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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Kataloge des OÖ. Landesmuseums

Jahr/Year: 1988

Band/Volume: MUE_88

Autor(en)/Author(s): Lachinger Johann

Artikel/Article: Das Mühlviertel als Literaturlandschaft. Vom Mittelalter bis in unser Jahrhundert. 455-472 download unter www.biologiezentrum.at 455 Johann Lachinger Das Mühlviertel als Literaturlandschaft Vom Mittelalter bis in unser Jahrhundert

\ Wahrscheinlich fällt einem zuerst der Name Adal- aus Heimatliebe zur Verklärung ihrer ländlichen bert Stifter ein, wenn man sich das Mühlviertel als Lebenswelt für die Landbevölkerung schrieben. Der Literaturlandschaft vergegenwärtigt. Er hat das Priesterdichter Norbert Hanrieder mag hier als her- Gepräge dieses Natur- und Lebensraumes im vorragendstes Beispiel dieser Mühlviertler Volksdich- 19. Jahrhundert wohl am anschaulichsten gestaltet, tung gelten. Dazwischen bezeugt eine facettenreiche unmittelbar in Erzählungen und Schilderungen, die Abstufung von Stimmen und Formen den Reichtum das Mühlviertel als Schauplatz von Geschichten und der Mühlviertler Literatur, von Edward Samhaber autobiographischer Geschichte zeigen, mittelbar aber über Hermann Heinz Ortner bis hin zu den von aus- auch in seinen Böhmerwald- und Bayerwaldschilde- wärts zugezogenen Autoren, denen das Mühlviertel rungen, die solcherart die landschaftliche und kultur- vorübergehende oder letzte Bleibe bot, wie dem geschichtliche Zusammengehörigkeit dieser größeren Schweden August Strindberg, dem Südtiroler Franz Region erkennen lassen. In der Kunst Stifters tritt Turnier, dem Arbeiterdichter Josef Luitpold Stern, aber auch ein bezeichnendes Phänomen exemplarisch dem literarisch in Wien geschulten Linzer Herbert in Erscheinung, das für jede aus der Substanz einer Eisenreich oder dem ebenfalls aus Wien zugezogenen ländlichen Region erwachsene bedeutende Kunst gilt Priesterdichter Heinrich Suso Waldeck. Eine ganz be- und so auch für einige Hauptautoren des Mühlviertels wußte Interaktion von regionaler Bezogenheit und vom Mittelalter bis zur Gegenwart charakteristisch überregional geprägtem Literaturverständnis zeigt die ist: die Wechselwirkung von Bodenständigem und Gegenwartsliteratur aus dem Mühlviertel, in der es Überregionalem. Aus der Durchdringung von primä- aus innerer Verbundenheit und kritischer Distanz zur rer Erlebniswelt, regionaler Besonderheit, sprachli- Reflexion der Herkunftswelt oder der heimischen cher Eigentümlichkeit und überregionaler geistiger Lebensverhältnisse kommt. Von Hermann Friedl bis und formaler Struktur entstanden auch im Raum des zu den nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen Auto- Mühlviertels literarische Kunstwerke, die von ihrer ren Hermann Obermüller, Norbert Pühringer, Rein- geistig-künstlerischen Konzeption her über den enge- hold Aumaier, Richard Wall, Peter Paul Wiplinger ren Bereich ihrer Entstehung und Thematik hinaus- und Brigitte Schwaiger reicht hier das Spektrum. weisen und — vor allem im Falle Stifters — selbst tra- In diesem fragmentarischen Überblick können nur ditionsbildend wurden. In diese Reihe gehören neben Ausschnitte dieser vielschichtigen Literaturlandschaft Stifter der mittelalterliche Minnesänger Dietmar von beleuchtet werden, und das nur ziemlich oberfläch- Aist, der Renaissancedichter Christoph von Schallen- lich. Raum- und Zeitmangel zwingen zu drastischen berg und einige Dichter des Mühlviertels im 19. und Einschränkungen, zu harten Abbreviaturen, zu oft 20. Jahrhundert. problematischen Auslassungen. Diesen stehen die bewußt regional gebundenen Eine ausführlichere literarhistorische Darstellung Mühlviertier Mundartdichter gegenüber, die, aus der über das Mühlviertel müßte bei den archaischen Tradition der von Franz Stelzhamer in Oberösterreich Erzähltraditionen von einheimischen Märchen, Sagen neugeformten Landdichtung kommend, ihre Stoffe und Legenden ansetzen und den über Generationen und Formen aus dem einheimischen Volksleben hin benützten Volkslesestoff, die alten Kalender und schöpften und ihre Dichtungen zur Unterhaltung und Erbauungsbücher einbeziehen, die Volkslieder, Erbauung, nicht selten in erzieherischer Absicht, und Volksbücher und volkstümlichen Spruchweisheiten 456 download unter www.biologiezentrum.at berücksichtigen, um die Eigentümlichkeiten des re- Über die Frage, wie viele von den 16 unter dem gional Überlieferten und die Wirkungsweisen volks- Namen Dietmar von Aist überlieferten Liedern tat- tümlichen Erzählgutes zu erfassen. Doch vieles ist mit sächlich von diesem Dichter stammen oder anderen den Generationen verschwunden, nur weniges wurde Dichtern zuzuschreiben sind, besteht in der germani- in schriftlicher Form bewahrt. Die merkwürdige schen Forschung noch keine endgültige Klarheit. Weihnachtssage vom „Goldenen Rößl" vermittelt uns (Drei Lieder mit insgesamt elf langzeiligen Strophen vielleicht noch eine Ahnung von den altertümlichen werden in der 1977 erschienenen 36. Auflage der heidnischen Vorstellungen des Volkes, selbst die in Sammlung „Des Minnesangs Frühling" als Dietmar Stifters Erzählung „Katzensilber" erzählten Großmut- wohl jedenfalls zugehörig angesehen, zwölf Gedichte, ter-Geschichten und die möglicherweise selbst auf die in mindestens einer Handschrift unter dem Na- eine Sagenüberlieferung zurückgehende Figur des men Dietmars aufscheinen, sind als „Dietmar zuge- wilden braunen Mädchens in dieser Erzählung sind schriebene Lieder" angefügt.) Über die Autorschaft kaum mehr als Erzählstoffe verifizierbar. und über die Person des Dichters ist wenig bekannt. Im Dunkel der Geschichte bleiben auch die frühen In der Forschung wird angenommen, daß der seit Formen geistlicher und weltlicher Spiele, die es wie in 1139 urkundlich bezeugte Dietmar von Aist, als Letz- anderen Regionen auch im Mühlviertel vom Mittel- ter seines Geschlechts um 1171 verstorben, dessen alter an (und früher) gegeben hat, wie die Überliefe- Freiherrnsitz vermutlich auf dem Altaistberg nahe rung des erst spät aufgezeichneten mundartlichen Schwertberg lag, und vermutlich ein jüngerer Ver- „St. Oswalder Weihnachtsspiels" (St. Oswald im Obe- wandter desselben Namens aus einer Nebenlinie als ren Mühlviertel) aus der Zeit der Reformation erweist Dichter der Lieder anzusehen sind. (W. Pailler, 1881/83). Mit dem um einige Jahre älteren Minnesänger Der Die bedeutendsten und schönsten Zeugnisse des von Kuerenberg, der wahrscheinlich in der Nähe von literarischen Lebens im Mittelalter im Mühlviertel Linz ansässig war, und dem Burggrafen von Regens- besitzen wir in den nach der Mitte des 12. Jahrhunderts burg steht Dietmar von Aist am Anfang der Liedkunst entstandenen Minneliedern Dietmar von Aists, mit de- des deutschen Minnesangs, jenes frühen Donaulän- nen sich ein unvermittelter Blick auf die hochstehende dischen Minnesangs, der als eigenständige, einheimi- ritterliche Kultur dieses Raumes eröffnet. Dietmars zar- sche Dichtung dem von Walther von der Vogelweide te Liebespoesie ist artistisch und volkstümlich zugleich. und zu einem Höhepunkt In den frühen Liedern erscheint die Poesie volkslied- europäischer Liebesdichtung geführten höfischen haft-naturnah, die Erfahrung ursprünglichen mensch- vorausging. lichen Fühlens wird im ungekünstelten Zwiegespräch Aus der Zeit des Meistersangs, der im Zeitalter der und in elegischen Gedanken zum Ausdruck gebracht, Reformation (16. Jahrhundert) in Oberösterreich vor atmosphärisch verdichtet durch die Andeutung stili- allem in den Städten Wels, Steyr und Eferding als sierter Natur- und Jahreszeitenbilder, die den Motiven Zeichen selbstbewußter bürgerlicher Standeskultur in und Stimmungen entsprechen. Die späteren Liederlas- Erscheinung trat, ist uns ein aus Freistadt gebürtiger sen bereits Elemente der idealisierenden Minneauffas- Kürschner namens Johannes Kharres als Dichter mit sung des hochhöfischen Minnesangs erkennen. Man- einigen Meisterliedern überliefert, der einige Zeit in che sprachliche Eigenart — wie etwa „erkomen" für Wien wirkte — über seine Biographie und die Reich- „erschrecken" — weist trotz der späteren Aufzeichnung weite seines Schaffens sind bisher keine ausführliche- in anderen Dialekträumen (Elsaß, Schweiz) auf die bai- ren Forschungen angestellt worden. risch-österreichische Ursprungslandschaft dieser Mit dem adeligen Dichter Christoph von Schallen- Dichtung hin. Aus der späten Niederschrift in den Sam- berg brachte das Mühlviertel eine der historisch und melhandschriften des deutschen Westens (Kleine Hei- poetisch interessantesten Persönlichkeiten der Re- delberger-, Große Heidelberger = Manessische Lieder- naissance in Österreich hervor. Als Angehöriger eines handschrift; Weingartner= Stuttgarter Liederhand- einflußreichen und reich begüterten Geschlechts ge- schrift, 1275 bis erste Hälfte 14. Jahrhundert) ergaben hörte Christoph von Schallenberg in der Historiogra- sich infolge unterschiedlicher Text-Autor-Zuordnun- phie seit je zu den Hauptgestalten der oberösterreichi- gen Schwierigkeiten für die eindeutige Autorschaft. schen Herrschaftsgeschichte, die Literaturgeschichte download unter www.biologiezentrum.at 457 hat ihn erst spät entdeckt. Die handschriftliche seine Kunstauffassung im antiken und romanischen Sammlung seiner lateinischen „Carmina" und deut- Geist. Aus der von Vergil und Horaz bestimmten schen „Lieder" wurde erst 1910 mit der Edition von Konzeption