Schwäbische Malerei / swabian paintings Lot 873 – 925

Literatur-Verzeichnis

Braith/Mali Anton Braith / Christian Mali, Bühler, Hans-Peter, Verlag Philipp v. Zabern, 1981

Eckenfelder Friedrich Eckenfelder, Schnerring Walter, Konrad Theiss Verlag, 1984

Kappis Albert Kappis, Kunsthaus Bühler, Katalog, Stuttgart 1999

Keller Friedrich Keller, Katalog, Städt. Museum Ludwigsburg 1996

Nuss Fritz Nuss, Katalog Aalen, Gal. Schlichtenmeier Schloß Dätzingen 1987

A. Peters Anna Peters, Braith-Mali-Museum 1990

Pleuer Hermann Pleuer/ Ulrike Gauss, Katalog Stadt Biberach 1978

Kampman Gustav Schönleber / Gustav Kampman, Katalog Städt. Galerie Karlsruhe 1990-91

Schönleber Gustav Schönleber, Renate Miller-Gruber, Werkverzeichnis Karlsruhe 1990

Schw. Malerei Schwäb. Malerei d. 19. Jh., Mensch und Natur, Patricia Rochard, Boehringer Ingelheim 1996

Schwäb. Maler Schwäbische Maler, Künstlerlexikon, Gert K. Nagel 1975

Schwäb. Lexikon Gert K. Nagel, Kunst & Antiquitäten München 1986

Starker Erwin Starker, Gert K. Nagel, Friedrich Find Verlag 1978 Gedanken zur Versteigerung Schwäbischer Gemälde des 19.-20. Jahrhunderts Gert K. Nagel

Die Auktionsofferte schwäbischer Malerei des 19./20. Jahr- hundert überrascht nicht nur durch ihre Vielfalt, sondern auch durch ihre Qualität. Von der künstlerischen Skizze bis zu erstaunlich vielen, in der Literatur dokumentierten Gemälden reicht das Angebot und es war lohnend und erfolgreich, einmal in Fachbüchern und Ausstellungs-Katalogen zu recherchieren. Dabei wird deutlich, dass sich hier eine der seltenen Chancen bietet, anerkannte Werke einer zurzeit unterbewerteten Kunst zu erwerben.

