Ines Stojičić

DAS KIND IM BOSNISCHEN BRAUCHTUM

MASTERARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts

Studium: Masterstudium Slawistik

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Fakultät für Kulturwissenschaften

Begutachterin: Ass.-Prof. Dr. Herta Maurer-Lausegger

Institut: Slawistik

Dezember/2013

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende wissenschaftliche Arbeit selbstständig angefertigt und die mit ihr unmittelbar verbundenen Tätigkeiten selbst erbracht habe. Ich erkläre weiters, dass ich keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle aus gedruckten, ungedruckten Quellen oder dem Internet im Wortlaut oder im wesentlichen Inhalt übernommenen Formulierungen und Konzepte sind gemäß den Regeln für wissenschaftliche Arbeiten zitiert und durch Fußnoten bzw. durch andere genaue Quellenangaben gekennzeichnet.

Die während des Arbeitsvorganges gewährte Unterstützung einschließlich signifikanter Betreuungshinweise ist vollständig angegeben.

Die wissenschaftliche Arbeit ist noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt worden. Diese Arbeit wurde in gedruckter und elektronischer Form abgegeben. Ich bestätige, dass der Inhalt der digitalen Version vollständig mit dem der gedruckten Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine falsche Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Ines Stojičić

Klagenfurt, 03 .12. 2013

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ………………………………………………………………………….…………………………………. 6

2 Ein kurzer geschichtlicher und demografischer Überblick ………………….…….... 10

3 Einige Worte zu Ritualen, Riten und Bräuchen ……………………………….……………. 15

4 Ausgewählte Begriffe aus dem Volksglauben ………………………………..……………… 18

4.1 Der böse Blick – zle oči ……………………………………………………………….……………………… 18 4.2 Die Beschreiung – urok ……………………………………..……………………….……………………… 19 4.3 Die Autofaszination ……………………………………………………………….……………………..…… 20 4.4 Hexen und andere Wesen – vještice, more i vile ………………………………………………… 21 4.5 Schicksalsfrauen – suđenice ………………………………………………………………………….…… 25 4.6 Das Bleigießen – salijevanje strave ……………………………………………………………………. 26 4.7 In Elend geraten oder auf ein Übel treten – ograisati/nagaziti na zlo ………….……. 28 4.8 Das „Unterlegen“ ………………………………………………………………………………………………. 30

5 Schwangerschaft, Geburt und frühe Kindheit – die Bräuche ……….……………… 31

5.1 Geburt ………………………………………………………………………………………………………………. 31 5.1.1 Die Geburt in Bosnien ……………………………………………………………………………….……. 32 5.1.2 Zauberhandlungen bei der Hochzeit …………………………………………………………….... 34 5.1.3 Zauberhandlungen nach der Hochzeit ……………………………………………………………. 36 5.1.4 Pause zwischen den Geburten ……………………………………….………………………………. 38 5.1.5 Genügend Kinder ……………………………………………………………………………………………. 39

5.2 Die schwangere Frau ……………………………………………………………………………………..…. 41

5.3 Das ungeborene Kind ………………………………………………………..……………………………... 43 5.3.1 Das Aussehen und die Charakterzüge des Kindes ……………………………..……………. 45

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5.3.2 Kurz vor der Geburt ……………………………………………………………………………………….. 51 5.3.3 Couvade – kuvada …………………….……………………………………………………………………. 55

5.4 Das Neugeborene …………………..………………………..………………………………………………. 56

5.5 Die Mutter ……………………………………………..……………………………………………………..…. 64

5.6 Die ersten 40 Tage nach der Geburt – babine ……………….…………………………………. 65

5.7 Die Wiege – bešika ……………………………………………………..……………………………………. 70

5.8 Namensauswahl …………………………………………………………………………………………….…. 71 5.8.1 Namensauswahl bei den Muslimen in Bosnien und der Herzegowina ………….... 72 5.8.2 Namensauswahl und Taufe bei den Christen …………………………………………………. 75 5.8.3 Namensauswahl bei den Türken ……………………………………………………………….……. 78 5.8.4 Gemeinsamkeiten ……………………………………………………………………………………….…. 78

5.9 Das beschrieene Kind – urečeno dijete …………………………….………………………………. 80

5.10 Amulette und Talismane ……………………………………………..…………………………………. 90

5.11 Die Bedeutung von Feuer und Räuchern für Mutter und Kind ………………………. 93 5.11.1 Das Räuchern in Bosnien ……………………………………………………………………………... 93 5.11.2 Feuer und Kerzen …………………………………………………………………………………………. 95

5.12 Die Stillzeit ………………………………………………..……………………………………………………. 96

5.13 Die ersten Zähne und Schritte ……………………..…………………………………………………. 99

5.14 Die Schurpatenschaft – šišano/striženo kumstvo ……………………………..…………. 101

5.15 Die Beschneidung – sunet/sunećenje/obrezivanje ……………………….………………. 103

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5.16 Das Tätowieren der katholischen Kinder …………………….………………….……………. 105

6 Zusammenfassung …………………………………………………………………………………………… 108

Sažetak ……………………………………………………………………………..…………………………………. 113

Literaturverzeichnis ……………………………………………………………………...………………..…. 119

I. Anhang ……………………………………………………………………...... ……………….……..…………. 123

I.1 Transkriptionskonventionen ………………………………………………………...…………………. 123 I.2 Transkription Anela …………………………………………………………………………………………... 124 I.3 Transkription Hajrija………………………………………………………………………………………….. 136

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1 Einleitung

Eine der bewegenden Kräfte des Gesellschaftsprozesses im Laufe des 19. Jahrhunderts in Europa war der Kampf um die Festigung des Bewusstseins, der Identität und des kulturellen Profils der Völker als neue affirmative Kategorien im politischen und kulturellen Leben der bürgerlichen Gesellschaft. Die Komplexität von Identität und Wesen der Völker, ihre geschichtliche Verankerung, ihre Sprache, ihre Bräuche und diverse weitere Elemente, die dem Begriff „Volk“ zugrunde liegen, ist evident. (vgl. Mohorovičić 1989: 7).

In der vorliegenden Arbeit werden Kindsbräuche behandelt. Es handelt sich dabei um Bräuche, die sich auf das Kind, v. a. das Neugeborene, seine Mutter und ihre Schwangerschaft beziehen. Es wird auf den Volksglauben der Menschen in Bosnien und Herzegowina eingegangen, der alle Konfessionen umfasst. Sie unterscheiden sich nur zum Teil. In seinem Buch 1001 dan schreibt Mønnesland1 Folgendes: „U Bosni se običaji muslimana donekle razlikuju od običaja muslimana u svijetu, jer su se kršćanski običaji u izvjesnoj mjeri zadržali i poslije masovnog prelaza na .“ (Mønnesland 2001: 99).2

Sehr viel aus dem Volksleben, aus den Volksbräuchen und dem Volksglauben ist im Laufe der Zeit verloren gegangen. Daher sollten diese Bräuche, solange sie noch vorhanden sind, festgehalten werden. In dieser Arbeit wird erforscht, welche Bräuche noch vor etwa hundert Jahren in Bosnien und der Herzegowina im Volksleben vorzufinden waren und wie sie sich durch die Generationen entwickelten. Welche Bräuche sind heute überhaupt noch bekannt, welche sind nur noch wenigen Menschen in Erinnerung und welche der Bräuche sind ganz verloren gegangen? Eine weitere Frage, die diese Arbeit aufgreift, ist, ob sich neue Bräuche entwickelt haben. Anhand von Literaturquellen und eines selbst erstellten Fragebogens wird versucht, Antworten zu finden. Diese Arbeit stellt auch die Frage nach der Entwicklung neuer Bräuche.

1 Mønnesland Svein ist ein norwegischer Slawist. 2 Siehe dazu auch James Skene, 1853. 6

Zum Thema „Kind und Brauchtum bei den Südslawen“ ist in neuerer Zeit wenig veröffentlicht worden. Es gibt zwar neuere Werke zu den Bräuchen in Serbien und Kroatien, v. a. zu serbischen Bräuchen, doch über die bosnischen Bräuche liegen in den letzten Jahren kaum Untersuchungen vor. Am ehesten sind Werke zu den Hochzeitsbräuchen in Bosnien entstanden, während sich Kindsbräuchen nur vereinzelte Beiträge in verschiedenen Werken widmen. Tihomir Đorđević war ein bekannter serbischer Ethnologe und Historiker des frühen 20. Jahrhunderts, der in seinen Werken zu den serbischen Bräuchen auch über Bräuche der Serben bzw. der orthodoxen Bevölkerung in Bosnien schrieb. Nikola Buconjić beschrieb die Bräuche der katholischen Bevölkerung in Bosnien („Život i običaji Hrvata katoličke vjere u Bosni i Hercegovini“), allerdings auch im frühen 20. Jahrhundert. Antun Hangi war ein kroatischer Lehrer, der längere Zeit in Bosnien verbrachte. Er beschäftigte sich u. a. mit dem Leben und den Bräuchen der dort lebenden Muslime. In seinem Werk mit dem Titel „Život i običaji muslimana u Bosni i Hercegovini“, dessen erste Auflage schon 1899 in Bihać erschien und die zweite verbesserte Auflage 1907 in Sarajevo (die in dieser Arbeit verwendete Ausgabe erschien im Jahr 2010 in Novi Pazar, in Montenegro, und trägt den Titel „Život i običaji muslimana“), schreibt Hangi über die Bräuche der bosnisch-herzegowinischen Muslime. Sein Anliegen war es v. a. die Kroaten (in Kroatien) mit den Bräuchen ihrer „muslimischen Brüder“, so wie es Hangi selbst sagt, bekannt zu machen. Er schrieb dieses Werk aufgrund eigener Beobachtungen. Danach hat kaum ein Autor so ausführlich über das Leben und die Bräuche der in Bosnien und Herzegowina lebenden Muslime geschrieben. 1996 wurde das Werk „Die bosnisch- herzegowinischen Muslime“ von Gerhard Neweklowsky herausgegeben, in dem sich der Autor mit der Geschichte, dem Alltagsleben und auch mit den Bräuchen der bosnischen Muslime beschäftigt. Hangis älteres Werk und Neweklowskys neueres aus den 90er Jahren erschienen mir als die zwei bedeutendsten, die u. a. das Thema der Kindsbräuche in Bosnien und der Herzegowina behandelten.

Ziel dieser Arbeit soll nicht sein, Unterschiede der einzelnen Religionen hervorzuheben, sondern es soll aufgezeigt werden, welche dieser alten (man könnte fast sagen altslawischen) Bräuche bis heute bewahrt wurden. Es handelt sich hier nur um minimale Unterschiede zwischen den Kindsbräuchen der in Bosnien und der

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Herzegowina lebenden Menschen, die verschiedenen Religionen angehören, aber dennoch Gemeinsamkeiten in den volkstümlichen Bräuchen aufweisen. Die Gemeinsamkeiten sind zum Großteil heidnischer, die Unterschiede religiöser Natur. Es wird hauptsächlich auf die Bräuche der bosnischen Muslime eingegangen und ein Überblick über die Bräuche der katholischen und orthodoxen Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina gegeben.

Der Forschungsteil der Arbeit ist in zwei Abschnitte gegliedert. Um die Bräuche der bosnischen Bevölkerung genauer verstehen zu können, werden im 4. Kapitel verschiedene Begriffe aus dem Volksglauben der Menschen behandelt. Es wird hier angeführt, an welche „überirdischen Mächte“, an welche feindseligen dämonischen Kräfte und Zauberhandlungen das bosnische Volk glaubte. Im darauffolgenden 5. Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, werden die damit verbundenen Kindsbräuche dargestellt. Wie wirkten sich diese dämonischen Kräfte auf das Kind aus und wie wurde das Kind davor geschützt? Welche Schutzmaßnahmen und Schutzmittel kannte das bosnisch-herzegowinische Volk? Worauf achtete die Mutter des Kindes bei verschiedenen Handlungen?

Für diese Arbeit wurden sechs halbstandardisierte Interviews durchgeführt, für die ein Fragebogen ausgearbeitet wurde, in dem fest formulierte Fragen in einer festen Reihenfolge stehen. Der Interviewpartner muss aber nicht aus einer Reihe von vorgegebenen Antwortmöglichkeiten auswählen, wie bei einem standardisierten Interview, sondern kann frei auf die Fragen antworten. (vgl. Gläser; Laudel 2009: 41).

Die Antworten der befragten Personen ermöglichten es in dieser Arbeit darzustellen, an welche Bräuche die bosnische Bevölkerung in der heutigen Zeit glaubt und welche Bräuche heute noch gepflegt werden. Das Alter der Befragten ist dabei nicht unwichtig, da der Unterschied zwischen den Antworten der älteren und der jüngeren Befragten, die Entwicklung der Bräuche und manchmal auch ihr Verschwinden ersichtlich macht. Welche Information von welchem Interviewpartner stammt, ist in den Fußnoten festgehalten. Zwei Interviews wurden transkribiert und sind im Anhang zu finden.

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Die sechs Interviews wurden mit insgesamt sieben Personen geführt, die zum Teil ähnliche Antworten hervorbrachten, sich aber zum Teil auch unterschieden. Die Interviews wurden im August 2013 in vier bosnischen Städten abgehalten, in Sanski Most, Kotor Varoš, Banja Luka und Bugojno. Sanski Most und Banja Luka befinden sich im Norden Bosniens und Kotor Varoš und Bugojno in Mittelbosnien. Die befragten Personen sind zwischen 26 und 67 Jahre alt. Indira, aus Sanski Most, lebte in der Vorkriegszeit in Sarajevo und ist heute 47 Jahre alt. In Kotor Varoš wurden vier Personen befragt. Anela ist die jüngste der Befragten und ist 26 Jahre alt. Nevzeta und Raza antworteten auf die Interviewfragen gemeinsam und sind 54 und 64 Jahre alt. Hajrija, die nach dem Bosnienkrieg ausgewandert ist und heute in Kopenhagen lebt, ist 57 Jahre alt. Davor lebte sie in Kotor Varoš und teilweise auch in Banja Luka. Die 65- jährige Namka lebt in Banja Luka und wurde ebenfalls befragt. In Bugojno wurde Šefika befragt, die heute 67 Jahre alt ist. Anhand dieser Interviews war es möglich, die Antworten der Befragten mit den Überlieferungen zu den älteren Kindsbrächuen zu vergleichen, und festzustellen, welche dieser Bräuche nicht mehr bekannt sind. Dadurch konnte ebenfalls analysiert werden, ob sich die Kindsbräuche in den verschiedenen Städten heute noch unterscheiden oder ob sie sich ähneln. Ein kurzer geschichtlicher und demografischer Abriss zur Geschichte Bosniens und der Herzegowina soll hier den Erläuterungen zur Geschichte des Kindes im bosnischen Brauchtum vorangestellt werden.

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2 Ein kurzer geschichtlicher und demografischer Überblick

Marko Plešnik, der Verfasser des Reiseführers Bosnien und Herzegowina, bezeichnet Bosnien als ein Land, „das dramatische Landschaften, eine vielfältige Kultur und kulinarische Traditionen mit seinen Nachbarländern teilt, aber auf der anderen Seite ein ganz besonderes Land im Südosten Europas geblieben ist.“ (Plešnik 2010: 9).

Lage und Einwohner des Landes: Bosnien und Herzegowina befindet sich im nordwestlichen Teil der Balkanhalbinsel und gehört zum Südosten Europas. Heute leben ca. vier Millionen Menschen in Bosnien und der Herzegowina. Die Einwohnerzahl entspricht ungefähr der aus der Vorkriegszeit. Während der Kriegszeit und kurz danach lebten etwa nur 2,5 Millionen Menschen im Land. Viele flüchteten in die Nachbarländer Serbien, Kroatien und Montenegro, aber auch in andere Länder. Der Bosnienkrieg wurde mit dem Abkommen von Dayton 1995 beendet. Durch das Abkommen wurde das Land in zwei Teile geteilt, in eine muslimisch-kroatische Föderation und eine serbische Republik. (vgl. Plešnik 2010: 19).

Bosnien und Herzegowina ist die Heimat vieler Nationalitäten. Die bosnischen Muslime machen etwa 48 % der Gesamtbevölkerung aus, sie bilden also die größte Bevölkerungsgruppe. Den Status einer Nation erhielten sie in den frühen 1970er Jahren. Die bosnisch-herzegowinischen Muslime haben slawische Wurzeln. Ihre Vorfahren gehörten zu den Slawen, die im 7. Jahrhundert im Zuge der Völkerwanderung den Balkan besiedelten, und während der osmanischen Herrschaft zum Islam übertraten. Die bosnischen Serben3 machen etwa 37 % der Bevölkerung aus. Sie bilden v. a. im Nordwesten und Osten des Landes die Mehrheit. Der Prozentanteil der bosnischen Kroaten4 an der Gesamtbevölkerung des Landes macht 14 % aus. Sie leben vorwiegend in der Herzegowina und in den Grenzgebieten mit Kroatien, aber auch südlich der Stadt Bihać und im Nordwesten des Landes. Zu den Minderheiten des Landes gehören Roma, Juden, Montenegriner, Slowenen, Ungarn, Ukrainer, Albaner und Mazedonier. (vgl. Plešnik 2010: 47 f.).

3 So bezeichnet sich die orthodoxe Bevölkerung Bosniens. 4 Als bosnische Kroaten bezeichnet sich die katholische Bevölkerung Bosniens. 10

Konfessionen: Was die Konfessionen betrifft, bezeichnen sich etwa 45 % der Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina als Muslime, 40 % als orthodox und etwa 10 % als katholisch. Auch die Juden spielten bis zum Zweiten Weltkrieg für Bosnien eine bedeutende Rolle. Während des Krieges wurden sie verfolgt und deportiert. Nur etwa 10 % der bosnischen jüdischen Bevölkerung überlebte. Die bosnischen Juden waren bereits im 16. Jahrhundert nach Bosnien gekommen, nachdem sie Spanien verlassen mussten. (vgl. Plešnik 2010: 49).

Das Christentum in Bosnien lässt sich bis zur frühchristlichen Zeit zurückverfolgen. Durch das Land verlief lange die Grenze zwischen dem Römischen und dem Byzantinischen Reich. Aus diesem Grund war es möglich, dass sowohl Katholizismus als auch Orthodoxie im Land Fuß fassen konnten. (vgl. Plešnik 2010: 51).

Geschichtliche Anfänge: Seit den ersten Anfängen beherrschten fast ausschließlich fremde Machthaber das Land. Durch diese fremden Einflüsse enstand eine interessante und unvergleichliche kulturelle Vielfalt. Die erste Besiedelung des Landes erfolgte im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. durch die Illyrer. Im 3. Jahrhundert v. Chr. machten die Kelten den Versuch die Illyrer zu bezwingen, doch blieben sie erfolglos. 168 n. Chr. mussten die Illyrer allerdings den mächtigeren Römern die Herrschaft über ihre Gebiete abgeben und wurden schließlich romanisiert. Es wird vermutet, dass die Bezeichnung „Bosnien“ ihren Ursprung in der illyrischen Sprache hat. Bos bedeutete bei den Illyrern ˏfließendes Wasser`. Dadurch bekam der Fluss Bosna seinen Namen und später dann auch das ganze Land. (vgl. Plešnik 2010: 64).

Slawen: Die Urheimat der Slawen befand sich ursprünglich im Norden der Karpaten zwischen Dnepr und Weichsel. Im Zuge der Völkerwanderung kamen sie über die Gebiete des heutigen Kroatiens und Serbiens auch nach Bosnien. Bosnien war damals nur der Teil am Oberlauf des Flusses Bosna. Bis zum 8. Jahrhundert wurde das Gebiet von unterschiedlichen Mächten beherrscht, von Serben, Kroaten, Ungarn und Byzanz. In dieser Zeit kam es aber dennoch zur ersten Gründung eines bosnischen Staates. (vgl. Plešnik 2010: 64). Byzanz war bis zum Ende des 8. Jahrhunderts Herrscher über Bosnien, doch allmählich drängte das fränkisch-römische Reich Richtung Osten. Die

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Karolinger und Byzantiner stießen durch ihre Interessensgebiete, die sich im kroatischen Königreich befanden, aufeinander. Die Städte Dalmatiens waren die bedeutendsten Kulturträger der damaligen Zeit. Ihre Bevölkerung war damals noch romanisch. Auf irgendeine Weise stand Bosnien zwar unter der Herrschaft von Byzanz, doch wahrhaftig gehörte es niemandem. Daher haben die dort lebenden Stämme auch ihre patriarchalische Verfassung und ihren heidnischen Glauben länger als die Kroaten bewahrt. (vgl. Neweklowsky 1996: 31).

Bogumilen: Im Mittelalter spielten in Bosnien auch die Bogumilen eine bedeutende Rolle. Sie wurden von der römischen Kirche verfolgt und bekämpft, fanden in Bosnien aber Anhänger, auch unter den bosnischen Königen und Banen. (vgl. Plešnik 2010: 51).

Zur Entwicklung dieser Bewegung kam es im 10. Jahrhundert in Bulgarien, ihre Wurzeln liegen aber bei den Paulikanern in Armenien und den Manichäern. Der Prediger Manes verband schon im 3. Jahrhundert Elemente der christlichen, persischen und buddhistischen Religionen. Die Bogumilen glaubten an den Dualismus, d. h. an einen guten und einen bösen Gott. Sie waren der Ansicht, dass auf der Welt das Böse herrschen würde und durch geistige Wiedergeburt überwunden werden musste. Sie kannten zwei „Typen“ von Menschen, die Vollkommenen (perfecti) und die Zuhörer (auditores – diese waren den Vollkommenen unterstellt und sollten ihre Anordnungen befolgen). (vgl. Neweklowsky 1996: 33).

Die Ausbreitung der Sekte der Paulikaner fand im 7. Jahrhundert statt. Auch sie glaubten an den bösen Gott, der die Welt und das Alte Testament erschaffen haben soll. Die Paulikaner lehnten daher das Alte Testament und die kirchliche Organisation ab, daher wurden sie von der byzantinischen Kirche bekämpft. Unter dem Popen Bogumil breitete sich die Sekte in Bulgarien aus. Sie glaubten, dass der Mensch nur eine Materie sei und nur durch Enthaltsamkeit von der Ehe, von Fleisch und Alkohol, diese Materie überwinden könne. Die Verbreitung des Bogumilentums erreichte auch Italien und Frankreich. (vgl. Neweklowsky 1996: 33 f.).

Die Bogumilen verschwanden aus den geschichtlichen Quellen mit der Eroberung Bosniens durch die Osmanen. (vgl. Plešnik 2010: 51).

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Die bosnische Kirche: Die bosnische Kirche, die fast die Rolle einer Staatskirche hatte, entwickelte sich zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit war sie die wichtigste Glaubensrichtung in Bosnien. Es wird vermutet, dass ihr Ursprung im Bogumilentum liegt, doch war die bosnische Kirche deutlich liberaler. Auch sie stand im Gegensatz zum Katholizismus und war dem Papst ein Dorn im Auge. (vgl. Plešnik 2010: 51).

Die bosnische Kirche wurde crkva bosanska oder ecclesia Sclavoniae genannt. Der Begriff „Bogumilen“ wurde in Bosnien selbst nie verwendet, die Anhänger der bosnischen Kirche nannten sich Krstjani (Christen). (vgl. Neweklowsky 1996: 34).

Mit der Einnahme Bosniens durch die Türken ging die bosnische Kirche zusammen mit dem bosnischen Staat und Adel unter. (vgl. Ebd.: 1996: 35 f.).

Die bosnischen Bane: Der erste geschichtlich bekannte Herrscher Bosniens war Kulin Ban (12./13. Jh.). Zu dieser Zeit hieß die Herzegowina noch Hum und gehörte noch nicht zum Herrschaftsgebiet des Kulin Ban (erst hundert Jahre später). Die Herrscher Bosniens waren aber bis zum 14. Jahrhundert von Ungarn abhängig. Zur Zeit des Kulin Ban kam es zu einem Aufschwung und auch die Lebensverhältnisse im Land wurden verbessert. Vor allem mit dem Stadtstaat Ragusa (heute Dubrovnik) pflegte er einen regen Handel. Durch die Entwicklung des Landes kamen auch Menschen aus anderen Teilen Europas nach Bosnien, wie Franziskanermönche und sächsische Bergleute. (vgl. Plešnik 2010: 65).

Bei der Entwicklung der bosnischen-herzegowinischen Geschichte waren zwei Phasen von Bedeutung, das Banat, das sich bis 1377 hielt, und das Königreich, das bis 1463 andauerte. (vgl. Neweklowsky 1996: 32 f.).

Osmanische Zeit: 1463 kam es zur Eroberung Bosniens durch die Osmanen, die mit ihrer zentralen Verwaltung als Schöpfer des heutigen Bosniens betrachtet werden können. (vgl. Neweklowksy 1996: 42). Nach der Eroberung konvertierten viele zum Islam. Es wird vermutet, dass dies ohne Zwangsausübung geschah, allerdings genossen Muslime im osmanischen Bosnien zahlreiche Privilegien. (vgl. Plešnik 2010: 51). Einer der Gründe für die rasche Islamisierung in Bosnien war das Wachstum der Städte. Vor

13 allem die Städte waren muslimisch, dies war an den vielen neuen Einrichtungen und Bauten erkennbar. Städte, wie Banja Luka, Travnik oder Livno wurden schneller islamisiert als Mostar und Sarajevo, die sich erst Mitte des 15. Jahrhunderts zu entwickeln begannen. Allerdings wuchsen sie in enormer Geschwindigkeit. Kulturelle Bauten aus der türkischen Zeit sind Moscheen, Häuser von Derwischorden (Tekke), Gasthäuser für Reisende (Musafirhan), türkische Bäder (Hamam) und zahlreiche Brücken. (vgl. Malcolm 1996: 87 f.).

Österreichisch-ungarische Zeit: 1878 fand der Wiener Kongress statt, bei dem die Okkupation Bosniens und der Herzegowina durch die österreichisch-ungarische Monarchie beschlossen wurde. Das Osmanische Reich hatte am Ende keine andere Wahl, als sich mit diesem Entschluss zufrieden zu geben, da für sie die Aufrechterhaltung der Herrschaft inzwischen unmöglich geworden war. Vorerst behielt aber dennoch der Sultan die Obermacht. (vgl. Heuberger; Ilming 1994: 15 f.).

In der österreichisch-ungarischen Periode kam es zu zahlreichen Reformen. Besonders das Schulsystem wurde reformiert, da die Schulen in türkischer Zeit von konfessionell geführten Bildungseinrichtungen betrieben wurden. Es kam zu einer Verbesserung, sogar ein Privatkurs für Mädchen wurde eingeführt, der später zu einer Elementarschule umgewandelt wurde. (vgl. Ebd.: 1994: 34 f.).

Die österreichisch-ungarische Herrschaft in Bosnien und der Herzegowina endete nach dem Ersten Weltkrieg und Bosnien wurde zum Teil des SHS-Staates (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen). Nach jahrzehntelangem Bestehen wurde der Vielvölkerstaat Jugoslawien nach dem Tod Titos immer schwächer und zerbrach letztlich mit dem Beginn des Jugoslawienkrieges 1991 in Kroatien und Slowenien. Ein Jahr später brach der Krieg auch in Bosnien aus – er sollte bis 1995 andauern.

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3 Einige Worte zu Ritualen, Riten und Bräuchen

Auf der ganzen Welt sind Schwangerschaft und Geburt etwas Besonderes und Einzigartiges. Das neuentstandene Leben verursacht eine große Veränderung im Leben der Eltern. Auch für die Gesellschaft spielt das neue Leben eine zentrale Rolle. Es symbolisiert Zukunft und Fortbestand der Menschheit. (vgl. Moser; Strohmaier 2013: 17).

Bei den Ritualen und Bräuchen, die sich auf die Geburt des Kindes beziehen, handelt es sich um ein weltweites Phänomen. Die wahre Bedeutung mancher heute noch bekannter Bräuche ist meist nicht einfach zu erschließen. Die Durchführung geburtsspezifischer Rituale kann aber oft dazu beitragen, dass die Mutter und ihr Kind als auch die gesamte Familie gestärkt werden. Die Geburt ist ein magischer Moment für alle Beteiligten. (vgl. Ebd.: 13 f.).

Rituale sind traditionelle Wegbegleiter bei den Lebensübergängen eines Menschen. (vgl. Ebd.: 23). Durch Rituale und Zeremonien, wie z. B. aus dem Bereich der Namensgebung, wird der Übergang einer Person von einem sozialen Status zu einem anderen initiiert. Die Identität des einzelnen Menschen wird durch rituelle Handlungen transformiert. Dabei sind meist Familie, Freunde, Verwandte oder Bekannte anwesend. (vgl. Hellmann 2009: 13).

Die bedeutendsten Übergänge im Leben eines Menschen sind die Geburt, die Hochzeit und der Tod. In einer solchen Lebensperiode fühlt sich der Mensch herausgefordert und erfährt eine Veränderung. Da er sich hilflos fühlt und glaubt, diese Perioden in seinem Leben nicht kontrollieren zu können, kennt er Rituale, die ihn während dieser Zeit begleiten. Er glaubt, durch diese Rituale seine Lebensübergänge beeinflussen zu können, um ihnen nicht schutzlos ausgeliefert zu sein. Durch Rituale werden dem Menschen Lebensprozesse bewusst. Sie unterstützen den Wandlungsprozess und verleihen eine gewisse Sicherheit. (vgl. Moser; Strohmaier 2013: 23).

Laut Duden ist ein Brauch „eine innerhalb einer Gemeinschaft festgewordene und in bestimmten Formen ausgebildete Gewohnheit; eine überkommene Sitte.“ Das

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Brauchtum ist „die Gesamtheit der im Laufe der Zeit entstandenen und überlieferten Bräuche.“ (Drosdowski 1993: 582).

Ein Ritual ist „die Gesamtheit der festgelegten Bräuche und Zeremonien eines religiösen Kultes; Ritus“ oder „ein wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung; Zeremoniell.“ Der Ritus wird als „hergebrachte Weise der Ausübung einer Religion; Ritual“ beschrieben oder als „Brauch, Gewohnheit bei feierlichen Handlungen.“ (Drosdowski 1994: 2794).

Eine Zeremonie ist „eine [traditionsgemäß begangene] feierliche Handlung; Förmlichkeit, Zeremonien sind auch die zum Ritus gehörenden äußeren Zeichen und Handlungen.“ (Baer, Dieter; Wermke, Matthias 2000: 1424).

Bei den Begriffen „Ritual“ und „Ritus“ ist es zu einer Vermischung des Bedeutungsinhaltes gekommen. (vgl. Moser; Strohmaier 2013: 24). Heute werden die Rituale nicht mehr ausschließlich als religiöse Phänomene betrachtet, sondern als symbolische oder performative Handlungen. (vgl. Hellmann 2009: 14).

Es besteht eine zyklische Wiederholung bei Ritualen. Sie werden meist an festgelegten Orten und zu einer festgelegten Zeit durchgeführt. (vgl. Ebd.: 13).

Der erste Ethnologe, der sich mit dem Zusammenhang verschiedener Rituale und mit den Parallelen in ihren Strukturen beschäftigt hat, war Arnold van Gennep. (vgl. Ebd.: 15). Das Leben jedes Menschen besteht aus Übergängen von einer Altersstufe zur nächsten und von einer Tätigkeit zur nächsten. Diese Übergänge werden von speziellen Handlungen begleitet, die Teil verschiedener Zeremonien sind. Das menschliche Leben setzt sich aus Etappen zusammen. Die End- und Anfangsphasen dieser Etappen sind sich sehr ähnlich. Eine dieser Etappen ist die Geburt. Die Zeremonien, die zu den Etappen des menschlichen Lebens gehören, haben das Ziel, den Menschen als Individuum aus einer Situation, die genau definiert ist, in eine andere zu führen, die ebenso genau definiert ist. (vgl. Van Gennep 2005: 15). Van Gennep unterscheidet verschiedene Typen von Riten. Bei der Schwangerschaft und Niederkunft der Schwangeren existieren zunächst Trennungsriten, durch die die schwangere Frau aus der Gesellschaft ausgegliedert wird, v. a. deshalb, da sie für

16 unrein und gefährlich gehalten wird. Danach folgen die Übergangs- und Umwandlungsriten. Zum Schluss werden Riten vollzogen, die die Wöchnerin wieder in ihre gesellschaftliche Gruppe integrieren oder solche, die bestätigen, dass sie eine neue Rolle als Mutter einnimmt. Dies geschieht oft, wenn sie ihr erstes Kind – und besonders dann – wenn sie einen Sohn geboren hat. (vgl. Ebd.: 47 f.).

Auch beim Kind existieren Trennungs-, Umwandlungs- und Integrationsriten. Zu den Trennungsriten gehört das Durchtrennen der Nabelschnur. Auch der erste Haarschnitt des Kindes, das Rasieren des Kopfes oder das erste Anziehen der Babykleidung werden zu den Trennungsriten gezählt. Übergangsriten sind solche, die das Kind in die Umwandlungsphase führen sollen. Diese dauert bei den verschiedenen Kulturen unterschiedlich lange (zwei bis 40 Tage). (vgl. Ebd.: 57 ff.).

Weitere wichtige Riten im Leben eines Kindes sind auch das Baden des Kindes, die Namensgebung, das erste Verlassen des Hauses oder die Beschneidung. (vgl. Ebd.: 67).

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4 Ausgewählte Begriffe aus dem Volksglauben

4.1 Der böse Blick – zle oči

Der Glaube an die unheilvolle Kraft des Bösen Blickes ist uralt und wahrscheinlich weltweit bekannt. Der böse Blick war es, der aus der Büchse der Pandora als erstes entwich und somit die Erde mit Not und Elend überzog. Dieser Aberglaube existierte schon zu Beginn der Geschichte der Menschheit und verbreitete sich weltweit. Es wird angenommen, dass der böse Blick als Aberglaube im Orient entstand und sich von dort aus ausbreitete. Eine andere Theorie ist, dass sich dieser Aberglaube in Skandinavien entwickelte und sich von dort aus in verschiedene Richtungen ausbreitete. Laut Seligmann hat die Entstehung des bösen Blickes allgemeine Ursachen, deren Grund tief in der Natur des Menschen zu suchen ist, da er bei verschiedenen Völkern zu finden ist, die niemals miteinander in Berührung gekommen sind. Daher ist anzunehmen, dass sich der Aberglaube vom bösen Blick bei verschiedenen Völkern der Erde selbstständig entwickelt hat.5 Das erste Dokument, das den bösen Blick erwähnt, ist ein altes Dokument der Akkader. Die Akkader waren ein turanischer Stamm, dessen Heimat das Land am Euphrat und Tigris war. Als die Semiten sich dort niederließen, übernahmen sie auch den Glauben vom bösen Blick der Akkader. Es existiert zudem ein sehr umfangreiches Werk der Chaldäer. Auch in diesem wird über den bösen Blick berichtet. Über die Chaldäer verbreitete sich der Glaube an den bösen Blick auch auf die Hebräer.

Böser Blick im Christentum - Auch im Alten Testament finden sich Stellen, an denen vom bösen Blick berichtet wird. Ein Beispiel dafür ist das Buch Salomons. Es wurde allerdings oft darüber diskutiert, ob Jesus Christus tatsächlich den Glauben an den bösen Blick vertrat. (vgl. Seligmann 1910: 11 ff.).

Böser Blick im Islam – Neben der Bibel ist auch im Koran der Glaube an den bösen Blick zu finden, allerdings nur an einer Stelle (Sure 113). Die Araber glaubten aber lange bevor der Islam in ihr Land kam an den bösen Blick. Dieser Glaube spielte eine

5 Es ist anzunehmen, dass sich nur einzelne Charakterzüge dieses Aberglaubens weiterverbreitet haben könnten. (vgl. Seligmann 1910: 12). 18 bedeutende Rolle in ihrem Leben und ihren gesellschaftlichen Kreisen. Der Glaube an den bösen Blick ist in all jenen Ländern zu finden, in denen Araber oder der Glaube an den Islam vertreten sind. (vgl. Ebd.: 16 f.).

Durch ihre Furcht vor dem bösen Blick schließen die Menschen den Toten die Augen und bedecken ihr Gesicht, trägt die Braut bei der Trauung einen Schleier und Menschen, die zum Tod verurteilt wurden, wird eine Augenbinde angelegt. (vgl. Gerlach 1998: 55).

Die Bezauberung durch den bösen Blick wird im südslawischen Raum urok genannt.

4.2 Die Beschreiung – urok

Was im deutschsprachigen Raum unter Beschreiung bekannt ist, wird in Bosnien und der Herzegowina urok genannt. Das gewöhnliche Volk glaubte so stark daran, dass Worte, wie „Ne bilo ti uroka s mojih oka“,6 in Bosnien fast täglich ausgesprochen wurden. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 310). Dieser Glaube war auch beim slowenischen Volk anzutreffen. Bevor ein Slowene in ein Zimmer trat, in dem sich ein Neugeborenes befand, spuckte er zuerst aus und sagte dabei. „Ne bodi mu urok!“ Durch das Spucken sollte der Abwehrzauber verstärkt werden. Im slowenischen Volksglauben waren neun uroki bekannt. Nach dem Volksglauben verursachten diese Brechreiz, Kopfschmerzen oder sogar den Tod. Vor allem Kinder und Haustiere waren anfällig. Der böse Blick war schon im Altertum bekannt - bei den Griechen, Römern, bei fast allen Völkern. Er schöpfte seine Zauberkraft aus dem Neid und verfolgte das Glück des anderen. Erst später fingen die Menschen an daran zu glauben, dass der böse Blick einem Menschen angeboren sei. Dass man seine eigenen Kinder nicht loben sollte, ist auf den alten Aberglauben zurückzuführen, dass Lob die unsichtbaren Geister missgünstig und neidisch stimmen könnte und ihr neidischer Blick die Kinder verzaubern könnte. (vgl. Zablatnik 1992: 36).

6 „Mein Blick möge dich nicht schädigen.“ [Übers. I. S.]. 19

Wenn Kinder unaufhörlich weinten und man sie nicht beruhigen konnte, dann glaubten die Bosnier, dass man in Erfahrung bringen sollte, ob das Kind beschrieen wurde oder nicht. Wenn von einer Beschreiung die Rede war, musste man das Kind davon befreien. (vgl. Hangi 2010: 179). Dieses Thema wird im Kapitel „5.9 Das beschrieene Kind - urečeno dijete“ näher behandelt.

4.3 Die Autofaszination

Der Glaube an die Autofaszination ist vielen Völkern bekannt und steht in enger Verbindung zum Glauben an den bösen Blick. Es wurde geglaubt, dass sich ein Mensch selbst verzaubern kann, wenn er in einen Spiegel blickt oder sein Spiegelbild auf der Wasseroberfläche ansieht. In Deutschland war der Aberglaube sehr verbreitet, dass ein Kind vor seinem ersten Geburtstag sich nicht im Spiegel sehen sollte, da es sonst eitel, leichtsinnig, hochmütig oder dumm werden würde. Mögliche Folgen konnten Stottern oder Epilepsie sein – oder sogar der baldige Tod des Kindes. Adam verlor seine göttliche Natur, indem er sich im Spiegel ansah. Besonders in der Dunkelheit wurde es vermieden, in den Spiegel zu blicken. Das Volk begründete dies damit, dass sich hinter dem Spiegelbild unheimliche Gestalten aufhalten würden. Trat ein Todesfall in der Familie auf, war es üblich, sämtliche Spiegel im Haus abzudecken. Dies war Brauch in Frankreich, bei den Südslawen, bei den Juden und auch bei den sunnitischen Muslimen in Indien. Die Kroaten deckten die Spiegel ab, damit sich die Todesgottheit smrt, im Spiegel nicht sehen konnte, denn sonst würde die Sterblichkeitsrate unter den Menschen ansteigen. (vgl. Seligmann 1910: 178-182).

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4.4 Hexen und andere Wesen – vještice, more7i vile

Wie viele andere Völker auch glaubte die Bevölkerung in Bosnien und der Herzegowina an dämonische Wesen, wie Hexen und Maren. In Bosnien herrschte der Glaube vor, dass Hexen und Maren einem Kind schaden konnten. Es bestand der Glaube an Frauen, die sich mit dem bösen Zauber befassten. Diese nannte das Volk Hexen (vještice). Es wurde ihnen nachgesagt, dass der Teufel bei ihren Zaubereien Hilfe leistete. Sie konnten an ihren zusammengewachsenen Augenbrauen oder einem Bart erkannt werden. Außerdem waren sie in der Lage sich unsichtbar zu machen und ritten nachts nackt auf Heugabeln oder Garnbäumen durch die Luft. Sie veranstalteten Hexenzusammenkünfte und konnten Menschen und Tieren schaden. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 313 f.).

Unter dem Volk wurde erzählt, dass sie dem Kind das Blut aus der Brust aussaugen würden und es auf diese Weise ersticken würden. Deswegen rieben die Menschen ihren Kindern die Brust mit Knoblauch ein. Sie glaubten auf diese Weise das Kind zu beschützen. Manche legten unter das Kind in der Wiege etwas Knoblauch und ein Messer. (vgl. Hangi 2010: 190). Das bosnische Volk verwendete Knoblauch ebenso gegen Beschreiung und den bösen Blick. Die Mütter hängten diesen ihren Kindern oft um den Hals (vgl. Dulaure 1909: 182 f.) oder sie nähten den Knoblauch in das Käppchen des Kindes (vgl. Belovič-Bernadzikovska 1927: 148).

Die Bosnier glaubten durch Hexenproben in Erfahrung bringen zu können, wer eine Hexe sei. Ein Beispiel dafür ist folgendes: Es wurde ein Johanniswurm an derjenigen Flamme gefangen, die er umschwärmte. Dann wurden die Flügel versengt und dabei Folgendes ausgesprochen: „Dođi sutra da ti soli dam.“8 Anschließend wurde der Johanniswurm wieder freigelassen. Die erste Frau, die am folgenden Morgen in das Haus kam, war eine Hexe. Ihr wurde ein wenig Salz gegeben, um den Zauber zu brechen. Derjenige, der eine Hexe fangen wollte, stellte sich hinter eine Egge. Dadurch

7 Die slawische „mora“ ist zu vergleichen mit der deutschen „Mar“ oder „Trut“. Doch die deutsche Mar beschränkt sich nur auf das Milchtrinken, während die slawische Mora den Menschen auch Blut aussaugt. (vgl. Krauss 1908: 147). Wenn im vorliegenden Text die Rede von der Mar ist, ist die slawische Mar bzw. Mora gemeint. 8 „Komme morgen um Salz.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 314). 21 glaubten die Menschen unsichtbar werden zu können. Wenn eine Hexe vorbeiging, wurde sie an den Haaren gezogen.

Neben den weiblichen Hexen glaubte das bosnische Volk ebenso an männliche, die stuha genannt wurden. Das Volk glaubte, dass sie weniger boshaft seien als die weiblichen Hexen. In der Nacht seien sie unsichtbar und in Schlachten mit anderen männlichen Hexen verwickelt. In Bosnien wurde geglaubt, dass Jungen, die mit einem „Hemdchen“ (košuljica) bzw. einer Glückshaube geboren worden sind, zu solchen männlichen Hexen werden. Um sich vor Hexen zu schützen, kannte das Volk verschiedenste Möglichkeiten. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 314). Zur Abwehr von Hexen oder anderen feindlichen Dämonen wurden neben Knoblauch auch Messer, Spindeln, Wolfszähne, Muscheln, Besen, Brot, Salz oder Fingerringe verwendet. All diese Dinge wurden zum Schutz über dem Neugeborenen aufgehängt oder einfach in seine Nähe gelegt. Zum Kind wurde auch Teer (im Fass oder ein teergetränktes Tuch), Weihrauch, ein Spiegel, die Hebammenschürze, die Unterhosen des Mannes u. v. m. gelegt. (vgl. Schneeweis 1935: 62).

Um auf die sog. Glückshaube zurückzukommen, sie war nicht immer ein schlechtes Zeichen. Die Glückshaube war der Teil der Eihäute, der den Kopf des Kindes sogar bis zu den Schultern bedecken konnte. Mancherorts wurde geglaubt, dass ein Kind, das mit solch einer Glückshaube geboren wurde, unter besonderem Schutz stand. (vgl. Gélis 1989: 304). Die Muslime nähten diese Glückshaube in ein Stück Leinwand und gaben diese anschließend dem Kind unter den rechten Arm. Sie glaubten nämlich, dass dieses „Hemdchen“ dem Kind Glück bringen und es schützen würde. Doch die Mehrzahl der Menschen war der Ansicht, dass eine solche Glückshaube dem Kind nichts Gutes bringen würde und dass das Kind später zu einem dämonischen Wesen werden würde. (vgl. Schneeweis 1935: 60 f.). So ist es auch bei den Einwohnern von Kijevo im dalmatinischen Hinterland. Ein Kind, das in einem solchen „Hemdchen“ geboren wurde, würde in Kijevo zu einer Hexe oder einem Hexenmeister (čarobnjak) werden. Bevor es heiratete, war solch ein Mädchen eine Mar. Es wurde geglaubt, dass sie sich, genauso wie eine Hexe, in alle Tierarten verwandeln und den Menschen das Blut aussaugen würde. Eine Mar kann sich in eine Fliege verwandeln und durch ein

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Schlüsselloch schlüpfen. Nach der Hochzeit würde, laut dem Volksglauben in Kijevo, aus solch einem Mädchen eine Hexe (vještica) werden. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 401).

Maren konnten bei den Menschen Blutwallungen, Krämpfe, schmerzhaftes Herzklopfen und ähnliche krankhafte Zustände verursachen. Für einige Wesen gab es unterschiedliche Namen. Dies führte dazu, dass sich im Laufe der Zeit durch diese unterschiedlichen Bezeichnungen im Volksglauben auch unterschiedliche Wesen entwickelt haben. Im Gebiet der Save unterschieden die Serben zwischen der Mar (mora) und der noćnica. Sie glaubten, dass die Mar die kleinen Kinder aussaugen würde und die noćnica sie schlagen würde. (vgl. Krauss 1908: 145 f.). Auch im Volksglauben der Kärntner Slowenen existierte ein weibliches Nachtgespenst, das nočnica oder mračnica genannt wurde. Durch dieses Nachtgespenst würden die Kinder nachts unruhig schlafen, glaubten die Slowenen. (vgl. Zablatnik 1982: 137). Die Mar bei den Serben quälte hauptsächlich neugeborene Kinder. Wenn ein Kind angeschwollene Brüste hatte, die zudem noch Feuchtigkeit absonderten, wurde vermutet, dass es von einer Mar ausgesaugt wurde. (vgl. Krauss 1908: 148).