seiner Poetik entstehen seine vier Bücher Hans Hurch in der literaturwissenschaftlichen Fach- „Carmina", die den antiken Formenkanon variieren, welt bekannt. Obwohl seine Dichtung als besonders der Geist der italienischen Liebesdichtung der Re- wichtiges Zeugnis für die deutsch-italienischen Kul- naissance spricht aus seinen deutschen Liedern; turbeziehungen in Österreich in der Zeit der Refor- 76 „Lieder" sind in vier „Büchern" zusammengefaßt, mation gilt, ist die Aufmerksamkeit in der For- eines davon ist die erste deutsche Übersetzung eines schung gering geblieben. Eine Neuausgabe seiner Gedichts von Torquato Tasso. Richard Newald cha- Dichtungen wäre ein dringendes Anliegen gerade in rakterisiert Schallenbergs Kunst als Verbindung von Österreich. bodenständiger österreichisch-deutscher Tradition Christoph von Schallenbergs abwechslungsreiches und antik-italienischer Form: „Das Formerlebnis, Leben, das ihn in verantwortungsvolle politische und welches Schallenberg offenbar in Italien gehabt militärische Positionen gebracht hat, kann nur kurz haben muß, stellte sich unvermittelt zwischen seine skizziert werden. Für seine poetische Bildung und lateinische und deutsche Dichtung, konnte sich besser Entwicklung waren seine Studienjahre in Deutsch- mit den formelhaften Elementen des Volkslieds, den land und Italien von ausschlaggebender Bedeutung. Resten des immer noch lebendigen Minnesangs, ver- Der 1561 auf Burg Piberstein bei Helfenberg geborene binden und seine frische Unmittelbarkeit bewahren" Dichter wurde zum humanistisch geschulten Welt- (Newald, S 35). mann erzogen. Nach seiner ersten Ausbildung an der Schallenberg schrieb seine deutsche Lieddichtung protestantischen Lateinschule in Enns und an der in den in Italien entwickelten Gedicht- und Strophen- Landschaftsschule in Linz sowie nach fünfjährigen formen der Villanelle und Terzine und dichtete auf humanistischen und vor allem juristischen Studien in italienische und deutsche Liedmelodien und -Stro- Deutschland und Italien bekleidete er zunächst am phen seine deutschen Lieder. Die hauptsächlichsten Wiener Hof das Amt eines Truchseß des Erzherzogs und immer wieder variierten Motive seiner weit- und Matthias. Nach dem Rückzug vom Hof folgten einige sinnenfrohen Dichtungen sind wie im Minnesang der Jahre ruhigen Lebens auf Seisenegg (Niederöster- Preis der Liebe, Liebessehnsucht, Liebesglück und reich) und auf Leombach bei Wels im Kreis seiner Liebesleid. Alle Schattierungen des Gefühls klingen jungen Familie — er hatte 1588 in Linz Margareta von an: vom heiteren, scherzhaft-witzigen, ja vorwitzigen Lapitz geheiratet. In diesen Jahren kann er sich haupt- Ton bis zur elegisch gestimmten Klage. Trotz der ita- sächlich seiner Poesie widmen. Von 1594 an nimmt lienischen Formmuster sind Schallenbergs deutsche Schallenberg am Türkenkrieg in Ungarn teil. Sein tap- Lieder alles andere als bloße Kopien fremder Vorbil- ferer Einsatz bringt ihm hohe Auszeichnung und wei- der; in den anverwandten Formen spricht sich viel- tere verantwortliche Ämter: Er wird „Regent der nie- mehr ganz unverkennbar eine eigene Persönlichkeit, derösterreichischen Lande" und zuletzt Kommandant ein eigenes Temperament aus, die Sprache erscheint der gesamten kaiserlichen Donauflottille. Doch schon nicht glatt rhetorisch und formelhaft, sie zeigt sich im Alter von 36 Jahren erliegt Schallenberg in Wien vielfach durchsetzt von oberösterreichischen dialek- einer schweren Krankheit, die er sich in Ungarn zuge- talen Einsprengseln, so daß man es tatsächlich mit zogen hat. Sein Grab ist in Franzhausen bei Traismau- irgendwie urwüchsig scheinender Kunstdichtung zu er, Niederösterreich. tun hat. Schallenbergs dichterische Laufbahn beginnt be- Zu seiner Zeit war Schallenberg der Mittelpunkt reits in seiner Tübinger Studienzeit mit neulateini- eines kleinen oberösterreichischen Dichterkreises. Er schen und deutschen Gedichten — die Atmosphäre stand mit seinen Freunden Johann Ferenberger von der humanistischen Bildung, die Poetik und Rhetorik Eggenberg und Johann Seeger von Dietach in regem einschloß, und ein gleichgesinnter Freundeskreis literarischen Austausch, wie der Briefwechsel und die wirkten inspirierend. Die italienische Renaissancelite- Widmung manchen Gedichts zeigen. Hätte Schallen- ratur, die er während seiner Universitätsstudien in berg seine nord-südliche Poeterei zu seiner Zeit im Padua, Bologna und Siena kennenlernt, formt dann Druck bekanntgemacht, wäre dies für die nachfol- 458 download unter www.biologiezentrum.at gende barocke Dichtergeneration sicherlich nicht „Die Binder oder Bacchus ist nicht schuld an dem ohne Wirkung geblieben. Rausche" über die Bretter ging und 1800 die Truppe Für die Zeit des Barocks ist die literarische Über- des tschechischen Komikers Franz Vasbach auftrat. lieferung aus dem Mühlviertel nicht sehr reichhaltig. Die Ausstattung der Theaterbühnen war im ganzen Neben den wichtigen Zentren der Dichtung und des den Erfordernissen dieser Kleinbühnen entspre- Theaters in den Städten Linz, Wels und Steyr und in chend, vor allem das Greiner Theater verfügte über den großen Klöstern südlich der Donau, in denen das einen interessanten Grundbestand an Kulissen und Schul- und Ordenstheater florierte, tritt das Mühlvier- technischen Hilfsmitteln. tel etwas zurück, es hat sich aber gleichwohl im Ein- Das Theaterleben dürfte sich im Mühlviertel bis flußbereich des Klosters Schlägl eine eigenständige zur Ausbreitung des Laienspieltheaters in unserem Schauspieltradition herausgebildet: In der ersten Jahrhundert nicht entscheidend erweitert haben. Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden in Rohrbach und Als Original unter den poetisch-philosophischen später im Kloster Schlägl selbst Passionsspiele aufge- Propagandisten der josephinischen Aufklärung ist führt. „... die Nachrichten über derartige Aufführun- der aus Grein gebürtige Amand Berghofer (geboren gen mehren sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahr- 1745, gestorben in Graz 1825) zu erwähnen, dessen hunderts, so daß man hier von einer regelrechten Pas- rousseauistisches Menschenbild zu einer utopischen sionsspielpflege sprechen kann" (Sturm, S 164). Einen Konzeption von Erziehung, Staat und Gesellschaft Höhepunkt bildete 1692 die Aufführung von Jakob führte. „Wieland hat ihn mit Rousseau verglichen, Baldes „Jephtis"-Tragödie, in der der Erlösungstod die ,Bidermannschronik' nannte ihn einen philoso- Christi präfiguriert ist, daneben gab es in Schlägl ein phischen Sonderling', dem es ,unstreitig besser ge- Osterspiel und im 18. Jahrhundert ein Florianus-Spiel hen würde, wenn er von seinen überspannten „mit sambt dem Passion vermengt", redigiert vom Grundsätzen hie und da abgehen wollte', Gräffer Prämonstratenser Adam Pöckenhoffer. Die Tradi- nennt ihn einen ,überspannten Philanthropen'..." tionslinien dieser Spiele verlaufen zu den Jesuiten in (Nagl—Zeidler— Castle Band II, S 374). Seinen Krumau und Linz. Unter dem aufklärerischen Kaiser phantastischen Ideen entsprach sein unruhiges Le- Joseph II. wurden die Passionsspiele 1782 in Ober- ben. Er war zeitweilig Lehrer, einige Jahre Haupt- österreich verboten (Fuhrich, S 179). schuldirektor in Steyr, später Zensor in Steyr und Eine bürgerlich-profane Theatertradition etablierte dann in Linz. In den achtziger Jahren verbringt er sich im 18. Jahrhundert in den Städten Grein und einige Zeit im Idealstaat der Rousseauisten, der Freistadt, wo österreichische und deutsche Wander- Schweiz, erhält aber kein Ansiedlungsrecht. Schließ- truppen das Interesse der Bürger an eigenen Schau- lich hilft ihm der Wiener Aufklärer Ignaz von Born spieleinrichtungen geweckt haben. In Grein wurde dazu, ein kleines Haus bei Baden bei Wien zu be- 1790 im alten „Getreidekasten" im Rathaus ein Thea- kommen, wo er als freier Schriftsteller und Klein- ter errichtet, das bis heute in originaler Form besteht landwirt lebt. Später ist er wieder Schulmann und und auch bespielt wird. Das Repertoire hielt sich weit- Zensor in Prag und zuletzt in Graz. In seinen „Emp- gehend an die zeitgenössische Bürgerdramatik, im findungen aus meinem Leben" preist er in rhythmi- 19. Jahrhundert wurde es ein Vorposten der Wiener scher Prosa und in Versen Einsamkeit und Natur, Volkskomödie, vor allem Nestroy-Aufführungen wa- während der Zeit Josephs II. tritt er in kritischen ren beliebt. In Freistadt spielten im 18. Jahrhundert Broschüren gegen Despotismus und Absolutismus Wandertruppen in einem Privathaus, gelegentlich auf, Kritik an den Ballungszentren der Städte paart aber auch im Rathaus, in dem von 1799 bis etwa 1850 sich mit Kritik an der Rückständigkeit der Provinz, ein eigener Theatersaal bestand. Von den Spielplänen zugleich schätzt er das aufgeklärte Wien, wo er „frei ist nur einzelnes bekannt, etwa, daß 1798 in Grein und philosophieren und ein Bürger der ganzen Welt" Freistadt ein Sieg über die Türken (bei Fokschain) mit sein kann. Eine Sammlung seiner Schriften hat dem Lustspiel „Der belohnte tapfere Krieger" theater- Berghofer selbst bereits 1787 herausgegeben. Neben mäßig gefeiert wurde, in Freistadt um 1785 des Lam- dem Steyrer Aloys Blumauer ist Amand Berghofer bacher Benediktiners Maurus Lindemayrs sonst unter einer der bekanntesten Verfechter aufklärerischen dem Titel „Der Teufel im Faß" bekanntes Singspiel Gedankenguts aus Oberösterreich. download unter www.biologiezentrum.at 459

