärter aller Waffengattungen als Fahnenjunker- Unteroffiziere zur Infanterieschule, um gemeinsam den I. Lehrgang zu absolvieren, der gemäß Abschnitt D mit der Fähnrichsprüfung abschloß17. Der Abschnitt E re- gelte die Teilnahme am II. Lehrgang an den Waffenschulen der einzelnen Waffengat- tungen, der mit der Offizierpriifung endete und nach ihrem Bestehen die Beförderung zum Oberfähnrich einbrachte18. Der Abschnitt F schließlich enthielt die Bestimmun- gen für die Offizierwahl und die Beförderung zum Offizier19. Die H.Dv. 29a wurde seit 1923 jährlich durch »Richtlinien für die Ausbildung der Of- fizieranwärter« ergänzt, die auf Grund der gewonnenen Erfahrungen von der Heeres- leitung erlassen wurden und dem Chef der Heeresleitung sowie dem Inspekteur des Erziehungs- und Bildungswesens - seit Oktober 1922 v. Metzsch - Gelegen- heit gaben, ihre besonderen erzieherischen Anliegen zur Geltung zu bringen. Grund- sätzlich hatte v. Seeckt seine Auffassung über »Die Grundlagen der Erziehung des Heeres« in seinem Neujahrserlaß vom 1. Januar 1921 anläßlich des Abschlusses der Aufstellung des Reichsheeres ausgesprochen20. Sehr kritisch äußerte sich Seeckt über den »Stand des Offiziernachwuchses« in einem Erlaß vom 20. Januar 1923 über »Erziehung und Behandlung der Offizier-Anwärter«21. Darin kündigte er den Erlaß von Richtlinien »für die Ausbildung und Erziehung der Offizier-Anwärter« an, »um nun eine einheitliche Heranbildung des Offizierersatzes herbeizuführen«. Die ersten Richtlinien vom 14. März 1923 (Dok. 2) lassen erneut erkennen, daß das Niveau eines erheblichen Teiles der Offizieranwärter auf der Infanterieschule für einen künftigen Offizier nicht ausreichte22. Günstiger schon spiegelt sich die Situation des Offizier- nachwuchses in den Richtlinien vom 14. April 1924 (Dok. 3), nicht zum wenigsten weil »der Andrang zur Offizierlaufbahn ... in letzter Zeit ganz bedeutend zuge- nommen« hatte. Dabei ist jedoch zu bedenken, daß die Zahl der Meldungen zum Offi- zierberuf bei den einzelnen Truppenteilen je nach ihrem Ansehen und ihren Standor- ten auffallend verschieden war. Es gab Truppenteile, denen Offizieranwärter zuge- wiesen werden mußten23. Insgesamt gesehen ist aber auch politisch von Interesse, daß nach dem Krisenjahr 1923 die Bewerbungen für die Offizierlaufbahn sowohl zahlen- mäßig wie qualitativ erheblich zugenommen haben. Die »Richtlinien« der Jahre 1923 und 1924 wurden durch eine Verfügung der Heeres- leitung vom 23. April 1925 außer Kraft gesetzt und auf Grund der Erfahrungen und Erfahrungsberichte nunmehr durch einen »bindenden Ausbildungsbefehl« ersetzt. Dieser Befehl blieb als Ergänzung der H.Dv. 29a bis zur Verkürzung der Ausbildung des Offiziernachwuchses und den allgemeinen Veränderungen im Hinblick auf die Heeresvermehrung seit 1932 in Kraft. Wegen ihrer Bedeutung und als maßgebende Grundlage des nachfolgenden Teiles der Dokumentation ist diese Verfügung zur »Ausbildung und Erziehung des Offizierersatzes vom Eintritt bis zur Offizierwahl« in ihrer Gesamtheit abgedruckt (Dok. 4).

χ.

Im Anschluß daran soll der Werdegang zum Offizier in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre aus dem Erleben eines Offizieranwärters dokumentiert werden. Der Bearbeiter der hier vorgelegten Dokumentation geht von seinem eigenen Werdegang aus, weil er in seinem normalen Verlauf unter dem Aspekt des Ganges der Ausbildung als reprä- sentativ angesehen werden kann und weil dem Bearbeiter noch Briefe und Aufzeich- nungen zur Verfügung stehen, die ein annähernd lückenloses Bild des Ausbildungs- verlaufs und der Lebensverhältnisse eines Offizieranwärters dieser Jahre geben24. Durch Bezugnahme auf die Ausbildungsvorschriften soll die Dokumentation der Ver- fügungen in Einzelheiten ergänzt und vor allem die Wechselbeziehung zwischen An- ordnungen und Praxis sichtbar werden. Bei dem bereits größeren Andrang zur Einstellung des Offizieranwärterjahrgangs 1925 machte die Annahme entsprechende Schwierigkeiten. Da die Bewerbung an die Truppenteile gerichtet werden mußte25, spielten Beziehungen keine geringe Rolle. Dies war natürlich, weil sich die Offizierkorps der Truppenteile möglichst aus der Landschaft, in der die Truppen garnisonierten, und aus der Gesellschaft, mit der die Offizierkorps verkehrten, ergänzen sollten, eine Garantie der Homogenität des Offi- zierkorps. Tatsächlich aber scheinen die Ausnahmen hiervon, wenigstens stellenwei- se, nicht gering gewesen zu sein26. Die Einstellung von M. war mit Komplikationen verbunden, weil seine Bewerbung verspätet eingereicht worden war. In diesem Falle konnten die Schwierigkeiten nur durch Beziehungen überwunden werden27. M. wurde nach dem in Büdingen (Oberhessen) bestandenen Abitur auf den 1. April 1925 nach Donaueschingen zum Ausbildungsbataillon des 14. (Bad.) Infanterie-Re- giments (I.R. 14) einberufen. Der erste nach Hause gerichtete Bericht des Rekruten der 15. Kompanie zeigt den Kontrast zum Leben des bisherigen Oberprimaners (Dok. 5a). Eine »Sonderverwendung« ersparte M. bald zuweilen eine Stunde Arbeits- dienst, da er einem in der Vorbereitung zur zivilen Abschlußprüfung französischen Unterricht zu geben hatte. In einem Brief vom 16. April heißt es dann: »Wir haben einen sehr anstrengenden Dienst. Man glaubt manchmal einfach nicht mehr zu können. Unser Leutnant Kober ist ein Turner und großer Sportsmann und verlangt dementsprechend auch darin sehr viel. Aber seine Artist angenehm. Mit mei- nem Korporalschaftsführer, ein Unterfeldwebel, kann ich bis jetzt auch sehr zufrieden sein, obwohl er sehr scharf ist. - Wir fangen morgens nüchtern mit Freiübungen an, auf dem Kas.Hof, wo der Wind wild an einem rauft. Dann kommt erst Waschen, Kaf- fee, Innendienst. Dann Instruktionsstunde bei dem Leutnant. Dann Ausbildung bis Mittag. Essen und Innendienst, anschließend Turnen, Sport, Appelle, wieder Unter- richt bei dem , dann wieder einiges. Um 10 Uhr ist Zapfenstreich.« Am 23. April traf der Regimentskommandeur, Oberst Frhr. v. Rotberg, aus Konstanz ein, um die Rekruten und insbesondere die Offizieranwärter zu sehen, die aus diesem Anlaß erstmals in das Offizierkasino geladen wurden. Man war vergnügt. Offiziere und Anwärter tanzten unter sich. Am 26. April hatten die Rekruten, soweit sie »anständig grüßen und über die >Kiste< springen« konnten, den ersten freien Stadtausgang. Kleine Ausmärsche begannen. Für Leutnant Kober war »kein Abhang zu steil, kein Graben zu breit oder Wald zu dicht«. Uberall mußten die Rekruten durch. Dem von der Schulzeit her noch etwas schmäch- tigen M. bekam das soldatische Leben recht gut. Er hatte bereits nach drei Wochen fünf Pfund zugenommen. Die Rekruten gewannen an militärischer Form. Seit dem 1. Mai wurde der Zapfenstreich auf 11 Uhr verlegt. Die Offizieranwärter begannen, sich aus dem allgemeinen Rekrutenstand herauszuschälen. Auf Anregung ihres Leut- nants bestellten sie sich vom Verlag das Lehrbuch Hube: Der Infanterist, und lernten daraus im Selbstunterricht. Für 200 RM wurden durch Vermittlung des Rekrutenoffi- ziers bei einem auswärtigen Schneider eine eigene Uniform und zugehörige Bestand- teile bestellt, worauf dienstlich Wert gelegt wurde28. »Morgen Mittag« heißt es im Brief vom 3. Mai 1925 »kommt der große Augenblick, wo wir Gewehre empfangen. Bisher hatten wir nur Seitengewehre und Unterricht am Gewehr, außerdem die Ubungsgewehre zu den verdammten Gewehrfreiübungen. In der Ausbildung hatten wir bis jetzt 1. auf dem Kasernenhof: Grundstellung, Grüßen, Marschieren in Formationen, Hinlegen, Knien, Einzelmarsch und Zielen. 2. im Ge- lände: Schützenreihe, Schützenkette, Geländekunde. Im Sport haben wir: Reck, Bar- ren, Hindernisbahn, Kasten, Sprossenwand, Trapez, Freiübungen, Medizinball, Ball und einiges andere29.« Die soldatische Passion brach durch bei einer ersten Nacht- 150 übung gegen die 14. Kompanie, wobei der Bericht30 geradezu an die Erlebnisweise der Jugendbewegung erinnert, der M. im Deutschen Pfadfinderbund angehört hatte. Am Tag darauf berichtete M. nach Hause: »Das Regiment hat uns Fahnenjunker für den 1. Juli angefordert. Wir müssen also bis dorthin ausgebildet sein, d.h. (wenn man vom 1. April an rechnet) in 3 Monaten das erreichen, was die anderen Rekruten in 6 Monaten zu Wege bringen. Wir Fahnenjunker wurden sofort zu einer besonderen Gruppe zusammengezogen und ein neuer (von der 14. Komp.) mit un- serer speziellen Ausbildung beauftragt. Jetzt geht es los! Der Leutnant sagte, es muß geschafft werden, auch wenn die Nächte draufgehen.« Es war dies die Auswirkung des neuen Ausbildungsbefehls der Heeresleitung vom 23. April 1925 über den ersten Ausbildungsabschnitt (Rekrutenzeit), der auf drei Monate verkürzt wurde (Dok. 4). Der Kompaniechef, Bader, rief die Offizieranwärter zu sich und besprach mit ihnen die Situation. Weil das Pensum der Rekrutenausbildung für die Offizieran- wärter bei der späten Umstellung in so kurzer Zeit nicht zu leisten war, hatte das Re- giment bereits den Abschlußtermin auf Ende Juli verschoben. »Der Hauptmann sagte auch«, schrieb M., »daß wir öfter im Kasino zugezogen werden sollten, damit wir nicht >wie die Bauern nach Konstanz hereinplatzten<«, eine weitere Auswirkung des neuen Ausbildungsbefehls der Heeresleitung. Der Kompaniechef war nur selten vor der Kompanie zu sehen, stets aber nach beson- deren Vorkommnissen. Er bestrafte sehr selten, aber streng. Er legte Wert darauf, eine möglichst straffreie Kompanie zu haben, so daß nur in unumgänglichen Fällen Eintra- gungen ins Strafbuch kamen. Andererseits wurden aber auch Strafen verhängt, die nicht förmlich ausgesprochen wurden31. Dies mochte angehen, wenn sie vom Diszi- plinarvorgesetzten, dem Kompaniechef, angeordnet waren. Ein solches Verfahren war auch im allgemeinen den Bestraften recht, weil sie als straf- frei galten, wenn kein Eintrag im Strafbuch erfolgte, für die Laufbahn also keine Nach- teile entstanden, was selbstverständlich für Offizieranwärter von besonderer Bedeu- tung war. Ein Ubelstand waren jedoch die ungesetzlich von älteren Unteroffizieren in der Form des »Nachexerzierens« befohlenen Bestrafungen. Darin taten sich besonders hervor, die bis 1919 Unteroffizierschulen absolviert hatten. Diese Art des Nachexerzierens fand abends in der Dämmerung oder schon in der Dunkelheit in ei- nem entlegenen Teil des Kasernengeländes, meistens bei der Hindernisbahn, statt, wenn die Offiziere die Kaserne verlassen hatten oder sonst nicht mehr mit ihnen zu rechnen war. M. blieb seit Beginn der Rekrutenausbildung zehn Wochen lang von dieser Art des Nachexerzierens verschont. Aber Mitte Juni traf es ihn doch auch einmal wegen einer Kleinigkeit32. Die Ausbildungsfeldwebel suchten ihre Opfer den Tag über wegen ir- gendwelcher Nachlässigkeit, etwa weil sie beim Rückmarsch vom Außendienst unauf- fällig von hinten an der Marschkolonne vorgehend merkten, daß ein Rekrut nicht laut genug sang oder er kam auch nur auf die schwarze Liste, weil ein Unteroffizier ihn nicht leiden konnte. Am 21. Juni 1925 schrieb M. schließlich, daß alle Offizieranwär- ter »seit ein paar Tagen prinzipiell bei dem Nachexerzieren dabei sein« mußten und er kommentierte: »Das hat gerade noch gefehlt. Jeden Abend nach dem eigentlichen Dienst nochmal hinaus.« Bei diesem Vorgang spielte zweifellos eine Rolle, daß einige ältere Unteroffiziere gerne gegenüber den Offizieranwärtern ihr soziales Ressenti- ment zur Geltung bringen wollten. Das Treiben fand jedoch bald ein unerwartetes Ende. Der Kompaniechef lud M. auf einen Abend in sein Haus. Darauf meldete M., daß er leider nicht rechtzeitig der Einladung folgen könne, weil er grundsätzlich jeden Abend nachexerzieren müsse. Dadurch erfuhr der Chef erst, was sich abends in der Kaserne abspielte. Jedes Strafexerzieren durch Unteroffiziere wurde daraufhin sofort abgestellt. Es fehlte auch sonst nicht an mancherlei kleinen Schikanen durch Unteroffiziere und Gefreite33. Aber sie wurden nicht allzu ernst genommen, häufig sogar als Witz ver- standen, wie überhaupt der Humor im Dienst das entwaffnende Äquivalent gegenüber manchen harten Anforderungen war. Als sehr wesentliches Moment kam auch der Trotz des Untergebenen hinzu, sich nicht »unterkriegen« zu lassen, vielmehr wider- stands- und leistungsfähiger zu werden und auf diese Weise die Achtung der Kamera- den und Vorgesetzten zu gewinnen34. Infolge der verkürzten Rekrutenausbildungszeit wurde von den Offizieranwärtern bis zur Abschlußbesichtigung dauernd viel verlangt. Hinzu kamen die Vorbereitungen für einen Erinnerungs-Regimentstag des einstigen 9. Badischen Infanterie-Regiments Nr. 170, dessen Tradition die 15. Kompanie führte. Für die Denkmalsenthüllung in Donaueschingen35 wurde aus dem Ausbildungsbataillon eine Ehrenkompanie gebil- det, der auch die Offizieranwärter angehörten. Es gab viel Paradeexerzieren. Am 11. Juli berichtete M.: »Es ist so weit. Von unseren Gebäuden weht die Kriegsflag- ge .. . und überall ist geschmückt. Heute Abend haben wir Festbankett in der fürstli- chen Reithalle. Für die drei nächsten Tage hat die Kompanie Nachturlaub bis 1 Uhr. Die besten Monturen sind ausgegeben, das Lederzeug schimmert wie Lack. Morgen soll die Parade steigen36.« Ende Juli fand die Rekrutenabschlußbesichtigung der Offizieranwärter statt, die dar- auf zum 1. August 1925 in das III. (Jäger) Bataillon versetzt wurden, das zusammen mit dem Regimentsstab und der 13. (Minenwerfer) Kompanie in Konstanz lag. Die Offizieranwärter wurden zu je zwei auf die Schützenkompanien verteilt. M. kam in die 9. Kompanie, die in der Alten Kaserne (oder auch Klosterkaserne genannt) lag. Der Kontrast zum Leben im Ausbildungsbataillon war sehr stark, allerdings auch be- dingt dadurch, daß das Bataillon vor wenigen Tagen vom Truppenübungsplatz Gra- fenwöhr zurückgekommen war und Urlaubsperiode hatte. So konnte der nunmehrige Jäger M. am 2. August schreiben: »Ich bin in eine ganz neue Welt, möchte ich beinahe sagen, versetzt. Ganz, ganz anders als in Donaueschingen ist es hier - von der Stadt und dem Land vorläufig ganz abgesehen. Der Betrieb hier ist gegen das A.Bataillon wahrhaft gemütlich. Obwohl ich noch keinen eigentlichen Dienst mitgemacht habe, kann ich das doch schon sagen. Ich liege vorläufig hier in der alten Kaserne bei der Kompanie auf einer Mannschaftsstube - einige Gefreite noch mit mir . . . Hier sind überhaupt fast nur >alte Knochen<, O.Gefreite, Gefreite oder Oberjäger in der Kom- panie.« Die Art des Essens wurde begrüßt: »Man tritt nicht an, sondern geht in der Es- senszeit wie man Lust hat in den Eßsaal an gedeckte Tische, sucht sich einen Platz, be- kommt sein Essen serviert und geht wieder.« Auch das Ausgehen machte Freude37.

