echo 3/2009

Ke Nako Afrika abseits von Klischees Afrikanischer Fußball Zwischen Aufbruch und Ausbeutung FIFA WM 2010 in Südafrika Hoffnung eines Kontinents Samuel Eto’o und Anthony Baffoe im Interview Foto: Finbarr O‘Reilly/REUTERS 1 www.fairplay.or.at

Inhalt Editorial Samuel Eto‘o im Interview 3 Das Spiel, das von den Kolonialisten in Afri- (leider) ein Bestandteil dieses schönen Spiels ka eingeführt wurde, war jahrzehntelang das sind. Fußball bietet ein großes und uner- Vor der FIFA WM 2010 in Südafrika 4-5 Spiel der Eliten, der sogenannten Komprado- forschtes Potenzial als Medium der Entwick- Alle WM-Stadien im Überblick 5 ren, die in den Vorstädten lebten. lung und der Interkulturalität. Inzwischen ist es zum Spiel des Volkes gewor- 2010 steht ganz unter dem Motto „Ke Nako – Kurze Geschichte des afrikanischen Fußballs 6-7 den. Fußball ist ein kulturelles Produkt, ein Afrika jetzt!“ – einer Initiative, die neuen Phänomen, das überall auf der Welt von vie- Raum für Dialoge über die Aufgaben der Das Geschäft mit Bubenträumen 8 len Menschen aus allen Gesellschaftsschich- Entwicklungszusammenarbeit schaffen will. Der Spielergewerkschafter ten gefeiert wird. (Süd-)Afrika ist vom 11. Juni Gemeinsam mit anderen AkteurInnen laden Thula Gaoshubelwe über Perspektiven 9 bis zum 11. Juli 2010 erstmals Gastgeber wir dazu ein, die kommende WM zu nutzen, Frauen-Fußball-Power in Kenia 10 der Fußball-Weltmeisterschaft, einem Mega-­ um eingeschliffene, stereotype Afrika-Bilder Event. Die Aufmerksamkeit von 1,5 Milliarden zu hinterfragen und Räume für Interaktion Kongo: Fußball & Konflikprävention 11 Menschen, von Fans, Medien, PolitikerInnen, und Diskussion zu schaffen. Diverse Projekte Der nächste Afrika Cup 2010 in Angola 11 AkademikerInnen, Unternehmen und NGOs in sind geplant bzw. werden bereits umgesetzt. der ganzen Welt wird für vier Wochen auf den Dieses Magazin macht den Versuch afrikani- Der lange Kampf Afrikas um die erste FIFA-WM-Endrunde 12 afrikanischen Kontinent gerichtet werden. Das sche Perspektiven auf das Phänomen Fußball Ereignis wird insbesondere als afrikanische und die soziale Bedeutung der WM zu rich- Anthony Baffoe im Gespräch 13 Angelegenheit betrachtet. ten. Es versammelt afrikanische JournalistIn- Ke Nako: Afrika jenseits von Thabo Mbeki hat es sehr klar formuliert: „Wir nen, AktivistInnen und Interviewpartner, die Folklore und Vorurteilen 14 wollen im Namen unseres Kontinents ein ihre eigene Sicht der Dinge darlegen. Welche Event auf die Beine stellen, das vom Kap bis Herausforderungen gibt es rund um die WM- nach Kairo Wellen des Selbstvertrauens und Vorbereitungen? Profitieren die Armen auf Stolzes senden wird, ein Event, das soziale dem Kontinent von dem Mega-Event? Einige und ökonomische Möglichkeiten in ganz Afri- Antworten auf diese Fragen warten auf euch Kontakt ka schaffen wird. Wir wollen dafür sorgen, auf den nächsten Seiten. Wir wünschen euch dass eines Tages Historiker und Historikerin- viel Spaß bei der Lektüre! FairPlay-vidc nen auf die Fußball-WM 2010 zurückblicken Kurt Wachter und dieses Ereignis als den Moment betrach- Bella Bello Bitugu ist Lektor an der Univer- Möllwaldplatz 5/3 ten, in dem Afrika Jahrhunderte der Armut sität Innsbruck und langjähriger FairPlay-Ko- und des Konflikts überwand. Wir wollen zei- ordinator für Westösterreich. Er koordiniert 1040 Wien, Österreich gen, dass Afrikas Zeit gekommen ist.“ am vidc das EU-Projekt „Football for Deve- Tel.: +43 1 713 35 94-90 Die Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel. lopment“. Fax: +43 1 713 35 94-73 am vidc engagiert sich seit über zehn Jahren dafür, Fußball als Mittel für Entwicklung ein- PS: Das FairPlay-Heft zu Fußball in Afrika [email protected] zusetzen. Gleichzeitig will FairPlay-vidc die erscheint als Beilage zum Fußballmagazin www.fairplay.or.at Öffentlichkeit in Österreich dafür sensibili- ballesterer # 45. Wir bedanken uns beim

www.footballfordevelopment.net sieren, dass Diskriminierung und Rassismus ballesterer­ -Team für die nette Kooperation! Fotos: SOS Ghana, UEFA- Philippe Woods

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und sich vorbereiten. 2002 hatte Kamerun ein Megateam, und ich hätte wetten kön- nen, dass sie zumindest ins Halbfinale kom- men. Aber dann organisierten unsere Direk- toren eine Anreise nach Tokio, die 72 Stun- den dauerte, mit einem Spiel gegen Eng- land 24 Stunden später. Im internationalen Topfußball gibt es keinen Platz für solche Inkompetenz.“

„Es scheint als würden die Leute auf der organisatorischen Ebene einfach stehen bleiben. Das Management muss sich ver- bessern. Es ist oft schwierig, einen Funkti- onär im nationalen Verband davon zu über- zeugen, besser in einem dreimal so teuren Hotel zu übernachten als üblich.“

„Bei den Vereinen, bei denen wir spie- len, ist es anders. Wir gehen um 23 Uhr mit einem guten Buch ins Bett und sind fit und konzentriert für das Spiel am nächsten Tag. Real Madrid oder Chelsea kümmern sich richtig um ihre Spieler, mit den besten Hotels und dem besten Essen. Sie küm- Samuel Eto’o: mern sich auch um den Zeitplan.“ * „We must make it Africas time“ „Es gibt immer Leute, die versuchen, dich in ihre Welt hinunterzuziehen, die etwas Der kamerunische Stürmerstar Samuel Eto’o ist davon überzeugt, dass die von dir wollen; ein Cousin, der im Hotel auf- ­Mentalität der AfrikanerInnen sich ändern muss, wenn eine afrikanische Nation taucht, oder ein Direktor, der dich um drei die FIFA-Weltmeisterschaft gewinnen will. Uhr in der Nacht aufweckt, um ein T-Shirt für einen Freund zu signieren. Es gibt ein- Dies ist, ohne Zweifel, ein goldener afrikanisches Team in den Wettbewerb ein- fach zu viele Leute, die etwas wollen, zu Moment für den afrikanischen Fußball. Vier steigt und denkt ‚Wir haben es geschafft!’. viele Ablenkungen und zu viel von einer Monate nach dem Afrika Cup 2010 in Ango- Wir müssen das Drumherum mitberück- Mentalität, die nur Kosten sparen will.“ la beginnt im Juni in Südafrika die WM-End- sichtigen. Wir sind hier, um zu gewinnen, runde, wo die Aufmerksamkeit des Fußball- und alles andere ist Scheitern.“ „Aber wir müssen uns anpassen. Wenn planeten auf Süd­afrika gerichtet sein wird. Afrika zulässt, dass die Generation eines „Alles rund um die Planung und Ausfüh- Drogba, Kanouté, Martins, Eto’o und Essien Licht und Schatten rung eines Events, egal ob Afrika Cup oder nie den Gewinn einer WM erlebt, egal wer WM-Endrunde. Die Hotels, das Essen, die von uns es schafft, wird es schwierig sein, Afrikanische Spieler werden überall in Europa Reisebüros, die, die Leibchen einsammeln noch so eine goldene Generation zu fin- zu Hauptakteuren, sei es in La Liga, der Premi- beim Training, das Prämiengeld – manche den!“ ership, der Serie A oder in der UEFA Champi- unserer Länder sind zu amateurhaft in dem, ons League. Von all den Stars aus Afrika sticht was sie tun.“ Eto’o sieht, dass Kameruns beste Jahre Samuel Eto’o heraus. In seiner wachsenden nun vorbei sind, aber er weiß, dass Afrika Rolle als Botschafter des afrikanischen Fußball Wir müssen an uns glauben sich nicht nur auf den Erfolg einer Nation sieht Eto’o auch die Schattenseiten. konzentrieren kann. „Während der letzten WM in Deutschland Eto’o hat den Traum, dass 2010 eine afrikani- habe ich die Spiele von Ghana, der Elfen- „Es ist wichtig, dass der afrikanische Fuß- sche Mannschaft Weltmeister wird, aber ihm beinküste und Togo genau verfolgt, und ball nicht immer von denselben Nationen ist bewusst, dass es noch eine Kluft gibt zwi- meiner Meinung nach war die Elfenbein- dominiert wird: Nigeria, Kamerun, Ägypten. schen der Möglichkeit und der Wahrschein- küste besser als der Großteil der Teams in Deshalb freue ich mich über Malis Aufstieg. lichkeit, dass Afrikaner den Pokal in weniger der zweiten Runde. Aber es gab ein Prob- Veränderung und die Gefahr der neuen als einem Jahr in den Händen halten werden. lem: den fehlenden Glauben.“ Kräfte in Afrika werden andere dazu brin- Samuel Eto’o ist überzeugt: gen, alles zu erneuern und überdenken, „Als Kontinent ist das Hauptproblem in „Um in einem Turnier weit zu kommen und was nun endlich afrikanische Meister her- unseren Köpfen. Es reicht nicht, wenn ein zu gewinnen, muss man an sich glauben vorbringen wird.“

