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DAS SENCKENBERG-WISSENSCHAFTSMAGAZIN BAND 148 | HEFT 04– 06 2018

EINER VON 40 MIO

FORSCHUNG WISSENSCHAFTLICHE SAMMLUNGEN SICHTBAR MACHEN UND NUTZEN

NATURMUSEUM ABTAUCHEN INS JURAMEER 56 57 INHALT INHALT

58 EDITORIAL FORSCHUNG 64 60 Von Forschern und Sammlern UNSERE MEERESFORSCHER 62 Senckenberg-Sammlungen in Zahlen ­BERICHTEN VON DER VEMA-­­ 64 Eine Tiefseeassel vom Meeresgrund TRANSIT-EX­PEDITION, DER 74 ediCALL – Erfassung, Digitalisierung, Inwertsetzung ERSTEN FORSCHUNGSFAHRT 80 Networking im Laubblatt DER NEUEN „SONNE“. 84 Serie „Young Scientists“: Ein virtuelles Mikroskop für Museumssammlungen 87 Pflanzen digital

FORSCHUNG KOMPAKT 90 BEI SENCKENBERG ENTSTEHT 90 Neue Neozoen-Sammlung bei Senckenberg am Meer DERZEIT EINE SAMMLUNG FÜR MARINE NEOBIOTA. IM BILD DIE NATURMUSEUM ASIATISCHE FELSENKRABBE, EIN 92 Virtual Reality im Museum NEUBÜRGER IN DER NORDSEE.

GESELLSCHAFT 94 Mein Senckenberg: Vier Jubilare und ihr Engagement für die SGN 98 Blick zurück: Adolf Bernhard Meyer

SERVICE 101 Lesezeichen 102 Highlights des Bereichs „Bildung und Vermittlung“ am Senckenberg Naturmuseum­ Frankfurt 103 Programm der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden 104 Programm des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz 105 Vortragsreihen 92 107 Veranstaltungskalender anderer Institute EINE NEUE VIRTUAL-REALITY-­ 108 Impressum / Bildnachweise ANWENDUNG FÜHRT MUSEUMS- BESUCHERN DIE UNTERWASSER- WELT DES JURAS VOR AUGEN.

94 JUBILÄUM. VIER SENCKEN- BERGER SCHAUEN ZURÜCK AUF 40 DIENSTJAHRE.

TITELBILD

Senckenberg beherbergt in Müncheberg eine der weltweit größten Sammlungen von Sandlaufkäfern. Unser Titelbild zeigt Cosmodela­ setosomalaris aus Tibet, im Jahr 74 1913 beschrieben vom damaligen Direktor des SIEBEN FORSCHER ZIEHEN BILANZ Deutschen Entomologischen Instituts Walther ZUR „EDICALL“-INITIATIVE, EINEM Horn (1871–1939). Um unsere Sammlungs­ ­PILOTPROJEKT ZUR ERSCHLIESSUNG, stücke für die taxonomische Arbeit weltweit DIGITALISIERUNG UND INWERT­ -­ leichter zugänglich zu machen, veröffentlichen SETZUNG DER SAMMLUNGEN. wir solche tiefenscharfen Bilder von Typen über AQUiLA (siehe Seite 74).

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 58 59 EDITORIAL EDITORIAL

LIEBE MITGLIEDER, LIEBE FREUNDE LIEBE LESERINNEN VON SENCKENBERG, UND LESER,

iner von 40 Millionen“ heißt bar zu machen; auch, um die er hat nicht während seiner Schulzeit ein „E es auf der Titelseite – so viele Voraussetzungen für international W oder mehrere Stickeralben gefüllt, egal Zähleinheiten lagern heute in unse- vernetzte und konkurrenzfähige ob mit Fußballern, Autos, Hunden oder Comic­ ren wissenschaftlichen Sammlun- Spitzenforschung zu schaffen. Da- figuren, dafür sein Taschengeld ausgegeben, mit gen, über mehrere Jahrhunderte her engagiert sich Senckenberg Freunden getauscht und auf Tauschbörsen gestö- aus allen Teilen der Welt zusam- auch in der bundesweiten Initiative bert? Vermutlich kennen die meisten das befrie- mengetragen. Senckenberg mit „Deutsche Naturwissenschaftliche digende Gefühl, wieder ein lang ersehntes Exem- seinen traditionsreichen und um- Sammlungen als integrierte For- plar an den ihm vorbestimmten Platz geklebt zu fassenden Kollektionen ist in der schungsinfrastruktur“ (DCOLL). haben, stolz und auch ein klein wenig bedauernd, glücklichen Lage, diese Daten- wenn die letzte Lücke endlich gefüllt ist. schätze für die internationale Wis- Mit den Beiträgen in diesem Heft So gesehen kann das Sammeln durchaus senschaftsgemeinde bereitstellen werfen wir einige Schlaglichter auf Glücksgefühle hervorrufen, denn wer sammelt zu können und damit zu einem die Aktivitäten im Themenfeld – welche „Schätze“ auch immer – , tut das in aller Hauptakteur bei der Erfassung und „Wissenschaftliche Sammlungen Regel mit Eifer, Hingabe und Leidenschaft. In der Erforschung der globalen Artenviel- und Digitalisierung“. Lesen Sie, wie Wissenschaft ist dies alles vielleicht noch ausge- falt zu werden. Denn nach Jahr- unsere Mitarbeiterinnen und Mit- prägter und spannender, weil das „Sammelalbum“ zehnten des Dornröschenschlafs arbeiter die digitale Sammlungswelt der Natur über eine unbekannte Zahl von Seiten ist die sammlungsbasierte For- entwickeln und gestalten, wie sie und freien Plätzen verfügt. Zudem ist oft zunächst schung wieder im Aufwind. Ge- sich zur Erschließung unserer Be- auch gar nicht klar, wo genau ein neues „Bildchen“ meinsam mit unseren Partnern im stände über die Senckenberg-­ eingeordnet werden muss. Aber wer im Namen „Leibniz-Verbund Biodiversität“ Standorte hinweg vernetzen. Und der Wissenschaft sammelt, erlebt nicht nur die sind unsere Taxonomen bei Fragen erfreuen Sie sich an den ästhe­ Freude am Sammeln selbst, er liefert auch die involviert, die weit über das Sam- tischen Aufnahmen unserer Samm- Grundlagen für weitergehende Forschungen – und meln und die Beschreibung von lungsbelege und Proben aus aller trägt dazu bei, das Wissen über die Welt um uns Lebewesen hinausgehen. Aktuelle Welt. Es sind einmalige Zeugnisse herum zu vermehren und diese Erkenntnisse nach Forschungsprojekte und -ergebnisse Jahrhunderte währender Sammel- außen zu tragen. belegen eindrucksvoll, welchen und Forschungstätigkeit und ein So sind Sammlungen eine wichtige In­ Stellenwert taxonomisch-systema- bedeutender Teil unseres wissen- frastruktur für die Wissenschaftsgemeinde,­ tisches Arbeiten auf der Basis von schaftlichen und kulturellen Erbes. gleichzeitig aber auch ein Schaufenster für die Sammlungsmaterial für die fossile Gesellschaft, und ihr Wert ist – materiell wie wie rezente Bio- und Geodiver­ In diesem Sinne viel Freude beim ideell – enorm. Sammlungen bewahren einzigar- sitätsforschung hat, ebenso bei Lesen und Betrachten! tige, authentische und damit nicht reproduzier­bare gesamtgesellschaftlich relevanten Herzlichst, Ihr Originale: „Wir haben die Echten!“. Und wir Fragen in der Erdsystemforschung. bringen sie dem Publikum näher, erzählen ihre Geschichten in unseren Museen, Ausstellungen, Die drei Leibniz-Naturforschungs- Vorträgen und Publikationen wie in dieser neuen Bunte Käferschau – eigens für museen, das Berliner Naturkunde- Ausgabe Ihres Wissenschaftsmagazins. Ob die aktuelle Sonderausstellung „Vielfalt zählt“ von der Sektion museum, das Museum Alexander Volker Mosbrugger ­bizarre ­­ Tiefseeassel, farbenprächtiger Sandlauf- Entomolgie I am Senckenberg-­ Koenig in und wir von Sen- Generaldirektor, Senckenberg käfer, zarter Falter oder jahrhundertealter Herbar- Standort Frankfurt arrangiert. ckenberg, beherbergen zusammen ­Gesellschaft für Naturforschung beleg: Die Ästhetik der Exponate soll nicht nur schon über 70 Millionen Samm- emotional ansprechen und die Schönheit von lungsobjekte, deutschlandweit Natur und Naturwissenschaft vermitteln, sondern kommen mehr als 150 Millionen auch den Wunsch wecken, mehr über die Objekte zusammen. Viele unserer Bestände und ihre wissenschaftlichen Hintergründe zu er- sind schon heute online recher- fahren – also auch Ihre ganz persönliche Sammlung chierbar und damit auf der ganzen des Wissens über die Vielfalt des Leben auf der Welt zugänglich. Digitale Techno- Erde zu vergrößern. logien und Internet-Portale sind die zentralen Werkzeuge der Gegen- Lassen Sie sich begeistern! wart, um wissenschaftliche Samm- Ihr Thorsten Wenzel lungen sichtbar und vor allem nutz- Editor-in-Chief

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 60 61 FORSCHUNG FORSCHUNG

INTRO

MODERNE METHODEN FÜR ALTE „TYPEN“ VON FORSCHERN UND Die Art und Weise, wie Sammlungsmaterial genutzt wird, hat sich stetig weiterentwickelt. Der technische Fortschritt und neue Untersuchungsmethoden ermöglichen es uns, den Objekten immer mehr Informationen zu entlocken. Im 19. Jahrhundert SAMMLERN beschränkte man sich meist auf die Beschreibung ihres Äußeren. Mit der Verbesserung der Lichtmikroskopie konnten diese Un­ tersuchungen dann auf immer kleinere Details ausgedehnt Jahrhundertealte naturwissenschaftliche Sammlungen werden. Die Einführung der Elektronenmikroskopie war dann schon ein Schritt in eine ganz neue Dimension. Diese Entwicklung im Wandel der Zeit – ein Rückblick und Ausblick hält heute immer noch an und ermöglicht uns inzwischen sogar die bildliche Darstellung einzelner Moleküle. von Thomas Hörnschemeyer & Uwe Fritz ZERSTÖRUNGSFREI UND HOCH AUFGELÖST Unsere Sammlungsobjekte Mit zerstörungsfreien Untersuchungsmethoden, wie zum Beispiel der hochauflösenden Röntgentomografie, können wir mittler­ weile selbst die wertvollsten Objekte auf ihren inneren Aufbau setzen wir in unseren Aus- hin bis ins kleinste Detail untersuchen. Eine vergleichbare Entwicklung hat sich bei den chemischen und biochemischen stellungen für die Wissens- Untersuchungsmethoden abgespielt, sodass wir heute zum Beispiel die DNA-Sequenzen von Sammlungsobjekten ermitteln Am Anfang stand das Interesse einzelner Persönlichkeiten an den Phänomenen können, ohne das Objekt zu beschädigen. Ähnliches gilt auch vermittlung an die breite der Natur. Sie legten Sammlungen an, um die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten, für RNA-Sequenzen oder Proteinanalysen und natürlich auch Fossilien, Mineralien und Gesteinen zu dokumentieren. So sind die ersten natur- für die Untersuchung der Zusammensetzung und des Aufbaus Öffentlichkeit ein, aber nur etwa von Gesteinen und Mineralien, deren Bestandteile sich kundlichen Sammlungen entstanden. Heute sind diese alten Kollektionen eine bereits anhand winziger Proben mit höchster Genauigkeit be­ einen sehr kleinen Teil davon. wertvolle Grundlage modernster Erdsystemforschung. stimmen lassen. All diese Möglichkeiten, Informationen aus den Samm­ lungsobjekten zu gewinnen, werden durch immer leistungs­ fähigere Computer und Programme zur Datenverwaltung und ie Sammlungen der Senckenberg Gesellschaft für So ist es noch heute: Unsere Sammlungsobjekte setzen wir in Datenanalyse unterstützt. AKTUELLE FAUNENVERÄNDERUNGEN D ­Naturforschung umfassen etwa 40 Millionen Zähl­ unseren Ausstellungen für die Wissensvermittlung an die breite IN ECHTZEIT BEOBACHTEN einheiten – Individuen oder Serien. Damit sind sie in Deutschland Öffentlichkeit ein, aber nur einen sehr kleinen Teil davon. Das METADATEN ERMÖGLICHEN KOMPLEXE Besondere Bedeutung kommt aktuell auch den sogenannten die größten und vielfältigsten Sammlungen aus allen Bereichen Gros der Stücke steht im Dienst der Wissenschaft und ist die AUSWERTUNGEN „invasiven Arten“ zu, also zufällig verschleppten oder auch der Naturkunde, einschließlich Zoologie, Botanik, Geologie und unverzichtbare Grundlage für die Erforschung unserer belebten Die fortschreitende digitale Erfassung der Informationen zu den absichtlich eingeführten Spezies, die sich „selbstständig ge­ Paläontologie. Die Sammlungen haben eine lange Geschichte, und unbelebten Umwelt. Anfangs ging es im Wesentlichen Sammlungsobjekten erlaubt immer komplexere Datenauswer­ macht“ haben. Sie richten unter Umständen Schaden an und die in Frankfurt und Görlitz bis ins frühe 19. Jahrhundert, in darum zu dokumentieren, welche Pflanzen- und Tierarten wo tungen. Begleitinformationen, wie zum Beispiel Fundorte und können sogar einheimische Arten verdrängen. Dies lässt sich Dresden sogar bis in die Renaissance im 16. Jahrhundert zu­ lebten oder wo man welche Gesteine finden konnte. Gleichzei­ -zeitpunkte, können mit Umweltdaten verknüpft werden. So etwa bei unserem Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septem- rückreicht. tig wurde über diese „Belegexemplare“ beispielsweise die gewinnen wir ein detailliertes Bild der Lebensbedingungen eines punctata) beobachten, der zunehmend durch den Asiatischen Morphologie dokumentiert. Tiers oder einer Pflanze zu einer bestimmten Zeit an einem be­ Marienkäfer (Harmonia axyridis) verdrängt wird. Letzterer WISSBEGIERIGE BÜRGER UND ADLIGE Ganz besonders wichtig sind diejenigen Stücke, anhand stimmten Ort. Diese Daten ermöglichen unter anderem computer­ wurde zur Schädlingsbekämpfung eingeführt und ist nun selbst MACHTEN DEN ANFANG derer Arten zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben wur­ gestützte Vorhersagen zur Änderung von Verbreitungsgebieten, zum Lästling geworden. Diese und andere Faunenveränderun­ In Frankfurt oder Görlitz liegen ihre Wurzeln in der Wissbegier den – sogenannte Typusexemplare beziehungsweise Typen. Sie zum Beispiel in Zeiten des Klimawandels. Solche Vorhersagen gen können wir zurzeit z. B. auch für die Nordsee nachweisen. von Bürgern, die damals naturforschende Gesellschaften grün­ sind als Vergleichsobjekte unerlässlich und dienen quasi als können große Bedeutung für den Menschen haben, zum Beispiel Lesen Sie hierzu den Beitrag von Professor Pedro Martínez aus deten. Sie wollten durch ihre Sammlungen die Vielfalt der Natur „Eichmaß“ oder „Urmeter“ für die betreffende Art. Im Zweifel wenn es darum geht, wie sich das Verbreitungsgebiet von Mücken Wilhelmshaven auf den Seiten 80/81! dokumentieren. Aber auch adlige Landesherrn interessierten kann nur durch den direkten Vergleich mit einem Typusexemplar verändert, die Krankheiten übertragen können. Die Vorausbe­ Dies verdeutlicht, dass Sammlungen Veränderung doku­ sich für Naturphänomene und entwickelten eine große Sam­ ermittelt werden, ob ein Organismus wirklich eine neue Art ist rechnung der Entwicklung gibt der Gesellschaft und den Politikern mentieren und wichtige Informationen für Zukunftsprognosen melleidenschaft. Der sächsisch-polnische Kurfürst, König August oder ob diese Art bereits von einem anderen Wissenschaftler die Möglichkeit, frühzeitig Maßnahmen zu planen. enthalten. Ihre Pflege und Weiterentwicklung war von Anbeginn der Starke in Dresden, präsentierte bereits im frühen 18. Jahr­ beschrieben wurde. Sammlungsmaterial dokumentiert auch das Erlöschen das „Kerngeschäft“ der Senckenberg Gesellschaft für Natur­ hundert einen Teil seiner Naturaliensammlung in einem natur­ oder die Ausbreitung von Arten und bietet damit ebenfalls die forschung und das vorliegende Heft von „Natur – Forschung – historischen Museum – dem heute als Kunstmuseum weltbe­ Möglichkeit, über Computermodellierungen Zukunftsprognosen Museum“ bietet Ihnen eine Auswahl von Beispielen aktueller kannten „Zwinger“. abzugeben. Entwicklungen in diesem Forschungsfeld!

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 62 63 FORSCHUNG Insekten FORSCHUNG

DIE SENCKENBERG- Anfragen an die Sammlungs- Digitalisierte Objekte 21,8 02 datenbank seit 2004 03 in SeSam/AQUiLA seit 2006 FORSCHUNGSSAMMLUNGEN Millionen 200 000 1 200 000 UND IHRE DIGITALISIERUNG 180 000 1 000 000 160 000 von Andreas Allspach 140 000 800 000 120 000 100 000 600 000 Wirbellose 80 000 400 000 60 000 40 000 200 000 20 000 0 0

Botanik 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 8,6 Millionen In den letzten beiden Jahrzehnten Globale Verbreitung unserer Sammlungsobjekte nach Kontinenten ist der Bestand der wissenschaft­ Paläontologie 04 via Global Biodiversity Information Facility (GBIF) 1,8 lichen Sammlungen der Sencken­ Millionen berg-Forschungsinstitute signifikant gewachsen. Ende 2017 überstieg die Anzahl der Objekte erstmals die 40 Millionen. Mehr als die Hälfte Wirbeltiere des Sammlungsbestands sind übri­ gens Insekten (01). Gleichzeitig 2 % wurde die Millionengrenze bei den 62 % 6,9 digital erfassten Sammlungsobjek­ 15 % ten durchbrochen. Etwa 12 Prozent Millionen ­unseres Bestands aus mittlerweile 120 Sammlungen (03) sind digital erfasst. 9 % 770,5 Die Mehrzahl der Objekte ist in der Tausend eigens entwickelten Senckenberg-­ Geologie Sammlungsdatenbank „SeSam“ zu finden, die wir seit 2001 anwenden. Seit 2004 erheben wir auch Zugriffs­ Seit August 2017 ist dieser Bestand daten und freuen uns darüber, dass über unser neues Suchportal „AQUiLA das Interesse an unserem Service­ 10 % search“ öffentlich zugänglich. Über angebot von Anfang an kräftig ge­ eine Million Objekte lassen sich hier stiegen ist (02) – ein Indiz dafür, dass 2 % in Sekundenschnelle durchsuchen. sich unser Online-Portal wachsen­ der Beliebtheit erfreut und die Daten 196 Die Daten aller Sammlungen, die in aus unseren Sammlungen interna­ Globale Verbreitung nach Eigenschaften (GBIF) SeSam enthalten sind, werden auch tional geschätzt werden. Tausend an die Datenbank der internationa­ len Organisation GBIF übermittelt. paläontologisch Nutzer können sie über ein weltweit 10 % 124 301 Objekte bekanntes Internetportal finden und Digital erfasster Sammlungsbestand: mit den Daten Hunderter anderer  sesam.senckenberg.de botanisch naturkundlicher Sammlungen kom­ https://search.senckenberg.de/aquila-public-search/search 24 % 145 098 Objekte binieren. Abbildung 04 zeigt die globale Verbreitung der bislang in Über das Portal GBIF können alle Sammlungen, Gesamtzahl der Sammlungsobjekte: über 40 Millionen SeSam eingepflegten Sammlungs­ die SeSam liefert, frei zusammengestellt werden zoologisch 01 aufgeteilt nach 6 Schwerpunkten objekte. www.gbif.org 66 % 767 032 Objekte