Die Literaturgeschichte des Mühlviertels im im „Waldgänger" (1847), in der Erzählung „Katzen- 19. Jahrhundert wird bestimmt vom Rang Adalbert silber" aus den „Bunten Steinen" (1853) sowie in sei- Stifters, der diese Landschaft in die europäische Lite- nem Bildungsroman „Der Nachsommer" (1857) bis ratur einführte, vom Aufbruch der Mühlviertier hin zu den „Winterbriefen aus Kirchschlag" (1866) Mundartdichtung mit Norbert Hanrieder im Mittel- eine Kernlandschaft seiner Poesie und seiner natur- punkt und der Heimat- und Gelehrtendichtung des wissenschaftlich-philosophischen Reflexion. Schließ- Germanisten und Pädagogen Edward Samhaber — lich verbindet ihn seine konservatorische Tätigkeit als die beiden Letztgenannten reichen bereits ins Landeskonservator von Oberösterreich gemeinsam 20. Jahrhundert herein. mit dem hervorragenden Holzschnitzkünstler Johann Für wurde das Mühlviertel vom Rint mit der Restaurierung der gotischen Flügelaltäre Beginn seiner Kremsmünsterer Studienzeit im Jahre von Kefermarkt, Pesenbach, Waldburg und Oberrau- 1818 an bis zu seinem letzten Aufenthalt in Kirch- chenödt bei Freistadt aufs engste mit der Kunst- und schlag 1867 zu einem Stück seiner Lebenslandschaft, Kulturlandschaft des Mühlviertels. Stifters biographi- und mit seinen poetischen Schilderungen in Erzäh- sche Wege führten in ganz konkretem Sinne durch die lungen wie im frühen Fragment „Julius" (1828/29), Landschaft des Mühlviertels, von seinem Geburtsort Oberplan acht Jahre hindurch ins Gymnasium nach Kremsmünster, später zum Studium und zu seinem Künstler- und Hauslehrerleben nach Wien und ab 1850 auf Dienstreisen als Landesschulinspektor und Landeskonservator zu den Menschen, zu den Schulen und Kunststätten dieses Landstrichs, zuletzt immer wieder nach Kirchschlag, wo er von den Heilkräften der Natur Genesung erhoffte. Von den ersten Begeg- nungen mit dem Mühlviertel an wird die landschaftli- che und kulturelle Verwandtschaft dieses Raumes mit seiner Böhmerwaldheimat zur tiefen Erfahrung: Erst an der Grenze des Granithochlandes zur Donau hin erlebt der Erzähler im „Waldgänger" den endgültigen Abschied von der vertrauten heimatlichen Welt des Böhmerwaldes. Stifter verlegte den Schauplatz seiner frühesten Künstlererzählung „Julius" nach Schloß Wildberg im Haselgraben, in „Katzensilber" verbin- det sich Mühlviertlerisches und Stifterisches in dem aus dieser Region stammenden Gutsherrn, der, Stadt- bürger und Landmann zugleich, seinen ererbten Be- sitz im Mühlviertel zu einer Musterwirtschaft ausge- baut hat, die er den Sommer über betreut, der über den Winter aber jeweils in die Hauptstadt zieht, wäh- rend die auf dem Land heimisch gebliebene Groß- mutter in ihrer angestammten Welt verharrt. Die Rei- sen der „Nachsommer"-Gesellschaft zum gotischen Flügelaltar nach Kerberg im „Hochlande", den der Kunstfreund Risach auf eigene Kosten restaurieren läßt, sind Spiegelungen der Bemühungen Stifters um die Rettung des Kefermarkter Altars. Erweiterte Heimat und Übergangsgebiet zugleich Vignette aus „Iris, deutscher Almanack für 1848" nach einem ist das Mühlviertel in Stifters Leben wie in seiner Portrait von Moriz M. Daffinger, 1846 Kunst. Mit den Blicken eines Fremden schildert Stif- 460 download unter www.biologiezentrum.at ter im „Nachsommer" aus der Perspektive des Städ- dem starken Leib" im Priesterseminar zur Klarheit ters Heinrich Drendorf den Eindruck, den dieses durch: 1866 wird Hanrieder von Bischof Rudigier zum Land auf den Besucher machen mag: „Mir gefällt... Priester geweiht: Der 29. Juli war „der erste Tag meines dieses Land ... es gefällt mir mehr als ich je gedacht Lebens. ", vermerkt der Primiziant im Tagebuch. In den hätte. Da ich zum ersten Male hier war, übte es auf Kaplan-Wanderjahren wirkt Hanrieder 1867/69 in Lo- mich schier keinen Reiz aus ... Da ich mit unserem senstein, 1869/73 in Peilstein, 1873 in Sarleinsbach. Gastfreunde später einmal einen größeren Teil berei- Nachdem er „nur sieben Jahre um Rachel gedient ste, war es ganz anders, ich fand mich zu dieser Weit- hat", wird Hanrieder 1874 Pfarrer in Putzleinsdorf, das sicht und Beschränktheit, zu dieser Enge und Groß- meint er in der Pfarrchronik mit „Rachel". „Putzasdeof, artigkeit, zu dieser Einfachheit und Mannigfaltigkeit wie der Ortsname im Mühlviertel ausgesprochen wird, ist hingeneigt...!" (Nachsommer, S 446). Ein fester und bleibt bis zum Tod seine zweite Heimat; nach dem Punkt bleibt für Stifter in allen Übergängen die mar- Ableben des Vaters (1871) nimmt er Mutter und Schwe- kante Schwelle von Kirchschlag als Aussichtspunkt ster ins geräumige Pfarrhaus. Patriarchalisch wie zu sei- seiner naturwissenschaftlichen und kosmischen Be- ner Familie verhält sich der Pfarrer und Dechant Hanrie- trachtungen in den späten „Winterbriefen aus Kirch- der auch zu seinen Pfarrkindern: In der Schule streng schlag" an der Schwelle seines Lebens. und unerbittlich hart, sorgt er für seine Bauernpfarre Der „Mühlviertlerischste" unter den Mühlviertier nicht nur als Seelsorger, sondern auch in den Bereichen Dichtern war wohl der Putzleinsdorfer Pfarrer Nor- der Wirtschaft, indem er etwa, wenn auch vergeblich, da- bert Hanrieder. Er hat mit der Darstellung des Mühl- für eintritt, daß die Mühlkreisbahn durch das westliche viertler Landlebens seiner Zeit und der historischen Mühlviertel geführt werden soll, indem er durch den Bau Ereignisse des oberösterreichischen Bauernkrieges im der Ameisbergwarte den Fremdenverkehr („Sommerfri- bodenständigen Idiom des Oberen Mühlviertels die sche") auf die Beine stellt, indem er dem Dienstboten- Eigentümlichkeit dieser Region am unmittelbarsten mangel durch den Kaufeines „Lokomobils" (Dampfma- und lebendigsten zur Sprache gebracht. Zugleich aber schine) abhelfen will und indem er zusammen mit seinem erwarb sich Hanrieder als tatkräftiger Förderer der Freund, dem Lehrer Hofer, der auch viele seiner Texte wirtschaftlichen Entwicklung dieses Gebietes große vertont hat, in Musik und Brauchtum ein Fundament Verdienste. Der Norbert-Hanrieder-Forscher Alois legt, dessen Substanz bis heute fortlebt. Sonnleitner hat ein kurzes und prägnantes Lebensbild Zum Dichter wird Hanrieder geweckt durch die dieses Mühlviertler Dichters und Pfarrherrn zusam- Schmerzen der Selbstfindung als Student und Semina- mengestellt, das in unserer Darstellung als eigenes rist. Gedichten, die in den Sammlungen „Reich der Lie- kleines Kapitel eingefügt sei. be" und „Neuer Liebefrühling" zusammengefaßt sind und sich noch stark an Lenau und Heine anlehnen, folgt „Durch", ein „Lebensgang in Liedern", sehr treffend Norbert Hanrieder (1842-1913) „Gärung" und „Klärung" benannt. Mit einem Seminar- kollegen wetteifert er in der Sammlung „Lyra Mariana" Norbert Hanrieder wurde am 2. Juni 1842 in Koller- um das beste Mariengedicht. schlag geboren. Sein Vater, aus Donauwörth zugewan- Der junge Kaplan begegnet in der praktischen Seel- dert, war Wundarzt, seine Mutter, geborene Ecker, wirkte sorgsarbeit den Zeitströmungen, die in der zweiten Hälf- als umsichtige Hebamme; das jüngste ihrer drei Kinder te des 19. Jahrhunderts auf das Land vordringen. Han- war Norbert. Der Vater, im Familienkreis „kalt", lebte in rieder fühlt sich besonders vom Liberalismus und von der Gesellschaft und Musik auf; das hat Norbert als Erbteil Freimaurerei herausgefordert und wagt sich schon als mitbekommen, Vaters „Laute" hat ihn zeitlebens beglei- junger Priester in die hitzige Polemik mit Erzählungen, tet. die im „Volksblatt" und in Kalendern erscheinen. Mit der 1851/55 läßt er seine gute Stimme als Sängerknabe bedeutendsten, dem „Besuch des Teufels in Kräwinkel", in Wilhering erklingen, 1855/63 tröstet die Gitarre den 1870 veröffentlicht, knüpft er an Wilhelm Hauffs „Auf- Studiosus in Linz in Heimweh und Geldesnot. Nach der zeichnungen aus den Memoiren des Satan" an. Hanrie- Matura locken Germanistik und Theologie; erst nach ders „Diavonella" (— Teufelchen) schießt allerdings hie langen inneren Kämpfen ringt sich die „Butterseele in und da übers Ziel, er ist von „seinen" Liberalen ent- download unter www.biologiezentrum.at 461