* Übernommen vom FIFA WM 2010 Magazin „Ke Nako“, Ausgabe April/Mai 2008 Foto: Alessandro Garofalo/REUTERS

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Südafrikas Reise der Hoffnung Wie das Land von der WM profitieren will

Der Erfolg des Confederations Cups hat und Vergebung zum Ausdruck brachte, als er der Vereinten Nationen (UNO) bis 2014 Zweifler verstummen lassen. Südafrika ein Springbok-Trikot trug, das einst ein Sym- sicherlich beschleunigen. ist bereit für die erste Fußball-Weltmeis- bol der Unterdrückung während des Apart- terschaft. Doch was bringt das Event für heidregimes war. Dies zeigte der Welt, dass das Land? Südafrika bereit war, Veränderungen herbei- Nutzen für alle zuführen und in einem isolierten, geteilten Gastgeberin der Weltmeisterschaft 2010 zu Von Chris Fortuin Land Demokratie, Frieden und Versöhnung sein, eröffnet der südafrikanischen Regie- zu erreichen. Der Afrika-Cup 1996 und die rung Möglichkeiten, die ökonomische, sozi- Thabo Mbeki, der ehemalige Präsident von Kricketweltmeisterschaft 2003 waren wich- ale, politische sowie kulturelle Entwicklung Südafrika, meinte: „Dies ist eine afrikani- tige Meilensteine. über Südafrika hinaus zu verbessern. Die sche Reise der Hoffnung – Hoffnung, dass Consulting-Firma Grant Thornton schätzt, mit der Zeit wir als Afrikanerinnen und Afri- Südafrika ist bereit dass die Weltmeisterschaft rund 2,1 Milliar- kaner eine Zukunft erlangen, in der unser den Euro für die südafrikanische Wirtschaft Kontinent keinen Krieg mehr sehen wird, Beim Confederations Cup, der Vorstufe zur bringen wird sowie 1,3 Milliarden direkte keine Flüchtlinge und Vertriebenen, ohne Fußball-Weltmeisterschaft, wurden Infra- Ausgaben der Fans während der WM. Süd- Tyrannei, ohne rassistische, ethnische oder struktur und Organisation der Austragungs- afrika wird geschätzte fünf Milliarden Euro religiöse Trennung und Konflikte, ohne orte das erste Mal auf die Probe gestellt. für Neubauten und Renovierungsarbeiten Hunger und die angesammelte Last der Die FIFA hat Südafrika sieben von zehn der zehn Stadien ausgeben. Diese Stadien Jahrhunderte und die Aberkennung unserer Punkten für die GastgeberInnenschaft des werden nach dem Event von Profi-Teams menschlichen Würde.“ Cups im Juni verliehen. genutzt. Sehr wenige professionelle Teams Südafrika hat eine reiche und bewegte Als die FIFA beschloss, dass die Weltmeis- in Südafrika besitzen ihre eigenen Stadien. Geschichte, angefangen vom grausamen terschaft zum ersten Mal auf afrikanischem Rund 600 Millionen Euro sind in die Ver- Apartheidregime bis zur instabilen politi- Boden ausgetragen werden soll, hat der besserung der Flughäfen geflossen sowie schen Gegenwart. Doch das Land an der Kontinent nicht nur wegen der Liebe zum 400 Millionen Euro in die Verbesserung der Südspitze des Kontinents hat in Sachen Spiel gejubelt und gefeiert, sondern auch Straßen und Zuginfrastruktur. GastgeberInnenschaft bereits große Heraus- wegen der vielen Möglichkeiten, die dabei Ein großes Verkehrsprojekt ist der Gautrain. forderungen gemeistert. Zum Beispiel bei für den gesamten Kontinent ­Afrika erwach- Diese Hochgeschwindigkeits-Zugverbin- der Rugby-Union-Weltmeisterschaft 1995, sen. Die Vorbereitungen für diese einzigar- dung wird es ZuschauerInnen ermöglichen als der erste schwarze Präsident von Südaf- tige Weltmeisterschaft 2010 wird das Errei- rasch vom Oliver Tambo International Air-

rika, Nelson Mandela, seine Bescheidenheit chen der Millennium Development Goals port ins Zentrum von Johannesburg zu rei- Fotos: Warren Rohner / warrenski.com

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sen, sowie zu den Stadtteilen Sandton und Rosebank. Die WM-STADIEN Seit der Ankündigung der FIFA, die Welt- In zehn Stadien werden 64 Spiele stattfinden. Polokwane meisterschaft in Südafrika auszutragen, ist Fünf neue Stadien wurden gebaut, die anderen der Tourismus stetig gestiegen. Der Frem- fünf ­werden renoviert. www.fifa.com Tshwane/ denverkehr wird von geschätzten drei Milli- Pretoria Nelspruit onen BesucherInnen profitieren. Das Interesse von ausländischen Investor­ Rustenburg Innen an Südafrika und darüber hinaus am ganzen Kontinent ist ein wichtiger Meilen- Johannesburg stein. Eine erfolgreiche Weltmeisterschaft wird den Pessimismus der ausländischen Mangaung/ InvestorInnen verändern. Bloemfontein Die Ankurbelung städtischer Bauvorhaben Durban und die Verbesserung der Infrastruktur sind bedeutend für die soziale Entwicklung des Landes. Die nach dem Event zur Verfügung stehenden Weltklasse-Anlagen für Wettbe- werbe und Trainings helfen darüber hinaus der Weiterentwicklung des Sports. Nelson Mandela Bay/ Kapstadt Port Elizabeth Positives erhalten

Eine der wichtigsten Herausforderungen Johannesburg der Gegenwart ist die Verminderung der SOCCER CITY Armut und das Schaffen von Arbeitsplät- Kapazität 94.700 Kapstadt zen. Dies passiert durch zahlreiche Projek- Die Stadt Johannesburg hat das komplett GREEN POINT STADION te rund um die Weltmeisterschaft. Die Ein- erneuerte Stadion für 99 Jahre an den natio- Kapazität 69.000 kommen werden steigen, davon wiederum nalen Fußballverband SAFA verpachtet. Hier Dieses Stadion wurde von Grund auf neu profitieren die Kommunen, was wiederum werden die Eröffnungs- und Finalmatches gebaut und befindet sich im Eigentum der ein gemeinsames Wachstum bedeutet. stattfinden. Die Fertigstellung ist für Oktober Stadt Kapstadt. Es wird ein Schiebedach Über 150.000 neue Arbeitsplätze werden 2009 geplant. gegen Schlechtwetter erhalten. Die Fertig- geschaffen. stellung ist Ende Oktober 2009 geplant. Die herrschenden politischen Spannungen Johannesburg und Konflikte zwischen afrikanischen Län- ELLIS PARK Port Elizabeth dern verschrecken mögliche InvestorInnen Kapazität 62.500 NELSON MANDELA BAY STADION und behindern ökonomisches Wachstum Das Stadion ist im Eigentum der Stadt Kapazität 48.000 und Entwicklung. Angesichts der hohen Johannesburg und wurde an die Gauteng Dieses Stadion wurde völlig neu gebaut. Lions Rugby Union verpachtet. Die Renovie- Eigentümer ist die Nelson Mandela Bay Met- Armut, HIV/AIDS, der Folgen des Klima- rungsarbeiten sind bereits abgeschlossen. ro. Das Stadion wurde bereits fertig gebaut wandels, des Mangels an Handelsliberali- und war Schauplatz der Vodacom Challenge sierung sowie des Scheiterns einer stand- Durban mit den British Lions. haften Demokratie, langsamen ökonomi- MOSES MABHIDA STADION schen Wachstums und fehlender Nachhal- Kapazität 70.000 Nelspruit tigkeit am ganzen Kontinent liegen zahl- Das Stadion im Eigentum der Gemeinde­ MBOMBELA STADION reiche Probleme auf dem Weg zu einer in Ethekwini hat einen atemberaubenden Kapazität 45.000 jeder Hinsicht besseren Zukunft. Bogen, von dem aus man einen wunder- Dieses neu gebaute Stadion ist Eigentum Xenophobe Haltungen und Diskriminie- schönen Blick auf Durban hat. Die Bauar- der Gemeinde Mbombela in der Provinz rung von MigrantInnen aus Nachbarländern beiten an dem Neubau sind zu 85 Prozent Mpumalanga. Die Bauarbeiten werden im hatten Vertreibungen und Todesopfer zur ­abgeschlossen. September 2009 abgeschlossen. Folge. Die hohe Kriminalitätsrate ist ein Polokwane Tshwane/Pretoria Bereich, womit die Exekutive zu kämpfen PETER MOKABA STADION LOFTUS VERSFELD hat und während der Weltmeisterschaft in Kapazität 46.000 Kapazität 52.000 besonderem Maße haben wird. Es muss Die Fertigstellung des neuen Stadions der Eigentümerin des Stadions ist die Blue Bells viel getan werden, damit der positive Gemeinde Polokwane ist für November Rugby Union. Die Renovierungsarbeiten sind Aspekt des Events erhalten bleibt und die 2009 vorgesehen. abgeschlossen. Allgemeinheit davon profitieren kann. Mangaung/Bloemfontein Rustenburg Chris Fortuin ist Sportlektor an der Univer- FREE STATE STADION ROYAL BAFOKENG STADION sität Johannesburg und Exekutivmitglied Kapazität 48.000 Kapazität 45.000 Eigentümerin ist die Gemeinde Mangaung. Das bereits fertig renovierte Stadion befindet der South African Football Players Union Die Renovierungsarbeiten sind fertig. sich Privatbesitz der Royal-Bafokeng-Familie.