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Für eine Tiefseeassel aus dem Atlantik gehen Senckenberg-Forscher in den wissenschaftlichen Sammlungen auf Partnersuche

von Angelika Brandt, Nele Heitland & Torben Riehl

uf einer Schiffsexpedition im Atlantik ent- sächliche Vielfalt zeigt sich erst in der Petrischale unter A deckten Wissenschaftler im Winter 2014/2015 der Stereolupe: Vorsichtig wenden wir jedes Steinchen, eine ungewöhnlich aussehende Tiefseeassel. Die ja Sandkorn, um kein Tier zu übersehen. Koautorin hat sie zum Thema ihrer Masterarbeit Die gleiche Situation, ein anderer Fahrtabschnitt. gemacht, eine wissenschaftliche Publikation mit Wir sichten das Probenmaterial aus der östlichen Vema der Artbeschreibung und Erläuterungen zur Evo- Fracture Zone, Station 2. Unser Blick fällt auf eine lution dieser Art ist in Vorbereitung. Solange ungewöhnlich aussehende Meeresassel, die uns diese Arbeit noch nicht abgeschlossen ist, muss ­zunächst vor ein taxonomisches Rätsel stellt und ­einige unsere Protagonistin noch namenlos bleiben. spannende Fragen zu ihrer Lebensweise aufwirft – Dennoch wollen wir schon heute die Geschichte doch dazu später mehr. KLEINE ihrer Entdeckung erzählen – und welche Rolle wissenschaftliche Sammlungen dabei spielten. Ist da jemand? Diese Frage stellten sich Wissenschaftler bereits vor Station 12 der Vema-TRANSIT-Expedition, etwa einen mehr als 140 Jahren, bis sie mit der H. M. S. Challenger halben Tag Dampfzeit nördlich von Puerto Rico. Nach (1872–1876) erstmals marines Leben aus der Tiefsee UNBEKANNTE elf Stunden des Wartens und Bangens, ob das Gerät bargen. „Man brachte von Zeit zu Zeit sonderbare und nicht an einer Felskante hängenbleiben und abreißen schöne Dinge nach oben, die auf uns wie ein kurzer würde, ist es endlich so weit: Der mit 8400 Metern Blick in eine fremde Welt wirkten“, sagte Kapitän Sir tiefste mit feinmaschigen Netzen jemals eingesetzte Charles Wyville Thomson (1872). Epibenthosschlitten wird zurück an Deck des For- Seitdem sind viele Arten beschrieben und mehr schungsschiffs „Sonne“ gehievt. Die Wissenschaftler als 40 Sonderbände über Expeditionen der H. M. S. VOM freuen sich über die Proben von Tiefseeschlick in den Challenger und andere Forschungsfahrten verfasst, die Netzbechern – oder besser gesagt über das, was sie Funde in verschiedenen Museen der Welt für Vergleichs- an Organismen darin erwartet. zwecke deponiert worden. Und dennoch ist unsere Artenkenntnis aus den Tiefen der Weltmeere immer Expedition im Puerto-Rico-Graben noch sehr gering. MEERESGRUND Wir setzen das Gerät im Puerto-Rico-Graben ein, um Wir wissen nicht, wie viele Arten im Meer oder herauszufinden, ob die Arten, die wir dort finden, sich in der Tiefsee leben. Schätzungen folgen verschiede- von benachbarten Tiefseeregionen unterscheiden. nen Algorithmen und nennen Artenzahlen zwischen Zuvor hatten wir zum Beispiel die Vema Fracture Zone 10 und 100 Millionen. Eine vielzitierte Studie von Ca- beprobt. Wir nehmen den Netzbecher ab, schauen ihn milo Mora und Kollegen aus dem Jahr 2011 beziffert unmittelbar im Kühlraum grob durch und überführen die Zahl auf 2,2 Millionen Arten. Rund 1,2 Millionen Noch unbeschriebene Tiefseeassel aus der Familie der Macrostylidae. Nur die Probe in vorgekühlten minus 20 Grad kalten Alkohol im Meer und an Land lebende Arten sind in den letz- ausgewachsene Männchen sind mit – um später auch molekulargenetische Analysen durch- ten 250 Jahren weltweit beschrieben, in Sammlungen diesen ungewöhnlich langen Beinen führen zu können. Den Rest des Sediments, das noch deponiert und zum Teil in Datenbanken erfasst worden. und Antennen ausgestattet – vermut- in den Netzen hängt, spülen wir mit kaltem Seewasser Nach Mora wiederum warten aber noch 86 Prozent lich Anpassungen für die Partnersuche in große Siebe. Alle nun anstehenden Arbeitsschritte aller Arten auf der Erde auf ihre Entdeckung, im Meer in der endlosen Dunkelheit der Tief- führen wir für die späteren genetischen Untersuchungen sogar 91 Prozent. Wie dem auch sei: Je weiter wir in see. Bei dem Tier handelt es sich nicht auf Eis durch, selbst das Sortieren der Meerestiere aus die Tiefen der Ozeane hinabtauchen, desto mehr um unsere Neuentdeckung, sondern um ein Vergleichsobjekt, einen Ver- dem Tiefseeschlick. Auf den ersten Blick sieht man nur Unbekanntem begegnen wir, und je kleiner die Orga- wandten aus der Antarktis, den wir sehr wenige Organismen, darunter kleine Seegurken, nismen sind, desto weniger wissen wir über sie. Es in den Sammlungen der Universität Meeresborstenwürmer oder größere Krebse. Die tat- gibt also noch sehr viel zu tun. Hamburg fanden.

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Auf der Suche nach kleinen Das Referenzmaterial Eine ungewöhnliche Tiefseeassel wirbellosen Tieren wird Aber woher wissen wir überhaupt, dass es sich bei den Unser Team war für die Krebstiere zuständig, dazu das Tiefseesediment an Deck Tieren um neue Arten handelt und nicht etwa um solche, gehören auch die sehr erfolgreichen Meeresasseln. zunächst gesiebt. die wir schon kennen und die bereits einen Namen Asseln besiedeln fast alle Lebensräume. Wir kennen Unten: Forschungsschiff tragen? Das lässt sich nur herausfinden, indem wir die monogame Wüstenasseln, die in Grabgängen in der Sonne im Einsatz. Literatur bzw. Artbeschreibungen studieren, die Indivi- Sahara vorkommen (Hemilepistus reaumuri), aber duen gegenüberstellen, und die in den wissenschaftli- auch Giganten in der Tiefsee, die bis 44 Zentimeter chen Sammlungen von Museen und Universitäten Länge erreichen können (Bathynomus giganteus) und hinterlegten Typen zum Vergleich heranziehen. Anders sich vorrangig von Aas, zum Beispiel von Fischen, ist eine Forschung, die sich auf die Erfassung bezie- ernähren. Die Formenvielfalt der kleinsten Asseln, hungsweise Inventarisierung der organismischen Bio- die im Sediment des Meeresbodens leben und bis diversität in den Weltmeeren spezialisiert hat, nicht in die tiefsten Tiefen der Weltmeere vordringen, ist möglich. Wissenschaftliche Sammlungen sind die besonders erstaunlich. In der antarktischen Tiefsee wesentliche und unersetzbare Infrastruktur für die fanden wir auf nur 40 Beprobungsstationen 647 Biodiversitätsforschung von heute und auch von morgen Arten – 585 davon waren neu für die Wissenschaft, (Türkay 2011), denn die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wie auch Vergleiche mit wissenschaftlichen Samm- die enthaltenen Informationen durch neu entwickelte lungen an verschiedenen Forschungsmuseen gezeigt „Die Faszination über Techniken und Datenbanken immer wertvoller werden haben (s. Seite 67 rechts). (Kemp 2015) – und zwar für alle Forscher weltweit. das uns unbekannte Bei unseren Schiffsexpeditionen stoßen wir sehr häufig auf noch unbeschriebene Arten (s. unten), selbst Leben, das wir aus im Nordatlantik, wo im Rückblick die meisten For- schungsfahrten stattfanden und der also verhältnismä- DIE WISSENSCHAFTLICHEN SAMMLUNGEN mehreren Tausend ßig „gut“ untersucht ist – ein Indiz dafür, dass wir mit DER MARINEN ZOOLOGIE ... unserem Wissen über das Leben in der Tiefsee noch Senckenberg betreibt eine eigene Open-Access-Datenbank, Metern Tiefe an Deck der immer in den Kinderschuhen stecken. Auch über die das Sammlungsmanagementsystem „SeSam“. Ziel ist es, evolutionären Prozesse, die zur heutigen Biodiversität die Sammlungsobjekte – vom Käfer über Fossilien bis hin Forschungsschiffe holen, ist auf dem Meeresgrund geführt haben, oder zu der zu Meteoriten – für andere Wissenschaftler und die Öffent­ Frage, wie sich Organismen in der Tiefsee ausbreiten lichkeit zugänglich zu machen. SeSam enthält derzeit etwa bis heute ungebrochen, das oder in ihrer Verbreitung beeinträchtigt werden, wissen sechs Prozent digitalisierte geografische Aufzeichnungen wir bisher nicht viel. Bei vielen Fragen tappen wir noch der gesamten Sammlung (Türkay et al. 2011). Eine neue Da­ tenbank wird derzeit entwickelt: AQUiLA. Das zugehörige im Dunkeln. Staunen über manche Funde Suchportal – mit der Option einer Volltextsuche in allen Sammlungen – ist bereits online. Die via SeSam/AQUiLA kaum in Worte zu fassen.“ In der Vema Fracture Zone unterwegs ­verfügbaren Daten sind mit der Global Biodiversity Infor­ Um diese Wissenslücken zu schließen, wurde das mation Facility (GBIF) verknüpft. Vema-TRANSIT-Projekt ins Leben gerufen und im Prof. Dr. Angelika Brandt, Winter 2014/2015 mit der Jungfernfahrt des deutschen Senckenberg ... GEHEN ONLINE Forschungsschiffs „Sonne“ begonnen (Devey et al. 2016). Die Vema Fracture Zone (VFZ), eine Transform- Für die marinen Daten unterhält GBIF eine Schnittstelle zum störung, durchzieht den Mittelatlantischen Rücken Ocean Biogeographic Information System (OBIS). Hier kön­ (MAR) im tropischen Atlantik bei circa 11 Grad nördlicher nen Nutzer alle Informationen für jede Art extrahieren und Breite von Ost nach West auf einer Strecke von rund auch Karten zu ihrer Verbreitung erstellen sowie biogeogra­ fische Studien durchführen. 320 Kilometern und in 5000 Metern Tiefe. Ziel der Bislang wurden aus SeSam an das OBIS insgesamt Expedition war es zu klären, ob der MAR die Ausbreitung 21 459 marine Verbreitungsdaten weltweit aus allen Mee­ von Meeresbodenbewohnern möglicherweise ver­ resregionen und Organismengruppen übermittelt; sie ge­ hindert und damit die Ausbreitung von Arten und hören zu 3081 Taxa, 2466 Arten, 93 Ordnungen, 28 Klassen ­Gemeinschaften oder den Genaustausch zwischen und 10 Tierstämmen von Meeresorganismen. Das Gros der Torben Riehl nimmt den Kamera-Epi- Populationen beeinflusst, was sich auf die Diversifizierung Informationen stammt aus europä­ischen Gewässern, dem benthosschlitten an Deck der „Sonne“ und damit auch auf die Artbildung auswirkt. In diesem Golf von Aden und aus der Antarktis (von –30° bis –85° in Empfang. Die beiden Netze sind Zusammenhang wurde auch untersucht, welche Rolle Länge), wurde bisher von den wissenschaftlichen Samm­ prall gefüllt mit Tiefseesediment und Transformstörungen dabei spielen (Devey et al. 2016). lungen Senckenbergs digitalisiert und zeigt daher sehr gut Organismen. Im Labor an Bord der „Sonne“ Konkret stellte sich die Frage, ob beziehungsweise wie die Arbeitsschwerpunkte der Senckenberg-Meeresforschen­ bearbeiten Simon Bober und sich die Populationen und die Artenzusammensetzung den bis heute (Brandt et al. online 2017). Nele Heitland die Tiefseeproben weiter. Besonders zeitaufwändig: westlich und östlich des MAR unterscheiden. das Sortieren der Organismen.

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Unter den Tiefseeasseln gibt es Vertreter, deren Männ- die extreme Ausprägung der Antennen bei den Männ- chen und Weibchen so unterschiedlich aussehen, dass chen die Folge sexueller Selektion ist. Mit ihren dichten < 1000 m sie auf den ersten und auch auf den zweiten Blick wie Borstenbündeln können sie Weibchen über weite Dis- 1000–1999 m verschiedene Arten anmuten. Einen solchen Fall hatten tanzen hinweg aufspüren. Und dank ihrer verlängerten 2000–2999 m wir zum Beispiel während unserer Vema-TRANSIT-Ex- Hinterbeine lassen sich größere Distanzen zu ihren 3000–3999 m pedition, als wir den Meeresboden quer über den MAR Fortpflanzungspartnerinnen schneller überbrücken (s. 4000–4999 m hinweg beprobten. Schon bei der Sortierung der Proben Comic auf Seite 72). Wir vermuten, dass sie mithilfe 5000–5999 m an Bord – hier bestimmen wir Arten zunächst anhand ihrer verlängerten Hinterbeine in der Wassersäule 6000–6999 m ihrer Morphologie – fiel uns eine Tiefseeassel aus der „emporklettern“, da die Viskosität des Wassers in 7000–7999 m Familie der Macrostylidae auf, die sich durch sehr un- diesen Tiefen der Konsistenz von Honig ähnelt und die > 7999 m gewöhnliche Merkmale von ihren nahen Verwandten Tiere sich mit entsprechenden Beinbewegungen nach abhebt: Ihre Hinterbeine waren extrem verlängert und oben bewegen könnten. Eventuell nutzen sie die ver- die Antennen zeigten dichte Bündel langer, flexibler längerten Hinterbeine tatsächlich auch zum Springen; Borsten, die wohl Sinneszellen zur Wahrnehmung ge- es gibt Beobachtungen an einer anderen Familie von löster Substanzen, wie etwa Pheromone, tragen und Tiefseeisopoden, den Munnopsiden, aus rund 7000

MITTELATLANTISCHER RÜCKEN mit denen sich Geschlechtspartner erkennen und Metern Tiefe, die belegen, dass auch in dieser Tiefe ausfindig machen lassen. Sonderbarerweise schien Sprungbewegungen möglich sind (Jamieson et al. 2012). diese Morphospezies – so nennen wir potenziell neue Einmal weiter oben in der Wassersäule angekommen Arten, die wir zunächst anhand ihrer äußeren Merkma- werden sie dann von der Meeresströmung erfasst und PUERTO-RICO-GRABEN le bestimmt haben – nur aus ausgewachsenen Männ- könnten so über weitere Strecken verdriftet werden als chen zu bestehen. Das Phänomen des Sexualdimor- andere Arten, bei denen sich beide Geschlechter, wie phismus ist in dieser Krebstiergruppe weit verbreitet für Macrostyliden typisch, nur grabend im Sediment und beim Studium von Literatur und Sammlungsmate- fortbewegen. Dasjenige Männchen, welches zuerst rial zeigte sich, dass es bereits andere beschriebene eine Partnerin findet, sichert sich die Weitergabe seines KAPVERDISCHES BECKEN Arten mit ähnlichen Transformationen der Antennen Erbmaterials in die nächste Generation. Mit diesem VEMA FRACTURE ZONE und Hinterbeine in dieser Familie gibt (s. Abb. 1). Inte- Prinzip ließe sich die Evolution der erstaunlich langen ressanterweise sind auch hier bisher nur adulte Männ- Gliedmaßen erklären. chen bekannt. Daraus leiteten wir ab, dass es sich bei unserer neu entdeckten Morphospezies um einen Haplotypennetzwerke DEMERARA-BECKEN Vertreter aus einer Gruppe von Männchen mit starkem Um unsere Hypothese zu prüfen, haben wir uns die Sexualdimorphismus handelte, deren Weibchen wir Verbreitungsmuster der Sedimentbewohner in diesem möglichweise schon kannten, aber bisher nicht zuordnen Teil des Atlantiks näher angeschaut. Die topografischen SÜDAMERIKA konnten. Mit der Morphologie allein war hier kein Vor- Verhältnisse des MAR und des Puerto-Rico-Grabens ankommen. mit seinen angrenzenden rund 3000 Meter höher ge- legenen Tiefseeebenen bieten im Hinblick auf unsere Die Molekulargenetik hilft Fragestellung ideale Untersuchungsbedingungen: Die 10 Proben SO237-2-6 SO237-4-9 SO237-9-8 SO237-12-5 SO237-13-5 0 250 500 750 1000 km Um diese und andere Fragen zu beantworten, führen Gebirgskette des MAR teilt den Atlantik grob in östliche SO237-2-7 SO237-6-7 SO237-11-1 SO237-12-6 wir heute molekulargenetische Analysen durch. Im und westliche Becken und stellt möglicherweise ein 1 Probe SO237-4-8 SO237-6-8 SO237-11-4 SO237-13-4 Labor verglichen wir also die DNA-Sequenzen unserer Hindernis für die Ausbreitung der Bewohner des Mee- Neuentdeckung mit jenen aus der internationalen resbodens dar. Unsere Tiefseeasseln sind hierfür die Gen-Datenbank und unseren eigenen Gen-Datenbanken. idealen Probanden, da sie eigentlich grabend im Sedi- Schnell wurden wir fündig und konnten so das Pendant ment leben und ihr Entwicklungszyklus kein schwim- zu unseren Männchen ausfindig machen – eine Gruppe mendes Stadium aufweist – topografische Hindernisse, Die Tiefsee – Grenzenlose Weiten? Nicht doch! von Weibchen, die übrigens auch als eigene Morphos- wie felsige oder steile Abschnitte des unterseeischen pezies eingeteilt worden war. Gebirges ohne oder mit geringer Sedimentauflage, Topografische Karte des Nordatlantiks mit den Probenahmegebieten – als Verbindungslinien des Netzes einer Punktmutation entspricht. Die Farbe weiße Punkte dargestellt – der Vema-TRANSIT-Expedition SO237. Der der Hapolotypen ist in der Legende aufgeschlüsselt und zeigt den genauen würden die Tiere in ihrer Ausbreitung behindern. Und Mittelatlantische Rücken teilt den Atlantik in eine östliche und westliche Geräteeinsatz an. Besteht ein Haplotyp aus mehreren Farben, stammt er aus In den Sammlungen auf Spurensuche es gibt noch andere Widrigkeiten: Tiefenunterschiede Hälfte. Eine weitere mögliche Barriere für die Ausbreitung von Organismen verschiedenen Fängen. In jedem der Probenahmegebiete wurden ein oder Diese Entdeckung warf die Frage auf, wie es zu der von mehreren Tausend Metern gehen mit starken ist der Tiefenunterschied von 3000 m zwischen dem Puerto-Rico-Graben mehrere Sammelgeräte eingesetzt. Die Größe der Kreise entspricht der Entwicklung dieser extremen Form des Sexualdimor- Druckunterschieden und Veränderungen von Nahrungs- und den ihn umgebenden Tiefseeebenen, die dem Abyssal (Tiefenzone zwi- Anzahl der verfügbaren Individuen, die diesen bestimmten Haplotypen auf- phismus bei unserer Tiefseeassel gekommen ist. Da verfügbarkeit und -spektrum einher und sind deshalb schen 3500 und 6500 m) zuzuordnen sind. Über der Karte sind beispielhaft wies. Die Art Macrostylis ML25 ist zum Beispiel auf das Hadal (Tiefenzone wir die Tiere leider nie in ihrem Lebensraum beobach- nicht einfach zu überwinden. Allerdings ist der Rücken Netzstrukturen, sogenannte Haplotypennetzwerke (16S rDNA), von vier unterhalb 6500 m) des Grabens beschränkt. Die übrigen drei Arten kommen ten konnten, gingen wir in unseren marinen Sammlun- durch Seitenverschiebungen vielerorts durchbrochen, Macrostylidenarten gelegt. Ihre geografische Verortung ist lediglich in Be- über ihre potenziellen Verbreitungshindernisse – den abyssohadalen Tiefen- zug zu den Barrieren zu sehen. Haplotypen, hier durch farbige Kreise dar- gradienten und den Mittelatlantischen Rücken – hinweg vor. Für sie konnten gen auf Spurensuche nach verwandten Arten, über die den Bewohnern des Meeresbodens als Ausbrei- gestellt, sind einzigartige Varianten desselben Genabschnittes. Ihre Ver- wir keine Haplotypen beiderseits der Barrieren nachweisen (Abb. verändert deren Biologie wir mehr wissen. Wir vermuteten, dass tungskorridore dienen könnten. So viel zur Theorie. wandtschaft wird netzartig dargestellt, wobei jeder Querstrich auf den nach Daten von Bober et al. 2018 und Riehl et al. 2018).

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Wie geht es nun weiter mit Eine kleine Population von Macrostyliden *Seufz* - Was, wenn wir das unserer Tiefseeassel? lebt innerhalb des feinen Sediments der Sediment verlassen und der DIE AUTOREN Tiefsee. Die Nahrung ist spärlich verteilt Strömung folgen könnten ...? Noch ist die Art unbeschrieben, doch wir haben sie und so sind es auch die Individuen. Jeder Da draußen muss es doch schätzt sich glücklich, der in dieser noch mehr geben, als das hier. bereits ausgiebig morphologisch und genetisch unter- Prof. Dr. Angelika Brandt Es war einmal scheinbar unendlichen Dunkelheit noch SS sucht und im Vergleich mit ähnlich aussehenden Arten kam 2017 zu Senckenberg D einen Partner findet ... im Abyssal... von der Vema-TRANSIT-Reise, anderen Expeditionen und leitet am Standort sowie Sammlungsmaterial abgegrenzt. Wir versuchen Frankfurt die Abteilung nun, die Evolution des Sexualdimorphismus in dieser ­Marine Zoologie. Sie ist Asselgruppe zu verstehen, Anhaltspunkte in der Mor- ­außerdem Professorin für phologie und den Stammbäumen zu finden, die uns die Spezielle Zoologie an der Geschichte der evolutiven Entwicklung dieser Eigen- Goethe-Universität Frank- heiten erklären. Diese Ergebnisse sollen letztlich zu- furt. Ihr Forschungsinter­ sammen mit der Artbeschreibung in einer wissenschaft- esse gilt Verbreitungsmustern und treibenden Faktoren für die Eines Tages taucht ein Er folgt seiner „Nase“ und nutzt lichen Fachzeitschrift veröffentlicht werden. Um die ­Evolution und Verbreitung der Makrofauna in der Tiefsee und in Polar­ seltsamer Geselle auf, mit seine langen Beine, um in der bizarren Transformationen, Wassersäule aufzusteigen und sich Exklusivität der Daten für die Veröffentlichung in einem regionen, sie hat an 27 Forschungsfahrten teilgenommen und die seinen ganzen Lebensstil Hmm... was von der Strömung tragen zu lassen. wissenschaftlichen Journal zu bewahren, dürfen wir ­beispielsweise die Expeditionen ANDEEP, Vema-TRANSIT sowie verändern sollten ... ist das für Und dann findet er sie ... ein Duft? die Originalbilder unserer Tiefseeassel hier noch nicht KuramBio I und II ins Leben gerufen.