Neben dem Volksglauben an Hexen und Maren, existierte auch der Glaube an sog. Vilen (vile).9 Diese Wesen werden in Volksmärchen und Volksliedern mit einem Körper eines hübschen Mädchens beschrieben, aber sie sollen die Füße eines Esels haben. Mit ihren üppigen Haaren tanzen sie laut den Märchen ihre Tänze. Im Grunde sind sie nicht böse, doch wenn ihnen Böses geschieht, kann sich das ändern. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 402). Die Menschen in der Herzegowina glaubten, dass Vilen aus dem schleimartigen Tau, der jeden Morgen die Herbstzeitlose bedeckt, entstehen würden. Anderswo wurde erzählt, dass Vilen Sommerfeen seien, da sie im Sommer auf Buchenzweigen geboren werden würden. Ihre Mütter würden sie mit grünem Laub bedecken. Es wurde erzählt, dass sie meist in solchen Momenten geboren werden, in denen es regnet und zugleich auch die Sonne scheint: „Kiša pada, sunce sja, a vile se legu po bjelome bregu.“10 Das Volk glaubte, dass das Brechen eines solchen Vilenzweigleins am Vorabend des Georgstages Glück im Leben bringen würde. Der

9 Vergleichbar mit Elfen oder Feen. 10 „Ein Regen fällt, die Sonne scheint, es brüten sich die Vilen aus auf dem weißen Berge.“ (Krauss 1890: 73). 23

Baum spielte für die Vilen eine bedeutende Rolle. Wurde er vernichtet, so starb die Vila. (vgl. Krauss 1890: 72 ff.). Der abendländische Hexenglaube hatte große Auswirkungen auf den südslawischen Glauben an die Vilen. Vielfach wurden die Eigenschaften und Tätigkeiten der Hexen auf die Vilen übertragen. In Nordbosnien hatte sich, genauso wie bei den Kroaten und Slowenen, der Glaube entwickelt, dass Vilen einem schlafenden Menschen das Herz ausweiden würden. (vgl. Ebd.: 108).

Das Volk der Slowenen kennt unter den Geburtsdämonen auch den Schab (škopnjak). Ihm wurde nachgesagt, dass er die Mutter und das Neugeborene bedrohen würde. Das Wort škopnjak stammt aus dem Althochdeutschen scoup, slow. skopa, und bedeutet Stroh bzw. Strohgarbe. Dieses Wesen war auch im deutschsprachigen Gebiet bekannt. Hier wurde er „glühender Schab“ genannt. Das einfache Volk glaubte, dass es sich um ein gefährliches Ungeheuer handeln würde, das in der Regel nachts erschien. Der Schab zeigte sich als brennende Garbe oder glühender Besen, mancherorts auch als Feuerkugel mit einem langen Schweif. Vor allem in Häusern, in denen geflucht wurde oder die Kinder nicht getauft wurden, soll er sich aufgehalten haben. Die Slowenen glaubten, dass er vom Dach aus durch den Schornstein in das Haus kam und das Kind erwürgte oder es mitnahm und durch ein anderes missgebildetes Kind ersetzte.11 (vgl. Zablatnik 1992: 34). Die Slowenen glaubten außerdem an den Quälgeist trutamora bzw. trontamora. Dieser Quälgeist ist vergleichbar mit der deutschen oder dem Alp. Die trutamora wurde hauptsächlich durch das Drudenkreuz vom Kind ferngehalten. (vgl. Zablatnik 1982: 137).

Heute sind dem bosnisch-herzegowinischen Volk diese Wesen immer noch bekannt, doch nicht mehr in dem Ausmaß, wie früher. Hauptsächlich handelt es sich hier um Erinnerungen an Erzählungen über Hexen und Vilen aus der Kindheit. In Bugojno glaubten früher die Menschen, dass diese bösen Dämonen das Kind beschreien konnten und dass dies den Tod des Kindes zur Folge haben konnte.12 In Sanski Most ist der Glaube an diese Wesen schon verblasst. Der Bezug der Hexen, Maren und Vilen zum Kind ist schon in Vergessenheit geraten.13 Besonders die jüngere Generation

11 Hier finden sich Parallelen zu den Volkserzählungen über die Vilen in Bosnien, die ähnlich dem slowenischen Schab das Kind mitnahmen und ein missgebildetes Kind da ließen. 12 Šefika, Bugojno. 13 Indira, Sanski Most. 24 kennt diese Termini nur teilweise.14 In Kotor Varoš werden Hexen, Maren und Vilen mit dem bösen Blick in Verbindung gebracht. Über solche Menschen wird hier erzählt, dass sie einen bösen Blick haben (urokljive oči) und das Kind beschreien können. Es handelt sich hier um Kindheitserinnerungen an Erzählungen über Hexen und Vilen.15 In Kotor Varoš wird erzählt, dass die ältere Generation riet, das Kind immer mit einem Gebet hinzulegen. Andernfalls würden nachts Vilen erscheinen und die Kleidung des Kindes anziehen. Hier wurde geglaubt, dass alle Handlungen mit einem Gebet zu beginnen sind, denn sonst würde das Kind durch böse Dämonen bedroht werden.16 In Banja Luka legte man dem Kind Knoblauch, Schlüssel oder ein Amulett unter das Kopfkissen, um es vor Hexen zu schützen. Einige Menschen glauben auch heute noch daran, andere wieder nicht.17

4.5 Schicksalsfrauen – suđenice

Alle Slawen, somit auch die Südslawen, glaubten, dass bestimmte Mächte ihr Schicksal bestimmen würden. Dieser Glaube bestand schon in der Zeit vor der Christianisierung der Slawen. (vgl. Krauss 1890: 20). Zu solchen schicksalsbestimmenden Mächten gehörten auch die Schicksalsfrauen.

Das bosnische Volk glaubte, dass die Schicksalsfrauen (suđenice, auch rođenice oder orisnice genannt) in den ersten drei Lebenstagen des Kindes erscheinen würden (vgl. Schneeweis 1935: 64), oft sogar schon in der Geburtsnacht (vgl. Krauss 1890: 23). Es wurde ihnen nachgesagt, dass sie nachts erscheinen, um das Lebensschicksal des Neugeborenen zu bestimmen. Da die Menschen sie nicht verärgern wollten, wurde oft das Zimmer sauber gemacht und eine Münze unter das Kind gelegt. (vgl. Schneeweis 1935: 64). Man bereitete ihnen auch Opfergaben, wie Brot, Käse oder Honig vor. (vgl. Krauss 1890: 23). Mancherorts waren diese schicksalsbestimmenden Mächte

14 Anela, Kotor Varoš. 15 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 16 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 17 Namka, Banja Luka. 25 männlich. In diesem Fall trugen sie den Namen usud oder uris. (vgl. Schneeweis 1935: 64).18

Die Anzahl dieser Schicksalsfrauen wird in manchen kroatischen Sagen auch mit vier, fünf, sieben oder manchmal sogar mit neun angegeben. Sie haben in diesen Sagen eine Anführerin oder Königin. Ihr Aufenthaltsort ist dem Volk nicht eindeutig bekannt. Den Schicksalsfrauen wird nachgesagt, dass sie die Anzahl der Lebensjahre des Kindes bestimmen, seinen späteren Beruf und den späteren Ehemann oder die Ehefrau des Kindes. (vgl. Krauss 1890: 23 f.).

Auch im Volksglauben der Inder existiert eine Göttin, die den Neugeborenen das Schicksal auf die Stirn schreibt. In der sechsten Nacht nach der Geburt wachen die Menschen über das Kind und warten auf ihren Besuch. (vgl. Dunham 1992: 12).

Der Glaube an die Schicksalsfrauen ist heute weder in Sanski Most, noch in Bugojno oder Banja Luka bekannt. In Kotor Varoš sind Reste dieses Volksglaubens noch erhalten. Der Begriff suđenice selbst ist nicht mehr bekannt, doch der Glaube, dass einem Kind sein Schicksal an dem Tag bestimmt wird, an dem es geboren wird, allerdings schon. Es wird ihm bestimmt, ob es erkranken wird, sein Leben lang gesund sein oder jung sterben wird.19

4.6 Das Bleigießen – salijevanje strave

Das Wort strava20 bedeutet Panik oder Schreck. Wenn das Kind in der Nacht aufwacht und anfängt zu schreien und wenn es tagsüber ängstlich ist, gehen die Menschen in Bosnien und der Herzegowina davon aus, dass es einen Schreck bekommen hat. Um dem Kind zu helfen, kennt das Volk ein Zauberritual – es nennt sich salijevanje strave. Nur wenige Frauen besitzen diese Fähigkeit. Hangi beschreibt es auf folgende Weise: Die Frau, die über diese Fähigkeit verfügt,21 nimmt eine Gewehrkugel, die aus einer Waffe abgefeuert wurde und berührt damit das Kind an verschiedenen Körperstellen,

18 Vgl. dazu auch das Vuk’sche Märchen Usud. 19 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 20 Mancherorts auch straha genannt. 21 In den meisten Fällen handelt es sich um eine ältere Frau. 26 u. a. an der Stirn, am Scheitel, am Nacken, an der rechten Hand und am linken Bein und schließlich am rechten Bein und an der linken Hand. Nachdem sie das Kind damit berührt hat, spricht sie ein spezielles Gebet und „schickt“ den Schrecken „weg“. Anschließend spricht sie die Worte „Ni na moru mosta, ni na dlanu zlata, ni na gavranu biljega, ni na dite strave ni uroka.“22 Danach schmilzt sie die Gewehrkugel in einer Pfanne auf einer Feuerstelle. Nachdem die Kugel geschmolzen ist, legt die junge Mutter ihr Kind auf den Rücken und bedeckt es mit einem roten Tuch. Die alte Frau nimmt die Pfanne mit dem geschmolzenen Blei und gießt damit über dem Kopf des Kindes und über den Beinen mit einem Löffel das geschmolzene Blei in ein Gefäß mit frischem Wasser. Das Wasser wird zuvor von einer Quelle, einem Bach oder Brunnen geholt. Wenn das geschmolzene Blei ins Wasser fällt, bekommt es die Form dessen, vor dem sich das Kind erschrocken hat. Wenn der Schreck nicht groß ist, muss das Ritual nicht wiederholt werden. Bei einem großen Schreck muss es noch drei Mal wiederholt werden.

Zum Schluss werden drei heiße Kohlen in das Wasser im Gefäß geworfen. Die alte Frau taucht die Nägel ihrer rechten Hand in das Wasser und wäscht damit dem Kind zuerst die Wangen und dann die Augen. Auf die gleiche Weise macht sie das mit der Halsschlagader, mit seiner rechten Hand und seinem linken Bein und dann mit seiner linken Hand und seinem rechten Bein. Das übriggebliebene Wasser gibt die Mutter dem Kind drei Morgen hintereinander zum Trinken. Am dritten Morgen nimmt die alte Frau Geld und zieht es dem Kind drei Mal um den Kopf herum. Sie beginnt bei der Stirn zwischen den Augen und zieht es auf die rechte Seite bis sie zu der Stelle kommt, an der sie begonnen hat. Anschließend nimmt sie das Geld, das Gefäß, das Blei und die Kohlen und wirft alles auf eine Kreuzung, an der viele Passanten vorbeigehen. Dabei spricht sie ein Gebet. (vgl. Hangi 2010: 191 ff.).

Die Zauberhandlung salijevati stravu ist dem deutschen Bleigießen ähnlich. Es ist eine der diagnostischen ältesten Prozeduren. Seligmann beschreibt das Bleigießen auf folgende Weise: „Man gießt Blei in einem eisernen Löffel und gießt dasselbe in eine Schüssel mit Wasser. Aus den dabei gebildeten Figuren und Gestalten erkennt man, ob

22 „Auf dem Meer keine Brücke, auf der Handfläche kein Gold, auf dem Raben kein Mal und auf das Kind kein Schrecken und keine Beschreiung.“ [Übers. I. S.]. 27 der Betreffende vom bösen Blick getroffen ist, und unter Umständen auch, wer ihn auf diese Weise behext hat.“ (Seligmann 1910: 256).

4.7 In Elend geraten oder auf ein Übel treten – ograisati/nagaziti na zlo

Ograisati ist das Verb zum Substantiv ograma und bedeutet in Elend geraten. Nach dem Volksglauben kann dies passieren, wenn unbewusst auf einen Zaubergegenstand getreten wird. Dazu zählen auch Orte, an denen der Teufel gerne verweilt, wie Eier- oder Zwiebelschalen. Um dies zu vermeiden, werden solche Gegenstände verbrannt. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 312). Es kann sowohl ein Kind als auch ein Erwachsener auf ein Übel treten oder in Elend geraten. Bei diesen Zaubergegenständen kann es sich um Verschiedenes handeln. Meist aber sind es Fingernägel, Walnussbäume, Holzspäne, unsauberes Wasser, verschiedene feuchte Stellen, Spinnweben oder Eierschalen. Um sich davor zu schützen, achten die Menschen in Bosnien auf die Sauberkeit in Haus und Garten. Die bosnischen Muslime schmeißen ihre abgeschnittenen Fingernägel nicht weg. Sie wickeln sie in ein Stück Papier und werfen sie ins Feuer oder Wasser und sagen dabei: „Ja dajem vjetru nokte, a vjetar meni kad mi zatrebaju.“23 (vgl. Hangi 2010: 193 f.).

Das bosnische Volk glaubte, dass Mädchen, die beim Kämmen auf ihr eigenes Haar treten, schon Schaden erleiden können. Sie würden nie glücklich werden, wenn ihre Wäsche in Wasser gewaschen wird, in dem davor 40 Nadeln lagen. Ein bosnisches Landmädchen gab ihre Wäsche keinem Fremden zum Waschen. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 312).

Über Walnussbäume wurde im Volk erzählt, dass es Orte seien, an denen sich die Teufel aufhalten würden. Die Menschen in Bosnien vermieden es unter einem Walnussbaum einzuschlafen. Die Bosnier mieden auch schwarze Katzen. Der Volksglaube sieht auch in den schwarzen Katzen das Versteck des Teufels. Es wurde vermieden, einer solchen Katze nachts etwas zuzurufen (vgl. Hangi 2010: 194).

23 „Ich gebe dem Wind meine Fingernägel und der Wind gibt sie mir, wenn ich sie brauche.“ [Übers. I. S.]. 28

Die Angst vor Katzen hat ihren Ursprung in der Hexenverfolgungsperiode. Im späten Mittelalter entwickelte sich der Hexenwahn, der sich in Europa ausbreitete. Die Menschen glaubten an eine Verbindung zwischen den finsteren Mächten und schwarzen Katzen. Dieser Glaube besagte, dass diese Tiere verwandelte Hexen seien. Mit dem Beginn der Hexenverfolgung, begann auch die Jagd auf Katzen, die zum Ziel hatte, diese auszurotten. (vgl. Gerlach 1998: 127).

Das bosnisch-herzegowinische Volk glaubte kaum an eine Heilung für den in Elend geratenen Menschen. Dem Erkrankten konnte nur ein gelehrter muslimischer Geistlicher (hodža) helfen, indem er aus den heiligen Büchern las. (vgl. Hangi 2010: 195).

Heute sind noch Reste dieses Glaubens vorhanden. Die Menschen wissen, worum es sich hierbei handelt und erzählen das, was sie gehört haben, doch nicht aus eigener Erfahrung. In Kotor Varoš wird der Begriff ograisati auf folgende Weise beschrieben: auf verschüttetes Blut treten und dadurch erkranken,24 auf Harn treten oder nachts an einem Ort vorbeigehen, an dem Holz gehackt oder Lebensmittel weggeworfen wurden. In Bosnien glauben die Menschen, dass man mit Brot auf eine bestimmte Weise umgehen sollte. Brot wird nicht überall weggeworfen. Die Menschen hüten sich davor auf Brot zu steigen. Altes Brot wird entweder dem Vieh zum Fressen gegeben oder Fischen in den Fluss geworfen. Die bosnischen Muslime glauben, dass im Koran eine Seite mit einem bestimmten Gebet existierte, das Schaden anrichten konnte, wenn es rückwärts gelesen wurde. Dieses Blatt soll gestohlen worden sein. Wenn es bestimmte Menschen in die Hände bekommen, können sie Schaden anrichten.25 Ein in Elend geratener Mensch sucht in Kotor Varoš meist Hilfe bei einem muslimischen Geistlichen (hodža), der aus dem Koran Gebete liest, um dem Erkrankten zu helfen. Der verzauberte Gegenstand wird meist vergraben oder verbrannt.26 Auch in Bugojno war bekannt, dass es Elend mit sich bringen würde, wenn auf Urin getreten würde oder auch auf verschüttetes Wasser, in dem zuvor Wäsche gewaschen wurde.27 Ein Mensch, der auf ein Übel getreten ist, sucht in Sanski Most entweder Hilfe bei einem

24 Anela, Kotor Varoš. 25 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 26 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 27 Šefika, Bugojno. 29 muslimischen Geistlichen (hodža) oder in der Kirche. Der muslimische Geistliche gibt dem Erkrankten meist ein Amulett (zapis).28 In Banja Luka wird darauf geachtet, dass nicht in ausgeschüttetes Wasser von gewaschener Wäsche getreten wird. Gefährdet seien Frauen, die in den ersten 40 Tagen nach der Geburt des Kindes abends das Haus verlassen. Wird die Wäsche des Kindes über Nacht draußen gelassen, kann das Kind Schaden erleiden. Auch hier sucht ein Erkrankter Hilfe bei einem Geistlichen, egal welcher Konfession er angehört.29

4.8 Das „Unterlegen“

In früherer Zeit war der Glaube verbreitet, dass durch das sog. „Unterlegen“ bestimmter Gegenstände über jemanden Unheil heraufbeschwört werden konnte. Diese Gegenstände sollten als Schadenszauber dienen. Auch einem Kind konnte unterlegt werden. Ein bestimmter Gegenstand wurde an einem Ort vergraben. Wenn der Mensch, dem unterlegt werden sollte, hier vorbeikam, sollte er entweder in Ohnmacht fallen oder eine schwere Krankheit bekommen. Eine mögliche Folge konnte auch der sofortige Tod sein. Dieser Glaube war auch in Kärnten verbreitet. Bei archäologischen Ausgrabungen fand man Gegenstände, wie Blechtäfelchen mit dem Namen dessen, der verzaubert werden sollte und dem Namen der Mutter. Durch diese Ausgrabungen konnte festgestellt werden, dass dieses „Unterlegen“ von Gegenständen, die einem bestimmten Menschen schaden sollten, schon den Griechen und Römern bekannt war. (vgl. Zablatnik 1992: 33 f.).

28 Indira, Sanski Most. 29 Namka, Banja Luka. 30

5 Schwangerschaft, Geburt und frühe Kindheit – die Bräuche

5.1 Die Geburt

Alle Völker der Welt haben etwas gemeinsam. Bei der Geburt eines Kindes spielte (und spielt vielleicht auch heute noch in vereinzelten Fällen) magisches Brauchtum, wie Analogie und Abwehrzauber, eine bedeutende Rolle. (vgl. Zablatnik 1992: 32). Die Menschen haben seit jeher versucht, Erklärungen zur Entstehung des Lebens zu finden. Jede Frau staunt über das neue Leben in ihr, wenn es sich zu regen beginnt. (vgl. Dunham 1992: 11). Die Osage-Indianer glauben, dass die „Babys kleine Sterne aus dem Reich der Seelen waren und als sie zum ersten Mal auf die Erde kamen, kamen sie aus dem Himmel und hatten keine Namen.“ (Ebd.: 12).

Jahrtausende lang existierte unter den Menschen der Glaube, dass die Frau an der Entstehung des Kindes keinen Anteil hatte. Hippokrates behauptete, dass das Kind aus dem Monatsblut entstehen würde, dass sich während der Schwangerschaft in der Gebärmutter stauen würde. Aristoteles dagegen sagte, dass nur der Samen des Mannes zur Zeugung des Kindes führen könne. Im 18. Jahrhundert erst wurde die Frau als Mitwirkerin an der Empfängnis anerkannt. (vgl. Ebd.: 15 f. ).

Ob es ein Mädchen oder ein Junge werden wird, versuchen sich die Menschen in verschiedenen Ländern auf unterschiedliche Weise zu erklären. Ein Mädchen soll es werden, wenn das Kind in der linken Seite des Mutterleibes sitzt (dieser Glaube herrscht in Nepal, aber auch in Europa), wenn man die Türschwelle zuerst mit dem linken Fuß überschritten hat (Indien), wenn das linke Auge der Frau heller ist und ihre linke Brust größer (Hippokrates), wenn das Kind tief im Leib sitzt (Lepcha, Himalaya- Völker und Beduinenstämme), wenn das Kind hoch im Leib sitzt (Altes Ägypten), wenn die Schwangere mürrisch gegen Frauen ist (Afrika), wenn sich der Fötus sanft und ruhig bewegt (Dusin, Nordborneo und Ägypten), wenn die Frau die ersten Bewegungen des Kindes außer Haus spürt (Serbien), wenn sie Träume von Totenschädeln hat (Neuseeland), wenn die Frau von Rosenkränzen, Halsschmuck oder runden Pastinak- Früchten träumt (Nepal), wenn sie von einem Kopftuch träumt (Ägypten), wenn sie Gelüste auf gewürzte Speisen hat (Nepal), wenn die Mutter rote, volle Wangen hat

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(Nepal), wenn sie gelbe Flecken im Gesicht hat (Polen) oder wenn das Kind schon vor dem sechsten Monat im Mutterleib spielt (Nepal). (vgl. Ebd.: 38).

5.1.1 Die Geburt in Bosnien

Bis vor kurzer Zeit war das Ziel der bosnischen Ehe so viele Nachkommen wie möglich zu hinterlassen. Die Ehe war bei den Muslimen nur dann glücklich, wenn das Ehepaar Kinder hatte. Je mehr Kinder die Frau hatte, desto wertvoller und angesehener war sie. Selbst der ärmste Muslim freute sich über die Geburt jedes seiner Kinder. (vgl. Hangi 2010: 163).

Aber nicht nur bei den Muslimen war es so, dass die Ehe nur das Ziel hatte, Kinder zu zeugen und Nachkommen zu hinterlassen. Die breite Masse der bosnischen Bevölkerung war derselben Ansicht. Vor allem männliche Kinder waren erwünscht. So dachten auch die alten Griechen und Römer. Eine Tochter gehörte ab dem Tag, an dem sie heiratete, nicht mehr zur Familie ihres Vaters, sondern zur Familie ihres Ehemannes. Die Familie setzte sich nur über männliche Nachkommen fort. (vgl. Ɖorđević 2002: 40).30

Wenn Jahre nach der Hochzeit vergingen und die Frau immer noch keine Kinder hatte, begann sie verschiedene kultische Handlungen auszuüben. Dabei waren besonders heilkräftige alte Quellen, heilige alte Steine oder heilige Bäume wichtig. Diese Praktiken hatten immer eine eindeutige sexuelle Komponente. Die Urelemente der Natur zu berühren, war von großer Bedeutung. Solche Riten sind auf den Glauben an den mythischen Ursprung der Kinder zurückzuführen. (vgl. Gélis 1989: 55).

Eine unfruchtbare Frau wird in einem serbischen Volkslied als ein Baum ohne Frucht oder ein Rosenstrauch ohne Rosen dargestellt. (vgl. Schneeweis 1935: 52). Auch im alten Bogumilenlied „Die Feuermaria“ wird eine kinderlose Frau durch ein schreckliches Bild dargestellt:

30 Siehe dazu auch F. de Coulange, La cité antique, S. 53 f. (serbische Übersetzung S. 55 f.). 32

„Eine kleine, schöne, junge Frau, deren Füße und Hände brennen, und die Zunge hängt aus dem Munde – schau, es ist ein Greuel nur zu nennen! Schlangen hängen von ihren Brüsten, o wenn solche Weiber nur wüßten, was sie tun, in der Brautnacht Zauber auf den Gatten und sich zu legen, um keine Kinder zu gebären und zu pflegen, […] Komm, wir wollen für sie beten.“ (Belovič-Bernadzikovska 1927: 185 f.).

Kinder zur Welt zu bringen stellt ein uraltes und weltweit mystisches Bedürfnis dar. „Gib mir Kinder, oder ich werde sterben“, rief schon Rachel in Tränen versunken zu ihrem Mann. Die Erwartungen des Ehepaares und der Familie waren nur auf die Frau bezogen, daher wurde meist nur sie beschuldigt, unfruchtbar zu sein. Wenn eine Frau keine Kinder bekam, wurde diese Unfruchtbarkeit nicht nur als körperlicher Fehler betrachtet. Die Frau wurde oft der Hexerei beschuldigt. Sie wurde erniedrigt und beschimpft. Man nannte diese Frau einen Maulesel und gab ihr mancherorts auch Mauleselurin zu trinken. (vgl. Gélis 1989: 41).

Weibliche Kinder stellten die Eltern weniger zufrieden als männliche, da sie nur vorübergehend im Haus blieben. Das Volk sagte: „ona su tuđa kost“, „tuđa večera za suđenu kuću“, „tuđa sreća“, „tuđa streha“31 usw. (vgl. Ɖorđević 2002: 40).32

In der Herzegowina, aber auch in Montenegro und in der Boka Kotorska, war es für einen sterbenden Vater etwas Unerträgliches, wenn er keine männlichen Nachkommen hinterließ. Es sei der Zorn Gottes, glaubte er. (vgl. Ebd.: 42).33 Den Katholiken in der Herzegowina waren alle Kinder lieb und es konnte nie genug geben. Doch die männlichen waren ihnen dennoch lieber, denn sie sind die Nachkommen, die die Generation fortsetzen. (vgl. Ebd.: 42).34

Auf die Frage, ob männliche Kinder den Bosniern auch heute noch lieber sind als weibliche, sind die Antworten ziemlich ähnlich. Die jüngere Generation glaubt, dass auch heute noch in manchen Fällen männliche Kinder bevorzugt werden.35 In Bugojno sind die Ansichten verschieden. Manchen sind weibliche Kinder lieber, manchen männliche. In früherer Zeit war es nicht der Normalfall, dass weibliche Kinder

31 „Sie sind „fremde Knochen“, „fremdes Abendessen für das ihnen bestimmte Haus“, „fremdes Glück“, „fremdes Dach“. [Übers. I. S.]. 32 Siehe dazu auch S. Nakićenović, S. E. Zbornik, Buch XX, S. 809; S. M. Milosavljević. 33 Siehe dazu auch V. Bogišić, Zbornik, S. 303. 34 Siehe dazu auch N. Buconjić, Život i običaji Hrvata katoličke vjere, S. 57. 35 Anela, Kotor Varoš. 33 männlichen vorgezogen wurden. Die Menschen besaßen viel Land und bekamen viele Kinder, damit diese ihnen bei der Arbeit helfen konnten. Früher besuchten die Kinder nur selten eine Schule. Die Leute bevorzugten männliche Kinder, die das Land erben sollten.36 In Sanski Most ist es heute meist nicht von Bedeutung ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen ist. Dennoch gibt es auch hier immer noch Leute, die männliche Kinder bevorzugen. Der Grund dafür ist, dass die männlichen Kinder die Nachfolger der Eltern sind, der Nachname bleibt, während weibliche Kinder die Familie verlassen.37 Die Ansichten sind in Kotor Varoš ähnlich. Mancherorts werden vielleicht noch Jungen den Mädchen vorgezogen, doch weniger als früher. Meist werden Jungen wegen des Nachnamens und des Erbes bevorzugt.38 In Banja Luka wird erzählt, dass sich jeder Mann immer noch einen Sohn wünscht, auch wenn er es nicht zugibt.39

Aufgrund dessen, dass Menschen eines niedrigeren sozialen und kulturellen Niveaus männliche Kinder weiblichen vorzogen, oder mancherorts auch heute noch vorziehen, gab es verschiedene Zauberhandlungen, die das Ziel hatten, einen Sohn zu bekommen. Einige dieser Handlungen wurden schon vor der Eheschließung praktiziert und einige während der Ehe. (vgl. Ɖorđević 2002: 44).

5.1.2 Zauberhandlungen bei der Hochzeit

Der Hochzeitstag wurde für den besten Tag für Fruchtbarkeitsriten gehalten. Die Braut und der Bräutigam erwarteten sich durch diese Rituale Schutz und Schönheit für ihre Kinder. Es wurde auch Schutz für das Brautpaar selbst erwartet, denn es wurde daran geglaubt, dass das Paar vor allem am Hochzeitstag dem bösen Blick ausgesetzt war. (vgl. Gélis 1989: 49).

Wie unterschiedlich diese Zauberrituale waren, zeigen die folgenden Beispiele. Die Frau glaubte durch das Essen einer Suppe, in der der Hoden eines Ebers gekocht wurde einen Sohn zu bekommen. Manche glaubten durch das Tragen einer Eichel oder einer

36 Šefika, Bugojno. 37 Indira, Sanski Most. 38 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 39 Namka, Banja Luka. 34

Nuss über dem Nabel bei der Hochzeit dasselbe Ziel zu erreichen. (vgl. Schneeweis 1935: 53).

Eine relativ bedeutende Rolle bei den Hochzeitsbräuchen spielte das männliche Kind.40 Der wohl am häufigsten vollzogene Brauch war es, der Braut beim Betreten ihres neuen Zuhauses, des Hauses des Bräutigams, ein männliches Kind in den Schoß zu setzen, damit sie selbst einen Jungen gebärt. (vgl. Ɖorđević 2002: 44). In einigen Gegenden geriet dieser Brauch in Vergessenheit und somit kommt es auch vor, dass ihr ein Mädchen in die Hände gedrückt wird, wenn kein Junge anwesend ist. (vgl. Ebd.: 45).41

Dieses männliche Kind, das der Braut beim Eintreten in das Haus des Bräutigams überreicht wurde, spielte bei den Bräuchen überhaupt eine große Rolle. Das Kind wurde im Bett der Braut gewälzt, damit die Braut männliche Nachkommen gebärt.42

Doch nicht nur männliche Kinder wurden ins Bett der Braut gelegt, sondern auch männliche Erwachsene, die denselben Zweck erfüllen sollten. Bei der orthodoxen Bevölkerung in Mostar war es Brauch, dass sich der Trauzeuge (kum) in das Brautbett legte.43 Und auch bei den Katholiken war dieser Brauch ähnlich. Zudem gab es auch weitere Handlungen, die bezwecken sollten, dass die Braut männliche Kinder bekommt. (vgl. Ebd.: 46).

Neben diesen Hochzeitsbräuchen existierten auch Bräuche, die nach der Hochzeit vollzogen wurden, vor allem dann, wenn befürchtet wurde, dass die Ehe keine männlichen Nachkommen bringen würde. (vgl. Ebd.: 48).

40 Zum Teil auch heute noch. 41 Siehe dazu auch V. Bogišić, Zbornik, S. 240; E. Lilek, Glasn. Zem. Muzeja, Buch X, S. 29. 42 Siehe dazu auch E. Lilek, S. 37 (Glasnik Zem. Muzeja, Buch X?). 43 Siehe dazu auch Magazin srbsko-dalmatinski za 1861, S. 104. 35

5.1.3 Zauberhandlungen nach der Hochzeit

Von den Zauberhandlungen, die nach der Hochzeit vollzogen wurden, werden hier nur einige angeführt. Wenn in Bosnien die Frau nur weibliche Kinder geboren hatte, aber auch männliche haben wollte, wurde ihr geraten, am Georgstag vor Sonnenaufgang etwas Salz aus ihrem Schoß einem männlichen Kalb zu geben und sie würde männliche Kinder bekommen. Wenn der Pate nach der Taufe zu seinem Haus zurückging, sollte er seine Schuhe tauschen, d. h. vom linken Fuß auf den rechten und vom rechten Fuß auf den linken. Auch diese Zauberhandlung sollte der Frau helfen, einen Jungen zu gebären. Die eine oder die andere Frau versuchte drei abgefallene Nabel von drei Jungen zu finden und legte sie dann in Wasser, in dem sie und ihr Ehemann vor dem Schlafengehen baden sollten. Auch dann sollte sie einen Jungen bekommen. (vgl. Ɖorđević 2002: 49).44 Wenn die Frau sich ein männliches Kind wünschte, nachdem sie schon ein Mädchen geboren hatte, legte sie die Plazenta in Männersocken und entsorgte sie anschließend in fließendem Wasser. Manche Frauen nahmen auch die Unterwäsche des Vaters und wickelten das Neugeborene darin ein. Die Frau glaubte auch dadurch ein männliches Kind zu gebären. (vgl. Schneeweis 1935: 53).

Diese Zauberhandlungen, die dazu führen sollten, männliche Kinder zu gebären, sind heute fast zur Gänze in Vergessenheit geraten. Nur in Kotor Varoš wird noch vom Ritual erzählt, bei dem der Braut ein Junge auf den Schoß gesetzt wird, wenn sie zum ersten Mal in das Haus des Bräutigams kommt.45 In Banja Luka wird die Geschichte einer Frau, die zwei Töchter geboren hatte und mit der dritten Tochter schwanger war, erzählt. Die Frau merkte an der Geburt, dass es wieder ein Mädchen werden würde. Als die Nachbarin sie nach der Geburt besuchte, drehte sie das Bettlaken, in dem die Gebärende gelegen hat, um. Durch diese Handlung sollte die Frau bei der nächsten Schwangerschaft einen Jungen tragen und zur Welt bringen. Sie bekam tatsächlich einen Sohn. Diese Geschichte ereignete sich vor etwa 50 Jahren. In früherer Zeit kam es sogar zu solchen Ereignissen, bei denen die Eltern das Mädchen als einen Jungen verkleideten, wenn davor schon einige Mädchen geboren wurden. In Banja Luka wird heute noch die Geschichte einer Frau erzählt, die von ihren Eltern wie ein Junge

44 Siehe dazu auch L. Grđić Bjelokosić, Glasn. Zem. Muzeja, Buch VIII, S. 145-156. 45 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 36 erzogen und angezogen wurde. Nach ihrer Geburt, verkündete der Vater die Nachricht, dass ein Junge geboren sei. Durch den starken Wunsch der Menschen, einen Sohn zu bekommen, kam es nicht selten zu solchen Ereignissen.46

In früherer Zeit war es dem Mann gestattet, sich eine zweite Frau, neben seiner ersten, zu nehmen, wenn seine erste Frau nur weibliche Kinder zur Welt brachte. Er glaubte, dass ihm die zweite Ehefrau männliche Nachkommen schenken würde. (vgl. Ɖorđević 2002: 50). In dieser eigenen Art der Bigamie musste der Mann mit seiner ersten Frau jeden ehelichen Verkehr abbrechen und sie zu seiner Wahlschwester (posestrima) machen. Doch solche Fälle kamen nicht sehr oft vor. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336). Vor allem dann, wenn seine erste Frau überhaupt keine Kinder gebar, konnte sich der Mann eine zweite Frau nehmen. Diese zweite Frau wurde inoča genannt. (vgl. Belovič- Bernadzikovska 1927: 138).

Doch nicht nur die Heirat des Mannes mit einer zweiten Frau, sondern auch Scheidung, konnte die Folge einer Ehe sein, die keine männlichen Kinder mit sich brachte. (vgl. Ɖorđević 2002: 51).

Der Begriff posestrima ist heute zwar noch bekannt, allerdings verbinden ihn die Menschen nicht mit der ersten Frau des Mannes, die er zu seiner Wahlschwester machte, wenn er eine zweite Frau heiratete. Der jüngeren Generation sind beide Begriffe nicht mehr bekannt, weder posestrima, noch inoča.47 Für die meisten Menschen bedeutet der Begriff posestrima, dass eine Frau zur Schwester erklärt wird, wenn sie einem sehr nahe steht.48 In Bugojno und Sanski Most ist der Begriff der inoča noch bekannt. Sie wird als die zweite Frau des Mannes bezeichnet, d. h., wenn er sich eine zweite Frau – neben seiner ersten – nimmt, wird diese inoča genannt.49 In Sanski Most wird die Meinung vertreten, dass solche Fälle heute nur noch selten vorkommen.50 In Kotor Varoš dagegen, sind die Leute der Ansicht, dass die inoča so

46 Namka, Banja Luka. 47 Anela, Kotor Varoš. 48 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 49 Šefika, Bugojno; Indira, Sanski Most. 50 Indira, Sanski Most. 37 etwas wie Schwiegermutter oder Stiefmutter war.51 In Banja Luka wird erzählt, dass auch heute noch einige Männer mehrere Frauen haben können. Dies ist meist bei reicheren Muslimen der Fall.52

Nicht immer waren nur männliche Kinder erwünscht, sondern oft auch weibliche. Frauen, die sich auch weibliche Kinder wünschten, kannten auch dafür verschiedene Zauberhandlungen, die schon vor dem Eintritt in die Ehe, aber auch in der Ehe selbst, getätigt wurden. (vgl. Ɖorđević 2002: 52 f.).

Die Südslawen glaubten, dass Gott für jede Frau bestimmt hat, wie viele und welche Kinder sie haben wird. Daher waren sie der Ansicht, dass es eine Sünde sei, gegen Gottes Willen zu handeln. Dennoch haben die bosnischen Frauen immer wieder durch Zauberhandlungen versucht, keine Kinder zu bekommen, ob es für eine gewisse Zeit war, für immer, oder ob sie nach einer gewissen Kinderzahl eine Pause machen wollten. (vgl. Ebd.: 54). Vor allem nach den Weltkriegen übten die Frauen immer mehr Geburtsbeschränkungen aus. (vgl. Belovič-Bernadzikovska 1927: 186 f.).

5.1.4 Pause zwischen den Geburten

Wenn das Brautpaar wünschte, eine Zeit lang keine Kinder zu haben, gab es verschiedene Zauberhandlungen, um sich diesen Wunsch zu erfüllen. (vgl. Ɖorđević 2002: 54).

Wenn sich die bosnische Braut am Morgen vor ihrer Hochzeit mit warmem Wasser wusch, sollte sie mit so vielen Fingern den Kessel mit Wasser heben, so viele Jahre sie keine Kinder haben wollte. Manche Frauen nahmen einige Kohlestücke und warfen sie in das Wasser, in dem sie sich vor der Hochzeitsnacht baden wollten. Sie nahmen so viele Kohlestücke, so viele Jahre sie keine Kinder wünschten. Nach dem Bad in diesem Wasser, nahmen sie die Kohlen heraus. Wenn sie sich anders entschieden hatten und doch bald Kinder wollten, warfen sie die Kohlestücke wieder ins Feuer, damit sie erneut zum „Leben erwachten“ und sagten dabei Folgendes: „Kako ovi ugljenovi oživili,

51 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 52 Namka, Banja Luka. 38 onako djeca u meni oživela!“53 (vgl. Ebd.: 55).54 Die Frau hielt während der Hochzeit so viele Finger zwischen ihrem Gürtel und Hemd, so viele Jahre sie keine Kinder wollte. (vgl. Schneeweis 1935: 53).

Solche Zauberhandlungen, die das Kinderkriegen eine Zeit lang unterbinden sollten, existierten auch nach der Hochzeit, also während der Ehe. (vgl. Ɖorđević 2002: 56). Wenn die Frau nach der Geburt eines Kindes mit dem zweiten eine Zeit lang warten wollte, nahm sie das Messer, mit dem der Nabel des Kindes durchtrennt wurde und steckte es hinter einen Balken des Dachbodens. Welcher Balken es, von der Tür aus gesehen, der Reihe nach war, so viele Jahre sollte sie auf ihr zweites Kind warten. (vgl. Ebd.: 57).55

Mancherorts gab es auch Frauen, die eine kinderlose Ehe wünschten und auch um dieses Ziel zu erreichen, kannten die bosnischen Frauen verschiedene „Tricks“. (vgl. Ebd.: 58). Dies war aber selten der Fall.

5.1.5 Genügend Kinder

Nachdem sie eine gewisse Anzahl von Kindern geboren hatte, wollte die Frau meist keine Kinder mehr. Eine bosnische Frau glaubte dies dadurch zu erreichen, indem sie ein Hirsekorn vom Huf eines Esels nahm und es mit Wasser trank. Sie glaubte daran, danach keine Kinder mehr zu bekommen. (vgl. Ɖorđević 2002: 60).56 Es existierten noch weitere solcher Zauberhandlungen. Es wurden auf die linke und die rechte Seite des Weges, den die Braut und ihr Mann gehen mussten, ein Schloss und ein Schlüssel gelegt. Nachdem sie vorbeigegangen waren, wurde das Schloss mit dem Schlüssel abgeschlossen und ins Wasser geworfen. Der Schlüssel wurde aufbewahrt. Dabei wurden folgende Worte ausgesprochen: „Bis dieses Schloss mit diesem Schlüssel geöffnet wird, sollen jene Nachwuchs haben!“ (vgl. Schneeweis 1935: 54).

53 „So wie diese Kohlestücke zum Leben erwachen, so sollen Kinder in mir zum Leben erwachen!“ [Übers. I. S.]. 54 Siehe dazu auch T. Dragičević, Glasn. Zem. Muzeja, Buch XIX, S. 492; M. J. Milošvić, Glasn. Zem. Muzeja, Buch XI, S. 44. 55 Siehe dazu auch L. Grđić Bjelokosić, Glasn. Zem. Muzeja, Buch VIII, S. 144. 56 Siehe dazu auch T. Dragičević, Glasn. Zem. Muzeja, Buch XIX, S. 492. 39

Von den früheren Zauberhandlungen, die das Kinderbekommen unterbinden sollten, ist heute nicht mehr viel bekannt. Der jüngeren Generation sind diese Handlungen nicht mehr vertraut.57 In Bugojno stachen sich die Frauen selbst mit einer Nadel in den Bauch, um das Kind zu verlieren. Dadurch brachten sie nicht nur das Kind in Gefahr, sondern auch sich selbst.58 In Sanski Most hüpften Frauen von Ställen oder anderen Bauten, um einen Abortus zu verursachen.59 In Kotor Varoš tranken sie verschiedene abgekochte Kräuter, die eine Schwangerschaft verhindern sollten. Um welche Kräuter es sich handelte, ist heute nicht mehr bekannt. Frauen, die nicht schwanger werden wollten, tranken auch ungerösteten Kaffee.60 Auch in Banja Luka tranken sie verschiedenste Kräuter und banden sich den Bauch ab.61 Selten aber gab es Frauen, die keine Kinder wollten. Viele Frauen versuchten durch Rituale der Kinderlosigkeit zu entgehen. Der Frau wurde u. a. Wasser zu trinken gegeben, in dem das Lab (sirište) eines Hasen lag. Die Frau war nach dem Volksglauben konzeptionsfähig, wenn sie danach Schmerzen fühlte, wenn sie aber keinen Schmerz empfand, galt sie dem Volksglauben nach als nicht empfängnisfähig. Kräuter, wie Dillenkraut, Johanniskraut oder Königssalbei galten als konzeptionsfördernd. Bei der Vermutung, dass eine Frau unfruchtbar sei, wurde ihr geraten, Brot aus dem Mund einer Schwangeren über einen Zaun zu essen oder an einem Sonntag nach Neumond bei Sonnenuntergang auf einen Baum zu klettern, in den Früchten der Heckenrose nach drei Würmern zu suchen und diese zu essen. Dabei sollte die Frau folgende Worte drei Mal aussprechen: „Sunce zađe za brdo, a ja u breme.“62 (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336). Um schwanger zu werden, legte eine unfruchtbare Frau am Vorabend des Georgstages ein neues Frauenhemd auf einen fruchtbaren Baum. Am nächsten Morgen sah sie noch vor Sonnenaufgang nach, ob sich ein Käfer oder ein anderes lebendes Wesen auf ihrem Hemd befand. Falls dies der Fall war, zog sie das Hemd an und hoffte im selben Jahr noch Kinder zu bekommen. (vgl. Krauss 1890: 35).

57 Anela, Kotor Varoš. 58 Šefika, Bugojno. 59 Indira, Sanski Most. 60 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 61 Namka, Banja Luka. 62 „Die Sonne geht hinter den Berg, und ich komme in die Hoffnung.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336). 40

Wenn sich eine Frau wünschte, einen Jungen zu bekommen, wurde ihr geraten, auf einem fremden Acker einen Pflug zu nehmen und ihn bergauf zu leiten. Dabei sollte sie folgende Worte sagen: „Vo za volom, sin za sinom.“63 (vgl. Die österreichisch- ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336).

Eine Frau, die Kinder haben wollte, trank in Bosnien und der Herzegowina, abgekochtes Johanniskraut (Gospina trava), Saft vom Königssalbei (Modra kadulja) oder sie pulverisierte die Plazenta einer Häsin und trank sie zusammen mit Wasser. Die Menschen in Bosnien und der Herzegowina glaubten ebenso, dass die Frau leichter in andere Umstände kommen würde, wenn sie sieben Buchenknospen auf nüchternen Magen am Georgstag essen würde.

Die Menschen in Bosnien glaubten, dass Fehlgeburten durch Dämonen verursacht würden. Trotzdem gab es immer wieder Frauen, die Fehlgeburten verursachen wollten. Um dies zu erreichen, tranken sie am Morgen und Abend Sauermilch gemischt mit Dillblättern. (vgl. Schneeweis 1935: 53 f.).

5.2 Die schwangere Frau

Wie schon erwähnt, war in Bosnien, aber auch in Kroatien und Serbien, eine Ehe mit vielen Kindern keine Seltenheit. Aufgrund der beschränkten Bedingungen sind aber auch viele Kinder gestorben, meist um das vierte Lebensjahr herum. Bis in die 60er Jahre waren fast keine Verhütungsmittel unter dem bosnischen Volk bekannt. Einige Frauen glaubten daran, wenn sie ihre Kinder bis zum dritten oder vierten Lebensjahr stillen würden, dass sie solange nicht erneut schwanger werden konnten. (vgl. Jurić- Arambašić 2000: 283).

Früher, wie auch heute, kam im Haus große Freude auf, wenn die Frau schwanger wurde. Sie wurde von allen geachtet und geehrt. Es wurde darauf Acht gegeben, dass es ihr gut ging. (vgl. Hangi 2010: 165). Über eine Schwangere sagten die Franzosen früher, dass sie „an der Schwelle“ stehen würde, und die alten Chinesen meinten, die

63 „Ein Ochse nach dem andern, ein Sohn nach dem andern.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336). 41

Schwangere sei „die Frau mit dem Glück im Inneren“. Menschen auf der ganzen Welt sahen in der Schwangerschaft ein Übergangsstadium, anders gesagt eine Zeit der Wandlung. Die schwangere Frau, die sich zwischen zwei Lebensstadien befand, wurde als sehr verletzbar betrachtet. Als Grund könnten ihre biologischen Veränderungen oder sogar ihre Nähe zur Welt der Geister betrachtet werden. (vgl. Dunham 1992: 41).

In Bosnien und der Herzegowina versuchten die Menschen, die Wünsche einer Schwangeren zu erfüllen. Falls diese Wünsche nicht erfüllt wurden, wurde die Ansicht vertreten, dass es dem ungeborenen Kind Schaden bringen würde. Eine Schwangere musste weniger arbeiten. Sie ruhte sich mehr aus. Im Glauben des einfachen Volkes wurde die Frau erst nach der Geburt ihres Kindes zur Frau, da sie erst dann ihren eigentlichen Lebenszweck erfüllte. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336).

Die Freude wurde größer, wenn das Kind auf der Welt war, vor allem dann, wenn es ein Junge war. Angefangen vom Ehemann bis hin zu der Verwandtschaft und den Nachbarn kamen alle ins Haus und beschenkten die Frau und ihr Kind. (vgl. Hangi 2010: 165).

In Bosnien war man der Meinung, dass bestimmte Handlungen und Tätigkeiten der Schwangeren sich auf die Eigenschaften des Kindes auswirken würden. Die schwangere Frau glaubte, sich ständig in Acht nehmen zu müssen, da unzählige Gefahren ihrem ungeborenen Kind auflauern würden. Dadurch existierte eine Reihe von sog. Verhaltensregeln, die die Frau während der Schwangerschaft befolgen sollte. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336).