Inzwischen wurden die Offizieranwärter, unbeschadet ihrer jeweiligen Kompaniezu- gehörigkeit, zusammen mit Fahnenjunker-Gefreiten des Vorjahrgangs in eine beson- dere Fahnenjunkerstube in der Neuen (Jäger-)Kaserne verlegt und nahmen regelmäßig am Essen im Kasino teil. Auch abends durften sie, wenn sie Lust hatten, ins Kasino kommen. Für vier Wochen wurde eine Sonderausbildung unter Leitung des »Fähn- richsvaters« (Erzieher), Rodenburg, mit einem Unteroffizier und einem Gefreiten angesetzt38. Ein belebendes Moment war gelegentlich eine Kompanie- übung. So wurde, durch das Wasser watend, ein Angriff auf die Insel Mainau durchge- führt. Der Verfassungstag (11. August) wurde begrüßt, weil am Nachmittag dienstfrei war. Die Umgebung lockte zu Ausflügen39, meistens auf dem Fahrrad, die allein, mit Kameraden und auch unter Führung des Fähnrichsvaters unternommen wurden. Al- lerdings erhielten die Offizieranwärter - im Unterschied zu den Unteroffizieren und Mannschaften - keine Erlaubnis, in Zivil auszugehen. Im Kasino nahm sich der väter- liche Regimentskommandeur der Offizieranwärter an und spendierte ihnen gelegent- lich Wein zur Entlastung ihrer Rechnung. Begrüßt wurde von ihnen die Erfahrungs- erweiterung bei Gesprächen mit zivilen Gästen, auch aus der Schweiz, die ins Kasino eingeladen waren. Wie in Donaueschingen fand auch in dem traditionsfreudigen Konstanz ein Erinne- rungstreffen seines einstigen Regiments statt, des 6. Badischen Infanterie-Regiments Kaiser Friedrich III. Nr. 114. DasIII./I.R. 14 stellte die Ehrentruppe, am 29. August für den Großen Zapfenstreich und am folgenden Tag zur Parade. Aus dem Bataillon wurde eine Fahnenkompanie zusammengestellt40, um die alten Fahnen des Tradi- tionsregiments abzuholen und zu eskortieren. M. erzählte, daß das Regimentsfest »großartig« war, »ein Riesenbetrieb, ein Flaggenschmuck« in der Stadt, wie er »noch nichts dergleichen« gesehen hatte. Bei der Einweihung der Gedächtniskapelle auf dem Riesenberg waren mehrere alte Generale und der Fürst von Hohenzollern zugegen. Im Kasino am Nachmittag kam sich M. »unter den alten Uniformen manchmal wie in dem Pilsener (Wallenstein) Banquett vor«. Er empfand es aber »großartig, als die alte Ex- zellenz v. Fölkersamb auf das Wohl« der Offizieranwärter trank41. Derartige Ein- drücke auf die Jugend dieser Zeit dürfen nicht unterschätzt werden. Unterdessen liefen auch die Vorbereitungen für das Herbstmanöver. Die Offizieran- wärter waren von der langweiligen, lediglich wiederholenden Einzelausbildung ganz in den Dienst ihrer Kompanien zurückgekehrt, in denen für das Manöver geübt wur- de42. M. seufzte unter dem Kriegsgepäck. Er trug fünf Sechstel seines eigenen Ge- wichts. Sein Gesundheitszustand war aber gut43. Begrüßt wurde die Möglichkeit, Geld zu sparen, weil die Truppe im Manöver freie Verpflegung erhielt und der Mann pro Tag 2.- RM. Bei der Anfahrt ins Manöver der 5. Division am 8. September war der Transportzug des Bataillons am Bahnhof Donauwörth von einem nächtlichen Unglück betroffen, das Tote und Verletzte kostete. Die Rettung von Kameraden aus ineinandergeschobe- nen Wagen prägte sich als Erlebnis in die jugendlichen Gemüter ein. Das Bataillon wurde in Saalfeld ausgeladen. M. war in einer Schützengruppe eingeteilt. Am 12. Sep- tember betrug die Marschleistung 40 km. »Schlechte Nächte, nasses Wetter.« Im Brief von Ilmenau am 17. September heißt es: »Bin in Arnstadt bei einem kleinen Kolonial- warengeschäft gut aufgenommen worden. Die Wohnungsverhältnisse waren aller- dings ziemlich >finster<, denn sie hatten keinen Platz im Hause und so logierte ich ein paar Häuser weiter in einem von ihnen auf Abbruch gekauften Bau, in dem außer mir noch einige halbverbrecherische Untermieter hausten. — Die Arnstädter waren im üb- rigen verrückt auf uns, ich habe davon auch Proben gehabt. Von >rot< merkt man ei- gentlich garnichts mehr, die Kommunisten sind im übrigen >die besten Quartiergeber<, wie es in einer Zeitung hieß. Heute in Ilmenau auch nett logiert. Wir sind seit heute auf dem Rückmarsch nach Schweinfurt. Manöver vorbei!« Weitere Marschetappen mit Quartieren waren Wichtshausen bei Suhl und Obermaß- feld44. Infolge der Überlastung durch Gepäck und Ausrüstung traten bei M. Schmer- zen am linken Fuß auf, die vom Bataillonsarzt auf eine »Zerrung« zurückgeführt wur- den. M. mußte schließlich noch eine kurze Strecke auf dem Gefechtswagen der Kom- panie fahren. Am 23. September abends wurde das Bataillon in Schweinfurt verladen und traf am folgenden Tag in Konstanz ein, wo M. in das Truppenkrankenrevier ein- gewiesen wurde, das »gestopft voll« war. Bei Bettruhe und elektrischer Bestrahlung des Fußes hatte M. Zeit, über das Manöver nachzudenken, worüber er auch nach Hause berichtete (Dok. 5 b). Er machte sich Gedanken über die Zweckmäßigkeit des schweren Gepäcks und der Ausrüstung des Infanteristen von insgesamt einem Zent- ner, wobei man bedenken sollte, »daß das Kamel bei guter Pflege und Fütterung, nur bei guten Wegen, nicht mehr als drei Zentner in geteilter Last (rechts und links je lV2 Ztr.) trägt«45. Die Belastung des Infanterieschützen stand jedenfalls in vollem Wider- spruch zu den Anforderungen an seine Beweglichkeit als Einzelkämpfer im Gefecht. Die Heilung des Fußes zog sich hin, bis endlich durch eine Röntgenaufnahme festge- stellt wurde, daß er gebrochen war. Der Kompaniechef, Hauptmann Melchior, sprach M. seine Anerkennung aus, daß er in Thüringen trotzdem noch eine erhebliche Strecke weitermarschiert war. Man konnte die Fehldiagnose auch von dieser Seite nehmen. Auch ohne daß der Bruch als solcher behandelt worden war, heilte der Fuß inzwischen so weit, daß M. nach 16 Tagen Revierzeit zum Dienst entlassen werden konnte. M. hatte wenigstens die Freude gehabt, in Ruhe lesen zu können. Nun beklagte sich der Jäger M. über den sehr langweiligen Dienst: »Wieder den gan- zen Exerzierdienst von vorne. Zum 4. Mal. Es ist zum Auswachsen! Wenn ich mich nicht still oder weniger still amüsieren könnte. Lustig bin ich öfter, auch ohne Grund46.« Die Klage war unberechtigt, denn bald wurde M. in eine höhere Exerzier- klasse versetzt, in der die Mannschaften auch zu Kommandos vor die Front gestellt wurden und angeleitet wurden, kleine Unterrichtsaufgaben zu erfüllen. Überdies wurden die Offizieranwärter in den Kompanien allmählich zu allen Dienstleistungen herangezogen, so zum Wachdienst. Von der Schießstandswache am Fuß des Riesen- berges hat M. erzählt (Dok. 5 c). In der zweiten Oktoberhälfte trat eine Änderung insofern ein, als die Offizieranwärter nur vormittags in den Kompanien Dienst leisteten, während sie an den Nachmittagen zum Unterricht durch Offiziere47 nach folgendem Plan zusamengefaßt wurden:

Zeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag 21S_30S Pionier- Reiten Heerwesen Nachrichten- Taktik dienst dienst •jis_4<)s Waffen- Heerwesen Gelände- >> 1 » lehre kunde 420_C¡20 Reiten Reiten Sport Reiten