Wow! Wer zeigen. Nach Erscheinen der Publikation werden wir ist das? auch hier davon berichten und die Geschichte unserer Nele Heitlands Interesse Tiefseeassel zu Ende erzählen. für die Tiefseeforschung wurde durch ihre Arbeit Sieh dir diesen Der glaubt wohl, er Mutanten an! könnte außerhalb des als studentische Hilfskraft Sediments leben! Literatur für taxonomische Zeich- Bober, S., Brix, S., Riehl, T., Schwentner, M. & Brandt, A. (2018): Does the • nungen geweckt. Mit dem Mid-Atlantic Ridge affect the distribution of benthic crustaceans across the Atlantic Ocean? – Deep Sea Research Pt II: Topical Studies in Oceanography 148, 91– Wunsch, selbst eine neue 104. Brandt, A. & Shipboard scientific party (2016): RV Sonne SO-250. Cruise • Art zu beschreiben, schrieb Report/Fahrtbericht, Tomakomai-Yokohama (Japan) (16.08.–26.09.2016), Kuram- Sie mögen mich einen Bio II (Kuril Kamchatka Biodiversity Studies). ZB MED – Leibniz-Informationszent- Ich hoffe, unsere sie ihre Masterarbeit an Mutanten nennen, aber Mancas werden genau rum Lebenswissenschaften, Fachrepositorium Lebenswissenschaften. https:// ohne meine der Universität Hamburg und erforschte den ausgeprägten Sexual­ so aussehen wie du! repository.publisso.de/resource/frl:6401131. • Brandt, A., Scholz, J., Allspach, Transformationen hätte A., Brenke, N., Brix, S., George, K. H., Hörnschemeyer, T., Holst, S., Hoppenrath, dimorphismus von Tiefseeasseln. Seit 2016 arbeitet sie als Doktor­ ich dich nie gefunden. M., Iwan, F., Janssen, A., Janssen, R., Janussen, D., Jeskulke, K., Fiege, D., Kaiser, andin im Projekt KuramBio II, das seit 2017 am Senckenberg S., Kieneke, A., Kihara, T. C., Kröncke, I., Krupp, F., Martha, S. O., Martínez Arbizu, P. M., Meißner, K., Miljutina, M., Miljutin, D., Renz, J., Riehl, T., Saeedi, H., Siegler, ­verortet ist, und widmet sich der Untersuchung der Diversität und V., Sonnewald, M., Stuckas, H. & Veit-Köhler, G. (2018): 200 Years of Marine Re- E Ausbreitungsfähigkeit von Arten entlang des Kurilen-Kamtschatka-­ E search at Senckenberg – Selected Highlights. – Marine Biodiversity 48, 159– EnD 178. • Burrell, A. S., Disotell, T. R. & Bergey, C. M. (2015): The use of museum Grabens. specimens with high-throughput DNA sequencers – Journal of Human Evolution 79, 35–44. • Devey, C. W. & Shipboard scientific party (2015): RV SONNE Fahrt- bericht/Cruise Report SO237 Vema-TRANSIT: bathymetry of the Vema-Fracture-­Zone Dr. Torben Riehl begann and Puerto Rico TRench and Abyssal AtlaNtic BiodiverSITy Study, Las ­Palmas­ 2017 am Senckenberg (Spain)–Santo Domingo (Dom. Rep.) (14.12.2014–26.01.2015), GEOMAR Report, N. Ser. 023. GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, Kiel, 130 S. Frankfurt zu arbeiten. Er DOI:10.3289/GEOMAR_REP_NS_23_2015. Hessler, R. R. & Wilson, G. D. F. © Nele Heitland • promovierte 2014 an der Sexuelle Selektion in (1983): The origin and biogeography of malacostracan crustaceans in the deep der Tiefsee. So erklären sea. – The Emergence of the Biosphere 23, 227–254. • Jamieson, A. J., Toyono- Universität Hamburg bu, F. & Imants G. P. (2012): Locomotory activity and feeding strategy of the hadal und hat auf zahlreichen sich die Forscher die Um die tatsächliche Verteilung der Populationen im Unterschiede zwischen Proben, Regionen und Tiefen- munnopsid isopod Rectisura cf. herculea (Crustacea: Asellota) in the Japan Funktion der morpho- Untersuchungsgebiet für die Tiefseeasseln aus der zonen fest sowie signifikante regionale Unterschiede Trench. – Journal of Experimental Biology 215 (17), 3010–3017. • Kniesz, K., ­Expeditionen insgesamt Brandt, A. & Riehl, T. (2017): Peritrich ciliate epibionts on the new hadal isopod logischen Anpassungen über ein Jahr auf See Familie der Macrostylidae zu ermitteln, griffen wir auf in der Artenzusammensetzung und ihrer Genetik (Dis- species Macrostylis marionae from the Puerto Rico Trench as an indicator for bei sexualdimorphen unsere Proben zurück, die wir mit dem Epibenthos- tanzen). Daraus schließen wir, dass ozeanische Rücken sex-specific behaviour. – Deep Sea Research Pt II: Topical Studies in Oceanogra- ­verbracht. Sein Interessen- Männchen der Tiefsee­ phy 148, 105–129. Mora, C., Tittensor, D. P., Adl, S., Simpson, A. G. B. & Worm, schlitten am Meeresboden gewonnen hatten. Das und Tiefseegräben den Genfluss und die Ausbreitungs- • schwerpunkt liegt auf den evolutiven und biogeografischen Ur- asselfamilie Macrosty­ B. (2011): How Many Species Are There on Earth and in the Ocean? – PLoS Biol 9 Ergebnis unserer Auswertungen haben wir in soge- fähigkeit von Populationen bodenbewohnender Arten (8), e1001127. Riehl, T., Kaiser, S. & Brandt, A. (2018): Vema-TRANSIT – An sprüngen der Tiefseefauna. Ist die Artenvielfalt vor Ort entstanden? lidae. Comic ­gezeich-­ • interdisciplinary study on the bathymetry of the Vema-Fracture Zone and Puerto Welche Faktoren bestimmen die Artaufspaltung? Antworten net von Nele Heitland. nannten Haplotypennetzwerken zusammengefasst. Ein einschränken. Sie nehmen dadurch Einfluss auf Bio- Rico Trench as well as abyssal Atlantic biodiversity – Deep Sea Research Pt II: Haplotypennetzwerk stellt die Verwandtschaftsbezie- geografie und Artbildungsprozesse. Die Arten, die Topical Studies in Oceanography 148, 1–6. • Riehl, T., Lins, L. & Brandt, A. auf diese Fragen sucht er auf dem Weg der integrativen Taxonomie (2017): The effects of depth, distance, and the Mid-Atlantic Ridge on genetic und Phylogenetik. hungen innerhalb einer Art dar und zeigt uns, wie nah weite Verbreitungen zeigten, zeichnen sich durch be- ­differentiation of abyssal and hadal isopods (Macrostylidae). – Deep Sea Research östliche und westliche Vertreter miteinander im Aus- sonders lange Beine aus, was möglicherweise zu einer Pt II: Topical Studies in Oceanography 148, 74–90. • Sanders, H. L. & Hessler, tausch stehen (s. Abb. auf Seite 68/69). besseren Ausbreitungsfähigkeit führt, indem sie sich R. R. (1969): Ecology of the deep-sea benthos. – Science 163, 1419–1424. • Türkay, ­ M., Allspach, A. & Menner, M. (2011): Senckenbergisches Sammlungsverwal- Kontakt: Prof. Dr. Angelika Brandt, Senckenberg Gesellschaft Bei einigen dieser millimeterkleinen Arten konnten mit der Strömung verdriften lassen. Unsere sexualdi- tungssystem, SeSam. SGN, Frankfurt, . – Senckenberg – Natur, für Naturforschung, Abteilung Marine Zoologie, wir Verbreitungen von über 2000 Kilometern feststellen. morphe Art war eine von denen, die auf beiden Seiten ­Forschung, Museum, 3/4 2011, 74–81 • Vanreusel, A., Hilario, A., Ribeiro, P. A., Menot, L. & Martinez Arbizu, P. (2016): Threatened by mining, polymetallic ­Senckenberganlage 25, 60325 Frankfurt am Main, Acht von 14 Arten waren nur regional verbreitet, aber des MAR vorkam. Trotz ihrer vergleichsweise großen ­nodules ­are required to preserve abyssal epifauna. – Scientific Reports 6, 26808. • Wen, J., Ickert-Bond, S. M., Appelhans, M. S., Dorr, L. J. & Funk, V. A. [email protected] sechs Arten kamen überregional vor, auch über topo- Ausbreitungsfähigkeit fanden wir eine genetische Dif- (2015): Collections-based systematics: Opportunities and outlook for 2050. – grafische Hürden hinweg. Dabei stellten wir genetische ferenzierung über den Rücken hinweg. Journal of Systematics and Evolution 53, 477–488.

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 72 73 FORSCHUNG FORSCHUNG

IM INTERVIEW: MEERESFORSCHERIN ANGELIKA BRANDT sität und Biogeografie der bodenlebenden Organismen sie für die Bewertung von Zustand und Qualität ma- in der Tiefsee zu untersuchen und zu vergleichen. riner Ökosysteme in einer sich wandelnden Umwelt Während der Expedition „KuramBio II“ haben wir hilfreich sein. „DIE BEDEUTUNG WISSENSCHAFT­ ebenfalls vom Forschungsschiff „Sonne“ biologische Proben aus Tiefen von bis fast 10 000 Metern genom- Sie sind in die Fußstapfen Professor Michael LICHER SAMM­LUNGEN FÜR men, um Zusammensetzung und Häufigkeit von Arten Türkays getreten. Herr Türkay war ein Taxonom über die Tiefe und die geografische Entfernung hinweg und Sammlungsmensch. Sie sprachen vorhin DIE MODERNE ­NATURFORSCHUNG zu vergleichen. kurz die Bedeutung wissenschaftlicher Samm- Die biogeografischen Daten des NW-Pazifiks lungen an. Welche Rolle spielen sie bei Ihren WIRD WEITER ZUNEHMEN.“ sollen mit Daten des Arktischen Ozeans vor dem Forschungen? Hintergrund der sich rapide ändernden Umweltbedin- Die systematische Biologie ist ein Forschungsfeld, das gungen verglichen und auch über das Ocean Biogeo- in den Sammlungen verwurzelt ist. Die naturkundlichen graphic Information System, kurz: OBIS, international Sammlungen Senckenbergs werden seit ihrer Gründung verfügbar gemacht werden. Der erste Datensatz mit von Morphologen, Anatomen und Taxonomen genutzt. 5770 Tiefseetaxa wurde gerade im Rahmen unseres Sie geben einen Überblick über gegenwärtige Muster Beneficial-Projekts – das steht für „Biogeography of morphologischer und genetischer Variation und erlau- the northwest Pacific fauna. A benchmark study for ben direkte Analysen evolutionärer Prozesse. Jüngste estimations of alien invasions into the Arctic Ocean in Fortschritte in der DNA-Sequenzierungstechnologie evolutiven Treibern in der Tiefsee, die Artbildung be- times of rapid climate chance“ – in OBIS hochgeladen haben molekulargenetische Studien mithilfe von einflussen, lassen sich spätere Veränderungen fest- und hat durch dieses Projekt innerhalb eines Jahrs den Sammlungsobjekten ermöglicht. Das veranlasste stellen und etwa Monitoring- oder Naturschutzmaß- weltweit verfügbaren Datensatz verdreifacht. Senckenberg unter anderem, Gendatenbanken zu nahmen einleiten, die schließlich in die Einrichtung von etablieren, um neben den namenstragenden Typen Meeresschutzgebieten münden könnten. Für welche Fragestellungen lassen sich diese auch Gewebe oder DNA-Proben aus neu gesammelten Daten nutzen? Proben zu archivieren. Ihre Arbeit tangiert also auch gesell­- Sie dienen beispielsweise als Grundlage und Maßstab schaftliche Belange. für Vorhersagen potenzieller Arteninvasionen und/ Warum genau sind Sammlungen so essenziell? Unbedingt. Dank des gestiegenen Umweltbewusst- oder Habitatveränderungen vor dem Hintergrund des Wissenschaftliche Sammlungen sind die Archive des seins in der Weltöffentlichkeit seit den frühen 1970er Rückgangs des arktischen Meereises. Weiter werden Lebens, sie beherbergen die „Urmeter“ jeder bisher Jahren hat es der Umweltschutz auf die politische Check und Programmierung des Kamera-Epibenthosschlittens vor dem beschriebenen Art. Damit sind sie von unschätzbarem Einsatz in der Tiefsee. Agenda geschafft. Die Ratifizierung des Nagoya-Pro- Wert für die Forschung, vor allem für die nachhaltige tokolls zum Beispiel, ein im Oktober 2010 von der Biodiversitätsforschung in künftigen Forschergenera- UN-Biodiversitätskonvention beschlossenes internati- tionen. Forschen ist aber kein Selbstzweck. Gerade Frau Brandt, Sie haben letztes Jahr die Abteilung onales Umweltabkommen zur Umsetzung der Ziele bei Fragen des Umwelt- und Naturschutzes – eine „Marine Zoologie“ am Standort Frankfurt über- der UN-Konvention über biologische Vielfalt von 1992, „intakte“ Natur wirkt sich schließlich auf unser aller nommen. Wo sehen Sie Ihre zukünftigen Aufgaben ist ein großer Schritt. Es schafft einen völkerrechtlichen Wohlergehen aus – sind sie von großem Nutzen. Um- am Senckenberg und mit welchen Fragen sieht Rahmen für den ­Zugang zu genetischen Ressourcen weltrelevante Fragestellungen beziehungsweise sich die Meeresforschung von heute konfrontiert? und gerechten Vorteilsausgleich. Faktisch schränkt Umweltprobleme können wir nur global angehen. Die Weltmeere haben neben der Ozeanversauerung dieses Abkommen aber oft die internationalen For- Deshalb rückt auch die Wissenschaft immer enger und dem Klimawandel im Anthropozän mit vielen schungsmöglichkeiten über Genehmigungsverfahren zusammen, arbeitet international an übergreifenden Problemen zu kämpfen. Fischerei, Müllentsorgung ein oder erschwert diese, wodurch die Arbeit mit Fragestellungen oder an vielfältig nutzbaren For- oder auch Ölbohrungen setzen ihnen stark zu. In diesem wissenschaftlichen Sammlungen in der Zukunft an schungsinfrastrukturen. In diesem Zusammenhang ist Jahrzehnt werden möglicherweise bereits groß ange- Bedeutung zunehmen wird. auch die Digitalisierung der Daten essenziell. Zum einen legte Aktivitäten zum Rohstoffabbau in der pazifischen sind die Sammlungen damit schneller recherchierbar Tiefsee begonnen. Die Biodiversität wird im Umfeld Welche Projekte treiben Sie aktuell voran? als mit dem herkömmlichen Dokumentationssystem. dieser Gebiete abnehmen (zum großen Teil bevor sie Neben dem hier porträtierten Projekt arbeiten wir seit Zum anderen aber dokumentieren und bewahren wir jemals entdeckt wurde) – mit letztlich unbekannten mehr als zehn Jahren zusammen mit russischen Angelika Brandt damit unersetzbare Informationen für die Biodiversi- Konsequenzen für die Artenzusammensetzung und ­Kollegen im Nordwest-Pazifik, zum Beispiel im Kurilen-­ ­untersucht Tiefsee­ tätsforschung von morgen. das Nahrungsnetz in der Tiefsee. Auf der Grundlage Kamtschatka-Graben. Vier gemeinsame Schiffsexpe- sediment aus der unserer Untersuchungen zu der Biodiversität und den ditionen fanden bislang statt. Ihr Ziel ist es, Biodiver- Kettendredge.

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Diese Fotostation zur tiefen­ scharfen Abbildung von Typus­ exemplaren ­wurde am SNSD im Rahmen­ des ­ediCALL-Projekts CARAB ent­wickelt. Aus einem Stapel von Aufnahmen in ­unter- ­ schiedlichen Fokus­ebenen berechnet der Computer ein tiefenscharfes Endbild, das die ­Ob­jekte in all ihren­ morphologischen­ Details­ zeigt.

... oder wie können wir unsere wissen­schaftlichen Sammlungen erschließen, digitalisieren und in Wert setzen?

von Klaus Klass, Stephan Blank, Wolfgang Dorow, Peter Jäger, ediCALL Gunther Köhler, Carsten Morkel & Matthias Nuß

s hat lange gedauert, aber mittlerweile ist allerdings nicht nur die gesammelten Stücke selbst, E der dramatische Verlust an Arten im Bewusst- die uns die Informationen liefern. sein der Öffentlichkeit angekommen. Nun liegt es an uns, das Ausmaß fundiert zu beschreiben und Metadaten oft nicht digital verfügbar Prognosen zu entwickeln. Dafür müssen wir jedoch Ein derzeit nur zu einem kleinen Teil gehobener Schatz wissen, welche Tiere und Pflanzen an welchem unserer Sammlungen sind die zu den Sammlungs­ Ort zu welcher Zeit in der Vergangenheit gelebt objekten gehörenden Begleitinformationen. Etiketten, haben und in der Gegenwart leben. Diese Informa- Karteien und Archivalien können Datenbasis für äußerst tionen finden sich in unseren Sammlungen – aber: komplexe wissenschaftlichen Untersuchungen sein, Wir können nicht so einfach darauf zugreifen, weil die erst dank modernster Methoden und Rechner­ sie nicht digital vorliegen. Vor diesem Hintergrund leistungen möglich sind (s. etwa Decker et al. oder rief Senckenberg im Sommer 2014 zu dem insti- Schneider et al. in diesem Heft). Typusexemplar des Laufkäfers Coptolabrus augustus divus aus tutsinternen Ideenwettbewerb „ediCALL“ auf. Unsere Sammlungen sollen also digitalisiert Südchina, wie es über AQUiLA werden und ediCALL – der Aufruf, Projektvorschläge für die Wissenschaft ­international Senckenberg steht mit 40 Millionen Sammlungs­ einzureichen – markiert den Anfang. Was aber bedeu- verfügbar gemacht wird. Solche mm 10 exemplaren international an fünfter Stelle der großen tet das genau für die jeweilige Sektion? Ist es wirklich Fotos ersetzen in vielen­ Fällen den Forschungsmuseen. Zu ihrer heutigen Größe gelang- sinnvoll, die Objekte selbst zu digitalisieren beziehungs- riskanten Postversand der wissen- te die Sammlung durch Senckenberg-Expeditionen weise digital zu fotografieren? Welchen Nutzen hätte schaftlich wertvollen Exemplare. und die Schenkung von Privatsammlungen. Die For- das? Sind es vielleicht eher die Metadaten? Oder wäre schung an den Sammlungsobjekten ist eine der wich- es – insbesondere bei den arten- und individuenreichen tigsten Grundlagen unseres Wissens über die Vielfalt wirbellosen Organismen – nicht auch sinnvoll, im Zuge der Arten und ihre Identität, ihren Körperbau sowie einer Digitalisierung gleich eine Revision der Sammlung ihre stammesgeschichtlichen Beziehungen. Es sind vorzunehmen?

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 76 77 FORSCHUNG FORSCHUNG

gisch von besonderem Interesse. Es lohnt sich also, Senckenberg wählte für mit ihnen anzufangen. Wir hatten allerdings auch ­einige Herausforderungen zu stemmen: eines der Pilotprojekte bei Zum einen stellt die enorme Bandbreite in Körper­ größe (von 1,5 mm bis über 12 cm) und Färbung (von den Insekten die Laufkäfer einheitlich schwarz oder braun bis vielfarbig bunt) komplexe Anforderungen an Sammlungsverwaltung (Carabidae) aus. Mit knapp und Fotografie. Zudem mussten wir die Teilsammlun- gen in Dresden, Frankfurt am Main und Müncheberg 30 000 wissenschaftlich digital zusammenführen: Gemeinsam umfassen sie etwa 700 000 Laufkäferexemplare, die 13 000 bis erfassten Arten konnten 14 000 Arten und Unterarten repräsentieren. wir diese Auswahl als Teilsammlungen zusammenführen Im Zuge der Revision fügen wir an jedem Standort repräsentativ einstufen. Exemplar für Exemplar die Teilsammlungen zu Haupt- sammlungen zusammen und stellen sie in neuem und technisch zeitgemäßem Mobiliar auf. Wir überprüfen viele Tausend Art- und Gattungsnamen, um die Taxo- nomie auf den aktuellen und vor allem auf einen ein- Aus den vielen Vorschlägen für Pilotstudien wurden heitlichen Stand zu bringen. Von den wissenschaftlich drei Projekte umgesetzt: besonders wertvollen Typusexemplaren und ihren a. CARAB – Digitalisierung der Laufkäfersammlungen Etiketten erstellen wir anhand computergestützter Senckenbergs (Metadaten und Fotos von Typen), fotografischer Techniken tiefenscharfe Bilder mit hoher b. KATAQUICK – digitale Erfassung von Sammlungs- Auflösung (Abb. 1–2). Die Sammlungen verbleiben in daten von Karteikarten und Sammlungskatalogen ihren Instituten in Dresden, Frankfurt und Müncheberg. der Sektionen Arachnida (Spinnen), Herpetologie Aber die Arteninventare der Standorte und Fotos (Lurche und Kriechtiere) und Ornithologie (Vögel), werden virtuell im Portal AQUiLA zu einem Gesamt­ c. Digitalisierung historischer und rezenter Artnach- inventar zusammengeführt und sind weltweit jederzeit weise von Tagfaltern, Wanzen und Zünslern. online abrufbar – ein wichtiger Schritt zur Zusammen- führung der Standorte zu „einem Senckenberg“. Totalrevision der Insektensammlung? Knapp die Hälfte der Senckenberg-Bestände, etwa 18 Arbeit für Dutzende Jahre Millionen Objekte, sind Insekten. Angesichts der zahl- Der personelle Aufwand ist hoch: Allein für die Revi- losen taxonomischen Änderungen und des massiven sion der Laufkäfersammlungen veranschlagen wir Sammlungszuwachses hat die Arbeitskapazität der etwa elf Personenarbeitsjahre. Drei Mitarbeiterinnen wenigen zuständigen Kuratoren und technischen mit Vorerfahrung in der Sammlungsarbeit, ein Mitar- Mitarbeiter nur partiell ausgereicht, die Sammlungen beiter mit Spezialkenntnissen in Fotografie und Com- in dem Zustand zu halten, der für eine effiziente For- putertechnik sowie studentische und wissenschaft­ schungsarbeit nötig ist. Ferner nagt an einigen Kästen liche Hilfskräfte und viele Praktikanten machen diese und Schränken, in denen die Insektenpräparate vor 50 wertvolle Arbeit. oder 100 Jahren untergebracht wurden, der Zahn der Nach Abschluss des Projekts werden die Lauf- Aufhellungspräparate aus der Her- petologie. Diese Art von Objekten Zeit. Und so entschieden wir uns, im Zuge der Digitali­ käfersammlungen Senckenbergs optimal für die fertigen wir in der Wissenschaft sierung diese Revision vorzunehmen. Zunächst mussten künftige Forschungsarbeit verfügbar sein. Die Lauf­käfer an, um das Skelett kleiner Wirbel- wir aber anhand von Beispielgruppen herausfinden, wie machen jedoch nur knapp sechs Prozent der Insekten­ tiere sichtbar zu machen. Zunächst wir überhaupt vorgehen müssen. bestände Senckenbergs aus. Für den Großteil der werden alle Pigmente mit Chemi- restlichen 94 Prozent besteht ähnlicher Revisions­ kalien (Peroxid und Lauge) zerstört, CARAB – Laufkäfersammlung als Pilotprojekt bedarf – eine Jahrhundertaufgabe! Dabei sind wesent- sodass das Tier vollständig durch- Senckenberg wählte für eines der Pilotprojekte bei liche Arbeiten bei dieser Zeitangabe noch gar nicht Typusexemplar von Cicindela sichtig wird. Anschließend färbt man die Knochen mit einem roten den Insekten die Laufkäfer (Carabidae) aus. Mit knapp eingeschlossen: Das Nachprüfen der Artbestimmungen ferriei, ... aliqui di corruptis sa- Farbstoff (Alyzerin) an. Im Bild 30 000 wissenschaftlich erfassten Arten konnten wir – eine Arbeit für Spezialisten – und die komplette Digi­ met re consed ma in nis excepud iciasperibus autet sit aut volorer- das Skelett eines Grasfroschs diese Auswahl als repräsentativ einstufen. Es sollten talisierung der Funddaten würden allein für die Lauf- nam as qui atur uiae. Nem ut aut (Rana temporaria) und einer Echse die Metadaten erhoben und von den Typusexemplaren käfer noch 80 bis 100 zusätzliche Arbeitsjahre bean- odi aboritias magnam ernatec (Norops sp.). hochwertige Fotografien angefertigt werden. Lauf­käfer spruchen. aborepe llabor sum idi num core- sind für die Habitatbewertung im Naturschutz ökolo- res endaepe dign.