42

5.3 Das ungeborene Kind

Wenn eine bosnische Frau fühlte, dass sie schwanger war, wollte sie wissen, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen trägt. Ohne das Wissen der Schwangeren wurden im Zimmer eine Gewehrkugel und eine Schere versteckt. Falls sich die schwangere Frau in die Nähe der Kugel setzte, waren die Bosnier der Meinung, dass sie einen Jungen bekommen würde, falls sie sich in die Nähe der Schere hinsetzte, würde es ein Mädchen werden. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 336). Mancherorts wurde statt der Gewehrkugel eine Axt versteckt. (vgl. Schneeweis 1935: 57).

Das bosnische Volk glaubte, durch bestimmte Anzeichen bestimmen zu können, ob das ungeborene Kind ein Junge oder ein Mädchen würde. Anzeichen für einen Jungen waren, wenn das Kind auf der rechten Seite im Bauch läge und wenn es auf der linken Seite läge, würde es ein Mädchen werden. Eine Frau sollte einen Jungen bekommen, wenn sie ein reines Gesicht während der Schwangerschaft hätte. (vgl. Ebd.: 57). Andere Anzeichen für ein männliches Kind sind laut dem Volksglauben, wenn die Mutter während der Schwangerschaft blühend und fröhlich ist, wenn sie das Kind hoch trägt, wenn sie ein frisches Temperament hat oder wenn sie weiße und dicke Milch hat. Wenn sie aber dagegen blass und bedächtig ist, das Kind tief trägt, ein trockenes und warmes Temperament hat und farblose und dünne Milch hat, waren die Menschen der Ansicht, dass sie ein Mädchen trägt. (vgl. Gélis 1989: 148).

Ob es nun ein Mädchen oder ein Junge wird, wird heute bei der Ultraschalluntersuchung bestimmt. Doch in Bosnien und der Herzegowina glauben die älteren Frauen auch heute noch den jüngeren an bestimmten Anzeichen verraten zu können, ob sie einen Jungen oder ein Mädchen tragen. In Kotor Varoš versuchen sie dies an der Form des Bauches oder an der Gesichtshaut der Schwangeren zu erraten. Manche sagen, dass die Frau einen Jungen bekomme, wenn sie in der Schwangerschaft Flecken im Gesicht habe.64 Andere sind der Ansicht, dass die Flecken im Gesicht auf ein Mädchen schließen lassen. Wenn das Gesicht aber schön bleibt, sollte es ein Junge

64 Anela, Kotor Varoš. 43 werden.65 Daran wird deutlich, dass die jüngeren Leute nicht mehr so stark an diese „Vorhersagen“ glauben. Die Menschen in Kotor Varoš glauben, dass es ein Mädchen wird, wenn der Bauch in die Breite geht, wenn er aber spitz ist und nach vorne geht, solle es ein Junge werden. Früher wurde über den Kopf der Schwangeren Salz gestreut, um zu erkennen was für ein Geschlecht das ungeborene Kind habe. Wenn sie sich danach an einer Stelle am oberen Körperteil kratzte, sollte es ein Mädchen werden, wenn sie sich aber an einer Stelle am unteren Körperteil kratzte, wenn es sie juckte, würde es ein Junge werden.66 Manche haben nur vage Erinnerungen an diese Zauberhandlungen und Deutungen. Die Erinnerung daran, dass Salz über den Kopf der Schwangeren gestreut wurde, ist noch vorhanden, aber nicht mehr, wie das Geschlecht des Kindes gedeutet wurde. Auch an die Deutung anhand der Bauchform wird nicht mehr so stark geglaubt.67 In Sanski Most wurde das Geschlecht des Kindes ebenfalls anhand des Bauches gedeutet. Wenn der Bauch weiter oben war, würde es ein Junge werden, wenn er aber weiter nach unten hing, sollte es ein Mädchen werden.68 In Bugojno wurde eine Kaffeebohne durch die Bluse der schwangeren Frau fallen gelassen. Wenn die Kaffeebohne mit der halbrunden Hälfte nach oben zeigend landete, sollte es ein Junge werden, wenn aber die Hälfte mit der Spalte nach oben zeigte, würde es ein Mädchen werden. Auch wurde daran geglaubt, dass ein breiter Bauch auf ein Mädchen deutete und ein spitzer auf einen Jungen.69 In Kotor Varoš und Banja Luka wurden Schere und Messer im Zimmer versteckt. Wenn sich die Schwangere in die Nähe der Schere setze, sollte es ein Mädchen werden, wenn sie sich aber in die Nähe des Messers setzte, glaubten die Menschen, dass die Schwangere einen Jungen trägt.70 Meist wurden diese Gegenstände von der Schwiegermutter versteckt. Auch in Banja Luka wurde das Geschlecht des Kindes anhand der Bauchform gedeutet.71

65 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 66 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 67 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 68 Indira, Sanski Most. 69 Šefika, Bugojno. 70 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 71 Namka, Banja Luka. 44

5.3.1 Das Aussehen und die Charakterzüge des Kindes

Die Menschen legten großen Wert darauf, dass ihr Kind hübsch aussah, gesund war und gute Eigenschaften hatte. Aus diesem Grund kannten viele Völker Bräuche, die vielfach schon bei der Hochzeit vollzogen wurden und über die erzählt wurde, dass sie die Bedingung für Schönheit, Gesundheit und weitere gute Eigenschaften des Kindes seien. Aus demselben Grund achteten die Frauen während und nach der Schwangerschaft auf gewisse Dinge, die nach dem Volksglauben für die äußeren und inneren Charakterzüge des Kindes verantwortlich waren. (vgl. Ɖorđević 2002: 64).

Wenn sich das Kind im Mutterleib zum ersten Mal bewegte und Lebenszeichen von sich gab und die Schwangere im selben Moment jemanden ansah, würde ihr Kind dieser Person ähnlich sehen, glaubte das einfache Volk in Bosnien und der Herzegowina.

Das Kind würde gebildet sein, wenn die Mutter oder der Vater im Moment der Zeugung des Kindes an einen gelehrten und gebildeten Menschen dachten. Aber wenn sie an einen Trinker dachten, würde das Kind ebenfalls zu einem Trinker werden. (vgl. Hangi 2010: 168). War der Vater während der Zeugung seines Kindes betrunken, so würde auch das Kind trinken. (vgl. Schneeweis 1935: 54).

Wenn die Mutter während der Schwangerschaft gerne Obst, wie Quitten oder Orangen aß, würde das Kind hübsch werden, glaubte das bosnische Volk. (vgl. Hangi 2010: 168). In einem „Kreuterbuch“ aus 1543 wird schwangeren Frauen empfohlen, Quitten zu essen, denn dann würden sie sinnreiche und geschickte Kinder bekommen.“ (vgl. Gerlach 1998: 170).

Das Kind würde hübsch werden, wenn die Mutter im selben Moment, in dem sich das Kind zum ersten Mal in ihr bewegte, in einen Spiegel sah. Wenn sich das Kind im Mutterleib viel bewegte, würde es quirlig, ruhelos oder fröhlich werden. Die Menschen waren der Ansicht, dass es kaum erwarten konnte, auf die Welt zu kommen. Falls aber das ungeborene Kind eher ruhig war und sich kaum bewegte, würde es auch nach der Geburt ruhig und verschlossen sein. Das Kind würde glücklich werden und lange leben, wenn der schwangeren Frau ein Fuchs oder eine Schlange über den Weg liefen.

45

Dagegen würde es aber unglücklich und selbstsüchtig sein, wenn der Schwangeren ein Hase den Weg kreuzte. (vgl. Hangi 2010: 168 f.). Der werdenden Mutter verbot der Volksglaube Hasenfleisch zu essen oder einen Hasen anzusehen. Es wurde daran geglaubt, dass ihr Kind sonst mit offenen Augen schlafen würde. Wenn die Schwangere Obst aß, in dem ein Wurm war, würden die Wunden ihres Kindes nur schwer heilen können. (vgl. Schneeweis 1935: 56). Die schwangere Frau durfte kein Fleisch essen, das von Vögeln, Schlangen oder Wölfen angebissen worden war. Außerdem durfte sie kein Brot, das auf der Reife war, zu sich nehmen. Das einfache Volk glaubte ebenso daran, dass eine Schwangere nicht baden sollte und sich während der Schwangerschaft auch keine Zähne reißen lassen sollte. Sie sollte ebenso wenig fremde Kinder küssen. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 337).

Wenn die schwangere Frau einen Bären erblicken sollte, würde ihr Kind schwer gehen lernen. Eine Schwangere, die einen Fuchs sah, würde ein Kind mit Fieberleiden bekommen. Die schwangere Frau sollte niemanden verspotten, weder Blinde noch Taube. Sonst würde ihr Kind dasselbe Leiden haben. Die Bosnier glaubten ebenso daran, dass das Kind schielen würde, wenn seine Mutter während der Schwangerschaft geflucht hatte oder unter einer Wäscheschnur durchgegangen war. Ihr Kind würde röcheln, wenn sie eine Tierschlachtung mit angehört hätte. (vgl. Schneeweis 1935: 56).

In Kotor Varoš wird daran geglaubt, dass das Kind lebhaft werden wird, wenn es sich schon im Bauch sehr viel bewegt. Glücklich wird das Kind werden, wenn es mit den Füßen zuerst „das Licht der Welt erblickt“ oder wenn es bei Sonnenaufgang geboren wird. Wenn die Schwangere vor der Schwangerschaft kein Glück hatte, sich dies aber während der Schwangerschaft ändert, wird auch ihr Kind glücklich werden.72 Wenn die Schwangere während der Schwangerschaft Pfirsiche isst, sollte das Kind eine schöne Haut haben.73 In Sanski Most wurde daran geglaubt, dass sich das, was gesagt wird auf das Kind auswirken wird, oder derjenige, der während der Schwangerschaft angesehen wird, Auswirkungen auf das Kind haben wird.74 In Bugojno wird daran geglaubt, dass es Kinder gibt, die glücklich geboren werden und solche, die ohne Glück zur Welt

72 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 73 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 74 Indira, Sanski Most. 46 kommen. Dies soll aber auch von den Eltern abhängig sein. Die Lebensweise der Eltern wirkt sich auch auf die Kinder aus.75 In Banja Luka existiert der Volksglaube, dass das Kind hübsch werden wird, wenn es bei Neumond geboren wird.76

Über eine schwangere Frau, die einen doppelten Regenbogen erblickte, zwei aneinander gewachsene Kirschen (also eine Doppelkirsche) oder Fleisch von einem Zwillingstier77 aß, wurde früher gesagt, dass sie Zwillinge zur Welt bringen würde. (vgl. Schneeweis 1935: 56).

Es wurde daran geglaubt, dass ein Mal am Körper des Kindes durch ein Gelüst der schwangeren Frau entstehen würde. Bis in das 19. Jahrhundert wurde die Ansicht vertreten, dass sich die unbefriedigten Wünsche einer Schwangeren in der Form von Muttermalen auf ihrem Kind zeigen würden. (vgl. Gélis 1989: 99).

Eine schwangere Frau bekommt Hunger auf verschiedene Lebensmittel. Wenn etwas gegessen wurde, sollte es der Schwangeren angeboten werden. Denn was die Frau in anderen Umständen gerne isst, wird auch das Kind gerne essen, wurde früher erzählt. Wenn die schwangere Frau nicht bekam was sie wünschte, würde das Kind sich später danach sehnen. Wenn die Frau während der Schwangerschaft etwas heimlich aß und sich an einer Körperstelle berührte, würde das Kind an derselben Stelle ein Muttermal haben. (vgl. Hangi 2010: 169 f.). Manche sagten auch, dass das Kind ein Muttermal bekommen würde, wenn die Mutter etwas Essbares gestohlen hatte oder wenn ihr jemand etwas Essbares, das sie gerne haben wollte, nicht gab. Das Muttermal würde an der Stelle erscheinen, an der sich die Frau danach berührte. Dieses Mal sollte eine Erinnerung an das Gericht sein, das die Frau gestohlen hatte oder das ihr nicht gegeben wurde. Ebenso würde das Kind ein Muttermal bekommen, wenn seine Mutter ein Tier gestampft hatte, aber auch wenn sie ins Feuer gesehen oder ins Feuer geblasen hatte und hinterher eine Stelle an ihrem Körper berührte. Neben dem Muttermal, waren die sog. „roten Flecken“ (žaravo lice) bekannt. Die Menschen glaubten, dass dieses Mal am Körper des Kindes erscheinen würde, wenn seine Mutter während der Schwangerschaft einen Brand, die Morgen- oder Abendröte

75 Šefika, Bugojno. 76 Namka, Banja Luka. 77 Z. B. Zwillingskälber einer Kuh oder Zwillingslämmer eines Schafes. 47 angesehen hatte. Ebenso aber, wenn sie in das Blut eines Tieres, das geschlachtet wurde, getreten war. Das einfache Volk glaubte, dass solche Flecken auch auftreten würden, wenn böswillige Menschen die schwangere Frau mit Kohle, die noch glühte bewarfen und anschließend ihren eigenen Körper berührten. (vgl. Schneeweis 1935: 54 ff.). Mancherorts wurde daran geglaubt, dass das Kind ein Muttermal haben wird, wenn sich die schwangere Frau beim Nähen in die Finger stach. Genau an dieser Stelle würde auch das Mal sein. Wenn sie lange vor dem Kamin saß und das Feuer ansah, würde ihr Kind rote Haare bekommen. (vgl. Gerlach 1998: 154).

Die Katholiken in Imotsko glaubten daran, dass es besser sei, wenn das Kind ein Muttermal auf der Hand, anstatt auf der Brust hatte. Aber auch, wenn eines auf der Brust war, bedeutete es etwas Gutes, da ein Muttermal Glück bringen würde. (vgl. Kutleša 1993: 282).

Die Geschichten über den Volksglauben, warum und an welcher Stelle jemand ein Muttermal hat, sind heute noch bekannt. Auch die jüngeren Menschen kennen den Volksglauben, dass das Kind ein Muttermal bekommen wird, wenn die Schwangere während der Schwangerschaft Gelüste nach etwas Essbarem hatte, es aber nicht bekam. Wenn sie sich beim Gedanken an diese Sache, die sie sich wünschte, kratzte, würde das Kind genau an dieser Körperstelle ein Muttermal bekommen. Wenn sie, beispielsweise, gerne Pflaumen gegessen hätte, würde das Mal in der Form einer Pflaume auftreten.78 In Kotor Varoš wird die Geschichte einer schwangeren Frau erzählt, die einen Maulbeerbaum während ihrer Schwangerschaft erblickte. Sie versuchte eine Maulbeere zu pflücken, schaffte es aber nicht. Danach musste sie sich unter dem Knie kratzen. Als ihre Tochter zur Welt kam, hatte sie genau an dieser Körperstelle ein Muttermal in der Form einer Maulbeere.79 Hier wurde auch daran geglaubt, dass das Kind ein Muttermal bekommen würde, wenn die Schwangere Kaffeesatz während der Schwangerschaft aß.80 In Bugojno glaubten die Menschen, dass sich am Kind ein Muttermal bildet, wenn die Frau während der Schwangerschaft

78 Anela, Kotor Varoš. 79 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 80 Hajrija Kotor, Varoš/Kopenhagen. 48 ihre Menstruation hat.81 In Sanski Most verschwindet dieser Volksglaube an die Entstehung des Muttermales langsam.82

Wenn der Schwangeren also etwas verweigert wurde, das sie gerne hätte, wirkte sich dies auf das Kind dadurch aus, das es ein Muttermal in der Form der verweigerten Sache bekam. In Bosnien wurde geglaubt, dass derjenige, der der Schwangeren etwas verweigerte, ein Gerstenkorn bekäme. Die schwangere Frau wurde somit mit dem bösen Blick in Verbindung gebracht. Der böse Blick der Schwangeren war nicht nur in Bosnien und der Herzegowina bekannt. Im Glauben des einfachen Volkes vieler Länder wurde auch die menstruierende Frau des bösen Blickes beschuldigt. (vgl. Seligmann 1910: 93).

Die Menschen hüteten sich in Gesellschaft einer schwangeren Frau schauderhafte und schreckhafte Geschichten zu erzählen, denn wenn sich die Frau erschrecken würde, würde auch ihr Kind schreckhaft werden. Eine Schwangere sollte ebenso wenig einen Toten sehen, geschweige denn an denjenigen Orten vorbeigehen, an denen auch Tote vorbeigetragen wurden, weil das Kind sonst schwach und gelb werden würde.

In früherer Zeit brachten viele Frauen tote Kinder zur Welt. Für den Tod der Kinder wurden Hexen (vještice) und Maren verantwortlich gemacht. Ihnen wurde nachgesagt, dass sie das Kind im Mutterleib ersticken würden. (vgl. Hangi 2010: 170). Über Hexen und Maren wurde schon im Kapitel 4 gesprochen.

Um zu verhindern, dass ein Kind tot zur Welt kam, existierten in Bosnien verschiedene Handlungen, durch die Hexen und Maren vom Kind ferngehalten werden sollten.

Die Frau glaubte eine Totgeburt vermeiden zu können, indem sie ein Hufeisen von einem toten Pferd nahm und es einem Schmied gab. Dieser sollte mitten in der Nacht aus diesem Hufeisen eine Art Reifen machen, den die Frau tragen sollte, solange sie das Kind im Mutterleib trug. Nach der Geburt sollte sie diesen Reifen biegen und unter das Kopfkissen des Kindes legen. Dadurch glaubten die bosnischen Frauen Hexen und Maren vom Kind fernhalten zu können.

81 Šefika, Bugojno. 82 Indira, Sanski Most. 49

Wenn einer Frau mehrere Kinder verstorben waren, nahm sie neun Kleidungsstücke von neun Witwen und nähte aus diesen dem Kind ein Hemdchen. Dadurch glaubte sie verhindern zu können, dass weitere Kinder starben. Manche Frauen suchten Wolle von einem Schaf, das von einem Wolf zerrissen wurde, die sie dann wuschen, kämmten und so verarbeiteten, dass sich die Wolle wie Seide anfühlte. Aus dieser „Seide“ flochten sie eine Art Schnur, die sie dem Kind statt einem Gürtel anlegten. (vgl. Hangi 2010: 170 f.).

Den heutigen bosnisch-herzegowinischen Frauen ist noch bekannt, wie ihre Großmütter und vielleicht sogar Mütter ihre Kinder geboren haben. In Sanski Most wurden Kinder zu Hause, manche sogar neben einer alten Nähmaschine, geboren.83 Auch der jungen Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina ist es bewusst, dass die bosnischen Frauen, ihre Kinder früher meist daheim zur Welt brachten, entweder mit Hilfe einer Hebamme (babica) oder alleine.84 Auch in Kotor Varoš war das so.85 Die Frauen gebaren aber nicht nur im Haus und auf dem Weg in das Krankenhaus, sondern auch auf dem Feld oder im Stall. Wenn keine Hebamme anwesend war, musste derjenige, der gerade da war, die Nabelschnur durchschneiden. In Kotor Varoš gab es in den Dörfern meist Frauen, die eigene Kinder geboren hatten und eine gewisse Praxis erlangt hatten. Meist waren es diese Frauen, die Geburtshilfe leisteten. Sie wurden hier babice genannt. Jede Familie hatte früher um die sieben Kinder. Die Kinder mussten zwar bei der Geburt nicht helfen, es passierte aber nicht selten, dass sie die Bauchnabelschnur durchschneiden mussten. In der Zeit vor dem Bürgerkrieg in

83 Indira, Sanski Most. 84 Anela, Kotor Varoš. 85 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. Hajrija erzählte die Geschichte, dass sie selbst ihrer Mutter bei der Geburt half. Als die Wehen einsetzten, war außer ihr und ihrem zweijährigen Bruder niemand sonst im Haus. Hajrija war noch ein Kind und sich nicht im Klaren was gerade passierte. Sie erzählte, dass ihre Mutter Wasser aufwärmte und eine Wanne vorbereitete und sie und ihren Bruder in das Zimmer schickte. Sie sagte zu ihr, sie solle nicht rauskommen, bevor sie sie ruft. Als die Mutter sie rief, sah Hajrija schon das Kind in der Wanne. Die Mutter hatte bereits eine hölzerne Spindel und eine saubere Rasierklinge vorbereitet. Sie legte die Nabelschnur über die Spindel und gab sie Hajrija in die Hand. Dann schnitt die Mutter die Nabelschnur mit der Klinge durch. Hajrija band anschließend die Nabelschnur mit einem Faden ab. Sie erzählte noch eine Geschichte über eine weitere Schwangerschaft ihrer Mutter. Sie bekam nachts Wehen und machte sich mit ihrem Mann zu Fuß auf den Weg in das Krankenhaus. Auf dem Weg trafen sie auf einen Polizisten, der ihnen anordnete, dass sie dort warten sollten. Er würde eine Hebamme holen. Während seiner Abwesenheit aber, kam das Kind auf die Welt. Die Mutter hatte einen Hosenrock (dimije) und einen langen Mantel an. Sie zog den Hosenrock aus und wickelte das Kind darin ein. Die drei gingen zurück nach Hause. Als der Polizist mit der Hebamme zurückkam, traf er niemanden mehr an. 50

Bosnien und der Herzegowina war es üblich, dass die Frauen im Krankenhaus gebaren. Als der Krieg aber ausbrach, war dies nicht mehr möglich. Die geflüchteten Frauen brachten ihre Kinder oft im Wald, wo sie sich vor den Soldaten versteckten, zur Welt.86 In Banja Luka war das nicht anders. Auch hier gebaren die Frauen meist zu Hause.87

5.3.2 Kurz vor der Geburt

Kurz vor der Geburt des Kindes begann die Mutter alles vorzubereiten, was ihr Kind in der ersten Zeit benötigen würde. Sie nähte Laken, Hemdchen, Windeln usw. (vgl. Hangi 2010: 171).

In Kotor Varoš glaubten die Menschen in früherer Zeit, dass es nicht gut sei, wenn die Kindersachen schon vor der Geburt gekauft werden. Dies ist mit dem Aberglauben zu erklären, dass die Menschen der Meinung waren, dass dem Kind etwas Schlechtes zustoßen würde, wenn sie die Kindersachen im Vorhinein kaufen würden. Vor der Geburt wurden nur das Notwendigste zum Anziehen und eine Wiege vorbereitet.88 Früher gab es keine große Auswahl an Babybekleidung, wie heute, da das Kind in Stoffwindeln eingewickelt wurde. Diese Einwicklung wurde povoj genannt. Das Kind wurde von den Schultern weg bis zu den Füßen fest in Stoffwindeln eingewickelt. Die Menschen waren der Ansicht, dass es dadurch ruhiger schlafen würde.89 Die Kleidungsstücke des Kindes wurden früher meist aus Stoffstücken genäht und auch die Decke des Kindes wurde aus alten Kleidungsstücken hergestellt. Heute wird meist alles schon im Voraus eingekauft und auch das Zimmer für das Kind wird schon vor der Geburt eingerichtet.90 Dennoch gibt es auch in der heutigen Zeit immer noch Leute, die abergläubisch sind und nichts vor der Geburt des Kindes vorbereiten wollen, da sie

86 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 87 Namka, Banja Luka. Namka erzählte, dass ihre Großmutter in Ljubija bei Prijedor, vielen Frauen bei der Geburt geholfen hatte. Eine Frau, der sie bei der Geburt beistand, bekam ihr Kind auf dem Dachboden. Dadurch, dass man früher eine große Anzahl an Kindern hatte, war es für die Menschen nicht allzu tragisch, wie heute, wenn eines starb. Eine andere Frau, die aus Manjača stammt, heute aber in Banja Luka lebt, bekam ihr Kind im Pferdewagen. Sie wollten nach Banja Luka fahren, schafften es aber nicht rechtzeitig und so kam das Kind dort zur Welt. Auch ihre Schwiegermutter bekam ihr Kind auf dieselbe Weise. Interessant ist, dass beide Kinder an derselben Stelle ein Muttermal haben. 88 Anela, Kotor Varoš. 89 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 90 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 51

Angst um das Kind haben. In Bugojno wurden die Babysachen ebenso wenig vor der Geburt eingekauft, erst danach.91 In Sanski Most wird daran geglaubt, dass sich die Menschen in früherer Zeit gar nicht auf die Geburt vorbereitet hatten. Die Frauen haben bis zum letzten Tag auf dem Feld gearbeitet. Es wurden nur die notwenigsten Kleidungsstücke für das Neugeborene vorbereitet.92 In Banja Luka wurden meist Windeln, die Einwicklung (povoj) und Pölsterchen von der Schwiegermutter gekauft. Heute wird hier alles vor der Geburt besorgt. Wenn die Frau mit dem Neugeborenen aus dem Krankenhaus entlassen wird, steht zu Hause alles schon bereit. Die meisten Menschen glauben aber dennoch, dass wenigstens bis zum 9. Monat abgewartet werden sollte, bevor etwas gekauft wird.93 Ein Funken vom alten Aberglauben ist also geblieben.

Die bosnische Frau war vor der Entbindung für gewöhnlich sehr gelassen. Schon griechische Autoren haben mit Bewunderung über die Entbindung illyrischer Frauen berichtet. Sie schrieben darüber, dass die illyrischen Frauen ihre Kinder im Wald und ohne Hilfe bekamen. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 337). Solche Geburten gab es in Bosnien auch noch im 20. Jahrhundert.

Es geschah nicht selten, dass eine bosnische Frau im Wald oder auf dem Feld von den Wehen überrascht wurde und ihr Kind an Ort und Stelle zur Welt bringen musste. Die Worte „Našlo mi se dijete“94, die oft in Geburtsanzeigen zu lesen waren, sind in diesen Fällen sehr treffend. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 337).

Die bosnische Frau verließ das Haus nicht mehr, wenn sie spürte, dass sich die Geburt näherte. Es war ebenso wenig üblich, dass in dieser Zeit jemand zu ihr ins Haus kam. Der Grund für diese Geheimhaltung war, dass sie daran glaubte, eine schwere Geburt zu haben, falls in dieser Zeit jemand ins Haus kommen würde. Je mehr Menschen von ihrer Geburt wüssten, desto schwerer würde ihr die Geburt fallen. Das abergläubische Volk dachte, dass die Frau dann für die Sünden all derer, die von der

91 Šefika, Bugojno. 92 Indira, Sanski Most. 93 Namka, Banja Luka. 94 „Ein Kind wurde mir gefunden.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 337). 52

Geburt wissen sollten, leiden müsste. Im Fall einer schweren Geburt wurde ein Rosenkranz oder ein Tespih95 zerfetzt und in ein Gefäß, das mit Wasser gefüllt war, hineingeworfen. Die Gebärende sollte von diesem Wasser trinken. Nach der Geburt sollte sie mit dem Faden des Rosenkranzes oder Tespihs den Bauchnabel des Kindes abbinden. Außerdem glaubten die bosnischen Muslime, dass die Geburt für die Frau leichter wäre, wenn vor ihr der Koran geöffnet werden würde und sie über ihm etwas Wasser trinken würde. Falls im Haus Zucker vom religiösen Ritus mevlud vorhanden war, konnte dieser im Wasser zerschmolzen und der Frau zum Trinken gegeben werden. Im Koran existieren verschiedene Kapitel, die während der Geburt vorgelesen wurden, um der Frau die Geburt zu erleichtern. Die Gebärende erleichterte sich die Geburt auch dadurch, indem sie ihrem Ehemann ihr Leid mitteilte, denn sie glaubte daran, dass es der Ehemann dann mit ihr teilen würde. (vgl. Hangi 2010: 171 ff.). Es wurde versucht der Frau auch dadurch zu helfen, indem ihr etwas Öl oder Seifenwasser zu trinken gegeben wurde. Meist half es ihr auch, indem ihr der Mann Wasser aus seinem Mund oder seinem rechten Opanken zu trinken gab. Das Volk glaubte ebenso daran, dass es der Frau helfen würde, wenn ihr Wasser über die Brust geschüttet werden würde. Die Schwangere versuchte sich auch dadurch die Geburt zu erleichtern, indem sie Wasser trank, in dem davor 10 Eier gekocht wurden, bis sie barsten. (vgl. Schneeweis 1935: 58 f.). Bei den Muslimen wurde bei einer schwierigen Geburt auch die Tür der Moschee geöffnet, es wurden Almosen gegeben oder Streuner gefüttert. (vgl. Ebd.: 58). Mancherorts trug der Mann seine Frau während der Wehen herum und sagte dabei Folgendes: „Ich habe dir die Last aufgebürdet, ich nehme sie dir auch ab!“ (vgl. Belovič-Bernadzikovska 1927: 147).

In Kolumbien kümmern sich die Männer um die Kinder, während die Frau in den Wehen liegt. In vielen Ländern ist es aber üblich, dass die Väter im Geburtszimmer nicht anwesend sind, sondern draußen warten. Ein Chagga-Vater betet vor der Tür des Geburtszimmers für seine Frau. „Kämpfe tapfer wie ein Krieger“, wiederholt er dabei. Wenn sich die Geburt als schwierig herausstellt, ist es in Kenia Brauch, dass der Vater seinen Gürtel und die Hosen ablegt und all das, was ihn einengt, lockert, um auf diese Weise symbolisch seiner Frau die Geburt zu erleichtern. Der Bang Chan-Vater ist in

95 Zähl- bzw. Gebetskette der Muslime. 53

Thailand bei der Geburt seines Kindes dabei. Er bringt Weihrauch, Blumen und eine brennende Kerze mit und berührt als erster mit seinen Händen das Kind. Die Bang Chan beten zu den „Geburts-Winden“, da sie glauben, dass der Wind ihre Kinder bringt. Andererseits wird in Tibet geglaubt, dass die Wehen der Schwangeren länger andauern würden, wenn der Vater bei der Geburt anwesend ist. In der Arktis werden die Kinder vom Inuit-Vater selbst entbunden und auch die Geburtspflege wird von den Vätern selbst durchgeführt. (vgl. Dunham 1992: 72 f.). Auch bei den Nahua-Indianern unterstützt der Ehemann seine Frau. Er greift ihr unter die Arme und stützt sie von hinten. Außerdem presst er ihr auf den Bauch um ihr zu helfen. (vgl. Raesfeld 2009: 22).

Ein weiterer Grund für die Geheimhaltung der Geburt in Bosnien war auch, dass eine Frau während der Schwangerschaft sich eher vor dem bösen Blick hüten sollte, als sonst, da sie in dieser Zeit von vielen beneidet wird. Wie schon erwähnt, wurde daran geglaubt, dass sie kurz vor der Geburt nicht mehr aus dem Haus gehen sollte. Wenn sie aber rausgehen musste, sollte sie ein Stück Brot mitnehmen und unter ihre rechte Achsel klemmen. Sie sollte nicht ohne Licht gehen und sich von Kreuzungen fern halten. Kreuzungen wurden deswegen für gefährlich gehalten, da dort leicht auf ein Übel getreten werden konnte. (vgl. Schneeweis 1935: 57).

Die heutige Jugend in Bosnien und Herzegowina kann sich an keine Zauberhandlungen von Frauen erinnern, um sich die Geburt zu erleichtern. Auch in Bugojno ist dies nicht mehr bekannt. Heute sind die Menschen der Ansicht, dass die Geburt durch Arbeit oder Bewegung erleichtert werden kann.96 Dafür gibt es Schwangerschaftsgymnastik und Schwangerschaftsvorbereitung.97 In Sanski Most glauben die Menschen ebenso, dass sich die Frau durch viel Bewegung die Geburt erleichtern kann.98 In Kotor Varoš erzählen die Menschen, dass die Schwangere einen Löffel Öl trinken sollte, wenn ihre Wehen eintreten. Dann würde sie leichter gebären. Auch Zucker oder etwas anderes Essbares, das sie vom religiösen Ritus mevlud, bei dem meist solche Lebensmittel verteilt wurden, übrig hatte, sollte die Schwangere essen, um ihr Kind leichter zur Welt zu bringen. Die Katholiken nehmen stattdessen

96 Anela, Kotor Varoš. 97 Šefika, Bugojno. 98 Indira, Sanski Most. 54 etwas von einer Messe. Dies sind alles Lebensmittel, die mit einem Gebet verbunden sind.99 In Banja Luka wird die Tür einer Moschee geöffnet, um der Frau die Geburt zu erleichtern.100 Von diesen zahlreichen Handlungen, die von der Schwangeren oder jemanden anderen getätigt wurden, um ihr die Geburt leichter zu gestalten, sind nur noch wenige bekannt. Dass die Frau in früherer Zeit verheimlichte, wenn sie in Wehen lag, da sie glaubte, sich dadurch die Geburt zu erleichtern, ist noch mancherorts bekannt.101 Heute ist es alltäglich, dass Frauen ihren Bauch ablichten lassen, um eine Erinnerung zu haben. Früher trugen die Frauen weite Kleider und manchmal war es gar nicht erkennbar, dass die Frau schwanger war. Es war für die bosnische Frau nicht selbstverständlich, dass sie in der Öffentlichkeit über ihre Schwangerschaft sprach. Es überwog das Schamgefühl.

5.3.3 Couvade - kuvada

Der Brauch der Couvade (kuvada) war in Bosnien und der Herzegowina, im nördlichen Dalmatien und Montenegro bekannt. (vgl. Schneeweis 1935: 59). Die Frau, die gerade dabei war ein Kind zur Welt zu bringen, stand auf und der Mann legte sich statt ihr in das Bett. Er wälzte sich im Bett, täuschte Übelkeit und Schmerzen vor, als ob er, und nicht seine Frau, das Kind bekommen würde. Das Kind wurde nach der Geburt dem Vater in die Arme gegeben. Manchmal gab er ihm sogar zum Schein die Brust. Bei den Arapesh in Neu-Guinea enthält sich der Mann bei der Couvade auch aller Speisen, derer sich die Mutter enthält, um dem Kind nicht zu schaden. Die Couvade oder auch das Männerkindbett stellt ein uraltes Ritual dar, das bei einigen Südslawen, außerdem in Spanien, Italien, im Schwarzmeergebiet und Zypern vorzufinden war. Doch nicht nur in Europa, im 17. Jahrhundert war das Ritual der Couvade auch in Brasilien und auf den Antillen vorzufinden. Im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts war das Männerkindbett in Nordamerika bei den Indianern, in der Tartei und in Indien anzutreffen. (vgl. Gélis 1989: 75 f.).

99 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 100 Namka, Banja Luka. 101 Anela, Kotor Varoš; Šefika, Bugojno; Namka, Banja Luka. 55

Das Ritual der Couvade ist dem Volk von Bosnien und der Herzegowina schon lange nicht mehr bekannt, weder in Kotor Varoš, noch in Banja Luka, Sanski Most oder Bugojno. Weder ältere, noch jüngere Leute wissen heute, was die Couvade ist.

Die Menschen im Mittelalter glaubten daran, dass Schmerzen durch das Austauschen von Kleidung übertragen werden konnten. Die Frau hatte bei der Geburt die Kleidung ihres Mannes an und er wälzte sich „vor Schmerzen“ im Kleid seiner Frau am Boden. Er stöhnte dabei, als ob er es war, der das Kind zur Welt bringen würde. Teilweise tragen in Südindien die Männer den Sari ihrer gebärenden Frau auch heute noch. Die brasilianischen Männer fügen sich selbst Wunden zu, um den Schmerz ihrer in den Wehen liegenden Frau zu teilen. (vgl. Dunham 1992: 73).

5.4 Das Neugeborene

Nach der Geburt des Kindes nahm es die Hebamme (bei den Muslimen ebejka genannt, sonst babica) an sich, schnitt ihm die Nabelschnur ab und badete es. Sie zog es an und übergab es der Mutter. (vgl. Hangi 2010: 173).

Die Nabelschnur wurde nicht mit einer Schere durchtrennt, sondern mit einem Messer, da die Menschen daran glaubten, dass die Frau andernfalls nur noch Mädchen gebären würde. Ein Volksspruch sagte sogar, dass es besser sei, einen toten Sohn zu bekommen, anstatt einer lebenden Tochter. Die Nabelschnur wurde mit einem roten Seidenfaden abgebunden. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 338). Die Muslime in Bosnien und der Herzegowina schmierten die Nabelschnur des Kindes oft mit Bärenfett ein. Dies sollte dem Kind Stärke und Gesundheit bringen. Die Nabelschnur wurde auch mit Wachs eingeschmiert, in ein Tuch gewickelt und aufgehoben. (vgl. Schneeweis 1935: 60). Oft wurde sie auch getrocknet und aufbewahrt. Ein pulverisiertes Stückchen dieser Nabelschnur wurde zusammen mit Wasser dem beschrieenen Kind zum Trinken gegeben. (vgl. Seligmann 1910: 292).

56

Das erste Bad des Kindes wurde oft durch ein Glas Wein verstärkt.102 (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 338). Im Volksbrauchtum ist das erste Bad des Neugeborenen von großer Bedeutung. In der Gegend von Keutschach wurden zwei platt gedrückte Kerzen kreuzweise zum ersten Bad gelegt, da die Farbe Rot, Kerzen und Kreuze für Abwehrmittel gegen verschiedene Übel gehalten wurden. Im Jauntal wurde das erste Badewasser unter junge Bäume oder blühende Sträucher und Blumen geschüttet. Auf diese Weise sollte das Wachstum des Kindes – so wie der jungen Pflanzen – gefördert werden. Unter die Badewanne des Kindes wurden auch Bücher, Musikinstrumente, Geld u. ä. gelegt, damit das Kind gebildet, musikliebend oder reich werden würde. (vgl. Zablatnik 1992: 33).

Das Badewasser des neugeborenen Kindes durfte nie an einem Ort ausgeschüttet werden, den das Volk für unrein hielt. Wenn es einen Toten im Dorf gab, legte die Mutter manchmal auch Nägel oder Eisen ins Badewasser. (vgl. Schneeweis 1935: 71 f.).

Was die Wassertemperatur des Badewassers des Neugeborenen betrifft, hielt Rousseau das Badewasser für am besten, wenn die Temperatur der Körpertemperatur der Mutter entsprach. Er empfahl das Kind in lauwarmem Wasser zu baden und die Temperatur des Wassers nach und nach zu senken. Das Kind sollte dann in kaltem Wasser gebadet werden. In früherer Zeit badeten die Skandinavier und die Germanen ihre Neugeborenen in eiskaltem Wasser, um die Widerstandskraft des Babys zu prüfen. Auch die Russen machten dasselbe, um das Kind abzuhärten. Dies führte zum Tod vieler Neugeborener. (vgl. Gélis 1989: 264 f.).

Die Bekleidung des Kindes in Bosnien und der Herzegowina bestand aus einem Verband, einem Hemdchen, einem Käppchen und der Einhüllung/Einwicklung (povoj), mit der das Kind gewickelt wurde. Diese Wicklung bestand aus drei Teilen: einer weichen Unterlage (podmetak), Windeln (pelene) und einem Umschlagtuch (povoj), die alle meist aus Wolle gemacht wurden. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 338).

Das Neugeborene wurde so gewickelt, dass seine Hände an den Körper gelegt wurden. Bei der Wicklung des Kindes saß die Mutter und streckte ihre Beine durch. Sie

102 Allerdings nicht bei den Muslimen. 57 legte ihr Baby auf ihre Beine, sodass sein Kopf auf ihren Knöcheln lag und seine Füße zu ihrem Gesicht gedreht waren. Vor jeder Wicklung wurde das Kind gebadet. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 90).

In Kotor Varoš wird das Kind auch heute noch in den ersten 40 Tagen nach der Geburt jeden Tag gebadet, danach alle zwei bis drei Tage. Früher half meist die Schwiegermutter103 bzw. die jeweilige Geburtshelferin beim Baden des Kindes. Meist wurde das Kind abends gebadet, damit es besser schläft.104 Wenn die Frau keine andere Wahl hatte, musste sie manchmal das Kind auch selbst baden.105 In Bugojno haben die Frauen ihr Kind meist selbst gebadet. In neuerer Zeit kommt eine Hebamme aus dem Krankenhaus, um beim Baden des Kindes zu helfen.106 Auch in Sanski Most wurde das Kind jeden Tag bis zum 40. Lebenstag gebadet.107 In Banja Luka war es üblich, dass die Schwiegermutter sich um das Baden des Kindes kümmerte. Es wurde gleich nach der Geburt gebadet und danach jeden Tag. Heute baden manche Frauen nicht mehr täglich ihr Kind.108 Die Bewohner von Kotor Varoš schnitten die Nabelschnur früher entweder mit einer desinfizierten Rasierklinge, einer Schere oder einem Messer durch.109 Dass die Frau nur noch Mädchen gebären wird, wenn die Nabelschnur mit der Schere durchgeschnitten wird, wurde in den Interviews nicht erwähnt. In Banja Luka wurde die Nabelschnur ebenfalls mit einer Schere abgetrennt und mit einem Faden abgebunden. Dies wurde in den meisten Fällen von der Hebamme (eba) gemacht.110

Was die Wicklung des Kindes betrifft, ist es heute nicht mehr so wie früher, dass das Kind von oben bis unten wie eine „Mumie“ in den sog. povoj gewickelt wird. Im Krankenhaus von Banja Luka wird das Kind zwar in Stoffwindeln gewickelt, doch dies geschieht nicht auf dieselbe Art wie früher.111 In früherer Zeit wurden die Neugeborenen viel fester eingewickelt, damit sie besser schliefen. Dies wurde ziemlich

103 Anela, Kotor Varoš. 104 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 105 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 106 Šefika, Bugojno. 107 Indira, Sanski Most. 108 Namka, Banja Luka. 109 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 110 Namka, Banja Luka. Früher wurde auch die Großmutter als eba bezeichnet. 111 Anela, Kotor Varoš. 58 lange gemacht, manchmal sogar bis zu einem Jahr.112 Dieser sog. povoj war ungefähr 5 cm breit und 2-3 m lang. Die Windeln waren meist aus Leinen. Die Arme des Kindes wurden an den Körper gelegt, die Beine waren ausgestreckt und dann wurde das Kind von den Schultern weg mit diesem povoj eingewickelt. Die Menschen glaubten, dass es dadurch gerade Beine haben würde und gesunde Hüften. Kurz vor dem Bürgerkrieg in Bosnien wurden die Kinder im Krankenhaus mit 2-3 Stoffwindeln eingewickelt. Nach und nach ist dies aber verschwunden.113 In Bugojno wurde das Kind etwa sechs bis acht Monate lang in diesen povoj gewickelt.114 Auch in Sanski Most und Banja Luka existiert diese alte Art der Einwicklung des Kindes nicht mehr.115 In Banja Luka wurde das Kind ebenfalls fast bis zu einem Jahr gewickelt. Später wurde dann eine Hand des Kindes freigelassen. Der Faden, mit dem das Ganze zugebunden wurde, war in Farbe (rosa für Mädchen und blau für Jungen).116

Nach dem ersten Bad begann die Hebamme den Kopf des Kindes zu glätten und in Form zu bringen. (vgl. Hangi 2010: 173). Das Kind trug die ersten 40 Tage seines Lebens eine Kopfbinde. Dieser Brauch kann mit dem künstlichen Zusammenpressen des weichen Kinderschädels bei einigen Urvölkern verglichen werden. Diese Kopfbinde (podbradak) wurde dem Kind vom Scheitel weg unter das Kinn gezogen. Durch das Festbinden drückte sie den Kopf des Kindes flach. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 338).

In der Folge achtete die Mutter darauf, dass die Stirn des Kindes nicht hoch würde. Ein Kind mit hoher Stirn würde gehänselt werden. (vgl. Hangi 2010: 173). Doch nicht nur die Muslime pflegten diesen Brauch des Kopfformens, sondern auch die Serben. Sie formten ihrem Kind den Kopf während des Badens. Auch Mund und Nase wurden in Form gebracht. Die Nase vor allem deswegen, damit sie nicht breit würde. (vgl. Schneeweis 1935: 72).

Auf Jamaika wird die schwangere Frau mit Rizinusöl massiert und dadurch das Kind im Bauch „geformt“. Auch bei den Japanern herrscht etwas Ähnliches vor. Durch die

112 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 113 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 114 Šefika, Bugojno. 115 Indira, Sanski Most; Namka, Banja Luka. 116 Namka, Banja Luka. 59 sog. hara-Massage soll der Fötus stimuliert werden und in die geburtstypische Lage gebracht werden. (vgl. Dunham 1992: 53).

Nicht nur die Form des Kopfes, die Stirn und die Nase wurden „verschönert“, sondern auch die Ohren, die Augenbrauen und das Kinn. Die Stirn wurde mit dickflüssiger Milch oder Speichel geformt, sodass das Kind später keine Falten bekam. Die bosnischen Muslime glaubten daran, dass Menschen, die eine allzu faltige Stirn haben, sehr streitsüchtig sind. Die Menschen in Bosnien mochten auch keine breite Nase, daher wurde die Nase des Kindes gedrückt und geformt, damit sie dünner wurde. Die Augen des Kindes rieb die Mutter mit Muttermilch ein und zwar von der Nase beginnend bis zur Schläfe des Kindes. Die Mutter glaubte, dass dadurch die Augen ihres Kindes gesund, klar und groß werden würden. Große Augen hielten die bosnischen Muslime für schön. Die Ohren wurden an den Kopf gedrückt, um zu vermeiden, dass das Kind abstehende Ohren bekam. Auch der Mund wurde zusammengedrückt, damit er nicht allzu groß wurde. Das Kinn wurde in Richtung des Halses gedrückt, damit es nicht hervorstand. (vgl. Hangi 2010: 174). Schon für die alten Griechen und Römer war das äußere Erscheinungsbild von Bedeutung, da von den Gesichtszügen auf die Veranlagung und den Charakter des Menschen geschlossen wurde. (vgl. Gerlach 1998: 155).

In Kotor Varoš können sich die Menschen noch erinnern, dass der Kopf des Kindes früher gewickelt wurde.117 Doch dies ist v. a. der jüngeren Generation nicht mehr bekannt. Heute wird das schlafende Kind abwechselnd von einer Seite auf die andere gedreht, damit sich der Kopf schöner formt.118 In Sanski Most wird dem Kind ein Käppchen angezogen, damit das Kind keine abstehenden Ohren bekommt.119

Die Hebamme war gewöhnlich die Mutter der Gebärenden oder die des Mannes. Wenn keine der beiden mehr am Leben war, übernahm diese Aufgabe eine Frau aus der Verwandtschaft oder manchmal auch eine Frau, die nicht zur Verwandtschaft gehörte. (vgl. Hangi 2010: 175). Mancherorts war die Hebamme eine Frau aus der Gemeinschaft, die Erfahrung hatte und die seelischen und körperlichen Schmerzen mit

117 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 118 Anela, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 119 Indira, Sanski Most. 60 der Gebärenden teilen konnte. Viele Menschen sahen die Hebamme und ihren Beruf als etwas Heiliges oder Magisches an. (vgl. Dunham 1992: 75).

Bei den Katholiken war die Hebamme meistens eine geschickte Frau, die selber schon einige Geburten hinter sich hatte, bei Geburten anderer Frauen anwesend war und so eine gewisse Praxis erlangt hatte. Meist waren auch die Schwiegermutter und die Schwägerin bei der Geburt anwesend. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 284).