Die Kunst und Kultur in Württemberg ist unter Herzog Carl Eugen so nachhaltig gewesen, dass sie die weitere Entwicklung eher hemmend als fördernd beeinflusste. Zudem hat die großar- Gert K. Nagel tige Ausbildungsstätte der Hohen Carls-Schule ihren Gründer Carl Eugen nicht lange überlebt, denn an Stelle der dortigen Kunstfakultät trat 1829 lediglich eine Kunstschule. Dazu schrieb 1833 der Abgeordnete Wolfgang Wenzel im Landtag: „die Kunstschule solle keine höhere Akademie sein, sondern sich zu ihr verhalten wie ein Gymnasium zur Universität“. Obwohl die Institution 1867 den Status einer akademischen Lehranstalt erhielt, stand sie weiterhin im Schatten auswärtiger Lehranstalten. Entsprechend fiel das Urteil der damaligen Professoren aus und Bernhard Neher bescheinigte: sie habe sich nicht „als geeignetes Feld für die Erzeugung eines regen und reichen Kunstlebens bewährt“. Kein Wunder, dass sich viele schwäbische Talente vor allem von der nahegelegenen Münchner Akademie angezogen fühlten und dort oft anerkennende Würdigung erfuhren. Ein anschauliches Beispiel dafür waren die Lebenswege der Malerfreunde Carl Ebert und Friedrich Salzer – 1821 in Stuttgart bzw. 1827 in Heilbronn geboren. Beide gingen 1846 an die Münchner Akademie. Leider musste Friedrich Salzer bereits 1865 aus familiären Gründen nach Heilbronn zurückkehren. Fern der Münchner Kunstmetropole geriet er, trotz seines Talents und obwohl er weiterhin malte, unberechtigter Weise in Vergessenheit. Sein wenig bekanntes Oeuvre zählt heute zu den wohlgehüteten Familienschätzen. Nur selten tauchen Einzelstücke wie die erzählerische Winterlandschaft (Kat.-Nr. 877) auf. Während dieses Gemälde an Salzers Beschäftigung mit der alt-niederländischen Malerei erinnert, befindet sich eine schwäbisch sommerliche Variante mit Esslinger Stadtbild (Schwäb. Malerei, S. 134/5) weiterhin in Privatbesitz. Im Gegensatz dazu wurde Carl Ebert im Kreis von Malfreunden wie Christian Mali, Spitzweg, Schleich oder Morgenstern ein erfolgreicher Maler. Durch das königliche Gestüt und den Marstall hat die Pferdemalerei bereits um 1800 in Johann Friedrich Steinkopf einen talentierten Porträtisten gefunden. Dafür sind zwei Gemälde eines Rappen (Kat.-Nr. 910) und eines Schimmels (Schwäb. Lexikon FT 70) beste Belege. Auch Friedrich Eckenfelder erwarb seine Reputation besonders als Pferdemaler in München. 1861 in der Schweiz geboren, ist er in Balingen aufgewachsen und erhielt seine erste Ausbildung in Rottweil. 1878 wechselte er an die Akademie in München. Mit den Tiermalern Braith, Mali und Zügel war Eckenfelder befreundet und in der Schwabenburg gern gesehen. Eine besondere Freundschaft verband ihn mit seinem elf Jahre älteren Privatlehrer Heinrich von Zügel. Walter Schnerring führt dieses besondere Verhältnis auf die schwere Jugend der beiden Künstler zurück. Gut in München integriert hat Eckenfelder „einige wichtige Bilder als Beitrag zum Münchner Impressionismus gemalt“. Nach 43 Jahren, verließ er die bayerische Metropole wegen der politischen Nachkriegs-Situation (1. Weltkrieg), um auf die Alb zurückzukehren. Früh genug um hier noch die Wertschätzung als Maler zu erleben. Das identische Gemälde Zwei Schecken mit Kutsche, von 1920 (Kat.-Nr. 909) ist im Werksverzeichnis (Eckenfelder Abb. F 95) abgebildet und registriert. Nicht abgebildet ist das Gemälde Zwei Esel (Kat.-Nr. 911). Möglicherweise handelt es sich dabei aber um das zweite registrierte Esel-Gemälde (Eckenfelder Abb. C 6), von dem es kein Foto gibt und dessen Standort unbekannt ist. Anton Braith kam in München 1860 schnell zu Ansehen und hatte auch finanziellen Erfolg. Die rege Nachfrage beweisen die variiert wiederholten Bilder seines Oeuvres. Beispielsweise hat er das Schwarze und helle Kälbchen (Kat.-Nr. 885) mindestens weitere fünfmal porträtiert (Braith/Mali Abb 112,118,170,181 und 190). Zu dem meisterlichen Gemälde mit Drei Kühen (frontal gesehenen, Kat.-Nr. 886) gibt es eine gute Replik im Großformat (Braith/Mali Abb. 137, sowie Schwäb. Lexikon FT 8). Auch Heinrich von Zügel hat Zwei Rinder vor dem Stall (Kat.