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 78 79 FORSCHUNG FORSCHUNG

Ein integratives Konzept zur Digitalisierung Für die Erfassung der historischen Daten haben wir von Artnachweisen „Insekten Sachsen“ weiterentwickelt, sodass diese Während die Erfassung von Beobachtungsdaten in der Daten durch mehrere Bearbeiter strukturiert erfasst Gegenwart insbesondere durch zahlreiche Citizen-Scien- und gemeinsam mit Citizen-Science-Daten dargestellt ce-Projekte in nie dagewesenem Umfang läuft, können werden. Anschließend können wir sie einer Quali- Daten zum Vorkommen von Organismen in der Vergan- tätsprüfung unterziehen. Beispielsweise überprüfen genheit nur anhand von Objekten in naturwissenschaft- wir, welche Literaturdaten durch Sammlungsobjekte lichen Sammlungen sowie Informationen aus wissen- belegt und so verifizierbar sind. Dadurch können die schaftlichen Publikationen und Tagebüchern gewonnen hinterlegten Informationen bei einer späteren Aus- werden. Diese verschiedenen Ressourcen werden im wertung unterschiedlich gewichtet werden. Rahmen des dritten Pilotprojekts „Integratives Konzept Für die geschilderten Tätigkeiten wurde zusätz­ zur Digitalisierung von Artnachweisen“ beispielhaft für liches Personal beschäftigt. Der Abschluss der Pilot- Tagfalter, Zünsler und Wanzen erschlossen. phase wird deshalb auch dahingehend evaluiert Die Sammlungsdaten sind bei den Schmetterlin- ­werden, in welchem Verhältnis Aufwand und Ergebnis gen (Lepidoptera) für die Bläulinge (Lycaenidae) und zueinander stehen und wie sich die Effizienz bei der Zünslern (Pyraloidea) vollständig für Sachsen erfasst Gewinnung von Daten aus naturwissenschaftlichen worden. Alle aufgenommenen Beleg­exemplare sind Sammlungen weiter steigern lässt. Die bessere Sicht- mit einer ID-Nummer versehen, um eine eindeutige barkeit und Recherchierbarkeit unserer Sammlungen Beziehung zwischen Beleg und Daten­satz herzustellen. führt zu einer verstärkten Nutzung durch Wissenschaft- Bei den Tagfaltern sind dies 3348, bei den Zünslern ler im In- und Ausland. Wir dürfen auch erwarten – das 7143 Datensätze, wobei zum Teil Serien erfasst wur- zeigt der aktuelle Trend – dass zukünftig mehr in- und den. Für die Wanzen (Heteroptera) beschränkt sich ausländische Gastforscher in unseren Sammlungen das Projekt auf die Baumwanzen (Pentatomoidea), die arbeiten möchten. Der Blauschillernde Feuerfalter (Lycaena helle ) ist in Deutschland in Deutschland mit 75 Arten vertreten sind. Diese Mit ediCALL haben wir einen wichtigen Prozess eine stark gefährdete Art. Dieses Exemplar aus Leipzig aus dem Gruppe umfasst relativ große, auffällige Arten und angeschoben. In Zukunft können wir unsere gesam- Jahr 1910 belegt das historische Vorkommen der Art in Sachsen. eignet sich deshalb auch für Citizen-Science-Projekte.­ melten Erfahrungen bei weiteren Digitalisierungspro- Insgesamt konnten wir aus der Senckenberg-Haupt- jekten effizienzfördernd einfließen lassen. Alles in allem sammlung in Frankfurt am Main sowie der Sammlung sind wir ein bisschen in „Goldgräberstimmung“: Wir KATAQUICK: effektive Digitalisierung von und die Erhebung von Daten. So konnten zum ersten in Dresden über 3300 Baumwanzen von mehr als 500 machen die „Datenschätze“, die in unseren Sammlun- Sammlungsdaten Mal die relative Größe und damit die Bedeutung der Fundorten determinieren, etikettieren, nummerieren, gen schlummern, über das Senckenberg-Portal AQUiLA Eine so umfangreiche Revision wie bei den Insekten Senckenberg-Sammlung berechnet werden: Die alle Fundorte georeferenzieren und die Daten digitali- für die internationale Wissenschaft zugänglich. war nicht in allen Sammlungen nötig. Bei Herpetologie, Sammlung der Weberknechte beinhaltet 82 Prozent sieren. Die Auswertung von über 200 Erwähnungen Ornithologie und Arachnologie wurden die bereits in aller Gattungen und 56 Prozent aller Arten weltweit, in der Literatur erbrachte weitere 4500 Datensätze. alten Katalogen erfassten Daten in die Sammlungsda- davon sind über 50 Prozent als Primärtypen hinterlegt tenbank übertragen, in andere Metadatenbanken ge- – ein Alleinstellungsmerkmal und Grund für die vielen Auch Citizen-Science-Daten werden DIE AUTOREN spiegelt (z. B. in GBIF, der „Global Biodiversity Informa- Besuche von Gastforschern. In der Spinnensammlung integriert/Artnachweise aus Tagebüchern tion Facility“) und können nun online recherchiert werden. finden sich 16 Prozent der 47 000 bekannten Arten und Reiseberichten Dr. Klaus-Dieter Klass ist In der Arachnologie umfasste die Datendigitali- und 35 Prozent aller Gattungen. Insgesamt sind über Zusätzlich erfassen wir ausgewählte Taxa über ein Ci- seit 2002 als Entomologe sierung Material aus aller Welt, gesammelt in mehr 75 000 Serien digital zugänglich. tizen-Science-Projekt. Als Basis dient die Online- Platt- bei Senckenberg Dresden als zweihundert Jahren zwischen 1800 und heute. form „Insekten Sachsen“ (www.insekten-sachsen.de). tätig. Er leitet dort die Sek­ Insgesamt waren am Ende des Projekts 95 % des Vögel, Lurche und Reptilien Für die erwähnten drei Artengruppen – Tagfalter, tion Coleoptera und ist Sammlungsbestands eingepflegt. Lücken gibt es vor weitgehend digitalisiert Zünsler und Wanzen – wird a priori ein abnehmender ­Herausgeber der Fachzeit- allem noch bei Milben und den ebenfalls zur Kuration In der Ornithologie wurden im Rahmen dieses Projekts Datenumfang erwartet. Da Sammler von Arten, von schrift „Arthropod Syste- gehörenden Tausendfüßern. die Sammlungsdaten von insgesamt 24 000 Datensät- denen sie einmal eine repräsentative Serie in der matics & Phylogeny“. Sein Forschungsinteresse gilt der vor allem zen digitalisiert. Aufgrund der schon zuvor vorhandenen Sammlung zusammengetragen haben, oft keine wei- der Morphologie der Insekten. Gute Resonanz bei Spinnen und digitalen Datensätze sind nunmehr 80 Prozent der ge- teren Belege sammeln und dann bestenfalls noch Weberknechten samten Sammlung digital verfügbar. In den nächsten Aufzeichnungen über weitere Beobachtungen notieren, Die übrigen Autoren: Neben Erstautor Dr. Klaus Klass und den Nachdem wir die entsprechenden Fachgesellschaften ein bis zwei Jahren wollen wir den Rest in Eigenleistung ist die Erfassung von Informationen aus Publikationen Koautoren dieses Artikels Dr. Stephan Blank, Dr. Wolfgang Dorow, über die neue Recherchemöglichkeit informiert hatten, einpflegen. In der Herpetologie wurden 31 895 Daten- und Tagebüchern eine wichtige Ergänzung zu den Dr. Peter Jäger, Dr. Gunther Köhler, Dr. Carsten Morkel und erlebten wir bereits eine erste große Resonanz. Vor sätze angelegt, womit die Daten zu den Amphibien jetzt Daten, die sich allein aus der Erfassung von Samm- Dr. Matthias Nuß aus Dresden, Frankfurt und Müncheberg waren allem die komplett verfügbaren Daten der Spinnen und komplett digital vorliegen. Bei den Reptilien sind wir lungsobjekten ergeben. noch viele weitere Senckenberg-Projektmitarbeiter am Erfolg Weberknechte haben für vermehrte Anfragen gesorgt. noch nicht ganz so weit. Probleme bei der Digitalisierung Die gewonnenen Informationen sollen auf ihre Belast- von ediCALL beteiligt. Ohne ihre gemeinsame Leistung wäre das Mit der Eingabe der Daten sind aber nicht nur ergaben sich vor allem aus zum Teil schwer lesbaren barkeit für Aussagen zu lang- und kurzfristigen Fau- Gelingen dieses Pilotprojekts unmöglich, das primäre Daten Vorteile für potenzielle wissenschaftliche Bearbeiter handschriftlichen Karteikarteneinträgen und früher nenveränderungen geprüft und auf Korrelationen mit zur Biodiversität aus den Senckenberg-Sammlungen verfügbar gegeben, sondern auch für die Sammlungsverwaltung doppelt vergebenen Sammlungsnummern. Landnutzungs- und Klimaänderungen getestet werden. macht.

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Mit Lichtmikroskopie und 2D-/3D-Röntgentechnik untersuchen unsere Wissenschaftler in Görlitz und Frankfurt die Blattnervatur von Sammlungsobjekten.

von Julio Schneider, Jörg Habersetzer, Renate Rabenstein, Jens Wesenberg, Karsten Wesche & Georg Zizka

etzwerken begegnen wir überall N – nicht nur in digitalen sozialen Medien oder im Internet. Netzwerke sind auch in der Natur ein weit ver- breitetes Phänomen, das auf verschie- denen Ebenen und in den unterschied- lichsten Ausprägungen vorkommt: NETWORKING Flüsse fließen in netzartigen Syste- men, Pilzhyphen wachsen zu einem netzartigen Gewebe heran, dem Myzel. Oder nehmen wir die Gefäße, in denen 100 μm unser eigenes Blut fließt – auch sie bilden ein Netz. Ausschnitt aus der Blattnervatur von Ochna membra­ nacea, einem kleinen Baum aus dem tropischen Afrika IM LAUBBLATT mit Feinnerven und linsenförmigen Spaltöffnungen, Ein weiteres dieser Netzwerke verbirgt hier in einer lichtmikroskopischen Aufnahme. Über sich in höheren Landpflanzen. Es bildet das Blattnerven- und Spaltöffnungsdichte können sich zentrale Versorgungssystem der Blätter Pflanzen an Umweltbedingungen anpassen. und ist allgemein bekannt als Blattnervatur. Sie ist hierarchisch strukturiert und, aus- gehend von den Hauptnerven, als Geflecht sich immer feiner verästelnder Leitungs- bahnen angelegt. Sie transportieren zum Pflanze. Die Entstehung der hochent­ einen das Wasser und die Nährstoffe in- wickelten und extrem leistungsfähigen nerhalb des Blatts und zum anderen sind Nervatur bei den Blütenpflanzen (Angio­ sie ein stabiles mechanisches Gerüst, das spermen) ist eine der Voraussetzungen dem Blatt seine Form verleiht und auch dafür, dass sich die hochproduktiven tro- gegenüber Fressfeinden einen gewissen pischen Regenwälder in ihrer heutigen Widerstand bieten kann. Form überhaupt entwickeln konnten. Denn ohne den effektiven Wassernachschub Ohne hochentwickelte Blattnervatur und die damit verbundenen hohen Ver­ weniger Niederschlag in den Regen­ dunstungsraten würden die Niederschläge wäldern Amazoniens beispielsweise in Amazonien deutlich ge- Als Nachschublieferant für Wasser, das ringer ausfallen! Und nur durch die Effizienz Kontaktmikroradiografie (Röntgenpositiv) ­eines beim Gasaustausch per Verdunstung über dieses Systems von Leitungsbahnen Blatts des westafrikanischen Malven­gewächses die Spaltöffnungen in der Oberfläche ver- konnten die Pflanzen trotz eines seit der Cienfuegosia heteroclada mit Darstellung­ des Nervaturnetzwerks. loren geht, steht die Blattnervatur in engem Kreide­zeit sinkenden CO2-Gehalts der Zusammenhang mit der Photosynthese­ ­Atmosphäre­ noch die notwendigen Photo­ leistung, also der Energiegewinnung einer syntheseraten erzielen.

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Computertomografische Digitalisate nach Umwandlung­ der 3D-Daten in virtuelle 2D-Darstellung.

1 mm 1 mm 1 mm DIE AUTOREN

Ursprünglicher Blattnervaturtyp mit Nervatur eines Fiederblatts des Besondere Blattnervatur mit parallel verlaufenden­ gabeliger Verzweigung der Nerven, ­afrikanischen Schmetterlingsblütlers eng stehenden wellenförmigen Feinnerven bei hier bei der Farnart Anemia abbottii. Acacia sieberiana. ­Froesia venezuelensis, einer seltenen ­endemischen Art venezolanischer Bergregenwälder.­

1 mm Dr. Julio V. Schneider studierte Bio- logie und Geografie in Frankfurt a. M. Blattnervaturausschnitt von Burkea Unzureichend erforschtes Netzwerk erschwert. Und genau hier kommen wis- den dazu verschiedene 2D- und 3D-Rönt- neue Digitalisierungsstandards für compu- Von 2004 bis 2010 arbeitete er am africana, ­einer häufigen Baumart Im Laufe der Evolution entwickelte sich senschaftliche Sammlungen ins Spiel. Sie genmethoden. Der Reiz der Verfahren liegt tertomografische 3D-Verfahren entwickelt. Lehrstuhl für Spezielle Botanik der afrikanischer Savannen. eine erstaunliche Vielfalt hinsichtlich der beherbergen Millionen historischer und in den höheren Durchsatzraten und vor Diese neuen Techniken sind ein wichtiger Universität Leipzig, ehe er sich der Architektur der Blattnervatur. Welche rezenter Pflanzenbelege, zusammen mit allem darin, dass das untersuchte Blattma- Schritt mit großem Potenzial für die Nutz- Abteilung Botanik und Molekulare Funktion bzw. welche Vorteile der eine Informationen über deren Wuchsorte. terial nicht zerstört wird. Bei mitunter barmachung von Herbarsammlungen für Evolutionsforschung anschloss. Seit oder andere Netzwerktyp hat, konnte Könnte man diese Archive online verfügbar einzigartigen Blattproben aus Sammlungs- zahlreiche wissenschaftliche ­Einrichtungen, 2018 ist er Laborleiter in der Sektion bisher nur ansatzweise geklärt werden. machen, so wäre man der Entschlüsselung beständen ist dies besonders wichtig. die auf den Gebieten Physiologie, Makroe- Entomologie III. Unklar ist auch, welche Rolle die Blattner- unserer Fragen einen großen Schritt näher. volution, Systematik, Paläobotanik, Paläo- vatur für die „Blattökonomie“ – dazu ge- Neue Standards entwickelt ökologie und über die Auswirkungen des Die übrigen Autoren sind die am hören beispielsweise Photosyntheserate Zerstörungsfrei gewonnene Im Rahmen des LIS-Programms der Deut- Klimawandels auf die organismische Bio- Projekt beteiligten Mitarbeiter aus den und Lebensdauer eines Blatts – spielt oder Digitalisate schen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum diversität forschen. Abteilungen Botanik (Prof. Dr. Georg in welchem Maße sie sich an Veränderun- Drei Senckenberg-Abteilungen haben sich Aufbau leistungsfähiger Literaturversor- Zizka) sowie Messelforschung und gen des Klimas anpassen kann. daher für ein standortübergreifendes Pro- gungs- und Informationssysteme wurden Mammalogie (Dr. Renate Rabenstein Vielfach liegt unser nur lückenhaftes jekt zusammengetan. Die Frankfurter bereits Teile unserer Sammlungen bear- und Dr. Jörg Habersetzer) am Stand- Wissen zur Blattnervatur schlichtweg da- Abteilungen „Botanik und Molekulare beitet und 3583 Digitalisate über eine ort Frankfurt. Auch die Botaniker von rin begründet, dass die Anzahl verfügbarer Evolutionsforschung“, „Messelforschung ­öffentlich zugängliche Datenbank bereit- Senckenberg Görlitz (Prof. Dr. Karsten Blattnervaturpräparate im Vergleich zur und Mammalogie“ sowie die Abteilung gestellt (Cleared Leaf Image Database, Wesche und Dr. Jens Wesenberg) vorhandenen Vielfalt immer noch gering „Botanik“ in Görlitz forschen seit 2014 an www.clearedleavesdb.org). Neben einer sind vertreten. ist. Ihre Herstellung ist sehr zeitintensiv der Verbesserung von Verfahren zur nicht im Vergleich zum Industriestandard um und nur sehr wenige sind digital verfügbar, destruktiven Digitalisierung der Blattner- den Faktor 3,6 verbesserten Auflösung bei Cleared Leaf Image Database: was die Erforschung der Zusammenhänge vatur aus Herbarsammlungen. Sie verwen- der 2D-Kontaktmikroradiografie wurden www.clearedleavesdb.org

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YOUNG SCIENTISTS

von Peter Decker, Axel Christian & Willi E. R. Xylander

as Senckenberg Museum für Natur- D kunde Görlitz sammelt seit fast 60 Jahren mikroskopisch kleine Bodentiere. Aufbewahrt werden viele von ihnen auf Objektträgern für Mikroskope. Aber sowohl die Präparate als auch ihre Einbettungs- medien kommen so langsam in die Jahre – Schäden treten auf. Im Rahmen eines FOTOGRAFIEREN DFG-Projekts haben Bodenzoologen aus Görlitz deshalb Standards für die foto­ grafische Digitalisierung dieser kleinen Tiere erarbeitet und die Internetplattform STATT „VIRMISCO“ ins Leben gerufen. In vielen naturkundlichen Sammlungen werden Benutzeroberfläche des VIRMISCO-Viewers mit Darstellung zweier mikroskopisch kleine Organismen aufbewahrt. Bildebenen, die zur 3D-Vermessung benötigt werden. Die Bilder auf Aber an den Objekten wie auch an den Ein- ­dieser Doppelseite zeigen eine Raubmilbe der Infraordnung Gamasina. bettungsmedien nagt der Zahn der Zeit: Sie RESTAURIEREN ? trocknen aus, dunkeln nach oder es bilden Unser Ziel: (Nicht nur) Typen retten! sich Kristalle (Allington & Sherlock 2007, Am Senckenberg Museum für Naturkunde Brown & De Boise 2006, Neuhaus et al. 2017). Görlitz entwickelten wir deshalb im Rahmen Ein virtuelles Mikroskop für Museums­ Die eingebetteten Tiere, Algen, Pollen und eines DFG-Projekts eine Technologie, wie andere biologische Objekte sind zunehmend lichtmikroskopische Dauerpräparate – insbe- sammlungen „rettet“ historische schlechter sichtbar, was bereits nach wenigen sondere das Typusmaterial – so fotografisch Jahren oder Jahrzehnten zum Totalverlust der dokumentiert werden können, dass sich die Kleintierpräparate wertvollen Exponate führen kann – mit ihnen Informationen der Präparate festhalten und gehen wichtige Informationen verloren. Nur dauerhaft nutzen lassen. Seit 2014 erarbeitete wenige Einbettungsmedien sind auch nach das Projektteam Standards für die Digitalisie- 150 Jahren noch völlig transparent und erlauben rung sowie eine Webplattform mit Viewer und uneingeschränkte mikroskopische Untersu- dokumentierte zahlreiche besonders wertvolle chungen. Das Restaurieren oder gar Umbetten Präparate. Das Ergebnis, das virtuelle „Internet-­ solcher Präparate ist sehr aufwändig und Mikroskop“ VIRMISCO (Virtual Microscope zeitintensiv. Bei den meisten ist eine Umbet- Slide Collection), basiert auf Bilderserien un- tung gar nicht möglich, weil die kleinen Objekte­ terschiedlicher Fokusebenen, um die Drei­ beschädigt würden oder nicht dokumentiert dimensionalität des Objekts wie in einem Mi- ist, welche Einbettungsmedien verwendet kroskop wiedergeben zu können. VIRMISCO wurden. In einigen Museen sind bereits ganze bietet Anwendungs- und Nutzungsmöglich­ Objektträgersammlungen verloren gegangen, keiten (siehe Decker et al. 2018), die auch an- viele weitere könnten in den nächsten Jahr- deren Sammlungen, Wissenschaftlern und der zehnten folgen (Upton 1993, Jersabek et al. akademischen Lehre zur Verfügung stehen: 50 μm 2010, Lillo et al. 2010, Neuhaus et al. 2017). • digitale Konservierung aller relevanten mikros­ Damit wären auch die Typusbelege verloren, kopischen Informationen wichtiger Objekte unsere taxonomischen Referenzen. oder von Material in prekärem Zustand,