Da auch in Bosnien und der Herzegowina der Glaube an den bösen Blick verbreitet war, erlaubte die Hebamme selten, dass die Besucher das Kind gleich nach der Geburt sahen. Wenn sie aber nicht verhindern konnte, dass die Besucherinnen das Kind sahen, musste sie darauf achten, dass keine von ihnen das Kind beschreien würde (ureći). Das Volk war der Meinung, dass es schon ausreichte, wenn sich jemand über das Kind wunderte oder staunte, um es zu beschreien. Bei den Muslimen war es üblich, dass dem Kind „Mašallah!“120 zugerufen wurde, denn so konnte die Beschreiung verhindert werden. Falls auf diese Worte vergessen wurde, wurde das Kind ein wenig an der Nase gezogen oder berührt, um die Beschreiung zu verhindern. (vgl. Hangi 2010: 176).

Die bosnischen Frauen kannten eine Reihe von Wiegenliedern, die sie dem Kind vorsangen, und so glaubten, dem Kind vor Beschreiung zu helfen. Ein solches Wiegenlied ist folgendes: „Uroke ti voda odnijela, mimo tvoju bešu pronijela! San t pod glavu, uroci na stranu!“121 (Krauss 1890: 43). Doch nicht nur in Bosnien, sondern weltweit singen die Mütter ihren Kindern Wiegenlieder vor. Meist handelt es sich um Lieder, die auch ihnen in ihrer Kindheit vorgesungen wurden. Sie schaukeln das Kind in der Wiege und singen ihnen monotone einfache Wort- oder Lautfolgen vor. (vgl. Dunham 1992: 149).

Die Menschen sind heute nicht so abergläubisch wie früher. Sie wissen aber immer noch, wie ein Kind beschrieen werden kann. Meist sind sie sich nicht sicher, ob sie an Menschen mit einem bösen Blick und Beschreiung glauben sollen oder nicht, doch die meisten schützen ihr Kind auf die eine oder andere Weise davor. In Kotor Varoš herrscht noch der Glaube vor, dass jemand, der keine Kinder hat, sich aber Kinder

120 Aus dem Arabischen; bedeutet „Was Gott will (geschieht)!“ (vgl. Neweklowsky 1996: 176). 121 „Schlaf, Töchterlein, schlaf! Der Fluß trage dir die Beschreiungen davon, trage sie vorbei an deinem Wieglein; der Schlaf komme dir unters Haupt, und weg mit den Beschreiungen!“ (Krauss 1890: 43). 61 wünscht und das Neugeborene mit dem Wunsch selbst so ein Kind zu haben ansieht, es beschreien kann.122 Wenn das Neugeborene hübsch ist und es ständig angesehen wird und sich über seine Schönheit gewundert wird, kann es ebenso beschrieen werden. Meist wurde es vermieden, dem Kind Komplimente zu machen. Die Menschen glauben daran, dass es ein Zeichen für Beschreiung ist, wenn die Haut des Kindes hinter dem Ohr reißt. Auch wenn das Kind gesund ist und plötzlich ohne erklärbaren Grund zu weinen beginnt, glauben die Menschen, dass es beschrieen wurde. In Kotor Varoš mischten sich meist die Bräuche der Katholiken, Muslime und Orthodoxen. Um dem Kind zu helfen, wurde gebetet oder das Kind wurde zu einem muslimischen Geistlichen gebracht, damit er für das Kind betete. Die orthodoxe Bevölkerung in Kotor Varoš ruft dem Neugeborenen meist hässliche Kosenamen, wie „Gaduro!“ („Ekel!“) zu, um es vor Beschreiung zu schützen.123 In Banja Luka sind die Menschen ebenso der Meinung, dass es dem Kind schaden könnte, wenn ihm zugerufen wird, dass es hübsch sei. Wenn jemand müde und erschöpft nach Hause kommt und das Kind sogleich in die Arme nimmt, kann auch dies dem Kind schaden. Menschen mit blauen Augen können dem Kind ebenfalls schaden. Wenn die Leute der Meinung sind, dass das Kind beschrieen wurde, nehmen sie ein wenig Wasser und schütten ein bisschen davon hinter die Tür und auf den Boden. Dann nehmen sie symbolisch ein bisschen Wasser vom Boden und waschen dem Kind damit das Gesicht. Anschließend spritzen sie ein wenig davon auf die Anwesenden. Dies soll dem Kind helfen.124 Auch in Bugojno wird an Menschen mit bösem Blick geglaubt. Solche Menschen sind für das Neugeborene besonders gefährlich.125 In Sanski Most wird daran geglaubt, dass Menschen mit einer unbestimmten Augenfarbe Schaden anrichten können. Meist handelt es sich hier um blaugrüne Augen, aber manchmal auch um grüne. Menschen mit solch einer Augenfarbe sollten das Neugeborene nicht ansehen. Wenn dem Kind zugerufen wird, dass es hübsch sei, sollte dabei auch „Mašallah!“ gesagt werden. Durch dieses Wort sollte dem Kind nichts passieren können.126

122 Anela, Kotor Varoš. 123 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 124 Namka, Banja Luka. 125 Šefika, Bugojno. 126 Indira, Sanski Most. 62

Die Jamaikaner glauben, dass die Geister kommen, um das Kind wegzuholen, wenn das Kind schreien gelassen wird. Auch die brasilianischen Yanomamo-Indianer glauben daran, dass das Kind nicht schreien gelassen werden sollte. Denn sonst würde ihm die Seele entschlüpfen und es würde daran sterben. Seine Seele würde für alle Ewigkeit durch den Dschungel wandern. „Weine nicht, mein Kind! Warum weinst du? Wenn du jammerst, wird der Leopard deine Mutter fressen!“, singen die Chagga ihren Kindern als Schlaflied vor. (vgl. Dunham 1992: 143).

Das bosnische Volk glaubte daran, dass es für ein Kind von Bedeutung sei, an welchem Tag es geboren wurde. Es herrschte der Glaube vor, dass Kinder, die an einem Montag oder Freitag geboren wurden, Glückskinder seien. Kinder, die um Mitternacht vor dem Eliastag zur Welt kamen, sollten besonders glücklich sein. Ein Kind, das an einem männlichen Tag (ponedjeljak, utorak, četvrtak, petak) geboren wurde, war vor Hexen sicher. Außerdem glaubten die Menschen durch verschiedene Handlungen die späteren Fähigkeiten des Kindes beeinflussen zu können. Einem Jungen wurde eine Axt in die Hand gegeben, später vielfach auch ein Buch oder eine Feder. Das Mädchen bekam eine Spindel oder eine Nadel in die Hand gedrückt oder es wurde ihr ein Flachsfaden durch den Mund gezogen. (vgl. Schneeweis 1935: 60 f.). Schon in die Wiege wurden zu einem Jungen Sachen wie Messer, Papier, Schreibfedern und Silbergeld und zu einem Mächen Fäden, Nadeln, Kochlöffel und Blumen gelegt. (vgl. Belovič-Bernadzikovska 1927: 148). Im deutschsprachigen Raum waren Sonntagskinder glückliche Kinder, am Montag geborene waren kluge Kinder, Dienstagskinder sollten reich werden, Mittwochskinder viel reden, am Donnerstag geborene waren zornig, Freitagskinder unglücklich und diejenigen, die an einem Sonntag geboren wurden, waren Todeskinder. (vgl. Bächtold-Stäubli 1987: 408 f.).

Auch die Astrologen stellten einen Kalender zusammen, der Glücks- und Unglückstage, bezogen auf die Geburt des Kindes, bezeichnete. Nach der Tabelle von Zoé Guinot aus Channes sollte ein Kind, das am 1., 6., 9., 13. oder 16. Tag des Mondmonats geboren wurde, lange leben. Ein Kind, das aber am 3., 5. oder 7. Tag des Mondmonats geboren wurde, sollte mit einem kurzen Leben gekennzeichnet sein. Wenn es am 2. Tag des Mondmonats geboren wurde, sollte es nach Guinot sehr groß werden. Ein Kind, das am 4. eines Monats geboren wurde, soll ein Verräter und

63 treuloser Mensch werden. Schöne Gesichtszüge soll das Kind haben, wenn es am 8. Tag eines Mondmonats geboren werden sollte. Der 10. Tag sollte viele Reisen versprechen und ein am 11. Tag des Mondmonats geborenes Kind sollte geistreich und sehr geschickt werden. (vgl. Gélis 1989: 300).

Bei den Christen wiederum gelten Kinder, die an einem Freitag geboren wurden, als Unglückskinder, wahrscheinlich weil der Tod Christi auf einen Freitag fiel. Der Sonntag aber ist der Auferstehungstag Christi und gilt daher als Glückstag. Die Muslime empfinden den Sonntag als Unglückstag, da Mohammed an einem Sonntag starb. (vgl. Zablatnik 1982: 139).

5.5 Die Mutter

Die Südslawen sagen über die Mutter Folgendes: „Die Füße einer Mutter schreiten auf Erden, während ihr Haupt das Himmelsgewölbe berührt.“ (Belovič-Bernadzikovska 1927: 188).

Sie glaubten, dass die Mutter – genauso wie ihr Kind – in den ersten 40 Tagen nach der Geburt durch böse Wesen bedroht sei. Verschiedene Abwehrmittel, die dem Kind helfen sollten, wurden auch zum Schutz der Mutter verwendet. Diese waren (einige wurden schon erwähnt) Knoblauch, Messer, Salz, ein roter Faden um den Hals oder um die Hand, verschiedene Räucherungen usw. Oft wurden die Mutter und ihr Kind mit Kürbisstengeln oder grünen Hanfstengeln umwickelt. Es wurde ein Strick um ihr Bett gelegt oder Mehl um sie und ihr Kind gestreut. Auf diese Weise entstand ein magischer Kreis, der sie schützen sollte. (vgl. Schneeweis 1935: 64 f.). Die Mutter sollte schon während der Schwangerschaft darauf achten, sich und ihr Kind vor Unheil zu schützen und vor Schaden zu bewahren. (vgl. Zablatnik 1982: 136).

Während der ersten 40 Tage nach der Geburt schnürte die Mutter ihren Bauch und Kopf ein, damit sie später keine Schmerzen bekam. In Kotor Varoš wird daran geglaubt,

64 dass sie sich während dieser Zeit auch die Haare nicht waschen sollte, da sie sonst unter Kopfschmerzen leiden wird.127

5.6 Die ersten 40 Tage nach der Geburt – babine

In den ersten 40 Tagen nach der Geburt des Kindes kamen die Nachbarinnen und Freundinnen der Frau und brachten Geschenke mit (dieser Besuch wird in Bosnien dolaziti/ići na babine genannt). Diese Geschenke waren verschiedene Sachen, meist verschiedene Gerichte und Getränke, aber auch Kleidungsstücke. Die Verwandtschaft nähte dem Kind auch Kleidchen und Häubchen und brachte an das Häubchen, das das Kind von der Hebamme bekommen hatte, einen Dukaten an. (vgl. Hangi 2010: 177). Die männlichen Verwandten und Bekannten gesellten sich meist am Abend dazu. Die Besucher verbrachten ihre Zeit mit Gesprächen und manchmal auch die Nacht mit Singen im Hause der jungen Mutter und des neugeborenen Kindes. Auf die dritte und siebente Nacht wurde besonders geachtet. Es wurde „das Wochenbett behütet“ oder wie die Südslawen dazu sagen: „čuvale se babine“. Die Kroaten unterschieden zwischen male babine (in den ersten drei Tagen) und velike babine (diese betreffen Sonn- und Feiertage). Zu den schon genannten Geschenken wurde dem Kind oft auch ein Ei in die Wiege gelegt. Dies war nicht nur in Kroatien, sondern auch in Bosnien und der Herzegowina üblich. Die Menschen waren der Meinung, dass das Kind dann weiß wird, wie ein Ei.128 (vgl. Schneeweis 1935: 66). Das Ei ist auch ein Sinnzeichen des Schoßes der Frau, die Leben gebärt (das Ei ist nur eine andere Form des Kreises, der dasselbe bedeutet). Daher symbolisiert ein Ei auch Fruchtbarkeit. (vgl. Blachetta ca. 1956: 23).

Die Hebamme blieb für gewöhnlich bis zur siebten Nacht nach der Geburt beim Neugeborenen. Wenn es der Hebamme nicht möglich war, diese Zeit über beim Neugeborenen zu bleiben, sollte sie wenigstens die siebte Nacht kommen. In dieser

127 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 128 Wahrscheinlich gibt es da verschiedene Interpretationen. Ich habe auch folgende gehört: „Damit es rund wird wie ein Ei.“ 65

Nacht brachte sie ein typisches bosnisches Gericht, das den Namen pita129 trägt und ein einhemisches Brot (hier pogača genannt) mit. Außerdem beschenkte sie jeden in diesem Haus mit einem Geschenk. Dem Enkelkind brachte sie meist Kleidungsstücke mit. Es wurde ein großes Abendessen für die Mutter des Kindes vorbereitet und die nahen Verwandten eingeladen. (vgl. Hangi 2010: 179 f.).

Die junge Mutter lag für gewöhnlich 7 Tage nach der Geburt im Bett. Reichere Frauen blieben auch 14 Tage im Bett und die vornehmen Frauen sogar 40 Tage. Die Frau verließ 40 Tage lang nicht das Haus – diese Zeit wird četeresnica genannt. (vgl. Ebd.: 184).

Diese 40tägige Isolation der Mutter hängt eng mit dem Glauben an die Unreinheit und den bösen Blick der Wöchnerin zusammen. Sie musste diese 40 Tage zu Hause verbringen und durfte in der Dämmerung auch nicht unter die Dachtraufe gehen. Zudem war es ihr verboten Gäste zu grüßen oder ihnen auf ihre Grüße zu antworten. Außerdem durfte die junge Mutter kein Wasser aus dem Brunnen schöpfen. Auch der Geschlechtsverkehr war ihr nicht erlaubt. Mancherorts war es ihr gestattet schon vor Ablauf dieser 40 Tage aus dem Haus zu gehen, etwa nach 8 bis 14 Tagen, allerdings nur mit einem vorgehaltenen Messer. Dies war vor allem in kroatischen Gegenden üblich. Der montenegrinische Stamm Kuči erlaubte der Frau bis zur Taufe des Kindes nicht die Wäsche zu waschen oder Essen vorzubereiten. Sie musste aus einer eigenen Schüssel essen.130 (vgl. Schneeweis 1935: 65).

Auch die Kabylin in Algerien bleibt 40 Tage lang im Haus, genauer gesagt, 39 Nächte. Diese Ruhezeit nimmt sie sich, da die Kabylen daran glauben, dass diese Zeit gefährlich für die Mutter sei. Die ersten drei Tage nach der Geburt dürfen Mutter und Kind weder das Bett, noch das Haus verlassen. In diesen drei Tagen erhalten sie auch keinen Besuch. (vgl. Grasshoff 2006: 131 f).

Während der Zeit der babine wird heute in Bosnien und der Herzegowina meist Geld gebracht und dem Kind unter das Kopfkissen gelegt. Oft werden auch

129 Pita ist eine Art Strudel, gefüllt mit Verschiedenem, beispielsweise mit Faschiertem, Kartoffeln, Topfen u. ä.. 130 Früher war es üblich, nicht nur beim genannten Stamm der Kuči, sondern auch in Bosnien aus einer gemeinsamen Schüssel zu essen. 66

Kleidungsstücke für das Kind als Geschenk mitgebracht.131 Früher wurden in Bugojno auch Speisen mitgebracht, damit die Familie des Neugeborenen nicht kochen musste.132 Es wurde zwischen babine und obilazak unterschieden. Der erste Besuch in den ersten Tagen, nachdem die Frau aus dem Krankenhaus kam, wurde obilazak genannt. Bei diesem Besuch wurden meist Speisen und Obst mitgebracht, damit die Frau nicht selbst kochen musste. Als babine wird der Besuch in den ersten 40 Tagen bezeichnet. Es wurde Kleidung für das Kind und manchmal auch etwas für die anderen Hausbewohner mitgebracht. Meist wurde auch Geld unter das Kopfkissen des Kindes gelegt. In diesen 40 Tagen sollte die Frau mit ihrem Kind zu Hause bleiben.133 Auch in Kotor Varoš wurden der Mutter Speisen, wie eine Suppe, Kuchen oder Krapfen (uštipci) mitgebracht. Dies geschah auch hier in den ersten Tagen nach der Geburt (obilazak). Später wurden Geschenke für das Kind mitgebracht, wie Kleidungsstücke. Heute schenken die Menschen meist Geld.134 Beim ersten Besuch (obilazak) wird die Frau besucht, später dann das Kind (babine). Das Kind bekam, neben Kleidungsstücken, oft auch etwas Goldenes geschenkt, früher meist Dukaten. Die nahe Verwandtschaft schenkt auch heute noch Gold. In Kotor Varoš sollte die Frau in dieser Zeit im Bett liegen und nicht arbeiten. Die Muslime in Kotor Varoš schnitten dem Neugeborenen früher am 7. Tag die Haare ab. Sie wogen die Haare ab. So viel Gramm die Haare wogen, so viel wurde in Form von Geld an arme Leute verteilt. Heute wird dies allerdings nicht mehr gemacht. Die Muslime schlachten am 7., 14. oder 40. Tag auch ein Opferlamm (kurban) zu Ehren der Geburt des Kindes. Wenn jemand finanziell nicht in der Lage dazu ist, kann dies auch später gemacht werden. Das Fleisch wurde früher an Arme verteilt, heute an die Nachbarn. Für ein männliches Kind schlachtet man oft zwei Lämmer.135 Auch in Banja Luka unterscheiden die Menschen zwischen babine und obilazak. Hier wurde in früherer Zeit meist ein gebratenes Huhn und ein selbst gemachtes einheimisches Brot (pogača) mitgebracht, manchmal auch etwas Süßes. Früher wurde für das Kind auch ein religiöser Ritus (mevlud) organisiert. Falls das Kind

131 Anela, Kotor Varoš. 132 Šefika, Bugojno. 133 Indira, Sanski Most. 134 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 135 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 67 ein Junge war, wurde ein Opferlamm geschlachtet, manchmal auch für ein Mädchen.136

In allen Ortschaften wurden diese Geschenke meist durch Geld abgelöst, das dem Kind unter das Kopfkissen gelegt wird. Warum unter das Kopfkissen, wissen die Menschen nicht!

Am 40. Tag nach der Geburt zog die Mutter das Kind an. Das Kind wurde gewickelt, sodass seine Hände und Füße nicht zu sehen waren. Das Häubchen war meist aus grüner, roter, weißer und blauer Farbe und mit Seide, Silber und Gold bestickt. Dadurch, dass das Häubchen aus verschiedenen Farben bestand, glaubten die Menschen, dass es mehr auffallen würde und dadurch den bösen Blick auf sich ziehen würde und nicht auf das Kind selbst. (vgl. Hangi 2010: 184). Anderswo war die erste Kleidung des Kindes aus einem alten Stoff, wie etwa aus dem ersten Hemdchen und der ersten Kappe, gemacht. Die Menschen waren der Ansicht, dass die Kappe aus drei alten, meistens roten, Lappen bestehen sollte. Der Grund dafür war, dass neue Sachen eher Neid erregen als alte. Auf diese Weise sollte das Kind geschützt werden. (vgl. Schneeweis 1935: 72).

Nachdem die junge Mutter ihr Kind angezogen hatte, ging sie zu ihrer Hebamme und nahm Geschenke für alle Bewohner des Hauses mit. Dort wurde zu Mittag gegessen und beim Verabschieden gab die Hebamme ihrem Enkel erneut ein Geschenk mit. Danach besuchte die junge Mutter ihre Verwandten und Nachbarn und beschenkte alle. Doch auch sie und ihr Kind wurden beschenkt. Die Mutter des neugeborenen Kindes schenkte Seife oder Zucker und erhielt dafür Eier, Kuchen u. ä.. Über ein Kind, das in den ersten 40 Tagen nach der Geburt ruhig war und wenig weinte, wurde gesagt, dass es auch später ruhig sein und wenig reden würde. Wenn es aber viel weinte und unruhig war, würde es wütend werden und ein großer Redner. Wenn das Kind lange nicht sprach, wurde daran geglaubt, dass es später gescheit und höflich werden würde, aber auch faul. (vgl. Hangi 2010: 185). Die Slowenen glaubten wiederum, dass das Kind gescheit werden würde, wenn es gleich nach der Geburt in alle Richtungen schaut. (vgl. Zablatnik 1992: 37).

136 Namka, Banja Luka. 68

Heute läuft der erste Besuch der Frau in allen Ortschaften ziemlich ähnlich ab. Meist werden zuerst die Eltern, Schwiegereltern, die nahen Verwandten und dann die Nachbarn besucht. In Kotor Varoš nimmt die Frau Kleinigkeiten als Geschenke für die Besuchten mit. Wenn sie wieder geht, bekommt das Kind erneut Geld geschenkt, manchmal auch heute noch ein Ei, damit es rund wird, wie ein Ei oder Zucker, damit es süß wird, wie Zucker.137 Oft wird das Kind auch in der heutigen Zeit über die Feuer- bzw. Herdstelle gehalten, wenn es zum ersten Mal in ein Haus kommt. Die Leute sagen, damit es wächst und groß wird.138 Vor allem früher achtete die Frau darauf, dass sie bei ihrem ersten Besuch zuerst auf die rechte Seite ging.139 Oft achtet sie auch darauf, wer als erster bei ihr war.140 Ebenso gab sie darauf Acht, dass sie niemanden ausließ. Heute, so wie früher, ist es immer noch so, dass der Frau Essen angeboten wird, wenn sie zu Besuch kommt. Wenn ein Bekannter die Frau mit ihrem Kind auf der Straße trifft, bevor er sie besucht hat oder sie ihn, dann schenkt er dem Kind ebenfalls Geld.141 In Banja Luka ging die Frau bei ihrem ersten Besuch zuerst bergauf, damit auch für das Kind alles „bergauf“ gehen sollte. Falls die Schwiegermutter am Leben ist, wird zuerst sie besucht, dann die Schwester des Mannes. Auch hier wird das Kind über die Feuerstelle gehoben, wenn es zum ersten Mal ein Haus betritt. In Banja Luka wird der Frau ebenso etwas zu essen angeboten. Wenn sie sich auf den Heimweg macht, bekommt ihr Kind wieder Geld oder drei Eier (oder eine andere ungerade Zahl von Eiern). Manchmal wird dem Kind auch eine Münze gegeben, damit es stark wird, wie Eisen. Heute werden in Banja Luka diese Bräuche immer noch gelebt.142 In Bugojno besucht die Frau zuerst ihre Schwiegermutter und dann alle anderen der Reihe nach, wie sie bei ihr zu Besuch waren.143 In Sanski Most wird ebenfalls die Schwiegermutter als erstes besucht, danach die ersten Nachbarn. Hier nimmt die Frau Geschenke wie Kleidungsstücke, Handtücher oder Pralinen mit. Und auch hier sind die Bräuche des Eiergebens und des Haltens des Kindes über die Feuerstelle bekannt.144

137 Anela, Kotor Varoš. 138 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 139 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 140 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 141 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 142 Namka, Banja Luka. 143 Šefika, Bugojno. 144 Indira, Sanski Most. 69

5.7 Die Wiege – bešika

Die ersten Tage nach der Geburt lag das Kind bei der Mutter, danach wurde es in eine Wiege gelegt, die bešika (bei den Muslimen) oder kolijevka genannt wurde. Es war üblich, dass das Neugeborene das erste Mal von einem Knaben gewiegt wurde. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 338). Diese Wiegen waren für gewöhnlich niedrig und einfach gebaut. Auf den Boden der Wiege wurde etwas Heu oder Stroh gelegt. Bei den bosnischen Muslimen war es üblich, dass eine starke und gesunde Person aus der Familie das Kind in die Wiege legte, weil daran geglaubt wurde, dass dann auch das Kind gesund sein würde. Dem Kind wurden außerdem ein süßes Gebäck, das gurabija genannt wird, ein Kuchen und ein Ei in die Wiege gelegt. Danach wurden einige Verse (sure) aus dem Koran gelesen. Anschließend wurde das Kind zugedeckt, und zwar bis zu den Schultern. Dann wurde die ganze Wiege zugedeckt. Die junge Mutter sollte darauf achten, dass die Wiege immer zugedeckt blieb, auch wenn das Kind nicht darin lag. Dem Volksglauben nach würde das Kind sonst sterben. Auch wenn die leere Wiege geschaukelt werden sollte, würde das Kind sterben. (vgl. Hangi 2010: 183 f.). Die Wiege konnte auch getragen werden, vor allem, wenn die Frauen auf das Feld gingen. Sie trugen in dem Fall die Wiege auf dem Rücken. Die Wiege bestand aus vier Bändern, die an den Ecken befestigt waren. Diese wurden über der Brust der Frau gekreuzt. Während ihrer Arbeit am Feld, befestigte die Frau die Wiege zwischen zwei Pfählen oder an einen Baum, so dass sie hing. Es existierte auch eine hängende Wiege, die an der Zimmerdecke befestigt werden konnte. Ein abergläubischer Bosnier zerbrach die Wiege auf einem Friedhof, wenn seine Kinder starben. (vgl. Schneeweis 1935: 72). In der Gegend um Villach wurden früher, um das Kind zu schützen, am Kopfende der Wiege ein roter Faden aus Wolle oder ein rotes Band angebracht. Die Kärntner Slowenen glaubten daran, dass das Kind nicht wachsen würde, wenn der Mutter über der Wiege die Hand gereicht wurde. (vgl. Zablatnik 1992: 37).

Der jungen Generation in Bosnien und der Herzegowina ist der Begriff der Wiege immer noch bekannt. Die Menschen wissen noch, dass die Wiege kleiner war, als das

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Gitterbett und dass sie geschaukelt werden konnte.145 In Kotor Varoš können sich ältere Menschen noch daran erinnern, dass es stehende und hängende Wiegen gab. Später konnten die Wiegen auch gekauft werden. Sie wurden nicht mehr von Hand gemacht.146 In früherer Zeit wurden die Wiegen mit Stroh gepolstert. Außerdem können sich die Menschen noch daran erinnern, dass früher gesagt wurde, die leere Wiege soll nicht geschaukelt werden, da sonst dem Kind etwas passieren würde. Heute sagen die Menschen dasselbe über den Kinderwagen.147 Auch in Bugojno wissen die Menschen noch, dass die leere Wiege nicht geschaukelt werden durfte, da sie sonst leer bleiben würde.148 In Banja Luka erinnern sich die Leute noch daran, dass es zwei Arten von Wiegen gab. Eine war niedrig und konnte geschaukelt werden. Das Kind wurde immer zugedeckt, damit es nicht beschrieen werden konnte. Diese Zudecke wurde meist gestickt. Neben den niedrigen gab es auch höhere Wiegen, die ebenfalls geschaukelt werden konnten. In Banja Luka wurde geglaubt, dass das Kind Bauchschmerzen bekommen würde, wenn die leere Wiege geschaukelt wird. Die Wiegen wurden hier mit Haferstroh gepolstert und darüber eine Decke gelegt.149

5.8 Namensauswahl

Die Namensgebung verläuft bei den verschiedenen Völkern der Erde unterschiedlich. Es wird vermutet, dass der Brauch der Namensgebung gleich nach der Geburt erfunden wurde. Durch ihre Namen, glaubte man, die Kinder zu schützen. Wenn ein Kind namenlos blieb, glaubten viele Völker, dass dieses Kind ein ruheloser Geist, der keine Wurzeln und keinen Schutz besaß, war. In England existierte der Glaube, dass die Seelen der Kinder, die starben bevor sie getauft wurden, in Schmetterlingen weiterleben würden. Die Menschen glaubten, dass der Name des Menschen, der ihn trägt, in sehr enger Beziehung zu ihm steht. Daher hielt man die Namensgebung für bedeutungsvoll. Ein Name, der nicht zu dem Kind passte, das ihn trug, konnte

145 Anela, Kotor Varoš. . 146 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 147 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 148 Šefika, Bugojno. 149 Namka, Banja Luka. 71 bewirken, dass dieses Kind krank wurde, heißt es im amerikanischen Volksmund. In Tibet glaubte man, dass ein krankes Kind geheilt werden konnte, wenn es einen neuen Namen durch einen buddhistischen Priester bekam. Anderswo mussten sich die Kinder mit hässlichen Namen zufrieden geben, die sie der Sorge ihrer Eltern zu verdanken hatten. Herrschte eine hohe Sterblichkeitsrate, so gaben tibetanische Eltern ihren Kindern Namen wie z. B. „Hundekot“, um sie vor bösen Dämonen beschützen zu können. (vgl. Dunham 1992: 159 f.).

In Bosnien und der Herzegowina war die Namensgebung von Bedeutung und mit einem rituellen Brauch verbunden. Auch hier erhielten Kinder hässliche oder andere Namen, durch die man glaubte, das Kind vor Kindersterblichkeit oder bösen Dämonen zu beschützen.

5.8.1 Namensauswahl bei den Muslimen in Bosnien und der Herzegowina

Die Muslime achteten meist auf die Bedeutung des Namens ihres Kindes. Die Namen der bosnisch-herzegowinischen Muslime können in drei Gruppen unterteilt werden: 1. Namen, deren Ursprung und Bedeutung mit Sicherheit festgestellt werden können; 2. Namen, deren Ursprung und Bedeutung nicht eindeutig festgestellt werden können; 3. Namen, deren Ursprung und Bedeutung neutral sind. (vgl. Šabeta 1996: 62). Die Muslime in Bosnien und der Herzegowina gaben ihren Kindern in früherer Zeit meist muslimische Namen, die hauptsächlich aus dem Arabischen, Persischen oder Türkischen entlehnt sind. Am häufigsten waren die arabischen Namen, die allerdings über das Türkische nach Bosnien gekommen waren, d. h., die lautliche Übernahme dieser Namen stammt aus dem Türkischen. Neben diesen muslimischen Namen waren unter den bosnisch-herzegowinischen Muslimen auch nichtorientalische Namen anzutreffen. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg war es unter den bosnischen Muslimen sehr verbreitet, dass das Kind auch einen serbischen oder kroatischen Namen tragen konnte. Auch internationale Namen oder Phantasienamen waren unter der muslimischen Bevölkerung in Bosnien sehr beliebt. Serbische und kroatische Namen bei den bosnischen Muslimen sind z. B. Goran, Jadranka, Jagoda, Slobodan,

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Vesna, Jasna usw. Phantasienamen sind z. B. Fatmir, Ismar und Admir. Die zweiten ähneln ihrer Phonetik nach den orientalischen, sind im Grunde aber keine. Oft waren solche Namen eine Kombination aus den Vornamen der Eltern, wie Fatmir aus Fatima und Mirza. Internationale Namen, die unter den bosnischen Muslimen sehr verbreitet waren, sind z. B. Indira und Denis. Namen von bekannten Musikern bzw. Musikerinnen oder Sportlern bzw. Sportlerinnen, wie Dino, Ervin, Armin, Alisa oder Alen waren ebenso sehr beliebt unter den Muslimen in Bosnien und der Herzegowina und sind es heute noch, allerdings eher in ethnisch gemischten Ehen und in den Städten. (vgl. Neweklowsky 1996: 87 f.).

Häufig bekam das Kind auch den Namen des Vaters oder der Mutter oder eines anderen Familienmitgliedes. Nicht selten wurde dem Kind auch der Name des Monats im islamischen Mondjahr gegeben, in dem es geboren wurde. (vgl. Hangi 2010: 180). Dies war in früherer Zeit häufiger der Fall als heute. Solche Namen sind Šaban, Ramadan (Kurzform Ramo), Muharem, Redžep (Kurzform Redžo) oder Bajram (Kurzform Bajro). Bajram wurde ein Kind genannt, wenn es während der Bajram- Feiertage geboren wurde. Wenn ein Mädchen in der 27. Ramadan-Nacht geboren wurde, wurde es häufig Lejla150 genannt. Namen von Propheten waren ebenso unter den bosnischen Muslimen anzutreffen. (vgl. Neweklowsky 1996: 88 f.).

Wenn sich die Familie über den Namen nicht einigen konnte, wurde für gewöhnlich ein muslimischer Geistlicher (hodža) dazu geholt. Hangi beschreibt in seinem Buch die Namensvergabe auf folgende Weise: Der Geistliche nahm eine Schere und ein Stück Papier und schnitt es in 40 gleich große Stückchen. Auf jedes dieser Stückchen Papier schrieb er einen Namen und legte sie in seine Kappe (fes). Anschließend mischte er diese Stückchen und reichte sie der Mutter, damit sie eines davon herauszog. Das Kind bekam den Namen, der auf diesem Stückchen Papier geschrieben war. Wenn ein muslimisches Kind einen Namen bekommt, hat es keinen Paten (kum), wie es bei den einheimischen Christen der Fall ist. Die Muslime in Bosnien und der Herzegowina kennen drei Arten von Patenschaften: die Beschneidungspatenschaft (sunetsko kumstvo), die Hochzeitspatenschaft (vjenčano kumstvo) und die Schurpatenschaft (šišano/striženo kumstvo). (vgl. Hangi 2010: 180).

150 Die 27. Nacht im Fastenmonat Ramadan wird Lejletul-kadr genannt. 73

Šabeta beschreibt die Namensgebung auf folgende Weise: Das Neugeborene wird am siebten Tagen nach der Geburt gebadet, hübsch angezogen und in den Arm genommen. Dabei wird Gott durch Gebete lobgepriesen (Bismillah und Tekbir151). Man dreht sich mit dem Kind in die Richtung der Stadt Mekka und spricht ihm mit leiser Stimme ein Gebet in das rechte und anschließend in das linke Ohr. Das Gebet, das in das rechte Ohr gesprochen wird, wird Ezan (= Gebetsruf) genannt und das, das in das linke Ohr gesprochen wird, wird Ikamet genannt. Anschließend wird das Kind in sein Bettchen gelegt und es wird etwas aus dem Koran gelesen. Diese Prozedur kann vom Vater, einem anderen Familienmitglied oder bestenfalls von einem muslimischen Geistlichen vollzogen werden. (vgl. Šabeta 1996: 63). Das Kind muss am Ende der Prozedur mit dem Namen angesprochen werden, den es nun bekommen hat. Es ist sehr üblich, dass der muslimische Geistliche und die anwesenden Gäste zum Essen eingeladen werden. (vgl. Neweklowsky 1996: 89).

151 Muslimische Gebetssprüche. 74

5.8.2 Namensauswahl und Taufe bei den Christen

Die Taufe ist ein vorchristlicher Brauch. Die europäische Taufsitte hat viele Merkmale eines heidnischen Glaubens. Dass ein bei Vollmond getauftes Kind glücklich werden würde oder, dass ein Kind, das in Taufwasser gebadet wird, hübsch werden würde, glaubten schon die Heiden. (vgl. Dunham 1992: 155).

Schon im frühen Christentum wurde die Taufe zum gesetzlichen Eintrittsritus in die Kirche. Bei der Frage, ob die Menschen im Kindesalter oder als Erwachsene getauft werden sollen, wählte die Kirche die Position des hl. Augustinus (einschließlich seiner Lehre von der Erbsünde). Es wurde beschlossen, dass Christen ihre Kinder so bald wie möglich nach der Geburt taufen sollen, denn wenn sie sterben, ohne getauft worden zu sein, würden sie der ewigen Verdammnis anheimfallen. (vgl. Niederstätter; Seidl 2008: 7 f.). Das südslawische Volk glaubte daran, dass sündige Seelen, vor allem die von Kindern, die vor der Taufe gestorben waren, solange als Baumseelen weiterleben, bis ihnen der Eintritt ins Paradies gestattet würde. (vgl. Krauss 1890: 36 f.). Der Taufname des Kindes wurde früher nicht beliebig ausgewählt. Für das Kind und seine Familie spielte die Namensgebung eine wichtige Rolle. (vgl. Gélis 1989: 312).

Bei den Christen in Bosnien und der Herzegowina bekam das Kind seinen Namen schon vor der Taufe. Etwa nach 14 Tagen152 wurde das Neugeborene getauft (in früherer Zeit manchmal auch erst beim nächsten Besuch des Pfarrers). Es gab sogar Fälle, in denen das Kind erst dann getauft wurde, als es selbst schon zur Kirche gehen konnte. Der Taufpate wurde ab dem Zeitpunkt der Taufe als Verwandter betrachtet. Diese Verwandtschaft bildete, genauso wie die Blutsverwandtschaft, ein Hindernis für die Eheschließung. In den meisten Fällen war der Trauzeuge auch Taufpate. Es war Brauch, dass dieser sein Patenkind beschenkte und auch von der Mutter des Kindes Geschenke erhielt. Wenn das Patenkind ein Mädchen war, trug der Taufpate beim Nachhause gehen nach der Taufe seine Schuhe verkehrt, damit das nächste Kind ein Junge werden würde. Wenn einer Mutter viele Kinder starben, wurde daran geglaubt, dass der Pate nicht gut war und nahm einen anderen. (vgl. Die österreichisch-

152 Laut Schneeweis wurde das Kind schon nach acht bis zehn Tagen getauft, bei den Kroaten oft auch früher. (vgl. Schneeweis 1935: 67). 75 ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 339). Bei der Auswahl des Paten wurde darauf geachtet, dass dieser körperlich gesund war und einen guten Charakter hatte, da die Menschen der Ansicht waren, dass das Kind die Eigenschaften des Paten „erben“ würde. (vgl. Schneeweis 1935: 67).

Das Kind durfte vor der Taufe nicht aus dem Haus getragen werden. Solange das Neugeborene ungetauft war, war es laut dem Volksmund unrein (pogano). Es durfte nicht geküsst werden. In dieser Zeit durfte auch nichts aus dem Haus hergegeben werden. (vgl. Ebd.: 62 f.). Der Taufpate bzw. die Taufpatin trug das Patenkind in der Wiege auf dem Rücken zur Taufe und zurück. Starb in Kijevo, im dalmatinischen Hinterland, ein männliches Kind nach der Taufe, dann hielt das nächstgeborene männliche Kind bei der Taufe der Onkel (ujac). Der Pate lehnte die neue Patenschaft ab, wenn sein erstes Patenkind starb. Auch wenn drei oder vier Mädchen hintereinander geboren wurden, wurde der Onkel als Pate genommen. Die Menschen glaubten, dass dadurch ein Junge geboren werden würde. Nach der Taufe trug der Pate bzw. die Patin das Kind nach Hause und ging dann in sein bzw. ihr eigenes Haus und begab sich am Nachmittag wieder in das Haus des Patenkindes. Dort wurde von den Hausbewohnern ein Festessen vorbereitet. Der Pate bzw. die Patin brachte Geschenke153 mit und auch er bzw. sie bekam Geschenke. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 285 f.).

In Sibirien kennt das Kind, außer seinem Paten bzw. seiner Patin, noch eine „Nabelmutter“, diejenige Frau, die, wie der Name schon sagt, seine Nabelschnur durchtrennt hatte, und eine „Tragemutter“, die das Kind nach der Geburt in die Wiege legte, es zudeckte und zu seinem Vater trug. Das südafrikanische Kind der Thonga hat eine enge Beziehung zu seiner Tante, der Schwester des Vaters. Diese hatte es während der Zeremonie der Namensgebung gehalten. Im Sudan bei den Dinka verbindet das Kind ein enges Verhältnis zu der Geem, der Hebamme. Diese nahm das Kind als Geschenk Gottes in die Arme. Die Beziehung zwischen dieser Hebamme und dem Kind ist sehr eng. Das Kind respektiert sein Leben lang seine Geem und sie verhält sich dem Kind gegenüber wie eine Mutter. Auch in Kenia ist die Hebamme für das Kind

153 Von Ort zu Ort handelt es sich hier um verschiedene Sachen, meistens etwas Essbares und Geld bzw. Dukaten. 76 von großer Bedeutung. Die Aku (so wird sie in Kenia genannt) bekommt immer wieder Kleinigkeiten als Geschenke des Kindes, das außerdem verpflichtet ist, sich um sie zu kümmern. (vgl. Dunham 1992: 162).

Wenn das Kind ein Junge war, bekam es bei den Katholiken oft den Namen des Großvaters väterlicherseits oder den Namen eines Onkels (stric), v. a. wenn diese schon verstorben waren. Danach standen erst die Namen des Großvaters mütterlicherseits und der Onkel (ujaci) zur Auswahl. Die Mädchennamen wurden auf ähnliche Weise gewählt. Zuerst kamen die Namen der Großmutter und die Namen der Tanten väterlicherseits und dann die der Großmutter und Tanten mütterlicherseits. Auf diese Weise wurde versucht die Erinnerung an Familienmitglieder aufrecht zu erhalten. So wiederholten sich über Generationen dieselben Namen. Erst in letzter Zeit ist die Namensauswahl etwas freier. (vgl. Jurić-Arambašić 2000: 286).

Üblich war es auch dem Kind den Namen des Heiligen zu geben, an dessen Kalendertag das Kind geboren wurde. Selten wurde ein Name gewählt, wenn im Haus schon jemand denselben Namen trug, da die Menschen daran glaubten, dass in diesem Fall einer der beiden ein kurzes Leben genießen würde. Bei den Kroaten kam es ebenso vor, dass das Kind nach seinem Taufpaten benannt wurde.

Verschiedene Namen haben verschiedene Bedeutungen und sagen etwas über den Träger dieses Namens aus. Über jemanden der Živko oder Živka154 heißt wurde gesagt, dass er bzw. sie lange leben würde. Wurden Kinder des anderen Geschlechts, nach mehreren Geburten von Kindern des gleichen Geschlechts, gewünscht oder wurden überhaupt keine Kinder mehr gewünscht, wurde das Letztgeborene Stanko, Stanka, Stojan oder Stojana155 genannt. (vgl. Schneeweis 1935: 71).

154 Die Namen sind etymologisch abgeleitet vom Verb živjeti (leben). 155 Die genannten Namen beziehen sich auf das Verb stati (stehen bleiben). 77

5.8.3 Namensauswahl bei den Türken

Das türkische Kind bekommt nach der Geburt einen vorübergehenden Namen von seiner Hebamme. Dieser Name wird Nabelschnurname (pupčano ime) genannt. Das Kind trägt diesen Nabelschnurnamen zwei bis drei Tage lang. Danach wird ein Geistlicher (hodža) gebeten das Kind in die Arme zu nehmen und ein Gebet zu sprechen. Anschließend flüstert er dem Kind den Namen ins Ohr, den die Eltern vorher ausgesucht haben. Bei nicht wohlhabenden Türken wird diese Namensvergabe vom Kindsvater gemacht. Wenn ein Kind fortwährend krank war oder Epilepsie hatte, war es üblich ihm einen anderen Namen zu geben. Die Türken glaubten, dass dadurch das Kind wieder gesund werden würde. Meist wurde das Kind dann Kurt(o) (Wolf) genannt. Die Menschen glaubten daran, dass Krankheiten und der Teufel dem Wolf nichts anhaben können. (vgl. Ɖorđević: 1984: 213).

5.8.4 Gemeinsamkeiten

Bei der Namensvergabe der Türken und Südslawen können einige Gemeinsamkeiten festgestellt werden. Bei den Muslimen in Bosnien und der Herzegowina wird für gewöhnlich ein Geistlicher eingeladen, der eine Rolle bei der Namensvergabe spielt. Genauso ist es auch bei den Türken.

Die Änderung des Namens bei Krankheit des Kindes ist sowohl bei den Türken, als auch bei den Südslawen aller Konfessionen üblich. Genauso wie die Türken, änderten auch die Südslawen den Namen des Kindes, wenn es krank war oder wenn davor schon mehrere Kinder verstorben waren. Bei den Südslawen war es der Name Vuk, da sie glaubten, dass dieser Name abwehrkräftig sei.156 So erhielt auch Vuk Karadžić seinen Namen. Die Christen (vor allem in Montenegro) riefen ihre Kinder auch mit türkischen Decknamen um feindliche Wesen, wie Dämonen, abzuwehren. Solche Namen waren Turčin, Mustafa, Murat oder Osman. Sie glaubten daran, dass die Türken unrein seien. (vgl. Schneeweis 1935: 71). Die Muslime in Bosnien änderten den Namen ihres kranken

156 Der türkische Name Kurt(o) und der slawische Vuk haben dieselbe Bedeutung (ˏWolf`). 78

Kindes in Kurt, Arslan (bedeutet aus dem Türkischen übersetzt ˏLöwe`) oder Esed (vom Arabischen asad hergeleitet und bedeutet ebenfalls ˏLöwe`). (vgl. Neweklowsky 1996: 89).

Im heutigen Bosnien und der Herzegowina werden Kindern Namen gegeben, die der jeweiligen Religion entsprechen, manchmal aber auch internationale Namen. In Kotor Varoš sind meist internationale Namen, wie Anela, Indira oder Irma, anzutreffen. Dies hängt wohl damit zusammen, dass in dieser Ortschaft Menschen leben, die sowohl dem orthodoxen Glauben, als auch dem islamischen angehören. Vor 1992 lebte hier auch eine große Anzahl von Katholiken. Heute sind es aber deutlich weniger. Durch dieses Zusammenleben dreier großer Religionen ist die Zahl der gemischten Ehen groß. Die Namensvergabe hängt auch mit der Einstellung der Eltern zusammen. Eine große Anzahl der Bewohner wünscht, dass ihre Kinder Namen tragen, die ihrer Religion entsprechen.157 In Banja Luka wünschen die Eltern meist, dass ihr Kind einen Namen bekommt, der seiner Konfession entspricht. Die Muslime geben heute ihren Kindern oft auch neu entlehnte arabische Namen, die in früherer Zeit in Bosnien und der Herzegowina nicht verbreitet waren. Die Kinder der orthodoxen Bevölkerung von Banja Luka tragen heute wieder alte traditionelle Namen, wie Ɖorđe oder Jovana.158 In Bugojno tragen die Kinder meist internationale Namen.159 In Sanski Most achtet die muslimische Bevölkerung auch heute darauf, dass ihre Kinder muslimische Namen tragen, allerdings weniger als früher.160

In Kotor Varoš sind es heute meist die Eltern, die den Namen des Kindes aussuchen. Wenn sie sich über den Namen nicht einigen können, wird auch heute noch ein muslimischer Geistlicher gebeten, dem Kind ein Gebet ins Ohr zu sprechen und ihm dabei einen Namen zu geben.161 Das Gebet kann aber auch vom Vater des Kindes oder einem anderen Familienmitglied gesprochen werden.162 In früherer Zeit entschied entweder der Schwiegervater oder der Ehemann über den Namen des Kindes.163 In

157 Anela, Kotor Varoš; Hajrija Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 158 Namka, Banja Luka. 159 Šefika, Bugojno. 160 Indira, Sanski Most. 161 Anela, Kotor Varoš. 162 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 163 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 79 manchen Fällen wurden verschiedene Namen auf Papierstückchen geschrieben und in eine Schüssel gelegt. Ein Stückchen Papier wurde herausgezogen und der Name auf dem Papier wurde dem Kind gegeben.164 In Bugojno entschieden ebenfalls die Schwiegereltern über den Namen. Heute ist es auch hier so, dass die Eltern des Kindes selbst entscheiden.165 In Sanski Most konnte auch die Schwiegermutter über den Namen des Kindes entscheiden. Das Kind wurde in besonderen Fällen auch nach guten Freunden der Familie benannt.166 In Banja Luka ist es ähnlich. Die Familie entscheidet über den Namen. Bei der Namensvergabe laden die Muslime auch in Banja Luka einen Geistlichen ein (heute öfter als früher) und schlachten ein Opferlamm.167

Bei der orthodoxen Bevölkerung in Banja Luka wird das Kind innerhalb des ersten Lebensjahres getauft, meist aber zum ersten Geburtstag. Dies wird heute ähnlich der Schurpatenschaft bei den Muslimen gefeiert. Die Katholiken taufen früher, meist bis zur dritten Lebenswoche.168

5.9 Das beschrieene Kind – urečeno dijete

Das Volk glaubt, dass unterschiedliche Menschen den bösen Blick besitzen und anderen dadurch Schaden zufügen. Es wird dabei zwischen Menschen unterschieden, die den Blick bewusst einsetzen, und Menschen, die ihn unbewusst anwenden. Menschen, die bewusst Schaden anrichten können, sind Hexen oder Zauberer. Menschen, die unbewusst über den bösen Blick verfügen, ist diese „Fähigkeit“ angeboren. Ihr Blick oder ein Lob aus ihrem Mund kann großen Schaden anrichten. (vgl. Seligmann 1910: 65). Die Menschen glaubten daran, dass ein gutmütiger Mensch verhindern konnte, anderen Menschen mit seinem Blick Schaden zuzufügen. Während der Weihnachtszeit schnitten sich abergläubische Menschen noch vor Sonnenaufgang die Nägel und bewahrten diese auf. Wenn sie glaubten, jemanden beschreien zu können, sahen sie die abgeschnittenen Nägel an. Dabei dachten sie an das Laub in den

164 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 165 Šefika, Bugojno. 166 Indira, Sanski Most. 167 Namka, Banja Luka. 168 Laut einer Information aus einer Unterhaltung. 80

Bergen und an Wasserfälle und sagten dabei Folgendes: „Ne bilo uroka od mojije oka!“169 (vgl. Krauss 1890: 41).