Reitlehrer war ein hervorragender Reiter, Oberleutnant v. Langsdorff, dessen Unter- richt streng und hart war. In der Anfangszeit waren Stürze und Abwerfen recht üblich. »Aber die Sache macht einen kolossalen Spaß48!« Die beiden Offizieranwärter der 9. Kompanie hatten einen unangenehmen Zusam- menstoß mit ihrem Kompaniechef. Er warf ihnen mangelhafte Dienstauffassung vor, weil sie sich anläßlich einer Besichtigung der Offizieranwärter des Standorts durch den Bataillonskommandeur, Erfurth49, etwas zu früh bei der Kompanie hatten entlassen lassen, ohne daß der Chef es wußte. Der Hauptmann versetzte die beiden Offizieranwärter zur Strafe in die unterste Exerzierklasse, strich ihnen den Sonntagsurlaub und schloß sie bis auf weiteres von der Genehmigung des Nachtur- laubs aus50. Der Vorfall ist insofern bemerkenswert, als er die Situation der konkurrie- renden Ausbildung und Dienstleistung zwischen den Kompanien und der Sonder- schulung der Offizieranwärter erhellt. In der letzten November- und ersten Dezemberwoche befand sich das Bataillon zum Gefechtsscharfschießen auf dem Truppenübungsplatz Münsingen. Das Schießen fand mitunter im Schneegestöber statt, »so gut es ging«. Das Marschieren im Schnee war für Mann und Pferde anstrengend. Auch das scharfe Handgranatenwerfen am Wurf- stand51 mit seinen Gefahren für »Ungeschickte, Aufgeregte oder Angsthasen« gehörte in dieser Phase zur Ausbildung. Zwei Schweizer Offiziere wohnten dem Dienst bei52. Ein großer Barackensaal war der Schlaf- und Aufenthaltsraum der Züge der Kompa- nie, in der eine gute Stimmung herrschte53. Bei Sinn für die Truppenübungsplatzro- mantik jener Zeit konnten abendliche Gänge in der Umgebung des Lagers mancherlei Empfindungen auslösen54. In Konstanz hatte Anfang November die Tanzstunde der Wintersaison im Offizierka- sino für die Offizieranwärter und jüngeren Offiziere begonnen. Zuerst übten die Her- ren unter einem Tanzlehrer allein, dann kamen die jungen Damen aus der Konstanzer Gesellschaft und von den Landsitzen der nahen Schweiz hinzu. Der Regimentskom- mandeur, einst Vortänzer am Karlsruher Hof, interessierte sich besonders für die Fortschritte seiner Offizieranwärter. Für den ersten Kasinoball des Winters, dem bald weitere folgten, wurde im Karlsruher Hofstil eine Quadrille geübt. Der Regiments- kommandeur schob persönlich unsichere Tänzer an den richtigen Platz. Dieses Tan- zen war insofern von Bedeutung, als dergleichen durchaus zur gesellschaftlichen Er- ziehung gehörte, auf die dienstlich großer Wert gelegt wurde55. Außer den Bällen, auch Faschingsbällen, brachte die Wintersaison im Kasino Herren- abende mit Spitzen der Behörden und alten Offizieren. Die Offizieranwärter wurden jetzt auch in Konstanzer Familien eingeladen, je nachdem, welche Beziehungen sich entwickelten oder auch familiär seit älterer Zeit bestanden56. Das III./I.R. 14 hatte als JägerbataillonS7 eine Hütte bei Hinterstein im bayerischen Allgäu. In Anwesenheit des Bataillonskommandeurs absolvierten die Offizieranwär- ter von dieser Hütte aus vor Weihnachten einen Skikurs. Vom 11.-13. Januar 1926 fand zusammen mit einigen anderen Truppenteilen gegen das II. Bataillon des Regiments (Tübingen) eine Winterübung statt, wozu das III. Ba- taillon mit der Bahn in den Raum südlich von Reutlingen-Tübingen transportiert wurde. Nach kurzer Ausbildung am schweren Maschinengewehr (s.M.G.) machten die Offizieranwärter diese Übung in der 12.(M.G.)Kompanie mit. Es herrschte große Kälte, so daß die Mannschaften bei dem langen Herumstehen auf den Marschstraßen zwischen den Pferden der Gespanne Windschutz suchten. Es war eine kriegsmäßige Schule, die M. »für das allerbeste« hielt. Man wisse dann auch, wie gut man es sonst habe. Bauernquartiere wechselten mit nächtlichen Fahrzeug wachen, nach denen man erfreut sah, »was man am nächsten Tag aushalten kann ohne geschlafen zu haben«58. Den Anfängen in der Taktikausbildung diente im März auch eine zweitägige Gelände- besprechung auf Fahrrädern im Räume Friedrichshafen-Meersburg unter der Leitung des Bataillonskommandeurs. Weitere solche Geländebesprechungen folgten. An ei- nem Truppenpionierlehrgang des Bataillons an der Donau bei Geisingen nahmen die Offizieranwärter teil, wobei eine Bockbrücke gebaut wurde. Für eine Woche wurden die Offizieranwärter zur 13.(M.W.)Kompanie kommandiert, um am leichten Minen- werfer (1. M.W.) ausgebildet zu werden. Die Offizieranwärter mußten in der Vorbe- reitung auf die Fahnenjunkerprüfung alle Waffen der Infanterie kennenlernen. Alle Dienstverrichtungen waren zu durchlaufen, so auch die Pferdepflege und Stallwache in den beiden bespannten Kompanien der Garnison. Beim Kasernenwachdienst als Posten vor Gewehr am Samstag auf Sonntag meinte M. im April: »Zwischen blühen- den Bäumen Posten stehen ist doch recht schön59.« Andererseits konnten die Offi- zieranwärter im vertrauten Verkehr mit der Mannschaft die Probleme der Soldaten er- fahren und die psychischen Gefahrenseiten des Berufs erleben60. Dies war ein uner- setzlicher Wert des längeren Verbleibens im untersten Dienstgrad. Von Ende Mai bis Ende Juni 1926 war das I .R. 14 auf dem Truppenübungsplatz Mün- singen vereinigt. Der sah einer solchen Zeit mit dem abwechslungsreichen Dienst gerne entgegen61. Die Offizieranwärter hatten von dieser Zeit an dauernd am Offizieressen des Lagerkasinos teilzunehmen62. Dieser Umstand hatte gerade im Kreise der auf einem Übungsplatz anwesenden Offiziere verschiedener Dienststellen und Truppenteile einen militärisch bildenden und erzieherischen Wert. So berichtete M. : »Da wir im Kasino an kleinen Tischen gänzlich gemischt sitzen, muß man sich zwar sehr anständig benehmen, hört aber hauptsächlich von den Stabsoffizieren sehr Interessantes. Gestern Abend z.B. saß ich bei Oberstleutnant Muff (Freund von Key- serling in Darmstadt und bedeutendes Mitglied seiner >Schule der Weisheit<) und Oberst Waenker von Dankenschweil, der von der Schlacht bei Tannenberg erzählte, die er mit nicht unbedeutendem Anteil als Generalstäbler mitgemacht hat. - Heute Nachmittag unterhielt ich mich 1 Stunde lang mit einem Generalstäbler im Reichs- wehrministerium (Abt. Spionage!) natürlich sehr interessant63.« Uber den Dienstbetrieb heißt es einige Tage später: »Der Tag vergeht fast regelmäßig folgendermaßen: 430 Uhr (und früher) Aufstehen. Dienst im Gelände bis 12 Uhr (und später). Anschließend Zurechtmachen fürs Kasino und Essen. Wieder umziehen und Dienst bis 6 30 Uhr. Umziehen fürs Kasino, Waschen. Dann Essen um 730 Uhr bis etwa 9 Uhr. Von 9 bis 11 x/2 Arbeiten machen, Putzen. Vorgestern Abend kam Exzellenz Reinhardt, der Oberbefehlshaber unseres Grup- penkommandos. Es war sehr feierlich. Die jung beförderten Offiziere standen im gro- ßen Anzug im Festsaal, um dem General als neu beförderte vorgestellt zu werden. Ich wurde ihm auch an diesem Abend vorgestellt . . . Morgen ist Regimentsübung vor General Reinhardt und zum Schluß Parade im Regimentsverband. Ich führe eine Masch.Gewehr Gruppe. Morgen Abend ist Großer Zapfenstreich und übermorgen Gefechts- und Exerzierbesichtigung unserer Kompanie durch Generalleutnant Wöll- warth (Infanterieführer V). Also genug Betrieb und - Anstrengung. Heute, am Sonn- tag, wurde ich bereits früh geweckt um für die Kompanie eine Lagenkarte zu zeich- nen64.« Einige Male wurden die Offizieranwärter als Zuschauer zum Scharfschießen der auf dem Übungsplatz anwesenden Artillerie kommandiert. In Münsingen traf vom Reichswehrministerium die Nachricht von der Zulassung der Offizieranwärter zur Fahnenjunkerprüfung ein. Für die Entscheidung bei der Zulas- sung war die Beurteilung des Kompaniechefs »von ausschlaggebender Bedeutung«65. Nach den »Bestimmungen für die Fahnenjunkerprüfung« 66 war bei allen Prüfungssta- tionen »bei der Beurteilung der Prüflinge auf Frische, klares Denken, Bestimmtheit, Entschlußfähigkeit, Geistesgegenwart und sicheres Auftreten vor der Front besonde- rer Wert zu legen«. Bei allen Waffengattungen war Prüfungsstoff für eine schriftliche Prüfungsaufgabe und mündliche Prüfung das Fach Heerwesen (Wehrgesetz, Gliede- rung des Reichsheeres, Rang- und Vorgesetztenverhältnisse, Berufspflichten, innerer Dienst, Disziplinarstrafen, Beschwerden, Urlaub, Wachdienst, Waffengebrauch und vorläufige Festnahme). Praktisch wurde das Exerzieren geprüft (Einzelausbildung, Auftreten vor der Front, Kommandosprache). Die Schießleistungen mußten durch das Schießbuch nachgewiesen werden. Der Nachrichtendienst wurde praktisch (Lei- tungsbau und Blinkverkehr) und mündlich (Nachrichtenmittel) geprüft, der Gas- schutz nur mündlich. In den Leibesübungen wurden sieben Leistungen (Leichtathle- tik, Turnen und Freischwimmernachweis) verlangt. Von besonderer Bedeutung wa- ren die Anforderungen bei den einzelnen Waffengattungen in der Gefechtsausbildung (Einzelausbildung an allen Waffen der eigenen Waffengattung). Bei der Infanterie mußte eine Schützengruppe und eine L.M.G. Gruppe geführt werden. Die Kenntnis der Grundsätze des Zusammenwirkens der Waffen, bei der Infanterie im Rahmen der verstärkten Schützen-Kompanie, wurde mündlich geprüft. In der Waffenlehre wurde eine schriftliche Prüfungsaufgabe gestellt und mündlich geprüft. Je nach der Waffen- gattung wurden auch Reiten, Fahren und Pferdekunde geprüft, bei der Artillerie Ma- thematik, Trigonometrie und Stereometrie, ähnlich bei der Kraftfahrtruppe. Die Fahnenjunkerprüfung wurde nach Anordnung der Waffeninspekteure der Hee- resleitung im Einvernehmen mit der Inspektion des Erziehungs- und Bildungswesens vor Prüfungskommissionen abgelegt, für die Offizieranwärter der Infanterie der 5. Division in Stuttgart-Cannstatt vom 28.-30. Juni 192667. Alle Anwärter des I.R. 14 bestanden die Prüfung68. Nunmehr hatten die Offizieranwärter in ihren Kompanien Dienst als Gruppenführer zu tun, auch im inneren Dienst69. So schrieb M. am 31. Juli: »Ich bin jetzt Korporal- schaftsführer, eine Stellung, die einem in Donaueschingen als dem Stuhle Wotans na- heliegend erschien. Jetzt also selbst der Mann, der einem so sauere Stunden machen konnte. Ich habe aber an mir selbst gelernt . . . Gestern kamen die neuen Offz. An- wärter. Jetzt sind wir schon >die Alten<«. Am 6. August wurden die Offizieranwärter des alten Jahrgangs nach Genehmigung durch das Reichswehrministerium vom Regi- ment mit Wirkung vom 1. August 1926 zum Fahnenjunker ernannt und zum Gefrei- ten befördert70. Der Standort Konstanz gab viele Möglichkeiten zum Pionierdienst auf dem Wasser. So war auch Anfang August wieder für mehrere Wochen eine Pioniersonderausbil- dung angesetzt. Vom frühen Morgen an wurden am Rhein Landstöße, Fähren und Brücken gebaut. Auf verschiedenen Fahrzeugen wurde gerudert. M. machte auch als Bootsführer Dienst. Am 18. August fand für das ganze III. Bataillon und die 13. (M.W.) Kompanie eine Ubersetzübung über den Rhein statt. Ein Besuch des Inspek- teurs der Infanterie mit Übung und dem üblichen großen Kasinoessen brachte weitere Abwechslung in das Garnisonleben, in anderer Weise eine zweitägige Spoijtleistungs- prüfung im ganzen Reichsheer und ein Preisschießen in den Kompanien. Nach nächt- lichem Alarm und Abrücken um 3 Uhr früh fand nach langem Marsch eine Übung der Garnison bis zum Abend statt, bei der M. »abbauenden« Leuten tragen helfen konnte, befriedigt über die in lV2jährigem Training erreichte Leistungsfähigkeit. Im inneren Dienst wurden die Fahnenjunker jetzt auch als »Unteroffizier vom Dienst« eingeteilt sowie im Wachdienst als Wachhabende, worüber M. schrieb: »Ich bin z. Zt. Wachhabender auf dem Arresthaus. Die Hälfte des morgigen Sonntags geht mir da- durch wieder verloren. Ich komme mir hier vor wie ein Gefängnisdirektor. Zu meiner Verfügung (für eigene Wünsche und Besorgung der Arrestanten, z. Zt. 5 an der Zahl) habe ich eine Ordonnanz. Ein Wachtzimmer mit Schreibtisch und Bettstelle für mich ist mein Aufenthaltsort. Sonst sieht man nichts als kahle Wände, eiserne Türen, vergit- terte Fenster, dunkle Zellen, bleiche Arrestanten, Wasser und Brot für die armen Ker- le71.« Der September war wieder Manövermonat, zunächst für die 5. Division im Gebiet der oberen Jagst. Die Fahnenjunker waren als Gruppenführer eingeteilt. Am 10. Septem- ber wurde das Konstanzer Bataillon verladen. An den Bahnhöfen der Transport- strecke riefen die Kinder, »durch den Lehrer trainiert oder selbständig: Hurrah!« In Adelsheim wurde ausgeladen. Nach einem fünfstündigen, sehr anstrengenden Marsch kam das Bataillon im Raum um Bieringen ins Quartier (Dok. 5 d). Am 13. September bezog das LR. 14 eine Stellung südlich von Krautheim gegen das vom Truppen- übungsplatz Münsingen herangeführte 9. (Preuß.) Infanterie-Regiment. Es kam zu wechselnden Gefechten südlich und nördlich der Jagst und zu einem Nachtangriff des LR. 14 nach Krautheim hinein. Danach marschierte das Regiment weiter in nordöstli- cher Richtung, das Konstanzer Bataillon nach Schillingstadt bei Bad Mergentheim ins Quartier. Seit der Ausladung hatte das Bataillon im Marsch und Gefecht 94 km zu- rückgelegt. Am 17. September begann das Manöver der Gruppe 2, an dem die 5. und 7. (Bayeri- sche) Division sowie Teile der 3. Kavallerie-Division und das 9. (Preuß.) Infanterie- Regiment teilnahmen. Das Operationsgebiet war der Raum Lauda - Tauberbischofs- heim - Groß-Rinderfeld. Das letzte Manöver in dieser Gegend waren die Kaiserma- növer 1909 gewesen, eine Erinnerung, die 1926 durchaus lebendig war. Im Bericht von M. über die ersten beiden Manövertage heißt es: »Der Marsch ging im verstärkten Di- visionsverband vor sich, also eine Kolonne von 17 km Länge. Es war sehr heiß, den ganzen Tag über keine einzige Wolke am Himmel. Der Staub war so stark, daß man meistens nur die beiden nächsten Vordermänner sah. Wir sahen übel genug aus vor Schweiß und Staubkruste. Es wird hier mit einer beispiellosen Rücksichtslosigkeit marschiert. Ob heiß und zentimeterhoher Staub, das ist ganz egal, es geht immer vor- wärts und was das Schlimmste ist, ohne Pausen! Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ganz kurze Rasten vollständig neu beleben können. Aber das spielt keine Rolle. Die Infanterie marschiert und die überholenden Autos, Fahrzeuge und Reiter drücken sie auf die Seite und hüllen sie in eine undurchsichtige Staubwolke. — Bei Groß-Rinderfeld hatten wir kriegsmäßiges Biwak. Um 4 Uhr morgens wurden die Zelte abgebrochen und wir stießen bald auf den Gegner. Die Schlacht spielte sich bis etwa 1 Uhr mittags bei Groß-Rinderfeld ab. Ich führte meine Gruppe etwa 100 Meter an Hindenburg vorbei, der auf einer Höhe stand, wo mehrere höhere Stäbe ihren Gefechtsstand hat- ten. Da wir in kurzer Entfernung von diesem Stab in Reserve gehalten wurden, lag ich etwa eine Stunde lang in der Nähe des Feldmarschalls, der in seiner Uniform mit dem goldenen Marschallsstab in der Hand vor dem blauen Himmel als wuchtige Erschei- nung ein herrliches Bild abgab. - Später kam auch v. Seeckt72.« Am 19. September war Ruhetag, für das III./I.R. 14 in Lauda. Das Bataillon und an- dere in der Nähe liegende Truppenteile nahmen an der Tauberstraße eine Aufstellung ein, die der Reichspräsident-Feldmarschall abfuhr. Heiß und anstrengend war auch die zweite Phase des Gruppenmanövers. »Alte Soldaten, die das Eiserne Kreuz tragen, sagen bei uns: >Lieber Krieg als Manöver. Wenn wir im Kriege so marschiert wären, hätten wir im Gefecht überhaupt nicht mehr mitgemacht<73.« Am 20. September wa- ren bereits neun Mann der Kompanie im Lazarett. Während einer Bereitstellung des III./I.R. 14 bei Höttingen (13 km südwestlich von Ochsenfurt) schrieb M. mit der Erlebnisfähigkeit, die ein Gewinn für den Soldaten ist: »Besonders stimmungsvoll war es, als wir gestern nacht auf unserem Marsch uns allmählich der Front näherten, die sich darstellte durch Leuchtkugeln, das Aufblitzen der Geschützabschüsse, das Don- nern der Geschütze und das Tacken des M.G.- und Gewehrfeuers . . . Augenblick- lich ist ganz in unserer Nähe heftiger Gefechtslärm. Straßenpanzerkraftwagen und Kraftwagengeschütze sind mit einem Regiment Kavallerie bei uns eingebrochen74.« Nach dem letzten Quartier in Krensheim wurde das Konstanzer Bataillon am 22. Sep- tember in Tauberbischofsheim zum Rücktransport verladen. »Als gestern nachmittag das letzte >Ganze Halt!< geblasen wurde«, berichtete M. zum Abschluß, »herrschte ein allgemeiner Jubel, denn die Leute sind sehr mitgenommen worden und atmen jetzt sichtbar auf.« Die Marschleistung des Bataillons hatte seit Beginn des Gruppenmanö- vers bis zur Verladung in insgesamt sechs Tagen (einschließlich einem Ruhetag) 103 km betragen. Auf die Manöverzeit folgte eine Urlaubsperiode. In der Garnison gab es Zeit zum er- sehnten Lesen75 und Gelegenheit zum Reiten. Nach den Erfahrungen der Manöver fühlte sich M. verpflichtet, etwas gegen die Gepäcküberlastung des Infanteristen zu unternehmen, ein Thema, das er überall bei Vorgesetzten zur Sprache brachte. Im Hinblick auf die Abstumpfung des Mannes, die alles Interesse nach oft wenigen Kilo- metern Marsch oder Gefecht niederschlug und auf die schwere Behinderung des Ein- zelkämpfers, von dem Gewandtheit und Schnelligkeit als sicherster Schutz im feindli- chen Feuer verlangt wurde, in Anbetracht ebenso der Beeinträchtigung im Gebrauch der Waffe durch den schweren Tornister, schrieb M. einen Artikel für das Militär-Wo- chenblatt, der jedoch von dem Schriftleiter, Generalleutnant a. D. v. Altrock, mit der Begründung abgelehnt wurde, daß die deutsche Infanterie von jeher ihr Gepäck getra- gen und große Marschleistungen vollbracht habe. Aber die Erkenntnis von der Not- wendigkeit der Gepäckerleichterung und der Vereinfachung des Rückengepäcks setzte sich in den folgenden Jahren doch durch. Mit Wirkung vom 1. November 1926 wurden die Fahnenjunker-Gefreiten zu über- zähligen Unteroffizieren befördert76. Auf den 12. November wurden die Fahnenjun- ker-Unteroffiziere durch das Reichswehrministerium zur Infanterieschule einberu- fen. Nach völlig neuer Einkleidung mit besten Stücken wurde die Reise nach Dresden angetreten. Die Infanterieschule München war nach Einstellung des Lehrbetriebs in- folge des Hitler-Putsches im November 1923 77 zur vorläufigen Wiederaufnahme der Ausbildung im Frühjahr 1926 in das Lager des Truppenübungsplatzes Ohrdruf verlegt worden. In der Zwischenzeit wurde unter Einbeziehung der Gebäude der einstigen sächsischen Kadettenanstalt in Dresden-Neustadt die Infanterieschule neu errichtet. Die erste Nachricht von M. lautete: »Was ich bis jetzt auf die Schule beziehend, gese- hen und erlebt habe, übertrifft meine Erwartungen durchaus. Ich wohne in einem gro- ßen, stilsauberen Neubau. Einrichtungen sehr schön und angenehm, wie Speisesäle, Lesezimmer, Musikzimmer usw. Ich selbst bewohne mit zwei anderen Junkern (ein Westfale, Fahrer und ein Sachse, Kraftfahrer)78 zusammen 2 Zimmer. Im Wohnzim- mer stehen sehr schöne und praktische Schränke und jeder hat einen Schreibtisch, der mir natürlich besonders zusagt . . . Das Schlafzimmer ist zur Hälfte als Waschraum ausgebaut . . . Die Fähnriche liegen in einem anderen Bau. Ebenso gibt es ein beson- deres Hörsaalgebäude, Stabsgebäude, Gebäude für Lehrtruppen, Lazarett, Turnhal- len usw. Dazwischen sind Sportplätze und Anlagen. Vor meinem Fenster ein wunder- schöner Birkenwald zum >Ergehen<79.« Noch stand die feierliche Eröffnung der Infanterieschule.bevor, für die in den ersten Tagen das Paradeexerzieren im Vordergrund stand. Der 18. November war der Tag der Einweihung durch den Reichspräsidenten in Begleitung aller Spitzenpersönlich- keiten der Reichswehr und der sächsischen Regierung. Hindenburg schritt die Auf- stellung der Lehrgänge I und II ab. Vor dem II. Lehrgang, den Fähnrichen, hielt er eine Ansprache: »Ich bin zur Eröffnung der neuen Infanterieschule hergekommen, um zu zeigen, welchen hohen Wert ich der Erziehung des Offiziernachwuchses bei- messe . . . Wer aber so [mit Herz] erziehen und befehlen will, der muß zuvor selbst erzogen werden und vor dem Befehlen das Gehorchen gelernt haben. « Dann folgte ein Appell an die Kameradschaft. Der Reichspräsident Schloß mit der Mahnung: »Neh- men Sie meine Worte als des ältesten Offiziers der alten ruhmreichen Armee, deren stolze Traditionen Sie bewahren und fortsetzen sollen, der zugleich jetzt Ihr Oberbe- fehlshaber ist, als Geleit mit in Ihr künftiges Leben herüber80.« Mit Hindenburg fand danach ein Gottesdienst in der Garnisonkirche statt. Auf der breiten Straße vor der Kirche nahm der Reichspräsident die Parade aller Truppenteile Dresdens, der größten Garnison des Reichsheeres, ab. An der Spitze marschierte die Infanterieschule unter ihrem Kommandeur, v. Arnsberg. Am 19. und 20. November fand in einfacher Form eine Aufnahmeprüfung der Fah- nenjunker statt, die vermutlich vor allem der Feststellung des allgemeinen Ausbil- dungsstandes des Offiziernachwuchses aus allen Teilen des Reiches galt. Alsdann be- gann der Unterricht in den Hörsälen. Der Lehrgang I war in die Lehrgänge I a und I b unterteilt. Jeder Lehrgang war in zwei Inspektionen zu je zwei Aufsichten oder Hör- sälen mit etwa 18 bis 20 Fahnenjunkern gegliedert81. Die Lehrfächer waren: Taktik, Geländekunde, Waffenlehre, Pionierlehre, Luftschutz und Tarnung82, Nachrichten- wesen, Kraftfahrwesen, Heerwesen, Bürgerkunde, Waffendienst, Leibesübungen, Reiten und eine Sprache83. Der Unterricht erfolgte mit Ausnahme der praktischen Fä- cher in den Hörsälen. Von überragender Bedeutung war allein das Fach Taktik. Theo- retisch ausgebildet wurde im Rahmen des verstärkten Bataillons, also weit über die Funktion eines jungen Offiziers hinaus, ein Prinzip der Ausbildung in der Reichs- wehr, in der die Vorbildung für mindestens die Führertätigkeit in der nächst höheren Verwendung verlangt wurde, ein Verfahren, das reiche Früchte trug. M. berichtete nach Hause: »Seit einer Woche (nach der Einweihung) haben wir unse- ren planmäßigen Unterricht. Er füllt bis auf eine 1 V2stündige Mittagspause den ganzen Tag von 530 Uhr vorm. bis 71S abends aus. Um 9S0 Uhr ist dann nochmal Abendappell: »Gute Nacht, Junker!« »Gute Nacht, Herr Oberleutnant!«84 und um 1015 Uhr müs- sen alle Lichter der Schule gelöscht sein. Man ist dann aber sehr froh, daß man schlafen darf. Denn die Anforderungen in den verschiedensten wissenschaftlichen Fächern sind sehr hoch und was hier geboten wird, so viel und reichhaltig, daß man sich wirk- lich zusammennehmen muß. Dazu kommt noch Reiten, Sport, Fechtausbildung, die neue Boxausbildung. Alles was man hier lernt ist unbedingt interessant, teilweise sogar außerordentlich interessant. Ich habe es auch mit Lehrern recht gut getroffen. Beson- ders mein Taktiklehrer (ein sehr wichtiges Fach) ist ein hervorragender Mensch und Feldzugssoldat8S.« An Abwechslung zu den vielen Stunden im Hörsaal fehlte es nicht. Im Omnibus wurde das Schlachtfeld von Kesselsdorf (15. 12. 1745) aufgesucht. Im Januar 1927 be- suchte der Chef der Heeresleitung, General d. Inf. Heye, die Infanterieschule. Im Fe- bruar nahmen die Waffenschüler für einen Tag am Artilleriebelehrungsschießen auf dem Truppenübungsplatz Koenigsbrück teil. Es gab Wochenenden, an denen die Gemeinschaft des Hörsaals zum Skilaufen ins Erzgebirge fuhr. Wasserübungen wur- den auf der Elbe durchgeführt. Eine Reihe von Vorträgen über das Thema »Wechsel- wirkung von Philosophie und Geschichte« hielt Professor Dr. Holldack vor der gan- zen Infanterieschule. Für Sonderunternehmungen gab es einen Verfügungstag in der Woche, der gewöhn- lich vom Hörsaalleiter, der zugleich Taktiklehrer war, gestaltet wurde. Häufig war der Nachmittag des Verfügungstages frei und außerdem der Samstagnachmittag und Sonntag. Dresden als Standort der Infanterieschule war eine denkbar glückliche Wahl. So konnte das großartige Kulturangebot der Stadt in der Freizeit von den Waffenschü- lern genützt und genossen werden. Abgesehen von einem gewissen Teil der Infanterie- schüler, der kaum am kulturellen Leben teilnahm, sah man die Fahnenjunker und Fähnriche häufig im Theater, in der Oper, in Konzerten, Galerien und Kunstausstel- lungen86. Von der berühmt gewordenen Aufführung der »Heiligen Johanna« von Shaw im Schauspielhaus erzählte M. : »Ich war kritiklos begeistert. Ich habe noch sel- ten auf der Bühne etwas derartig Schönes gesehen. Schiller kann uns danach mit seiner >Jungfrau von Orleans< nicht mehr nahe kommen. Die heilige Johanna ist ein Mensch, ein herrlicher Mensch, der Mensch bleibt und doch von göttlichem Wesen ist. So ganz ohne Pathos, darum so ansprechend für uns, weil zu uns gehörend87.« Auch die Um- gebung Dresdens lockte. Das Jagdschloß Moritzburg wurde besucht und ein Ausflug nach Meißen unternommen, wo sich ein kleiner Freundeskreis von Junkern »mit gro- ßem Behagen« in der »echt deutschen alten Winkelstadt« erging. Häufig fuhr M. mit Kameraden auf dem Fahrrad nach Stolpen. Bedenklich war es, daß den Fahnenjunkern die Löhnung für das Leben in Dresden nicht ausreichte. Auch mußten sie aus eigenen Mitteln für ihre militärische Fortbil- dung beisteuern. Allein in der Anfangszeit der Waffenschule hatte jeder Fahnenjunker 16 Vorschriften zu bezahlen. So ist es zu verstehen, daß M. am 7. Januar 1927 nach Hause schrieb: »Ich habe für Januar vom ganzen Monatsgehalt nur 7.- (!) ausgezahlt bekommen. Das Übrige ging alles für Abzüge drauf (Kasinoschulden, Lehrbücher, Lehrgangsabzüge usw.). 20% meines Hörsaals mußten sogar noch dazuzahlen! Die I. S. ist auf dem besten Weg zu verschulden. Man hat auch schon einen Antrag ge- macht beim Ministerium, uns Zulagen zu geben. Ich glaube jedoch nicht, daß da was draus wird.« Es wurde auch »nichts daraus«, aber die Verhältnisse besserten sich da- durch, daß die Fahnenjunker, die zunächst zum großen Teil überzählige Unteroffi- ziere waren, mit der Zeit bei ihren Truppenteilen in der Reihenfolge der Ergebnisse der Fahnenjunkerprüfung etatisiert wurden und somit Unteroffizierbezüge erhielten88. 160 Zu einer Klippe im Werdegang zum Offizier konnte für die Fahnenjunker die Zwi- schenprüfung des I. Lehrgangs werden. Die Offizierergänzungsbestimmungen89 schrieben vor, daß von der Waffenschule auf Grund der Zwischenprüfungen und des sonstigen Verhaltens der Waffenschüler zu melden war, wer nach seiner Veranlagung und seinen Leistungen nicht die Aussicht bot, das Ziel des Lehrgangs zu erreichen oder wegen Charakterfehler, wegen Mangel an Fleiß oder ungeordneter Lebensführung der Überwachung bedurfte. Die Vorschrift ordnete an: »Die Waffenschüler, bei denen dieses festgestellt ist, sind zu ihrem Truppenteil zurückzusenden.« Angesichts des rasch zunehmenden Andranges zur Offizierlaufbahn hatte der Chef der Heeresleitung bereits in einem Erlaß vom 8. November 1924 erklärt, daß es - ab- gesehen von der Auswahl bei der Einstellung - »im dringenden Heeresinteresse« liege, »auch bei den Waffenschülern nunmehr einen scharfen Maßstab anzulegen, der recht- zeitig zu einer angemessenen Sichtung führt«. In den Lehrgängen war »daher a) die Eignung, b) Leistung und c) das dienstliche und d) außerdienstliche Verhalten der Waffenschüler einer besonders scharfen Prüfung zu unterziehen«. Zeitigte »sie nicht das Ergebnis, das dem gegenwärtigen Andrang zur Offizierlaufbahn« entsprach, so sollten die Schüler zur Truppe entlassen werden90. In den meisten Fällen bedeutete die Rücksendung zur Truppe auch die Streichung von der Liste der Offizieranwärter und die Entlassung aus dem Heere. Den Fahnenjunkern, die sich im Frühjahr 1927 auf der Infanterieschule befanden, war bekannt, daß im vorangegangenen Jahr 58 Fahnenjun- ker nach der Zwischenprüfung zu ihren Truppenteilen zurückgeschickt worden wa- ren. Die Zwischenprüfung 1927 fand Mitte März statt. Von den zwei Hörsälen der 4. Inspektion schieden daraufhin drei Fahnenjunker aus dem Lehrgang aus91. Die Aus- lese ging aber fortlaufend weiter, bezeichnenderweise vornehmlich außerhalb der Prü- fungen92. Nach der Zwischenprüfung wurden die auswärtigen Unternehmungen fortgesetzt. Mehrere Tage hielt sich der Lehrgang in Johann-Georgenstadt im Erzgebirge auf, um bei taktischen Besprechungen auch die Grenze nach Böhmen kennenzulernen. »Abends tanzte man entweder auf dem von dem Lehrgang veranstalteten Ball oder wir (Hörsaal K) in unserem Quartier (»Deutsches Haus«), wo gegen Abend eine Gymna- stikstunde stattfand, von der wir die Mädelchen zum Tanzen baten, dem man natür- lich gerne Folge leistete, da eine Inf .Schule in einem Grenzstädtchen doch eine reichli- che Seltenheit ist. Unsere Auffassung solchen Dingen gegenüber konnte man so recht wieder bei dieser Gelegenheit feststellen. Sie ist eine eigene und die Mädchen spüren das ganz genau. Es besteht je länger und wirklicher wir Soldaten werden zwischen uns und dem Zivil ein Strich, der uns nicht zu trennen braucht, aber zwei unvermischbare Hälften scheidet. Im Verkehr unter uns allein äußert sie sich besonders in der Kame- radschaft, die sich mit keiner anderen der Welt vergleichen läßt, weil nirgendswo junge Menschen dauernd und so unbedingt zusammengehören und sich nichts verbergen können im Kleinen und im Großen. Es ist keine sentimentale Kameradschaft und sie geht oft auch nicht mit dem Einzelnen, aber sie steckt in der Formation93.« Im Mai wurden zweimal taktische Ubungsfahrten in die Sächsische Schweiz unter- nommen mit Übernachtung in der Festung Koenigstein. M. empfand dankbar die Be- reicherung der kriegsgeschichtlichen Anschauung, die der Raum um Dresden zum Siebenjährigen Krieg und zum Befreiungskrieg von 1813 bot. Ende Mai fand eine Ubersetzübung über die Elbe statt. Die Pfingstferien 1927 nutzten M. und zwei Kameraden preußischer Reiter-Regimen- ter, um mit dem Fahrrad nach Prag zu fahren94. Nach einigen umständlichen Forma- lien wurde die Fahrt westlich der Elbe und Moldau über die Schlachtfelder von Kulm - Nollendorf (29./30. 8. 1813) und Lobositz (1. 10. 1756) unternommen. Für die Rückfahrt wurde ein Weg östlich der Moldau und Elbe gewählt. Für Prag, wo die Fahnenjunker im Deutschen Studentenheim wohnten, war M. »voll Bewunde- rung«95. Aufmerksam wurde alles Militärische beobachtet. Aus Gesprächen gewann M. einen sehr ungünstigen Eindruck von der inneren Verfassung des tschechoslowaki- schen Heeres. Die Art des Reisens und der primitiven Unterkünfte abseits des allge- meinen Verkehrs gaben insgesamt recht interessante Einblicke in das Land und die Be- völkerung Böhmens96. Nach der Pfingstwoche wurde die ganze Infanterieschule für vier Wochen auf den Truppenübungsplatz Koenigsbrück verlegt, wohin die Fahnenjunker auf Fahrrädern fuhren. Auf dem Übungsplatz wurden besonders die praktischen Zweige der Ausbil- dung gefördert. Das Gefechtsscharfschießen war nur hier möglich. Der Chef der Hee- resleitung, der Inspekteur des Erziehungs- und Bildungswesens und der Inspekteur der Artillerie besuchten die Schule. Unter den Augen von General d. Inf. Heye fand auch eine Übung des 3. (Preuß.) Infanterie-Regiments unter Mitwirkung der Infante- rieschule statt. Auch viel Sport wurde getrieben und das Training mit einer Sportbe- sichtigung in Anwesenheit von General Heye abgeschlossen. Wieder zurück in Dresden, wurde - nach einer vorgeschobenen Prüfung in den Spra- chen - die schriftliche Fähnrichsprüfung in der Zeit vom 3. bis 6. August durchge- führt. Acht Tage danach fand das großangelegte und öffentliche dreitägige Sportfest der Infanterieschule statt, bei dem in der Ilgen-Kampfbahn und im Arnold-Bad sport- liche, militärische und reiterliche Wettkämpfe zu sehen waren. Die Veranstaltung wurde in der Öffentlichkeit und Presse gut aufgenommen und brachte auch die Ver- bindung mit der Bevölkerung zum Ausdruck. Zur mündlichen Fähnrichsprüfung am 18. August mußten nur die Fahnenjunker antreten, bei denen die Beurteilung zweifel- haft war. Noch einmal wurden Exkursionen unternommen, um die Schlachtfelder von Bautzen (20./21. 5. 1813) und von Hochkirch (14. 10. 1758) kennenzulernen. Auch im Som- mer wurde das Angebot an Sehenswürdigkeiten genutzt97. Ende August fanden die Abschlußbesichtigungen und die Abschiedsfeste in kleinen Freundeskreisen, in der Stubengemeinschaft, im Kreis des Hörsaals und im ganzen Lehrgang mit charakteristi- schen und heiteren Programmen statt. Es war ein überaus aktives Ausbildungsjahr, das zu Ende ging. Die erfolgreichen Fahnenjunker wurden am 31. August durch Ver- fügung des Reichswehrministers98 zum Fähnrich befördert. Am folgenden Tag kehr- ten sie mit einem »Abgangszeugnis«99 in ihre Garnisonen zurück, um während der Unterrichtspause der Waffenschule beurlaubt zu werden. Der II.Lehrgang der Infanterieschule verlief ähnlich wie der Lehrgang I, nur daß nunmehr die Infanteristen unter sich blieben. Die Kavalleristen wurden zur Kavalle- rieschule nach Hannover überwiesen, die Artilleristen zur Artillerieschule nach Jüter- bog, mit ihnen die Fähnriche der Fahrtruppe, die eine rein artilleristische Ausbildung erhielten und die Fähnriche der Nachrichtentruppe, die in Jüterbog gesondert weiter- geschult wurden, weil es noch keine Nachrichtenschule gab. Die Pioniere kamen nach München auf die Pionierschule und nur die Kraftfahrer (5 Fähnriche) blieben in Dres- den und durchliefen weiter die infanteristische Ausbildung mit einigem Sonderunter- richt ihrer Waffengattung. Die Fähnriche trafen am 15. Oktober 1927 in Dresden ein. Wieder wurde bei der Stu- benbelegung unter den Truppenteilen und Landsmannschaften gemischt100. Der Lehrgang II war in zwei Inspektionen zu je drei Hörsälen gegliedert. Der Lehrstoff unterschied sich vom I. Lehrgang besonders dadurch, daß die Infanterieausbildung in den Vordergrund trat. An die Stelle des allgemeinen Waffendienstes traten, nunmehr besonders auf die Praxis bezogen, der Infanteriedienst im allgemeinen, der M.G.Dienst und der M.W.Dienst, an die Stelle des Nachrichtenwesens der Inf.Nach- richtenmitteldienst. Zur Pionierlehre kam der Inf.Pionierdienst hinzu. Zum Reiten 162 kam das Fahren. Zur praktischen Ausbildung gehörte auch die Motorradfahrschule mit abschließendem Führerschein. Das dürftige Fach Bürgerkunde war im II. Lehr- gang nicht vertreten10 \ Neu trat die Kriegsgeschichte hinzu, die jedoch historisch nur dilettantisch und ausschließlich auf das militärische Erfahrungsgut hin von den Taktik- lehrern als Nebenfach vorgetragen wurde. Von ausschlaggebender Bedeutung war neben den erzieherischen Kriterien allein wieder der Taktikunterricht. Der Blick, das Denken und Urteilen in diesem Fach machten den Test für die geistige Beurteilung aus. Die Verfügungstage, wieder einer in der Woche, nutzte der Taktiklehrer für sein Schwerpunktprogramm. Im Laufe des II. Lehrgangs schritt die Ausbildung von der Führung eines verstärkten Bataillons zur Führung eines verstärkten Infanterie-Regi- ments fort, ein Gewinn für die ganze Dienstzeit des jungen Offiziers. An diesen Stand der Ausbildung schloß erst für ältere Oberleutnante und junge Hauptleute die Gene- ralstabsausbildung an. Entsprechend der Bedeutung des Taktikunterrichts ließ sich der Lehrgangsleiter, Oberst Held, häufig taktische Arbeiten der Fähnriche vorlegen, die er sorgfältig prüfte und eingehend beurteilte. Trotz einer gewissen Erweiterung des Lehrstoffes war der Stundenplan des II. Lehr- gangs verkürzt. Dafür war mehr Zeit für eigene Arbeit eingeräumt. Der normale Ta- gesverlauf war: 6 Uhr Wecken, 7-12 Uhr und 14-17 Uhr Unterricht im Hörsaal oder Gelände, in den Sportanlagen, in der Schwimmhalle oder Reitbahn. 174S-184S Uhr Arbeitsstunde auf den Stuben, 22 Uhr Zapfenstreich. (Um 2220 Uhr mußten die Lich- ter aus sein). Am 12. Dezember fand eine nur eintägige schriftliche Zwischenprüfung statt. Wahrscheinlich hatte sie keine Entlassung zur Folge. In den folgenden Monaten kam es jedoch immer wieder vor, daß einzelne Fähnriche zur Truppe zurückgeschickt wurden102. Am 19. November 1927 berichtete M. nach Hause: »Seeckt war dieser Tage zu einem privaten Besuch in der I.S. Er konnte uns natürlich offiziell nicht sprechen. Wir haben es uns aber doch nicht nehmen lassen, uns bei seiner Abfahrt am Auto zu versammeln. Er freute sich, das merkte man. Er (in Zivil) sah natürlich wieder hervorragend aus103.« Im Januar 1928 begannen die auswärtigen Unternehmungen des Lehrgangs. Der takti- schen Ausbildung dienten drei Tage im Gebiet von Geising im Erzgebirge. Das Ge- fechtsscharfschießen nahm drei Tage auf dem Truppenübungsplatz Koenigsbrück in Anspruch. Im Februar besuchte wieder General d. Inf. Heye die Infanterieschule. Ende März wurde mit Omnibussen eine Fahrt nach Ostsachsen unternommen, mit Standquartier in Zittau. Vier Tage lang fanden taktische Besprechungen im Grenzge- biet statt. Gründlich wurde aber auch ein großes Kraftwerk in Hirschfelde besichtigt. Uber die Unterbringung in einem jüdischen Haus hat M. berichtet, zugleich ein Zeug- nis des jugendlichen Schwunges der Fähnrichszeit: »Ich habe in Zittau ein glänzendes Quartier gehabt. Mein Gastgeber ist ein höheres Tier bei der Farbenindustrie I. G. und ehemaliger Reserveoffizier bei den sächsischen Garde-Reitern. Feudale Verhältnisse, Wohnung usw., prachtvolle Bibliothek! . . . Gleich am ersten Abend wurde wegen mir eine Gesellschaft arrangiert . . . Ich habe vorzügliche Stunden verlebt. Am 2. Abend hatte die I. S. den Ball, auf dem ich mit den mir bekannten Damen war, so- wie meinen Gastgebern104.« Der Abend wurde im Haus des Quartiergebers im Kreise seiner Gäste fortgesetzt. Der April brachte besonders interessante Eindrücke. Auf dem Truppenübungsplatz Jüterbog wohnten die Fähnriche einem Artilleriescharfschießen bei und in der Techni- schen Versuchsstätte in Kummersdorf bei Berlin konnten sie verschiedene technische Neuerungen im Versuch und in der Erprobung sehen, darunter die Anfänge der Pan- zerentwicklung. An einem Tage in Leipzig hatten alle Fähnriche die Möglichkeit, erstmalig in zweisitzigen Sportflugzeugen mitzufliegen. Die kulturelle und gesellschaftliche Wintersaison 1927/1928 konnten die Fähnriche bei aller Beanspruchung durch den Dienst in vollen Zügen miterleben. Am 11. De- zember berichtete M. nach Hause, er habe im Schauspielhaus die Erstaufführung des von Gerhart Hauptmann bearbeiteten und einstudierten >Hamlet< gesehen. Bei aller Anerkennung für die Aufführung erklärte sich M. jedoch nicht einverstanden mit Auffassung des Hamlet, der als »ein Mensch der Welt« gespielt worden sei, während M. in Hamlet den Menschen sah, »der an der Grenze steht«. Eine tiefe Wirkung auf M. hatte Strindbergs >Letzter Ritter<. Er war »ergriffen von der Wirk- lichkeit dieser Menschen, von ihrer Reinheit in jenen Zeiten. Es war alles so unpathe- tisch, gerade auch der Egmont-Charakter des Sten Sture.« Ein besonderes Erlebnis war in der Oper »Don Giovanni«, von Busch dirigiert, mit Bühnenbildern von Slevogt. Andere Opern, Konzerte, Ausstellungen und Galerien wurden nach aller Möglichkeit zu den für die Waffenschüler ermäßigten Preisen be- sucht105. Aber auch abendliche Vorträge wurden in der Stadt gehört106. Eine Erleich- terung war es, daß die Fähnriche mit befriedigenden Leistungen von März 1928 an von den Arbeitsstunden befreit wurden. Sie hatten ihre Arbeiten nach eigener Zeiteintei- lung durchzuführen. Um den a. D. Pfarrer v. Kirchbach, Domprobst in Dres- den, bildete sich ein kleiner Kreis von Waffenschülern, der zu abendlichen Ausspra- chen in seinem Haus zusammenkam. In die Gesellschaft Dresdens hatten sich die Fähnriche vielerorts eingelebt. In dem namhaften Pensionat Ilsenhof wurde von eini- gen bevorzugten Waffenschülern getanzt. Manche Bälle wurden besucht107, die Mas- kenbälle spielten keine geringe Rolle108. Viele Freundschaften mit jungen Damen wurden geschlossen und aus der Dresdener Zeit gingen - entsprechend den Heiratsbe- stimmungen erst nach einer Reihe von Jahren - nicht wenige Ehen hervor. Feiertage wurden zu kleinen Reisen genutzt, um den Gesichtskreis zu erweitern109. Zur Lektüre eines Waffenschülers dieser Jahre ist zu sagen, daß sie selbstverständlich einen ganz individuellen Charakter hatte. Im Falle des Fähnrichs M. ist zu erkennen, daß seine Lektüre sowohl von beruflich fördernder Art war, als auch seinen darüber hinausführenden Interessen entsprach. Von militärischen Zeitschriften las er ständig das Militär-Wochenblatt, das er bezog. In der Kriegsgeschichte befaßte er sich beson- ders mit dem 2. Band (Ostpreußen 1914) des Reichsarchivwerkes über den Weltkrieg 1914—1918, wie überhaupt der Offiziernachwuchs der 1920er Jahre geschichtlich ganz überwiegend unter dem Eindruck des Weltkrieges aufwuchs. Das Thema Ostpreußen 1914 hat M. auf lange Zeit nicht mehr losgelassen. Das weitaus größere und persönli- chere Erlebnis war jedoch die Lektüre von Ernst Kantorowicz: Kaiser Friedrich II. M. erwarb das Buch im Frühjahr 1928, wenige Monate nach seinem Erscheinen110. Der- gleichen Literatur blieb jedoch völlig außerhalb jeder dienstlichen Resonanz, wie man es andererseits als ein militärisches Prinzip der Zeit bezeichnen kann, neben den ein- deutigen Anforderungen der Ausbildung, Erziehung und gesellschaftlichen Integra- tion einen privaten Bereich zu konzedieren, der unberührt blieb. In den Mai und Juni 1928 fiel die Ubungsplatzzeit des Lehrgangs in Grafenwöhr. Ein Teil der Strecke nach Grafenwöhr wurde mit der Bahn, der größere Teil um den Ascher Zipfel durch das Fichtelgebirge und über Bayreuth zu Pferde zurückgelegt. Der Truppenübungsplatz bot die Möglichkeit, die praktische infanteristische Ausbil- dung in allen Bereichen zu vervollkommnen. Einige Tage Pfingsturlaub wurden ge- nutzt, um sich im Lande umzusehen111. Der Rücktransport ging mit der Bahn bis Rei- chenbach, dem sich ein achttägiger Ritt bis Dresden anschloß. Wieder riefen die Schulkinder an den Straßen hurra »und die meisten Menschen« zeigten »strahlende Gesichter«. Entsprechend waren die Quartiere. Am 15. Juni traf der Lehrgang in Dresden ein. Anfang Juli begann die Offizierprüfung, die sich über sechs Wochen hinzog. Zuvor 164 wurden wieder drei Fähnriche zur Truppe zurückgeschickt, davon zwei »wegen Eh- rensachen«. Es wurden auch mehrere Strafen ausgesprochen. »Man muß verdammt auf der Hut sein«, meinte M.112. Augenscheinlich war das Kommando der Infanterie- schule bestrebt, nicht ausreichend qualifizierte Waffenschüler vor den Prüfungen zu ihren Truppenteilen zu entlassen113. In die lange Zeit der schriftlichen Offizierprüfung fiel das Sportfest, kleiner aufgezo- gen als im Vorjahr. Die Schule gab im Kasino und in den Anlagen auch ein Sommerfest für Gäste aus der Stadt, mit denen die Lehroffiziere und Waffenschüler verkehrten. Verpflichtung ganz anderer Art war die Mitwirkung der Infanterieschule bei der Bei- setzung des ehemaligen sächsischen Kriegsministers und Armeeführers im Weltkrieg, General d. Inf. v. Carlowitz, und im gleichen Monat bei der Beisetzung des sächsi- schen Armeeführers, Generaloberst v. Kirchbach. Da sich das Dresdener I.R. 10 auf dem Übungsplatz befand, hatte die Infanterieschule die Trauerparade zu stellen, auch bleibende Eindrücke für die Waffenschüler. Anfang August wurde ein Reit- und Fahr- turnier der Infanterieschule veranstaltet. Es war in gewisser Weise auch ein Abschieds- fest, für M. jedenfalls ein Höhepunkt, da er sich im Reiten und auch im Fahren schon seit der Anfangszeit auf der Infanterieschule besonders gut piaziert hatte114. Die mündliche Offizierprüfung dauerte sechs Tage. Jedoch nahmen an ihr nur die Fähnriche teil, deren Beurteilung nach der schriftlichen Prüfung zweifelhaft war. Ins- gesamt haben 1928 228 Fähnriche des Offizieranwärterjahrgangs 1925 die Offizier- prüfung bestanden: 121 Fähnriche der Infanterie und der Kraftfahrtruppen, 37 der Kavallerie, 65 der Artillerie, der Fahrtruppen und Nachrichtentruppen und 5 Fähnri- che der Pioniere. Gemäß den Offizierergänzungsbestimmungen erfolgte nach bestan- dener Prüfung die Beförderung zum Oberfähnrich »nach Einverständnis des Chefs der Heeresleitung durch den Reichswehrminister«. »Die Reihenfolge sämtlicher zum Offizier Geprüften innerhalb aller Waffen« wurde »nach Vorlage der Prüfungsergeb- nisse durch die Waffenschulen vom Reichswehrministerium (In 1) festgesetzt und be- kanntgegeben«115. Die Beförderung zum Oberfähnrich wurde am Verfassungstag ausgesprochen. In der äußeren Erscheinung trat hervor, daß die Oberfähnriche den untergeschnallten Säbel trugen. Einigen der im Ergebnis der Offizierprüfung besten Fähnriche wurden Ehrensäbel verliehen, eine Auszeichnung, die von den Kameraden nicht sonderlich respektiert wurde116. In der neuen Würde kehrten die Oberfähnriche zu ihren Truppenteilen zurück, wo sie als letzte Phase der Bewährung vor der Offizierwahl Offizierdienst zu tun hatten (vgl. Dok. 4, Abschnitt III). Im LR. 14 durften sich die Oberfähnriche eine der Garnison- städte der Feldtruppenteile des Regiments wählen (Meiningen, Tübingen, Konstanz). Die Wünsche wurden nach Möglichkeit erfüllt. Bei der gleichmäßigen Verteilung kam M. nach Tübingen in das II. (Schützen) Bataillon, 6. Kompanie. Anfang September zog er als Zugführer ins Manöver, das in kleinerem Umfang mit einigen Truppenteilen der 5. Division im Räume östlich und nordöstlich von Mosbach abgehalten wurde. Während des ganzen Oktobers befand sich das II. Bataillon als Lehrtruppe für zwei Kampfschullehrgänge auf dem Truppenübungsplatz Dallgow-Döberitz bei Berlin. Zum ersten Lehrgang waren Hauptleute und jüngere Stabsoffiziere aus dem ganzen Reich kommandiert, zum folgenden Lehrgang Generale und Obersten, für die grö- ßere Übungen abgehalten wurden. M. nahm mitunter als Zuhörer an den Kursen teil. Natürlich wurde die Gelegenheit wahrgenommen, auch mit der ganzen Kompanie Veranstaltungen in Berlin zu besuchen. »Berlin im Licht« war die Reklame dieses Herbstes und Winters. Bezeichnend für die Entwicklung seit der Nachkriegszeit war, daß jetzt in Berlin eine Internationale Luftfahrtausstellung (IIa) stattfand. Bemer- kenswerter für die Oberfähnriche des Bataillons war es jedoch, daß sie, wie die Offi- ziere des Bataillons, bei dem Badischen Gesandten Honold und dem Reichsernäh- rungsminister Dietrich, der auch Badener war, in der Wohnung Besuch zu machen hatten. Darauf wurden sie in aller Form schriftlich zum Abendessen eingeladen, wo sie sich unter prominenten Gästen befanden. Bei der Einladung des Reichsernährungsmi- nisters war auch der Reichswehrminister, General Groener, anwesend, der M., den Jüngsten, »sehr freundlich« begrüßte. Groener erschien dem Oberfähnrich sonst »sehr schweigsam und verschleiert«. Er sprach aber länger mit dem Reichstagsabge- ordneten der SPD Stücklen, Sprecher der Partei zum Wehretat. Groener ging bald, da er noch beim türkischen Gesandten eingeladen war und M. erhielt einen Begriff von der gesellschaftlichen Inanspruchnahme eines Reichsministers117. Groener kam auch zum zweiten Kampfschullehrgang nach Döberitz. Am 2. November kehrte das Bataillon nach Tübingen zurück. Am 6. November fand im Regiment die Offizierwahl für die Oberfähnriche statt. Nach den Offizierergän- zungsbestimmungen118 war die Wahl durchzuführen, wenn der Oberfähnrich minde- stens zwei Monate nach Rückkehr von der Waffenschule wieder Dienst bei der Truppe getan hatte. Die Wahl, an der alle Offiziere des Regiments teilzunehmen hatten, war geheim und fand ganz im stillen statt. Fiel die Wahl nicht einstimmig aus, so lag die Entscheidung für die Beförderung nach Vorlage der ablehnenden Voten beim Reichs- wehrminister. In Tübingen begann unterdessen die Winterausbildung in den Kompanien. M. wohnte in einer kleinen Offizierwohnung in der Kaserne am Ende eines Stockwerkes mit Mannschaftszimmern. So war er dem Leben der Leute ganz nahe. M. wurde die Lei- tung der Unterführerschule zur Vorbereitung ausgesuchter Mannschaften auf die Un- teroffizier-Anwärterprüfung übertragen. Außerdem hatte er den Sport der Kompanie zu leiten. Bei der Prüfung von Freiwilligen für die Einstellung in die Kompanie119 machte M. deprimierende Erfahrungen über die Volksschul»bildung«. Seitens des Ba- taillons fanden im Winterhalbjahr drei Felddienstübungen statt. Im Dezember kam der Divisionskommandeur, um der Ausbildung in den Kompanien beizuwohnen. Vielseitig war die Offizierausbildung: Wöchentlich einmal ein Kriegsspiel (zwei Par- teien) oder eine Planübung, im Winterhalbjahr zwei Geländebesprechungen, dabei ein Nachtübungsritt, dreimal wöchentlich Offizierreiten, einmal in der Woche Offizier- fechten, im Winterhalbjahr drei Vorträge über kriegsgeschichtliche Themen von aus- wärtigen Referenten, meistens älteren Offizieren, und außerdem noch Fremdspra- chenkurse in Französisch und Englisch. Hinzu kamen die gesellschaftlichen Veran- staltungen, wie Bälle, Tanztees, Herrenabende und ein Bierabend für Studentenver- treter im Kasino. So lebten sich die drei Oberfähnriche in Tübingen in den Truppen- dienst und in das Offizierkorps ein, bis die Beförderung zum Leutnant kam. Nach den Offizierergänzungsbestimmungen erfolgte die Beförderung auf Vorschlag des Regimentskommandeurs und nach Einverständnis des Chefs der Heeresleitung durch den Reichswehrminister. Mit der Beförderung war die Verpflichtung zu 25jäh- riger Dienstzeit gemäß § 25 des Wehrgesetzes verbunden120. Uber den Zeitpunkt der Beförderung bestimmte die H.Dv. 29a, Ziffer 48: »Die Reihenfolge der Beförderun- gen zum Leutnant und des Rangdienstalters richtet sich für alle gemeinsam beförder- ten Oberfähnriche nach den Leistungen in der Offiziersprüfung, die einerseits in den Zensuren, andererseits in dem Persönlichkeitswert (allgemeine Beurteilung) zum Ausdruck kommen. Punktzahl und Beurteilung stehen gleichwertig nebeneinander. Erst aus der Auswertung beider ergibt sich die Grundlage für die Bewertung der Ober- fähnriche innerhalb des Jahrgangs. Die Beförderungen erfolgen in Grenzen der zur Verfügung stehenden freien Haushaltsstellen ohne Rücksicht auf die Waffenzugehö- rigkeit.« Nachdem seit der Revolution von 1918 infolge des Mangels an geeigneten Bewerbern eine Krise im Offizierersatz eingetreten war, hatte sich das Reichswehrministerium 166 1923/24 durch Reaktivierung von Leutnanten geholfen, die unmittelbar nach Kriegs- ende verabschiedet worden waren. Es blieben aber Fehlstellen im Offizieretat bis die größere Zahl geeigneter Offizieranwärter heranwuchs. Die Fehlstellen hatten sich na- turgemäß nur bei den Leutnanten ergeben. Die Rangliste vom Mai 1927 weist für das vorangegangene Jahr 244 neu beförderte Offiziere auf, weitaus die größte Zahl im Vergleich zu vorhergehenden Jahren. Die Fehlstellen des Offizierkorps waren da- durch 1927 auf 30 Stellen zurückgegangen, die bis 1928 aufgefüllt wurden121. Freie Haushaltsstellen ergaben sich infolgedessen für den Offiziernachwuchs des Jahrgangs 1925 nur noch durch Verabschiedungen im Offizierkorps. Dadurch zog sich die Be- förderung der Oberfähnriche dieses Jahrgangs zum Leutnant von Weihnachten 1928 bis unmittelbar vor Weihnachten 1929 hin122. M. wurde am 1. Februar 1929 zum Leutnant befördert. Nach dem langen und intensiven Ausbildungs- und Auswahlvor- gang war es ein eindrucksvoller Moment in der militärischen Laufbahn und als solcher auch in der Truppe und in der Gesellschaft respektiert123.