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Zugriff online erspart Wege und DER NACHWUCHS-­ schont die Präparate WISSENSCHAFTLER ... Unser „Internet-Mikroskop“ ist im Internet verfügbar und frei zugänglich (s. unten), was die Anzahl der Ausleihen deutlich reduziert hat. Die Online-Benutzer können die Bilder (serien) betrachten, herunterladen und zum Beispiel drehen oder zoomen. Darüber hinaus lassen sich Ausschnitte aus den Bilderserien und damit bestimmte Körperteile auswählen und genauer betrachten, Helligkeit und Kon­ Dr. Peter Decker ist seit 2010 am trast verändern und sogar zwei- oder drei­ Senckenberg Museum für Naturkunde dimensionale Messungen am Objekt durch- Görlitz tätig, seit November 2016 ist führen. Schließlich sind alle relevanten er Projektmanager von VIRMISCO. Metadaten zum Objekt und zum verwendeten Sein wissenschaftliches Interesse gilt PFLANZEN Mikroskop, einschließlich Kamera und Einstel- den Tausendfüßern, über die er 2016 lungen, dokumentiert. an der Universität Leipzig über die Taxonomie, Biogeografie und mole­ku­ VIRMISCO als Mitmach-Plattform lare Artabgrenzung von zwei Gattungen für Forscher aus Australien bei Prof. Dr. Willi Dauerpräparat mit nachgedunkeltem Einbettungsmedium DIGITAL Wer am Mikroskop arbeitet und seine Objekte ­Xylander und Prof. Dr. Martin Schlegel und Präparatekasten mit Typusmaterial. in verschiedenen Tiefenschärfe-Ebenen doku- promovierte. mentiert, kann seine Befunde in VIRMISCO einstellen lassen und so weltweit verfügbar Das virtuelle Herbarium machen. Der Quellcode dieses Open-Source-­ ... UND SEINE KOAUTOREN Senckenbergianum wächst • Fotoarchiv für Sammlungen und Projekte, Programms kann von jeder Sammlung oder Dr. Axel Christian ist Leiter der • Bestimmung von Arten durch Experten an­ Institution kostenfrei verwendet werden, um von Stefan Dressler, Christiane M. Ritz, ­Sektion Arachnida und Leiter Museum hand digitaler Aufnahmen, eigene digitalisierte Mikropräparate online zu Jens Wesenberg & Karsten Wesche und Wissenschaftlich-technische • Aufbau digitaler Referenz-Bildarchive für präsentieren. Dienste am Senckenberg Museum Taxonomie, akademische Lehre oder Bürger- Die von uns entwickelten Standards, für Naturkunde Görlitz. Seit 1984 wissenschaftler, Techniken und detaillierten Erläuterungen im forscht er an Raubmilben und Zecken • Veröffentlichung von Bilderserien als zu- Programm erlauben es, die dargestellten und ist Herausgeber der „ACARI – sätzliche Referenz-Informationen bei neu Anwendungen auch ohne spezielle Vorkennt- Bibliographia­ Acarologica“. beschriebenen Arten (Digitype), nisse einzusetzen. VIRMISCO rettet also nicht • Bilderserien von Beleg-Individuen (u. a. nur unsere wertvollen Typuspräparate. Es ist Prof. Dr. Willi Xylander ist Leiter der Typusmaterial), für die molekulare Daten auch ein wertvolles Werkzeug, um die Infor- nfangs waren es nur die Etiketten, die in den Abteilung Bodenzoologie und Direktor verfügbar sind. mationen der Museumssammlung weltweit A ­botanisch-mykologischen Sammlungen Sen- des Senckenberg Museums für Natur- Bisher digitalisierten die Senckenberg-Wissen- zugänglich zu machen und von jedem Com- ckenbergs digitalisiert wurden. Seit über zehn Jahren kunde Görlitz. schaftler in Görlitz 4700 Bildserien von 182 puter aus als Referenz zu nutzen. Wir binden sind wir nun Partner der Global-Plant-Ini­tiative (GPI) Arten und über 354 Typen, vor allem winzige daher zunehmend Kollegen bei Senckenberg und stellen auch hochauflösende Bilder aus­gewählter Bodentiere. Außerdem dokumentierten sie und an anderen Einrichtungen ein, entwickeln Belege on­line – ein großer Fortschritt, der unsere Individuen, an denen molekulare Untersuchun- das Programm bedarfsgerecht weiter und Sammlung besser erschließt, so manche Recherche­ gen durchgeführt wurden. Die digitale fotogra- stellen das Projekt und sein Anwendungspo- reise überflüssig macht und die Botaniker weltweit fische Dokumentation ermöglicht die Zuord- tenzial bei Tagungen und Workshops vor. Wir DFG-Praxisregeln Digitalisierung: besser miteinander vernetzt. nung der DNA-Sequenzen und -Proben zu den hoffen, dass möglichst viele Kolleginnen und www.dfg.de/formulare/12_15 spezifischen morphologischen Charakteristika Kollegen zur Präsentation ihrer Bilderserien Internetplattform VIRMISCO: des untersuchten Individuums. VIRMISCO verwenden werden. www.virmisco.org

Literatur • Allington, L. & Sherlock, E. (2007): Choosing a microscope slide sealant: a review of cleaning characteristics and the development of a new test, using low oxygen environments. – Natural Sciences Collections Association News 12, 4–14. • Brown, P. A. & De Boise, E. (2006): Procedures for the preparation of whole insects as permanent microscope slides and for the remounting of deterorating aphid slides. – Natural Sciences Collections Association 8, 15–19. • Decker, P., Christian, A. & Xylander, W. E. R. (2018): VIRMISCO – The Virtual Microscope Slide Collection. – ZooKeys 741, 271–282. • Jersabek, C. D., Bolortsetseg, E. & Taylor, H. L. (2010): Mongolian rotifers on microscope slides: Instructions to permanent specimen mounts from expedition material. – Mongolian Journal of Biological Sciences 8, 51–57. • Lillo, E. de, Craemer, C., Amrine, Jr. J. W. & Nuzzaci, G. (2010): Recommended procedures and techniques fror morphological studies of Eriophyoidea (Acari: Prostigmata). – Experimental and Applied Acarology 51, 283–307. • Neuhaus, B., Schmid, T. & Riedel, J. (2017): Collection management and study of microscope slides: Storage, profiling, deterioration, restoration procedures, and general recommendations. – Zootaxa 4322, 1–173. • Upton, M. S. (1993): Aqueous gum-chloral slide mounting media: an historical review. – Bulletin of Entomological Research 83, 267–274.

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Belege aus mitteldeutschen Gebirgsregionen (Rhön, ist ein Vergleich mit sicher bestimmtem Herbarmaterial Vogelsberg), aus der Lausitz sowie schwer zu bestim- unerlässlich. In einem von der Deutschen Forschungs- mende Arten der heimischen Flora digitalisiert. Dafür gemeinschaft geförderten Projekt haben wir gemeinsam nutzen wir die Senckenberg-Datenbank „AQUiLA“ und mit dem Herbarium Haussknecht in Jena ein Portal mit weitere spezielle Online-Portale. Insgesamt konnten geprüften Herbarbelegen erstellt (Dressler et al. 2017). wir bislang von circa 15 Prozent aller Belege am Her- Entscheidend für die Qualität der ausgewählten Belege barium Senckenbergianum die Etiketten erfassen, für ist die enge Zusammenarbeit mit Spezialisten, bei rund 40 Prozent dieser Datensätze sind auch Bilder denen es sich meist um ehrenamtlich tätige, sehr en- verfügbar. gagierte Bürgerwissenschaftler handelt. Das Portal „Bestimmungskritische Taxa der deutschen Flora“ Bestimmungskritische Arten bietet für jede Gattung einen Überblick zur Taxonomie In der heimischen Flora gibt es einige sehr artenreiche und Evolution und beschreibt für jede Art bestimmungs- Pflanzengattungen (z. B. Brombeeren, Frauenmäntel, relevante Merkmale sowie ihre Verbreitung in Deutsch- Habichtskräuter, Löwenzähne, Rosen und Weißdorne), land. Pro Art haben wir circa zehn aussagekräftige die durch Hybridbildung und asexuelle Samenbildung Belege herausgesucht, die mit einem Viewer bis ins schwer bestimmbare Formenschwärme bilden. Trotz Detail stark vergrößert werden können. Da viele wich- Abb. 1: HerbScan im Herbarium Senckenbergianum Frankfurt. detaillierter Bestimmungsschlüssel (Müller et al. 2016) tige Merkmale auf herkömmlichen Scans nicht deutlich zu erkennen sind, haben wir zusätzlich Makrofotos bereitgestellt (Abb. 3).

Herbarbelege von Pflanzen werden zum Trocknen in Flora der Lausitz online und georeferenziert der Regel gepresst und sind danach nahezu zweidi- Das Herbarium Senckenbergianum Görlitz umfasst mit mensional wie ein Blatt Papier. Das hat nicht nur den ca. 67 000 Belegen von 2400 Pflanzentaxa die größte Vorteil, dass sie wenig Platz in Anspruch nehmen, man Sammlung der Region Lausitz. Im diesem Portal zeigen kann sie auch ohne Weiteres in einem Scanner digita- wir die historische und aktuelle Artenvielfalt der Region lisieren. Solche hochauflösenden Scans können dann anhand von 7600 ausgewählten Herbarbelegen. Wir online verfügbar gemacht werden. Viele Fragen lassen können somit erstmalig eine komplette Regionalflora sich so oft bereits am Bildschirm und ohne aufwändige als virtuelles Herbarium vorstellen und decken damit Ausleihen lösen. etwa ein Drittel der deutschen Flora ab. Wieder können Abb. 3/4: Die Onlineportale „Bestimmungskritische Taxa der deutschen Flora“ Das Herbarium Senckenbergianum ist bereits seit je Art mehrere Belege mithilfe eines hochauflösenden und „Virtuelles Herbarium der Lausitz“. 2006 Partner der Global Plant Initiative, bestehend aus Viewers betrachtet werden, darüber hinaus wurden inzwischen über 330 Herbarien weltweit, die ihre Ty- Etikettendaten und der Fundpunkt in einer Karte auf- pusbelege scannen und in der Datenbank JSTOR geführt (Abb. 4). Auch dieses Projekt wäre ohne die Global Plants zur Verfügung stellen. Dieses virtuelle langjährige Unterstützung der in der Lausitz aktiven Herbar enthält derzeit über 2,6 Millionen historische Botaniker undenkbar, die als Sammler, aber auch als Belege und bietet dazu Informationen aus Floren, Le- Bestimmer, ganz wesentlich zum Erfolg des Projekts bendfotos oder Zeichnungen von Pflanzen. beigetragen haben. Die Exkursionsflora von Deutschland (Jäger 2017, Jäger et al. 2017) ist die taxonomische Digitalisierung am laufenden Band Grundlage unserer Portale, denen wir mittelfristig ein Im Rahmen der Global-Plant-Initiative hat sich die komplettes validiertes Referenzherbarium zur Seite Nutzung von sogenannten HerbScans (Abb. 1) etabliert: stellen wollen. Engagierte Helfer – auch ohne spezielle ein einfaches, robustes Gerät, das den Beleg schonend botanische Kenntnisse – sind im Herbar immer will- an den Scanner drückt und ein hervorragendes Bild kommen. generiert. Allerdings ist der Zeitaufwand mit fünf bis sechs Minuten pro Scan hoch, sodass sich mit einem Förderband kombinierte fotografische Verfahren zuneh- Onlineportale zu digitalisierten Herbarien mend durchsetzen (Abb. 2). So lassen sich wesentlich JSTOR Global Plants (Vollzugang mit Viewer kostenpflichtig) schneller größere Mengen von Herbarbelegen digitali- Literatur https://plants.jstor.org sieren und deren Etikettendaten nachträglich vom Bild • Dressler, S., Gregor, T., Hellwig, F. H., Korsch, H., Wesche, K., Wesenberg, erfassen. Verschiedene große Herbarien digitalisieren J. & Ritz, C. M. (2017): Comprehensive and reliable: a new online portal of Senckenberg-Sammlungsdatenbank AQUiLA ­critical plant taxa in Germany. Pl. Syst. Evol. 303 (8): 1109–1113. • Jäger, https://search.senckenberg.de/aquila-public-search/search auf diese Art ihren gesamten Bestand, z. B. Paris, E. J., Müller, F., Ritz, C. M., Welk, E. & Wesche, K. (2017): Rothmaler Exkursi- Leiden, Oslo, Genf, Washington. onsflora von Deutschland. Gefäßpflanzen: Atlasband, 12. Aufl. – Springer Bestimmungskritische Taxa der deutschen Flora Spek­trum, Heidelberg. Jäger, E. J. (2017): Rothmaler Exkursionsflora von • https://webapp.senckenberg.de/bestikri Bei Senckenberg haben wir uns dagegen bisher ­Deutschland. Gefäßpflanzen: Grundband, 21. Aufl. – Springer Spektrum, auf ausgewählte Sammlungsteile konzentriert. Neben Heidelberg.­ • Müller, F., Ritz, C. M., Welk, E. & Wesche, K. (2016): Rothma- ler ­Exkursionsflora von Deutschland. Kritischer Ergänzungsband. 11. Aufl. – Virtuelles Herbarium der Lausitz den bereits erwähnten Typusbelegen haben wir z. B. Abb. 2: Digitalisierungsstraße der Firma PicturaE, Heiloo, Niederlande. Springer Spektrum, Heidelberg. https://webapp.senckenberg.de/lausitzherbar

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Ausbreitung der Asiatischen Felsenkrabbe eozoen sind Tierarten, die nicht zu den einheimischen C. maenas / m2 N Lebensgemeinschaften gehören, sondern in histo- Hemigrapsus takanoi H. takanoi / m2 rischer Zeit eingeschleppt wurden. Sie werden als „invasiv“ 2009 DK bezeichnet, wenn sie Schäden oder nachhaltige Verände- 2006 rungen im Lebensraum hervorrufen. Die Forscher Sencken- GB bergs untersuchen beispielsweise seit vielen Jahren die 1993 2000 NL Auswirkungen der invasiven Pazifischen AusterCrassostrea D NACH 1997 gigas auf das Ökosystem Nordsee. Jetzt kommt eine wei- tere bedeutende Aufgabe dazu.

2 2 Total 208 / m Der globale Handel hat in den letzten Dekaden exponenziell zu- F Total 197 / m Total 193 / m2

genommen. In der Folge ist auch das Schiffsverkehrsaufkommen 1994 190 NEOZOEN 171 141 enorm gestiegen. Mit den Schiffen kommen nicht nur Güter 1997 aus aller Welt nach Deutschland. In den Ballastwassertanks und 67

am Rumpf der großen Frachter werden Kleinstorganismen und 22 7 Larven transportiert – darunter sind auch unliebsame Gäste, E GEFISCHT wie Seepocken, Muscheln, Algen oder Seescheiden, die sich 2008 2009 2010 etablieren und einheimische Arten verdrängen können. Um gegen sie wirksam vorgehen zu können, müssen sie schnell erkannt werden, wenn sie neu in einem Gebiet auftauchen. das sehr schnell arbeitet – ein sogenanntes Rapid Assessment Monitoring (Rohde et al. 2017). Prävention und Sofortmaßnah- Bei „Senckenberg am Meer“ entsteht Eine neue Referenzsammlung men gegen neu entdeckte invasive Arten sind nötig, denn wenn eine Referenzsammlung für Die Voraussetzungen dafür schafft Senckenberg seit Anfang eine invasive Art sich bereits etabliert und stabile Populationen gebietsfremde und invasive marine des Jahres 2018. Das Deutsche Zentrum für Marine Biodiver- im Meer gebildet hat, ist es meist unmöglich, sie wieder aus sitätsforschung (DZMB) – eine Abteilung von Senckenberg am dem Ökosystem zu entfernen. Deswegen ist ein regelmäßiges Arten in Deutschland Meer – baut eine Referenzsammlung für die marinen Neobiota Monitoring der Küstengewässer notwendig. Die Fach-AG Deutschlands auf. Sie wird folgende Aufgaben übernehmen: Neobiota des Bund/Länder-Ausschusses Nord- und Ostsee von Pedro Martínez & Achim Wehrmann • Aufbau einer wissenschaftlich kuratierten Sammlung (BLANO) trifft sich mehrmals im Jahr und koordiniert ein ent- von Belegexemplaren, sprechendes Programm. Die Neobiota-Plattform für Nord- und • genetische Charakterisierung der Arten mithilfe von Ostsee am Alfred-­Wegener-Institut auf Sylt, stellt Informationen DNA-Barcoding, bereit und unterhält eine Meldestelle für gebietsfremde Arten. • Aufbau einer DNA- und Gewebe-Bank, Über 100 Neobiota-Arten sind bereits für die Nordsee bekannt, • Bereitstellung von Informationen über Verbreitung, Morpho- von ihnen gelten 51 als etabliert. Im Zeitraum 2011–2016 sind logie und genetische Sequenzen der Belegexemplare in 18 weitere Arten hinzugekommen. Für die Ostsee sind 57 Arten ­einer öffentlich zugänglichen Datenbank und von Neobiota gemeldet worden. • Kontaktaufnahme zu taxonomischen Spezialisten. Jeder Artensteckbrief wird inklusive der DNA-Sequenz in die Viel Arbeit für die nächsten Jahre globale Referenzdatenbank für DNA-Barcodes (BOLD – Barcode Das Ziel ist, bis 2020 alle bekannten nicht einheimischen Arten of Life Data Systems Database) eingespeist. Sie ist online von Nord- und Ostsee morphologisch und genetisch zu erfassen. ­zugänglich und liefert auch Daten zu Fundort, Sammler der Pro- Die genetische Komponente der Referenzsammlung wird es be und weitere relevante Informationen zur Taxonomie, Lage- ermöglichen, in Zukunft weitere moderne molekulare Methoden rungsort, Fotos und Literatur. So können die invasiven Arten dort, wie eDNA und Metabarcoding für das Monitoring der Neobiota-­ wo sie neu auftreten, schnell diagnostiziert werden. Arten anzuwenden.

Zusammen sind wir stark Website der Neobiota-Plattform Nord- und Ostsee des Dokumentation und Monitoring von nicht einheimischer Arten Alfred-Wegener-Instituts: Aus den Sammlungen von Senckenberg sind Aufgaben des Bundes und der Küstenländer (LLUR 2014). https://www.awi.de/forschung/besondere-gruppen/­ am Meer. Ein Exemplar der Pazifischen Für den weiteren, effektiven Kampf gegen die invasiven Neu- nordseebuero/neobiota-meldestelle.html Auster Crassostrea gigas. linge arbeiten mehrere Institutionen zusammen. Sie bauen eine Öffentlich zugängliche Datenbank, in der die Daten vom Monitoring-Struktur auf und haben ein Netzwerk geschaffen, DZMB hinterlegt werden: http://www.boldsystems.org Rechts: Ausbreitung der Asiatischen Felsenkrabbe Hemigrapsus takanoi Literatur entlang der ­europäischen Küste und • Markert, A., Wehrmann, A. & Kröncke, I. (2010): Recently established Crassostra-reefs versus native Mytilus-beds: differences in ecosystem engineering affects the macrofaunal communities Bestandsentwicklung im Vergleich zur (Wadden Sea of Lower Saxony, southern German Bight). Biological Invasions, 12 (1): 1532. • LLUR (2014): Neobiota in deutschen Küstengewässern (2014), LLUR SH – Gewässer; D 25; https:// www.umweltdaten.landsh.de/nuis/wafis/kueste/neobiota.pdf. • Rohde, S., Schupp, P., Markert, A. & Wehrmann, A. (2017): Only half of the truth: managing invasive alien species by rapid heimischen Strandkrabbe Carcinus assessment. – Ocean and Coastal Management, 146: 2635. • Wehrmann, A., Herlyn, M., Bungenstock, F., Hertweck, G. & Millat, G. (2000): The Distribution Gap is Closed – First Record of maenas (pro m2 Austernriff). Naturally Settled Pacific OystersCrassostrea gigas in the East Frisian Wadden Sea, North Sea. – Senckenbergiana maritima 30 (3/6): 153–160. 30: 153. https://doi.org/10.1007/BF03042964

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 92 93 NATURMUSEUM NATURMUSEUM

Eine neue Attraktion im Senckenberg Naturmuseum­ Frankfurt

von Bernd Herkner & Philipe Havlik

MIT VR-BRILLE

Besucher betrachten live, wie der Boden des Dinosaals einbricht INS JURAMEER und das Meerwasser ins Museum strömt.