täuscht und leistet den Konservativen, seinen Gegnern Nach einem längeren Leiden starb Norbert Han- also, mehrmals Schützenhilfe. Auch in den anderen Er- rieder am 14. Oktober 1913 im Krankenhaus in Linz. zählungen erhebt er sich im Grunde nur in einzelnen Sze- Sein Grab befindet sich in seinem Pfarrort Putzleins- nen über Schwarzweißzeichnung und Rührseligkeit, so dorf. im ersten Kapitel der bisher noch nicht veröffentlichten „Correspondenzkarten aus der Atlantik"; nach der würzi- gen Phantasie des Anfangs versandet das Vorhaben. Lokale Bedeutung hat und behält die kulturhistori- sche Novelle „Bründl", in der Hanrieder versucht, drei Überlieferungen der Gründung des Wallfahrtskirchleins „des Beiwerks zu entkleiden und den historischen Kern herauszuschälen", wie es in der Einleitung heißt. Zwei dramatische Versuche greifen noch einmal Themen der Erzählungen auf: „Kreuz und Kelle oder Freimaurer und Jesuiten" und die Märtyrer-Tragödie „Lulia": hier und dort herrscht der lehrhafte Grundton vor. 1895 schreibt Hanrieder als Begleitbrief zum sechsten Band „Aus da Hoamät", er habe nach der „hochdeut- schen Flöte" nun zur „Schwegelpfeife" gegriffen, weil sie besser ihm zu Gesichte stehe; er meint damit den Über- gang von der Hochsprache zur Mundart als Sprache der „Bilder aus dem Volksleben des Mühlviertels". Damit ist Hanrieder voll zum Mutterboden zurückgekehrt. In Nachdenkliches, Episoden- und Schwankhaftes, Biogra- phisches und Weltanschauliches eingebettet, begegnet uns in diesem Band erstmals das Herzstück seiner Mundartdichtungen, die „Mühlviertler Mâhrl", Hanrie- ders ureigenste Erfindung: Christus und Petrus wandern durch das Obere Mühlviertel, erfahren zwischen Koller- schlag und Neufelden, Pfarrkirchen und St. Oswald viel vom Wesen, von Geschichte und Überlieferung und vom Volkswitz, dem Petrus mehrmals zum Opfer fällt, dieser — man ist versucht zu sagen — Hanrieder-Welt, des Mundartdichters Spiel- und Übungsgelände. Zur Kraftprobe stellt sich dann der Dichter aber einem Stoff, der ihn zur Darstellung in der Mundart reizt und Norbert Hanrieders Grabmal im Friedhof von Putzleinsdorf schließlich auf Gedeih und Verderb herausfordert, dem „Oberösterreichischen Bauernkriag". Die Arbeit an die- sem Epos von 14 Gesängen fasziniert und belastet ihn 20 Das Heimatbewußtsein, das ja besonders in der Jahre, von 1886 bis 1907, zwei Umarbeitungen miteinge- Mundartdichtung seinen ursprünglichsten Ausdruck schlossen; mit dem Wahrspruch der Bauern „Ös muaß fand, nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- sein!" hat sich auch ihr Dichter oft aufmuntern müssen. derts, in der Zeit des erstarkenden deutschen Nationa- Verständlich, daß Hanrieder zwischendurch immer lismus, vielfach auch nationale und nationalistische wieder zu leichterer Kost Zuflucht nimmt: zu spritzigen Züge an, diese allmähliche Integration von Land- „Landes- und Ortsreflexen" und zu „Epigrammen", die schaftlich-Regionalem und Nationalem vollzog sich vor allem Dichtungen und Dichter seines Jahrhunderts auf vielen kulturellen und politischen Ebenen, insbe- aufs Korn nehmen von Goethe über Grillparzer bis Ros- sondere in den Bereichen der Dichtung und Literatur- egger. geschichte. Der aus Freistadt stammende Dichter und 462 download unter www.biologiezentrum.at

Germanist Edward Samhaber hat sich dieser Ent- von der Universität Graz das Ehrendoktorat verlie- wicklung nicht entzogen, dennoch bewahrte er sich hen. Nach seiner Pensionierung 1903 lebte Samhaber als humanistisch gebildeter Germanist wie als Dichter als angesehener Dichter, Gelehrter und Volksbildner eine Offenheit für die klassische Tradition und für die in Linz, er pflegte Kontakte mit Enrica von Handel- Literatur anderer Nationen. Edward Samhaber hat in Mazzetti und Norbert Hanrieder, einige Reisen führ- seiner Heimatstadt Freistadt, wo er 1846 geboren wur- ten ihn in literarische Landschaften Deutschlands. de, nur einige Jahre verbracht, die Jahre der frühen Bereits 1909 erschien eine fünfbändige Ausgabe sei- Kindheit und von 1872 bis 1878 seine ersten Dienst- ner Werke in München, 1926 folgte eine Auswahlaus- jahre als Mittelschulprofessor. Er hat aber seiner gabe in Linz. 1927 starb Samhaber in Linz, die Stadt Geburtsstadt und der Mühlviertier Landschaft in widmete ihm ein Ehrengrab. etlichen Gedichten und in den autobiographischen „Mosaiken" Liebe und Anhänglichkeit bezeugt, die Heimatstadt wiederum ehrte ihn bereits zu Lebzeiten (1912) mit einem Denkmal an seinem Geburtshaus. Samhabers wechselvoller Lebensweg über manche Brüche hinweg verband sich mit seiner beruflichen Laufbahn: Nach dem Gymnasialstudium in Krems- münster und einigen Jahren Noviziat im Benedikti- nerstift Melk studierte Samhaber in Wien zunächst Jus, dann Germanistik, Geschichte und Geographie. Der berühmte Germanist Wilhelm Scherer wurde sein wichtigster Mentor. Nach den Professorenjahren in Freistadt, in denen er einige wissenschaftliche Aufsät- ze über das althochdeutsche „Ludwigslied" und über veröffentlichte, folgte 1878 seine Berufung an die Lehrerbildungsanstalt nach Laibach. Nach dichterischen Anfängen während der Studien- zeit und in Freistadt entfaltete sich sein poetisches Talent in der Laibacher Zeit in ganzer Fülle. Das Lob der Natur und der Heimat klingt in den Gedichten ebenso auf wie das Erlebnis von Landschaft und Kultur der Provinz Krain. Er bewunderte die poeti- sche Kunst des slowenischen Nationaldichters France Preseren, mit der Herausgabe einer kleinen Antholo- gie von Nachdichtungen mit dem Titel „Presirenklän- ge" machte er diesen von der Romantik geprägten Dichter den deutschen Lesern zugänglich. Zugleich aber betätigte sich Samhaber in Laibach in deutsch- nationalen Zirkeln und rief damit Proteste beim Wie- ner Unterrichtsministerium hervor, dies führte 1888 zur Versetzung an die Lehrerbildungsanstalt nach Linz. Hier wirkte er in breiten Kreisen mit seinen Vor- Gedenktafel am Geburtshaus Edward Samhabers in Freistadt, trägen zur deutschen Literaturgeschichte, als pädago- aufgenommen 1958 Aufn. Bosek-Kienast gisch aktiver Germanist brachte er Schulausgaben (Walther von der Vogelweide) und Lesebücher für die Samhabers dichterische Hauptleistungen liegen in Lehrerausbildung heraus. Sein später Versuch, mit den klassischen Gattungen Lyrik, Versepik und Dra- einer Dissertation über das „Ludwigslied" den Dok- ma, dazu kommen Nachdichtungen mittelalterlicher tortitel zu erwerben, schlug fehl, ihm wurde aber 1921 und lateinischer Werke und Mundartdichtung. Seine download unter www.biologiezentrum.at 463