Der Heeresleitung kam es in der Weimarer Republik darauf an, den Offizierstand im Geist der Überlieferung des Offizierkorps, wie er noch von den Hauptleuten und hö- heren Offizieren verkörpert wurde, auch »in seinen jüngeren Schichten völlig neu auf- zurichten« (Dok. 2). Die Verhältnisse im Kriege und in der unmittelbaren Nach- kriegszeit hatten sich auf die jüngeren Offiziere und den Offiziernachwuchs in einer Weise ausgewirkt, daß bei dieser jüngeren Schicht von einer Erziehung und Ausbil- dung im traditionellen Sinne nur noch bedingt oder gar nicht mehr die Rede sein konn- te. Um das Offizierkorps »wieder zu einer lebendigen Einheit zu machen« (Dok. 2), legte gerade Seeckt den größten Wert auf eine Erziehung des Offiziernachwuchses im Geist der überlieferten Werte. Dieses Ziel wurde erreicht durch die Auswahl der Offizieranwärter schon bei der Ein- stellung und fortlaufend in allen Stadien der Ausbildung, alsdann durch die Ausbil- dung selbst, die völlig auf die militärischen Erfordernisse eines langdienenden Heeres ausgerichtet war, und schließlich durch die beständige berufliche und gesellschaftliche Erziehung, die beharrlich, aber nicht eigentlich aufdringlich vor sich ging. Denn in al- len Bereichen der Erziehung und Ausbildung sollte sich der Offizieranwärter im Grunde frei entwickeln. Zeigte es sich aber, daß er kein Gewinn für das Offizierkorps war, so sollte er ausscheiden. Es war keine Phrase, wenn in einem Erlaß betont wurde, es komme darauf an, »Persönlichkeiten und Charaktere heranzubilden« (Dok. 3), so eingeschränkt dies in der Lebenswirklichkeit auch nur möglich war. Die Beurteilung der Persönlichkeitswerte nach der Charakterseite dominierte gegenüber der Bewer- tung des Intellekts nicht nur im Bereich der Erziehung, sondern auch in der Ausbil- dung, wenn auch mitunter in der Schulsituation der Intellekt besondere Chancen hat- te. Der hohen Einschätzung der Persönlichkeitswerte entsprach vollkommen die Vor- stellung, die bei der militärischen Führung von der allein anerkennenswerten Motiva- tion bei der Berufswahl der Offizieranwärter bestand. Vom Offiziernachwuchs wurde erwartet, daß er sich dem Beruf mit »begeisterter Hingabe« (Dok. 1) widmete. Be- weggründe wie die Familientradition und mitunter finanzielle Gesichtspunkte spielten bei der Berufswahl gewiß auch eine Rolle, aber alle Nachrichten derZeit124 bezeugen, daß die Passion für den Beruf tatsächlich bestimmend war, verbunden mit dem Be- wußtsein, »daß es ein verpflichtender Vorzug« war, »dem Offizierberufe zustreben und angehören zu dürfen«! (Dok. 4). Eine gewisse Homogenität des Offiziernachwuchses wurde auch dadurch erreicht, daß die Erziehung und Ausbildung auf Einfachheit des Denkens und allgemeine Ver- ständlichkeit im Ausdruck abgestellt war. Das militärische Leben wurde dabei ge- genüber gesellschaftlichen und besonders politischen Problemen weitgehend abge- schirmt. Die Liebe zum Beruf mit seinen »hohen Aufgaben für Staat und Volk« (Dok. 1) sollte die Orientierung für das gesamte Verhalten geben. Für theoretische Grundfragen des Berufs bestand nur ein geringer Sinn. Das Werk von Clausewitz etwa war nahezu unbekannt. Das berufliche Schrifttum war, abgesehen von der reichhalti- gen Literatur über den Ersten Weltkrieg, spärlich, besonders im Vergleich mit dem militärischen Schrifttum des 19. Jahrhunderts. In der Literatur-von den Vorschriften abgesehen - fand der Offizieranwärter kaum Ausbildungshilfen, etwa in der Pädago- gik. Alles Wesentliche wurde in den Offizierkorps mündlich tradiert. Allgemein gei- stig und kulturell hing für die Offizieranwärter alles von ihrer Begabung und Schulbil- dung und etwa von der Begegnung mit Vorgesetzten und Kameraden ab, von denen sie persönliche Förderung erfuhren. Ein großer Gewinn im Ausbildungsgang bis zum Offizier in den 1920er Jahren er- wuchs aus der Dauer von etwa vier Jahren, darin beispiellos sowohl in der Geschichte der preußisch-deutschen Armee als auch im Vergleich zu den folgenden Jahrzehnten. Allein schon die Tatsache, daß der Offizieranwärter 1V2 Jahre lang im Mannschafts- dienstgrad verblieb, verlangte seine Bewährung unter den langdienenden Soldaten. Hatte er ihre Anerkennung gewonnen, so war seine Autorität als junger Offizier gesi- chert. Durch die Nähe zur Mannschaft war er nicht nur in allen Dienstobliegenheiten versiert, auch psychologisch hatte er eine Schule durchgemacht, die in ihm Verständ- nis und Mitgefühl für den jüngeren und alten Soldaten erweckte und festigte. Die zweijährige Waffenschulausbildung in der Taktik der verbundenen Waffen war hervorragend und legte den festen Grund für die gesamte Offizierlaufbahn. Die frühe Schulung in der Lagebeurteilung und Entschlußfassung, in der Auftragstaktik und Be- fehlsgebung im Rahmen eines Bataillons und Regiments war neben der allgemeinen militärischen Erziehung sicher eine besonders starke Seite der Ausbildung zum Offi- zier im Reichsheer der Weimarer Republik. Die stärkste Seite aber war die ideelle Be- rufsauffassung, wie sie - wenn auch graduell und im ethischen Gehalt verschieden — bei den Streitkräften aller Völker schon in Frühstadien der Entwicklung zu beobachten ist, in Spätformen des Kriegswesens oft romantisch gesteigert. Ohne nachempfinden- des Verständnis für diese, rational nicht faßbare Seite soldatischer Existenz, bleibt die militärische Mentalität im Grunde unbegreiflich.