-Nr. 887) paarweise – gerne im Farbkontrast – dar- gestellt (vgl dazu Schwäb. Lexikon FT 77 und 84). Zu den in der Kunstliteratur dokumentierten Bildern zählt der 1874 gemalte Obstmarkt am Rialto mit der Kirche Giacomo di Rialto (Kat.-Nr. 880). Dieses Gemälde ist im Werksverzeichnis von R. Miller-Gruber, Schönleber, Abb. 131 ganzseitig zu finden. Das Strandbild (Kat.-Nr. 890) von Albert Kappis ist identisch im Katalog der Ausstellung Wegbereiter des Impressionismus in Schwaben, 1999 (Kappis Abb. 41, S 50) abgebildet. Ein entsprechender Sonnenuntergang (Kappis Abb. 68, S 50, identisches Format) ist eine Motiv-Wiederholung mit gänzlich geänderter Stimmung. Das kann man bei vielen Freilichtmalern verschiedentlich beobachten. Im gleichen Katalog beweist der Blick auf die schwäbische Alb (Kappis Abb. 53, S. 61) dass Kappis den Blick auf die Alb (Kat.-Nr. 895), fast im gleichen Format – gesehen vom Königsfeld auf die Balinger Berge – „poträtiert“ hat. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das vollendete Kappis-Gemälde Fischer im Kahn beim Einholen der Netze (Kat.-Nr. 892), zu dem es die deutlich kleinere, jedoch identische Skizze (Schwäb. Lexikon FT 23) gibt. Interessante Varianten unter einem Teil der Auktions-Bilder lassen erkennen, dass der kenntnisreiche Sammler das Oeuvre der schwäbischen Maler gut gekannt hat. Während Robert Haugs Reiter (Schwäb. Lexikon Abb. 287) wegen des stürmischen Winds seinen historischen Zweispitz mit der Hand festhält, hat Haug dem entspannt Heimreitenden Postkutscher (Kat. Nr. 888) einen typischen Zylinder aufgesetzt. Als 1870 die Münchner Künstlervereinigung Kassandra aufgelöst wurde, bildeten sich viele kleine Malergruppen und Ateliergemeinschaften. Besonders unter den württembergischen Studenten entstanden enge Kameradschaften. So freundete sich Carl Ebert mit Christian Mali (seit 1857 in München) an, nachdem Salzer wieder in Heilbronn war. Anton Braiths und Albert Kappis‘ Freundschaft begann in der Künstlerkolonie Brannenburg im Inntal. In den folgenden 1860er-Jahren gingen beide Freundespaare gemeinsam auf Reisen nach Aising bei Rosenheim und ins malerische Dörfchen Pang. Zu Friedrich Malis friedvollem Sujet Abend am Bodensee mit heimgekehrter Schafherde (Kat.-Nr. 881) gibt es eine Variante mit Kühen (Braith/Mali FT 223). Solche reizvollen Motive haben Künstler offensichtlich immer wieder zu neuer, geänderter Sichtweise inspiriert. Zu dieser Zeit planten der inzwischen arrivierte Anton Braith und sein Lebensgefährte Christian Mali die soge- nannte Schwabenburg, eine besondere Künstler-Kolonie für schwäbische Künstler. Sie wurde zum Treffpunkt der Schwaben und man pflegte manch gute Verbindung in die Heimat. Was glücklicherweise dazu führte, dass in- zwischen bekannte Künstler später nach Württemberg zurückkehrten. Einige wurden sogar Professoren an der Stuttgarter Akademie. Dazu zählen Robert Haug (seit 1894), Albert Kappis (1880-1905), Friedrich von Keller (1883-1913) und Christian Landenberger (1905). Das steigerte die internationale Bedeutung der Stuttgarter Akademie, die Adolf Hölzel als Professor (1906-1919) und Schüler wie Willy Baumeister oder Oskar Schlemmer konsolidierten. Andere Maler verdanken ihre Bedeutung günstigen Voraussetzungen. So zum Beispiel der 1818 in Nymwegen geborenen Pieter Francis Peters. Als Begleiter der Königin Olga auf ihren Reisen – vor allem durch´s Ländle – schuf er eine Vielzahl von Aquarellen württembergischer Orte. Zu seinen Werken ausländischer Ansichten und Landschaften gehört auch die Südtiroler Landschaft (Kat.-Nr. 876), sowie das 1868 datierte Ölgemälde von der Côte d´Azur (Schwäb. Lexikon FT 54 ). Seine beiden Töchter Anna und Pietronella waren ebenfalls Künstlerinnen. Anna Peters hat als Blumen-Malerin ein reiches Oeuvre hinterlassen. In der Versteigerung werden neben typischen Stillleben mit Garten- und Feldblumen auch zwei der nur gelegentlich offerierten Obst-Stillleben angeboten. Dem Früchtekorb (Kat-Nr. 921) lässt sich das entsprechende Motiv (Schwäb. Lexikon Abb. 690) gegenüberstellen. Mit der Landschaft bei Köngen (Kat.