Lyrik ist sowohl von der klassischen Formtradition als Familie seiner Frau zurück, um seine kleine Tochter auch vom romantischen Volksliedton geprägt. Domi- zu besuchen. Diesmal wohnte er in Struden und nierende Grundmuster seiner Gedichte sind Natur- Klam, da ihm das Dornacher Herrenhaus verschlos- erleben, Nationalgefühl und Heimatliebe. In den epi- sen blieb. Strindberg durchlebte in dieser Zeit seine schen Dichtungen gestaltete Samhaber Stoffe aus der schwerste innere Krise, die ihn bis an den Rand des altgermanischen Religion („Walfrida"), Themen um Wahnsinns führte. Später nannte man diese furcht- Kunst und Künstler und Italien („Der Genius") sowie bare Phase nach seinem Buch „Inferno" die „Inferno- Märchenstoffe („Der Däumling", „Schneewittchen"). krise". In dieser psychisch-geistigen Krise vollzog sich Seine Dramen in klassischen Versformen weisen zu- jedoch eine grundlegende weltanschauliche Wand- rück in die antike und deutsche Literatur und Ge- lung: Strindberg wandte sich von seinem naturphi- schichte („Dido", „Mönch Hucbald", „Zu spät"). losophischen Materialismus ab und fand in einem Bedeutendes schuf Samhaber mit seinen Nachdich- mystisch-spiritualistischen Gottesglauben seine neue tungen altdeutscher Literatur („Hildebrandslied", geistige Heimat. Dieser entscheidende Prozeß spiegelt „Heliand", „Nibelungen", „Walther von der Vogel- sich auch im Drama „Nach Damaskus". In beiden weide"), lateinischer Klassiker (Horaz, Tibull), neu- Werken ist die Landschaft des Strudengaus in phanta- lateinischer Dichtung (Simon Rettenpacher) und slo- stisch-visionärer Verwandlung eingegangen, im Dra- wenischer Lyrik. Im nur schmalen Werk der Mundart- ma „Nach Damaskus" finden sich zudem die familiä- dichtung setzte Samhaber die Tradition der natur- ren Beziehungen verschlüsselt angedeutet. Daß nahen, volkstümlichen Dichtung Stelzhamers fort. Strindbergs „Nach Damaskus" als „Wandlungs-" und Eine ganze Reihe von Samhaber-Gedichten wurde „Stationendrama" für die expressionistische und mo- vertont, vor allem vom Mühlviertler Komponisten derne Dramatik eine Schlüsselrolle spielt, sei in die- Franz Neuhofer. Neben Norbert Hanrieder ist sem Zusammenhang nur erwähnt. Insgesamt ist also Edward Samhaber die bedeutendste Gestalt der Lite- Strindbergs Strudengau-Episode von erheblicher raturgeschichte des Mühlviertels am Übergang vom historischer Bedeutung. 19. zum 20. Jahrhundert. Trotz der Intensität des Erlebens und seiner künst- In den neunziger Jahren wurde der Strudengau für lerischen Umsetzung mußte für Strindberg die eigent- kurze Zeit Schauplatz des dramatisch bewegten Le- liche Welt des Mühlviertels fremd bleiben, die Begeg- bens des schwedischen Dichters August Strindberg. nung war zu flüchtig, die Erlebnisperspektive zu sehr Mit seiner zweiten Frau, der Österreicherin Frida Uhl, nach innen gewandt, Strindberg kam aus anderen fand Strindberg 1893/94 in bedrängter finanzieller Zonen. Lage Zuflucht bei der Familie der Schwiegermutter in Für manche weitere ins Mühlviertel zugewanderte Dornach bei Grein. Doch litt es den Individualisten Schriftsteller wurde der neue Lebensraum, auch wenn und Phantasten nicht lange im großbürgerlichen Haus der Aufenthalt vorübergehend war, zu einem anregen- des k. k. Notars Dr. Cornelius Reischl, man bezog ein den Lebensfeld, in dem die Beziehungen zu den Ein- kleines Häuschen nahe dem Gutshof. Dort kam im heimischen, zu Natur, Landschaft und Geschichte Mai 1894 die Tochter Kerstin zur Welt. Strindberg, dieses Raumes zu unterschiedlich starken Bindungen, der seine literarische Arbeit seit einiger Zeit aufgege- vielfach aber zu schöpferischer künstlerischer Ausein- ben hatte, um sich ganz seinen naturwissenschaftli- andersetzung führten, bis hin zur identifikatorischen chen Spekulationen und Experimenten zu widmen, Aneignung dieser Lebenswelt als zweite Heimat. In setzte seine physikalisch-chemischen Versuche fort, der Reihe der Zuzügler, vorübergehend Ansässigen 1894 schrieb er sein fast alchimistisch anmutendes und Wahl-Mühlviertler finden sich so verschiedene Werk „Antibarbarus", in Grein ließ er sogar eine An- Geister wie Heinrich Suso Waldeck, Franz Turnier, leitung zur „Gold-Synthese" drucken. Es trieb ihn Josef Luitpold Stern und Franz Pühringer, später Karl dann bald von der Familie fort, die Sorge um Frau Kleinschmidt und Herbert Eisenreich, um nur einige und Kind überließ er ihren Verwandten. Die von An- zu nennen. fang an krisenhafte Ehe zerbrach, die Trennung von Heinrich Suso Waldeck (Pseudonym für August seiner Frau war endgültig. Zwei Jahre später, im Popp), der aus dem Egerland stammende Lyriker und Herbst 1896, kehrte Strindberg für einige Wochen zur Erzähler (geboren 1873 in Wscherau bei Pilsen), hatte 464 download unter www.biologiezentrum.at sein dichterisches Werk bereits abgeschlossen, als er, nommen. Der Begründer des Adalbert-Stifter-Institu- von schwerer Krankheit gezeichnet und als katholi- tes, Dr. Aldemar Schiffkorn, setzte Heinrich Suso scher Dichter und Rundfunkseelsorger vom NS-Regi- Waldeck mit einer wissenschaftlichen Monographie me mundtot gemacht, 1939 von Wien nach St. Veit ein Denkmal. übersiedelte, wo ihm das Ordenshaus der Töchter des Bei aller Dominanz einer bodenständigen bäuerli- Göttlichen Heilandes ein Refugium in den letzten chen Tradition hatte sich auch im Mühlviertel im Ge- Lebensjahren bot. In den zwanziger und dreißiger folge des Vordringens städtischer Zivilisation auf das Jahren hatte er mit seinem vom Erlebnis mystischer Land etwa von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg an Gotteserfahrung und dämonischer Anfechtung ge- eine gewisse kulturell-literarische Pluralität entfalten prägten lyrischen Werk, vor allem mit den „Antlitz- können, die vor allem in der Nähe von Linz Formen gedichten", die Aufmerksamkeit der literarischen der Symbiose und der Verquickung von Urbanem und Öffentlichkeit auf sich gezogen. Diesen Bildern der Ländlichem ermöglichte. So konnte sich der von bäu- Innenwelt, die auch in Märchen („Hildemichel") poe- erlichen Mühlviertler Vorfahren stammende, bereits tischen Ausdruck fanden, steht sein episodischer städtisch-liberal geprägte Bühnenautor, Lyriker und Künstler- und Zeitroman aus dem Wien der ersten Erzähler Franz Pühringer in den vierziger Jahren im Nachkriegszeit „Lumpen und Liebende" gegenüber. Bauerndorf Walding nahe Ottensheim beheimatet Im Wiener Künstlerkreis der „Leo-Stube" im Café fühlen. In seiner psychologisch durchkomponierten Fichtehof war Waldeck eine führende Stimme. Hier Kindergeschichte „Das Natternhemd" (entstanden wurden literarische Verbindungen geknüpft — mit 1930, veröffentlicht 1959) beleuchtet er etwa das Richard Billinger, Ernst Scheibelreiter, Rudolf Henz, Mühlviertler ländlich-bäuerliche Milieu, in manch Paula von Preradovic, Erika Mitterer, Herta Staub weiterer Erzählung und in seinem autobiographi- und anderen. Der Wiener Künstler Carry Hauser schen Fragment „Die Schmetterlingswolke" verarbei- schuf mit Waldeck-Illustrationen und Porträts und tet er Erfahrungen des Landlebens. André Roder mit einer Bronzebüste kongeniale bild- Insgesamt verblieb das Mühlviertel bis nach dem künstlerische Erinnerungen an den Dichter. Auf die Zweiten Weltkrieg im Windschatten der stürmischen Wiener Zeit ging auch die Freundschaft mit Josef politisch-sozialen und ideologisch-kulturellen Ent- Weinheber zurück, mit dem Waldeck auch in St. Veit wicklungen. Selbst in den alle Lebensbereiche erfas- in Verbindung blieb. senden Umbrüchen der Kriegs- und Besatzungszeit In der Abgeschiedenheit des ländlichen Ortes, bewahrte die Region eine gewisse Integrität des kultu- sorgsam betreut von Schwester Lioba Hlinka, führte rell Beharrenden. Es gab hingegen immer wieder Ab- der Dichter unter den wechselnden Zuständen seines kömmlinge dieses Landstrichs, die aus dem Wind- Leidens ein zurückgezogenes Leben. Der Gemeinde- schatten heraustraten und in den kulturellen Zentren arzt Dr. Mario Dejaco, der Arzt und Komponist Dr. das literarische Geschehen mitbestimmten. Unter die- Franz Schnopfhagen, der Waldecks Herbst-Gedicht sen gelangte der heute beinahe vergessene Dramatiker „Die späte Grille" vertonte, waren neben einigen und Regisseur Hermann Heinz Ortner zu beachtlicher Dorfbewohnern Vertraute seiner letzten Jahre. Neue Wirkung. Als Sohn eines aus Wien zugezogenen ehe- fruchtbare Kontakte ergaben sich zu Enrica von Han- maligen Schauspielers und späteren Kaufmanns 1895 del-Mazzetti, zum Lyriker und Philosophen Johannes in Bad Kreuzen geboren, durchlebte Hermann Heinz Würtz, zu Bruno Ammering, dem jungen Lyriktalent, Ortner turbulente Lehrjahre an verschiedenen Schu- und zu dem aus dem Mühlviertel stammenden St. Flo- len in Freistadt und Linz und erlernte den Kauf- rianer Komponisten Franz Xaver Müller. Aus diesem mannsberuf, ehe er sich dem Theater und der Litera- kleinen freundschaftlichen und musischen Kreis wur- tur als seiner eigentlichen Bestimmung zuwandte. Er de Heinrich Suso Waldeck am 4. September 1943 ab- wurde nach kurzer Schauspielerausbildung an ver- berufen. Das Land Oberösterreich hat sich die Pflege schiedenen Stadttheatern engagiert, mit der Übernah- des Andenkens dieses großen österreichischen Dich- me der Leitung der Reichenberger Festspiele 1920 be- ters zur Aufgabe gemacht: In St. Veit wurde im gann seine Karriere. Ab 1921 in Wien, ließ er sich am Gemeindeamt ein Gedenkraum eingerichtet, das Reinhardt-Seminar zum Regisseur ausbilden, 1926 Grab des Dichters hat das Land in seine Obhut ge- wurde er Chefdramaturg an der Neuen Wiener Bühne. download unter www.biologiezentrum.at 465