3D-Raum als Experimentierfeld Angesichts dieser Juwelen unserer Meeressaurieraus- stellung wurde schließlich der Entschluss gefasst, rankfurt, 22. März 2018. Der Boden des Dino- Oben: noch intensiver als beim animierten Diplodocus und diese vergangene Unterwasserwelt wieder zum Leben F saals im Senckenberg Naturmuseum bricht Ein Belemnitentier unsere Besucher kommen den Unterwasserdinos zu erwecken und hierzu den Dinosaal kurzerhand vir- ein unter den Füßen des Langhalssauriers. Nach schwimmt durch wirklich sehr nahe. Wie kam es zu dieser außerge- tuell zu fluten. Ein Vorhaben, das durch eine enge und nach wird der Raum geflutet – wo gerade noch einen Schwarm wöhnlichen Urweltanimation? Zusammenarbeit zwischen den Computergrafikern T. rex, Triceratops und Co. standen, ziehen jetzt von Schmelz- und den Wissenschaftlern gekennzeichnet ist. Zahlrei- schuppenfischen. Meeresbewohner ihre Kreise. Unsere Protagonisten che Rückkopplungsschleifen sind hierzu nötig. Denn Links: Mit sieben Metern Deutschland ist reich an Fossilien von Meeressauriern, anders als bei einer zweidimensionalen Rekonstrukti- Wir befinden uns inmitten eines tropischen Jurameers: Länge zählt Lio­ die in der Jurazeit vor mehr als 145 Millionen Jahren onszeichnung müssen die Akteure der Animation von Ein großer Temnodontosaurus gleitet durchs türkisblaue pleurodon zu den in den tropischen Flachmeeren lebten. Im Sencken- allen Seiten richtig aussehen. Jede Bewegung muss Wasser. Aus dem Nachbarraum kommt der Fischsau- größten Räubern berg Naturmuseum Frankfurt finden sich viele her- natürlich wirken und dem Stand der biomechanischen rier Stenopterygius hereingeschwommen und macht des Jurameeres. ausragende und zum Teil einzigartige Fossilien aus Forschung entsprechen. Jagd auf pfeilschnelle Belemniten. Ein wildes Tohuwa- dieser Epoche, in der Mitteleuropa zum größten Teil Überhaupt hat sich die Zusammenarbeit im virtu- bohu von Fressen-und-gefressen-Werden spielt sich Deutschland ist reich an Fossilien unter Wasser lag und einer Insellandschaft glich. ellen Raum gelohnt: Wir haben viel experimentiert, vor den Augen der Besucher ab. Ammoniten kommen Neben Meereskrokodilen und Plesiosauriern, sind es wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Prüfstein gestellt so nahe heran, dass man sie anfassen möchte, doch von Meeressauriern, die in vor allem die Fischsaurier, die aufgrund ihres beson- – und wir konnten sogar neue Erkenntnisse gewinnen: die Hand greift ins Leere – alles nur Bits und Bytes. deren Erhaltungszustands vieles über ihre einstige Die Mundöffnung der Ammoniten beispielsweise ist Die ganze Szenerie spielt sich nur virtuell in einer drei der Jurazeit vor mehr als 145 Lebensweise verraten. Der überlieferte Hautschatten deutlich kleiner als bisher vermutet – daher passen Minuten langen 3D-Animation ab. eines ausgestellten Exemplars gibt Aufschluss über weniger Fangarme ins Gehäuse als bisher angenommen. Millionen Jahren in den die Form des Körpers und der Flossen, sodass auf Finanziert wurde das Projekt im Rahmen des Neue Technik für mehr „Realität“snähe die Fortbewegungsweise zurückgeschlossen werden Aktionsplans der Leibniz-Forschungsmuseen und mit Dirk Baum und Thure Kjer von der Agentur „Die Info- tropischen Flachmeeren lebten. kann. In einem anderen Exemplar finden sich ein Spenden der Senckenberg-Mitglieder. grafen“ sowie Joachim Lipka von „MotionBrain“ haben ungeborenes Jungtier sowie Reste der letzten Mahl- im Auftrag der Museumsleitung eine virtuelle Urzeitwelt zeit des Muttertiers. Dies zeigt, dass diese Meeres- Die neue 3D-Installation Jurameer sowie die 2016 eingeführte geschaffen. Der Dinosaal und einige Urzeitlebewesen reptilien nicht wie heutige Seeschildkröten am Strand virtuelle Reise zu den Dinos sind täglich von 11 bis 16 Uhr im 1. OG des Senckenberg Naturmuseums zu erleben. Dauer jeweils wurden dreidimensional nachmodelliert. Dank einer Eier legten, sondern ihre Jungen bis zur Geburt im ca. 3 Minuten. Für beide zusammen wird eine Nutzungsgebühr computergestützten, neuen 3D-Brille ist der Eindruck Körper trugen. von 2,00 EUR erhoben (Schüler und Studierende zahlen 1,00 EUR).

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 94 95 GESELLSCHAFT GESELLSCHAFT

MARTIN MÜLLER wurde am 1. Februar 1978 bei enckenberg bildet nicht nur Wissenschaftlerinnen Senckenberg für das „Arbeitsprogramm Messel“ S und Wissenschaftler aus, sondern auch Technische in der Sektion Paläoanthropologie bei Sektions­ Assistentinnen und Assistenten. Alle zwei Jahre beginnen leiter Jens-Lorenz Franzen angestellt. Von Anfang rund 20 junge Menschen ihre Ausbildung, in deren Zent- an stand bei ihm die Grube Messel mit ihren Fos- rum der Umgang mit und die Bearbeitung von Sammlungs- silien im Vordergrund. Daraus ergab sich in den 1980er Jahren auch die enge Zusammenarbeit mit und Museumsobjekten steht. Der Jahrgang 1975 der MEIN der Sektion Paläobotanik. Noch heute gehören Senckenberg-Schule, an der wir „Technische Assistent(inn) SENCKENBERG die Grabungen in Messel, Präparation der Funde en für naturkundliche Museen und Forschungsinstitute“ INTERVIEW und Betreuung der Sammlungen und Ausstellun- ausbilden, hat für unser Haus eine besondere Rolle ge- ANDREA HASTENPFLUG-VESMANIS begann am gen zu seinen Schwerpunkten, ebenso betreut spielt: Vier ehemalige Schülerinnen und Schüler dieses 1. September 1977, direkt nach dem Senckenberg-­ er die Senckenberg-Schüler während ihres zwei- Jahrgangs sind bis heute bei Senckenberg tätig. Sie Schulabschluss, ihre Tätigkeit als Technische Assis- wöchigen Grabungspraktikums. schlossen im Jahr 1977 ihre Ausbildung erfolgreich ab, tentin in der Sektion Crustaceen (Krebstiere) bei traten in senckenbergische Dienste und konnten somit in dem damals frisch gebackenen Sektionsleiter den vergangenen Monaten ihr 40-jähriges Dienstjubiläum 160 JAHRE FÜR Michael Türkay (1948–2015), 1980 wechselte sie feiern. Ein außergewöhnliches Ereignis! zur Sektion Entomologie I bei Richard zur Strassen (1926–2013). Waren die zunächst bearbeiteten Die Jubiläen waren Anlass zu einem gemeinsamen Objekte in Alkohol oder Formol konservierte Krebs­ Gespräch. Die Fragen stellte der langjährige Kollege Pro- SENCKENBERG tiere, so handelte es sich dann um winzige Insek- fessor Georg Zizka, Leiter der Abteilung „Botanik und ten (Thripse, Fransenflügler), die in Kanadabalsam Molekulare Evolutionsforschung“. auf Objektträgern zu präparieren waren, und um Vier ehemalige Schülerinnen und Schüler der getrocknete, noch zu präparierende und genadelte Senckenberg-Schule feiern ihr vierzigjähriges Objekte, vor allem Käfer. Frau Hastenpflug-Ves­ Georg Zizka (GZ): Wie kam Ihre Entscheidung, für manis war im Laufe ihres langen Berufslebens am Dienstjubiläum – NFM gratuliert herzlich. Senckenberg zu arbeiten, zustande und welche Aufbau einer der weltweit größten Sammlungen ­Erinnerungen aus der Senckenberg-Schulzeit sind von Fransenflüglern beteiligt. bei Ihnen noch besonders lebendig? von Georg Zizka

Auch RAINER DÖRING kam am 1. Februar 1978 zu Andrea Hastenpflug-Vesmanis (AHV): Wir – und ich Senckenberg, und zwar in die Sektion Phaneroga- denke, da kann ich für alle sprechen – interessierten uns men (= Blütenpflanzen), in der er bis heute arbeitet. allgemein sehr für die Natur und wir alle waren schon als Er ist verantwortlich für die knapp 1,5 Millionen Herbarbelege unserer Sammlungen, also für die Kinder begeisterte Besucher von Naturkundemuseen. durch Trocknung und Pressen haltbar gemachten Martin Müller (MM): Das Senckenberg-Museum war Pflanzen und deren systematische Einordnung. für mich die Institution. Die Vorstellung, dort zu lernen Weiter fertigt er wissenschaftliche Präparate an und später auch zu arbeiten, war einfach großartig. Da und ist vor allem in den letzten Jahren bei der wollte ich hin. ­Digitalisierung von Sammlungsdaten und -objekten Karin Schmidt (KS): Das ging mir genauso. Ich wollte aktiv. Herr Döring war 15 Jahre Betriebsratsmit- unbedingt die Ausbildung im Senckenberg-Museum glied und lange Zeit Schwerbehindertenvertreter machen. Vor allem die Exkursionen und die praktische von Senckenberg. Die Betreuung der Sencken- Arbeit in den Forschungssektionen waren genau das KARIN SCHMIDT fing am 1. November 1977 berg-Schüler obliegt ihm ebenso wie die Betreu- Richtige für mich. Es war eine neue Welt und der „sen- in der Sektion Paläobotanik bei Friedemann ung von Gastforschern, Praktikanten und Studen- ckenbergische Geist“ war überall spürbar. Schaarschmidt (1934–2005) an und ist bis heute ten in der Abteilung, für die er stets ein „offenes dieser Sektion treu geblieben. Die von ihr be­ Ohr“ hat. AHV: Ja, und ich kann mich noch erinnern an eine Exkur- treuten Sammlungen umfassen pflanzliche Makro- sion in den Spessart unter der Leitung von Herrn Klemmer, und Mikrofossilien der gesamten Erdgeschichte bei der ich meine erste Blindschleiche in den Händen weltweit, einschließlich der in Glyzerin konser­ hielt. Damals gab es noch die Außenstelle „Lochmühle“, vierten Pflanzenfossilien aus Messel, sowie die wo wir für eine Woche untergebracht waren und vor Ort ­rezenten Vergleichssammlungen für Pollen, Kuti­ die gesammelten Proben ausgewertet haben. kulen und Hölzer. Sie ist für das sektionseigene Rainer Döring (RD): Ich war von Kindesbeinen an für die Flusssäurelabor zuständig, in dem sie Proben­ Natur zu begeistern und präparierte schon während meiner material für die Pollen- und Kutikula-Analyse aufbe- reitet, und war an ungezählten Geländekampagnen Schulzeit Schädel, Skelette und auch geologische Objekte. mit Profilaufnahme und Beprobung beteiligt. Auf Senckenberg wurde ich durch die Berufsberatung Das Gespräch zum gemeinsamen Jubiläum war ein willkommener Anlass, im Anschluss gemeinsam Frau Schmidt war außerdem elf Jahre Betriebs- aufmerksam gemacht – und so verließ ich bereits mit 16 das Museum zu erkunden. Hausfotograf Sven Tränkner war mit seiner Kamera dabei. ratsmitglied. Jahren meine Heimat Bitburg, um in Frankfurt die

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Ausbildung im Senckenberg anzutreten. Ein beson- lungsdaten und -objekten, einen wichtigen Raum Im Dinosaal, früher melexkursionen der botanischen Abteilung nach deres Highlight während unserer Lehrzeit war für ein. Die Nachfrage nach den Sammlungen und der ­„erster Lichthof“ genannt, Nord- und Südeuropa, die ich begleiten durfte. Auf mich, in Kaub am Rhein Fledermäuse zu kartieren Leihverkehr haben dadurch enorm zugenommen. hat sich in vier Jahrzehn- der Reise nach Südspanien war die Ausbeute be- und die Tiere zu beringen. KS: Anfang der 2000er Jahre wurde das Museum ten einiges getan, ­viele sonders groß: 1500 Herbarbelege! neue Exponate kamen­ MM: Und auf dem Schusterwörther Altrhein haben ja schon einmal umgebaut und erweitert, das war ­hinzu. Im Walsaal alias wir die Fischfauna aufgenommen und dabei das auch ein besonderes Highlight für mich. Natürlich „zweiter Lichthof“ finden Elektrofischen praktiziert. auch die 175. Jubiläumsfeier der Senckenberg-Ge- sich noch etliche Insze­ GZ: Diese Objekte müssen nun umziehen. KS: Zum Ende der Ausbildung dann noch die zwei- sellschaft in der Paulskirche und das Fest zum nierungen aus ­früheren Wie sehr beschäftigt Sie alle gerade das wöchige Exkursion nach Wilhelmshaven, schon 50-jährigen Jubiläum der Senckenberg-Schule – Zeiten. Thema­ Umzug? damals geleitet von Michael Türkay. Da haben wir daran erinnere ich mich sehr gerne. im alten Schleusenwärterhäuschen gewohnt und AHV: Der Umzug bindet uns alle sehr ein. Schon sind mit dem Senckenberg-Kutter „Astarte“ zum seit langer Zeit laufen die Planungen und die Vor- Beispiel zur Vogelinsel Mellum und nach Helgoland GZ: 40 Jahre am selben Arbeitsplatz sind bereitung der Sammlungen für den Umzug. Bereits gefahren. heute eher ungewöhnlich. Wie sehen Sie im April 2017 haben wir begonnen, unsere ento- RD: Professor Türkay war ja auch ein begnadeter das rückblickend? mologischen Objekte – mit Zwischenlagerung im Koch. Noch an Deck haben wir die frisch gesam- Tiefkühlcontainer – in unseren neuen Sammlungs- melten Miesmuscheln zubereitet und verspeist. AHV: Große wissenschaftliche Sammlungen sind räumen im Jügelhaus unterzubringen. Anfang des Und zum Abendessen haben wir uns die auf Hel- ja ein sehr besonderes Arbeitsfeld: Millionen Ob- Jahres fand dann der Umzug der Bibliothek und goland gesammelten Schnecken schmecken lassen. jekte und alle sehr unterschiedlich. Es dauerte der Büros statt. Herrlich! Jahre, bis ich so umfassend eingearbeitet war, dass KS: In der Tat. Kontinuität ist für die Betreuung KS: Martin, Rainer und ich ziehen schon zum zwei- ich völlig selbstständig die Sammlungen betreuen einer Forschungssammlung essenziell. In meiner ten Mal mit unseren wissenschaftlichen Sammlun- konnte. Und das ging mir nicht alleine so – oder langen Dienstzeit konnte ich viel Wissen und Er- gen, Büro- und Laborräumen um. 1988 sind wir GZ: Welche Veränderungen in den letzten war das bei euch anders? fahrung hinzugewinnen, das der Nutzung und Di- alle vom Hauptgebäude in der Senckenberganlage 40 Jahren sind hervorzuheben und RD: Nein, das ging uns doch allen so. Dazu braucht gitalisierung von Sammlungsobjekten zugute- in die umgebauten Gebäude einer ehemaligen welche Highlights sind Ihnen besonders man viel mehr als nur das Handwerk, das wir in kommt. In einem befristeten Arbeitsverhältnis wäre Brillenfabrik in der Kuhwaldstraße umgezogen. Die in Erinnerung­ geblieben? der Ausbildung gelernt haben. Jede Sammlung hat das zum Beispiel nicht möglich gewesen. hatte Senckenberg Anfang der 1980er Jahre ge- ja ihre eigene Entstehungsgeschichte, vieles hat MM: Die Tätigkeiten sind ungeheuer vielseitig. Zu kauft, um den dringend benötigten Platz für die AHV: Die wesentlichste Veränderung ist, dass sich historisch entwickelt und kann auch nur im unseren Aufgaben gehört auch die Unterstützung Sammlungen zu schaffen. Damals dachte niemand Senckenberg in den letzten 40 Jahren so viel größer historischen Kontext verstanden werden. Das unserer Wissenschaftler, zum Beispiel bei der im Traum daran, dass wir noch einmal umziehen geworden ist. In den 1970er Jahren, als Wilhelm „Zurechtfinden“ in einer Sammlung mit Millionen Präparation und Dokumentation von Forschungs- würden. Schäfer noch Direktor war, zählten wir gerade mal Objekten, die vielfach auch noch in verschiedenen objekten. Dabei konnten wir als Technische Assis- RD: Aber jetzt freuen wir uns alle über die Fertig- 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem am Teilsammlungen eingeordnet sind, ist schon eine tentinnen und Assistenten auch an der Entwicklung stellung der neuen Räumlichkeiten im Jügelhaus. Standort Frankfurt. Man sah sich fast täglich und Herausforderung, für die eine lange Berufserfahrung neuer Methoden mitwirken. Wir sind dann fast alle wieder nah beieinander, wir die Atmosphäre war recht familiär. erforderlich ist. AHV: Sehr abwechslungsreich war und ist die können nach den modernsten Standards arbeiten, MM: Das stimmt! Auch die Beziehung von uns Arbeit auch durch die Ausbildung von Sencken- und es gibt vor allem auch mehr Platz für die vielen Assistenten zum Schaumuseum war sehr eng. Bei berg-Schülern, die Betreuung von Schülerprakti- neuen Sammlungsobjekte, die wir in Zukunft zu der Konzeption und Betreuung von Sonder- und kanten, Studenten und Gastforschern aus dem betreuen haben. Dauerausstellungen waren wir eingebunden und In- und Ausland – man begegnet immer wieder konnten eng mit den Wissenschaftlerinnen und neuen Menschen und kulturellen Hintergründen. GZ/NFM: Vielen Dank, auch im Namen der Wissenschaftlern zusammenarbeiten. Wirklich KS: Das sehe ich auch definitiv als Bereicherung. Senckenberg-Gesellschaft, für Ihren jahrzehn- aufregend war, als dieser Riesenwal präpariert Aber das „Sahnehäubchen“ an unserem Beruf ist telangen Einsatz für das Haus, seine Samm- wurde. Erinnert Ihr euch? Das war auch noch in doch immer noch die Arbeit im Gelände – wenn lungen und Forschung! Wir wünschen Ihnen den 1970er Jahren. Der war an der Nordsee ange- wir bei Sammelreisen oder Grabungen, sozusagen für die Zukunft alles Gute und viel Freude schwemmt worden. Über mehrere Tage werkten an vorderster Forschungsfront dabei sein können und eine weiterhin befriedigende Arbeit für unsere Präparatoren im Hinterhof am Haupthaus. – das ist schon etwas Besonderes. „Ihr“ Senckenberg. RD: Verändert haben sich für uns auch die techni- MM: Absolut. Vor allem die jährlichen Grabungen schen Rahmenbedingungen. Ganz am Anfang in der Grube Messel, bei denen wir oft spektaku- haben wir noch mit Schreibmaschine, Karteikarte läre Funde freilegen. Ebenso konnte ich an einigen und analogem Fotoapparat gearbeitet. Der erste Exkursionen nach China und Frankreich teilnehmen Computer in meiner Abteilung wurde noch privat und dort mit auf Fossiliensuche gehen. Senckenberg-Schule für Technische(r) Assistent(in) für ­naturkundliche angeschafft! Das war 1983. Heute nimmt die Arbeit RD: Ich erinnere mich auch gerne an die 1980er Museen und Forschungsinstitute am PC, besonders die Digitalisierung von Samm- und 1990er Jahre zurück, an die schönen Sam- www.senckenberg.de/root/index.php?page_id=31

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 98 99 GESELLSCHAFT GESELLSCHAFT

von Jens Jakobitz & Martin Päckert Ungleich wichtiger für die

dolf Bernhard Meyer kam Mitte des 19. Jahr- Dresdener Sammlungen war A hunderts als Sohn einer wohlhabenden Fa- milie in Hamburg zur Welt. Mehr als 30 Jahre war jedoch seine spätere Reise er im damaligen Königreich Sachsen tätig. Er grün- dete das Königlich Zoologische und Anthropolo- nach Papua-Neuguinea in den gisch-Ethnographische Museum zu Dresden und führte es als langjähriger Direktor zu Weltgeltung. Jahren 1873 / 74.

Der Namensgeber unseres Sammlungsgebäudes in Dresden, Adolf Bernhard Meyer (*11.10.1840 – † 05.02.1911), war von 1874 bis 1906 der Direktor des damals Königlich Zoologischen und Anthropolo- Wallace und Darwin begab er sich in die transozea­ gisch-Ethnographischen Museums. Er hatte zuvor an nische Inselwelt. Seine außerordentlichen Sprach- den Universitäten von Göttingen, Wien, Berlin und kenntnisse inklusive des Malaiischen, das er sich vor Zürich Medizin und Naturwissenschaften studiert und Ort aneignete, trugen sicherlich zum Erfolg der Expe- als Zeitgenosse Charles Robert Darwins (1809 –1882) ditionen bei. Auf seinen Forschungsreisen hatte Meyer ein großes Interesse an dessen kontrovers diskutierten den Blick eines Universalwissenschaftlers, denn er Theorien entwickelt. Ebenso faszinierten ihn die sammelte gezielt sowohl ethnografisches und anthro- biogeogra­fischen und frühen evolutionsbio­logischen pologisches als auch zoologisches Material. Als er nach Arbeiten von Alfred Russel Wallace (1823 – 1913), von seiner Rückkehr im Jahr 1874 die Stelle als Direktor denen er einige ins Deutsche übersetzte. Dessen des Königlichen Zoologischen und Anthropologischen BLICK Abhandlung über den Malayischen Archipel (Wallace Museums Dresden antrat, brachte er unter anderem ZURÜCK 1869 a) mag Meyer so beeindruckt haben, dass er sie mehrere Tausend Vogelbälge mit. ADOLF BERNHARD MEYER noch im Erscheinungsjahr übersetzte (Wallace 1869 b) und diesen Erdteil schließlich selbst besuchen wollte. Meyer als Reformator der Sammlungen In seinen ersten Jahren als Museumsdirektor reiste Meyer als Forschungsreisender Meyer zu mehreren Museen in Europa und Nordame- Meyers erste Reise führte ihn 1870 nach Sulawesi und rika, um sich Anregungen für die Modernisierung der auf die Philippinen. Ungleich wichtiger für die Dresde- Dresdener Sammlungen zu holen. FORSCHUNGS- ner Sammlungen war jedoch seine spätere Reise nach Eine wichtige Neuerung unter Meyers Leitung Papua-Neuguinea in den Jahren 1873/74. Mit dem war die Trennung der Präparate in eine Schausammlung Hintergrundwissen aus den aktuellen Werken von für die Öffentlichkeit und eine wissenschaftliche Stu- diensammlung für Forschungs- REISENDER, zwecke. Ein Beispiel für seine museale Entwicklungsarbeit sind die von ihm mit der Firma Kühn- scherf & Söhne konstruierten TAXONOM UND staubdichten und insektensiche- ren eisernen Museumsschränke aus sogenanntem Rheinischen Glas. In diesen Vitrinen wurden MUSEOLOGE in der Zoologischen Daueraus- stellung des Dresdener Zwingers Schaupräparate einheimischer Mit dem weiten Horizont eines universal gebildeten Pioniers legte Adolf Bernhard Meyer den Grundstein der moderneren zoologischen Sammlungen

Die Kühnscherf-Schränke in der Dauerausstellung im Dresdener Zwinger, Beginn zwanzigstes Jahrhundert.