Sobald ein Kind auf der Welt war, wurde versucht, es vor Beschreiung zu schützen. Das Volk glaubte, dass Beschreiung auch zum Tod führen konnte. Für Kinder bestand die größte Gefahr. Die bosnischen Muslime versuchten das Kind durch folgende Worte zu schützen: „Mašallah!“ oder „Ne bilo ti urečeno!“170 (vgl. Hangi 2010: 187). Die Katholiken hatten ähnliche Rituale. Das Neugeborene sollte nicht bewundert werden, sondern mit Pejorativa, wie Ekel (gad), gerufen werden. Außerdem wurde das Kind ein wenig angespuckt und Folgendes wurde ihm dabei zugerufen: „Ne bilo mu uroka!“171 oder „Zle te oči nevidjele/nevidele!“172 Nachdem die Mutter mit ihrem Kind von einem Besuch nach Hause zurückkam, wusch sie ihm das Gesicht. (vgl. Schneeweis 1935: 71). Auf diese Weise sollte eine Beschreiung verhindert werden.

Wurden in der Türkei die heiligen Worte „Mašallah“ an die Vorderseite eines Hauses so groß geschrieben, dass es jeder lesen konnte, glaubten die Türken, dass der böse Blick eines boshaften Menschen nicht schaden konnte, sondern im Gegenteil Segen bringen würde. (vgl. Seligmann 1910: 248).

Als Abwehr gegen den bösen Blick, der bei Neugeborenen v. a. Schlaflosigkeit verursachte, verwendeten die Südslawen Gegenstände, wie silberne Münzen, Amulette, Scheren, Kämme, das Kreuz und Gegenstände, die Säbel oder Mond darstellten. Diese Gegenstände wurden meist an die Mütze des Neugeborenen genäht. Abwehrende Gegenstände waren auch Wolfszähne oder Bärenhaar. Die Muslime verwendeten gegen den bösen Blick auch Koransprüche auf elliptischen Platten. (vgl. Schneeweis 1935: 62).

Der Glaube, dass kleine Kinder leichter beschrieen werden konnten, kann dadurch begründet werden, dass sich kleine Kinder leichter ansteckten und krank wurden. Die Menschen glaubten daran, dass der böse Blick die Kinderkrankheiten verursachte. Nach dem Talmud sind männliche Kinder eher gefährdet als weibliche. Die Juden

169 „Es komme keine Beschreiung von meinen Augen!“ (Krauss 1890: 41). 170 „Es soll dir nicht beschrieen werden!“ (Hangi 2010: 187). 171 „Es soll nicht beschrieen werden!“ (Schneeweis 1935: 71). 172 „Böser Blick soll dich nicht treffen!“ (Schneeweis 1935: 71). 81 glaubten, dass es besser sei, wenn das erste Kind ein Mädchen wird. Dem Kind sollte die größte Gefahr drohen, wenn es schlief oder nackt in der Wiege lag. Je jünger es war, desto gefährlicher war eine Beschreiung für das Kind. Daher zeigten die Südslawen ihr Kind nicht vor der Taufe. Sie ließen es ebenso wenig von Fremden umarmen, um es so vor Beschreiung zu schützen. (vgl. Seligmann 1910: 190 ff.).

Die Slowenen glaubten, dass ein wirksames Schutzmittel der sog. „lebendige Knoten“ - slow. „živi vozel“ - sei. Sie machten aus einem roten Faden oder einer roten Schnur einen besonders verschlungenen Knoten, der aber dennoch gelöst werden konnte, wenn an den Enden gezogen wurde. Die Auflösung dieses Fadens sollte die Vertreibung des bösen Zaubers darstellen. Nach dem Auflösen des Knotens wurde er auf den Boden geworfen und darauf gespuckt. Wenn sich der Knoten nicht gelöst hatte, glaubten die Slowenen, dass eine Heilung nicht möglich war. (vgl. Zablatnik 1992: 36f).

Zum Schutz des Neugeborenen banden die Südslawen dem Kind auch einen roten Faden mit einer Silbermünze um den Hals. (vgl. Schneeweis 1935: 62).

Zum Schutz vor Beschreiung sollte auch ein Stück Eibenholz (tisovina) helfen, das entweder als Anhänger an eine Kette angebracht und dem Kind um den Hals gebunden oder in die Wiege gelegt wird. Dies wird noch heute von Angehörigen aller Konfessionen in Bosnien gemacht. Die Christen fertigen, beispielsweise, ein Kreuz aus dieser Holzart, die Muslime den Halbmond mit Stern. Oder sie nehmen nur ein einfaches Stückchen dieses Holzes als Schutzmittel. Auch Erwachsene tragen gerne solch einen Anhänger um den Hals. Außerdem glaubt das bosnische Volk, sein Kind durch das verkehrte Tragen seiner Wäsche zu schützen. Auch dies soll ein Abwehrmittel gegen den bösen Blick sein. (I. S.).

Krauss meint, dass das beste Mittel gegen Beschreiung Lerchenholz (ševa) sei. Dieses Holz wurde dem Kind zum Schutz als Amulett um den Hals gehängt. (vgl. Krauss 1890: 43).

In vielen Ländern der Erde war der Aberglaube vom bösen Blick bekannt. Es wurde vermieden, Kinder zu loben. Dieser Glaube war so stark, dass die Menschen der

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Ansicht waren, dass ein Lob dem Kind auch dann schaden konnte, wenn es nicht anwesend war. (vgl. Seligmann 1910: 192 f.).

Wenn ein Kind weder einschlafen, noch die Brust der Mutter wollte und unaufhörlich schrie, waren die Menschen der Meinung, dass es beschrieen wurde. (vgl. Hangi 2010: 187). Im Mittelalter wurden einige Symptome festgelegt, an denen erkannt werden konnte, ob der böse Blick die Ursache für die Krankheit war. Diese Symptome waren, neben der Schlaflosigkeit des Kindes, dem Weinen, Seufzen und unaufhörlichem Schreien, auch die Schwierigkeit ein Kind zu beruhigen, plötzliche Blässe des Kindes und Verlust des Gewichts, bleifarbener Teint, schwacher und ungleicher Puls, Fieber, Schweißausbrüche und langes Liegen im Bett, grüne oder schwarze Exkremente, Erbrechen von saurer und geronnener Milch usw. (vgl. Seligmann 1910: 254).

Wenn das einfache Volk der Meinung war, dass das Kind beschrieen wurde, wurde versucht, dem Kind durch verschiedene Zaubersprüche zu helfen. Eine junge Mutter achtete darauf, nach Sonnenuntergang mit ihrem Kind nicht mehr aus dem Haus zu gehen, da zu dieser Zeit Hexen, böse Feen (vile), Gespenster u. ä. herumfliegen würden. Diese konnten dem Kind schaden. (vgl. Hangi 2010: 187). Über die Vilen oder die bösen Feen wurde erzählt, dass sie um das Haus des Neugeborenen und seiner Mutter schleichen würden, da sie das Kind stehlen wollten. Statt des Kindes würden sie der Mutter ein verkrüppeltes „Balg“ zurücklassen. Deswegen wurden unter das Bett der Mutter spitze Gegenstände, wie ein Messer oder eine Gabel173 gelegt, damit sich die Vilen daran verletzten. Die Vilen hatten nicht immer schlechte Absichten. Im Volksglauben wird genauso von Vilen berichtet, die aus Menschenliebe Kinder zu sich nahmen. (vgl. Krauss 1890: 98).

Wenn die junge Mutter Besuch von Frauen hatte oder selbst von einem Besuch mit ihrem Kind wieder nach Hause kam, „zauberte“ (bajati) die Frau meist bevor das Kind zu schreien begann, als Vorsichtsmaßnahme, spätestens aber dann, wenn das Kind schon schrie. Wenn das Ausmaß der Beschreiung nicht besonders groß war, konnte die Mutter ihrem Kind helfen, indem sie es von der Nase über die Stirn, bis hin zu den

173 Einige Gegenstände zum Schutz der Mutter und des Kindes wurden schon erwähnt. 83

Haaren ableckte. Dabei sagte sie folgende Worte: „Mati rodila, mati liječila. Rashod’te se uroci kao list po gori, kao pjena po vodi, kao zlato po gospodi.“174 Wenn eine Frau diese Zaubersprüche nicht kannte, sollte sie eine andere Frau um Hilfe bitten. Verschiedene Zaubersprüche konnten von der Beschreiung befreien. Sobald es dunkel wurde, zündete die Mutter des beschrieenen Kindes als erste in der Naschbarschaft eine Kerze an. Danach legte sie das Kind auf den Rücken und auf ihr rechtes Knie und legte die angezündete Kerze neben den Kopf des Kindes. Dabei sprach sie eine Zauberformel. Wenn es dem Kind am ersten Abend nicht besser ging, wiederholte sie diese Prozedur drei weitere Abende. Wenn das Kind auch nach der dritten Nacht nicht gesund wurde, brachte jemand im Mund etwas Wasser aus einer Quelle oder einem Bach, stellte sich über den Kopf des Kindes und bewegte die Wiege von dem Platz weg, an dem sie stand. Danach legte diese Person an die Stelle, an der der Kopf des Kindes war, drei heiße Kohlen und löschte sie mit dem Wasser, das er im Mund hatte. Dann tauchte er in dieses Wasser drei Mal je drei Finger seiner rechten Hand und gab sie dem Kind in den Mund, sodass es vom Wasser trinken konnte. Die Kohlen wurden in ein Stück Papier gewickelt und dem Kind unter den Kopf gelegt.

Sobald es dunkel wurde, sollte die Mutter darauf achten, auf welcher Seite sie zuerst ein Feuer oder Licht erblickt. Wenn sie das Licht erblickte, nahm sie das Kind in den Arm, schwang es in die Richtung des Lichtes und sagte dabei: „Mene vila na svadbu zove. Nit‘ ja idem, niti dite šaljem, neg‘ joj šaljem moga sina (kćeri) plač.“175 (vgl. Hangi 2010: 187-190).

Einige Frauen räucherten ihr Kind auch mit Spreu. Dabei sprachen sie folgende Worte: „Kako se svijet hljebom hrani, tako majka svoje dijete od zla brani.“176 (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 310).

Die Beschwörungs- oder Zauberformeln wurden meist gesprochen oder aufgeschrieben. Die aufgeschriebenen Formeln wurden dem Kind umgehängt und

174 „Die Mutter hat’s geboren, die Mutter hat’s geheilt. Zerstreut euch ihr Beschreiungen, wie das Blatt auf dem Berg, wie der Schaum auf dem Wasser, wie das Gold über den Herren.“ [Übers. I. S.]. 175 „Mich ruft die Vila zur Hochzeit. Weder gehe ich, noch schick‘ ich ihr mein Kind, sondern schick‘ ihr meines Sohnes (meiner Tochter) Weinen.“ [Übers. I. S.]. 176 „Wie Brot die Welt nährt, so die Mutter ihr Kind wehrt.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 310 f.). 84 sollten es beschützen. (vgl. Seligmann 1910: 346). Diese Zauber- oder Beschwörungsformeln nennen die Südslawen basme oder basne. Hier sind einige Beispiele:

„Urok sjedi na pragu a uročić pot pragom; urok skoči a uročica odriče: ajte uroci uz more, niz more, likom so poštapali, vratilom se opasali, ne urekli milo i drago: dok ne prebojili u moru pijeska i na gori liska i na zemlji travice, na travi kapljice, amin!“177

„Polećelo devet uročica: od devet na osam, od osam na sedam … pa od jedan na nikakovi! Bježite uroci! Po vjetru ste došli, po vjetru i otišli! Bes sjemena ste i postali, bes sjemena vas i ne stalo! Bez oca začeti, bez matere rogjeni, bes popa kršteni, nemate stanka do bijela danka, niti imate pomoći do tavne noći!“178

„Urok ide ispod mene, uročica iznad mene, više mene sastaše, na sablje sjekoše se, ništa meni ne mogo mogoše. Ja san zaspala, uroke ne zaspala, u snu ih razabrala: časnim krstom, svetom bogorodicom svetim krsnim imenom. Meni san pod glavu ispod glave, neka ide preko vode Save, Amin!“179 (Seligmann 1910: 365 ff.).

„ Urok sjedi na pragu, uročica pod pragom. Urok reče, Uročica doreče. U Uroka dva su oka: Jedno ognjeno, jedno vodeno; Provali se vodeno, Pogasi ognjeno.“180 (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 312).

Das sind nur einige Formeln von vielen. Die Menschen kannten zahlreiche weitere Zaubersprüche gegen die Beschreiung und den bösen Blick.

Wenn dies alles nicht helfen sollte, wurde ein muslimischer Geistlicher dazu geholt. Dieser las aus den heiligen Büchern vor oder fertigte eine Art Schriftstück an, das zapis (ˏdas Verschriebene`) genannt wird. Dieses Schriftstück sollte dem Kind als eine Art

177 Die hier aufgezählten Zauberformeln sind direkt von Seligmann übernommen. „Die Beschreiung sitzt auf der Schwelle, der kleine Beschreier unter der Schwelle, die Beschreiung springt auf, und die kleine Beschreierin widerruft: Fahrt hin Ihr Beschreiungen, Meer auf, Meer ab, auf Bast sollt Ihr euch stützen, mit dem Garnbaum sollt Ihr euch umgürten, nicht abgezählt im Meer den Sand und im Waldgebirge das Laub und auf der Erde die Grashalme, auf den Halmen die Tröpflein. Amen!“ (Seligmann 1910:365 f.). 178 „Es flogen neun kleine Beschreiungen auf. Von neun auf acht (usw.) und von einem auf keinen. Fleucht Beschreiungen. Mit dem Winde seid Ihr gekommen, mit dem Winde sollt Ihr auch verschwinden. Ohne Vater empfangen, ohne Mutter geboren, ohne Priester getauft, habt Ihr keinen Bestand bis zum weißen (hellen) Tag, noch habt Ihr eine Hilfe bis zur dunklen Nacht!“ (Seligmann 1910: 366). 179 „Die Beschreiung (m.) geht unter mir, die Beschreierin über mir, oberhalb meiner begegneten sie einander, hieben mit Säbeln aufeinander ein, mir konnten sie nichts anhaben. Ich bin eingeschlafen, die Beschreiungen habe ich nicht eingeschläfert, und schläferte ich sie ein, so möge ich sie im Traume meistern: mit dem heiligen Kreuz, mit der heiligen Gottesmutter, mit dem heiligen Sippenpatron. Mir komme der Schlaf unters Haupt, die Beschreiung unterhalb des Hauptes, sie trolle sich fort über den Savefluß. Amen.“ (Seligmann 1910: 367). 180 „Der Urok sitzt auf der Schwelle, die Uročica sitzt unter der Schwelle. Der Urok spricht, die Uročica erwidert. Urok hat zwei Augen, eines aus Feuer, das andere aus Wasser; das Wasserauge bricht durch und verlöscht das Feuerauge.“ (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 312). 85

Talisman dienen. Dies wurde vor allem dann praktiziert, wenn nicht bekannt war, wer das Kind beschrieen hatte. Wenn der Verursacher bzw. die Verursacherin der Beschreiung bekannt war, wurde er bzw. sie um ein wenig Salz gebeten. Dieses Salz wurde ins Wasser geworfen und damit wurde dem Kind über die Stirn gestrichen. Das Volk glaubte auch auf diese Weise dem Kind zu helfen. (vgl. Hangi 2010: 190).

Seit Anbeginn der Zivilisation wurde Salz für kostbar, lebenserhaltend, unheilabwehrend, reinigend und sogar für heilig wie das Brot gehalten. Die Menschen im alten Orient glaubten, dass Salz dämonenvertreibende Kräfte besaß. Daher wurde es bei zahlreichen kultischen Handlungen verwendet. Ein wenig davon wird auch heute noch in das Weihwasser für die Taufe gegeben. Zahlreiche abergläubische Riten hängen mit Salz zusammen. Wenn während der Hochzeitstafel Salz verschüttet wird, erwarten das Ehepaar harte Ehejahre. Wird es zu Silvester verschüttet, bedeutet dies für das ganze kommende Jahr Pech. Wird ein wenig Salz in die Schuhe des Reisenden gestreut, bedeutet dies eine gute Reise. (vgl. Gerlach 1998: 178).

Salz zählte auch zu den Heilmitteln, die gegen den bösen Blick helfen sollten. Solche Heilmittel stammen meist aus dem Pflanzen- und Tierreich. Es handelte sich hierbei um seltene und seltsame Dinge. Auch wertlose Dinge, aber auch Sachen, die mit dem Götter- und Heiligenkultus in Verbindung gebracht wurden, werden zu diesen Zauber- und Heilmitteln gezählt. (vgl. Seligmann 1910: 272). Eines dieser Heilmittel war - wie erwähnt - Salz. In Bulgarien wurden auf jedes Auge der betroffenen Person ein paar Salzkörner gelegt und anschließend ins Feuer geworfen. Dabei wurden Beschwörungsformeln deklamiert. Die Krankheit wurde sozusagen verbrannt. Kostbaren Edelsteinen wurde ebenso nachgesagt, schützende Wirkung gegen Beschreiung zu besitzen. In Persien war ein solcher Edelstein das „Katzenauge“. Nicht selten wurden auf solche Steine auch Bilder graviert. (vgl. Ebd.: 278).

Das, was das einfache Volk unter dem bösen Blick verstand, sind aus heutiger medizinischer Sicht Krankheiten oder Unruhezustände des Kindes (Krämpfe u. ä.). Über den bösen Blick wurde gesagt, dass er Kindern die Nase krümmen würde. Er würde das Kind hinkend machen, er würde machen, dass ihm übel wird, er würde das Kind auszerren, er verursache Fieber, die Austrocknung der Muttermilch, er bringe dem

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Kind Kopfschmerzen, er mache, dass das Kind nicht schlafen kann und nicht mehr hübsch sei. (vgl. Ebd.: 197).

Das Volk glaubte daran, dass diejenigen Menschen, die den bösen Blick besaßen, an einigen äußeren Merkmalen festgemacht werden können. Diese Menschen seien „gezeichnet“, z. B. durch eine Missbildung am Körper. Sie konnten an ihren Augen erkannt werden. Dies konnte eine Krankheit am Auge oder etwas Sonderbares, etwas Besonderes sein, dass sonst nicht bei vielen Menschen zu finden war. Menschen, die schielten, wurden lange Zeit als Träger des bösen Blickes angesehen. Bei den Türken waren folgende Worte zu hören: „Richte deinen Blick nicht auf den Schielenden, er könnte dir den bösen Blick geben“. Doch nicht nur die Türken hielten schielende Menschen für die Träger des bösen Blickes, dieser Glaube wurde auch in der Steiermark, in Italien, in Frankreich und in England (von den Zigeunern) vertreten.

Ebenso wurden Menschen, die mit einer sehr auffälligen und ungewöhnlichen Augenfarbe geboren wurden für Träger des bösen Blickes gehalten. Diejenigen Völker, die eher hellhäutig und helläugig sind, fürchteten und respektierten dunkle Augen und diejenigen, die eher dunkelhäutig und dunkeläugig sind, hatten großen Respekt vor hellen Augen. Die Russen, beispielsweise, hüteten sich vor schwarzen Augen, die Schweden Estlands vor braunen, die Franzosen vor meergrünen und die Türken vor blauen Augen. Bei den Spaniern waren es Augen mit einer unbestimmten Augenfarbe, die für Aufregung sorgten. (vgl. Ebd.: 66-69).

Früher glaubten die Menschen, dass eine Augenentzündung ansteckend sei und mit diesem Glauben ging auch der Glaube einher, dass rote und entzündete Augen ein äußeres Erkennungsmerkmal für den bösen Blick seien. Im Mittelalter wurden Frauen mit diesen Kennzeichen in Ländern wie Deutschland, Jütland oder Tirol, als Hexen angesehen.

Menschen, die zusammengewachsene Augenbrauen hatten, hatten es auch nicht leicht, denn auch ihnen wurde nachgesagt, dass sie den bösen Blick besaßen. Vor solchen Menschen hüteten sich die Thüringer, Schlesier, die Bewohner des Erzgebirges, die Kärntner, die Bewohner von Siebenbürgen, der Steiermark, Ungarn und Palästina. (vgl. Ebd.: 75).

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Auch Menschen, die nur ein Auge besaßen, hatten den Ruf anderen mit ihrem bösen Blick schaden zu können. Dieser Glaube herrschte im Orient vor. Zum einen war solch ein Mensch eine entstellte Gestalt, zum anderen war er von Neid erfüllt, da andere zwei gesunde Augen besaßen.

Das Volk glaubte aber nicht nur daran, dass Menschen mit Fehlbildungen an ihren Augen oder mit auffälligen Augen den bösen Blick haben konnten, sondern auch Menschen, die körperlich entstellt waren. An solchen Entstellungen am Körper wurden Hexen und Zauberer erkannt. In Schlesien, Thüringen und Kroatien waren diese Menschen alt, hässlich und hatten Fehlbildungen am Körper. In Schottland war ihr gesamter Körper behaart. In Tirol waren sie welk, schlaff und zitternd. Die Belgier glaubten daran, dass sie ihre Hässlichkeit ablegen können und in der Lage seien andere Gestalten anzunehmen. In Deutschland, Frankreich, England und Italien wurde außerdem daran geglaubt, dass solche Menschen ein eingefallenes, runzeliges Gesicht haben. In Deutschland und Tirol waren sie an ihren unordentlichen, struppigen, ungekämmten Haar zu erkennen. Menschen, die rotes Haar haben, sind bei allen Völkern selten und daher wurden sie ebenfalls des bösen Blickes beschuldigt. Bei den Südslawen, aber auch in Deutschland, Holland und England waren es Frauen, die einen Bart hatten. Ebenso waren sie an ihren Zähnen zu erkennen. In Österreich waren es diejenigen Menschen, die drei lange Zähne hatten und in Palästina waren es jene mit weit auseinanderstehenden Schneidezähnen. In Sizilien waren sie an ihrem Buckel zu erkennen. (vgl. Ebd.: 78 f.).

Die Slawen hüteten sich vor Menschen mit einem düsteren Blick, die zudem tiefliegende Augen hatten, die Türken vor schielenden und hellblauen Augen, die Syrier ebenso vor hellblauen Augen, die Ägypter (Oberägypten) vor hohlliegenden und leeren Augen, die Algerier vor Einäugigen u. ä. (vgl. Ebd.: 81 f.).

Der Glaube an den bösen Blick ist dem bosnischen Volk auch heute nicht fremd. Die junge Generation weiß nicht mehr viel darüber, außer, dass meist Menschen mit blauen Augen den bösen Blick tragen und beschreien können.181 Die älteren Einwohner von Kotor Varoš sind der Meinung, dass grünblaue Augen böse sind. Der böse Blick

181 Anela, Kotor Varoš. 88 muss aber nicht unbedingt von der Augenfarbe abhängen. Menschen, die keine Kinder haben, sich aber Kinder wünschen und ein fremdes Kind ansehen, können dieses beschreien.182 In Sanski Most werden Menschen mit einer nicht eindeutig feststellbaren Augenfarbe für gefährlich gehalten. Einige Menschen glauben auch hier, dass es nicht wichtig sei, um welche Augenfarbe es sich handelt.183 In Banja Luka sind hauptsächlich neidische Menschen diejenigen, die Träger des bösen Blickes sein können.184

In Kotor Varoš wird das Kind auch heute noch durch Amulette und Eibenholz vor dem bösen Blick und Beschreiung beschützt. Dem Kind wird außerdem ein rotes Band185 um das Handgelenk gebunden, ihm werden die Söckchen oder andere Kleidungsstücke verkehrt herum angezogen.186 Auf das Amulett wird meist ein Gebet gesprochen.187 In Bugojno wurde früher dem Jungen zum Schutz ein Messer und dem Mädchen eine Schere unter das Kopfkissen gelegt.188 In Sanski Most wurde ebenso an den Schutz des Kindes durch das rote Armband und durch das Umdrehen der Kleidung geglaubt, wie in Kotor Varoš. In früherer Zeit wurden Gebete gesprochen und das Kind angepustet, um die Beschreiung wegzupusten.189 In Banja Luka ist die schützende Wirkung des Eibenholzes ebenfalls bekannt. Hier wurden auch Knoblauch, Amulette oder Schlüssel zum Kind gelegt, damit es vor Beschreiung geschützt war. Manche beschmierten die Stirn ihres Kindes auch mit Kohle, um es vor dem bösen Blick zu schützen. Zum Schutz der Mutter wurden meist dieselben Gegenstände verwendet wie für das Kind.190

Die Zauberformeln und Gebete, die man basme bzw. basne nannte, sind in Vergessenheit geraten.

182 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 183 Indira, Sanski Most. 184 Namka, Banja Luka. 185 Anela, Kotor Varoš; Hajrija Kotor Varoš/Kopenhagen. 186 Anela, Kotor Varoš. 187 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 188 Šefika, Bugojno. 189 Indira, Sanski Most. 190 Namka, Banja Luka. 89

5.10 Amulette und Talismane

Jahrhundertelang herrschten die Osmanen in Bosnien und der Herzegowina und anderen slawischen Ländern. Diese Herrschaft hinterließ Spuren der türkischen Kultur im südslawischen Raum. Vieles aus dem Leben, dem Glauben und den Bräuchen der Osmanen floss in das Leben, den Glauben und die Bräuche des bosnischen Volkes ein. Bei den Türken hat sich der Brauch gefestigt, dass sie in jeder Notlage zu einem Geistlichen (hodža) gehen, vor allem wenn es sich um eine Krankheit handelt, und ihn um Hilfe bitten. Dieser Geistliche bietet den Menschen u. a. durch Amulette Hilfe (hamajlije). (vgl. Ɖorđević 1984: 198 f.). Amulette oder Talismane werden in Bosnien und der Herzegowina oft verwendet. Sie werden meist um den Hals des Kindes gehängt, um es zu schützen, aber auch um den Hals eines Fohlens oder Kälbchens. (vgl. Mønnesland 2001: 299).

Der echtslawische Ausdruck für Amulett ist zapis und bedeutet „das Verschriebene“. Das Wort hamajlija bedeutet ebenfalls Amulett und ist aus dem Italienischen entlehnt (ammaliamento). (vgl. Krauss 1908: 34).

Es existieren verschiedene Talismane unter den Völkern der Erde. Das bosnische Volk kennt verschiedene Arten von Talismanen. Auch den Serben sind diese Talismane nicht fremd. Ein muslimischer Geistlicher wird nicht nur von den bosnischen Muslimen um Hilfe gebeten, sondern auch von den Christen in diesem Raum. Wenn ein Bosnier ein Amulett vom Geistlichen haben möchte, muss er ihm sagen, warum er gekommen ist. Daraufhin nimmt der Geistliche eine Buchstabentabelle mit arabischen Zeichen hervor. Der Kranke wird nach seinem Namen und dem Namen seiner Mutter gefragt. Falls der Name der Mutter nicht bekannt ist, wird stattdessen der Name Evas genommen, falls der Betroffene ein Muslime ist, und der Name Marias (Merjem), falls es sich um einen Christen handelt. Die Namen des Kranken und seiner Mutter werden Buchstabe für Buchstabe aufgeschrieben. Jeder Buchstabe hat einen bestimmten Zahlenwert, der ebenfalls aufgeschrieben wird. Anschließend werden die Zahlen zusammengezählt. Der Geistliche berechnet einen bestimmten Zahlenwert. Die Zahl 12 spielt dabei eine wichtige Rolle. Danach nimmt der Geistliche ein Buch heraus. Dieses Buch wird „zvjezdana knjiga/zvezdana knjiga“ genannt und besteht aus 12 Kapiteln.

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Jedes Kapitel beschreibt einen Stern unter dem ein Mensch geboren werden kann. Bei der Berechnung müsste eine Zahl zwischen 1 und 12 herauskommen. Die Zahl, die herauskommt, ist auch das Kapitel, das den Kranken betrifft. Der Geistliche liest dem Betroffenen aus diesem Kapitel vor. Ein Beispiel wäre folgendes: „Čovek koji se nalazi pod ovom zvezdom voli obrazovane ljude, učen je, i što namerava ostvaruje, dobar mu je napredak u kući, s dobrim se ljudima druži. […] Bolesti ima: boluje od nogu i od kolena, to dugo ne traje. Ženu ima, i žena mu je dobrodušna. […] Na oku ima jedan beleg, a isto tako i na nozi ili od ujeda psa ili od izgoretine. […] Strah od smrti imaće na tri mesta: u sedmoj godini, četrnaestoj godini i u četrdeset trećoj godini. […]!“191

Danach wird der Kranke gefragt, ob er ein Amulett möchte. Je nach Stern sind die Amulette verschieden. Wenn der Kranke ein Amulett wünscht, wird ihm eines in arabischer Sprache auf einem länglichen Stück Papier (hartija) geschrieben. Dieses Stück Papier wird so gefaltet, dass es drei Ecken hat. Danach wird es in Leinen gewickelt, sodass drei Schichten entstehen. Das Ganze wird dann mit einem Tuch umhüllt und in eine Borte genäht. Dieses Amulett wird um den Hals getragen.

Neben diesem Amulett bekommt der Kranke noch weitere, ebenso in arabischer Schrift. Diese Amulette werden nuske genannt. Nicht alle „Patienten“ bekommen gleich viele. Der Geistliche erklärt dem Kranken, was er damit machen soll. Eines dieser Amulette wird ins Wasser gelegt und der Kranke soll drei Tage lang nur dieses Wasser trinken. Wenn es sich um einen Christen handelt, soll er in dieser Zeit keinen Alkohol trinken, kein Schweinefleisch oder Knoblauch essen. Wenn etwas von diesem Wasser übrig bleibt, wird es am vierten Tag in den Fluss geschüttet. Die übrigen Amulette werden auf Papier geschrieben. Falls es drei sind, wird in bestimmten Zeitabständen, drei Tage lang bei Sonnenuntergang, je eines abgeschnitten und auf Glut gelegt. Mit diesem Rauch räuchert sich der Kranke. Nach dem Räuchern wird die Glut ins Feuer geworfen.

191 „Der Mensch, der unter diesem Stern steht, liebt gebildete Menschen, er ist gelehrt, und was er beabsichtigt, realisiert er auch, sein Fortschritt im Haus ist gut, er ist mit guten Menschen befreundet. […] Es existiert eine Krankheit: er leidet an seinen Beinen und Knien, aber dies dauert nicht lange. Er hat eine Frau, und sie ist gutherzig. […] Auf dem Auge hat er ein Mal, und genau so auch am Bein/Fuß, entweder von einem Hundebiss oder ein Brandmal. […] Angst vor dem Tod wird er an drei Stellen haben: in seinem siebten Lebensjahr, im 14. und im 43. Lebensjahr. […]!“ [Übers. I. S.]. 91

Wie gesagt, bekommt nicht jeder Kranke das gleiche Amulett mit demselben Text. Genau so wenig bekommt jeder „Patient“ die gleichen sog. nuske und auch nicht die gleiche Anzahl. Allerdings muss es immer ein Amulett und eine sog. nuska sein, die ins Wasser geworfen werden. Die Anzahl derer, mit denen geräuchert wird, ist unterschiedlich. Solche Amulette werden nicht nur für Kranke angefertigt, sondern dienen auch gegen verschiedene Zauber und Beschreiung. (vgl. Ɖorđević 1984: 199- 202).

Das einfache Volk verwendete oft auch Zaubersteine als Amulette. Die Menschen nahmen an, dass einige Gegenstände, wie z. B. Steine, eine bestimmte Zauberkraft besaßen, die man nur zu lenken wissen musste. Durch solche Zaubersteine glaubten die Menschen u. a. schützen, heilen, verzaubern, verhexen, verführen, oder sogar töten zu können. Steine sollten Krankheiten vertreiben können, Kraft geben oder Glück bringen. Es wurde daran geglaubt, durch Zaubersteine Geisterbeschwörungen durchführen zu können oder sie auch bannen zu können. Diese Zaubersteine dienten auch als Steinamulette. (vgl. Rätsch; Guhr 1989: 12 f.).

Auch in der heutigen Zeit gibt es Menschen, die Amulette (zapisi) machen. Es handelt sich hierbei meist um einen muslimischen Geistlichen. Die Menschen suchen Hilfe für ihre Kinder, aber auch für anderes. Diese Amulette, die sie bekommen, sollen ihnen Schutz bieten. Wenn das Amulett für einen Menschen bestimmt ist, sollte der es am Körper tragen,192 meist in den Haaren oder in der Kleidung.193 Neben diesem Amulett bekommt man vom Geistlichen Wasser, auf das er ein Gebet gesprochen hatte, zu trinken.194 Heute kann man Amulette auch kaufen. Meist sind dies Kapitel aus dem Koran. Man bewahrt diese Amulette in der Nähe des Kindes auf.195 In Banja Luka werden sie nicht aus dem Haus getragen.196

192 Indira, Sanski Most. 193 Anela, Kotor Varoš. 194 Anela, Kotor Varoš. 195 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 196 Namka, Banja Luka. 92

5.11 Die Bedeutung von Feuer und Räuchern für Mutter und Kind

Das Feuer spielte bei Ritualen vieler Völker eine bedeutende Rolle. Auch bei den Südslawen war dies so. Während der Schwangerschaft war das Feuer zentrales Element des Volksglaubens.

Die Menschen glaubten, dass eine schwangere Frau, die einen Brand beobachtet hatte, ein Kind mit Feuerwunden zur Welt bringen wird. Diese Wunden würden früher oder später erscheinen. Wenn nicht zu Lebzeiten des Kindes, dann auf seinen Knochen im Grab. Solche Wunden nennt das Volk ogoreline. (vgl. Trojanović 1990: 54). Wenn eine Schwangere das Fleisch eines Schafes oder einer Ziege aß, die schon vorher von einem Wolf angefressen wurden, dann würde ihr Kind nach der Geburt Feuerwunden am Körper bekommen, glaubten die Menschen. Diese Wunden werden bei den Südslawen vukojedine genannt. Diese Wunden wurden durch Räuchern geheilt. Sie wurden mit dem Fleisch eines Lammes, das aus dem Körper eines von einem Wolf getöteten Schafes herausgenommen wurde, geräuchert. Auch viele andere Völker hatten den Brauch, das Neugeborene und die Mutter zu räuchern. Bei den Serben dauert dieses Ritual sogar 40 Tage oder sechs Wochen lang. (vgl. Ebd.: 218 f.).

5.11.1 Das Räuchern in Bosnien

Um einer gebärenden Frau die Geburt zu erleichtern, wurde in Bosnien mit Teer, Zwiebeln oder Paprika geräuchert. (vgl. Schneeweis 1935: 58). Teer hat einen penetranten Geruch, und wurde deshalb auch zur Abwehr gegen den Teufel, Dämonen und gegen den Tod verwendet. (vgl. Gerlach 1998: 199). Wenn bei den Südslawen eine Frau die Windeln ihres Kindes draußen vergaß, musste sie diese über das Feuer halten, sobald sie die Windeln ins Haus getragen hatte.

Die ersten 40 Tage nach der Geburt durften weder die Mutter noch das neugeborene Kind das Zimmer verlassen. Während dieser Zeit brannte im Haus beständig Feuer. Gäste, die während dieser Zeit nachts in dieses Haus kamen, sollten über ein Feuer springen, das einer der Hausbewohner vor die Türschwelle gelegt

93 hatte.197 (vgl. Trojanović 1990: 56 f.). Statt des Feuers wurde auch 40 Tage lang das Licht brennen gelassen. (vgl. Schneeweis 1935: 62).

Wie schon erwähnt wurde, existiert auch heute noch in Bosnien und der Herzegowina der Brauch, bei dem das Neugeborene, wenn es zum ersten Mal in ein Haus kommt, über die Feuerstelle gehalten wird (falls eine im Haus vorhanden ist).

Schon bei den Römern trug die Hebamme das neugeborene Kind über die Feuerstelle. Erst nach diesem Ritual wurde das Kind als der Nachfolger seines Vaters verkündet. (Trojanović 1990: 57). Auch viele europäische Völker haben früher das Neugeborene an das Herdfeuer, manchmal auch auf den Tisch oder die Ofenbank gelegt. Der Vater nahm es anschließend auf seinen Schoß und verkündete somit, dass er das Kind als sein eigenes anerkennt. Auf diese Weise wurde das Kind in die Familie aufgenommen. Laut Schneeweis sollte das Kind in vorchristlicher Zeit auf diese Weise unter den Schutz der Hausgeister gestellt werden. Die Menschen glaubten daran, dass sich diese am Herd oder Ofen aufhalten würden. Manchmal setzte sich auch der Vater gemeinsam mit dem Kind auf die Ofenbank. Er glaubte, dass das Kind dadurch immer folgsam sein würde. (vgl. Zablatnik 1992: 32). Nach und nach ging der ursprüngliche Sinn dieser Riten verloren und daraus wurde ein Analogie- bzw. Zukunftszauber. (vgl. Zablatnik 1982: 137).

Die Südslawen verwendeten verschiedene Dinge für das Räuchern. Hauptsächlich handelte es sich um Gegenstände aus der Pflanzenwelt, wie eine wilde weiße Waldrebe oder Moos von einer Hainbuche gegen Beschreiung. Wenn sich das Kind erschrocken hatte, wurde je nachdem wovor es sich erschrocken hatte, Verschiedenes geräuchert. Hundehaare wurden zum Räuchern genommen, wenn sich das Kind vor einem Hund erschrocken hatte, Katzenhaare, wenn es den Schreck durch eine Katze erlitten hatte, mit einem Türsplitter, wenn die Tür zugefallen war und das Kind sich dadurch erschrocken hatte usw. Schlangenbalg wurde geräuchert, um Fieber zu heilen. Die Mutter nahm ein Haar von ihrem Kopf und eines vom Kopf der Frau, die ihr Kind beschrieen hatte und räucherte damit ihr Kind. (vgl. Trojanović 1990: 223 f.). Um das Kind und die Mutter zu schützen, wurde mit Kuhmist, Fetzen, Teer oder Schwefel

197 Dieser Volksbrauch war v. a. bei den Serben verbreitet. 94 geräuchert. Das Ritual des Räucherns wurde hauptsächlich an einem Freitag oder Sonntag vollzogen. (vgl. Schneeweis 1935: 62).

5.11.2 Feuer und Kerzen

Im ersten Jahrhundert des Christentums gab es keine Kerzen in den Kirchen. Diese haben dort erst später ihren Platz gefunden und wurden zu einem festen Bestandteil des Glaubens. (vgl. Trojanović 1990: 228). Die Kerze war schon in der Römerzeit ein Teil der Trauerfeier. Die Kerzen wurden um den aufgebahrten Toten aufgestellt. Sie sollten die bösen Geister, die Licht scheuten, abschrecken und so den Toten vor ihnen beschützen. (vgl. Gerlach 1998: 204).

Kerzen haben bei Ritualen eine wichtige Funktion. Die entzündete Kerze nimmt schlechte Energien auf und positive Energien werden von ihr gespeichert. (vgl. Moser; Strohmaier 2013: 61).

Viele Völker respektierten das Feuer, so auch die Türken in Asien. Sie glaubten, dass es nicht gut sei, in das Feuer zu spucken. Sie verboten es sogar. Bei ihnen wurde Feuer auch nicht mit Wasser gelöscht. Außerdem glaubten sie daran, dem Feuer nicht den Rücken zudrehen zu dürfen und pusteten auch nicht, um heiße Speisen zu kühlen. (vgl. Trojanović 1990: 272). Auch in Bosnien und der Herzegowina glaubten die Menschen, dass es nicht gut sei, heiße Gerichte durch Pusten zu kühlen.

Der bosnisch-herzegowinischen muslimischen Bevölkerung sind die Rituale des Räucherns heute nicht mehr bekannt.

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5.12 Die Stillzeit

Frauen haben durch die Geschichte hindurch immer gebetet, um genug Milch für ihre Kinder zu haben. Sie haben gebetet, damit sie ihre Kinder ernähren konnten. In Jordanien existieren weiße Kiesel aus der Milch-Grotte in Betlehem, die als Amulett von Frauen getragen werden. Der Legende nach soll Maria dort einige Tropfen Milch vergossen haben. In der Türkei, in Izmir, hat man die Göttin Artemis, die Göttin des Halbmondes und des Reichtums, in ihrem Tempel als Mutter-Gottheit angebetet. Aus dieser Zeit stammt eine Statue, die ihren Torso zeigt, der mit unzähligen Brüsten behängt ist. (vgl. Dunham 1992: 132).

In früherer Zeit wurden die bosnischen Kinder oft einige Jahre lang gestillt. Ein Grund dafür war, dass die Frau glaubte, so lange sie stillen würde, nicht schwanger werden zu können. Außerdem wurde das Kind schon nach einigen Wochen zugefüttert und zwar mit Gerichten, die auch Erwachsene zu sich nahmen. (vgl. Die österreichisch- ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 340).

Die bosnischen Frauen achteten darauf, dass sie dem Kind beim ersten Stillen die rechte Brust zuerst gaben, da das Kind sonst ein Linkshänder werden würde. Die Hände der Mutter sollten beim Stillen sauber sein. Sie sollte sie vor dem Stillen gründlich waschen, denn das Volk glaubte, dass wenn auch nur ein wenig Teig an ihren Händen klebte, das Kind später eine Glatze bekommen würde. (vgl. Hangi 2010: 178 f.). Die Kärntner Slowenen wiederum glaubten, dass das Kind ein Linkshänder - slow. levičnjak - werden würde, wenn es von der Patin in der linken Hand zur Kirche getragen wurde. (vgl. Zablatnik 1992: 37). Die Bibel spricht über die rechte Hand über einhundert Mal positiv. Doch auch der Islam bevorzugt „rechts“ statt „links“. Und auch die alten Griechen und Römer vertraten eine ähnliche Ansicht. Sklaven der Patrizier hatten dafür zu sorgen, dass das Haus immer mit dem rechten Fuß betreten wurde und nie mit dem linken. Das Sprichwort „mit dem linken Fuß aufgestanden“ bedeutet, dass der Tag nicht gut verlief. Gründe dafür, warum die Menschen rechts für gut befanden, links aber für schlecht, sind die Testamente und die Himmelsrichtungen. Früher gab es Zeichendeuter, die während des Deutens immer gegen Norden schauten. Die rechte Seite wurde als die Seite des Lichts und der guten

96 empfunden. Andererseits war links die Nachtseite, die Seite des Totenreiches. (vgl. Gerlach 1998: 141).

Da das bosnische Volk daran glaubte, dass die Milch der Mutter während der ersten Tage noch unrein sei, sollte sie ihr Kind während dieser Zeit nicht selbst stillen. Eine Nachbarin, die eigene Kinder hatte, übernahm dies für sie. Diese wurde pomajka oder poma genannt. Diese Beziehung zwischen dem Neugeborenen und der sog. pomajka wird Milchverwandtschaft genannt. (vgl. Schneeweis 1935: 63). In früherer Zeit haben die reichen Musliminnen ihre Kinder nicht selbst gestillt, sondern nahmen sich eine Amme (dojka), die das Stillen für sie übernahm. Sie achteten sehr darauf, dass diese Amme keine schlechten Eigenschaften hatte, da sie glaubten, diese würden sich auf das Kind auswirken. (vgl. Ebd.: 73). Ammen sollen ein besonderes Verhältnis zu den von ihnen gestillten Kindern gehabt haben. Es war eine Art Blutsbrüderschaft. (vgl. Dunham 1992: 133).

Das Entwöhnen des Kindes von der Mutterbrust spielte für das Erlangen des bösen Blickes eine bedeutende Rolle. Wollte eine südslawische Frau ihr Kind nicht mehr stillen, so buk sie einen Kuchen, in den sie ihre eigene Milch mischte, und dem Kind anschließend zu essen gab. Sie sollte dem Kind danach keine Muttermilch mehr geben. Außerdem sollte sie in den Busenlatz ihres Hemdes eine Nadel stecken. Diese Nadel sollte von oben nach unten in den Latz gesteckt werden, damit die Muttermilch nach unten verlief. Danach zog die Mutter ihr Hemd verkehrt an. Die Südslawen glaubten daran, dass das Kind zu einer sehr gefährlichen Hexe mit einem bösen Blick werden würde, falls die Mutter es doch wieder stillen sollte. (vgl. Seligmann 1910: 171). Das Kind wurde auch durch das Einreiben der Brust mit Paprika, Teer oder Ruß von der Brust entwöhnt. Die Frauen glaubten auf diese Weise dem Kind die Brust zu verekeln. (vgl. Schneeweis 1935: 74).

Auch in der ehemaligen Tschechoslowakei wurde versucht, das Kind auf ähnliche Weise zu entwöhnen. Statt des Kuchens, den die südslawische Frau buk, waren es bei der tschechoslowakischen Frau Kekse, die ein Loch in der Mitte hatten. Diese Kekse legte sie so auf ihre Brust, dass die Brustwarze durch das Loch passte. Sie glaubte dadurch, das Kind zum Lachen zu bringen und ihm statt der Muttermilch den Keks zum

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Essen zu geben. Die Muslime in Äthiopien versuchen auch heute noch ihre Kinder an einem Freitag zu entwöhnen, da der Freitag im Islam heilig ist. Einige Mütter, wie die Jamaikanerinnen, versuchen das Kind dadurch zu entwöhnen, indem sie sie für eine Weile bei der Großmutter lassen. (vgl. Dunham 1992: 169).