Nach der Auszeichnung des mittlerweile auch als Mit mehreren Filmdrehbüchern („Singende Jugend", Dichter erfolgreichen Theatermannes mit dem Preis „Lumpazivagabundus", „Die Roseninsel" und „Musik der Stadt Wien im Jahre 1928 entschied sich Ortner in ") hatte Ortner auch Erfolg in der Welt des für ein ungebundenes Leben als freier Schriftsteller. Kinos. Nach 1945 war es nach dem gescheiterten Pro- Von Anfang an machte sich Ortner die literari- jekt für eine Salzburger Musikolympiade schließlich schen Themen seiner Zeit zu eigen. Mit dem Drama still um den erfolgreichen Bühnenautor geworden, des- „Das Vaterhaus" und der „Mütter-Trilogie" „Mater sen Werke in 11 Sprachen Tausende Aufführungen zu dolorosa", „Sumpf und „Ende" schloß er an die verzeichnen hatten (Schiffkorn). Der Erfolgsautor Ort- naturalistische und expressionistische Auseinander- ner starb am 18. August 1956 in Salzburg, wo er sich setzung mit dem Vater- und Generationenkonflikt nach dem Krieg angesiedelt hatte. Sein Grab befindet und der Großstadtthematik an, die Dramen „Christus sich in seinem Geburtsort Bad Kreuzen. Heimdal", „Kohle" und „Menschen" bilden die Zeit- Mehr und mehr bestimmt in den Jahrzehnten seit trilogie „Die Tragödie der Menschheit". Tendenzen dem Zweiten Weltkrieg die kulturelle Fluktuation, die der Zeit zwischen Pazifismus und heroischem Indivi- mit der sozialen Mobilität und ihren neuen Proble- dualismus spiegeln das Antikriegsstück „Wer will men und mit den Massenmedien auch im ländlichen unter die Soldaten" (1930) und die beiden Fassungen Bereich neue Bewußtseinslagen schafft, die kulturelle des Bauernkriegsdramas „Stefan Fadinger" (1934) Szene des Mühlviertels. Noch vor dieser neuen Ära und „Der Bauernhauptmann" (Uraufführung Linz liegen die Mühlviertler Jahre des aus Südtirol gebürti- 1942) wider. Über Ortners bedeutendsten Theaterer- gen, in Oberösterreich aufgewachsenen Autors Franz folg schreibt Aldemar Schiffkorn in seinem letzten Turnier (geboren 1912), der nach längerer Tätigkeit als literaturwissenschaftlichen Essay über die „Mühl- Volksschullehrer in mehreren oberösterreichischen viertler" Autoren Hermann Heinz Ortner, Josef Luit- Gemeinden von 1939 bis 1941 und, nach dem Kriegs- pold Stern und Heinrich Suso Waldeck: „Der ent- einsatz bei der Marine, von 1945 bis 1948 in Hagen- scheidende Durchbruch war Ortner mit der dramati- berg bei Pregarten als freier Schriftsteller lebte, bevor schen Legende /Tobias Wunderlich' gelungen, die mit er in späteren Jahren nach Berlin übersiedelte. Die Ewald Baiser in der Titelrolle am 15. Juni 1929 am künstlerisch gewichtigsten Ergebnisse sind seine Burgtheater in Szene ging. Dem Holzschuhmacher Romane „Der Schritt hinüber" (1956) und „Ein Tobias gelingt es, die Statue der hl. Barbara aus dem Schloß in Österreich" (1953); in diesem wird am von der Gemeinde zum Verkauf angebotenen Flügel- Schicksal des Schlosses Bergheim, das als Schloß Ha- altar in seiner Hütte zu bergen und zum Leben zu er- genberg zu erkennen ist, die Sphäre österreichischer wecken. Wunder erblühen nur in der Stille eines gläu- Kultur und Tradition unter den Überlagerungen von bigen Herzens, will uns der Dichter sagen. Josef Haas NS-Herrschaft und russischer Besatzung in vielfacher hat den /Tobias' als Oper vertont (Uraufführung Brechung in ihrer zeitüberdauernden Wirksamkeit er- 24. November 1937)". (VASILO 37, 1988, Sonder- fahrbar gemacht. druck). Den stofflichen Hintergrund dieses an die von In ganz anderer Perspektive der zeitgeschicht- Hofmannsthal erneuerte Barock- und Mysterienspiel- lichen und sozialen Umschichtung steht das hervor- tradition anknüpfenden Stücks lieferte der Kefer- ragende Wirken des aus Wien gebürtigen Dichters, markter Flügelaltar. Im Drama „Veit Stoß" griff Ort- Arbeiter- und Volksbildners Josef Luitpold Stern ner nochmals das Motiv eines genialen religiösen (Pseudonym Josef Luitpold) an der Spitze der im Kunstwerks auf. „Der /Tobias'-Premiere folgten bis Schloß Weinberg bei Kefermarkt nach dem Krieg ein- 1955 allein am Burgtheater über 200 Aufführungen gerichteten Arbeiterhochschule in den Jahren 1948 bis von sieben Werken Ortners: ,Schuster Anton Hitt', 1954. Der Germanist und Volksbildner Aldemar ,Beethoven', »Himmlische Hochzeit', »Isabella von Schiffkorn, der in seinen letzten Lebensjahren Mate- Spanien', ,Das Paradiesgärtlein', ein Traumspiel, so- rialien zu einer Biographie dieses Pioniers der Arbei- wie die Komödie ,Himmeltau'. Für Ortners Rollen terbildung zusammengetragen hatte, sieht die Haupt- war im Burgtheater Prominenz aufgeboten: Raoul merkmale des Dichters Stern in dreifacher Spiege- Asian, Ewald Baiser, Alma Seidler, Maria Eis, Fred lung: „als Humanist, als Volksbildner und schließlich Liewehr, Hermann Thimig und andere" (Schiffkorn). als Vorkämpfer für eine eigenständige sozialistische 466 download unter www.biologiezentrum.at

Arbeiterkultur mit dem Mut der Unbedingtheit und lebnisse im Ersten Weltkrieg machten ihn zum über- Folgerichtigkeit" (Sonderdruck VASILO 1988). In zeugten Pazifisten, seine Gedichtsammlung „Herz im Sterns bildungspolitischem Engagement verband sich Eisen" (1917) ist eine einzige vehemente Anklage ge- von Anfang an Eigenschöpferisches mit organisato- gen Krieg und Gewalt. In der Ersten Republik wurde risch-praktischer Bildungsarbeit in literarisch-publizi- unter seiner maßgeblichen Mitwirkung die österrei- stischer und didaktischer Vermittlung. Der 1886 in chische Arbeiter- und Volksbildung durch die Errich- Wien als Sohn eines Preßburger Elfenbeindrechslers tung von Volkshochschulen, Büchereien und derglei- geborene Josef Luitpold Stern studierte nach dem chen systematisch aufgebaut, Sterns Aktionsradius Besuch des Piaristengymnasiums Jus und National- reichte bis nach Prag und Teplitz, wo er Arbeiterbil- ökonomie in Wien und Heidelberg und widmete sich dungszentralen nach Wiener Vorbild gründete. Zu- ab 1906 seiner volkspädagogischen Laufbahn, auf der gleich war Stern literarisch und journalistisch produk- er sich zunächst um die Einrichtung von Arbeiter- tiv: Nach dem Ersten Weltkrieg waren die Gedicht- bibliotheken und beim Aufbau der Wiener Städti- bände „Der entwurzelte Baum", „Die neue Stadt" schen Büchereien große Verdienste erwarb, später und „Die Rückkehr des Prometheus" erschienen, als übernahm er die Leitung der von ihm begründeten Journalist trat er von früh an in der „Arbeiterzeitung" Arbeiterhochschule in Wien-Döbling. Die Kriegser- mit politischen Kommentaren, Artikeln zur Kulturpo- litik sowie literarischen Beiträgen über österreichische Dichter an die Öffentlichkeit. Seine Herausgebertätig- keit und Mitarbeit bei den Zeitschriften „Bildungsar- FhmzTumler beit" (1919—1934), „Die Volksbühne", der Theater- zeitschrift „Der Strom" und bei den Dürerbund- Schriften bezeugt den großen bildnerischen Wir- kungskreis dieses Mannes. 1934 mußte Josef Luitpold Einschloß Stern ins Exil gehen, Brunn und Paris waren die er- sten Stationen seiner leidvollen Wanderschaft, von 1940 bis zur Rückkehr 1948 lebte Stern als Emigrant inOsterreich in den USA, wo er im Negersettlement von Philadel- phia weiterzuarbeiten versuchte als Übersetzer ameri- kanischer Bergarbeiterdichtung und afro-amerikani- scher Gedichte sowie als Lehrer an einem College. Nach seiner Heimkehr stellte er sein Wissen und seine Lebens- und Berufserfahrungen in den Dienst der lan- ge unterbrochenen Aufbauarbeit. In Schloß Weinberg vermittelte er in zahlreichen Kursen für Bau- und Holzarbeiter „neue Perspektiven der Weltgeschichte, Weltwirtschaft, in der Sache der Arbeiterbewegung, der Bücher und in die gesamte Kultur". (Arbeit und Wirtschaft, April 1986, zitiert nach Schiffkorn.) Nach Schließung dieser Bildungsstätte wirkte Stern in Wien als Mitarbeiter des Bildungsreferates des ÖGB. Josef Luitpold Stern starb 1966 in Wien. „Die Dichtung ist für Josef Luitpold nie Selbstzweck gewesen. Immer tritt er für die Armen und Entrechteten ein und wird so zum kämpferischen Arbeiterdichter, der nicht nur an den materiellen und politischen, sondern vor allem an den inneren Fortschritt glaubt: an wahre Freiheit u und Schönheit des Lebens", so faßt Schiffkorn die Position dieses engagierten Schriftstellers zusammen. Schutzumschlag, Ausgabe 1975 download unter www.biologiezentrum.at 467