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gie sind allein die ersten dreitausend Einträge fast ausschließlich von ihm gesammelte Vogelbälge aus HR-INFO-FUNKKOLLEG LESEZEICHEN Indonesien. Dieses Material war der Grundstein für seine spätere wissenschaftliche Arbeit. „BIOLOGIE UND ETHIK“ Biologie und Ethik:Natur im Griff? Die Sendungen des Funkkollegs Meyer als Naturwissenschaftler Als Museumsdirektor sah Meyer die Gelegenheit und Seit Oktober 2017 läuft jeden Samstagmittag auf hr-iNFO das Funkkolleg „Biologie und Ethik“, das sich unter anderem mit den Regina Oehler (Hrsg.) Notwendigkeit, eine eigene wissenschaftliche Schrif- aktuellen Fortschritten in der biologischen Grundlagenforschung, 2018, 278 Seiten tenreihe herauszugeben. Bereits im Jahr 1875 erschien insbesondere der Biotechnik und Gentechnik, befasst. ISBN: 978-3-510-61412-7 die erste Ausgabe der „Mittheilungen aus dem König- Preis: 17,90 € lich Zoologischen Museum zu Dresden“. Der Mensch kann durch technische Entwicklungen immer tiefer www.schweizerbart.de/9783510614127 Seine Reiseberichte und Forschungsergebnisse in die eigene Biologie und in die Natur eingreifen. Gleichzeitig erleben wir den Beginn eines großen Artensterbens: Der Verlust veröffentlichte er zudem in verschiedenen internatio- von Biodiversität ist in vielen Bereichen bereits spürbar und nalen Zeitschriften. Er unterstützte aber auch andere ­erfordert ein Umdenken in unserem Umgang mit den Ressourcen Wissenschaftler als Herausgeber, sodass sich die unserer Erde. Diese Veränderungen führen zwangsläufig auch Gesamtzahl seiner Publikationen auf mehr als 350 zu ethischen Fragen: Inwieweit dürfen wir in die Natur eingreifen? beläuft. Sein eigenes Material war seinerzeit der Welchen Wert hat die Natur? Wo liegen die Grenzen unseres Handelns? Der von A. B. Meyer 1875 beschriebene und nach König Wilhelm III der Nieder- Grundstock umfangreicher zoologischer Arbeiten, denn lande benannte Diphyllodes gulielmitertii ist eigentlich­ eine in der Natur sehr die Fauna des Indomalayischen Archipels war damals Das letzte der drei Themenfelder des Funkkollegs befasst sich seltene Kreuzung zwischen zwei Paradiesvogelarten: dem Königsparadiesvogel weitgehend unerforscht. Allein der Typenkatalog der mit der Entwicklung der Biodiversität und ihren Auswirkungen (Cicinnurus regius)­ und dem Sichelschwanzparadiesvogel (C. magnificus); Dresdener Vogelsammlung verzeichnet 167 wissen- auf Mensch und Erde. Farbtafel aus der Originalbeschreibung (Archiv SNSD). schaftliche Namen, die auf Meyers Beschreibungen zurückgehen, 33 weitere Taxa beschrieb er gemeinsam DIE SENDUNGEN IM ÜBERBLICK mit seinem Assistenten Lionel W. Wigglesworth. 17.03.2018 // Artenschwund: Die Geschichte der Biodiversität und exotischer Tiere der Öffentlichkeit präsentiert. Viele dieser Artnamen sind heute noch in Gebrauch 07.04.2018 // Wem gehört die Natur? Später wurde diese Neuheit weltweit unter der Be- für anerkannte Arten oder Unterarten. Manche seiner 14.04.2018 // Tierschutz? Artenschutz? Naturschutz? Wie sollen und wollen wir mit den neuen Möglichkeiten der Biologie umgehen? Wie weit dürfen wir in die Evolution eingrei- zeichnung „Dresden Cases“ bekannt. Heute findet Kollegen, die seine Sammlungen bearbeiteten, be- Werte im Konflikt 21.04.2018 // Züchten, erforschen, schlachten: Wie darf ich fen, in Ökosysteme, in unsere biologische Grundausstattung und sich in diesen Vitrinen die historische Schausammlung nannten ihm zu Ehren eine neu beschriebene Art, so mit Tieren umgehen? in die unserer Kinder und Enkel? Woher nehmen wir unsere von Vogelnestern. zum Beispiel den Sulawesilori (Trichoglossus meyeri) 28.04.2018 // Landwirtschaft: der Preis der Monokulturen Maßstäbe und wie handeln wir sie aus? Dies sind die zentralen Unter seiner Ägide wurden auch die ethnografi- oder den Meyerhabicht (Accipiter meyerianus). Meyer 05.05.2018 // Brauchen wir eine Medizin der Erde? Fragen, die sich durch die Kapitel von „Biologie und Ethik: Natur schen Sammlungen Bestandteil des neuen Museums selbst wiederum erwies sich als treuer Diener des 12.05.2018 // Biodiversität und Ästhetik: wann wir uns in der im Griff?“ ziehen. Die Grundlage des Werks sind 24 Radiosen- dungen des Funkkollegs „Biologie und Ethik“, vom Hessischen und dem Anthropologischen Kabinett angegliedert. In Königlichen Museums und benannte zwei neue Para- Welt zu Hause fühlen Rundfunk produziert und im wöchentlichen Turnus von Oktober der Zoologie sorgte Meyer nicht nur mit seinem eige- diesvogelarten nach König Albert von Sachsen und 2017 bis Mai 2018 auf seinem HR-Info-Kanal ausgestrahlt. nen Material aus Indonesien für einen beachtlichen dessen Gattin Carola (Pteridophora alberti, Parotia Die Abschlussveranstaltung findet am Abend des 19. Juni 2018 Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler, Zuwachs; die von ihm angekauften Exemplare ausge- carolae). Meyers besonderes Interesse an den Para- im HR-Foyer statt. Das Funkkolleg „Biologie und Ethik“ Philosophinnen und Ethiker, Vertreterinnen und Vertretern wich- storbener Tierarten wie der Beutelwolf (Thylacinus diesvögeln sorgte später noch für Überraschungen, wird wissenschaftlich betreut durch die Senckenberg Gesellschaft tiger Gremien und Organisationen kommen zu Wort, geben für Naturforschung und dem Institut für Philosophie der TU Denkanstöße, erläutern Hintergründe zu Forschungsprojekten, cynocephalus) und ein Skelett der Stellerschen See­kuh denn manche seiner Neubeschreibungen wie der nach Darmstadt. Zur Vertiefung sind zwei Bücher erschienen: liefern Beispiele aus dem Alltag. Dies soll uns bei unserer Suche (Hydrodamalis gigas) sind noch heute von unschätz- König Wilhelm III. der Niederlande benannte Diphyllo- Band 1 „Biologie und Ethik: Leben als Projekt“ (s. NFM 9–12 2017, nach den „richtigen“ Antworten helfen, doch einfache, eindeu- barem wissenschaftlichen Wert. Die stetig wachsende des gulielmitertii, stellten sich hinterher als Hybriden S. 280) wurde bereits im Oktober 2017 veröffentlicht, Band 2 tige oder gar allgemeingültige Antworten sind nicht ohne Weite- Zahl an Sammlungsobjekten brachte grundlegende heraus, also als Kreuzungen zwischen zwei verschie- „Biologie und Ethik: Natur im Griff?“ (s. rechte Spalte) erscheint res zu finden. Es gilt vielmehr, Grautöne kennenzulernen und strukturelle und organisatorische Änderungen mit sich: denen Arten. im Mai 2018. Zu jeder Sendung (in der HR-Mediathek jederzeit auseinanderzuhalten und die Balance zu halten in einer Zeit, die uns mit ihren rasanten Entwicklungen in der biologischen For- Meyer sorgte für ausreichend neue Räumlichkeiten Im Sinne des wissenschaftlichen Austauschs mit nachzuhören) werden Zusatzmaterialien, weitere Lesetipps und Hintergrundinformationen erarbeitet. schung immer wieder aufs Neue herausfordert. und verdreifachte damit die Sammlungsfläche, und er Kollegen organisierte Meyer schließlich im Jahre 1897 In einem sind sich die Gesprächspartnerinnen und Ge- begann gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit der sys- einen großen Ornithologenkongress in Dresden und Näheres unter www.funkkolleg-biologie.de. sprächspartner, die für die Funkkolleg-Sendungen Rede und tematischen Katalogisierung der naturhistorischen steuerte hierfür wesentliche Beiträge zur Theorie des Antwort standen, jedenfalls einig: Es ist höchste Zeit, eine breite Objekte. In den historischen Katalogen der Ornitholo- Artbegriffs bei. gesellschaftliche Debatte über Genchirurgie, Forschung an Em- bryonen, die neuen Möglichkeiten von Enhancement, unsere Eingriffe in Ökosysteme und Biodiversität anzustoßen und das Literatur Wissen zu diesen Themenbereichen in die interessierte Öffent- • British Ornithologists’ Union (1911): Orbituary – Dr. A. B. Meyer, Dr. Carl Parrot and Mr W. E. D. Scott. In: Proceedings at the Annual General Meeting of the BOU lichkeit zu tragen. 1911. – Ibis 9, 556–557. • Eck S. & Quaisser, C. (2004): Verzeichnis der Typen der Vogelsammlung des Museums für Tierkunde in den Staatlichen Naturhistorischen Sammlungen Dresden. – Zool. Abh. Mus. Tierkd. Dresden 54, 233–316. Martin, P. (2005): Meyer, Adolph Bernhard. – In: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut • Erscheinungstermin: 8. Mai 2018 für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi/ (14.03.2018) • Meyer, A. B. (1875): Ornithologische Mittheilungen I: Diphyllodes Gulielmi III v. Mussch. in lit. n. sp. – Mittheilungen aus dem K. Zoologischen Museum zu Dresden. Erstes Heft, mit Tafel Mitglieder und Mitarbeiter(inn)en erhalten 20 % Rabatt auf den I–IV, 1–8. • Meyer, A. B. (1878): Die neuen eisernen Schränke des Dresdner Zoologischen Museums. – Mittheilungen aus dem K. Zoologischen Museum zu Dresden. Verkaufspreis. Bestellung über den Schriftentausch via E-Mail Drittes Heft, 281–286. • Wallace, A. R. (1869 a): The Malay Archipelago. The Land of the Orang-Utan, and the Bird of Paradise. A Narrative of Travel, with Studies of unter [email protected]. Man and Nature. In Two Volumes. – Macmillan & Co., London. • Wallace, A. R. (1869 b): Der Malayische Archipel. Die Heimath des Orang-Utan und des Paradiesvo- gels. Reiseerlebnisse und Studien über Land und Leute. Autorisirte deutsche Ausgabe in 2 Bänden von Adolf Bernhard Meyer. – George Westermann, Braun- schweig • Stresemann, E. (1951): Die Entwicklung der Ornithologie von Aristoteles bis zur Gegenwart. – F. W. Peters, Berlin.

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 102 103 SERVICE SERVICE JEDEN LETZTEN DIENSTAG 15 – 16.30 UHR !

NATURGESPRÄCHE Die Schatzkammern der SNSD – Rundgang im HIGHLIGHTS PROGRAMM Museum für Tierkunde Sie interessieren sich für Naturkunde und Forschung? Das Team Bildung Entdecken Sie gemeinsam mit Wissenschaftlern und Vermittlung freut sich auf Sie und bietet Ihnen wissenschaftliche Rund- BILDUNG UND VERMITTLUNG SENCKENBERG NATURHISTORISCHE der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen gänge zu wechselnden Themen. Ein anschließender Vortrag bei Kaffee Dresden die sonst für die Öffentlichkeit nicht zu- und Gebäck rundet den Nachmittag ab. IM SENCKENBERG NATUR- SAMMLUNGEN DRESDEN gänglichen Sammlungsräume im Forschungsge- bäude in Klotzsche. VON BIENCHEN, BLÜMCHEN UND DEM BIENENSTERBEN MUSEUM FRANKFURT Teilnahmegebühr 6,00 EUR MIT JAN WACKER // 29. MAI 2018 // 15–16.30 UHR 25. April 2018, 18–20.15 Uhr Haben Sie Fragen? Sie können uns von Dienstag bis Donnerstag, 10–16 Uhr, telefonisch unter Weitere Veranstaltungen finden Sie in dem beiliegenden TREFFPUNKT: EINGANGSHALLE DES MUSEUMS In den letzten Jahren wurde viel diskutiert über das Sterben der Bienen +49 (0) 351 795841-4326, -4408 (A.-B.-Meyer-Bau) und an Wochenende und Feiertagen 10–17 Uhr Programm-Flyer. Info und Buchung via Internet unter Lange Nacht der Wissenschaften und die Rolle, die sie in der Natur spielen. Überhaupt ist das Interesse an den unter +49 (0) 351 81085304 (Japanisches Palais) erreichen. www.senckenberg.de/Veranstaltungen Unter dem Motto „Zwischen 18 und 1 macht jeder fleißigen Sechsbeinern gestiegen: Viele Schutzprojekte sind ins Leben ge­ Besuchen Sie uns auch im Internet: www.senckenberg.de/dresden Science“ werden wieder Tausende Neugierige die rufen worden, die Zahl der Hobby-Imkerinnen und -Imker wächst stetig. Im Nacht zum Tag machen und die ca. 150 Standorte Rahmen dieser Veranstaltung schauen wir uns die wichtigen Immen ­etwas der „16. Langen Nacht der Wissenschaft“ besuchen. genauer an und besprechen ihren Nutzen für uns und die Natur. JEDEN Senckenberg wird wieder ein gemeinsames Pro- M Anmeldung erforderlich. ITTWOCH ! gramm mit dem Landesamt für Archäologie auf die 18 –19 UHR Teilnahmegebühr 12,00 EUR, Senckenberg-Mitglieder 10,00 EUR MITTWOCHABENDFÜHRUNGEN­ Beine stellen. 15. Juni 2018, 18–24 Uhr 18–19 UHR // TREFFPUNKT: DINOSAURIERSAAL Die traditionellen Mittwochabendführungen geben Ihnen FERIENPROGRAMM Das große Krabbeln auf der Wiese Einblicke in spezielle Themenfelder. Jede Woche steht dabei ein (für Kinder ab 7 Jahre) anderer spannender Aspekt aus der Naturwissenschaft im Fokus. MIKROSKOPIER-WORKSHOPS (6–12 JAHRE) Spinne, Käfer, Ameise, Schmetterling ... – Was krab- 28. UND 29. JUNI 2018 // 10–13 UHR belt und fliegt da eigentlich über unsere Wiese? Ihr TREFFPUNKT: EINGANGSHALLE DES MUSEUMS fangt behutsam kleine Tiere aller Art und bestimmt Winzige Wunderwelt – die Vielfalt unter dem Mikroskop. Wie sehen Steine, diese anschließend gemeinsam mit Wissenschaft- Muscheln und Insekten eigentlich von Nahem aus? Was lebt alles in einem lern der Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen. Wassertropfen? Kann man die Zellen einer Zwiebelhaut zählen? Diese Exklusiv für Kinder. und andere interessante Objekte nehmen wir unter die Lupe und lernen, Teilnahmegebühr 6,00 EUR mit ­einem Mikroskop umzugehen. Anmeldung erforderlich. 23. Juni 2018, 16–18.15 Uhr Teilnahmegebühr 18,00 EUR, Senckenberg-Mitglieder 15,00 EUR

JAPANISCHES PALAIS

Sonderausstellung „Monster und Mythen“ Ende April wird die neue Sonderausstellung „Monster und Mythen – Seeungeheuer, Einhorn und Co.“ im Japanischen Palais eröffnet. Zehn Monate lang kön- nen die Besucher lebensgroße Rekonstruktionen von Seeungeheuern, Bigfoot, Yeti und Co. bestaunen. Das ist nicht Nessie! Das ist eine Seeschlange, wie sie zum Beispiel auf der Carta Marina von 27. April 2018 bis 3. März 2019 Olaus Magnus zu sehen ist.

DINOSAURIER IM KINO – DER EINFLUSS DER TRAUMFABRIK AUF DIE DRESDNER GEOWISSENSCHAFTLICHE DRESDNER ZOOLOGISCHE KOLLOQUIEN WISSENSCHAFT // MIT DANIELA SZYMANSKI & MATHIAS WIRKNER KOLLOQUIEN Gäste sind herzlich willkommen. 13. JUNI 2018 // 18–19 UHR Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei. Der Eintritt ist frei. Ort: Vortragsraum im Jurassic-World-Dinosaurier überzeugend lebendig werden zu lassen, war Ort: Vortragsraum im Japanischen Palais, ­Hauptgebäude 172, A.-B.-Meyer-Bau, und ist für die Tricktechnik die größte Herausforderung. In der Führung werfen ­Palaisplatz 11, Dresden Dresden-Klotzsche wir anlässlich des Starts eines neuen Dino-Blockbusters einen genaueren Blick auf die wechselseitige Beeinflussung von Filmemacher(inn)en und Ist der Basalt ein Sachse? Wissenschaftshis­­ Genomes tell the story of mammalian Wissenschaftler(inn) und fragen uns, ob sie ein Segen oder ein Fluch ist. torische, petrografische und vulkanologische evolution – Divergence with genetic VORSCHAU Untersuchungen am Burgberg Stolpen, der exchange ­Typlokalität für Basalt seit 1546 Axel Janke, Senckenberg BiK-F, FORSCHUNGSSTATION Dr. Olaf Tietz & Dipl.-Geol. Jörg Büchner, 12. April 2018, 16 Uhr SCIENCE AFTER WORK: 6., 13., 20., 27. JULI 2018 // 11–15 UHR ­Senckenberg Görlitz, 10. April 2018, 17.30 Uhr MIKRO- UND MAKROKOSMOS DER DINOWERKSTATT FORSCHUNGSINSTITUT KLOTZSCHE Das mitteleuropäische Deckschichten-Modell Die Erde bebt (für Kinder ab 7 Jahre) GESTEINE MIT JAN WACKER Muschel, Kiesel und Co. – entdecke die Vielfalt von Strand und Meer! ­Sicher habt ihr schon einmal beim Strandspaziergang Muscheln oder toll gefärbte­ und seine Übertragbarkeit Vulkane brechen aus und spucken heiße Lavaströme, 6. JUNI 2018 // 19.30–21.30 UHR Steine gefunden. An unserer Forschungsstation werden wir eure Schätze ge- Prof. Dr. Arno Kleber, TU Dresden an manchen Orten bebt die Erde. Warum? War das meinsam unter die Lupe nehmen und bestimmen. 8. Mai 2018, 17.30 Uhr schon immer so? Viele spannende Fragen, denen ihr zusammen mit den Experten von Senckenberg Zur Erforschung der Erdgeschichte bergen Mineralien und Gesteine wichtige Es wird nur der Museumseintritt erhoben. Keine Anmeldung erforderlich. Manganknollen – Tiefseebergbau und auf die Spur kommen könnt. Informationen. Mithilfe von Binokular und Polarisationsmikroskop wollen Kinder unter 14 Jahren nur in Begleitung Erwachsener. Biodiversität Exklusiv für Kinder. wir ihnen an diesem Abend ihre Geheimnisse entlocken. Forschen Sie mit! Prof. Dr. Martínez Arbizu, Teilnahmegebühr 6,00 EUR Blick in die Schatzkammer der Ornithologie: aufgestell- Senckenberg Wilhelmshaven, 12. Juni 2018 5. April 2018, 10–12.15 Uhr tes Skelett einer Tibetmeise (Pseudopodoces humilis).