Grafik: typothese.at (SAFPU).

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Wie der Fußball afrikanisch wurde

Das gängige Bild des afrikanischen Fuß- Der Ghanaer Arthur balls sind halbnackte Kinder, die bar- ­Wharton erhielt 1889 fuß auf einem staubigen Feld einem einen ­Profivertrag Ball aus Stoffresten nachlaufen. Doch beim englischen Klub die Geschichte des Fußballs auf dem ­Rotherham Town Kontinent ist viel komplexer als dieses und war damit der romantische Klischee vermuten lässt. Es erste ­afrikanische ist eine Geschichte von Aneignung, Geld ­Profifußballer überhaupt. und Rassismus.

Von Baba Abdulai

Die Missionare waren die frühesten Förde- rer des Fußballs in Afrika. Sie wollten das Spiel nutzen, um AfrikanerInnen gehorsam und gegenüber den KolonialistInnen gefü- gig zu machen. „Fußball wurde durch die Europäer und den Kolonialismus nach Afri- ka gebracht, allerdings wurde er erst durch Massenenthusiasmus und Organisation populär“, so Andy Quao, Sportjournalist der ghanaischen Tageszeitung Daily Graphic. Die europäische Art und Weise, Fußball zu spielen, wurde über lange Zeit als ideales Vorbild dargestellt. Die Kontrolle der Teams kam erst in afrikanische Hand, nachdem sich AfrikanerInnen gegen den europäi- schen Einfluss aufgelehnt und unabhängige Alternativen entwickelt hatten. Das erste historisch belegte Fußballspiel auf dem Kontinent fand 1866 in der südafrikani- schen Provinz Natal statt. Erste schwarze Fußballklubs in Südafrika entstanden in den intensiv über das Gehalt für Spieler, Preis- wurden Teams aufgrund von religiösen und 1890er Jahren in der Hafenstadt Durban, geld und Transportgelder verhandelt“, ethnischen Kriterien zusammengestellt. in Ladysmith und in Pietermaritzburg. Um erklärt der Fußballhistoriker Jack Lord. Beispielsweise der 1926 gegründete Asan- 1900 wurde Fußball von weißen Einwan- te Kotoko FC, der den Asante-Kriegsruf als derern aus der Arbeiterklasse, Indern und Koloniale Trennungen Motto hatte: „Wenn du eintausend tötest, zunehmend auch von Schwarzen gespielt. werden noch eintausend kommen“. Buren und wohlhabende Südafrikaner briti- Fußballverbände in städtischen Gebieten In den 1950er Jahren wurde afrikanischer scher Herkunft beschränkten sich vor allem spielten oft eine wichtige soziale Rolle. Bei- Fußball ein Symbol der Modernität mit einem auf Rugby. spielsweise nutzten migrantische Arbeiter charakteristischen afrikanischen Flair. 1962 Die schwarzen Teams organisierten sich die Verbände, um die materielle und soziale unternahmen die „Black Stars“, das Natio- um 1910 zu lokalen Fußballverbänden, die Unterstützung zu ersetzen, die sie in ihren nalteam des unabhängigen Ghana, eine aus- unter der Kontrolle der britischen Koloni- ländlichen Herkunftsgebieten zurückgelassen gedehnte Europa-Tournee. Das Team sollte alistInnen standen. Diese Verbände ver- hatten. Fußball in Afrika hat seine negative laut Präsident Kwame Nkrumah „einige der suchten mit diversen Wettbewerben, Seite, die sich in Rassismus, Kolonialismus ignoranten Irrtümer beseitigen, die in Euro- Unterstützungszahlungen an Gemeindebe- und Ethnizität widerspiegelt. Dabei zeigte pa über Afrika und die Afrikaner bestehen“. hörden und der Organisation von Konzer- sich laut Jack Lord die rassistische Trennung Das fulminante Team gewann acht von zwölf ten die ZuschauerInnen an Matchtagen zu durch den Kolonialismus erstmals im Fußball. Matches und verlor drei nur sehr knapp. 1963 unterhalten. Musik bei einem Fußballspiel In Siedlerkolonien wie Südafrika waren schlug man sogar Italien 5:2. war also eine afrikanische Erfindung, dar- Teams und Verbände strikt nach Hautfarbe Trotz Professionalisierung wurden traditio- aus kann man den Schluss ziehen, dass das getrennt. Da Fußball von Kindheit an sehr nelle und religiöse Praktiken in den afrika- Vuvuzela-Phänomen einfach eine Fortset- populär war, wurden AfrikanerInnen schon nischen Fußball integriert. Das Schlachten zung dieser Tradition aus Afrika ist. „Fußball in einem jungen Alter Diskriminierungen eines Huhns vor einem Match war kein sel- wurde schnell zum Geldmittel und schaffte ausgesetzt. An Orten wie der Goldküste – tener Anblick, sowie, dass Spieler einen

ein zusätzliches Einkommen. Teams haben dem heutigen Ghana und Kongo-Brazzaville Talisman, ein Amulett oder andere Glücks- Foto: FURD.org

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Fußball mitten in der Apartheid, 1987: Im Ellis Park Stadion treffen die Kaizer Chiefs auf das weiße Team PG Rangers

bringer während des Spiels trugen. Die ka-Cup zu entsenden, und wurde daher auf den afrikanischen Fußball lenken wird. Namen der Teams hatten meist eine tiefere vom Turnier ausgeschlossen. Der Afrika- Andy Quao meinte: „Die WM 2010 bedeu- Bedeutung oder waren an Glaubensinhal- Cup ging in der Folge hauptsächlich an tet viel für den afrikanischen Kontinent. Es te angelehnt. In Ghana wurden die Klubs nord– und westafrikanische Staaten, mit ist das erste Mal in der Geschichte des Venomous Vipers („giftige Vipern“) und Ägypten, Ghana, Kamerun und Nigeria als Wettbewerbs, dass afrikanische Teams Mysterious Dwarfs („geheimnisvolle Zwer- mehrmaligen Siegern. in solch einem Turnier auf afrikanischem ge“) ins Leben gerufen. Heute wird Fußball in Afrika bei den Jugend- Boden teilnehmen, und dies wird einen gro- lichen als Möglichkeit gesehen, internati- ßen psychologischen Schub schaffen.“ Der- Emanzipation des onalen Ruhm und Reichtum zu erlangen. zeit läuft der Wettkampf um die fünf afri- Natürlich sind afrikanische Giganten – wie kanischen Plätze im Turnier. Ägypten und afrikanischen Spiels Eto’o, Drogba, Essien oder Adebayor –, die Kamerun waren anfangs beeindruckend in Europa spielen eine große Inspiration und und kämpfen nun um die Qualifikation. Der Strukturen des afrikanischen Fußballs wichtige Vorbilder. 2010 wird Afrika mit seinem Fußball, sei- wurden 1956 gefestigt, als in Lissabon Der im Juni 2009 stattgefundene FIFA Con- nen Farben und vielen Klängen eine unver- die Gründung der Confédération Africaine federations Cup in Südafrika hat endgültig gleichliche Atmosphäre schaffen und mit de Football (CAF) erfolgte. Dort wurde der alle ZweiflerInnen in Bezug auf Südafrikas Stolz einen unvergesslichen Platz in der Afrika-Cup geplant, der dann im folgenden Fähigkeit, die nächste Fußball-WM zu orga- Fußballwelt einnehmen. Jahr in Khartum, der Hauptstadt des Sudan, nisieren, verstummen lassen. Viele Afrika- stattfinden sollte. nerInnen sind voller Hoffnung und Erwar- Baba Abdulai ist freier Journalist in ­Accra CAF-Mitbegründer Südafrika weigerte sich, tung diesbezüglich und freuen sich auf die und arbeitet dort u. a. für das populäre ghanai-

Foto: Gottfried Chmelar ein „rassisch“ gemischtes Team zum Afri- Aufmerksamkeit, die die Weltmeisterschaft sche Wochenendmagazin The Spectator.