Im heutigen Bosnien und der Herzegowina wird das Kind meist bis zum ersten Lebensjahr gestillt,198 längstens aber bis zum zweiten.199 Dies hängt aber von der Arbeit der Mutter und auch von der Milchqualität ab.200 In den meisten Fällen haben die Frauen in früherer Zeit viel länger gestillt, manchmal sogar bis zum 7. Lebensjahr des Kindes201 oder bis sie erneut schwanger wurden.202

Die Begriffe pomajka bzw. poma und dojka sind der jüngeren Generation nicht mehr bekannt.203 Dojka, oder häufiger auch dojilja genannt, ist noch eher bekannt. In Sanski Most wird dojilja als die Frau, die die Kinder der reichen Muslime stillt, bezeichnet.204 Reichere Familien bezahlten früher Frauen, die ihre Kinder stillten.205 In Banja Luka und Bugojno wurde mit dojilja die Frau bezeichnet, die das Kind stillte.206 Der Begriff pomajka, also die Frau, die das Kind in den ersten Tagen stillt, da die Milch der Mutter für unrein gehalten wird, ist schon in Vergessenheit geraten.

Heute wird oft der Begriff pomajka dem der Stiefmutter oder Adoptivmutter gleichgesetzt. War die Mutter aus irgendeinem Grund nicht in der Lage, ihr Kind zu stillen, konnte dies eine andere Frau für sie übernehmen. Diese Frau wurde in Kotor Varoš pomajka genannt.207

Um das Kind zu entwöhnen wurde die Brust mit Gewürzen, wie Paprika oder Pfeffer eingeschmiert. Die Entwöhnung mit Paprika war sowohl in Kotor Varoš, als auch in Bugojno, Banja Luka und Sanski Most üblich. Da das Kind früher älter war, als es entwöhnt wurde, war dies schwieriger als heute. Doch auch die heutigen Kinder von

198 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 199 Indira, Sanski Most. 200 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 201 Šefika, Bugojno; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 202 Namka, Banja Luka. 203 Anela, Kotor Varoš. 204 Indira, Sanski Most. 205 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 206 Namka, Banja Luka; Šefika, Bugojno. 207 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 98

Bosnien und Herzegowina werden mit diesen Tricks von der Brust abgewöhnt.208 In den europäischen Städten, wie Kopenhagen, werden die Kinder schon sehr früh zugefüttert und gewöhnen sich so an Flaschennahrung.209 Dadurch ist es nicht notwendig, dass das Kind mit irgendwelchen Tricks von der Brust entwöhnt wird.

5.13 Die ersten Zähne und Schritte

Wenn ein Kind seinen ersten Zahn bekam, wurde dieser in früherer Zeit mit einer Silbermünze gerieben, da die Menschen der Ansicht waren, dass die Zähne auf diese Art weiß werden würden. Verlor ein Kind seinen ersten Zahn, wurde dieser über das Haus geworfen und einer Krähe wurde zugerufen, sie soll den beinernen Zahn mitnehmen und dafür einen eisernen zurückgeben. Der Zahn wurde auch mit den Worten, alles Übel solle mit ihm gehen, geworfen.

Sobald das Kind auf den Beinen stehen konnte, wurde es in einen sog. Stehschemel, der je nach Ortschaft stalac, stalak, stojača oder dubak genannt wurde, oder in ein Gestell, das aus drei Füßen bestand und tronožac genannt wurde, gesetzt. In der Zeit, in der das Kind seine ersten Schritte machte, wurde ein Kuchen gebacken, der postupaonica oder postupača genannt wurde. Alle Kinder im Haus und auch jene aus der Nachbarschaft, die schon laufen konnten, kamen zusammen. Über dem Kopf des Kindes, das gerade zu gehen begonnen hatte, wurde der Kuchen zerbrochen und an die Kinder verteilt. Wenn das Kind das Gehen nicht rechtzeitig erlernte, versuchten die Menschen mit verschiedenen Zaubermitteln dem Kind zu helfen. (vgl. Schneeweis 1935: 76). Wenn ein Kind mit einem Jahr noch nicht gehen oder stehen konnte, wurde ihm durch Zauberhandlungen versucht zu helfen. Die Mutter nahm einen einjährigen Baumschößling, d. h. einen unreifen Baum, und legte ihn unter die Türschwelle der Kirche. Die Leute, die darüber schritten, sollten nichts merken. Nachdem der Gottesdienst beendet war, nahm die Mutter diesen Baumschößling wieder zu sich und

208 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 209 Hajrija, Kotor Varoš. 99 strich damit das Kind dreimal. Dabei sagte sie Folgendes: „Ustaj lijeni na golijeni!“210 Danach sollte das Kind gehen können. (vgl. Krauss 1890: 38).

Verschiedenste Zauberhandlungen wurden auch bei Kindern versucht, die das Sprechen nicht rechtzeitig erlernten. Die Muslime in Bosnien und der Herzegowina versuchten diesen „Sprachfehler“ des Kindes dadurch zu korrigieren, indem sie ihm viel Wasser zu trinken gaben. Dabei wurde an das Flüstern und Murmeln des Baches gedacht. Die Serben stahlen einem Zigeuner ein wenig Brot und die Kroaten, in Otok, gaben den Kindern Wasser aus einer Altarglocke zu trinken. Dadurch sollten die Kinder bald sprechen können. (vgl. Schneeweis 1935: 78).

Heute wird der erste Zahn des Kindes meist aufgehoben211 oder auch auf eine Kette gehängt.212 In Banja Luka wurde er früher auf den Dachboden geworfen und dabei wurden folgende Worte gesagt: „Evo ti miše koštani, daj meni gvozdeni!“213 Zudem werden heute auch die ersten abgeschnittenen Haare und Nägel des Kindes aufbewahrt.214 Der Zahn wird auch unter das Kopfkissen gelegt und das Kind bekommt dafür Geld.215 Derjenige, der den ersten Zahn entdeckt, muss dem Kind etwas schenken, meist Kleidung oder Geld.216

Der frühere Stehschemel (dubak bzw. stalak) ist heute in Bosnien und Herzegowina noch bekannt, doch verwendet wird er nicht mehr. Das Kind wurde hineingestellt, konnte sich aber nicht fortbewegen, da die untere Seite ein viereckiges Brett hatte, auf dem das Kind stand. Zumeist wurde der Begriff stalak verwendet. Ein gesunder Mensch sollte das Kind zum ersten Mal hineinstellen. Die Begriffe tronožac und postupaonica sind heute noch in Banja Luka bekannt,217 in den anderen Ortschaften sind sie in Vergessenheit geraten.

Wenn das Kind zu gehen begann, wurden in Bosnien und Herzegowina der gefüllte Strudel pita oder die Süßspeise hurmašice gebacken. Bevor das Ganze gebacken

210 „Erheb dich Fauler auf die Schienbeine!“ (Krauss 1890: 38). 211 Anela, Kotor Varoš; Indira, Sanski Most; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 212 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 213 „Maus, hier hast du einen knochigen, gib mir einen eisernen!“ [Übers. I. S.]. 214 Anela, Kotor Varoš. 215 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 216 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 217 Namka, Banja Luka. 100 wurde, trat das Kind mit seinen Füßen darauf. Dann wurden die Speisen gebacken und gegessen. Auch die Süßspeise halva wurde gebacken und in der Nachbarschaft verteilt.218 In Banja Luka schritt das Kind über die Süßspeise hurmašice. Wenn das Kind das Gehen nicht rechtzeitig erlernte, wurde in Banja Luka eine Zigeunerin um Brot gebeten. Dies sollte dem Kind helfen. Es wurde ebenso Eiweiß vom Ei unter die Knie des Kindes geschmiert.219

Wenn das Kind das Sprechen nicht zur rechten Zeit lernen wollte, wurde in Kotor Varoš Wasser von drei Brunnen gebracht und dem Kind zum Trinken gegeben.220 Dadurch sollte es zu sprechen beginnen. In Banja Luka wurde dem Kind Wasser zum Trinken gegeben, das vom Brotbacken übriggeblieben war oder es wurde Wasser von einer Mühle geholt.221 Viele kennen aber diese Zauberhandlungen nicht mehr. Heute wird das Kind zum Arzt gebracht, falls es nicht rechtzeitig das Gehen oder Sprechen erlernen sollte.222

5.14 Die Schurpatenschaft – šišano/striženo kumstvo

Die Schurpatenschaft (šišano/striženo kumstvo) war in früherer Zeit vor allem bei den Serben üblich, aber auch bei den Muslimen. Bei den Kroaten und Slowenen ist dieser Brauch schon verschwunden. Normalerweise wurde dieses Ritual bei Beendigung des ersten oder dritten Lebensjahres des Kindes vollzogen, manchmal aber auch später (vor Beendigung des fünften oder siebten Lebensjahres). (vgl. Schneeweis 1935: 79).

Der Schurpate bzw. die Schurpatin beschenkt das Kind mit verschiedenen Kleidungsstücken, wie einem Hemdchen, einem Häubchen oder Söckchen. Der Pate gibt dem Kind so viel Geld, wie er gerade bei sich hat. Auch die Paten werden beschenkt. Für gewöhnlich bekommt die Patin ein seidenes Kopftuch und der Pate ein seidenes Hemd, Hosen oder Ähnliches. Das abgeschnittene Haar des Kindes wurde

218 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 219 Namka, Banja Luka. 220 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 221 Namka, Banja Luka. 222 Anela, Kotor Varoš; Šefika, Bugojno; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 101 früher in Wachs gegeben und an einen Zimmerbalken geklebt.223 Das Ganze machte die Mutter des Kindes und sagte dabei folgende Worte: „Koliko ove kose budu na gredi stale, toliko moje dite sve više pameti imalo“.224 In manchen Häusern wurden beim Ausmalen der Zimmer auch die Balken übermalen, dann wurde auch über die Haare des Kindes gemalen. (vgl. Hangi 2010: 181 f.). Mancherorts wurden die ersten abgeschnittenen Haare auch unter einen jungen Obstbaum vergraben. Die Menschen glaubten daran, dass das Kind dann kräftig und gesund wie der Baum werden würde. (vgl. Neweklowsky 1996: 90).

Die Schurpatenschaft hat bei den Muslimen in einigen Teilen Bosniens und der Herzegowina größere Bedeutung als die Hochzeits- oder Beschneidungspatenschaft. Die Familienmitglieder der Patin bzw. des Paten und des Patenkindes dürfen untereinander nicht heiraten, da sie zur Familie gezählt werden.225 (vgl. Hangi 2010: 182).

Bei den Muslimen werden den Kindern Strähnchen an drei Stellen des Kopfes abgeschnitten – über dem rechten und dem linken Ohr und in der Mitte. Das abgeschnittene Haar fällt in eine Schüssel mit Wasser. Die Gäste werfen anschließend Geldstücke hinein. (vgl. Schneeweis 1935: 79 f.).

Der Schurpatenschaft wurde nachgesagt, auch Krankheiten heilen zu können. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 342). Wenn ein Kind krank oder schwach war, wurde es in früherer Zeit auf die Straße hinausgetragen. Derjenige, der das Kind aus dem Haus getragen hatte, hatte auch eine Schere bei sich. Der erste, der vorbei kam, bekam die Schere in die Hand gedrückt und musste dem Kind die Haare schneiden. Dieser wurde so zum Paten. Die Eltern des Kindes hofften, dass jemand vorbei kommen würde, der kräftig und gesund war. Denn diese Eigenschaften sollte auch das Kind bekommen. (vgl. Neweklowksy 1996: 90). Der Brauch der Haarschur bestand vermutlich schon bei den heidnischen Slawen. (vgl. Schneeweis 1935: 80).

223 Manchmal werden die Haare auch einfach von der Mutter aufgehoben. (vgl. Schneeweis 1935:79). 224 „Solange diese Haare am Balken bleiben, solange wird mein Kind Klugheit haben“. [Übers. I. S.]. 225 Interessant ist es, dass die Muslime in Bosnien auch einen Christen zum Paten ihres Kindes nehmen, was umgekehrt aber nicht oft passiert, da die beiden christlichen Kirchen es ihren Gläubigern, wenn nicht direkt, dann indirekt verbieten. (vgl. Hangi 2010: 183). 102

Die Zeremonie der Schurpatenschaft ist auch heute noch in ganz Bosnien und der Herzegowina üblich. Dem Kind werden das erste Mal die Haare geschnitten, wenn es ein Jahr alt wird. Dabei hat das Kind einen Paten (šišani kum), der sich meist selbst als Pate anbietet.226 Oft wird der Pate auch von den Eltern des Kindes ausgewählt227 und ist ein guter Freund der Familie,228 oder sogar ein Mitglied der Familie (wobei der Taufpate bei der orthodoxen Bevölkerung von Bosnien und Herzegowina kein Familienmitglied sein kann).229 Wünschenswert ist es, wenn die Person, die Pate wird, jung ist230 und gute Eigenschaften hat, denn die Eigenschaften des Paten soll auch das Kind bekommen.231 Dem Kind werden nicht die ganzen Haare abgeschnitten, sondern drei Strähnen – eine vom oberen Kopfteil, eine von unten und eine von der Seite.232 Diese ersten abgeschnittenen Haare des Kindes werden aufbewahrt.233 Der Pate kauft dem Kind ein Geschenk und auch er bekommt ein Geschenk von den Eltern des Kindes.234 In Banja Luka ist es noch bekannt, dass das Kind früher im Morgengrauen auf eine Kreuzung getragen wurde, wenn es krank war. Der erste Vorbeikommende wurde Pate des Kindes.235 Dies wird heute nicht mehr praktiziert.

5.15 Die Beschneidung – sunet/sunećenje/obrezivanje

Die bosnisch-herzegowinischen Muslime lassen ihre männlichen Kinder beschneiden, da die Beschneidung vom Koran vorgeschrieben wird. Heutzutage ist es eine einfache und ungefährliche Operation, die von Spezialisten auf diesem Gebiet erledigt wird. Bei der Beschneidung ist es üblich, dass die Eltern, Verwandten und Bekannten anwesend sind. Nach der Prozedur wird das Kind beschenkt. Wenn das Kind noch sehr klein ist, bekommt es häufig Geschenke in Form von Geld. Dies ist in Bosnien und der

226 Anela, Kotor Varoš; Šefika, Bugojno; Indira, Sanski Most; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 227 Šefika, Bugojno; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 228 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 229 Indira, Sanski Most; Namka, Banja Luka. 230 Šefika, Bugojno. 231 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 232 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 233 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 234 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Namka, Banja Luka. 235 Namka, Banja Luka. 103

Herzegowina sehr üblich. Die Beschneidung des Kindes findet am häufigsten in der Periode statt, in der das Kind noch sehr klein ist, also in den ersten Monaten oder wenn es zu laufen beginnt. Die Muslime lassen sich aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen beschneiden. Wenn sie es nicht machen, glauben sie, dass es zu langanhaltenden chronischen Entzündungen kommen kann, die im ungünstigsten Fall zu Krebs führen können. (vgl. Šabeta 1996: 65).

In früherer Zeit wurde die Beschneidung von Barbieren durchgeführt. Diese erlernten die Beschneidungsprozedur meist von ihrem Vater und waren zur damaligen Zeit erfahrene „Beschneider“. Die Beschneidung wurde früher bei vielen Kindern gleichzeitig vollzogen. Gründe dafür waren ökonomische und praktische. Wenn der Barbier im Dorf war, wurden alle männlichen Kinder dieses Dorfes beschnitten, die noch nicht beschnitten waren. Auf Folgendes wurde dabei geachtet: Der Barbier musste Muslime sein, er musste vor der Beschneidung die rituelle Waschung vornehmen und bestimmte Gebete sprechen, die für dieses Ritual vorgeschrieben waren. Der Barbier wurde nach seiner Arbeit bezahlt. Die beschnittenen Jungen bekamen Geschenke in Form von Geld.

Solche Barbiere durften nach den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht mehr ohne Genehmigung arbeiten. Die Kommunisten behinderten die Beschneidung. 1974 wurde ein Gesetz erlassen, nach dem die Beschneidung nur noch in einem Krankenhaus stattzufinden hatte. Viele hielten sich aber nicht an dieses Gesetz und ließen ihre Kinder weiterhin zu Hause beschneiden. Für die religiösen Belange bei der Beschneidung war ein muslimischer Geistlicher (imam oder hodža) verantwortlich.

Auch die bosnisch-herzegowinischen Muslime, die außerhalb Bosniens leben, lassen ihre Kinder beschneiden. So ist es auch in Kärnten. Sie lassen ihre Kinder meist im Krankenhaus von einem Chirurgen beschneiden. Dabei achten die meisten, dass dieser ein Muslim ist. (vgl. Neweklowsky 1996: 109).

Die Barbiere von früher gibt es heute nicht mehr. Die Beschneidung des Kindes wird in der gegenwärtigen Zeit im Krankenhaus erledigt236 oder der Arzt aus dem

236 Anela, Kotor Varoš; Šefika, Bugojno; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Nevzeta und Raza, Kotor Varoš; Namka, Banja Luka. 104

Krankenhaus erledigt die Beschneidung auch im Haus des Kindes und der Eltern.237 In der Nachkriegszeit des Bürgerkrieges in Bosnien beschnitten noch Barbiere die muslimischen Kinder in der Serbischen Republik, da es den Muslimen zu der Zeit noch nicht möglich war, ihre Kinder im Krankenhaus beschneiden zu lassen.238 Das Kind wird meist vor dem Kleinkindalter beschnitten, d. h. mit zwei oder drei Monaten.239 Früher wurde das Kind in manchen Ortschaften sogar in den ersten 40 Lebenstagen beschnitten,240 manche warteten auch bis das Kind etwas stärker wurde, meist bis es ein Jahr alt wurde.241 Da die früheren Barbiere von Ortschaft zu Ortschaft gingen und nicht oft kamen, geschah es, dass Kinder unterschiedlichen Alters zur gleichen Zeit beschnitten werden mussten. Oft waren sie schon älter.242 Als Geschenk bekommt das beschnittene Kind heute ausschließlich Geld oder manchmal Gold. Ihm wird eine Tasche243 oder ein Stoffsäckchen244 um den Hals gehängt, in die man das Geld hineinlegt.

5.16 Das Tätowieren der katholischen Kinder

In Bosnien und der Herzegowina wurden die katholischen Kinder tätowiert. Diese tätowierten Zeichen wurden als äußere Kennzeichen der Angehörigkeit zur katholischen Kirche betrachtet. Da diese Tätowierungen kleine kreuzartige Ornamente darstellen, wurden sie križevi („Kreuzchen“) genannt. In früherer Zeit erschwerten es diese Tätowierungen, dass ein Muslime eine Katholikin heirateten konnte oder dass eine Katholikin zum Islam konvertieren konnte, da sie die väterliche Religion deutlich machten. Der Grund für diese Tätowierungen wurde lange in der katholischen Geistlichkeit gesehen, denn es wurde geglaubt, dass dadurch den Gläubigen der Übertritt zu einer anderen Religion erschwert werden sollte. Bei genauerer Betrachtung ist der Ursprung dieses Rituals allerdings viel älter. Bei diesen

237 Namka, Banja Luka; Indira, Sanski Most. 238 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 239 Indira, Sanski Most. 240 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 241 Namka, Banja Luka. 242 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 243 Šefika, Bugojno; Namka, Banja Luka. 244 Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen. 105 ornamentalen Zeichen ist zwar das Kreuz zu finden, doch andere christliche Symbole kommen nicht vor.

Zwischen dem 12. und 16. Lebensjahr wurden sowohl Mädchen als auch Jungen tätowiert. Meistens wurde diese Prozedur am St.-Josephi-Tag, aber auch am Palmsonntag oder in der Karwoche vollzogen - also im Frühling. Dies war der Vorabend der Tag- und Nachtgleiche. Es wird daher angenommen, dass dieser Brauch auf eine Naturreligion zurückzuführen ist und seinen Ursprung nicht im Christentum hat. Der Ursprung dieses Brauches ist nicht bei den Urslawen zu suchen, sondern bei den Urvölkern der Balkanhalbinsel.245 Sie tätowierten sich, um ihre Stammesangehörigkeit oder ihren Adel durch diese äußeren Zeichen ersichtlich zu machen. (vgl. Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 342 f.). Die Tätowierung hatte bei den Thrakern (sie haben im Nordosten der Balkanhalbinsel gelebt) verschiedene symbolische Werte. Im Süden schmückten sich die Vornehmen mit solchen Tätowierungen und im Norden waren es die Frauen und Sklaven, die sich tätowieren ließen, um an ein Zalmoxis, der von ihnen als Gott verehrt wurde, zugefügtes Leid zu gedenken. (vgl. Eliade; Couliano 1991: 103 ff.).

Dieser Brauch der Tätowierung wurde in Bosnien und der Herzegowina mit einer gewissen Feierlichkeit vollzogen. Die Prozedur begann damit, dass sich die ganze Jugend versammelte. Beim Tätowieren wurden eine größere Nähnadel und Tusche verwendet. Diese Tusche wurde mit Speichel oder Honigwasser angerieben oder es wurde Pulver oder käufliche Tusche (murećef)246 verwendet. Zuerst wurde das Ornament mit dem stumpfen Ende der Nadel aufgetragen, dann wurde mit der eigentlichen Tätowierung begonnen. Das Ornament wurde anschließend mit der Nadelspitze in die Epidermis tätowiert. Meist wurde am Unterarm, am Oberarm, am Handrücken, an der Brust oder an der Stirn tätowiert. (vgl. Die österreichisch- ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 344).

245 Nicht nur in Bosnien und der Herzegowina, sondern im gesamten Donau-Adria-Gebiet, wie bei den Thrakern oder Daciern, war dieser Brauch üblich. Aber auch die Illyrer, die u. a. in Bosnien und der Herzegowina ansässig waren, kannten diese Tätowierungen. (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 343 f.). 246 Diese wurde sonst von Muslimen verwendet. (Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild 1901: 344). 106

Die heutigen Katholiken von Bosnien und Herzegowina tätowieren sich nicht mehr247. Kurz vor dem bosnischen Bürgerkrieg verschwanden diese Tätowierungen von den Körpern der bosnisch-katholischen Frauen.248 Nur die Erinnerung daran ist geblieben.

247 Anela, Kotor Varoš; Hajrija, Kotor Varoš/Kopenhagen; Indira, Sanski Most. 248 Nevzeta und Raza, Kotor Varoš. 107

6 Zusammenfassung

In Bosnien und der Herzegowina sind viele der alten Bräuche, auch solche aus dem Volksglauben der heidnischen Slawen, bis heute erhalten. Einige sind aber nur noch in der Erinnerung der Menschen existent. Vor allem Zauberhandlungen, die die Menschen vor nicht allzu langer Zeit noch kannten, wie z. B., Frauen zu helfen, Kinder zu bekommen - hier waren v. a. männliche Nachkommen erwünscht - werden heute nicht mehr praktiziert.

Heute wünschen sich Menschen in Bosnien und der Herzegowina, dass ihr Kind gesund ist. Ob es nun ein Mädchen oder ein Junge ist, spielt für die Menschen heute nicht mehr eine so große Rolle wie in früheren Zeiten. Natürlich gibt es immer noch ein paar Männer, die sich eher einen Sohn wünschen als eine Tochter. Meist ist ihnen dies wichtig, weil sich dann ihr Nachname fortsetzt.

In früherer Zeit war es dem Mann erlaubt, sich eine zweite Frau zu nehmen, wenn seine erste ihm keine Nachkommen gebar. Seine erste Frau machte er dann zu seiner Wahlschwester. Die Bosnier nannten diese posestrima. Heute kennen die Bewohner Bosniens zwar diesen Begriff noch, doch sie verbinden ihn nicht mit der ersten Frau eines Mannes. Für sie ist eine posestrima eine Wahlschwester, doch auch eine Frau kann eine gute Freundin zu ihrer Wahlschwester erklären. Auch der Begriff inoča gerät langsam in Vergessenheit. Die Grundbedeutung dieser beiden Begriffe kennt man kaum noch.

Ob es ein Mädchen oder ein Junge wird, wird heute bei einer Ultraschalluntersuchung festgestellt. In früherer Zeit bestimmten dies die Frauen anhand bestimmter Zeichen, wie an der Bauchform, am Gesicht der Schwangeren oder an bestimmten Handlungen der Schwangeren. Sehr viele dieser „Vorhersagen“ sind den Menschen noch in Erinnerung geblieben, auch den jüngeren, die es von der älteren Generation gehört haben.

Vor nicht allzu langer Zeit versuchten die Menschen neben dem Geschlecht, auch das Leben des Kindes zu deuten, z. B. ob es glücklich oder hübsch werden würde, oder unglücklich u. ä. Solche Deutungen sind vor allem älteren Menschen noch bekannt. So

108 sollte es sich positiv auf die Schönheit der Haut des Kindes auswirken, wenn die Schwangere während der Schwangerschaft Pfirsiche aß. Auch die Geschichten, wie das Kind zu seinem Muttermal kommt oder wie die Geburten in Bosnien früher verliefen, sind noch bekannt.

Bis vor kurzer Zeit bereiteten die bosnischen Frauen kaum etwas vor der Geburt für das Kind vor, da sie daran glaubten, dass dem Kind sonst etwas zustoßen würde. Die jüngere Generation glaubt an diese Sachen nicht mehr, alles wird schon im Vorhinein gekauft und das Zimmer wird eingerichtet. Während ältere Leute immer noch der Meinung sind, dass nur das Notwendigste vor der Geburt gekauft werden soll. Die verschiedenen Zauberhandlungen, durch die die Frau versuchte sich die Geburt zu erleichtern, sind den jungen Leuten in Bosnien heute ebenso wenig bekannt. In der heutigen Zeit gibt es Schwangerschaftsgymnastik und Geburtsvorbereitungskurse, die der Frau bei der Geburt helfen sollen.

Die frühere Einwicklung des Kindes in den sog. povoj wird heute nicht mehr praktiziert. Das Kind wird zwar im Krankenhaus in Windeln gewickelt, doch dies kann nicht mehr mit der früheren Wicklung verglichen werden, bei der das Kind von den Schultern weg bis hin zu den Füßen fest eingewickelt wurde, sodass es weder Arme, noch Beine bewegen konnte. Das frühere „Kopfformen“ des Neugeborenen ist schon lange in Vergessenheit geraten, denn weder die jüngeren noch die älteren Bewohner Bosniens kennen es noch. Nur noch vage gibt es daran Erinnerung.

Was allerdings noch immer praktiziert wird, sind die sog. babine, der Besuch der Frau in den ersten vierzig Tagen nach der Geburt des Kindes. Es wird hier zwischen obilazak und babine unterschieden. Beim ersten wird die Frau unmittelbar nach der Geburt besucht, meist von den nächsten Nachbarinnen, die ihr Speisen mitbringen, damit sie wieder zu Kräften kommt. Danach wird das Kind, meist in seinen ersten 40 Lebenstagen, besucht. Das Kind bekommt auch heute noch Geschenke, doch die früheren Geschenke wurden heute fast ausschließlich durch Bargeld ersetzt, das dem Kind meist unter das Kopfkissen gelegt wird. Manche muslimischen Familien schlachten heute auch ein Opferlamm zu Ehren der Geburt des Kindes. Das Fleisch wird anschließend verteilt.

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Nachdem die 40. Tage um sind, besucht die junge Mutter gemeinsam mit ihrem Kind diejenigen Leute, die auch bei ihr zu Besuch waren. Meist wird gemeinsam gegessen und bei der Verabschiedung bekommt das Kind erneut ein kleines Geschenk, meist ein Ei (manchmal auch mehrere) oder Zucker, aber manchmal bekommt es auch hier wieder Geld geschenkt. Die Bosnier heben das Kind, wenn es zum ersten Mal in ein Haus kommt, auch in der heutigen Zeit über den Herd (heute ist meist kein Feuerherd mehr im Haus vorhanden, dann wird es über den elektrischen Herd gehoben). Die meisten sagen dabei, damit es wächst und groß wird, doch die ursprüngliche Bedeutung dieser Handlung ist nicht mehr eindeutig bekannt. Die meisten dieser Handlungen, gehören auch heute noch zum bosnischen Brauchtum, doch die ursprüngliche Bedeutung ist, vor allem den jüngeren Menschen, nicht mehr bekannt.

Auch die Namensgebung läuft nicht bei allen nach dem gleichen Schema ab. Vor allem nach dem Bosnienkrieg begannen die Menschen wieder sich mehr und mehr ihrer Religion zuzuwenden und ihren Kindern Namen zu geben, die dem jeweiligen Glaubensbekenntnis entsprechen. Vor allem bei den bosnischen Muslimen ist dies festzustellen, wenn wir die Namen aus der Vorkriegszeit mit heutigen vergleichen. In der Vorkriegszeit gaben die Muslimen ihren Kindern gerne auch internationale Namen, vor allem wenn sie Kommunisten waren. Heute geben sie hauptsächlich muslimische Namen, meist jedoch nicht mehr althergebracht, wie Muhamed, Suljo (kurz für Sulejman) oder Mehmed, sondern neue, moderne Namen. Doch auch die orthodoxe und katholische Bevölkerung legt Wert darauf, ihren Kindern einen, ihrer Religion entsprechenden Namen zu verleihen.

Die Taufe bei der orthodoxen Bevölkerung Bosniens findet meist später statt, als die bei der katholischen Bevölkerung. In Banja Luka wird das Kind oft erst beim ersten Geburtstag getauft. Es wird ein Fest veranstaltet, ähnlich wie bei den Muslimen zum ersten Geburtstag des Kindes, die anlässlich dieser Feier ihrem Kind durch einen Paten die Haare schneiden lassen (Schurpatenschaft).

Die Beschreiung des Kindes ist ein Thema, dass heute noch in Bosnien und der Herzegowina sehr bekannt ist. Auch in der heutigen Zeit gibt es Menschen, die darauf

110 achten, dass ihr Kind nicht beschrieen wird, ob nun durch ein rotes Armband auf der Hand des Kindes oder durch das verkehrte Anziehen der Kleidung. Meist ist es aber so, dass die jungen Leute nicht mehr so richtig daran glauben, aber aus Respekt zu den älteren, immer noch gewisse Schutzmittel zum Schutz des Kindes verwenden. Die alten Zaubersprüche gegen Beschreiung sind heute aber nicht mehr bekannt. Oft wird dem Kind auch ein Amulett in die Kleidung genäht oder in seine Nähe gelegt. Auch Eibenholz (tisovina) ist als Amulett sehr beliebt. Oft wird es geschnitzt (z. B. eine Herzform mit dem Anfangsbuchstaben des Kindsnamens) und auf einer Kette dem Kind um den Hals gehängt.

Gestillt wird das Kind heute nicht mehr über so einen langen Zeitraum wie früher. Meist nur ein halbes Jahr oder ein Jahr, selten zwei Jahre. Frauen, die anstatt der Mutter des Kindes, dieses stillen, gibt es heute kaum noch. Besonders die jüngeren Mütter kennen dies nicht mehr. Auch die Zauberhandlungen, die dem Kind beim Gehen oder Sprechen lernen helfen sollten, verschwinden langsam aus der Erinnerung der Menschen. Heute wird das Kind in solchen Fällen zum Arzt gebracht.

Durch die Informationen der interviewten Personen konnte festgestellt werden, dass solche Bräuche, die mit bestimmten Zauberhandlungen und -formeln verbunden sind, heute nicht mehr bestehen. Die Bräuche rund um die Namensgebung und Schurpatenschaft sind ziemlich gleich geblieben wie vor etwa 50 Jahren – es gibt hier nur minimale Unterschiede (die Menschen ändern z. B. nicht mehr den Namen des Kindes in Arslan oder Vuk, wenn das Kind krank wird). Die Schurpatenschaft findet meist zum ersten Geburtstag des Kindes statt, und nicht wie früher manchmal auch zum 3. oder 5. Geburtstag. Über die Beschreiung können die Leute auch in der heutigen modernen Zeit noch erzählen, ob sie aber wirklich daran glauben, ist eine andere Frage. Tatsache ist, dass die heutigen Menschen in Bosnien und der Herzegowina zwar noch einige Begriffe des alten Volksglaubens kennen und auch einige Handlungen praktizieren, doch kaum jemand glaubt noch wirklich daran. Die meisten Bräuche werden einfach weitergeführt, da es schon die Großeltern und die Eltern gemacht haben. Die ursprüngliche Bedeutung dieser Bräuche ist heute kaum noch jemandem bekannt und damit erfährt die Überlieferung eine unübersehbare Sinnentleerung.

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Könnten wir in die Zukunft blicken, würden wir vielleicht einer Welt begegnen, in der die bosnischen volkstümlichen Bräuche rund um die Geburt des Kindes nicht mehr existieren. Vielleicht kann diese Arbeit einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass dieses althergebrachte Kulturgut nicht zur Gänze der Vergessenheit anheim fällt.

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Sažetak

Dijete u bosanskim običajima

U Bosni i Hercegovini su sačuvani mnogi stari običaji, pa čak i neki običaji iz doba starih Slavena. Stari Grci su sa zadivljenošću pisali o porođaju ilirskih žena. Jednako kao ilirske, tako su i bosanske žene do nedavno rađale djecu kod kuće i često bez ičije pomoći. No, ako su imale pomoć, onda od babica ili ebejki (kako su ih muslimani zvali). I kod katolika i kod muslimana je to bila spretna žena koja je i sama rađala i imala iskustva. Međutim, neki od tih starih običaja su sačuvani samo u sjećanju naroda. Naročito magijski obredi, koji su ženi do skora pomagali da npr. zatrudne (pogotovo muška djeca su bila poželjna), ne samo da se više ne primjenjuju, nego su čak i nestali iz sjećanja naroda.

Danas ljudi u Bosni i Hercegovini žele da im je dijete zdravo – da li je muško ili žensko, to je malo kome od značaja. U ranija vremena je muškoj djeci pridavan veći značaj nego ženskoj (ne samo kod muslimana, nego i kod katolika i pravoslavaca). Naravno, i dan danas neki muškarci više požele sina nego kćerku, ali se ne može reći da im kćerka ništa ne znači, kao što je to bilo u ranija vremena (za kćerku se govorilo da je „tuđa kost“, „tuđa sreća“ itd.). Ljudi su još do prije 50 godina imali mnogo djece (ne samo muslimani, već i hrišćani). Danas to nije više tako. Mnogi magijski obredi, kao npr. stavljanje muškoga djeteta na svadbi mladoj u krilo, kako bi i ona rodila sina, su skoro potpuno zaboravljeni. No ipak, muško dijete igra još uvijek npr. značajnu, posebnu, određenu ulogu kod svadbenih običaja muslimana, katolika i pravoslavaca, samo što je u narodu većinom zaboravljeno temeljno značenje tih običaja.

U prijašnja vremena muškarcu je bilo dozvoljeno da oženi drugu ženu, ako mu prva žena nije mogla roditi nasljednika. U tom slučaju mu je prva žena postala „posestrimom”, a drugu su zvali „inočom”. Pojmovi „posestrima” i „inoča” su i danas još poznati, ali njihovo prvobitno značenje se polako gubi.

Da li će dijete biti muško ili žensko danas se vidi na ultrazvuku. Današnja medicina omogućuje da se uz pomoć ultrazvuka spol djeteta sazna još za vrijeme trudnoće. U

113 nekadašnja vremena su žene po nekim znakovima ili postupcima trudne žene pokušavale odrediti djetetov spol, kao npr. po obliku stomaka ili po licu trudnice. Mnogi od tih načina predskazivanja spola djeteta su ostali još uvijek u sjećanju naroda, pa su čak poznati i mladima jer su ih mnogo puta čuli u pričama starijih. Ne samo u Bosni, nego i u drugim zemljama Evrope, svijeta ili slično je narod pokušavao kroz razne predznake pogoditi da li će dijete, koje se još nalazi u utrobi, biti muško ili žensko. U Nepalu se vjeruje da će se kćerka roditi, ako dijete leži u lijevoj strani utrobe. I u nekim evropskim zemljama postoji to vjerovanje, pa ga tako susrećemo i u Bosni. Ako se dijete nalazi u desnoj strani utrobe, onda bi po narodnom vjerovanju trebalo biti muško. Srbi vjeruju da će dijete biti žensko, ako žena prve pokrete djeteta osjeti van kuće, a Poljaci, ako žena dobije pjege u licu.

Do prije nekoliko godina je u narodu vjerovano u to da se može odrediti čak da li će dijete u životu biti sretno, lijepo, nesretno i sl.. Takva se tumačenja još mogu čuti od starijih ljudi. Dijete bi npr. trebalo imati lijep ten, ako žena u trudnoći jede breskve. I priče o tome kako je dijete dobilo mladež ili kako su se žene ranije porađale su još uvijek poznate.

U Kini trudnu ženu nazivaju „ženom sa srećom u unutrašnjosti“, ali i u Bosni i Hercegovini se oduvijek pazilo na trudnicu. Kada bi se saznalo da će se roditi novi član porodice, nastajalo bi veliko veselje u kući.

U prijašnja vremena bosanske žene nisu pripremale stvari potrebne za dijete prije poroda, jer su vjerovale u to da se djetetu može nešto loše dogoditi, ako bi to uradile. Mlađe generacije danas više nisu sujevjerne po tome pitanju. U današnja vremena se sve već priprema unaprijed. Ipak stariji ljudi još uvijek vjeruju u to, da bi se prije poroda trebalo pripremiti samo najpotrebnije za dijete. Čini, kroz koje je žena prije pokušavala sebi olakšati porođaj, danas većinom u narodu više nisu poznate, pogotovo ne mlađoj generaciji. U današnja vremena postoji gimnastika za trudnice i kursevi koji žene pripremaju na što lakši porođaj.

U mnogo zemalja muž pruža podršku svojoj ženi, kako bi se lakše porodila. U Keniji muževi skidaju hlače i kaiš, misleći da će na taj način simbolički pomoći svojoj ženi. Kod Inuita sam muž porađa ženu, a u Brazilu muškarci sami sebi nanose ozljede, kako bi na

114 taj način podijelili bol sa svojom ženom. U Bosni i Hercegovini (i u drugim zemljama svijeta) bi muškarac ležao u krevetu i valjao se od bola kao da se porađa on, a ne njegova žena. Taj običaj je bio poznat pod imenom „kuvada”, no danas ga malo ko poznaje.

Žene su prije povijale djecu u pelenu od ramena do nogu. Pritom je pelena stezana tako čvrsto, da se dijete nije moglo slobodno pomjerati. Djeca se i danas povijaju u pelenu, ali se to više ne radi na takav način, kao u ranija vremena. Nekada su bili poznati i običaji oblikovanja dječje glave, no izgleda da su već odavno zaboravljeni, jer ih ne poznaju ni starije ni mlađe generacije.

Običaj, koji se i dan danas praktikuje, su babine, dakle odlazak u posjetu ženi u prvih 40 dana nakon poroda. Zapravo, u Bosni se pravi razlika između „obilaska” i „babina”. „Obilazak” je posjećivanje žene prvih dana neposredno nakon poroda. U obilazak dolaze pretežno prve komšinice i donose ženi razna jela. Poslije toga dolaze „babine” - takođe posjećivanje žene, ali i djeteta. Na babine se donose pokloni za dijete, ali i za porodicu. Djetetu se danas obično poklanja novac koji se stavlja pod dječju glavu, odnosno jastučić. Neke muslimanske porodice kolju i kurban (Opferlamm) u čast rođenja djeteta. Meso kurbana se obično dijeli prvim komšijama, a u ranija vremena se dijelilo i siromašnima.

Nakon babina žena spremi svoje dijete i posjećuje sve one, koji su i njoj bili u posjeti. Obično se tada pripremi ručak za porodilju i zajedno se objeduje. Pri odlasku kući dijete ponovo dobiva poklon, najčešće jaje (ili više jaja, da bude okruglo, odnosno puno kao jaje) ili šećer (da bude slatko kao šećer). Međutim, u današnja vremena se djetetu i tada daje novac. U Bosni i Hercegovini je običaj, da kada neko prvi put dolazi u jednu kuću, podigne dijete iznad štednjaka (u ranija vremena iznad vatre), da bi naraslo kao vatra. No, prvobitno značenje toga običaja više nije jasno. I svi ostali običaji, koji su se ticali vatre i kađenja majke i djeteta, danas su malo kome poznati, a ponajmanje muslimanima Bosne i Hercegovine. Jedan manji dio tih starih običaja je i dan danas dio bosanskih običaja, no izvorno značenje im više nije poznato, pogotovo ne mlađoj generaciji.

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Nadijevanje imena djetetu danas se ne obavlja kod svakoga na isti način. Pogotovo nakon rata 90-tih godina u Bosni i Hercegovini narodi su se više posvetili svojoj religiji i počeli svojoj djeci ponovo davati imena koja odgovaraju njihovoj vjeroispovijesti. Kada se posmatra nadijevanje imena kod bosanskih muslimana, vidljivo je da su muslimani svojoj djeci prije ovog rata davali i međunarodna imena, ali i slavenska, no danas to više nije tako. Danas se opet nadijevaju muslimanska imena, ali manje imena kao što su Muhamed, Suljo (Sulejman) ili Mehmed, a više nova, suvremenija imena. Ali ne samo muslimani, nego i hrišćani pretežno daju svojoj djeci imena koja odražavaju njihovu religijsku pripadnost.

Bosanski pravoslavci obično krste djecu kasnije, nego katolici. U Banja Luci se dijete obično krsti za njegov prvi rođendan. Uglavnom se tom prilikom priređuje proslava. Slično je i kod muslimana – kada za djetetov prvi rođendan šišani kum po prvi put šiša dijete. Taj običaj, koji je poznat pod imenom „šišano kumstvo”, kod muslimana diljem Bosne i Hercegovine se još uvijek praktikuje. Malo ko ga ne poznaje. Većinom se kum sam ponudi ili ga biraju roditelji djeteta, a poslije šišanja kum daruje dijete (u većini slučajeva se i ovdje daruje novac).

Bosansko-hercegovački muslimani su modernih shvatanja, ipak postoje i vjerski običaji koji se još uvijek praktikuju, kao što je npr. sunećenje. Muška djeca se danas u Bosni obično sunete dok su još malena (u dobi od nekoliko mjeseci) jer se smatra da je tada najbolje za djecu (tada još ne osjećaju svjesno bol). U nekim krajevima se sunećenje slavi, priredi se svečanost i pozovu se članovi porodice i prijatelji. Djeca se danas sunete isključivo u bolnici, samo u rijetkim slučajevima se pozove liječnik da bi se obred obavio kod kuće. I prilikom ove svečanosti je običaj da se djetetu daruje novac.

Urok je i u današnjem suvremenom vremenu tema koja se često spominje i poznat je skoro svakome u Bosni. I dan danas mnogi vjeruju u „urokljive oči” i nastoje da zaštite svoje dijete od takvih očiju. Malo ko ne stavlja djetetu crvenu narukvicu protiv uroka. Isto tako, djetetu se oblači nešto od odjeće naopako, kako bi se zaštitilo od uroka. U većini slučajeva mladi ljudi ne vjeruju više u urok, ali se ipak drže nekih starih običaja, kao što je npr. upravo spomenuto stavljanje crvene narukvice protiv uroka, jer su tako naučili od svojih roditelja. Stare basme više nisu poznate ni starima ni mladima.

116

Često se i danas pored djeteta stavi hamajlija ili tisovina jer se vjeruje da čuvaju dijete. Ali ljudi to rade više iz navike, nego što vjeruju u uroke.

Period dojenja djeteta nije više tako dug, kao što je to bio slučaj ranije. Danas se dijete doji pola godine do godinu dana, rijetko i do dvije godine. Žene, koje su dojile djecu drugih žena, danas više ne postoje, osobito mlađim majkama to više nije poznato. Isto tako i čini i obredi, koje bi žene prije vršile npr. kada im dijete ne bi na vrijeme prohodalo ili progovorilo, danas više nisu poznati. Narodna vjerovanja su samo u fragmentima ostala u sjećanju današnjih naroda Bosne i Hercegovine.

Vrlo zanimljiva tema je i tetoviranje katoličke djece. Tetoviranje se obavljalo uglavnom u doba puberteta i njime bi se iskazivala religijska pripadnost, ali se vjerovalo da pruža i zaštitu. Ukrasi tih tetovaža su uglavnom bili križevi, čime se muslimanima otežavala ženidba pripadnicama katoličke vjeroispovijesti, kao i katoličkim ženama prelazak na Islam. Katolici Bosne i Hercegovine se danas više ne tetoviraju, ali se do nedavno moglo vidjeti tetovaže na tjelima pretežno katoličkih žena. Moguće je, da poneka od tih starih katolkinja, čije je tijelo ukrašeno tim ornamentima, još živi. No za nekoliko godina će taj običaj, sasvim sigurno, u potpunosti nestati.

Činjenica je da današnji narodi Bosne i Hercegovine još uvijek poznaju neke pojmove stare narodne vjere i čak praktikuju neke od starih običaja, ali malo ko u potpunosti vjeruje u njihovo staro značenje. Mnogi običaji se jednostavno nastavljaju jer su dio tradicije - naši pradjedovi su vjerovali u njih, a i naši roditelji su ih praktikovali. Prvobitno značenje tih običaja je malo kome poznato, tako da i njihovo prenošenje nema više isti smisao kao u prijašnja vremena.

Rezultati razgovora s osobama koje danas žive u Bosni i Hercegovini su pokazali da običaji, koji su imali karakter magijskih obreda, danas više ne postoje. Čak ih nema više ni u sjećanju naroda. Običaji vezani za nadijevanje imena ili za šišano kumstvo se praktikuju na sličan način, kao prije 50 godina, postoje samo minimalne razlike (npr. ljudi više ne mijenjaju djetetu ime u Arslan ili Vuk, ako se dijete razboli). Šišano kumstvo je običaj koji se danas praktikuje za prvi djetetov rođendan, a ne kao nekada za treći rođendan ili čak kasnije. O uroku i narodnim vjerovanjima oko uroka se i danas može mnogo toga čuti, no da li narod stvarno vjeruje u urok, to je drugo pitanje. Kao

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što je već mnogo puta spomenuto, mladi ljudi poznaju neke narodne običaje iz priča starijih, ali jedva da neko još vjeruje u njih. Današnje vrijeme je drukčije. U današnje vrijeme ljudi ne vjeruju ni u šta, što ne mogu logično objasniti.

Kad bismo se za 20 godina ponovo bavili ovom temom, najvjerovatnije bi utvrdili da su bosanski narodni običaji, koji se odnose na dijete i njegovo rođenje, postepeno nestali.

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122

I. Anhang

I.1 Transkriptionskonventionen250

(.) Mikropause

(-) kurze Pause

(--) mittlere Pause

(---) längere Pause (bis 1 Sek.)

(1.25) geschätzte Pause (in Sek., ab 1 Sek.)