Mit zwei Wahl-Mühlviertlern, deren Interessen brecht" von Wernher dem Gärtner, „Das Spiel vom sich in Adalbert Stifter in fast antithetischer Weise tra- Helmbrecht-Moar" (1959). fen, mit Otto Jungmair und dem um mehr als eine Ge- Jungmairs schmales Werk in Hochsprache hat neration jüngeren Herbert Eisenreich, sei der Bilder- seine Schwerpunkte im frühen lyrischen Bruckner- bogen der Mühlviertler Literaturgeschichte vorläufig Zyklus „Non confundar" (1936) und im Gedichtband abgeschlossen. „Wunden und Wunder" (1963), in dem auch die Wenn auch die Mundartdichtung Otto Jungmairs, Nachdichtung eines altnorwegischen Skaldenliedes, der aus Molln im Steyrtal stammte (geboren 1889) „Das Traumlied Olaf Aastesons", enthalten ist, die und Jahrzehnte in Urfahr wohnte, nicht die ursprüng- Felix Braun in seine berühmte Sammlung „Die Lyra lich mühlviertlerische war, so hat dieser Dichter, Wis- der Orpheus" aufgenommen hat. Im wissenschaftli- senschaftler und Volksbildner doch in allen seinen chen Bereich hat sich Otto Jungmair in der landes- Äußerungen dem Bodenständigen das Wort geredet. kundlichen Forschung und vor allem in der Adalbert- Wie sehr Jungmair in der angestammten oberösterrei- Stifter-Forschung international einen Namen ge- chischen Mundart den sprachlichen Mutterboden macht. Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen sah, zeigt seine von den dreißiger Jahren an systema- können hier nur seine unübertroffenen Standardwer- tisch betriebene Wörterbucharbeit, die erst nach sei- ke — die mit großer Akribie ergänzte Neuauflage der nem Ableben in der Herausgabe des „Wörterbuchs großen Stifter-Biographie von Alois Raimund Hein der oberösterreichischen Mundarten" (1978) durch (1952), sein für die Forschung unentbehrliches den OÖ. Stelzhamerbund in der Bearbeitung des Dia- „Kalendarium" „Adalbert Stifters Linzer Jahre" lektologen Albrecht Etz ihre Wirkung haben sollte. (1958) und das Werk „Adalbert Stifter als Denkmal- Jungmairs Mundartlyrik wurde von den Oberösterrei- pfleger" (1974) — genannt werden. Stifter war für chern als ihre eigenste Sprachsubstanz verstanden Otto Jungmair eine geradezu tabuisierte Größe. Des- und geliebt und darüber hinaus von Dichtern wie halb schmerzte ihn Herbert Eisenreichs unverblümte , Max Mell und Enrica von Handel- Darstellung auch der menschlichen, allzu menschli- Mazzetti und von Wissenschaftlern wie Eberhard chen Züge im Leben Stifters in dessen „Kleinem Stif- Kranzmayer und Walter Steinhauser als echte Volks- terbuch" (1967). Die Entheroisierung des Stifterbildes dichtung hoch geschätzt. Mit seiner für den litur- durch den Jüngeren mußte den von einer anderen gischen Gebrauch komponierten Gedicht-Sequenz Auffassung von Kunst und Künstler beseelten Älteren „D'Hoamatmeß" (1936) fand Jungmair Anklang, mit unverständlich bleiben. Fast schon ein Denkmal zu der Vertonung durch den Mühlviertler Komponisten Lebzeiten, starb Otto Jungmair 1974 in Urfahr. Franz Neuhofer fand die Messe selbst im hauptstädti- Herbert Eisenreich (geboren 1925 in Linz, gestor- schen Wien als originelles Werk Beachtung. Ebenfalls ben 1986 in Wien) war zwar in Linz geboren und in in die dreißiger Jahre reichen die Mundartgedichte einigen Orten im Mühlviertel aufgewachsen, seine der 1953 erschienenen Sammlung „Stoan und Stern" geistige Heimat wurde aber Wien, wo er sich nach zurück. 1959 brachte der Linzer Landesverlag die mit dem Krieg, den er an mehreren Fronten als Soldat einer Vignette von Ernst von Dombrowski ge- miterlebt und körperlich und seelisch versehrt über- schmückte Sammlung „Legenden in oberösterreichi- standen hatte, niederließ. Er gehörte als junger scher Mundart" heraus, dem folgte 1969 ein heiteres Schriftsteller zum engeren Kreis um Heimito von Gegenspiel mit dem Gedichtband „Allerhand Kreuz- Doderer und Albert Paris Gütersloh, die ihn förderten köpf aus'n Lândl" (1969), in dem von oberösterreichi- und zugleich in seinen poetischen Anschauungen schen Typen und ihren drolligen Schnurren erzählt prägten. Nach abgebrochenem Germanistikstudium wird. An Edward Samhabers Nachdichtungen alt- hatte sich Eisenreich auf seine schriftstellerische und deutscher Meisterwerke erinnern Jungmairs Mund- literaturkritische Arbeit konzentriert und war bereits artversionen von Liedern und Sprüchen Walthers von mit den ersten Würfen, der Erzählung „Einladung, der Vogelweide „Unta da Lind'n" (1964), größere deutlich zu leben" (1951) und dem Roman „Auch in Breitenwirkung durch Aufführungen auf Amateur- ihrer Sünde" (1953) erfolgreich. Über Jahre hielt er bühnen in ländlichen Gebieten hatte seine Dramati- sich in Deutschland auf, wo er vor allem für den sierung des mittelalterlichen Bauernepos „Helm- Rundfunk und für Zeitschriften arbeitete. Das Hör- 468 download unter www.biologiezentrum.at spiel „Wovon wir leben und woran wir sterben" schen Aufenthalten in meiner Vaterstadt oder in (1958) fand über den deutschen Sprachraum hinaus Enns, in Wien, im Ausland. Reisen, freiwillige und Resonanz, mit dem Erzählungsband „Böse schöne unfreiwillige, hatten mich an manchen schönen Platz Welt" (1957) erwies er sich als Meister der Kurzge- geführt... Indessen — ich merkte das freilich immer schichte. 1958 bis 1967 lebte Eisenreich in Sandl im erst im nachhinein — war ich überall nur zu Gast ge- Mühlviertel. Hier arbeitete er an seinem früh begon- wesen, und mit voller Selbstverständlicheit zu Hause nenen Romanprojekt „Sieger und Besiegte" weiter, in fühlte ich mich nur im Mühlviertel. Hier, nur hier, hat- dem er die deprimierenden, zerstörenden Erfahrun- ten die äußeren Dinge genau jenes Maß, welches mit gen im Krieg und Zusammenbruch und nach der dem in meiner Brust übereinstimmt; hier, nur hier be- Heimkehr in der Nachkriegszeit in Wien an einem wegte sich meine Seele ganz in ihrem Element: was Ensemble von Schicksalen darstellen wollte. Das ich innerlich empfand, stand außen greifbar da. Wenn Werk blieb ein Torso und erschien als Fragment 1986 ich es je zuwege brächte, dies Land zu beschreiben, mit dem neuen Titel „Die abgelegte Zeit". In Sandl dann hätte ich damit auch schon das treueste Selbst- sammelte und redigierte Eisenreich das wissenschaft- porträt gezeichnet — jedoch: mir will's nicht gelingen, liche Material für sein „Kleines Stifterbuch" (1967), in den mir so natürlichen Anblick in Worte zu überset- dem er dem hagiographisch verklärten Stifter das Bild zen: zu nahe sind sie einander, Land und Seele, eins eines innerlich zerrissenen, um Harmonie in seinem und ein Ganzes, gleichsam die noch nicht getrennten Werk ringenden Menschen als Dichter gegenüber- Hälften aus Piatons berühmtem Bild von der Liebe." stellte, vorbereitet war diese Sicht bereits durch die Die vielfältigen Gestalten und Gestaltungen der biographische Forschung und durch die psychologi- historischen Literaturlandschaft des Mühlviertels sche und existentielle Deutung Stifters in den konnten hier nur anhand einiger Einzeldarstellungen Büchern von Urban Roedl (1965) und Erik Lunding in knappster Auswahl präsentiert werden, wesentliche (1948). Autoren und Werke müßten hinzukommen, wollte Die Mühlviertier Landschaft wurde Eisenreich in man eine Literaturgeschichte des Mühlviertels vorle- seiner inneren Unrast zu einem Erlebnis heimatlicher gen. Ebenso konnten die jüngste Entwicklung in den Geborgenheit. Wenn es ihn auch wieder zurücktrieb sechziger und siebziger Jahren und die Gegenwarts- nach Wien, wo er im Gefolge der neuen Zeitperspekti- literatur des Mühlviertels in dieser literarhistorischen ven den Anschluß als Schrifsteller nur mühsam wie- Skizze nicht berücksichtigt werden: Die zeitgenössi- derfand, nicht aber den großen Erfolg, so blieb ihm sche Literatur von Mühlviertler Schriftstellern und doch die Erinnerung an das Mühlviertel wie an eine über das Mühlviertel erscheint in vielem als ein Ter- Heimat erhalten. Sein Bekenntnis zum Mühlviertel rain eigener Prägung, das eine gesonderte Darstellung hat er im Essay „Rhythmus einer Landschaft" (1968) erforderte — der hier verfügbare Raum war dafür noch während seiner Zeit in Sandl in anrührender nicht ausreichend. So möge dieser historische Abriß Offenheit niedergelegt: wenigstens ansatzweise erkennen lassen, in welch „Wenngleich ich drüber der Donau, in Linz, gebo- vielgestaltiger Weise sich die Region mit ihrer Kultur ren bin, empfand ich als meine eigentliche Heimat in ihrer Eigentümlichkeit in ihrer Literatur spiegelt doch stets, und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt bewußter, und welch erstaunlich reichen Beitrag das Mühlviertel das Mühlviertel: Ich hatte als Kind in Dürnberg bei aus eigenem und mit seinen Schriftsteller-Gästen zur Ottensheim, als Schüler in Pregarten, als junger österreichischen Literaturgeschichte in allen Epochen Schriftsteller in Oberneukirchen gewohnt, jeweils zwi- geleistet hat. download unter www.biologiezentrum.at 469 Das Mühlviertel innerhalb der oberösterreichischen Dialektlandschaften Von allen oberösterreichischen Landesteilen ist vorgedrungen. Das Mühlviertel kennt hier aber doch das Mühlviertel der wohl am eindeutigsten abgrenz- eine (zumindest in Oberösterreich) besondere Varian- bare : Oberösterreich nördlich der Donau = Mühlvier- te: Die Lautung grççs erscheint grundmundartlich tel. Dieser Eindeutigkeit in geographischer Hinsicht noch an seinem Nordrand, ist aber stark im Rückgang steht in dialektologischer Hinsicht große Vielfalt ge- begriffen. Daß Sprache sich wortweise ändert, zeigt genüber: Es gibt praktisch keine „Dialektlandschaft die Aussprache des auf demselben ursprünglichen Mühlviertel". Wie alle anderen Landesteile auch steht Laut basierenden o in „Brot": Brççt erscheint im Ver- das Mühlviertel in einer allgemeinen West-Ost-Glie- gleich zu grççs nur in der Westhälfte des Oberen derung Oberösterreichs. Das Obere Mühlviertel zeigt Mühlviertels, während brçt deutlich weiter nach oft die gleichen sprachlichen Kennzeichen wie das Westen reicht. Brççt zeigt sich ganz zurückgezogen südlich anschließende Hausruckviertel, das Untere nur mehr im äußersten Norden. Mühlviertel die gleichen wie das Traunviertel und das Von Osten kommend, nimmt das Mühlviertel noch niederösterreichische Mostviertel. Um ein klares Bild an einigen östlichen sprachlichen Erscheinungen teil von der Einbettung des Mühlviertels in die großen (dazu Karte 2). Wie in Niederösterreich erscheint im mittelbairischen Dialekträume zwischen West und östlichsten Oberösterreich die Endung -en nach f als Ost zu gewinnen, ist es auch notwendig, die Landes- -a: raff a „raufen". Die große Mitte Oberösterreichs grenzen zu überspringen (siehe weiter unten). kennt nur raffn/raufn. Erst westlich davon, in Ober- In der Aussprache des Nachfolgelauts des mittel- und Niederbayern, erscheint wieder raffa. Schon hochdeutschen (langen) ô ist das Mühlviertel wie deutlich weiter nach Westen reicht im Mühlviertel ge- Oberösterreich südlich der Donau grundsätzlich zwei- rundetes i in „Stiefel": stüfö (und vergleichbare Run- geteilt. Der Westen kennt bis nahe vor Linz die Form dungen wie in küwö „Kübel", hümö „Himmel" und [ço], der Osten die Form [o]: grççs/grçs „groß" (dazu andere). Diese vom Linzer Raum ausgehende Run- Karte 1). Die Form grççs ist die gemeinhin als „alt- dung nimmt in Oberösterreich stark zu. Sie hat schon oberösterreichisch" bezeichnete. Sie ist grundmund- das ganze Traunviertel und auch das obere Hausruck- artlich in den letzten Jahren stark zurückgewichen viertel erfaßt. Eine ebenfalls östliche Form ist mü für und existiert heute praktisch nur mehr im nördlichen „Milch". Sie reicht im Mühlviertel ebenso weit nach Hausruckviertel, im westlichen Mühlviertel und im Westen wie die Rundung in „Stiefel". östlichsten Bayerischen Wald. (Die hier beschriebene Aber auch aus Richtung Westen kommend, ist das grundmundartliche Gliederung repräsentiert die ge- Mühlviertel problemlos in gesamtoberösterreichische genwärtig gesprochene Sprache der ländlichen und Zusammenhänge integrierbar (dazu Karte 3). So vorwiegend bäuerlichen Bevölkerung. Die Daten kennt es in seinem größten Teil noch die h-Formen im dazu entstammen einer 1987 durchgeführten Frage- Verbum „sein", beispielsweise mia han „wir sind". bogenerhebung, die alle 445 Gemeinden des Landes Andere Formen jedoch sind nur mehr an seinem erfaßte. Zu älteren Arbeiten über das Mühlviertel vgl. Westrand vorhanden: gsoad als alte „Kontraktions- Hermann Scheuringer, Von der Sprache des Pöbels form" für „gesagt" erscheint nur mehr im westlichen zur dialektalen Variabilität. Eine kommentierte Bezirk Rohrbach, beari als „Sproßvokalform" für Bibliographie zur oberösterreichischen Dialektfor- „Berg" noch weiter zurückgezogen in seinem Süd- schung. In: OÖHbl 40, 1986, S 15 bis 37.) westen. Generell läßt sich heute feststellen, daß das Das östliche, Untere Mühlviertel wird beherrscht westliche Mühlviertel (Bezirk Rohrbach) gemeinsam von der Form grçs (sie reimt mit „Gras"). Diese Form mit dem nördlichen Hausruckviertel (vor allem der ist die Hauptform des Ostmittelbairischen. Sie kommt Bezirk Grieskirchen) im gegenwärtigen Oberöster- fast in ganz Niederösterreich wie auch in der Osthälf- reich jene Gebiete sind, die grundmundartlich die te Oberösterreichs vor und ist die expandierende größte Konservativität, aber auch die größte Eigen- Form. Vor allem das südliche Hausruckviertel (Bezirk ständigkeit aufweisen. Vöcklabruck) hat sie in den letzten Jahren erobert, Nur selten läßt sich eine Form finden, die mehr aber auch im Mühlviertel ist sie etwas nach Westen oder minder auf das Mühlviertel beschränkt ist. Das 470 download unter www.biologiezentrum.at