FUSSBALL IST ALLES – schwarz, weiß, jung, alt, Mann, Frau, schwul, lesbisch, hetero und noch viel mehr!

Um diese Vielfalt zu fördern, haben FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel. und tipp3, der österreichische Wettanbieter, einen Projektpool ins Leben gerufen. Wenn ihr Projektideen habt, um Vielfalt, Integration und ein respektvolles Miteinander im Fußball zu fördern, informiert euch über den Projektpool und schickt eure Vorschläge an FairPlay. Mitmachen können alle: Fans, Vereine, MigrantInnenorganisationen uvm. Mehr über den Projektpool, Antragsformular, Leitlinien und Projektideen findet ihr auf www.fairplay.or.at

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Agyekum wurde mit 19 Jahren bei einem Match in Dänemark entdeckt und sollte in Italien einen großzügigen Vertrag erhalten. Der Vertrag kam nie zustande, schließlich gelang es ihm, beim SV Seiersberg, einem steirischen Verein in der Oberliga Mitte, unterzukommen. Er hatte noch Glück, verglichen mit den schätzungsweise 12.000 anderen, die auf den Straßen Europas gelandet und gestran- det sind. Rund 30 Prozent der Topspieler in allen europäischen Ligen sind Afrikaner oder afrikanischer Herkunft. Stars wie Didi- er Drogba und Michael Essien bei Chelsea, Samuel Eto’o und Patrick Viera bei Inter Mailand oder Freddie Kanouté in Spanien sind nur einige Beispiele dafür, welchen Einfluss afrikanische Spieler bereits auf den europäischen Fußball haben. Es verwun- dert deshalb nicht, dass der Spieler der Sai- son 2008/09 in der holländischen Mounirel Hamadaoui aus Marokko heißt.

Selbstbewusste Generation

Diese Tatsache macht ein anderes, weit Der verlorene Traum verbreitetes Übel des europäischen Sports deutlich. Schwarze Sportler und Sportle- Von den Fußballschreinen in Europa, Südamerika und Asien bis zu den staubigen rinnen, nicht nur aus Afrika, werden sys- Straßen von Soweto, Dakar oder Lagos bleiben die Regeln des Fußballs gleich: tematisch diskriminiert und im täglichen Es herrschen Ausbeutung, Rassismus und Ausgrenzung. Leben mit rassistischen Ressentiments konfrontiert. Von Chris Fortuin Mittlerweile wird dies jedoch von der jün- geren und selbstbewussteren Generation Die wirtschaftlichen Methoden und Strate- se Akademien in Afrika sollen offiziell die schwarzer ProfisportlerInnen nicht mehr so gien der besten europäischen Fußballklubs jungen Spieler für ihre zukünftigen Einsätze einfach akzeptiert, und man hat begonnen haben sich in vergangenen Jahren stark bei europäischen Klubs vorbereiten und för- sich zu wehren. 2002 behauptete der fran- verändert und werden immer komplexer. dern. Tatsächlich geht es vielen Profiklubs zösische Präsidentschaftskandidat Jean- TV-Rechte, Verkauf von Fanartikeln und in Europa jedoch darum, mit dem Weiter- Marie Le Pen vom rechtsextremen Front Printmedien, Einnahmen durch Bilderrech- verkauf junger afrikanischer Talente Gewin- National, ihm sei das französische National- te sowie Profit durch die Vermarktung von ne zu erwirtschaften. Länder in Asien und team nicht französisch genug. Dies führte jungen Talenten aus den Nachwuchsaka- arabische Golfstaaten haben diesen Trend dazu, dass die französische Nationalmann- demien sind die zentrale Bestandteile des längst erkannt und agieren mit ähnlichen schaft, angeführt vom in Ghana geborenen Fußballbusiness geworden. Strategien. Kapitän Marcel Desailly, öffentlich an die französischen BürgerInnen appellierte, Le Geschäfte mit Talenten Kolonialismus im neuen Kleid Pen nicht zu wählen. Viele Sportagenten und Manager geben Oft werden Spieler wie Vieh bei einer Ver- 2007 hat man für das Projekt „ASPIRE Afri- den jungen Sportlern falsche Informationen steigerung entsprechend Angebot und ca Football Dreams“ in Katar die besten und Ratschläge, die mangelnden gesetzli- Nachfrage gehandelt. Viele berühmte und Fußballtrainer und Fußball-Wissenschaft- chen Regelungen in den Heimatländern der reiche Klubs haben Fußball-Akademien auf- lerInnen Europas zusammengeholt um afrikanischen Spieler tun ihr Übriges. Die gebaut, um dort vielversprechende afrika- 500.000 Buben in sieben afrikanischen Län- Folge ist, dass viele Fußballtalente statt im nische Talente auszubilden. Ajax Amster- dern an 700 Stationen zu testen und für die Stadion vor Gericht landen. Ein weiteres dam hat mit Ajax eine solche ASPIRE Academy in Doha auszuwählen. Problem sind die oft intransparenten Verträ- Einrichtung in Südafrika. In Ghana betreibt Der Leiter der Akademie, Josep Colomer, ge und das fehlende Wissen um die eige- Feyernoord seit 1998 eine Akademie, und der auch Finanzdirektor des FC Barcelona nen Rechte. 2007 startete die Red Bull Soccer Acade- ist, sagte: „Allen ist bewusst, welche Hür- my in Sogakope in der Volta-Region. Ajax den die jungen Talente in Afrika zu überwin- Chris Fortuin ist Sportlektor an der Univer- Amsterdam hat eine Menge Geld mit den den haben oder daran hindern, ihre Fähig- sität Johannesburg und Exekutivmitglied Transfers von Benni McCarthy, Aaron keiten voll auszuschöpfen.“ der South African Football Players Union

Mokoena und verdient. Die- Der aus Ghana stammende Samuel Yaw (SAFPU). Foto: FairPlay – K. Wachter

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Thulaganyo Gaoshubelwe: „Junge Spieler brauchen Perspektive hier in Afrika“

Internationale Karrieren von afrikani- schen Fußballstars lesen sich oft wie Bil- derbuchgeschichten, in denen Helden für ihren harten Kampf belohnt werden. Doch die Realität für viele fußballbegeis- terte schwarze Jugendliche sieht anders aus. Das Interview mit dem südafrikani- schen Spielergewerkschafter Thulaganyo Gaoshubelwe führte Clemens Foschi.

SAFPU-Generalsekretär ­Thulaganyo Gaoshubelwe (rechts) und SAFPU- ­Vorstand Chris Fortuin (mitte) über- reichen Tokyo Sexwale von der ­Mandela-Stiftung eine Ehrung für Nelson Mandelas Verdienste für den Fußball und die Überwindung von Rassismus.