168 1. Auszug aus den Offizier-Ergänzungsbestimmungen des Reichsheeres125 Einleitung. Bundesarchiv-Militärarchiv, Vorschriftensammlung

1. Die Offiziere des Reichsheeres ergänzen sich aus Freiwilligen, die sich bei tadelloser Führung durch ihre militärischen Fähigkeiten, ihren Persönlichkeitswert und durch ihre allgemeine Bil- dung besonders auszeichnen. In letzterer Hinsicht müssen, den Erfordernissen der Neuzeit und dem Ansehen, sowie der be- sonderen Stellung des Offiziers in dem aus langdienenden Freiwilligen bestehenden Heere Rechnung tragend, hohe Anforderungen an sie gestellt werden. Grundsätzlich ist als Vorbedin- gung für die Offizierslaufbahn künftig das Abgangszeugnis einer neunklassigen höheren Lehr- anstalt zu verlangen. Dieses Zeugnis kann durch das Abschlußzeugnis eines Lehrerseminars oder einer technischen Fachschule (Maschinenbauschule) nicht ersetzt werden. Bevor jedoch auf dem Wege der Einheitsschule jedem begabten jungen Deutschen die Erwer- bung dieses Zeugnisses möglich gemacht sein wird, soll auch noch die Gelegenheit offenstehen, ohne dieses zur Offizierslaufbahn zu gelangen. Vorbedingung dafür ist aber, daß der Freiwillige während der ersten Jahre seiner Dienstzeit die ihm fehlende allgemeine Bildung so weit vervoll- ständigt, daß er eine wissenschaftliche Prüfung besteht, deren Anforderungen denen der Reife- prüfung entsprechen. 2. Jeder Freiwillige, der den Offiziersberuf ergreifen will, muß von dessen hohen Aufgaben für Staat und Volk eine klare Auffassung haben. Führer und Erzieher zur Wehrhaftigkeit zu wer- den, erfordert ganze Männer, die sich dem Berufe mit begeisterter Hingabe widmen. Solche Freiwillige, die sich dem Beruf lediglich aus äußeren oder wirtschaftlichen Gründen zuwenden, werden daher bald die Erfahrung machen, daß sie den hohen dienstlichen Anforderungen, die unser Heer stellen muß, nicht gewachsen sind. Sie setzen sich Enttäuschungen aus und verlieren kostbare Zeit für einen anderen Beruf. 3. Eine Zuweisung von Anwärtern, die die Offizierslaufbahn ergreifen wollen, durch eine zen- trale Stelle an bestimmte Truppenteile erfolgt nicht. Die Freiwilligen haben daher ihre Gesuche unmittelbar an denjenigen Truppenteil zu richten, bei dem sie eingestellt zu werden wünschen. Anfragen und Gesuche an das Reichswehrministerium sind zwecklos. 4. Das Reichswehrministerium, Heerespersonalamt, gibt alljährlich bekannt, wieviele Freiwil- lige, die die Offizierslaufbahn anstreben, von den einzelnen Truppenteilen eingestellt werden dürfen. In diesen Zahlen sind die schätzungsweisen jährlichen Abgänge enthalten.

2. Auszug aus den Richtlinien des Reichswehrministeriums, Heeresleitung126 für die Ausbil- dung der Offizieranwärter vom 14. 3. 1923. Bundesarchiv-Militärarchiv R H 37/761

Die nachstehenden Richtlinien für die Heranbildung derjenigen Soldaten, die mit der Absicht in das Heer eintreten, Offizier zu werden, sollen den Truppen-Kommandeuren, denen die Her- anbildung verantwortlich obliegt, als Anhalt dienen. Nach den bisherigen Erfahrungen der Inf .Schule wird die Erziehung des Offz.Nach Wuchses bei der Truppe nicht nur sehr verschieden gehandhabt, es ist dieser Erziehung auch ζ. T. nicht die hohe Bedeutung zuerkannt worden, die ihr zukommt. [. . .]127 Es gilt den Oííz.Stand in seinen jüngeren Schichten völlig neu aufzurichten und das Offz. Korps wieder zu einer lebendigen Einheit zu machen. Unbeschadet der Notwendigkeit, den Offz.Nachwuchs eine angemessene- nicht die gesamte- Zeit vor der Waffenschule unter den Mannschaften leben zu lassen, muß seine Erziehung durch Offiziere schon vom ersten Tage des Eintritts beginnen. Das braucht nicht zu schonender Be- vorzugung zu führen. Das entspricht nur den hohen Ausbildungszielen; insbesondere wird so die frühzeitige Erziehung zu strengen Auffassungen von Pflicht, Beruf und Ehre und auch zu guten Formen, guter Körperpflege, ansehnlichem Anzüge usw. erleichtert. Richtig gehandhabt, bietet eine solche besonders sorgsame Erziehung keinerlei berechtigten Anlaß zur Unzufriedenheit der übrigen Mannschaft; vielmehr ist die Hoffnung berechtigt, daß das Ansehen des Offizier-Anwärters gehoben und sein Beispiel erzieherisch wirken wird. Das größte waffentechnische Geschick und die besten militärischen Kenntnisse geben aber noch 169 keine Gewähr, daß der Anwärter ein brauchbarer Offizier wird, wenn nicht hinter aller berufli- chen Fertigkeit und allem Wissen ein Herz schlägt, das bis ins Innerste von dem staatlichen und vaterländischen Führerberufe des Offiziers-Korps durchdrungen ist. Dazu müssen sich die erzieherischen sittlichen Kräfte aller Vorgesetzten so rege betätigen als nur irgend möglich ist. Die Zahl der Anwärter, die von den Schulen als ungeeignet abgewiesen wer- den muß, wird dann in demselben Maße abnehmen, in dem die Gediegenheit der Truppenerzie- hung wächst. [. . ,]128 In Anlehnung an diese Richtlinien haben die Regiments- usw. Kommandeure den unterstellten Kommandeuren und insbesondere den Offizieren, die mit dem Sonderunterricht an die Offi- zieranwärter betraut sind, über ihre Erziehungs- und Unterrichtsgebiete bestimmte Weisungen zu erteilen. Die Weisungen müssen sowohl auf fürsorglichem Interesse an dem jungen Anwärter, als auch auf dem höheren Interesse an der Festigung unseres Standes beruhen. Pflichtgefühl und Stan- desbewußtsein, Wohnungs- und Anzugspflege, Ordnungsliebe und Geldwirtschaft, außer- dienstlicher Verkehr und gesellschaftliche Formen, alles dies stand nach dem Erfahrungsbe- richte der Infanterieschule etwa bei einem Drittel der Offizieranwärter ganz oder teilweise auf tiefer Stufe, so daß es entweder bei der Annahme dieser Anwärter seitens der Truppe an der er- forderlichen Zurückhaltung oder an der notwendigen Einwirkung und Erziehung gefehlt haben muß. Ich spreche daher mit Erlaß dieser Richtlinien erneut die Erwartung aus, daß die Regiments- usw. Kommandeure sich die Erziehung des Offiziernachwuchses auf das sorgsamste angelegen sein lassen, und ich weise besonders darauf hin, daß die Erziehung auf allen Gebieten umso ein- dringlicher sein muß, je größer die Mängel sind, die die Anwärter an Erziehung, Vorbildung, Anlagen und Charakter bei Beginn der Offz.Anw.Laufbahn aufweisen. Die Divisionen haben mir über die Gruppen-Kdos. zum 1. 12. jeden Jahres über die Erfahrun- gen, die an der Hand dieser Richtlinien gemacht worden sind und darüber, inwiefern von ihnen abgewichen wurde, kurz zu berichten. v. Seeckt

3. Auszug aus den Richtlinien des Reichswehrministeriums, Heeresleitung129 für die Ausbil- dung der Offizieranwärter vom 14. 4. 1924. Bundesarchiv-Militärarchiv R H 37/830

Aus den eingereichten Berichten über die Richtlinien für die Ausbildung und Erziehung der Soldaten, die die Offizierlaufbahn ergreifen wollen, habe ich den Eindruck gewonnen, dass im Allgemeinen mit Eifer und Verständnis an der Heranbildung des Offiziernachwuchses gearbei- tet worden ist. Wenn die Berichte auch erkennen lassen, dass die eine Division mehr Schwierigkeiten zu über- winden hatte, als die andere, so ist doch festzustellen, dass die Truppenteile bestrebt sind, ihre künftigen Offiziere durch geeignete Persönlichkeiten zu Männern und Führern bewährter Art heranbilden zu lassen. Ich weise jedoch nochmals darauf hin, dass die Richtlinien keine Befehle sein sollen, die die Kommandeure in der Ausübung ihrer schönsten und vornehmsten Pflicht - Erziehung und Ausbildung des Offizierkorps und seines Nachwuchses - beengen. Sie sollen lediglich Anhalts- punkte geben, die unter den verschiedenen Verhältnissen bei den einzelnen Truppenteilen und in den Standorten jede Abweichung gestatten, die geeignet ist, Ausbildung und Erziehung zu fördern. Die in den Berichten aufgeworfenen Fragen machen aber eine Stellungnahme meinerseits erfor- derlich: 1. Vorbildung: Der Andrang zur Offizierlaufbahn hat in letzter Zeit ganz bedeutend zugenommen; umsomehr ist es Pflicht der Kommandeure, die Auswahl besonders sorgfältig vorzunehmen. Die erstrebenswerte Vorbildung des Offiziernachwuchses muss die abgelegte Reifeprüfung ei- ner 9klassigen höheren Lehranstalt bleiben. Es ist aber zu bedenken, dass es mehr wie in jedem anderen Berufe gerade in dem des Offiziers darauf ankommt, Persönlichkeiten und Charaktere heranzubilden. Lautere Gesinnung, taktvolles Benehmen, gute häusliche Erziehung und Liebe zum erwählten Beruf sind für den zukünftigen Offizier unerlässlich. Wo diese Eigenschaften bei jungen Soldaten besonders hervortreten, wird von der erlangten Reifeprüfung mindestens so- lange abgesehen werden können, bis es möglich ist, nur solche jungen Leute auszuwählen, die diese beiden Anforderungen vereinen. Zur Zeit zwingen sogar wirtschaftliche Nöte gerade die Kreise, die früher in erster Linie den guten Offizierersatz stellten, häufig dazu, die Schulbildung ihrer Söhne früher abzuschliessen. [. . .]