: Längung des Wortes (je nach Länge)

:: eine längere Längung

ꞌ verschluckte Laute, Abbruch des Wortes bzw. Satzes e/ee steht für das deutsche „äh“ – Verzögerungssignal

((lacht)) Beschreibung von außersprachlichen Handlungen

(solche) vermuteter Wortlaut al(s)o nicht mit Sicherheit identifizierbare Laute

(welche/solche) mögliche Alternativen, nicht sicher entschieden

( ) unverständliche Passage

((…)) Auslassung

((20)) Auslassung in Sek. (bei größerer Auslassung)

250 Grundlage: Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem (GAT). URL: http://www.mediensprache.net/de/medienanalyse/transcription/gat/gat.pdf [Zugriff: 20. 11. 2013]. 123

I.2 Transkription Anela

Aufnahmenummer: 6 Aufnahmeort: Kotor Varoš, Bosnien und Herzegowina Aufnahmezeitraum: August 2013 Aufnahmedauer: 17:59 Aufnahmesituation: Interview Aufgenommen mit: Digital Voice Recorder (Olympus) Aufgenommen und transkribiert von: Ines Stojičić (IN) Interviewte Person: Anela aus Kotor Varoš (AN); 26 Jahre alt; hat ein einjähriges Kind

Transkription

001 IN: Narod je ranije vjerovao u vještice vile i more (.) znaš 002 li nešto o tome (.) i šta one mogu učinitꞌ novorođenom

003 djetetu?

004 AN: Ne znam ništa.

005 IN: Nisi ništa čula (-) o tome (-) jelꞌ ti poznata riječ (.)

006 suđenice (.) suđenice?

007 AN: Ne.

008 IN: Ee (.) šta znači riječ ograisati i kako se može ograisati?

009 AN: Ograisati (2.25) pa prije se vjerovalo da se može (.)

010 recimo ako je krv prolivena negdje (-) i ako staneš na to

011 kao može se ograisati ilꞌ nešto tako alꞌ (.) ne znam ništa

012 baš detaljnije o tom.

013 IN: A znaš li kako je se moglo pomoćꞌ (.) tom čovjeku koji je

014 ograisao (--) na koji način?

015 AN: Pa prije (se/su) većinom (.) hodžama se išlo da hodža toꞌ

016 IN: Mh (.) samo hodžama il:i su pravoslavci na primjer (.) i

017 oni su vjerovali u to (-) popovima ilꞌ

018 AN: Ne znam (.) mislim da (se/su) općenito hodžama

019 (išlo/išli).

020 IN: Mh (--) prije su muška djeca našem narodu bila draža od

124

021 ženske (.) šta misliš jelꞌ i danas to tako?

022 AN: Pa: u nekim slučajevima da a u nekima i ne (.) isto kꞌo i

023 prije (.) i prije.

024 IN: Mh.

025 AN: Nekima bilo tako a nekima nije (--) tako i danas.

026 IN: Ee postojale su neke čini (.) koje su žene vršile da bi

027 rodile muško dijete (.) jelꞌ ti nešto o tome poznato?

028 AN: Ne (.) nije.

029 IN: Em: kad bi žene rađale samo (.) žensku djecu (-) ee šta bi

030 one činile da rode muško dijete?

031 AN: Ne znam (.) nije mi ništa o tome poznato.

032 IN: O:vaj (.) jelꞌ ti poznata riječ (.) posestrima i inoča

033 (-) te dvije riječi?

034 AN: Ne.

035 IN: Ne (7.0) ee šta su žene (-) činile o:vaj da: (.) ne bi

036 rađale više (.) na neko vrijeme (.) ili da nikako ne bi

037 više rađale?

038 AN: Pri:je ne znam šta su činile.

039 IN: Bajanje je ženama pomagalo da rode (.) jelꞌ ti nešto o

040 tome poznato (.) i bave li se žene i danas time?

041 AN: Pa prije je vjerovatno nešto (-) bilo (.) u tom smislu alꞌ

042 danas ne znam više dalꞌ se to praktikuje.

043 IN: O:vaj žene u drugom stanju su pokušavale saznati da li

044 nose muško ili žensko dijete (-) kako su to radile i da li

045 se to i danas radi?

046 AN: Pa starije žene i danas to: (---) mlađima (--) pokušvaju

047 otkritꞌ (4.25) na primjer po obliku stomaka.

048 IN: Mh.

049 AN: Onda:: (.) kakva je žena u licu (.) ako se promijeni u

050 licu (.) ako ima fleke (.) pjege neke i to (.) kao muško

051 je (.) ako (.) ostane (.) nepromijenjena u licu žensko (.)

052 tako po tom.

053 IN: Mh.

125

054 AN: Te neke stvari.

055 IN: O:vaj po čemu narod vidi na koga će dijete u utrobi ličiti

056 (.) i kakve naravi će biti?

057 AN: Ne znam po čemu bi se to u stomaku moglo vidjeti.

058 IN: Ako na primjer (.) žena pogleda u nekog (.) ko je pametan

059 (-) da će dijete biti pametno u tom smislu nije ti ništa

060 poznato?

061 AN: Ne: znam (-) ne.

062 IN: Po čemu narod vidi da li će dijete biti sretno i lijepo?

063 AN: Ne: znam (.) ne znam u stomaku uopšte kako bi se to moglo

064 odreditꞌ (.) dok sꞌ prije nego što se dijete rodi.

065 IN: Mh (-) ee po čemu narod vidi da će dijete imati mladež?

066 AN: Pa prije se vjerovalo kao (-) daꞌ

067 IN: Znači: (.) trudna je žena nešto morala uraditi (.) da bi

068 dijete imalo mladež.

069 AN: Ako se trudnoj ženi recimo nešto jede: (--) ako želi nešto

070 da pojede (-) i misli na to alꞌ recimo (1.75) nema u tom

071 trenutku to da pojede ilꞌ nešto pa se počeše na određeni

072 dio tijela ne znam ni ja onda dijete (.) recimo jedu se

073 ženi šljive: (.) i ona se počeše (.) onda djetetu (.) bude

074 mladež na tom dijelu.

075 IN: Mh.

076 AN: U obliku šljive recimo il:ꞌ (--) šta je se već ženi jelo.

077 IN: Mh.

078 AN: Tako nešto.

079 IN: Em znaš li kako su žene prije rađale (.) i gdje su rađale

080 (--) o:vaj i kako rađaju danas?

081 AN: Pa prije su većinom kod kuće (.) pomoću babiꞌ (.) babice

082 su im pomagale i tako a danas u bolnicama većinom.

083 IN: Mh.

084 AN: Izuzev ako se ne stigne (-) do tamo.

085 IN: ((lächelt)) (1.75) o:vaj (.) kako su se žene pripremale na

086 porod (--) ee i kako se danas pripremaju (.) ima li tu

126

087 neke razlike?

088 AN: Prije ne znam (.) prije je to dosta bilo praznovjerno (.)

089 kao ne smije se ništa kupovatꞌ (.) ne smije se: (--) ee

090 priprematꞌ ne znam ni ja alꞌ danas se većinom sve prije

091 sredi i kupi (.) ja sam recimo sve kupila prije.

092 IN: Mh.

093 AN: Sve namjestꞌla kupila sredꞌla.

094 IN: Mh (---) ee prije su žene (.) činile neke stvari da bi

095 imale (.) lakši porođaj (-) znaš li šta su činile (.) i:

096 da li se to i danas radi?

097 AN: Pꞌ prije ne znam veꞌ vjerovatno (--) više radećꞌ i krećućꞌ

098 se danas imaju vježbe i: ne znam ni ja a::lꞌ (-) većinom

099 dosta kretanja.

100 IN: Mh (--) ee (---) trudna žena je prije krila datum (.)

101 porođaja (-) u to vrijeme (.) kad (.) kad je osjetꞌla da

102 će se porodꞌtꞌ (.) ona je to krila od naroda (.) znaš li

103 zbog čega je to radila?

104 AN: Pa možda da sebi olakša (-) da joj bude lakši porod ne

105 znam ni ja.

106 IN: Mh.

107 AN: Možda ako: više ljudi zna možda je se moglo utjecatꞌ

108 nekako na to ne znam.

109 IN: Ova:j jelꞌ i danas žene kriju to iliꞌ

110 AN: Ne: danas je sve (-) sve se zna.

111 IN: Ee je li ti poznata riječ kuvada?

112 AN: Ne.

113 IN: O:vaj (1.25) kako je ranije izgledao porod (.) znači taj

114 (.) sam porođaj (.) i: ko je pomagao (--) pri porodu

115 (-) kako je to danas?

116 AN: Pa danas u bolnicama (.) doktor (.) sestre.

117 IN: Mh (---) a prije?

118 AN: A prije:ꞌ

119 IN: Jesiꞌ čula išta o tome kakoꞌ

127

120 AN: Prije (.) većinom po selima žene su se porađale kod kuće

121 (.) neke same (.) nekima su pomagale babice ne znam.

122 IN: Mh.

123 AN: Možda neko pf ko je se našꞌo u tom trenutku tu (.) svekrva

124 ne znam (.) neko.

125 IN: Mh (---) ee (.) ko je kupao dijete i koliko često se

126 kupalo (.) i kako se sjekla pupčana vrpca?

127 AN: Pupčana vrpca ne znam kako se sjekla: (.) a: kupanje (-)

128 mislim da je većinom neko od ilꞌ svekrva ilꞌ neko od

129 rodbine neko bliži kupao dijete ono: (--) prvih ne znam

130 (.) četrdeset dana možda ilꞌ tako.

131 IN: Jelꞌ svaki dan iliꞌ

132 AN: Pa prvih četrdesꞌt dana mislim svaki dan da su (je)

133 kupali.

134 IN: Mh (-) jelꞌ se i danas kupa dijete svaki dan (-) ili:ꞌ

135 AN: Ja sam svoje kupala svaki dan (.) četrdeset dana (.)

136 kasnije onda (.) svaki drugi treći tako.

137 IN: Mh (--) o:vaj (.) kako se dijete povijalo (.) i koliko

138 dugo (--) znaš li nešto o tome?

139 AN: Ne znam ništa baš konkretno (.) danas se to (1.25) ( )

140 postoji ono a:li (-) postoji nešto sličnoꞌ

141 IN: Rade li to u bolnici danas?

142 AN: Pa (.) nešto kao povoj rade u bolnici (.) a kod kuće (.)

143 ne vjerujem (--) iko (.) ilꞌ slabo skroz da se to kod kuće

144 radi.

145 IN: Alꞌ kako to izgleda (.) jelꞌ to samo pelena u koju umotaju

146 dijete ili: (-) u bolniciꞌ

147 AN: Pa nešto kao dvije tri pelene pa se to (.) imaju oni neki

148 (---) tehniku kako se to mota ne znam ni ja.

149 IN: ((lächelt)) do:bro.

150 AN: ((lacht leise)).

151 IN: Znaš li nešto o povijanju (.) dječje glave?

152 AN: Ne.

128

153 IN: Ne?

154 AN: Znam (.) da se ono (.) dijete kao okreće (.) na obe strane

155 da leži to da bi glava ljepši oblik imala ilꞌ tako da ne

156 leži samo na jednoj strani pošto ostane udubljenje ilꞌ

157 nešto tako.

158 IN: Mh (.) a da su žene same (.) znači te porodilje oblikovale

159 (-) dječju glavu na primjer usta i nos i to (.) ne znaš

160 ništa o tome?

161 AN: Ne (.) ne.

162 IN: O:vaj kako se dijete može ureći?

163 AN: Pa (---) recimo neko ko nema djece (.) a silno želi dijete

164 (.) i: kad dugo gleda u neko dijete i i tom svom silnom

165 željom ne znam ni ja urekne ga nekako.

166 IN: Mh.

167 AN: To sam čula tako da te žene koje ne mogu imatꞌ djece da

168 one najviše mogu urećꞌ ilꞌ (-) ne znam jednostavno kad je

169 dijete ilꞌ kad se nekom svidi dijete kad je napredno kad

170 je dobro ilꞌ ono oꞌ uporno ga osoba dugo gleda: i to (.)

171 to valjda djetetu nešto nasmꞌ zasmeta alꞌ sadꞌ

172 IN: Mh.

173 AN: Šta je tu u stvari (.) jelꞌ to tako ne znam.

174 IN: Mh (.) do:bro (--) ee šta se dešava u prvih četrdeset dana

175 nakon poroda (.) šta se donosi na babine?

176 AN: Pa: većinom se novac (.) stavlja pod glavu (.) pod

177 jastučić (-) i: (--) odjevni predmeti (.) tako u tom

178 smislu.

179 IN: Mh (1.25) kada žena prvi put izlazi s djetetom (.) kome

180 ona prvo ide (.) postoji li tu neko: (.) recimo pravilo

181 ili (.) ne (--) i šta se nosi?

182 AN: Pa kako ko (-) neko prvo obiđe rodbinu pa po redu kꞌ ono

183 (.) komšiluk i tako.

184 IN: Mh.

185 AN: Kako ko (.) svako po svom.

129

186 IN: O:vaj šta ona nosi tada i: da li dijete i tada dobiva

187 nešto?

188 AN: Pa ponese se (--) ꞌnako neke sitnice (-) ništa sꞌ puno a:

189 (--) običaj je isto dijete kad prvi put dođe nekom u kuću

190 da se dadne (.) novac ili (.) jaja recimo da dijete bude:

191 (.) puno kao jaje (.) okruglo ili šećer da bude slatko kao

192 šećer ili tako u tom smislu.

193 IN: Mh.

194 AN: Alꞌ sad je ve:ꞌ većinom prešlo to u novac (-) većinom se

195 novac daje.

196 IN: O:vaj (.) znaš li šta je bešika (-) i kako izgleda ilꞌ

197 kako je izgledala?

198 AN: Kako izgleda ne znam baš (.) nisam vidjela alꞌ (-) čula

199 sam da su prije bešike bile (--) neštꞌ slično kꞌo krevetac

200 manje i: moglo se ljuljatꞌ (.) nešto tako.

201 IN: O:vaj (.) šta misliš kakva imena nadijevaju muslimani

202 svojoj djeci ili katolici svojoj ili pravoslavci svojoj

203 (.) da li gledaju na to na primjer (.) ako si musliman

204 (-) ee da djetetu dadneš muslimansko ime ako si katolik

205 katoličko i: (---) dalꞌ (.) dalꞌ se gleda na to danas?

206 AN: Pa (.) danas i ne baš tolꞌko (-) i: gleda se alꞌ više su

207 postala međunarodna neka (.) neke izvedenꞌce od nekih

208 imena nije više kꞌo prije ono da se tradicionalna imena

209 daju da se s koljena na koljeno prenosi i tako.

210 IN: Mh.

211 AN: Većinom se neke izvedenꞌce iz::vlače i (---) tako.

212 IN: O:vaj (-) ko je ranije (.) ovaj birao dječje ime (--) i:

213 kako se djetetu nadijevalo ime (-) jelꞌ to danas isto ili:

214 postoje li razlike?

215 AN: Pa ne znam danas rodꞌtelji daju imena a sad prije kako je

216 bilo (.) to ne znam.

217 IN: Mh.

218 AN: Ima slučajeva isto kad hodža (--) recimo rodꞌtelji se ne

130

219 mogu odlučitꞌ kako bi dali ime (.) i onda zovnu hodžu

220 (-) i on uči djetetu na uho (.) ezan ilꞌ ne znam možda ima

221 i neka dova251 nešto što se uči i kao hodži u tom (.) dok

222 on uči (.) dođe mu na um padne mu neko ime (-) jednostavno

223 kao da mu neki glas rekne (.) neko ime i kao to se ime

224 daje djetetu onda.

225 IN: Mh (.) znači ima slučajeva i da hodža bira ime.

226 AN: Da.

227 IN: Jelꞌ to i danas (-) ima?

228 AN: Pa da (.) ima i danas (.) da (.) kad se roditelji ne mogu

229 odlučitꞌ il:ꞌ (.) kad neće oni da biraju (.) kad hoće po

230 tom nešto tradicionalno(m).

231 IN: Mh (---) o:vaj ne znam znaš li nešto o tome kada se dijete

232 krsti (.) i kako se bira kum?

233 AN: Kum pa (.) ne znam baš alꞌ čula sam da se kumstvo ne smije

234 odbiti (.) ako se neko ponudi ne smije se odbiti (.) i ne

235 smije se tako bitꞌ neko od rodbine (---) e sad kako tačno

236 to ide (.) ta ceremonija to ne znam.

237 IN: Mh (-) šta su zle oči i kako se prepoznaje (.) čovjek sa

238 zlim očima (---) znaš li nešto o tome?

239 AN: Ne znam kako ga prepoznati alꞌ kao imaju ljudi koji (.)

240 očima mogu urećꞌ dijete ilꞌ nešto kao (--) te zle oči (-)

241 mogu zasmetatꞌ djetetu eto kad (.) ljudi ti (.) s tim

242 očimaꞌ

243 IN: A kakve su te (.) zle oči?

244 AN: Pa većinom kažu plave oči (.) da su urokljive i zlꞌ ne

245 znam sada.

246 IN: Mh.

247 AN: Alꞌ ne znam kako to kod nekog prepoznatꞌ (.) jesulꞌ svi

248 ljudi s plavim očima urokljivi il:ꞌ se nekako posebno

249 prepoznaj(u) ne znam.

250 IN: Mh (--) ee šta se čini da se dijete zaštiti od uroka?

251 Muslimisches Gebet. 131

251 AN: Pa većinom se neke amajlijce stavljaju il:ꞌ (.) tisovina

252 (-) veže se crvena trakica oko rukicꞌ oko ručice il:ꞌ (.)

253 tako.

254 IN: Mh.

255 AN: Čarapice se oblače naopa:ko (.) tako (.) u tom smislu

256 ((lächelt)).

257 IN: O:vaj (---) to si već spomenula znači ovaj kakvi predmeti

258 se koriste za zaštitu djeteta i da li se ti predmeti

259 koriste za zaštitu majke ili ne?

260 AN: Pa ne znam recimo tisovina i: (.) hamajlije neke to (.)

261 općenito se koristi za (.) za (.) kuću (.) za zaštitu kuće

262 od: tih nekiꞌ zliꞌ (-) duhova čini ne znam ni ja čega (-)

263 inače općenito se koristi za zaštitu (.) tisovina i:

264 mislim (.) inače je fino a sadꞌ

265 IN: Em (-) kako se prepozna da je dijete urečeno (.) po čemu

266 se to vidi?

267 AN: Većinom dijete neutješno plače: (--) ne može se smiriti i

268 tako.

269 IN: Mh (--) o:vaj znaš li šta su basme (.) ili basne?

270 AN: Basme?

271 IN: Mh.

272 AN: Ne.

273 IN: O:vaj šta misliš dalꞌ i daꞌ dalꞌ se i danas ide hodži (.)

274 o:vaj (.) kad se dijete urekne (.) o:vajꞌ

275 AN: Ide svakako.

276 IN: I da li se i danas prave ti zapisi i te hamajlije?

277 AN: Da (.) vjerujem da da (--) nije vjerujem znam čak da: (.)

278 to ima i danas.

279 IN: Mh (--) poznaješ li neke slučaje (.) znaš li kako se prave

280 te prave ti zapisi ili: (.) ne?

281 AN: Pa ee (---) ne znam sad kako hodža to on to odredi (.) šta

282 je kako je bilo i onda on (.) određenu dovu ilꞌ nešto

283 zapiše (-) i onda se ti zapisꞌ (.) prije čula sam prije

132

284 stari narod da je ti su se zapisi nosili u odjeći u: kosi

285 ilꞌ neꞌ negdje gdje se neće izgubitꞌ (-) a danas n:ꞌ ne

286 znam jelꞌ isto na taj način rade ilꞌ (--) uglavnom u tom

287 smislu (.) on napravi te zapise i nešto i na vodu ima

288 nauči252 se nešto da se pije ta voda (.) i: tako.

289 IN: Mh (--) ee ((räuspert sich)) porodilja i dijete su se

290 ranije kadili da bi se zaštitili (-) znaš li nešto o tome

291 i da li se to radi i danas?

292 AN: Ne (.) prvi put čujem.

293 IN: O:vaj znaš li šta je pomajka ili poma i šta je dojka?

294 AN: Ne.

295 IN: Ne?

296 AN: Ne.

297 IN: O:vaj koliko dugo se dijete o:vaj (-) dojilo prije (---)

298 koliko dugo se doji (.) sada i kako se o:vaj pokušavalo

299 odviknuti dijete od dojenja (-) i kako je to danas ima li

300 tu razlike?

301 AN: Pa mislim da je to zaꞌ (.) zavisno od djeteta (---) svako

302 dijete samo po sebi neko ranije prestane neko ne može od

303 poče:tka (.) ne odgovara mu (.) neko doji dugo i do dvije

304 godine (.) mislim da je to individualno od (.) od djeteta

305 to zavisi a ne:ꞌ

306 IN: Mh.

307 AN: A to odvikavanje sad: (1.75) ne znam prije su žene mazale

308 (---) zꞌ začinima ilꞌ nečim što bi djetetu zgadꞌlo (.) da

309 ga odbiju a:ꞌ

310 IN: O:vaj znaš li šta se radi s prvim (.) dječjim zubom (.)

311 koji nikne (-) i šta se radi sꞌ zubom koji ispadne (.)

312 prvi taj zub koji ispadne?

313 AN: Pa ne znam vjerovatno se čuva kꞌo i prva kosica ilꞌ nešto

314 nokti ilꞌ tako.

315 IN: O:vaj znaš li šta je stalak (.) ili stalac ili dubak?

252 Er spricht ein Gebet. 133

316 AN: To je nešto slično kao hodaljke danas (.) vjerovatno.

317 IN: Mh.

318 AN: Ne znam nisam nikad vidjela alꞌ mislim da je slično kꞌo

319 hodaljke samo bez točkića možda.

320 IN: Mh (-) o:vaj jelꞌ ti poznata riječ tronožac?

321 AN: Ne.

322 IN: Mh (--) znaš li šta je postupaꞌ postupaonica ili

323 postupača?

324 AN: Ne.

325 IN: O:vaj kad dijete ne bi dugo prohodalo ili progovorilo (.)

326 ovaj (.) šta bi (.) žene činile (.) da: (.) dijete prohoda

327 ili progovori (-) znaš li nešto o tome?

328 AN: N:e znam prije šta se radilo (-) danas se v:ećinom nije

329 većinom ide se na kontrole redovno i sve i: ako nešto nije

330 u redu otkrije se prije ne znam šta (se/su)

331 (radilo/radili).

332 IN: Mh (.) o:vaj šta je šišano kumstvo i kada se dijete prvi

333 put šiša (.) i kako?

334 AN: Pa prvi put se šiša (-) sa navršenom godinom dana:.

335 IN: O:vaj kako se bira taj kum (.) jelꞌ to: (.) postoji nekꞌ

336 (.) neki običaj?

337 AN: Pa većinom se: (.) neko sam (.) sam se neko javi.

338 IN: Mh.

339 AN: Većinom.

340 IN: O:vaj šta misliš jelꞌ se to (.) polako gubi ili: (.) ili

341 narod još uvijek ova:j (.) toꞌ

342 AN: Pa mislim da još uvijek se to radi.

343 IN: Mh (-) kada se dijete (.) obično suneti i gdje se to danas

344 obavlja?

345 AN: Danas se većinom u u: bolnicama i: (--) imaju ljudi koji

346 su školovani i obučeni za to a prije su to berberi radili.

347 IN: Mh.

348 AN: Ma da mislim da to prije i nije bilo baš (--) ni

134

349 medicinski (.) n:i higijenski n:i (--) mislim da je danas

350 puno se to (.) bolje obavlja i: (.) alꞌ eto i prije se

351 obavljalo tako.

352 IN: A kada se dijete suneti obično o:vaj (.) prije godinu dana

353 ilꞌ poslije?

354 AN: Pa većinom malo (.) što manje to bolje kažu.

355 IN: Mh (---) o:vaj (--) prije su se katolici tetovirali (.) da

356 bi iskazali svoju vjeru (.) šta misliš je li to i danas

357 rade (.) jelꞌ tebi to uopšte poznato (.) ili nije (-) jesi

358 li viđala te tetovaže na ljudima?

359 AN: Pa viđala sam nešto po rukama neke tetovaže (.) prije (--)

360 misli:m (.) poznato mi je da je to bilo prije a:lꞌ danas

361 (.) u: novije vrijeme nisam to viđala.

362 IN: Mh (--) o:vaj to bi bilo to (-) hvala.

363 AN: Molim.

135

I.3 Transkription Hajrija

Aufnahmenummer: 4 Aufnahmeort: Kotor Varoš, Bosnien und Herzegowina Aufnahmezeitraum: August 2013 Aufnahmedauer: 56:39 Aufnahmesituation: Interview Aufgenommen mit: Digital Voice Recorder (Olympus) Aufgenommen und transkribiert von: Ines Stojičić (IN) Interviewte Person: Hajrija aus Kotor Varoš (HA); 57 Jahre alt; hat zwei erwachsene Kinder und Enkelkinder; lebt heute in Kopenhagen, Dänemark

Transkription

001 IN: E ovako (-) o:vaj (.) narod je ranije vjerovao u vještice

002 vile i more (.) i da one mogu nešto učinitꞌ novorođenom

003 djetetu (-) jelꞌ ti nešto poznato o tome?

004 HA: Pa nije mi poznato o vilama (-) i i tim morama ilꞌ nečim

005 ne znam ni ja alꞌ se sječam da su obično stari ljudi znali

006 rećꞌ (-) ima ee urokljive oči neko kao urokljive oči u tom

007 smislu (-) da može urećꞌ nešto dijete (-) i da dijete bude

008 bolesno ilꞌ nešto ilꞌ (-) znalo se isto govoritꞌ da zelene

009 oči (-) su urokljive oči ilꞌ tako u tom smislu nešto (-) e

010 sad (-) da sam čula baš nešto da se nekome desilo od toga

011 ilꞌ je (-) ilꞌ je to bilo samo rekla kazala to ne znam.

012 IN: Znači o tim (.) vješticama i vilama nije ti ništa poznato.

013 HA: N::e znam (.) ne.

014 IN: O:vaj (-) znaš li nešto o suđenicama (-) šta su bile

015 suđenice?

016 HA: Ne (-) nikad čula.

017 IN: Do:bro (-) o:vaj (-) šta znači ograisati i kako se može

018 ograisati?

019 HA: Pa (--) definiciju ograisati (-) ne znam baš šta znači (-)

136

020 alꞌ znam smisao (-) tog samog (-) te riječi (.) to su

021 ljudi obično govorili naograisao (-) o:vaj ako je (-) neko

022 sad (-) bolestan u to nekadašnje vrijeme ne sad normalno

023 (.) ne vjerujem da je sad tako alꞌ nekad kad sam ja bila

024 dijete (-) pa ka:že (-) za nekog se priča bolestan od tog

025 ilꞌ tog (-) kao naograisao (-) stao na nešto (-) neko je

026 (-) kao: neko je pravio neku čarku i sad neko je naišao

027 (.) tu (-) i naograisao pa sad boli ga noga ilꞌ (-) ruka

028 (-) ilꞌ (-) ne znam ni ja već šta.

029 IN: Znači oboljeti (.) tako u tom smislu.

030 HA: Da (.) u tom smislu.

031 IN: Znaš li kako je narod prije pomagao tim ljudima (-) koji

032 su ograisali?

033 HA: Pa bilo je (--) čula sam u stvari (-) da se obično znalo

034 ićꞌ hodži (--) da hodža (-) otvori kuran (.) i sad kꞌo u

035 kuranu se otvori stranica ilꞌ (o) to je sve ono (-) to je

036 za mene rekla kazala jer nisam uvjerꞌla se lično (-) o:naj

037 pa onda kao (-) hodža vidi jelꞌ to naograisalo se ili nije

038 (-) onda ti (-) čula sam čak da kaže (---) zna se rećꞌ eto

039 tu i tu imaš (to i to) iskopaj i otkopaj ( ) zapali i šta

040 ja znam (-) u tom smislu.

041 IN: Taj (-) predmet?

042 HA: To nešto što je nagazio.

043 IN: Mh (---) o:vaj prije su muška djeca našem narodu bila

044 draža od ženske (.) šta misliš jelꞌ to i danas tako?

045 HA: Pa: (-) negdje (-) donekle u nekog (---) jer (-) o:no (.)

046 to je nešto ostalo u u podsvijesti ljudi (--) negdje u (-)

047 ono (-) što se kaže ozada u mozgu (-) negdje u u daljini

048 (-) da ipak nešto muško (.) kao muško (-) međutim ja

049 mislim da je to sve manje i manje.

050 IN: Manje?

051 HA: Manje (--) puno manje.

052 IN: O:vaj (-) postojale su neke čini znači neke stvari koje su

137

053 žene vršile da bi (.) rodile muško dijete (.) jelꞌ ti

054 nešto o tome poznato?

055 HA: Ne.

056 IN: Ne (---) o:vaj (-) kad bi žene rađale samo žensku djecu

057 šta bi one činile da bi rodile mušꞌ muško dijete (.)

058 sigurno ti ni je onda ni toꞌ

059 HA: Pa to ti je (-) ja mislim (-) s onim prethodnim pitanjem

060 nešto slično (-) ali nemam pojma.

061 IN: Znaš li šta je posestrima (-) i šta je inoča (-) jesilꞌ

062 čula za te dvije riječi?

063 HA: Posestrima i (-) inoča.

064 IN: Mh.

065 HA: Posestrima (-) ja mislim (-) da je to (-) to je moje

066 mišljenje jer nisam sigurna (-) možda sam nekad i znala

067 pa: (-) zaboravila (---) možda sam čula u stvari (--)

068 posestrima je ja mislim sad na primjer (--) da (sam) ja:

069 imam neku prijateljꞌcu (--) i: sad mi smo toliko dobre (-)

070 da se posestrimo pa da se dꞌ držimo kꞌo da smo sestre (-)

071 ja mislim (-) (da je to) posestrima (---) a: inoča (--)

072 hm: (--) možda maćeha ( ) ne znam.

073 IN: N:ebitno (.) ako ti nije poznato to znači toga nije bilo

074 ovdje u ovom kraju.

075 HA: Čula sam ja to (-) kao dijete (-) alꞌ ne znam (-) nisam

076 baš ono (-) nikad se upoznala pa da znam baš tačno (-)

077 značenje te riječi.

078 IN: Dobro: (1.50) o:vaj (--) ne znam možda ti ni ovo nije

079 poznato (.) šta su žene u ranije vrijeme činile da bi

080 rađale (-) da ne bi rađale više (.) znači na neko vrijeme

081 ili (-) uopšte da ne bi rađale?

082 HA: Pa: n:e znam da su mogle jadne nešto uraditꞌ ((lacht)).

083 IN: Nisu išle doktorima alꞌ su radile neke druge stvari da da

084 ne bi (-) ilꞌ na neko vrijeme da ne bi rađale ilꞌ da

085 uopšte ne bi.

138

086 HA: Pa ni:sam čula (--) nisam čula šta su mogle uraditꞌ (---)

087 nisam jer (-) obično (-) te žene u ta stara vremena (-)

088 kolꞌko ja znam za njih je bio grijeh (-) očistitꞌ dijete

089 (-) prvo to (-) kao sve je od Boga (--) ona:j (-) tako da

090 ja (-) ne znam (-) šta su one jesuꞌ radile nešto ilꞌ (---)

091 ako su radile možda krijućꞌ su radile (-) pa da se i ne

092 zna tako da ja stvarno ne znam (-) možda zna ta ako je

093 neka radila i ta neka koja je možda pomogalꞌ u tom

094 pomagala u tom nečemu (-) alꞌ ne znam (1.0) ne znam.

095 IN: Dobro (--) o:vaj (--) bajanje (.) je ženama pomagalo da

096 rode (-) jelꞌ ti nešto o tome poznato?

097 HA: Ne.

098 IN: Ne (1.25) o::vaj (--) žene su prije (-) mislim nije bilo

099 ultrazvuka i toga (-) pokušavale su da saznaju (-) dalꞌ

100 nose sad muško ilꞌ žensko dijete (---) šta misliš kako su

101 to radile?

102 HA: ((lacht)) (---) pa: (-) na primjer (---) u moje vrijeme

103 kad sam ja bila trudna (-) bio je i ultrazvuk (-) bilo je

104 sve a:lꞌ ni:je (-) nije se tad još uvijek moglo znatꞌ

105 (---) i vidjetꞌ u to do:ba koji je spol (--) bar ja kolꞌko

106 znam (---) alꞌ: s znam da (su) ono (-) baš te gatke i to

107 izmišljanje i i (--) ovaj (--) sjećam se da je od mog od

108 mog muža (-) s: amidžična (-) valjda sam ja sjedꞌla ona je

109 nešto so posula štalꞌ je radꞌla (.) ja ne ja ne znam (ni)

110 štalꞌ je ona uradila više moje glave i šta sam ja uradꞌla

111 koju (-) gdje sam rukom mahnula (-) gorꞌ dolꞌ (-) šta ja

112 znam i po tom nečemu kao ona ah biće to muško (--) o:vaj

113 (--) i ja sam (---) kasnije srela i i jednog (-) koji je

114 vozio ono (-) kamion s onim smećem (---) a u mene je

115 stomak išꞌo naprijed (--) i on ovaj ja sad onako idem u

116 prodavnicu i ne gledam ja ni u čovjeka on vozi tu (-) kupi

117 smeće ulicom (--) i ja prošla on kaže biće muško (.) biće

118 muško (--) sad ja onako (-) ona mi to kꞌ bitꞌ muško (.)

139

119 ona je vidjela to po nečemu (-) (što) sam ja pokrenula

120 ruku u kojem smjeru šta ja znam (-) on tako po nečemꞌ (.)

121 on je vidio (.) muško (--) i ja kad sam rodꞌla Irmu svoju

122 (--) mene pita ovaj (--) ova (---) primalja ilꞌ kako se

123 već zvala (-) babica u nas (--) kaže šta sꞌ imaš kod kuće

124 (-) rekoꞌ pa imam curꞌcu (-) (kaje) pa imaš još jednu (--)

125 ja u prvom mo:mentu nisam vjerovala da imam još jednu (-)

126 mislꞌla sam ono muško je (--) i kako ona reče imaš još

127 jednu ono (--) prvo sam se ono iznenadila.

128 IN: Jelꞌ?

129 HA: Aha: alꞌ (-) inače nije bilo (1.0) nije se znalo (ne

130 vjerujem) da je iko znao (.) i po čemu (.) to je (.) ako

131 je nešto izmišꞌ bilo bi (-) to je bilo izmišljeno (to

132 tako).

133 IN: Šta misliš rade li te stvari i danas (.) to (-) sa soli i

134 ilꞌ (2.0) ove starije žene?

135 HA: Pa mo:žda u nekim zabaꞌ mo::žda u nekim zabačenim mjestima

136 (.) selima (--) alꞌ sumnjam (-) sad svesꞌ (.) sad se sve

137 zna.

138 IN: Ma sad se zna na ultrazvuku.

139 HA: Ma: da.

140 IN: O::vaj.

141 HA: I na selu sad znaju kꞌo i u gradu sve.

142 IN: Ma da (.) i ja mislim da toga sve slabije ima.

143 HA: Ma: da (.) to je davno većꞌ

144 IN: O:vaj (.) šta misliš po čemu (-) narod vidi (---) o:vaj

145 (.) na koga će dijete u utrobi ličiti (.) i kakve naravi

146 će biti?

147 HA: Ni po čemu ja ne vjerujem da misli (-) i da može misꞌ

148 znatꞌ

149 IN: Ranije su: (1.50) nagađale po nekim stvarima ne znam jelꞌ

150 ti poznato nešto.

151 HA: Aa (.) nikad nisam čula i ne znam stvarno zato ništꞌ.

140

152 IN: O:vaj (.) znaš li po čemu narod vidi (-) hoćelꞌ dijete

153 biti sretno i lijepo?

154 HA: (Nikako) (.) jedino ako gleda mamu (-) kakva je mama (.)

155 kakav je tata (--) pa možda po tome (.) ilꞌ kakvi su u

156 familiji pa po tome alꞌ drugo ja ne vidim po čemu (---) da

157 (.) da (.) znali su (.) znala sam i čutꞌ i to na primjer

158 (-) ako jedeš breskve imaćeš lijep ten (.) to sam čula (.)

159 a:lꞌ ovako drugo ništa nisam.

160 IN: Mh (.) do:bro (.) ovaj (.) po čemu narod vidi da će dijete

161 imati mladež (.) znaš li nešto o tome?

162 HA: Ne znam (.) alꞌ sam čulaꞌ

163 IN: Znači dok je dijete još u utrobi u stomaku (--) moželꞌ se

164 to po nečemu vidjeti?

165 HA: To sam čula baš (-) od Mensure ((lächelt)) (---) nekꞌ ee

166 prije par noći ona kaže (.) punꞌ (.) govorili smo pili smo

167 kafu i ja kažem kad sam bila trudna sa Irmꞌ Indirom svojom

168 (-) da sam jedva čekala da popijem (.) onu kafu da bi jela

169 talog (-) jer mi je talog više značio negꞌ ona kafa (.)

170 ukus (-) a ona kaže da i ja sam čak sam volꞌla jestꞌ zrna

171 kafe ispržena kaže (-) o:vaj (-) i zato kaže (.) onaj

172 obično ostane biljeg (--) na (-) djetetu kaoꞌ

173 IN: Od (.) zrna tog.

174 HA: Kao zrno kafe (.) ona je volꞌla jestꞌ kafu i (.) ima on

175 biljeg na glavi kao (-) to je zrno kafe (.) to je od toga

176 (.) mislim što ja smatram da je izmišljotina (-) i rekla

177 je za: našu Badu (--) ovu najmlađu sestru što je u Americi

178 (.) da je (.) ona ima velꞌki biljeg na koljenu (--) ali

179 sad šta je ona rekla da je mama (.) moja jela ilꞌ pila pa

180 da je radꞌ toga to ali (-) što ja stvarno smatram da su to

181 sve izmišljotine.

182 IN: ((lächelt)) dobro (-) ovaj (.) kako su žene prije rađale i

183 gdje su rađale?

184 HA: Rađale su gdje iꞌ zateklo ((lacht)) (---) baš sam pričala

141

185 njima neꞌ (.) prije par noći kad smo sjed’li dole (2.0) ne

186 sjećam se (---) dobro ne mogu se sjetꞌtꞌ sad kako je i ne

187 znam da je (.) mama pričala nešto kako je sestru rodꞌla pa

188 brata (.) ono Haziru pa Hazima pa mene (-) alꞌ sam kad sam

189 bila malena (-) možda se sjećam da je trebala rodꞌtꞌ Izeta

190 (-) to (.) mislim to je podsvijest ili (.) ja se ne sjeꞌ

191 aꞌ (.) alꞌ se sjećam da sam bila malena (.) i kad sam bila

192 tako malena da nisam mogla rezonovatꞌ stvari (-) da sam

193 bila ubijeđena da sam vidjela kako mene rađa (1.25) o:vaj

194 (.) normalno što je smiješno (-) alꞌ poslije o:vaj (.)

195 Semku (-) ovog stꞌ drugog iza Izeta ne znam kako je ni kad

196 (.) alꞌ se sjećam Senu (.) ovog što je u Americi.

197 IN: Mh.

198 HA: Ja nisam bila svjesna (.) ja sam ipak (.) Seno je 63. ja

199 sam 56. (-) znači (-) četꞌri (--) i i tri (.) sedam godina

200 ja sam starija od Sene (.) bila sam ja ipak dijete (--)

201 alꞌ ne znam gdje su oni svi bili (.) nikog nije bilo (.)

202 samo sam bila ja (-) i sad Semko ovaj što je stariji (-)

203 malen (.) njemu je (.) on je 61. znači dvije godine je od

204 prilike imꞌo ( ) nisam ni znala da je mama trudna ni da

205 treba roditꞌ ni ništa (--) samo sam (-) se sjećam bila je

206 stara kuća (-) nije bilo struje normalno u njoj (--) i

207 sjećam se da je mama grijala lonac veliki vode (--) na

208 šparetu na loženje (.) i da je pripremila banjicu (dugu)

209 plehanu limenu ne znam ni od čega je bila banjica (-) da

210 je to pripremala ona sebi nešto radila (.) nisam bila

211 svjesna ništa šta (-) zašto (--) i: (.) to da je meni

212 rekla (-) uzmi Semku i hajꞌ s njim u sobu dole (-) i

213 zatvori vrata (.) i nemoj izlazꞌtꞌ dok te ja ne zovnem (-)

214 to mi je rekla (.) i kad je o:vaj (--) kad je ona mene

215 zovnula (--) ja sam došla (.) dijete u banjici ( ).

216 IN: Znači ona je sama rodila?

217 HA: Sama (tad je) rodila.

142

218 IN: Bez ičije pomoći?

219 HA: Bez ičije pomoći (-) i pripremꞌla je ono vreteno (.) što

220 se prela (.) vuna (--) ono žene su prele vunu na tom

221 drvenom vretenu (.) to drveno vreteno je pripremꞌla i

222 žilet za brijanje muškaraca (-) normalno čist (-) oꞌ onaj

223 nov (-) tako da nije dolazꞌlo (.) nije moglo doćꞌ do

224 infekcije (.) i stavꞌla je pupčanu vrpcu preko tog vretena

225 drvenog (.) i da ja (.) čuvam (.) a ona je presjekla (.)

226 tim žiletom (--) i onda sam (.) pripremꞌla je ovamo končić

227 i ja sam onda svezala (.) ona je čuvala (.) ja sam vezala.

228 IN: Koncem?

229 HA: Koncem tim kao.

230 IN: Jelꞌ taj konac imꞌo neku posebnu boju ilꞌ nije bilo bitno?

231 HA: N:e sjećam se.

232 IN: Ne sjećaš se toga?

233 HA: Ne sječam se (-) ja mislim da je to bilo bitno da je konac

234 (.) pa i da je čvrst (.) da može svezatꞌ (.) da se to (.)

235 ono (.) sveže čvrsto i to to (-) da je bilo to to (-) eto

236 to se sjećam od tog njenog porođaja (---) i onda se sjećam

237 da po pričanju drugog Bade ove najmlađe (---) da je nju

238 zabolꞌlo da je dobila trudove u noći (.) babo rahmetli253

239 je bio kod kuće i onda je ona krenula s njim (.) pješꞌce

240 (-) doꞌ u bolnicu (.) i negdje su oni išli da ne bi išli

241 glavnom ulꞌcom (.) cestom gore (.) onda su oni išli (-)

242 bio je (.) uꞌ uži putić kraj Vrbanje tu (.) pa su došli

243 taman blizu (-) bio je magacin (.) žitni magacin tu negdje

244 (-) blizu bolnice (.) i ona (.) oni kako su išli naišao je

245 (.) ona:j (---) ja mislim da se zvao Nusret milicioner

246 (1.25) bio dežurni u policiji (-) i i pitꞌo (.) upitꞌo

247 babu gdje će te (.) on rekꞌo tako žena treba se porodꞌtꞌ

248 (.) ona:j (.) kaže nemojte nigdje ićꞌ odatle (.) odoꞌ ja

249 po babicu (-) Hida jedna babica bila (.) i (.) on je (.)

253 Das Wort rahmetli kommt aus dem Türkischen und bedeutet ˏgottselig, verschieden, verstorben`. 143

250 dok je on otišao (.) mama se porodꞌla.

251 IN: Babica nije ni stigla?

252 HA: Babica nije ni stigla (.) mama se porodꞌla na cesti (-)

253 skinꞌla svoje (.) a bila je (.) mantil je imala na sebi i

254 dimije254 ispod (.) i ona je fino skinꞌla dimije (.) u

255 mantilu je bila (.) skinꞌla dimije (.) zamotala i Badu i

256 vratꞌla se (.) ovaj došꞌo nigdjeꞌ

257 IN: Nigdje nikoga.

258 HA: ((lacht)) nikoga (-) ona se vratꞌla kući (--) e tako bilo

259 je mislim svakaviꞌ znači (--) to je (.) nešto što ja znam

260 iz prve nꞌ na neki način iz prve ruke (---) a te (.) sad

261 možꞌ mislitꞌ onda kako je bilo po selima i: (-) i kako šta

262 se dešavalo i kako su rađale žene znači gdje iꞌ našlo tu

263 su i rađale.

264 IN: Da (--) o:vaj (.) šta misliš kako su se žene pripremale na

265 porod?

266 HA: Nisu se ni pripremale (-) možda su pripremale jedino to da

267 imaju (ono) za prvo oblačenje djeteta (.) pošto se ranije

268 veꞌ umatalo u one kao pelene (.) nisu to bile kupljene

269 pelene to je vjerovatno pravljeno od nekiꞌ (-) platana i

270 šta ja znam (.) oni povoji su se kupovali pa se dijete

271 umatalo (.) od ramena (.) do (.) dna da se ne mrda (.) da

272 miruje kao mirnije je pa manje se budi i ovo i ono što (.)

273 mislim kasnije se ispostavꞌlo jelꞌ da to nije baš (.) bilo

274 fino (na human način) ((lacht)).

275 IN: Pa kad si ti rađala jelꞌ bilo toga još (.) taj povoj?

276 HA: N:ije (-) možda rijetko negdje da je neko alꞌ bilo (je)

277 već široko povijanje radꞌ kukova dječjiꞌ (onda) su vikali

278 da nije dobro djetꞌtu (-) iako ja ne vidim da je i nama

279 (i) našim kukovꞌma fali ištꞌ sigurno smo povijani.

280 IN: Mh.

281 HA: Ma: da.

254 Hosenrock. 144

282 IN: O:vaj (-) mislim: (1.25) one su se pripremale znači tako

283 (.) kꞌo što ti kažeš ono:ꞌ

284 HA: Da (.) i bešꞌka (.) bile su one za ljuljanje (.)

285 stavljanje djeteta (.) bile su obično one bešikice od

286 drveta pravljene (.) pa se ono da se može ljuljatꞌ i bili

287 su oni (---) kasnije na primjer (.) dobro to je (.) tek

288 (.) poslije godinu dana otprilike trebalꞌ onaj stalak (.)

289 da se dijete može ubacitꞌ (--) i ono se (.) drži (.) ne

290 može propastꞌ (.) drži se ovako na onome i dole nogicama

291 ono da stoji u tome stalku (--) e tako to onaj (.) i te

292 tako benkičice možda nešto bluzica šta ja znam (kako) ne

293 mogu se ni sjetitꞌ ni kakve su bile (-) mislim i ne znam.

294 IN: O:vaj (.) kako se pripremaju danas (.) jelꞌ kupuju nešto

295 već prije poroda ili:ꞌ?

296 HA: Pa danas kupuju sigurno (-) danas je to sve (-) ja mislim

297 u cijelom svijetu nešto isto (-) kupuju se unaprijed i

298 kolica (.) kupuju se i: i krevetići i benkice i: dudice i

299 flašice i sve se to priprema danas na na normalno (-) ono

300 (-) iako ima neko o:vaj (.) neko ima u sebi još uvijek ja

301 mislim (.) ono (-) zavisi od (.) opet (.) kolꞌko je čovjek

302 ee (-) emancipovan ili (1.25) u kojoj sredini živi (.)

303 kolꞌko je kulturološki razvijeno (-) da ima još uvijek

304 oniꞌ (--) koji se boje kupovatꞌ unaprijed.