Warum streben viele afrikanische Fuß- Welche Rolle spielen die Agenten beim le Spieler nicht die Mittel ihre Rechte ein- baller und Nachwuchstalente eine Karri- Transfer von Fußballern aus Afrika? zufordern. ere in Europa an? Fußball hat sich in den letzten Jahren in Thulaganyo: Nicht nur Europa! Eigentlich Europa zu einem Mega-Business entwi- Was können CAF, UEFA, FIFA oder ande- will eine erhebliche Anzahl afrikanischer ckelt. Die skrupellosen Agenten sind Haie re Fußballverantwortliche unternehmen, Fußballer in die USA und vor allem nach in diesem Millionen-Dollar-Business. Die um die Probleme zu lösen? Asien, wo der Fußball in den letzten Jah- Vielzahl an jungen, talentierten Spielern Zuallererst müssen die Strukturen im afrika- ren stark expandiert hat. Eine Ursache sind lockt die Agenten nach Afrika. Sie machen nischen Fußball professionalisiert werden. die mangelhaften Strukturen im Fußball in den jungen Menschen Versprechungen und Die Klubs, die zumeist als Family-Business Afrika. Der Hauptgrund liegt jedoch in der bringen sie nach Europa. Nur wenige jun- missverstanden werden, brauchen entspre- Chance, der Armut und sozialen Missstän- ge Talente können die Erwartungen erfül- chende Managementstrukturen. Das Ver- den zu entkommen. len und machen Karriere. Viele scheitern hältnis zwischen Spielern und Klubs muss jedoch und landen auf der Straße irgendwo in Verträgen festgehalten werden, die den Was sind die Probleme im afrikanischen in Europa. internationalen Standards entsprechen. Die Fußball? Verbände müssen die Einhaltung ihrer Sta- Die mangelnde Professionalisierung des Wie verhalten sich die Eltern der jungen tuten und Regelungen garantieren, indem Fußballs äußert sich auf allen Ebenen und Spieler gegenüber den Agenten? sie für alle zugängliche Schiedsgerichte beeinträchtigt das gesamte Umfeld des Oft sind Eltern aufgrund von Krankheit oder implementieren. Hier gäbe es auf nationa- Sports. Angefangen bei den Verbänden anderen Umständen nicht in der Lage, sich ler wie internationaler Ebene viel zu tun! über die Klubs bis hin zur physischen In­- ausreichend um ihre Kinder zu kümmern. frastruktur, z. B. den Stadien. Es fehlt das Die Agenten nützen die finanzielle Notlage Welche Chancen ergeben sich durch die Know-how und die finanzielle Basis für ent- aus. Sie legen 500 Dollar auf den Tisch und Fußball-WM 2010 für junge Talente und sprechende Rahmenbedingungen. nehmen die Jugendlichen mit. die Entwicklung des Fußballs in Afrika? Wir müssen das Zeitfenster der internati- Was bedeuten die mangelhaften Rah- Gibt es keine Gesetze oder Regelun- onalen Aufmerksamkeit nutzen, um die menbedingungen für die Spieler? gen von nationalen und internationalen strukturellen Defizite zu beheben. Wenn Die Spieler leiden unter schlechter Bezah- Fußballverbänden, die diese Praktiken uns das gelingt, wird nicht nur eine kleine lung, fehlender Sozialversicherung und unterbinden? Minderheit von der Fußball-WM profitieren. mangelnder medizinischer Versorgung. Es gibt Regelungen, die den Transfer Min- Dann haben junge Fußballer eine Perspekti- Dazu kommt, dass kaum adäquate Verträge derjähriger betreffen, doch diese werden ve für den Sport hier in Afrika. zwischen den Vereinen und Spielern exis- nicht umgesetzt bzw. sanktioniert. Die tieren, so dass im Fall von Verletzungen, Regeln existieren auf dem Papier, es fehlen Thulaganyo Gaoshubelwe ist Generalse- ausstehenden Gehältern oder anderen Pro- Schiedsgerichte und andere Institutionen, kretär der südafrikanischen Spielergewerk- blemen keine Möglichkeiten für die Spieler an die man sich im Fall von Vertragsverlet- schaft SAFPU und war früher Profispieler in

Foto: SAFPU bestehen, ihre Rechte einzufordern. zungen wenden könnte. Zudem haben vie- der (PSL).

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sehr gut und leicht über Themen wie sexuel- Football Empowerment le Gesundheit, HIV/AIDS, vor allem mit Mäd- chen und Frauen, die nicht die Möglichkeit Die zögerliche Entwicklung des Frauenfußballs in Afrika steht in großem ­Kontrast haben, zur Schule zu gehen“, so Lydia.­ zur Leidenschaft, mit der Frauen und Mädchen versuchen, in dieser populären Auch Leah Gandi hat eine Erfolgsstory erlebt. ­Männerdomäne Fuß zu fassen. Das Projekt Moving the Goal Posts will mittels Als Spielerin ist Leah bei MTG als unterstüt- ­Fußball Geschlechterbarrieren sprengen. zende Arbeitskraft angestellt, unterrichtet Gleichaltrige und ist Schiedsrichterin und Trai- Von Susan Maboga nerin in einer Person. „Bevor ich bei MTG war, konnte ich nicht Fußball spielen oder Der Fußballsport ermöglicht den Auf- und war in dieser Richtung bisher weniger aktiv mich gut vor einem Publikum ausdrücken. Ausbau neuer Fähigkeiten. Besonders für bzw. erfolgreich. Trotzdem war eine Orga- Bei MTG habe ich viel über HIV/AIDS gelernt. Mädchen und junge Frauen bietet er die nisation hartnäckig und erfolgreich in ihren Nun teile ich mein Wissen und unterrich- Möglichkeit, sich im Wettkampf zu bewei- Bemühungen, Frauenfußball beliebter zu te andere. Ohne Fußball hätte ich vielleicht sen, das eigene Selbstbewusstsein zu stei- machen. Moving the Goal Posts (MTG), schon ein Kind bekommen, ohne zu heiraten. gern und Selbstwertschätzung zu erlangen. was so viel heißt wie „den Torpfosten ver- Es ist nicht leicht ein Mädchen in meinem Afrikanische Mädchen werden mit einigen schieben“, ist eine Gemeindeorganisation Alter (20 Jahre) zu finden, die nicht mehr in Hürden konfrontiert, wenn sie Sport betrei- im Bezirk Kilifi im Süden von Kenia, die seit die Schule geht und kein Kind hat“, so Leah. ben wollen. Familiäre Verantwortung sowie 2002 weibliche jugendliche Fußballtalente die gesellschaftlichen Erwartungen führen mittels Leadership-Programmen unterstützt. meist dazu, dass Mädchen nicht unter- Das Ziel des Programms ist es, junge Frauen Football for Hope stützt werden und davon abgehalten wer- und Mädchen so weit zu fördern, dass sie Das Motto von MTG lautet: „Fußball nutzen, den, Sport aktiv auszuüben. den Teufelskreis aus Armut, Diskriminierung um die Thematik Gender in ländlichen Gebie- und Ausschluss durchbrechen können. ten zu behandeln“. Die FIFA fördert MGT Pionierinnen Laut Margaret Belewa, Leiterin des Pro- über ihr „Football For Hope“-Programm mit gramms gab es schon einige positive Ent- dem Ziel, langfristig die Gleichberechtigung Erst im Jahr 1991 mit der Einführung einer wicklungen für Mädchen in Kilifi, und sie von Mädchen und Frauen zu erreichen. Ein WM für Frauen und der Frauen-Afrikameis- hofft, dass die Erfolgsstory von MTG über offizielles Event wird bei der WM im Town- terschaft erlangte der Frauenfußball in Afri- Kilifi hinaus weitergeht: „Fußball hat eine ship von Alexandra in Johannesburg stattfin- ka internationale Anerkennung. Die nigeri- Möglichkeit geschaffen die Barrieren der den, wo 32 Teams von Jugendlichen Orga- anischen „Super Falcons“ dominierten die Gesellschaft zu sprengen sowie stereotype nisationen repräsentieren, die sich für sozia- ersten sieben afrikanischen Wettbewerbe. Vorstellungen von Mädchen in patriarchalen len Wandel engagieren. Aber das „Football 2008 siegte überraschend Äquatorialgui- Gesellschaften langsam aufzubrechen.“ for Hope“-Festival 2010 wird viel mehr als ein nea. Das südafrikanische Team Banyana Eine Erfolgsgeschichte ist die von Lydia Fußballturnier werden. Es wird Workshops Banyana war unter den Pionierinnen des Kasiwa. „Nach der Matura blieb ich ohne und Aktivitäten zu den verschiedensten The- Fußballs in Afrika. Deren beste Stürmerin, Beschäftigung zu Hause. Aber dann menbereichen geben, bei denen sich Jugend- Noko Matlou, wurde 2008 zur Fußballerin beschloss ich, zu MTG zu gehen. Seit damals liche austauschen und ihre Fähigkeiten erwei- des Jahres in Afrika gewählt. beschäftige ich mich mit den unterschied- tern können. Die wachsende Popularität von Frauenfuß- lichsten Dingen. Früher ging es nur um Sex ball in Südafrika hat durch ein Sponsoring oder Drogen. Ich bin ehrgeizig und zielstre- Susan Maboga ist Journalistin und Mitar- von zwei Millionen US-Dollar der ABSA Bank big geworden. Ich war früher nicht gut darin, beiterin bei MGT in der Küstenstadt Kilifi,

einen ungeheuren Impuls bekommen. Kenia öffentlich zu sprechen, aber jetzt spreche ich Kenia. Fotos: MTG Kilifi

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Kofliktlösung am Rasen Im Kongo wird die verbindende Kraft des Fußballs genutzt

besuchte das Team die Stadt Goma (Provinz Kivu), obwohl dort kriegsähnliche Zustände herrschten. Die Nationalmannschaft woll- te ein Zeichen setzen und wurde von einer begeisterten Bevölkerung umjubelt.