4. Auszugsweise Abschrift der Verfügung des Reichswehrministeriums, Heeresleitung über Ausbildung und Erziehung des Offizierersatzes vom 23. 4. 1925130. Bundesarchiv-Militärarchiv, Depositum Meier-W'eicker Ν 241/1 und 2 Nachdem alle Divisionen auch am Schlüsse des zweiten Berichtsjahres den Anhalt der bisheri- gen »Richtlinien« im wesentlichen als bewährt bezeichnet haben, bestimme ich, dass der nach- stehende Neudruck nunmehr als bindender Ausbildungsbefehl anzusehen ist. Jeder Offizier muss ihn kennen. Vorbemerkung. Jeder Offizieranwärter hat zu Beginn der Dienstzeit eine angemessene Frist unter der Mann- schaft zu leben. Die Erziehung durch Offiziere hat aber ebenfalls vom Tage des Eintritts an ein- zusetzen. Das soll keine schonende Bevorzugung bedeuten. Damit soll vielmehr den hochge- steckten Ausbildungszielen Rechnung getragen, und es soll dadurch die dringliche Erziehung zu strengen Auffassungen von Pflicht, Beruf und Ehre, zu guten Formen, guter Körperpflege, ansehnlichem Anzüge usw. gefördert und erleichtert werden. Richtig gehandhabt, wird solche sorgsame Sondererziehung das Ansehen des Offizieranwärters heben, und sie wird der übrigen Mannschaft um so weniger irgend welchen berechtigten Anlaß zu Unzufriedenheit geben, je sorgfältiger die Auslese des Kommandeurs bei Annahme des Offi- zieranwärters war. Selbst das größte waffentechnische Geschick und die besten militärischen Kenntnisse geben al- lein noch keine ausreichende Gewähr dafür, daß der Anwärter ein wertvoller Zuwachs des Offi- zierkorps wird. Dazu muß er vielmehr davon durchdrungen sein, daß es ein verpflichtender Vorzug ist, dem Offizierberufe zustreben und angehören zu dürfen. Die hohe und ernste, vater- ländische und staatliche Bedeutung unseres Führerberufs im allgemeinen und eines im Denken und Handeln völlig einheitlichen Offizierkorps im besonderen, ist den jungen Leuten mit un- ermüdlicher Eindringlichkeit verständlich zu machen und einzuprägen. Alle Vorgesetzten des Offiziernachwuchses haben sich in dieser erzieherischen Pflicht so rege und so eingehend zu betätigen, als das nur irgend möglich ist. Ich warne ausdrücklich davor, Hinweise und Warnungen als entbehrlich anzusehen, weil sie angeblich nur Selbstverständli- ches enthalten. Krieg und Nachkriegszeit zwingen dazu, die einfachsten Selbstverständlichkei- ten der früheren Friedenserziehung dem Offiziernachwuchs häufig und eindrucksvoll nahezu- bringen. Die Gabe, junge Soldaten zum Offizier heranzubilden, ist verschieden. Die Auswahl der Offi- ziere, denen die Ausbildung und Erziehung von Offizieranwärtern mit besonderer Verantwor- tung anvertraut wird, muß das berücksichtigen, pp. Denn es gilt, die Aufgaben des neuen Hee- res aus den bewährten Überlieferungen der alten ruhmreichen Armee heraus zu entwickeln und zu zeigen, daß der Staat ein Offizierkorps von durchaus einheitlichem und sicherem Standesge- fühl heute ebenso dringlich braucht, wie in früherer Zeit. pp. I. Ausbildung bis zur Waffenschule. A. Abiturienten.

1. Die lV2jährige Dienstzeit bei der Truppe, vom Eintritt ins Heer bis zur Einberufung zum 1. Lehrgang der Waffenschule, muß für die Vorbereitung auf die künftige Offizierlaufbahn planmäßig und sorgsam ausgenutzt werden. 2. Das allgemeine Ziel der Ausbildung in diesem Abschnitt ist die körperliche und seelische Er- ziehung zu einem Soldaten, der in seinem hohen Berufe mit vorbehaltloser Hingabe aufgeht und im besonderen die gründliche Durchbildung als Einzelkämpfer. Im einzelnen sind Ausbil- dungsziele für die Offizieranwärter der verschiedenen Waffengattungen in der Anlage 4 der Offz.Erg.Best. (D.V.E.Nr. 29) enthalten. 3. Die Einstellung hat von dem Gesichtspunkt aus zu erfolgen, daß der Offizieranwärter mög- lichst lange in der Hand desselben Vorgesetzten bleibt, der für seine Erziehung und Ausbildung verantwortlich ist und dessen Beurteilung für die Zulassung zur Fahnenjunkerprüfung von aus- schlaggebender Bedeutung ist. Häufiger Wechsel erschwert ein sicheres Urteil und hat außer- dem den Nachteil, daß der Offizieranwärter sich immer wieder neu einleben muß. Längere Kommandos - abgesehen von den im 4. Ausbildungsabschnitt aufgeführten - sind möglichst zu vermeiden. 4. Die Ausbildungszeit vor der Einberufung zur Waffenschule wird in besondere Abschnitte eingeteilt. Die Abschnitte können zwar - wenn die Verhältnisse es erforderlich machen - zeit- lich verlängert oder verkürzt werden. Es muß jedoch gewährleistet sein, daß das Ausbildungs- ziel erreicht wird. Am Schlüsse eines Abschnittes hat sich der Regts.Kdeur persönlich oder durch Beauftragte davon zu überzeugen, ob das Ausbildungsziel erreicht ist. a) 1. Ausbildungsabschnitt (v. 1. 4.-30. 6.) Rekrut beim Ausbildungstruppenteil oder, wo dies - in Ermangelung eines besonderen Ausbil- dungstruppenteils - erforderlich oder sonst erwünscht ist, Rekrutenausbildung beim Voll- truppenteil. Teilnahme an allem Dienst einschl. des Arbeitsdienstes, den der spätere Führer kennen muß, (Arbeiten auf Bekleidungs- u. Waffenkammer, Stalldienst u. dergl.). Keinesfalls aber Arbeits- dienst, der unmittelbar oder mittelbar eine persönliche Bedienung darstellt. (Arbeiten in Offz.Kasino, Mannschaftsspeisesaal usw.) Unterbringung gemeinsam mit den Mannschaften, von einer Dauer nach Ermessen der Vorgesetzten. Keine Sonderausbildung. Außerdienstlich: Erziehung und Anweisung in erster Linie durch Komp.- usw. Chef- u. Rekrutenoffizier. Teil- nahme am Offz.Mittagstisch einigemale im Monat nach Anordnung des Kdeurs. Desgl. Heran- ziehung zu dienstlichen und außerdienstlichen Veranstaltungen des Offz.Korps. b) 2. Abschnitt (v. 1.7.- Manöverschluß) Einstellung in den Volltruppenteil (bei der Inf. in eine Infanterie (nicht M.G. oder M.W.) Komp.) pp. Teilnahme an den Truppenübungen und am Manöver, sowie an allem sonstigen Dienst. Unterbringung möglichst getrennt von den übrigen Mannschaften und, soweit es die Verhält- nisse gestatten, mit anderen Offizieranwärtern zusammen, im Manöver wie die übrigen Mann- schaften. Sonderunterricht durch einen besonderen Offizier (Fähnr. Vater) über Standes- u. Be- rufspflichten wöchentlich etwa zweimal nach einem Lehrplan, der vom Kdeur. aufzustellen oder zu genehmigen ist. Außerdienstlich: Grundsätzliche Heranziehung zum Offz.Korps bei oder nach gemeinsamen Essen, zu Vorträgen und geselligen Veranstaltungen. c) 3. Abschnitt (v. 1. 10. - Ende Januar, bei der Kv. bis zur Trensenbesichtigung.) Dienst beim Volltruppenteil. Festigung der Ausbildung, Teilnahme am Dienstunterricht der Mannschaften, die sich auf die Unt.offz.anw.Prüfung vorbereiten. Infanteristen, Reiter und Pioniere: Ausbildung am l.M.G. pp. Kraftfahrer: Ausbildung zum L.K.W.Fahrer. Unterbringung: wie im 2. Abschnitt. Sonderunterricht: Beginn der Vorbereitung auf die Fahnenjk.Prüfung durch den Fähnr.Vater. Außerdienstlich: wie im 2. Abschnitt. d) 4. Abschnitt (Ende Januar - Ende März) Kommandierung der Infanteristen zu einer Komp. am Standort des Regts.Kdeurs. Ausbildung am s.M.G. und demi. M.W. derart, daß die allgemeine Kenntnis des Ladens, Richtens, direkten Schießens und der Verwendung im Gefecht erreicht wird. Ausbildung in Pferdepflege und -Wartung, Unterweisung über Beschlag und Beschirren von Pferden; Unterricht durch den Waffenmeister über Instandsetzen der Waffen, pp." Arbeitsdienst nur insofern, als er den besonderen Zwecken dieses Kdos. dient. Unterbringung der Kommandierten gemeinsam. Sonderunterricht nach Ermessen des Kdeurs. Außerdienstliche Heranziehung zum Offz.Korps wie bisher. e) 5. Abschnitt (Anfang April bis zur Fj.Prüfung.) Dienst beim eigenen Truppenteil, planmäßige Vorbereitung auf die Fj.Prüfung durch Komp.- usw. Chef und Sonderunterricht durch den Fähnr. Vater. Im Besonderen Ausbildung als Führer kleinster Einheiten und Trupps, wobei besonderer Wert auf das Auftreten vor der Front zu le- gen ist. Förderung der Leibesübungen. Ausbildung mit Nachrichtenmitteln und im Pionierdienst der eigenen Waffe. Kraftfahrer: Ausbildung als P.K.W.Führer. Unterbringung ì b she Außerdienstlich J f) 6. Abschnitt (Von der Fahnenjunkerprüfung bis zur Einberufung zur Waffenschule) Voller Dienst als Unterführer beim eigenen Truppenteil, auch im inneren Dienst, pp. Kraftfahrer: Ausbildung als Kraftradfahrer. Aufsicht beim Arbeitsdienst. Unterbringung wie bisher oder auf Einzelstuben. Pflichtmäßige Teilnahme am Offiziers-Mittagstisch und allen Veranstaltungen des Offizier- korps. B. Offizieranwärter mit Primareife. Ausbildung wie die Abiturienten. In der Zeit vom 1. 10. bis zur Ablegung der wissenschaftlichen Nachprüfung ist ihnen ausrei- chende Gelegenheit zur Vorbereitung auf die Prüfung zu geben. C. Freiwillige ohne Primareife tun bis zur Ablegung der Vorprüfung den Dienst der übrigen Mannschaften. Werden sie nach bestandener Vorprüfung zu Offizieranwärtern ernannt, so sind sie von da an den Abiturienten und Primanern gleichgestellt. Sie erhalten daher vom 1. 7. ab dieselbe Ausbildung wie Abitu- rienten und Primaner, II. Ausbildung auf Waffenschule. Bei Beginn des Lehrgangs I wird durch die Infanterieschule theoretisch, praktisch und an der Hand des Dienstleistungszeugnisses der unmittelbaren Vorgesetzten des , das mit dem Tage der Einberufung abgeschlossen sein muß, geprüft, inwieweit Ausbildung und Er- ziehung der Fahnenjunker den Schlußanforderungen des vorstehenden Ausbildungsabschnittes I entsprechen. Auf Grund dieser Prüfungen, die innerhalb der ersten 4 Schulwochen beendet sein müssen, meldet der Kommandeur der Infanterieschule, ob und welche Fahnenjunker noch keine Aussicht bieten, den Lehrgang I mit Erfolg zu durchlaufen. Er verfügt danach die Rück- sendung zum Truppenteil. Von diesem kann später die erneute Einberufung zum nächsten Lehrgang I oder die Streichung von der Liste der Offizieranwärter beantragt werden. In der Zeit zwischen Waffenschullehrgang I und II können die Fähnriche von ihrem Truppen- teil beurlaubt werden, sofern nicht dringende dienstliche Gründe diese, im allgemeinen er- wünschte Erholungspause verbieten. Im übrigen regelt sich der Waffenschuldienst nach der Lehr- u. Prüfungsordnung. Diese Vor- schrift muß allen Kommandeuren und den Offizieren, die Offizieranwärter auszubilden haben, vertraut sein. III. Nach der Waffenschule. Die Oberfähnriche haben Offizierdienst bei ihrem Truppenteil zu tun. Erwünscht ist ihre wei- tere Verwendung bei dem Truppenteil, bei dem sie vor der Waffenschule Dienst getan haben. Abkommandierungen oder Urlaub sind nur zulässig, wenn beim Offizierkorps keinerlei Zwei- fel darüber besteht, daß der Oberfähnrich zum Offizier gewählt wird. Dem Oberfähnrich ist Gelegenheit zu geben, sich als Offizierdiensttuer vor der Front und als Kamerad im Kreise des Offizierkorps so zu betätigen, daß die Offizierwahl das wohlüberlegte Ergebnis gründlichen persönlichen Kennenlernens darstellt. Einen Oberfähnrich, der mit Erfolg die Waffenschule besucht hat, erst bei der Offizierwahl zu- rückzustellen oder auszuschließen ist nur angängig, wenn schwerwiegende Gründe vorgebracht werden. gez. v. Seeckt

5 a. Auszug aus einem Brief von M. Donaueschingen, 13. 4. 1925 Ich habe genug zu essen, nur nicht die Zeit dazu. Die Ungemütlichkeit beherrscht hier über- haupt alles. Man ist (wörtlich zu nehmen) keine Minute »seines Lebens sicher«. Alle Augen- blicke kommen (auch außer dem eigentlichen Dienst) die Vorgesetzten d. h. Feldwebel und Un- teroffiziere an einen, beständig pfeift es zu den verschiedensten Dingen, wie Kaffee empfangen, Brot, Portionen, Kohlen, Bettwäsche, Handtücher usw. Dann muß man für jedes Empfangen vor einer anderen Stube antreten und rennt in der ganzen Kaserne herum. Dazu ist nötig, daß bei jedem dieses Empfangens die Stiefel neu geputzt sind und immer wieder muß man andere Uni- formstücke anziehen. Dieses beständige Umziehen ist überhaupt etwas verfluchtes. In meiner Stube liegen zur Zeit nur noch ein Trompeter (ein Thüringer, furchtbarer Aufschneider) und ei- ner, der jetzt eingestellt werden soll. Der Stubenälteste, Oberschütze Förster (ein Heidelberger) ist eben noch auf Urlaub. Deshalb muß ich beständig Stuben- und Flurdienst machen. Unser Außendienst erstreckt sich bis jetzt nur auf kurzes Exerzieren, Turnen, Freiübungen, al- les auf dem Kasernenhof. Dazu kommt das widerliche Durchlaufen der »Hindernisbahn«. Gestern hatten wir sogen. Ausführen der Kompanie in Kolonne, weil wir nicht einzeln aus der Kaserne dürfen. Daraus wurde aber ein ganz ordentlicher Marsch über Hüfingen, Bräunlingen nach Niederbranding. Dort wurde eingekehrt. Danach hättest du einmal die lustige Kompanie sehen sollen. Gestern konnte ich auch zum ersten Mal die anderen Offizieranwärter kennen lernen. Sie sind zum Teil viel kräftiger als ich. Sie sind (immer einer) aus Konstanz, Sigmaringen, Swinemünde und Allenstein131.

5 b. Auszug aus einem Brief von M. Konstanz, 28. 9. 1925

Im Manöver habe ich viel gelernt und manches gesehen. Jetzt denke ich, da die Anstrengungen einmal überwunden sind, gerne wieder zurück. Die Aufnahme in Thüringen war auch wirklich gut. Für die Landser bei diesem lockeren Völkchen noch besonders angenehm! Weißt du, in die- ser Beziehung habe ich auch wieder Erfahrungen sammeln müssen, zu denen man nie kommt, wenn man nicht so drinne steckt im Betrieb wie das bei mir eben doch noch der Fall ist. Gestern Abend, als wir beinahe schon schliefen, sagte ein : »Die Leute von Konstanz müß- ten nach Thüringen verpflanzt werden und die Thüringer hier einziehen.« So gut haben sie sich vertragen! - Es war immer spannend, wenn man in die Nähe des Quartiers kam, das für diesen Abend zu er- wartende voraus zu erkennen. Das Land wurde betrachtet (Viehzucht oder Ackerbau oder Fa- brik), dann aus der Zahl der entgegenkommenden Kinder und Leute geschlossen und wie weit sie entgegenkamen. Dann die Größe des Kaffs und das Aussehen (Bau, Sauberkeit usw.). Schließlich war man so weit, daß man sich, meistens vor dem Hause seinem Quartierwirt vor- stellen konnte. Dann kam die erste große Wichtigkeit: »Wie sind die Waschverhältnisse und das Bett (wenigstens von außen).« Da wußte man schon, wie man dran war. Die erste Mahlzeit schaffte dann ziemlich vollständigen Aufschluß. - Ich war bei den verschiedensten Leuten (Gasthäuser, kleines Kolonialwarengeschäft, kleiner Beamter, Arbeiter, Bahnbeamter, Bau- ern). Bei Suhl war ich bei einem ganz gewöhnlichen Suhler Waffenfabrikarbeiter im Quartier. Aber ich muß sagen: In keiner Beziehung stand dieses Quartier den anderen nach. Wenn man die Verhältnisse berücksichtigt, war es sogar vielleicht überlegen. Von einer angenehmen Freundlichkeit sind diese Leute, das ist erstaunlich. - Wir waren in den ehemals rotesten Gegen- den. Heute kaum mehr an manchen Stellen nur eine Spur davon!