-Nr. 904) ist die deutlich größere Alblandschaft (A.Peters Abb. 49) vergleichbar. Nicht vergessen werden dürfen die beiden großartigen Impressionisten Otto Reiniger und Hermann Pleuer. Bemerkenswert ist Pleuers Blick ins Neckartal mit dem Roten Berg (Kat.-Nr. 898). Zusammen mit der zweiten Skizze (Schwäb. Lexikon / FT 57) sind beides wohl Entwürfe für das große Bild im ehemaligen Stuttgarter Ständehaus. Auf der Münchner Jahres-Ausstellung 1889 erhielt Otto Reiniger für sein Gemälde vom Feuerbacher Tal die Goldmedaille. Kein Wunder, dass dies sein Lieblingsmotiv wurde, das er in immer neuen Ansichten meisterlich dar- stellte. Seinem Feuerbach im Herbst (Schwäb. Lexikon FT 59) wird auf der Auktion ein detailreicheres und farbigeres Kleinformat (Kat.-Nr. 901) angeboten. Zu seiner Flusslandschaft und den Stromschnellen (Kat.-Nr. 907 und 896) gibt es interessante Vergleichsstücke (Schwäb. Lexikon Abb. 796 und 800). Auch der Ebinger Christian Landenberger hat durch ein Meisterwerk eine gerechte Würdigung erfahren. Nachdem er für seine Badenden Buben eine Gold-Medaille erhalten hatte, wurde er 1905 zum Professor an die Stuttgarter Akademie berufen. Dagegen ist es ungewöhnlich, dass sich ein Künstler vom ersten Entwurf bis zur letzten Ausführung über ein Jahrzehnt mit einem einzelnen Motiv intensivst auseinandersetzt. Von ersten Vorarbeiten 1903 bis zum großformatigen Hauptwerk (100 x 150 cm) mit den Vier Steinbrecher ziehen einen Felsblock (Kat.-Nr. 900 und Keller FT 44) sind unterschiedlichste Arbeiten F. v. Kellers bekannt. Dazu zählen Zeichnungen von 1903 bis 1911 (Keller Abb. 155 - 159), verschiedene Entwürfe zwischen 1910 und 1913, Ölstudien, sowie eine 70 x 107 cm große Ausführung (Schwäb. Lexikon FT 26) von 1910. Erwähnt werden muss auch der Versuch, einer Komposition mit 5 Steinbrechern (Schwäb. Lexikon Abb. 405), den Peter Beye in Schwäbische Maler um 1900, S. 38 publiziert hat. Christian Wilhelm von Faber du Faur zählte zu den wenigen Schwaben, die den Napoleonischen Russlandfeldzug 1812 überlebten, und der seine eindrucksvollen Kriegs-Skizzen 1831-1844 veröffentlichte. In seine Fußstapfen trat sein Sohn Otto von Faber du Faur. Neben historischen Ritterspielen, Szenen aus den Napoleonischen Kriegen und dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 widmete sich der geschickte Pferdemaler seit einer Marokko-Reise 1883 dem Thema orientalischer Reiter. Der Beduine auf einem Araber-Schimmel (Kat.-Nr. 906) findet sich als gekonnte Pferde-Studie des Tête-Reiters im Tscherkessenzug (Schwäb. Lexikon Abb. 198 ). Eine Ausnahmeerscheinung unter den Schwaben ist Freiherr Alexander von Otterstedt, 1848 in Petersburg geboren. Deutlich beeinflusst wurde der vorexpressionistische Maler von Arnold Böcklin in Florenz. Mit seinem Gemälde Quellnymphe (Kat.-Nr. 923) gelangt ein typische Werk unter den Hammer, das seine Entsprechung in dem Bacchanten- Paar (Schwäb. Lexikon Abb. 683) findet. Der biographische Bildband (Starker mit über 100 FT) bietet zahlreiche Vergleichsmöglichkeiten. Unter den zur Versteigerung gelangenden Gemälden von Erwin Starker entdeckt man ein seltenes Blumenstück, eine Alblandschaft, Getreide-Garben, ein Blick auf den Bodensee und eine seiner zahlreichen Stuttgart-Ansichten. Sie weisen ihn als eif- rigen und geschickten Schilderer seiner Heimat aus. Wilhelm Auberlen – dessen umfangreiche Sammlung japanischer Farbholzschnitte bereits vor Jahrzehnten bei Nagel versteigert wurde – ist mit einem Porträt vertreten (Kat.-Nr. 914). Für Liebhaber traditioneller schwäbischer Malerei kann die Besichtigung zur Augenfreude werden. Auf dem Kunstmarkt wird man wieder lange auf einen solch vielfältigen Überblick warten müssen.

Vertreten sind u.a. Arbeiten von:

Reinhold Braun Carlos Grethe Hermann Pleuer Robert Eberle, Jakob Grünenwald Karl Schickhardt Heinrich von Zügel Häberlin, Carl von August Specht Otto Reiniger Richard Herdtle Eugen Stammbach Reinhold Braun Maria Hiller-Föll W. Thorn Bernhard Buttersack Josef Kerschensteiner C. Wahler Hermann Drück Wolfgang Lämmle Felix Zix Robert Eberle Marie Lautenschlager