Karte 1 Karte 2 Aussprache des Wortes GROSS in Oberösterreich Östliche Sprachformen im Mühlviertel Linie 1 : Westgrenze der Rundung in stüfö „Stiefel" Linie 2: Westgrenze der Form mü „Milch" Linie 3: Westgrenze von -a nach fin „raufen": raffa

Karte 3 Westliche Sprachformen im Mühlviertel Linie 1: Ostgrenze der Sproßvokale in beari „Berg" Linie 2: Oberösterrekhische Verbreitung von gsoad „gesagt" Linie 3: Ostgrenze der h-Formen im Plural des Verbums „sein": Karte 4 mia hart „wir sind" Aussprache des Wortes VIEH in Oberösterreich download unter www.biologiezentrum.at 471

Wort „Vieh" in seiner Aussprache via dürfte am ehe- integriert, und es muß, um ein abgerundetes Bild zu sten hierher gehören (dazu Karte 4). Es erscheint wie- erreichen, sowohl innerhalb Oberösterreichs wie auch derum auch im anschließenden Hausruckviertel, wie im (fließenden) Zusammenhang mit den westlich und es in Teilen des Unteren Mühlviertels wiederum nicht östlich anschließenden Gebieten gesehen werden, gilt. Das Mühlviertel ist also praktisch immer nahtlos in die es umgebenden größeren Sprachlandschaften Hermann Scheuringer 472 download unter www.biologiezentrum.at

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Bei Sandl, 1979, Aquarell von Ernst Balluf (geboren 1921) (Aufn. Fleischmann) download unter www.biologiezentrum.at 27

Landschaft bei Pulgarn, 1977, Ölgemälde von Hermann Haider (geboren 1938) (Aufn. Fleischmann) 28 download unter www.biologiezentrum.at

Ehemalige Stiftskirche Waldhausen, Orgelgehäuse von 1677 (Aufn. Rinnertaler)