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 104 105 SERVICE SERVICE

Die neue Sonderausstellung wandelt auf den Spuren Warum wir sammeln – Belege für den Wandel! – sagenhafter Wesen wie dem Monster von Loch PROGRAMM Die Sammlungen öffnen ihre Türen Ness und zeigt, was wissenschaftlich gesehen hin- 10 Uhr Einführungsvortrag im Seminarraum ter ihnen steckt. SENCKENBERG MUSEUM FÜR ­Museumsgebäude von Prof. Dr. Willi Xylander Besichtigungsmöglichkeit ausgewählter Bereiche Nachts im Museum – dem „Mythos Monster“ NATURKUNDE GÖRLITZ der Forschungssammlungen. mit Taschenlampe auf der Spur 6. Mai 2018, 10–13 und 14–16 Uhr Führung für Kinder Gibt es Seeschlangen und Riesenkraken in den Oze- Internationaler Museumstag anen, die ganze Schiffe mit sich in die Tiefe reißen? Haben Sie Fragen? Sie erreichen uns telefonisch täglich von 10 bis 17 Uhr unter +49 (0) 3581 4760-5100 freier Eintritt in das Museum Existieren die sagenumwobenen Einhörner wirklich? oder -5220. Das Museum ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr und Sonnabend/Sonntag von 13. Mai 2018, 10–18 Uhr Lerne, welche „Monster“ pure Fantasie sind und 10 bis 18 Uhr geöffnet. Besuchen Sie uns auch im Internet: www.senckenberg.de/goerlitz welche fabelhaften Geschöpfe es tatsächlich gibt. Tagungen Teilnahmegebühr 6,00 EUR Naturforschung in der polnischen Oberlausitz 28. April 2018, 19–20.30 Uhr NATURWISSENSCHAFTLICHE KOLLOQUIEN 28. Jahrestagung und Mitgliederversammlung der Die Veranstaltungen finden im Seminarraum Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz Spannung zum Feierabend – dem „Mythos des ­Museums (Eingang am Museum 1) statt. 28.– 29. April 2018, Lubań Das China der Gegenwart ist weitaus vielfältiger und bunter, als es die Monster“ auf der Spur Die Teilnahme ist kostenlos gängigen Klischees und Medienberichte vermuten lassen. Führung für Erwachsene „Wir haben die Echten!“ – Dimensionen des Seeungeheuer in den Tiefen des Ozeans und wilde Der Geopark Neißeland – drei Länder eine ­Authentischen in Naturkundemuseen Affenmenschen in den Wäldern? Welche fabelhaften Landschaft Eine Veranstaltung des Leibniz Forschungsverbunds Historische Authentizität Tiere tatsächlich existieren, erfahren Sie beim Rund- Jörg Büchner, SMNG, Sektion Paläozoologie gang durch die Ausstellung. und Geologie 30. Mai bis 1. Juni 2018, Humboldthaus Teilnahmegebühr 6,00 EUR 24. April 2018, 14 Uhr VORTRAGSREIHE 9. Mai 2018, 18–19.30 Uhr KONFUZIUS TRIFFT SENCKENBERG – Arthropod traits: conservation and implications SONDERAUSSTELLUNGEN Museums-Sommernacht Dresden for ecological functions Tricture 3D – Deine Reise in die Urzeit CHINAS SCHÄTZE AUS NATUR UND KULTUR am 30. Juni 2018 Prof. Dr. Klaus Birkhofer, Brandenburgische 20. Januar bis 12. August 2018 Es ist wieder so weit: zur Museumsnacht öffnen ­Technische Universität Cottbus Senckenberg lädt zu hautnahen Begegnungen mit Gemeinsam laden das Konfuzius-Institut Frankfurt und die zahlreiche Museen in Dresden ihre Türen. 8. Mai 2018, 14 Uhr wilden Tieren ein. Mit Witz und Fantasie können ­Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung dazu ein, in Die Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen ­Dinosaurier gefüttert und es darf mit Höhlenbären die Vielfalt der kulturellen und natürlichen Reichtümer Chinas Dresden beteiligen sich mit einem Programm gekämpft werden. Oder Sie dürfen sich von einem ­einzutauchen. Alle Informationen unter in ihrer­ neuen Sonderausstellung „Monster und NATUR IN FARBE Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker hält die Luchs den Rücken kraulen lassen – und ­alles völlig www.senckenberg.de/konfuzius ­Mythen“ im Japanischen Palais: Die Veranstaltungen finden im Humboldthaus ­diesjährige Hummboldtvorlesung in Görlitz ungefährlich! Die Malweise der elf großformatigen 18–01 Uhr // Monster und Mythen (Platz des 17. Juni 2) statt. Erwachsene 2,00 €, Ölbilder erzeugt eine faszinierende dreidimensionale Freier Rundgang durch die Ausstellung Ermäßigte 1,00 €, Kinder (bis 16 J.) frei Illusion unter Einschluss der Besucher/-innen, die 11. April 2018 // 19.15 Uhr 18–22 Uhr // Kreatives Gestalten für Kinder Treffpunkt: Betriebsparkplatz Kaolinwerk Caminau dadurch selbst zum Ausstellungsobjekt werden. Wie Buddhismus und Daoismus das Verhältnis von Natur, Monster und Einhörner zum Leben erwecken Neutronenstern-Kollision – Goldbrüter im All 5. Mai 2018, 10 Uhr Sie schlüpfen gewissermaßen­ ins Bild und werden Mensch und den Göttern in China prägten 18.30 und 20.30 Uhr // Dem Mythos Monster Prof. Dr. Wolfram Winnenburg, interaktiver Bestandteil der Komposition. Spaß an Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer, Universität Tübingen auf der Spur Universitätssternwarte­ Siegen Natur in der Stadt – Tier und Pflanzenwelt der Selbstins­zenierung steht in dieser Ausstellung Kurzführungen (20 Min.) durch die Ausstellung 20. April 2018, 19.30 Uhr ­entlang der Neiße im Vordergrund und fotografieren ist unbedingt er- 19 und 21 Uhr // Märchenkarawane Dr. Birgit Lang, Jörg Müller und wünscht. Die Ergebnisse sind jedenfalls verblüffend! 25. April 2018 // 19.15 Uhr Monika Auer und Ute Fisch erzählen Märchen in Stefanie Schindler, SMNG Tricture 3D ist eine Ausstellung von eli – eine lose Klimaschwankungen im Erdaltertum – Paläontologische der Ausstellung, Start im Foyer, 60 min GÖRLITZER KINDERAKADEMIE Treffpunkt: Parkplatz Stadthalle Görlitz. idee – und kulturgut beraten. Forschung in China 22.30 und 23.30 Uhr // Ausgestorben! Von Die Veranstaltungen finden im Humboldthaus Bitte Fernglas mitbringen. Dr. Peter Königshof, Senckenberg Forschungsinstitut und Beutel­wölfen und Moas (Platz des 17. Juni 2) statt. Für deutsche und Kinder willkommen! ­Naturmuseum, Frankfurt a. M. Kurzführungen (20 Min.) durch die Ausstellung ­polnische Kinder zwischen acht und zwölf Jahren. 17. Mai 2018, 17–19 Uhr Die Teilnahme ist kostenlos. Humboldtvorlesung 9. Mai 2018 // 19.15 Uhr Der Lebenslauf eines Schmetterlings und das Die Volle Welt verlangt von uns ein Vielfalt und Ordnung: Gelehrte Erkundungen der Tier- und Mähen einer Wiese ­fundamen­tales Umdenken – Pflanzenwelt im China des 11. bis 19. Jahrhunderts Dr. Matthias Nuß, Senckenberg Naturhistorische Der neue Bericht des Club of Rome Dr. Martina Siebert, Staatsbibliothek zu Berlin – Ostasienabteilung Sammlungen Dresden, Sektion Schmetterlinge Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, 20. April 2018, 16 Uhr, Humboldthaus Ko-Präsident des Club of Rome, Emmendingen 3. Mai 2018, 18.30 Uhr, Humboldthaus 23. Mai 2018 // 19.15 Uhr Comic-Helden als Lebensbegleiter – was sie uns Achtbeiner im Land der Morgenröte – Aktuelle Spinnen- mit ihren Geschichten mit auf den Weg geben Europäisches Jahr des Kulturerbes 2018 forschung in China Prof. Dr. Manfred Jödecke, Hochschule Zittau/Görlitz, Feldarbeit von Museumswissenschaftlern – Dr. Peter Jäger, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Fakultät Sozialwissenschaften aus der Natur ins Museum Frankfurt a. M. (mit Abschlussveranstaltung) 4. Mai 2018, 16 Uhr, Hochschule Zoologisch-botanische Exkursion mit ­WissenschaftlerInnen des Senckenberg Exkursionen Museums für Naturkunde Görlitz Geologische Exkursion ins Hahnenberggebiet Treffpunkt: Wegekreuzung am „Golfplatz“ Hautnahe Begegnungen mit Dinosauriern, großen Veranstaltungsort: Hörsaal des Senckenberg Biodiversität und Klima Auch letztes Jahr haben Besucher der „Langen Nacht zum Kaolinwerk Caminau und in die Kiesgruben ­Neuberzdorfer Höhe. Zufahrt über Blaue Raubtieren und Tiefseemonstern verspricht diese Forschungszentrums (Maria-Sybilla-Merian-Haus), der Wissenschaften“ die Chance genutzt und exklusive Holschdubrau Lagune Richtung Aussichtsturm. ­Mitmachausstellung im Senckenberg Museum für Georg-Voigt-Straße 14, 60325 Frankfurt a. M. Blicke hinter die Kulissen von Senckenberg geworfen. Dr. Olaf Tietz, Sektion Paläozoologie/Geologie, SMNG 5. Mai 2018, 14 Uhr Naturkunde­ Görlitz. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 106 107 SERVICE SERVICE NEU! Ernährung der Zukunft – Wie sehen unsere Lebens- VERANSTALTUNGSKALENDER mittel von morgen aus? (Vortrag) 25. Apr. 2018, 19 Uhr ANDERER INSTITUTE Die schönsten Dioramen, 4. Mai 2018, 13–14.30 Uhr MUSEUM FÜR NATURKUNDE BERLIN

An dieser Stelle haben wir für Sie eine Auswahl interessanter Ausstellungen, Vorträge und Tel.: +49 (0) 30 2093-8591 Führungen naturkundlicher Einrichtungen zusammengetragen. www.naturkundemuseum.berlin.de

Abends im Museum – Die Dinosaurierfunde der Tendaguru-Expedition ZOO FRANKFURT A. M. Einsteins Spiegelkabinett: Gravitationslinsen 18. Apr. 2018, 18 Uhr (Vortrag), 20. Apr. 2018, 20 Uhr Großstadtsafari – Stadtökologie und Klimawandel Tel.: +49 (0) 69 212-33735, -33729 Mit dem Fahrstuhl in die Umlaufbahn? (Vortrag) 22. Apr. 2018, 15 Uhr www.zoo-frankfurt.de 27. Apr. 2018, 20 Uhr Kunst/Natur-Talk: Grenzgänge 23. Apr. 2018, 19.30 Uhr Vortragsreihe „Erlebnis Zoo – Abenteuer NATURFORSCHENDE GESELLSCHAFT Naturschutz“­ (Vortrag) DER OBERLAUSITZ RÖMISCH-GERMANISCHES ZENTRALMUSEUM 4. Apr. 2018, 18–20 Uhr MAINZ Nacht der Museen Tel.:+49 (0) 3581 47 60 58 00 5. Mai 2018, 19–23.59 Uhr www.naturforschende-gesellschaft-der-oberlausitz.de Tel.:+49 (0) 6131-9124-0 Lagerfeuerrunde: Internationale www.rgzm.de Naturschutzarbeit aus Frankfurt Kunst und Minerale aus der Sammlung Dr. Wappler 23. Mai 2018, 20–22 Uhr (Vortrag), 14. Apr. 2018, 15 Uhr Vom Soldaten zum Schiffsbauer – Leben in der Abendführung Vögel beobachten am Berzdorfer See (Exkursion) ­römischen Flotte (Führung) 29. Jun. 2018, 19–21 Uhr 17. Apr. 2018, 16 Uhr 22. Apr. 2018, 15 Uhr Familienwerkstatt mit Kindersonntag: Kinderleben PALMENGARTEN FRANKFURT A. M. HERAEUS BILDUNGSSTIFTUNG im Römischen Reich 29. Apr. 2018, 10–13 Uhr Tel.: +49 (0) 69 212-36689, -33939 Tel.:+49 (0) 6181 428938-0 www.palmengarten.de www.heraeus-bildungsstiftung.de GERMANISCHES NATIONALMUSEUM NÜRNBERG

IMMER GRÜN – Palmenhausaquarelle von ProDiversity 2018: Disruption und Evolution – Tel.:+49 (0) 911 1331-0 Patrizia Winter (Ausstellung) wie lähmend wirkt Konvention? (Podiumsdiskussion) www.gnm.de 8.–29. Apr. 2018 26. Apr. 2018 Fotosafari am Ostkap (Vortrag) Führung durch die Ausstellung „Peter Behrens. 16. Apr. 2018, 19 Uhr POLYTECHNISCHE GESELLSCHAFT FRANKFURT A. M. Das Nürnberger Intermezzo“ Musik im Palmengarten 15. Apr. 2018, 14 Uhr 13. Mai – 16. Sep. 2018 Tel.: +49 (0) 069 78 98 89 32 Führung durch die Ausstellung „Gekauft – Getauscht – Fleischfressende Pflanzen – Karnivoren im www.polytechnische.de Geraubt? Erwerbungen zwischen 1933 bis 1945“ ­Palmengarten (Führung) 6. Mai 2018, 15 Uhr 27. Mai 2018, 11 Uhr Licht: Ursprung und Spiegel der Kultur (Vortrag) 17. Apr. 2018, 19 Uhr DEUTSCHES BERGBAU-MUSEUM BOCHUM BOTANISCHER GARTEN FRANKFURT A. M. Digitalisierte Schule = Schule der Zukunft? (Vortrag) 24. Apr. 2018, 19 Uhr Tel.: +49 (0) 234 5877 0 LEICA NOCTIVID. Tel.: +49 (0) 69 212 39058 Klimawandel: Was passiert mit dem Golfstrom? www.bergbaumuseum.de www.botanischergarten-frankfurt.de (Vortrag), 8. Mai 2018, 19 Uhr Die liberale Weltordnung in der Krise? (Vortrag) Kuratorenführung in der Sonderausstellung Vögel im Botanischen Garten (Führung) 15. Mai 2018, 19 Uhr ­„Packendes Museum“ EINZIGARTIGE 28. Apr. 2018, 7 Uhr 17. Apr. 2018, 15–16 Uhr Pflanzenbörse ZOOLOGISCHES FORSCHUNGSMUSEUM Kurzführungen durch das Anschauungsbergwerk 5. Mai 2018, 9–16 Uhr ALEXANDER­ KOENIG 19. Mai 2018, 11–14.30 Uhr Der Botanische Garten der Stadt Frankfurt SEHERFAHRUNG. am Main – Allgemeine Führung Tel.: +49 (0) 228 9122-0 DEUTSCHES SCHIFFFAHRTSMUSEUM 12. Mai 2018, 14 Uhr www.zfmk.de Shakespeare In The Garden: A Midsummer Tel.: +49 (0) 471 48207-0 Die Essenz aus 110 Jahren Erfahrung. Das von dem Athene noctua, dem Night‘s Dream AKG – Familienexkursionen, 28. Apr. 2018, 15 Uhr www.dsm.museum Symbol für Weisheit, Wissen und Erkenntnis inspirierte Leica Noctivid ist das 10./17./24. Jun. 2018, 16 Uhr Lebensraum Regenwald (Vortrag), 16. Mai 2018, 19 Uhr Forschungen im Museum Koenig (Vortrag) Ein sicherer Hafen? Die Zukunft der Arbeit in der beste Fernglas, das wir je gebaut haben. Stilvoll und kompakt, bietet es das PHYSIKALISCHER VEREIN FRANKFURT A. M. 30. Jun. 2018, 19 Uhr ­Hafenwirtschaft (Diskussion) perfekte Gleichgewicht von Eigenschaften für eine kristallklare Seherfahrung. 10. Apr. 2018, 19 Uhr Einfache, einhändige Benutzung, große Okulare, unglaubliche Tiefenschärfe, Tel.: +49 (0) 69 70 46 30 MÜNCHEN www.physikalischer-verein.de klare Kontraste und die perfekte Kombination aus Lichttransmission und STAATLICHES NATURMUSEUM STUTTGART Tel.:+49 (0) 89 2179-333 Farbtreue. Unvergleichliches Seherlebnis. Schwarmintelligenz jenseits der Metapher – www.deutsches-museum.de Tel.: +49 (0) 711-8936-0 Wie klug sind Schwärme wirklich? (Vortrag) www.naturkundemuseum-bw.de 11. Apr. 2018, 19.30 Uhr Apps und Games: mit digitaler Unterstützung zu Leica Camera AG I Am Leitz-Park 5 I 35578 WETZLAR I DEUTSCHLAND I www.leica-sportoptics.com Die Farbe des Weltalls (Vortrag) ­einer gesünderen Ernährung (Vortrag) Galapagos: Trauminsel im Pazifik (Filmvorführung) 13. Apr. 2018, 20 Uhr 18. Apr. 2018, 19 Uhr 19. Apr. 2018, 18.30 Uhr

SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018

AZ Leica Noctivid_Keyvisual_Senckenberg Magazin.indd 1 17.08.16 08:49 1822_Az_Seit 1822_Wenns um Geld geht_215,9x279,4_04_2017.qxp 26.04.17 11:53 Seite 1

108 SERVICE

Grenzen überschreiten – Leichtbau im IMPRESSUM 21. Jahrhundert (Vortrag) 20. Apr. 2018, 19 Uhr Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung­ (SGN) Baubionik – Biologie beflügelt Architektur (Führung) Senckenberganlage 25, D-60325 Frankfurt am Main, Seit 6. Mai 2018, 14 Uhr Tel.: +49 (0) 69 7542-0, Fax: +49 (0) 69 746238, www.senckenberg.de Naturkundliches Seminar: Evolution der Saurier

8. Mai 2018, 19 Uhr Die SGN ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.

NATURKUNDEMUSEUM KARLSRUHE SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM erscheint viermal jährlich. Der Bezug ist im Mitglieds­ ­beitrag der SGN enthalten. Tel.: +49 (0) 721 175-2111 www.smnk.de HERAUSGEBER Dr. h. c. Beate Heraeus, Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Mosbrugger Kegelrobben auf Helgoland – Fotografien von Lilo Tadday (Sonderausstellung) LEITUNG KOMMUNIKATION 23. Nov. 2017 – 8. Apr. 2018 Dr. Sören Dürr Flusspferde am Oberrhein – Wie war die Eiszeit wirklich?­ (Sonderausstellung) EDITOR-IN-CHIEF 21. Jun. 2018 – 27. Jan. 2019 Thorsten Wenzel

REDAKTIONELLE MITARBEIT NATURHISTORISCHES MUSEUM WIEN Sabine Knapp, Lea Kreher

Tel.: +43 1 52177-0 GESTALTUNG www.nhm-wien.at CARRASCAL / DINDIN Communication Design

WISSENSCHAFTLICHER ­REDAKTIONSBEIRAT European Geosciences Union Public Lecture (Vortrag) Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese | Prof. Dr. Angelika Brandt | Prof. Dr. André Freiwald 12. Apr. 2018, 19 Uhr Prof. Dr. Uwe Fritz | Prof. Dr. Peter Haase | Prof. Dr. Friedemann Schrenk | Dr. Thomas Umwelt im Gespräch: Das Ende der Natur? Lehmann | Prof. Dr. Thomas Müller | Prof. Dr. Andreas Mulch | Prof. Dr. Ingrid Kröncke Leben im Anthropozän (Vortrag) PD Dr. Matthias Schleuning | Prof. Dr. Imke Schmitt | Prof. Dr. Georg Zizka frankfurter-sparkasse.de 17. Apr. 2018, 19 Uhr Eine Nacht im Museum für Kinder KONTAKT 16. Jun. 2018, 19 Uhr Redaktion SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM Senckenberganlage 25, D-60325 Frankfurt am Main, Tel.: +49 (0) 69 7542-1200 [email protected] MUSEUM MENSCH UND NATUR MÜNCHEN

DRUCK Tel.: +49 (0) 89 17 95 89-0 Henrich Druck + Medien GmbH, Schwanheimer Str. 110, D-60528 Frankfurt a. M. www.mmn-muenchen.de © SGN 2018 Von Affen und Menschen (Familienführung) Diese Zeitschrift und sämtliche in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich ­geschützt. Alle Rechte sind vorbehalten. Eine Verwertung ein- 20. Apr. 2018, 15.30 Uhr schließlich des Nachdrucks ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Gesellschaft/ Klimaänderungen und Wasserhaushalt ­Redaktion gestattet. in Alpenraum (Vortrag) 26. Apr. 2018, 18.30 Uhr HAFTUNGSAUSSCHLUSS Versteckte Welt der Krabbeltiere (Familienführung) Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Abbildungen übernehmen Gesell- 27. Apr. 2018, 15.30 Uhr schaft und Redaktion keine Haftung. Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren Der Arktische Ozean zwischen Treibhaus verantwortlich. Alle redaktionellen Beiträge­ sind nach bestem Wissen recher- chiert, für die ­Richtigkeit der Angaben wird jedoch keine Haftung übernommen. und Eishaus (Vortrag) 17. Mai 2018, 18.30 Uhr ISSN 2191-5911 Wenn’s um Geld geht. NATURHISTORISCHES MUSEUM BASEL SPENDENKONTO DER SGN IBAN: DE08500502010200287052 Tel.: +41 (0) 61 266 55 00 BIC: HELADEF1822 www.nmbs.ch BILDNACHWEISE Titelbild: Birgit Jaenicke, S. 56/57 o.: Thomas Walter, u.: Jan Hosan, r. o.: Nicol Mahnken, Kann man die Evolution von Grippeviren vorhersehen? r. m.: Die Infografen, r. u.: Sven Tränkner; S. 58: Sven Tränkner; S. 59: Uwe Dettmar; (Vortrag), 5. Apr. 2018, 15.30–16.30 Uhr S. 64: Renate Walter (Universität Hamburg) und Torben Riehl; S. 66 Thomas Walter; Molekulare Wirkungen von Pflanzenschutzmittel S. 68 Grafik: Torben Riel, S. 70: gezeichnet von Nele Heitland; S. 71 o.: Thomas Walter, auf Bienen (Vortrag) m.: Thomas Walter, u.: Nils Brenke; S. 72/73: Thomas Walter; S. 74: Birgit Jaenicke;S. 3. Mai 2018, 18.30–19.30 Uhr 75: Marc Srour; S. 77: Jan Hosan; S. 78: Matthias Nuß; S. 80–83: Senckenberg Frankfurt; S. 84/85: www.virmisco.org; S. 86 l.: Diana Goernert, r.: Jacqueline Gitschmann/ Temporary Exhibition Wildlife Photographer SMNG; S. 87: Herbarbelege Senckenberg Görlitz und Senckenberg Frankfurt; S. 88 of the Year (Führung) u.: PicturaE, o.: Senckenberg Frankfurt ; S. 89 o.: https://webapp.senckenberg.de/ 20. Mai 2018, 15.30–16.30 Uhr bestikri/edit/2012?conversationContext=1, u.: https://webapp.senckenberg.de/ Kosmisches „Plankton“ – Zwerggalaxien und lausitzherbar/beleg/479?conversationContext=1; S. 90: Nicol Mahnken; S. 91 Grafik: das Problem der Dunklen Materie (Vortrag) Alexandra Markert; S. 92 o. und u.: Die Infografen; S. 93 r. o.: Sven Tränkner, u.: Die 7. Jun. 2018, 18.30–19.30 Uhr Infografen; S. 94–97: Sven Tränkner; S. 98–100: Archiv (SNSD); S. 102 M. l. und r.: Norbert Miguletz, u.: Jörg Strobel; S. 103 o.: Dieter Luksch, u.: SNSD; S. 104 l.: SNSD, r.: James Badham; S. 105 l.: Senckenberg, r.: Tian Lu

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SENCKENBERG | NATUR • FORSCHUNG • MUSEUM 148 | 04 – 06 2018 ERFORSCHEN AUS LEIDENSCHAFT

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Neue Wege gehen. Grenzen verschieben. Perspektiven erweitern. Land Rover ist Partner der Senckenberg Gesellschaft für Natur­ forschung, denn wir haben den gleichen Antrieb. Mit viel Engagement und Erfindergeist entwickeln wir Innovationen, die es erlauben, unerforschtes Terrain zu erobern – und unterstützen Senckenberg dabei, die Vielfalt der Natur zu erschließen.

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