5 c. Auszug aus einem Brief von M. Konstanz, 15. 10. 1925

Am Rande des Waldes ist das Wachlokal, sehr schön gelegen. Der Posten ist ein patrouillieren- der, d. h. er muß um und durch einen großen Distrikt gehen. Er hat dabei außer den Ständen verschiedene getrennt liegende Gebäude zu bewachen wie 3 Munitionshäuser, ein Gasschuppen und die Gedächtniskapelle der 114 auf einem Berge oben. Ich versah diesen Posten. Die Wache besteht aus einem Wachhabenden, einer Ordonnanz und 3 Posten, die sich alle 2 Stunden ablö- sen. Ich stand somit Posten zu allen Tages- und Nachtzeiten und konnte den Herbst genießen. In der Nacht wurde es allerdings kalt und regnerisch. Der Wind pfiff, die Bäume rauschten und die Blätter tanzten in dichtem Wirbel herunter. Es war stockfinster. Wenn ich am Stand 1, hin- ten im dicksten Wald patrouillierte, schrie ein mir bis jetzt unbekanntes Tier ganz schrill und 174 grausig . . . Mich hättest du ... da hinten im hohen Grase stapfen sehen können, das Gesicht kaum sichtbar durch den tiefsitzenden Stahlhelm und hoch aufgeschlagenen Mantelkragen. Nur die Ohren müssen frei sein, um aus dem Rauschen des Waldes Wahres und Eingebildetes unter- scheiden zu können und die Augen, die die Nacht zu durchbohren versuchen. Das Gewehr trage ich unter dem Arm mit 5 scharfen Patronen geladen, denn wenn es zum Schießen kommt, dann ist es hier, aus nahe liegenden Gründen. Weitere 25 Patronen stecken in den Patronenta- schen, zwei Handgranaten (die für mich nicht weniger gefährlich sind, als für den Gegner) hän- gen am Koppel . . . [Man] versucht, durch das Rauschen und das Klatschen der Regentropfen die Turmuhr des Konstanzer Münsters vernehmen zu können. Denn zwei Stunden sind doch lange. Auf einmal hört man in der Nähe des ausgemachten Ablöseplatzes einen Menschen sich nähern. Man brüllt sein: »Halt!-Wer da?!« und bekommt die Parole. Man meldet das Vorgefal- lene, wünscht viel Glück während man die Munition austauscht und stapft nach dem Wachlokal zurück. Hier legt man Mantel und Stahlhelm ab, nachdem man gemeldet hat, und stellt das Ge- wehr in den Ständer. Man darf aber sonst nichts ausziehen, muß immer umgeschnallt haben. So legt man sich auf harte Holzpritschen, daß sich einem die Patronentaschen in die Rippen pressen und pennt ein, um zur nächsten Wache geweckt zu werden.

5 d. Auszug aus einem Brief von M. Weitersberg bei Bieringen, 12 km südostwärts Osterburken, 12. 9. 1926

Wir marschierten gestern in den Mittagsstunden von Adelsheim nach hier in einer Bullenhitze auf fast durchweg schattenlosen Straßen. Ich wie jeder Einzelne haben ihr Äußerstes hergeben müssen. Manch einer ist in den Chausseegraben gesunken. Auf einer Strecke von 12 km wurde in diesem Zustande keine Rast gemacht. Dann erst kam eine kurze Pause und die Musik an die Spitze. So ging es weiter, aber die Musik hatte kaum noch Wirkung. Als wir in Bieringen anka- men, wurde bekannt, daß der II. Zug (bei dem ich bin) bis Weitersberg weiter zu marschieren habe. Eine Verzweiflung war fast auf jedem Gesicht zu lesen, mindestens eine wilde Wut. Es ging jetzt dauernd bergan. Ich sah bereits die Häuser liegen und doch 400 m vor dem Ziel konnte ich nicht mehr weiter. Ich war nicht krank (Hitzschlag oder dergleichen), ich blieb aber einfach stehen und war unfähig noch einen Schritt zu tun. Der ganze Zug forderte 50 Meter (!) vor dem Ziel ein Halt, der vom Zugführer sofort gewährt wurde, und blieb liegen. Erst später konnten wir die letzten Schritte ins Quartier gehen . . . Der Hauptmann, der mich gestern Abend und heute früh besuchte, erzählte mir, daß mein Kamerad Plock gänzlich zusammengebrochen sei (Herz!) und wahrscheinlich dienstuntauglich würde132 . . . Mir geht es aber wieder sehr gut und der Staat kann das Beste von mir erwarten!

Anmerkungen

1 Armee-Verordnungsblatt (AVB1.) 1918, S. 749. 2 AVB1. 1919, S. 19. 3 Reichs-Gesetzblatt (RGBl.) 1919, S. 295ff. u. AVB1. 1919, S. 215ff.; Ausführungsverordnung v. 6.3.1919 RGBl. 1919, S. 296, AVB1. 1919, S. 216. 4 Die genaue Zahl ist unbekannt. Von diesen Leutnanten hat sich nur ein kleiner Teil voll bewährt und stieg mit den gleichaltrigen anderen Offizieren in höhere Stellungen auf. Die meisten schieden nach we- nigen Jahren aus, teilweise aus unehrenhaftem Anlaß. Vgl. F. Doepner: Zur Auswahl der Offizieran- wärter im 100000-Mann-Heer. In: Wehrkunde. 22 (1973) 200-204 u. 259-263, hierS. 204 Anm. 11 (zit. Doepner: Auswahl der Offizieranwärter). 5 Diese Verfügung, Nr. 123/4.20.T6.Ib, ist unterschrieben von Reichswehrminister Dr. Geßlerunddem mit der Vertretung des Chefs der Heeresleitung beauftragten Generalmajor v. Seeckt. Siehe Heeres- Verordnungsblatt (HVB1.) 1920, S. 395ff. Auszugsweiser Abdruck in Offiziere im Bild von Doku- menten aus drei Jahrhunderten. Hrsg.: H. Meier-Welcker. (= Beiträge zur Militär- und Kriegsge- schichte. Schriftenreihe des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Bd 6.) Stuttgart 1964, S. 223 f. (zit. Offiziere im Bild von Dokumenten). 6 Siehe S. 148. 7 Siehe dazu HVB1. 1921, S. 67. 8 Vgl. HVB1. 1920, S. 443. * Siehe HVB1. 1920, S. 961. Einen Eindruck von der Ausbildung zum Offizier in den Jahren 1919-1922 gibt S. Westphal: Erinnerungen. Mainz 1975, S. 21-28. Siehe Anm. 5. Teil II brachte die entsprechenden Bestimmungen für die Sanitätsoffiziere, Teil III für die Veterinärof- fiziere. Einige organisatorische Neuerungen wurden fortlaufend in die Vorschrift eingearbeitet. Als 1928 ein Neudruck erschien, trug auch er noch die Unterschriften von Ebert und Geßler, ergänzt lediglich durch einen von Geßler und dem Chef der Heeresleitung, General d. Inf. Heye, unterzeichneten Genehmi- gungsvermerk für den Neudruck v. 6. 12.1927. DieH.Dv. 29 a wird hier nach diesem Neudruck zitiert. - Im Wehrgesetz v. 23. 3. 1921 heißt es im § 24 lediglich : »Jeder Angehörige der Wehrmacht kann nach Maßgabe seiner Fähigkeiten und Leistungen zu den höchsten Stellen gelangen.« Siehe R. Absolon: Die Wehrmacht im Dritten Reich. Bd 2: 30. Januar 1933 bis 2. August 1934. (= Schriften des Bundesarchivs. 16, 2.) Boppard a.Rh. 1971, S. 461 u. 474. Die Offizieranwärteraus- bildung im 5.(Preuß.) Reiter-Regiment 1933/34 in Stolp wird anschaulich geschildert bei G. Stolz, E. Grieser: Geschichte des Kavallerie-Regiments 5. München 1975, S. 150-159 (zit. Stolz/Grieser). Im Unterschied zum Reichsheer wurde das Annahmeverfahren für die Offizieranwärter der Reichsma- rine, wie schon bei der Kaiserlichen Marine, zentral durchgeführt. Die »psychotechnische Prüfung«, deren Ergebnis für die Auswahl durch die Kommandeure nicht bin- dend war, wurde erst 1929 eingeführt. Siehe S. 156. Siehe S. 162. Siehe S. 164f. Siehe S. 166f. HVB1. 1920, S. 1041. Abgedruckt in Offiziere im Bild von Dokumenten, S. 224 ff. Abgedruckt ebd., S. 229 ff. Vom I. R. 12 wird berichtet, daß es eine »Sensation« gewesen sei, »als sich im Jahre 1923 erstmalig ein Abiturient als Offizieranwärter meldete«. Doepner: Auswahl der Offizieranwärter, S. 201. Vgl. ebd., S. 201. Die zitierten und in der Dokumentation abgedruckten Briefe (Dok. 5 a-d) sind sämtlich an seine Mut- ter gerichtet und haben weithin einen geradezu tagebuchartigen Charakter. Siehe H.Dv. 29a, Ziff. 3. Siehe S. 174. - Die Homogenität war von besonderer Bedeutung für die Erhaltung der Kontinuität der Grundauffassungen, die beste Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erziehung des Offiziernach- wuchses nach den traditionellen Wertbegriffen. Siehe dazu Untersuchungen zur Geschichte des Offi- zierkorps. Anciennität und Beförderung nach Leistung. Hrsg. : H. Meier-Welcker. (= Beiträge zur Mi- litär- und Kriegsgeschichte. Schriftenreihe des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes. Bd 4.) Stutt- gart 1962, S. 182 u. 200, sowie Offiziere im Bild von Dokumenten, S. 84 ff. Allgemein auch K. De- meter: Das deutsche Offizierkorps in Gesellschaft und Staat 1650-1945. Frankfurt a. M. 1962. M. hatte seine Bewerbung einem Onkel, Bruder seines infolge Erkrankung im Feld 1915 verstorbenen Vaters überlassen. Der Onkel, bis 1919 aktiver Offizier, war mit dem Chef des Heerespersonalamtes, Generalmajor Reinicke, aus seiner Dienstzeit gut bekannt. Außerdem war er einst in der Hauptkadet- tenanstalt Lichterfelde Erzieher des nunmehrigen Major v. Niebelschütz, des Personalbearbeiters der Offizieranwärter in der Inspektion des Erziehungs- und Bildungswesens. Durch Reinicke wurde bei General d. Inf. v. Seeckt und Generalmajor v. Metzsch erreicht, daß ein Truppenteil eine zusätzliche Offizieranwärterstelle zur Einstellung von M. erhalten sollte, der Kavallerist werden wollte. Der Ver- such der Inspektion des Erziehungs- und Bildungswesens aber, die zusätzliche Einstellung von M. beim 5. (Preuß.) Reiter-Regiment in Stolp (Pommern) zu erwirken, scheiterte an dem Kommandeur, weil dieser bereits mehrere Absagen erteilt hatte und danach nicht durch die Einstellung eines - zudem bür- gerlichen und aus Süddeutschland stammenden - Bewerbers desavouiert werden wollte. Der Onkel von M. wandte sich auch an den Oberbefehlshaber der Gruppe 2, General d. Inf. Reinhardt, unter dem er zuletzt als Abteilungsleiter im Preußischen Kriegsministerium Dienst getan hatte. Auch Reinhardt be- fürwortete die Annahme von M., die nunmehr nach Zuweisung einer sechsten Offizieranwärterstelle beim 14. (Bad.) Infanterie-Regiment (Konstanz) erfolgte. Da die Entscheidung beim Regimentskom- mandeur lag, war es von Bedeutung, daß der Oberst beim Stab des Regiments (und ab 1.4.1925 Regi- mentskommandeur) der Vetter eines besonders befreundeten Corpsbruders des Vaters von M. aus ihrer Würzburger Studienzeit war und außerdem der Regimentsadjutant ein Bekannter des Onkels von M. war. So speziell dieser Fall war, so mag er doch die Bedeutung von Beziehungen bei der Annahme von Offizieranwärtern charakterisieren. Bei der Auswahl mußten Empfehlungen und Milieukenntnisse Gewicht haben als Garantie für das Herkommen aus Kreisen, aus denen der Offiziernachwuchs er- wünscht war. An Korrektiven bei etwaiger falscher Auswahl durch die Kommandeure fehlte es dann in den Jahren der Ausbildung bis zum Offizier nicht. So wird berichtet, daß vom I. R. 12 der gesamte Offi- zieranwärterjahrgang 1927 im Laufe der Ausbildung und Prüfungen »wegen Ungeeignetheit« aus- schied. Doepner: Auswahl der Offizieranwärter, S. 201. Allgemein zur Rolle von Beziehungen bei der Einstellung von Offizieranwärtern siehe auch F. Doepner: Die Entscheidung für den Offizierberuf. In: Wehrkunde. 23 (1974) 421-428, hier S. 423f. (zit. Doepner: Entscheidung für den Offizierberuf). Über seine Bezüge berichtete M. am 1.5.1925: »Ich bin in Gruppe I Stufe 1, habe also 75,50 + 23,- Ortszuschlag = 98,50 RM. Davon gehen ab 3,85 Steuer + 28,50 Essen = 32,35, bleiben 66,15. Davon geht weiter ab 9,20 für Wohnung. Also in die Hand bekomme ich 56,95 (manchmal zieht die Kompanie davon noch einen kleinen Betrag ab) und zwar am 1. und 15. des Monats in zwei Raten ausbezahlt. Nun muß ich aber auch dienstlich von diesem Geld manches bestreiten. Offizielle Sachen (wie Kasino) gehö- ren schließlich auch dazu. Also viel sparen kann ich eigentlich nicht und tue es auch nicht, weil ich zu meiner Verpflegung viel zulegen muß.« 19 Am 11.5. folgte die Nachricht: »Vor ein paar Tagen hatten wir zum ersten Mal bei einem Rückmarsch die Kapelle bei uns. Das zog! Es ist wirklich ein feines Mittel. Man vergißt alle Schmerzen, alle Müdig- keit und der ganze Kerl wird strammer. - Im Dienst sonst sind wir eben fest an den Gewehren . . . Heute sagte mein Korporalschaftsführer zu mir: >M., Sie haben ja schon bedeutend mehr Kräfte und se- hen jetzt blühend aus, blühend sehen Sie aus!< « 30 »Es sollte vornehmlich ein Unterricht für uns Rekruten sein. Trotzdem hatte ich persönlich die große Freude, mit >den Alten< auf Patrouille vor dem Feinde zu sein. Ich muß te wie wild durch die Nacht lau- fen und mich immer wieder hinwerfen, wenn eine Leuchtkugel hochging, dann weiter springen und die Meldungen an die befohlene Stelle bringen. Unser Hauptmann sieht Friedrich dem Großen etwas ähn- lich und es war mir ein sehr eigenes Gefühl, wenn ich vor ihm stand und meldete.« Brief v. 15.5.1925. 31 Am 11.5.1925 berichtete M. : »Vorgestern wurde das erste Nachexerzieren verhängt und zwar über ei- nen Fahnenjunker, Theo Plock aus Konstanz, ein sehr neuer Kerl. Er hatte während des Nachmittag- dienstes vergessen, seinen Spind abzuschließen und zufällig ging gerade der Hauptmann durch die Stu- ben. Der arme Plock kam schweißtriefend von der Gewehrpumperei zurück. Wenn es ihm wieder mal passieren sollte, was immer vorkommen kann, fliegt er in den Kahn und dann ist es aus mit dem Offizier. - Man muß auf solche Kleinigkeiten sehr acht geben, weil sie streng bestraft werden. So ζ. B. wenn man (auch das kleinste) Kleidungs- oder Ausrüstungsstück verschlampt oder gestohlen bekommt.« 32 Als Grund meldete er am 17.6.1925 nach Hause, daß ihm »einer von den vier Knöpfen, die wir hinten an der Hose haben müssen (ein gewöhnlicher Mensch hat dort nur drei) fehlte. Das war eine Schinde- rei!!« 33 ImBriefv. 23.4.1925 heißtes: »Ich hatte Stubendienst und dabei muß man . . . abends, wenn die ande- ren im Bett sind, die Stube in Ordnung bringen. Dann kommt nach dem Zapfenstreich die Wache [muß heißen Unteroffizier vom Dienst] und man muß melden. Dabei prüft der Wachhabende die Stube. Mir wurden an diesem Abend, da in dem Kohleneimer einige Papierschnitzel (!) waren, sämtliche Kohlen in die Stube geworfen und ich konnte wieder von vome anfangen.« 34 Als M. 1930/31 selbst als Rekrutenoffizier in der gleichen Kompanie Dienst ut, waren Schikanen von der Art, wie er sie als Rekrut erlebt hatte, in Donaueschingen nicht mehr möglich und nach der ganzen Mentalität nicht mehr denkbar. Die Unteroffiziere waren auch gesitteter und nicht mehr Haudegen der letzten Kriegsjahre und der Bürgerkriegszeiten. 35 Die Garnisonen des I.R. 170 waren Offenburg und Donaueschingen. 36 Unter der Prominenz der Festlichkeiten stand voran Fürst Max Egon von Fürstenberg, Freund Kaiser Wilhelms II. aus besseren Tagen. Zu den Curiosa der kleinen Garnison und Residenz einer Standesherr- schaft gehörte der Brauch, daß der Fürst aus seiner Villa Dolly in der Stadt, die er dem nahe gelegenen Schloß als Wohnung vorzog, auf die Straße heraustrat, wenn eine Truppe des Bataillons vorbeimar- schierte, die daraufhin im Achtungsmarsch Ehrenbezeigung erwies. 37 »Der See ist herrlich und hat viele Farben bei einem Blick und viele Möglichkeiten zu jeder Tageszeit. Ich gehe immer zum Ufer, wenn ich frei habe.« 38 Siehe hierzu die entsprechenden Anordnungen im Dok. 4, Abschnitt I A 4 b. 3» Meersburg, Uberlingen, die Mainau und besonders die Reichenau wurden aufgesucht, wo M. zu Land- schafts- und Bauzeichnungen angeregt wurde. Der Fähnrichsvater unternahm eine Fahrt, verbunden mit taktischer Besprechung in den Hegau und nach Uberlingen, wobei M. ein Referat zur Geschichte des Hohentwiel zu halten hatte. 40 Der Fahnenkompanie war auch M. zugeteilt. 41 Brief v. 2.9.1925. 42 »Am Montag war Vorpostenübung. Ich habe mal wieder für längere Zeit genug grüne Äpfel gegessen. Es war auch wirklich sonderbar, daß alle Posten unter oder wenigstens bei Apfelbäumen lagen.« Brief v. 3.9.1925. 43 Seit seinem Eintritt beim Militär hatte er 16 Pfund zugenommen. 44 Beim Durchmarsch in Bauerbach dachte M. an Schiller vor dem Haus, in dem er am Fiesco gearbeitet hat. 45 Brief v. 26.9.1925. 46 Brief v. 15.10.1925. 47 Siehe Dok. 4, Abschnitt I A 4 c. 48 Brief v. 21.10.1925. 49 Erfurth war im Zweiten Weltkrieg »Deutscher General beim Oberkommando der finnischen Wehr- macht«, ein Freund des Marschalls Mannerheim. 50 Brief v. 15.11.1925. 51 Ein Grabensystem mit Unterständen für die Vorbereitungen und zum Deckungnehmen nach dem Wurf. 52 Dies entsprach dem Brauch im Austausch mit mehreren befreundeten Militärmächten. 53 »Die Landser spielen abends, erzählen sich, lesen, schlafen oder necken andere. So ist's ganz gemüt- lich.« Brief v. 30.11.1925. 54 Von einem solchen Abendgang voll landschaftlicher Beglückung erzählte M. im Brief v. 27.11.1925: »Plötzlich entdeckte ich ein Denkmal an einem Waldrande über dem Lager. Ich mufite dorthin und stapfte in dem tiefen spurlosen Schnee auf mein Ziel. Ein Steinblock, darüber ein großes steinernes Ei- semes Kreuz. Ich trat nahe heran und erkannte die bronzene Inschrift: »Dem XIII. Kgl. Württembergi- schen Armeekorps«. Ich mußte an die Toten dieses tapferen Korps denken. Sie werden wohl so zahlreich sein, daß der ganze Hügel, auf dem das Denkmal steht, abgedeckt werden müßte, wenn man sie dort be- statten wollte.« 55 Der Regimentskommandeur beobachtete genau das Benehmen der Offizieranwärter, insbesondere die Tischmanieren. Siehe die wiederholten Hinweise auf »gute Formen« in den Erlassen für Ausbildung und Erziehung des Offiziernachwuchses (Dok. 2 bis 4). 56 M. war auch Atelierbesucher bei einem jungen Maler. 57 Jedoch kein planmäßiges Jägerbataillon mit Gebirgsausrüstung, weshalb es auch die weiße der Infanterie trug. 5β Brief v. 15.1.1926. 59 Brief v. 24.4.1926. 60 »Vor einigen Tagen, gegen Morgen, wurden wir wach . . . durch einen explosivartigen Schlag. Wir kümmerten uns jedoch nicht weiter darum. Am Morgen dann sahen wir den Posten gänzlich zerrissen im Kasernenhof herumliegen. Selbstmord! Er hatte beide Handgranaten, die er als Posten an sich hän-