Differenzen überwinden

Der Fußball ermöglicht es Ländern einen gewissen Kontakt aufrechtzuerhalten, auch wenn untereinander politische und militäri- sche Auseinandersetzungen herrschen. Die Treffen zwischen dem FC Lupopo (DR Kon- go) und dem Fußballteam der Ruandischen Die Mobilisierungskraft des Fußballs hat (LISPED) in Kooperation mit dem Netzwerk Patriotischen Front (RPF) in Kigali und in Kin- in der Demokratischen Republik Kongo Football Against Racism in Europe – FARE shasa 2007 fanden trotz politischer Spannun- bereits öfters Früchte getragen. In der beteiligte sich durch eine Stadionaktion. Vor gen störungsfrei statt. Fußballklubs aus der Ostkongo-Provinz Kivu wird versucht, dem Anpfiff stellten sich alle Spieler hinter DR Kongo, Ruanda und Uganda sind sich in mit Hilfe des Fußballspiels Konflikte zu ein Transparent, das gegen Rassismus im der Qualifikationsphase für den Afrika-Cup lösen. Fußball aufruft. begegnet. Am 28. Juni 2009 organisierte die kongolesische provinzübergreifende Frie- Von Martin Enyimo Trotz Bürgerkriegs densbewegung gemeinsam mit der LISPED ein Friedensmatch zwischen ehemaligen Die in der Hauptstadt Kinshasa ansässi- Man erinnere sich an den Sieg (3:1) der Spielern der ruandischen Nationalmannschaft ge Stiftung Nonda Shabani hat ein Bene- kongolesischen Nationalmannschaft 2002 und Spielern der DR Kongo. fizturnier für vom Krieg betroffene Kinder gegen die „Elefanten“ von der Elfenbein- der Provinz Kivu organisiert. Mit dabei als küste, der zum Einzug ins Viertelfinale des LISPED organisiert seit sechs Jahren das Tur- Unterstützer war auch auch der nationale Afrika-Cups 2002 in Mali führte. Obwohl nier „Trophée Fair-Play“, dabei wird jenes Fußballverband FECOFA. Dabei spielte die das Land damals vom Bürgerkrieg zerrüttet afrikanische Land mit einer Auszeichnung kongolesische Nationalmannschaft gegen war und der Ostkongo von Azarias Ruber- bedacht, das sich besonders für Frieden durch eine Mannschaft von Legionären, die bei was „Bewegung zur Demokratie“ (RDC) Fußball eingesetzt hat. 2009 ging diese Aus- europäischen Klubs verpflichtet sind. Das besetzt, wurde das Ereignis im ganzen Land zeichnung an den Kongo. Fußball ist zu einem Motto des Spiels lautete „Gemeinsam für von allen Seiten als nationaler Sieg gefeiert. wichtigen Katalysator für Einheit und Versöh- den Frieden“. Der kongolesische Sportver- Nach dem Siegeszug der Nationalmann- nung in der DR Kongo und darüber hinaus ein zur Verteidigung der Menschenrechte schaft im März 2009 in der Elfenbeinküste geworden. Angola Aufstieg der Ölmacht zum Fußballgiganten­

Von Martin Enyimo für das Aufstreben seines jungen Fußballs als auch für die dafür geschaffene Infrastruk- tur (Stadien, Hotels, Transport, Telekommu- Das ehemalige Bürgerkriegsland Angola nikation, Gesundheitsversorgung u. a). Nach wird vom 10. bis 31. Jänner 2010 erstmals Erlangung seiner Unabhängigkeit 1975 prä- den Coupe d‘Afrique des Nations (CAN), den sentierte sich Angolas Fußballnationalmann- Afrika-Cup, austragen. Angola hofft, dass schaft (Palancas Negras) 1977 zum ers- sich das Turnier sowohl wirtschaftlich als ten Mal bei einem Freundschaftsspiel, das auch sportlich positiv auf das Land auswir- sie mit 1:0 gegen Kuba gewann. 1996 war ken wird. Issa Hayatou, Präsident der afrika- Angola das erste Mal beim CAN dabei, zehn nischen Fußballföderation CAF, hat sich bei Jahre danach bei der Fußball-Weltmeister- einem kürzlichen Besuch vor Ort positiv zu schaft. Die Spieler Flavio Al Ahly (Legionär in Martin Enyimo arbeitet als Kultur- und den Fortschritten der Vorbereitungen geäu- Kairo) und (Hull City) avancierten Sportjournalist für mehrere Tageszeitungen

Fotos: www.fafutebol.ag, LISPED ßert. Angolas Nominierung spricht sowohl zu nationalen Stars. in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo.

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Wie die Weltmeisterschaft nach Afrika kam

Wenn am 11. Juni 2010 die WM in Johan- einer WM-Endrunde in Afrika anfreunden. nesburg angepfiffen wird, sind nicht Im November 1997, anlässlich des ers- weniger als 80 Jahre vergangen, seit in ten von FairPlay-vidc organisierten Wie- Uruguay die Geschichte der FIFA-Fuß- ner Symposiums, stellte der damals frisch ball-Weltmeisterschaften begann. Eine bestellte Generalsekretär des südafrikani- Geschichte, in der Afrika bis zuletzt nur schen Verbands, Danny Jordaan, die Fra- als Nebendarsteller vorkommt. ge: „Ist die Zeit nicht überfällig, dass die FIFA und speziell die Weltmeisterschaft Von Kurt Wachter ihre Wurzeln auf dem afrikanischen Konti- nent schlagen? Afrika kann nicht Lieferant Die Gründung des Weltfußballverbands FIFA von Rohstoffen in Form von Spielern blei- im Jahr 1904 in Paris erfolgte auf europäi- ben, sondern muss zu einem ernst genom- sche Initiative, angeführt von dem holländi- menen Teilnehmer werden.“ Die Antwort schen Bankier Carl Wilhelm Hirschmann und des anwesenden FIFA-Sprechers damals: dem Franzosen Robert Guérin. Die globale Er bezweifle, in welchem Ausmaß die WM Verbreitung des Spiels war zwar ein erklär- für Südafrika einen motivierenden Effekt tes Ziel, aber man überließ diese Aufgabe WM-OK Chef Danny Jordaan (li) musste sich im haben würde. zunächst den Kolonialverwaltungen und Jahr 2000 Franz Beckenbauer und dem DFB bei Doch Danny Jordaans bewegte Vergan- europäischen Siedlern. In den ersten fünf der WM-Vergabe geschlagen geben genheit als Freiheitskämpfer, Fußballpro- Jahrzehnten ihrer Existenz begnügte sich fi, Lehrer, Organisator von Mietboykotts die FIFA damit, die Entwicklung des Fuß- ration AFC einen einzigen Startplatz teilen, und ANC-Parlamentarier hat ihn gelehrt, balls auf dem Mutterkontinent zu überbli- obwohl 1968 bereits 37 afrikanische Ver- zu kämpfen und sich nicht unterkriegen cken. In der Amtszeit von Jules Rimet (1921- bände FIFA-Mitglieder waren. zu lassen. Auch nicht von der Niederlage 54) nahm zwar die Bedeutung Südamerikas im Juli 2000, als alles danach aussah, dass zu, aber alle wichtigen FIFA-Positionen blie- Maßlos unfair das FIFA-Exekutivkomitee die Austragung ben Nordeuropäern vorbehalten. der WM 2006 erstmals an ein afrikanisches In der Phase von 1961 bis 1974 unter dem Die Diskriminierung der afrikanischen Staa- Land vergeben würde. Doch die dubiose Vorsitz des Engländers Stanley Rous waren ten bei der WM-Teilnahme empfand der Stimmenthaltung des 78-jährigen Neusee- die Beziehungen der FIFA zu Afrika von Koninentalverband als „maßlos unfair“. Ini- länders Charles Dempsey brachte die knap- einer paternalistischen Vorstellung von Ent- tiiert vom ghanaischen Präsidenten Kwame pe Entscheidung für Deutschland. wicklung geprägt. Von Europa wollte man Nkrumah lancierte die CAF eine Kampag- FIFA-Präsident Sepp Blatter musste sein das Spiel – vergleichbar dem Christentum – ne zum Boykott der WM-Endrunde 1966 Wahlversprechen von 1998 – die WM erst- in die entlegensten Winkel der Erde tragen, in England, dem sich auch die asiatische mals auf den afrikanischen Kontinent zu alles zum zivilisatorischen Wohle der ehe- Föderation anschloss. bringen – einlösen und reagierte prompt mals Kolonisierten. Mit der Dekolonisation Erst mit der Wahl des Brasilianers João auf das Abstimmungsfiasko. In weniger als wuchs aber auch in Afrika der Widerstand Havelange zum FIFA-Präsidenten 1974 folgte einem Monat wurde das Prinzip der konti- gegen die Fußball-Hegemonie der ehemali- eine Phase der zögerlichen „De-Europäisie- nentalen Rotation der WM-Endrunden vom gen Kolonialherren. rung“ des Weltverbands, die sich in der Erhö- FIFA-Kongress abgesegnet. Und Afrika soll- Sieht man vom britisch dominierten Ägyp- hung der WM-Startplätze, der Einführung von te mit der Rotation beginnen. Am 15. Mai ten bei der WM 1934 ab, nahm Marok- Nachwuchsweltmeisterschaften und Ent- 2004 war es dann so weit: Südafrika setzte ko als erstes afrikanisches Team 1970 an wicklungsprogrammen manifestierte. sich bei der Abstimmung in Zürich schon einer WM-Endrunde teil. Vor 1970 muss- Noch vor wenigen Jahren konnte sich beim ersten Wahlgang gegen Marokko und

te sich die CAF mit der asiatischen Föde- innerhalb der FIFA niemand ernsthaft mit Ägypten durch. Foto: FairPlay – K. Wachter www.fairplay.or.at

wie Eto‘o, Essien, Adebayor, Touré, Drogba um nur einige zu nennen, kaum vorstellbar. Die meisten sind Schlüsselfiguren ihres Teams. Durch die Weltmeisterschaft wird deren Bedeutung noch mehr zunehmen und damit die Bedeutung des afrikanischen Fußballs.