305 IN: Zbog čega?

306 HA: I:z sujevjere (-) jer se boji ako unaprijed kupi biće tom

307 djetetu prije negꞌ što se rodi nešto (.) neće ni roditꞌ

308 ilꞌ tako u tom smislu ja mislim (.) da ima još uvijek

309 takviꞌ (-) oniꞌ što misle to (-) koji puno (--) su

310 sujevjerni ilꞌ tako (-) u tom smislu.

311 IN: Mh (--) do:bro (-) o:vaj (---) prije su žene činile neke

312 stvari da bi imale lakši poroꞌ porođaj ili porod (--)

313 ovaj (.) znaš li nešto o tome šta su činile?

314 HA: Pokušavam se sjetꞌtꞌ (.) alꞌ

145

315 IN: Na primjer (.) u samo to vrijeme kad su se porađale (.)

316 bilo je nekiꞌ stvari (-) koje su radile ilꞌ žene ilꞌ ti

317 ljudi oko njih da bi se lakše porodile.

318 HA: Pa bilo je važno da može (-) da zna (--) kako će se onaj

319 pripꞌ ono (.) u kojem (.) položaju (--) ja mislim da je to

320 jedino (.) na primjer ja kad sam bila u bolnici (-) bilo

321 je na krevetu (.) alꞌ sam bila gledala ženu (--) bilo je

322 na krevetu (-) i bilo ti je oꞌ o seꞌ ove (-) babice su

323 objašnjavale na koji način da dišeš (-) da bi lakše o:vaj

324 (.) podnosio bol (-) u kojem momentu da tiskꞌ ono (.)

325 pritisak vršiš (.) da (.) potiskivanje da dijete izlazi

326 (--) u i u tome ako si pratio bilo ti je na taj način

327 lakše (---) ovꞌ bila je jedna žena odmaꞌ krevet do mog

328 (--) koja je o:vaj (-) sam ja primijetila da ona kad

329 dobije bol ona skꞌ siđe s kreveta i čučne (-) i onda na

330 taj način se o:vaj (.) ono napreže (-) valjda je u tom (.)

331 njoj bilo na taj način lakše.

332 IN: ((…)) Bilo je na primjer stvari (.) kꞌo (-) kad se žena

333 porađala da se otvori kuran (.) pa kao da se lakše porodi

334 (.) ilꞌ da se otvore vrata džamije eto kod muslimana na

335 primjer.

336 HA: Ne znam (-) nemam pojma o tome.

337 IN: Trudna žena je prije krila datum porođaja (-) šta misliš

338 zašto je to radila (-) o:vajꞌ?

339 HA: Ne znam ni da je krila.

340 IN: Istꞌ (.) to jꞌ tako su vjerovale u neke stvari ako bi (.)

341 što više ljudi znalo (.) o tome da se ona porađa da bi joj

342 bio na primjer (.) teži porođaj (-) znaš li nešto o tome?

343 HA: Ah (.) nemam pojma (.) nisam ni čula za to (-) a ni (.) ja

344 sam mislꞌla da te žene nemaju ni pojma kad im je mislim

345 ((…)).

346 IN: Pa možda nisu unaprijed znale (.) alꞌ na primjer kad je

347 došlo vrijeme (.) kad se trebaju porodꞌtꞌ (.) nisu nikome

146

348 govorile.

349 HA: Nisam čula.

350 IN: Mh (-) nisi čula.

351 HA: Mislim (-) možda one nisu ni govorꞌle (--) možda baš zato

352 i nisam ni znala (-) hm (-) nemam pojma.

353 IN: Dobro (-) o:vaj znaš li šta je kuvada (-) jelꞌ ti poznata

354 ta riječ?

355 HA: Nikad čula.

356 IN: O::vaj (--) ti si već nešto ispričala o tome ovaj (.) kako

357 je ranije izgledao porod i ko je pomagao (.) ti si

358 pomagala eto svojoj mami (.) kad je rodila.

359 HA: Ja (.) u tom slučaju.

360 IN: Jesulꞌ inače tu bili tu ljudi oko te žene ilꞌ je to (.)

361 bilo tako da ona sama (.) ovaj rađa?

362 HA: Ma nije (.) pa: zavisi u kojem si ee kakva je situacija

363 bila eto (.) kod moje mame je bila situacija da je (.) tad

364 naišꞌo porod da sam ja bila kod kuće od te starije djece

365 (.) ee u to doba možda je (.) bio je stariji Hazim i

366 Hazira nisu bili tu možda su bili u školi.

367 IN: Alꞌ sad da dolaze žene na primjer iz o:vaj komšiluka?

368 HA: Možda bi i došla i neka žena o:naj da je bilo (.) možda

369 neko (.) jer kažem ja kad sam mislꞌla to da mene rađa (.)

370 kad sam kꞌo mala mislꞌla da je mene rađala (.) a ona je

371 najvjerovatnije rađala Izeta (--) i sjećam se da je bila

372 (.) ova žena (-) više naše kuće što je stanovala (.) da je

373 ona bila tu (.) i donijela neke kolače ilꞌ nešto je

374 donijela na tanjiru a: (.) na primjer kad je mene po

375 maminom pričanju (.) kad je mene mama rađala bila je (.)

376 rahmetli eba njena mama (-) koja je njoj pomagala (-)

377 o:vaj (.) i ona mi je bila htjela datꞌ ime (.) alꞌ fala

378 Bogu nisu mi dali ime rekla sam.

379 IN: ((lacht)).

380 HA: ((lächelt)) neko staro (-) o:vaj tako da o:naj (-) znači

147

381 zavisꞌlo je od (--) od situacije (-) same situacije (.) ja

382 mislim (.) ono kolꞌko ja znam.

383 IN: Mh (--) o:vaj (.) ko je kupao dijete i koliko često se

384 kupalo dijete?

385 HA: Pa taj ko je i pomagao (.) taj je i kupao.

386 IN: Mh (.) jelꞌ se svaki dan dijete kupalo ili: (-) nije?

387 HA: U:f to: (--) u moꞌ kad sam ja bila mala i kolꞌko se dijete

388 kupalo to ne bi znala rećꞌ (-) ne bi znala (.) jelꞌ

389 sedmično ili dnevno ilꞌ kako (.) a na primjer kad sam ja

390 rađala (-) onda se kupalo svaki dan ((…)) svaki dan (.) i

391 moja djeca su se kupala (-) o:naj jer: (.) ja se sjećam

392 moja svekrva da je meni rekla (.) onaj dijete (--)

393 najbolje dijete okupatꞌ pred spavanje (-) naveče (-) zato

394 što će onda (-) bolje spavatꞌ dijete (.) kad se fino okupa

395 (.) pripremi za spavanje (.) bolje će spavatꞌ ona:j (--) u

396 to doba (.) ako ga kupaš možꞌ ti kupatꞌ i u sred dana kao

397 (-) mirnije je kad ga fino presvučeš (.) okupaš (.) središ

398 ona:j ono (.) kao lakše kꞌo i čovjek (.) ja volim se

399 okupatꞌ pa ićꞌ lećꞌ.

400 IN: Mh.

401 HA: Više nego na primjer što je u Danskoj običaj da se (.)

402 više voli kupatꞌ ujutru (.) što je meni isto neshvatljivo

403 da idem prljava u krevet pa ustajem (.) pa se kupam.

404 IN: Mh.

405 HA: Misli:m meni je normalnije kupatꞌ se naveče (.) pa ićꞌ u

406 krevet (-) tako se (.) i bebe se (.) od mog vremena mog

407 vremena rađanja (.) većinom radꞌlo (-) sad ne znam (--)

408 jelꞌ još uvijek rade (.) kako ko radi (ilꞌ)

409 IN: Dobro.

410 HA: A onda dijete kako raste (.) onda već ne mora svaki dan.

411 IN: Pa ranije je bilo u četeresnici da su svaki dan kupali (-)

412 zato pitam jesilꞌ i ti to radila.

413 HA: Ja (.) ja (--) i ono čistꞌla se (.) tjemenjača (.) da se

148

414 ne stvori ono po glavi djetetu ako ti ne kupaš njega

415 redovno onda se ono nalijepi (.) ono ružno (.) onda ja se

416 sjećam (-) meni je to radꞌla svekrva (-) djetꞌ djeci onaꞌ

417 ono glavicu trlja ručnikom (.) da ona pocrveni alꞌ da ne

418 pritisne jer je mekano (ona jꞌ) (.) svi su vikali da je

419 mekano kꞌo jaje (-) da moraš pazꞌtꞌ dobro.

420 IN: ((…)) Žene su prije i oblikovale izgled (.) glave dječje.

421 HA: Nismo mi oblikovali.

422 IN: Znači na primjer nos (.) su nekako pritiskale i i usta i

423 to (.) da bi dobile lijep oblik.

424 HA: Ne ne ne (-) na primjer moja Indira (.) sad (.) znači:

425 njena je ee ꞌćerka sad (.) 17 godina moja Indira ona kaže

426 da je uvijek (.) gledala da okrene glavu Emini sad na

427 jednu stranu (--) pa ako je dugo spavala da joj sad okrene

428 na drugu stranu na krevetu (.) na jastučiću (.) da joj se

429 ne bi (-) ee na jednoj strani (.) da ne bi navikla da

430 spava na jednoj strani (.) pa da joj se glava ono: napravi

431 u tom smjeru znaš ono (-) ( ) već da (.) mijenja s obe

432 strane pa da djetꞌtu glava normalnije se formira (-)((…)).

433 IN: Ranije kꞌo što si ti spomenula taj povoj je bio bio je i

434 povoj za glavu (.) i tako su o:vaj na primjer oblikovale

435 glavu i i prstima su na primjer nos i usta kao da dobiju

436 lijep oblik.

437 HA: (A/pa) nešto se kꞌo kroz maglu sjećam (-) da se znalo (.)

438 oko čela ilꞌ nešto tako (.) alꞌ ne sjećam (.) alꞌ za nos

439 ne znam (--) ilꞌ na primjer ono uši da se ne (.) razlijepe

440 (.) da ne budu kle(m)pave (.) pa ono (-) maramom uz uho

441 djetꞌtu ono glavu ilꞌ tako ono (.) uši (-) a to (.) za nos

442 ne znam (.) ne znam.

443 IN: Do:bro (.) o:vaj (.) kako se može dijete ureći (-)

444 spomenula si već te oči urokljive?

445 HA: Da to sam čula a: ne znam kako se može (.) jelꞌ može se

446 ilꞌ ne može to stvarno ne znam.

149

447 IN: Znači ti ne vjeruješ u to?

448 HA: Ne vjerujem.

449 IN: Mh (---) ova:j šta se dešava u prvih četrdeset dana nakon

450 poroda (.) šta se donosi na babine?

451 HA: Pa: u stara vremena kad je moja mama rađala (.) kolꞌko se

452 ja mogu sjetꞌtꞌ jer ipak sam i ja bila malena (--) bilo je

453 (.) žene naprave uštipke (.) naprave kolač neki donesu

454 napravi ženi kad je tek rodꞌla možda čorbu (.) da ono (.)

455 fino kašꞌkom može kusnutꞌ (.) da dobije snagu (.) u tom

456 smislu te prve komšinꞌce ilꞌ šta ja znam.

457 IN: Mh.

458 HA: Poslije (--) šta je ko donosio ja se ne sjećam (.) alꞌ to

459 je prvo bilo kad žena rodi kad ne može sama sebi napravꞌtꞌ

460 onda ima ee nema ko joj napravꞌtꞌ onda je to (.) eto

461 komšinꞌca će joj napravꞌtꞌ dobru čorbu (.) razvitꞌ pitu

462 ilꞌ već (.) ne znam ni ja šta kolač ilꞌ nešto donijeće to

463 da pojede da ima jestꞌ i ona i a: ako ima još djece od (-)

464 mislim od ranije (.) ja (.) a: (--) kasnije normalno s

465 vremenom (---) obično se pošlo malo (.) više (-) neko kupi

466 (.) benkice neko kupi (-) ovo (.) mislim sve ono što

467 djetetu treba (.) većinom se to kupovalo (-) a sad ((…))

468 (---) doćꞌe to i ovdje (--) gorꞌ u Danskoj na primjer (-)

469 sad ima malte ne (--) zove te pita pa šta ti treba.

470 IN: Mh.

471 HA: Pa kupuje po tome (.) se orijentiše i to: alꞌ mislim ne

472 znam jelꞌ sad ovdꞌe to ali (.) ovdꞌe je većinom idꞌ običaj

473 je (-) u zadnjiꞌ godina bilo (---) da: (.) obično ne zna

474 šta će kupitꞌ djetetu šta tꞌ treba djetetu (.) možda je

475 neko donio jednu benkicu (.) dvije možda da ja donesem

476 dvije to je previše dijete brzo raste (-) pa se obično

477 onda stavi u koverticu parice (-) kolꞌko ko može (.) i

478 djetetu pod glavu.

479 IN: Mh.

150

480 HA: A: u ranija vremena (.) to sꞌ sad meni dođe (-) jaja (.)

481 su se donosꞌla djetetu kao (-) nekꞌ bude pun kꞌo jaje ilꞌ

482 šta ja znam (.) ne znam ni ja sad te nazive (--) o:naj pa

483 se menꞌ Irma smijala kad je ona rodꞌla (--) o:va moja

484 mlađa ꞌćerka.

485 IN: Mh.

486 HA: I sad ona je rodꞌla ona živi (---) sat vremena vožnje

487 autom od moꞌ od Koꞌ od Kopenhagena (--) alꞌ je rodꞌla u:

488 toj (.) Kopenhagenškoj (Rishospital) bolnici (.) zato što

489 je (.) imala problema ona nekiꞌ (.) sa bubrego:m i: šta ja

490 znam (---) šećerom u trudnoći i to (-) i onda je ona

491 rodꞌla tu (.) da je imaju više pod kontrolom i ona:j (.)

492 kad je (.) došla kod mene (.) prvi dan ono (.) pa će

493 noćitꞌ (-) i ja njoj jaja ((lacht)) (--) i ona zinꞌla u

494 mene (.) kao mama (.) što ćeꞌ

495 IN: Što će mi jaja ((lächelt))?

496 HA: Rekoꞌ ovo (.) kꞌo u nekadašnjem starom običaju da dijete

497 bude uvijek puno sa ((lächelt)) svim kꞌo jaje (-) pa se mi

498 smijale eto ( ) po tome eto vidiš došla sam na to da je

499 bilo nekad i to (-) alꞌ uglavnom u zadnjiꞌ godina je

500 uglavnom najčešće pare ljudi dadnu pa ti kupi sebi šta ti

501 treba.

502 IN: Pa i ja sam to primijetila da je to (---) o:vaj (.) kad

503 je žena onda prvi put izlazꞌla s djetetom kome ona prvo

504 ide (.) jelꞌ tu postoji neki običaj kome prvo ide ilꞌ (.)

505 ilꞌ to nije bilo bitno?

506 HA: Pa ja mislim (-) da se (1.25) o:vaj ako je komšiluk

507 (--) prvo se obično ja mislim i išlo onom ko ti je prvi

508 bio.

509 IN: Mh.

510 HA: Da se (.) da je se po tome gledalo (-) da se po tome

511 gledalo (--) ne znam da je bio neki drugi (1.25) ako se

512 (.) kad se išlo (-) sad to malo ko i radi.

151

513 IN: Mh (-) do:bro (--) o:vaj jelꞌ i ona i tada nešto nosila

514 (.) žena ta?

515 HA: Jest (-) jest (-) i obično se gledalo (-) ja se sjećam da

516 sam (.) se trudꞌla u u svoje vrijeme (.) sad ne sjećam se

517 u mamino vrijeme (--) ja se sjećam u svoje vrijeme (-) kad

518 sam rađala da sam se trudꞌla da zapamtim (-) šta mi je ko

519 donio (--) da (.) ne bi (.) vratila premalo (.) ilꞌ (.)

520 nekome previše (.) a onom ko mi je možda donio puno da mu

521 dadnem malo vratim malo (-) eto uglavnom se gledalo nešto

522 (--) prvi put s djetetom vraꞌ ideš kod nekog (.) i sad ti

523 njemu nosiš (--) o:vaj (-) nešto kao za uzvrat to što je

524 oꞌ dijete dobilo na babine.

525 IN: Mh.

526 HA: I eto vidiš sad kroz priču (.) to sve čovjek (.) (ne)

527 pogubi konce (-) tad se znalo (.) kad ja dođem prvi put

528 kod nekog ko je meni bio na babinama (-) ja sad idem s

529 djetetom (.) i kad ja trebam (.) obično se uzimalo tad (.)

530 u sꞌ u ta starija vremena uzme se dijete iznad (kao)

531 špareta naraslo ꞌvolꞌko ilꞌ tolꞌko tako se kao dizalo

532 dijete (--) i o:naj (---) kao da napredꞌ da napreduje (-)

533 a kad: (.) pođeš kući onda ta (.) domaćica (-) kod koje si

534 bio (.) ona opet djetetu nešto daje (--) ili (.) u (.) ne

535 sjećam se ranije znala sam to u jaꞌ jaja (-) ili o:vaj (.)

536 možda u parama (.) ne sjećam se baš ono u detalje alꞌ znam

537 dobro da je bilo baš tad jaja da su se najviše donosꞌ

538 davala (---) kad kreneš (-) od (.) te kod koje je bila u

539 posjeti.

540 IN: Ti si spomenula već bešiku (-) znaš li još kako je

541 izgledala (--) sjećaš se toga?

542 HA: Pa: sꞌ od prilike se sjećam (.) bilo je tu razniꞌ oblika

543 koje kolꞌko imꞌo mašte (---) bila je ona dole (.) kao

544 zavrnuti kao polutočak faktički drveni (---) i onda se (.)

545 ovako bile neke dꞌ daske odatle (.) da se uklope tu nekako

152

546 (-) i gore (.) sa polulukom (.) i unutra saꞌ kꞌo mala

547 banjica faktički (--) ee slikovito rečeno kꞌo mala banjꞌca

548 sa dole (.) sa krajeva polukružniꞌ (.) točak (.) i gore

549 (.) na tom pa da ti možeš držatꞌ za to ljuljatꞌ i dolꞌ da

550 se može ljuljatꞌ normalno ono (.) da ima gibatꞌ tamꞌ vamꞌ

551 (-) ilꞌ je bilo na primjer o:vaj (-) da ima (.) sad (.)

552 ovako (.) šipka sa: na sredini (-) i dole kao noge i da

553 gore vjesi ta nekako (--) sa onim malim prečkicama (.) ona

554 (.) isto ta korpa neka (-) i da se na tome sad ljulja.

555 IN: Mh.

556 HA: Tako (.) šta ja znam (.) mislim (-) otprilike ja bi to

557 znala (.) sličꞌ nacrtatꞌ (.) mislim teško mi je malo (.)

558 vizuelno pričatꞌ.

559 IN: Alꞌ sjećaš se još toga?

560 HA: Da (.) da.

561 IN: Jelꞌ to bilo još kad si ti rađala ili (-) ilꞌ se već

562 polako gubilo?

563 HA: Kad sam ja rađala bile su već ove kao modernije koje su

564 gore dignute i tako (.) moglo se ono (.) ja se sjećam to

565 baš možda negdje imam i sliku (.) što mi je Irma bila u

566 (takvoj) jer se to moglo i zakočitꞌ (.) onaj malim

567 klinčićima ilꞌ nešto je bilo (.) to je bilo kupljeno (.)

568 i: onaj i da miruje pa: kꞌo krevetić ne ljulja se (-) alꞌ

569 ako hoćeš da ljuljaš (.) izvadiš te klinčiće i ljuljaš (-)

570 a te kao nekadašnje (.) te su bile na zemlji (.) obično te

571 bešike stare.

572 IN: Sjećaš se na primjer da je neko govorio da se ne ljulja

573 prazna bešika ilꞌ tako te stvari oko toga?

574 HA: Jest (.) sjećam se (-) ne valja ljuljatꞌ praznu bešꞌku (-)

575 a: o:vaj nije nikad rekꞌo niko zašto (.) i što misli pod

576 tim alꞌ podsvjesno sam ja osjećala kao (.) da bi moglo

577 bitꞌ nešto djetetu da neće bitꞌ djeteta pa će ostatꞌ sama

578 (.) prazna bešika.

153

579 IN: Mh.

580 HA: Ja sam taj dojam stekla (-) a jelꞌ to (.) ne znam.

581 IN: O:vaj (--) šta misliš (.) mislim ranije su muslimani

582 gledali naravno da: (--) daju svom djetetu muslimansko ime

583 i katolici da: dadnu katoličko ime (.) šta misliš jelꞌ to

584 i danas tako (-) ilꞌ pravoslavci na primjer ilꞌ to nije

585 tolꞌko bitno danas?

586 HA: Pa: (-) ja sam skoro o tome (.) ja sam o tome pričala (.)

587 alꞌ nije to (.) da to nije bitno danas (.) nije to bilo

588 bitno ni prije 20 godina (.) 30.

589 IN: Alꞌ gledalo se opet (.) mislim više na to?

590 HA: Jest se gledalo (.) alꞌ se nije (.) ne bi ti nosila naziv

591 Ines (.) dobro (.) u tebe je malo (--) specifičnije (-)

592 alꞌ u mene nije (.) u mene je jedꞌ jednonacionalni brak

593 (-) u moje (.) moja su djeca Indira i Irma.

594 IN: Mh.

595 HA: Indira nije muslimansko ime (.) muslimansko (jer) Indira

596 je indijsko ime (-) alꞌ je moj svekar (.) na primjer on ee

597 (-) ne zato što je bio komunista već zato možda (.) ne

598 znam sad uglavnom njemꞌ on je volio Indiru Gandhi.

599 IN: Mh.

600 HA: Ono: kao ženu (.) kao (.) državnika (.) kao to (.) i kad

601 se Indira rodꞌla (.) on je (.) rekꞌo (.) poželio da se ona

602 zove Indira i ja nisam imala ništa protiv (---) eh kad sam

603 rodꞌla Irmu (--) od Muneverꞌ to jest moj muž (.) on je (.)

604 pošto je mojoj mami ime Binasa (.) a: njegovoj mami je ime

605 (.) bilo Šuhreta.

606 IN: Mh.

607 HA: I on je (.) kad sam ja Irmu rodꞌla i to vidꞌlo se (.)

608 žensko (.) on je (-) kao kakvo ćemo ime (.) kao daćemo ime

609 ilꞌ Binasa ilꞌ Šuhreta (-) bile su žive tad u to doba

610 obadvije (--) ja sam rekla neće ni jedno ni drugo (-) meꞌ

611 ja neću da dam stara imena (--) ne ne želim jednostavno

154

612 produbljivatꞌ tu (---) nekako (--) stara su imena nekꞌ

613 stoje u stara vremena (.) po mom.

614 IN: Mh.

615 HA: Ne ne kažem da imam pravo (.) alꞌ to je moje mišljenje i

616 ja to radim (.) a svakꞌ neka radi kako misli (-) tako da

617 je ona:j (.) da mi nismo se mogli odlučitꞌ (.) lako za ime

618 (--) pa je bilo sad (.) Elvira (-) Elma (.) ovo ono (.) e

619 sad (.) kakꞌ kako ko rekne tako neko ime ja se sjetim

620 nekoga sa tim imenom i ja neću daꞌ to ime radꞌ toga (.)

621 neću to radꞌ toga (.) ne sviđa mi se (-) i moja svekrva

622 (1.0) što je starija žena bila u to doba (.) ona ovako

623 leži jedno popodne (.) kako je ona meni pomagala prviꞌ

624 dana to kad sam ja rodꞌla (-) o:vaj i ona leži (.) mꞌ mi

625 legli popodne odmaramo i ona kaže (--) a šta misliš kaže

626 (-) ovo je starija Indira (.) i da drugo bude Irma (--) ja

627 nisam ništa razmišljala čije je to ime (-) ja sam rekla

628 (.) sviđa mi se (.) fino mi.

629 IN: I tako ste izabrali?

630 HA: I tako smo izabrali (--) znači (.) nije (.) nije se

631 radꞌlo o tome da bude (.) sad (.) konkretno to muslimansko

632 (.) možda sad ljudi gledaju malo više (-) iako meni (.) ja

633 sad tek vidim da ne treba gledatꞌ (.) kad vidim (.) ljudi

634 iz arapskiꞌ zemalja koji dolaze (-) oni svi imaju imena u

635 njih se ne zna koje nacionalnosti (.) a i tamo su

636 nacionalnosti izmiješane (-) i tamo ima i ortoꞌ ortodoksa

637 (.) što mi kažemo pravoslavaca (-) ima i (--) o:vaj

638 muslimana (.) ima i: ovi:ꞌ katolika ((…)) moja je Indira

639 jednom išla u školu tamo u Danskoj i bila ubijeđena da je

640 on musliman i još nosꞌo ono (-) ona mislꞌla tespih (.) i

641 imenom je mislꞌla musliman i mislꞌla da je tespih (.) aꞌ

642 on brojanicu i nije musliman (--) uopšte musliman (-) po

643 našem (.) na našim prostorima bi mislꞌli da je to

644 muslimansko ime (.) međutim nije (-) u njihovim zemljama

155

645 nije to (-) ilꞌ se kod njih uopšte ne zna koje je ime (--)

646 koje.

647 IN: Pa na primjer eto Lajla (.) Lejla (.) kod njih to bez

648 obzira koje si vjere (-) isti jezik govoriš (.) i kod njih

649 to ima neko značenje i sveꞌdno sad jesꞌ ti pravoslavac ilꞌ

650 si musliman isto ti znači.

651 HA: Upravo to.

652 IN: A kod nas što je došlo eto iz tih zemalja (.) što misliš

653 da su to samo muslimani (.) kaže se da su to muslimanska

654 imena.

655 HA: E to meni i jest to što mene ljuti (-) zašto mi se moramo

656 deklarisatꞌ po imenima da mꞌ kad sa nekim se upoznajem da

657 prvo čujem ime i po tome si postavljen (-) kad tamo u tim

658 (.) kao izvornim (.) u zemljama izvorne vjere (.) sve i

659 jedna vjera je odozdo došlaꞌ

660 IN: Mh.

661 HA: U njih se ne zna (-) a u nas se treba znatꞌ.

662 IN: U nas se zna.

663 HA: Ne dajemo mi svojꞌ (.) poꞌ (.) na primjer da bi (-) po

664 tome (.) mi smo Sloveni (-) mi ne dajemo slavenska imena

665 (---) već ako daš slavensko ime ah (.) dao drugo vjersko

666 ime ((…)).

667 IN: O:vaj (-) n:e znam kako je prije bilo o:vaj (.) kod tebe

668 eto nije bitno bilo kako sam vidjela ko je sad izabrao ime

669 jelꞌ bilo o:vaj (-) kako se biralo ime jelꞌ to na primjer

670 moralo se ime uzetꞌ koje je sad svekar ilꞌ svekrva

671 izabrali ili ili nije?

672 HA: Ne (-) ne (-) zato što se meni sviđalo pa sam i ja

673 pristala na to (-) a da nije se svidjelo pa eto muž (.)

674 prvi muž ako bi gledalo on bi trebꞌo prvi (.) da može

675 izabratꞌ (-) alꞌ ja nisam ni njemu dozvolꞌla da mi da

676 stara imena (.) ne dam mislim nisam ꞌtjela (-) znači nije

677 bilo (1.50) n::a taj način (.) bilo je vjerovatno i

156

678 familija i porodica i ljudi koji su (-) zavisi ko je (---)

679 na koji način se (.) bilo međuljudski odnosi unutar tiꞌ

680 familija (-) možda je bilo nekiꞌ koji su se držali nekiꞌ

681 starih običaja (.) pa da mora odredꞌtꞌ svekar ilꞌ otꞌ ilꞌ

682 čovjek ilꞌ nešto (--) alꞌ ja nisam fala Bogu živꞌla u

683 takvoj sredini i: nisam puno ni oko sebe (.) eno moja

684 Hazira starija od mene šest godina (--) u nje Samira (i)

685 Sabina.

686 IN: Mh.

687 HA: I tek treće (-) Edo (-) Edhem mu je ime (.) Edo (.) po njꞌ

688 njegovom ocu on (.) eto ono naslijedno.

689 IN: Alꞌ je ona izabrala ilꞌ je to neko (.) izrazio želju?

690 HA: Pa ja mislim da je čak njena svekrva (.) Sabini dala ime

691 (-) isto (--) zapadno ime više (.) jelꞌde?

692 IN: Mh.

693 HA: Mislim gledalo se sviđalꞌ ti se ime i ono (.) kad (.) kad

694 trebaš datꞌ ime u u najꞌ (.) više slučajeva se desꞌ ja

695 mislim i tako i tako sam bar čula (-) najčešće je bilo

696 nezꞌ ne možꞌ se odlučitꞌ (-) o:naj jedino ako striktno muž

697 i žena žele sami odredꞌtꞌ svoꞌ svom djetetu ime pa ne žele

698 nikoga (.) drugog (-) alꞌ ima (.) savjet ono: (.)

699 prijedlozi (.) pa: na kraju se odlučiš ilꞌ je bilo (.)

700 sviđa mi se ovo ovo ovo ime piše na papiriću ubaci u neku:

701 (.) zdjelu (.) promiješa pa koje izvučeš il:ꞌ

702 IN: To je biꞌ to sam čitala da je to i hodža na primjer radio

703 ako se ne mogu odlučitꞌ za ime.

704 HA: Jelꞌ?

705 IN: Nije ti to poznato?

706 HA: Nije ((lacht)).

707 IN: Možda nije bilo svugdje tako znam da sam negdje pročitala

708 (---) o:vaj (--) da se vratimo na taj urok šta misliš kako

709 su se štitila djeca (-) kod nas eto (.) ja se sjećam na

710 primjer (.) i to i dan danas na primjer imaꞌ

157

711 HA: E to se sjećam (---) crvenog končića na ruci.

712 IN: Ili tisovina (-) ja na primjer te dvije stvari znam (.)

713 o:vajꞌ

714 HA: Tisovꞌnu ne znam.

715 IN: Ne znaš?

716 HA: Ja ne znam za tisovꞌnu (.) alꞌ se sjećam da je (-) da se

717 (.) to sam ja svojoj djeci radila iako nisam sujevjerna

718 (-) alꞌ opet ostane nešto u čovjeku (.) to (.) ona:j (.)

719 tradicije te neke (-) da ona:j (.) ispleteš ono (.) gledaš

720 da ljepše izgleda pa ispleteš nešto pa djetetu pošto

721 dijete (se) napreduje da mu ne bude: (.) zategnuto da ono:

722 raste da ima stoji taj končić.

723 IN: Mh.

724 HA: Crveni kao eto (--) otjeraće uroke.

725 IN: Jelꞌ bilo tu i nekih drugih stvari ilꞌ

726 HA: Ne znam.

727 IN: Ne sjećaš se toga (--) znaš li šta su basme ili basne (.)

728 neko kaže basme neko basne?

729 HA: Basme?

730 IN: Mh (-) neko kaže basme neko basne.

731 HA: To su basne (.) a to su priče o:: (-) o (.) narodne priče

732 o životꞌ ee životinje da govore (.) to su basne.

733 IN: Mh.

734 HA: I sad (.) normalno (-) pričalo se (.) nije bilo ni

735 televizije ni radija u ta neka stara vremena (-) i ja se

736 sjećam kꞌo dijete mala kad sam bila (.) kad je dolazꞌla

737 eba rahmetli mamina mama (.) da smo mi jedva čekali da ona

738 dođe (-) i onda (.) obično ona spavala u sobi gdje mi

739 spavamo (.) djeca (.) i onda mi svi hajdꞌ ebo pričaj priče

740 i onda je (.) tako pričala ilꞌ bajke ilꞌ basne.

741 IN: Mh.

742 HA: O:naj (--) zavisi (.) jelꞌ (.) i oꞌ obično basne su (.)

743 kad životinje (.) mogu govoritꞌ (.) pričaju.

158

744 IN: Mh.

745 HA: A bajke su o ljudima normalno.

746 IN: O:vaj šta misliš (--) dalꞌ postoje na primjer hodža je (.)

747 ako je dijete bilo urečeno išlo se i hodži on je pravio

748 hamajlije ilꞌ zapise (.) jelꞌ se to i dan danas radi?

749 HA: M: (-) ne znam radilꞌ se (-) ali je to postaloꞌ

750 IN: Da idu sada žene ako misle da je (-) dijete urokljivo ilꞌ

751 da ga je neko urekao da odu sada hodži da mu napravi

752 hamajliju ili zapis eto.

753 HA: Pa ja vjerujem da ima još uvijek tog.

754 IN: Ima?

755 HA: Ja vjerujem da ima al:ꞌ ako nema tog ima sigurno (.) imaju

756 sad je: ona:j (.) komercijalizacija što se kaže ono (.)

757 imaju one male (.) amajlije (-) ili hamajlije (.) sa onim

758 malim kao oblik kura:na.

759 IN: Mh.

760 HA: I unutra (.) onaj mali kurančić (.) pa onda se to stavlja

761 djetetu ili pod glavu ili (-) šta ja znam ( ) ili negdje

762 možda da nosi uz sebe ilꞌ tako kao da bi ga oꞌ otjerao (.)

763 te uroke neke (-) to (-) i: o:vaj (.) šta sam još čula

764 (---) da može biti da (.) da ee (--) da dobro to nema veze

765 možda sa (--) pravljenjem onaj čarki alꞌ na primjer (-)

766 moj Benjamim (--) to jest moje Irme Benjamin (.) on se

767 boji (-) boji se ako ide mačka prema njemu blizu ako ide

768 pseto prema njemu i ako ide pꞌ ta: (.) pčela ako (.) on se

769 odmaꞌ boji (-) i sad o:vaj (-) ja računajućꞌ na to

770 nekadašnje ranije što sam čula (.) ee salijevanje straveꞌ

771 IN: Mh.

772 HA: O:vaj da ne (.) možda da probam kažem ne može odmoćꞌ (.)

773 neće štetiti (.) ako ne pomogne.

774 IN: Mh.

775 HA: Pa: (.) ako pomogne opet dobro (-) o:anj što nisam

776 ubijeđena ni da pomaže ni da (.) ne pomaꞌ mislim ni (--)

159

777 važem.

778 IN: Mh.

779 HA: Znaš (--) o:vaj (.) pa se navodno (.) to sam gledala kad

780 (.) ranije ( ) nekom dječaku je radila žena (.) neki

781 olovo se (.) baca nešto (.) vrelo olovo u vodu pa šta se

782 pretvori to olovo kao od toga se dijete prepalo pa tako.

783 IN: Mh.

784 HA: A možda se on boji i sꞌ (-) bar (.) takav je (.) on se

785 boji svega (.) ilꞌ sꞌ (.) ono (.) pa sam ja baš rekla da

786 ćꞌ da dođe Irma ona će doćꞌ (.) pa da (.) pitala sam o:vaj

787 (.) u Dubravama Haziru imalꞌ ikaꞌ ikakva žena da možda

788 salijeva još uvijek strave.

789 IN: Mh.

790 HA: Pa da odem (.) e sad sam čula ovdje priču neko je (.) ako

791 nije Mensura pričala (-) da: (.) to nešto se dijete treba

792 pokritꞌ pa: onda ne bi to Benjamin Benjamin bi se prepꞌo i

793 od tog (-) pa onda znači da ne bi bilo loše uzeti samo

794 njegovu garderobu (.) koju on nosa.

795 IN: Može i to ja mislim.

796 HA: Pa: da odnesem garderobu pa da se na garderobu pa da on

797 onda se treba tu vodu pitꞌ.

798 IN: Mh.

799 HA: E to je to (.) otprilike šta ja znam o ti:m (---) takvim

800 pričama (.) ne znam više (--) drugo.

801 IN: O:vaj jelꞌ ti nešto podꞌ poznato o tome da su: (.)

802 porodilju i dijete kadili (.) da ih (.) zaštite (.) od

803 zlih duhova ili od uroka ilꞌ od tih stvari?

804 HA: Ne mogu se sjetꞌtꞌ

805 IN: Ne možeš se sjetiti?

806 HA: Da sam čula nešto.

807 IN: Ova:j znaš li šta je (.) pomajka ili poma (-) ista stvar

808 neko kaže pomajka neko poma?

809 HA: Pa ja ne znam (.) ja sam (.) pomajka (-) ee (-) smatrala

160

810 možda (.) ono (.) maćeha ako je majka umrla (--) pa da

811 možda (.) druga žena preuzme brigu o tom djetetu pa kao

812 pomajka.

813 IN: Mh.

814 HA: Ili bilo je možda (.) mo:žda (-) to (.) a možda (.) bilo

815 je žena koje nisu mogle dojitꞌ (--) pa je (.) na primjer

816 ako je u u istom mjestu ilꞌ u komšiluku to (-) ako je selo

817 pa u istom selu ilꞌ ako je u u gradu ili u manjem mjestu

818 nekoj provinciji (.) da je žena blizu koja doji isto ima

819 dijete da doji (.) pa se znalo dojitꞌ (--) da je znala

820 pomagatꞌ dojitꞌ i to drugo dijete ako žena nije imala (.)

821 mlijeka ili možda ako je (.) ne daj Bože žena umrla na

822 porodu da (za) dijete nema koga (-) pa ako nije to pomajka

823 iꞌ (.) mislim to je onako moje (.) moje razmišljanje

824 logičko ((…)) a drugo ne znam.

825 IN: Znaš li šta je dojka ((…)) jelꞌ ti poznato to?

826 HA: Ne.

827 IN: Slično kꞌo pomajka (.) slično je.

828 HA: Pa to znači da doji (.) dijete (.) neko (--) (ja) pa ne

829 znam.

830 IN: Ne znaš da je bilo tih žena u (.) na primjer u tvoje

831 vrijeme?

832 HA: Nije u moje vrijeme bilo alꞌ sam ja to negdje čitala

833 (--) da su bile žene (---) alꞌ to je bilo u knjigama sam

834 ja čitala Boga pitaj iz kojiꞌ vremena da je bilo žene koje

835 su baš dojile djecu.

836 IN: Jest.

837 HA: I plaꞌ dobijale platu za to (.) naplaćivale (--) pa to

838 rade i sad (.) ne sad (-) alꞌ možda isto prije ne znam ja

839 kolꞌko čitala sam kod kraljeva (.) kraljevskiꞌ familija da

840 je bilo (--) imale su dojilje (.) dojilje su se te žene

841 zvale jer su one faktički dojile djecu ((…)) dojilja (.)

842 dojilja (-) to je (-) to su žene koje su dojile alꞌ ne

161

843 znam ja (-) mislim u u u da se ja sjećam da je bilo

844 takvih.

845 IN: Mh ((…)) o:vaj kako se: (.) pokušavalo dijete odviknutꞌ od

846 dojenja (-) na koji način?

847 HA: Na razne načine (--) prvo (-) o:vaj (.) normalno svako

848 dijete teško sꞌ kꞌo i odrastao čovjek teško mu je

849 odviknutꞌ se od nečegꞌ na što je navikao (--) i o:nda ee

850 (.) ja se sjećam (.) moꞌ Hazira moja sestra ona je

851 pokušavala svog sina onog zadnjeg (.) što ga rodꞌla (.)

852 odviknutꞌ on je bio velꞌk (.) igra se po dvorištu i dođe

853 hoće dojitꞌ.

854 IN: Mh.

855 HA: I sjećam se Muneverove amidžične to je od mog muža (.)

856 amidžične njen sin (.) isto (.) igra se i dođe dꞌ hoće

857 dojitꞌ (--) o:vaj i: kad je dijete manje (.) lakše je (.)

858 jer onda ti ćeš njemu (.) žene su mazale ili paprike ili

859 bibera ili nečeg da djetꞌtu ogadi to (.) i onda: kad mu se

860 ogadi ono malo ne zna (-) a kad je veće ono će rećꞌ operi

861 obriši (.) pa: znaš (.) i onda je baš teško (.) odviknuti

862 (-) to (.) jedino (.) tako (.) na taj način.

863 IN: Jelꞌ i danas to žene rade?

864 HA: Pa ne znam sad nisam u prilici jer na primjer moja Indira

865 (--) i Irma (.) one nisu ni jedna nešto imale puno mlijeka

866 iako imaju jake (.) grudi (-) alꞌ ni jedna nije imala puno

867 mlijeka.

868 IN: Mh.

869 HA: O:vaj tako da su one još u: u vrijeme dojenja dok je

870 dijete bilo malo one su počele prihranjivatꞌ flašicom tako

871 da (.) nisu imale problema i onda ne znam.

872 IN: O:vaj znaš li možda šta su (-) šta je narod ranije radio

873 kad djetetu izađe prvi zub? ((…))

874 HA: Ja znam kad izvade (.) djetetu prvi zub pa sakriju mu pod

875 jastuk pa da kao donijeće mu nꞌ miš pare pa stave pod

162

876 jastuk ((…)) znam da su znali tako ostavꞌtꞌ (-) ilꞌ na

877 primjer pramen kose kad je godina dana dijete (.) kad se

878 šiša (.) onda taj pramen kose se uveže i ostavi i eto kao

879 (.) uspomena neka ilꞌ šta ja znam.

880 IN: O:vaj znaš li šta je tronožac?

881 HA: Tronožac (.) ja mislim da je to mala stolꞌca sa tri noge

882 ((34)).

883 IN: O:vaj (.) šta bi narod ranije činio kad dijete ne bi (.)

884 duže vrijeme prohodalo ili progovorilo?

885 HA: Pa ja ne znam (---) mislim ne znam (-) nisam imala u (-)

886 sjećam se u u komšiluku kad sam ja bila već majka djeꞌ

887 djece (.) to nije ni neko davno vrijeme (--) da je bilo u

888 komšiluku obično se govorilo za mušku djecu (-) muška

889 djeca su ljenja (.) i oni progovore poslije.

890 IN: Mh.

891 HA: O:vaj (.) pa onda kao (.) progovoriće (---) to je jedino

892 što sam ja čula a: (.) ne znam da su nešto (.) radꞌli

893 ((…)).

894 IN: O:vaj (.) šta je šišano kumstvo i kada se dijete prvi put

895 šiša?

896 HA: To je upravo što sam ti sad rekla.

897 IN: Da ostaviš prvu kosu?

898 HA: Ja o:vaj (.) to ti je posꞌ kad dijete puni godinu dana

899 (-) i onda (-) neko (.) ošiša dijete odsjeće taj prvi

900 pramen kose.

901 IN: Jelꞌ se bira o:vaj (.) jelꞌ roditelji biraju kuma ilꞌ

902 HA: Pa eto obično gledaš s kim si dobar prijatelj (.) s kim se

903 družiš više i: po tom se obično ono ljudi gledali da ee

904 (-) kꞌo i za sve drugo (-) ako je kꞌ vjenčani kum ilꞌ nekꞌ

905 što ono obično gleda s kim si dobar i s kim se družiš pa

906 etꞌ na taj način (-) i to je obično to (.) odsjeće kosu i

907 obično taj kum (.) kupi djetetu neki poklon a (.) obično

908 roditelji opet kumu kupe neki poklon.

163

909 IN: Mh.

910 HA: Eto to je to.

911 IN: Dobro o:vaj (--) kada se dijete obično suneti i gdje se to

912 danas obavlja (-) imaju li i danas oni: (-) berberi od

913 prije ilꞌ se to danas radi (.) u bolnici?

914 HA: Kad sam (--) ja bila dijete pa moja braća se sunetꞌla ja

915 se sjećam da su hodali berberi (--) dolazꞌli su povremeno

916 odakle odkud ko (.) ne sjećam se samo se vikalo dolazi

917 berber (.) i onda se priprema u: tom mjestu naselju ili

918 već gdje živiš (-) ovaj familije koje imaju djecu za (to)

919 (.) sunećenje (-) i onda se sunetꞌlo (.) i o:vaj i djeci

920 se toj davalo obično (--) imali su vrećice (.) platnene

921 vrećice pa mu tu stavljaju ljudi novac.

922 IN: Mh.

923 HA: To je na neki način bilo (--) satisfakcija djeci (.) što

924 su se napꞌ (.) imali te bolove i šta ja znam (.) kao eto

925 da dobiju oni nešto pa kupꞌli pare i tako (-) a: o:vaj

926 (--) u zadnjim godinamaꞌ

927 IN: Jelꞌ muslimanima uopšte bitno i danas (-) i dan danas da

928 im se djeca oꞌ

929 HA: Pa vjerujem da jest.

930 IN: Jest?

931 HA: Vjerujem da jest (---) iako je (-) na primjer (.) moj

932 Benjamin (.) Irma ga htjela sunetitꞌ (.) išla je sa

933 prijateljꞌcom koja je imala dva sina i išla s njima s njom

934 pomoćꞌ joj (.) alꞌ to je išla kod doktora.

935 IN: Mh.

936 HA: I to puno ljudi sad radi kꞌ u bolnicama (.) jer

937 bezbjednije (.) i sigurnije (--) jer ipak (.) berberi su

938 berberi (.) ne kažem ja da su oni berbꞌ (-) tolꞌke su

939 osunetꞌli alꞌ se dešava i: (--) dešavalo možda da mi nismo

940 ni znali (.) možda su djeca umirala od (-) trovanja ilꞌ

941 štošta.

164

942 IN: Mh.

943 HA: I i ljudi su sad sigurniji kad znaju da mogu u bolnici (.)

944 osunetꞌtꞌ dijete ((28)) a (.) to se valjda stavlja neki

945 prsten (-) (tako je) doktor rekꞌo (.) kao neki prsten se

946 stavlja pa se to nekako preko tog prstena navuče ((40))

947 IN: Još jedno pitanje (-) ne znam jelꞌ ti to poznato (.)

948 ranije su katolici u Bosni (.) o:vaj tetovirali seꞌ

949 HA: Jesu.

950 IN: Da bi (.) iskazali svoju vjeru (.) šta misliš ima li toga

951 i danas?

952 HA: Nema.

953 IN: Nema?

954 HA: Nema (--) to ima možda (.) ako ima (.) imaju te žene stare

955 koje još imaju to na sebi (.) a ne vjerujem da više to iko

956 radi (-) o:vaj iako ja nisam nikad bila o:naj (.)

957 jednostavno mislꞌla to se tako radi (.) to je (ljudi) (.)

958 alꞌ sam čitala po nekim knjigama (1.25) sam čula (.) da je

959 to na taj način ee zaštita bila njih samih sebe od Turaka.

960 IN: Mh.

961 HA: Jer su ona:j kad ima krst ona je zauvijek (.) istetovirana

962 obično na čelu ilꞌ na šaꞌ gornjem dijelu šake (-) na taj

963 način se ona zaštitꞌla ee da (.) tetovaža se ono u ta doba

964 nije mogla sklonꞌtꞌ (.) o:naj oni (.) na koji su se način

965 tetovirali to ne znam (.) alꞌ na taj način se ona

966 zaštitꞌla (-) o:d kad bi je Turak i zaꞌ (--) prosꞌ odveo

967 (.) negdje zaprosio (.) ako bi je uzeo uzeo na štꞌ na

968 svoju volju nije pitꞌo nikoga (-) i u tim (.) u tom smislu

969 na taj način ona je sebe obilježꞌla da se zna ko je ona za

970 čitava vremena (.) kolꞌko je živa.

971 IN: Mh.

972 HA: Alꞌ to je bilo baš (.) davno (.) ja se sjećam kꞌo dijete

973 (ono) da sam (.) znala ((…)).

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