gen hat, abgezogen und sich in der Zeit (5V2 Sek.) bis zu ihrer Explosion mit dem Gewehr erschos- sen . . .Er war von meiner Kompanie. Ich kannte ihn gut. Er war ein tüchtiger Soldat und hatte sich bei der Kompanie dienstlich in einem aufgefundenen Brief abgemeldet.« Brief v. 3.3.1926. Die Gründe für die verhältnismäßig zahlreichen Selbstmorde im Reichsheer waren - wie im vorliegenden Falle - weit überwiegend privater Natur. Im Besitz von Waffen und Munition bei verschiedenen Dienstverrichtun- gen war allerdings die Versuchung und Möglichkeit zum Selbstmord gegeben, auch in einer nur momen- tanen Depression. 61 »Morgen fahren wir nun nach Münsingen. Heute noch das übliche Bild: Uberall Verpacken, Verladen, am Bahnhof lange Reihen von Wagen, auf denen jetzt das kriegerische Bild transportfähigen Heeresge- rätes entsteht, Ordonnanzen auf Rädern und zu Fuß, Kompanien zum Ausrückeappell angetreten, Bur- schen mit dem Koffer >von Herrn Leutnant«.« Brief v. 26.5.1926. 62 Deshalb erhielten die Offizieranwärter wie jeder Offizier eine tägliche Zulage von 2.- RM. 63 Brief v. 30.5.1926. 64 Brief v. 6.6.1926. 65 H.Dv.29a, Ziff. 27. 66 H.Dv. 29a, Ani. 5. 67 Zu den Prüfungsoffizieren im Infanteriedienst gehörte Hauptmann Rommel, I. R. 13, der spätere Gene- ralfeldmarschall. 68 Die Fahnenjunkerprüfung konnte ausnahmsweise nach einem Jahr wiederholt werden. H.Dv. 29a, Ziff. 27. - Im Jahre 1930 wurde die Fahnenjunkerprüfung abgeschafft. Vgl. HVB1. 1931, S. 53. 69 H.Dv.29a, Ani. 1, Ziff. 4f. 70 Die Erhöhung der Bezüge betrug monadich etwa 6.- RM. 71 Brief v. 4.9.1926. 72 Brief v. 19.9.1926. - Uber Seeckt in diesen Tagen und seine Einstellung gegenüber Hindenburg und dem Oberbefehlshaber der Gruppe 2, General d. Inf. Reinhardt, s. H. Meier-Welcker: Seeckt. Frank- furt a.M. 1967, S. 499f. 73 Nachricht v. 20.9.1926. - In solchen Äußerungen alter Soldaten kamen die Erinnerungen aus dem Stel- lungskrieg und an räumlich nahe begrenzte Operationen zum Ausdruck. Die Ausbildung im Reichsheer nach dem Weltkrieg war aber ganz auf den Bewegungskrieg hin angelegt. Was dem Soldaten in der Truppe bei körperlichen Anstrengungen mitunter schwerfällt zu begreifen, darüber belehrt Clausewitz: Körperliche Anstrengungen »müssen geübt werden, weniger, daß sich die Natur, als daß sich der Ver- stand daran gewöhne. Im Kriege ist der neue Soldat sehr geneigt, ungewöhnliche Anstrengungen für Folgen großer Fehler, Irrungen und Verlegenheiten in der Führung des Ganzen zu halten und dadurch doppelt niedergedrückt zu werden. Dies wird nicht geschehen, wenn er bei Friedensübungen darauf vorbereitet wird.« Vom Kriege. Erstes Buch. Kap. 8. 74 Brief v. 21.9.1926. 75 Hauptmann Melchior empfahl seinem Fahnenjunker James Fairgrieve: Geographie und Weltmacht - Einführung in die Geopolitik, eine Neuerscheinung von 1925. M. hatte im Laufe des Jahres 1926 einige kriegsgeschichtliche Literatur gelesen, vor allem über den Weltkrieg. Charakteristischer aber war, in Kontinuität zu einer gewissen Jugend des Weltkrieges, die fast tägliche Lektüre von Hölderlin. Am 31. 7.1926 vermerkte M.: »Selbst auf Wache durfte er mich nicht verlassen.« 76 Die überzählige Beförderung infolge fehlender Planstellen. Vgl. H.Dv. 29a, Ziff. 33. 77 Die einschlägigen Erlasse Seeckts zum Verhalten der Waffenschüler und über die daraus gezogenen Fol- gerungen in Offiziere im Bild von Dokumenten, S. 232 ff. 78 Vgl. S. 149. 79 Brief v. 16.11.1926. 80 Bundesarchiv-Militärarchiv, Depositum Meier-Welcker Ν 241/1. 81 M. gehörte zum Lehrgang I b, 4. Inspektion, Hörsaal K. Dem Hörsaal war ein chilenischer Haupt- mann als Hörer zugeteilt. Zwei weitere chilenische Offiziere befanden sich in anderen Hörsälen. 82 Dabei auch Entwicklung und Stand der Fliegertruppe und die Flugzeugtypen des Auslandes. 83 M. lernte weiter Französisch. 84 Die Aufsichtsoffiziere, für jeden »Hörsaal« (Aufsicht) einer, waren Oberleutnante. 85 Brief v. 25. 11. 1926. Taktiklehrer und Hörsaalleiter war Hauptmann Dietl, im Zweiten Weltkrieg zu- letzt Generaloberst und Oberbefehlshaber der 20. Gebirgsarmee, im Juni 1944 bei einem Flug tödlich verunglückt. Das Urteil von M. über Dietl wurde bald ungünstiger wegen dessen schlechter Menschen- kenntnis und ständiger Anfälligkeit für Schmeicheleien. 86 Am 25. 11. 1926 schrieb M.: »Ich freue mich sehr darüber, welches Interesse hier von den Junkern all- gemein doch diesen Dingen [Kunst und Kultur] entgegengebracht wird. Ich habe hier schon wiederholt intensive und wertvolle Kunst- und philosophische Debatten gehabt.« Im Staatstheater sah M. Gret Pa- lucca tanzen. »Es war eine wundervolle Leistung.« Der noch junge Donkosakenchor war zu hören und die Johannespassion in der Kreuzkirche. Uber den ersten Besuch im Zwinger: »Etwas, was nie zu ahnen war und nur im Original zu sehen ist, das sind die Raffael'schen Augen. « Unter dem Eindruck der Lovis Corinth-Ausstellung: »Eine sehr interessante Entwicklung mit viel Können und Leistung, aber auch manchem, was besser ungeschehen geblieben wäre. « (Brief v. 17. 3. 1927). In einer anderen Ausstellung wurden u. a. Liebermann, Trübner und Thoma bewundert. An die »Frühjahrsausstellung des sächsi- schen Kunstvereins« war eine Sonderausstellung französischer Meister des 19. Jh. mit Aquarellen und Zeichnungen »Von Ingres bis Cézanne« angeschlossen. Von alledem berichtet M. nach dem vorange- gangenen Leben in den kleinen Garnisonen mit großer Freude. 87 Brief v. 15. 2. 1927. In einer Neuinszenierung sah M. im Staatstheater die Erstaufführung von Goethes »Egmont«. 89 M. wurde im III./I. R. 14 mit Rückwirkung v. 1. 12. 1926 planmäßiger Unteroffizier. - Im Mai 1927 verlangte das I.R. 14 in einem Schreiben an die Mutter von M. die finanzielle Sicherstellung der Erstaus- stattung im Falle der späteren Beförderung zum Offizier. - Zur Frage der finanziellen Unterstützung durch die Eltern s. Doepner: Entscheidung für den Offizierberuf, S. 426. 89 H.Dv.29a, Ziff. 32 u. 34. 90 Offiziere im Bild von Dokumenten, S. 241. 91 Die Gesamtzahl der in der Zwischenprüfung durchgefallenen Fahnenjunker des Eintrittsjahrgangs 1925 ist nicht bekannt. Wenn man nach dem Ergebnis bei der 4. Inspektion ungefähr auf den Gesamtlehrgang schließen kann, so wären etwa 12 Fahnenjunker entlassen worden. Die gegenüber dem Vorjahrgang ge- ringere Zahl zeigt, daß die Auswahl bei der Einstellung inzwischen strenger und zutreffender geworden war. 92 In den Briefen von M. ist immer wieder die Rede von der Endassung von Kameraden: 9. 4. 1927: »In- zwischen ist wieder ein Junker abgebaut worden.« 25. 5. 1927: »In letzter Zeit wieder 4 Junker verab- schiedet.« 13. 7. 1927 wird die Rücksendung eines Fahnenjunkers erwähnt. 15. 7. 1927: »Wieder zwei Fahnenjunker-Unteroffiziere abgebaut.« Danach fand die Fähnrichsprüfung statt. Mitunter wird auch die Rücksendung von Fähnrichen des II. Lehrgangs erwähnt, so am 15.3. 1927 drei Fähnriche sind »mit ..ziemlicher Rücksichtslosigkeit abgebaut worden«. 93 Brief v. 3. 4. 1927. 94 Infolge des außerordentlich günstigen Wechselkurses von Reichsmark und tschechischer Krone waren die Preise in der Tschechoslowakei um 30-50% niedriger. 95 Nachricht v. 5. 6. 1927. 96 Im Reisetagebuch von M. erscheint in einer Betrachtung über »Die Deutsch-Böhmen« eine Feststel- lung, die bei einem Fahnenjunker dieser Jahre bemerkenswert ist: »Wer zieht denn bei uns nur in den fernsten Gedanken in den Bereich der Möglichkeit, daß Nordböhmen an Deutschland kommen könn- te? Aber für die Sudetendeutschen ist dies die einzige Hoffnung und sie glauben daran.« 97 Das Körner-Haus mit seinen Erinnerungen an die Körners, an Schiller und Goethe interessierte. - Mo- dern ließ man sich auf der großen Papierausstellung informieren. 98 H.Dv.29a, Ziff. 35. 99 Die Noten reichten von 1 bis 9 (ungenügend bis vorzüglich). 100 M., der zum Stubenältesten bestimmt wurde, lag mit je einem Kameraden der Garnisonen Quedlin- burg, Görlitz und Glaz zusammen, die dem Hörsaal F zugehörten. 101 Für ihre politische Unterrichtung konnten die Fähnriche selbst sorgen, etwa durch Einsichtnahme in die Presse. Im Lesesaal des Kasinos hingen in langer Reihe sämtliche großen deutschen Zeitungen von der »Roten Fahne« bis zur Rechten. 102 So ist am 10. 3. 1928 von der Entlassung von zwei Fähnrichen aus Ostpreußen die Rede. Mitte Mai 1928 wurde wieder ein Fähnrich »abgebaut«. 103 Aus den Tagen der Entlassung Seeckts im Oktober 1926 liegt keine Äußerung von M. vor, weil er sich in dieser Zeit zu Hause im Urlaub befand. Im Hinblick auf die bevorstehenden Einweihungsfeierlichkei- ten der Infanterieschule schrieb er nur am 29. 10. 1926 noch aus Konstanz: »Wie gerne würde ich sie [die Einweihung] unter Generaloberst v. Seeckt erleben!« 104 Brief v. 29. 3. 1928. 105 Berichtet wird in den Briefen von M. noch über »Così fan tutte« im »Opernhaus festlich, königlich«, Bachs »Weihnachtsoratorium« in der Kreuzkirche, J. Strauß' »Fledermaus« in der Oper, den russischen Staatschor unter Klimoff (60 Männer- und Frauenstimmen, 40 Kinderstimmen), Goethes »Faust«, Carl Zuckmayers »Schinderhannes« jeweils im Schauspielhaus und Wolfgang Goetz' »Gneisenau«, »jenes sehr umstrittene Stück, das tatsächlich viele Mängel hat«. Mary Wigmans Tanz wurde bewundert. Von Ausstellungen werden genannt besonders die Slevogt-Ausstellung (mit stärkerem Eindruck von Zeich- nungen als von den ölarbeiten) und die Sascha Schneider-Ausstellung, die M. mehrmals besucht hat. Ungezählt waren die Stunden in der Zwinger-Galerie. 106 So von M. in der Goethe-Gesellschaft der Vortrag von Fritz Strich über »Goethe und Napoleon« am 3. 2. 1928. In den »Sächsischen Nationalklub« kam M. auch gelegentlich zu Vortrag und Aussprache. 107 So von M. der Baltenabend, da M. besonders im Kreis der baltischen Emigranten verkehrte. 108 Beim Auskosten der Maskenbälle gab es allerdings Schwierigkeiten durch die Urlaubsbegrenzungen. Außerdem schreibt M. über solche Behinderungen: »Man darf z.B. nur in Uniform an den Bestim- mungsort und soll sich dort umziehen, was sehr unangenehm ist und manchmal gar nicht durchführ- bar.« Brief v. 3. 2. 1928. 109 So hat M. an Ostern 1928 beim Besuch der Inseln Wollin, Usedom und Rügen erstmals das Meer gese- hen. Er war auf Rügen Gast auf einem Gut, dessen Betrieb ihn interessierte. In Stralsund machte er sich mit der Backsteingotik bekannt. 110 An weiterer Lektüre ist für 1926/28 zufällig nachweisbar: Margherita Sarfatti: Mussolini. Leipzig 1926; Ricarda Huch: Das Leben des Grafen Federigo Confalonieri. Leipzig 1925; Heinrich v. Kleist: Das Ma- rionettentheater. Nach Abschluß der Infanterieschule in der Truppe trat bei M. Literatur zur Vorge- schichte des Weltkrieges in den Vordergrund, so die Briefe des Staatssekretärs des Äußern (1910-1912) v. Kiderlen-Wächter und die Memoiren Poincarés. 111 M. besuchte Regensburg und Passau und die erste große Dürerausstellung in Nürnberg. 112 Brief v. 2. 7. 1928. 113 Die Gesamtzahl der zur Truppe zurückgeschickten Waffenschüler ist nicht mehr feststellbar. Zählt man die in den Briefen von M. genannten Rücksendungen von der Infanterieschule für den Eintrittsjahrgang 1925 zusammen, so waren es 14 Waffenschüler, wobei die Fähnriche des II. Lehrganges bei den anderen Waffenschulen nicht erfaßt sind. Auch ist die Zahl der in den Prüfungen durchgefallenen Waffenschüler nicht bekannt (bei der Zwischenprüfung des I. Lehrgangs der Infanterieschule 1927 etwa 12 Fahnenjun- ker). 114 M. ritt auch gerne in der Freizeit. Bereits im Mai 1927 durfte er das beste Sprungpferd des Schulstalles springen, das nur für Tumierzwecke gehalten wurde. Auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr fand ein Geländeritt von 15 km mit 20 Hindernissen bei knapper Höchstzeit statt. Hierbei sowie in der Dres- surprüfung und der Fahrprüfung des Reit- und Fahrturniers in Dresden konnte M. Preise holen. Er war sich stets des hohen selbsterzieherischen Wertes des Umgangs mit dem Pferd bewußt. Im Reichsheer gab es 40234 Pferde und 991 Tragtiere. Für das Wesen des militärischen Dienstes ist das Verschwinden des Pferdes aus den Heeren in mehrfacher Hinsicht einschneidender gewesen, als man sich vielfach be- wußt geworden ist. 115 H.Dv. 29a, Ziff. 42 u. 43. 116 Gängige Bezeichnung »Streberplempe«, was natürlich eine Ungerechtigkeit sein konnte, aber dem Korpsgeist entsprach. 117 Brief v. 30. 10. 1928. 118 H.Dv. 29a, Ziff. 44. 119 Nach der Annahme fand die Rekrutenausbildung beim Ausbildungsbataillon in Donaueschingen statt. 120 H.Dv. 29a, Ziff. 45. 121 Vgl. v. Rodenberg: Offizierersatz und Beförderungsverhältnisse im Reichsheer. In: Militär-Wochen- blatt. 112 (1927/28) Sp. 59-62. 122 Spätere Offizieranwärterjahrgänge wurden kleiner gehalten: Zum Zeitpunkt der Kommandierung zum I. Lehrgang der Infanterieschule betrug die Stärke: Jahrgang 1929: 189; 1930: 175; 1931: 143 Fahnen- junker-Unteroffiziere. Erst im Hinblick auf die Heeresvermehrung wuchs der Jahrgang 1932 auf 349 Fahnenjunker-Unteroffiziere an. Doepner: Auswahl der Offizieranwärter, S. 202. 123 Es war ein alter Brauch, daß der Posten vor Gewehr am Kasementor, der vor dem jungen Leutnant die erste Ehrenbezeigung durch Präsentieren erwies, einen Thaler = 3 RM erhielt. Die Posten freuten sich auf den Moment. Uber die entsprechende Sitte beim Blücher-Husaren-Regiment 5 in Stolp vor dem Er- sten Weltkrieg s. Stolz/Grieser, S. 211. 124 Doepner: Entscheidung für den Offizierberuf, S. 424 u. 427. 125 Zu dieser H.Dv.29a s.S. 148f. Hervorhebungen im Original werden durch Kursivsetzung gekennzeich- net. 126 Die Verfügung trägt die Bezeichnung: Heeresleitung Nr. 346. 2. 23. In 1 I. 127 Enthält Hinweis auf den Erlaß des Chefs der Heeresleitung v. 20. 1. 1923, s. S. 149. 128 Es folgen im einzelnen die Ausbildungsrichtlinien für die Offizieranwärter während ihres Dienstes in der Truppe bis zur Kommandierung zur Infanterieschule I. Lehrgang, gegliedert in die Rekrutenzeit, Dienst beim Feldtruppenteil bis zur »Offizier-Anwärterprüfung« und danach bis zur Einberufung zur Infanterieschule. 129 Die Verfügung trägt die Bezeichnung: Heeresleitung Nr. 42. 3. 24. In 1 P. 130 Die Verfügung trägt die Bezeichnung: Heeresleitung Nr. 554. 2. 25. In 1 P. Die auszugsweise Abschrift ist 1925 vom Kommando der Infanterieschule angefertigt und vervielfältigt worden. 131 Ein weiterer Offizieranwärter kam aus Offenburg. M. lernte ihn erst in den nächsten Tagen kennen. Da die Offizieranwärter auf alle Korporalschaften verteilt waren, konnten sie sich erst allmählich als solche erkennen. 132 Die Befürchtung ist nicht eingetreten.

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