Die Erfolge afrikanischer Mannschaften und einzelner Spieler spiegeln jedoch nicht die Realität des Fußballs in Afrika selbst wider. Die meisten Ligen leiden unter den schwachen Strukturen, man- gelnden finanziellen Ressourcen und schlechter Vereinsführung. Wie können diese Defizite behoben werden? Innerhalb der FIFPro, der internationalen Vereinigung der Profifußballer, wird gera- de die Division Afrika gebildet. Das wird zu einer Verbesserung der Infrastruktu- ren beitragen und die Position der Spieler gegenüber Vereinen stärken, damit Ver- träge gemäß den Richtlinien abgeschlos- sen und auch eingehalten werden. Durch die Kooperation mit CAF, FIFA und den jeweiligen nationalen Verbänden müssen wir in Zukunft Strukturen einführen, die gute Rahmenbedingungen für die Spieler Anthony Baffoe: bieten. Dein Heimatland Ghana ist in politischer Ich glaube felsenfest an Südafrika! und wirtschaftlicher Hinsicht vergleich- bar gut situiert. Wie sieht es mit dem Anthony Baffoe, Ex-Kapitän der Ghana Black Stars, der für Vereine wie 1. FC Köln, Fußball in Ghana aus? Wird sich Ghana FC Metz und Fortuna Düsseldorf gespielt hat, ist heute Sportberater und CEO der für die WM qualifizieren? ghanaischen Spielergewerkschaft. Mit ihm sprach Clemens Foschi. Ghana hat bisher alle drei Spiele in der Qualifikation gewonnen. Bei einem Sieg im nächsten Spiel gegen Mali können wir War es angesichts der herrschenden Pro- Fußball macht viele Menschen glücklich. uns vorzeitig qualifizieren. Ein großer Teil bleme wie HIV/AIDS, Korruption, Bür- Die Investitionen wurden nicht nur zum Bau der Mannschaft von 2006 ist nach wie gerkrieg, Hunger usw. die richtige Ent- von Stadien getätigt, sondern für die Schaf- vor dabei. Einige starke junge Spieler sind scheidung die Weltmeisterschaft nach fung und Verbesserung von Straßen, Eisen- dazugekommen. Ich glaube, wir haben Afrika zu bringen? bahn und U-Bahn. Es wurden neue Hotels eine schlagkräftige Mannschaft, die wie- Baffoe: Absolut! Erstens war der afrikani- gebaut. Ich glaube schon, dass der Aus- der eine gute Leistung bei der WM brin- sche Kontinent endlich einmal dran, und bau der Verkehrswege Südafrika in Zukunft gen wird. ich glaube felsenfest an Südafrika. Zwei- wirtschaftlich voranbringen wird. tens gibt es mit Danny Jordaan, dem Lei- Du hast die meiste Zeit deiner Profi­ ter des lokalen Organisationskomitees in Zu deiner Zeit als aktiver Spieler gab es karriere in Europa gespielt. Was sind für Zusammenarbeit mit der FIFA, ein Team wenige afrikanische Mannschaften bei dich die wesentlichen Unterschiede zwi- mit sehr viel Erfahrung in der Ausrichtung Weltmeisterschaften. Dann kamen 1990 schen dem europäischen und dem afri- solcher Großereignisse. Daher glaube ich, die Erfolge afrikanischer Teams. Wie kanischen Fußball? dass man den SüdafrikanerInnen und dem beurteilst du die Anzahl afrikanischer Spielerisch, technisch und athletisch Rest der Welt eine tolle Weltmeisterschaft Teams bei der WM-Endrunde? betrachtet war der afrikanische Fußball bieten wird. Die Zahl hat sich von einer auf derzeit schon lange mehr als konkurrenzfähig mit sechs Mannschaften inklusive Veranstal- Europa oder Südamerika. Da so viele Spie- Südafrika hat enorme finanzielle Mittel ter erhöht. Die Richtung stimmt, und die ler in Europa tätig sind, hat sich das takti- in die Schaffung geeigneter Infrastruk- Anzahl der Teams aus Afrika wird noch sche Verständnis verbessert. Diese Spie- turen zur Ausrichtung der Weltmeister- steigen. Die Spielstärke und vor allem das ler haben eine gewisse Winner-Mentalität, schaft investiert. Wäre dieses Kapital in taktische Verständnis haben in den letzten ­­­­d. h. Selbstvertrauen mit zurückgebracht. anderen Entwicklungsbereichen nicht Jahren stark zugenommen. Die europäi- Insgesamt ist daher der Unterschied deut-

Foto: UEFA – Philippe Woods besser eingesetzt? schen Ligen wären ohne Stars aus Afrika lich geringer.

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­Highlights von Ke Nako Afrika

Public Viewing Den Höhepunkt von Ke Nako Afrika wer- den die Afrika-Fanzonen während der WM bilden. Veranstalter in ganz Österreich sind eingeladen, in den Fanzonen für „afri- kanisches Flair“ zu sorgen. Dazu werden FairPlay-Turniere, Musikbands, Dialogver- anstaltungen und Kunstprojekte angebo- ten. Tagsüber werden KünstlerInnen und ExpertInnen Kreativworkshops für Kinder und Jugendliche anbieten.

Schulschwerpunkt Im Sommersemester werden Fußball- und Kreativworkshops an Schulen angeboten. Ein Teacher‘s Manual gibt konkrete Anre- gungen, wie das Thema Sport und Ent- wicklung in Afrika in den Unterricht integ- riert werden kann. Im Juni 2010 tourt eine Gruppe der Mathare Youth Sport Associ- ation (MYSA) durch Ostösterreich, dazu werden Workshops, FairPlay-Turniere und Tanz- und Musikauftritte organisiert.

Medienprogramm Medienkooperationen im Bereich TV und Ke Nako – Afrika jetzt! Print werden vorbereitet. Durch einen Aus- tausch mit afrikanischen JournalistInnen sol- Anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika startet in Österreich das len afrikanische Perspektiven Raum erhalten. Netzwerkprojekt Ke Nako Afrika. In den Bereichen Dialog, Kultur, Bildung, Medien name*it wird eine temporäre Web-Plattform und Sport soll ein zeitgemäßes und vielfältiges Bild Afrikas gezeichnet werden. einrichten, die Beiträge zu afrikanischen Lebenswelten um den und abseits des Fuß- balls liefern wird. Das Webprojekt „Canchas“ Geschätzte 1,5 Milliarden Menschen wer- die Bedeutung des Sports für den sozialen (spontane Fußballfelder) hat einen weltwei- den die erste WM-Endrunde in Afrika via Zusammenhalt und die Bekämpfung von ten Fotowettbewerb initiiert. 2010 werden TV live mitverfolgen. Das enorme öffent- Armut zu erkunden. afrikanischen FotografInnen eingeladen, ihre liche und mediale Interesse bietet für Bilder und den sozialen Kontext dazu auf eine entwicklungspolitische Sensibilisie- Ke Nako Afrika ist ein Netzwerkprojekt, bei www.canchas.org zu stellen. rung große Chancen. „Ke Nako. Celebra- dem bislang über 50 Initiativen mitmachen. te Africa’s Humanity“ lautet der offizielle Konferenz zu Sport und Entwicklung: Slogan für die WM 2010 in Südafrika. „Ke Ke Nako wird vom vidc gemeinsam mit Im März 2010 findet in Wien die interna- Nako“ bedeutet in der Sotho-Sprache „Es Organisationen der afrikanischen Communi- tionale Konferenz „Development through ist Zeit“. Auch in Österreich ist es höchste ty und in Kooperation mit der Entwicklungs- Football in Africa“ statt. Mit dabei sind Zeit, den gewohnten Blick auf den Konti- agentur Austrian Development Agency NGOs, EntwicklungsexpertInnen und Ver- nent zu hinterfragen und zu verändern. (ADA) koordiniert und hoffentlich von einer treterInnen aus dem Fußball. Vielzahl entwicklungspolitischer NGOs, Kul- Die Initiative Ke Nako Afrika möchte daher turinitiativen und Sportvereinen mit eigen- Kulturpgramm Neugier und Offenheit wecken. Ohne exis- ständigen Ideen und Aktionen mitgestaltet. Konzerttourneen afro-österreichischer tierende Miseren auszublenden, geht es Bands, Theaterproduktionen und Aus- darum, ein zeitgemäßeres Image von Afrika Alle Infos auf www.kenako.at stellungen bieten ein reichhaltiges kul- in der Öffentlichkeit zu etablieren – im Sin- turelles Programm. Die umstrittenen ne von „Afrika gibt es nicht“ (Bartholomä- Kontakt: Vuvuzelas, die Trompeten der südafri- us Grill). Stereotypen („Krisenkontinent“) kanischen Fußballfans, erhalten einen und Widersprüche unserer Afrika-Bilder vidc – kulturen in bewegung besonderen Stellenwert. Der südafrika- sollen diskutiert werden und differenzier- Franz Schmidjell nische Musikpädagoge Pedro Epsi San- te Sichtweisen eröffnet werden. Ke Nako Koordinator Ke Nako Afrika chis hat die Fankultur zum Kunstpro- heißt auch den Wissenstransfer zu Fragen [email protected] jekt erhoben und wird in Österreich ein

zu globaler Gerechtigkeit zu forcieren und Tel. 01-713 35 94–82 Vuvuzela-Orchester schaffen. Foto: FairPlay – K. Wachter

14 Wo Bezahlte Anzeige anlässlich derFußball-EMdortumgesehen. das ZentrumderFußballproduktion.Seit1998auchfürdenFairenHandel.KatharinaNickoleit*hatsich Beinarbeit. SeineExistenzverdankteroftmalsFrauenundreinerHandarbeit.ImfernenPakistanliegt Auf demRasengehörter–bisaufwenigeAusnahmendenMännernundderenallesentscheidender Bälle, diefürFairhandelsorganisationenwieEZAinÖster Eine derFragen,diesieamhäufigstenklärenmuss,ist,ob die Frauenredenkönnen,wennesProblemebeiderArbeitgibt. herinnen desDorfesGillanChak,eineVertrauensperson, mitder Die 40-jährigeisteinegeachtetePersönlichkeitunterdenNä- Eine derFrauenistRahila.SeitneunJahrennähtsieFußbälle. 42 Cent. anderthalb Stunden,undalsLohngibtesdafürnormalerweise mengenäht werden,umeinenFußballherzustellen.Dasdauert einem kräftigenRuckfest.32Sechseckemüssensozusam- Frauen denFadenumkleineHolzstückeundziehendieNahtmit schnell dieLöcherzutreffen.AmEndejederNahtwickeln Konzentration istwichtig,ummitdenbeidenNadelnmöglichst ecke stecken,diesiemitfliegendenHändenzusammennähen. Knien drückensieHolzspannerzusammen,indenendieSechs- Auf kleinenHockernsitzenFraueninbuntenSchleiern.Mitden Ventilatoren summen,abergegendieHitzekommensiekauman. Männer undFrauengemeinsamineinemRaumarbeiten, in derGegendfürFrauengibt.InPakistanistesundenkbar, dass Kricket. FußbällezunähenistauchdieeinzigeArbeit,eshier viel konntensienichtdamitanfangen–inPakistanspieltman sie einFußballspielimFernsehengesehen,abersorichtig haben Zeit,Familienangelegenheitzubesprechen.Einmal ist eineangenehmeArbeit.Siesitzeneinandergegenüberund kleine Nähzentrum.Fußbällezunähen,sofindendiebeiden, Jeden Tag kommtRahilamitihrerältestenTochter Kadijaindas Kinderarbeit gefertigtwerden,daslässtsichnurschwersagen. paar MonateausdemBoden.OballeBilligbällewirklichohne Fußbällen steigt,schießenneueFabrikantenwiePilzefürein daran, dochwennzuEM-oderWM-ZeitendieNachfragenach die regelmäßigkontrolliertwerden.Diemeistenhaltensich darauf, FußbällenurnochinNähzentrenfertigenzulassen, Um Kinderarbeitauszuschließen,einigtensichdieFabrikanten als bekanntwurde,dassdortauchKinderFußbälleproduzierten. Bälle inHeimarbeitgenäht–unddieBranchegerietVerruf, umliegenden DörferngibtesNähzentren.Bis1997wurdendie straße reihensichdieFabrikenaneinander, undüberallinden zent derweltweitgekicktenFußbälleproduziert.AnHaupt- Hier inSialkot,imfruchtbarenOstenPakistans,werden80Pro- Bälle heißbegehrtsind… fast dendoppeltenStücklohn–keinWunder, dassdiefairen einen Ballnäht,aufdemetwa„Fairpay, Fairplay“steht,erhält reich zuproduzierensind,gerechtaufgeteiltwerden.Dennwer FußballFrauensacheist - Welt amSonntag. Sie lebtinKölnundarbeitetunteranderemfürdenWDRdie nalistin undbefasstsichvorwiegendmitGlobalisierungsthemen. * KatharinaNickoleit(www.katharina-nickoleit.de) istfreie Jour wenn wirzualtsind,umarbeiten.“ Erwägungen: „DannkönnenunsdieKindereinmalguternähren, eine guteAusbildungbekommen–schonausganzpraktischen wichtigsten istfürRahilaundSultanAliaber, dassihreKinder für denMörtelhabensieschongekauft,lagernimHof.Am Stockwerk bekommen–einpaarZiegelsteineunddenSand kleine HausmitdenzweiZimmernsolldemnächsteinzweites Die FamiliehatjetztStrom,imHofgibtesFließwasserunddas stehen tagsüberaufdemHofunddienenalsSitzgelegenheit. Kühlung sorgt.AnsonstenistderRaumkahlundleer, dieBetten vor, der in dem gemeinsamen Schlafzimmer der Familie für etwas erklärt RahilaundführtdenBesucherInnenstolzVentilator nem Wohlstand. „Wir essen jetzt jede Woche einmal Hühnchen“, verdienen kann.DiezehnköpfigeFamilielebtheuteinbescheide- für SultanAli,derjetztmitseinerInstallateurwerkstattmehrGeld 280 Euro verkauft.DieinvestiertedieFamilieinneuesWerkzeug Kredit zurückbezahlt,beideBüffelwurdenmiteinemGewinnvon auf demkleinenReisfeldarbeitete.NachzweiJahrenwarder Davon kauftesieeineträchtigeBüffelkuh,mitderSultanAli bewarb sichumeinenKreditundbekamumgerechnet420Euro. gar nichtviel,umeineGeschäftsideezuverwirklichen.Rahila einer einfachenFamilieeinDarlehengeben.Dabeibrauchtes Kleinkredite anseineNäherInnen.KeineBankwürdehier Doch Talon istnichtnureinArbeitgeber, Talon vergibtauch Zählen unddasABCaufUrduEnglischlernt. Sohn SahabesuchtimNähzentrumeinekleineVorschule, woer ge füralleund–ebensowichtigauchihreFamilien.Rahilas schnittsfabrikant. SogibteseinekostenloseGesundheitsvorsor seinen ArbeiterInnenweitmehr, alsderpakistanischeDurch- Dank derZusammenarbeitmitdemFairenHandelbietetTalon „Talon isteinerderbestenArbeitgeberinRegion“,sagtsie. für Talon Fußbällenäht,erwiessichalsGlücksfallfürdieFamilie: sie dabeifastausschließlichmitFrauenzutunhat.DassRahila erlaubt zuarbeiten,wennernichtsichergewesenwäre,dass steigen rasant.Trotzdem hätteSultanAliseinerFrauniemals ernähren: DieLöhnesindniedrig,unddieLebenshaltungskosten Einkommen sindbitternötig,umeinezehnköpfigeFamiliezu die einzigeMöglichkeitfüreinzweitesEinkommen.Undzwei so sinddieNähzentren,indenenFrauenuntersichbleiben, - -

Fotos: gepa – das fairhandelshaus

Verlagspostamt: 1040 Wien. Erscheinungsort: P.b.b.: GZ02Z030389M. .org, Zusammenarbeit – vidc, Möllwaldplatz 5/3. Stock, A–1040 Wien, Tel:+43/(0)1/7133594, Fax:+43(0)1/7133594-73, E-Mail: office@vidc .org,

Der gebürtige Wiener Fotograf Gottfried Chmelar ­dokumentiert seit den 70er Jahren die Entwicklung des südafrikanischen Fußballs,­ speziell zur Zeit der Apartheid. Chmelar ­wurde während eines Meisterschaftsspiels 1979 in ­Johannesburg von einer ­Glasflasche ­getroffen und ins Spital ­eingeliefert. Dieser Vorfall ­inspirierte Alfred Baloyi, einen Fan der Kaizer Chiefs, zur Umgestaltung der ­„Makarapas“ – Bauarbeiterhelme wurden zu ­Fanutensilien in Klubfarben und mit ­Verzierungen, die zudem Schutz im Stadion bieten und Homepage: www.vidc.org | Redaktion: Bella Bello Bitugu, Njideka Iroh, Markus Pinter, Franz Schmidjell, Bettina Surtmann, Heidi Thaler, Kurt Wachter AutorInnen: Baba Abdulai, Martin Enyimo, Clemens Foschi, Chris Fortuin, Susan Maboga | Layout: typothese.at Druck: STYRIA Print Holding GmbH echo 3/2009, Herausgeber und Medieninhaber: Wiener Institut für internationalen Dialog ­

Foto: Gottfried Chmelar auch von ­Künstlern verschönert werden. 16